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Plenarsitzung
des Bundesrates


Stenographisches Protokoll

 

931. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 21. Oktober 2021

 

 

 

Großer Redoutensaal

 


Stenographisches Protokoll

931. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 21. Oktober 2021

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 21. Oktober 2021: 9.00 – 18.45 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 geändert wird

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Telekommunikationsgesetz erlassen (Telekom­munikationsgesetz 2021 – TKG 2021), das KommAustria-Gesetz (KommAustria-Gesetz – KOG), die Strafprozeßordnung 1975 (StPO), das Polizeikooperationsgesetz (PolKG), das Polizeiliche Staatsschutzgesetz (PStSG), das Sicherheitspolizeigesetz (SPG), das Wertpapieraufsichtsgesetz 2018 (WAG 2018), das Börsegesetz 2018 (BörseG 2018), das Postmarktgesetz (PMG), das Kraftfahrgesetz 1967 (KFG 1967), das Funkanlagen-Marktüberwachungs-Gesetz (FMAG 2016), das Funker-Zeugnisgesetz 1998 (FZG), das Rundfunkgebührengesetz (RGG), das Fernsprechentgeltzuschussgesetz (FeZG) und das Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz (AMD-G) geändert werden

3. Punkt: Bundesgrundsatzgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Grundsätze be­treffend die fachlichen Anstellungserfordernisse für Kindergärtnerinnen und Erzieher ge­ändert wird

4. Punkt: Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Tirol über die Finanzierung der Regionalbahn Tiroler Zentralraum, Abschnitt Rum

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Handelsstatistische Gesetz 1995 geändert wird

6. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien zur Beendigung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Republik Slo­wenien über die gegenseitige Förderung und den Schutz von Investitionen

7. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Kroatien zur Beendigung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Republik Kroa­tien über die Förderung und den Schutz von Investitionen

8. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Malta zur Be­endigung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und Malta über die För­derung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 und das COVID-19-Maß­nahmengesetz geändert werden

10. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das COVID-19-Zweckzuschussgesetz geändert wird


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 2

11. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über eine COVID-19 Förderung für betriebliche Testungen (Betriebliches Testungs-Gesetz – BTG) geändert wird

12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das COVID-19-Lagergesetz geändert wird

13. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gesundheitstelematikgesetz 2012 geändert wird

14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz und das Medizinproduktegesetz geändert werden

15. Punkt: Abkommen im Bereich der sozialen Sicherheit zwischen der Republik Ös­terreich und Kanada

16. Punkt: Entschließungsantrag der Bundesräte Michael Bernard, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Rücknahme der Nova-Erhöhung (309/A(E)-BR/2021)

17. Punkt: Entschließungsantrag der Bundesräte Michael Bernard, Kolleginnen und Kol­legen betreffend keine Erhöhung der motorbezogenen Versicherungssteuer (310/A(E)-BR/2021)

18. Punkt: Entschließungsantrag der Bundesräte Markus Leinfellner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Attraktivieren des Bundesheeres durch Anpassungen im Gehaltsge­setz (311/A(E)-BR/2021)

*****

Inhalt

Bundesrat

Verlangen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung  116, 118, 156, 157, 166

Unterbrechung der Sitzung .............................................  117, 118, 156, 158, 167

Verlesung der vorgesehenen Fassung eines Teiles des Amtlichen Protokolls die­ser Sitzung durch Präsident Dr. Peter Raggl .........................................................    168

Genehmigung des verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls ............................    169

Personalien

Verhinderungen ........................................................................................................      11

Ordnungsrufe ......................................................................  99, 115, 116, 155, 155

Fragestunde (173.)

Arbeit ........................................................................................................................      11

Sonja Zwazl (1923/M-BR/2021); Andrea Kahofer, Dr. Johannes Hübner, Andreas Lackner

Ingo Appé (1930/M-BR/2021); Heike Eder, BSc MBA, Andrea Michaela Schartel, MMag. Elisabeth Kittl, BA

Christoph Steiner (1927/M-BR/2021); Dominik Reisinger, Marco Schreuder

Andreas Lackner (1929/M-BR/2021); Ernest Schwindsackl, Elisabeth Grimling, Marlies Steiner-Wieser

Bernhard Hirczy (1924/M-BR/2021); Mag. Daniela Gruber-Pruner, Thomas Sche­rerbauer, Claudia Hauschildt-Buschberger


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 3

Korinna Schumann (1931/M-BR/2021); Mag. Dr. Doris Berger-Grabner, Andreas Arthur Spanring, Andreas Lackner

Andrea Michaela Schartel (1928/M-BR/2021); Ing. Judith Ringer, Stefan Schen­nach, Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross

Mag. Christine Schwarz-Fuchs (1925/M-BR/2021); Günther Novak, Christoph Steiner, Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross

Mag. Bettina Lancaster (1932/M-BR/2021); Elisabeth Mattersberger, Josef Ofner, MMag. Elisabeth Kittl, BA

Martin Preineder (1926/M-BR/2021); Mag. Sandra Gerdenitsch, Thomas Dim, Andreas Lackner, MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky

Bundesregierung

Schreiben des Bundeskanzlers Mag. Alexander Schallenberg, LL.M. betreffend Enthebung des Bundeskanzlers Sebastian Kurz und des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Alexander Schallen­berg, LL.M. vom Amt sowie Ernennung von Herrn Mag. Alexander Schallen­berg, LL.M. zum Bundeskanzler und von Herrn Dr. Michael Linhart zum Bun­desminister für europäische und internationale Angelegenheiten durch den Bun­despräsidenten .........................................................................................................      41

Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend Aufenthalt von Mitgliedern der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union  42, 43, 44

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse ......................................................................      44

Ausschüsse

Zuweisungen ...............................................................................................  39, 169

Dringliche Anfrage

der BundesrätInnen Dominik Reisinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bun­desminister für Finanzen betreffend „ÖVP/Grüne-Bundesregierung verschlechtert die finanzielle Lage der Menschen und der Kommunen – Gemeinden sind aber Motor der wirtschaftlichen Erholung nach der Krise und nah bei den Menschen“ (3929/J-BR/2021) .....................................................................................................    128

Begründung: Dominik Reisinger ............................................................................    128

Bundesminister Mag. Gernot Blümel, MBA .........................................................    130

Debatte:

Günter Kovacs ........................................................................................................    136

Otto Auer .................................................................................................................    139

Bernhard Hirczy (tatsächliche Berichtigung) ..........................................................    141

Josef Ofner ..............................................................................................................    142

MMag. Elisabeth Kittl, BA ......................................................................................    144

MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky .......................................................................    146

Mag. Bettina Lancaster ..........................................................................................    147

Mag. Daniela Gruber-Pruner ..................................................................................    149


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 4

Entschließungsantrag der BundesrätInnen Josef Ofner, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend „Schaffung eines Gemeindeeinnahmenausgleichsfonds“ – Ableh­nung ...........................................................................................................  143, 152

Verhandlungen

1. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Oktober 2021 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 geändert wird (1086 d.B. sowie 10765/BR d.B.) .........................................................................................................      45

Berichterstatterin: Dipl.-Ing. Andrea Holzner .........................................................      45

RednerInnen:

MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky .......................................................................      46

Heike Eder, BSc MBA .............................................................................................      46

Mag. Sandra Gerdenitsch ......................................................................................      47

Andrea Michaela Schartel ......................................................................................      49

Andreas Lackner .....................................................................................................      50

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .....................................................      50

2. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Oktober 2021 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem ein Telekommunikationsgesetz erlassen (Telekommunikations­gesetz 2021 – TKG 2021), das KommAustria-Gesetz (KommAustria-Gesetz – KOG), die Strafprozeßordnung 1975 (StPO), das Polizeikooperationsgesetz (PolKG), das Polizeiliche Staatsschutzgesetz (PStSG), das Sicherheitspolizeigesetz (SPG), das Wertpapieraufsichtsgesetz 2018 (WAG 2018), das Börsegesetz 2018 (Bör­seG 2018), das Postmarktgesetz (PMG), das Kraftfahrgesetz 1967 (KFG 1967), das Funkanlagen-Marktüberwachungs-Gesetz (FMAG 2016), das Funker-Zeug­nisgesetz 1998 (FZG), das Rundfunkgebührengesetz (RGG), das Fernsprechent­geltzuschussgesetz (FeZG) und das Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz (AMD-G) geändert werden (1043 d.B. und 1080 d.B. sowie 10747/BR d.B. und 10767/BR d.B.)         50

Berichterstatter: Otto Auer .......................................................................................      51

RednerInnen:

Stefan Schennach ...................................................................................................      51

Marco Schreuder ....................................................................................................      52

Mag. Marlene Zeidler-Beck, MBA ..........................................................................      54

MMag. Dr. Michael Schilchegger ..........................................................................      55

Bundesministerin Elisabeth Köstinger ................................................................      58

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .....................................................      60

3. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 14. Oktober 2021 betreffend ein Bun­desgrundsatzgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Grundsätze betreffend die fachlichen Anstellungserfordernisse für Kindergärtnerinnen und Erzieher geän­dert wird (1042 d.B. und 1074 d.B. sowie 10758/BR d.B.) ......................................      61

Berichterstatterin: Ing. Judith Ringer ......................................................................      61

RednerInnen:

Elisabeth Wolff, BA .................................................................................................      61

Korinna Schumann .................................................................................................      62

Josef Ofner ..............................................................................................................      64

Andreas Lackner .....................................................................................................      66


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 5

Mag. Daniela Gruber-Pruner ..................................................................................      68

Bundesminister Dr. Heinz Faßmann .....................................................................      71

Karl Bader ................................................................................................................      72

Günter Kovacs ........................................................................................................      73

Entschließungsantrag der BundesrätInnen Mag. Daniela Gruber-Pruner, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „Gerechtigkeit für die Kinder in Österreich“ – Ab­lehnung ..........................................................................................................  70, 74

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .....................................................      74

4. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 14. Oktober 2021 betreffend eine Ver­einbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Tirol über die Finanzierung der Regionalbahn Tiroler Zentralraum, Abschnitt Rum (1041 d.B. und 1095 d.B. sowie 10757/BR d.B.) ..............................................................................      75

Berichterstatter: Ernest Schwindsackl ...................................................................      75

RednerInnen:

Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross ..........................................................................................      75

Sebastian Kolland ...................................................................................................      76

Stefan Zaggl-Kasztner ............................................................................................      77

Christoph Steiner ....................................................................................................      78

Entschließungsantrag der BundesrätInnen Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „kein Neubau der Luegbrücke gegen den Willen der Bevölke­rung“ – Ablehnung .........................................................................................  79, 79

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .....................................................      79

Gemeinsame Beratung über

5. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Oktober 2021 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Handelsstatistische Gesetz 1995 geändert wird (958 d.B. und 1057 d.B. sowie 10759/BR d.B.) .......................................................................      79

Berichterstatterin: Ing. Isabella Kaltenegger ..........................................................      80

6. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Oktober 2021 betreffend ein Ab­kommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien zur Be­endigung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien über die gegenseitige Förderung und den Schutz von Investitionen (1033 d.B. und 1058 d.B. sowie 10760/BR d.B.) .....................................................      79

Berichterstatterin: Ing. Isabella Kaltenegger ..........................................................      80

7. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Oktober 2021 betreffend ein Ab­kommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Kroatien zur Be­endigung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Republik Kroatien über die Förderung und den Schutz von Investitionen (1032 d.B. und 1059 d.B. sowie 10761/BR d.B.) ..............................................................................      80

Berichterstatterin: Ing. Isabella Kaltenegger ..........................................................      80


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 6

8. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Oktober 2021 betreffend ein Ab­kommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Malta zur Beendi­gung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und Malta über die För­derung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen (1036 d.B. und 1060 d.B. sowie 10762/BR d.B.) ...............................................................................................      80

Berichterstatterin: Ing. Isabella Kaltenegger ..........................................................      80

RednerInnen:

Mag. Harald Himmer ...............................................................................................      81

Andrea Kahofer .......................................................................................................      82

Thomas Dim ............................................................................................................      83

Marco Schreuder ....................................................................................................      84

Stefan Schennach ...................................................................................................      86

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 5, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ....................................      87

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 6, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ....................................      87

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 7, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ....................................      87

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 8, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ....................................      87

Gemeinsame Beratung über

9. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Oktober 2021 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 und das COVID-19-Maßnah­mengesetz geändert werden (1824/A und 1067 d.B. sowie 10748/BR d.B. und 10750/BR d.B.) .........................................................................................................      87

Berichterstatterin: Claudia Hauschildt-Buschberger ............................................      88

10. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Oktober 2021 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das COVID-19-Zweckzuschussgesetz geändert wird (1925/A und 1068 d.B. sowie 10751/BR d.B.) .......................................................................      87

Berichterstatterin: Claudia Hauschildt-Buschberger ............................................      88

11. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Oktober 2021 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über eine COVID-19 Förderung für betrieb­liche Testungen (Betriebliches Testungs-Gesetz – BTG) geändert wird (1069 d.B. sowie 10752/BR d.B.) ...............................................................................................      88

Berichterstatterin: Claudia Hauschildt-Buschberger ............................................      88

12. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Oktober 2021 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das COVID-19-Lagergesetz geändert wird (1822/A und 1070 d.B. sowie 10753/BR d.B.) ..............................................................................      88


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 7

Berichterstatterin: Claudia Hauschildt-Buschberger ............................................      88

13. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Oktober 2021 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Gesundheitstelematikgesetz 2012 geändert wird (1467/A und 1071 d.B. sowie 10754/BR d.B.) .......................................................................      88

Berichterstatterin: Claudia Hauschildt-Buschberger ............................................      88

14. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Oktober 2021 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz und das Medi­zinproduktegesetz geändert werden (1924/A und 1072 d.B. sowie 10749/BR d.B. und 10755/BR d.B.) ..................................................................................................      88

Berichterstatterin: Claudia Hauschildt-Buschberger ............................................      88

RednerInnen:

Ingo Appé ................................................................................................................      89

Claudia Hauschildt-Buschberger ..........................................................................      92

Josef Ofner ..............................................................................................................      95

Dr. Karlheinz Kornhäusl .........................................................................................      99

MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky .......................................................................    102

Johanna Miesenberger ...........................................................................................    103

Mag. Elisabeth Grossmann ...................................................................................    105

Dr. Johannes Hübner .............................................................................................    107

Eva Prischl ...............................................................................................................    110

Bundesminister Dr. Wolfgang Mückstein ............................................................    111

Andreas Arthur Spanring .......................................................................................    112

Ingo Appé (tatsächliche Berichtigung) ....................................................................    114

Christoph Steiner ....................................................................................................    115

Entschließungsantrag der BundesrätInnen Ingo Appé, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend „Pflegeoffensive jetzt!“ – Ablehnung ...................................  92, 120

Entschließungsantrag der BundesrätInnen Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Der 26. Oktober soll ein Tag der Freiheit werden“ – Ableh­nung (namentliche Abstimmung) ................................................................  98, 118

Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung .................................    119

Entschließungsantrag der BundesrätInnen Eva Prischl, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend „Sofortmaßnahmenpaket für eine ausreichende medizinische Ver­sorgung der österreichischen Bevölkerung“ – Ablehnung ........................  110, 120

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 9, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben (namentliche Abstim­mung) ........................................................................................................................    116

Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung .................................    117

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 9, die dem schriftlichen Ausschussbericht 10750/BR d.B. beigedruckte Entschließung betreffend „Verlän­gerung der betrieblichen Testungen“ anzunehmen (353/E-BR/2021) .....................    118

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 10, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .............................    119

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 11, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .............................    119

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 12, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .............................    119

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 13, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .............................    120


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 8

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 14, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .............................    120

15. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Oktober 2021 betreffend ein Ab­kommen im Bereich der sozialen Sicherheit zwischen der Republik Österreich und Kanada (1031 d.B. und 1083 d.B. sowie 10766/BR d.B.) ........................................    120

Berichterstatter: Andreas Lackner ..........................................................................    120

RednerInnen:

Thomas Schererbauer ............................................................................................    121

Ing. Judith Ringer ...................................................................................................    122

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .....................................................    122

Gemeinsame Beratung über

16. Punkt: Entschließungsantrag der Bundesräte Michael Bernard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rücknahme der Nova-Erhöhung (309/A(E)-BR/2021 so­wie 10763/BR d.B.) ...................................................................................................    122

Berichterstatter: Michael Bernard ...........................................................................    123

17. Punkt: Entschließungsantrag der Bundesräte Michael Bernard, Kolleginnen und Kollegen betreffend keine Erhöhung der motorbezogenen Versicherungs­steuer (310/A(E)-BR/2021 sowie 10764/BR d.B.) ....................................................    122

Berichterstatter: Michael Bernard ...........................................................................    123

RednerInnen:

Robert Seeber .........................................................................................................    123

Günter Kovacs ........................................................................................................    124

Michael Bernard ......................................................................................  125, 155

MMag. Elisabeth Kittl, BA ......................................................................................    152

Andreas Arthur Spanring .......................................................................................    153

Antrag der BundesrätInnen Michael Bernard, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR zu Punkt 16, dem Entschließungsantrag der Bundesräte Mi­chael Bernard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rücknahme der Nova-Er­höhung (309/A(E)-BR/2021) die Zustimmung zu erteilen – Ablehnung (namentli­che Abstimmung) ......................................................................................  127, 156

Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung .................................    156

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 17, dem Entschließungs­antrag 310/A(E)-BR/2021 keine Zustimmung zu erteilen (namentliche Abstim­mung) ........................................................................................................................    157

Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung .................................    158

18. Punkt: Entschließungsantrag der Bundesräte Markus Leinfellner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Attraktivieren des Bundesheeres durch Anpassungen im Gehaltsgesetz (311/A(E)-BR/2021 sowie 10756/BR d.B.) ......................................    159

Berichterstatterin: Marlies Steiner-Wieser .............................................................    159

RednerInnen:

Bernhard Hirczy ......................................................................................................    159


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 9

David Egger .............................................................................................................    160

MMag. Elisabeth Kittl, BA ......................................................................................    161

Marlies Steiner-Wieser ...........................................................................................    162

Karl Bader ................................................................................................................    164

Christoph Steiner ....................................................................................................    164

Korinna Schumann .................................................................................................    166

Antrag der BundesrätInnen Marlies Steiner-Wieser, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR, dem Entschließungsantrag der Bundesräte Markus Leinfellner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Attraktivieren des Bundesheeres durch Anpassungen im Gehaltsgesetz (311/A(E)-BR/2021) die Zustimmung zu er­teilen – Ablehnung (namentliche Abstimmung) ........................................  162, 166

Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung .................................    167

Eingebracht wurden

Anträge der BundesrätInnen

Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Explodierende Strom- und Heizkosten: Teuerungsbremse für Österreich – jetzt! (312/A(E)-BR/2021)

Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Keine ungerechte Benach­teiligung beim Klimabonus! (313/A(E)-BR/2021)

Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beste Bildung für alle Kin­der – immer, überall und kostenlos! Der Elementaren Bildung endlich den Stellenwert geben, den sie verdient und braucht. (314/A(E)-BR/2021)

Anfragen der BundesrätInnen

Dominik Reisinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend ÖVP/Grüne-Bundesregierung verschlechtert die finanzielle Lage der Menschen und der Kommunen – Gemeinden sind aber Motor der wirtschaftlichen Erholung nach der Krise und nah bei den Menschen (3918/J-BR/2021)

Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wis­senschaft und Forschung betreffend Umsetzung der Entschließung 273/E-BR/2020 (3919/J-BR/2021)

Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Umsetzung der Entschließung 271/E-BR/2020 (3920/J-BR/2021)

Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Umsetzung der Entschließung 273/E-BR/2020 (3921/J-BR/2021)

Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Umsetzung der Entschließung 271/E-BR/2020 (3922/J-BR/2021)

Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Umsetzung der Entschließung 296/E-BR/2020 (3923/J-BR/2021)


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 10

Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Umset­zung der Entschließung 302/E-BR/2020 (3924/J-BR/2021)

Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Umset­zung der Entschließung 283/E-BR/2020 (3925/J-BR/2021)

Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Umset­zung der Entschließung 281/E-BR/2020 (3926/J-BR/2021)

Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Umset­zung der Entschließung 298/E-BR/2020 (3927/J-BR/2021)

Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betref­fend Messengerdienste und Datenlöschung auf Mitarbeitergeräten im Kabinett (3928/J-BR/2021)

Dominik Reisinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend ÖVP/Grüne-Bundesregierung verschlechtert die finanzielle Lage der Menschen und der Kommunen – Gemeinden sind aber Motor der wirtschaftlichen Erholung nach der Krise und nah bei den Menschen (3929/J-BR/2021)


 


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 11

09.00.54Beginn der Sitzung: 9 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Peter Raggl, Vizepräsident Günther Novak, Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs.

09.00.55*****


Präsident Dr. Peter Raggl: Ich wünsche einen schönen guten Morgen und eröffne die 931. Sitzung des Bundesrates.

Das Amtliche Protokoll der 930. Sitzung des Bundesrates vom 7. Oktober 2021 ist aufge­legen und wurde nicht beanstandet.

Als verhindert gemeldet für die heutige Bundesratssitzung sind die Mitglieder des Bun­desrates Wolfgang Beer, Markus Leinfellner, Nicole Riepl und Horst Schachner.

09.01.23Fragestunde


Präsident Dr. Peter Raggl: Wir gelangen gleich zur Fragestunde. Ich darf Herrn Bun­desminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher sehr herzlich bei uns im Bundesrat be­grüßen. – Guten Morgen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Bevor ich jetzt um 9.01 Uhr mit dem Aufruf der Anfragen beginne, weise ich im Einver­nehmen mit den beiden Vizepräsidenten darauf hin, dass ich die Dauer der Fragestunde, um die Behandlung aller mündlichen Anfragen zu ermöglichen, auf bis zu 120 Minuten erstrecken kann.

Arbeit


Präsident Dr. Peter Raggl: Wir kommen nun zur 1. Anfrage, 1923/M-BR/2021, an den Herrn Bundesminister für Arbeit. Ich bitte die Anfragestellerin, Frau Bundesrätin Sonja Zwazl, um die Verlesung der Anfrage.


09.02.10

Bundesrätin Sonja Zwazl (ÖVP, Niederösterreich): Corona ist über uns hereingebro­chen wie ein Tsunami, deshalb waren Hilfsmaßnahmen notwendig.

Meine Frage an Sie, Herr Bundesminister, ist:

1923/M-BR/2021

„Wie wirken die Corona-Joboffensive in Höhe von 700 Mio Euro und das Programm ‚Sprungbrett‘ mit einem Volumen von 300 Mio Euro aus Ihrer Sicht?“


Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder des Bundesrates! Wertes Hohes Haus! Vielen Dank für die Möglichkeit, hier heute Morgen Fragen beantworten zu können.

Ich gehe gleich auf die Frage ein: Wir haben eine sehr schwierige Zeit am Arbeitsmarkt hinter uns und haben deswegen auch umfangreiche Programme. Es gibt das größte Paket, das größte Budget für aktive Arbeitsmarktpolitik aller Zeiten. Zwei wichtige Be­standteile sind die Coronajoboffensive und das Programm Sprungbrett.

Die Coronajoboffensive gibt es seit dem Ende des letzten Jahres. Wir haben über 400 Millionen Euro in die Ausbildung von Menschen, die arbeitslos geworden sind,


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 12

investiert. Insgesamt haben über 100 000 Menschen davon profitiert, 60 000 haben langfristige Ausbildungen bekommen und ungefähr 30 000 von diesen 60 000 haben in­nerhalb von drei Monaten einen Job gefunden – also 50 Prozent Erfolgsquote. Das ist durchaus bemerkenswert – gegeben, dass ja Anfang des Jahres die Zeit am Arbeits­markt noch sehr schwierig war.

Das Programm Sprungbrett ist mit 1. Juli gestartet und mit 1. Oktober im Vollausbau. Die Langzeitarbeitslosigkeit ist über die Sommermonate um ungefähr 20 000 Personen im Bestand gesunken, auch da sieht man erste Wirkungen, aber die Hauptwirkungen werden natürlich erst im Laufe des Herbstes und im Laufe des nächsten Jahres zu sehen sein.

Beide Programme tragen dazu bei, dass wir das Vorkrisenniveau, was die Arbeitslosig­keit betrifft, erreichen beziehungsweise schon erreicht haben; bei der Langzeitarbeitslo­sigkeit haben wir noch einen kleinen Weg zu gehen.


Präsident Dr. Peter Raggl: Zusatzfrage, Frau Bundesrätin Zwazl? – Bitte.


Bundesrätin Sonja Zwazl (ÖVP, Niederösterreich): Danke schön.

Finden diese Programme auch entsprechende Berücksichtigung im Budgetvoranschlag?


Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Ja, natürlich, also wir haben für die Coronajoboffensive nächstes Jahr noch gut 200 Millionen Euro im Budgetentwurf vorgesehen, 236 Millionen Euro sind es genau. Das sind die restlichen Mittel von den 700 Millionen Euro, die angesprochen wurden.

Im Programm Sprungbrett gibt es für nächstes Jahr ein Budget von 250 Millionen Euro und in der Budgetvorschau für 2023 50 Millionen Euro, im Bundesfinanzrahmen. Wir haben zusätzliche Mittel – auch immer noch wichtig – aus dem Regelbudget, die auch für Langzeitarbeitslose herangezogen werden können. Insgesamt stehen uns nächstes Jahr, wenn das Budget beschlossen wird, 500 Millionen Euro für die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit zur Verfügung. (Bundesrätin Zwazl: Vielen Dank!)


Präsident Dr. Peter Raggl: Vielen Dank für die Anfragestellung und die Anfragebeant­wortung.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Andrea Kahofer zu Wort ge­meldet. – Ich bitte um die Zusatzfrage.


Bundesrätin Andrea Kahofer (SPÖ, Niederösterreich): Guten Morgen, Herr Minister! Ein Thema sind die Langzeitarbeitslosen, ein weiteres großes Thema ist im Bereich Frauen und Teilzeitarbeit zu sehen.

Wir wissen, dass es während Corona vorwiegend die Frauen waren – und es wird wohl auch nach Corona so bleiben, wie es schon vorher war –, die sehr, sehr viel in Teilzeit arbeiten, wodurch natürlich auch Pensionsansprüche geringer bleiben. Was gedenken Sie, in diese Richtung zu tun? Wird es da Maßnahmen beziehungsweise vielleicht sogar Rechtsansprüche auf Vollzeitbeschäftigung geben? Was gedenken Sie, in dieser Rich­tung zu tun?


Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Vielen Dank für die Frage. Ich glaube, man muss am Anfang feststellen, dass sich im Laufe des Frühjahrs die Lage am Arbeitsmarkt für Frauen glücklicherweise stark gebessert hat, die Arbeitslosigkeit ist auch bei den Frauen auf das Vorkrisenniveau zurückgegangen. Das heißt, es sind mehr Männer als Frauen arbeitslos. Trotzdem haben wir natürlich auch im Regelbudget einen höheren Anteil für die Frauen vorgesehen, was Ausbildungen betrifft.


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Sie sprechen den Bereich Teilzeit an, das ist mir ein sehr wichtiges Anliegen. Wir haben natürlich Bereiche, wo Frauen bewusst in Teilzeit arbeiten. Wir haben Bereiche, wo Frau­en in Teilzeit arbeiten, weil die Unternehmen das gerne so wollen, und da müssen wir einfach schauen, dass das in Zukunft nicht mehr so ist. Ich glaube, es gibt aufgrund der Situation jetzt in vielen Bereichen, in denen ein gewisser Mangel herrscht, durchaus auch die Möglichkeit, Unternehmen zu überzeugen, dass sie auch Vollzeitstellen an­bieten.

Der dritte Punkt, da bin ich in einem guten Austausch mit Ministerin Raab, ist die Kin­derbetreuung. Ich glaube, das ist der entscheidende Punkt, der Ausbau der Kinder­betreuung, da mehr zu investieren, wie das die Bundesregierung jetzt tut und in den nächsten Jahren im Budget vorgesehen hat. Das ist auch etwas, was im Interesse des Arbeitsministers ist. (Bundesrätin Kahofer: Danke!)


Präsident Dr. Peter Raggl: Vielen Dank.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Dr. Johannes Hübner zu Wort gemeldet. – Ich bitte um die Zusatzfrage.


Bundesrat Dr. Johannes Hübner (FPÖ, Wien): Herr Minister, Schulung und Arbeits­platz sind eine Sache, aber vom Arbeitseinkommen leben zu können, ist eine zweite Sache. Der Reallohn hat sich seit der Euroeinführung zumindest für das untere Drittel der Bevölkerung durch Absinken auf kollektivvertragliche Mindeststandards schon deut­lich reduziert, wir haben jetzt eine VPI-Inflation von knapp 4 Prozent. Der Wocheneinkauf weist bereits eine Inflation von 6,9 bis 7 Prozent auf, das bedeutet eine weitere massive, reale Einschränkung der Kaufkraft. Was gedenken Sie da zu tun?


Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Vielen Dank für die Frage, ich glaube, das ist eine sehr wichtige Frage. Natürlich beobachten wir im Moment eine Situation in der Inflationsentwicklung, die zum Teil temporär ist, zum Teil aber natürlich von den betroffenen Wirtschaftsforscherinnen und -forschern auch weiter beobachtet werden wird. Die Frage ist, wie es sich weiter entwickelt.

Es laufen ja gerade die Lohnverhandlungen. Es gibt in Österreich eine gute Tradition, dass der Arbeitsminister die Lohnverhandlungen nicht direkt beeinflusst, es gibt die Unabhängigkeit der Sozialpartnerschaft, und die Löhne bestimmen die Sozialpartner, die Gewerkschaft und auf der anderen Seite die Vertreter von Unternehmen. Ich gehe davon aus, dass die das in ihren Verhandlungen berücksichtigen werden. Wie das pas­siert, liegt in der Autonomie der Sozialpartnerschaft. Der Arbeitsminister kann die Ar­beitsbedingungen verbessern, kann sich für den Arbeitnehmerschutz einsetzen, aber nicht die Löhne in Österreich bestimmen.


Präsident Dr. Peter Raggl: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Bundesrat Andreas Lackner zu Wort gemeldet. – Ich bitte darum.


Bundesrat Andreas Lackner (Grüne, Steiermark): Sehr geehrter Herr Minister! Wie viele Personen finden eigentlich nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung auch ei­nen Job?


Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Vielen Dank für die Frage. In der Coronajoboffensive, dem aktuellen Qualifizierungsprogramm, sind das innerhalb von drei Monaten ungefähr 50 Prozent. Wir evaluieren natürlich auch diese Programme im­mer langfristig und da sind es dann mehr, denn es dauert für einige dann doch etwas länger als drei Monate. Das hängt aber auch sehr stark vom Programm ab. Es gibt


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Programme, die eine höhere Erfolgsquote haben, weil Unternehmen direkt in die Pro­gramme eingebunden sind. Es gibt Programme, die etwas breiter gefächert sind, und da gibt es Erfolgsquoten um die 50, 60 Prozent. Das ist im internationalen Vergleich sehr gut, aber wir wollen da auch immer besser werden und schauen, dass die Programme so gestaltet sind, dass möglichst viele, die in Programmen sind, auch möglichst rasch Beschäftigung finden. – Danke. (Bundesrat Lackner: Danke!)


Präsident Dr. Peter Raggl: Vielen Dank.

Wir gelangen nun zur 2. Anfrage, 1930/M-BR/2021. Ich bitte den Anfragesteller, Bundes­rat Ingo Appé, um die Verlesung der Anfrage.


09.09.43

Bundesrat Ingo Appé (SPÖ, Kärnten): Danke, Herr Bundesminister, dass wir die Mög­lichkeit haben, diese Fragen an Sie zu richten.

Als Bürgermeister kann ich bestätigen, dass uns der Pflegenotstand und die Personal­situation in den Kindergärten ganz besonders hart treffen, daher meine Frage:

1930/M-BR/2021

„Wie planen Sie Verbesserungen für die Arbeitnehmer*innen im Bereich der Kinderbe­treuung und der Pflege, wo die persönlichen Folgen besonders belastender Tätigkeiten hoch, Gehälter vergleichsweise gering und die Verantwortung enorm ist, sicherzustellen?“


Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Vielen Dank für die Frage. Das ist natürlich ein Bereich, der uns im Arbeitsministerium sehr beschäftigt. Unsere Verant­wortlichkeit betrifft vor allem die Ausbildung. Wir haben im Bereich der Pflege und im Bereich der Elementarpädagogik große Initiativen gestartet, was die Förderung der Aus­bildung von Menschen betrifft, die arbeitslos geworden sind und sich umschulen lassen wollen, die eine Ausbildung im Bereich der Kinderbetreuung, im Bereich der Pflege ma­chen möchten. Es gibt ja in praktisch allen Bundesländern Pflegestiftungen, die das AMS und damit das BMA unterstützen. Sie bilden im Moment insgesamt, mit der Coronajob­offensive zusammengenommen, dieses Jahr schon fast 10 000 Personen aus. Es gibt auch das Fachkräftestipendium.

Was die Arbeitsbedingungen direkt betrifft, ist das natürlich vor allem eine Frage der Trägerorganisationen. Der Bund hat da sehr wenig direkte Einflussmöglichkeit, aber ich unterstütze natürlich vollständig das Anliegen, dass gerade in diesen sensiblen Berei­chen Löhne und Arbeitsbedingungen so gut wie möglich sein müssen, und ich unter­stütze alle Initiativen in diese Richtung.


Präsident Dr. Peter Raggl: Zusatzfrage, Herr Bundesrat Appé? – Bitte.


Bundesrat Ingo Appé (SPÖ, Kärnten): Danke – dann stelle ich die Zusatzfrage: Laut Umfrage der Gewerkschaften will jede zweite Pflegekraft in nächster Zeit den Job auf­geben. 90 Prozent der mit Matura ausgebildeten KindergartenpädagogInnen gehen nicht in den Beruf, sondern suchen im Studium ihre berufliche Weiterbildung. Wenn wir die Bedarfsprognose Ihres Hauses für das Pflegepersonal zurate ziehen, sehen wir, dass der Bedarf an zusätzlichen Pflegekräften bis 2030 mit 75 000 Personen berechnet ist.

Welche ergänzenden Maßnahmen setzen Sie jetzt? – Diese sind schon jetzt zu setzen, sonst können wir dieses Problem nicht bis 2030 erledigen.


Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr


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Bundesminister.


Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Wir haben eine Studie von der Gesundheit Österreich GmbH, die Sie, glaube ich, ansprechen, laut der es 75 000 sind. Mit „Ihres Hauses“ beziehen Sie sich, glaube ich, auf das IHS, das Institut für Höhere Studien – mein ehemaliges Haus –, das auch an dieser Studie beteiligt war.

Wir versuchen im Moment natürlich, über Konstrukte wie Pflegestiftungen möglichst viele Personen in diesen Bereich zu bringen. Wir machen das natürlich gemeinsam mit den regionalen AMS, mit den Ländern – die meisten Stiftungen sind gemeinsam mit den Län­dern –, aber auch mit Trägerorganisationen, in Salzburg zum Beispiel mit der Caritas, um die Pflege sicherzustellen. Wie gesagt, im Moment – dieses Jahr – sind 10 000 Per­sonen in Stiftungen oder in anderen Ausbildungsformen, die wir durch das AMS unter­stützen. Das ist also, wenn man es auf zehn Jahre rechnet, gar nicht so schlecht, da kommen wir in die Richtung, aber natürlich ist das eine große Herausforderung.

Ich bin recht optimistisch, weil es sehr viel Interesse an Pflegeberufen gibt – also wir haben kein Problem, Menschen zu finden, die diese Ausbildungen machen wollen. Die entscheidende Frage wird natürlich sein, wie man sie in diesen Bereichen halten kann. Es ist eine mental und psychisch herausfordernde Tätigkeit. Wir versuchen – und da gibt es in einzelnen Bundesländern auch sehr gute Beispiele –, gerade am Anfang dieser Ausbildung die Auswahl so zu gestalten, dass wir ein möglichst großes Erfolgspotenzial haben: in dem Sinn, dass die Menschen wirklich wissen, was sie tun, und dass wir Leute in diese Ausbildung schicken, die die Schwierigkeit dieses Berufs, die natürlich gegeben ist, auch psychisch verkraften. Ich glaube, das ist der entscheidende Punkt: Die Leute müssen für diesen Beruf gemacht sein, und wir müssen auch die Rahmenbedingungen in diesen Berufen verbessern.


Präsident Dr. Peter Raggl: Danke schön.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Bundesrätin Heike Eder zu Wort gemeldet. – Ich bitte um die Zusatzfrage.


Bundesrätin Heike Eder, BSc MBA (ÖVP, Vorarlberg): Lieber Herr Minister, wo liegen in diesen Bereichen denn die Zuständigkeiten?


Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Vielen Dank für die Frage. Das hängt immer vom Träger ab. Sehr häufig sind zum Beispiel die Länder die Träger von Kindergärten oder Kinderbetreuungseinrichtungen, zum Teil die Gemeinden, wenn es um Gemeindekindergärten geht. Es gibt natürlich auch Bereiche, die, was die Arbeitsbe­dingungen betrifft, dem Bund zugerechnet werden. Das sind die privaten Kindergärten, für die es eine Festlegung der Löhne über das Bundeseinigungsamt gibt, wobei aber auch die Sozialpartner eingebunden sind.

Wie immer spielen natürlich die Sozialpartner eine ganz große Rolle, was die Arbeitsbe­dingungen und vor allem die Löhne betrifft. Ich glaube, es ist wichtig, dass sich alle ge­meinsam – die Trägerorganisationen, die Sozialpartner und wir – dafür einsetzen, dass wir genug junge Menschen in diese Bereiche bekommen und dass wir vor allem auch gute Arbeitsbedingungen herstellen.


Präsident Dr. Peter Raggl: Zu einer Zusatzfrage hat sich Bundesrätin Andrea Michaela Schartel zu Wort gemeldet. – Ich bitte um diese.


Bundesrätin Andrea Michaela Schartel (FPÖ, Steiermark): Guten Morgen, Herr Minis­ter! Wir haben ja alle gesehen, dass gerade das pflegende, das betreuende Personal aufgrund der Coronakrise mit sehr, sehr großen Herausforderungen konfrontiert war. Da hat sich die Regierung dann dazu durchgerungen, einen Coronabonus zu gewähren.


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 16

Das hat furchtbar lange gedauert, aber jetzt wissen wir: Im Dezember wird er Gott sei Dank ausbezahlt.

Meine Frage lautet: Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die betroffenen Beschäftigten auch 2022 einen Coronabonus für 2021 erhalten?


Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Ich werde mich immer dafür ein­setzen, dass es, wenn es außergewöhnliche Leistungen erfordert – und das ist in diesem Bereich natürlich auf jeden Fall gerechtfertigt, das waren außergewöhnliche Leistungen, außergewöhnliche Herausforderungen –, Möglichkeiten gibt, diese außergewöhnlichen Leistungen auch zu belohnen. Der Coronabonus ist ja nur eine symbolische Maßnahme. Man kann, glaube ich, nicht entlohnen, was in vielen Bereichen geleistet wurde. Wir werden uns das natürlich auch im nächsten Jahr anschauen, und ich werde mich dafür einsetzen, dass wir, wenn die Belastung so groß wie in diesem Jahr ist, auch da eine Form finden, um die Menschen für diese Belastung, die es gegeben hat oder geben wird, auch ordentlich zu entschädigen.


Präsident Dr. Peter Raggl: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Elisabeth Kittl zu Wort gemeldet. – Ich bitte um die Frage.


Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Minister, wie wird die Coronajoboffensive in der Pflege genau angenommen, also von wie vielen Personen?


Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Vielen Dank. Vielleicht noch ein­mal ganz kurz zur Coronajoboffensive insgesamt: Wir haben das Ziel, mit diesen 700 Millionen Euro 100 000 Personen, die arbeitslos geworden sind, in Ausbildung zu bringen. 60 000 waren schon in Ausbildung, wir haben also in diesem Bereich schon einen Gutteil erreicht. Es gibt drei große Schwerpunktbereiche: Gesundheits- und Pfle­geberufe, der zweite Schwerpunktbereich ist Digitalisierung und Technik, und der dritte Schwerpunktbereich ist Klima und Umwelt.

Ich habe mir die Zahlen, was den Bereich Pflege betrifft, heraussuchen lassen. Da sind 6 900 Personen in Ausbildung oder haben die Ausbildung im Rahmen der Coronajob­offensive bereits abgeschlossen. Insgesamt werden mit den weiteren Maßnahmen in den Stiftungen derzeit 9 400 Personen für Pflegeberufe qualifiziert; das sind um unge­fähr ein Drittel mehr als noch vor einem Jahr. Es gab also eine substanzielle Erhöhung der Mittel und auch eine substanzielle Erhöhung der Zahl der Menschen, die bei der Ausbildung diese Mittel in Anspruch nehmen.


Präsident Dr. Peter Raggl: Vielen Dank.

Wir gelangen zur 3. Anfrage, 1927/M-BR/2021. Ich bitte den Anfragesteller, Bundesrat Christoph Steiner, um die Verlesung der Anfrage.


09.18.02

Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol): Herr Minister Kocher, in den letzten Wochen taten sich erschreckende Abgründe der türkisen Machtpolitik und im türkisen System in Österreich auf. Auch auf Sie als damaligen IHS-Chef wurde Druck durch das System Kurz ausgeübt, denn Herr Schmid schrieb in einem Chat – ich darf zitieren –: auch „Ko­cher bringe ich noch auf Linie“ – was auch immer das heißen sollte. Ob es gelang, wis­sen wir nicht, auf jeden Fall stehen Sie mir jetzt als Minister gegenüber.

Nun also sollen in allen Ministerien zahlreiche Mails und Kalendereinträge sowie Daten­träger, die älter als ein Jahr sind, gelöscht werden, um den türkisen tiefen Staat vor den Bürgern irgendwie zu verbergen. (Ruf bei der ÖVP: Frage!) Daher lautet meine Frage:


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 17

1927/M-BR/2021

„Welche Akten in Ihrem Kabinett, die auf Datenträgern gespeichert sind, sind vor dem Hintergrund der vom Bundeskanzleramt eingeleiteten ministerienübergreifenden Daten­löschung durch Ihre Mitarbeiter im Zeitraum 4. Oktober bis 20. Oktober 2021 ,geschred­dert/gelöscht‘ worden?“


Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Vielen Dank für die Frage. Ich gehe zu Beginn noch ganz kurz auf die Einleitung ein, was das Institut für Höhere Studien betrifft. Ich habe mich immer für Unabhängigkeit und die wissenschaftliche Integrität des Instituts eingesetzt. Das kann man auch anhand vieler, vieler Beispiele sehen. Was immer damit gemeint war, mich auf Linie zu bringen, ist keinesfalls gelungen. Das Haus ist unabhängig und steht gut da, und das war mir immer sehr, sehr wichtig.

Zur Frage der Datenlöschung: In diesem Zeitraum gibt es im Ministerium, was das Ka­binett und den Minister betrifft, keine Daten, die gelöscht wurden – wir haben das nach­geprüft. Es gibt nur zwei Geräte, auf denen in diesem Zeitraum aufgrund einer Leih­übergabe und der Rückgabe an die verleihende Firma Daten gelöscht werden mussten. Darüber hat uns das Haus in Kenntnis gesetzt. Das ist alles, was es dazu zu sagen gibt: keine Datenlöschungen bei uns.


Präsident Dr. Peter Raggl: Zusatzfrage, Herr Bundesrat Steiner? – Bitte.


Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol): Da stellt sich mir jetzt noch eine Zusatz­frage. Herr Kocher, Sie sind ja als angeblich unabhängiger Minister in diese Regierung getreten, haben allerdings das gesamte türkise Kabinett der geschassten Frau Asch­bacher übernommen, daher meine Zusatzfrage: Wie stellen Sie in Ihrem Kabinett sicher, dass die türkisen Kabinettsmitarbeiter nicht hinter Ihrem Rücken mit der großen Schred­deraktion schon begonnen haben oder noch beginnen werden?


Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Ich glaube, die erste Replik muss sein: Es gibt keine türkisen Kabinette. Mitarbeiter sind Mitarbeiter des Hauses, was sie wählen, weiß ich nicht, das ist auch nicht die Sache, die ich entscheiden muss. (Zwi­schenrufe der BundesrätInnen Schumann, Schennach und Steiner-Wieser. – Bundes­rat Steiner: Es gibt schon einen Unterschied zwischen Kabinett und Beamten!) – Ich spreche klarerweise vom Kabinett.

Was natürlich im Haus ganz klar geregelt ist, ist die Frage, wie mit Daten umzugehen ist. Es gibt die Büroordnung, das Bundesarchivgesetz, die Bundesarchivgutverordnung, und natürlich gibt es eine Reihe von Beamten im Haus, die auch darüber wachen, dass die eingehalten werden. Auch das ist wichtig: Die Kabinette unterliegen all diesen ge­setzlichen Rahmenbedingungen genauso wie die Beamten und Vertragsbediensteten des Hauses, insofern gibt es da keine Unterschiede. Die Frage ist deshalb schwer zu verstehen. Es gibt natürlich keine Möglichkeit, da etwas zu tun, alles andere wäre rechts­widrig.


Präsident Dr. Peter Raggl: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Bundesrat Dominik Reisinger zu Wort gemeldet. – Ich bitte um die Frage.


Bundesrat Dominik Reisinger (SPÖ, Oberösterreich): Guten Morgen, Herr Bundes­minister! Altkanzler Kurz sorgte im Ibiza-Untersuchungsausschuss für verständliche Auf­regung, als er sagte, dass er regelmäßig seine Chatnachrichten lösche.

Herr Bundesminister, löschen Sie oder Ihre Kabinettsmitarbeiter regelmäßig Chatnach­richten?


Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 18

Bundesminister.


Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Vielen Dank für die Frage. Jetzt muss ich vielleicht ein bisschen ausholen: Das hängt sehr stark von den Programmen ab. Es gibt Programme, Messengerdienste, die automatisch löschen, andere nicht. Nein, ich lösche nicht per Hand meine Chatnachrichten. (Bundesrat Reisinger: Danke!)


Präsident Dr. Peter Raggl: Zu einer Zusatzfrage zu Wort gemeldet hat sich Bundesrat Marco Schreuder. – Ich bitte um die Anfrage.


Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Guten Morgen, Herr Minister! Meine Frage ist: Welche Sicherheitsmaßnahmen macht Ihr Ministerium für Datensicherheit und Si­cherheit der digitalen Kommunikation?


Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Vielen Dank für die Frage. Wir haben uns im Haus dafür entschieden, dass unsere IT-Arbeitsumgebung durch das Bun­desrechenzentrum betreut wird. Das heißt, wir haben keine eigene IT, das wird vom Bundesrechenzentrum betreut, aber natürlich haben wir Mitarbeiter im Haus, die die Hardware betreuen. Das Bundesrechenzentrum ist ja ein sehr zuverlässiger und vertrau­enswürdiger Partner und in allen Bereichen zertifiziert, das heißt, wir sind, glaube ich, was die IT-Sicherheit betrifft, gut aufgestellt und vertrauen voll auf das Bundesrechen­zentrum. – Danke.


Präsident Dr. Peter Raggl: Vielen Dank.

Wir kommen zur 4. Anfrage, 1929/M-BR/2021, und ich bitte den Anfragesteller, Bundes­rat Andreas Lackner, um die Verlesung der Anfrage.


09.23.27

Bundesrat Andreas Lackner (Grüne, Steiermark): Herr Minister, welche Maßnahmen gegen die Eindämmung der Langzeitarbeitslosigkeit sind geplant?

*****

Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 1929/M-BR/2021, hat folgenden Wortlaut:

„Welche Maßnahmen setzen Sie, um die Langzeitarbeitslosigkeit einzudämmen?“

*****


Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Vielen Dank. Wir haben schon kurz über das Programm Sprungbrett gesprochen. Die Idee dieses Programms ist es, positive Aspekte, die es in bestehenden Programmen schon gibt, zu einem Gesamtpaket zusammenzufassen: Arbeitsvorbereitung, Arbeitstraining, spezifische Coachings und Wiedereingliederungsbeihilfe.

Ich glaube, dass ein solches Programm in der jetzigen Phase, in der es in vielen Be­reichen durchaus großen Bedarf an Arbeitskräften gibt, gut wirken kann. Wir sehen auch eine große Nachfrage nach diesem Programm. Ich spreche ja sehr häufig mit den Landes-AMS-Geschäftsstellen und den regionalen Stellen, und die sagen mir, das wird sehr gut angenommen, viele Betriebe interessieren sich für dieses Programm. Wir haben das Budget für das Programm für das Jahr 2022 gesichert und für 2023 im Finanzrah­men.

Im April 2021 haben wir einen Höchststand an Langzeitarbeitslosen gehabt, mit 148 000 Personen – ich glaube, das ist bekannt –, und stehen jetzt bei 120 000 Per­sonen. Zum Teil ist das natürlich auch der allgemeinen Erholung geschuldet, zum Teil aber schon auch dem Programm.


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 19

Wir können jedem Langzeitarbeitslosen ein Angebot machen, entweder im Rahmen des Programms Sprungbrett, im Rahmen der Coronajoboffensive oder vielleicht sogar ein direktes Vermittlungsangebot. Es gibt natürlich auch weiterhin – das darf man nicht ver­gessen – die Programme in den sozialökonomischen Betrieben, andere, noch stärker geförderte Maßnahmen, die das AMS gemeinsam mit den Trägerinnen und Trägern schon jahrelang, teilweise jahrzehntelang anbietet. Das ist insgesamt eine relativ große Breite an aktiver Arbeitsmarktpolitik für langzeitarbeitslose Personen; es gibt Bereiche, in denen Eingliederung sehr langsam passiert – nur einige Stunden pro Woche, weil die Personen, aus welchen Gründen auch immer, oft aufgrund von gesundheitlichen Ein­schränkungen, noch nicht mehr arbeiten können –, bis hin zur Möglichkeit, Menschen aus der Langzeitarbeitslosigkeit direkt zu vermitteln.

Ich hoffe sehr, dass wir es schaffen, den Bestand an Langzeitarbeitslosen zu reduzieren. Wir reden immer von einer fixen Zahl, das ist der Bestand, man muss aber immer da­zusagen – ich glaube, das ist wichtig –: Auch in normalen Jahren findet die Hälfte der Menschen, die langzeitarbeitslos sind, einen Job, es kommen aber gleichzeitig neue Menschen in die Langzeitarbeitslosigkeit. Wir müssen es schaffen, den Bestand abzu­bauen und möglichst wenige Menschen in die Langzeitarbeitslosigkeit kommen zu las­sen, denn – wie allen bekannt ist –: Je länger man arbeitslos ist, desto schwieriger wird es, danach wieder einen Job zu finden.


Präsident Dr. Peter Raggl: Zusatzfrage, Herr Bundesrat Lackner? – Bitte.


Bundesrat Andreas Lackner (Grüne, Steiermark): Warum ist es nicht sinnvoll, die Per­sonen, die in Schulung sind, bei der Zählung der Langzeitarbeitslosen mitzuzählen?


Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Vielen Dank. Das ist, glaube ich, eine wichtige Frage, die mir Gelegenheit gibt, auch einmal zu erklären, warum oft unter­schiedliche Zahlen herumschwirren.

Normalerweise umfasst die Definition der Langzeitarbeitslosigkeit alle Menschen, die zu diesem Zeitpunkt länger als zwölf Monate arbeitslos sind. Das sind im Moment unge­fähr 70 000.

Dann gibt es die Definition der Langzeitbeschäftigungslosigkeit – das ist diejenige, die wir immer verwenden, wenn wir von Langzeitarbeitslosen sprechen –: Das sind die Per­sonen, die in den letzten zwölf Monaten arbeitslos waren und zum Teil auch in Schu­lungen, die rechnen wir dazu. Das sind im Moment ungefähr 120 000 Personen.

Es gibt auch Personen, die derzeit in Schulungen sind, davor arbeitslos waren und ins­gesamt über ein Jahr nicht in Beschäftigung waren. Wenn man diese Zahl nehmen würde – das sind im Moment ungefähr 140 000 –, würde man aber auch Leute hinein­rechnen, die zum Beispiel in einem Fachkräftestipendium sind, ein Jahr eine Pflege- oder Elementarpädagogikausbildung machen und davor vielleicht ein, zwei Monate ar­beitslos waren. Das heißt, das ist eine Zahl, die, glaube ich, nicht dem tatsächlichen Wert entspricht.

Wir verwenden die Definition der Langzeitbeschäftigungslosigkeit für die Zahl der Lang­zeitarbeitslosen, weil das, glaube ich, am ehesten die ökonomische Realität widerspie­gelt. Es ist natürlich immer die Frage, was das Ziel einer Definition ist, und dahin gehend muss man auswählen, wie man die Definition festlegt. – Danke.


Präsident Dr. Peter Raggl: Zu einer weiteren Zusatzfrage zu Wort gemeldet hat sich Bundesrat Ernest Schwindsackl. – Ich bitte um die Zusatzfrage.


Bundesrat Ernest Schwindsackl (ÖVP, Steiermark): Herr Minister, die sozialpolitisch richtig gesetzten Maßnahmen, um die Langzeitarbeitslosigkeit einzudämmen, betreffen


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ja auch die älteren Arbeitnehmer. Finden diese auch im Budgetvoranschlag entspre­chende Berücksichtigung?


Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Vielen Dank. Wir haben wie ge­sagt gemäß Budgetvoranschlag für das Jahr 2022 insgesamt 500 Millionen Euro zur Verfügung, etwas mehr sogar. Das sind 52 Millionen Euro aus dem Programm Sprung­brett, und dann haben wir noch zusätzlich 165 Millionen Euro aus dem Regelbudget und aus den Rücklagen für ältere Arbeitsuchende, die langzeitarbeitslos sind; 50 plus ist da die Definition. Es gibt auch noch zusätzliche Programme für jüngere Langzeitarbeitslose, damit kommen wir auf diese gut 500 Millionen Euro, von denen aber ein Gutteil für die Älteren vorgesehen ist. Natürlich ist die Langzeitarbeitslosigkeit in dieser Gruppe durch­aus ein Problem.

Ich glaube auch, dass es wichtig ist – das ist für mich jetzt die politische Festlegung –, das Signal zu senden, dass auch ältere Personen zum Beispiel an Qualifizierungsmaß­nahmen, Vorbereitungen und Trainings teilnehmen sollten. Wenn man 51, 52 Jahre alt ist, sollte das Arbeitsleben natürlich noch nicht vorbei sein, und man sollte auch nicht den Eindruck vermittelt bekommen, dass man zum alten Eisen gehört. – Vielen Dank.


Präsident Dr. Peter Raggl: Ich bitte um die Zusatzfrage von Bundesrätin Elisabeth Grimling.


Bundesrätin Elisabeth Grimling (SPÖ, Wien): Schönen guten Morgen, Herr Bundes­minister! Sie haben eine Reform des Arbeitslosengeldes angekündigt und dabei gleich zu Beginn damit aufhorchen lassen, arbeitslosen Menschen die Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung zu kürzen und damit das Leben noch schwerer zu machen.

Meine Frage dazu: Haben Sie sich von diesen Schikanemaßnahmen gegen arbeitslose Menschen endlich verabschiedet?


Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Vielen Dank für die Frage. Ich glaube, Sie werden von mir kein einziges Zitat finden, wo ich mich für eine Kürzung ausgesprochen habe. Das ist eine Darstellung, die ganz gerne von Ihrer Fraktion gewählt wird, aber nicht den Tatsachen entspricht. Jetzt gibt es natürlich Vorschläge - - (Zwi­schenruf bei der SPÖ.) – Darf ich vielleicht ausreden?

Es gibt Vorschläge aus den verschiedensten Bereichen. Es gibt aus dem ÖGB den Vor­schlag einer Erhöhung des Arbeitslosengeldes. Es gibt aus dem Wirtschaftsbund den Vorschlag einer degressiven Gestaltung, wonach nach längerer Bezugsdauer das Ar­beitslosengeld abgesenkt würde. Es gibt mehrere andere Vorschläge. Es gibt Vorschlä­ge aus dem AMS, der Vorstand hat über den Zuverdienst gesprochen. Ich glaube, der entscheidende Punkt ist das Gesamtpaket und wie sich das auswirkt.

Ich habe mich sogar – im Gegensatz zu dem, was Sie gesagt haben – ganz klar in meh­reren Interviews dafür ausgesprochen und gesagt, man könne ja nicht viel unter die be­stehenden 55 Prozent gehen, weil sonst Armut entstehen würde. Also ich bitte darum, das schon auch wahrzunehmen, dass ich mich nicht für eine Kürzung ausgesprochen habe, sondern für ein Gesamtpaket, das beides erreicht – interessanterweise kommt das immer so an, weil es vielleicht so verstanden werden will –, ein Gesamtpaket, bei dem es darum geht, dass wir Menschen gut und vielleicht sogar noch besser als jetzt in der Arbeitslosigkeit absichern, und mit dem wir gleichzeitig aber sicherstellen, dass Men­schen, die arbeiten können, auch Arbeit annehmen. Das ist der entscheidende Punkt.

Ich glaube, da gibt es durchaus auch große Übereinstimmung mit vielen anderen, auch in den Gesprächen mit den Sozialpartnern, ÖGB, Arbeiterkammer. Die Frage ist, wie wir


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 21

das schaffen und wie es ausgestaltet wird, da geht es um Details, aber es geht nicht – das ist ganz wichtig – darum, einfach zu kürzen. Das ist nicht das Ziel, das ich verfolge. (Beifall des Bundesrates Himmer. – Bundesrätin Grimling: Danke schön, wir werden Sie beim Wort nehmen!)


Präsident Dr. Peter Raggl: Zu einer Zusatzfrage zu Wort gemeldet hat sich Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser. – Ich bitte um die Zusatzfrage.


Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser (FPÖ, Salzburg): Guten Morgen, Herr Minister! (Bundesminister Kocher: Guten Morgen!) Sie haben am 2. Oktober 2021 im Ö1-„Mit­tagsjournal“ gesagt, dass Sie jedem Langzeitarbeitslosen ein Angebot machen können. Wie wir alle wissen, sind ja die finanziellen Förderungen an die Unternehmen wie Ein­gliederungsbeihilfen oder jetzt auch die Aktion Sprungbrett zeitlich begrenzt.

Können Sie garantieren, dass Langzeitarbeitslose mit gesundheitlichen Einschränkun­gen, Behinderungen, 50 plus oder wenn sie nur den Pflichtschulabschluss haben, nach Auslaufen der finanziellen Förderungen an die Unternehmen nicht wieder gekündigt werden, sondern eine dauerhafte Anstellung haben, und sich Ihre ganzen Aktionen nicht als Sternschnuppen entpuppen?


Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Natürlich kann niemand garan­tieren, dass die Programme in 100 Prozent der Fälle wirken. Das gibt es auf der ganzen Welt nicht.

Ziel ist – und das war der Grund, warum wir die Programme so gestaltet haben –, dass möglichst viele Menschen, die gefördert werden, nachhaltig in Beschäftigung bleiben. Das ist das große Ziel, und deswegen sind die Programme so ausgestaltet, dass die Trägerin, der Träger einen Teil des Lohnes gefördert bekommt – das sind ja teilweise auch öffentliche Träger, nicht nur private Unternehmen; es gibt zum Beispiel auch öffent­liche Träger im Programm Sprungbrett –, um eben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus der Langzeitarbeitslosigkeit zu holen und in der Zeit dieser Förderung die betrof­fenen Personen so gut zu integrieren, dass sie voll produktiv sind. Das ist das große Ziel und das gelingt in vielen Bereichen.

Das wird nicht in jedem einzelnen Fall gelingen, aber die Frage ist: Was wären die Al­ternativen dazu? Es gibt andere Programme, in denen die Förderung noch höher ist, dann aber klarerweise nach Ende der Förderung keine Anschlussfinanzierung vorhan­den ist. Es gibt natürlich auch Programme, in denen die Förderung bis zu 100 Prozent geht, weil eben die Personen so starken Förderbedarf haben. Da brauchen wir aber dann Anschlussfinanzierungsformen, und wenn wir für eine große Anzahl von Personen Programme machen, die zu 100 Prozent gefördert werden, ist die Erfolgswahrschein­lichkeit danach noch viel geringer.

Das heißt, ich glaube, wir haben mit dieser Eingliederungsbeihilfe und der guten Vorbe­reitung im Programm Sprungbrett ein Instrument, das gut funktionieren kann, und wir werden alles tun, damit es eine nachhaltige Beschäftigung ist. Natürlich hängt auch sehr viel von der Wirtschaftslage ab. Wenn sich die Wirtschaftslage verschlechtert, ist kla­rerweise die Person, die als Letzte kam, wieder als Erste gefährdet. Ich hoffe, wir werden es schaffen, die Arbeitsmarktlage weiter zu verbessern. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Und ich hoffe, dass Sie ein bissel auf die Freiheitlichen horchen, weil die hätten gute Ansätze!)


Präsident Dr. Peter Raggl: Wir gelangen nun zur 5. Anfrage, 1924/M-BR/2021.

Ich bitte den Anfragesteller, Bundesrat Bernhard Hirczy, um die Verlesung der Anfrage.


09.34.51

Bundesrat Bernhard Hirczy (ÖVP, Burgenland): Sehr geehrter Herr Bundesminister!


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 22

1924/M-BR/2021

„Wie vielen Familien konnte in Summe durch die Sonderbetreuungszeit, die kürzlich in Phase 5 gestartet ist, bereits geholfen werden?“


Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Wir haben die Sonderbetreu­ungszeit als Instrument für Menschen geschaffen, die Kinder haben und diese vor allem dann betreuen müssen, wenn sie krank werden oder in Quarantäne sein müssen.

Wir sind in der Phase fünf dieser Sonderbetreuungszeit. Es gibt monatliche Berichte an das Parlament über die Entwicklung. Bis Montag, 18. Oktober 2021 – das sind die Zah­len, die aktuell verfügbar sind –, wurden mehr als 14,2 Millionen Euro an Fördermitteln ausbezahlt. Das geht an die Unternehmen, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter frei­stellen, damit sozusagen die Löhne weitergezahlt werden können. Das sind knapp 12 000 Anträge und ungefähr 47 200 Personen, die gefördert wurden. Der Großteil da­von sind Kinderbetreuungsfälle. Es gibt auch ein paar Ausnahmefälle, aber zu 99 Pro­zent betrifft es die Kinder.

Die Phase fünf gibt es rückwirkend seit 1. September. Wir haben zum Teil noch nicht alle Zahlen, weil die Abrechnung bis Ende des Quartals erfolgen kann. Da wird im Laufe der nächsten Monate noch einiges an Abrechnungstatbeständen dazukommen. Das heißt, die Zahl wird sich noch um einiges erhöhen, ich hoffe aber natürlich, dass sie nicht besonders hoch sein wird, auch im Interesse der Betroffenen, weil, glaube ich, niemand gerne einen Quarantänefall in der eigenen Familie haben will; idealerweise schaffen wir es, dass möglichst viele Kinder in die Schulen gehen können und nicht in Quarantäne müssen.


Präsident Dr. Peter Raggl: Zusatzfrage, Herr Bundesrat Hirczy? – Bitte.


Bundesrat Bernhard Hirczy (ÖVP, Burgenland): Vielen Dank. Ich darf gleich meine Zusatzfrage stellen: Bei der Sonderbetreuungszeit ist die Väterbeteiligung im Vergleich zu anderen Familienleistungen relativ hoch. Wie ist da der aktuelle Zwischenstand?


Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Danke für die Frage. Ich glaube, das ist ein sehr schönes Zeichen, dass sich da etwas ändert – und noch stärker als bei Väterkarenzen. Es war immer das Ziel der Bundesregierung, die Väterbeteiligung zu erhöhen, was Familienleistungen und Familienarbeit betrifft.

Wir haben das nach den verschiedenen Phasen ausgewertet. Es ist ungefähr bei einem Drittel der geförderten Fälle von Männern betreut worden und bei zwei Dritteln von Frauen. In den einzelnen Phasen war das etwas unterschiedlich: Zu Beginn, in der Pha­se eins, war es ziemlich genau ein Drittel zu zwei Dritteln, in der Phase zwei und in der Phase vier waren etwas stärker die Frauen vertreten, in der Phase drei etwas stärker die Männer. Es ist knapp ein Drittel der Förderfälle, die für die Männer reserviert sind. Für die Phase fünf gibt es noch keine Zahlen, dazu kann ich leider noch keine Zahlen nen­nen.


Präsident Dr. Peter Raggl: Zu einer weiteren Zusatzfrage zu Wort gemeldet hat sich Bundesrätin Daniela Gruber-Pruner. – Ich bitte um die Zusatzfrage.


Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Minister! Es ist davon auszugehen, dass das Coronavirus auch im Jänner noch gegenwärtig sein wird. Wann gedenken Sie, eine Verlängerung der Sonderbetreuungszeitregelung vorzu­schlagen, um vor allem die Eltern, die Bevölkerung, aber natürlich auch die Wirtschaft nicht wieder so zu verunsichern wie im September?


Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 23

Bundesminister.


Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Wir werden natürlich weiterhin die pandemische Lage beobachten und werden rechtzeitig Entscheidungen treffen. Ich glaube, es ist wichtig – und da ist ein Missverständnis entstanden –, die Möglichkeit zu haben, das klarzustellen.

Die Sonderbetreuungszeit ist zwar ein sehr angenehmes Instrument für beide Seiten, Arbeitgeber und Arbeitnehmer, und deswegen war die Verlängerung aus meiner Sicht auch richtig und notwendig. Es gibt aber auch im bestehenden Recht ohne Sonderbe­treuungszeitregelung Freistellungsmöglichkeiten. Es hat sich da irgendwie ein Missver­ständnis ergeben, und es hat mich ehrlich gesagt ein bisschen geärgert, dass viele das nicht aufgeklärt haben. Wir haben im Bereich des Angestelltengesetzes für Angestellte und im Bereich des ABGB für die anderen Arbeitsformen die Möglichkeit einer Dienst­freistellung, auch in Quarantänefällen, von bis zu zwei Wochen für jeden Fall einzeln. Das heißt, diesen Anspruch hätte es auch ohne Sonderbetreuungszeitregelung gegeben und auch ohne Pflegefreistellung, weil die Pflegefreistellung tatsächlich auf die Erkran­kung einer Person abzielt. Die Freistellung laut Angestelltengesetz kann auch für eine Quarantäne in Anspruch genommen werden.

Der entscheidende Unterschied ist, dass die Kosten bei Sonderbetreuungszeit von der öffentlichen Hand getragen werden und im Falle der Dienstfreistellung aufgrund einer Betreuungspflicht der Arbeitgeber, die Arbeitgeberin die Kosten tragen würde. Jetzt kann man diskutieren, wie die Verteilung sein sollte, aber die Möglichkeit hätte es auch ohne Sonderbetreuungszeitregelung gegeben. Die Sonderbetreuungszeitregelung hat den großen Vorteil, dass seit letztem November ein Rechtsanspruch besteht – das macht es einfacher für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – und dass natürlich auch keine Fragen hinsichtlich Kostentragung entstehen und somit kein Konflikt zwischen Arbeit­nehmer, Arbeitnehmerin und Arbeitgeber, Arbeitgeberin entsteht; deswegen war die Ver­längerung richtig.

Wir schauen uns das jetzt an und werden rechtzeitig entscheiden, wie wir weiter damit umgehen. (Bundesrätin Gruber-Pruner: Danke!)


Präsident Dr. Peter Raggl: Ich bitte um die Zusatzfrage von Bundesrat Thomas Sche­rerbauer.


Bundesrat Thomas Schererbauer (FPÖ, Oberösterreich): Guten Morgen, Herr Bun­desminister! Meine Frage: Warum wurde die Sonderbetreuungszeit nur bis 31.12.2021, die Verordnungsermächtigung der Minister jedoch bis März 2022 verlängert? Was ist der Grund für die verschiedenen Fristen?


Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Die Sonderbetreuungszeitrege­lung wurde deshalb bis Ende des Jahres verlängert, weil alle Coronamaßnahmen immer zeitlich befristet sind und wir immer überlegen, wie sie optimal fortgeführt werden. Ich glaube, wir haben mit der Sonderbetreuungszeit ein sehr gutes Instrument. Wie gesagt, wir werden jetzt relativ rasch, in den nächsten Wochen, entscheiden, wie wir damit um­gehen und ob wir sie verlängern müssen oder nicht. – Danke.


Präsident Dr. Peter Raggl: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger zu Wort gemeldet. – Ich bitte um die Zusatzfrage.


Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Guten Mor­gen, Herr Minister! Meine Frage wurde bereits beantwortet, ich ziehe sie daher zurück. – Danke.


Präsident Dr. Peter Raggl: Wir gelangen somit zur 6. Anfrage, 1931/M-BR/2021.

Ich bitte die Anfragestellerin, Bundesrätin Korinna Schumann, um die Verlesung der An­frage.


09.41.21


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 24

Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Uns allen geht es natürlich um die Chancen für die Jugend. Ich darf folgende Frage an Sie richten:

1931/M-BR/2021

„Wie gedenken Sie neuen Phänomenen von Arbeitslosigkeit durch Corona – wie zum Beispiel Langzeitarbeitslosigkeit bei jungen Arbeitnehmer*innen – zu begegnen, um langfristig Absicherung gegen Arbeitslosigkeit zu schaffen?“


Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Guten Morgen! Vielen Dank für die Frage. Wir haben glücklicherweise bei jungen Personen einen Rückgang der Ar­beitslosigkeit. Es sind um ungefähr 10 Prozent weniger junge Menschen unter 25 Jahren arbeitslos als noch vor der Krise, also der Rückgang ist da tatsächlich stärker als im Durchschnitt der Bevölkerung und in der Gesamtgruppe der Arbeitslosen. Darauf kann man sich aber nicht ausruhen, da stimme ich Ihnen völlig zu.

Die Jugendarbeitslosenquote ist insgesamt etwas höher als die durchschnittliche Ar­beitslosenquote. Wir müssen also weiterhin alles tun, um die Arbeitslosigkeit in diesem Bereich zu reduzieren. Wir haben eine Reihe von Programmen für junge Menschen: Ausbildung bis 18, die Ausbildungsgarantie bis 25. Viele Bundesländer haben zusätz­liche eigene Programme. Es gibt auch eine Reihe von sehr, sehr guten Trägerorganisa­tionen, die sich mit jungen Menschen gemeinsam auf den Weg machen, um sie in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Wir sehen auch, dass es zum Teil Defizite in den Bildungs­einrichtungen gibt – das muss man ganz ehrlich sagen –, die dann vom Arbeitsmarkt­service und solchen Organisationen ausgeglichen werden. Es gibt sehr, sehr viele junge Menschen, die keinen Pflichtschulabschluss haben und die wir fördern, damit sie diesen nachholen. Wir werden das weiterhin tun.

Ich glaube, die Tatsache, dass wir gemeinsam mit den verschiedenen anderen Ministe­rien, die in der Jugendbeschäftigungstaskforce verantwortlich sind, die Jugendarbeitslo­sigkeit über die Coronapandemie hinweg reduzieren konnten, also jetzt danach eine ge­ringere Jugendarbeitslosigkeit als davor haben, zeigt, dass es uns ein großes Anliegen ist. Das wird aber nicht mit einer Maßnahme erledigt sein, das ist der Punkt. Es geht ums Bildungssystem, es geht ums Arbeitsmarktsystem, es geht natürlich auch um andere Betreuungsformen.

Ich sehe das bei den vielen Besuchen, die ich mache. Es gibt die verschiedensten Schwierigkeiten, die junge Menschen haben: zum Teil gesundheitliche Probleme und Einschränkungen, zum Teil Traumatisierungen, insbesondere bei jungen Migrantinnen und Migranten. Da geht es einfach darum, ein breites Angebot zu haben, deswegen ist es mir auch so wichtig, dass wir das breite Angebot, das es in diesem Bereich gibt, immer weiter ausbauen. Ich stehe nicht an, zu sagen, dass wir gerade in diesem Bereich auf jeden Fall auch noch stärkere Anstrengungen unternehmen müssen, damit jeder junge Mensch eine gute Chance hat, in den Arbeitsmarkt zu kommen.


Präsident Dr. Peter Raggl: Zusatzfrage, Frau Bundesrätin Schumann? – Bitte.


Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Ich darf eine weitere Frage anschlie­ßen: Die Frage des Klimaschutzes ist auch aus arbeitsmarktpolitischer Sicht zu sehen. Wann können wir damit rechnen, dass die Umweltstiftung umgesetzt wird? Wie können Sie sicherstellen, dass gleiche Chancen von Frauen und Männern in der Qualifikation gegeben sind?


Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 25

Bundesminister.


Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Die Umweltstiftung ist im Bud­getvoranschlag mit Start 1.1.2022 budgetiert. Wir haben 20 Millionen Euro dafür vor­gesehen. Aus meiner Sicht startet sie damit.

Wir haben ja im Rahmen der Coronajoboffensive auch Mittel für die Ausbildung im Be­reich Klima und Umwelt bereitgestellt, wir werden aber weitere Maßnahmen brauchen. Ich glaube, das ist der entscheidende Punkt. Wir werden es schaffen müssen – und das ist gar nicht so leicht, ich versuche, das im Hintergrund natürlich auch über andere Instrumente der Steuerung zu gewährleisten –, dass wir die Investitionen, die für den Klimaschutz getätigt werden, immer mit Ausbildungs- und Weiterbildungsangeboten ver­binden, die dazu führen, dass die Arbeitskräfte vorhanden sind, um diese Investitionen auch umzusetzen. Wir sehen das ja: Es macht zum Beispiel überhaupt keinen Sinn, Solarpaneele zu fördern, wenn es dann keine Menschen gibt, die diese Paneele am Dach installieren können.

Dieser Umbau ist aber nicht ganz einfach, das ist eine ganz große Herausforderung. Wir haben in Österreich noch kein ausgezeichnetes Management, was die Vorschau hinsichtlich Fachkräftebedarf betrifft. Wir sind im guten Austausch mit der Wissenschaft, mit der Statistik Austria, um das in der nächsten Zeit zu verbessern und so eine bessere Vorschau zu haben, welche Fachkräfte in zwei, drei Jahren benötigt werden. Das gibt es nicht systematisch, dazu gibt es einzelne Studien – die Pflege wurde angesprochen, da gibt es Studien –, aber das gibt es nicht für alle Bereiche. Natürlich gibt es auch im Umweltbereich Studien, aber der Umweltbereich ist ein sehr großer. Es geht also darum, das in der Statistik noch umfangreicher abzubilden.


Präsident Dr. Peter Raggl: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Doris Berger-Grabner zu Wort gemeldet. Ich bitte um die Zusatzfrage.


Bundesrätin Mag. Dr. Doris Berger-Grabner (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Minister! Mich würde interessieren: Um wie viel ist die Langzeitarbeitslosigkeit seit April bereits gesunken?


Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Darf ich ganz kurz noch auf die letzte Frage bezüglich Frauen und Männer zurückkommen, das habe ich nicht beant­wortet, ich beantworte das natürlich. Bei vielen Fragen passiert es manchmal, dass man etwas vergisst. Ich bitte um Verzeihung, dass ich das noch kurz beantworte. Wir haben für alle Förderungen natürlich das Frauenziel. Das Frauenziel ist: 4 Prozent mehr als der Anteil der Frauen an den Arbeitslosen. Ich möchte auch dazusagen, vielleicht kommt es später noch einmal in einer Frage, dass ich das Frauenziel bewusst von 3,5 Prozent über dem Anteil an den Arbeitslosen auf 4 Prozent erhöht habe – bewusst, weil es mir ein wichtiges Anliegen ist. Das sollte auch nicht immer vergessen werden.

Entschuldigung (in Richtung Bundesrätin Berger-Grabner), jetzt komme ich zur Lang­zeitarbeitslosigkeit: Wir hatten im April 148 000 Personen in der Langzeitarbeitslosigkeit. Das war ein historischer Höchststand. Wir konnten das glücklicherweise etwas zurück­fahren, zum Teil wie gesagt auf Basis der allgemeinen Erholung, zum Teil aufgrund der Programme, die zur Verfügung stehen. Jetzt sind es gut 120 000 Personen und damit um 28 000 weniger im Bestand. Das Ziel ist, das Vorkrisenniveau von ungefähr 100 000 Personen in Langzeitarbeitslosigkeit im Bestand mit Ende nächsten Jahres zu erreichen. Das wäre ein großes Ziel. Wir haben es bei keiner Rezession geschafft, das Niveau der Langzeitarbeitslosigkeit in so kurzer Zeit nach der Rezession zu reduzieren. Ich hoffe, es gelingt uns.


Präsident Dr. Peter Raggl: Ich bitte um die Zusatzfrage von


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 26

Bundesrat Andreas Arthur Spanring.


Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Herr Minister! Grund­sätzlich sind alle Maßnahmen zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit begrüßenswert, ins­besondere bei den von dieser Regierung herbeigeführten Problemen durch überzogene Maßnahmen. Das bedeutet aber gleichzeitig auch, dass alle Maßnahmen, welche dazu führen, Menschen in die Arbeitslosigkeit zu drängen, zu unterlassen sind.

Wie können Sie als Arbeitsminister eine 3G-Regel am Arbeitsplatz vertreten, wenn Sie doch ganz genau wissen, dass dadurch wieder viele Menschen in die Arbeitslosigkeit gedrängt werden?


Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Vielen Dank. Ich glaube, die zu­grunde liegende Hypothese ist nicht richtig, ich verstehe nicht ganz, warum Menschen durch die 3G-Regel in die Arbeitslosigkeit gedrängt werden. (Zwischenruf der Bundes­rätin Schartel.) Wir haben in Österreich Gratistests, also alle Menschen, die sich nicht dafür entscheiden, sich impfen zu lassen, oder die sich vielleicht nicht impfen lassen können, haben die Möglichkeit, Gratistests in Anspruch zu nehmen.

Es gibt ja auch weiterhin das betriebliche Testen, das gefördert wird. Ich habe mich auch massiv dafür eingesetzt, dass die Tests bis auf Weiteres gratis bleiben, um eben genau das zu verhindern: dass es soziale Härten gibt und dass Menschen vielleicht aus dem Arbeitsmarkt gedrängt werden, weil (Bundesrat Schennach: Die Geschichte ist ein bisschen anders!) – nein, die Geschichte ist nicht anders, ist aber egal – es natürlich wichtig ist, dass niemand aus dem Arbeitsmarkt gedrängt wird. Trotzdem gilt der Aufruf weiterhin – das habe ich gestern auch gesagt –, dass sich möglichst viele Menschen impfen lassen sollten, weil das die Sache noch viel einfacher macht. Durch die 3G-Regel wird aber kein Arbeitnehmer, keine Arbeitnehmerin aus dem Arbeitsmarkt gedrängt.


Präsident Dr. Peter Raggl: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Bundesrat Andreas Lackner zu Wort gemeldet. – Ich bitte um die Frage.


Bundesrat Andreas Lackner (Grüne, Steiermark): Sehr geehrter Herr Minister, wie hoch ist konkret das Budget für die Jungen bis 25 beim AMS?


Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Wir haben für die Jungen einzelne Budgetbereiche, die ich jetzt gar nicht ausführe. Es geht vor allem um die Langzeit­arbeitslosen. Da sind gut 100 Millionen Euro für das nächste Jahr geplant. Dazu kommen diverse andere Programme, die teilweise mit zweistelligen Millionenbeträgen bedeckt sind – sozialökonomische Betriebe, gemeinnützige Beschäftigungsprojekte und auch viele andere Projekte, die ganz spezifische Zielgruppen abdecken, wie Projekte für Men­schen mit gesundheitlichen Einschränkungen und vor allem auch für junge Menschen –, und bei denen es, glaube ich, auch sehr, sehr gute Arbeit gibt.

Das Budget, glaube ich, ist vorhanden. Ich bin recht froh, dass wir nächstes Jahr ein gutes Budget für den Arbeitsmarkt haben, und ich hoffe sehr, dass wir dann auch in den nächsten Jahren bei den Budgetverhandlungen auch im Sinne der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erfolgreich sein werden. – Danke.


Präsident Dr. Peter Raggl: Wir gelangen nun zur 7. Anfrage, 1928/M-BR/2021.

Ich bitte die Fragestellerin, Bundesrätin Andrea Michaela Schartel, um die Verlesung der Anfrage.


09.51.01

Bundesrätin Andrea Michaela Schartel (FPÖ, Steiermark): Herr Minister! Wie gesagt, es steht die Reformierung des Arbeitslosengeldbezuges, des kompletten Systems der Arbeitslosenversicherung im Raum, wobei eine Reformierung sicherlich zu begrüßen ist.


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 27

Man sollte vor allem, finde ich, auch immer einen Unterschied machen, warum jemand arbeitslos geworden ist. Es gibt sehr, sehr, sehr viele Menschen, die unverschuldet in die Arbeitslosigkeit kommen, die jenen gegenüberstehen, die vielleicht selbst ein biss­chen dazu beigetragen haben. Deshalb meine Frage:

1928/M-BR/2021

„Welche Gruppe der Arbeitslosenversicherten wird durch Ihre Reform des Arbeitslosen­versicherungsgeldes zu den Verlierern zählen?“


Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Vielen Dank für die Frage. Ich möchte auf Ihren Einleitungssatz eingehen: Genau diese Differenzierung, die Sie an­sprechen, ist mir wichtig, weil es einfach sehr unterschiedliche Gründe gibt, arbeitslos zu sein, und man kennt natürlich beide Seiten. Ich habe immer wieder Gespräche mit Arbeitslosen und ich werde auch im Rahmen dieser Reformdiskussion Arbeitslose tref­fen und mit ihnen sprechen.

Es gibt auf der einen Seite jene, die älter sind, vielleicht gesundheitliche Einschränkun­gen haben, 50, 100 Bewerbungen schreiben und keine Einladung bekommen. Es gibt aber natürlich auch diejenigen, die eine ganz gute Ausbildung haben, Arbeitslosengeld beziehen, nebenbei geringfügig dazuverdienen, vielleicht noch dem Nachbarn etwas helfen und damit ganz gut dastehen – und die eigentlich relativ einfach einen Job an­nehmen könnten, wenn es dieses Angebot gibt, und das vielleicht nicht tun. Ich glaube, die Differenzierung ist also ganz entscheidend.

Verlierer kann ich noch nicht identifizieren, weil wir natürlich nicht wissen, wie die Reform ausgestaltet sein wird. Wir haben ja gesagt, wir wollen eine breite Reformdiskussion führen. Die Idee ist, bis Ende des Jahres erste Ergebnisse zu haben und im nächsten Jahr, im ersten Quartal, einen Vorschlag, wie die Ausgestaltung eines Gesamtpakets aussehen sollte; dem kann ich jetzt nicht vorgreifen.

Das Ziel eines Arbeitsministers ist natürlich, dass es möglichst viele Gewinner gibt, und Gewinner sind aus meiner Sicht Personen, die möglichst rasch wieder Beschäftigung finden, wenn sie arbeitslos geworden sind. Österreich ist, glaube ich, was die Arbeits­losenversicherung, den Arbeitsmarkt und das Arbeitsmarktservice betrifft, ganz gut auf­gestellt. Wir haben in diesem Bereich aber noch Potenzial. Ein durchschnittlicher Arbeits­loser ist im Moment 120 Tage arbeitslos; es gibt aber Länder, in denen der Durchschnitt bei 80, 90 Tagen liegt. Wenn wir es schaffen würden, Menschen schneller in Beschäf­tigung zu bringen, wäre das, glaube ich, im Interesse aller. Wir würden die Arbeitslo­senversicherung entlasten und wir würden gleichermaßen Menschen wieder rasch in Beschäftigung bringen, damit sie mehr verdienen, als sie Arbeitslosengeld bekommen – das wäre das Ziel. (Bundesrätin Schartel: Danke!)


Präsident Dr. Peter Raggl: Zusatzfrage, Frau Bundesrätin Schartel? – Bitte.


Bundesrätin Andrea Michaela Schartel (FPÖ, Steiermark): Ich habe noch eine Zu­satzfrage. Sie haben vorhin meinem Kollegen Arthur Spanring gesagt, Sie sind wirklich davon überzeugt, dass durch die Einführung der 3G-Regel niemand vom Arbeitsmarkt gedrängt werden wird. Wir sind davon überzeugt, dass die Praxis Sie bedauerlicher­weise eines Besseren belehren wird.

Deshalb meine Zusatzfrage: Mit welchen Sanktionen müssen Arbeitslose rechnen, wenn sie aufgrund der Nichteinhaltung der 3G-Regel an ihrem Arbeitsplatz gekündigt werden?


Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 28

Bundesminister.


Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Es gibt aus meiner Sicht aufgrund der Möglichkeit, Tests in Anspruch zu nehmen, auch für diejenigen, die nicht geimpft sind, keinen Grund, nicht die 3G-Regel einzuhalten – außer einer generellen Weigerung. (Bundesrat Steiner: ... medizinische Gründe!)

Es gibt zwei Möglichkeiten oder verschiedene Systeme, die dahinterstehen. Die eine Sache ist das COVID-19-Maßnahmengesetz, da beim Verstoß gegen das COVID-19-Maßnahmengesetz gewisse Strafen vorgesehen sind. Das sind Verwaltungsstrafen, die klarerweise vorgesehen sind, wenn man die 3G-Regel bei einer Veranstaltung nicht ein­hält oder wenn man im Supermarkt keine Maske trägt. – Das sind die Covid-Maßnah­men.

Natürlich ist es so, dass Betriebe die bestehenden arbeitsrechtlichen Möglichkeiten ha­ben, mit Menschen in ihren Betrieben umzugehen, die sich generell nicht an Regeln halten. Da haben wir aber nichts geändert, da sind die Regeln völlig gleich – es gibt keine Verschärfung, es gibt keine Veränderung. Es gibt arbeitsrechtliche Konsequenzen, wenn sich jemand nicht an betriebliche Regeln hält; die sind aber nicht verändert und sind auch nicht spezifisch an Covid angepasst.


Präsident Dr. Peter Raggl: Zu einer weiteren Zusatzfrage zu Wort gemeldet hat sich Bundesrätin Judith Ringer. – Ich bitte um die Zusatzfrage.


Bundesrätin Ing. Judith Ringer (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzter Herr Minister, ich möchte noch einmal auf die Arbeitslosenversicherung Neu zurückkommen: Was sind da die konkreten Ziele?


Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Vielen Dank für die Frage. Wir haben uns als Ziel gesetzt, dass wir möglichst rasch möglichst viele Menschen in Be­schäftigung bringen. Ich glaube, das sollte das Ziel aller sein, auch aller Parteien hier im Parlament. Die Frage ist natürlich, wie das passiert.

Mir ist sehr wichtig, dass als zweites Ziel auch festgeschrieben ist, dass durch die Ar­beitslosenversicherung im Fall der Arbeitslosigkeit Einkommenssicherung passiert – es ist ja eine Versicherung, deswegen sollte das Einkommen gut abgesichert sein, wenn man arbeitslos wird. Wir wollen eben, wenn jemand arbeitslos wird, die Vermittlung be­schleunigen und Menschen rasch in Beschäftigung bringen.

Ein viertes Ziel ist der treffsichere Mitteleinsatz. Idealerweise fördern wir Personen, die Förderung brauchen, noch stärker und aktivieren Personen, die wir aktivieren müssen, noch etwas stärker. Wenn uns das gelingt, dann wären wir, glaube ich, bei der Reform erfolgreich gewesen. Das wäre meine Einschätzung. – Danke.


Präsident Dr. Peter Raggl: Ich bitte um die Zusatzfrage von Bundesrat Stefan Schen­nach.


Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Minister, Sie haben vorhin auf eine Zusatzfrage meiner Kollegin Grimling geantwortet, Sie wären missinter­pretiert worden, was die Kürzung des Arbeitslosengeldes betrifft.

Im Juli 2020 – das ist jetzt keine Interpretation – haben Sie eine Pressekonferenz ge­geben, bei der Sie gesagt haben, Sie werden den Druck auf Arbeitslose erhöhen und sie durch Sanktionen motivieren. Sie haben gesagt, Arbeitslosengeld und Notstandshilfe sollen im Falle einer Ablehnung eines Jobs für acht Wochen gestrichen werden. – Das ist dann also die Radikalkürzung, wenn man acht Wochen lang Arbeitslosengeld und Notstandshilfe streicht.

Eine letzte Bemerkung: Sie kommen gerade von einer Studienreise aus den USA zu­rück - -



BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 29

Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte eine Fragestellung und kein Koreferat! – Bitte. (Hei­terkeit bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ. – Bundesrätin Steiner-Wieser: Das war jetzt nicht in Ordnung!)


Bundesrat Stefan Schennach (fortsetzend): Ich wollte nur fragen, welche Erkenntnisse der Minister für sein Feld in den USA gewonnen hat – das ist ja nicht so schlimm, oder? Ich glaube, der Herr Minister lächelt und freut sich, dass er Auskunft geben kann. (Bun­desminister Kocher: Ich freu mich, dass ich lächeln darf!)


Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Vielen Dank. Ich möchte aber zuerst auf die Einleitung eingehen. Sie haben gesagt „Juli 2020“, gemeint war Juli 2021. Ich möchte schon noch einmal klarstellen: Wir haben damals über bestehende Sank­tionsmöglichkeiten bei der Vermittlung gesprochen. Wir haben also damals gar nichts verändert. Wir haben nur den Status quo ante wiederhergestellt, weil einige Regeln auf­grund der Coronapandemie außer Kraft gesetzt wurden.

Dafür, dass sie außer Kraft bleiben, habe ich mich auch eingesetzt, als ich Minister wur­de, weil der Arbeitsmarkt natürlich im Laufe des Winters so dysfunktional war, es so wenige offene Stellen gab, dass es keinen Sinn machte, Menschen mit Sanktionen zu bedrohen, weil es einfach sehr wenige Möglichkeiten gab. Dass aber nach einer Erho­lung und nachdem die Arbeitslosenzahlen wieder auf dem Niveau von vorher waren, Regeln wiederhergestellt werden, die generell gelten, die im Gesetz vorgesehen sind und die auch unter sozialdemokratischen Arbeitsministern und Arbeitsministerinnen im­mer gegolten haben, halte ich eigentlich für eine völlig normale Sache.

Es gab also keine Verschärfung – ich weiß schon, dass es manchmal so dargestellt wird –, es gab einfach eine Wiedereinführung von Regeln, die natürlich grundsätzlich sinnvoll sind. Sie wissen ja genauso wie ich, dass sie ohnehin sehr selten angewendet werden müssen, und darüber bin ich froh. Sanktionen nach dem Paragrafen, der sich auf die Streichung des Arbeitslosengeldes bezieht, das sind einige Tausend Fälle im Jahr. Das zeigt ja auch schon, dass es da kein ganz großes Problem gibt. Ich glaube aber, es ist wichtig, auch im Sinne der Versichertengemeinschaft, dass diese Regeln eingehalten werden und dass es keine Ausnutzung des Sozialstaats und der Versiche­rung geben darf.

So, jetzt zu Amerika – vielen Dank für die Frage –: Wir haben uns dort vor allem über die Arbeitsvermittlung unterhalten und informiert, also weniger über das Arbeitslosenver­sicherungssystem. (Bundesrat Schennach: Das hätte mich auch gewundert!) Niemand möchte das amerikanische Arbeitslosenversicherungssystem in Österreich einführen, nein.

Es ging darum, verschiedene neue Formen der Vermittlung besser kennenzulernen. Es gibt dort elektronische Plattformen, die gerade auch während der Covid-Pandemie ein­geführt wurden und die ganz gut funktionieren. Es ging darum, zu sehen, welche För­dermöglichkeiten es gibt. Es gibt ja auch in den USA sehr viele Förderprogramme. Die neue Administration, die Biden-Administration, hat sich bei der Reform des Arbeitsmark­tes und vor allem bei der Förderung von gewissen Programmen zur Eingliederung von arbeitslosen Menschen ein sehr ambitioniertes Ziel gesetzt. Das wollten wir uns anse­hen, und da gab es sehr interessante Aspekte.


Präsident Dr. Peter Raggl: Vielen Dank.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Bundesrat Adi Gross zu Wort gemeldet. – Ich bitte um die Zusatzfrage.


Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Herr Minister! Die Bezugs­dauer des Arbeitslosengeldes hängt von verschiedensten Faktoren ab, dem Alter bei­spielsweise. Ist geplant, diese Systematik beizubehalten oder zu verändern?



BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 30

Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Vielen Dank. Ich habe schon ein paar Dinge klargestellt. Aus meiner Sicht soll die bestehende Systematik, die zuerst ei­nen Arbeitslosengeldbezug und dann die Notstandshilfe vorsieht, auf jeden Fall beibe­halten werden, auch die Struktur, wie wir sie haben, dass die Notstandshilfe grundsätz­lich auch zeitlich unbefristet in Anspruch genommen werden kann, solange man ar­beitsfähig ist. An dieser Grundstruktur soll nichts geändert werden.

Ob die zeitliche Staffelung, die wir hinsichtlich des Bezugs von Arbeitslosengeld haben, genau so bleibt, das muss man sich anschauen. Die Regeln sind ja recht kompliziert: Wir haben eine Bezugsdauer von Arbeitslosengeld von 20 Wochen, wenn man zwölf Monate beschäftigt war. Man kann 30 Wochen lang Arbeitslosengeld beziehen, wenn man drei Jahre beschäftigt war, man bekommt es 39 Wochen lang, wenn man in den letzten zehn Jahren sechs Jahre beschäftigt war und über 40 Jahre alt ist, und man kann 52 Wochen lang Arbeitslosengeld beziehen, wenn man innerhalb der letzten 15 Jahre neun Jahre lang beschäftigt war und mindestens 50 Jahre alt ist.

Ob das in dieser Komplexität so beibehalten werden muss, das kann man sich anschau­en, aber an der Grundstruktur dieser Systeme will ich nichts ändern; daran will, glaube ich, niemand etwas ändern.


Präsident Dr. Peter Raggl: Wir gelangen zur 8. Anfrage, 1925/M-BR/2021.

Ich bitte die Anfragestellerin, Bundesrätin Christine Schwarz-Fuchs, um die Verlesung der Anfrage.


10.02.08

Bundesrätin Mag. Christine Schwarz-Fuchs (ÖVP, Vorarlberg): Herr Minister!

1925/M-BR/2021

„Gibt es punkto Arbeitsmarktzahlen Regionen, wo Sie noch Schwierigkeiten sehen?“


Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Vielen Dank. Wir haben in Ös­terreich eine sehr starke Differenzierung der Arbeitsmarktzahlen nach Regionen. Es gibt gerade im Westen von Österreich Regionen, in denen praktisch Vollbeschäftigung herrscht, in denen die Arbeitslosenquote 4 Prozent oder weniger beträgt und es natürlich einen sehr starken Fachkräfte- und Arbeitskräftebedarf gibt. Ich empfehle jedem, einmal nach Salzburg oder Tirol zu fahren, wo die Arbeitslosenquote im Moment am geringsten ist – aber auch in Oberösterreich –, und dort Betriebe zu besuchen; die haben wirklich große Schwierigkeiten, Mitarbeiter zu rekrutieren.

Es gibt Bundesländer, die eine Arbeitslosigkeit im Bereich von 5 bis 6 Prozent haben, und es gibt ein Bundesland, Wien, das eine substanziell höhere Arbeitslosenquote hat. Das ist historisch auch immer so gewesen, das liegt zum Teil an der Struktur des Ar­beitsmarktes und natürlich an der Größe der Stadt. Der städtische Raum ist natürlich manchmal etwas stärker von Arbeitslosigkeit betroffen als der ländliche Raum, der gut funktionierende ländliche Raum, aber ich glaube schon, dass die Arbeitslosenquote in Wien mit 11,4 Prozent sehr hoch ist und wir alles tun müssen, dass auch in Wien die Arbeitslosenquote nach unten geht.

Wie immer haben wir natürlich die Mittel so verteilt, dass insbesondere dort, wo es eine höhere Arbeitslosigkeit gibt, auch mehr Mittel zur Verfügung stehen, deswegen gibt es auch die Anstrengung, die Arbeitslosenquote in Wien zu senken. Wien hat das Vorkri­senniveau noch nicht erreicht. Fast alle Bundesländer haben das erreicht, Wien hat das noch nicht ganz geschafft. Ich hoffe, das wird bald passieren.


Präsident Dr. Peter Raggl: Zusatzfrage, Frau Bundesrätin Schwarz-Fuchs? – Bitte.



BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 31

Bundesrätin Mag. Christine Schwarz-Fuchs (ÖVP, Vorarlberg): Danke. Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung im Tourismus ein?


Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Danke, das ist eine ganz wichtige Frage. Ich glaube, es gibt viele Sorgen, die die Wintersaison betreffen, vor allem in Be­zug auf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Im Tourismus ist der Mitarbeiterbedarf jetzt besonders groß, weil sehr rasch nach der Öffnung im Mai sehr viele Mitarbeiter ge­braucht wurden und weniger zur Verfügung standen, weil viele Mitarbeiterinnen und Mit­arbeiter, vor allem Saisonniers, nicht mehr nach Österreich gekommen sind.

Das liegt aus meiner Sicht zum Teil daran, dass es eine gewisse Unsicherheit gab, ge­rade was die Entwicklung der Pandemie betrifft. Das liegt zum Teil auch daran, dass diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld in Öster­reich haben, weil sie nur kurz in Österreich beschäftigt waren und damit möglicherweise gezwungen waren, eine andere Beschäftigung in den Ländern aufzunehmen, aus denen sie gekommen sind.

Wir werden alles tun, um die Tourismusbetriebe in dieser Wintersaison bei der Mitar­beitersuche zu unterstützen. Wie gesagt, das ist nicht ganz einfach – wenn man nach Westen schaut –: Bei einer Arbeitslosenquote von 3,5 Prozent ist es gar nicht so leicht, Mitarbeiter zu rekrutieren. Wir werden natürlich alle Programme, die es gibt, weiter inten­sivieren – bestehende Programme zur regionalen Mobilität, Programme zur Rekrutie­rung von Saisonniers, das AMS hat ja Möglichkeiten, auch im Ausland und nicht nur in Österreich zu rekrutieren –, damit Betriebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter finden, da wirklich ein Mangel vorherrscht.

Ich kenne Betriebe, die sagen, sie würden ohne Probleme auch 20, 30, 40 Prozent mehr bezahlen, als sie normalerweise zahlen wollten oder würden, und sie bekommen trotz­dem keine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Als Arbeitsminister bin ich natürlich froh, dass sich die Lage am Arbeitsmarkt entspannt hat, aber gleichzeitig müssen wir schau­en, dass gerade in den Bereichen, wo es Knappheit gibt, auch genügend Arbeitskräfte zur Verfügung stehen und wir die Betriebe unterstützen. (Bundesrätin Schwarz-Fuchs: Vielen Dank!)


Präsident Dr. Peter Raggl: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Bundesrat Günther Novak zu Wort gemeldet. – Ich bitte um die Frage.


Bundesrat Günther Novak (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wir haben derzeit einen eklatanten Facharbeitermangel in vielen Regionen von Österreich. Welche Akzente und Programme setzen Sie, um Lehrlinge für den Arbeitsmarkt auszu­bilden, damit wir den derzeitigen Zustand nicht auf Dauer beibehalten müssen?


Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Vielen Dank. Ich stehe mit der Wirtschaftsministerin, die für die Lehrlingsausbildung verantwortlich ist, in einem sehr engen Austausch über viele Instrumente und Möglichkeiten, die Lehrlingsausbildung at­traktiver zu gestalten – ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Aspekt –, auch gemeinsam mit den Unternehmen. Wir haben in diesem Bereich schon einiges gemacht. Es gibt jetzt die Möglichkeit, eine Lehre nach der Matura zu machen. Es werden die Möglichkeiten ausgebaut, Lehren in den verschiedensten Bereichen zu machen. Die Lehrlingsberufe werden attraktiviert, die Curricula werden aktualisiert, aber wir werden uns alle, glaube ich, insgesamt bemühen müssen, die Lehrlingsausbildung, den Weg, den ein Lehrling geht, noch attraktiver darzustellen.

Ich glaube, wir haben das Problem gehabt – das ist jetzt meine Interpretation –, dass wir vor 20, 30 Jahren eine sehr geringe Akademikerquote hatten, daher war der Fokus sehr stark auf der Akademisierung. Jetzt merken wir, dass uns teilweise Fachkräfte fehlen.


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 32

Das Gute ist aus meiner Sicht, dass alle, die zum Beispiel ein Haus bauen oder etwas reparieren lassen wollen und eine Handwerkerin oder einen Handwerker suchen, mer­ken, wie schwierig es teilweise ist, jemanden zu finden, und wie gut die verdienen. Ich glaube auch, dass viele Eltern ihren Kindern wieder raten werden, einen Lehrberuf an­zustreben.

Ich war gerade vor ein paar Monaten bei den Euroskills, der Lehrlingseuropameister­schaft. Da sieht man auch, wie gut Österreich dasteht, wie gut unsere Lehrlings­ausbildung insgesamt ist. Übrigens, ich habe vorhin die USA angesprochen: Die erste Frage, die auch von amerikanischen Kolleginnen und Kollegen immer kommt, ist, wie wir das mit der Lehrlings-, mit der dualen Ausbildung machen. Da sind wir weltweit Vor­bild. Das ist etwas, was wir noch stolzer vor uns hertragen sollten. Ich unterstütze alles, damit das auch in der Öffentlichkeit noch besser dasteht. – Danke.


Präsident Dr. Peter Raggl: Ich bitte um die Zusatzfrage von Bundesrat Christoph Steiner.


Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol): Herr Minister! Sie haben bei der Beantwor­tung einer der vorherigen Fragen auf die schwierige Situation hinsichtlich des Fachper­sonals hingewiesen; in meiner Frage geht es auch darum. Ich bin Tiroler. Wir stehen in Tirol oder im Westen Österreich kurz vor der Wintersaison und haben massive Pro­bleme. Hotels in meiner Region öffnen ganze Trakte einfach nicht, weil das Personal nicht zur Verfügung steht. Jetzt kommt ein ganz entscheidender Punkt dazu: Viel Stammpersonal aus Ungarn oder aus der Slowakei ist mit Sputnik V geimpft, das wissen wir. Dieser Impfstoff ist bei uns nicht zugelassen. Die Betroffenen müssen jetzt auch die 3G-Regel einhalten und wollen daher nicht oder in geringerem Ausmaß kommen. Das ist Ihnen hoffentlich bekannt.

Daher meine Frage: Werden Sie sich dafür einsetzen, dass man eine Lösung für das Fachpersonal findet, das im Westen Österreichs für die Wintersaison so dringend benö­tigt wird, damit auch diese mit Sputnik V geimpften Personen ohne Testerei arbeiten können?


Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Vielen Dank für die Frage. Ich werde mich natürlich für alle Maßnahmen einsetzen, die zu einer Erleichterung der Lage führen. (Zwischenruf der Bundesrätin Schartel.)

Wie gesagt, die Lage ist uns bekannt. Ich bin ja auch oft in Tirol und sehe das auch, wenn ich – ich habe das im Sommer öfters gemacht – mit Hotelbetreibern und ‑betreibe­rinnen, mit den dortigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern spreche. Das ist ja auch eine Belastung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, denn gerade im Tourismus werden im Moment sehr viele Überstunden gemacht, weil eben zu wenig Personal zur Verfügung steht.

Ich werde mich natürlich dafür einsetzen, aber das entscheidet der Gesundheitsminister. Über die Anerkennung von verschiedenen Impfstoffen entscheidet der Gesundheitsmi­nister und nicht der Arbeitsminister, aber die Problematik ist uns bewusst.


Präsident Dr. Peter Raggl: Zu einer weiteren Zusatzfrage zu Wort gemeldet hat sich Bundesrat Adi Gross. – Ich bitte um die Frage.


Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Herr Bundesminister, jetzt haben wir ein bisschen etwas betreffend die Unterschiede zwischen Regionen und Städten gehört, also einen Hinweis auf Wien, was die Arbeitslosenzahlen betrifft, und zu Spezialfällen im Tourismus. Wie sieht es aber, wenn man in die Bundesländer hinein­schaut, generell aus betreffend die Unterschiede zwischen eher urbaner Gegend und


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 33

ländlicher Gegend? Wo sind da die wichtigen Unterschiede im Mismatch, in den Ausbil­dungsniveaus und so weiter?


Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Vielen Dank. Ja, es gibt natürlich auch in anderen Bundesländern außer Wien Unterschiede zwischen städtischen und ländlichen Regionen. In den städtischen Regionen ist wie gesagt die Arbeitslosigkeit immer etwas höher, das hat mit verschiedenen Aspekten zu tun, die mit großen Agglo­merationen einhergehen.

Es gibt aber auch noch Effekte im Zusammenhang mit Corona, die die Städte etwas stärker treffen. Sie haben es, glaube ich, implizit angesprochen: Stadthotellerie, Kon­gresstourismus, große Events, all das findet ja sehr häufig in Städten statt. Diese sind also von diesen Spätfolgen noch etwas stärker betroffen als der ländliche Raum, des­wegen gibt es auch noch die Unterstützung durch die Coronakurzarbeit und natürlich auch die anderen Maßnahmen zum Ausgleich.

Ich glaube aber schon, dass wir einfach schauen müssen, dass auch in städtischen Regionen die Programme gut wirken. Ich glaube, es geht darum, insgesamt zu schauen, gerade was die regionale Mobilität betrifft, dass man nicht Menschen aus Wien nach Tirol bringt. Das ist klarerweise schwierig, weil das einfach von der Struktur des Ar­beitsmarktes her schwierig ist. Ja, wir fördern das, aber wir werden sozusagen nicht alle offenen Stellen in Tirol mit Menschen, die in Wien arbeitslos sind, besetzen können. Ein großes Ziel ist es aber, dass wir es schaffen, es attraktiv zu machen, auch im Umland der großen Städte Arbeitsplätze anzunehmen. Was immer da an Förderungsmöglichkei­ten besteht – da geht es vor allem um Förderung –, werden wir uns sicher näher an­schauen. Es gibt schon einiges, aber vielleicht kann man das noch verbessern.


Präsident Dr. Peter Raggl: Wir gelangen zur 9. Anfrage, 1932/M-BR/2021.

Ich bitte die Anfragestellerin, Bundesrätin Bettina Anna Lancaster, um die Verlesung der Anfrage.


10.12.51

Bundesrätin Mag. Bettina Lancaster (SPÖ, Oberösterreich): Herr Minister!

1932/M-BR/2021

„Welche Maßnahmen werden Sie setzen, damit Frauen, die auf Grund der Corona-Krise besonders schwer am Arbeitsmarkt wieder Fuß fassen können, rascher in den Arbeits­markt (zurück)kommen?“


Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Vielen Dank. Wir haben natür­lich – ich habe es vorhin bei einer anderen Frage schon gesagt – die Situation von Frau­en besonders stark verfolgt, weil es in der Entwicklung der Pandemie zu Beginn dieses Jahres bei den Männern einen recht starken Rückgang der Arbeitslosigkeit gab und bei den Frauen die Arbeitslosigkeit zu Beginn des Jahres sehr langsam zurückging. Da gab es Befürchtungen dahin gehend, dass sich das verfestigt. Es hat sich glücklicherweise nach den Öffnungsschritten im Mai, vor allem aber auch schon im Februar, März ergeben, dass die Arbeitslosigkeit bei den Frauen dann auch stark gesunken ist; Frauen sind einfach verstärkt im Dienstleistungsbereich, im Handel und die Männer verstärkt in der Warenproduktion und im Bau tätig, und diese Teile der Wirtschaft haben schon etwas früher den Aufschwung zu spüren bekommen.

Was die Frauenpolitik im Rahmen der Arbeitsmarktpolitik insgesamt betrifft, haben wir mehrere Aspekte. Wir haben das Förderziel – ich glaube, das ist ganz, ganz wichtig, das


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habe ich vorhin schon kurz erwähnt –, dass der Anteil aller Mittel des AMS, der für Frauen ausgegeben wird, 3,5 Prozentpunkte oberhalb des Anteils der Frauenarbeitslo­sigkeit an der Gesamtarbeitslosigkeit liegt. Wir haben dieses Förderziel ab 2022 noch einmal erhöht, auf 4 Prozentpunkte. Das sieht man auch in allen einzelnen Förderschie­nen. Ich habe es mir ausheben lassen: In der Coronajoboffensive sind zum Beispiel 50,4 Prozent der Förderausgaben für Frauen, obwohl der Anteil der Frauen an den Ar­beitslosen insgesamt etwas geringer ist als der Anteil der Männer. 54 Prozent der Teil­nehmerinnen und Teilnehmer sind Frauen, also mehr als 50 Prozent.

Wir haben natürlich auch Vorgaben für das Programm Sprungbrett, nämlich insofern, als vor allem langzeitarbeitslose Frauen in diesem Programm verstärkt zu berücksichtigen sind. Wir schauen also in all diesen Programmen immer darauf, dass einerseits generell das Förderziel eingehalten wird, aber dass es andererseits auch in Einzelprogrammen eine spezifische Förderung gibt, dass Frauen entsprechend – mindestens zur Hälfte – berücksichtigt werden.


Präsident Dr. Peter Raggl: Zusatzfrage, Frau Bundesrätin Lancaster? – Bitte.


Bundesrätin Mag. Bettina Lancaster (SPÖ, Oberösterreich): Welche Schwerpunkte werden Sie setzen, damit Frauen im ländlichen Raum, die aufgrund fehlender Kinderbe­treuungseinrichtungen und mangelnder öffentlicher Verkehrsanbindungen schwer am Arbeitsmarkt vermittelbar sind, am Arbeitsmarkt doch eine Chance bekommen?


Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Ich halte es für einen ganz wich­tigen Punkt, dass wir das gewährleisten können. Da geht es vor allem um die Betreuung und die Erziehung von Kindern, die Ausbildung von Kindern im frühen Alter; da müssen wir Fortschritte erzielen.

Es gibt ja auch Förderprogramme der Bundesregierung für den Ausbau. Ich habe das immer sehr stark unterstützt; ich glaube, dass das ganz, ganz wichtig ist. Ich glaube aber auch, dass wir jetzt in einer Situation sind, in der vielleicht solche Ausbaumöglichkeiten noch besser greifen. Warum? – Wir haben gerade über den Arbeitskräftemangel ge­sprochen; wir haben eine sehr hohe Teilzeitquote in Österreich, vor allem bei Frauen – ganz richtig –, und es gibt einen großen Bedarf. Ich hoffe, dass das dazu führt, dass auch bei Unternehmen Investitionen getätigt werden, um die Vereinbarkeit zu verbes­sern. Wir machen natürlich öffentliche Investitionen. Ich hoffe auch, dass das dazu führt, dass wir gerade am Land noch mehr Flexibilität bei der Kinderbetreuung haben werden, weil der entscheidende Punkt ja gar nicht so oft das Verfügbarsein von Kinderbetreu­ungsplätzen, sondern die zeitliche Komponente ist.

Besteht im Tourismus eine Nachfrage nach Arbeitskräften, dann geht es klarerweise darum, dass die Kinderbetreuung in Ausnahmefällen vielleicht auch am Nachmittag oder am Abend zur Verfügung stehen müsste. Darum wird es also gehen.

Sie können mich da aber als Verbündeten sehen, ich habe zwar keine Mittel im Arbeits­ressort, um die Kinderbetreuung auszubauen, aber ich weiß, wie wichtig es ist. (Bundes­rätin Lancaster: Danke!)


Präsident Dr. Peter Raggl: Zu einer weiteren Zusatzfrage zu Wort gemeldet hat sich Bundesrätin Elisabeth Mattersberger. – Ich bitte um die Zusatzfrage.


Bundesrätin Elisabeth Mattersberger (ÖVP, Tirol): Werter Herr Minister! Wie wirkt das Programm FIT, Frauen in Handwerk und Technik?


Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Ja, vielen Dank. Das ist ein wich­tiges Ziel – auch der Frauenministerin und der Familienministerin –, dass wir vor allem Frauen auch für handwerkliche und technische Berufe interessieren.


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 35

Das war mir auch schon damals als IHS-Direktor ein Ziel. Wir haben einige Studien zu diesen Themen gemacht, weil es, wie ich glaube, ganz entscheidend ist, da eine höhere Beteiligung von Frauen zu haben. Das sind meistens bessere Jobs, besser bezahlte Jobs und auch sicherere Jobs als viele andere Jobs im Dienstleistungsbereich, in dem Frauen überrepräsentiert sind.

Wir haben heuer im Bereich des Programms FIT, Frauen in Handwerk und Technik, mehr als 6 700 Frauen gefördert und damit um 20 Prozent mehr gefördert als noch im Jahr 2020. Wir haben für nächstes Jahr im Budget eine noch größere Summe, glaube ich, vorgesehen. Das Ziel bleibt also, in diesem Bereich aktiv zu sein. (Bundesrätin Mat­tersberger: Danke!)


Präsident Dr. Peter Raggl: Ich bitte um die Zusatzfrage von Bundesrat Josef Ofner.


Bundesrat Josef Ofner (FPÖ, Kärnten): Sehr geehrter Herr Minister! Die veröffent­lichten Chats zwischen den beiden türkisen Freunden Kurz und Schmid haben ja zutage gefördert, dass der Ex-Kanzler ein Investitionsprogramm für die Kinderbetreuung in der Höhe von 1,2 Milliarden Euro auf dem ÖVP-Altar für das eigene Machtstreben und den Egotrip geopfert hat.

Wann werden Sie sich in der Bundesregierung dafür einsetzen, dass diese dringend notwendigen Investitionen für die Familien und die arbeitenden Eltern in unserem Land getätigt werden?


Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Ja, vielen Dank. Ich war ja damals noch nicht Teil der Bundesregierung, deswegen kenne ich auch keine Details. Wie be­kannt ist, ging es ja nicht darum, die Mittel nicht zur Verfügung zu stellen, sondern die Frage war, wofür und über welche Träger, über die Länder, über die Gemeinden, Ausbau der Ganztagsschulen oder Förderung der Kinderbetreuung. Ich glaube also, man muss das im Detail die betreffenden Personen fragen.

Es gab seither – ich glaube, das ist der entscheidende Punkt – eine Erhöhung der Mittel für den Ausbau der Kinderbetreuung durch die Bundesregierung, und das wird weiterhin der Fall sein. Ich glaube, die Bundesregierung weiß, wie wichtig die Finanzierung dieses Ausbaus ist.


Präsident Dr. Peter Raggl: Ich bitte um die Zusatzfrage von Bundesrätin Elisabeth Kittl.


Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Ja, diese betrifft die ge­schlechtsspezifische Verteilung der Arbeitslosenzahlen und wurde schon sehr oft beant­wortet. Wenn Sie noch etwas dazu sagen wollen, sehr gern.


Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Sehr, sehr gerne. – Im Moment ist es so, dass es weniger Frauen als Männer in Arbeitslosigkeit gibt und dass der Anteil glücklicherweise praktisch ident ist mit dem Anteil, den wir vor der Krise hatten. Der entscheidende Punkt wird natürlich sein – dazu haben wir noch keine aktuellen Zahlen, es ist schon angesprochen worden –, wie die Teilzeitbeschäftigung ausschaut. Diese Zahlen werden wir erst bekommen, wenn es genug Daten gibt.

Ich bin recht optimistisch, dass sich unser Arbeitsmarkt, was Corona betrifft, so weit er­holt hat, dass wir uns hoffentlich, wenn es bei der Pandemiebekämpfung keine Rück­schläge gibt, nicht mehr damit beschäftigen müssen und uns dafür einsetzen können, dass in der Zukunft die Arbeitslosigkeit insgesamt sinkt, dass wir also nicht mehr mit unterschiedlichen Betroffenheiten kämpfen müssen. Das war tatsächlich einer jener Aspekte, die uns im Laufe des Frühjahrs Sorgen gemacht haben – das habe ich schon vorhin gesagt. – Danke.


Präsident Dr. Peter Raggl: Vielen Dank.


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 36

Wir gelangen zur 10. Anfrage, 1926/M-BR/2021. Ich bitte den Anfragesteller, Bundesrat Martin Preineder, um die Verlesung der Anfrage.


10.21.05

Bundesrat Martin Preineder (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Bundesminis­ter! Ich darf die letzte Frage im Rahmen der Fragestunde stellen. Da das Thema Ar­beitslosenversicherung Neu schon auf sehr viel Interesse gestoßen ist, wäre meine Frage:

1926/M-BR/2021

„Mit wem führen Sie im Rahmen des Reformdialogs zur ‚Arbeitslosenversicherung Neu‘ bereits Gespräche?“


Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Vielen Dank. Wir haben Anfang September gesagt, wir wollen diesen Reformdialog starten. Es gibt Gespräche mit den verschiedensten Institutionen und Personen. Wir haben natürlich laufend Gespräche mit den Sozialpartnern; es wird auch noch größere Sozialpartnerrunden geben. Wir haben Gespräche mit dem AMS-Vorstand, mit dem AMS-Verwaltungsrat. Es gibt laufend Ge­spräche mit Wissenschafterinnen und Wissenschaftern, mit Expertinnen und Experten aus den verschiedenen Institutionen.

Es gibt natürlich auch Gespräche mit dem Parlament, mit den Arbeits- und Sozialspre­chern im Parlament. Es wird eine größere – und da kann ich gleich die Einladung aus­sprechen – Veranstaltung geben, eine Art Enquete, und es ergeht die Einladung an alle, sich an diesem Diskussionsprozess zu beteiligen. Wir werden natürlich auch mit Betrof­fenen sprechen – das ist mir ganz besonders wichtig –, über diese Reformideen und die Notwendigkeiten, die sie anführen. Darüber hinaus führen wir einige Gespräche im Aus­land, um uns anzusehen, wie denn verschiedene Arbeitsmarkt- und Arbeitslosenver­sicherungssysteme im Ausland funktionieren und was davon man auf Österreich über­tragen kann.

Mir war immer sehr wichtig, diesen Dialog sehr breit zu führen, um möglichst viel In­formation zu bekommen, natürlich aber auch, um allen die Möglichkeit zu geben, sich einzubringen, und bisher habe ich schon viele interessante Aspekte aus diesen Ge­sprächen mitgenommen. Man lernt aus jedem Gespräch etwas, finde ich.


Präsident Dr. Peter Raggl: Zusatzfrage, Herr Bundesrat Preineder? – Bitte.


Bundesrat Martin Preineder (ÖVP, Niederösterreich): Meine Zusatzfrage wäre: Ist da auch die Landwirtschaftskammer als Sozialpartner gleichwertig eingebunden?


Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Ja, wir haben regelmäßig auch Kontakt mit den Sozialpartnern im landwirtschaftlichen Bereich, zum Beispiel wenn es um die Saisonnierregelung geht. Da gibt es immer Gespräche, wir sind in sehr gutem Austausch, und glücklicherweise funktioniert die Zusammenarbeit da sehr, sehr gut – wie letztlich mit allen Sozialpartnern.


Präsident Dr. Peter Raggl: Zu einer weiteren Zusatzfrage zu Wort gemeldet hat sich Bundesrätin Sandra Gerdenitsch. – Ich bitte um die Zusatzfrage.


Bundesrätin Mag. Sandra Gerdenitsch (SPÖ, Burgenland): Guten Morgen, Herr Mi­nister! Ich darf eingangs betonen: Bitte vergessen Sie die Frauen nicht, binden Sie auch diese aktiv in die Gespräche ein!


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 37

Bis wann wird das fertige Konzept vorliegen? Mit welcher Verbindlichkeit soll da was umgesetzt werden? Können Sie Zuverdienstmöglichkeiten und Zumutbarkeitsbestim­mungen definieren? Und: Mit welchen Ländern haben Sie gesprochen?


Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Vielen Dank. Das waren jetzt ein paar Fragen, ich hoffe, ich vergesse nichts, sonst erinnern Sie mich bitte daran!

Wir werden bis Ende des Jahres den Reformdialog führen und wollen im ersten Quar­tal 2022 ein Reformpaket präsentieren, das dann auch ins Parlament kommen soll. Das wäre der Zeitplan. Dafür setze ich mich ein, diese Aufgabe ist nämlich recht ambitioniert, ich hoffe aber sehr, dass wir das auch vom Zeitplan her schaffen.

Wir werden natürlich auch – Frauen sind überall beteiligt – mit Frauenvertreterinnen und -vertretern sprechen. Ich habe die Landesräte noch vergessen, natürlich sind auch die Länder eingebunden.

Sie haben gefragt: Wo waren wir, wo haben wir uns die Systeme angeschaut? – Der erste Besuch ging nach Schweden, das, wie ich glaube, ein sehr interessantes System hat, das durchaus mit Österreich vergleichbar ist. (Bundesrätin Schumann: Na ja, nein! Die Gewerkschaften ...!) – Ich weiß, es gibt zwei - - Ich habe es jetzt auch genau gelernt, deswegen weiß ich das, im Gesamtsystem aber ist es in der sozialen Absicherung durchaus vergleichbar und es gibt dort auch interessante Aspekte der Förderung.

Weiters waren wir in Litauen. Dort gibt es bei der Arbeitsvermittlung sehr interessante Aspekte der Digitalisierung. Der US-Besuch, der jetzt stattgefunden hat, hatte eigentlich nicht direkt etwas mit diesem Reformprojekt zu tun. Das war ein bilateraler Besuch mit dem dortigen Arbeitsminister, wir haben dort aber vor allem auch über Aspekte der Ar­beitsvermittlung gesprochen.

Habe ich etwas vergessen? (Bundesrätin Gerdenitsch: Zuverdienstmöglichkeiten und Zumutbarkeitsbestimmungen!)

Danke für die Erinnerung. Zuverdienstmöglichkeiten und Zumutbarkeitsbestimmungen: Natürlich sind diese Teil des Gesamtsystems. Auch das wird im Gesamtsystem eine Rolle spielen. Wir haben immer gesagt, dass der Zuverdienst auf der einen Seite sehr positive Aspekte hat: Er lindert in vielen Fällen Armut, er führt dazu, dass man Fä­higkeiten erhält, er führt möglicherweise dazu, dass man leichter wieder eine volle Be­schäftigung bekommt. Er hat aber in anderen Fällen auch – das wissen wir aus Studien – eine verlängernde Wirkung auf die Arbeitslosigkeit; deswegen muss man sich das sehr genau anschauen.

Was die Zumutbarkeitsbestimmungen betrifft: Da habe ich überhaupt noch keine Ein­schätzung. Wir haben vor Kurzem eine Einschätzung der OECD bekommen, die wir jetzt genauer prüfen und die besagt, dass die Zumutbarkeitsbestimmungen in Österreich während der Arbeitslosenversicherungszeit, also während man Arbeitslosengeld be­zieht, im internationalen Vergleich nicht besonders streng sind, während des Bezugs der Notstandshilfe allerdings sind sie im internationalen Vergleich relativ streng. – Das ist jetzt einmal die Einschätzung der OECD. Wir müssen uns anschauen: Gibt es da ir­gendwelche Notwendigkeiten? Es muss aber, glaube ich, im Gesamtpaket funktionieren, und wenn man einzelne Aspekte herausgreift, dann kommt man in der Argumentation sehr rasch in eine Schieflage, deswegen bitte ich um Verständnis, dass wir über ein Gesamtpaket diskutieren wollen.


Präsident Dr. Peter Raggl: Ich bitte um die Zusatzfrage von Bundesrat Thomas Dim.


Bundesrat Thomas Dim (FPÖ, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Es geht ja nicht nur darum, das Arbeitslosengeld zu reformieren, sondern es auch gerechter zu machen.


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 38

Das heißt vielleicht auch, dass die, die länger in ein System einbezahlt haben, dann im Fall der Arbeitslosigkeit auch mehr bekommen.

Wie stehen Sie zu der Idee, auf Basis der 55 Prozent des Letztbezuges pro Beitragsjahr das Arbeitslosengeld um 1 Prozent zu erhöhen?


Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Vielen Dank. Das ist ein in­teressanter Vorschlag, den ich, glaube ich, irgendwann schon einmal gehört habe. Wir haben ja jetzt schon Elemente im System, die diese Seniorität – nennen wir es so – berücksichtigen: Man bezieht länger Arbeitslosengeld, wenn man länger einbezahlt hat, die Höhe ist davon aber nicht betroffen.

Das kann man sich sicher näher anschauen. Die Frage ist natürlich immer, welche Wir­kungen das auf diejenigen hat, die dann, wenn sie älter sind, höhere Bezüge hätten, und ob es damit vielleicht zu einer leichteren Verfestigung käme. Das muss man sich also genau anschauen, das ist ein interessanter Vorschlag, den ich gerne mitnehme. – Vielen Dank.


Präsident Dr. Peter Raggl: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Bundesrat Andreas Lackner zu Wort gemeldet. – Ich bitte, diese Frage zu stellen.


Bundesrat Andreas Lackner (Grüne, Steiermark): Herr Minister! Sind Gespräche mit VertreterInnen der Armutskonferenz geplant oder gibt es diese bereits?


Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Vielen Dank. Ja, wir haben mit der Armutskonferenz einen Gesprächstermin für November vereinbart. Darüber hinaus gibt es aber natürlich laufend Gespräche mit Mitgliedern der Armutskonferenz, laufend Gespräche auch mit VertreterInnen der sozialökonomischen Betriebe, der Caritas und ähnlichen Trägerorganisationen. Wir schauen uns sehr genau an, was dort gemacht wird, um einfach zu verstehen, welche Möglichkeiten und Fördernotwendigkeiten es gibt.

Gerade für diesen Bereich sind natürlich für die Reform Gespräche geplant, um zu sehen, welche Reformschritte zu welchen Effekten führen würden. Ich sage das ganz offen: Natürlich kann es kein Ziel sein, dass durch eine Reform Armut verschärft wird, und deswegen ist der Austausch mit der Armutskonferenz so wichtig.


Präsident Dr. Peter Raggl: Zur letzten Zusatzfrage hat sich Bundesrat Karl-Arthur Arlamovsky zu Wort gemeldet. – Ich bitte um die Frage.


Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Es ist leider keine spieltheoretische Frage geworden. (Heiterkeit des Bundesministers Kocher.)

Wird Ihrer Einschätzung nach im Rahmen der Arbeitslosenversicherung Neu die Netto­ersatzrate auch einmal unter 55 Prozent sinken?


Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Wir haben ja jetzt schon bei der Notstandshilfe eine Nettoersatzrate, die unter 55 Prozent liegt; das sind ja 92 oder 95 Prozent des Arbeitslosengeldbezugs, insofern gibt es das schon. Die Frage ist, ob das genau auf diesem Niveau bleibt. Es muss im Gesamtsystem passen, ich habe aber ausgeschlossen, dass es weit unter 55 Prozent gehen kann, und das ist, glaube ich, etwas, das schon aussagt, dass es nicht um eine Kürzung geht, sondern eher um eine Verbesserung der Situation für die arbeitslosen Menschen in Österreich. – Danke.



BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 39

Präsident Dr. Peter Raggl: Sehr geehrter Herr Bundesminister, vielen Dank für die Beantwortung der Anfragen der Bundesrätinnen und Bundesräte. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Mir liegen keine weiteren Anfragen vor. Die Fragestunde ist damit beendet.

10.30.17Einlauf und Zuweisungen


Präsident Dr. Peter Raggl: Hinsichtlich der eingelangten und verteilten Anfragebeant­wortungen,

jenes Verhandlungsgegenstandes, der gemäß Art. 42 Abs. 5 Bundes-Verfassungsge­setz nicht dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates unterliegt,

eines Schreibens des Bundeskanzleramtes betreffend Enthebung von Herrn Sebastian Kurz vom Amt des Bundeskanzlers beziehungsweise von Herrn Mag. Alexander Schal­lenberg, LL.M. vom Amt des Bundesministers für europäische und internationale Ange­legenheiten gemäß Art. 74 Abs. 3 Bundes-Verfassungsgesetz bei gleichzeitiger Ernen­nung gemäß Art. 70 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz von Herrn Mag. Alexander Schallenberg, LL.M. zum Bundeskanzler beziehungsweise von Herrn Dr. Michael Lin­hart zum Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten mit Ent­schließung des Herrn Bundespräsidenten vom 11. Oktober 2021,

eines Schreibens des Ministerratsdienstes des Bundeskanzleramtes betreffend Aufent­halt des Bundeskanzlers und eines Mitglieds der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union

verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung gemäß § 41 Abs. 1 der Ge­schäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen wird.

Weiters und soeben eingelangt ist ein Schreiben des Ministerratsdienstes des Bundes­kanzleramtes betreffend Aufenthalt der Bundesministerin für EU und Verfassung Karo­line Edtstadler am 21. Oktober 2021 in Brüssel bei gleichzeitiger Beauftragung von Bun­desministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration Susanne Raab mit ihrer Ver­tretung.

Ebenso verweise ich hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen im Sinne des § 19 Abs. 1 der Geschäftsordnung auf die gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung im Sitzungssaal verteilte Mitteilung, die dem Stenographi­schen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen wird.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangt sind:

1. Eingelangter Verhandlungsgegenstand, der gemäß Art. 42 Abs. 5 B-VG nicht dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates unterliegt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Oktober 2021 betreffend ein Bundesgesetz über die Genehmigung des Bundesrechnungsabschlusses für das Jahr 2020 (III-321 d.B. und 1062 d.B.)

2. Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend

Enthebung von Herrn Sebastian Kurz vom Amt des Bundeskanzlers bzw. von Herrn Mag. Alexander Schallenberg, LL.M. vom Amt des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten gemäß Artikel 74 Absatz 3 Bundes-Verfassungsgesetz bei gleichzeitiger Ernennung gemäß Artikel 70 Absatz 1 Bundes-Verfassungsgesetz von


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 40

Herrn Mag. Alexander Schallenberg, LL.M. zum Bundeskanzler bzw. von Herrn Dr. Mi­chael Linhart zum Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten mit Entschließung des Herrn Bundespräsidenten vom 11. Oktober 2021 (Anlage 1)

3. Aufenthalt eines Mitgliedes der Bundesregierung in einem anderen Mitglieds­staat der Europäischen Union

Schreiben des Ministerratsdienstes betreffend den Aufenthalt von Herrn Bundeskanzler Mag. Alexander Schallenberg, LL.M. am 21. und 22. Oktober 2021 in Brüssel (Anlage 2)

und

Schreiben des Ministerratsdienstes betreffend den Aufenthalt von Frau Bundesminis­terin für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner am 21. Oktober 2021 in Brüssel (An­lage 3)

B. Zuweisungen

1. Gesetzesbeschlüsse (Beschlüsse) des Nationalrates

(siehe Tagesordnung) sowie

2. Vorlagen der Bundesregierung oder ihrer Mitglieder

Bericht der Bundesministerin für Justiz über die in den Jahren 2014 bis 2020 erteilten Weisungen nachdem das der Weisung zugrundeliegende Verfahren beendet wurde (III-759-BR/2021)

zugewiesen dem Justizausschuss

und

Tätigkeitsberichte des Verwaltungsgerichtshofes für das Jahr 2019 und für das Jahr 2020, vorgelegt von der Bundesministerin für EU und Verfassung (III-760-BR/2021)

zugewiesen dem Ausschuss für Verfassung und Föderalismus

sowie

Tätigkeitsbericht des Verfassungsgerichtshofes für das Jahr 2020, vorgelegt von der Bundesministerin für EU und Verfassung (III-761-BR/2021)

zugewiesen dem Ausschuss für Verfassung und Föderalismus

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BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 41

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BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 42

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BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 43

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BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 44

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Präsident Dr. Peter Raggl: Eingelangt sind und den zuständigen Ausschüssen zuge­wiesen wurden jene Beschlüsse des Nationalrates beziehungsweise jene Entschlie­ßungsanträge, die Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind.

Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen abgeschlossen und schriftliche Ausschuss­berichte erstattet.

Ich habe die zuvor genannten Verhandlungsgegenstände sowie


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 45

den Entschließungsantrag 309/A(E)-BR/2021 der Bundesräte Michael Bernard, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Rücknahme der Nova-Erhöhung,

den Entschließungsantrag 310/A(E)-BR/2021 der Bundesräte Michael Bernard, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend keine Erhöhung der motorbezogenen Versicherungs­steuer und

den Entschließungsantrag 311/A(E)-BR/2021 der Bundesräte Markus Leinfellner, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Attraktivieren des Bundesheeres durch Anpassungen im Gehaltsgesetz

auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Behandlung der Tagesordnung


Präsident Dr. Peter Raggl: Aufgrund eines mir zugekommenen Vorschlages beab­sichtige ich, die Debatten über die Tagesordnungspunkte 5 bis 8, 9 bis 14 sowie 16 und 17 jeweils unter einem zu verhandeln.

Erhebt sich dagegen ein Einwand? – Das ist nicht der Fall.

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage


Präsident Dr. Peter Raggl: Bevor wir in die Tagesordnung eingehen, gebe ich bekannt, dass mir ein Verlangen im Sinne des § 61 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundes­rates auf dringliche Behandlung der schriftlichen Anfrage der Bundesräte Dominik Rei­singer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ÖVP/Grüne-Bundesregierung verschlech­tert die finanzielle Lage der Menschen und der Kommunen - Gemeinden sind aber Motor der wirtschaftlichen Erholung nach der Krise und nah bei den Menschen“ an den Herrn Bundesminister für Finanzen vorliegt.

Im Sinne des § 61 Abs. 4 der Geschäftsordnung verlege ich die Behandlung an den Schluss der Sitzung, aber nicht über 16 Uhr hinaus.

Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein.

10.34.121. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Oktober 2021 betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 geändert wird (1086 d.B. sowie 10765/BR d.B.)


Präsident Dr. Peter Raggl: Wir gelangen zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Andrea Holzner. – Ich bitte um den Bericht.


10.34.38

Berichterstatterin Dipl.-Ing. Andrea Holzner: Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Oktober 2021 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 geändert wird. (Vizepräsident Novak übernimmt den Vorsitz.)

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Oktober 2021 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.



BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 46

Vizepräsident Günther Novak: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky. Ich erteile ihm das Wort.


10.35.28

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich stehe hier, weil es sich zwar nicht um Spieltheorie im engeren Sinn handelt, aber doch sehr stark um angewandte Verhaltensökonomie.

Jetzt kann man sich fragen: Warum kann man dagegen sein, dass die Sonderfreistellung für ungeimpfte Schwangere verlängert wird? – Unsere Position ist da sehr deutlich. Wir sehen das als Paradebeispiel für: Gut gemeint ist das Gegenteil von gut gemacht!

Die Situation hat sich für Schwangere seit der Einführung dieser Sonderfreistellung deutlich verändert. Das Nationale Impfgremium empfiehlt seit Mai, dass sich Schwan­gere impfen lassen, es ist auch keine Off-Label-Impfung mehr. Es gibt auch genug Impfstoff, der Herr Gesundheitsminister hat im Juni erklärt, dass alle Impfwilligen bis September voll geimpft sein können. Deswegen ist es ein sehr starker negativer Impf­anreiz für Schwangere, dass, wenn sie sich entscheiden können, ob sie sich impfen las­sen oder nicht, die Entscheidung dafür, sich nicht impfen zu lassen, ihnen eine Sonder­freistellung bringt. – Vielen Dank. (Bundesrätin Schartel: Also das ist ja eine Frechheit, was Sie jetzt von sich geben!)

10.36


Vizepräsident Günther Novak: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Kollegin Heike Eder. Ich erteile ihr das Wort.


10.37.11

Bundesrätin Heike Eder, BSc MBA (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Lieber Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher daheim! Wenn eine Regelung sinnvoll ist und sich in der Vergangenheit bewährt hat, dann macht es durchaus Sinn, diese auch weiter zu verlängern oder beizubehalten.

Bei diesem heutigen Tagesordnungspunkt verhält es sich ganz ähnlich, denn heute ver­längern wir die Freistellung unserer werdenden Mütter ab der 14. Schwangerschafts­woche bis zum 31. Dezember, sofern sie in körpernahen Berufen tätig waren oder sind und vorübergehend kein Ersatzarbeitsplatz möglich ist und sofern sie noch nicht ihren vollen Impfschutz haben. Das betrifft etwa Friseurinnen, Masseurinnen, Physiotherapeu­tinnen, aber auch Elementarpädagoginnen.

Da das Nationale Impfgremium – mein Vorredner hat es bereits erwähnt – die Empfeh­lung der Impfung erst im Mai ausgesprochen hat, war noch nicht genügend Zeit, um wirklich alle vollständig zu impfen. Deshalb ist es wichtig, dass wir unsere schwangeren Frauen schützen, und zwar so lange, bis sie durch die Impfung geschützt sind.

Die Tendenz zur Inanspruchnahme der Freistellung war in den letzten Monaten rüc­kläufig – das halte ich für einen besonders wichtigen Indikator –, das sagen die Zahlen der ÖGK, aber auch die des Arbeitsministeriums. Das zeigt schon, dass immer mehr schwangere Frauen sich impfen lassen und daher in Arbeit bleiben können. Es zeigt auch, dass unsere schwangeren Arbeitnehmerinnen pflichtbewusst handeln und ihren Beitrag zur Bewältigung der Pandemie leisten.

Vielleicht kann Sie, lieber Herr Arlamovsky, diese Tatsache doch noch umstimmen, sodass Sie einer Verlängerung der Freistellung zustimmen. Wir seitens der ÖVP-Bun­desratsfraktion werden dies jedenfalls tun. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder.)

10.38



BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 47

Vizepräsident Günther Novak: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Mag. Sandra Ger­denitsch. Ich erteile ihr das Wort.


10.39.17

Bundesrätin Mag. Sandra Gerdenitsch (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Hohes Präsidium! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Auch wir von der SPÖ begrüßen die Verlängerung des Schutzes der Frauen und der ungeborenen Kinder bis zum 31.12.2021.

Genau das ist aber der Knackpunkt, es ist wieder einmal zu kurz gegriffen. Der Frei­stellungsanspruch hat schon am 30. September geendet, was zur Folge hatte, dass die betroffenen Schwangeren mit 1. Oktober ihre Beschäftigung wieder aufnehmen muss­ten. Und warum? – Wir wissen es: weil Türkis-Grün wieder einmal nicht in der Lage ist, rechtzeitig und vorsorgend zu handeln, weil Türkis-Grün die Menschen im Land einmal mehr egal sind. (Beifall bei der SPÖ. Zwischenruf des Bundesrates Preineder.)

Genau wie bei der Sonderbetreuungszeit ist das wieder einmal sehr kurzsichtig von Ihnen. Das bedeutet Unsicherheit für die betroffenen Frauen, aber auch für die Arbeit­geberinnen und Arbeitgeber. Man könnte sagen, das Risikogruppenchaos feiert fröhliche Urstände. Die Regierung handelt wieder einmal grob fahrlässig. Nach wie vor sind ge­impfte Schwangere von der Regelung ausgenommen, aber wir wissen, die Impfung schützt nicht gänzlich vor einer Infektion mit Corona. Schauen Sie sich die Verläufe an! Danach, was uns berichtet wurde, ist das durchaus nicht so, dass das leichte Verläu­fe sind, sondern die können mitunter sehr schwer sein, und dabei sind dann zwei Menschenleben gefährdet. (Bundesrat Spanring: Interessant! Guten Morgen, liebe SPÖ ... kommt ihr auch schon drauf!)

Die Pandemie ist noch nicht vorbei, auch wenn Herr Finanzminister Blümel das vor ei­nigen Tagen in der „ZIB 2“ in einem Nebensatz recht flapsig formuliert verkündet hat. Es versteht niemand (die Bundesräte Spanring und Steiner sprechen miteinander) – hören Sie mir bitte zu! – und es kann uns auch keiner erklären, nicht einmal deklarierte Türkise, mit denen ich spreche, warum man schwangere Frauen nicht generell als Risikogruppe definiert. Jede schwangere Frau, die im Kundinnen- und Kundenkontakt steht, muss geschützt werden. Das muss also auch für den Handel, für die Gastro und für die Produktion gelten. Darauf haben wir von der SPÖ schon im Juni hingewiesen. Das ist ein Déjà-vu für mich. Ich weiß nicht, reden wir jetzt einmal im Quartal darüber? Ich ver­stehe es nicht!

Jede Schwangere, die sich infiziert, ist eine Schwangere zu viel, meine Damen und Her­ren! Oder sind Sie da anderer Meinung, meine Herren da rechts? Anstatt die Menschen in geimpft und nicht geimpft zu spalten, spricht sich die SPÖ sehr klar - - (Bundesrat Steiner: Wir haben ja nichts gesagt! – Bundesrätin Steiner-Wieser: Damen sind auch dabei!) – Ihr habt ja nicht getratscht, die Herren da (in Richtung der Bundesräte Spanring und Steiner) haben getratscht, zumindest habe ich nur sie gesehen. Die Regierung sollte aber (Bundesrat Steiner: Aber Entschuldigung, rechts sind schon nur wir!  Heiterkeit bei der FPÖ) – darüber (erheitert) können wir nachher diskutieren – geeignete Anreize schaffen, um mehr Menschen zur Impfung zu motivieren.

Wie immer an dieser Stelle: Bitte schauen Sie auf das Burgenland, machen Sie es uns nach und nehmen Sie sich ein Beispiel an Landeshauptmann Hans Peter Doskozil! (Zwi­schenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.) Schauen Sie und lernen Sie! Wir im Burgen­land sind auf einem guten Weg. Wir setzen auf Information und bauen die niederschwel­ligen Impfangebote aus. Österreichweit liegen wir bei der Durchimpfungsrate an der Spitze.

Um die Pandemie zu bekämpfen, bedarf es einer hohen Durchimpfungsrate in der Be­völkerung, und die Regierung muss alles dafür tun, damit alle Gruppen, für die Impfstoffe


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 48

zugelassen und empfohlen sind, auch die Möglichkeit haben, sich rasch impfen zu las­sen. Dafür brauchen wir die erforderliche Infrastruktur.

Ich als Familiensprecherin meiner Fraktion werde heute natürlich die Gelegenheit nut­zen, die Sorgen, die Probleme, die Wut und die Ohnmacht vieler Familien im Land zu thematisieren – Gefühle, die diese Familien zu Recht haben, und in meinem Umfeld ken­ne ich viele dieser Familien. Und Sie, Herr Minister, kennen Sie auch diese Familien, diese kleinen Leute? (Bundesminister Kocher nickt.) – Gut! Oder sind Sie wirklich so weit weg? Nein, Sie sagen Nein, aber wir können darüber auch gerne einmal disku­tieren.

Die Familien sind wütend, fassungslos und entsetzt, nämlich darüber, was die türkise Familie unter Familienpolitik versteht. Wir wissen nur zu gut, wer eigentlich zur türkisen Familie gehört. Wenn wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten von Familien­politik sprechen, dann geht es uns um die Menschen im Land, um deren Lebenssitua­tionen und auch darum, diese Lebenssituationen zu verbessern. (Beifall bei der SPÖ.)

Kurz und Konsorten hat es nie interessiert – und das ist mehr als offensichtlich –, wie es zum Beispiel einer alleinerziehenden Mutter, die Job und Kind unter einen Hut bringen muss, geht. (Bundesrat Spanring: Richtig!) Die Chatverläufe offenbaren, wo bei den Türkisen die Prioritäten liegen: Statt mehr als 1 Milliarde Euro für den Ausbau dringend notwendiger ganztägiger Schulformen und der Nachmittagsbetreuung gibt es den glei­chen Betrag an Steuergeschenken für die Konzerne. Ich glaube, das sind allesamt Cou­sins von Ihrem Herrn Kurz, der aus meiner Sicht nach wie vor noch immer ein Schat­tenkanzler ist, denn Namen sind bei der ÖVP nur Schall und Rauch.

Sebastian Kurz ging es nie um Österreich und um die Familien im Land, sondern immer nur um sich selbst, er hat sich inszeniert. Er hat verhindert oder verhindert nach wie vor, dass sich die Lebensrealitäten für Kinder und für deren Eltern verbessern. Er hat ver­hindert, dass Maßnahmen gesetzt wurden, die einen immensen Beitrag zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf geleistet hätten, und zwar aus purem Egoismus.

Meine Damen und Herren, nächste Woche begehen wir wieder den Equal-Pay-Day in Österreich. Ich denke, Sie alle wissen, was dieser Equal-Pay-Day markiert: nämlich den Tag, an dem Frauen – statistisch gesehen – gratis bis zum Jahresende arbeiten. Schau­en Sie sich einmal die Zahlen an! Den kleinsten Gap hat Wien, dann kommen schon das Burgenland und Kärnten, also lauter sozialdemokratisch geführte Länder. Niederöster­reich schneidet zum Beispiel sehr schlecht ab, Vorarlberg auch. Ich würde Sie bitten, einmal darüber nachzudenken, woran das liegen kann. Im Burgenland liegt es unter an­derem auch daran, dass wir schon großteils den Mindestlohn von 1 700 Euro netto ein­geführt haben, dass wir die pflegenden Angehörigen anstellen und dass wir den Gra­tiskindergarten eingeführt haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Wahrscheinlich wissen Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen, allen voran der neue Klubobmann Sebastian Kurz, nicht, für wen ein Politiker oder eine Politikerin Politik machen sollte. Ich bin Ihnen da gerne behilflich und werde Ihnen das gleich beantworten, und zwar mit einem Zitat von Hans Peter Doskozil von Anfang Oktober: „Als Spitzen­politiker kann man sich aus der Gesellschaft nicht ein genehmes Segment herausgrei­fen. Politik muss für alle da sein.“ – Das schreibe ich Ihnen heute und hier ins Stamm­buch. Übernehmen Sie endlich die Verantwortung, die Sie für die Kinder, die Frauen und die Männer in diesem Land haben! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Steiner.)

10.45


Vizepräsident Günther Novak: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Andrea Michaela Schartel. Ich erteile ihr das Wort.



BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 49

10.46.00

Bundesrätin Andrea Michaela Schartel (FPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Mi­nister! Herr Kollege Arlamovsky, ich wiederhole es jetzt gerne: Ich finde, Ihre Rede ist eine Frechheit! Wie kann man hergehen und zu Frauen sagen: Ihr seid selber schuld, wenn ihr euch nicht impfen lasst, also steckt euch gescheiter mit dem Coronavirus an! – Das ist eine Sauerei, das muss ich Ihnen wirklich sagen! (Beifall bei der FPÖ. – Zwi­schenruf des Bundesrates Preineder.)

Eines kann keiner hier sagen: Kein Mensch kann hier sagen, welche Auswirkungen die Impfung auf das ungeborene Leben wirklich hat. Darüber gibt es keine Langzeitstudien und keine medizinischen Erkenntnisse. Jede Frau darf selbst entscheiden, was sie mit ihrem Körper und mit dem Kind tut! Das ist gut so, dass das bei uns in Österreich immer Gesetz war! (Beifall bei der FPÖ sowie Bravoruf des Bundesrates Steiner.)

Es gab bedauerlicherweise auch von den Mitarbeitern im Ministerium die Begründung, dass die Verlängerung der Sonderfreistellung – wie auch der Sonderbetreuungszeit – deshalb nur bis 31.12. beschlossen werden soll, weil man im Ministerium auch der Mei­nung ist, dass die Frauen genügend Gelegenheiten hätten, sich – wenn sie das wollen – impfen zu lassen, und deshalb diese Sonderfreistellung in Wirklichkeit eigentlich nicht mehr notwendig ist.

Wenn ich zurückdenke, muss ich sagen: Österreich war immer ein Land, in dem das Arbeitsrecht sehr hochgehalten wurde. Ich war immer sehr stolz darauf. Wir haben die Arbeitnehmer wirklich geschützt. Es hat einmal eine SPÖ gegeben, für die es das Wich­tigste war, die Arbeitnehmer zu schützen. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) Mittlerweile hat sie sich davon leider verabschiedet, deshalb gibt sie auch die Zu­stimmung zur 3G-Regel am Arbeitsplatz. (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) Sie verraten die Arbeitnehmer!

Wir hatten aber ein sehr hochgehaltenes und sehr gutes Arbeitsrecht, und deshalb kann ich nicht verstehen, warum eine Regierung alle Maßnahmen, die den Menschen in Ös­terreich das Leben schwer machen, auf fast unbestimmte Zeit – zumindest bis Ju­ni 2022 – verlängert, und wenn es darum geht, die Menschen in dieser schwierigen Si­tuation zu unterstützen, dann werden die Dinge nur halb gemacht, sehr kurzfristig ge­macht, und an und für sich passt das nie zusammen.

Das heißt: Entweder haben wir noch eine sehr schwere Pandemie oder die Pandemie ist beendet. Entweder hilft Impfen oder das Impfen hilft nicht! Man kann aber nicht immer geimpfte und nicht geimpfte Menschen gegeneinander ausspielen. Das machen Sie alle, Sie spielen sie immer gegeneinander aus. Warum haben Sie nicht den Mut, allen Ös­terreichern die Wahrheit ins Gesicht zu sagen, nämlich: In Wirklichkeit sind wir für eine Impfpflicht! Sie reden immer darum herum, machen eine Maßnahme nach der anderen, mit der die indirekte Impfpflicht mehr oder minder kommt.

Es wird sich negativ auf den Arbeitsmarkt auswirken, dass diese 3G-Regel kommt. Sie (in Richtung SPÖ) haben gesagt, Sie müssen dem Gesetz zustimmen, weil Sie dafür erreicht haben, dass das betriebliche Testen gratis bleibt. Jetzt hat uns aber der Herr Bundesminister – für mich glaubhaft – gesagt, dass er sich dafür wesentlich eingesetzt hat. Ihr hättet euch also den Verrat an den Arbeitnehmern wirklich ersparen können! (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.)

An Sie (in Richtung Bundesminister Kocher) hätte ich noch eine große Bitte, denn Sie haben heute mehrmals erwähnt, dass Sie großen Wert auf Ihre Unabhängigkeit und vor allem auf Ihr verdientes Fachwissen legen – ich bin davon überzeugt, dass Sie es ha­ben –: Bitte setzen Sie sich wirklich für die Arbeitnehmer ein und emanzipieren Sie sich von Türkis-Grün! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

10.49



BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 50

Vizepräsident Günther Novak: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Andreas Lackner. Ich erteile ihm das Wort.


10.49.44

Bundesrat Andreas Lackner (Grüne, Steiermark): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Für die Sonderfreistellung für Schwangere wurden bisher 22 Millionen Euro an Unterstützung an Betriebe ausbezahlt, die Schwangere freistellen und ihnen das Entgelt unverändert weiterbezahlen; in Summe sind das 225 000 Freistellungstage schwangerer Arbeitnehmerinnen. Aus unserer Sicht ist wei­terhin ein besonderer Schutz der Schwangeren erforderlich, da es erst seit Mai eine Impfempfehlung gibt und die Infektionslage immer noch angespannt ist.

Die Regelung soll nun verlängert werden: Bis 31. Dezember kann man mit Beginn der 14. Schwangerschaftswoche bis zum Beginn eines Beschäftigungsverbots bei Arbeiten, bei denen ein physischer Kontakt mit anderen Personen erforderlich ist, nicht beschäftigt werden.

Zur Kritik, dass die Verlängerung nur bis Jahresende gilt, möchte ich festhalten, dass wir diese Regelung, wenn wir sie auch danach brauchen, verlängern werden. Es gibt aber bereits jetzt Anzeichen – die Kollegin hat es, glaube ich, kurz angesprochen –, dass der Bedarf abnimmt. So hat uns der Experte aus dem Ministerium in der Sitzung des So­zialausschusses vor zwei Tagen mitgeteilt, dass im September nur mehr 3 Millionen Euro ausbezahlt wurden, wohingegen die Monate davor immer 5 bis 6 Millionen Euro ausbezahlt wurden.

Darüber hinaus gibt es eben seit Mai auch die klare Empfehlung der Expertinnen und Experten, dass sich Schwangere impfen lassen sollen. Ich appelliere daher, auch da auf die Expertise zu vertrauen und das Impfangebot wahrzunehmen. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

10.51


10.51.50

Vizepräsident Günther Novak: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung. Bitte nehmen Sie die Plätze ein!

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

10.52.302. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Oktober 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Telekommunikationsgesetz erlassen (Telekommunikationsgesetz 2021 – TKG 2021), das KommAustria-Gesetz (KommAustria-Gesetz – KOG), die Strafpro­zeßordnung 1975 (StPO), das Polizeikooperationsgesetz (PolKG), das Polizeiliche Staatsschutzgesetz (PStSG), das Sicherheitspolizeigesetz (SPG), das Wertpapier­aufsichtsgesetz 2018 (WAG 2018), das Börsegesetz 2018 (BörseG 2018), das Post­marktgesetz (PMG), das Kraftfahrgesetz 1967 (KFG 1967), das Funkanlagen-Markt­überwachungs-Gesetz (FMAG 2016), das Funker-Zeugnisgesetz 1998 (FZG), das Rundfunkgebührengesetz (RGG), das Fernsprechentgeltzuschussgesetz (FeZG) und das Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz (AMD-G) geändert werden (1043 d.B. und 1080 d.B. sowie 10747/BR d.B. und 10767/BR d.B.)


Vizepräsident Günther Novak: Wir gelangen nun zum 2. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Otto Auer. – Ich bitte um den


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Bericht.


10.53.00

Berichterstatter Otto Auer: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste hier und zu Hause! Ich bringe Ihnen den Bericht des Ausschusses für Innovation, Technologie und Zukunft über den Beschluss des Na­tionalrates vom 13. Oktober 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Telekom­munikationsgesetz erlassen, das KommAustria-Gesetz, die Strafprozeßordnung 1975, das Polizeikooperationsgesetz, das Polizeiliche Staatsschutzgesetz, das Sicherheits­polizeigesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2018, das Börsegesetz 2018, das Post­marktgesetz, das Kraftfahrgesetz 1967, das Funkanlagen-Marktüberwachungs-Gesetz, das Funker-Zeugnisgesetz 1998, das Rundfunkgebührengesetz, das Fernsprechent­geltzuschussgesetz und das Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor, ich komme daher zur Antragstellung:

Der Ausschuss für Innovation, Technologie und Zukunft stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben. – Danke.


Vizepräsident Günther Novak: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als erster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Stefan Schennach. Ich erteile ihm das Wort.


10.54.34

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Herr Präsident! (In Richtung Bundesminis­ter Kocher:) Schön, dass Sie uns auch zu diesem Thema kurz die Ehre geben, Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen der FPÖ! Heute wäre es so weit: Im EU-Ausschuss habt ihr noch eine Mitteilung zu den Digital Services eingebracht, und jetzt lasst ihr ein paar Dinge völlig ungeschoren durchgehen und stimmt dem zu.

Was uns hier stört, ist, dass die Netzsperren kein Thema dieser Novelle sind, nachdem deren Bearbeitung immerhin drei Jahre Zeit gehabt hat. Wenn wir auf der einen Seite Netzsperren haben, dann müssen wir auf der anderen Seite die Zensur verhindern und für Netzneutralität eintreten. Auch das gibt es in diesem Gesetz nicht – man kann ja diskutieren, ob es rechtens war oder nicht, dass man Trump seinerzeit aus Facebook rausschmiss; wir sind der Meinung, das entscheidet keine Firma, sondern das müssten eigentlich Gerichte entscheiden –, all diese Dinge fehlen.

Nun, nach diesen drei langen Jahren der Überarbeitung gibt es natürlich gute Gründe dafür, aber auch solche, warum wir dagegen sind. Noch einmal an die FPÖ: Denkt darüber nach, ob ihr nicht eurem vorgestrigen Antrag aus dem EU-Ausschuss folgt, und seht, dass die Nichtbehandlung von Netzsperren beziehungsweise die Netzneutralität Themen sind, die euch gemäß eurem eigenen Antrag im EU-Ausschuss eigentlich ein anderes Abstimmungsverhalten empfehlen!

Ich bin immer ein positiver Mensch – Sonja (in Richtung Bundesrätin Zwazl), das weißt du –, deshalb sage ich einmal das Positive dieses Gesetzes, nämlich dass es zu einer Klärung dessen kommt, was Klein- und Kleinstbetriebe sind – das hatten wir nicht im alten Gesetz, das wurde jetzt an österreichische Realitäten angepasst –, und vor allem, dass durch dieses Gesetz kleinere Unternehmen bessergestellt beziehungsweise gleichgestellt werden: Das ist positiv.

Auch die Haftungsregeln wurden verbessert, aber das immer noch große Problem ist, dass viele Personen in der Praxis eigentlich durch Billigtarife und Kampagnen mit Billig­preisen motiviert werden, diese anzunehmen, und später dann, nachdem das ange­nommen worden ist, werden die Geschäftsbedingungen einseitig verändert. Da hätten wir doch etwas mehr an Konsumenten- und Konsumentinnenschutz verlangt (Beifall bei


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der SPÖ), und auch, dass die Anbieter bei Auflösung von Verträgen das nicht einseitig mit Abschlagszahlungen behaften. Das geht einfach nicht, das ist ein großes Minus! – Vor allem aber – noch einmal – kann der Anbieter diese Tarife, zu denen er geworben hat, nicht nach Belieben und einseitig erhöhen.

Kommen wir noch zu einer delikaten Frage, das ist die Auskunftspflicht, die Informations­pflicht über die Abfrage meiner Standorte. Wenn ich eine Notrufnummer wähle, entfällt im neuen TKG sozusagen die Informationspflicht, also ich weiß nicht, wer mich jetzt ab­gefragt hat. Das ist eine Datenschutzgeschichte und das wurde da in einer Novelle in Zeiten wie diesen, in denen wir alle so sensibel auf den Datenschutz achten, nicht prä­zisiert und nicht gelöst. Das ist schade.

Aufgrund dieser Mängelliste und auch deswegen, weil wir nicht wissen, wer dabei Stammdaten abfragt, werden wir dieser Novelle nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

10.59


Vizepräsident Günther Novak: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Marco Schreuder. Ich erteile ihm das Wort.


10.59.25

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Mi­nister! Die Telekommunikation betrifft ja alle, ist Querschnittsmaterie und somit auch für das Arbeitsministerium ein interessantes Thema.

Wir novellieren heute das Telekommunikationsgesetz, und das Telekommunikations­gesetz stammt aus dem Jahre 2003. Vielleicht können sich manche schon gar nicht mehr daran erinnern, wie das 2003 war, weil sie noch zu jung waren.

Damals gab es noch keine Mobiltelefone, wie wir sie heute kennen, wir haben uns noch gesmst und angerufen. Es gab WAP-fähige Handys – so hat das damals geheißen –, und wir waren ganz froh, wenn wir vielleicht noch eine textbasierte Internetseite besu­chen konnten. So gesehen war es auch wirklich an der Zeit, beim Telekommunika­tionsgesetz – (in Richtung der an der Regierungsbank Platz nehmenden Bundesminis­terin Köstinger:) Guten Tag, Frau Ministerin! – Anpassungen vorzunehmen und neue Wege zu beschreiten.

Was da 2007, als die Smartphones kamen, passierte, hat tatsächlich, glaube ich, uns alle überrascht, nämlich hinsichtlich dessen, wie schnell das gegangen ist. Daran sieht man auch, wie schnell eine Revolution, eine technische Revolution vonstattengehen kann, die alles, aber auch wirklich alles, jeden einzelnen Bereich des täglichen Lebens, ändert, ob es die persönliche Familienkommunikation ist, ob es interne Unternehmens­kommunikation ist, ob man etwas im Internet nachschauen will. Wir haben das weltweite Wissen des WWW täglich in unserer Hosentasche – und das haben wir erst seit 2007! Das muss man sich manchmal vergegenwärtigen, wie kurz das eigentlich erst her ist. Deswegen war es auch gut, das Telekommunikationsgesetz von 2003 nicht nur auf 2021 upzugraden, sondern auch für die Zukunft fit zu machen, und da ist uns wirklich sehr viel gelungen.

Ich möchte das jetzt einmal in fünf Punkten zusammenfassen, mich auf fünf Punkte kon­zentrieren, an denen deutlich wird, warum es gut ist, was wir hier machen.

Unter anderem ist dieses Telekommunikationsgesetz die beste Nachricht – und das betrifft den Bundesrat insbesondere – für den ländlichen Raum. Das zu betonen ist ganz wichtig. Unter anderem haben wir uns in diesem Gesetz eine flächendeckende Versor­gung mit festen und mobilen gigabitfähigen Anschlüssen bis 2030 zum Ziel gesetzt. Wir upgraden sozusagen nicht nur auf den technischen Stand 2021, sondern auch für die nächsten Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte. Durch die gemeinsame Nutzung von Sen­demasten ist der Ausbau in weniger dicht besiedelten Gebieten attraktiver. Damit wird künftig das Leben auf dem Land viel digitaler werden – und das ist eine gute Nachricht.


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Der zweite Grund, warum man für dieses Gesetz stimmen sollte, ist der bessere Kon­sumentinnen- und Konsumentenschutz. Eine kompakte Vertragszusammenfassung mit wesentlichen Verpflichtungen zwischen Betreiber und Konsument wird die Lesbarkeit und das Verständnis dieser Verträge deutlich erhöhen. Durch eine Verlängerung des Kündigungsrechts erstreckt sich dieses jetzt auf drei Monate, und – das ist auch ganz wichtig, das betrifft auch gerade den ländlichen Raum sehr oft – die Kündigung ist bei einem Wohnungswechsel möglich: Wenn man zum Beispiel wohin zieht, wo das Netz einfach nicht diese Abdeckung hat, wie man sie vorher hatte, dann hat man das Recht, aus einem Vertrag auszusteigen.

Ein dritter guter Grund für dieses Gesetz sind die Datensicherheit, der Datenschutz und das Monitoring von Netzzulieferern. Das Monitoringsystem für etwaige Hochrisikozu­lieferer beim Aufbau von G-Netzen ist vorgesehen. Auch da erwartet sich nicht nur die Bundesregierung entsprechende Maßnahmen, sondern solche sind ja auch von der EU-Kommission vorgegeben, nämlich auch für die Mitgliedstaaten und damit eben auch für Österreich. Unter anderem soll durch einen neuen Beirat bei der RTR alle zwei Jahre ein Wahrnehmungsbericht über etwaige Hochrisikozulieferer erstellt werden. Das ist auch ein ganz, ganz wichtiger Aspekt für die Datensicherheit unserer Daten, für den Datenschutz unserer Daten.

Der vierte gute Grund für dieses Gesetz ist ein Warnsystem bei Katastrophen – ich glau­be, darüber wurde jetzt auch in den Medien berichtet, das ist ein stark kommuniziertes Thema gewesen. Das bedeutet, dass bei einem Katastrophenfall ein öffentliches Warn­system möglich ist. Auch das basiert ja auf einer EU-Vorgabe. Vorgesehen ist, dass Menschen in einem Katastrophenfall in einem bestimmten Gebiet, egal ob sie inländi­sche oder ausländische Handys haben, per Textnachricht informiert werden.

Der fünfte gute Grund – zu guter Letzt – für dieses Gesetz, und darüber freue ich mich besonders, ist ein barrierefreier Notruf. Es ist nun auch – und darum hat der Gehör­losenbund ganz lange gebeten – für gehörlose Menschen möglich, nicht nur den Notruf anzurufen beziehungsweise an diesen eine Textnachricht zu schicken, sondern es ist jetzt auch garantiert, dass Kommunikation stattfindet, dass eine Antwort zurückkommt. Das hat bisher gefehlt, und das wird vielleicht auch für nicht gehörlose Menschen in Zukunft ein ganz tolles Feature sein, wenn man dann zum Beispiel Standortdaten auch über Apps verschicken kann, wenn man in eine Notsituation gerät.

Noch ganz kurz zur von Kollegen Stefan Schennach vorhin vorgebrachten Kritik zum Thema Netzneutralität und Netzsperren: Wir haben ja zum Glück diesbezüglich eine EU-Vorgabe, die ganz klar ist, und die RTR verpflichtet sich ja auch ganz klar zur Netz­neutralität. Man braucht nur die Website der RTR zu besuchen und man weiß, wie stark die Netzneutralität in unserem System verankert ist.

Man muss jetzt aber fairerweise auch dazusagen – und ich bin ja, wie Sie wissen, Herr Kollege, sehr intensiv mit den NGOs im Bereich Datenschutz zusammen, wir haben mit diesen ja auch immer wieder kommuniziert, als wir das Thema Digitalisierung in den Regierungsverhandlungen besprochen haben; da war ich auch dabei –, dass die Netz­neutralität im Jahr 2015 oder 2016 noch eine ganz andere war. Wenn wir jetzt über 5G-Netze sprechen, so handelt es sich da um ein Breitbandnetz, dessen Kapazität so un­glaublich viel größer ist, dass mittlerweile tatsächlich ein Thema ist, dass wir in Zukunft ein 5G-Netz für Verkehrsleitsysteme brauchen werden oder dass vielleicht sogar Ope­rationen in Krankenhäusern über das Internet ferngesteuert stattfinden werden. Wenn es dann um das Retten von Menschenleben geht, ist es durchaus sinnvoll, dass man sagt, in so einer Bandbreite, wie wir sie haben werden, hat das Priorität – und dann werden bei dieser Bandbreite in einem Haushalt immer noch 30 Leute gleichzeitig strea­men können. Da wird keine Drosselung mehr stattfinden – dieses Thema hat sich mit


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der neuen Technologie eigentlich quasi selbst überholt, und das ist auch gut so. Das sehen auch die Datenschutz-NGOs so, lieber Herr Kollege Schennach.

Was die Netzsperren betrifft, so werden wir im Zusammenhang mit dem Urheberrecht dann sowieso noch einmal darüber reden, das wird nämlich dort geregelt und nicht in diesem Gesetz. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

11.07


Vizepräsident Günther Novak: Ich begrüße bei uns im Plenum Frau Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der Grünen.)

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Mag. Marlene Zeidler-Beck. Ich erteile ihr das Wort.


11.07.32

Bundesrätin Mag. Marlene Zeidler-Beck, MBA (ÖVP, Niederösterreich): Herr Prä­sident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Liebe Kolle­ginnen und Kollegen! Das Jahr 2003 war das Jahr, in dem das TKG in seiner ursprüng­lichen Form erlassen worden ist – Kollege Schreuder hat das schon ausgeführt –, und wenn man sich ein bissl in das Jahr 2003 zurückversetzt, so ist das schon sehr ein­drucksvoll, finde ich: Das war das Jahr, in dem man Handys noch aufgeklappt oder auf­geschoben hat, als Farbdisplays und 0,1-Megapixel-Kameras ein echtes Kaufargument waren. Viele PDA-Hersteller haben damals selbst noch nicht an das Smartphone ge­glaubt.

In Österreich war damals knapp die Hälfte der Menschen online, 30 Prozent der Leute haben das Internet täglich genutzt – heute sind es drei Viertel aller Österreicherinnen und Österreicher. WLAN-Hotspots begannen zu boomen, und mit LinkedIn ist damals das älteste heute noch aktive soziale Netzwerk online gegangen, übrigens ein Jahr bevor Facebook online gegangen ist.

Es ist also das Telekommunikationsgesetz in dieser Zeit nicht nur volljährig geworden, wenn Sie es so nennen wollen, sondern ich glaube, wenn man sich den technologischen Fortschritt anschaut, dann kann man wirklich auch von einem neuen oder anderen di­gitalen Zeitalter sprechen.

Ich glaube, deswegen war diese grundlegende Überarbeitung notwendig. Aufgrund des Umfangs – es sind über 200 Paragrafen an Regelungen, die im TKG enthalten sind – und im Sinne der Übersichtlichkeit war es meiner Ansicht nach richtig, sich für den Weg der Neukodifizierung zu entscheiden. Mit dem TKG setzen wir nicht nur eine EU-Richt­linie um – da sind wir schon ein bisschen im Verzug, aber ich glaube, es war gut, dass wir uns diese Zeit genommen haben und auch diesen Weg eines breiten Prozesses un­ter Einbindung von vielen, vielen Stakeholdern gegangen sind –, sondern wir setzen mit dem TKG, das sich vielleicht ein bisschen technisch anhört, wirklich Neuerungen um, die jeden und jede in Österreich betreffen werden. Kollege Schreuder hat fünf Punkte beleuchtet. Ich darf mich auf drei Teilaspekte fokussieren.

Ein ganz wesentlicher Punkt betrifft den Ausbau des Breitbands und von Mobilfunk­netzen in ganz Österreich. Wir schaffen dafür, wenn Sie so wollen, heute die gesetzliche Grundlage.

Wir werden mit dem TKG Kooperationen zwischen Betreibern erleichtern, wir werden Koinvestitionen im Bereich des Netzausbaus ermöglichen. Damit kann man beispiels­weise in Zukunft auf die gemeinsame Nutzung von Sendemasten und andere Dinge fo­kussieren, die wirklich einen nachhaltigen Wettbewerb im ländlichen Raum ermöglichen sollen, die vor allem auch ermöglichen sollen, dass auch im ländlichen Raum ganz kräftig ausgebaut wird. Das wird dazu beitragen, dass wir unser Ziel, das wir uns gesetzt


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haben – ein durchaus ambitioniertes Ziel, nämlich Österreich flächendeckend bis 2030 mit gigabitfähigen Anschlüssen zu versorgen –, erreichen werden. Dazu stehen 1,4 Mil­liarden Euro an Mitteln für den Breitbandausbau zur Verfügung. Die Förderrichtlinien dazu sind, glaube ich, bereits erarbeitet, und ich hoffe, wir können bald mit dem ersten Fördercall starten. Ich glaube, es ist ganz, ganz wichtig, dass wir hier Weichenstellungen in Richtung digitale Zukunft vornehmen.

Ein zweiter Aspekt betrifft die Einführung eines europaweiten Warnsystems für den Fall von Krisen, Verbesserungen im Zivilschutz und auch in der Funktionalität der Notrufe. Die Mobilfunkbetreiber werden künftig verpflichtet sein, im Katastrophenfall Warn-SMS an die Bevölkerung zu verschicken, und es wird – auch das ist bereits ausgeführt wor­den – beim Notruf 112 die Möglichkeit geben, den Notruf auch per SMS abzusetzen. Vielleicht fragen Sie sich: Warum nur beim Notruf 112? Warum bei den anderen Notrufe noch nicht? – Ich glaube, dazu muss man festhalten: Beim Notruf 112 liegt die Zustän­digkeit beim Bund, bei den anderen Notrufen liegt die Zuständigkeit bei den Ländern. Ich glaube aber, es gibt schon Signale aus dem BMI, dass man dieses System dann über­nehmen kann. Ich glaube, auch das wird ein wichtiger und richtiger Schritt sein.

Der dritte Aspekt, den ich ansprechen möchte, sind Verbesserungen im Konsumenten­schutz. Dabei geht es beispielsweise um Regelungen im Anbieterwechsel: Wenn man sich entscheidet, den Anbieter zu wechseln, dann gibt es in Zukunft ein bestimmtes Pro­zedere, das eingehalten werden soll, wobei es auch darum geht, den Internetzugang die ganze Zeit über zu gewährleisten.

Ein weiterer Punkt, der, glaube ich, ganz wesentlich ist: Bei einem Vertragsabschluss gibt es eine kompakte Zusammenfassung über die wichtigsten Inhalte, sodass man als Konsument ganz genau weiß: Worüber schließe ich ab? Wozu verpflichte ich mich?

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, das, was heute für Wasser-, Kanal- und Stromanschlüsse gilt, wird in Zukunft ganz klar Mobilfunk- und Breitbandanschlüsse betreffen. Mit dem TKG liegt uns ein umfassendes Paket vor, mit dem der Ausbau forciert werden wird und das zu vielen Vereinfachungen und Verbesserungen beiträgt. Ich möchte ein herzliches Dankeschön an alle sagen, die beteiligt waren, nämlich an unsere Frau Bundesministerin, an alle Stakeholderinnen und Stakeholder, und ganz besonders auch an meine Kollegin im Nationalrat Eva-Maria Himmelbauer. (Bundesrat Steiner: Danke!)

Abschließend darf ich noch einmal um breite Zustimmung werben. – Vielen Dank. (Bei­fall bei ÖVP und Grünen sowie bei BundesrätInnen der FPÖ.)

11.12


Vizepräsident Günther Novak: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Mag. Dr. Mi­chael Schilchegger. Ich erteile ihm das Wort.


11.12.55

Bundesrat MMag. Dr. Michael Schilchegger (FPÖ, Oberösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Werte Frau Bundesminister! Werte Damen und Herren Kollegen! Kollegin Zeidler-Beck! Kollege Schreuder! Sie haben gesagt, seit 2003 gibt es das Telekom­munikationsgesetz. – Sie dürfen sich nicht von den Titeln täuschen lassen! Es gibt das Telekommunikationsgesetz schon seit 1997, davor galt das Fernmeldegesetz 1993, und überhaupt davor betraf all das noch die Post- und Telegraphenverwaltung. Das war ein Amt, das unter der Leitung des Verkehrsministers stand. Mittlerweile ist es nicht mehr der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie, wie die Bezeichnung früher gelautet hat, der dafür die Zuständigkeit hat, sondern interessanterweise sind jetzt Sie, Frau Bundesminister für Landwirtschaft, zuständig. Das ist eigentlich eine kuriose Zuord­nung, aber Sie wollten das so in der türkis-grünen Bundesregierung, also ist es nun auch so.


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Frau Kollegin Zeidler-Beck! Sie haben viel von der Breitbandversorgung im ländlichen Raum gesprochen. – Eigentlich ist es eine Schande – das wird ja nicht nur in Österreich diskutiert, sondern auch in Deutschland oder anderen Staaten –, dass das so schlep­pend geht und dass dieses Thema immer wieder hervorgewalzt wird. Man hat die Glas­faserleitungen ja nicht erst gestern erfunden!

Jetzt habe ich mich einmal mit der Frage beschäftigt, was denn das Geheimnis einer hochmodernen flächendeckenden Telefon- und Internetversorgung, also einer Breit­bandversorgung, ist. Eigentlich haben Sie schon erwähnt, worin das Problem liegt, nämlich darin, dass es der Zugang der ÖVP oder der konservativen Parteien ist, dass man das einfach mit Förderungen löst. Man zwingt die Unternehmer dazu, sich lange mit Förderanträgen zu beschäftigen. Diese danken dann für das Geld, aber am Ende des Tages haben wir auch nicht das, was wir wollen.

Ein anderer Zugang ist der – wie ich es einmal ausdrücke – sozialistisch-kommunis­tische Zugang, wie es früher war: Man schafft ein Amt, man verwaltet dieses als Staat selbst und legt fest, dass man selbst dafür sorgen muss, wie die Versorgung aussieht, und das keinem Unternehmen überlässt. Die Folgen daraus konnte man damals sehen, als es das Monopol noch gab: In den Neunzigerjahren und davor musste man bei der Telegraphenverwaltung darum betteln, dass man einen Telefonanschluss in die eigene Wohnung bekommt.

Dieser kommunistische Ansatz funktioniert nicht, und man muss wirklich sagen, dass die Europäische Union in diesem Punkt eine der wenigen richtigen Maßnahmen getroffen hat, nämlich den Ansatz zur Liberalisierung. Es ist ein freiheitlicher Weg, dass man die Telekommunikationsnetze und die entsprechende Versorgung für den freien Wettbe­werb öffnet, damit der Markt die Möglichkeit hat, sich zu entfalten.

Meine Damen und Herren! Deshalb liegt das Geheimnis einer hochmodernen flächen­deckenden Telefon- und Internetversorgung oft in indirekten Förderungen. Da gab es immer schon eine Materie, in der eine sehr kluge Regelung enthalten ist. Diese war das erste Mal im TKG 2003 enthalten. Dabei geht es um die Leitungs- und Mitbenutzungs­rechte. Ich möchte das jetzt gar nicht so genau ausführen. Der wesentliche Punkt dabei ist unter anderem, dass private Eigentümer – auch gegen ihren Willen – gezwungen werden können, die Mitbenutzung von Leitungsrohren, die ohnehin schon existieren, zu ermöglichen. Sie bekommen dafür natürlich eine Abgeltung.

Das Wesentliche im Hinblick darauf, warum man leicht zu dem Ausbau gelangt, ist, dass man öffentliches Gut seit 2003 unentgeltlich und ohne gesonderte Bewilligung in An­spruch nehmen konnte. Das ist auch jetzt in § 54 Abs. 1 TKG enthalten. Nun haben Sie aber mit diesem Entwurf etwas in die Richtung gemacht, dass man zwar einerseits den Breitbandausbau haben möchte, diesen andererseits aber wiederum verhindert. Sie verkomplizieren die Dinge jetzt. Die Unentgeltlichkeit war etwas, was in der Judikatur immer verteidigt wurde. Wenn etwa, wie ich jetzt einmal sage, alle möglichen Gemeinden versucht haben, doch noch auf alte Verträge mit dem Betreiber hinzuweisen, wonach doch noch irgendetwas bezahlt werden muss, ein Land vielleicht eine Gebrauchsabgabe eingeholt hat oder findige Landesbeamte eventuell auf die Idee gekommen sind, dass man einen Aufwandersatz verlangen kann, dann haben die Gerichte immer klar gesagt: Unentgeltlich heißt unentgeltlich und fertig. – Das ist also für den Unternehmer ein gro­ßer Vorteil.

Jetzt machen Sie es kompliziert, indem Sie hier einige Ausnahmen und noch dazu eine ganz kuriose Abgrenzung neu einführen wollen, nämlich zwischen Leitungsrechten an öffentlichem Gut und Leitungsrechten an öffentlichem Eigentum. Den Unterschied habe ich bis heute nicht verstanden. Ich habe die Experten im Ausschuss gefragt, diese konnten mir das aber auch nicht recht erklären. Noch einmal komplizierter wurde es auch


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durch das neue Standortrecht nach § 59 Abs. 3. Auch diesfalls ist auf einmal eine Ab­geltung zu leisten, obwohl es sich um öffentliches Gut handelt.

Das heißt, für Rechtsstreitigkeiten ist gesorgt. Die Experten beziehungsweise Ministe­rialbeamten haben sich im Ausschuss natürlich immer auf das Standardargument zu­rückgezogen: Man kann das nicht für jeden Einzelfall regeln, das werden dann ohnehin die Gerichte entscheiden.

Offenbar ist es das Ziel dieser Bundesregierung, dass sich fortwährend die Gerichte mit dem Regierungshandeln und den Ergebnissen der Regierungspolitik befassen müssen. Eine gute Regierung würde natürlich genau für das Gegenteil sorgen, meine Damen und Herren, nämlich dass die Gerichte möglichst entlastet werden, dass unnötige Regeln ersatzlos gestrichen werden und dass notwendige Regeln so einfach und klar wie mög­lich sind. Wenn nicht einmal mir als Rechtsanwalt und auch den eigenen Ministerial­beamten der Unterschied zwischen öffentlichem Eigentum und öffentlichem Gut in die­sem Gesetz klar ist und sich auch in den Erläuterungen dazu nichts findet: Was sollen denn die Gerichte im Hinblick darauf machen, außer dass vielleicht irgendwann einmal der Verfassungsgerichtshof das Ganze wegen unzulässiger formalgesetzlicher Delega­tion aufhebt.

Auf der anderen Seite wird im Entwurf natürlich auch anerkannt, dass dieser Regelungs­wust oft viel zu kompliziert ist, und zwar auch für die Betreiber von Kommunikations­netzen und die Bereitsteller. Wenn man sich zum Beispiel § 83 des Entwurfs anschaut, dann findet man eine Informationspflicht für Genehmigungen – das war bisher schon in § 13b des alten TKG enthalten und steht jetzt wieder drin, das hat man einfach wieder fortgeschrieben –: „Die Regulierungsbehörde [...] als zentrale Stelle für Genehmigun­gen“ soll „auf ihrer Homepage allgemeine Informationen über die Bedingungen und Ver­fahren für die Erteilung von Genehmigungen für Bauarbeiten [...] veröffentlichen und die­se Informationen auf aktuellem Stand“ halten. – Die Regulierungsbehörde soll Informator sein, der sozusagen Rechtsberatung betreibt und quasi ein Unternehmerservice bietet. Nun ja: Was hat die Regulierungsbehörde denn bisher gemacht? – Das war ja schon im alten TKG seit 2017 enthalten.

Was findet man da? – Eine Linksammlung beziehungsweise Linksetzung auf das Rechtsinformationssystem des Bundes. Das ist eine sehr elegante Lösung vonseiten der Behörde, weil man natürlich sagt: Wie soll es denn aktuell anders sein? Es wird ja lau­fend irgendetwas in den Landesgesetzen geändert. Wir machen uns sicherlich keine Mühe, sondern wir spielen den Ball wieder zurück an den Gesetzgeber. Und auf diese Weise schließt sich der Kreis.

Ein ähnliches Prinzip haben wir im Verbraucherrecht. Dazu ist schon einiges gesprochen worden. Es sind hier zum Beispiel wieder „Informationspflichten für Verträge“ enthalten, nämlich im § 129 TKG. Das heißt: Einerseits sagt man dem Betreiber: Mach möglichst viele Regelungen, das muss zumindest in den AGB und in den Vertragsverhältnissen enthalten sein, denn sonst ist all das rechtswidrig und wir genehmigen das nicht!

Auf der anderen Seite darf man aber nicht zu viel und nicht zu kompliziert regeln, darüber hinaus muss man den Verträgen als integralen Bestandteil eine Zusammenfassung voranstellen. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Das ist die Quadratur des Kreises, das geht sich nicht aus, aber der Gesetzgeber bemüht sich, der Wille steht fürs Werk. In Verfahren über Leitungs- oder Mitbenutzungsrechte stehen sich ja immer zwei Streitparteien ge­genüber, einerseits der Grundeigentümer, der natürlich möglichst viel Abgeltung oder möglichst wenig Belastung für sein Grundstück will, andererseits der Betreiber, Bereit­steller, der natürlich das Netz möglichst ausbauen will, den Grund für die Mobilfunk-, für die Breitbandversorgung nutzen will.

Weil das Bemühen so wichtig ist, führt der Gesetzgeber nun für die Streitparteien eine „Bemühungspflicht“ ein, § 77 Abs. 2: „Alle Beteiligten haben das Ziel anzustreben, die


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Inanspruchnahme und Ausübung von Rechten nach diesem Abschnitt zu ermöglichen und zu erleichtern.“ Da wird sich also jede Streitpartei natürlich sofort zurückziehen und auf ihre Standpunkte verzichten und es wird sofort eine einvernehmliche Lösung herbeigeführt werden können.

Meine Damen und Herren, Telefonterror war schon immer verboten, in den Achtziger-/ Neunzigerjahren war er, wenn man so will, eine frühe Variante des Stalking bevor sich dieser englische Begriff bei uns durchgesetzt hat , bevor man das beharrliche Verfolgen auch in das Strafgesetzbuch aufgenommen hat. Der Tatbestand geht aber noch viel weiter, er verbietet jede missbräuchliche Verwendung von Funkanlagen und Endeinrich­tungen, also beispielsweise Mobiltelefonen. § 31 im TKG Neu – bisher war das in § 78 –, da heißt es: „Als missbräuchliche Verwendung gilt: [...] jede Nachrichtenübermittlung, welche die öffentliche Ordnung und Sicherheit oder die Sittlichkeit gefährdet oder welche gegen die Gesetze verstößt“.

Wenn ich mit meinem Handy als Endeinrichtung also gegen die Gesetze verstoße, be­trifft das schon diesen Paragrafen und ich kann schon einmal von der Fernmeldebehörde eine Strafe erhalten. Ein innovativer Weg zur Strafverteidigung, meine Damen und Her­ren vor allem der ÖVP : Man kann sich ja auch betreffend eigene Whatsapp-Chats beim Fernmeldebüro melden, Selbstanzeige erstatten und erklären, dass man damit gegen die Gesetze beispielsweise gegen das Medienkooperations- und -förderungs-Transparenzgesetz verstoßen habe. Das Fernmeldebüro verhängt dann eine symbo­lische Verwaltungsstrafe gemäß § 188 TKG und schon ist man infolge grundrechtlicher Garantien in Bezug auf dieselben wesentlichen Sachverhaltselemente, nämlich auf die­se Chats, vor weiterer Strafverfolgung Verbot der Doppelbestrafung und Doppelverfol­gung, Art. 4 7. Zusatzprotokoll der Menschenrechtskonvention geschützt, meine Da­men und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

Zum Abschluss, meine Damen und Herren, gestatten Sie mir noch eine persönliche An­merkung. Als Folge der oberösterreichischen Landtagswahlen Ende September ist mit Schluss der heutigen Plenarsitzung auch mein Mandat beendet. Ich bedanke mich daher bei Ihnen allen für die gemeinsame Zeit hier im Plenum und in den Ausschüssen, für die wechselvollen Debatten, ob sachlich und kühl oder aufgewühlt und emotional. Beides gehört zu einer gesunden parlamentarischen Demokratie und zeichnet diese aus mei­ner Sicht  auch aus. Zum Abschied, meine Damen und Herren, wünsche ich Ihnen daher alles, alles Gute, viel Glück und Erfolg auf Ihren persönlichen Lebenswegen.

Für mich persönlich ist der vorliegende Gesetzesbeschluss sowohl Anlass als auch Auf­trag, mich wieder der Rechtswissenschaft zuzuwenden und den Kommentar zum Tele­kommunikationsgesetz grundlegend zu überarbeiten und eine zweite Auflage herauszu­geben. Vielen Dank. (Allgemeiner Beifall sowie lang anhaltender, stehend dargebrach­ter Beifall bei der FPÖ.)

11.23


Vizepräsident Günther Novak: Danke, Herr Dr. Schilchegger, auch wir wünschen Ih­nen alles Gute für Ihren weiteren Lebensweg.

Nun hat sich Frau Bundesministerin Elisabeth Köstinger zu einer Stellungnahme zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.


11.23.56

Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren BundesrätIn­nen! Ich freue mich wirklich sehr, dass wir heute die Gelegenheit haben, das Tele­kommunikationsgesetz 2021 zu behandeln.


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Wir haben ja vonseiten der Bundesregierung ein sehr ambitioniertes Ziel, was den Inter­netausbau in Österreich betrifft. Wir wollen in Österreich bis zum Jahr 2030 flächende­ckend mobile und feste Gigabitanschlüsse herstellen. Speziell die letzten drei Jahre ha­ben gezeigt, dass wir dabei auf einem sehr guten Weg sind. Wir haben bei den gigabit­fähigen Anschlüssen für die Österreicherinnen und Österreicher von 14 auf 48 Prozent aufholen können. Unser erklärtes Ziel ist es, vor allem die ländlichen Regionen, die un­terversorgten Gebiete entsprechend prioritär zu behandeln. Dafür spielt natürlich der Be­schluss des Telekommunikationsgesetzes eine entsprechend wichtige Rolle.

Wir sehen heute eine komplette Neukodifikation des TKG. Die Stammfassung geht auf das Jahr 2003 zurück. Die Anforderungen und die Erwartungen haben sich in den letzten 20 Jahren enorm verändert und wurden bereits angesprochen. Viele können sich viel­leicht noch daran erinnern, als sie den ersten Messagingdienst ICQ am Stand-PC ge­nutzt haben oder als beispielsweise das Verschicken von Textnachrichten eine Revo­lution, eine neue Möglichkeit war. Das Wort App hat niemandem etwas gesagt. Vieles von dem, was wir heute tagtäglich nutzen, ist selbstverständlich geworden, hat aber eigentlich erst eine kurze Zeit der Entwicklung hinter sich.

Aufbauend auf der am 1. Jänner 1998 europaweit eingeführten vollständigen Libera­lisierung des Telekommunikationsmarktes haben wir es geschafft, Österreich zu einem der bestausgebauten Mobilfunkinfrastrukturländer zu machen. Wir haben in Österreich auch eine der günstigsten Tariflandschaften. In Österreich funktioniert vor allem der Wettbewerb sehr, sehr gut. Vergleicht man das mit umliegenden Ländern in Europa, haben wir da eine sehr, sehr gute Basis.

Heute stehen wir an einer weiteren Schwelle, um das Telekomrecht vor allem auch in die Ära des schnellen Mobilfunks überzuführen. Das Internet der Dinge ist die große Zukunft, die vor allem auch gesellschaftliche Bereiche revolutionieren wird, sei es im Bereich Assisted Living, wenn es vor allem um die Lebensqualität älterer Personen geht, um Anwendungen betreffend Industrie 4.0, die vor allem auch für die Wettbewerbsfä­higkeit unseres Landes entscheidend sind, oder hinsichtlich Themen wie das automa­tisierte Fahren, Telemedizin. Das alles bringt unglaublich viele Chancen und neue Pers­pektiven für die Menschen in diesem Land.

Anlass für das neue TKG ist zum einen einmal die Umsetzung des neuen europäischen Telekommunikationsrechtsrahmens in Österreich. Im Jahr 2018 wurden ja vier der fünf wesentlichen Richtlinien in einer einzigen neuen Grundlagenrichtlinie zusammengeführt und auch überarbeitet. Dieser vorliegende Rechtsrahmen wird jetzt final in nationales Gesetz umgesetzt. Wir haben die Chance genutzt, 217 Paragrafen nach 20 Jahren einer textlichen Neukodifizierung zu unterziehen, um es klarer zu machen, zu strukturieren und vor allem auch lesbarer zu machen.

Ich gebe auch zu, das war durchaus ein sehr, sehr schwieriges und komplexes Projekt, dass viele Abstimmungsrunden mit allen Ressorts mit sich gebracht hat. Ich darf an dieser Stelle ein ganz großes Dankeschön an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mei­nes Hauses sagen, vor allem eben auch an die Zuständigen in den Parlamentsparteien. Wir haben sehr intensive Arbeit geleistet, an dieser Stelle wirklich ein großes Danke­schön, dass uns das jetzt final gelungen ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Mit dem Ministerratsbeschluss vom 22.9. und der kommenden parlamentarischen Be­willigung sind wir auf dem Weg, der nächste EU-Mitgliedstaat zu werden, der dieses Gesetz in der vollständigen Umsetzung der EU-Kommission übermitteln kann. Der neue Rechtsrahmen, das ist das zentrale Thema des TKG, schafft vor allem Anreize für In­vestitionen. Das war mir ganz besonders wichtig. Wenn man sich beispielsweise den 5G-Ausbau anschaut: Der ist für uns eine riesengroße Chance, vor allem auch in ländlichen


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Regionen, in den ländlichen Gebieten, eine riesengroße Chance auch für Industriestand­orte. Wir setzen da auch neue Akzente bei der Optimierung der Frequenzvergabever­fahren, das ist natürlich für den raschen Ausbau des Mobilfunks sehr zentral.

Verbesserungen kommen vor allem auch im Bereich des Zivilschutzes, auch das ist schon angesprochen worden, im Bereich der Notrufe. Änderungen wird es auch im Bereich des Konsumentenschutzes geben. Vielleicht zu ein paar neuen Regelungen im Detail: Zum einen handelt es sich sehr stark um wettbewerbsrechtliche Vereinfachungen von Kooperationen zwischen den Betreibern und auch um Koinvestitionen im Bereich des Netzausbaus. Wir schaffen die Möglichkeit der gemeinsamen Nutzung von Sende­masten, um auf der einen Seite die Anzahl der Sendemasten zu reduzieren. Im Hinter­grund stehen da ja auch immer Genehmigungsverfahren. Auf der anderen Seite wollen wir dadurch natürlich den Ausbau maßgeblich beschleunigen. Das Festlegen einer Min­destvergabedauer für Frequenzen das ist ein ganz entscheidender Punkt  kommt vor allem den Telekombetreibern zugute, ein neues Standortrecht erleichtert die Errichtung der Mobilfunkinfrastruktur.

Beim Notrufwesen und bei den Katastrophenwarnsystemen ist zu sagen, dass wir da auf ein europaweit einheitliches Warnsystem bauen. Ich glaube, wenn man sich vor allem auch die Unwetterkatastrophen des heurigen Jahres, speziell in Deutschland, vor Augen führt, ist es ein ganz notwendiges Instrument, dass vor allem auch innerhalb der Europäi­schen Union ein besser abgestimmtes und einheitliches Warnsystem eingeführt wird. Bis Mitte 2020 soll das in Österreich umgesetzt werden. Es wurde bereits angesprochen, es gibt auch da unterschiedliche Zuständigkeiten, vor allem eben auch aufseiten der Bundesländer. Da sind wir bereits in sehr guter Abstimmung, und ich bin sehr zuver­sichtlich, dass uns das auch gelingen wird.

Die Neuerungen im Konsumentenschutz sind auch bereits angesprochen worden: kom­pakte Vertragszusammenfassung, Verbesserungen bei Maßnahmen gegen Nummern­missbrauch und vor allem auch die Möglichkeit, die Verträge zu kündigen, wenn man beispielsweise den Wohnort wechselt. Das alles schafft ein konsumentenfreundlicheres Umfeld.

Ein Thema darf ich zum Schluss noch ansprechen, weil es uns sehr intensiv beschäftigt hat: die Frage der Netzsicherheit. Die Novelle enthält ein Monitoringsystem für etwaige Hochrisikozulieferer beim Ausbau von 5G-Netzen. Wir stehen ja da an der Schwelle von neuen technologischen Entwicklungen. Es ist für die gesamte Europäische Union sehr, sehr wichtig, da auch ein einheitliches Regelwerk zu haben. Das Ganze ist jetzt Teil der Umsetzung der 5G-Toolbox, die die Europäische Kommission von allen Mitgliedstaaten erwartet. Wir schaffen einen Beirat bei der RTR, bei der unabhängigen Regulierungsbe­hörde, der auch alle zwei Jahre einen Wahrnehmungsbericht über etwaige Hochrisikozu­lieferer erstellen wird. Das alles schafft für unser Land natürlich auch maximale Sicher­heit, gleichzeitig wollen wir beim Ausbau natürlich noch viel schneller und besser wer­den.

Das war ein Überblick über das TKG 2021. Ich würde sehr um Zustimmung zu der vor­liegenden gesetzlichen Regelung bitten. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

11.32


11.32.19

Vizepräsident Günther Novak: Danke, Frau Bundesministerin.

Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie die Plätze ein.


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Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

11.33.033. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 14. Oktober 2021 betreffend ein Bundesgrund­satzgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Grundsätze betreffend die fach­lichen Anstellungserfordernisse für Kindergärtnerinnen und Erzieher geändert wird (1042 d.B. und 1074 d.B. sowie 10758/BR d.B.)


Vizepräsident Günther Novak: Wir gelangen nun zu Punkt 3 der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Ing. Judith Ringer. – Ich bitte um ihren Bericht.


11.33.32

Berichterstatterin Ing. Judith Ringer: Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminis­ter! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Ich bringe den Bericht des Unterrichtsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Ok­tober 2021 betreffend ein Bundesgrundsatzgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Grundsätze betreffend die fachlichen Anstellungserfordernisse für Kindergärtnerinnen und Erzieher geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Unterrichtsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu er­heben.


Vizepräsident Günther Novak: Ich möchte den Herrn Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, Herrn Univ.-Prof. Dr. Heinz Faßmann, im Plenum begrü­ßen. (Allgemeiner Beifall.)

Wir gehen nun in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Elisabeth Wolff. Ich erteile ihr das Wort.


11.34.50

Bundesrätin Elisabeth Wolff, BA (ÖVP, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen, vor allem aber werte Zuseherin­nen und Zuseher! Die frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung hat in den letzten Jahrzehnten enorm an Bedeutung gewonnen. Für immer mehr Eltern ist es selbstver­ständlich, dass ihre Kinder in den Kindergarten gehen. Dabei geht es längst nicht nur um die Frage der Betreuung der Kinder, während die Eltern arbeiten, sondern vielmehr darum, den richtigen Grundstein für ihre Entwicklung zu legen. Gerade im Alter von drei bis sechs Jahren ist es wichtig, die soziale und geistige Entwicklung der Kinder durch kompetente Pädagoginnen und Pädagogen zu fördern.

Im Alltag sieht es oft so aus, dass die Eltern ihre Kinder schon vor der Geburt für einen Kindergartenplatz anmelden müssen, um sicherzugehen, dass sie den passenden Platz bekommen. Wie kommt es dazu? – Es werden zwar genügend Elementarpädagoginnen und Elementarpädagogen im Jahr ausgebildet, um die Fülle an leeren Stellen zu be­setzen, es ist dies aber eine Berufssparte mit einer hohen Fluktuation, weshalb es immer wieder zu personellen Engpässen kommt. Das ist ein Problem, vor dem man sich nicht verstecken darf.

Deswegen hat es sich die Bundesregierung zur Aufgabe gemacht, Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger in das Berufsfeld zu fördern. Mit dem Lehrgang für Elementarpäda­gogik beziehungsweise für Inklusive Elementarpädagogik können in Zukunft alle Men­schen mit abgeschlossenem Bachelorstudium der Pädagogik beziehungsweise der


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Erziehungs- und Bildungswissenschaft mit einem einjährigen Lehrgang zur Elementar­pädagogin oder zum Elementarpädagogen ausgebildet werden. Ziel ist es, dass genau­so schnell, wie Menschen aus diesem Berufsfeld abwandern, Menschen auch wieder zuwandern können. Wenn ich an Quereinsteiger denke, denke ich nicht nur an Rück­kehrerinnen und Rückkehrer ins Berufsleben, sondern auch an Jugendliche und an im­mer mehr junge Männer, die sich für den Beruf des Elementarpädagogen begeistern. Auch dieser Quereinstieg gehört gefördert.

Der Lehrgang umfasst 60 ECTS-Punkte und kann in einem Jahr in zwölf Modulen jeweils am Freitag und Samstag mit zwei Wochen Blockpraxis absolviert werden. Auch das ist wichtig: dass die Auszubildenden einen Einblick in die Praxis bekommen. Durch die Legung auf Freitage und Samstage ist es auch berufstätigen Menschen einfacher mög­lich, diesen Lehrgang zu absolvieren.

Aufgrund der zusätzlichen Ausbildung der Pädagoginnen und Pädagogen mit Bachelor­abschluss kommt es zu einer natürlichen Aufwertung des Berufes. Es muss in weiterer Folge aber auch sichergestellt werden, dass die Kindergärten sich das top ausgebildete Personal leisten können, und, wie wir heute bereits von Herrn Bundesminister Kocher gehört haben, es müssen Bund, Länder, Gemeinden und Sozialpartner zusammenar­beiten, um das sicherzustellen. (Bundesrätin Schumann: Geld brauchen wir ja nicht! – Zwischenruf der Bundesrätin Grimling.)

Trotz kurzer Vorlaufzeiten und noch recht enger Zulassungsvoraussetzungen haben sich bereits 59 Personen für diesen Lehrgang gemeldet. Ich denke, wie ich bereits ge­sagt habe, dieser Lehrgang ist eine enorme Zukunftschance und ein weiterer kleiner Schritt, um den Beruf der Elementarpädagogin und des Elementarpädagogen aufzuwer­ten.

Mit dem Gesetz wird jedoch nicht nur der Grundstein für den neuen Lehrgang gelegt, sondern auch die Bezeichnung der Berufsgruppe angepasst. Somit heißen die Bildungs­anstalten für Kindergartenpädagogik in Zukunft einheitlich Bildungsanstalt für Elementar­pädagogik und die Kindergärtner und Kindergärtnerinnen in Zukunft Elementarpäda­goginnen und Elementarpädagogen. Somit entspricht die Bezeichnung auch der heuti­gen Zeit.

Ich komme nun zum Ende meiner Rede und möchte noch einmal ein großes Danke aussprechen: ein Danke an alle Elementarpädagoginnen und Elementarpädagogen, die sich täglich um unsere Kinder kümmern, diese erziehen, bilden und bei deren Entwick­lung helfen. Vielen Dank für diese Arbeit! – Es ist nicht selbstverständlich, mit welchem Engagement sich die Elementarpädagoginnen und Elementarpädagogen vor allem in den letzten eineinhalb Jahren in ihren Berufen für unsere Kinder eingesetzt haben. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

11.39


Vizepräsident Günther Novak: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Korinna Schumann. Ich erteile ihr das Wort.


11.39.26

Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich stehe noch ganz stark unter dem Eindruck der letzten Demonstrationen der Beschäftigten der Elementarpädagogik. Da gab es viele Reden, da gab es viele Schilder, und auf einem ist gestanden: Der Akku ist leer!

Wenn die Beschäftigten aus der Elementarpädagogik – das sind ganz starke Idealis­tInnen und sie haben große Freude an ihrem Geschäft – sagen: Der Akku ist leer und es geht nicht mehr!, dann ist das ein Warnzeichen.


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Ich darf Ihnen, Frau Bundesrätin Wolff, mitgeben: So einfach ist das nicht, wenn man ein Herz für die ArbeitnehmerInnen hat. Man sagt: Da wandern viele aus dem Beruf ab, und wir bilden aus, damit wieder zugewandert wird!  Da muss man sich schon die Frage stellen: Warum wandern ArbeitnehmerInnen denn aus einem Berufsfeld ab? (Beifall bei der SPÖ.) Sind der Grund nicht die Belastungen, die unerträglich geworden sind? Das wäre schon wichtig zu wissen.

Wir brauchen, und zwar ganz, ganz dringend, einen Rechtsanspruch auf einen Bildungs­platz für jedes Kind ab dem ersten Lebensjahr: leistbar, qualitätsvoll und mit Vollzeit­arbeit vereinbar. Das ist eine Notwendigkeit, und zwar eine ganz, ganz dringende. Das ist die Forderung der Sozialpartner, und es ist die Forderung all jener, die Kindern Chan­cen bieten wollen, die Eltern ihr Leben erleichtern wollen, die den ländlichen Raum stär­ken wollen, die viel Gutes für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie tun wollen. Leider aber wurde sie nicht erfüllt, und alles, was man hier fordert, scheitert an den fehlenden budgetären Mitteln.

Sie fehlen in diesem neuen Budget, das ist ganz eindeutig. Wir freuen uns natürlich über Ankündigungen, dass man versuchen wird, über die 15a-Vereinbarung ein bisschen Geld aufzustellen – das sind Tropfen auf den heißen Stein.

Wenn man die Kinderbildungseinrichtungen ausbauen möchte, und das ist mehr als dringend notwendig, dann muss man Geld in die Hand nehmen, dann muss man das auch budgetieren, und nichts ist verwerflicher als das, was man in den Chats liest: Da wären schon 1,2 Milliarden Euro für den Ausbau und für den Rechtsanspruch auf die Nachmittagsbetreuung da gewesen, und das ist einfach verhindert worden, aus reinem Machtkalkül. Da rinnt es einem kalt den Rücken herunter, wirklich! (Beifall bei der SPÖ.)

Es geht um viel. Es geht um die Situation der Beschäftigten, die wirklich am Limit sind. Es geht um die Situation der Eltern und um den ländlichen Raum. Wir haben gestern in der Enquete ja auch über die Förderung des ländlichen Raumes gesprochen. Ein ganz, ganz wichtiger Schlüssel dafür ist die Kinderbetreuung, und ich darf schon sagen, dass da noch viel zu tun ist.

2018 hat Oberösterreich den Nachmittagsbeitrag, den Elternbeitrag für die Nachmittags­betreuung von Kindern, eingeführt. Daraus resultierend sind 3 450 Kinder von der Nach­mittagsbetreuung abgemeldet worden. Nichts war es mit dem Rechtsanspruch auf einen Nachmittagsbetreuungsplatz, sondern im Gegenteil, man hat die Eltern noch mehr be­lastet!

Und weil Tirol gerade den Vorsitz im Bundesrat hat, die Zahlen von Tirol: 44 Prozent aller Kinderbildungseinrichtungen in Tirol haben nur bis 14 Uhr geöffnet. Wie soll man da Beruf und Familie vereinbaren? Wie soll das funktionieren? Das ist unerträglich, und da muss etwas passieren, und zwar in einem Schulterschluss all jener, die wirklich wollen, dass man den Eltern hilft, dass man den Kindern größere Bildungschancen gibt, dass man den ländlichen Raum stärkt. Da ist dringend etwas zu tun, vor allen Dingen, um den Frauen überhaupt eine Chance zu geben, Vollzeit zu arbeiten, wenn sie das möchten, und ihnen eine Chance zu geben, Qualifizierungen zu machen.

Wir können Frauen nicht in Qualifizierungen bringen, wenn sie keine Chance haben, die Kinder gut betreut zu wissen. Da geht es um sehr viel, und ich bin wirklich betroffen über das, was in den Chats herausgekommen ist, denn wir alle wissen, wie schwierig es ist, es gerade über Länder-Bund-Vereinbarungen zu schaffen, in der Kinderbetreuung etwas weiterzubringen. Der Herr Bundesminister wird davon ein Lied singen können.

Das ist nicht einfach, und da wäre etwas gelungen, da wäre die Möglichkeit gewesen, einen Rechtsanspruch auf wirklich flächendeckende Nachmittagsbetreuung einzufüh­ren, und das hat man für den eigenen politischen Vorteil in den Wind geschossen! Man


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hat die Eltern weiter belastet. Man hat den Familienbonus ausbezahlt, ja wunderbar, damit aber haben sich die Familien ihre Nachmittagsbetreuung finanziert, und nicht ein­mal zur Gänze, denn die Kosten für Nachmittagsbetreuung sind teilweise exorbitant hoch.

Also ganz ehrlich: Es geht um viel! Wir wissen, im Budget ist das Geld dafür nicht vor­handen. Das ist ein Scheitern dieser Bundesregierung an der Kinderbetreuung, am Aus­bau der Kinderbetreuung. Und ganz ehrlich: Es ist jetzt mehr als notwendig, den Rechtsanspruch auf einen Kinderbildungsplatz für jedes Kind umzusetzen – über alle Partei- und sonstigen Grenzen hinweg. Es geht um die Zukunft der Kinder und es geht um die Zukunft der Eltern. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesra­tes Arlamovsky.)

11.44


Vizepräsident Günther Novak: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Josef Ofner. Ich erteile ihm dieses.


11.44.55

Bundesrat Josef Ofner (FPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesmi­nister! Werte Kollegen! Vor allem aber verehrte Zuschauer vor den Bildschirmen und hier auf der Galerie! 1,2 Milliarden Euro waren im Jahr 2016 von der Regierung Kern und Mitterlehner vorgesehen, meine Vorrednerin hat es gerade erwähnt.

„Gar nicht gut!!! Wie kannst du das aufhalten?“, mit dem Nachsatz: „Kann ich ein Bun­desland aufhetzen?“ – So hat sich der damalige Kanzler Kurz in einem Chat gegenüber seinem Bussi-Bussi-Freund Schmid zu diesem Vorschlag geäußert, und in diesem Zu­sammenhang wäre es interessant, um welches Bundesland es sich dann schlussendlich überhaupt gehandelt hat. War es Oberösterreich, Niederösterreich oder war es die Stei­ermark? Ich gehe einmal davon aus, dass es nicht Kärnten, das Burgenland oder Wien war. (Beifall bei FPÖ und SPÖ.)

Jenem Herrn Kurz, der derzeit gerade Oberkante Unterlippe im Korruptionssumpf ver­sinkt, nachdem er sich damals mit dem Wahlspruch „Wer zahlt schafft an“ einzig und allein seinem Status als selbsternannter Messias und dem Projekt Ballhausplatz mit den türkisen Allmachtsfantasien gewidmet hat, ja, so einem echten Türkisen kann das schon passieren. Dem sind die Jüngsten unserer Gesellschaft völlig egal, ebenso wie die Zu­kunft unseres Landes. Solch einem untragbaren Verhalten kann man nur mit seinen Worten begegnen: „Es widert mich an“. (Beifall bei FPÖ und SPÖ.)

Da wir von Ihnen, Herr Bundesminister, einen anderen Umgang und einen sachpoliti­schen Zugang gewohnt sind und Sie nicht Teil der türkisen Prätorianertruppe sind – so hoffe ich und nehme es einmal an –, gehe ich davon aus, dass Sie vielleicht Interesse daran haben, welche Herausforderungen im Bereich Bildung angegangen werden müs­sen, im Speziellen in der Elementarpädagogik, denn durch diese unverhältnismäßigen Coronamaßnahmen in den letzten eineinhalb Jahren haben sich die Probleme im ele­mentarpädagogischen Bereich extrem verschärft. Die Jüngsten hat es wahrlich am schlimmsten getroffen, denn gerade im elementarpädagogischen Bereich hat die Regie­rung die Kinder durch bezahlte Medieninszenierungen mit Ängsten konfrontiert, wobei man heute noch gar nicht abschätzen kann, welche Auswirkungen das auf das soziale Verhalten der Kinder haben wird und was noch zutage treten wird. Studien gibt es laut Ihren Ressortbediensteten zu diesem Thema nicht, es sind auch keine beauftragt wor­den und wahrscheinlich auch keine geplant.

Schlussendlich wird sich diese Regierung dafür verantworten müssen, dass sie mit der Schließung der Kinderbetreuungseinrichtungen den Kindern während wesentlicher Ent­wicklungsphasen viele Monate ihrer frühkindlichen Bildung genommen hat, dass sie sie davon abgehalten hat, mit Freunden zu spielen oder ihre Großeltern und Verwandten zu


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besuchen, mit der angsteinflößenden Drohung, sie könnten doch alle sterben. (Beifall bei der FPÖ.) Allein die Aussicht darauf, was diese Erfahrungen für die psychische Ent­wicklung eines Kindes bedeuten, macht fassungslos und ist in höchstem Maße unver­antwortlich.

Als dann die Betreuungseinrichtungen geöffnet wurden, waren die Kinder, die Eltern, aber auch die Pädagogen mit Situationen konfrontiert, die man sich eigentlich gar nicht vorstellen kann. Da konnten die Eltern und die Kinder im elementarpädagogischen Be­reich nicht die gewohnten Abschiedsrituale praktizieren, was gerade in dieser schwie­rigen Zeit mehr als notwendig gewesen wäre, und die pädagogischen Fachkräfte waren mit physischen und psychischen Mehrbelastungen konfrontiert. Etwa mussten sie beim Abholen jedes Kind den Eltern einzeln übergeben, zusätzlich zu ihrer pädagogischen Tätigkeit.

Im Unterricht beziehungsweise während des Aufenthaltes der Kinder blieben wichtige Dinge und Elemente in der Kommunikation im wahrsten Sinne des Wortes verborgen, und zwar die Mimik und Gestik, denn Sie haben dafür gesorgt oder es zumindest mitge­tragen, dass diese Fachkräfte zum Tragen von Masken verdonnert worden sind. Vom nicht nachvollziehbaren und überall anders gearteten Testchaos bei den Pädagogen möchte ich erst gar nicht sprechen.

Das sehen natürlich nicht nur wir so, sondern das sehen die vielen Fachkräfte im ele­mentarpädagogischen Bereich so, die eine immense Mehrbelastung zu tragen und diese Mehrbelastung jeden Tag zu durchleben hatten, trotzdem aber die Qualität in der Kin­derbetreuung erhalten haben. Sie hatten mit dem mangelnden Coronamanagement – eigentlich dem Coronamissmanagement – dieser Regierung zu kämpfen und mussten dieses kompensieren. Das war eine Extremsituation, und daher ist es nicht verwunder­lich, dass viele diesen Beruf nicht mehr ausüben wollen, weil sie es auf Dauer nicht schaffen können.

Auch da gibt es aber keinerlei Lösungsansätze oder Erhebungen, wie man diesem Per­sonalmangel entgegensteuern will. Das werden wir mit der heutigen Gesetzesnovelle nicht ändern können, sondern da braucht es weitergehendere Ansätze, um diese für unsere Kinder als Zukunft unserer Gesellschaft und unseres Landes wertvolle Arbeit zu attraktivieren. Eine einheitliche Festlegung der Berufsbezeichnungen und eine einheit­liche Festlegung der Ausbildungsstätten werden diese Problematik nicht lösen. (Beifall bei der FPÖ.)

Es wird ein grundsätzliches, auch finanzielles Bekenntnis brauchen, das flexible Kinder­betreuungseinrichtungen mit entsprechender Wahlfreiheit für die Eltern ermöglicht. Wenn man sich nämlich vergegenwärtigt, dass wir in Österreich 0,6 Prozent des BIPs für den Bereich Kinderbetreuung ausgeben und die skandinavischen Staaten zwei- bis dreimal so viel, dann braucht es einen nicht zu wundern, dass unser Bildungsniveau im Vergleich zu diesen Staaten mehr als im Sinken begriffen ist.

Eines muss auch klar sein: Diese finanzielle Verantwortung kann man nicht den Ländern beziehungsweise in letzter Konsequenz den Gemeinden umhängen! Es braucht ein­heitliche und faire Rahmenbedingungen für die Gehälter der Pädagogen, es braucht ein­heitliche Betreuungsschlüssel für Gruppengrößen und eben diese flexiblen Kinderbe­treuungsangebote.

Was aber in diesem Zusammenhang wichtig ist: Gerade die Gemeinden und die Städte haben in der Coronaphase viele dieser Dinge bereits finanziert, weil sie eben nicht vom Bund aus geregelt waren, und hatten hohe finanzielle Mehrbelastungen zu stemmen. Es muss daher möglich sein, beim Abschluss dieser Artikel-15a-Vereinbarungen mit den Ländern und den Gemeinden klare finanzielle Regelungen zu schaffen.


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Generell wäre auch ein Abbau der Verwaltungsaufgaben für die Pädagogen notwendig, denn die Pädagoginnen und Pädagogen sollen die frühkindliche Förderung der Talente forcieren und für die Vermittlung von Werten zuständig sein und nicht die unverhältnis­mäßig weitreichende Dokumentationsarbeit im Fokus stehen haben.

Eines noch zur Quereinstiegsmöglichkeit für facheinschlägig vorgebildete Personen – wobei der Terminus „facheinschlägig“ noch nicht klar definiert ist, das hat auch der Ex­perte im Ausschuss gesagt : Bei der Ausbildung der KindergartenassistentInnen wäre meines Erachtens auch darauf Wert zu legen, dass eine gewisse praktische Erfahrung vorhanden ist, um eine optimale Ausbildung zu gewährleisten. Verbinden sollte man dies vielleicht mit einer gewissen Anhebung des Eintrittsalters, damit sie den hohen Anfor­derungen und den Belastungen in diesem für unsere Gesellschaft wichtigen Beruf stand­halten können.

Ich denke, dass in der Elementarpädagogik, durch die unsere Kinder das Fundament für ihren weiteren Bildungs- und Lebensweg erhalten, die höchsten Qualitätsmaßstäbe an­zulegen sind. Derzeit sehe ich da aber überhaupt keine Lösungsansätze, sondern nur Kosmetik, was meiner Meinung nach fatal und verantwortungslos ist.

Abschließend möchte ich im Namen unserer freiheitlichen Fraktion allen pädagogischen Fachkräften für die physisch und psychisch fordernde und – vor allem in den letzten eineinhalb Jahren – oft belastende Arbeit aufrichtig danken. Danke, dass Sie dieser Zeit mit größtem Engagement und bestmöglicher Qualität begegnet sind, und danke dafür, dass Ihnen, im Gegensatz zum selbst ernannten Gralsbringer, dem Herrn Ex-Kanzler, die Kinder am Herzen liegen! (Beifall bei der FPÖ.)

11.54


Vizepräsident Günther Novak: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Andreas Lackner. Ich erteile ihm dieses.


11.54.38

Bundesrat Andreas Lackner (Grüne, Steiermark): Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Derzeit erleben wir, dass viele, die im Kindergartenbereich arbeiten, frustriert sind und unter den derzeitigen Arbeitsbedingun­gen ausbrennen. Der Protest wird vollkommen zu Recht immer lauter.

Was es braucht, sind mehr Zeit, kleinere Gruppen, eine bessere Bezahlung und auf jeden Fall in ganz Österreich einheitliche Standards – all das befindet sich aber aktuell in der Kompetenz der Länder. Dass es da im Sinne einer Verbesserung für die Be­schäftigten und im Sinne der Qualitätssteigerung dringenden Änderungsbedarf gibt, da­rüber sind wir uns hier, glaube ich, weitgehend einig.

Die Artikel-15a-Verhandlungen, die jetzt stattfinden, bieten die Möglichkeit, in diesem Bereich in ganz Österreich Veränderungen beziehungsweise Verbesserungen zu schaf­fen. Ich appelliere an Sie alle hier im Haus: Schieben Sie in Ihrem Bundesland an, damit am Ende etwas herauskommt, das die Situation in unseren Kindergärten, die Situation in der Elementarbildung klar verbessert!

In meinem Heimatbundesland haben die Grünen bei der Landtagssitzung vorgestern, am Dienstag, einen Antrag eingebracht, der die Landesregierung auffordert,

„unter Einbeziehung aller relevanter Stakeholder im Bereich der elementaren Kinderbil­dung und -betreuung eine schrittweise Verbesserung der Rahmenbedingungen zu ent­wickeln,“

„gemeinsam mit Bund und Gemeinden die Finanzierung für ein verbessertes Gehalts­schema für das elementarpädagogische Personal in öffentlichen und privaten Kinderbil­dungs- und -betreuungseinrichtungen in die Wege zu leiten,“


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„in Abstimmung mit dem Bund und den Ländern eine Angleichung der Gehaltsschemen anzustreben,“

und „den Personalschlüssel je Gruppe in Kindergärten zu verbessern“.

Was ist passiert? – Der Antrag wurde von ÖVP und SPÖ abgelehnt. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.)

Wofür ist der Bund tatsächlich zuständig? – Zuständig ist der Bund nur für eines, nämlich für die Ausbildung. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.)

Ein bekanntes Phänomen ist ja, dass viele AbsolventInnen der Bafeps gar nicht erst als Elementarpädagoginnen und Elementarpädagogen zu arbeiten beginnen. Es ist natür­lich so, dass die Vorstellungen zu Beginn dieser Ausbildung, das ist in der Regel mit 14 Jahren, oft andere sind als am Ende der Ausbildung. Einige Schülerinnen und Schüler wählen diesen Schultyp, um am Ende die Matura zu erhalten, haben aber eigentlich gar nie vor, in diesem Bereich zu arbeiten. Es ist daher aus meiner Sicht notwendig, attrak­tive Ausbildungsangebote zu schaffen, die einen späteren Einstieg oder eben auch einen Quereinstieg ermöglichen.

Wir haben ja bereits eine Ausbildungsoffensive mit neuen Kollegstandorten gestartet und die Möglichkeit geschaffen, mittels Fachkräftestipendien die Ausbildung zu finanzie­ren. Ebenso wurde die Ausbildung zur AssistentIn inklusive Weiterbildungsmöglichkeit zur gruppenleitenden Elementarpädagogin, zum gruppenleitenden Elementarpädago­gen bereits eingeführt.

Nun gehen wir die Tertiärisierung an, also die Ausbildung auf akademischem Niveau. Da gibt es eben diesen neuen pädagogischen Hochschullehrgang für Quereinsteigerin­nen und Quereinsteiger, die nicht von den Bafeps kommen. Diese können dank dieser Gesetzesänderung jetzt die Berufsberechtigung erhalten.

Neu ist außerdem der Lehrgang Inklusive Elementarpädagogik, der damit nun von den Bafeps zu den PHs, zu den Pädagogischen Hochschulen, wandert und damit eine Auf­wertung erfährt. Sprache schafft natürlich immer auch Bewusstsein, daher ist die Umbe­nennung der Bezeichnung von KindergärtnerIn in ElementarpädagogIn dringend not­wendig, wie so vieles, das in diesem Bereich noch weitergehen muss. (Vizepräsidentin Schwarz-Fuchs übernimmt den Vorsitz.)

Noch ein paar Worte zum Entschließungsantrag der Kollegin Gruber-Pruner von der SPÖ: Der qualitätsvolle und bedarfsorientierte Ausbau der ganztägigen schulischen und elementarpädagogischen Tagesbetreuungsangebote wurde in den vergangenen Jahren gemeinsam mit den Ländern und Gemeinden aus meiner Sicht schon ein Stück weit vorangetrieben. Darüber hinaus sieht das Regierungsprogramm 2020-2024 den Ausbau ganztägiger Schulen beziehungsweise elementarpädagogischer Einrichtungen vor, ins­besondere den bedarfsgerechten „Ausbau ganztägiger Schulformen zur Ermöglichung der Wahlfreiheit für Eltern“.

Dazu wurden bereits einige Maßnahmen gesetzt. Zum Beispiel gibt es einen Anspruch auf einen Ganztagsschulplatz gemäß § 8 Schulorganisationsgesetz – jedenfalls ab 15 Anmeldungen –, es gibt eine Artikel-15a-Vereinbarung über den weiteren Ausbau ganztägiger Schulformen und es gibt die Bereitstellung von Lehrkräften im Rahmen der gegenstandsbezogenen und individuellen Lernzeit. Auch im Bereich der elementaren Bildungseinrichtungen ist im Sinne des Regierungsprogramms bereits die Neuverhand­lung der Artikel-15a-Vereinbarung über die Elementarpädagogik im Ministerrat beschlos­sen worden, wobei neben einer inhaltlichen Weiterentwicklung die wesentliche Erhö­hung der Mittel angestrebt wird.

Hinsichtlich der ganztägigen Schulformen hat sich gezeigt, dass die nachhaltige Finanzie­rung der Plätze ein Schlüsselelement für den qualitätsvollen Ausbau ist. Die langfristige


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Planbarkeit und eine einheitliche effiziente Bewirtschaftung sind bekannte Erfolgsfakto­ren. Insbesondere sollen die bestehenden Strukturen und Personalkategorien einer ge­nauen Analyse unterzogen werden, sodass ein trag- und zukunftsfähiges Modell etab­liert werden kann.

Es gibt bereits einen gemeinsamen Entschließungsantrag der Regierungsparteien im Nationalrat vom 12. Oktober betreffend „bedarfsgerechten Ausbau ganztägiger Schulfor­men zur Ermöglichung der Wahlfreiheit für Eltern“, der lautet:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, wird ersucht, den im Regierungsprogramm 2020–2024 vorgesehenen be­darfsgerechten Ausbau ganztägiger Schulformen zur Ermöglichung der Wahlfreiheit für Eltern fortzusetzen und ein trag- wie zukunftsfähiges Modell zur Finanzierung der ganz­tägigen Schulformen auszuarbeiten sowie im Bereich der Elementaren Bildung im Rah­men der neuen 15a B-VG Vereinbarung in Zusammenarbeit mit Ländern die Verbes­serung des Angebots an Plätzen und Öffnungszeiten, die frühe sprachliche Förderung sowie die Qualität voranzutreiben.“

Sie sehen also, wir sind bereits dran. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

12.02


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Mag.a Daniela Gruber-Pruner. Ich erteile ihr dieses.


12.02.37

Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Wenn man meinen Vorrednerinnen und Vorrednern zugehört hat, würde man meinen, dass wir in der Sache eine sehr hohe Übereinstimmung haben. Das orte ich in vielen – ich nenne es jetzt polemisch – Sonntagsreden immer wieder, nämlich dass es da eine große Übereinstimmung gibt, wie wichtig dieser Bereich ist, dass die KollegInnen gute Bezahlung brauchen, und wir bedanken uns mehrfach bei ihnen – nur kommt es bei den KollegInnen vor Ort und bei den Kindern derzeit nicht an. Das ist unsere Haupt­kritik.

Wir beschließen mit dem vorliegenden Gesetz Maßnahmen zur Ausbildung von Personal in den Kindergärten, in den elementarpädagogischen Einrichtungen, und das ist so weit einmal so gut, das ist wichtig. In dieser Vorlage zeigen sich aber zwei Phänomene, die für diese ganze Elementarbildungslandschaft in Österreich bedeutend sind. Das eine ist die Zerstückelung des Systems, nämlich diese mindestens neun verschiedenen Syste­me im Bereich der Elementarbildung. Das hat auch mit neun verschiedenen Öffnungs­zeiten zu tun, mit neun verschiedenen Jahresschließzeiten, mit diesen unterschiedlichen Bedingungen, die Eltern in den neun Bundesländern vorfinden.

Auch an den, wie schon erwähnt, verschiedenen Bezeichnungen der KollegInnen, die dort arbeiten, wird klar, wie verschieden und divers diese Landschaft ist. Wir haben uns zum Glück vom Begriff der Tanten, wie wir diese Kolleginnen in unserer Zeit vielleicht noch genannt haben, verabschiedet. Das wird den Anforderungen und ihrer Qualifizie­rung bei Weitem nicht gerecht, davon haben wir uns hoffentlich verabschiedet. Wir nennen sie jetzt KindergärtnerInnen oder, mit dem Beschluss dieser Vorlage, ganz zu Recht ab jetzt ElementarpädagogInnen.

Schlimmer ist es allerdings bei den KollegInnen, die in diesem Bereich zuarbeiten. Da gibt es keine Einheitlichkeit, und jeder von uns im Saal würde sie wahrscheinlich anders nennen. Die einen nennen sie HelferInnen, die anderen AssistentInnen, die dritten Be­treuerInnen. Das zeigt auch, wie wenig Aufmerksamkeit diese Berufsgruppe bisher hat­te, und das muss sich dringend ändern. (Beifall bei der SPÖ.)


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 69

Nicht nur die Bezeichnungen sind unterschiedlich – das ist vielleicht ein sehr sichtbares Zeichen dafür, wie es um diesen Bereich steht –, sondern auch die Arbeitsbedingungen sind sehr unterschiedlich. Das Einzige, das durchgängig ist, ist die durchgängig schlech­te Bezahlung dieser Assistentinnen/Helferinnen/Betreuerinnen – es sind zu 90 Prozent Frauen. Und beides kommt nicht von ungefähr, auch das muss man einmal so benen­nen.

Das nächste Phänomen, das in dieser Vorlage behandelt wird, meiner Meinung nach aber nicht ausreichend, ist das Thema Personalknappheit. Wir haben es vorhin schon gehört: Nur ungefähr 20 bis 25 Prozent der jungen Menschen, die diese Bafeps absol­vieren, also die Matura mit diesem Schwerpunkt ablegen, treten tatsächlich in den Beruf ein. Und das ist kein Vorwurf  ich finde, diese jungen Menschen, diese vor allem jungen Frauen, haben das gute Recht, mit 18 oder 19 Jahren zu sagen: Ich will jetzt noch nicht täglich meinen Alltag mit 25 Kindern verbringen, ich möchte mich weiterqualifizieren, ich möchte zuerst noch andere Dinge in der Welt erleben.  Es ist aber nicht nur dem geschuldet, dass sie noch jung sind und etwas anderes ausprobieren wollen. Sie wissen, dass das ein Knochenjob ist und dass die Bedingungen nicht so sind, dass man sagt: Ich mache das mit meinen 18, 19 Jahren, es wird mir leicht fallen.

Darum: Es ist wichtig und gut, neue Möglichkeiten der Ausbildung zu schaffen, neue Personengruppen anzusprechen. Wir machen als Trägereinrichtung sehr gute Erfah­rungen mit QuereinsteigerInnen, auch mit spät berufenen EinsteigerInnen. Sie steigen nämlich mit einer noch einmal anderen Motivation in den Beruf ein. Sie sind dann oft sehr stabil und bleiben. Wir finden es also notwendig, solche Lehrgänge anzubieten, auch über die PHs; nur helfen uns diese 130 pro Jahrgang, die da ausgebildet werden, aktuell nur wenig. Wir bräuchten wahrscheinlich zehn von diesen Lehrgängen, und zwar jetzt! Wir brauchen diese Menschen jetzt, wir können nicht warten, bis sich das entwi­ckelt, wir brauchen dringend mehr Menschen, die in diesem Bereich ausgebildet werden.

Die Tatsache, dass es derzeit viele offene Stellen gibt, die nicht mit dem adäquaten Personal besetzt werden können, hat mehrfach Konsequenzen. Das ist einerseits schädlich für das bestehende Personal. Diese Menschen müssen die Ausfälle nämlich abfangen. Sie sind eh schon belastet und müssen mit weniger qualifiziertem Personal auskommen. Die andere Konsequenz ist, dass sich das natürlich auch auf die Betreu­ungs- und die Bildungssituation der Kinder auswirkt. Beides ist nicht akzeptabel.

Diese Ausbildungen sind daher nicht, wie meine Vorrednerin gesagt hat, die Lösung des Problems, weil sie das ursprüngliche Problem nicht an der Wurzel packen. Es ist eine Maßnahme, um mehr Personen in diesen Bereich zu bekommen. Notwendig aber wäre ein wirklich großer Wurf: dass man die Arbeitsbedingungen in diesem Bereich so auf­stellt, dass Menschen den Beruf gern ergreifen, ihn gern ausüben und in diesem Beruf bleiben. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Lackner.)

Ich möchte noch eine Möglichkeit einbringen, Menschen, die bereits in diesem Bereich Fuß gefasst haben, auch zu behalten, und zwar geht es mir noch einmal um die Assis­tentInnen und HelferInnen. Es wäre aus meiner Sicht enorm wichtig, ihnen leichtere Auf­stiegsmöglichkeiten anzubieten. Es gibt nämlich viele AssistentInnen, HelferInnen, Be­treuerInnen – wie auch immer wir sie nennen –, die große pädagogische Talente sind, die trotz dieser Bedingungen seit Jahren in diesem Job arbeiten. Es wäre dringend not­wendig, ihnen zu ermöglichen, sich auf leichte Art und Weise zur Pädagogin ausbilden zu lassen, sich weiterzubilden.

Die Hürden, die sie mir nennen, warum sie es nicht machen, sind die Mathematik- und Englischmatura, die sie nachmachen müssen. Da muss man, glaube ich, wirklich gut darüber nachdenken, ob das notwendig ist, wenn eine Person in diesem Bereich gute Arbeit macht und sich qualifizieren möchte  was dann wirklich die Hürden sein sollten oder was die Anforderungen an sie sind.


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 70

Noch ein Wort zu den SonderkindergärtnerInnen, die ab jetzt zu Recht Inklusive Elemen­tarpädagogInnen heißen sollen – eine gute Bezeichnung –: Diese fehlen uns im ganzen Land noch viel mehr als die normalen PädagogInnen, weil die Anforderungen an sie noch einmal spezieller sind. Man muss sich bewusst für so eine Ausbildung entscheiden.

Es wird mit diesen vielen, vielen Baustellen einfach sichtbar, dass die Arbeitsbedin­gungen, die Rahmenbedingungen in diesem Job nicht reichen, und das wirkt sich auf unsere Kinder aus. Ich sage es noch einmal, manches ist schon genannt worden: Es braucht mehr Anerkennung. Es braucht nicht mehr Dank. Das Danke alleine genügt nicht mehr, es braucht jetzt Maßnahmen! (Beifall bei der SPÖ.)

Es braucht mehr erwachsene Köpfe in den Einrichtungen. Wien geht dabei jetzt einen Zwischenschritt und versucht, die aktuelle Personalnot zu lindern, indem jetzt wirklich viel mehr AssistentInnen angestellt werden. Das bringt kurzzeitig Entlastung, ist aber keine nachhaltige Lösung. Es braucht mehr Zeit für Vorbereitung und Elternarbeit, und es braucht vor allem AssistentInnen mit einer besseren Bezahlung.

Dass diese Tausenden KollegInnen in der letzten Woche auf der Straße waren, muss für uns ein Weckruf sein, die derzeitigen Bedingungen zu verbessern. Dabei muss der Bund die Länder und Gemeinden unterstützen. Wir kommen nicht darum herum, hier Geld und Ressourcen in die Hand zu nehmen.

Umso mehr empört es uns, dass eine Milliarde Euro – oder sogar mehr als eine Mil­liarde –, die schon vorgesehen gewesen wäre und mit der wir heute im Ausbau und im Schaffen guter Rahmenbedingungen schon wesentlich weiter sein könnten, rein aus Machttaktik, rein aus Machtrausch verhindert worden ist. Das ist unverzeihlich, denn das ist auf dem Rücken der Eltern und Kinder ausgetragen worden. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

Auch im vorliegenden Budget sehen wir nicht, dass ein großer Wurf und eine große Anstrengung in diesem Bereich vorgesehen sind. Das ist wieder versäumt worden, und darum bringe ich einen Entschließungsantrag ein. Wir wollen, dass es dezidiert, ausge­wiesener- und ausgesprochenerweise, dieses Mehrgeld, diese Milliarde für Kinderbe­treuung gibt.

Deshalb stelle ich folgenden Entschließungsantrag:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Mag.a Daniela Gruber-Pruner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Gerechtigkeit für die Kinder in Österreich“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend im Bundesfinanzrahmen zusätzliche 1,2 Milliarden Euro für den Ausbau für Kinderbetreuung, sowie den Ausbau von Nach­mittagsbetreuung und ganztägigen Schulformen bereitzustellen, um so rasch einen Rechtsanspruch auf ganztägige, kostenfreie Kinderbildungseinrichtungen ab dem ersten Geburtstag umzusetzen.“

*****

(Beifall bei der SPÖ.)

Herr Minister, noch ein letztes Wort an Sie: Heute war schon Ihr Kollege Arbeitsminister Kocher hier, der auch betont hat, wie wichtig ihm das Anliegen des Ausbaus der Kinder­betreuung, Kinderbildung und Elementarbildung ist. Damit das keine Sonntagsreden


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bleiben, erwarten wir uns wirklich jetzt oder ganz bald Maßnahmen, die ankommen. Es braucht jetzt Taten, und die erwarten wir uns! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

12.14


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Vielen Dank.

Der von den Bundesräten Mag.a Daniela Gruber-Pruner, Kolleginnen und Kollegen ein­gebrachte Entschließungsantrag betreffend „Gerechtigkeit für die Kinder in Österreich“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Wir begrüßen unseren ehemaligen Bundesrat, Staatssekretär Dr. Magnus Brunner. (All­gemeiner Beifall.)

Herr Bundesminister Dr. Faßmann hat sich zu Wort gemeldet. – Bitte sehr.


12.14.52

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Heinz Faßmann: Frau Vorsitzende! Hoher Bundesrat! Bundesrat Lackner hat ja dargestellt, welche Kom­petenzen ich in diesem Bereich besitze im Wesentlichen beschränken sie sich auf Ausbildung und auf Ausbildungsnormen. Ich möchte dennoch auf die allgemeine Diskus­sion eingehen, Frau Gruber, insbesondere auch auf Ihren Redebeitrag. Sie haben viele Dinge dargestellt, die ja nicht vom Tisch zu wischen sind – gar keine Frage.

Insbesondere ist die Vielfalt der elementarpädagogischen Rahmenbedingungen in den Ländern, in den Gemeinden ein Thema. Aus diesem Grund gibt es aber auch eine 15a-Vereinbarung. Die jetzt laufende 15a-Vereinbarung hat uns Möglichkeiten gebracht, so etwas wie Vereinheitlichungen vorzunehmen. Dort sind beispielsweise die Weiterbil­dungstage, definierte und bezahlte Weiterbildungstage, aufgenommen worden. Es sind auch die sprachliche Frühförderung und, was ganz wesentlich ist, die Ausbildungsziele insbesondere im Bereich der unter Dreijährigen aufgenommen worden. – Soweit zu den 15a-Vereinbarungen.

Frau Schumann, Sie haben das ein bisschen abgetan und gesagt, auch die 140 Millio­nen Euro seien nur ein „Tropfen auf den heißen Stein“.  Wissen Sie, ich habe einen etwas höheren Respekt im Umgang mit Steuergeldern. (Bundesrätin Schumann: 1,2 Milliarden!) 140 Millionen Euro, wohlgemerkt pro Jahr, Frau Schumann! Das ist schon eine ganz ansehnliche Summe, ich würde das nicht so als nichts wegwischen. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.)

Ich finde es ja sehr erfreulich, dass wir bei den grundsätzlichen Zielen eigentlich Konsens haben. Ich finde es schön, Frau Gruber, wenn wir in bestimmten Dingen Konsens ha­ben  das sollte man hervorstreichen. Wir wissen: Vorschulische Bildungseinrichtungen sind wertvoll. Sie sorgen dafür, dass Kinder ohne große Brüche gleichsam in die Volks­schule hineinwachsen. Sie sorgen nicht nur für Betreuung, sondern sie sorgen auch für eine frühkindlich adäquate Bildung. Das ist überhaupt keine Frage. Es ist wertvoll, wenn wir alle der Meinung sind, dass da etwas zu geschehen hat.

Wir brauchen die vorschulischen Einrichtungen auch aus einem zweiten Grund. Mein zweites Argument ist eines, das mehr mit meinem Vorberuf zusammenhängt, nämlich ein demografisches Argument. Wir befinden uns mitten in einem demografischen Wan­del. Die geburtenstarken Jahrgänge gehen in Pension, und was das Bildungssystem verlässt, ist quantitativ gesehen um vieles, vieles schmäler als die geburtenstarken Jahr­gänge. Wir suchen Fachkräfte für die Pflege, wir suchen Fachkräfte für den Fernver­kehr – ich lese, uns gehen die Lkw-Fahrer und -Fahrerinnen aus. Ich brauche und nehme gerne Lehrer und Lehrerinnen auf und so weiter, und so fort. Wir haben einen Fach­kräftemangel und müssen daher die Vereinbarkeitsproblematik berücksichtigen. Wenn wir mehr Frauen ermöglichen wollen – denn es betrifft in erster Linie Frauen –, erwerbs­tätig zu sein, dann müssen wir die Vereinbarkeit einlösen, und zur Vereinbarkeit gehört unzweifelhaft auch der Ausbau der vorschulischen Betreuungseinrichtungen.


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Herr Lackner hat es aber vollkommen richtig gesagt: Bei all dem Ausbau brauche ich in diesem Mehrebenensystem die Länder und Gemeinden – gar keine Frage. Wir brauchen diesen Ausgleich. (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn. Ich brauche sie! Schauen Sie bitte in die österreichische Verfassung, die Sie zu beachten haben! Sie dienen ja auch der österreichischen Verfassung. Dort ist die Kompetenzverteilung zwischen Bund, Län­dern und Gemeinden im vorschulischen Bereich klar geklärt. Natürlich nehmen wir auch in der nächsten 15a-Vereinbarung Geld in die Hand, um entsprechende qualitative und quantitative Ausbauschritte zu fixieren – gar keine Frage. Das ist auch eine wichtige Sa­che.

Jetzt muss ich noch eines zum Arbeitskräftemangel sagen: Wir haben – da brauchen Sie ja nur bei der Statistik Austria nachzuschauen – etwa 30 000 qualifizierte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in diesem Bereich. Wir bilden jährlich etwa 3 000 Absolventen in den Bafeps und Kollegs aus, also 3 000 pro Jahr bei 30 000 Mitarbeitern. Das heißt, in zehn Jahren hätten Sie im Prinzip für einen vollständigen Ersatz der Mitarbeiter gesorgt. Wahr ist auch – Frau Wolff, Sie haben das angeschnitten – die hohe Fluktuation in die­sem Bereich.

Einer meiner Vorredner hat auch die Gründe dafür angeführt. Die Gründe liegen in den Arbeitsbedingungen, in den Gruppengrößen und in der Bezahlung. Die Sozialpartner sind aufgerufen, da einheitliche Kollektivverträge zu machen. Wir haben 17 Kollektivver­träge in diesem Bereich. Frau Schumann, tun Sie doch etwas in dem Bereich, das ist ja gar nicht mehr eine Sache des Bundes! (Beifall bei der ÖVP. –Zwischenruf der Bun­desrätin Schumann.)

Ich kann aber gerne zur Kenntnis nehmen, dass Sie keine kollektivvertraglichen Ver­handlungen machen wollen, dass das der Bund übernimmt. Wenn ich das aus Ihrem Redebeitrag herausnehmen soll, nehme ich das gerne mit. (Bundesrätin Schumann: Herr Bundesminister ... das ist nicht fair ...!) Das wäre aber ein ganz großer Unterschied zu dem, was wir bisher hatten.

Was wir im Gesetzesvorschlag haben, für den ich um Ihre Unterstützung ersuche, sind Quereinstiegsmöglichkeiten. Es gibt, glaube ich, gar kein Argument gegen einen ver­stärkten Quereinstieg. Das bringt Menschen in eine Erwerbstätigkeit hinein, für die sie sich bewusst entscheiden. Einen Quereinstieg allgemeiner Natur, eine weitere inklusive Ausbildung in dem Bereich und letztlich auch eine sprachliche Vereinheitlichung  denn Sprache schafft Bilder und Sprache schafft Realitäten , keine Frage: Es ist in der Tat an der Zeit, dass wir aus den Kindergärtnerinnen Elementarpädagoginnen und -pädago­gen machen. Ich bitte um Zustimmung zu dieser Gesetzesvorlage! – Danke schön. (Bei­fall bei ÖVP und Grünen.)

12.21


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Vielen Dank. Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Karl Bader. (Oje-Rufe bei der SPÖ.) Ich erteile dieses.


12.21.35

Bundesrat Karl Bader (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! In der Dis­kussion einer Gesetzesvorlage, bei der wir bei der Abstimmung große Übereinstimmung haben, sind in den gehaltenen Reden Worte gefallen, die ich nicht so stehen lassen kann. Frau Kollegin Gruber-Pruner spricht da von Machtrausch, Kollegin Schumann von Machtgier. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) Ich weiß nicht, was da zu sagen ist. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Sie können hier tun, was Sie tun. Ich weiß schon, was Sie haben: Sie sprechen von Machtrausch, ich spreche vom Blutrausch, den die SPÖ hat. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP. – Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ.) Es geht nur um Kurz-muss-weg,


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meine Damen und Herren! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Da werden absichtlich verschie­dene Aspekte miteinander vermischt, es wird gezielt die Unwahrheit verbreitet. (Zwi­schenruf der Bundesrätin Hahn.)

Worum es in den Verhandlungen 2016 ging, war die Frage der Einführung der ver­pflichtenden Ganztagsschule. Dazu einen sachlich anderen Zugang zu haben, einen ideologisch anderen Zugang zu haben, hat nichts mit Machtgier zu tun. Das ist eine Verantwortung, die Sebastian Kurz damals auch wahrgenommen hat, und daher muss ich Ihnen sagen: Wir sind nicht für verpflichtende Ganztagsschulen (Zwischenrufe bei der SPÖ), wir sind für die Wahlfreiheit der Eltern. Das ist das Thema! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir sind für eine bedarfsorientierte und flexible Betreuung der Kinder. Das machen die Bundesländer, es wird investiert. Wenn Sie sich hierherstellen, sagen oder auch schrift­lich verkünden, dass es um 1,2 Milliarden Euro geht: Ich möchte Sie schon darauf hin­weisen, dass in der Verantwortung der Regierung, was die Kinderbetreuung betrifft, in den Jahren von 2017 bis heute 1,6 Milliarden Euro bereitgestellt wurden. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) Es geht halt auch um unterschiedliche Zugänge, und die wird ja doch jeder hier haben wollen. (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.)

Sie fordern ein, dass Sie Ihre Meinung vertreten dürfen; das hat Sebastian Kurz für sich genauso getan. Es geht Ihnen nicht um Verantwortung. Es ist heuchlerisch (Zwischen­rufe bei der SPÖ), dass Sie sich hierherstellen, weil Sie Dinge nicht auseinanderhalten, die auseinanderzuhalten sind. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Die Aufregung, die Sie an den Tag legen, während ich hier spreche, zeigt ganz deutlich, dass ich genau das Richtige getroffen habe. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Es geht Ihnen nicht um Verantwortung; es geht Ihnen – und das ist scheinheilig – wahrscheinlich auch nicht so sehr um die Kinder und um Österreich, sondern es geht auch da um Machtrausch. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich denke nur daran, dass Frau Rendi-Wagner sich gerne mit Herrn Kickl in einer Regierung wiedergefunden hätte, aber das ist eben Verantwortung, die von unserer Seite kommt. (Zwischenrufe bei der SPÖ. – Beifall bei der ÖVP.)

Die Aufregung versteht man nicht, aber mir ist klar, was dahintersteckt. Das ist ja nichts Neues bei der SPÖ (eine Tafel mit einem Text mit der Überschrift „SPÖ-Strategie seit Jahren“ auf rotem Hintergrund in die Höhe haltend), es ist seit Jahren eine Strategie – Tal Silberstein lässt grüßen –: Wir müssen Negativkampagnen führen! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Das tun Sie, sonst tun Sie nichts, und daher ist Ihre Argumentation so etwas von durchschaubar und scheinheilig. Sie stellen sich immer als Moralapostel hin, aber Sie sind Moralapostel ohne Moral. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

12.26


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Günter Kovacs. Ich erteile ihm dieses.


12.26.17

Bundesrat Günter Kovacs (SPÖ, Burgenland): Herr Preineder, ja, da kann man schon lachen, gell? Herr Bader, Schutzpatron der sogenannten Buberlpartie, der türkisen Bu­berlpartie (Beifall bei der SPÖ), der 40, 45 Jahre alten Buberlpartie! (Bundesrat Bader: Das ist eine Herabwürdigung von Menschen! Das ist, was Sie hier machen!) – Ich sage Ihnen jetzt etwas, Herr Bader! Sie werden doch nicht ernstlich annehmen, dass Sie hier eine Umdeutung dieser Chatverläufe machen können, die ganz Österreich gesehen hat. Diese sind eigentlich unfassbar. Ich habe in Ihre Gesichter gesehen. Sie tun mir ja irgendwie schon leid, denn Sie müssen ja hier mitmachen. (Bundesrätin Eder-Gitsch­thaler: Nein!) Sie müssen ja hier noch den ehemaligen Herrn Bundeskanzler unterstüt­zen (Bundesrat Bader: Hier geht es nicht um ...!), Sie müssen den jetzigen Nochfinanz­minister Blümel unterstützen.


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 74

Man merkt es jetzt auch schon bei Ihren Kollegen, bei Ihrem Koalitionspartner. Die Grü­nen schauen nur mehr Richtung Boden, Herr Schreuder mit der Maske, gesprochen wird mit dem Koalitionspartner nicht mehr viel. – Ich möchte euch heute auf diesem Weg dazu gratulieren, dass ihr es mit 14 Prozent geschafft habt, der mächtigen ÖVP den Kanzler abzusägen. Das habt ihr geschafft, dafür gehört euch einmal gedankt! (Beifall bei der SPÖ.)

Ja, das habt ihr geschafft. Ganz seid ihr noch nicht durchgekommen, einen kleinen Wurf habt ihr geschafft, der große Wurf ist noch nicht gelungen. Der große Wurf wäre gewe­sen, wenn der Herr Bundeskanzler nicht mehr als Klubobmann hier sitzen würde und wenn nicht ein Bundeskanzler Schallenberg hier sitzen würde. (Bundesrat Auer: ... auch ihr bestimmen!)

Herr Bader, ich möchte Sie darauf aufmerksam machen: Sie haben vorhin zu Kollegin Pruner gesagt, wir seien im „Blutrausch“, die SPÖ sei im „Blutrausch“. Nehmen Sie das zurück! Nicht wir sind im „Blutrausch“, sondern die ÖVP ist in den letzten fünf Jahren dermaßen schäbig mit dem gesamten Volk Österreichs umgegangen, das ist so letzt­klassig. (Bundesrätin Zwazl: Jetzt hören Sie auf!) Sie werden das heute von mir noch im Detail hören, wenn es um die Gemeindefinanzierungen geht. (Beifall bei der SPÖ.)

Dass Sie sich heute hierherstellen und diesen Mut haben, Herr Bundesrat Bader: Ich muss es Ihnen sagen, das ist gar nicht mehr Mut, das ist eine gewisse Naivität. Sie unterstützen ja Menschen, die Sie nicht mehr unterstützen sollten. (Bundesrat Bader – eine Tafel mit einem Text mit der Überschrift „SPÖ-Strategie seit Jahren“ auf rotem Hintergrund in die Höhe haltend –: Ich kenne Ihre Strategie!) Eigentlich sollten sich alle ÖVPler heute schon einmal zusammenreißen und sagen: Eigentlich wollen wir dieses System nicht mehr haben. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich halte fest: Ihr seid im Gegenteil weiterhin auf türkisem Kurs, ihr seid weiterhin auf Kurz-Kurs. Wir werden heute noch im Detail darüber reden, wenn wir den Finanzminister hier haben, um die Finanzierung der Gemeinden zu besprechen (Zwischenruf des Bun­desrates Auer), und auch das Beschimpfen der eigenen Landeshauptleute in den Chats werden wir besprechen. (Zwischenruf des Bundesrates Himmer.) Wie hat es geheißen: Die Landeshauptleute, die blöden Landeshauptleute!? – So wurde gechattet. Wie? (Zwischenruf bei der SPÖ.) – Die „alten Deppen“ – na, noch ärger. Also, lasst euch das nicht bieten! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Steiner.)

12.29


12.29.22

Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. (Bundesrat Steiner: Reizen tät’s mich schon!) Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung. Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenom­men.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Mag.a Daniela Gruber-Pruner, Kolleginnen und Kolle­gen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Gerechtigkeit für die Kinder in Öster­reich“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenminderheit. Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist somit abgelehnt.


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 75

12.30.374. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 14. Oktober 2021 betreffend eine Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Tirol über die Finan­zierung der Regionalbahn Tiroler Zentralraum, Abschnitt Rum (1041 d.B. und 1095 d.B. sowie 10757/BR d.B.)


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Wir gelangen nun zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Ernest Schwindsackl. – Ich bitte um den Bericht.


12.31.07

Berichterstatter Ernest Schwindsackl: Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Staats­sekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Oktober 2021 betreffend eine Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Tirol über die Finanzierung der Regionalbahn Tiroler Zentralraum, Abschnitt Rum.

Diese Vereinbarung betreffend die Errichtung der Regionalbahn, einschließlich der Pla­nung, der Grundeinlöse und des Baus sowie deren Inbetriebsetzung wird abgeschlossen und abgewickelt, um die Finanzierung der Infrastruktur sicherzustellen und dadurch den umweltfreundlichen Verkehrsträger Schiene und eine nachhaltige Mobilität zu fördern.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Verkehr stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Oktober 2021 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross. Ich erteile dieses.


12.32.32

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Herr Staatssekretär! Nun ein etwas ruhigeres Thema, nehme ich an. Worum geht es? – Zwischen Innsbruck und Rum, das 5, 6 Kilometer östlich von Innsbruck liegt, soll im Rahmen eines größeren, stadtgrenzenüberschreitenden Projektes für den öffentli­chen Verkehr eine sogenannte Regionalstadtbahn – de facto handelt es sich dabei um eine Straßenbahn – errichtet werden.

Das Land Tirol und der Bund, über das Klimaschutzministerium, finanzieren das gemein­sam. Der Bund übernimmt 45,4 Prozent der Gesamtkosten, das sind 36 Millionen Euro für diesen Abschnitt bis 2023 (Bundesrat Steiner: Das finanziert der Steuerzahler, Herr Kollege!)  das Gesamtprojekt geht ja noch weiter Richtung Westen nach Völs, dort al­lerdings mit der Vollbahn.

Das klingt jetzt so banal, ist aber durchaus etwas Besonderes, da die eigentlich dafür zuständige Privatbahnfinanzierung nur für Vollbahnen und nicht für Straßenbahnen verwendet werden kann, wiewohl solche Projekte besonders effektiv und effizient sein können. Gelöst wird das jetzt mit einer 15a-Vereinbarung, nicht gerade das Unbürokra­tischste, aber es funktioniert. Es gibt auch bereits ein anderes Beispiel dafür, das ist die Regionalstadtbahn Linz, weitere Diskussionen laufen in Graz und in Wien.

Warum ist das jetzt möglich? – Hintergrund ist das Regierungsprogramm mit seiner Öf­fimilliarde und dem Ziel umweltgerechter Mobilitätsformen wie Regionalbahnen, in dem auch festgeschrieben ist, vor allem solche mit stadtgrenzenüberschreitender Wirkung zu forcieren, und genau dem wird die Klimaministerin mit dieser Vereinbarung und weiteren Vereinbarungen jetzt gerecht.


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 76

Ziel der Sache ist, den Tiroler Zentralraum vom Autoverkehr zu entlasten und den Betrof­fenen eine schnelle und komfortable Alternative anzubieten. Ganz wichtig: Zielgruppe sind in diesem Fall vor allem viele, viele PendlerInnen, denn rund 100 000 Personen pendeln von Innsbruck ins Umland oder vom Umland nach Innsbruck hinein.

Das ist eine sehr schöne Sache, eine Investition in ein zukunftstaugliches Verkehrs­system. Es ist ja eine Investition in eine Entlastung der AnrainerInnen an den Straßen, es ist eine Investition in eine hochwertige, stressfreie und – ich betone das immer, weil es so wichtig ist – leistbare Mobilität für viele Menschen in diesem Raum, vor allem für viele PendlerInnen. Das ist ganz so, wie es sein soll, und sicher gescheiter, als eine weitere Straße zu bauen und damit die Probleme nur zu verschärfen. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

12.35


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Sebastian Kolland. Ich erteile dieses.


12.35.49

Bundesrat Sebastian Kolland (ÖVP, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin selbst seit rund zehn Jahren berufsbedingt sehr viel im Großraum Innsbruck unterwegs, und wenn man miterlebt hat, wie sich der Verkehr dort in diesem Zeitraum entwickelt hat, dann wird einem schnell klar, dass es Entlastungsmaßnahmen braucht.

Mit dieser Regionalbahn, die jetzt neu entsteht, sowohl in die Gemeinde Rum – das ist ja der erste Bauabschnitt, der 2023 in Betrieb gehen soll – als auch in die Gemeinde Völs – in die andere Richtung, der 2026 in Betrieb gehen soll –, hat man die Chance, die Verkehrsströme bei den Hauptknotenpunkten in Innsbruck, Hauptbahnhof und West­bahnhof, zu entlasten und die Pendlerinnen und Pendler zu unterstützen, schnell zu ih­ren Arbeitsplätzen oder zu anderen Terminen zu kommen.

Kollege Gross hat sie bereits genannt, es sind für die Stadt Innsbruck wirklich beeindru­ckende Zahlen, wenn man sich das statistisch anschaut: 110 000 Pendler in Innsbruck selbst, 270 000 sind es im gesamten Raum Innsbruck-Land, und da ist es natürlich klar, dass mit dieser zunehmenden Frequenz, mit diesen zunehmenden Zahlen die beste­hende Infrastruktur irgendwann an die Grenze der Belastbarkeit gelangt.

Mit dieser Regionalbahn haben wir jetzt die Möglichkeit, die Kapazität um 50 Prozent anzuheben, dass das Ganze aber natürlich auch eine Stange Geld kostet, ist klar. Wir reden bei dem Zweig nach Rum von 36 Millionen Euro, die der Bund mit 16 Millionen Euro mitfinanziert. Mit der heutigen 15a-Vereinbarung, wie Kollege Gross erklärt hat, schaffen wir die gesetzliche Grundlage, damit das überhaupt passieren kann. Es geht dann, Herr Staatssekretär, natürlich auch um die Finanzierung des zweiten Abschnitts nach Völs, der aufgrund von Brückenbauwerken noch wesentlich teurer werden wird. Wir rechnen hier mit ungefähr 70 Millionen Euro Investitionskosten, drei Brückenbau­werke sind notwendig, Inbetriebnahme 2026. Auch da wird es natürlich die tatkräftige Unterstützung des Bundes brauchen, und ich bitte bereits jetzt darum.

Es ist deshalb so wichtig, die Infrastruktur auszubauen (Bundesrat Steiner: Da gibt’s die Regierung dann nicht mehr!) – jetzt habe ich dich nicht verstanden, Herr Kollege –, weil das günstige Ticket, das jetzt umgesetzt wird, das Klimaticket, allein sicher zu wenig ist. Wir haben das in der Vergangenheit beobachtet: Ein günstiges Ticket hilft mit, die Fre­quenz zu erhöhen, die Menschen zu motivieren, auf den öffentlichen Nahverkehr umzu­steigen, aber allein ist es zu wenig. Das günstigste Ticket hilft nichts, wenn man fünfmal umsteigen muss, um ans Ziel zu gelangen. Es hilft das Ticket nichts, wenn man kaum in die Straßenbahn oder in den Bus hineinkommt, weil so viel los ist, dass, wenn die Tür


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aufgeht, die Leute fast schon herauskugeln, und es nützt auch nichts, wenn man eine halbe Stunde auf den nächsten Takt warten muss.

Das heißt, wir brauchen ein intelligentes Verkehrssystem, eine intelligente Streckenfüh­rung, wir brauchen eine enge Vertaktung, und wir brauchen ausreichend Kapazitäten. All das wird mit diesem Projekt, mit der neuen Regionalbahn, gewährleistet, die definitiv für den ganzen Zentralraum Innsbruck ein riesiger Schritt nach vorne ist. Ich bitte des­halb um breite Zustimmung zu diesem heutigen Antrag.

Es sei mir erlaubt, Herr Staatssekretär, noch etwas anderes anzusprechen. Vor wenigen Minuten ist eine ganz aktuelle APA-Meldung eingelangt, dass offenbar italienische Transitverbände eine Klage gegen die Europäische Kommission vorbereiten, weil diese ihrer Meinung nach nicht streng genug gegen die Tiroler Antitransitmaßnahmen vorgeht. Wir haben das ja in der Vergangenheit schon des Öfteren erlebt, dass sowohl aus Deutschland als auch Italien Kritik an unseren Antitransitmaßnahmen gekommen ist.

Ich würde bitten, so wie es schon in der Vergangenheit der Fall war, dass der Bund auch weiterhin ganz nah an der Seite der Tiroler Bevölkerung steht, wenn es um Maßnahmen geht, den Transit einzudämmen. Es ist einfach die Grenze der Belastbarkeit erreicht, meines Erachtens auch schon überschritten, und ich glaube, dass wir gut beraten sind, da an einem Strang zu ziehen und geeint und geschlossen in der Europäischen Union aufzutreten. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

14.00


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Stefan Zaggl-Kasztner. Ich erteile dieses.


12.40.20

Bundesrat Stefan Zaggl-Kasztner (SPÖ, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Zuseherinnen, liebe Zuseher! Wir befassen uns mit einem sehr sinnvollen Schienenausbauprojekt in Tirol, dem Straßenbahn- wie auch Regionalbahnausbau von Innsbruck-Rum. 45,4 Pro­zent der Kosten werden vom Bund übernommen, 54,6 Prozent vom Land Tirol. Die Fer­tigstellung wird im Jahr 2023 sein.

Das ist schon längst notwendig, da die bestehende Infrastruktur bereits stark an ihre Kapazitätsgrenzen stößt beziehungsweise eine neue Regionalbahnstrecke geschaffen wird, um weitere attraktive Alternativen zum Pkw-Verkehr anzubieten. Das Klimaticket und dessen Angebotsreihe wird dies sicherlich noch mehr unterstützen.

Mit dem Ausbau des Straßenbahnnetzes und der Schienenerweiterung Innsbruck und Umland kann die Verkehrssituation in der Stadt um einiges verbessert werden. Stau­fahrten, die natürlich auch den öffentlichen Busverkehr, Schüler, Pendler et cetera beein­trächtigen, ewige Parkplatzsuche – weitere Verzögerungen fallen dann in Folge durch das geringere Verkehrsaufkommen weg.

Die A 12, unsere Inntalautobahn, gehört zu den meistbefahrenen Autostrecken Öster­reichs. Keine Frage, dass es mehr als sinnvoll ist, Pendler wieder zur Schiene zu führen. Gerade morgens und dann wieder zwischen 16 und 18 Uhr ist der Pendlerverkehr auf seinem Zenit. Wir schaffen dadurch für einige der circa 110 000 Pendler eine Erleich­terung und entlasten dadurch natürlich auch unsere Umwelt.

Wir dürfen jedoch unser noch größeres Problem, den Lkw-Verkehr nicht vergessen. Wir müssen alles daransetzen, diesen ebenfalls auf die Schiene zu bekommen, um für ganz Tirol eine Erleichterung und Entlastung zu schaffen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 78

12.42


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Christoph Steiner. Ich erteile dieses.


12.42.35

Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol): Frau Vizepräsidentin! Herr Staatssekretär! Kollegen Bundesräte! Ja, jetzt wurde viel geredet, und ja, diese Regionalbahn ist eine sinnvolle Verlängerung von Innsbruck bis nach Rum.

Als Hintergrund muss man wissen – das wurde noch nicht gesagt –, dass es 110 000 Pend­ler am Tag gibt. Das ist schon eine beträchtliche Menge. Man muss aber auch dazusa­gen, dass diese Unterstützung vom Bund nicht daher kam, weil es Frau Gewessler ein besonderes Anliegen war, dass diese Regionalbahn von Innsbruck nach Rum verlängert wird; die kennt wahrscheinlich den Ort Rum gar nicht einmal. Die finanzielle Unterstüt­zung ist darauf zurückzuführen, dass sich Tirol die Beteiligung am Klimaticket mit dieser Regionalbahn hat abkaufen lassen.

Nun gibt es aber, wie wir wissen, noch acht weitere Bundesländer, und ich bin ja schon gespannt, wie viel wir dann in den Bazarverhandlungen von Ministeriumseite her noch zu bezahlen haben. Man darf aber eines nie und nimmer vergessen: In all den Fällen, ob jetzt der Bund oder die Länder ein Projekt finanzieren, ist und bleibt es immer das Geld der österreichischen Steuerzahler und nicht das irgendeines Ministers oder irgend­eines Landeshauptmannes. (Beifall bei der FPÖ.)

Eines muss man an dieser Stelle schon auch ganz, ganz klar sagen: Seit Tirol schwarz-grün regiert wird, also seit 2013, hat sich der gesamte Verkehr, also der Individualver­kehr, der Pendlerverkehr und der Transitverkehr, mehr als verdoppelt. Das muss man sich einmal vorstellen! Wir haben eine grüne Verkehrslandesrätin, zugleich auch Lan­deshauptmannstellvertreterin in Tirol, die nichts zustande gebracht hat, in zwei Legis­laturperioden schon genau gar nichts, um wenigstens irgendeine Erleichterung in Sa­chen Verkehr, Transit oder Pendler hinzubekommen. Diese Dame produziert in Tirol am laufenden Band Seifenblasen, umsetzen tut sie aber genau gar nichts.

Tirol leidet halt massiv unter dieser Frau Verkehrslandesrätin – Felipe heißt sie, glaube ich –, die wirklich noch überhaupt nichts zustande gebracht hat. Die leidgeplagte Bevöl­kerung auf der Brennerroute darf man nicht vergessen. Wir reden jetzt zwar über die Regionalbahnverlängerung von Innsbruck nach Rum, auf der Brennerroute aber müsst ihr einmal wohnen, nur eine Woche! Fahrt dort einmal hin, nehmt euch ein Zimmer, schlaft dort einmal, nur eine Woche! Dann wisst ihr, was die Anrainer das ganze Jahr über tagtäglich mitmachen.

Und ja, natürlich gehört die Luegbrücke saniert, wenn es nötig ist. Man muss halt dazu­sagen, dass von der Bevölkerung keine Sanierung der Luegbrücke gewünscht wird. Auch die ÖVP in Tirol will keine Sanierung der Luegbrücke und tritt für einen Luegtunnel ein, das muss man auch einmal klar sagen. Nur in Wien handelt ihr halt immer ganz anders. (Beifall bei der FPÖ.)

Dieser Tunnel war ja geplant; es ist ja nicht so, dass das eine Erfindung von irgendeinem Anrainer ist. Dieser Tunnel war fixer Bestandteil der Asfinag-Pläne. Und was hat die Ministerin gemacht? – Sie hat einfach mir nichts dir nichts alle Asfinag-Bauvorhaben gestoppt, ob rechtlich korrekt oder nicht, war Frau Gewessler völlig egal. Das muss man sich einmal vorstellen! Das war ihr völlig egal.

Die Anrainer am Brenner oben, die sind ihr alle völlig egal; das war ihr wurscht! Sie hat diese Bauvorhaben einfach gestoppt. So geht man mit den Anrainern mit Sicherheit nicht um, denn das ist reines Anrainerbashing und Autofahrerbashing der Grünen par excel­lence. Und ihr von den Türkisen oder Schwarzen, ich weiß jetzt nimmer, tragt das auch noch mit, und das ist das Verwerfliche. (Beifall bei der FPÖ.)

Daher  und nur aus diesem Grund  stelle ich den Antrag, den ich ohnehin schon ein­mal gestellt habe, den wir auch im Nationalrat vor längerer Zeit schon einmal gestellt haben:


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Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „kein Neu­bau der Luegbrücke gegen den Willen der Bevölkerung“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie werden aufgefordert, die -,Tunnelvariante Lueg‘ nochmals zu prüfen, und keine Bauentscheidung gegen den Willen der betroffenen Bevölkerung zu treffen.“

*****

Da geht es jetzt um eine Prüfung, liebe Tiroler ÖVP-Kollegen, ob türkis oder schwarz – ich weiß es in Tirol jetzt gar nicht ganz genau (erheitert), zumindest in Tirol seid ihr meistens schwarz, und hier in Wien werdet ihr dann türkis, ich weiß es eh. In diesem Antrag – bitte lest ihn euch vor der Abstimmung noch einmal durch! – geht es nur um eine Prüfung. Es ist kein Antrag zur Umsetzung, es geht nur um eine Prüfung. (Zwi­schenruf des Bundesrates Raggl.Ich gehe jetzt aufgrund deines Zwischenrufs davon aus, Herr Präsident, dass ihr diesen Antrag unterstützen werdet, denn ansonsten, Herr Präsident, würdet ihr halt abermals eurer Heuchelei überführt. – Herzlichen Dank. (Bei­fall bei der FPÖ.)

12.48


12.47.50

Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Der von den Bundesräten Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „kein Neubau der Luegbrücke gegen den Willen der Bevölkerung“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Die Debatte ist somit ge­schlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung. Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenom­men.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen auf Fas­sung einer Entschließung betreffend „kein Neubau der Luegbrücke gegen den Willen der Bevölkerung“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungsantrag zu­stimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenminderheit. Der Antrag ist somit abgelehnt.

12.49.365. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Oktober 2021 betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Handelsstatistische Gesetz 1995 geändert wird (958 d.B. und 1057 d.B. sowie 10759/BR d.B.)

6. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Oktober 2021 betreffend ein Abkommen zwi­schen der Republik Österreich und der Republik Slowenien zur Beendigung des


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 80

Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien über die gegenseitige Förderung und den Schutz von Investitionen (1033 d.B. und 1058 d.B. sowie 10760/BR d.B.)

7. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Oktober 2021 betreffend ein Abkommen zwi­schen der Republik Österreich und der Republik Kroatien zur Beendigung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Republik Kroatien über die Förderung und den Schutz von Investitionen (1032 d.B. und 1059 d.B. sowie 10761/BR d.B.)

8. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Oktober 2021 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Malta zur Beendigung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und Malta über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen (1036 d.B. und 1060 d.B. sowie 10762/BR d.B.)


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Wir gelangen nun zu den Tagesord­nungspunkten 5 bis 8, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Ing.in Isabella Kaltenegger. – Ich bitte um die Be­richte.


12.51.05

Berichterstatterin Ing. Isabella Kaltenegger: Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuse­her! Ich darf Ihnen den Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Oktober 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Han­delsstatistische Gesetz 1995 geändert wird, zur Kenntnis bringen.

Der Bericht liegt Ihnen allen schriftlich vor, ich komme daher zur Antragstellung.

Der Wirtschaftsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu er­heben.

Weiters bringe ich den Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Oktober 2021 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Slo­wenien zur Beendigung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Re­publik Slowenien über die gegenseitige Förderung und den Schutz von Investitionen.

Auch dieser Bericht liegt Ihnen schriftlich vor, ich komme daher zur Antragstellung.

Der Wirtschaftsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Weiters bringe ich den Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Oktober 2021 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Kroatien zur Beendigung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Republik Kroatien über die Förderung und den Schutz von Investitionen.

Auch dieser Bericht liegt Ihnen schriftlich vor, ich komme daher zur Antragstellung.

Der Wirtschaftsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu er­heben.


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 81

Weiters bringe ich den Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Oktober 2021 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Mal­ta zur Beendigung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und Malta über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen.

Auch dieser Bericht liegt Ihnen schriftlich vor, ich komme daher zur Antragstellung.

Der Wirtschaftsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erhe­ben. – Danke schön.


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Vielen Dank.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Harald Himmer. Ich erteile ihm dieses.


12.53.23

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Die im Rahmen dieser Tagesordnungspunkte vorliegen­den Gesetzesbeschlüsse haben im Ausschuss einhellige Zustimmung gefunden. Wenn es bei Tagesordnungspunkten Einstimmigkeit gibt, heißt das nicht immer, dass sich das dann in der Folge auch in der Debatte so konsensual abbildet; das war ja bei den vor­hergehenden Tagesordnungspunkten auch der Fall.

Ich erlaube mir nur eine ganz kurze Replik auf Kollegen Kovacs aus dem Burgenland, den ich übrigens persönlich sehr sympathisch finde: Wenn er uns Verhaltenstipps gibt, wie wir intern miteinander umgehen sollten und wie wir uns dabei fühlen sollten, dann darf ich schon daran erinnern, dass es bei seiner Landesgruppe so war, dass die Bun­desvorsitzende der SPÖ gemeint hat, der Herr Landeshauptmann sage nicht immer die Wahrheit, und der Herr Landeshauptmann wiederum gemeint hat, er höre der Bundes­vorsitzenden gar nicht mehr zu. – Da sage ich: Wenn solche Zustände herrschen, sollte man, glaube ich, nicht übermäßig mit dem Finger auf andere zeigen, die manchmal auch etwas intern zu diskutieren haben.

Was das Handelsstatistische Gesetz betrifft und die damit zusammenhängende Novel­lierung: Da geht es im Wesentlichen darum, die Unternehmen von einer nicht notwen­digen Bürokratie zu befreien, indem die Intra-EU-Einfuhrseite nicht mehr direkt von den Unternehmern erfasst wird; da bildet man ab, dass Digitalisierung auch zur Entbürokra­tisierung beitragen soll.

Ich möchte die Gelegenheit dazu nützen, ein klein wenig darauf hinzuweisen, was man in diesem Handelsstatistischen Gesetz findet, weil es ja eine sehr wichtige Grundlage für viele multilaterale und auch bilaterale Abkommen, die geschlossen werden, ist.

Was die österreichische Exportwirtschaft leistet, ist schon bemerkenswert: 6 von 10 Euro werden mit dem Export verdient, 5 von 10 Euro übrigens innerhalb der Europäischen Union. Wir haben in Österreich 62 000 exportierende Unternehmen und diese schaffen mehr als 50 Prozent unseres Bruttoinlandsprodukts. Ich möchte das wirklich mit großem Respekt vor den vielen Unternehmerinnen und Unternehmern sagen, aber selbstver­ständlich auch vor den vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Exportwirtschaft, die so maßgeblich zu dem beitragen, was in Österreich an Wertschöpfung generiert wird. Ich möchte das insbesondere vor dem Hintergrund sagen, dass es ja praktisch bei jeder politischen Debatte, die wir führen – mit ganz wenigen Ausnahmen –, ums Geld geht und – mit wenigen Ausnahmen – auch immer um die Umverteilung von diesem Geld.

In diesem Zusammenhang will ich übrigens die seltene Gelegenheit nützen, Kollegen Steiner recht zu geben, ich bin völlig seiner Meinung (Bundesrat Steiner: Da habe ich


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was falsch gemacht!), die er in einem Satz gesagt hat: Von welchem Geld wir auch immer reden, es ist immer das Geld des Steuerzahlers. – Diese Gelegenheit möchte ich nützen und das sagen, wenn ich in einem Satz einen Gleichklang sehe. Das sehe ich auch so: Es ist nicht das Geld des Finanzministers, es ist nicht das Geld der Landes­hauptleute, es ist auch nicht das Geld der Bürgermeister, es ist immer das Geld des Steuerzahlers.

Gerade die Exportwirtschaft mit ihrer Wertschöpfung trägt enorm viel dazu bei, dass die gesamte Volkswirtschaft so funktioniert, dass viele brav Steuern zahlen können und wir überhaupt erst die Grundlage für solche Verteilungsdebatten, wie wir sie ja zuhauf immer wieder in diesem Hohen Haus führen, haben.

In diesem Sinne möchte ich diesen Tagesordnungspunkt dazu nützen, den Menschen in diesem Wirtschaftsbereich ein herzliches Dankeschön zu sagen, denn sie sind das größte Rückgrat der österreichischen Wirtschaft. (Beifall bei der ÖVP.)

12.58


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Andrea Kahofer. Ich erteile ihr dieses.


12.59.05

Bundesrätin Andrea Kahofer (SPÖ, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Werter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte ZuseherIn­nen und ZuhörerInnen! Ja, die Novellierung des Handelsstatistischen Gesetzes 1995, die die Umsetzung einer EU-Verordnung darstellt, findet unsere Zustimmung. Die Kern­aussage ist von Kollegen Himmer zusammengefasst worden: Es geht um Erleichterun­gen in der Bürokratie, und es ist gut, wenn es den Unternehmen an diesen Stellen leichter gemacht wird.

Unter anderem ist in diesem Gesetz aber auch die Erhöhung des Strafrahmens für Ver­stöße gegen die Auskunftspflicht vorgesehen. In diesem Zusammenhang konnte mir der Experte im Ausschuss sagen, dass nur wenige – es sind rund 300 pro Quartal – in einem strafrechtlichen Verfahren zu einer Strafe verurteilt werden. Teilweise entstehen solche Verstöße auch dadurch, dass die Bürokratieumstellung sehr, sehr aufwendig ist und es dann zu Verzögerungen kommt.

Dieses Gesetz kommt aber nur bei großen Unternehmen zum Tragen, denn wir reden hier schon von einer Schwelle von 750 000 Euro in beide Richtungen des Warenhan­delswertes. Ich möchte an dieser Stelle sagen – auch wenn es wichtig ist, dass hier geholfen wird, dass Hürden verkleinert werden und die EU-Verordnung natürlich um­gesetzt wird; es ist leider die Frau Wirtschaftsministerin nicht hier, aber ich denke, Sie (in Richtung Staatssekretär Brunner) werden es genauso annehmen (Staatssekretär Brunner nickt) –: Was mir in all den Debatten zur Wirtschaft missfällt, ist, dass die Kleinstunternehmen und die Einpersonenunternehmen einfach keinen Raum bekom­men, sie werden viel zu wenig bedacht. Ein Schelm, der Böses dabei denkt – vielleicht reichen da ja einfach die Spenden nicht aus.

Ja, ich habe schon mehrmals von dieser Stelle aus darauf hingewiesen, dass es die Kleinstunternehmen, die Einpersonenunternehmen sind, die einen ganz, ganz wesentli­chen Anteil an der Wirtschaftsleistung unseres Landes haben. Sie sind eine tragende Säule und sie haben sich Unterstützung verdient, und es wäre vielleicht ganz klug, über die Verlängerung des Härtefallfonds jetzt zu verhandeln und es auch umzusetzen. (Bei­fall bei der SPÖ.)

Dort wäre das Geld besser eingesetzt als in einem unprofessionellen Projekt Kaufhaus Österreich, wo es versumpft ist.


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Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesem Bereich hätten sich jetzt ihre Tests selbst zahlen müssen, wenn wir es nicht verhindert hätten, und das wäre bei den Kleinstun­ternehmen wirklich zu einem Problem geworden. Ich bringe euch ein Beispiel: Eine Greißlerei im Bezirk Neunkirchen geht gerade einmal so gut, dass sich die Inhaberin eine Mitarbeiterin zur Unterstützung leisten kann, die täglich 3 Stunden kommt, also 15 Stunden teilzeitbeschäftigt ist. Dafür bekommt sie um die 600 Euro. Und davon hätte sie dann 54 Euro in der Woche für ihre Tests aufwenden sollen?! Das hätte einfach nur dazu geführt, dass die Greißlerin, die es eh schon lange überlegt, diese Greißlerei zu­gesperrt hätte. – Gestern haben wir hier, hier an dieser Stelle, über die Wertschätzung für den ländlichen Raum geredet. Da kommt das dann nämlich zum Tragen.

Das sind Dinge für den Bereich der Wirtschaft, die jetzt anzugehen wichtig wären.

Nun zur hochgelobten Steuerreform (Bundesrat Bader: Die ist gut!): Sie mag den Groß­unternehmern schon helfen, den kleinen aber bestimmt nicht! (Beifall bei der SPÖ.) Denn: Egal, ob in Stadt - - (Bundesrat Bader: Angeschaut oder runtergelesen?) – Ja, ich habe es mir angeschaut! (Bundesrat Bader: Geh, hör auf!) – Ob in Stadt oder Land, es können sich KleinstunternehmerInnen und EinpersonenunternehmerInnen nicht aus­suchen, ob ihr gepachtetes Geschäftslokal mit Öl, Gas oder Pellets geheizt wird. Und dann zeigen Sie mir einmal, wie der Handwerker in Wien mit der Leiter und dem Ma­lerkübel zu seinen Kunden fährt! Auch der braucht das Auto. In diesem Fall sind das Betriebsmittel. Da wird aber keine Abgeltung erfolgen, diese UnternehmerInnen werden nicht in ausreichendem Maß bedacht und unterstützt.

Wenn all das teurer wird, dann werden diese Kosten nur auf die Preise umgewälzt wer­den können. Und wer kann diese Preise dann noch zahlen? Wir haben jetzt schon 3,3 Prozent Inflation. Die Löhne steigen nicht im gleichen Maß, vom Arbeitslosengeld gar nicht zu reden. Um es mit einem Wort zu sagen, das wir von anderer Stelle schon oft gehört haben: Den einen oder anderen interessiert es wahrscheinlich nicht, ob sich der Pöbel das noch leisten kann, solang es sich für die Spitzenverdiener gut ausgeht!

Die Auswirkungen der Pandemie sind für diese Kleinstunternehmer genauso spürbar und noch stärker spürbar. Sie brauchen Unterstützung! Es wäre gut, wenn, abgesehen von der Pandemie, die Forderungen, die der SWV schon sehr lange stellt, wirklich einmal konkret angegangen würden, wenn einmal Gerechtigkeit herrschen würde, was Kran­kenstand, Anpassung an das ASVG, Absetzbarkeit von Arbeitsplätzen im Wohnungsver­band betrifft. Da gibt es so vieles, was in Angriff genommen werden muss. Das gehört jetzt gemacht!

Die Wirtschaftsministerin, diese Regierung ist nicht nur für die Großspender da, son­dern für alle Unternehmer! – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Heiterkeit des Bundesra­tes Bader.)

13.05


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Thomas Dim. Ich erteile ihm dieses.


13.05.49

Bundesrat Thomas Dim (FPÖ, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich spreche zum Handelsstatistischen Gesetz. Jetzt sind wir seit mittlerweile 26 Jahren Mitglied der EU, in einem Wirtschaftsraum, und man darf vielleicht auch einmal die Frage stellen: Brauchen wir diese Daten überhaupt? Es ist generell zu hinterfragen, ob wir diese wirklich dazu brauchen, politische Entscheidun­gen zu treffen. Was lesen wir aus den Daten heraus? Welche Entscheidungen wurden wirklich in den letzten 26 Jahren anhand dieser Daten getroffen? Dass Deutschland unser größter Handelspartner ist, das haben wir auch vor dem Beitritt schon gewusst. Was ist im Detail wirklich aufgrund dieser Daten geschehen?


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 84

Es geht hier um eine Datenlieferung, die nicht nur die Großbetriebe machen. Bei über 300 000 Betrieben, die meldepflichtig sind, kann man nicht nur von Großbetrieben spre­chen, die vielleicht ein statistisches Modul in ihren Buchhaltungsprogrammen drinnen haben, sondern man kann durchaus auch von mittleren Betrieben sprechen, die so et­was vielleicht nicht haben und dadurch einen erhöhten Mehraufwand wegen dieser Da­tenlieferung haben, wo man dann hintennach fragt: Ja, nice to have, aber was machen wir jetzt damit?

Ich bin kein Gegner der Statistik, und wahrscheinlich mache ich mich jetzt nicht so beliebt bei der Statistik Austria, aber gerade bei diesen Handelsdaten muss ich wirklich fragen: Was machen wir dann damit? – Vielleicht kann mir dann Kollege Schennach noch etwas sagen, er kennt sich ja überall aus. (Heiterkeit bei BundesrätInnen von FPÖ und ÖVP.)

Also dieser Mehraufwand steht schon diametral zu einer Entbürokratisierung der Unter­nehmen, aber sei’s drum, die Unternehmen werden auch künftig brav melden, denn schließlich wird auch der Strafrahmen für die notorischen Nichtmelder in diesem Gesetz erhöht.

Ich habe jetzt fast schon eine Kontrarede zu diesem Gesetz gehalten. Wir stimmen na­türlich auch den Punkten 5 bis 8 zu, aber ich darf das schon auch einmal hinterfragen, auch weil das heute meine letzte Plenarsitzung ist und ich euch vielleicht auch ein biss­chen etwas zur Entbürokratisierung mit auf den Weg geben kann, wenn ich als kleiner Unternehmer spreche.

Auch wir haben solche Meldungen zu liefern, wo ich mich dann immer frage: Wird das auch auf Plausibilität geprüft, was man da meldet, oder kann man da Hausnummern auch melden? Ich bemühe mich immer, die richtigen Zahlen zu melden, aber ich weiß nicht, was in Wahrheit dahintersteckt, wobei ich aber dem Sprichwort: Glaube nur der Statistik, die du selbst gefälscht hast!, nicht das Wort reden mag.

Wie gesagt es ist heute meine letzte Bundesratssitzung, und ich darf ab übermorgen meinen neuen Aufgaben im Oberösterreichischen Landtag nachkommen und mich die­sem widmen. Mein Wesen von diesem Rednerpult aus war es eigentlich nie, die große rhetorische Keule zu schwingen, das können andere besser. Ich habe immer versucht, dem Föderalismusgedanken zu entsprechen und Beispiele aus meiner Region, aus dem Land Oberösterreich, speziell aus meiner Heimat im Innviertel, zu bringen, um vielleicht auch eine gewisse Sichtweise aus meiner Perspektive hier darzulegen.

Ich möchte mich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hier im Hohen Haus bedan­ken, vor allem beim Bundesratsdienst. Ich möchte mich bei euch allen bedanken, liebe Kolleginnen und Kollegen, für die Erfahrung, die ich in den Jahren hier im Hohen Haus machen durfte. Ich danke auch unseren Referenten, Julian, Heimo, Daniel, für die immer perfekte Vorbereitung unserer Plenarsitzungen.

Vor allem danke ich meiner Fraktion für die Kameradschaft und Freundschaft. Ich wün­sche euch alles Gute. Ihr seid die Besten, zukünftig viel Erfolg! (Lang anhaltender, ste­hend dargebrachter Beifall bei der FPÖ, Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

13.10


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Marco Schreuder. Ich erteile ihm dieses.


13.10.32

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Da unser Staatssekretär immer noch ein bisschen zur Bundesratsfamilie dazugehört – so würde ich das schon sagen – und wir diese Kapitel jetzt doch einstimmig beschließen werden, möchte ich


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 85

dieses Thema eigentlich nicht noch mehr vertiefen, Kollege Himmer und andere haben das sehr gut gemacht.

Ich möchte die Zeit nutzen, um mich auch vonseiten der grünen Fraktion von den Kol­leginnen und Kollegen aus Oberösterreich, die in Zukunft nicht mehr hier im Haus sein werden, zu verabschieden. Ich möchte aber natürlich auch meiner Freude über die vielen anderen aus Oberösterreich, die hierbleiben, Ausdruck verleihen; vor allem bei Frau Kollegin Claudia Hauschildt-Buschberger bin ich natürlich sehr froh, dass sie im Hause bleibt.

Ich möchte mich bei Ihnen bedanken, Herr Kollege Dim. Ich bin auch jemand, der gerne Bücher verschlingt, und ich finde, es kann gar nicht genug Buchhändler in der Politik geben. Ihr Beruf ist in dieser Zeit in hohem Maße auch ein politisches Thema, weil es da um ganz viele Dinge geht, wie Onlinehandel, Steuergerechtigkeit oder die Frage, wie wir Bücher konsumieren. Sie machen das in Zukunft nicht mehr im Bundesrat, sondern im Landtag. Ich wünsche Ihnen seitens unserer Fraktion gerade bei diesem Kampf, aber auch bei anderen alles erdenklich Gute. (Bundesrat Dim: Danke!)

Herr Dr. Schilchegger, Sie haben sehr eindrücklich bewiesen, dass Sie ein Rechtswis­senschaftler sind. (Heiterkeit des Redners.) Wir konnten manchmal – ich gebe zu: auch ich – sehr schwer folgen, weil Sie so ein Rechtswissenschaftler sind, aber ich muss sa­gen: Dieses Wissen hat mich durchaus beeindruckt, ich habe auch vieles lernen können. Es ist eindeutig, dass Sie ein Vollblutjurist sind, Sie sind in diesem Bereich weiterhin tätig, und ich möchte mich bei Ihnen für Ihre Arbeit ganz herzlich bedanken.

Thomas Schererbauer, auch Sie verabschieden sich aus dem Bundesrat, Sie haben mich mit Ihren sehr warmherzigen und sehr menschlichen Reden oft auch überrascht. Ihre unverblümte und direkte Art hat mir sehr imponiert, vor allem auch die Sportlichkeit, die Sie hier an den Tag gelegt haben. Sie waren wirklich ein Anwalt des Sports und der Bewegung, das hat mir sehr imponiert, und ich möchte mich ganz herzlich für Ihre Arbeit bedanken.

Ich möchte mich auch sehr herzlich bei Robert Seeber bedanken. Das war wohl die schwierigste Präsidentschaft, die man sich überhaupt nur vorstellen kann. (Zwischenruf der Bundesrätin Eder-Gitschthaler.) Ja, die Covid-Krise-Präsidentschaften waren schon sehr besonders. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann. – Bundesrätin Zwazl: Korinna, du bist ja informiert!) Es musste sehr viel abgesagt werden, du konntest sehr viel von dem, was ursprünglich geplant war, nicht umsetzen, aber ich glaube, dass uns allen gerade deswegen diese Präsidentschaft ewig in Erinnerung bleiben wird – die Prä­sidentschaft der Sondersitzungen. Ganz, ganz herzlichen Dank für diese Vorsitzfüh­rung – die Umstände haben uns allen wirklich viel abverlangt –, das war ganz großartig. Du warst eine Stimme der Gastronomie – Buchhändler brauchen wir, Gastronomen auch! –, vielen Dank auch für diesen Einsatz.

Normalerweise heißt es: Ladies first!, bei uns aber: last, but not least: Frau Judith Ringer, die mich allein aufgrund ihrer Biografie schon immer beeindruckt hat. Wir reden so oft – und haben auch heute darüber geredet – von Frauen in technischen Berufen. Du bist sozusagen wirklich ein Prototyp dafür, wie man sich in technischen Berufen, in einer doch von Männern sehr dominierten Welt durchsetzen und seine Frau stehen kann. Ich finde das sehr beeindruckend, das ringt mir wirklich enormen Respekt ab. Ich finde, die Kommunalpolitik ist eine der coolsten Sachen – wir haben ganz kurz darüber gespro­chen –, und eigentlich ist das hier viel abstrakter als Kommunalpolitik, in der es direkt um die konkreten Dinge vor Ort geht. Du wechselst jetzt nach Steyr, ich wünsche dir in deiner Stadträtinnentätigkeit auch von meiner Fraktion alles erdenklich Gute.

Vielen Dank an alle fünf. (Beifall bei Grünen, ÖVP und FPÖ, bei BundesrätInnen der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

13.14



BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 86

Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Danke sehr.

Als Nächster ist Herr Bundesrat Stefan Schennach zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm dieses.


13.15.09

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Staatssekretär! Ich komme jetzt vielleicht doch noch einmal auf die Tages­ordnung zurück. (Heiterkeit der BundesrätInnen Zwazl und Ofner.)

Kollege Dim, die Handelsstatistik eröffnet sich mir noch nicht, aber deshalb stehe ich nicht hier, sondern wegen der drei anderen Punkte. Der Europäische Gerichtshof ist zu einem sehr guten Erkenntnis gelangt, er hat gesagt: Wir haben ein einheitliches Unions­recht und damit ein Rechtssystem, und es ist nicht notwendig, dass zwischen Staaten der Europäischen Union außerhalb desselben bilaterale Abkommen gelten. Das heißt, wir werden auch Polen noch davon überzeugen müssen, dass das Unionsrecht über allem steht, und zwar in allen Bereichen (Bundesrat Hübner: Die Wähler muss man überzeugen!) – andernfalls muss man die Union verlassen.

Wir hatten solche Abkommen mit Kroatien, Slowenien und Malta – alles Rechtsstaaten ‑, und bei dieser Gelegenheit erinnere ich an die von uns hier öfter geführten Debatten über Ceta und TTIP und über die Sondergerichtsbarkeit, bei der durch die sogenannten Investor-State-Dispute-Settlement-Abkommen großen Konzernen die Möglichkeit in die Hand gegeben wurde, ihre Interessen gegenüber einem Staat außerhalb der ordentli­chen Gerichte durchzusetzen.

Dass das nicht nur eine theoretische Überlegung ist, zeigt der Fall Vattenfall, ein schwe­discher Konzern, der Deutschland geklagt hat, nachdem Deutschland beschlossen hat, in Etappen aus der Atomindustrie auszusteigen. Schweden und Deutschland gehören auch zur Europäischen Union, aber Vattenfall ist eine Gruppe, ein Großkonzern, hinter dem Investoren, Industrieverbände und andere stehen. Da kam Empörung auf, und wir haben gesagt, wir wollen nicht, dass wir solche Interessenkonflikte im Rahmen von TTIP oder Ceta mit amerikanischen oder kanadischen Konzernen, die auch dazu gezwungen werden, außerhalb der Gerichtsbarkeit abhandeln müssen. Wir brauchen keine Sonder­gerichte für den Investitionsschutz, wir haben alle ein ordentliches Rechtssystem und eine Rechtsstaatlichkeit, innerhalb deren Interessenkonflikte abgehandelt werden kön­nen.

Zum Beispiel hat der Konzern Philip Morris Uruguay nahezu in die Knie gezwungen, als Uruguay den Nichtraucherschutz erhöhen wollte. Ecuador musste 1 Milliarde US-Dollar zahlen, weil das Land die Ölförderverträge so nicht mehr weiterführen wollte und ein amerikanischer Konzern darauf bestanden hat. Auch Kanada hat mit dem Nafta-Frei­handelsabkommen eine solche Krise erlebt, als gleich mehrere Ölkonzerne gegen Ka­nada prozessiert haben.

Wir in der Europäischen Union haben es besser. Die Europäische Union ist als Gesam­tes ein europäischer Player, es gelten dieselben Voraussetzungen und Bedingungen, und die können wir innerhalb der Europäischen Union auch durchsetzen. Es bedarf kei­ner privaten Schiedsgerichte.

Ich will auch nicht, dass ein privates Schiedsgericht irgendwann in der Zukunft sagt: Die Abholzung der Amazonaswälder wird durchgesetzt. Das wollen wir nicht. Deshalb stim­men wir gerne zu, dass wir aus diesen bilateralen Abkommen mit Kroatien, Slowenien und Malta samt Sondergerichten aussteigen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.19


13.19.55

Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 87

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Ich möchte jetzt auch noch die Gelegenheit ergreifen, dass wir uns von den Kollegen, die sich schon verabschiedet haben oder die sich noch verabschieden werden, verab­schieden, und wünsche allen alles Gute. (Allgemeiner Beifall.)

Wir kommen zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Tagesordnungspunkte getrennt erfolgt. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Oktober 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Handelsstatistische Gesetz 1995 ge­ändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenom­men.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Oktober 2021 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien zur Beendigung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien über die gegenseitige Förderung und den Schutz von Investitionen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies wiederum die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Oktober 2021 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Kroatien zur Beendigung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Republik Kroatien über die Förderung und den Schutz von Investitionen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenom­men.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Oktober 2021 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Malta zur Beendigung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und Malta über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenom­men.

13.23.049. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Oktober 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 und das COVID-19-Maßnahmengesetz geändert werden (1824/A und 1067 d.B. sowie 10748/BR d.B. und 10750/BR d.B.)

10. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Oktober 2021 betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das COVID-19-Zweckzuschussgesetz geändert wird (1925/A und 1068 d.B. sowie 10751/BR d.B.)


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 88

11. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Oktober 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über eine COVID-19 Förderung für betriebliche Testungen (Betriebliches Testungs-Gesetz - BTG) geändert wird (1069 d.B. sowie 10752/BR d.B.)

12. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Oktober 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das COVID-19-Lagergesetz geändert wird (1822/A und 1070 d.B. sowie 10753/BR d.B.)

13. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Oktober 2021 betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Gesundheitstelematikgesetz 2012 geändert wird (1467/A und 1071 d.B. sowie 10754/BR d.B.)

14. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Oktober 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz und das Medizinpro­duktegesetz geändert werden (1924/A und 1072 d.B. sowie 10749/BR d.B. und 10755/BR d.B.)


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Wir gelangen nun zu den Tagesord­nungspunkten 9 bis 14, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Berichterstatterin zu den Punkten 9 bis 14 ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buchberger – Buschberger, Entschuldigung! – Ich bitte um die Berichte. (Bundesrat Schennach: Kann schon passieren!)


13.24.41

Berichterstatterin Claudia Hauschildt-Buschberger: Frau Präsidentin! Geschätzte - - (Zwischenrufe bei ÖVP und Grünen.) – Gut, okay. Ich dachte, ihr wolltet die Berichte vielleicht nicht hören.

Ich bringe den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des National­rates vom 13. Oktober 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiege­setz 1950 und das COVID-19-Maßnahmengesetz geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Oktober mit Stim­menmehrheit beziehungsweise Stimmeneinhelligkeit den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und

2. die angeschlossene Entschließung anzunehmen.

Ich bringe den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des National­rates vom 13. Oktober 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das COVID-19-Zweckzuschussgesetz geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 89

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Oktober 2021 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bringe auch den Bericht des Gesundheitsausschusses über ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über eine COVID-19-Förderung für betriebliche Testungen geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Oktober mit Stim­menmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bringe den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des National­rates vom 13. Oktober betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das COVID-19-Lagerge­setz geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen auch in schriftlicher Form vor, ich komme daher auch gleich zur Antragstellung.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Oktober mit Stim­menmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bringe den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des Natio­nalrates vom 13. Oktober betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheitstele­matikgesetz 2012 geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Oktober 2021 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Als Letztes bringe ich den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Oktober 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz und das Medizinproduktegesetz geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Oktober mit Stim­menmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Vielen Dank.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ingo Appé. Ich erteile ihm dieses.


13.27.32

Bundesrat Ingo Appé (SPÖ, Kärnten): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Eingangs darf ich feststellen: Die 3G-Pflicht, egal ob im Handel, in der Gastronomie, im Pflegebereich oder auf anderen Arbeitsplätzen, dient dem Schutz und ist keine Strafe. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grü­nen.)


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 90

Für uns, die SPÖ, stehen in erster Linie die Sicherheit und der Schutz der Bevölkerung und insbesondere der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Mittelpunkt unseres Handelns. Arbeit darf nicht krank machen. Im Gegensatz zum Freizeitverhalten kann man sich am Arbeitsplatz nicht aussuchen, mit wem man zusammentrifft. Das bedeutet, ArbeitnehmerInnen müssen auch am Arbeitsplatz vor einer Ansteckung mit dem Coro­navirus geschützt werden – dies auch im Interesse der Wirtschaft.

Ohne Schutzmaßnahmen gleicht der Umgang mit dem Virus einem russischen Roulette. Dieser Schutz kann für die Dauer der Pandemie am besten durch die Anwendung der 3G-Regelung – also getestet, geimpft oder genesen – erfolgen. Vor 14 Tagen habe ich hier an dieser Stelle feststellen müssen, dass wir mit 2 700 Neuinfektionen die höchsten Zahlen seit dem Frühjahr 2021 hatten. 14 Tage später sprechen wir von fast 4 000 Neu­infektionen, dem heurigen Höchstwert. Leider waren die Zahlen gestern kein Ausreißer, denn auch heute wurden 3 700 Neuinfektionen festgestellt.

Die Bundesländer Niederösterreich und Oberösterreich stehen vor der Ampelschaltung auf Rot. Heute haben wir höhere Infektionszahlen als im Oktober des Vorjahres – um 400 Neuinfektionen mehr –, wie dies auch die Statistik im heutigen „Standard“ (einen „Standard“-Artikel in die Höhe haltend) eindrucksvoll bestätigt. Die Lage ist sehr ernst, so ernst, dass hier kein Platz für politische Spiele ist. (Präsident Raggl übernimmt den Vorsitz.)

In den letzten zwei Tagen haben wir Mandatare eine Flut an Mails von besorgten Bür­gerinnen und Bürgern erhalten, mit der Aufforderung, uns gegen diese Regelung auszu­sprechen. Die Mehrheit der E-Mails bezieht sich auf die Aussagen des Ex-Kanzlers und des Finanzministers, die ja verkündet haben, die Pandemie sei beendet. Dies ist, wie ich soeben dokumentiert habe, leider nicht der Fall und bezeugt, wie unverantwortlich solch flapsige Aussagen sind, die die Bevölkerung noch mehr verunsichern. (Beifall bei der SPÖ.)

Selbstverständlich spricht sich die SPÖ sehr klar gegen die Diskriminierung von Per­sonen aus, die nicht geimpft sind. (Bundesrat Steiner: Seit wann? – Zwischenruf des Bundesrates Hübner.) Daher war und ist es unumgänglich, dass bis zum Ende dieser Pandemie weiterhin die Möglichkeit besteht, sich gratis testen zu lassen. Italienische Verhältnisse – ArbeitnehmerInnen müssen für die Tests zahlen, um arbeiten gehen zu dürfen – haben in Österreich keinen Platz. Allen Bürgerinnen und Bürgern muss durch ein niederschwelliges und kostenfreies Testangebot die Teilnahme am Berufsleben er­möglicht werden.

Die Verlängerung der kostenfreien betrieblichen Testungen ist für uns daher die Voraus­setzung gewesen, die gesetzliche Grundlage für die 3G-Regelung am Arbeitsplatz mit­zutragen. 3G am Arbeitsplatz steht also vor der Tür. Mit 1. November wird mit einer
14-tägigen Übergangsfrist jene Verordnung in Kraft treten, die die genauen Modalitäten dafür regelt. Ziel ist es, die betrieblichen Tests so lange kostenlos zu ermöglichen, wie auch die Teilnahme am bevölkerungsweiten Screeningprogramm gratis ist. Für die Län­dertests hat der Nationalrat Ende März 2022 als vorläufiges Enddatum festgelegt.

Warum stimmen wir dieser Vorlage nun doch zu? – Da wir die vorher geplanten Maß­nahmen nur um acht Wochen hätten verzögern können und die Regelung dann doch gekommen wäre. Damit hätte diese erst kurz vor Weihnachten in Kraft treten können. Bei den derzeitigen Infektionszahlen wäre dies unverantwortlich gewesen, und es hätte zu noch viel schlechteren Konditionen für alle ArbeitnehmerInnen geführt. Der Druck der SPÖ hat sich ausgezahlt. Es ist schön, dass sich auch Bundesminister Kocher unseren Forderungen angeschlossen hat. Anscheinend hat er sich davor in der Regierung nicht durchsetzen können. (Bundesrat Steiner: Der lebt in einer anderen Welt!)

Wir sind für die 3G-Regelung am Arbeitsplatz, aber man kann nicht für 3G am Arbeits­platz sein und gleichzeitig die betrieblichen Gratistestungen streichen, wie die Regierung


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 91

das ursprünglich vorgehabt hat. Das wäre ungerechte Politik auf dem Rücken der ArbeitnehmerInnen gewesen. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Steiner: Ungerecht ...! – Bundesrätin Schartel: 3G ist Verrat! Wenn es 3G nicht gibt ...!) – Das wäre Verrat an den ArbeitnehmerInnen gewesen, liebe Frau Kollegin Schartel (Bundesrat Steiner: 3G ist Verrat! – Ruf bei der FPÖ: ... was Verrat ist! – weitere Zwischenrufe bei der FPÖ), um den doch populistischen Terminus Verrat aufzugreifen, wenn man ihn an dieser Stelle schon gebrauchen muss. (Bundesrat Steiner: Wer hat die Arbeitnehmer verraten? – Die Sozialdemokraten! Schon wieder! – Bundesrätin Schumann: Danke für die 60-Stunden-Woche!)

Wir haben erreicht, dass arbeitende Menschen nicht dafür zahlen müssen, arbeiten ge­hen zu können. Damit ersparen wir den ArbeitnehmerInnen monatlich einen Betrag von über 200 Euro, und dies gerade in Zeiten von laufenden Teuerungen. (Bundesrätin Schartel: Wenn es die 3G-Regel ...!) Die Gesundheit ist das höchste Gut, und es ist unser Auftrag, das auch zu bewahren. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Steiner-Wie­ser: Und die Masken geben wir auch gleich weg! Weg mit den Masken am Arbeitsplatz!)

Es geht bei Tagesordnungspunkt 9 nicht nur um die 3G-Regelung. Welche inhaltlichen Änderungen wird es im Epidemiegesetz und im COVID-19-Maßnahmengesetz geben? – Änderung im Rechtsschutz bei Absonderung; niedergelassene ÄrztInnen erhalten die Berechtigung zum Ausdruck von Zertifikaten; Verlängerung des COVID-19-Maßnah­mengesetzes; wie gesagt die 3G-Regelung am Arbeitsplatz; die Verordnungsermächti­gung für Impfintervalle, Anforderungen an Tests sowie Form und Inhalt der Nachweise; und last, but not least die Verordnungsermächtigung für die Bürgermeister.

Wie Sie sehen, ist da wieder eine Vielzahl von unterschiedlichen Maßnahmen in einem Beschluss verpackt. Daher war es für uns wieder nicht sehr einfach, unsere Zustimmung zum Gesamten zu erteilen. Schlussendlich aber waren uns die Wahrung und der Schutz der Gesundheit sowie die Abwehr von finanziellen Mehrbelastungen der Arbeitnehme­rInnen wichtiger, als die Zustimmung aufgrund der noch immer offenen und unbefrie­digenden Regelungen nicht zu erteilen. Wie gesagt, es ist bei Weitem nicht alles in Ord­nung.

Im Besonderen möchte ich als Bürgermeister die Verordnungsermächtigung für Bürger­meister ansprechen. Da fand eindeutig die Abwälzung der politischen Verantwortung für das Funktionieren der kommenden Wintersaison beziehungsweise des Wintertourismus auf die Bürgermeister statt, was keinesfalls zu akzeptieren ist. Dies führt zu einer völligen Zersplitterung der Vorschriften von Gemeinde zu Gemeinde. Vielleicht kann das noch innerhalb eines Bezirkes funktionieren, aber wenn dies an Bezirks- oder Landesgrenzen überschreitend zu exekutieren sein wird, dann wird es spannend werden.

Wenn etwas nicht funktioniert, warum auch immer, wer wird dann zur Verantwortung gezogen werden? – Der Bürgermeister oder die Bürgermeisterin. Dass unter den Politi­kern ein Bürgermeister beziehungsweise eine Bürgermeisterin zu jener Personengruppe zählt, die noch das höchste Vertrauen und Ansehen in der Bevölkerung genießt, das haben ja auch bei der Enquete gestern Experten und Redner festgestellt. – So weit, so gut! Der Bürgermeister ist aber auch der einzige Politiker, der neben der Verantwortung vor Ort auch persönlich für sein Tun haftet und zur Verantwortung gezogen werden kann.

Das wird dann spannend, wenn ich als Bürgermeister nun aufgrund von diversen Fak­toren Covid-Maßnahmen setze. Wirtschaftliche Folgen wird jede Entscheidung so oder so haben. Schon jetzt werden wir als Bürgermeister mit Klagen in diversesten Zusam­menhängen mit unserem politischen Handeln konfrontiert. Ich denke, dass der in der zweiten Lesung des Nationalrates eilig eingebrachte Abänderungsantrag mit dem Zu­satz, dass „nach dem Wort ‚Bürgermeister‘ die Wortfolge ‚mit Zustimmung der Bezirks­verwaltungsbehörde‘ eingefügt“ wird, nicht ausreichen wird, um alle offenen Probleme


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 92

und Fragen zufriedenstellend zu erledigen, geschätzte Kolleginnen und Kollegen. Daher möchte ich nochmals feststellen, dass diese Verordnungsermächtigung nichts anderes ist als das Abschieben der politischen Verantwortung zurück auf Gemeindeebene.

Nun möchte ich zu Tagesordnungspunkt 14, Beschluss des Nationalrates betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz und das Medi­zinproduktegesetz geändert werden, Stellung nehmen. Die Verlängerung der Möglich­keit für die Länder, bei Bedarf Barackenspitäler zu errichten, ohne ein längeres Bewilli­gungsverfahren durchlaufen zu müssen, können wir noch nachvollziehen. Die Verlän­gerung der Notzulassung für Selbsttests ist allerdings nicht mehr akzeptabel. Man hätte längst auf das übliche und notwendige Prüfverfahren umstellen können.

Da wir gerade über das Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz sprechen, möchte ich die Pflege nicht auslassen. Wie sieht es mit der Unterstützung des Bundes für die Pflege aus? Wann wird die dringend erforderliche Pflegereform angegangen? Es ist Zeit für eine bundesweit einheitliche Pflegesystematik. Es bedarf einer garantierten Finanzie­rung des Pflegeangebotes durch einen Pflegegarantiefonds sowie einer Ausbildungsof­fensive und fairer Arbeitsbedingungen. Daher möchte ich folgenden Entschließungsan­trag einbringen:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Ingo Appé, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Pflegeoffensive jetzt!“, eingebracht im Zuge der Debatte zum Beschluss des Nationalrates vom 13. Oktober 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Krankenanstalten- und Kuranstalten­gesetz und das Medizinproduktgesetz geändert werden

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, unverzüglich Regierungsvorlagen auszuarbei­ten und dem Nationalrat sowie dem Bundesrat zu übermitteln, mit der

- ein Pflegegarantiefonds geschaffen wird, indem die bisherigen finanziellen Aufwendun­gen für Pflegeleistungen von Bund und Ländern zusammengefasst werden

- eine zusätzliche Pflegemilliarde aus Budgetmittel zur Verfügung gestellt wird, damit künftig alle Pflegebedürftigen ihre benötigten Pflegeleistungen kostenfrei zur Verfügung gestellt bekommen

- eine Ausbildungsoffensive sofort gestartet wird

- und die Verbesserung der Arbeitssituation für Pflegeberufe

rasch umgesetzt wird.“

*****

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

13.39


Präsident Dr. Peter Raggl: Der von den Bundesräten Ingo Appé, Kolleginnen und Kolle­gen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Pflegeoffensive jetzt“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Des Weiteren zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. Ich erteile ihr dieses.


13.39.29

Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Herr Präsi­dent! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zusehe­rinnen und Zuseher! In der heutigen Sitzung haben wir in den TOP 9 bis 14 neben der


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 93

wesentlichen Veränderung 3G am Arbeitsplatz, auf die mein Kollege schon sehr intensiv eingegangen ist, noch einige weitere wichtige Punkte, um das pandemische Geschehen in Österreich in Gesetzen zu verankern.

Warum? – Weil wir uns immer noch in einer weltweiten Pandemie befinden (Zwischenruf der Bundesrätin Schartel) und wir aufgrund unserer immer noch nicht ausreichenden Impfquote und der damit einhergehenden Nicht-Herdenimmunisierung noch kein: Feuer aus!, geben können.

Worum geht es aber heute konkret? – Ich möchte zur Erklärung, weil es auch wesentlich ist, zumindest in Stichworten aufzählen: Das Contacttracing wird bis Ende Juni 2022 verlängert, der Ausdruck von Zertifikaten, nämlich bei Antigen- und PCR-Tests, und die Einmeldung in den grünen Pass können nun auch HausärztInnen machen – vorher war das nur in Apotheken möglich –, was ein weiterer Schritt zur Niederschwelligkeit ist.

Auch eine wichtige Sache: Der Rechtsschutz bezüglich Anhaltungen beziehungsweise Anfechtungen von Anhaltungen infolge des VfGH-Erkenntnisses wird gestärkt. Es gibt eine neue Zuständigkeit der Landesverwaltungsgerichte. Die Beschwerde erfolgt jetzt als Gesamtbeschwerde. Das heißt, es wird sowohl die Rechtmäßigkeit der Anhaltung an sich als auch die Rechtmäßigkeit des zugrunde liegenden Rechtsakts überprüft.

Darüber haben wir vorgestern im Ausschuss schon gesprochen, und Kollege Appé hat es auch schon gesagt: Bürgermeister können nun über Länge und Lage der Öffnungs­zeiten bestimmen. Das ist sicherlich der Gastronomie und dem Après-Ski geschuldet, aber nicht nur, denn die Zuständigkeitskaskade wird verlängert. Damit wird aber auch die Möglichkeit zur regionalen Differenzierung gegeben. So soll rasches und ortsbezo­genes Handeln ermöglicht werden.

Tatsächlich – und das wurde im Ausschuss auch schon gesagt; einige Kollegen haben gesagt, es funktioniere in ihren Bundesländern nicht so gut – wird es wichtig sein, dass entsprechende Informationen an die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister über die Coronazahlen dann auch an die Gemeinden weitergeleitet werden. Ich habe gestern zufällig meinen Bezirkshauptmann in Vöcklabruck getroffen, bei dem ich ja weiß: Das funktioniert sehr gut. Er betreibt eine Transparenzoffensive und gibt dreimal wöchentlich die Zahlen an seine BürgermeisterInnen im Bezirk weiter und twittert sogar die Zahlen. Also ich denke, wenn das in Vöcklabruck und in anderen Teilen von Oberösterreich möglich ist, dann wird sich das sicher auch bundesweit ausrollen lassen.

Es erfolgen Verlängerungen bis zum 31.3. bei den Impf- und Teststraßen, bei der Abgel­tung des Aufwandes für Covid-Tests in öffentlichen Apotheken, der telefonischen Ge­sundheitsberatung und der Abgabenfreiheit bei freiwilligen HelferInnen.

Schutzausrüstung und andere Güter sollen rechtzeitig vor Erreichen des Ablaufdatums aus dem Lager und anderweitig sinnvoll in den Verkehr gebracht werden.

Nicht unerwähnt lassen möchte ich auch die Möglichkeit der Ausstellung eines Fernre­zeptes. Diese Möglichkeit wird bis 30.3.2022 verlängert, und das ist gut und sinnvoll. Wir gehen wahrscheinlich wieder auf eine Grippewelle zu, wir sind in der Wintersaison, und was da nicht sehr sinnvoll ist, sind volle Wartezimmer und Ordinationen.

Jetzt möchte ich zu der wirklich wichtigen Änderung kommen, die in den letzten zwei Tagen doch mancherorts zu erheblicher Aufregung geführt hat. Ich weiß nicht, wie es bei Ihnen ausschaut, aber ich glaube, wir alle haben in den letzten Tagen diese Mails bekommen. (Heiterkeit bei BundesrätInnen der ÖVP.) Ich habe auch großes Verständnis (Bundesrätin Schartel: Das glaube ich Ihnen ...!) für die Menschen, die sich jetzt Sorgen machen, dass 3G am Arbeitsplatz eingeführt wird. (Bundesrat Steiner: Die ÖVP lacht darüber!) Bedenken sind legitim, müssen ausgesprochen werden, aber mir ist es an dieser Stelle noch einmal ganz wichtig, zu betonen: Die Einführung der 3G-Regel am


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 94

Arbeitsplatz hat überhaupt nichts mit einer Schikane zu tun (Rufe bei der FPÖ: Nein! Überhaupt nicht!), sondern ganz im Gegenteil: Es geht um Gesundheitsschutz. (Bundes­rat Steiner: Impfdruck erhöhen!)

Der Kollege hat es schon gesagt: Es gab seit gestern 3 500 Neuinfektionen. (Zwischen­ruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.) Vor ziemlich genau einem Jahr mussten wir bei 1 000 Neuinfektionen den zweiten Lockdown umsetzen, um das Kippen des Gesund­heitswesens zu verhindern. (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.) In der Zwi­schenzeit haben wir mit der Impfung eine Waffe im Kampf gegen diese Pandemie. Selbst die wahrscheinlich zu niedrige Durchimpfungsrate, die immer noch unter 70 Prozent liegt, erlaubt uns, trotz der angesprochenen hohen Inzidenzen momentan ohne Lock­down durchzukommen.

Dennoch – und das ist auch wichtig; wahrscheinlich wird mir Kollege Kornhäusl auch gleich noch einmal nähere Zahlen geben –: 10 Prozent der Intensivkapazitäten in den Spitälern sind immer noch mit Covid-Erkrankten belegt (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser), und der Großteil dieser Menschen ist ungeimpft. Das ist die Realität. (Bundesrat Steiner: Das stimmt nicht! Das ist eine Lüge! Lüge! Lüge! – Bundesrätin Steiner-Wieser: Lüge!)

Die Covid-Impfung sorgt dafür, dass sich vollständig immunisierte Personen seltener mit Covid infizieren als ungeimpfte. Sollten sich geimpfte Menschen mit Covid infizieren, ist der Verlauf der Erkrankung ein wesentlich milderer. Alleine das ist schon ein Grund, sich impfen zu lassen.

Wir wissen nämlich – und das ist vielleicht auch gerade jetzt, vor dem Winter, zu erwäh­nen –: Corona überträgt sich im direkten Kontakt mittels Aerosolen. Überall, wo wir uns nahe sind – da komme ich jetzt wieder auf 3G; das ist eben oftmals am Arbeitsplatz –, müssen wir die Möglichkeit nützen, sicher zu sein, nicht infiziert zu sein. Daher ist 3G im Arbeitsbereich eine durchaus logische Konsequenz, vor allem wenn wir sicherstellen wollen, dass wir nicht wieder das ganze Land herunterfahren müssen. (Bundesrätin Schartel: Aber so ein Schas!) Dazu kommt noch, dass wir jetzt zeitgleich darauf achten, dass weiterhin ein engmaschiges Testangebot, nämlich in den Betrieben und auch außerhalb der Betriebe, zur Verfügung steht.

Jetzt, da es wieder ruhig ist, sage ich: Besser als alles andere ist es, sich impfen zu lassen. (Beifall bei den Grünen sowie bei BundesrätInnen von ÖVP und SPÖ.) Wenn man nämlich nach Dänemark und nach Norwegen schaut, dann sieht man, was mit einer entsprechenden Durchimpfungsrate auch bei uns möglich wäre.

Der Kollege hat auch schon gesagt: Wir sind nicht das erste Land, das die 3G-Regel am Arbeitsplatz einführt. Italien hat das schon gemacht (Bundesrat Steiner: Funktioniert ja tadellos! Das funktioniert ja tadellos in Italien!), aber dort ist das Testen nicht kostenlos. Ich denke, bei diesem guten Testangebot, das es in Österreich gibt – das Testen ist in 5 Minuten erledigt; also das geht wirklich sehr geschwind und präzise –, ist es zumutbar, dass man sich testen lässt, bevor man in die Arbeit geht.

Es gibt nämlich in Österreich schon ein gutes Beispiel dafür, und zwar an unseren Schulen. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Steiner.) – Du kannst dich ja gleich melden, Christoph, und kannst etwas erzählen. Jetzt rede ich, okay? (Bundesrat Stei­ner: Ich habe mich schon gemeldet!) – Genau.

Es gibt ein Beispiel – vielleicht auch für die Kollegen von der FPÖ –, wo 3G wunderbar funktioniert, nämlich an unseren Schulen. Für die Schulen hat es der Bildungsminister in der Covid-19-Schulverordnung und dem Erlass für eine sichere Schule folgendermaßen geregelt: Ungeimpftes Lehr- und Verwaltungspersonal sowie Freizeitpädagoginnen beziehungsweise -pädagogen und Personen, die gesundheitliche, physische oder psy­chische Unterstützungs- oder Betreuungsleistungen am Schulstandort erbringen, sowie


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Lehramtsstudierende und Lehrbeauftragte haben zu jeder Zeit nachzuweisen, dass ein gültiges negatives Testergebnis vorliegt, davon mindestens einmal pro Woche das Er­gebnis eines externen PCR-Tests. (Bundesrätin Steiner-Wieser: ...! Ihr widersprecht euch ja permanent selbst!)

Meine Tochter unterrichtet an einer Schule, und ich muss sagen, es funktioniert tadellos. Jeden Montag wird dort getestet, das Lehrpersonal kommt, am Dienstag sind für die Schülerinnen und Schüler die Ergebnisse der PCR-Tests da. Also was will man im Prinzip mehr?

Nochmals, meine sehr verehrten Damen und Herren, auch noch einmal an die Kollegen von der FPÖ gerichtet: Es funktioniert (Bundesrat Steiner: Nicht!), und seitens der Bun­desregierung wird wirklich gut und vorausschauend alles unternommen, damit in Öster­reich das Virus in Schach gehalten wird und hoffentlich bald ganz verschwindet. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

13.48


Präsident Dr. Peter Raggl: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Josef Ofner. Ich erteile ihm dieses. (Bundesrat Steiner: Keine Gnade, Sepp! Pitsch, patsch! Pitsch, patsch! – Zwi­schenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.)


13.49.00

Bundesrat Josef Ofner (FPÖ, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Bevor ich jetzt mit meinen Ausführungen beginne, muss ich einmal fragen: Frau Hauschildt-Buschberger, wie kann man so viel Meinung bei so wenig Ahnung haben? (Beifall bei der FPÖ sowie Bravoruf des Bundesrates Steiner.) Ich muss Ihnen wirklich sagen: Das, was Sie mit diesem Ninjapass in den Schulen aufführen, ist ein Verbrechen an der Gesellschaft, ein Verbrechen an unseren Kindern, denn die werden in den jüngs­ten Jahren stigmatisiert, ob sie geimpft oder ungeimpft sind. Das ist eine Schande. (Bei­fall bei der FPÖ.)

Am 29. August dieses Jahres haben der nunmehr nachgerückte türkise Bundeskanzler Herr Schallenberg in Brüssel und am 13. Oktober Herr Finanzminister Blümel in der „ZIB 2“ gesagt, die Pandemie sei vorbei. Beide haben das gemeint, und der türkisgläu­bige August Wöginger hat in der Vorwoche überhaupt behauptet und ist davon ausge­gangen, dass sein Messias Sebastian Kurz die Pandemie bezwungen hat. Ich meine, bei selbsternannten Göttern soll das durchaus der Fall sein können. Was wir heute er­leben, liebe Österreicher, ist, anstatt endlich normal zu werden - - (Bundesrätin Schu­mann: - -Innen! – Bundesrätin Schartel: Nein, Österreicher ist die Mehrzahl!) – Nein, auch das ist Normalwerden, Frau Abgeordnete der SPÖ: Wir brauchen nicht zu gendern, denn wenn sich Frauen übers Gendern definieren müssen, dann sind wir auf dem fal­schen Weg. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir sind dafür, dass diese unsäglichen Maßnahmen endlich, endlich vorbei sind, denn die Pandemie ist ja vorbei, aber sie werden ausgeweitet. Sie werden auf den Arbeitsplatz ausgeweitet, völlig evidenz- und faktenbefreit, gepaart mit höchster Unverhältnismäßig­keit.

Die wirkliche Ungeheuerlichkeit ist aber die Doppelbödigkeit, die da wieder einmal an den Tag gelegt wird, denn obwohl veröffentlichte Chats belegen, in welch moralische Abgründe unser Land durch diese türkise Messiaspolitik geglitten ist, wird bei diesen Chats immer lautstark die Unschuldsvermutung eingefordert – Unschuldsvermutung!, Unschuldsvermutung! –, während man die fleißig arbeitende österreichische Bevölke­rung unter Krankheitsgeneralverdacht stellt und seit eineinhalb Jahren mit völlig über­zogenen Maßnahmen tagtäglich drangsaliert und knechtet (Beifall bei der FPÖ) – jene Menschen in Österreich, die gerade dabei sind, unser Land wirtschaftlich wieder aufzu­bauen, weil Sie von Türkis und Grün es wirtschaftlich an die Wand gefahren haben!


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Wer aber sind diese Proponenten, die diese Krise seit eineinhalb Jahren durch unser Land führen? – In erster Linie einmal genau vor mir die türkise Prätorianergruppe, angeführt von einem strafrechtlich zumindest unter Vorwürfen stehenden Klubobmann, der nunmehr an diesem Platz im Parlament die Fäden an seinen Marionetten zieht. Diese Prätorianergruppe ruft einerseits das Ende der Pandemie aus, und andererseits beschließt sie immer skurrilere Maßnahmen. Das ist jene türkise Familie, für die die mediale Inszenierung das Maß aller Dinge ist und die die Menschen bewusst laufend mit Unwahrheiten überschüttet. Wie soll man es sonst deuten, dass Sie den Österreichern eine vorgetäuschte Freiheit versprochen haben – denn wenn sie sich impfen lassen, dann sind sie frei, dann sind sie frei? Natürlich hat man nicht dazugesagt, dass auch Geimpfte weiterhin dieses Virus bekommen und auch übertragen können.

Seit wenigen Tagen aber wissen wir, spätestens durch die Aussagen von Herrn Strolz, dass Lügen durchaus eine anscheinend angeborene Fähigkeit des Ex-Kanzlers ist, nachdem er auf den Einwand von Strolz, er könne nicht lügen, gesagt hatte: Ich kann es.

Spätestens seit diesem Zeitpunkt muss jedem Österreicher klar sein, dass wir bis zum 9. Oktober dieses Jahres von einem Lügenkanzler geführt worden sind. (Beifall bei der FPÖ sowie Bravoruf des Bundesrates Steiner.) Wenn diese türkise Coronapolitik in medialer Ausprägung mit den Inseraten und Umfragen so stattfindet, wie Sie das in den letzten Jahren gemacht haben, dann wissen wir eh, woran wir sind.

Der Ex-Kanzler hat ja auch in der „ZIB 2“ ganz klar zum Ausdruck gebracht – ich zitiere ‑: „Ich hoffe sehr, dass es eine Gegenleistung gab, nämlich Berichterstattung und ein Inserat. Das ist nämlich der Preis, den man bezahlt.“ – Ja, da tun sich auch Abgründe auf. (Zwischenruf des Bundesrates Spanring.) Natürlich wird diesbezüglich die Insze­nierung im türkisen Familienkreis ständig perfektioniert. Bis Anfang Juli ist man beinahe mit Schutzanzug hier in den Plenarsaal hereingegangen, man hat sich Masken aufge­setzt, hat die Abstände natürlich entsprechend eingehalten, am besten wären trotz der teuren Trennwände 5 Meter gewesen. Ab Juli waren dann die Masken bei allen he­runten, so wie heute auch – das Virus gibt es ja eh nicht mehr, Sie bezeugen es ja ge­rade –, hat wieder die engen Abstände eingenommen, weil das Virus natürlich zu diesem Zeitpunkt genau gewusst hat: Ab Juli habe ich hier keinen Zutritt mehr. – Dann ist genau dieser Herr Minister in den Saal eingetreten und hat gesagt: Jetzt kommt die schwerste Welle, die Österreich jemals gesehen hat, auf uns zu! – Ja, das war in der Koalition schlecht abgesprochen, wie halt vieles in dieser Koalition schlecht abgesprochen ist.

So lässt sich eines ganz klar erkennen – und ich spreche es auch direkt aus –: Es ist eine Verlogenheit, die Sie hier an den Tag legen! Viele Zuschauer werden sich daran erinnern, wie Sie unsere Fraktion gescholten haben, weil wir ehrlich und normal mit den Bürgern umgehen und nicht mit einer Verlogenheit, wie Sie sie an den Tag legen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Bundesrätin Eder-Gitschthaler.)

Diese Corporate Identity der Türkisen geht sogar so weit, dass es einen eigenen Be­schluss im Parlamentsklub braucht – weil man ja inszenieren muss –, dass man sich wieder die Hand gibt. Das müssen natürlich alle mitmachen, weil man sonst nicht weiß, ob die anderen jetzt noch in der Pandemie und in der Krisenzeit oder schon alle frei sind. Da braucht es dann eigene Beschlüsse. Das klingt unglaublich, ist aber so.

Unglaublich ist auch – das fällt mir gerade auf, wenn ich jetzt so in euren Block schaue ‑: Alles Türkise ist verschwunden. Alles Türkise ist verschwunden, sogar bei Bundesrat Bader, der hat nämlich normalerweise als Einziger eine türkise Krawatte. (Bundesrat Preineder setzt sich einen türkisen Mund-Nasen-Schutz auf. – Bundesrätin Eder-Gitschthaler hält einen türkisen Kugelschreiber in die Höhe.) – Ach ja, ein Schreiberl ist noch übrig geblieben, aber das ist derzeit wahrscheinlich nicht so in. Man dürfte sich


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jetzt wieder etwas christlich mimen, frei nach der Überlieferung des tatsächlichen Mes­sias, der gesagt hat: Wahrlich, ich sage dir, ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen. – Das trifft auf euch ja ganz gut zu. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Köck: So ein Blödsinn!)

Das trifft ja auf euch ganz gut zu, denn derzeit kann sich eh keiner an den anderen erinnern, obwohl man über Jahre gemeinsam am türkisen Machtsystem gebastelt hat und dieses bis zum Untergang vor wenigen Tagen ausgelebt hat. Das dürfte der wohl angeborenen Amnesie der ÖVP geschuldet sein oder daran liegen, dass man, so wie am 10. November, in regelmäßigen Abständen alle Erinnerungen löscht.

Ja, und wenn man zu den weiteren Proponenten dieser Zwangsgesetze Verabschie­denden übergeht (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann), dann kommt man zum tür­kisen Appendix, das sind die Grünen. – Nein, ihr (in Richtung Bundesrätin Schumann) kommt erst. – Viele haben aufgeatmet (Bundesrätin Zwazl: Was ist eigentlich Tagesord­nung, bitte?), als Ex-Minister Anschober das Handtuch geworfen hat, aber dann sind Sie gekommen, Herr Minister Mückstein, frei nach dem Motto dieser Regierung: Schlimmer geht’s immer! (Beifall bei der FPÖ.)

Sie als Mediziner haben beispielsweise noch nie den völlig irrealen Ansatz der Gültigkeit der Tests angeprangert. Erklären Sie bitte heute vielleicht einmal, was die Gültigkeit von 24, 48 oder 72 Stunden in Bezug auf die Infektionsmöglichkeit wenige Minuten nach der Testung für einen Ausschlag haben soll! Also wissenschaftlich ist das nicht erklärbar. Ebenso negieren Sie natürlich derzeit die vorkommenden Impfdurchbrüche – die Kolle­gin hat es gerade wieder eindrucksvoll bewiesen. Ich darf einmal ein Beispiel aus Tirol bringen: Da liegen auf der Intensivstation leider – leider! – sieben Patienten, davon sind vier geimpft und drei ungeimpft.

Das nehmen Sie aber einfach nicht zur Kenntnis und auch der Herr Minister nicht. Auch er nimmt nicht zur Kenntnis, was seine eigene Ages schreibt. Da heißt es, dass es bei über 60-Jährigen rund 54 Prozent Impfdurchbrüche gibt. Und warum? – Weil alles na­türlich dem Song: Baby, lass uns impfen, endlich sind wir frei!, untergeordnet ist. Die Inszenierung hat also gut auf Sie abgefärbt, Herr Minister – sie war ja mit 950 000 Euro auch teuer genug.

Sie haben auch noch nie erläutert, wie viel Personal im intensivmedizinischen Bereich in den letzten zwei Jahren ausgebildet worden ist. Man hat immer gehört, es dauert zwei Jahre, wenn man von Beginn an diese Ausbildung genießt. – Das haben Sie noch nie gesagt. Man hat immer von den fehlenden Betten gesprochen, was ein vollkommener Blödsinn ist, weil es nie an den Betten, sondern am Personal gemangelt hat.

Von der Zählung der Infizierten – von an und mit Corona Verstorbenen spreche ich jetzt gar nicht –, da kenne ich nur persönliche Erfahrungen, die einem das Schaudern über den Rücken laufen lassen, aber vielleicht bekommen wir ja heute ein paar Antworten von Ihnen, vor allem in Bezug auf erkrankte und symptomlose Infizierte.

Weil es Frau Kollegin Hauschildt-Buschberger heute angesprochen hat: Natürlich möch­te ich mich bei Ihnen und bei ein paar von Ihrer grünen Fraktion, aber vor allem auch beim Herrn Minister, in aller Form entschuldigen: Ja, ich bin ungeimpft, ich möchte mich dafür in aller Form entschuldigen. Ja, ich bin seit 18 Monaten dankenswerterweise ge­sund, genauso wie viele Tausende Österreicher in unserem Land – und wir möchten uns entschuldigen, denn Sie haben ja vor, jetzt einen Lockdown für Ungeimpfte einzuführen, da wir selbstverständlich eingesperrt gehören, das verstehe ich vollkommen. (Beifall bei der FPÖ.)


Präsident Dr. Peter Raggl: Herr Bundesrat Ofner, darf ich Sie bitten, zum Schluss zu kommen?



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Bundesrat Josef Ofner (fortsetzend): Herr Präsident, Sie wissen, wie das mit der Re­dezeit ist; ich glaube, auch Sie kennen die Geschäftsordnung.

Was aber Türkis und Grün gemeinsam zu verantworten haben, ist das Verpassen der Ausstiegsmöglichkeit aus diesem eineinhalbjährigen Coronawahnsinn. Dabei hätte es viele Möglichkeiten gegeben, gemeinsam mit anderen europäischen Ländern die Reiß­leine zu ziehen. – Wenn Sie sagen, Frau Hauschildt-Buschberger, das mache kein an­deres Land: Ja, in Ihrem Paralleluniversum vielleicht nicht, aber in den Niederlanden, in Dänemark, in Großbritannien, in Schweden, in Norwegen, und morgen hätten wir auch wieder eine Möglichkeit, gemeinsam mit Irland. – Auch (in Richtung Bundesminister Mückstein) Ihr Kollege Spahn in Deutschland sucht ja bereits ein Datum für den Tag der Freiheit. Der 26. Oktober wäre in Österreich ein höchst passendes Datum dafür, diesen Wahnsinn zu beenden. Um Ihnen, Herr Minister, in dieser Hinsicht eine Steilvorlage für diese Möglichkeit zu liefern, bringe ich gerne folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Christoph Steiner, KollegInnen und Kollegen betreffend „Der 26. Okto­ber soll ein Tag der Freiheit werden“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, am 26. Oktober 2021 sämtliche Corona-Zwangs­maßnahmen zu beenden und den Bürgern ihre Freiheit wieder zurückzugeben“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt darf ich zum Abschluss noch kurz auf den dritten Unterstützer der heutigen erbärm­lichen Beschlussfassung nicht vergessen, und zwar unsere Sozialisten (die Bundesrä­tinnen Grimling und Schumann: Na endlich! Wir warten ja schon!) – ja, die Sozialisten als Arbeiterpartei! (Bundesrätin Schumann – erheitert –: Ah, jetzt sind wir Sozialisten! Genau!) – Ah ja – Entschuldigung! – genau, Sozialdemokraten, ich muss natürlich die­ses Wort verwenden, denn sonst reimt sich der Spruch nicht: Wer hat uns verraten? Die Sozialdemokraten! Wer war von Anfang an dabei?  Die Grünen und die Volkspartei! (Beifall bei der FPÖ. – Heiterkeit der Bundesrätin Schumann.)

Meine Damen und Herren von der SPÖ, Sie sollten Ihre moralischen Grundzüge auch einmal etwas überdenken, denn gegen die Korruption der ÖVP zu wettern und sich dann billigst an die türkisen mutmaßlich Korrupten und die grünen Verbotsfetischisten zu ver­kaufen (Ruf bei der SPÖ: Der Teil ist nicht gut, der Teil muss überarbeitet werden! Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ), um sich mit ihnen ins Zwangsmaßnahmenbett zu legen, zeugt nicht gerade von Glaubwürdigkeit und gefestigter Moral. Ich hoffe, dass dieser Umfaller nicht etwa mit der Aufbesserung eurer Parteifinanzen im Zusammen­hang steht, denn dort gibt es ja ein leichtes Problem. Oder ist es wieder einmal Herr Doskozil und das Problem mit Ihrer Vorsitzenden Rendi-Wagner? Immer wenn Herr Doskozil einen Weg, in diesem Fall die Aufhebung der Maßnahmen, vorschlägt, hat nämlich die Joy so gar keine Freude damit und macht aus Prinzip einmal das Gegenteil. (Ruf bei der SPÖ: Danke für die Privatklinikenfinanzierung, liebe FPÖ, vielen Dank! Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wir sind ja gespannt, wie die burgenländischen Bundesräte heute hier stimmen werden (Zwischenrufe der Bundesrätinnen Grimling und Schumann – Bundesrätin Gerde­nitsch: ... zweimal geimpft!), ob sie zu ihrem Landeshauptmann halten oder eben zur SPÖ-Fraktion. Vor allem bin ich auch gespannt, was die SPÖ-Bürgermeister heute tun


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werden, denn aufgrund der augenscheinlichen Unfähigkeit des Herrn Ministers dürfen ja jetzt auf einmal die Bürgermeister die Maßnahmen entsprechend verordnen, wie Kollege Appé skizziert hat.

Das stelle ich mir in der Wintersaison ziemlich spannend vor, erstens einmal, weil es, so wie es auch bei uns in Kärnten ist, überhaupt keine klare Richtlinie gibt, nach der die Bürgermeister über die Zahlen informiert werden, und zweitens: Ja, wir haben Skige­biete, an denen fünf Gemeinden beteiligt sind. Da werden wir dann fünf unterschiedliche Maßnahmenpakete haben, weil ja jeder Bürgermeister die Möglichkeit hat, eigene Maß­nahmen zu bestimmen. Das wird sehr interessant. Da bin ich neugierig, wie das dann funktionieren soll.

Was aber wie gesagt ganz schlimm für uns ist, ist bei allen angeführten Unsinnigkeiten die Tatsache, dass die Verordnung, in der die 3G-Regelung am Arbeitsplatz stehen sollte, noch gar nicht vorliegt. Wir werden diesem Gesetz natürlich nicht nur aus diesem Grund nicht zustimmen, sondern auch eine namentliche Abstimmung verlangen, denn jeder Österreicher in unserem Land soll wissen, wie die Damen und Herren heißen, die heute für dieses Gesetz stimmen und damit für die täglichen Schikanen und die Spaltung unserer Gesellschaft verantwortlich sind. (Beifall bei der FPÖ.)

Liebe Österreicher, ich habe einmal einen Kanzler gekannt, der hat gesagt: „Genug ist genug“. – Dieser Ausspruch trifft sehr gut auf die derzeitige, untragbare Situation, in die uns diese türkise Partei geführt hat, zu, und ich bin überzeugt davon, dass es nunmehr an der Zeit ist, gemeinsam mit der Bevölkerung mit allen parlamentarischen und demo­kratischen Maßnahmen dafür zu sorgen, dass wir unsere Grund- und Freiheitsrechte sowie die Eigenständigkeit und die Eigenverantwortung zurückerlangen, und daher auch gemeinsam den 26. Oktober zum Tag der Freiheit mit dem Ausstieg aus dieser türkis-rot-grünen Coronadiktatur auszurufen. Stehen wir gemeinsam für Österreich auf! (Beifall bei der FPÖ.)

14.05


14.05.42*****

Präsident Dr. Peter Raggl: Herr Bundesrat Josef Ofner, ich bitte Sie, bei der Wortwahl in Ihren Reden auf den Anstand und die Würde des Bundesrates zu achten!

Für die Verwendung der Ausdrücke „Lügenkanzler“ und „Verlogenheit“ erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Bundesrat Ofner: Ja aber es stimmt leider! Es ist ja die Wahrheit! – Bundesrat Steiner: Aber das ist ja die Wahrheit!)

*****

Der von den Bundesräten Christoph Steiner, Kollegen und Kolleginnen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Der 26. Oktober soll ein Tag der Freiheit werden“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Karlheinz Kornhäusl. Ich erteile ihm das Wort.


14.06.29

Bundesrat Dr. Karlheinz Kornhäusl (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren, die via Livestream zugeschaltet sind! Kollege Ofner, ich muss schon sagen, das ist auch eine Leistung, wenn auch eine sehr zweifelhafte, in einem Redebeitrag alles und jeden in diesem Raum hier auf das Wüsteste zu beleidigen und zu beschimpfen. (Ruf bei der FPÖ: Aber geh! – Bundesrat Spanring: Ich bin nicht beleidigt! – Bundesrat


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Steiner: Das macht euer Ex-Kanzler seit Jahren!) Das muss man schon ganz ehrlich sagen. Das ist eigentlich eine Schande, so ein Verhalten, das muss man schon sagen! (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Bundesrätin Steiner-Wieser: ... ihr Österreich schlecht­gemacht habt mit eurer korrupten Politik! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ich möchte euch aber etwas zeigen. Jetzt könnte man natürlich auf all die Dinge, die Herr Ofner angesprochen hat, eingehen, das würde jeglichen Rahmen sprengen. Daher ist es fast eine glückliche Fügung, dass heute das oberösterreichische Regierungspro­gramm (eine Unterlage in die Höhe haltend) beschlossen worden ist, auf das Ihre Frak­tion, allerdings jener Teil, der nicht mit dem Kickl-Virus infiziert ist – ein vernünftigerer Teil der Freiheitlichen –, die Unterschrift gesetzt hat. (Bundesrat Steiner: „Kickl-Virus“! Herr Präsident, jetzt reicht’s! Unglaublich! So parteiisch! – Bundesrätin Steiner-Wieser: Herr Präsident!)

Ich darf kurz zitieren. Da gibt es den Programmpunkt 5, „Corona“. Ich glaube nicht, dass Sie das kennen, und deshalb würde ich es gerne vorlesen: „5. Corona“. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Na, hören Sie kurz zu! (Zwischenruf des Bundesrates Steiner.) Hören Sie kurz zu! Ich glaube nicht, dass Sie das kennen, und darum würde ich es gerne vor­lesen:

„5. Corona

Das Coronavirus hat die Welt und damit auch Oberösterreich, seine Menschen, die Institutionen und die Politik vor große Herausforderungen gestellt.“ (Bundesrat Steiner: Noch einmal erhebst du da herinnen deinen moralischen Zeigefinger! Du sicher nicht mehr! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) „Wir bekennen uns daher zum gemeinsa­men Ziel, alle Möglichkeiten zur Eindämmung der Virusausbreitung zu nutzen und damit Lockdowns und die Schließung von Bildungs- und Betreuungseinrichtungen zu verhin­dern.“ (Bundesrat Steiner: „Kickl-Virus“! Ja sag einmal!) „Insbesondere zählen dazu fol­gende Punkte:“ – Na (in Richtung FPÖ), vielleicht kurz aufpassen in der rechten Reichs­hälfte, passt jetzt gut auf! (Bundesrat Steiner: Ja, wir passen immer auf! Derart primitiv! Das ist unglaublich!)

„Durchführung einer Bewusstseins-, Informations- und Imagekampagne, um den Ober­österreicherinnen und Oberösterreichern die Impfung als wirksamen Schutz gegen schwere Krankheitsverläufe zu vermitteln und damit die Durchimpfungsrate auf freiwil­liger Basis zu erhöhen.“ Gezeichnet - - (Rufe bei der FPÖ: Auf freiwilliger Basis! Frei­willig! – Die Bundesräte Steiner und Ofner: Was ist 3G?) – Ja, natürlich! Ja, wir haben ja nie etwas anderes behauptet, Herr Kollege Steiner! (Bundesrat Steiner: Was ist 3G?) Wir haben nie etwas anderes behauptet. 3G ist gelebter Arbeitnehmerschutz! (Die Bun­desräte Steiner und Ofner: Lockdown für Ungeimpfte!) 3G ist gelebter Arbeitnehmer­schutz, wie das Herr Kollege Appé dankenswerterweise heute schon angemerkt hat. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Ich möchte mich bei meinen Vorrednern bedanken. – Ich meine, die Schubladen, in die Kollege Steiner greift, sind immer tiefer unten, aber ich bin von Ihnen nichts anderes gewohnt, das muss ich ganz ehrlich sagen. Daher prasselt es an mir mittlerweile ab wie ein warmer Sommerregen, denn wenn es um das Primitivsein geht, muss ich sagen, sind Sie Weltmeister. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Es ist heute schon viel über 3G am Arbeitsplatz gesagt worden. Ich möchte mich da wirklich ganz besonders bei Kollegen Appé bedanken, aber auch bei Frau Kollegin Hauschildt-Buschberger, die es wirklich treffend auf den Punkt gebracht haben, nämlich dass es keine Schikane ist, sondern dass es dabei um gelebten Arbeitnehmerschutz geht und dass es nicht sein kann, dass Arbeit krank macht, insbesondere in Zeiten dieser Coronapandemie. Kollegen Appé danke ich auch für die Klarstellung, dass wir in Zeiten


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leben, in denen eigentlich kein Platz ist für politische Spielchen, wie sie die Freiheitlichen gerne betreiben. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nach diesem kurzen Exkurs ins oberösterreichische Regierungsprogramm, in dem viele vernünftige Dinge stehen, möchte ich kurz zu den Tagesordnungspunkten 9 bis 14 kommen: Wir haben schon vieles davon gehört, das ist ein großer Maßnahmenmix, den wir brauchen, weil wir nach wie vor mitten in einer welt­weiten Pandemie stecken. Die Zahl an Neuinfizierten, die wir vor allem die letzten zwei, drei Tage erreicht haben – 3 500 und mehr Menschen jeden Tag –, sind nicht erfreulich (Zwischenruf des Bundesrates Steiner), und deshalb brauchen wir diese Beschlüsse und all die Maßnahmen, die sich daraus ableiten. Sie sind taxativ schon aufgezählt wor­den: Das geht von der Verlängerung des Contacttracings bis hin zur Möglichkeit für Ärztinnen und Ärzte, Zertifikate für den grünen Pass in den Ordinationen auszudrucken, weil es ja bisher so war, dass dies nur in Apotheken möglich war. Das ist ein weiterer Schritt zur Niederschwelligkeit und ein weiteres Angebot für die Menschen in diesem Land.

Wir schaffen mit diesen Beschlüssen weiters die Möglichkeit – und das ist etwas, was mich persönlich freut, weil es ein Zeichen internationaler Solidarität ist –, Hilfsmittel, die der Bund in den letzten Monaten angekauft hat, an andere Staaten weiterzugeben, bevor sie ablaufen. Das ist deshalb wichtig, weil ja keine Glasglocke über Österreich hängt, sondern weil es, wie eben angesprochen, eine Pandemie ist, die ganz Europa, die die ganze Welt fest im Griff hat.

Das Gesundheitstelematikgesetz ist auch ein wesentlicher Teil im Kampf gegen die Pan­demie. Es geht da vor allem um das Fernrezept. Ich möchte vor diesem Hintergrund sagen, dass ich es als äußerst beeindruckend empfunden habe, dass oft, wenn es um Telekommunikationsmöglichkeiten während der Pandemie gegangen ist, aus der Not eine Tugend gemacht wurde. Da, glaube ich, wird man jetzt schauen müssen, was sich etabliert hat, was gut gewirkt hat. Das Fernrezept ist definitiv so eine Maßnahme, und deshalb wird es in die Verlängerung gehen und nahtlos den Übergang zum bereits in der Pipeline befindlichen E-Rezept im Rahmen von Elga bringen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich möchte noch einen Punkt ansprechen, der mir persönlich auch wichtig ist, und zwar die Zweckzuschüsse für Gemeinden und Länder. Sie wissen, da hat der Bund viel Geld in die Hand genommen, und da sind Dinge wie Testungen, Impfstraßen, Schutzausrüstungen, Telefonhotlines, Zahlungen für Kranken­transporte und vieles mehr umfasst. Allein von Jänner 2021 bis Ende September 2021 sind 180 Millionen Euro an Geldern vom Bund geflossen. Das sind Investitionen, die unerlässlich sind. Warum? Da wir mittlerweile auch sehen, dass sich die Wirtschaft fängt und das Wirtschaftswachstum steigt – zum Glück! –, die Arbeitslosenzahlen gehen deutlich zurück, sind sogar auf das Niveau von vor der Pandemie, also auf Vorkrisenni­veau, gesunken, und die Absonderungsbescheide sind rückläufig.

Eine Bemerkung sei mir im Zusammenhang mit den Zweckzuschüssen vielleicht ge­stattet, weil es immer wieder heißt, dass diese Bundesregierung versucht, Wien gegen andere Länder und Länder gegen Gemeinden auszuspielen: Von den genannten 180 Millionen Euro sind sage und schreibe 130 Millionen Euro in die Bundeshauptstadt geflossen. Ich glaube, das ist nicht nichts! Das ist wichtig, das ist gut. (Bundesrätin Schu­mann: Das ist aber auch keine Kleinstadt, das darf man schon einmal sagen!) Mir ist nur wichtig, das zu erwähnen, damit niemand sagen kann, dass Wien wie ein Stiefkind be­handelt wird, denn das heißt es ja immer wieder. (Bundesrätin Schumann: Klimabonus ist Ihnen schon klar, Herr Bundesrat!)

Nun zu den Therapien, weil diese ja immer wieder von den Freiheitlichen als Heilmittel genannt werden: Ich darf Ihnen versichern, dass seit Anbeginn der Pandemie mit Hoch­druck an Therapien für den Krankheitsfall geforscht wird. Ich darf an dieser Stelle aber


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auch sagen: Die Datenlage ist äußerst bescheiden, und vieles, was dazu am Anfang gehypt worden ist, hat sich leider Gottes als nicht wirksam erwiesen. (Bundesrat Steiner: Wie die Impfung!)

Ich darf zum Schluss kommen und damit zu meinem ewigen Ceterum censeo: Das beste Mittel zur Pandemiebekämpfung sind nicht diese Maßnahmen, die wir hier beschließen müssen, sondern das ist immer noch die Impfung, wie erst heute aus einer rezenten Studie der Ages hervorgegangen ist. (Bundesrat Spanring: Weil ihr alle damit Geld verdient! Alle verdient ihr Geld damit, das ist die Sauerei! Aber so ist die ÖVP!) Ich weiß, das gilt nicht für die Freiheitliche Partei, aber ich glaube, der Ages werden Sie ja nicht absprechen, Kompetenz in diese Richtung zu haben. (Bundesrat Steiner: Oder man löscht es von der Ages-Seite wieder runter! ... gelöscht worden!) Das haben wir in Ös­terreich gesehen, das sehen wir in Europa, und das sehen wir auf der ganzen Welt, auch wenn die Zahlen der letzten Tage durchaus etwas besorgniserregender sind.

Nur ein kurzer Vergleich: Im letzten Monat sind die täglichen Neuinfektionsraten und auch die Siebentageinzidenz ungefähr gleich geblieben, manchmal sogar etwas gesun­ken, um bis zu 8 Prozent, manchmal etwas gestiegen, die letzten beiden Tage deutli­cher. Da muss man aufpassen, da muss man sehr genau hinschauen, denn im Ver­gleichszeitraum von vor genau einem Jahr haben wir bei den täglichen Neuinfektionen beziehungsweise hinsichtlich der Wocheninzidenz eine Steigerungsrate von 70 Prozent gehabt. (Bundesrat Steiner: Der erzählt so einen Scheiß!)

Das heißt, wir erkennen, die Impfung wirkt, die Maßnahmen wirken. Es ist eine Brem­sung der Ausbreitung in Sicht. Ich bin vorsichtig optimistisch (Bundesrat Spanring: Ihr seid optimistisch, weil ihr alle Kohle verdient! Ihr seid alle gekauft, alle!), wenn wir wei­terhin maßvoll bleiben, wenn wir zusammenhalten und gemeinsam an einem Weg ar­beiten, aus dieser Pandemie herauszukommen. Ich darf auch Sie, werte Damen und Herren von den Freiheitlichen, herzlich einladen, das zu tun. Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

14.16


Präsident Dr. Peter Raggl: Ich darf am Ende dieses Redebeitrages meinen Appell wie­derholen: Ich bitte bei der Wortwahl hier am Rednerpult wirklich im Sinne des Erhaltes des Anstandes und der Ordnung in diesem Hohen Haus um eine Mäßigung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Karl-Arthur Arlamovsky. Ich bitte darum.


14.17.22

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrter Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir behandeln ja sechs Ta­gesordnungspunkte in dieser Debatte, und ich fange mit einem emotionsloseren Tages­ordnungspunkt an, nämlich mit TOP 12, dem COVID-19-Lagergesetz.

Dazu haben wir NEOS im Nationalrat eine parlamentarische Anfrage an das Gesund­heitsministerium und an das Verteidigungsministerium gestellt, die die folgenden we­sentlichen Fragen enthalten hat:

„Nach welchem Plan wird Material rotieren um sicherzustellen, dass es nicht abläuft, sondern gebraucht und dann in der strategischen Reserve ersetzt wird?“; „Wie wird ver­hindert, dass diese Materialien ihr Ablaufdatum überschreiten und ungebraucht entsorgt werden müssen?“; „Gibt es hier bereits einen konkreten Plan sowie einen genauen zeitlichen Ablauf? Wenn ja, wie sieht der aus?“; „Was ist die erwartete Auswirkung auf den Markt an Schutzausrüstung?“; und: „Wenn das BMLV“ – Verteidigungsministerium – „große Mengen von Ausrüstung rotieren muss (um Ablaufdaten zu vermeiden), wird der Privatmarkt dadurch zwangsweise beeinträchtigt. Besteht das Risiko, dass das BMLV mittelfristig zum Monopolisten für medizinische Schutzausrüstung in Österreich wird?“


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Die Antwort vom Gesundheitsministerium lautete: „Es wird auf die Zuständigkeit der Bun­desministerin für Landeverteidigung verwiesen.“

Die Antwort des Verteidigungsministeriums lautete: „Es ist vorgesehen, rechtzeitig mit dem BMSGPK einen entsprechenden Verbrauchsplan zu erarbeiten.“

Die Pointe daran ist: Diese Anfrage war vom 30. September 2020, und jetzt, eineinhalb Jahre nach Beginn der Pandemie, kommen die betreffenden Ministerien drauf, dass es eine gesetzliche Änderung braucht, um diesen Missstand, den wir vor einem Jahr ange­sprochen haben, anzugehen.

Wir sprechen uns wie im Nationalrat gegen diese Änderung im COVID-19-Lagergesetz aus, weil da zu weit gegangen wird. Es geht nämlich darum, dass über diese Güter un­entgeltlich verfügt werden darf, und zwar auch, wenn gar keine Krisensituation vorliegt. Das hätte man früher regeln können, ja müssen, das hätte man besser regeln können.

Jetzt zu TOP 9: Fast hätte es das Gesundheitsministerium wieder geschafft, mehrere Bestimmungen, von denen jede einzeln mehrheitsfähig ist, in ein Paket zu packen, das dann als Ganzes abgelehnt wird – das wird heute aber nicht passieren.

Den großen emotionalen Punkt 3G am Arbeitsplatz hätten wir jetzt nicht als Knackpunkt in diesem Gesetz gesehen. Wir hätten ihn eigentlich sogar als überflüssig erachtet, weil es ja seit 1. September den Generalkollektivvertrag gibt, der es den Arbeitgebern ermög­licht, eine FFP2-Maskenpflicht am Arbeitsplatz anzuordnen, die bei Erbringung eines 3G-Nachweises dann aber nicht gilt. Eine Verordnung durch Sie (in Richtung Bundes­minister Mückstein), jetzt 3G am Arbeitsplatz einzuführen, ändert damit nicht besonders viel.

Was aber bei 3G am Arbeitsplatz wieder ein Punkt ist – was ich auch schon bisher in vielen meiner Reden angesprochen habe –, ist die Ungleichbehandlung von Arbeitsplatz und Schule, die, wenn 3G am Arbeitsplatz eingeführt wird, auf eine andere Weise als Ungleichbehandlung weitergeführt wird, weil es nämlich in der Schule, obwohl es dort auch 3G-Nachweise gibt, weiterhin eine Maskenpflicht geben wird und weil es weiterhin Einschränkungen bei Schulveranstaltungen gibt, wie zum Beispiel bei den Skikursen. Da wäre es notwendig, dass man die Regeln für den Arbeitsplatz und für die Schule kon­sistent gestaltet.

Für uns ist aber der Knackpunkt an TOP 9, dass die Bürgermeister und Bürgermeiste­rinnen eine Kompetenz bekommen sollen, Sperrstundenregelungen anzuordnen, und zwar aufgrund der epidemiologischen Situation. Das Problem, das heute schon ange­sprochen worden ist, ist, dass die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister gar nicht über die Daten, die sie brauchen, um diese Entscheidungen treffen zu können, verfügen. Da­bei geht es jetzt nicht rein darum, dass sie sich die Inzidenzzahlen ihrer Gemeinden selber auf irgendwelchen Dashboards anschauen können – das wäre viel zu kurz ge­griffen, weil mit den notwendigen epidemiologischen Daten allein die hohen Inzidenzen nicht zu verstehen sind. Wir sehen das zum Beispiel in der Ampelkommission, was da von Altersgruppeninzidenzen über Aufklärungsquoten bis hin zu Clusteranalysen alles an Daten eingeht, um die epidemiologische Situation einordnen zu können, und darüber verfügen die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister nicht.

Deswegen werden wir diese Vorlage ablehnen. – Danke.

14.22


Präsident Dr. Peter Raggl: Als Nächste ist Bundesrätin Johanna Miesenberger zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr dieses.


14.22.50

Bundesrätin Johanna Miesenberger (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzter Herr Präsi­dent! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 104

Damen und Herren vor den Bildschirmen und oben auf der Galerie! Ja, wir hören es tagtäglich, lesen es tagtäglich: Die Pandemie ist noch nicht vorbei – und besonders, wenn tagespolitisch ganz andere Themen versuchen, uns in ihren Bann zu ziehen, braucht die Pandemiebekämpfung weiterhin wirklich unsere volle Aufmerksamkeit.

Auch ich habe in den letzten Tagen und Wochen in meinem persönlichen Umfeld leider wieder erleben müssen, wie bei ungeimpften Familien die gesamte Familie an Corona erkrankt ist, die Nachwirkungen noch wirklich massiv zu spüren sind und dabei leider auch eine Person an Covid verstorben ist.

In den letzten Tagen hat das Infektionsgeschehen an Dynamik zugenommen, was wirk­lich eine neue Welle vermuten lässt – wir haben heute schon gehört, es gibt 3 700 neue Infektionen. Die Frage stellt sich, wie sie sich entwickeln wird, angefeuert eben durch die kühleren Temperaturen jetzt im Herbst und eine neue Mutation, die – nicht verwunder­lich – noch ansteckender ist.

Wir haben am Beginn der Pandemie das Motto Fahren auf Sicht ausgerufen. Für mich ist das noch immer gültig, und ich denke, wir müssen die Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung auch mit Vernunft und Vorausschau planen und anpassen. Aktuell sind knapp 1 000 Menschen in Österreich wegen einer Coronaerkrankung in Krankenhäu­sern in Behandlung, und über 200 Personen benötigen intensivmedizinische Betreuung.

Jetzt sind nicht sehr viele Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ anwesend, aber ja, ich freue mich, dass auch Kollege Kornhäusl einen Teil des oberösterreichischen Arbeits­übereinkommens in seine Rede aufgenommen hat. In diesem Arbeitsübereinkommen ist es ein gemeinsames Ziel, gerade diese Falschinformationen, durch die die Bevölke­rung auch verunsichert wird, mit einer Bewusstseins-, Informations- und Imagekam­pagne zu entkräften, denn wir wissen, der wirksamste Schutz gegen schwere Krankheitsverläufe ist und bleibt die Impfung (Bundesrätin Schartel: Leider nicht!), und gerade diese Informationen müssen wir vermitteln. Ich finde es wirklich sehr, sehr vernünftig, wie auf diese Art und Weise damit umgegangen wird. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ja, darum bin ich auch froh, dass wir heute gemeinsam einige Maßnahmen verlängern können, weil das eben Sinn macht und weil die Lage, so wie es auch Kollege Appé hier heraußen gesagt hat, sehr, sehr ernst ist.

Es geht in diesem Gesetzesbeschluss – um einige Punkte zu nennen – eben um die Verlängerung der Covid-19-Zweckzuschüsse für die Länder, auch für die Gemeinden, damit wir auch die Impf- und Teststraßen bis Ende März 2022 sicherstellen können. Weiters geht es um den Kostenersatz für die betrieblichen Testungen, damit auch diese verlängert werden können, und das Bundesheer wird bis Ende 2022 ermächtigt, auch weiterhin medizinische Materialien und Schutzausrüstungen für die Bundesländer be­reitzuhalten. Darüber hinaus verlängern wir die Regelung betreffend Fernrezept über
E-Medikation beziehungsweise per E-Mail, um dafür zu sorgen, dass kranke Menschen seltener gerade nur wegen eines Rezeptes zu einem Arzt oder einer Ärztin gehen müs­sen.

Ja, geschätzte Damen und Herren, die Pandemie ist nicht vorbei. (Bundesrätin Schartel: Ah, doch nicht?!) Wir stehen kurz vor der für die österreichische Wirtschaft und auch Landwirtschaft so wichtigen Wintersaison. Österreich ist nicht nur eine sehr beliebte, sondern auch eine sichere Winterurlaubsdestination, und damit das auch so bleibt, muss es und wird es auch klare und strenge Regeln geben – und gerade diese Regeln sind von Ministerin Köstinger gemeinsam mit der Branche ausgearbeitet worden und geben der Tourismusbranche und vor allem den nach- und vorgelagerten Bereichen, aber ins­besondere auch den Winterurlaubern Sicherheit und Planbarkeit.

Da das Budget des Finanzministers auf dem Tisch liegt, die ökosoziale Steuerreform in der Pipeline ist, müssen wir alles tun, um den erfolgreichen Weg, den wir aus der Krise


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geschafft haben, weiter fortsetzen zu können und ihn jetzt nicht leichtsinnig aufs Spiel zu setzen – nämlich den Weg des Aufschwungs, der Stabilität und der Nachhaltigkeit, und das mit einem Budget, das zum Ziel hat, ehestmöglich wieder Schulden abbauen zu können, mit einer ökosozialen Steuerreform, mit der wir notwendige Schritte zur Bekämpfung der Klimakrise setzen und dabei Menschen, die arbeiten und dazu einen Beitrag leisten, auch noch entlasten.

Das alles ist notwendig und wichtig, um eben diesem, unserem Land, der Wirtschaft und vor allem den Menschen Sicherheit und Stabilität zu geben. Wir sind aufgerufen, ge­meinsam daran zu arbeiten, und daher bin ich wirklich sehr betroffen, wenn parteipoliti­sche Schmutzkübelkampagnen wie jene der sozialdemokratischen Gewerkschaft in den sozialen Medien geführt werden.

Ich denke, Arbeitnehmer, Bäuerinnen und Bauern in einer Neiddebatte zur Steuerreform gegeneinander auszuspielen ist nicht gerade die feine Art (Rufe bei der SPÖ: Das macht ihr ja selber! – Bundesrätin Schumann: Das macht ihr ja selber, geh bitte!), und das verurteile ich zutiefst. Sie vergessen nämlich eines – geschätzte Kolleginnen und Kolle­gen von der SPÖ, ihr vergesst immer wieder eines –: Auch viele Bäuerinnen und Bauern sind Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen (Bundesrätin Schumann: Das wissen wir! Die kleinen Bauern, das wissen wir ganz genau!), und die Gesellschaft erkennt immer besser, wer um welchen Preis die Lebensmittel produziert, wer unsere Kulturlandschaft auch wirklich pflegt und bei wem auch noch Klimaschutz selbstverständlich ist.

Begeben wir uns also nicht auf diese Ebene, sie bringt uns nämlich nicht weiter! – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrätin Schumann: Na geh! Aber das ist ...! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

14.29


Präsident Dr. Peter Raggl: Zu Wort gemeldet ist nun Bundesrätin Elisabeth Gross­mann. Ich erteile ihr dieses.


14.29.49

Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Mi­nister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich begebe mich wieder auf die Ebene der Tagesordnung, nämlich konkret zu den Punkten 10 und 11. Diese enthalten nämlich einiges an politischem Sprengstoff, den wir aber vorgestern im Gesundheitsausschuss in vielen wichtigen Bereichen weitgehend entschärfen konnten (Bundesrat Steiner: Das wär’ mir aber nicht aufgefallen, dass ihr da was entschärft habt!), nämlich im Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeiternehmer, die nach den Plänen der Bundesregierung für betriebliche Testungen ab 1. November hätten selbst zahlen sollen. Sie sollten also fürs Arbeitengehen auch noch zahlen! Das konnten wir so nicht hinnehmen, und genau deshalb hat die SPÖ-Fraktion im Bundesrat unter Federführung von Fraktionsobfrau Ko­rinna Schumann die gegenwärtigen Mehrheitsverhältnisse dazu genützt, das im Natio­nalrat von den Regierungsfraktionen verpatzte Gesetz reparieren zu lassen. (Bundesrat Steiner: Das ist wohl ein Scherz!) – Aber alles der Reihe nach:

Im Zweckzuschussgesetz – das wurde schon erwähnt – werden die Zuschüsse des Bundes an die Länder für die Covid-19-Maßnahmen bis Ende März 2022 verlängert. Davon erfasst sind wichtige Maßnahmen wie etwa die Kosten für die Schutzausrüstung, für Beratung unter der Telefonnummer 1450, für die Impf- und Teststraßen – das hat Kollege Kornhäusl schon ausgeführt, deshalb erspare ich mir, das jetzt im Einzelnen aufzuzählen –, also alles wichtige Maßnahmen. Deshalb ist die Verlängerung dieser Zu­schusszahlungen zu begrüßen, und das wird auch von uns unterstützt.

Dass nun aber im Gegensatz dazu die Kostenzuschüsse für betriebliche Teststraßen nur bis 31.10. gelten sollten, ist nicht einzusehen. (Beifall bei der SPÖ.) Dieses Vorhaben


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im Rahmen des Betrieblichen Testungs-Gesetzes lehnen wir daher auch ab. Deshalb bin ich ja auch als Kontrarednerin angeführt. Das hätte nämlich in der Praxis bedeutet, dass, wenn die 3G-Regelung am Arbeitsplatz kommt, jene Beschäftigten, die getestet werden müssen, rund 56 Euro pro Woche fürs Arbeitengehen zahlen müssten. In vier Wochen hätten sie dann also über 200 Euro dafür berappen müssen, arbeiten gehen zu dürfen. Das ist eine Zumutung!

Natürlich, meine sehr geehrten Damen und Herren, wollen wir, dass die Pandemie bald überwunden ist und dass sich die Menschen am Arbeitsplatz, wo sie ja hinmüssen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen, auch sicher fühlen können (Bundesrat Spanring: Die haben ja so viel Angst gehabt, wenn sie in die Arbeit gegangen sind!), sicher vor Ansteckung, und dass sich Coronacluster (Bundesrat Spanring: So viel Angst haben sie gehabt, ein Wahnsinn!) – meine sehr geehrten Damen und Herren, oder Herren in diesem Fall – nicht in Betrieben ausbilden und dann ganze Betriebe stillgelegt werden. (Bundesrat Spanring: ... passiert ja mit der Impfung nicht!)

Deshalb ist die 3G-Regelung am Arbeitsplatz auch notwendig: im Sinne der Gesundheit, aber auch im Sinne der Volkswirtschaft, und damit die Menschen – das ist auch ein wich­tiges Anliegen – die doch sehr belastende Maske am Arbeitsplatz (Ruf bei der FPÖ: Ah?) bald ablegen dürfen (Bundesrat Steiner: Aha!) – auch wenn wir wissen, dass das nicht alle einsehen; wir hören das ja auch hier im Raum. Wir werden auch mit einer Massenflut an Mails bestürmt, die alle ähnlich klingen – es hat also den Anschein, dass die von irgendwoher gesteuert werden (Bundesrätin Schartel: Aber geh! Wo denn?) –, sie sind teilweise auch mit Beschimpfungen, mit Drohungen und so weiter versehen. Man sieht daran also: Die Bevölkerung ist polarisiert. (Bundesrat Steiner: Ja warum?!)

Ja, warum? – Die Ursache sehe ich darin, dass die Aufklärungsarbeit der Bundesregie­rung aber so was von danebengegangen ist! (Beifall bei der SPÖ.) Die niedrige Impf­rate – und dazu kursieren wirklich unterschiedlichste Zahlen, Herr Minister – ist ein Symptom dafür, dass die Aufklärungsarbeit einfach nicht funktioniert hat und dass die Menschen wirklich noch zutiefst verunsichert sind. Da wäre es wohl besser gewesen, Sachinformationen durch ausgewiesene medizinische Expertinnen und Experten zu kommunizieren, anstatt diese schwerwiegende Gesundheitskrise für Eigenwerbung zu nützen. Wir erinnern uns noch an diese Gänsemarsch-Pressekonferenzen – Copyright: Anneliese Rohrer, sage ich dazu –, wir erinnern uns noch daran, dass die Pandemie vorzeitig für beendet erklärt wurde und so weiter – unüberlegte Äußerungen von Regie­rungsmitgliedern. Das schafft natürlich Verunsicherung.

Und ja, andere Länder haben es besser gemacht. Kollegin Hauschildt-Buschberger hat in den Norden geblickt und hat positive Beispiele gesehen, Länder, in denen es eine bessere Impfquote gibt. Ich schaue nicht so weit, ich schaue in den Osten, in den uns nächsten Osten, nämlich ins Burgenland, wo es gelungen ist, eine sehr hohe Impfquote zu erreichen, und zwar durch eine gelingende Informationspolitik! (Beifall bei der SPÖ.) Wir haben also auch positive Beispiele im eigenen Staat – ich rege an, es gleichzutun!

Als SPÖ könnten wir es uns so leicht machen wie die FPÖ und aus dieser schwierigen Situation politisches Kapital schlagen (Bundesrat Spanring: Und ihr macht das Gegen­teil!), uns voll auf die Seite der Impfgegner werfen, auf dieses Pferd aufspringen – aber das tun wir nicht, denn wir tragen Verantwortung (Heiterkeit des Bundesrates Steiner): Verantwortung für die Menschen in unserem Land, für die Gesundheit, für die Volks­wirtschaft, für das Wohl der Menschen. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Steiner: Für die Spaltung! Für die Spaltung!) Deshalb bekennen wir uns auch dazu, dass die 3G-Regelung am Arbeitsplatz kommt (Bundesrat Steiner: Spaltpilze seid ihr! Spaltpilze!), aber wir haben gleichzeitig in einem Entschließungsantrag festgehalten, dass die be­trieblichen Tests weiterfinanziert werden, genauso wie die Tests in den Teststraßen der


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Länder, und dass dies auch gleich in der nächsten Nationalratssitzung gesetzlich veran­kert wird. Das ist (Bundesrat Steiner: Spaltpilz!) gelebte politische Verantwortung! (Bun­desrat Steiner: Spaltpilz!) – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

14.36


Präsident Dr. Peter Raggl: Zu Wort gemeldet ist nun Bundesrat Johannes Hübner. Ich erteile ihm dieses.


14.36.32

Bundesrat Dr. Johannes Hübner (FPÖ, Wien): Herr Präsident! Liebe Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich kann Kollegin Grossmann in einem recht geben: dass die Informationspolitik der Regierung wirklich nicht überzeugend und teilweise wider­sprüchlich war – aber nicht aus den Gründen, die Sie meinen, denn Sie meinen, es ist dort zu wenig Gehirnwäsche betrieben worden, es ist zu wenig an Dissidenten- und nicht gleichgeschalteten Meinungen ausgeschaltet worden, und es ist zu wenig: Eine Meinung, eine Regierung, eine Impfung!, skandiert worden. Das ist Ihre Sicht der Dinge. Ob das die Sicht der österreichischen Bevölkerung ist, wage ich zu bezweifeln.

Die Verwunderung, die da vonseiten der SPÖ über die negativen Mails, die aus der Be­völkerung kommen, geäußert wird – ein Abgeordneter im Nationalrat hat gesagt, es herrscht so ungefähr die Ansicht: Na dürfen S’ denn das? (Heiterkeit der Bundesräte Ofner und Spanring) –, hat jemand anderem gegolten. Diese Verwunderung verwun­dert mich. (Zwischenruf bei der SPÖ.) – Frau Kollegin, wir haben jetzt quasi schon ge­nerell zwei Welten in Europa: Wir haben die eine Welt, in der wir leider leben – nicht wir hier auf der rechten Seite von der FPÖ, aber offenbar der gesamte Rest des österreichi­schen politischen Spektrums (Bundesrätin Zwazl: Ich bin froh über die Welt, in der wir leben! Ich lebe gerne in Österreich!) –, das ist jene Welt, in der religiöse Vorstellungen über eine Pandemie vorhanden sind und in der alles, was in diese Welt nicht hineinpasst, mithilfe der angefütterten und weitgehend gleichgeschalteten Medien (Bundesrat Schreuder: Aber es ist keine Religion!) ausgeschieden wird.

Dann haben wir die zweite Welt, das ist die Welt der Fakten, der Vernunft, der Beob­achtung der Dinge – das ist jene Welt, die man findet, wenn man, wie Sie das gesagt haben, zum Beispiel nach Norden blickt.

Blicken wir einmal in den von mir hier schon zweimal zu verschiedenen Zeiten erwähnten Staat Schweden! Es ist ja aktuell interessant zu sehen, wie es dort jetzt aussieht. (Bun­desrat Schreuder: Nach Rumänien müssen Sie schauen!) – Warten Sie einmal, Kol­lege! (Bundesrat Schreuder: Schauen Sie nach Rumänien!) Gleich, gleich, aber jetzt schauen wir einmal nach Schweden! Ich glaube, dass Schweden für uns aus verschie­denen Gründen vielleicht ein bissl interessanter als Rumänien ist.

Schweden ist ja dafür bekannt, dass es von Anfang an den Weg des Lockdowns, des Zusperrens, des Distancings und so weiter nicht gewählt hat, und es wurde ja ein Jahr lang vom Rest der Welt – ich sage: fast der Welt; jedenfalls der europäischen Welt – härtest kritisiert. Die Kritik ist sogar so weit gegangen, dass sich der König zu Weih­nachten bemüßigt gefühlt hat, zu sagen: Wir sind gescheitert, wir müssen den Weg der europäischen Solidarität gehen und den Lockdown auch in Schweden ausrufen! – Das war der einzige Zeitpunkt, zu dem Schweden und seine Politik im restlichen westlich-europäischen Ausland breiteste – unter Anführungszeichen – „Publicity“ bekommen ha­ben. Danach ist es aber interessanterweise um Schweden ruhig geworden.

Wenn Sie heute nach Schweden schauen – ich habe mir das ein bisschen herausge­schrieben –, dann stellen Sie fest – aktuelle Situation am heutigen Tag, Werte von ges­tern –, dass in Schweden die Inzidenz 36,7 auf 100 000 beträgt. In Österreich liegt sie derzeit bei über 160. Wir haben also jetzt sehr brav eineinhalb Jahre Lockdown gemacht, haben alles mitgemacht, was uns die Experten dieser Welt vorschreiben, und liegen bei 160, Schweden liegt bei 35.


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 108

Hat Schweden den Lockdown eingeführt? Nein, im Gegenteil! Schweden hat per 26.9.2021 alle Maßnahmen und Empfehlungen der Regierung aufgehoben und für be­endet erklärt. (Beifall bei der FPÖ. Bundesrätin Schartel: Bravo, Schweden!) Interes­santerweise wird natürlich jetzt das Argument kommen: Na ja, in Schweden sind wahr­scheinlich alle geimpft, die haben eine Impfquote von 100 Prozent, wir müssen nach Norden schauen. (Bundesrätin Schumann: Dänemark!) Sofort, Dänemark kommt auch noch. Tatsächlich liegt die Impfquote in Schweden bei etwa 65 Prozent, das heißt, so hoch wie in Deutschland und nur unmerklich höher als bei uns.

Jetzt kommen wir endlich, damit sich die Sozialdemokraten freuen, nach Dänemark. Dä­nemark hat eine Impfquote von über 75 Prozent. (Bundesrat Schennach: 80!) Es gibt da verschiedene Zahlen, ich lasse Ihnen 80 Prozent, sage Ihnen aber, es sind tatsäch­lich 75,1 Prozent, aber gehen wir davon aus, dass es 80 Prozent sind. Dänemark, mit 80 Prozent Geimpften, hat im September eine Inzidenz pro 100 000 von 105, 106, 107 gehabt das ist etwa dreimal so viel wie Schweden , hat aber trotzdem per 10.9. be­schlossen – die Kollegin weiß es –, alle Coronamaßnahmen aufzuheben (Zwischenruf des Bundesrates Schreuder) und auch von Empfehlungen Abstand zu nehmen. Egal ob die jetzt eine Impfquote von 75 oder 100 Prozent haben, sie haben mit den Impfungen eine dreimal höhere Inzidenz als Schweden gehabt. (Neuerlicher Zwischenruf des Bun­desrates Schreuder.)

Jetzt schauen wir einmal an, was seither passiert ist: Sie haben jetzt alle Maßnahmen aufgehoben, der berühmte Kollege Lauterbach aus Deutschland hat gemeint: unverant­wortlich, viel zu früh, da droht eine neue Lawine. – Seither ist in Dänemark die Inzidenz­rate rückläufig. (Bundesrat Preineder: Weil sie geimpft sind!)

Norwegen, ein Impfkaiser die Impfquote liegt bei über 80 Prozent, bei 81, 82 Prozent ‑, hat im September eine Inzidenz von circa 120 das ist trotz der Impfrate von 81, 82 Prozent auch dreieinhalbmal so hoch wie in Schweden  gehabt und die Aufhebung sämtlicher Maßnahmen beschlossen. Heute, circa vier Wochen nach Aufhebung dieser Maßnahmen, liegt die Inzidenz bei 65, sie ist deutlich rückläufig.

Island, der Staat mit den meisten Geimpften in Europa, mit einer Impfquote von 83, 82 Prozent, je nachdem, wie man das misst  die Impfquote bezeichnet nach den WHO-Angaben alle, die doppelt geimpft und daher vollständig geschützt sind –, war einer der ersten Staaten mit weitestgehender Durchimpfung der Bevölkerung, hat derzeit eine In­zidenz von 126,1. Das ist etwa viermal so hoch wie in Schweden. Trotzdem hat Island auch im September erklärt: Genaue Beobachtungen und wissenschaftliche Untersu­chungen haben erwiesen, dass die bisherigen Maßnahmen, der sogenannte Lockdown, keinen messbaren oder nachweisbaren Einfluss auf die Fallzahlen hatten. Die isländi­sche Gesundheitsbehörde hat daher beschlossen, diese Maßnahmen mit Wirkung vom 26.9.2021 aufzuheben. Das ist interessant!

Wir leben in der Parallelwelt, also nicht in dieser Welt des Nordens, das ist die Welt der Coronaleugner, der Verschwörungstheoretiker, der Populisten oder, wie Kollegin Gross­mann gesagt hat – da haben Sie ein schönes Wort verwendet, ich habe es mir leider nicht aufgeschrieben, das war nicht Leugner und es waren nicht die Populisten (die BundesrätInnen Schreuder und Grossmann: Skeptiker!), ja genau –, der Coronaskepti­ker. Verlassen wir diese Welt die ist faktenbasiert, und die Informationen, die ich Ihnen gesagt habe, werden Sie zumindest in der deutschsprachigen, angefütterten Qualitäts­medienszene sehr selten so finden, Sie müssen sich also in die einzelnen Statistiken der Gesundheitsorganisationen einlesen  und kehren wir nach Österreich zurück! Da hat all das, was ich gerade gesagt habe, nicht stattgefunden.

Die Möglichkeit, sich faktenbasiert davon zu überzeugen, was die Maßnahmen bringen oder was sie nicht bringen, wird hier nicht ergriffen, weil im Sinne der Coronareligion alles, was gegen Lockdowns, Beschränkungen, Maßnahmen, Impfen, Impfpflicht und


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 109

dergleichen spricht, nicht vorkommen darf, weil es ideologisch nicht vorkommen soll. Statt den Weg der Vernunft zu gehen und nach Norden zu schauen und vielleicht doch die Fakten zu beobachten, mücksteinisiert man  um da vielleicht ein Fachwort zu kre­ieren die Gesundheitspolitik und schafft neue Wahnsinnsmaßnahmen, wie zum Bei­spiel die 3G-Pflicht am Arbeitsplatz.

Selbst wenn ich hier in die Menge sehe: All die Kollegen, die diese Pflicht heute, fürchte ich, beschließen werden, sitzen hier natürlich ohne Masken. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Ja, die kommen nicht auf die Idee, bevor die 3G-Regeln in Kraft treten, zu verordnen, dass die Dienstnehmer vielleicht FFP2-Masken tragen sollen. (Beifall bei der FPÖ. Zwischenrufe bei der SPÖ.)  Ja, ja, ja, die Impfquote! Die Kollegen haben ja noch nicht erfahren, dass auch die Geimpften Spreader, sogar Superspreader sind, dass man als Geimpfter den Virus genauso weitergeben kann wie als Nichtgeimpfter. Das hat sich alles nicht so weit durchgesprochen. Es ist auch vollkommen egal, ob man den Virus weitergibt, Hauptsache man ist geimpft. (Bundesrätin Schumann: Und getestet!) Wenn Sie geimpft sind, brauchen Sie ja in Österreich weitestgehend keinen Test. Ob Sie den Virus weitergeben, interessiert ja niemanden, weil es ja nicht um Coronamaßnahmen, Pandemiebekämpfung und dergleichen geht, sondern um eine quasi religiöse Vorschrift, der wir nachhumpeln. (Heiterkeit des Bundesrates Preineder.)

Noch eine schöne Sache für die SPÖ, ja, das muss ich sagen: Also Wien hier sind ja auch einige Kollegen Bundesratsvertreter meines schönen Landes Wien  hat ja die striktesten Maßnahmen und die größte Gefährdung des Gesundheitssystems. Unser Bürgermeister und Landeshauptmann spricht ja immer von der großen Gefährdung und Überlastung des Intensivmedizinsystems in Wien. Meine FPÖ-Kollegen vom Landtag haben im März schon eine Anfrage an den Wiener Gesundheitsstadtrat Hacker, natürlich SPÖ, gestellt und gefragt, wie es denn mit den Intensivbetten, mit der Überlastung und Auslastung, aussieht.

Also Folgendes: In der Zeit von Oktober 2020 bis April 2021, in der sogenannten zweiten und dritten Welle, ist die Zahl der Intensivbetten in Wien von 532 auf 489, also um 42, zurückgegangen. Das ist ja eine richtige Maßnahme: Wenn die Überlastung droht, muss man die Maßnahmen so setzen, dass die Zahl der Intensivbetten reduziert wird. Das ist ganz klar. Zusätzlich gibt es aber 65 Reservebetten, das sind normale Betten, die aber jederzeit kurzfristig binnen 48 Stunden in Intensivbetten umgewandelt werden können. Was war die größte Auslastung im Spitzenmonat der Pandemie, im April 2021, als es in Wien am meisten Coronafälle gegeben hat? Das waren 76,75 Prozent (Bundesrat Schreuder: ... Terroranschlag ...!), von den Gesamtbetten waren 34 Prozent von Covid-Patienten genutzt. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) Das ist der Höchstwert, der je erreicht wurde. Wo ist da die ständige Gefahr der Überlastung des Gesundheits­systems? Wo - - (Beifall bei der FPÖ. Zwischenruf des Bundesrates Schreuder. – Bundesrätin Schumann: ... was macht man in dem Fall?)


Präsident Dr. Peter Raggl: Darf ich um den Schlusssatz bitten?


Bundesrat Dr. Johannes Hübner (fortsetzend): - -, wenn man im Kampf gegen die Pandemie, ständig die Angst vor dem Mangel an Intensivbetten predigend, die Zahl der Intensivbetten um 10 Prozent reduziert?

Liebe Kollegen und Kolleginnen, mein Appell, den ich hier schon mehrfach an Sie gerich­tet habe, ist noch einmal der: Bitte Augen aufmachen, lesen, wie Ergebnisse in anderen Ländern ausschauen, und nicht hier Reservekirche spielen und irgendwelche Dogmen nachbeten! – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Schreuder.)


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 110

14.48


Präsident Dr. Peter Raggl: Zu Wort gemeldet ist Bundesrätin Eva Prischl. Ich erteile ihr dieses.


14.48.42

Bundesrätin Eva Prischl (SPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Liebe Zuseherinnen und Zuse­her, auch auf der Galerie! Ich nehme Bezug auf das Covid-19-Lagergesetz.

Medizinische Krisenvorräte, wie zum Beispiel die Schutzausrüstungen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie, die kurz vor dem Ablaufdatum stehen, sollen durch eine neue Regelung – wir haben es schon gehört – rechtzeitig – Gesundheit! (in Richtung Bundes­rat Bader, der geniest hat) – einer sinnvollen Nutzung zugeführt werden. Diese Produkte können zukünftig an Hilfsorganisationen und an Länder, die diese Güter benötigen, ab­gegeben werden. Ich finde, das ist ein richtiger und wichtiger Schritt. Seitens der sozial­demokratischen Fraktion geben wir unsere Unterstützung, weil wir finden, dass es eine völkerverbindende Maßnahme ist.

Mein zweiter Beitrag bezieht sich auf das Gesundheitstelematikgesetz 2012. Die Aus­stellung von Fernrezepten war gerade sozusagen in der Hochzeit der Pandemie eine enorm wichtige Maßnahme. Ich habe, wie wahrscheinlich viele hier im Raum auch, für einige Personen lebensnotwendige Medikamente besorgt, ohne Kontakt zu den jewei­ligen Arztpraxen herstellen zu müssen. Diese Medikamente hat man in der jeweiligen Apotheke einfach nur mit Nennung der Sozialversicherungsnummer erhalten. Das war und ist eine große Erleichterung für viele Personen. Als Bereichssprecherin auch für die Senioren begrüße ich diese Verlängerung bis zum 31.3.2022, und persönlich darf ich anmerken: Ich glaube, es wäre super, wenn das auch länger gehen würde. – Herr Mi­nister, vielleicht kann man einmal etwas machen.

Es ist eine sinnvolle Maßnahme, um das Patientenaufkommen auch in den Ordinationen zu verringern, und es ist generell ein zukunftsweisender Schritt. Es erleichtert den Pa­tienten mit Vorerkrankungen beziehungsweise Patienten mit Dauermedikation, chro­nisch Kranken, Menschen mit Behinderung und vor allem der älteren Generation den Alltag – eine gelungene Digitalisierungsoffensive also, denn da ist speziell auf die Be­dürfnisse der NutzerInnen eingegangen worden. Dazu geben wir auch unsere Zustim­mung.

Jedoch: Sorgen machen wir uns schon. Wir machen uns Sorgen um die, wie wir finden, in den nächsten Jahren auf uns zukommende unzureichende medizinische Versorgung in Österreich, denn in zehn Jahren – wir haben uns eine Statistik angesehen – ist auf­grund der Altersstruktur mit einem Rückgang der besetzten Arztpraxen um etwa 5,5 Pro­zent zu rechnen. Dieser Rückgang wird sich vor allem auf die Zahl der niedergelassenen Ärzte auswirken, und das betrifft die Allgemeinmedizin genauso wie einige Bereiche der Fachmedizin.

So gab es bis vor Kurzem zum Beispiel in meiner Landeshauptstadt Sankt Pölten keinen einzigen Kinderarzt mit Kassenvertrag mehr, und wir haben knapp 60 000 Einwohner. Trotz mehrfacher Ausschreibung konnten die drei vorgesehenen Planstellen leider nicht besetzt werden. Ab Dezember gibt es jetzt im Bereich der Stadt Sankt Pölten als Pi­lotprojekt zwei Kinderärztinnen im Primärversorgungszentrum. Das ist eine wichtige und richtige Initiative, und ich hoffe auf weitere solche Projekte.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Eva Prischl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sofortmaßnah­menpaket für eine ausreichende medizinische Versorgung der österreichischen Bevöl­kerung“

Der Bundesrat wolle beschließen:


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 111

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, folgendes Maßnahmenpaket für eine ausrei­chende medizinische Versorgung der österreichischen Bevölkerung sofort umzusetzen:

- Verdoppelung der Medizinstudienplätze in Österreich, die daran geknüpft werden, nach Abschluss der Ausbildung im öffentlichen Gesundheitsbereich und/oder im Sachleis­tungsbereich (Kassenvertragsstelle) für eine bestimmte Zeit tätig zu sein

- Ausstattung der Universitäten mit den dafür erforderlichen Budgets

- Kassenverträge für alle ÄrztInnen, die einen Vertrag wollen

- Einführung des Facharztes für Allgemeinmedizin, um den Beruf des Hausarztes zu attraktiveren

- Arztberuf aufwerten: verstärkter Fokus auf bezahlte Praktika in der Ausbildung

- Anreize für MedizinstudentInnen und ÄrztInnen im Land zu bleiben und/oder Allge­meinmedizinerIn zu werden z. B mit Stipendien; durch Vorreihung bei der Zuteilung von Ausbildungsplätzen oder Praxisgründungsunterstützungen

- Weniger Belastung von SpitalsärztInnen durch Delegierung von Tätigkeiten an das Ge­sundheitspersonal

- Bessere Arbeitsbedingungen: z.B. weniger ,Einzelkämpfertum‘ durch mehr Primärver­sorgungseinrichtungen und andere Kooperationsmöglichkeiten, weniger belastende Be­reitschaftsdienstregelungen, attraktive Arbeitsinhalte, Entbürokratisierung, Teilzeitmög­lichkeiten und Kinderbetreuungseinrichtungen.“

*****

Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

14.53


Präsident Dr. Peter Raggl: Der von den Bundesräten Eva Prischl, Kolleginnen und Kol­legen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Sofortmaßnahmenpaket für eine ausreichende medizinische Versorgung der österreichischen Bevölkerung“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu einer Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich Bundesminister Wolfgang Mückstein. Ich bitte darum.


14.54.30

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
Dr. Wolfgang Mückstein: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte! Heute behandeln wir die Novelle des Epidemiegesetzes und des Covid-19-Maßnahmengesetzes. Durch diese Novelle soll die gesetzliche Grundlage für eine umfassende 3G-Regelung am Arbeitsplatz geschaffen werden. Wir ziehen damit ein zusätzliches Sicherheitsnetz ein.

Durch diese Novelle führen wir jetzt die 3G-Pflicht am Arbeitsplatz ein, wir sorgen hiermit für einen besseren Schutz für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, da wir das Infek­tionsrisiko weiter reduzieren. Auf der anderen Seite schafft diese Regelung für die Ar­beitgeberinnen und Arbeitgeber zusätzliche Planungs- und Rechtssicherheit, da Be­triebsschließungen aufgrund der Verhinderung von Clusterbildungen besser verhindert werden können.

Es werden auch weniger Sicherheitsmaßnahmen, weniger Homeofficeregelungen not­wendig sein, und das ist gut. Darüber hinaus können wir die Maskenregelung vereinfa­chen, ArbeitnehmerInnen mit einem 3G-Nachweis müssen keine Masken mehr tragen.


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 112

Die einzige Ausnahme sind besonders sensible Bereiche wie die Alten- und Pflegeheime sowie die Spitäler, dort ist das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes zusätzlich zu einem 3G-Nachweis weiterhin verpflichtend.

Unser Ziel bleibt natürlich, dass wir möglichst bald alle wieder in einen Alltag ohne Co­ronamaßnahmen zurückkehren können. (Bundesrat Steiner: Aber da muss auch der Mückstein weg!) Ich betone immer wieder, dass wir diese Pandemie nur gemeinsam besiegen können.

In diesem Sinne möchte ich noch einmal an alle appellieren: Bitte holen Sie sich Ihre Coronaschutzimpfung! Jetzt zählt tatsächlich jede Impfung, nur gemeinsam schaffen wir den Weg aus dieser Pandemie. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Bundesrätin Steiner-Wieser: War das jetzt die Rede, oder? War das jetzt die Rede? Er soll in die Praxis gehen und ein paar Spritzen geben ...!)

14.56


Präsident Dr. Peter Raggl: Vielen Dank.

Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte, Kollege Spanring. (Ruf – in Richtung des mit einem Notizbuch ans Rednerpult tretenden Bundesrates Spanring –: Ein Zauberbuch!)


14.56.59

Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Das ist wirklich ein Zauberbuch – ja! (Ruf bei der ÖVP: So eine Rede wie die letzte!)

Herr Vorsitzender! Herr Minister! Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Vorgestern habe ich mit einem Bundesratskollegen disku­tiert, was ich am meisten an meinem Beruf oder an meiner Arbeit als Bundesrat mag, und ich habe geantwortet: die Möglichkeit zu haben, wenn mich etwas sehr stört, wenn ich etwas ungerecht finde, mich hier herzustellen und etwas dazu zu sagen, denn genau diese Möglichkeit haben eben nur ganz wenige Österreicher.

Ich hatte ursprünglich gar nicht geplant, heute zu diesem Tagesordnungspunkt zu reden (Heiterkeit bei ÖVP, SPÖ und Grünen), jedoch sehe ich es als meine Pflicht an, weil mich in den letzten Tagen – so wie viele andere von Ihnen – unzählige Mails zum Thema 3G am Arbeitsplatz erreicht haben (Ruf: Der war gut! – Bundesrat Schennach: ... eine Rede vorbereitet ... so zufällige Mails ...! – Ruf bei der SPÖ: ... ist ein reiner Zufall ...!), aber im Gegensatz zu den meisten von der ÖVP und von den Grünen – und leider, wie ich vorhin wahrgenommen habe, auch von der SPÖ – haben wir diese E-Mails gelesen (Bundesrätin Grimling: Wir auch! Wir auch!), teilweise beantwortet und nicht einfach nur ignoriert oder gelöscht. (Beifall bei der FPÖ.)

Alle habe ich noch nicht beantwortet – es sind über 200 Mails in meinem Mailaccount – aber ich werde sie alle noch beantworten. Das (ein Schriftstück in die Höhe haltend) sind nur jene, die ich schon beantwortet habe. (Ruf bei der SPÖ: Ein Mail an die MFG wäre gscheit!) Niemand von diesen Menschen, meine Damen und Herren, ist ein Coronaleug­ner, ein Covidiot, ein Aluhutträger, ein Rechtsradikaler, ein Verschwörungstheoretiker oder dergleichen (Bundesrat Köck: Jetzt kommt wieder dieselbe Rede! – Zwischenrufe bei der SPÖ), sondern es sind Menschen wie Sie und ich, die sich sorgen und die Angst haben, und das ist auch legitim. (Beifall bei der FPÖ. – Heiterkeit und Zwischenrufe bei BundesrätInnen der SPÖ.)

Es ist sehr schön – das kriegen Sie jetzt zu Hause natürlich nicht mit –, wenn hier he­rinnen von Sorgen und Ängsten der Menschen gesprochen wird und drüben im SPÖ-Sektor helles Gelächter ist. Das ist natürlich ganz nett. (Bundesrätin Grimling: Freund der Berge ...! – Ruf bei der SPÖ: Danke für die 60-Stunden-Woche! Danke für die Ab­schaffung des Karfreitags!)


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 113

Ein Mail habe ich mir herausgesucht, das möchte ich jetzt stellvertretend für alle anderen Mails auszugsweise verlesen (Bundesrätin Hahn: Unterirdisch tief!): „Sehr geehrte Da­men und Herren“ im „Bundesrat! Bitte“ setzen „Sie sich für die Grundrechte unserer Bürger ein“! Seit dem Auftreten der Pandemie „hat es noch nie“ so viel „Spaltung wie jetzt gegeben“. Wann ist Schluss mit dieser Spaltung? (Ruf bei der SPÖ: Das kennen wir schon! ... Da können wir mitlesen! ... kennen wir!) „Wo ist das Maß und“ das „Ziel bei dem ganzen Thema geblieben“?

Dann steht noch relativ viel über 3G drinnen, das will ich jetzt nicht vorlesen. Ich habe dann der Dame kurz geantwortet, und sie hat mir dann wieder eine Antwort geschrieben: „Lieber Hr. Spanring, Ich möchte gerne noch was dazu sagen“. „Bin selbst betroffen“ und wurde „von der Firma (dort gilt bereits 2G) entlassen obwohl ich einen geschützten Ar­beitsplatz wegen meiner Hörbehinderung habe.“ (Zwischenruf des Bundesrates Schen­nach.) „Das finde ich so ungerecht und“ diskriminierend. Das möchte ich „gerne öffent­lich machen“. (Zwischenrufe der BundesrätInnen Schennach und Zwazl.) Weiter heißt es: Es geht mir nur um Gerechtigkeit. – Zitatende. (Vizepräsident Novak übernimmt den Vorsitz.)

Schämen Sie sich, meine Damen und Herren von der ÖVP und den Grünen, schämen Sie sich! (Beifall bei der FPÖ.) Besonders schäbig finde ich das Verhalten der SPÖ. Hören Sie lieber einmal zu! Wenn Ihnen die Menschen egal sind oder wenn es Sie nicht interessiert, dann gehen Sie einfach raus! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Weil uns von den Regierenden immer vorgeworfen wird, dass wir, die FPÖ, für die Spaltung der Gesellschaft verantwortlich seien (Zwischenrufe bei der SPÖ), habe ich ein paar Fragen an Sie, meine Damen und Herren: Wer hat von Anfang an die Menschen in Angst und Unruhe versetzt? (Bundesrätin Grimling: Ihr! Nur ihr!) Sogar ganz bewusst: Wer hat von Hunderttausenden Toten gesprochen, um die Bürger einzuschüchtern und gefügig zu machen? – Das war Schwarz-Grün. (Beifall bei der FPÖ.)

Wer, meine Damen und Herren, hat den offenen Debattenraum schließen lassen und via Mainstream und gut dotierte Inserate nur mehr eine einzige Meinung zugelassen? Andere Meinungen werden sogar zensiert! – Das war Schwarz-Grün. (Beifall bei der FPÖ.) Wer, meine Damen und Herren, hat Menschen mit anderen Meinungen als Co­vidioten, Aluhutträger und in Wahrheit noch despektierlicher tituliert? – Das war Schwarz-Grün. (Beifall bei der FPÖ.) Wer hat zugelassen und oftmals sogar forciert, dass Men­schen mit anderen Meinungen ihre Zulassung als Mediziner oder auch ihre Anstellungen verlieren, als Reporter oder als Redakteure entlassen werden oder als Schauspieler einfach nicht mehr besetzt werden, nur weil sie eine andere Meinung haben? – Das war Schwarz-Grün! (Beifall bei der FPÖ.) Und wer hat sich zu diesen bedenklichen Entwick­lungen nicht einmal kritisch geäußert? – Richtig, das ist Schwarz-Grün! (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Ofner: Bravo!)

Diese Methode der Angstmacherei, meine Damen und Herren, ist ja keine Erfindung der österreichischen Regierung. Das wurde ja in vielen Ländern so gemacht, und überall dort, wo das gemacht wurde, herrscht eine Spaltung der Gesellschaft, in den Firmen, in den Vereinen, bis hinein in die Familien – aber komischerweise gibt es in diesen Ländern keine FPÖ. Also, meine Damen und Herren, dann werden es wohl Sie von der Regierung gewesen sein, die das Land und die Nation gespalten haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ursprüngliche Versprechen der ÖVP, dass es keine Impfpflicht geben wird, ist in Wahrheit die mit Abstand größte Lüge in diesem gesamten Coronawahnsinn (Beifall bei der FPÖ – Bundesrätin Schartel: Ja! Ja!), und das beweist, dass man dieser gesamten Partie in Form einer schwarz-grünen Regierung nichts glauben kann. Jeder gesunde ungeimpfte Österreicher steht unter Generalverdacht, krank zu sein, und muss in Zukunft


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 114

einen Nachweis erbringen, um arbeiten gehen zu dürfen! Das, meine Damen und Her­ren, ist in Wahrheit krank, das ist wirklich krank! Während andere Länder in Europa – wir haben es jetzt schon gehört – die Maßnahmen zurückfahren oder teilweise aufheben, werden bei uns die Zwangsmaßnahmen verschärft, mit dem Ziel, die Menschen in die Nadel zu treiben. Genau das ist der Grund hinter Ihrem Handeln, und kommen Sie mir jetzt nicht mit irgendeiner Durchimpfungsrate! Die Wahrheit ist: Andere Länder haben sogenannte Seroprävalenzstudien durchgeführt – genau das ist es, was in Österreich fehlt, und viele Experten sagen ja, genau das gehört auch in Österreich gemacht, aber da sind Sie wieder blind und taub. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Bundesrä­tin Schumann.)

Viele Menschen haben sich sicher nicht impfen lassen, weil sie Angst vor Corona haben oder hatten, sondern viele sind nur geimpft, um den Schikanen dieser Regierung entge­hen zu können. Vielmehr weiß man ja heute auch, dass die Impfung eben nicht der ver­sprochene Gamechanger des Heilands Sebastian Kurz ist und weder vor Infektion noch vor Weitergabe schützt. (Ruf bei der ÖVP: Bitte! Ich bitte dich!) Die Situation in den Spitälern ist seit Wochen stabil, so stabil, dass man immer wieder Intensivpatienten aus anderen Ländern aufnehmen kann. Ganz aktuell hat man jetzt wieder Intensivpatienten aus Rumänien aufgenommen. Also wie wollen Sie da bitte eine 3G-Pflicht erklären? Das ist nicht erklärbar! (Beifall bei der FPÖ.)

Ihr House of Kurz stürzt in sich zusammen, sowohl was die Korruption als auch was die Pandemie angeht, und dass hier wieder einmal die SPÖ umfällt (Zwischenruf der Bun­desrätin Schumann) – das ist ja wieder einmal bezeichnend –, ist eine Schande, und ich sage es noch einmal: Das ist ein Verrat an den Arbeitnehmern, ganz nach dem Spruch: Wer hat euch verraten? Die Sozialdemokraten! (Beifall bei der FPÖ. – Neuer­licher Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.)

Aber, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, schaut auf eure eigene Face­book-Seite, lest die Kommentare eurer eigenen Mitglieder (neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Schumann), eurer eigenen Funktionäre, und ihr werdet sehen, das Ganze wird sich von selbst richten!

Die Gewinner dieser Testpflicht am Arbeitsplatz sind nicht die Krankenhäuser. Die Ge­winner dieser Testpflicht sind wieder die ÖVP-Freunde, die sich damit eine goldene Na­se verdienen. (Beifall bei der FPÖ.) Anscheinend verdienen jetzt auch schon viele Grü­ne mit, Herr Minister, und anscheinend verdienen auch einige in der SPÖ mit. Anders kann man es sich ja gar nicht mehr erklären. (Bundesrätin Grimling: Das ist ja wirklich eine ...!)

Zum Abschluss: Nicht alles, meine Damen und Herren, nicht alles, was die ÖVP macht, ist strafbar oder strafrechtlich relevant, somit sind nicht für alle Ungerechtigkeiten dieser ÖVP die Gerichte und die Staatsanwaltschaften zuständig. Auch Sie, meine Damen und Herren Österreicher, haben die Möglichkeit, diese ÖVP abzustrafen, nämlich bei den künftigen Wahlen, und ich bin überzeugt, dass das auch passieren wird. (Beifall bei der FPÖ.)

15.06


Vizepräsident Günther Novak: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Ingo Appé zu Wort gemeldet. – Bitte. (Ruf bei der FPÖ: Oje!)


15.07.10

Bundesrat Ingo Appé (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Herr Kollege Spanring, Ihre Be­hauptung, dass wir SPÖ-Mandatare E-Mails, die wir erhalten haben, gelöscht, geschred­dert oder nicht beantwortet haben, mögen Sie jetzt bitte beweisen. Das haben Sie klipp und klar gesagt, und ich sage: Das stimmt nicht. (Bundesrat Steiner: Das ist keine tat­sächliche Berichtigung!)


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 115

Weiters: Dass die SPÖ mitverdient, entspricht nicht der Wahrheit und ist eine Un­wahrheit. Wenn Sie sich an meine Rede erinnern können – aber vielleicht haben Sie mir nicht zugehört –, wissen Sie, dass ich gesagt habe: „In den letzten zwei Tagen haben wir Mandatare eine Flut von E-Mails besorgter Bürger und Bürgerinnen erhalten“, „uns gegen diese Regelung auszusprechen.“ – Niemand hat sich darüber lustig gemacht oder über die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger - - (Zwischenrufe der Bundesräte Hübner und Spanring.) Hör mir zu! Niemand hat sich darüber lustig gemacht! Das ist eine Un­terstellung! (Beifall bei der SPÖ.)

15.08


Vizepräsident Günther Novak: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor. (Bun­desrat Steiner hebt die Hand.) Doch? – Kollege Steiner, bitte. Ich erteile Ihnen das Wort.


15.08.29

Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol): Herr Vizepräsident! Herr Kollege Appé und auch Herr Kollege Vizepräsident, Sie müssen, glaube ich, beide noch einmal die Ge­schäftsordnung lernen. Das war keine tatsächliche Berichtigung, so wie man es ge­schäftsordnungsmäßig machen muss. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Reisinger: Aber die Wahrheit! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Nur so viel: Als mein Kollege Spanring vorhin gesagt hat, euch sind die Sorgen und Ängste der Bürger egal, hat es aus dem SPÖ-Sektor lautes Gelächter gegeben. (Bun­desrätin Schartel: Richtig!) Ihr habt Glück gehabt, dass der ORF nicht dagewesen ist, denn sonst wärt ihr endlich einmal überführt gewesen! (Beifall bei der FPÖ. – Rufe bei der SPÖ: Geh, geh!)

Ich wollte jetzt eigentlich nichts mehr sagen, aber Herr Minister Mückstein hat mich he­rausgefordert. Er sitzt über eineinhalb Stunden da drüben und schaut ins Telefon. Dem ist völlig (Bundesrätin Schartel: Wurscht!), völlig wurscht, völlig wurscht, was da he­raußen diskutiert wird. Schauen Sie einmal vom Handy auf, endlich! (Bundesrätin Zwazl: Jetzt gehen Sie zu weit!) Er hat schon seine Tasche zusammengepackt und stellt sich her und redet 30 Sekunden lang. Das muss man sich einmal vorstellen: Der ist Minister und, ja, redet nicht einmal 30 Sekunden lang, sondern liest mehr schlecht als recht (Bei­fall bei der FPÖ), stottert es vom Zettel herunter, 30 Sekunden lang. Das ist eines Mi­nisters, der sich auch noch Gesundheitsminister schimpft, nicht würdig, Herr Mückstein, das sage ich Ihnen auch einmal ganz offen und ehrlich von dieser Stelle aus!

Da können Sie ruhig zum Präsidenten hinaufschauen, aber das ist die Wahrheit: Wenn man so vom Zettel herunterstottert, ist das ja ein Wahnsinn! Peinlich! Peinlich ist so et­was! (Rufe bei den Grünen: Hallo!)

Zu eurer 3G-Regel für den Arbeitsplatz – wenn bloß der ORF übertragen würde –: Sind wir uns einig, dass das hier unsere Arbeitsplätze sind, auf denen wir mit 5 Zentimetern Entfernung voneinander sitzen? Dann geht mit gutem Vorbild voran und setzt euch eure Scheiß-FFP2-Masken auf, denn Ihr verordnet das gerade der arbeitenden Bevölkerung draußen! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.)


15.10.26*****

Vizepräsident Günther Novak: Herr Kollege! Für den Ausdruck „Scheiß-FFP2-Mas­ken“ erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.

Bitte verhalten Sie sich der Würde des Parlaments entsprechend und versuchen Sie, vernünftig mit den Bundesrätinnen und Bundesräten zu sprechen! (Zwischenruf bei der ÖVP.)

*****


15.11.00


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 116

Bundesrat Christoph Steiner (fortsetzend): Herr Präsident, danke, aber ich glaube, ich habe mit diesem Wortlaut sehr vielen Österreichern aus der Seele gesprochen – ich nehme den Ordnungsruf jedoch zur Kenntnis.

Zu Herrn Kornhäusl, weil ich gerade unterbrochen wurde: Dass Sie keine Auszeichnung für Ihren Berufsstand sind, wissen wir mittlerweile eh. (Bundesrat Kornhäusl: So wie du, ja!) Zu Ihren heutigen verbalen Entgleisungen muss ich aber schon noch etwas sagen. Sich hier ans Rednerpult zu stellen und zu sagen, die FPÖ habe das „Kickl-Virus“, Herr Kollege Kornhäusl: Sie werden sich hier nie wieder moralisch über einen anderen er­heben! Für Ihre Aussage hat der Herr Präsident von der ÖVP Ihnen aber keinen Ord­nungsruf erteilt, das sei auch noch erwähnt. (Zwischenruf des Bundesrates Kornhäusl.)

Eines sage ich Ihnen auch noch, das sage ich aber allen hier – das sage ich Ihnen, Herr Kornhäusl von der ÖVP, und das sage ich auch der SPÖ –: Lieber habe ich einen Kickl-Virus als einen Kurz-Virus – lieber ungeimpft als korrupt! (Beifall bei der FPÖ. – Zwi­schenruf bei der SPÖ.)

15.12


15.12.00*****

Vizepräsident Günther Novak: Herr Kollege Steiner, ich erteile Ihnen einen zweiten Ordnungsruf für das Wort „korrupt“. (Bundesrätin Schartel: Deswegen ermittelt ja die Korruptionsstaatsanwaltschaft!)

*****


15.12.18

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zu den Abstimmungen, die über die gegenständlichen Tagesordnungs­punkte getrennt erfolgen.

Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Oktober 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 und das COVID-19-Maßnahmengesetz geändert werden, 1824/A und 1067 der Beilagen sowie 10748/BR der Beilagen sowie 10750/BR der Beilagen.

Ich lasse zunächst über den Ausschussantrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, abstimmen.

Es ist hiezu eine namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von fünf Bundesräten gestellt wurde, ist gemäß § 54 Abs. 3 der Geschäftsordnung eine namentliche Abstimmung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Im Sinne des § 55 Abs. 5 der Geschäftsordnung erfolgt die Stimmabgabe nach Aufruf durch die Schriftführung in alphabetischer Reihenfolge mündlich mit „Ja“  kein Ein­spruch – oder „Nein“ – Einspruch. Ich bitte um deutliche Meldungen.

Ich ersuche nunmehr die Schriftführerin um den Aufruf der Bundesräte in alphabetischer Reihenfolge.

Ich mache von meinem Stimmrecht Gebrauch und stimme mit, dasselbe wurde mir von der Frau Schriftführerin mitgeteilt. – Bitte sehr, Frau Schriftführerin.

*****


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 117

(Über Namensaufruf durch Schriftführerin Miesenberger geben die BundesrätInnen ihr Stimmverhalten mündlich bekannt.)

*****


Vizepräsident Günther Novak: Ich mache von meinem Stimmrecht Gebrauch und stimme mit „Ja“.

Die Stimmabgabe ist beendet.

Ich unterbreche zur Stimmenauszählung kurz die Sitzung.

15.17.52

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 15.17 Uhr unterbrochen und um 15.19 Uhr wieder aufgenommen.)

15.19.12

*****


Vizepräsident Günther Novak: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe nun das Abstimmungsergebnis bekannt.

Demnach entfallen auf den gegenständlichen Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, bei 57 abgegebenen Stimmen 46 „Ja“-Stimmen beziehungsweise 11 „Nein“-Stimmen.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Mit „Ja“ stimmten die BundesrätInnen:

Appé, Auer;

Bader, Berger-Grabner, Buchmann;

Eder, Eder-Gitschthaler, Egger;

Gerdenitsch, Gfrerer, Grimling, Gross, Grossmann, Gruber-Pruner;

Hahn, Hauschildt-Buschberger, Himmer, Hirczy, Holzner;

Kahofer, Kaltenegger, Kittl, Köck, Kolland, Kornhäusl, Kovacs;

Lackner, Lancaster;

Mattersberger, Miesenberger;

Novak;

Preineder, Prischl;

Raggl, Reisinger, Ringer;

Schennach, Schreuder, Schumann, Schwarz-Fuchs, Schwindsackl, Seeber;

Wolff;

Zaggl-Kasztner, Zeidler-Beck, Zwazl.

Mit „Nein“ stimmten die BundesrätInnen:

Arlamovsky;

Bernard;

Dim;


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 118

Hübner;

Ofner;

Schartel, Schererbauer, Schilchegger, Spanring, Steiner, Steiner-Wieser.

*****


Vizepräsident Günther Novak: Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Aus­schussantrag, der dem ausgedruckten Ausschussbericht beigedruckten Entschließung die Zustimmung zu erteilen. (Bundesrat Steiner: Was ist das jetzt?)

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag die Zustimmung erteilen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit an­genommen. (353/E-BR/2021)

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen auf Fas­sung einer Entschließung betreffend „Der 26. Oktober soll ein Tag der Freiheit werden“ vor.

Über diesen Entschließungsantrag ist eine namentliche Abstimmung verlangt wor­den.

Da dieses Verlangen von fünf Bundesräten gestellt wurde, ist gemäß § 54 Abs. 3 der Geschäftsordnung eine namentliche Abstimmung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Im Sinne des § 55 Abs. 5 der Geschäftsordnung erfolgt die Stimmabgabe nach Aufruf durch die Schriftführung in alphabetischer Reihenfolge mündlich mit „Ja“ oder „Nein“. Ich bitte wieder um deutliche Bekanntgabe.

Ich ersuche nunmehr die Schriftführung um den Aufruf der Bundesräte in alphabetischer Reihenfolge.

Ich mache von meinem Stimmrecht Gebrauch und stimme mit, dasselbe wurde mir von Kollegin Miesenberger mitgeteilt. – Bitte sehr, Frau Schriftführerin.

*****

(Über Namensaufruf durch Schriftführerin Miesenberger geben die BundesrätInnen ihr Stimmverhalten mündlich bekannt.)

*****


Vizepräsident Günther Novak: Ich mache von meinem Stimmrecht Gebrauch und stimme mit „Nein“.

Die Stimmabgabe ist beendet.

Ich unterbreche zur Auszählung der Stimmen kurz die Sitzung.

15.24.04

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 15.24 Uhr unterbrochen und um 15.26 Uhr wieder aufgenommen.)

15.26.02

*****


Vizepräsident Günther Novak: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 119

Demnach entfallen auf den gegenständlichen Entschließungsantrag bei 57 abgegebe­nen Stimmen 10 „Ja“-Stimmen und 47 „Nein“-Stimmen.

Der Entschließungsantrag ist somit abgelehnt.

Mit „Ja“ stimmten die BundesrätInnen:

Bernard;

Dim;

Hübner;

Ofner;

Schartel, Schererbauer, Schilchegger, Spanring, Steiner Christoph, Steiner-Wieser Mar­lies;

Mit „Nein“ stimmten die BundesrätInnen:

Appé, Arlamovsky, Auer;

Bader, Berger-Grabner, Buchmann;

Eder, Eder-Gitschthaler, Egger;

Gerdenitsch, Gfrerer, Grimling, Gross, Grossmann, Gruber-Pruner;

Hahn, Hauschildt-Buschberger, Himmer, Hirczy, Holzner;

Kahofer, Kaltenegger, Kittl, Köck, Kolland, Kornhäusl, Kovacs;

Lackner, Lancaster;

Mattersberger, Miesenberger;

Novak;

Preineder, Prischl;

Raggl, Reisinger, Ringer;

Schennach, Schreuder, Schumann, Schwarz-Fuchs, Schwindsackl, Seeber;

Wolff;

Zaggl-Kasztner, Zeidler-Beck, Zwazl.

*****


Vizepräsident Günther Novak: Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Oktober 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Covid-19-Zweckzuschussgesetz geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Oktober 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Betriebliche Testungs-Gesetz geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Oktober 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Covid-19-Lagergesetz geändert wird.


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 120

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Oktober 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheitstelematikgesetz 2012 ge­ändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Eva Prischl, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Sofortmaßnahmenpaket für eine ausreichende medizini­sche Versorgung der österreichischen Bevölkerung“ vor. Ich lasse über diesen Ent­schließungsantrag abstimmen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungsantrag zu­stimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenminderheit. Der Antrag auf Fas­sung der gegenständlichen Entschließung ist somit abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Oktober 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Krankenanstalten- und Kuranstalten­gesetz und das Medizinproduktegesetz geändert werden.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Ingo Appé, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Pflegeoffensive jetzt!“ vor. Ich lasse über diesen Ent­schließungsantrag abstimmen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungsantrag zu­stimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenminderheit. Der Antrag auf Fas­sung der gegenständlichen Entschließung ist somit abgelehnt.

15.30.1415. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Oktober 2021 betreffend ein Abkommen im Bereich der sozialen Sicherheit zwischen der Republik Österreich und Kanada (1031 d.B. und 1083 d.B. sowie 10766/BR d.B.)


Vizepräsident Günther Novak: Wir gelangen nun zum 15. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Andreas Lackner. – Ich bitte um den Bericht.


15.30.40

Berichterstatter Andreas Lackner: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf den Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Oktober 2021 betreffend ein Abkommen im Bereich der sozialen Sicherheit zwischen der Republik Österreich und Kanada zur Kenntnis bringen.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstel­lung.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Oktober 2021 mit Stimmeinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsident Günther Novak: Danke für die Berichterstattung.

Zu Wort gemeldet ist Thomas Schererbauer. – Herr Bundesrat, ich erteile Ihnen das Wort.



BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 121

15.31.39

Bundesrat Thomas Schererbauer (FPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Da es sich bei Tagesordnungs­punkt 15 um eine Promaterie handelt und alle dafür sind, möchte ich euch bitten, dass ich noch ein wenig Zeit verwenden darf, um mich von euch zu verabschieden.

Nach sechs Jahren im Bundesrat heißt es auch für mich, Abschied zu nehmen. Es endet also heute eine großartige Politikerkarriere. (Allgemeine Heiterkeit und allgemeiner Bei­fall.) – Ich habe eine etwas eigene Art von Humor, aber die sei mir verziehen.

Ich bin vor sechs Jahren in einer sehr turbulenten Zeit in den Bundesrat gekommen. Es war damals gerade die Flüchtlingskrise, zwischenzeitig waren wir in Opposition, dann waren wir in der Regierung, dann waren wir wieder in Opposition, dann hat es eine Übergangsregierung gegeben. Ich war bei der Bundespräsidentenwahl dabei. Ich ge­stehe, ich hätte mir zwar den anderen Kandidaten ein bisschen mehr gewünscht, aber da Politik kein Wunschkonzert ist, soll es so sein. Wir haben mit Inge Posch-Gruska auch den Kinderrechteausschuss gegründet. Das war eigentlich auch eine ganz tolle Sache.

Ich habe in diesen sechs Jahren gelernt, wie Parlamentarismus eigentlich funktioniert, dass es verschiedene Meinungen und auch verschiedene Gedankengänge gibt. Das finde ich auch gut so, denn überall, wo dasselbe gedacht wird, wird nicht viel gedacht. Darum ist es ganz wichtig, dass man unterschiedliche Meinungen hat und dass man auch die Meinung des anderen akzeptiert. Das war mir immer sehr, sehr wichtig. Ich hoffe, dass es auch in Zukunft so sein wird, dass man sich gegenseitig respektiert, dass man mit Wertschätzung gegenüber dem anderen agiert.

Das ist allen Emotionen zum Trotz ganz, ganz wichtig. Ich weiß, das ist oft nicht einfach. Ich habe mich immer bemüht. Ich bin – wie soll ich denn sagen? – an und für sich schon der emotionale Typ, aber ich habe mich immer bemüht, dass ich niemanden beleidige, und ich glaube, das ist mir ganz gut gelungen. (Allgemeiner Beifall.)

Ich möchte mich bei den Mitarbeitern, bei unseren Parlamentsmitarbeitern bedanken, bei den Kolleginnen und Kollegen, vor allen Dingen bei meinen Kollegen von der FPÖ, die wirklich immer zu mir gehalten haben, die mich so akzeptiert haben, wie ich bin. Das ist auch nicht immer einfach; man kann es nicht glauben, aber es ist so. Also herzlichen Dank, liebe Freunde, dass ihr mir immer so zur Seite gestanden seid.

Es waren wirklich sechs tolle Jahre, und ich habe hier herinnen echt klasse Leute kennengelernt. Es war für mich wirklich ein Mehrwert, und ich habe mich auch persönlich ein bisschen weiterentwickeln können. Es ist wie beim Bundesheer, man erinnert sich im Nachhinein immer nur an die positiven Dinge, und das werde ich auch aus dem Bun­desrat mitnehmen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich wünsche euch für die Zukunft den nötigen politi­schen Weitblick, die soziale Kompetenz, die man in Zeiten wie diesen mehr denn je braucht. Ich hoffe, ihr behaltet mich in guter Erinnerung. Wenn ihr einmal vor einer Trep­pe steht, nehmt die Treppe und nicht die Rolltreppe, denn es ist wichtig, in Bewegung zu bleiben. Das wäre mir ganz wichtig. (Allgemeine Heiterkeit und allgemeiner Beifall.)

Ich wünsche euch auch das nötige Durchhaltevermögen, um niemals aufzugeben, son­dern immer alles zu geben. In diesem Sinne alles Gute! Bleibt gesund und bleibt in Be­wegung! – Danke schön. (Allgemeiner, lang anhaltender, teilweise stehend dargebrach­ter Beifall.)

15.35


Vizepräsident Günther Novak: Danke, Herr Kollege Bundesrat Schererbauer. Du siehst selbst, du warst ein beliebter Bundesrat. Wir wünschen dir alles Gute für die Zu­kunft.

Frau Kollegin, Sie wünschen das Wort? – Bitte.



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15.35.54

Bundesrätin Ing. Judith Ringer (ÖVP, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Da es auch für mich heute die letzte Bundesratssitzung ist, muss ich natürlich die Gelegenheit nutzen und mich von Ihnen allen verabschieden. Das will ich mir natürlich nicht entgehen lassen.

Ich war nicht sechs Jahre im Bundesrat. Ich bin im Jänner 2020 für mich sehr überra­schend in den Bundesrat entsandt worden. Ich kann nur sagen, es war eine sehr lehrrei­che, eine sehr spannende, vor allem aber durch Corona bedingt auch eine sehr intensive Zeit. Es war eine Zeit, in der ich viele interessante Ansichten, heftige Diskussionen und vor allem auch viel Kameradschaft und Unterstützung erfahren durfte.

Ich bedanke mich bei Ihnen allen sehr herzlich dafür, vor allem bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und bei allen Kolleginnen und Kollegen. Vor allem möchte ich meinem Team der Fraktion, das mich mit offenen Armen aufgenommen hat, für den tollen Team­geist und die absolut immer stattfindende Unterstützung und Hilfe Danke sagen. Das war für mich als Neuanfängerin sehr wertvoll.

Ich darf mich ab November verstärkt in der Kommunalpolitik und im Stadtsenat Steyr für Verkehr und Tourismus engagieren, was mich natürlich besonders freut, da ich mit Ro­bert Seeber, dem Coronapräsidenten der Herzen, einen tollen Partner im Tourismus ha­be. (Bundesrat Seeber: .... Passt schon wieder!)

Ich hoffe, dass ich die Gelegenheit habe, Sie in unserer wunderschönen Stadt Steyr begrüßen zu dürfen, die immer einen Besuch wert ist. Ich wünsche Ihnen allen alles Gute, weiterhin viel Erfolg und sage nochmals ein ganz herzliches Dankeschön für al­les. – Danke. (Allgemeiner, teilweise stehend dargebrachter Beifall.)

15.38


15.38.22

Vizepräsident Günther Novak: Danke, Frau Bundesrätin Ing. Judith Ringer. Auch wir wünschen Ihnen alles Gute für die Zukunft und vor allem alles Gute für Ihre zukünftige Aufgabe.

Weitere Wortmeldungen liegen zu diesem Tagesordnungspunkt nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

15.39.1216. Punkt

Entschließungsantrag der Bundesräte Michael Bernard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rücknahme der Nova-Erhöhung (309/A(E)-BR/2021 sowie 10763/BR d.B.)

17. Punkt

Entschließungsantrag der Bundesräte Michael Bernard, Kolleginnen und Kollegen betreffend keine Erhöhung der motorbezogenen Versicherungssteuer (310/A(E)-BR/2021 sowie 10764/BR d.B.)


Vizepräsident Günther Novak: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungspunkten 16 und 17, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Berichterstatter zu den Punkten 16 und 17 ist Herr Bundesrat Michael Bernard. – Ich bitte um Ihren Bericht, Herr Bundesrat.


15.39.51


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 123

Berichterstatter Michael Bernard: Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Liebe Kollegen im Bundesrat! Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungs­antrag der Bundesräte Michael Bernard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rücknah­me der Nova-Erhöhung. Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Ein Beschluss über den Antrag, dem vorliegenden Entschließungsantrag die Zustim­mung zu erteilen, ist infolge von Stimmengleichheit nicht zustande gekommen.

Weiters bringe ich den Bericht des Finanzausschusses über den Entschließungsantrag der Bundesräte Michael Bernard, Kolleginnen und Kollegen betreffend keine Erhöhung der motorbezogenen Versicherungssteuer.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher sogleich zur Antrag­stellung.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung am 19. Oktober 2021 mit Stimmenmehrheit den Antrag, der Bundesrat wolle dem Antrag keine Zustimmung erteilen.

15.40


Vizepräsident Günther Novak: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Seeber. Ich erteile ihm das Wort.


15.40.58

Bundesrat Robert Seeber (ÖVP, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist auch meine letzte Rede in diesem Haus, zu einem Superthema (allgemeine Heiterkeit), zur NoVA-Erhöhung und zur motorbezogenen Versicherungs­steuer. Das muss ich meinen Tourismuskollegen dann einmal in Ruhe bei einem Glaserl Wein erklären. Ich möchte mich kurz fassen und einige Worte dazu sagen, worum es dabei geht.

Es geht um ein Gesetz, das im Dezember 2020 beschlossen wurde und dann 2021 in Kraft getreten ist. Es geht um eine Änderung am Automobilmarkt und eine entsprechen­de ökologische Neuausrichtung, und die NoVA ist eine der Lenkungsmaßnahmen, um die ökologischen Standards festzumachen. (Bundesrat Spanring: Abzocke!) Die Len­kungswirkung orientiert sich auch an dem europäischen Reduktionspfad; das soll auch in Österreich umgesetzt werden.

Wenn man von der NoVA-Erhöhung spricht, muss man dazusagen, dass es im Automo­bilsektor entsprechende technologische Fortschritte beim Verbrennungsgrad gibt, und auch was die Elektrofahrzeuge betrifft. Nimmt man das in Anspruch, wird auch die NoVA entsprechend reduziert. Was heißt das? – Man will einen Umstieg auf emissionsarme Fahrzeuge erreichen und bedient sich dazu einiger Gutzis, wie zum Beispiel einer Kauf­prämie oder der Befreiung von der motorbezogenen Verbrauchssteuer.

In diesem Zusammenhang möchte ich auch noch die ökosoziale Steuerreform erwäh­nen, bei der auch einige Punkte entlastend für die Familien wirken, und ich bitte, auch das ins Kalkül zu ziehen.

Parallel dazu ist die motorbezogene Versicherungssteuer eine aktuelle Maßnahme, die auch im Regierungspapier 2020 bis 2024 abgebildet ist und sich ebenfalls mit diesen Klimazielen deckt, zu denen sich Österreich und auch die Europäische Union verpflichtet haben. Die Bestimmung ist so gestaltet – das möchte ich noch dazusagen –, dass der angepasste Steuersatz für ein Kfz immer im jeweiligen Jahr der Anmeldung gilt. Dadurch gibt es auch eine längere Übergangsfrist, und die damit verbundene Ökologisierung des Systems wird durch diese Maßnahmen gewährleistet.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, zum Abschluss auch noch einige Punkte von meiner Warte aus zu der Zeit, die ich hier im Bundesrat verbringen durfte: Bei mir, lieber Thomas (in Richtung Bundesrat Schererbauer), waren es fünf Jahre, bei dir waren es sechs Jah­re. Ich habe auch das Glück einer Präsidentschaft gehabt, auf die allerdings Corona


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einen Schatten geworfen hat (Bundesrat Schreuder: Ein Licht!) – oder ein Licht. Ich habe es jetzt nicht mehr in Erinnerung, ich glaube, ich habe die meisten Sitzungen ge­leitet. Es war ja der Beginn der Pandemie, das hat mich also sehr beschäftigt.

Ich darf mich an dieser Stelle bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Hauses be­danken, die da sehr viel gearbeitet haben, das habe ich mitbekommen, und mich sehr unterstützt haben. Ich möchte mich noch einmal ausdrücklich dafür bedanken.

Ich möchte mich auch parteiübergreifend für die kollegiale Aufnahme bedanken, die ich von Beginn an gespürt habe. Die Diskussionen unter uns und zwischen den Parteien sind natürlich manchmal aufbrausend, manchmal sind die Meinungen konträr; das soll so sein, das braucht eine Demokratie. Manchmal ist auch ein bisschen Show dabei, sagen wir es ganz ehrlich, das gehört zur Politik einfach dazu. Ich habe das immer genommen, wie es war, aber letztendlich, muss ich sagen, bin ich dankbar dafür, dass ich quer durch die Fraktionen auch persönliche Freundschaften geschlossen habe. Ich habe hier auch – genauso wie du, Thomas (in Richtung Bundesrat Schererbauer) – in­teressante Persönlichkeiten kennengelernt.

Ich darf mich an dieser Stelle auch bei meiner Fraktion bedanken. Lieber Karl (in Rich­tung Bundesrat Bader), wir sind ein Superteam. Es tut mir ein bisschen leid, dass ich euch jetzt nicht mehr sehe, aber glaubt mir: Ich hoffe, dass ihr diese Freude, die ich bei meiner interessenpolitischen Tätigkeit habe, die ich ja nach wie vor ausübe, auch hier bei eurer Tätigkeit habt. Ihr wisst ja, ich bin der Bundesobmann der Sparte Tourismus, ich bin auch im Präsidium der Österreich-Werbung, und ich muss jetzt Reklame machen: Wir sind Europäische Kulturhauptstadt 2024 – das Salzkammergut mit Bad Ischl –, und ich hoffe, der eine oder andere läuft mir auch dort im Salzkammergut über den Weg.

Abschließend: Der Grieche sagt „panta rhei“, alles fließt, nur der Wechsel ist beständig. Als Touristiker, ihr werdet es nicht glauben, war und bin ich ein Mensch, der sehr gerne reist. Ich war in jüngeren Jahren ein Globetrotter, ich habe fast die ganze Welt bereist, und manchmal habe ich nicht glauben können, an welchen Orten ich diesen oder jenen getroffen habe.

Was meine ich damit? – Durch meine Bundesfunktion bin ich ja hin und wieder in Wien, und ich bin sicher, dass ich den einen oder anderen da sehe. Ein kleines Glaserl Wein oder auch mehr oder ein Seitel Bier – das bin ich als Gastronom so gewohnt –: Ich würde mich freuen, wenn wir da gemeinsam einen heben könnten. Wenn ihr keine Zeit habt und ihr seid einmal auf der Durchreise – wieder eine Reklame –: Promenadenhof in Linz, ihr seid dort auf ein gutes Achterl oder ein gutes Seiterl eingeladen.

In diesem Sinne: Kurzum, es war mir eine Ehre, hier zu sein. Danke an euch alle und Glück auf! – Danke. (Lang anhaltender, stehend dargebrachter allgemeiner Beifall.)

15.46


Vizepräsident Günther Novak: Danke, Herr Kollege Bundesrat und Präsident Robert Seeber. Auch wir wünschen dir alles Gute für die Zukunft, eine gute Hand für deine Be­triebe in Linz und vor allem auch eine gute Hand für den österreichischen Tourismus.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Kollege Günter Kovacs. Ich erteile ihm das Wort.


15.47.44

Bundesrat Günter Kovacs (SPÖ, Burgenland): In aller Kürze: Diese zwei Entschlie­ßungsanträge von Michael Bernard – zur NoVA-Erhöhung und betreffend keine Erhö­hung der motorbezogenen Versicherungssteuer – wurden schon im Ausschuss beraten. Wir haben uns natürlich schon im Ausschuss dahin gehend festgelegt, dass wir bei der Abstimmung für den Entschließungsantrag stimmen werden, der die Erhöhung der NoVA betrifft, bei dem es darum geht, dass die Bundesregierung und insbesondere das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Techno­logie aufgefordert wird, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, mit der die


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am 19. Dezember 2020 beschlossene Erhöhung der Normverbrauchsabgabe rückgän­gig gemacht wird, sowie dass bei einer allfälligen Neuregelung soziale Kriterien berück­sichtigt werden. – Das ist einmal Punkt eins.

Der zweite Punkt ist aber diese motorbezogene Versicherungssteuer: Das sehen wir schon ein bisschen anders. Das kann man schon machen, dass man Besitzer von PS-starken Autos zur Kasse bittet. Wenn einer ein Auto mit 300 oder 400 PS hat, dann kann er sich auch diese Steuer leisten. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

15.48


Vizepräsident Günther Novak: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Michael Bernard. Ich erteile ihm das Wort.


15.49.04

Bundesrat Michael Bernard (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Vizepräsi­dent! Werte Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Es ist fix: Der türkis-grüne Belastungsteufel hat wieder zuge­schlagen. So geht es der österreichischen Bevölkerung fast wöchentlich, seitdem die türkis-grünen Belastungsritter im Amt sind. Am heutigen Tag haben die türkis-grünen Belastungsritter noch Unterstützung von den roten Belastungsmitrittern.

Für all jene, die erst jetzt zugeschaltet haben: Ab 1. November gilt, verordnet von der türkis-grün-roten Belastungsfraktion, die 3G-Pflicht am Arbeitsplatz. Das bedeutet für die anständige österreichische Bevölkerung: Wenn man in der Arbeit Kontakt zu anderen Personen hat, muss man gegen das Coronavirus geimpft, getestet oder genesen sein. (Zwischenruf von Bundesrätin Zwazl.) Menschen, die einen 3G-Nachweis dauerhaft ver­weigern, müssen laut Kocher mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen. Wie reali­tätsfremd, abgehoben die handelnden Personen agieren, zeigen die Aussagen des unfä­higsten Gesundheitsministers aller Zeiten. (Beifall bei der FPÖ.)


Vizepräsident Günther Novak: Herr Kollege Bernard, können Sie bitte beim Thema bleiben?


Bundesrat Michael Bernard (fortsetzend): ... bei den stündlichen Nachrichten als Bei­spiel dafür, welche Arbeitnehmer nicht der 3G-Regelung am Arbeitsplatz unterliegen, den Beruf des Lkw-Chauffeurs zum Besten gibt, da bei diesem Beruf der Kontakt mit anderen Personen ausgeschlossen ist. Die Grünen verwechseln anscheinend den Lkw-Chauffeur mit dem Lenker eines Lastenfahrrads, der in Zeitungszustellerservicemanier die Ware über den Grundstückszaun schmeißt. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Schen­nach: Ja, jetzt verstehe ich!)

Wenn die Zukunft unseres Landes von solchen Personen abhängig ist und das Land von diesen mitregiert wird, dann gute Nacht, Österreich! (Beifall bei der FPÖ.)

Die türkis eingefärbten Schwarzen müssen anscheinend das Steuergeld, das anschei­nend seit 2016 vom türkisen La-Familia-Team – Bussi, Bussi – auf schrägen Wegen für die anscheinende Irreführung der Bevölkerung ausgegeben wurde, wieder zurückfinan­zieren, mit unglaublichen Strafen für Arbeitgeber und Mitarbeiter in der Höhe von 3 600 Euro beziehungsweise 500 Euro, untermauert mit der Möglichkeit der Kündigung und an­schließendem Nichtauszahlen des Arbeitslosengeldes, geprüft durch die dann ab 31. März 2022 geltende ausnahmslose PCR-Testung; Rückverfolgung der zu prüfenden Zeiten über die Sozialversicherungsnummer. – Das ist nicht DDR 2.0, für das man das sogenannte goldene oder schwarze Brett zugesprochen bekommt, sondern 10.0 in Ver­bindung mit der 3K-Regel: kriminell, korrupt und käuflich (Beifall bei der FPÖ) – mit Un­terstützung – nochmals, man kann es nicht oft genug sagen – von Grün und Rot, mit türkis-schwarzen Rändern.


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Das Motto dieser Vereinigung lautet: Die anständige österreichische Bevölkerung muss ihren mühselig erarbeiteten Wohlstand verlieren. – Wir Freiheitlichen kämpfen, das kann ich, sehr geehrte österreichische Bevölkerung, versprechen, mit euch anscheinend als einzige Fraktion im Parlament weiter gegen diesen Wahnsinn an. (Beifall bei der FPÖ.)

Nun zu den von mir eingebrachten Anträgen: Auch da geht anscheinend das falsche Regierungsspiel weiter. Um das aufzuzeigen, werde ich auch betreffend die von uns Freiheitlichen eingebrachten Anträge Verlangen auf eine namentliche Abstimmung ein­bringen.

Im Wirtschaftsparlament wurde von der Freiheitlichen Wirtschaft am 24.6.2021 folgender Antrag an die Wirtschaftskammer Österreich zum Thema NoVA eingebracht: Die Wirt­schaftskammer Österreich wird aufgefordert, sich bei den zuständigen Stellen dafür einzusetzen, dass die für 1.7.2021 geplante Gesetzesänderung a) bis auf Weiteres auf­geschoben wird, b) neu verhandelt wird und c) keine massiven Mehrbelastungen für Un­ternehmer entstehen.

Dieser freiheitliche Antrag wurde auch mit Stimmen der ÖVP angenommen, nur die Grünen waren dagegen. Und was kommt im Endeffekt raus? – Ein Initiativantrag von Türkis-Grün, der beinhaltet, dass nur Fahrzeuge, die vor dem 1. Juli bestellt wurden und nicht ausgeliefert werden können, bis Mai 2022 noch nach der alten NoVA-Regelung besteuert werden. Dies zeigt auf, wie ernst die angebliche Unternehmervertretung alias Türkis-Schwarz ihren Auftrag nimmt. Von den hasserfüllten Grünen ist man, wenn es ums Thema Kraftfahrzeug geht, sowieso nichts anderes gewohnt. (Beifall bei der FPÖ.)

Am sogenannten Bauernsterben, das über einen längeren Zeitraum stattgefunden hat – zur Erinnerung: 1970 gab es noch 366 000, 2017 nur mehr 162 000 land- und forstwirt­schaftliche Betriebe –, sieht man, wie sich die konsequente Betriebszerstörung der ÖVP auswirkt. Nun hat sich die ÖVP mit türkisem Mascherl, transportiert im grünen Elektro­lastenfahrrad, im ersten Schritt nach ihren Einsperr- und Lockdownmaßnahmen an­scheinend vorgenommen, die Klein- und Mittelbetriebe zu ruinieren, unter anderem mit der Erhöhung der NoVA.

So wie schon bei meinem letzten Rücknahmeantrag betreffend NoVA-Erhöhung wieder­hole ich: Eines sei dem türkis-grünen Belastungskomitee unserer Wirtschaft, unseres Heimatlandes ins Stammbuch geschrieben: „Kümmern Sie sich um das Trockenlegen von Korruptionssümpfen und behandeln Sie die Bakterienstämme! [...] Hören Sie auf,“ die österreichische „Bevölkerung einzukerkern und die Grundrechte außer Kraft zu set­zen! Hören Sie auf, unsere Bevölkerung zu belasten und zu spalten!“ (Beifall bei der FPÖ.) „Hören Sie mit der Diskriminierung von Autofahrern, Motorradfahrern oder der vielen Wirtschaftstreibenden auf, die für den täglichen Bedarf an Mobilität unbedingt ein Kraftfahrzeug benötigen!“

Wichtig wäre, nicht zu spalten, sondern mit den schon jetzt verfügbaren Technologien die Treibstoffproduktion aus erneuerbaren Energien zu forcieren. Außerdem wundert es mich auch im Hinblick auf den Bereich des Wasserstoffs, dass mit diesem Bundesgesetz nur die Brennstoffzellentechnologie dieses Privileg bekommt, dass um bis zu 75 Prozent reduziert werden kann, weil ein Wasserstoffverbrennungsmotor genauso eine Wasser­stoffverbrennungstechnologie ist, die CO2-neutral ist. Wir Freiheitlichen würden uns also wünschen, dass künftig doch auf die Technologieneutralität gesetzt wird.

Weiters frage ich mich: Ist Ihnen von der türkis-grünen Kasernierungsbundesregierung mit Kerkertendenzen nicht bewusst, dass Sie, wenn Sie Maßnahmen wie die NoVA-Er­höhung setzen, zusätzlich zur Belastung der Bevölkerung und der Wirtschaft die Er­neuerung der Flotte verzögern? Ein durchschnittlicher Kastenwagen, der in Österreich von Gewerbe- und Handwerksbetrieben genutzt wird, kostet derzeit 29 900 Euro. Bis ins Jahr 2024 würde der Preis mit der derzeit fixierten NoVA-Änderung auf knapp


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43 400 Euro steigen. Diese knapp 88 000 Fahrzeuge sind im Werksverkehr täglich im Einsatz. Multipliziert man die zusätzlichen Kosten der Steuer mit dieser Zahl, so entsteht eine zusätzliche Belastung von unglaublichen 1,18 Milliarden Euro.

Diese Belastungen können aber nicht alleine von den Unternehmern getragen und müs­sen natürlich auch an den Konsumenten weitergegeben werden. Das betrifft dann auch die Familien, die durch die verfehlte Coronapolitik der Bundesregierung ebenfalls schwer belastet werden. Die Waren des täglichen Gebrauchs werden zusätzlich zu den mas­siven Teuerungen bei Strom- und Heizkosten und so weiter durch die exorbitante Erhö­hung der NoVA massiv teurer werden. Nur ein Beispiel: Im Jahre 2020 wurde für den VW Sharan eine NoVA von 3 344 Euro verlangt, 2024 werden es unglaubliche 6 560 Eu­ro sein.

Daher stellen die Bundesräte Michael Bernard und weitere unterzeichnete Bundesräte zum Entschließungsantrag, der wie folgt lautet: „Der Bundesrat wolle beschließen: ,Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie werden aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, mit der die am 19. Dezember 2020 beschlossene Erhöhung der Normverbrauchsabgabe (NoVA) rückgängig gemacht wird, sowie dass bei einer allfälligen Neuregelung soziale Kriterien berücksichtigt werden.‘“, folgenden An­trag:

Antrag

„Die unterzeichneten Bundesrätinnen und Bundesräte stellen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR den Antrag, dem gegenständlichen Entschließungsantrag die Zustimmung zu er­teilen.“

*****

Nun zum zweiten Entschließungsantrag, betreffend Rückgängigmachen der Erhöhung der motorbezogenen Versicherungssteuer: Für Autos, die ab 1. Jänner 2021 erstmalig zugelassen wurden und werden, sieht das Gesetz eine Erhöhung der motorbezogenen Versicherungssteuer vor.

Eine Erhöhung der motorbezogenen Versicherungssteuer, die so wie die NoVA-Erhö­hung vor allem die Familien und die Wirtschaftstreibenden trifft, lehnen wir Freiheitlichen generell ab. Die motorbezogene Versicherungssteuer ist eine reine Besitzsteuer. Für mich bezeichnend ist, wenn ein sogenannter Experte aus dem Ministerium von Len­kungseffekten spricht, wenn man ihm das klassische Beispiel, wie im Antrag beschrie­ben, vom Ankauf eines Wohnmobils, wo es nicht einmal einen adäquaten Ersatz für den normal betriebenen Diesel- oder Benzinverbrennungsmotor gibt, vorrechnet. Jährlich fal­len da zusätzlich 1 000 Euro an motorbezogener Versicherungssteuer an, bei einer durch­schnittlichen Nutzungsdauer von 20 Jahren sind das unglaubliche zusätzliche 20 000 Euro.

Gewisse Personen im grün angeführten Ministerium sind anscheinend so geblendet, ihre CO2-Hirngespinste gehen so weit, dass auch beim Buffet die Mitarbeiter zu Veganern werden müssen. Anscheinende Lenkungseffekte gibt es auch in diesem Bereich, Schwei­ne und Kühe produzieren einer gewissen Personengruppe im Ministerium anscheinend zu viel CO2.

15.59


Vizepräsident Günther Novak: Herr Bundesrat Bernard, ich muss nun wegen der Dringlichen Anfrage – 16 Uhr – unterbrechen. Wir können dann nach der Dringlichen Anfrage weiter verhandeln.


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 128

Das nehmen wir noch mit hinein: Der von den Bundesräten Michael Bernard, Kollegin­nen und Kollegen gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eingebrachte Antrag zum Verhandlungsgegenstand, dem Entschließungsantrag die Zustimmung zu erteilen, ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Ich unterbreche nunmehr die Verhandlung zur Tagesordnung. Da der Herr Minister noch nicht da ist, frage ich Fraktionsvorsitzenden Bader, ob der Herr Minister in der Nähe ist. – Er kommt, er ist draußen. (Bundesminister Blümel betritt den Sitzungssaal.) – Gut, dann begrüßen wir den Herrn Bundesminister für Finanzen, Herrn Mag. Gernot Blümel, zur Dringlichen Anfrage. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

16.02.47Dringliche Anfrage

der BundesrätInnen Dominik Reisinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Finanzen betreffend „ÖVP/Grüne-Bundesregierung verschlechtert die finanzielle Lage der Menschen und der Kommunen – Gemeinden sind aber Motor der wirtschaftlichen Erholung nach der Krise und nah bei den Menschen“ (3929/J-BR/2021)


Vizepräsident Günther Novak: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über die Dring­liche Anfrage der Bundesräte Dominik Reisinger, Kolleginnen und Kollegen an den Herrn Bundesminister für Finanzen.

Da die Dringliche Anfrage allen Mitgliedern des Bundesrates zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Ich erteile Herrn Bundesrat Dominik Reisinger als erstem Anfragesteller zur Begründung der Anfrage das Wort. – Bitte.


16.03.22

Bundesrat Dominik Reisinger (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor allem auch liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause vor den Bildschirmen und auf der Galerie hier im Plenum! Jetzt sitzt er hier, unser Finanzminister. Vor wenigen Tagen stand er noch hier am Rednerpult und hielt seine Budgetrede. Ganz klar ist, dass im Vorfeld einer sol­chen Rede die Erwartungen groß sind, weil es doch so ist, dass es seit Jahren, seit vielen Jahren in wichtigen Lebensbereichen der Menschen großen Reformbedarf gibt. Die Coronapandemie hat diesen Reformbedarf da und dort auch noch ein wenig zuge­spitzt und verstärkt.

Dieser Reformansatz besteht einerseits darin, dass es organisatorischer und inhaltlicher Änderungen bedarf, andererseits darin, dass es für diese Reformen natürlich auch fi­nanzielle Vorsorgen braucht, also eine budgetäre Abbildung dieses notwendigen Um­baus und dieser notwendigen Verbesserungen. Wir sind uns da wohl alle einig: Refor­men sollen ein Ziel haben, nämlich etwas zu verbessern. (Beifall bei der SPÖ.)

In diesem Zusammenhang kann ich Ihnen, sehr geehrter Herr Finanzminister, leider nicht ersparen, Ihnen nach Vorlage des Budgetvoranschlags für 2022 absolutes Versa­gen in zentralen Bereichen zu attestieren. Wir diskutieren mit Ihnen seit Beginn der Co­ronakrise im Hohen Haus die prekäre Finanzlage der über 2 000 Gemeinden und Städte in Österreich. Wir haben Ihnen auch unzählige Male geschildert, dass durch die enormen Steuerausfälle für die Gemeinden die Gefahr droht und sehr konkret wird, dass die Kom­munen ihre vielfältigen Leistungen der Daseinsvorsorge nicht mehr finanzieren können.

Auf der anderen Seite vermehren sich zugleich die Aufgaben der Gemeinden rasant. Ich spreche von der Kinderbetreuung, von der Bildung, von der Pflege, vom Ausbau der Infrastruktur – Straßen, Gehwege und Radwege –, vom Breitbandausbau, von der Wasserversorgung und der Abwasserentsorgung, von der Müllentsorgung bis hin zur


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Unterstützung des breiten Vereinslebens in unseren Kommunen. All das und noch ei­niges mehr haben die Gemeinden in Hauptverantwortung zu organisieren, ja, aber nicht nur zu organisieren, sondern auch zu finanzieren.

Und was machen Sie, Herr Minister? – Anstatt die Gemeinden und Städte finanziell zu stärken, schwächen Sie die Städte und Gemeinden und gefährden damit eine positive Weiterentwicklung in der unmittelbaren Lebenswelt der Menschen. Ich frage Sie: Wo bleibt der so dringend notwendige Reformansatz, der sich in Ihrem Budget abbilden müsste? Wo sind die Neuerungen? Wo sind die Innovationen? Ich sage Ihnen: Wir wer­den diese Neuerungen nicht finden, weil sie ganz einfach nicht vorhanden sind, weder im Budget noch in der geplanten Steuerreform der Regierung.

Herr Minister! Sie verweigern abermals und sehr beharrlich die finanzielle Stärkung der Kommunen. Das zieht sich wie ein türkiser Faden durch Ihre gesamte Amtszeit. Beim zweiten Coronahilfspaket für die Gemeinden gewährten Sie fast in einer Von-Gottes-Gnaden-Manier 1 Milliarde Euro – 1 Milliarde Euro, die die Gemeinden allerdings nur als Vorschuss bekommen haben und wieder zurückzahlen müssen. Der vorgelegte Budget­entwurf und die Steuerreform versprechen leider keine Besserung. Ganz im Gegenteil: Die finanzielle Anspannung in den Gemeinden wird sich weiter verstärken, und es droht ein schmerzlicher Einschnitt bei den kommunalen Leistungen. Ich sage Ihnen auch, wa­rum: weil mit Ihrem Budget ein Systembruch erfolgt. Es drohen neuerliche Steueraus­fälle, weil die Steuereinnahmen über die sogenannte CO2-Bepreisung nur dem Bund zugutekommen sollen. Dieses Geld wird dann den Kommunen bei den Ertragsanteilen fehlen.

Auf der anderen Seite ist die Regierung aber sehr spendabel, wenn es wie so oft um Konzerne, um die große Industrie geht. Mit der KöSt-Senkung, also der Senkung der Gewinnsteuern der Konzerne, macht diese Regierung nämlich ein Steuergeschenk von rund 1 Milliarde Euro, und das jährlich. – Ein Schelm, wer denkt, dass es sich dabei um Gegenleistungen für bereits geflossene Parteispenden handeln könnte! Ja, das ist eine Menge Geld, das wir so dringend in der Pflege, in der Kinderbetreuung und in der Bildung brauchen würden. Leider wissen wir seit wenigen Tagen aus den Chatprotokollen der politischen Altkanzlerfamilie auch, dass der Ausbau der Kinderbetreuung keinen beson­deren Stellenwert hatte und leider noch immer nicht hat. (Bundesrat Bader: Ich habe euch gesagt, dass das ein Blödsinn ist! Wie oft müssen wir euch noch erklären, dass das einfach nicht stimmt?)

Dasselbe gilt auch für den Pflegebereich: Der Notstand, der Pflegenotstand ist laut Ex­perten längst da. Das spüren wir ja draußen in den Regionen, in den Bezirken, in den Gemeinden. Die dringend notwendige Pflegereform ist in weite Ferne gerückt. In diesem Budget wird das Thema Pflege maximal gestreift. Die steigenden Kosten für die Pflege an sich, aber auch die steigenden Kosten für eine verstärkte Pflegekräfteausbildung sind nicht abgebildet. Dadurch wird der existierende Notstand nicht behoben, nicht gelindert, er wird eher verlängert und verstärkt. Das ist ein unmöglicher Zustand, den die SPÖ-Fraktion sicher nicht kampflos hinnehmen wird.

In der Bewertung kommen wir als SPÖ-Fraktion zu einem eindeutigen Ergebnis: Dieses Budget und diese Steuerreform sind weder sozial noch ökologisch. Sie sind auch nicht nachhaltig, sie sind ideenlos. (Beifall bei der SPÖ.) Vielmehr haben sie den Charakter eines Taschenspielertricks – so nach dem Motto: Ich stecke dir in die eine Tasche und nehme dir zeitgleich aus der anderen! Es ist einfach Fakt, dass sich die Menschen, zum Beispiel durch die viel zitierte kalte Progression, und auch die Gemeinden diese Steuer­reform selber zahlen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Das heißt, die Vermögensschere geht weiter auseinander, es kommt wieder zu einer Umverteilung von unten nach oben, die Bezieherinnen und Bezieher kleiner Einkommen und die Gemeinden sind die klaren Verlierer.


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 130

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister, Ihren Versuchen, unsere Sichtweise zu relativieren oder gar in Abrede zu stellen, bewusst vorbeugend darf ich sagen, dass wir mit unserer Meinung, mit unserer Aussage nicht alleine sind. Viele Ihnen bekannte Persönlichkeiten, zum Beispiel aus der Politik, oder Institutionen geben uns nämlich recht, so etwa – um nur ein Beispiel zu nennen – der hochrangige ÖVP-Politiker Johann Hingsamer, seines Zeichens Gemeindebundpräsident in Oberös­terreich, Vizepräsident des Österreichischen Gemeindebundes. Für ihn sei die Steuerre­form nämlich ein „Schlag ins Gesicht der Gemeinden“, der Föderalismus werde „mit Fü­ßen getreten“, wie er gegenüber den „Oberösterreichischen Nachrichten“ angab.

Es kommt noch dicker: Er wirft Ihnen, Herr Minister, Folgendes vor; ich zitiere aus den Medien: Er – damit sind Sie gemeint, Herr Minister – „holt sich jetzt das Geld, das er mit dem Gemeindepaket gegeben hat, gleich mehrfach zurück“. Laut Hingsamer gebe es auch „null Euro für die Pflege“ und dabei – ich zitiere wieder – lasse er, wieder der Herr Bundesminister, „wie gewohnt“ – das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: wie gewohnt – „die Gemeinden alleine. Das ist ein Wahnsinn“, sagt Gemeindebundpräsi­dent Hingsamer. Und: Die Senkung der Körperschaftsteuer sei ein „Geschenk an die Industrie“. – Das ist eins zu eins meine Interpretation, unsere Meinung über diese Steu­erreform. Das ist doch, glaube ich, eine starke, aber vor allem ehrliche und sehr mutige Ansage, der ich meinen Respekt zolle.

Das ist in dieser Causa noch nicht alles. Kritik kommt zum Beispiel auch von Franz Schellhorn von der Agenda Austria, von zahlreichen Umweltorganisationen, ich nenne nur Global 2000 oder Attac: Sie alle sprechen von Enttäuschung, von vertanen Chancen oder von einem Versagen auf ganzer Linie.

Mein Resümee: Diese Befunde sprechen eine klare Sprache. Die Kritik ist nicht zu über­hören. Sie, sehr geehrter Herr Finanzminister, haben es auch in Ihren Händen, alles für eine echte Entlastung der Menschen und der Kommunen in unserem Land zu tun. So dürfen wir Ihnen heute in diesem Zusammenhang 33 Fragen stellen. Wir erwarten und ersuchen um konkrete Antworten und in weiterer Folge natürlich auch – die Antworten sind das eine – die notwendigen Taten. Wir sind gespannt. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

16.14


Vizepräsident Günther Novak: Zur Beantwortung hat sich Herr Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm dieses.


16.14.11

Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Kolleginnen und Kollegen! Werte ZuseherInnen auf der Galerie und vor den Fern­sehschirmen! Danke, dass ich heute wieder die Gelegenheit habe, im Bundesrat über das wichtige Thema der Gemeinden zu sprechen, denn die Gemeinden sind ja ein we­sentliches Rückgrat unseres Staates; das hat sich nicht erst in Zeiten der Pandemie bewährt. Ich kann mich gut erinnern, dass der Föderalismus immer wieder in der Kritik stand, dass viele auch sehr markante Formulierungen verwendeten, mit dem Ziel, ihn loszuwerden. Ich glaube aber, im letzten Jahr hat sich gezeigt, dass dieser viel ge­scholtene Föderalismus dazu beigetragen hat, dass Österreich besser durch diese Krise gekommen ist als viele andere Länder. Ohne die Initiativen von Ländern, Gemeinden und Städten, der vielen Bürgermeister und GemeinderätInnen wäre es nicht möglich ge­wesen, so rasch und effektiv zu helfen beziehungsweise die Impfstraßen, die Teststra­ßen so gut und schnell zu administrieren.

Bis dato hat der Bund rund 40 Milliarden Euro an Hilfen entweder rechtsverbindlich zu­gesagt oder ausbezahlt. Durch die Wirtschaftshilfen konnten im Jahr 2020 bis zu 350 000 Arbeitsplätze gerettet werden. Am Höhepunkt der Krise sind alleine über die


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Kurzarbeitshilfe rund 1,2 Millionen Arbeitsplätze gesichert worden. Knapp 790 Millionen Euro haben die Gemeinden für kommunale Investitionsprojekte abgerufen. Mit diesen Mitteln wurden Investitionen in der Höhe von rund 3 Milliarden Euro unterstützt.

Mit 240 Millionen Euro sind die meisten Bundesmittel dabei nach Wien geflossen, gefolgt von den Bundesländern Niederösterreich und Oberösterreich. Damit auch alle Gemein­den trotz der starken Auslastung des Baugewerbes die Gelder abholen können, haben wir die Antragsfrist bis Ende 2022 verlängert. Zu Beginn dieses Jahres haben wir ein zweites Gemeindepaket ins Leben gerufen. Um zusätzlich strukturschwache Gemein­den zu unterstützen, haben wir den Strukturfonds um 100 Millionen Euro aufgestockt, die Ertragsanteile der Gemeinden bei der Zwischenabrechnung im März um 400 Millio­nen Euro erhöht und den Gemeinden Mindeststeigerungen bei den Ertragsanteilen durch Sondervorschüsse garantiert. Die aktuelle Wirtschaftserholung hat auch zur Fol­ge, dass sich die Ertragsanteile der Gemeinden natürlich sehr positiv entwickeln. Auf Basis der aktuellen Prognosen lässt sich bereits abschätzen, dass die Ertragsanteile der Gemeinden schon im heurigen Jahr höher sein werden als vor der Krise, also noch im Jahr 2019.

Gerade vor dem Hintergrund der Krise ist die Steuerreform aber wichtiger denn je. In Summe entlasten wir die Österreicherinnen und Österreicher und die heimische Wirt­schaft mit dem Paket bis 2025 um kumuliert etwa 18 Milliarden Euro. Unter Berück­sichtigung der bereits 2020 erfolgten Senkung der ersten Einkommensteuerstufe entlas­ten wir die Bürgerinnen und Bürger jährlich mit mehr als 6 Milliarden Euro. (Beifall bei der ÖVP.)

Das ist das größte Entlastungspaket in der Geschichte der Zweiten Republik. Ich ver­stehe schon, dass man aus einem gewissen Reflex heraus Maßnahmen der Regierung kritisieren muss. Ich bin auch zu 100 Prozent bei Ihnen, wenn Sie sagen, es ist nicht alles perfekt. Es ist noch nicht alles angegangen – von Pensionsreform über Pflege et cetera (Zwischenruf des Bundesrates Reisinger) –, stimmt, aber die Legislaturperiode ist auch noch nicht am Ende. (Ruf bei der FPÖ: Na ja!) Das Ziel war es, die ökosoziale Steuerreform jetzt umzusetzen, und obwohl es zwei so unterschiedliche Parteien waren, die verhandelt haben, ist das Ergebnis, glaube ich, ein wirklich respektables.

Ein Wort noch zur kalten Progression: Egal, welche Rechnung Sie hier anstellen – völlig egal; ob Sie jetzt die kalte Progression kumulierend beginnen lassen mit 2017 schon, also vor dieser Legislaturperiode, oder mit Beginn dieses Jahres oder mit letztem Jahr ‑: Wenn Sie es bis zum Ende des Finanzrahmens 2025 aufsummieren, ist die Entlastung auf Arbeitnehmerseite in jedem Fall wesentlich, wesentlich mehr, als die kalte Progres­sion jemals ausgemacht hätte. Wenn man es aufsummiert, gibt es im Einkommensteu­erbereich – von der Senkung der ersten Einkommensteuerstufe über alle anderen Ent­lastungsmaßnahmen, von der SV-Reduktion bis hin zum regionalen Klimabonus – ein Entlastungsvolumen von 40 Milliarden Euro bei den steuerzahlenden Menschen in Ös­terreich bis Ende 2025. Wenn Sie dem gegenüberstellen, was die kalte Progression aus­macht, dann sind es selbst im – ich sage einmal – pessimistischsten Fall 20 Milliarden Euro mehr Entlastung, als die kalte Progression ausgemacht hätte. Diese Rechnung stimmt also einfach nicht, völlig egal, wie oft man sie macht, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Wo Sie natürlich recht haben, ist, dass der Staat, wenn er die Bürgerinnen und Bürger entlastet und auf Steuereinnahmen verzichtet, weniger zu verteilen hat. Das ist korrekt. Mir ist auch bewusst, dass dieser Zugang – den Menschen mehr im Geldbörsel zu las­sen, ihnen nicht mehr herauszunehmen, um es dann verteilen zu können – nicht bei jeder Partei oberste Priorität hat. Das wissen wir und das ist auch politisch legitim. Ich halte es aber für den falschen Weg, denn ich bin der Meinung, dass die Menschen direkt das Geld im Börsel behalten sollten und nicht über den Umweg des Staates über


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Subventionen oder Transferzahlungen wieder zurückerhalten sollten. Mir ist auch be­wusst, dass das natürlich heißt, dass, wenn man den Menschen mehr Geld zum Leben lässt, alle Bereiche des Staates weniger zu verteilen haben. Das ist völlig richtig, das trifft natürlich nicht nur den Bund, sondern auch die Länder und Gemeinden.

Klar ist aber, dass wir diesen Weg gehen wollen, wir haben uns auch darauf geeinigt, und wir wollen diesen Weg auf verschiedene Weisen gehen. Zum Beispiel haben wir auf Bundesebene die automatische Erhöhung der Gebühren in den Bereichen, wofür der Bund zuständig ist, ausgesetzt. Ich weiß, dass das ein Thema ist, das zum Beispiel bei der SPÖ nicht sehr en vogue ist. Ich habe das auch in Wien immer wieder versucht umzusetzen. Es gibt in Wien ein automatisches Teuerungsgesetz, das dafür sorgt, dass automatisch mit der Inflation, die jetzt übrigens wieder steigt, auch die Gebühren in Wien regelmäßig steigen, weit über den eigentlichen Bedarf hinaus. Das ist etwas, das wir immer kritisieren, weil ich auch der Meinung bin, man sollte diese Gebühren nicht zu stark erhöhen. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) Es ist Ihnen unbenommen, eine andere Haltung einzunehmen, aber ich finde, es wäre wichtiger, den Menschen mehr im Geldbörsel zu lassen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich darf nun zur Beantwortung Ihrer Fragen kommen und möchte dies möglichst de­tailliert machen. Es waren ja viele Fragen sehr technisch, es werden viele Zahlen sein. Bei drei bis vier Antworten sind die Tabellen noch in Ausarbeitung, diese werden heute noch schriftlich übermittelt.

Ich darf zu den Fragen 1 bis 3 kommen:

Mit Stand Ende September 2021 wurden im Sinne des KIG 2020 insgesamt 788,5 Millio­nen Euro an Zweckzuschüssen an 1 799 Gemeinden ausbezahlt. Das bedeutet, dass bis zum Ende des KIG 2020 noch 211,5 Millionen Euro von den jeweiligen Gemeinden abholbar sind. Dieser Summe an ausbezahlten Zweckzuschüssen stehen mit Stand 30.9.2021 unterstützte Investitionen in der Höhe von rund 3 Milliarden Euro gegenüber.

Die Daten zu den einzelnen Gemeinden werden heute noch schriftlich übermittelt.

Zur Frage 4:

Die Laufzeit wurde bis Ende 2022 verlängert, daher haben alle Gemeinden die Möglich­keit, den für sie vorgesehenen Zweckzuschuss ausschöpfen zu können.

Zu den Fragen 5, 13, 15 und 21:

Der Bund beobachtet die finanzielle Lage der Gemeinden sehr genau. Sollte in den Jah­ren 2023 bis 2025 Handlungsbedarf seitens des Bundes erforderlich sein, so werden wir natürlich, wie auch bisher üblich, gemeinsam mit den Gemeinden an einer Lösung ar­beiten.

Zur Frage 6:

Die Auswirkungen der ökosozialen Steuerreform auf die Ertragsanteile der Gemeinden betragen im Jahr 2022 rund 0,1 Milliarden Euro, im Jahr 2023 rund 0,3 Milliarden Euro, im Jahr 2024 rund 0,5 Milliarden Euro und im Jahr 2025 rund 0,6 Milliarden Euro, immer im negativen Bereich wohlgemerkt, wobei diese Beträge nicht nur die Ertragsanteile, sondern bereits auch die Auswirkungen auf die aufkommensabhängigen Transfers bein­halten.

Diese Auswirkungen sind in den Prognosen der Ertragsanteile gemäß BVA-E 2022 und gemäß BFRG 2022 bis 2025 bereits berücksichtigt.

Die Anteile, die auf die einzelnen Maßnahmen entfallen, und die bundesländerweise Darstellung wird heute noch schriftlich übermittelt.


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Zur Frage 7:

Die Teilung der gemeinschaftlichen Bundesabgaben zwischen Bund, Ländern und Ge­meinden ist Teil der Systematik. Die Länder und Gemeinden sind sowohl an steigenden als auch an sinkenden Einnahmen bei den gemeinschaftlichen Bundesabgaben beteiligt.

Zur Frage 8:

Die CO2-Bepreisung wird ausschließlich als Bundesabgabe konzipiert, weil auch we­sentliche Teile der Entlastungsmaßnahmen zur Gänze aus dem Bundesbudget finan­ziert werden und diese vom Bund finanzierten Entlastungsmaßnahmen in der BFRG-Periode 2022 bis 2025 die erwarteten Erlöse aus der CO2-Bepreisung bei Weitem über­steigen.

Zur Frage 9:

Wie in der Beantwortung der parlamentarischen Anfrage Nummer 6443/J vom 22. April 2021 bereits ausgeführt:

„Die im Plan enthaltenen Investitionen werden primär über Förderschienen [...] abgewi­ckelt. Diese Förderschienen stehen, abhängig von den jeweiligen Förderrichtlinien, allen berechtigten potenziellen Fördernehmerinnen und Fördernehmern in allen Bundeslän­dern, Städten und Gemeinden gleichermaßen offen. Da die Vergabe der Mittel von der Nachfrage und der Erfüllung der jeweiligen Förderkriterien abhängig ist, kann ex ante keine geographische Zuordnung vorgenommen werden.“

Zu den Fragen 10 bis 12:

Mit dem Anfang des Jahres 2021 beschlossenen sogenannten zweiten Gemeindepaket wurde erstens mit 100 Millionen Euro der Strukturfonds aufgestockt, wurden zweitens mit 400 Millionen Euro die Ertragsanteile der Gemeinden bei der Zwischenabrechnung im März 2021 erhöht und wurde drittens eine Steigerung der Ertragsanteile der Gemein­den im Jahr 2021 gegenüber dem Vorjahr um 12,5 Prozent durch einen Sondervor­schuss garantiert.

Seit einigen Monaten können wir einen steten Zuwachs der wirtschaftlichen Leistung in Österreich verzeichnen. Die Wirtschaftsleistung liegt nun in allen Sektoren beim Durch­schnittswert von 2019 und teilweise darüber.

Die Wirtschaftserholung hat auch zu steigenden Einnahmen im Jahr 2021 geführt, was sich auch auf die Ertragsanteile der Gemeinden durchaus positiv auswirkt. Auch wenn noch der Ertrag im Oktober 2021 ausständig ist, um den Jahreserfolg 2021 bei den Er­tragsanteilen endgültig nennen zu können, ist aufgrund der sehr guten Einnahmenent­wicklung somit zu erwarten, dass die Steigerung im Jahr 2021 auch ohne Sondervor­schuss über dem garantierten Mindestwert von 12,5 Prozent liegen wird und somit im Jahr 2021 kein Sondervorschuss und damit auch keine Rückzahlung erforderlich sein werden.

Zur Frage 16:

Die Reform ist derzeit Gegenstand politischer Gespräche. Nach Abschluss dieser Ge­spräche werden die dafür notwendigen Mittel im Budget berücksichtigt.

Die aktuell gesetzlich verankerten Pflegeleistungen des Bundes werden in voller Höhe im Budget und im Finanzrahmen bis 2025 bereitgestellt. Dabei finden sowohl die demo­grafischen Entwicklungen als auch allfällige gesetzliche Valorisierungen von Leistungen ihre Bedeckung.

Zur Frage 17:

Der in der UG 44, Finanzausgleich, budgetierte Zweckzuschuss an die Länder bedarf noch einer bundesgesetzlichen Regelung. Ich kann dieser bundesgesetzlichen Regelung


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nicht vorgreifen. Ungeachtet dessen gehe ich davon aus, dass die Letztentscheidung über die konkreten Investitionen in den Ländern diesen selbst vorbehalten sein wird.

Zu den Fragen 18 bis 20:

Es ist den Gemeinden nichts entgangen, ganz im Gegenteil: Es standen insgesamt so­gar 1,6 Milliarden Euro zur Verfügung.

Im Bereich der Elementarpädagogik erfolgen die Auszahlungen auf Basis der Verein­barung gemäß Artikel 15 B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über die Elemen­tarpädagogik für die Kindergartenjahre 2018/19 bis 2021/22.

Die Zweckzuschüsse an die Länder betragen gemäß Artikel 14 der Vereinbarung für das Kindergartenjahr 2021/22 142,5 Millionen Euro.

Im Herbst 2021 werden gemäß Ministerratsvortrag 73/15 vom 5. Oktober 2021 „Bericht über den Start der Verhandlungen für eine neue Art. 15 B-VG Vereinbarung über die Elementarpädagogik“ Verhandlungen zu einer Fortsetzung und Verbesserung der beste­henden Vereinbarungen im Sinne des Regierungsprogramms begonnen.

Im Bereich der schulischen Tagesbetreuung erfolgen die Zweckzuschüsse an die Län­der auf Basis des Bundesgesetzes über den weiteren Ausbau gemäß Bildungsinvesti­tionsgesetz. Insgesamt sind für die Schuljahre 2019/20 bis 2032/33 428 Millionen Euro an Zweckzuschüssen an die Länder vorgesehen.

Die Auszahlungen der Zweckzuschüsse des Bundes an die Länder seit 2016 erfolgte auf Basis der geltenden Artikel-15a-B-VG-Vereinbarung und auf Basis des Bildungsin­vestitionsgesetzes. In den letzten zehn Jahren hat sich die Anzahl der SchülerInnen in Tagesbetreuung im allgemein bildenden Pflichtschulbereich mehr als verdoppelt.

Zur Frage 22:

Als Bundesminister für Finanzen darf ich mich auf diejenigen Artikel-15a-Vereinbarun­gen beschränken, die einen engen Zusammenhang mit dem Finanzausgleich haben. Folgende 15a-Vereinbarungen gelten bis Ende des Jahres 2021: Vereinbarung über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens; Vereinbarung über Zielsteue­rung-Gesundheit; Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern über die gemein­same Förderung der 24-Stunden-Betreuung; Vereinbarung über die Abgeltung stationä­rer medizinischer Versorgungsleistungen von öffentlichen Krankenanstalten für Insas­sen von Justizanstalten; Vereinbarung über die Förderung von Bildungsmaßnahmen im Bereich Basisbildung sowie von Bildungsmaßnahmen zum Nachholen des Pflichtschul­abschlusses für die Jahre 2018 bis 2021; Vereinbarung über Maßnahmen im Gebäude­sektor zum Zweck der Reduktion des Ausstoßes von Treibhausgasen.

Diese Vereinbarungen werden um zwei Jahre verlängert. Die Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern über die Elementarpädagogik gilt bis zum Ende des Kin­dergartenjahres 2021/22. Ziel ist es, die Verhandlungen über eine Nachfolgeregelung im Frühjahr 2022 abzuschließen.

Zur Frage 23:

Nein, die im aktuellen Budget vorgelegten Mehrauszahlungen sind keine Fortschreibung der Covid-19-Ausgaben. Die Auszahlungen für den Krisenbewältigungsfonds und die Kurzarbeit sinken 2022 im Vergleich zum BVA 2021 um 9,7 Milliarden Euro, während die Auszahlungen ohne Covid-19-Krisenbewältigung um 5,6 Milliarden Euro wachsen. Dies betrifft insbesondere auszahlungsseitige Maßnahmen der ökosozialen Steuerre­form wie den regionalen Klimabonus und den Zweckzuschuss an die Länder für Inves­titionen und Maßnahmen betreffend Standort, Klimaschutz, Mobilität, Digitalisierung, Forschung und Entwicklung, die auch den österreichischen Gemeinden zugutekommen.


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Es gibt im Budget 2022 einige Projekte und Maßnahmen, von denen einzelne Gemein­den und Städte profitieren, wie die Renovierung der Festspielhäuser in Bregenz und Salzburg.

Zur Frage 24: Die Wirkungsziele der UG 16 finden sich im Bundesvoranschlagsentwurf 2022 auf den Seiten 196 bis inklusive 199 des Druckexemplars ebenso wie im Teilheft BVA-E 2022 der UG 16, Öffentliche Abgaben, auf den Seiten 34 bis inklusive 37 des Druckexemplars.

Zu den Fragen 25 und 26: In der Beschreibung des Gleichstellungsziels der UG 16 wird erläutert, inwieweit das Abgabensystem zur Förderung von Frauen am Arbeitsmarkt bei­tragen kann, beispielsweise durch die Setzung positiver Erwerbsanreize beziehungswei­se den Abbau negativer Erwerbsanreize.

Zur Frage 27: Die Ausgestaltung des Familienbonus Plus schafft Anreize, geringfügige Tätigkeiten oder Teilzeitarbeit aufzustocken, um den Absetzbetrag in vollem Ausmaß beziehen zu können. Dies gilt auch in Konstellationen, in welchen sich der Familienbo­nus Plus auf den besser verdienenden Elternteil nicht voll auswirkt. Auch der Länderbe­richt der Europäischen Kommission 2019 bescheinigt eine positive Wirkung des Fami­lienbonus Plus.

Zur Frage 28: Der Familienbonus Plus setzt ein entsprechendes steuerpflichtiges Ein­kommen voraus, eine Steuerentlastung erfordert das Vorhandensein eines steuerpflich­tigen Einkommens. Der Kindermehrbetrag hingegen dient der Unterstützung von Men­schen, die aufgrund niedriger Einkünfte keine oder nur geringe Steuern zahlen. Mit der ökosozialen Steuerreform wird auch der Kindermehrbetrag auf bis zu 450 Euro pro Kind angehoben. Außerdem wird der Kreis der Bezugsberechtigten auf alle gering verdienen­den Erwerbstätigen ausgedehnt. Für diese Gruppe werden außerdem die Krankenver­sicherungsbeiträge gesenkt.

Zu den Fragen 29 und 30: Die Investitionen der Gemeinden entwickeln sich im Zeitraum 2021 bis 2025 stabil. Das KIG hat die Gemeindeinvestitionen im Krisenjahr stabilisiert, die außerordentliche Konjunkturerholung bewirkt deutliche Verbesserungen der Steuer­einnahmen und damit auch merklich steigende Ertragsanteile für die Gemeinden. Nach der Covid-19-Krise ist damit eine stabile Investitionsentwicklung gewährleistet.

Zur Frage 31: Insgesamt wurden im zweiten Halbjahr 2020 mit einer Zuschusshöhe von 2,6 Millionen Euro Gesamtinvestitionen von 5,8 Millionen Euro unterstützt. Im Jahr 2021 resultierte aus Zuschüssen von 36,7 Millionen Euro eine Gesamtinvestition von 88,7 Mil­lionen Euro. Die länderweise Aufteilung wird heute noch schriftlich übermittelt.

Zu den Fragen 32 und 33: Der Bund ist sich der großen Herausforderungen in kli­mapolitischer Hinsicht im Verkehr bewusst. Damit die Mobilitätswende gelingt, braucht es ein Bündel gut aufeinander abgestimmter Maßnahmen, um sowohl im städtischen als auch im ländlichen Bereich klimafreundliche und kostengünstige Formen der Mobilität zu schaffen.

Es stehen daher im Voranschlag 2022 insbesondere für folgende Zwecke zusätzliche Mittel zur Verfügung: Förderung emissionsfreier Mobilität: 167 Millionen Euro; Klima­ticket: 252 Millionen Euro; Ausweitung der Verkehrsdiensteverträge: 50 Millionen Euro; mittelfristiges Investitionsprogramm Privatbahnen: 123 Millionen Euro; Stadtregional­bahnen: 10 Millionen Euro.

Die Verträge betreffend die Abgeltung für die Anerkennung des Klimatickets Österreich und die Einführung regionaler Klimatickets werden mit Ländern, Verkehrsverbundorgani­sationen sowie Verkehrsunternehmen abgeschlossen. Die Abgeltungszahlung des Bun­des wird an diese geleistet. Das Clearing der Verkehrsverbund-Organisationsgesell­schaften und der anspruchsberechtigten Verkehrsverbundunternehmen erfolgt über eine


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gesonderte Vereinbarung zwischen den Verkehrsverbund-Organisationsgesellschaften und den beteiligten Unternehmen.

Die Mittelaufteilung, insbesondere die Aufteilung jener Mittel für die regionalen Klimati­ckets, liegt im Verantwortungsbereich der Länder beziehungsweise der zuständigen Ge­sellschaften.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

16.34


Vizepräsident Günther Novak: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 61 Abs. 7 der Geschäftsordnung die Re­dezeit eines jeden Bundesrates mit insgesamt 20 Minuten begrenzt ist.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Günter Kovacs. Ich erteile ihm das Wort.


16.34.50

Bundesrat Günter Kovacs (SPÖ, Burgenland): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Ich darf zu unserer Dringlichen Anfrage einmal etwas anders beginnen. Das Burgenland feierte vor zwei Tagen seinen 100. Geburtstag. Seit 100 Jah­ren gibt es das Burgenland, und wir haben dankenswerterweise eine Einladung vom Dritten Präsidenten des Nationalrates Norbert Hofer in das Palais Epstein erhalten. Es war für mich sehr überraschend, ich habe es nicht gewusst, aber der Landeshauptmann hat es dort ganz klar angesprochen – ich möchte auch ein bisschen ein Sittenbild auf­zeigen –, dass für das Burgenland als Bundesland, das 100-jähriges Bestehen feiert, noch keine Jubiläumsgabe budgetiert ist. Es ist keine Jubiläumsgabe im Budget, im Budgetbegleitgesetz drinnen.

Das ist das Sittenbild der Türkisen, des Herrn Finanzministers, nämlich diese Wert­schätzung zwar verbal auszudrücken, zu sagen, wie wichtig ihm das sei, die Bundes­länder, die Gemeinden, alles sei ganz wichtig, aber wenn es darum geht, dass man für ein Bundesland, das sehr stolz ist und – ich habe es bei diesen Vorträgen gesehen – das nicht das reichste Bundesland war, eine Jubiläumsgabe budgetiert, dann wird das nicht berücksichtigt. Im Gegenteil: Noch gestern oder vorgestern wurde zwischen zwei Ministerien gestritten, wer denn die Aufgabe hätte, diese Jubiläumsgabe zu budgetieren, der Ball wurde sozusagen zwischen Kanzler und Finanzminister hin- und hergespielt. (Vizepräsidentin Schwarz-Fuchs übernimmt den Vorsitz.)

Im Übrigen hat Niederösterreich das schon. 100 Jahre Niederösterreich: Da sind schon 9 Millionen Euro für nächstes Jahr budgetiert. (Bundesrätin Schumann: Na wow, 9 Mil­lionen?) 9 Millionen Euro. Ich habe aber vom Finanzministerium gute Signale erhalten, dass das in den nächsten Wochen doch noch budgetiert wird, damit das Burgenland auch diese Wertschätzung erhält, die man gegenüber den Ländern und Gemeinden im­mer ausdrückt. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf bei der SPÖ.)

Vielleicht einmal ein anderer Zugang: Kollege Dominik Reisinger hat vorhin schon er­wähnt, dass der oberösterreichische Gemeindebundchef Johann Hingsamer dieses Budget zerlegt, quasi zerpflückt hat. Das zeigt, dass man nicht einmal sagen kann, dass das von der SPÖ oder von anderen Parteien parteipolitisch motiviert ist. (Bundesrat Ba­der: Seids schon arm beieinander!) Er sagt ganz klar: Da ist vieles nicht in Ordnung.

Herr Minister, Sie haben vorhin davon gesprochen, dass alle – Bund, Land und Gemein­den – nicht so viel kriegen und dass das dann schwieriger wird, aber komischerweise kriegen jene, die eigentlich eh schon viel haben, sehr viel mehr. (Bundesrat Bader: Wer?) – Herr Bader fragt: Wer? Ich werde es ihm sagen, wenn er schon so lieb fragt (neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Bader): Das ist zum Beispiel Red Bull: 19,1 Millionen Euro Steuerersparnis (Ruf bei der SPÖ: Bist du gscheit!); die OMV: 13 Mil­lionen Euro Steuerersparnis; die Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H.: 6,7 Millionen


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Euro Steuerersparnis; Shell Austria: 3,3 Millionen Euro Steuerersparnis; Magna Metal­forming: 2,5 Millionen Euro; Österreichische Lotterien: 2,3 Millionen Euro (Zwischen­ruf des Bundesrates Schennach); Glock: 1 Million Euro; Coca-Cola: 830 000 Euro; KTM Fahrrad – das kennen wir eh schon alle –: 830 000 Euro; McDonald’s Franchise: 760 000 Euro.

Ich sage Ihnen ganz ehrlich – weil der übliche Spruch immer kommt: Standortsicherung, viele Mitarbeiter, klar, die muss man unterstützen! –, Herr Finanzminister, schauen Sie einmal hinaus zu den Leuten, schauen Sie, wie es ihnen momentan geht, ob es den Leuten so gut geht, dass sie nicht auch eine Art Standortsicherung brauchen, nämlich alle Österreicherinnen und Österreicher, um sich das Leben noch leisten zu können! Wenn wir uns die letzten Wochen und Monate anschauen und das, was sich momentan abspielt, sehen wir: Es wird für viele immer schwerer. Ich denke, dort müsste man an­setzen.

Energiepreise: Fahren Sie zur Tankstelle, fragen Sie einen Pendler, ob ihm diese öko­soziale Steuerreform so richtig taugt, ob ihm das wirklich so gut gefällt, was ihr be­schlossen habt, dass er jeden Tag an der Tankstelle noch mehr für den Sprit zahlen darf! Das ist einfach nicht in Ordnung, an diese Menschen haben Sie überhaupt nicht gedacht.

Wie gesagt – ich kann es nur noch einmal wiederholen –: Diese Worte kommen nicht einmal von mir, das kommt ja alles vom Herrn ÖVP-Abgeordneten und Gemeindebund­chef Hingsamer; der sagt das. (Bundesrat Bader: Ihr seids schon arm beieinander, wenn ihr schon einen Schwarzen zitieren müsst! Arm seids ihr!)

Wenn man - - (Bundesrätin Schumann: Ach, Herr Bader! – Ruf bei der SPÖ: Heute ha­ben wir schon genug! – Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP. – Zwischenruf des Bundesra­tes Steiner.) – Ja, ich habe einen ÖVP-Mann zitiert. Sie werden ihm recht geben, nicht? (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Zwischenruf der Bundesrätin Schumann. – Bundesrat Bader: Zitieren wir wieder den Doskozil!) – Wenn man sich die Chats der ÖVP ansieht: Immer wieder wurde nach „steuerbaren Weibern“ gesucht, die man in Aufsichtsräte set­zen wollte. Die innerparteiliche Kontrolle schafft Kurz ab, indem er ein Durchgriffsrecht bei der Besetzung von Regierungsämtern und Wahllisten aushandelte.

Sogar vor der Kirche, liebe ÖVP-Bundesräte – vor der Kirche, einer moralischen Kon­trollinstitution! –, machte der bekennende Katholik Kurz nicht Halt. Im März 2019 kündig­te Kurz-Intimus Thomas Schmid dem Kanzler an, dass er dem Generalsekretär der katholischen Bischofskonferenz ein „ordentliches Package mitgeben“ wird, wie Thomas Schmid damals schrieb. – Ja, jetzt schauen Sie alle betroffen. Was schrieb der Kanzler zurück: „Ja super. Bitte Vollgas geben“ – Vollgas gegen die Kirche! (Bundesrat Bader: Silberstein! – Bundesrätin Schumann: Also das muss einem schon peinlich sein!) Kurz darauf meldete sich Schmid, dass man das vollzogen hat: „Also Schipka war fertig! [...] Er war zunächst rot dann blass dann zittrig“. – Kurz bedankte sich: „Super danke viel­mals!!!!“ (Bundesrat Bader: Gratuliere, Herr Moralapostel!) – Danke, danke vielmals, Herr Bader. (Bundesrätin Schumann: Also, Herr Bader, das ist ja wirklich ...! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

So funktioniert das System Kurz. Doch Österreich ist Gott sei Dank nicht Ungarn. Die Attacken auf die liberale Demokratie werden dieser Tage nicht nur offenbart und the­matisiert, sondern viele Kontrollinstitutionen erwachen und leisten ihre Arbeit, und das ist gut so. Die Justiz wird das machen.

Herr Bader, was glauben Sie eigentlich, wenn die Partie vom Herrn Finanzminister, vom Herrn Kanzler sagt, die Landeshauptleute sind „alte Deppen“ (Zwischenbemerkung von Bundesminister Blümel) – das haben wir heute eh schon einmal gehört –, wenn ge­chattet wird: Das sind „alte Deppen“!, was glauben Sie, was der dann über einen Bür­germeister denkt? Glauben Sie, dass dann ein Bürgermeister bei Herrn Kurz hierar­chisch ganz weit oben steht? Glauben Sie das wirklich? Glauben Sie wirklich, dass die


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Gemeinden für Herrn Kurz, für den Herrn Finanzminister ein derartiges Anliegen sind? – Mitnichten, das ist sicher einmal nicht der Fall.

Deshalb wird sich in der nächsten Zeit – ich tippe auf die nächsten Wochen, wenn man es gut rechnet; wahrscheinlich in den nächsten Monaten – in diesem Haus eh einiges verändern, wenn wir in Neuwahlen gehen werden. Wenn man nämlich ein guter Beob­achter ist – und das sind wir –, dann sieht man schon die Betroffenheit der Grünen, die ja nicht einmal mehr einen Wortwechsel mit der ÖVP machen, und das verstehe ich irgendwie.

Ich habe es heute schon einmal erwähnt, man kann den Grünen eigentlich gratulieren, man muss ihnen wirklich auch einmal gratulieren: eine Partei mit 14 Prozent, die es geschafft hat, den Kanzler der Republik Österreich auszuhebeln. Die ÖVP sitzt jetzt da, hat es aber trotzdem noch geschafft, dass Herr Kurz als Klubobmann hier herinnen sitzt und der Herr Finanzminister noch im Amt ist, wo ich schon vor einem Monat oder vor zwei Monaten gehört habe, dass er eigentlich – da verstehe ich ihn sogar – gar nicht mehr mag, gar nicht mehr will, aber er noch dableiben musste, weil halt der Kanzler noch da war. (Bundesrat Steiner: ... ins Kanzleramt holen!) Nun ist aber der Kanzler auch nicht mehr da, also schauen wir uns das an, wie das weitergeht. (Zwischenruf des Bun­desrates Bader.)

Ich möchte zum Finanzpaket doch noch einige Zahlen nennen, um das auch ein biss­chen plastisch zu machen, was Gemeinden davon gehabt haben oder was sie eben nicht davon gehabt haben. Ich habe mir eine Stadt ausgesucht, nämlich Eisenstadt. An Mitteln aus dem KIP, dem kommunalen Investitionsprogramm, waren 1,696 783 Millionen Euro, also rund 1,7 Millionen Euro, versprochen. Was ist tatsächlich angekommen? – In Eisen­stadt sind 544 957,95 Euro frisches Geld angekommen, ohne diese Auflagen.

Sie wissen es, Herr Bader, es gibt Auflagen. Es gibt für kleine Gemeinden Schwierigkei­ten, denn sie müssen 50 Prozent finanzieren. Für diese 50 Prozent muss man einen Kredit aufnehmen, nur dann kriegt man dieses Geld. (Bundesrat Spanring: Die ÖVP sucht ...!) Ist das dann Gleichheit für alle? Ist das dann so super für den ländlichen Raum, wenn kleine Gemeinden mit ein paar Hundert Einwohnern, die sich das ja freilich - - (Bundesrat Bader: Also meine kleinen Gemeinden haben alle ihre Anträge gestellt und ihr Geld abgeholt!) – Sie wissen es, Herr Bader, wahrscheinlich besser, dass jeder Bür­germeister, der das riskieren würde, mit einem Fuß im Kriminal stehen würde, wenn er da über die Stränge schlägt.

Die gute Nachricht von der Sozialdemokratie: Wir gehen es jetzt wenigstens an. Wir haben ja gehört, es wurde vereitelt – 1,2 Milliarden Euro! –, einen Rechtsanspruch auf diese kostenlose Kinderbetreuung zu haben. Wie geht es euch? Wie geht es euch wirk­lich dabei, wenn ihr das hört? (Zwischenruf des Bundesrates Preineder.) – Gut, Herr Preineder, na das ist ja wirklich super, wenn es euch gut geht, wenn man 1,2 Milliarden Euro nicht für die Kinder investiert hat (Bundesrat Bader: Das ist eine Unwahrheit, die Sie da sprechen! Das ist einfach nicht wahr! Es wird auch nicht wahrer, wenn Sie es wiederholen! – Widerspruch bei der SPÖ – Bundesrätin Schumann: Das ist keine Un­wahrheit, die Nachmittagsbetreuung ist nicht gekommen!) und wenn man das dann in Chats herumschickt und es nicht - - (Bundesrat Spanring: Das ist keine Unwahrheit! Das ist im Chatverlauf drinnen! – Zwischenruf des Bundesrates Bader.) – Herr Bader, es ist deswegen eine Wahrheit, weil ein Rechtsanspruch nicht möglich ist. (Anhaltende Zwischenrufe bei ÖVP, SPÖ und FPÖ.) Es ist kein Rechtsanspruch möglich, und das wissen Sie, das wissen Sie ganz genau! (Bundesrätin Grimling: Was ist hier eine Un­wahrheit?! – Bundesrätin Schumann: Realitätsverlust, Herr Fraktionsvorsitzender!)

Gott sei Dank haben wir heute schon eine Initiative von unserer Vorsitzenden, von Pa­mela Rendi-Wagner, mit dem Landeshauptmannstellvertreter von Niederösterreich: eine


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Resolution, in der dieser Rechtsanspruch auf kostenlose Ganztagskinderbetreuung ge­fordert wird. Ich kann euch nur sagen: Macht jetzt wenigstens dort mit! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir versuchen jetzt praktisch noch das Beste rauszuholen. Fünf Jahre haben Familien, Eltern vielleicht nicht gewusst, wo sie das Kind hingeben sollen. Sie hätten schon fünf Jahre einen Rechtsanspruch, und nur aus einer Eitelkeit heraus, dass man halt dann in dieser Phase den Kanzler stellen will, ist das nicht passiert. Ist das ehrenhaft? Herr Ba­der, ist das ehrenhaft? (Zwischenruf bei der ÖVP. – Heiterkeit bei der SPÖ.)

Und es geht noch weiter. (Bundesrat Bader: Du willst ernsthaft ein Moralapostel sein!?) Es geht ja nicht nur um diese 1,2 Milliarden Euro – was ja schon extrem viel Geld für unsere Kinder ist; es ist nicht in Ordnung, was da passiert ist –, sondern: Wie viel ist in den letzten Jahren durch dieses manipulative Verhalten von einem Bundeskanzler der Republik Österreich passiert, wo sich viele Gemeinden – Gemeinderatswahlen, Land­tagswahlen –, wo sich alles einem manipulierten Kanzler hat unterwerfen müssen, der uns praktisch von vorn bis hinten die Unwahrheit gesagt hat, jahrelang die Unwahrheit? (Beifall bei der SPÖ.)

Wir müssen das ausbaden, und das ist keine Kleinigkeit. Das ist keine Kleinigkeit, denn es könnten vielleicht noch einige Mandatare von den anderen Parteien hier herinnen sitzen, wenn man ehrlich gespielt hätte, wenn man wirklich ehrlich gewesen wäre und nicht manipuliert hätte.

Meine Damen und Herren, diese Dringliche Anfrage mit 33 Fragen zu den Gemeinden war dem Finanzminister gerade 13 Minuten wert. (Bundesrat Bader: Das tut ja richtig weh, wenn man dir zuhört!) Dividieren Sie das einmal durch 33 Fragen, dann sieht man, was das für ein Zeitfaktor ist, was da wirklich los ist! (Bundesrätin Schumann: Und Sei­ten in den Teilheften zitiert, lest nach, liebe Leute! – Bundesrat Bader: Ungeheuerlich!) Außerdem waren da ein paar Sachen dabei, die überhaupt nicht stimmen. Bei der kalten Progression wurde uns das hier so dargestellt, als ob alles passt. (Rufe und Gegenrufe zwischen BundesrätInnen von ÖVP und SPÖ.) In Wahrheit passt es gar nicht. Er hat den Tarif nicht angesprochen, das sind 2,4 Prozent. Das passt halt hinten und vorn nicht. Wenn man hier nicht einmal eine ordentliche Antwort auf Fragen bekommt, zumindest eine, die wahr ist, dann ist es auch nicht mehr in Ordnung.

Meine Damen und Herren, herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.47


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Vielen Dank.

Als Nächster ist Herr Bundesrat Otto Auer zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm dieses.


16.48.10

Bundesrat Otto Auer (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste hier und die live dabei sind! Gemeindefinanzen und Bundesregierung: Eigentlich könnte man sagen, das ist ein Er­folgsschlagwort (Heiterkeit bei BundesrätInnen von SPÖ und FPÖ – Bundesrat Ofner: Na, na, bitte!), denn die Bundesregierung hat es geschafft, dass sie in einer sehr schwie­rigen Zeit – Corona war keine einfache Zeit, ich glaube, das müssen wir uns alle zugeste­hen (Rufe bei der SPÖ: Das ist immer noch! Es ist noch nicht vorbei! 3 700 Neuinfek­tionen! Sie ist noch nicht vorbei, und wenn Sie es noch so oft erzählen!) – die Gemeinden dort unterstützt hat, wo es notwendig war. Ich denke, dass die Regierung mit ihren Maß­nahmen Österreich hervorragend aus der Krise geführt hat – verglichen mit ganz Euro­pa. Wir haben ein Wachstum von 4 Prozent, und das ist uns auch für 2022 prognostiziert. Die Arbeitslosenquote ist momentan unter dem Vergleichswert von 2019 (Bundesrätin


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Steiner-Wieser: Nein, das stimmt nicht!), auch das ist etwas, was man herzeigen kann. (Ruf bei der SPÖ: Die Inflationsrate fehlt noch in diesem Beispiel!)

Die Krise wegen Corona haben wir wirtschaftlich fast überwunden. (Bundesrätin Grim­ling: Geh bitte! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Gesundheitlich haben wir sie erst dann überwunden, wenn auch die Letzten, die die Impfung verweigern, diese Verwei­gerung ablegen (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann), impfen gehen und die Durchimpfungsrate so groß ist, dass keine Infektionsgefahr mehr im großen Stil besteht. (Bundesrat Steiner: Wie groß muss sie denn sein, 100 Prozent oder was?!)

Nun aber zurück zu den Gemeindefinanzen. Es gab da viele Maßnahmen, und ich möch­te einige Beispiele nennen, die heute schon von meinen Vorrednern angesprochen wur­den, zum einen das Kommunalinvestitionsgesetz, das diese Dinge regelt.

Da möchte ich die Ertragsanteile von meiner Gemeinde hervorheben. Ich bin Bürger­meister einer 1 250-Seelen-Gemeinde. Wir haben 2019 mit Stand September 760 000 Euro bekommen, 2020 mit Stand September 700 000 Euro und noch einmal 130 000 Euro durch die KIP-Milliarde, somit also 830 000 Euro. Im Jahr 2021 sind es mit Stand 30. September 845 000 Euro. Wenn ich das hochrechne, kommen wir weit über den Be­trag, den wir 2019 bekommen haben, und sind auch weit über dem Plan, der uns für heuer vorausgesagt worden ist. (Zwischenrufe der BundesrätInnen Grimling, Schu­mann und Steiner.)

Bezüglich der KIP-Milliarde beziehungsweise der Ertragsanteile wurde seitens des Ge­meindebundes durch Präsident Riedl mit unserem Finanzminister Gernot Blümel ausge­handelt, dass für die Jahre 2021, 2022 und 2023 eine 3-prozentige Steigerung fix ist. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wie wir schon gehört haben, wird diese Steigerung nicht notwendig werden, denn aufgrund der guten Wirtschaftslage haben wir mehr als diese 3 Prozent. Somit werden auch die Einbehaltungen, die aufgrund der Vorauszah­lungen gekommen wären, nicht notwendig sein. Es schaut eigentlich im Großen und Ganzen sehr, sehr gut aus. (Beifall bei der ÖVP.)

Zu den Testungen, die seitens der Gemeinden in vorbildlicher Weise organisiert wur­den – ich zähle auch immer die Feuerwehren dazu, weil die am Anfang maßgeblich da­ran beteiligt waren, dass die Zustellung gut funktioniert hat –: Diese Testungen werden in meiner Gemeinde dreimal pro Woche durchgeführt, montags, mittwochs und freitags. Wir machen das nur mit Freiwilligen, zum Großteil mit Studierenden und mit jungen Men­schen, die sich über die Entschädigung ein bisschen Geld dazuverdienen, und das noch dazu steuerfrei. Ich glaube, auch das ist in Zeiten einer Pandemie etwas, was man durchaus herzeigen kann. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der Grünen.)

Zum Thema Kinderbetreuung: Ich betreibe das in meiner Gemeinde seit mittlerweile 15 Jahren intensiv, das geht nur gemeinsam mit Bund, Land und Gemeinde. Wenn da einer ausbrechen möchte, sind die anderen zwei verloren. Das können wir drehen, wie wir wollen. (Bundesrätin Schumann: ... Öffnungszeiten!) Anders als im Chat geschrie­ben haben wir nicht 1,2 Millionen Euro investiert, sondern 1,6 Milliarden Euro – Entschul­digung, Milliarden Euro. (Beifall bei der ÖVP. – Heiterkeit bei BundesrätInnen der SPÖ. – Bundesrätin Schumann: Das glaube ich…!)

Dieses Geld ist bei den Gemeinden und bei den Organisationen, die das verantworten, gut angekommen und wird draußen sehr gutgeheißen. Die Kinder und Eltern haben damit wirklich ein bedarfsorientiertes Angebot. Dass die Zuschüsse, die die Länder zu dieser Betreuung außerdem beisteuern, in jedem Bundesland anders sind – das ist der Föderalismus. (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) Das kann jedes Land machen, wie es will.

Die Angebote, die in der Kinderbetreuung gemacht werden, werden natürlich mit den Eltern gemeinsam von der Gemeinde zusammengestellt. Danach richten sich die Bei­träge. (Bundesrätin Schumann: Wie sind die Öffnungszeiten in Ihrer Gemeinde? –


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Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.) – In meiner Gemeinde sind die Öffnungszeiten der Nachmittagsbetreuung von Schulende bis 17 Uhr, je nach Bedarf. (Bundesrätin Schu­mann: Und im Kindergarten?) – Im Kindergarten von 7 Uhr bis Bedarfsende. (Bundesrä­tin Grimling: Was bedeutet das?) – Es bedeutet das, was die Eltern angeben. (Beifall bei der ÖVP sowie der BundesrätInnen Kittl und Schreuder. – Heiterkeit bei der SPÖ. – Bundesrätin Grimling: Das ist ja günstig! – Bundesrätin Schumann: Das geht so nicht!)

Die Öffnungszeiten meiner Institutionen richten sich nach den Bedürfnissen der Eltern. Wir schaffen es, dass wir kostendeckend sind, weil wir eine Betreiberorganisation haben, die effizient mit uns zusammenarbeiten muss und nicht Dinge verlangen kann, die im wirklichen wirtschaftlichen Leben nicht nachvollziehbar sind. (Beifall bei der ÖVP. – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Zur CO2-Bepreisung muss man sagen, dass diese ökologische Steuerreform ein golde­ner Wurf ist. (Bundesrat Spanring: Für die ÖVPler schon!) Wir haben zum einen die Vorgabe, dass wir für die nächsten Generationen, für unsere Kinder, die Landschaft, die Welt so erhalten, wie wir sie bekommen haben. Ich bin selbst Bauer, und mein Zugang zum Leben und zur Natur ist: Ich habe etwas erhalten, um es zu benützen, und nicht, um es zu verbrauchen. Ich soll das, was ich bekommen habe, so weitergeben, wie ich es bekommen habe, damit es die Generationen nach mir nützen können. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.)

Die Berücksichtigung der Kostenverursachungen und die CO2-Bepreisung, die Regelun­gen, die als Entschädigungen dienen: All das sind sehr sanfte Maßnahmen, die zum einen natürlich zum Klimaschutz hinführen müssen, aber zum anderen denen helfen sollen, die die Hilfe unbedingt brauchen.

Der Mikroverkehr ist auch ein Thema. Dabei muss man wirklich zwischen Stadt und Land unterscheiden. In der Stadt ist der Mikroverkehr, der öffentliche Mikroverkehr, etwas Selbstverständliches. Er wird dort angenommen, weil die Leute es so gewohnt sind. Am Land, wo bis jetzt das Auto das Transportmittel Nummer eins war, wird es nicht einfach werden, diesen Mikro-ÖV einzuführen, denn dort müssen sich die Menschen umstellen, ihn annehmen wollen und ihn schließlich auch annehmen. Wenn die Menschen ihn nicht annehmen wollen, nützen auch die Förderungen nichts.

Alles in allem möchte ich sagen, dass viele treffsichere und Erfolg versprechende Maß­nahmen aufgrund der momentanen und prognostizierten Ergebnisse sehr, sehr gut und richtig sind. Alle diese Maßnahmen zusammen tragen zum Wohle der Gemeinden und zum Wohle der BürgerInnen bei und somit auch zu unserem Wohl. Ich denke, in diese Richtung müssen wir weitermachen, dann werden wir Österreich in eine gute Zukunft führen. – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

16.55


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Zu einer tatsächlichen Berichti­gung hat sich Herr Bundesrat Bernhard Hirczy zu Wort gemeldet. – Bitte.


16.56.07

Bundesrat Bernhard Hirczy (ÖVP, Burgenland): Ich melde mich aufgrund einer Äuße­rung meines Kollegen Bundesrat Kovacs. Dieser hat behauptet, Eisenstadt hätte vom Bund zu wenig bekommen. (Bundesrätin Schumann: Hat er nicht gesagt!)

Ich möchte dies berichtigen: Laut Bürgermeister Thomas Steiner gibt es darauf eine ein­fache Antwort: Es war super unkompliziert. Das Geld ist innerhalb weniger Tage dage­wesen. Ohne Unterstützung hätte es schlecht ausgesehen. Vom Land – dem Burgen­land – hat es null gegeben. (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei der FPÖ: Viel zu wenig! – Bundesrätin Schumann: Das ist keine tatsächliche Berichtigung! – Weitere Zwischenru­fe bei der SPÖ.)

16.56



BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 142

Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Josef Ofner. Ich erteile ihm dieses.


16.56.56

Bundesrat Josef Ofner (FPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Werte Kollegen! Verehrte Zuschauer vor den Bildschirmen! Gestern hat hier eine En­quete stattgefunden: „Postcorona – Neue Wertschätzung für den ländlichen Raum“. Da hat es sich ähnlich verhalten wie mit den Gemeindehilfspaketen, mit der finanziellen Un­terstützung vom Bund. Da gibt es immer einen krassen Unterschied zwischen Worten und Taten, einen krassen Unterschied zwischen Theorie und Realität. Die Wertschät­zung hat sich nämlich schon dadurch ausgedrückt, dass die türkis-grünen MinisterInnen, drei an der Zahl, sowie die Referenten ihre Statements hier abgegeben haben und den Saal dann sofort fluchtartig verlassen haben. Der Einzige, der dieser Enquete als Refe­rent bis zum Ende gefolgt ist, war unser Vizepräsident Manfred Muhr von der Landwirt­schaftskammer Kärnten, der den ganzen Tag über hier zugegen war und sich der Dis­kussion gestellt hat. Daher möchte ich ihm an dieser Stelle heute noch einmal danken. (Beifall bei der FPÖ.)

Da zeigt sich eben die Wertschätzung dieser türkis-schwarz-grünen Regierung. Da in­szeniert man eine Enquete, aber in Wirklichkeit sind ihr die Gemeinden und der ländliche Raum vollkommen egal. Dasselbe zeigt sich auch jetzt. Auch Herr Kollege Auer hat Realität und Theorie ein bisschen verwechselt: Was passiert ist, ist kein Erfolgskonzept und -rezept, sondern ein Armutszeugnis. Ich freue mich aber für deine Gemeindebürger in Höflein. Die werden dich in den nächsten Monaten daran erinnern, denn wie wir heute gehört haben, schwimmt Höflein in Geld. Ich glaube, da wird in den nächsten Monaten kein Wunsch mehr offenbleiben. Also darauf freuen wir uns auch, und vor allem freuen sich die Bürger von Höflein. (Beifall und Heiterkeit bei der FPÖ sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

Ich darf aber jetzt zum Kommunalinvestitionsgesetz und zum zweiten Corona-Hilfspaket für Gemeinden kommen. Ich habe dem Herrn Finanzminister schon öfters erklärt, wo die Probleme liegen, aber er hat das, glaube ich, noch immer nicht verstanden, obwohl ei­gentlich er es war, der am Anfang propagiert hat: „Koste es, was es wolle“. Auch das war wieder eine reine Inszenierung, denn beim Kommunalinvestitionsgesetz – das wis­sen wir – haben wir eine 50-prozentige Förderung, und wenn wir den Ausführungen heu­te gelauscht haben, dann haben wir auch gehört, dass 211 oder knapp 212 Millionen Euro noch immer nicht abgeholt wurden und dass das circa 300 Gemeinden betrifft.

Beim zweiten Gemeindehilfspaket haben wir lediglich Vorschüsse erhalten, aber keinen Einnahmenausfall. Das wäre wichtig gewesen, weil die Probleme für die Gemeinden bei einer 50-prozentigen Förderung eigentlich dahin gehend bestehen, dass die anderen 50 Prozent nicht aufgebracht werden können. Das wird wahrscheinlich auch das Pro­blem jener 300 Gemeinden sein, die ihr Geld noch nicht abholen konnten.

Bei den Vorschüssen wäre es wichtig gewesen, eine Umwandlung in nicht rückzahlbare Zuschüsse zu machen, denn Sie haben mit dieser Strategie die Gemeinden nicht nur auf zwei Jahre, sondern insgesamt auf sechs Jahre gelähmt, weil das natürlich auch zurückzuzahlen ist. Sie haben hier einmal gesagt: Na ja, es gibt ja beim Kommunalinves­titionsgesetz die Möglichkeit, die restlichen 50 Prozent über Darlehen zu finanzieren. – Da müssen Sie einmal wissen, dass viele Gemeinden nicht in der Lage sind, Darlehen überhaupt aufnehmen zu dürfen, weil es auch noch Aufsichtsbehörden gibt, und wenn die Gemeinde finanziell etwas an den Rand gedrängt ist, dann kann sie die Refinanzie­rung dieser Darlehen nicht bedienen und darf sie daher auch nicht aufnehmen.

Das ist die Situation, in der sich die Gemeinden befinden – übrigens aufgrund Ihrer voll­kommen überzogenen Coronamaßnahmen, denn sonst wären sie gar nicht dort, wo sie


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heute oft stehen. Man muss das vielleicht auch noch etwas näher erklären: Es ist toll, was es alles an Einnahmen gibt, aber keiner spricht von den Ausgaben. Die Corona­situation hat auch dazu geführt, dass die Gemeinden weit höhere Ausgaben als unter normalen Umständen hatten und teilweise auch über ihre Verhältnisse leben mussten, um das zu bewerkstelligen.

Schuld daran, dass es diese vollkommen überzogenen Maßnahmen gegeben hat, ist natürlich an erster Stelle Türkis-Grün, aber mitzuverantworten hat sie auch die SPÖ. Das muss man schon auch sagen, weil sie heute ja schon wieder mitgestimmt und das mit­getragen hat. Sie sind bei jedem Kuhhandel, der sich auftut, dabei und tragen im End­effekt jeden Blödsinn auch mit, fallen im Liegen noch einmal um. Das ist ja auch das Problem, das wir in Österreich haben. (Beifall bei der FPÖ.) Wir wissen aber, ihr seid als SPÖ genauso wenig Arbeiterpartei wie die ÖVP eine Unternehmerpartei ist. Die ÖVP kann sich nämlich an die Unternehmer auch immer nur dann erinnern, wenn die Wirt­schaftskammer weiß, dass wieder die Umlagen fällig sind.

Aber zurück zu den Gemeinden – ich möchte das Thema vielleicht noch einmal aufbrin­gen, weil es einfach wichtig wäre –: Herr Finanzminister, Sie haben da das Pferd von hinten aufgezäumt. Wir hätten als Gemeinden Folgendes gebraucht: zuerst 1 Milliarde Euro an nicht rückzahlbaren Zuschüssen – das wäre wichtig gewesen, um die fehlenden Ertragsanteile, die fehlenden Einnahmen zu kompensieren. Als Nächstes hätten wir ein Investitionspaket gebraucht, weil uns die Ertragsanteile abhandengekommen sind, damit wir auch die finanziellen Mittel haben, dass wir eben notwendige Investitionen hätten tätigen können. Da nützt es uns jetzt auch nichts, wenn wir über dem Schnitt der Er­tragsanteile aus dem Jahr 2019 sind, weil diese Einbehaltungen schließlich trotzdem auch noch geplant sind. Das heißt, die Gemeinden müssen das Geld sehr wohl trotzdem auf die Seite legen. Das bedeutet: keine Wertschätzung für die Gemeinden und keine Wertschätzung für den ländlichen Raum, weil Sie die Probleme der Gemeinden und Städte noch immer nicht erkannt haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Damit es funktioniert, hier im Dialog Lösungsansätze zu finden und direkte Hilfe zu ge­währen, würde es halt auch ein bisschen weniger Ignoranz und Arroganz und etwas mehr Empathie und Lösungskompetenz brauchen. Ich befürchte aber, dass sich diesbe­züglich in nächster Zeit auch nicht viel ändern wird.

Eines darf man wohl nicht vergessen: Gerade die Gemeinden sind als kleinste Ver­waltungseinheit die effizienteste in unserem Rechtsstaat und leisten einen wesentlichen und unverzichtbaren Beitrag für die Gemeinschaft. Der Erhalt der Infrastruktur, wie wir heute auch schon gehört haben, die Durchführung der Kinderbetreuung, die Digitalisie­rung, die gesamte Daseinsvorsorge, aber auch die Bereitstellung von Freizeit-, Kultur- und Bildungsangeboten erfolgt durch die Gemeinden. Wir brauchen dafür aber auch entsprechende finanzielle Rahmenbedingungen. Da ist es natürlich auch notwendig, dass es gerade jetzt nach der Coronapandemie – Sie haben sie ja für beendet erklärt, daher gehe ich davon aus, dass wir jetzt danach sind und nicht mittendrin – entsprechen­de Änderungen beim Finanzausgleich, aber vor allem wie gesagt eine Kompensation der fehlenden Einnahmen gibt.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Josef Ofner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schaffung eines Ge­meindeeinnahmenausgleichsfonds“

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Gesetzesvorlage zur Schaffung eines Gemeindeeinnahmenausgleichsfonds vorzulegen. Dieser Fonds soll


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mit mindestens 2,2 Milliarden EUR (Höhe der Einnahmenrückgänge) befüllt werden, um sicherzustellen, dass Gemeinden ihre öffentlichen Aufgaben weiterhin wahrnehmen kön­nen. Zudem soll damit gewährleistet werden, dass die notwendige Liquidität in den Ge­meinden gegeben ist, um Investitionen tätigen zu können.“

*****

Ich kann für meine Gemeinde dankenswerterweise in Anspruch nehmen, dass wir auf das kommunale Investitionsprogramm Zugriff hatten. Das haben wir aber nur und aus­schließlich dem Umstand zu verdanken, dass wir in den Jahren davor für eine entspre­chende Liquidität gesorgt haben, wodurch wir die weiteren 50 Prozent aufbringen konn­ten, denn auch uns wäre ansonsten durch die Aufsichtsbehörde eine Aufnahme von Darlehen verwehrt geblieben.

Übernehmen Sie daher bitte auch die Verantwortung, hören Sie auf mit den leeren Wort­hülsen und mit irgendwelchen Hirngespinsten, die in der Realität so nicht zum Tragen kommen, und lassen Sie den Gemeinden und Städten und somit auch dem ländlichen Raum jene Wertschätzung zukommen, die er sich wirklich verdient! (Beifall bei der FPÖ.)

17.06


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Der von den Bundesräten Josef Ofner, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Schaf­fung eines Gemeindeeinnahmenausgleichsfonds“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag.a Elisabeth Kittl. Ich erteile ihr dieses.


17.06.45

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Liebe Kolleginnen! Liebe Kol­legen! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Zuseherinnen und Zuseher hier und vor den Bildschirmen! Gleich vorweg auch natürlich zu den Ge­meinden, zu den zwei Paketen in Höhe von 2,5 Milliarden Euro, die im Rahmen der Pan­demiebekämpfung ausgegeben wurden: Das ist auf der einen Seite das kommunale In­vestmentpaket eben in Höhe von 1 Milliarde Euro, und so wie die Gemeinde von Herrn Ofner haben das auch noch weitere 1 798 Gemeinden mit – wir haben es gehört – knapp 800 Millionen Euro bis dato in Anspruch genommen. Das heißt, es sind – und dafür ist noch bis Ende nächsten Jahres Zeit – noch 300 Gemeinden, die 200 Millionen Euro ab­rufen könnten. Ich habe auch nachgefragt, ob das daran liegen könnte, dass sie es sich nicht leisten können, und darauf kann es nicht zurückgeführt werden.

Wofür wurden diese Investitionen ausgegeben? – 30 Prozent flossen in Kindertagesein­richtungen und Schulen und weitere 30 Prozent flossen in den Klimaschutz, in Investi­tionen in die Kreislaufwirtschaft, in Energiesparmaßnahmen und in Fuß- und Radwege. Es ist gut, dass das Geld in solch eine Infrastruktur fließt, denn es fördert unser aller Lebensqualität, aber vor allem die Lebensqualität der Leute, die vor Ort wohnen, sich bewegen und die sich eben nicht so viel leisten können.

Beim zweiten Paket, den zweckfreien 1,5 Milliarden Euro, möchte ich kurz auch noch auf das eingehen, was vorhin schon gesagt wurde, aber das ein bisschen erläutern. Der Strukturfonds nämlich, die Unterstützung der strukturschwachen kleinen, von Abwande­rung betroffenen Gemeinden, wurde für 2020 und 2021 mit zusätzlichen 100 Millionen Euro ausgestattet, und genau das hilft ja auch wieder, die Liquidität dieser kleinen Ge­meinden zu verbessern, damit sie eben auch einen 50-prozentigen Zuschuss aus dem Investitionspaket in Anspruch nehmen können. Das bedeutet für solch strukturschwache Gemeinden, wenn ich es umrechne – ich weiß, es sind andere Indikatoren, aber ich habe es schon ein paarmal gesagt –, durchschnittlich 400 000 Euro für beide Jahre.


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Genauso der Sondervorschuss, der immer als Darlehen genannt wird, der aber eigent­lich kein Darlehen ist: Dieses Jahr ist es schon so, dass die Ertragsanteile sehr wohl steigen – das haben jetzt auch schon mehrere gesagt, sie verringern sich nicht, sondern sie steigen dieses Jahr –, und ausgeglichen werden sie erst 2023, aber auch nur dann, wenn sie eine gewisse Mindestsumme übersteigen. Es sind zinsenlose Sondervorschüs­se, die genau jetzt eben auch, damit diese Investitionen beantragt werden können, die Liquidität erhöhen und dadurch natürlich die Handlungsfähigkeit der Gemeinden.

Auch das Zentrum für Verwaltungsforschung hat einen rezenten Blogbeitrag geschrie­ben, der die mittelfristigen Aussichten der Gemeindefinanzen bewertet, und kommt dort zum Schluss, dass die Hilfspakete des Bundes die Liquiditätsprobleme der Jahre 2021 und 2022 abgewendet haben. Das betrachte ich als sehr erfreulich, aber – wir haben es auch vom Herrn Bundesminister gehört –: Sollte es in den nächsten Jahren weiteren Bedarf geben, wird es auch dafür eine Lösung geben.

Zum Budget und zur Pflege: Der Pflege wird im Regierungsprogramm, aber auch bei der aktuellen Schwerpunktsetzung der Bundesregierung eine hohe Priorität eingeräumt. Das wissen Sie, und das wurde auch von beiden Gesundheitsministern immer wieder betont. In besonderem Fokus stehen dabei natürlich die Pflegebedürftigen, die pflegenden An­gehörigen und die Pflegekräfte, aber auch die Prävention von Pflegebedürftigkeit. Darauf möchte ich dann gleich zurückkommen.

In den kommenden Monaten werden da langfristige und nachhaltige Reformschritte gesetzt, und vergessen wir nicht: Auch in der Pflegereform ist das Mitwirken der Länder gefragt. Der große Brocken der Pflegethematik liegt in Ihrem Kompetenzbereich, wie zum Beispiel die Pflegeanstalten, die leider immer wieder in den Berichten der Volksan­waltschaft zu Menschenrechtsverletzungen vorkommen.

Es gibt genug Menschen, die keinesfalls ins Altersheim kommen wollen, oft leider zu Recht. Sie wären gerne zu Hause geblieben, sind aber oft dazu nicht in der Lage. Genau deshalb ist es wichtig, in die Prävention von Pflegebedürftigkeit zu investieren. Das ge­schieht unter anderem mit dem Projekt Communitynursing. Das ist eine niederschwel­lige, bedarfsorientierte und bevölkerungsnahe Arbeit sogenannter Communitynurses auf Gemeindeebene, die genau diesen Verbleib der älteren Menschen im eigenen Zuhause ermöglichen sollen.

Auch wurden 50 Millionen Euro für die Pflegeausbildung veranschlagt. Damit werden Menschen, die sich für Pflege- und Sozialbetreuungsberufe ausbilden lassen wollen, die Ausbildungskosten ersetzt, und sie werden auch während der Absolvierung der Berufs­praktika finanziell unterstützt. Das stellt natürlich einen wichtigen Anreiz für mehr und für gut ausgebildete Menschen in der Pflege dar.

Derzeit werden aufseiten des Gesundheitsministeriums entsprechende Vorarbeiten zu konkreten Vorhaben und zu den für deren Umsetzung notwendigen Verhandlungen mit den Ländern geleistet, um zeitnah mit der Einleitung von konkreten Maßnahmen der Pflegereform beginnen zu können. Daher ist natürlich die Darstellung der finanziellen Auswirkungen der in den nächsten Jahren zu realisierenden konkreten Reformvorhaben noch nicht möglich. Sobald die Reformvorhaben aber konkretisiert sind, wird die Bun­desregierung die erforderliche budgetäre Vorsorge natürlich sicherstellen.

Kurz zur Steuerreform: Es wurde mit verschiedenen Zahlen jongliert, auch aufgrund der Tatsache, dass man das natürlich immer alles verschieden berechnen kann und da auch in der Wissenschaft ein rechter Streit herrscht. Trotzdem ist es aber so: Es ist eine Entlastung der ArbeitnehmerInnen, und es ist eine weit höhere Entlastung der Arbeit­nehmerInnen als der Unternehmen, sogar dann, wenn man die kalte Progression be­rücksichtigen würde.


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Bei dem, was erwähnt wurde, ist Folgendes nicht hinzugerechnet: die bereits letztes Jahr erfolgte Senkung der untersten Einkommensteuerstufe von 25 auf 20 Prozent sowie die Anhebung der Negativsteuer, wovon insbesondere Niedrigverdienende und damit oft Frauen in Teilzeitjobs profitiert haben.

Abschließend zur Kinderbetreuung – mein Kollege Lackner hat es schon gesagt –: Das Feld der Elementarpädagogik ist Aufgabe der Länder und Gemeinden. Die Unterstüt­zung des Bundes ist über eine 15a-Vereinbarung geregelt. Der Bund steuert jährlich 142,5 Millionen Euro bei, diese Vereinbarung läuft aber im Herbst 2022 aus und müsste neu verhandelt werden. Daher strebt die Bundesregierung die Verhandlung einer Nach­folgeregelung im Sinne des Regierungsprogrammes an. Darin steht, dass diese Ver­einbarung an einem bedarfsgerechten Ausbau in allen Bundesländern ausgerichtet wird, mit einheitlichen Qualitätsmindeststandards und mit dem Vereinbarungsindikator für Fa­milie und Beruf konform gehend.

Und ja: Wir können viel besser machen, und Sie wissen, wir arbeiten weiter und intensiv daran, vor allem im Bereich der Pflege, der ArbeitnehmerInnen und der Frauen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

17.14


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky. Ich erteile ihm dieses.


17.15.01

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte aus dem Themenkomplex der Dringlichen Anfrage zwei Schwerpunkte herausgreifen.

Der erste Schwerpunkt ist Kinderbetreuung und Elementarpädagogik. Wir NEOS wollen, dass mehr in Bildung investiert wird. Investitionen in Kindergärten und Elementarbildung stehen für uns auf der Prioritätenliste ganz oben. Wir fordern da konkret mehr Fachkräfte und kleinere Gruppen, qualifiziertes Personal und zusätzliche Mittel insbesondere über einen Coronahilfsfonds.

Wichtig ist aber auch, dass die zusätzlichen Mittel an die Gemeinden auch mit entspre­chenden Qualitätskriterien und Zielen verbunden werden müssen, wie zum Beispiel Be­treuungsschlüssel, Öffnungszeiten, Ausstattung und Räumlichkeiten. Nur weil den Ge­meinden mehr Geld zur Verfügung gestellt wird, heißt es im derzeitigen System ja nicht unbedingt, dass daraus eine bessere Kindergartenbetreuung resultiert. Was es aber je­denfalls braucht, ist ein Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr. (Beifall bei der SPÖ.)

Der zweite Schwerpunkt ist das KIG, das Gemeindepaket und die Ertragsanteile. Wir NEOS haben beide Initiativen trotz Kritikpunkten wie der mangelnden Treffsicherheit – weil ja die Gemeinden von den Einnahmerückgängen unterschiedlich stark betroffen wa­ren – mitgetragen, weil es zur damaligen Zeit notwendig war, sowohl Liquidität als auch Investitionstätigkeit der Gemeinden zu stützen und für eine finanzielle Planungssicher­heit für die Gemeinden zu sorgen.

Die Zweckzuschüsse des KIG 2020 werden im Wesentlichen von allen Gemeinden ab­geholt. Man sieht, dass die Ausschöpfungsrate unabhängig von der jeweiligen Finanz­kraft in allen Gemeinden in einem ähnlichen Bereich liegt. Bisher sind, wie wir das auch schon gehört haben, laut dem aktuellen Budgetvollzug rund 650 Millionen Euro von der insgesamt einen Milliarde ausgeschöpft worden, also noch nicht der gesamte Rahmen­betrag. Woran das liegt, wurde bisher allerdings noch nicht erhoben. Ein möglicher Grund könnte darin liegen, dass die Baubranche derzeit überhitzt ist und dadurch Pro­jekte überteuert durchgeführt werden müssten. Möglicherweise ist in einigen Gemeinden aber auch gar kein Bedarf für Investitionsprojekte gegeben.


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Vor diesem Hintergrund sollte über eine Verlängerung des Programms oder eines ähnli­chen Investitionsprogramms erst nach einer gründlichen Evaluierung des bisherigen KIG und Gemeindepakets entschieden werden. Letztlich geht es hier immer noch um Steuer­gelder, die möglichst sinnvoll eingesetzt werden sollen, und außerdem sollte bei weiteren konjunkturellen Maßnahmen – und dazu gehört auch ein Gemeindeinvestitionspro­gramm – nicht eine weitere Überhitzung einzelner Branchen riskiert werden.

Der Nationalrat hat am 20. Jänner 2021 beschlossen, dass es ein begleitendes Moni­toring der Auswirkungen von KIG und Gemeindepaket auf die Verschuldung und die Investitionstätigkeiten der Gemeinden geben soll. Dieses muss in jedem Fall zu einem laufenden Monitoring werden und sollte quartalsweise im Rahmen des Budgetvollzugs berichtet werden.

Aus dem aktuellen Bundesvoranschlag-Entwurf kann man lesen, dass das Abgabenauf­kommen in den nächsten Jahren deutlich steigen wird, aber aufgrund des Gemeindepa­kets werden die Ertragsanteile von Ländern und Gemeinden nicht in demselben Ausmaß steigen. Sollte sich daraus ein Finanzierungsproblem für die Gemeinden ergeben – und davon scheint das in der Anfrage erwähnte KDZ auszugehen –, könnte man eventuell den geplanten Rückzahlungspfad für die Gemeinden abflachen oder nach hinten schieben.

Das KDZ, das Zentrum für Verwaltungsforschung, prognostiziert sinkende finanzielle Spielräume für die Gemeinden und fordert daher gemeinsame Lösungen von Bund, Län­dern und Gemeinden. Es betont beziehungsweise fordert aber auch, dass längst fällige Reformen wie etwa eine Transferentflechtung insbesondere zwischen den Ländern und Gemeinden jetzt umgesetzt werden.

Genauso wichtig wäre aus Sicht des KDZ die längst überfällige Realisierung der Grund­steuerreform und die Einführung eines aufgabenorientierten Finanzausgleichs, um die bestehenden Mittel effizienter auf die einzelnen Gemeinden zu verteilen.

Die Forderungen von NEOS gehen in eine ganz ähnliche Richtung. Auf Gemeindeebene sollte einiges effizienter gemacht werden, zum Beispiel durch mehr Abstimmung und Kooperation mit anderen Gemeinden. Dadurch könnten Einsparungspotenziale genutzt werden. Einsparungspotenziale ergeben sich aber auch durch strukturelle Reformen bei Pflege, Kinderbetreuung und Gemeindestrukturen. Das wiederum geht aber nicht ohne Bund und Länder.

Wir NEOS fordern schon seit Langem eine strukturelle Änderung des Finanzföderalis­mus. Die Einnahmen-, Ausgaben- und Aufgabenverantwortung müssen auf den jeweili­gen Föderalismusebenen zusammengeführt werden und mit einer Steuerautonomie auf Gemeindeebene sowie einer Grundsteuerreform kombiniert werden. Das sollte auch mit einer Entflechtung der Finanzströme zwischen den Gebietskörperschaften und mit einer höheren Transparenz bei den Gemeindefinanzen und Förderungen einhergehen. Vie­len Dank. (Beifall bei BundesrätInnen der SPÖ.)

17.20


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Bettina Anna Lancaster. Ich erteile ihr dieses.


17.20.50

Bundesrätin Mag. Bettina Lancaster (SPÖ, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Herr Minister! Werte Bundesratskolleginnen und -kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher via Livestream! Wie Kollege Ofner schon sagte, hatten wir gestern hier im Hohen Haus die Enquete des Bundesrates zum Thema „Postcorona – Neue Wertschätzung für den ländlichen Raum“. Wertschätzung im Titel, aber nicht in der Praxis.

Keine der beteiligten Ministerinnen fand es nötig, länger als bis zur Ablieferung ihres Redebeitrages dabei zu sein. Das ist nicht gut. (Beifall bei SPÖ und FPÖ sowie des


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Bundesrates Arlamovsky.) Als Bürgermeisterin einer Kleinstgemeinde konnte ich mich im Verlauf der Enquete manchmal des Gefühls nicht erwehren, in einem Paralleluniver­sum zu sein, so unterschiedlich waren die Darstellungen von der Realität.

Vielfach wurde die Bedeutung der Gemeinden und der Städte, insbesondere die der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, angesprochen. Zweifelsohne spielt die lokale Daseinsvorsorge eine entscheidende Rolle für ein gutes Leben der Menschen in unse­rem Land.

Die Wertschätzung zeigt sich auch in der finanziellen Ausstattung der Gemeinden, und da treffen die Sonntagsreden auf die Realität und es ist aus mit der Beweihräucherung. Das vorliegende Budget 2022 beziehungsweise die türkis-grüne Steuerreform im Kon­kreten ist ein „Schlag ins Gesicht“ für die Gemeinden. – Ein Zitat von Johann Hingsamer, Chef des Oberösterreichischen Gemeindebundes.

Mindereinnahmen durch Steuersenkungen werden die Gemeinden hart treffen, Zusatz­einnahmen durch die neue CO2-Steuer gehen, so sieht es aus, alleine an den Bund. Fairness und Wertschätzung den Gemeinden gegenüber sieht anders aus, Herr Minister und werte Bundesregierung!

Wir Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, die wir mit vollstem Einsatz für die Lebens­qualität der Menschen die Bildungs-, Gesundheits-, aber auch Wirtschaftsstandorte in unseren Regionen stützen und sichern, werden wieder einmal im Regen stehen gelas­sen.

Das Aufgabengebiet und die Leistungen der Gemeinden sind vielfältig. Ich möchte jetzt ein paar Beispiele anführen: Wir Gemeinden leisten für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf einen wesentlichen Beitrag. Durch unsere öffentlichen Angebote – Krabbel­stuben, Kindergärten sowie Kostenbeiträge für Tagesmütter, -väter – schaffen wir erst die Wahlfreiheit für die Eltern. Erwerbsarbeit für Mütter und Väter wird so ermöglicht und wichtige Arbeitskräfte für unsere Standorte zur Verfügung gestellt. Der Bau zur Unter­bringung von Krabbelgruppen und Kindergärten nach vorgegebenen Standards sowie deren Betrieb kosten viel Geld – Geld, das wir sozialdemokratische Bürgermeister und Bürgermeisterinnen gerne in unsere Zukunft investieren.

Die Gemeinden sind die UmsetzerInnen, und dazu gehört eine gerechte Zuteilung von Finanzmitteln. In meiner Gemeinde wird zurzeit eine Krabbelstube eingerichtet. Dazu haben wir die KIP-Mittel verwendet. Das ist sich deshalb ausgegangen, weil meine Ge­meinde eine sehr strukturschwache Gemeinde ist und wir an und für sich immer die Probleme haben, unseren Eigenmittelanteil, der zur Durchführung oder Umsetzung ei­nes Projekts benötigt wird, überhaupt anzusparen, da unsere Grundausstattung derartig schlecht ist, dass wir nur schwer zu Ansparmitteln kommen.

Damit sind wir in unseren Handlungen sehr eingeschränkt, und das bedeutet für die Bür­gerinnen und Bürger meiner Gemeinde, dass sie gegenüber Nachbargemeinden Nach­teile haben, weil sie in einer finanzschwachen Gemeinde leben. Das kann man so nicht stehen lassen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein weiterer Punkt ist die Teuerung der Bauvorhaben in den letzten eineinhalb Jahren. Selbst in meiner Gemeinde stockt zurzeit ein Bauvorhaben, da es zu einer Kosten­explosion gekommen ist. Gemeinsam mit der Pfarre und dem Musikverein wurde über langwierige Diskussionen und Genehmigungsverfahren ein Kooperationsprojekt entwi­ckelt. Es wurden Verträge abgeschlossen, und schließlich lag der Finanzierungsplan vor. Anfang 2021 kam der Polierplan, und 70 Prozent der Angebote für die Hauptgewerke wurden eingeholt, und siehe da: eine Kostenüberschreitung um fast 30 Prozent. Das Geld fehlt. Es geht nun in die nächste Runde, zur Erstellung eines neuen Finanzierungs­plans.


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Bei mir steht jetzt die Gemeinde ohne Bauhof da, der Musikverein mit einem zu kleinen Proberaum und die Pfarre bald ohne Pfarrbüro. Herr Minister, wir sind nicht die Ein­zigen, denen die Baukosten davonlaufen. Was gedenken Sie da zu tun? – Wie wäre es aufgrund der enormen Teuerungsraten mit einem Bundesbeitrag für unterfinanzierte Projekte bei finanzschwachen Gemeinden?

Noch ein Beispiel, die freiwilligen Feuerwehren: In den oberösterreichischen Gemeinden arbeiten wir mit der GEP – Gefahrenabwehr- und Entwicklungsplanung –, einem Instru­ment für die Planungssicherheit der Gemeinden. Für Anschaffungen zur Einsatzbereit­schaft der freiwilligen Feuerwehren hat die Gemeinde Ansparmittel beiseitezulegen. Bei der miesen finanziellen Ausstattung der Gemeinden wird sich das wohl bald nicht mehr ausgehen. Herr Minister, wer zahlt dann den Gemeindeanteil?

Noch etwas, nämlich zur Pflege: Über 28 Prozent der Ertragsanteile meiner Gemeinde gehen direkt in den Sozialhilfeverband, hauptsächlich für die Pflege- und Altenheime. Für uns Sozialdemokraten sind das wichtige Ausgaben für die Sicherheit der Menschen im Alter, und wir stellen dies nicht infrage. Es braucht aber eine neue Aufgabenteilung bei der Pflege. Die bestehenden Finanzierungen durch die Gemeinden werden sich bald nicht mehr ausgehen. Die Mehrausgaben in diesem Bereich sind vorprogrammiert.

In Ihrer Finanzplanung findet sich davon aber nichts. Eine sukzessive Privatisierung der Pflege darf keine Lösung sein. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.28


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag.a Daniela Gruber-Pruner. Ich erteile ihr dieses. (Bundesrätin Gru­ber-Pruner – auf dem Weg vom Platz der Schriftführung am Präsidium zum Redner­pult –: Ich habe einen kleinen Umweg genommen!)


17.28.24

Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsiden­tin! Herr Finanzminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte ZuseherIn­nen zu Hause! Wissen Sie, Herr Minister, ich traue mich zu behaupten, dass in allen Kindergärten dieses Landes, unserer Gemeinden, unserer Städte den Kindern vermittelt wird, wie man zuhört, wie man miteinander umgeht, wie man Konflikte löst, dass nicht wenige über alle bestimmen können, dass man sorgfältig mit Dingen umgeht, die allen gehören, dass man vor anderen Respekt hat, dass man nicht schlecht über andere redet, einfach dass man anständig miteinander umgeht und vieles mehr.

Kindern werden diese Grundkompetenzen in unseren Einrichtungen vermittelt, dieses anständige Verhalten, weil das, und davon sind wir überzeugt, die Grundlagen unseres menschlichen Zusammenlebens sind.

Manche Erwachsene und leider sogar EntscheidungsträgerInnen, Politiker sind in diesen Zeiten den Kindern ein denkbar schlechtes Vorbild, und so wollen wir – wobei ich mir eigentlich nichts vorzuwerfen habe – nicht sein, so sollten PolitikerInnen, so sollten Ent­scheidungsträger, so sollten Sie und Ihre Freunde nicht sein.

Diejenigen, die diese Arbeit mit den Kindern machen – das sind hauptsächlich Frauen ‑, vor Ort in unseren Gemeinden, in unseren Städten, sind hochgradig unzufrieden – ich habe das heute schon einmal bei Ihrem Kollegen Kocher deponiert, ich muss es jetzt noch einmal deponieren. Sie sind so unzufrieden, dass sie auf der Straße waren. Sie machen ihren Job nämlich unter Bedingungen, die für die Arbeit, die sie machen bezie­hungsweise die sie in unser aller Interesse machen sollen, nicht angemessen sind. Sie arbeiten mit zu vielen Kindern auf einmal, sie dürfen sich nicht ausreichend auf ihre Ar­beit vorbereiten, sie haben zu wenig Zeit für die Arbeit mit den Eltern. Und es fehlt ihnen an KollegInnen: Überall im ganzen Land fehlt das Personal, und wir merken es in


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unseren Gemeinden, dass wir oft kein qualifiziertes Personal mehr finden, keine weiteren Gruppen aufmachen können, obwohl es notwendig wäre – und jetzt manchmal sogar schon Gruppen schließen müssen, weil das qualifizierte Personal nicht vorhanden ist.

Warum ist das so? Warum kommt es zu so einem Zustand? – Weil die finanzielle Aus­stattung für die Gemeinden und auch für die Länder durch den Bund in diesem Fall nicht stimmt und weil die Rahmenbedingungen, um diese Arbeit sinnvoll und gut machen zu können, nicht stimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein Beispiel – man stelle sich das vor –: Eine Elementarpädagogin, die mit bis zu 25 Kin­dern gleichzeitig Bildungsarbeit machen muss, ist nicht einmal einer Volksschulpäda­gogin gleichgestellt. Diese Rahmenbedingungen sind am Ende des Tages eine Frage des Budgets, also der Finanzen, nämlich wie viel an Ressourcen in diesem Bereich zur Verfügung steht, wie viel Geld der Bund den Gemeinden, den Ländern dafür zur Verfü­gung stellt. – Und jetzt kommt der Wahnsinn, der eigentlich auch bei mir das Fass zum Überlaufen bringt, denn Eltern wünschen sich klarerweise, dass diese Einrichtungen, dieses Bildungsangebot für ihre Kinder dann offen hat, wenn sie in der Arbeit sind – inklusive Fahrzeit, und das ist am Land oft eine lange Distanz, die man da einrechnen muss.

Schlaue Politiker, schlaue Politikerinnen erkennen, dass die Frage der Öffnungszeiten dieser Bildungseinrichtungen nicht nur eine Frage der Bildungschancen der Kinder ist, sondern dass ausreichende Öffnungszeiten auch wirtschaftlich sinnvoll wären, damit Männer und Frauen ihrem Beruf nachgehen können. Daher haben sich schlaue Politiker vor geraumer Zeit, vor ein paar Jahren ausgedacht, diese Kinderbetreuung bundesweit ganztägig auszubauen, damit alle Familien dieses Angebot haben, wenn sie es brau­chen und wenn sie es wollen. (Beifall bei der SPÖ.)

Hand aufs Herz. Wir wissen, dass dort, wo man Kindergärten und Schulen ganztägig anbietet, das auch angenommen wird. Das ist keine Frage der Bedarfserhebung, son­dern wenn das Angebot da ist, dann nehmen das die Eltern und die Kinder sehr gerne an. Das wissen wir aus der Praxis in den Gemeinden.

Es gab eben diesen Plan, 1,2 Milliarden Euro für diesen Ausbau – genau für dieses An­gebot! – zur Verfügung zu stellen. Welch tolle Initiative wäre das gewesen! Wie viele Familien hätten dadurch ein leichteres Leben bekommen? Wie vielen Kindern hätte man ein qualitativ hochwertiges Angebot zur Verfügung stellen können? Wie vielen Gemein­den hätte man damit einen Spielraum eröffnen können?

Und dann gibt es Politiker – jetzt komme ich wieder zu diesem Anstand –, die so eine Idee torpedieren, und – Kollege Bader wird mir wieder „Blutrausch“ vorwerfen (Bundes­rätin Schumann: Sowieso! – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ) – die so eine Idee tor­pedieren, weil Egoismus und Machtkalkül im Vordergrund stehen. (Bundesrat Spanring: Das gibt es ja in der ÖVP gar nicht!) Es ist ungeheuerlich, dass man als Entscheidungs­trägerIn die Eigeninteressen vor die gemeinsamen Interessen stellt. (Beifall bei der SPÖ.)

Jetzt versuchen Sie, Herr Minister, natürlich, uns zu erklären, dass das so nicht stimmt, und man kratzt aus allen Bildungsecken ein Budget zusammen, um belegen zu können, dass diese 1,2 Milliarden Euro trotzdem geflossen sind, aber Tatsache ist, dass das ein großer, innovativer, neuer Wurf gewesen wäre – aber der ist so nicht gekommen, der ist verhindert worden.

Tatsache ist auch, dass Sie (in Richtung Bundesminister Blümel weisend) und auch Sie (in Richtung ÖVP und Grüne weisend), die KollegInnen aus den Regierungsparteien, diesen Personen, die so etwas gemacht haben, die solche Dinge anstellen, weiterhin die Stange halten, und das werfen wir Ihnen vor. (Beifall bei der SPÖ und bei BundesrätIn­nen der FPÖ.)


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Wir werfen Ihnen auch vor, dass Ihnen die Kinder in diesem Land weniger wert sind als Großunternehmer, denn durch die Senkung der Körperschaftsteuer – wir haben es heu­te schon gehört – profitieren zwar Unternehmen, aber den Gemeinden bleibt weniger zum Ausgeben, und wie soll da ein Wirtschaftswachstum, ein Wirtschaftsaufschwung, der notwendig wäre, stattfinden? – Wir haben es auch gerade gelesen: Österreich wird von der EU-Kommission das zweitschwächste Wirtschaftswachstum in der EU prognos­tiziert, und ich denke, das spricht für sich. Da könnte man ankurbeln und den Gemeinden Spielräume geben. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Die Gemeinden bräuchten das Geld, um Personal zu finden und die Kinderbetreuung auszubauen. Ja, wir finden, jedes Kind sollte einen Rechtsanspruch auf einen Kindergar­tenplatz haben, aber die Verantwortung darf nicht alleine den Gemeinden umgehängt werden. Das muss eine gemeinsame Verantwortung von Bund, Ländern und Gemein­den sein. Genauso muss es auch eine gemeinsame Verantwortung sein, wie der Ge­meindebund kürzlich betont hat, diese Personalnot, die in diesem Bereich damit einher­geht, in den Griff zu bekommen.

Und was die konkrete finanzielle Unterstützung von Familien betrifft, Herr Minister: Wir haben in unserer letzten Bundesratssitzung den Bericht der Volksanwaltschaft diskutiert, und da wurden grobe Mängel in diesem mittlerweile recht unübersichtlichen Fördersys­tem für Familien angemerkt: in Richtung Ungerechtigkeit, in Richtung Verzögerung. Ein Zitat: Zu lange Verfahrensdauern beim Familienhärteausgleichsfonds. Ein weiteres Zitat: Die „Benachteiligung von Selbstständigen“. Ein drittes Zitat aus diesem Bericht: Die Dis­kriminierung erkrankter Eltern beim Familienkrisenfonds, und so weiter. Das alles ist in diesem sehr umfangreichen Bericht der Volksanwaltschaft speziell zur Covid-Situation nachzulesen.

65 Prozent der Personen, die derzeit in systemrelevanten Berufen arbeiten, sind Frauen, und man kann zu Recht sagen, dass sie die Bewältigerinnen der aktuellen Krise sind, aber wie kann man dann ein Fördersystem wie beim Familienbonus schaffen, der zu 80 Prozent an Männer ausgezahlt wird? – Die Arbeiterkammer hat das jüngst berechnet: 80 Prozent des Familienbonus gehen direkt an Männer und nicht an die Frauen, die diese Arbeit leisten.

Apropos Familienleistungen – bleiben wir noch dort –: Auch im Volksanwaltschaftsbe­richt wird nicht zuletzt bemängelt, dass bei einer nächsten Berufsgruppe, die für die Ge­meinden so essenziell ist, der Hut brennt, nämlich bei den Pflegern und Pflegerinnen in diesem Land. (Beifall bei der SPÖ.)

Nicht, dass man alles tut, damit sie bleiben und hoffentlich noch lange ihre Arbeit an unseren pflegebedürftigen Mitmenschen in unseren Gemeinden machen können, nein, man macht ihnen das Leben schwer. Man ist ihnen den Kinderbonus neidig und indexiert ihn, obwohl diese Frauen hier arbeiten und hier Steuern zahlen und wir sie so, so drin­gend brauchen. (Zwischenruf der Bundesrätin Schartel.) – Auch das wird im Volksan­waltschaftsbericht heftig kritisiert.

Überhaupt habe ich das Gefühl, bei diesem Thema verschlafen Sie tatsächlich diesen drohenden Pflegenotstand. Auch wenn meine Vorrednerin Kollegin Kittl sagt, dass es wohl das Bewusstsein dafür gibt, bildet sich das nicht im vorhandenen Budget ab und es bildet sich nicht in den Maßnahmen, die wir sehen, ab. Wir haben das Gefühl, wir steuern auf einen Pflegenotstand zu, und es braucht da keine Reförmchen, es braucht da große Reformen, die sich in einem Budget abbilden. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Minister, wir bitten Sie: Sehen Sie den Tatsachen ins Auge! Erkennen Sie, wo der Hut brennt! Verschließen Sie nicht die Augen vor der Realität bei der Kinderbetreuung, bei der Pflege, bei der Kinderarmut in den Gemeinden! Sie haben es mit Ihren Mitteln


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weitgehend in der Hand, das Geld dort einzusetzen, wo es wirklich gebraucht wird, und eben nicht in gefälschten Studien und Umfragen oder Inseraten. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.39


17.39.48

Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Josef Ofner, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Schaffung eines Gemeindeeinnahmenausgleichsfonds“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungsantrag zu­stimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenminderheit. Der Antrag ist somit abgelehnt.

17.40.31Fortsetzung der Tagesordnung


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Ich nehme die Verhandlungen zur Tagesordnung wieder auf.

Wir setzen die Verhandlung über die Tagesordnungspunkte 16 und 17 fort.

Mir wurde mitgeteilt, dass Bundesrat Bernard am Schluss sprechen wird. Das heißt, zu Wort gelangt nun Frau Bundesrätin Elisabeth Kittl. Ich erteile dieses.


17.40.57

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Liebe Kolleginnen, liebe Kolle­gen! Frau Präsidentin! – Minister ist keiner anwesend. – Liebe ZuseherInnen! Wir wis­sen: Die meisten Emissionen stammen von Autos und Lkws, das ist schon lange er­wiesen. (Bundesrat Spanring: Das fängt schon einmal mit einem Blödsinn an!) In den letzten Jahren hat die Zahl der Autokäufe aber leider zugenommen, vor allem die der großen, emissionsstarken SUVs. Daher ist es wichtig, genau da steuernd einzugreifen, und das haben wir mit der Neuregelung der NoVA und der motorbezogenen Versiche­rungssteuer gemacht: Emissionsfreie Autos und Klein-Lkws werden gefördert und weni­ger besteuert als CO2-verursachende Autos; und alle Fahrzeuge, die null Emissionen haben, zahlen auch 0 Euro NoVA und weniger motorbezogene Versicherungssteuer. Übrigens: Die Versicherungssteuer in Abhängigkeit vom CO2-Ausstoß wurde auf Initia­tive der schwarz-blauen Regierung, also unter Beteiligung der Freiheitlichen, schon mit dem Steuerreformgesetz 2020 beschlossen.

Ressourcenschonung wird belohnt, Ressourcenverbrauch und Umweltverschmutzung werden teurer – man könnte auch sagen: ehrlicher –, vor allem für die verbrauchsinten­siven SUVs, die Geländewagen und, ja, auch für die Wohnmobile. Und was Ihr Argument betrifft, das Sie im Ausschuss vorgebracht haben, Herr Kollege, dass Autos die meiste Zeit nicht bewegt werden können, so könnte man genau da umdenken und zum Beispiel auf Carsharingsysteme umsteigen.

Wenn umweltschädliches Verhalten gesetzt wird, kostet das Geld, aber nicht nur den Verursachenden, sondern auch und vor allem die Allgemeinheit. Das Wesentliche ist aber: Umweltschädigendes Verhalten kostet unsere Gesundheit und vor allem unsere Lebensgrundlage. Das zeigt sich in den Auswirkungen der Klimakrise in Form von Um­weltkatastrophen, die ganze Dörfer und Existenzen zerstören, und unglaublichen Hitze­wellen, die Menschenleben kosten.

Daher: Schauen wir auf die Vorteile der Gesetzesänderung, schauen wir darauf, dass wir das Klima schonen, dass wir die Umwelt schützen, dass wir damit unsere Gesundheit


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fördern und vor allem dass wir die Lebensbedingungen unserer Kinder und Kindeskinder aufrechterhalten!

Ich möchte Sie, liebe FPÖ, aber auch Sie, liebe SPÖ – Sie unterstützen ja den NoVA-Antrag –, daran erinnern, wen Sie angeblich vertreten wollen: Menschen mit geringem Einkommen. Vergessen Sie deshalb auch nicht, dass der motorisierte Individualverkehr die teuerste Art ist, sich fortzubewegen (Ruf: Aber am Land ist sie die einzige, die noch funktioniert!), und ganz viele Menschen im untersten Einkommenssegment gar kein Auto besitzen, geschweige denn sich ein neues Auto leisten können! (Zwischenruf des Bun­desrates Bernard. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich habe es schon öfters gesagt: Autos verursachen nicht nur CO2-Emissionen, sie ver­ursachen auch Lärm und Gestank (Ruf: Sie leben in Wien und nicht am Land! – Bun­desrat Spanring: ... die Leute im Waldviertel auch mit der U-Bahn fahren?! – Ruf: Sie leben in Wien und nicht am Land, ja!), dem die Menschen ausgesetzt sind, die an den großen Straßen wohnen und die sich, weil sie kein Auto haben, auf diesen Straßen be­wegen. Dort leben Menschen mit geringem Einkommen, und meist sind diejenigen, die nicht mit dem Auto fahren, auch Frauen. Dass Sie diese vergessen, liebe FPÖ, zeigt sich in Ihren verfehlten Anträgen genauso wie in Ihren Anreden.

Die Regierung vergisst die Frauen und die Menschen mit geringem Einkommen nicht (Bundesrätin Schumann: Total habt ihr die Frauen vergessen! Völlig! Ihr habt völlig die Frauen vergessen! Völlig – nicht ein bissl, ganz!) und investiert so viel wie nie zuvor in den Ausbau und die Leistbarkeit des öffentlichen Verkehrs, genauso wie sie Maßnah­men zur Verringerung von lauten, schmutzigen und stinkenden Emissionen setzt.

Daher muss ich hier mit einem Hoch auf die Umweltministerin und das Klimaticket schließen. Kaufen Sie sich eines! (Ruf: Warum sollte ich? – Bundesrat Spanring: Ja, ich kann mir eh eines kaufen, aber fahren kann ich nicht! Das ist ein Wahnsinn!) Schonen Sie das Klima, schonen Sie die Menschen, die Sie angeblich vertreten! Bis 26. Oktober kostet es nur 950 Euro für ein Jahr für ganz Österreich – für uns. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

17.44


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Andreas Arthur Spanring. Ich erteile dieses. (Rufe: Oje! – Ich hab ja ge­sagt, der kommt noch! – Bundesrat Spanring – auf dem Weg zum Rednerpult –: Das liegt an euch! – Unruhe im Saal.)


17.44.53

Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Frau Vorsitzende! Kol­legen im Bundesrat! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Eigentlich ist es ein bisschen schade, dass Frau Minister Gewessler heute nicht hier ist, denn es gäbe einiges, was man ihr sagen könnte. Es hätte aber wahrscheinlich gar keinen Sinn, denn wenn man zugehört hat, was die Vorrednerin, Frau Bundesrätin Kittl von den Grü­nen, gesagt hat, kann einem ja nur angst und bang werden. (Bundesrat Schreuder: Die FPÖ fürchtet sich vor Frauen, ja! – Heiterkeit der BundesrätInnen Kittl und Schreuder.) Sie sind so weit weg von der Lebensrealität, Sie haben keine Ahnung!

„Zu viel ist zu viel – Kostenlawine stoppen!“ – Das war der Titel der heutigen Aktuellen Stunde im Niederösterreichischen Landtag, beantragt vom Freiheitlichen Klub, und ge­nau darum geht es: Was noch alles? Was wollen Sie unseren Bürgern, ganz besonders unseren Autofahrern, noch alles aufbürden? Zu viel ist zu viel, meine Damen und Herren!

Genau deshalb danke ich dir, lieber Michael Bernard, der du seit Beginn wie ein Löwe für unsere Landsleute gegen diese schwarz-grüne Gebührenlawine – oder besser ge­sagt gegen diese schwarz-grüne Abzocke – kämpfst und mit deinen heute behandelten


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Anträgen wieder ganz klar aufzeigst, dass es noch Politiker mit Hausverstand und Ge­wissen gibt. (Beifall bei der FPÖ.)

Die beiden Anträge – betreffend „Rücknahme der Nova-Erhöhung“ und „keine Erhöhung der motorbezogenen Versicherungssteuer“ – sind ein Gebot der Stunde. In Wahrheit sind es nur zwei Punkte von vielen, die notwendig sind, um unsere Landsleute nun endlich zu entlasten. Niemand greift so ungeniert tief in die Geldbörsen der Steuerzahler, der Familien, der Arbeitnehmer und der Pensionisten wie diese Politiker von Schwarz und Grün.

Sie von Schwarz und Grün haben kein soziales Gewissen, und Sie schöpfen alle Mög­lichkeiten aus, um den Österreichern das Geld aus der Tasche zu ziehen. Ihre schwarz-grüne Politik produziert massenweise Verlierer, und Ihre Steuerreform ist nichts anderes als eine Mogelpackung. (Bundesrat Preineder: Die größte Entlastung!) Sie ist auch nicht ökosozial, sie ist asozial. (Beifall bei der FPÖ.)

Nach der NoVA-Erhöhung kommt jetzt auch noch die CO2-Bepreisung. Meine Damen und Herren von der ÖVP, ist Ihnen klar, was das bedeutet? – Das ist ein Anschlag auf den ländlichen Raum, das ist ein Verrat an der ländlichen Bevölkerung. Als Niederöster­reicher weiß ich, wovon ich rede. Wenn Frau Bundesrätin Kittl davon spricht, dass ich mir ein Klimaticket kaufen kann, dann muss ich dazu sagen: Ja, ich kann mir schon eines kaufen – es kostet 1 000 Euro, das freut mich total –, nur benutzen kann ich es nicht, weil ich damit bei mir nirgends hinkomme. Ich kann nur daheim stehen und 3 Stunden auf einen Bus warten, der dann vielleicht nicht kommt.

Unsere Landsleute haben sich diesen Belastungswahnsinn, der da vonstattengeht, kei­nesfalls verdient. Ich kann Ihnen auch genau sagen, wer die Verlierer sein werden: Es werden die Kleinverdiener und der Mittelstand sein. Ändern werden Sie damit gar nichts, denn der von Ihnen erwünschte Lenkungseffekt ist zwar nett, aber nur Schall und Rauch, und er wird nicht funktionieren – das sagen auch viele Experten.

Fakt ist – auch das sollte man an dieser Stelle einmal sagen –, dass bereits jetzt in Ös­terreich jährlich mehr als 15 Milliarden Euro an sogenannten Umweltabgaben eingenom­men werden. Das sind um 34 Prozent mehr als noch vor zehn Jahren. Quasi jeder, der in der Früh aufsteht und etwas leistet, wird vom System bereits nach dem Aufstehen ausgebeutet. Die CO2-Bepreisung, die jetzt als zusätzliche Steuer dazukommt, ist nur die Spitze des Belastungswahnsinns, ein, wie wir es von der Kollegin gehört haben, ideologisches Hirngespinst, das von den Verrätern des ländlichen Raumes, nämlich von der ÖVP, auch noch unterstützt wird.

Und liebe ÖVP, reden Sie sich nicht auf die Grünen aus, denn Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, sind verantwortlich, Sie haben den Schildbürgerstreich zu verant­worten, eine grüne Autofahrerhasserin an die Spitze des Verkehrsministeriums gesetzt zu haben. Sie waren es! (Beifall bei der FPÖ.)

Die Menschen in den Flächenbundesländern sind auf das Auto angewiesen, um in die Arbeit zu fahren, um die Kinder zur Schule zu bringen, um die Kinder in die Freizeitein­richtungen zu bringen und, und, und. Wer glaubt, dass am Land – im Waldviertel, im Mostviertel, im Weinviertel und sogar in weiten Teilen des Industrieviertels – ein Leben ohne Auto möglich ist, ist ein realitätsfremder Träumer und das ist noch nett ausge­drückt! (Beifall bei der FPÖ.)

Die Österreicher sind nicht nur direkt, sondern auch indirekt von diesem Belastungs­wahnsinn betroffen, denn auch sämtliche Transportunternehmen, Dienstleister und Fir­men stöhnen unter den Kosten und sind natürlich gezwungen, diese eins zu eins an die Kunden weiterzugeben. Was bedeutet das? Dadurch wird das ganze Leben teurer, und dadurch wird das ganze Leben für manche Menschen  wahrscheinlich sogar für sehr viele  unleistbar.


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 155

Darum, liebe Kollegen, ersuche ich Sie heute um Zustimmung zu beiden Anträgen. Die Opposition kann leider nur bedingt verhindern, was unseren Bürgern Tag für Tag an schwarz-grünen Grauslichkeiten zugemutet wird, aber, meine Damen und Herren Öster­reicher, Sie können bei der nächsten Wahl dieses schwarz-grüne Raubrittertum abwäh­len! (Beifall bei der FPÖ.)

17.51


17.51.17*****

Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Herr Bundesrat Spanring, für die Aussage, dass Frau Bundesministerin Gewessler eine „Autofahrerhasserin“ ist, erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP. Bundesrat Steiner: Und der „Kickl-Virus“ kriegt nix? Zwischenruf bei der SPÖ.)

*****

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Michael Bernard. Ich erteile dieses.


17.51.54

Bundesrat Michael Bernard (FPÖ, Niederösterreich): Also ich verstehe diesen Ord­nungsruf nicht (Zwischenrufe bei der FPÖ), und ich wiederhole das, was mein Kollege Spanring gesagt hat, sehr wohl noch einmal: Sie ist eine Autofahrerhasserin. (Beifall bei der FPÖ.)

Zum Kollegen Schennach: Während einer Rede, in der es darum geht, dass die von der schlechtesten, anscheinend korruptesten Bundesregierung, die es jemals in Österreich gegeben hat, zulasten der Bevölkerung verhängten Steuererhöhungen zurückgenom­men werden sollen, andauernd unqualifiziert hineinzuplappern, zeigt, wie ernst Sie die Sorgen der österreichischen Bevölkerung nehmen! (Bundesrat Schennach: Ich?) – Ja! (Beifall bei der FPÖ. Bundesrat Schennach: Ich bin so still! Wann?)

Das Positive des heutigen Tages ist, dass abseits von Schwarz-Grün im Niederösterrei­chischen Landtag die Umsetzung des Projekts der S 8 Marchfeld Schnellstraße gemein­sam von Schwarz, Blau und Rot gegen Grün beschlossen wird. Das ist ein Freudentag.

Zur Kollegin Kittl: Was ist laut, stinkt und verursacht Emissionen? – Die grüne Verkehrs­ministerin, die durch ihre gesetzten Handlungen Staus produziert. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

17.53


17.53.21*****

Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Lieber Herr Bundesrat Bernard, auch Ihnen erteile ich einen Ordnungsruf wegen Beleidigung einer Ministerin. Dazu gehört für mich, wenn man sie „Autofahrerhasserin“ nennt – das entspricht für mich nicht dem Anstand und der Würde des Bundesrates. (Bundesrat Steiner: Was ist mit „Kickl-Virus“? – Bundesrat Schennach: Was ist mit Blutrausch?) – Da hatte ich nicht den Vor­sitz.

*****

17.53.46

Wir kommen zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Tagesordnungspunkte getrennt erfolgt.

Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 156

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Bundesräte Michael Bernard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rücknahme der Nova-Erhöhung.

Es liegt hierzu ein Antrag der Bundesräte Michael Bernard, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung vor, dem Entschließungsantrag die Zustim­mung zu erteilen.

Hiezu ist eine namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von fünf Bundesräten gestellt wurde, ist gemäß § 54 Abs. 3 der Geschäftsordnung eine namentliche Abstimmung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Im Sinne des § 55 Abs. 5 der Geschäftsordnung erfolgt die Stimmabgabe nach Aufruf durch die Schriftführung in alphabetischer Reihenfolge mündlich mit „Ja“ im Falle der Zustimmung, mit „Nein“, wenn keine Zustimmung erfolgt. Ich bitte um deutliche Äu­ßerung.

Ich ersuche nunmehr die Schriftführung um den Aufruf der Bundesräte in alphabetischer Reihenfolge.

*****

(Über Namensaufruf durch Schriftführerin Gruber-Pruner geben die BundesrätInnen ihr Stimmverhalten mündlich bekannt.)

*****


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Ich mache von meinem Stimmrecht Gebrauch und stimme mit „Nein“.

Die Stimmabgabe ist beendet.

Ich unterbreche zur Auszählung der Stimmen kurz die Sitzung.

17.58.37*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 17.58 Uhr unterbrochen und um 17.59 Uhr wieder aufgenommen.)

17.59.52*****


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Ich nehme die unterbrochene Sit­zung wieder auf und gebe nun das Abstimmungsergebnis bekannt.

Demnach entfallen auf den gegenständlichen Antrag, dem Entschließungsantrag 309/A(E) die Zustimmung zu erteilen, bei 57 abgegebenen Stimmen 26 „Ja“-Stimmen und 31 „Nein“-Stimmen.

Der gegenständliche Entschließungsantrag ist somit abgelehnt.

Mit „Ja“ stimmten die BundesrätInnen:

Appé;

Bernard;

Dim;

Egger;


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 157

Gerdenitsch, Grimling, Grossmann, Gruber-Pruner;

Hahn, Hübner;

Kahofer, Kovacs;

Lancaster;

Novak;

Ofner;

Prischl;

Reisinger;

Schartel, Schennach, Schererbauer, Schilchegger, Schumann, Spanring, Steiner, Stei­ner-Wieser;

Zaggl-Kasztner.

Mit „Nein“ stimmten die BundesrätInnen:

Arlamovsky, Auer;

Bader, Berger-Grabner, Buchmann;

Eder, Eder-Gitschthaler;

Gfrerer, Gross;

Hauschildt-Buschberger, Himmer, Hirczy, Holzner;

Kaltenegger, Kittl, Köck, Kolland, Kornhäusl;

Lackner;

Mattersberger, Miesenberger;

Preineder;

Raggl, Ringer;

Schreuder, Schwarz-Fuchs, Schwindsackl, Seeber;

Wolff;

Zeidler-Beck, Zwazl.

*****


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Bundesräte Michael Bernard, Kolleginnen und Kollegen betreffend keine Erhöhung der motorbezogenen Versicherungssteuer.

Der Finanzausschuss des Bundesrates hat mit Stimmenmehrheit beschlossen, dem Ent­schließungsantrag keine Zustimmung zu erteilen. Ich lasse über den gegenständlichen Ausschussantrag, dem Entschließungsantrag keine Zustimmung zu erteilen, abstimmen.

Hiezu ist eine namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von fünf Bundesräten gestellt wurde, ist gemäß § 54 Abs. 3 der Geschäftsordnung eine namentliche Abstimmung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Im Sinne des § 55 Abs. 5 der Geschäftsordnung erfolgt die Stimmabgabe nach Aufruf durch die Schriftführung in alphabetischer Reihenfolge mündlich mit „Ja“ im Falle der Zustimmung, mit „Nein“, wenn keine Zustimmung erfolgt. Ich bitte um eine deutliche Äußerung.


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 158

Ich ersuche nunmehr die Schriftführung wiederum um den Aufruf der Bundesräte in al­phabetischer Reihenfolge.

*****

(Über Namensaufruf durch Schriftführerin Gruber-Pruner geben die BundesrätInnen ihr Stimmverhalten mündlich bekannt.)

*****


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Ich mache von meinem Stimmrecht Gebrauch und stimme mit „Ja“.

Die Stimmabgabe ist beendet.

Ich unterbreche zur Auszählung der Stimmen kurz die Sitzung.

18.04.54*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 18.04 Uhr unterbrochen und um 18.05 Uhr wieder aufgenommen.)

18.05.43*****


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Ich nehme die unterbrochene Sit­zung wieder auf und gebe nun das Abstimmungsergebnis bekannt.

Demnach entfallen auf den gegenständlichen Antrag, dem Entschließungsantrag 310/A(E) keine Zustimmung zu erteilen, bei 57 abgegebenen Stimmen 47 „Ja“-Stimmen bezie­hungsweise 10 „Nein“-Stimmen.

Der Antrag auf Nichtannahme des gegenständlichen Entschließungsantrages ist somit angenommen.

Mit „Ja“ stimmten die BundesrätInnen:

Appé, Arlamovsky, Auer;

Bader, Berger-Grabner, Buchmann;

Eder, Eder-Gitschthaler, Egger;

Gerdenitsch, Gfrerer, Grimling, Gross, Grossmann, Gruber-Pruner;

Hahn, Hauschildt-Buschberger, Himmer, Hirczy, Holzner;

Kahofer, Kaltenegger, Kittl, Köck, Kolland, Kornhäusl, Kovacs;

Lackner, Lancaster;

Mattersberger, Miesenberger;

Novak;

Preineder, Prischl;

Raggl, Reisinger, Ringer;

Schennach, Schreuder, Schumann, Schwarz-Fuchs, Schwindsackl, Seeber;

Wolff;

Zaggl-Kasztner, Zeidler-Beck, Zwazl.


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 159

Mit „Nein“ stimmten die BundesrätInnen:

Bernard;

Dim;

Hübner;

Ofner;

Schartel, Schererbauer, Schilchegger, Spanring, Steiner, Steiner-Wieser.

*****

18.06.1418. Punkt

Entschließungsantrag der Bundesräte Markus Leinfellner, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Attraktivieren des Bundesheeres durch Anpassungen im Gehalts­gesetz (311/A(E)-BR/2021 sowie 10756/BR d.B.)


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Wir gelangen nun zum 18. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser. – Ich bitte um den Bericht.


18.06.34

Berichterstatterin Marlies Steiner-Wieser: Frau Präsidentin! Ich bringe den Bericht des Landesverteidigungsausschusses vom 19. Oktober 2021 über den Entschließungs­antrag der Bundesräte Markus Leinfellner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Attrakti­vieren des Bundesheeres durch Anpassungen im Gehaltsgesetz (311/A(E)-BR/2021 so­wie 10756/BR d.B.).

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. (Präsident Raggl übernimmt den Vor­sitz.)

Ein Beschluss über den Antrag, dem vorliegenden Entschließungsantrag 311/A(E)-BR 2021 die Zustimmung zu erteilen, ist infolge Stimmengleichheit nicht zustande ge­kommen.


Präsident Dr. Peter Raggl: Wir gehen in die Debatte ein. Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Bernhard Hirczy. – Bitte.


18.07.30

Bundesrat Bernhard Hirczy (ÖVP, Burgenland): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Der vorliegende Entschließungsantrag befasst sich mit dem Thema Anpassungen im Gehaltsgesetz im Bereich der Unteroffiziere und der Offiziere.

Aktuell laufen Gespräche zu diesem Thema – natürlich mit den Zuständigen und ressor­tübergreifend – im Ministerium. Diesen Gesprächen sollte man nicht vorgreifen. Grund­sätzlich begrüße ich natürlich die Intention dieses Antrages, nichtsdestotrotz gehe ich davon aus, dass gerade diese Gespräche der Grund sind, dass wir diesen Antrag hier behandeln, und dass man daraus politisches Kapital schlagen möchte.

Offene Punkte in diesem Antrag sind aus meiner Sicht, dass der Antrag gerade im Be­reich der Unteroffiziere zu wenig weit greift, da jene mit Richtverwendungen vor der an­gesprochenen Zusammenlegung der Grundlaufbahn der Verwendungsgruppe 1 man­gels Funktionszulage von diesem Modell nicht profitieren würden. Im Bereich der Offi­ziere ist eine Besoldung nach der Gehaltstaffel entsprechend § 28 nicht zweckmäßig, da diese Arbeitsplätze beziehungsweise Planstellen die Verwendungsgruppe A 1 voraus­setzen. Gleichzeitig würde dies der bewährten und international vergleichbaren Ausbil­dungssystematik entgegenlaufen.


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 160

Ich darf aber auch die Gelegenheit nutzen, um einige weitere wichtige Aspekte festzu­halten. Zum dritten Mal in Folge wurde das Verteidigungsbudget erhöht. Das Budget des Bundesheeres für das Jahr 2022 beträgt somit exakt 2 713,1 Millionen Euro, also über 2,7 Milliarden Euro. Das entspricht im Vergleich zum Vorjahr einer Steigerung von 40 Millionen Euro. Eine Investition in das Bundesheer ist eine Investition in die Sicherheit Österreichs und somit aus meiner Sicht absolut richtig.

Derzeit läuft auch gerade die Anpassung der Zentralstellenorganisation. Auch hierzu darf ich einige Eckdaten nennen. Ziel ist es, Doppelgleisigkeiten zu beseitigen, die Trup­pe bleibt unberührt und jeder und jede behält seine oder ihre Anstellung. Eine Ver­schlankung der Zentralstelle und die Schaffung von Synergien – effektiver und ökonomi­scher zu werden – sind die Ziele. Eine klare Ausrichtung auf eine Einsatzorganisation, das Bundesheer, bleibt, die Miliz wird weiter ausgebaut. Personelle und budgetäre Spiel­räume werden geschaffen, insbesondere im Bereich der Offiziere, der Unteroffiziere, na­türlich aber auch der Chargen und dementsprechend auch der Rekruten.

Ich darf auf laufende Verhandlungen mit dem Ministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport verweisen. Auch da geht es dezidiert um die Bereiche Dienstrechts-Novelle, Sonderverträge im Bereich Luftstreitkräfte, Akademisierung der Offiziere, weite­re Schritte bei den Unteroffizieren, Zulagen für Nachrichtendienste, Personaleinsatzpla­nung im Bereich Saab 105, die Truppendienstzulage neu und natürlich auch Sonderver­träge im Bereich Militärmedizin und für Militärarztanwärter.

Abschließend darf ich unterstreichen: Das System wird laufend verbessert. Es wird lau­fend gearbeitet, und das ist gut so. Die aktuellen Standorte des Bundesheers bleiben erhalten, und es gibt keine Verringerung bei der Truppe. Wir sind dank unserer Bundes­ministerin Klaudia Tanner auf einem sehr guten Weg. Ich möchte mich bei ihr und bei allen, die daran mitwirken, bedanken. Dem vorliegenden Entschließungsantrag werden wir jedoch nicht die Zustimmung erteilen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

18.10


Präsident Dr. Peter Raggl: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat David Egger. Ich erteile dieses.


18.11.05

Bundesrat David Egger (SPÖ, Salzburg): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegin­nen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher vor den Bildschirmen! Schade, dass heute vom Verteidigungsministerium niemand mehr da ist. Trotzdem wollen wir ein biss­chen in die Debatte eingehen.

Zuallererst möchte ich Kollegen Leinfellner vonseiten der SPÖ-Fraktion natürlich die al­lerbesten Genesungswünsche übermitteln, nach dem, was wir heute gehört haben. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Danke!) Zum Zweiten möchte ich sagen, dass das Bun­desheer sich immer, besonders in Krisenzeiten, als einer der verlässlichsten Partner in unserem Land für die Menschen, die hier wohnen, eingesetzt hat und einsetzt und immer da ist, wenn man es braucht. (Beifall bei der SPÖ und bei BundesrätInnen der FPÖ sowie des Bundesrates Buchmann.)

Ich möchte das an dieser Stelle betonen, weil Salzburg von den schweren Unwettern heuer besonders betroffen war. Es ist quasi nur ein Anruf beim Militärkommandanten Anton Waldner nötig, und schon stehen die Soldatinnen und Soldaten – unter Anfüh­rungszeichen – „Gewehr bei Fuß“ und helfen der Bevölkerung. Das soll sich in Zukunft auch auf deren Gehaltszetteln widerspiegeln, und zwar deswegen, weil es attraktive und fair bezahlte Arbeitsplätze braucht. Dieser Meinung sind wir bei der SPÖ, denn das nen­nen wir ehrliche Wertschätzung der Soldatinnen und Soldaten.

Wir stehen auch beim österreichischen Bundesheer bald vor einer größeren Pensionie­rungswelle, wie wir alle wissen. Daher sind wir der Meinung – nicht nur wir, auch die


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 161

Gewerkschaften, besonders die Gewerkschaft öffentlicher Dienst –, dass in das Perso­nal investiert werden muss. Bei der Exekutive passiert das ja schon, wie wir alle wissen. Wir haben das auch im Ausschuss gehört. Das Bundesheer wird dabei leider – leider, muss ich sagen – oft vergessen. Der Anteil der Absolventen an der Heeresunteroffiziers­akademie ist zwar stetig im Steigen – das ist ein gutes Zeichen, das ist richtig, das ist wichtig –, aber leider, muss man an dieser Stelle sagen, ist der Frauenanteil, wie man sieht, wenn man sich die Zahlen anschaut, mit gerade einmal 59 Absolventinnen von 686 denkbar niedrig. Es wäre natürlich wünschenswert, dass der Frauenanteil bei den Heeresunteroffiziersanwärtern steigt.

Der Antrag soll natürlich zeigen, dass sich die FPÖ besonders für die Soldatinnen und Soldaten einsetzt. Wir als SPÖ halten die Intention dieses Antrages selbstverständlich, wie ich eingangs schon gesagt habe, für besonders wichtig. (Zwischenruf der Bundes­rätin Steiner-Wieser.) Die Gehaltssätze, die sich jetzt ja am Exekutivdienst orientieren, werden von der SPÖ unterstützt (Beifall bei BundesrätInnen der FPÖ), das ist für uns eine Selbstverständlichkeit. Auch die Gewerkschaft hat sich dafür ausgesprochen. Die Erhöhung der Besoldung der vollständig ausgebildeten Unteroffiziere ist schon seit Lan­gem – das möchte ich an der Stelle betonen, und dafür möchte ich auch Danke sagen – Ziel der SPÖ, schon seit Bundesminister Hans Peter Doskozil, dem heutigen Landes­hauptmann des Burgenlandes. (Beifall bei BundesrätInnen der SPÖ.)

Auch für die Anerkennung des Bachelortitels für Offiziere ist es höchst an der Zeit. Das entspricht unserer langjährigen Forderung, und deswegen werden wir diesem Antrag selbstverständlich zustimmen.

Von Kollegen Hirczy ist die Zentralstellenorganisation erwähnt worden. Wir werden uns das genau anschauen, denn die Überschrift und das Plakat passen ja: „Weniger Ver­waltung, mehr Truppe.“ Wir werden die Bundesministerin an ihren Taten messen. Ich wünsche noch einen schönen Abend (Bundesrat Schennach: Bravo!), danke vielmals. (Beifall bei der SPÖ und bei BundesrätInnen der FPÖ.)

18.14


Präsident Dr. Peter Raggl: Zusätzlich zu Wort gemeldet hat sich Bundesrätin Elisabeth Kittl. Ich erteile dieses.


18.14.59

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Herr Präsident! Liebe Kollegin­nen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ja, es scheint ein wohlwollender Antrag zu sein, es wurde aber verabsäumt, ihn mit den zuständigen Stellen und auf pro­fessionalisiertem Weg zu diskutieren. (Bundesrat Schennach: Ah so!) Das Bundesmi­nisterium für den öffentlichen Dienst hat beim Einbringen des Antrages zum ersten Mal konkret von dieser Forderung gehört. Auch im Nationalrat wurde zu dem Thema von der FPÖ noch nichts eingebracht.

Es geht um die Attraktivierung des Bundesheers durch Anpassungen im Gehaltsgesetz für Unteroffiziere und Offiziere. Im Ausschuss wurde vom Sektionschef der Sektion Öf­fentlicher Dienst betont, dass es weder qualitativ noch quantitativ Nachwuchsprobleme bei den Unteroffizieren oder Offizieren gibt. Das heißt, es fehlt nicht an guten Bewer­berInnen für diesen Job; ich gebe dem Kollegen aber recht: Natürlich wäre es schön, wenn mehr Frauen diesen Job machen würden.

Faire Gehälter sind immer wichtig. (Bundesrätin Schumann: Bravo!) Da eine Neurege­lung in einem Bereich große Auswirkungen auf andere Bereiche haben kann, sollte mit den dafür kompetenten Stellen bedacht analysiert und diskutiert werden. Der übliche Weg sind die Verhandlungen für die jährlich stattfindenden Dienstrechts-Novellen auf Fachebene, und die Gewerkschaft öffentlicher Dienst ist hierfür mit allen Parteienver­treterInnen aus den verschiedenen Ressorts im Austausch. Daher würde ich darauf


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 162

verweisen, dass man den professionalisierten Weg gehen sollte, wie er bei anderen dienstrechtlichen Angelegenheit ja auch beschritten wird. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

18.16


Präsident Dr. Peter Raggl: Zusätzlich zu Wort gemeldet hat sich Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser. Ich erteile dieses.


18.16.43

Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser (FPÖ, Salzburg): Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Bei dem, was ich von Kollegen Hirczy gehört habe, muss ich annehmen, dass das eine glatte Themaverfehlung war, was Sie da gesprochen haben. (Ruf bei der ÖVP: So wie Ihre!) Sie haben zwar übers Bundesheer gesprochen, Herr Kollege, nicht aber zum Antrag und nicht zu dessen Inhalt. (Zwischenruf des Bundes­rates Kornhäusl.) Wenn Sie behaupten, mit Ministerin Tanner seien wir auf einem guten, erfolgreichen Weg, dann muss ich schon sagen: So wie Ministerin Gewessler eine Autohasserin ist, verübt Frau Ministerin Tanner einen Anschlag nach dem anderen auf das österreichische Bundesheer. (Beifall bei der FPÖ.)

Kollegin Kittl behauptet, sie habe von diesem Thema noch nie gehört. Dann hat sie nicht ordentlich aufgepasst, oder sie interessiert sich anscheinend nicht für ihre tägliche Arbeit in der Politik, sie sitzt ja im Landesverteidigungsausschuss. Kollege Leinfellner, dem ich von hier aus auch die allerbesten Grüße und beste Genesungswünsche ins Kranken­haus schicken darf, hat das bereits im März 2021 und im Juni 2021 im Ausschuss an­gesprochen, als auch hier im Plenum im Zuge der Debatte zur Reform des Heeresge­bührengesetzes im Juni. – Also bitte ein bisschen besser aufpassen oder sich besser informieren oder in den Protokollen nachlesen! Dieses Thema wurde schon mehrmals diskutiert, der erste Schritt einer Reform, Kollege Egger hat es gesagt, ist ja schon vom damaligen Minister Doskozil auf den Weg gebracht worden. Wie wir aber gehört haben, ist der Beschluss über den Antrag im Ausschuss nicht zustande gekommen.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Antrag

der BundesrätInnen Marlies Steiner-Wieser, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR betreffend Attraktivieren des Bundesheeres durch Anpassungen im Ge­haltsgesetz

„Die unterzeichneten [...] Bundesräte stellen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR den Antrag, dem gegenständlichen Entschließungsantrag die Zustimmung zu erteilen.“

*****

Ich habe es gerade vorhin gesagt: Im Juni haben wir hier eine Anpassung des Heeres­gebührengesetzes beschlossen. Doch leider ist diese Anpassung für die betreffenden Personen zu spät gekommen und war auch unvollständig, denn es gibt immer noch eklatante Unterschiede, Ungleichstellungen, Ungerechtigkeiten im Besoldungssystem des österreichischen Bundesheers. Zwar wurden 2020 etliche Soldaten mit einer Ein­malzahlung von 300 Euro abgespeist, das war aber eher ein Tropfen auf den heißen Stein, es war Augenauswischerei. Ich möchte es hier ganz bewusst sagen: Das war eine einzige Pflanzerei und absolut keine Wertschätzung für jeden Soldaten.

Es ist aber hoch an der Zeit, dass wir den Soldaten, die wirklich nicht nur im letzten Jahr Großartiges geleistet haben – allen Offizieren, Unteroffizieren, Zivilbediensteten und den


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 163

Chargen –, hier einmal unseren Dank zeigen. Jetzt kann die ÖVP unter Beweis stellen, wie wichtig ihr unsere Soldaten sind. Jetzt kann die ÖVP unter Beweis stellen, dass es ihr mit der Gleichstellung in der Besoldung ernst ist.

Es erfolgte zwar mit Wirksamkeit von 1. Jänner 2017 die Zusammenlegung der Unterof­fiziersverwendungsgruppen UO 1 und UO 2, es wurde dabei aber ein wesentlicher Schritt in der besoldungsrechtlichen Attraktivierung nicht gesetzt, weil ein riesengroßer Teil des Unteroffizierskorps schlicht und ergreifend vergessen wurde. Es muss daher ein zweiter Schritt folgen, damit auch die Stabsunteroffiziere die Wertschätzung erhalten, die sie sich verdienen.

Ich hoffe, dass alle Mitglieder des Landesverteidigungsausschusses jetzt gut zuhören, nicht dass es dann wieder heißt, das wäre nie angesprochen worden: Ausbildung, Leis­tung und Verantwortung müssen auch bei den Soldaten endlich wieder entsprechend entlohnt werden. (Beifall bei FPÖ und SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Schennach.)

Auch bei den Offizieren gibt es einiges zu tun: Eine Anpassung des Gehaltsgesetzes im Bereich der Offiziere der Verwendungsgruppe M BO 2 ist dringend notwendig. Kollege Egger hat es schon angesprochen: Anders als sonst im öffentlichen Dienst werden die Offiziere dieser Verwendungsgruppe nämlich nicht wie Absolventen eines Bachelorstu­diums, also A 1, besoldet, sondern vielleicht gemäß A 2 mit irgendwelchen Zulagen, aber das war es dann schon. Auch das stellt eine eklatante Schlechterstellung dar, die aus­geglichen gehört.

Gerade in Zeiten wie diesen wäre es eigentlich unsere Pflicht, unsere Soldaten zu unter­stützen. Sie waren nämlich diejenigen, die in den letzten eineinhalb Jahren während der Pandemie neben dem normalen Tagesgeschäft – neben dem normalen Tagesge­schäft! – stets Unterstützungsleistungen und Assistenzleistungen für Österreich verrich­tet haben. Jetzt ist es an der Zeit, dass wir unseren Soldaten einen Teil dessen zurück­geben, was sie uns gegeben haben. Es ist also wirklich dringend notwendig, diese Unge­rechtigkeit im Besoldungssystem abzustellen und die zwei genannten Schritte zu setzen, um die Ungleichbehandlung im Besoldungssystem für Unteroffiziere und Offiziere abzu­schaffen.

Wir alle kennen ja den Leitspruch des Bundesheeres: Schutz und Hilfe. Während der Pandemie sind unsere Soldaten im Bereich der Kontaktverfolgung, zum Regaleinräu­men im Supermarkt, zum Packerlschupfen bei der Post und für vieles mehr eingesetzt worden, sie waren auch im Katastropheneinsatz, wie wir gehört haben. Hier und heute können wir unter Beweis stellen, dass wir es mit dem Respekt und mit der Wertschätzung für unsere Soldaten in Österreich wirklich ernst meinen.

Ich hoffe, dass auch die beiden Salzburger Bundesräte (in Richtung ÖVP) dafürstimmen werden, denn wir wissen, was die Unwetterkatastrophen heuer für uns in Salzburg be­deutet haben und dass die Soldaten sofort zur Stelle waren.

Ich muss aber auch ganz ehrlich sagen: Wenn ihr als ÖVP heute wirklich dagegenstim­men solltet (Bundesrat Schennach: Das tun sie!), dann könnt ihr bitte gleich eure FCG in der Personalvertretung einpacken, denn dann ist es nur Schall und Rauch und Schmäh, was von dieser Seite kommt. Nehmt es ernst, geht mit gutem Beispiel voran und gebt den Soldaten, was sie sich wirklich verdienen! – Danke. (Beifall bei der FPÖ sowie der Bundesräte Egger und Novak.)

18.23


Präsident Dr. Peter Raggl: Der von den Bundesräten Marlies Steiner-Wieser, Kolle­ginnen und Kollegen gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eingebrachte Antrag zum Verhandlungsgegenstand, dem Entschließungsantrag 311/A(E)-BR/2021 die Zu­stimmung zu erteilen, ist ausreichend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Karl Bader. Ich erteile dieses.



BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 164

18.24.20

Bundesrat Karl Bader (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Fünf Kollegen – eine Kollegin und vier Kollegen – haben sich hier vom Rednerpult aus verabschiedet, die Landtagswahl in Oberösterreich bringt auch Veränderungen im Bundesrat.

Ich möchte zunächst all jenen, die am Samstag bei der konstituierenden Sitzung als Bundesrätinnen und Bundesräte wiedergewählt werden, schon jetzt dazu gratulieren, dass sie es wieder in die zweite Kammer geschafft haben und weiter hier Mitglied blei­ben. Ich möchte aber ganz besonders Danke sagen und Worte der Wertschätzung an die Kollegen Schilchegger, Dim und Schererbauer richten: Ich wünsche euch im Namen der ÖVP-Fraktion alles Gute für euren weiteren Lebensweg.

Vor allem möchte ich natürlich meinem stellvertretenden Fraktionsobmann, unserem ehemaligen Präsidenten Robert Seeber, Danke sagen. Du hast während einer histori­schen Periode die Präsidentschaft der zweiten Kammer innegehabt, und du warst zwar eingeschränkt, was Veranstaltungen und die Umsetzung deiner ambitionierten Pläne be­traf, aber du hast hier eine ordentliche und wirklich vorbildliche Vorsitzführung ausgeübt. Ich danke dir auch für deine persönliche Freundschaft und Wertschätzung.

Danke auch an Judith Ringer, die zwar kurz hier im Bundesrat war, aber sich rasch in unser Team eingefügt hat.

Danke für eure Beiträge und für eure Unterstützung, ich wünsche euch beiden für die nächsten Schritte in eurem Leben alles Gute, vor allem Gesundheit und Gottes Segen! (Allgemeiner Beifall.)

18.26


Präsident Dr. Peter Raggl: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Bundesrat Chris­toph Steiner. Ich erteile ihm dieses. (Oh-Rufe bei der SPÖ.)


18.26.19

Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol): Ich weiß nicht, was ihr von der SPÖ immer für eine Aufregung habt, wenn ich ans Rednerpult gehe. Ich verstehe das nicht! (Heiter­keit bei der SPÖ. – Bundesrätin Zwazl: Nein, nein, wir machen uns nur Sorgen um ... Ge­sundheit!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie Kollege Bader eben gesagt hat, werden uns fünf Kollegen, also vier Kollegen und eine Kollegin, im Bundesrat verlassen. (Bundesrätin Zwazl: Oh, gegendert! – Oh-Rufe bei BundesrätInnen von ÖVP und SPÖ.)

Liebe Judith Ringer, ich wünsche dir alles erdenklich Gute für deine neue Aufgabe als Stadträtin – ich habe es heute erfahren. Viel Glück und Erfolg und alles Gute auch für deine persönliche und private Zukunft! (Beifall bei FPÖ, ÖVP und SPÖ.)

Lieber Robert Seeber, du warst Präsident, und ich muss mich bedanken: Du warst immer ein sehr fairer und sehr korrekter Präsident – das würde ich mir auch in der jetzigen Zeit oft wünschen –, dafür meine Hochachtung! Du warst immer ein fairer Präsident allen gegenüber. Es war nicht leicht in dieser Zeit, in der du den Vorsitz geführt hast, und dafür gebührt dir nicht nur mein Respekt, sondern der meiner ganzen Fraktion. Ich wünsche dir als brennendem Kämpfer für die Wirtschaft natürlich alles Gute für deine Zukunft und auch alles Gute für deine Betriebe, lieber Robert. (Allgemeiner Beifall.)

Dann kommen wir noch zu unseren drei Fraktionskollegen, die uns leider verlassen werden. Wir haben mit Thomas Schererbauer, Michael Schilchegger und Thomas Dim wirklich – und das habt auch ihr alle immer mitbekommen – eine sehr hohe Expertise im Klub gehabt, jeder in seinem Bereich.


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 165

Thomas Schererbauer hatte seine Anliegen im Bereich Sport, für die hat er auch in seinen Reden gebrannt, und ich glaube, er hat fast jede Rede mit dem Aufruf beendet, man möge in Bewegung bleiben. Ich habe mir das auch ein bisschen zu Herzen genom­men, und ein paar Kilo weniger sind es schon, lieber Thomas, dafür vielen lieben Dank! (Heiterkeit bei der FPÖ.)

Thomas, du bist ein wundervoller Kamerad, ein liebenswürdiger Kamerad und wirklich immer darauf bedacht, dass im Klub alles funktioniert. Thomas war immer derjenige, der mich wieder ein bisschen heruntergeholt hat, weil ich nämlich ein bisschen impulsiv bin, der Thomas ist eher der Ruhigere. (Heiterkeit bei der ÖVP. – Zwischenruf der Bundes­rätin Zwazl.)

Dafür ein großes Danke, lieber Thomas, du wirst mit Sicherheit eine Lücke in unsere Fraktion reißen. Thomas, ich wünsche dir alles, alles, alles erdenklich Gute für deine Zukunft, für den Sport und auch für deine Firma, die du ja jetzt ausbauen willst. Alles, alles Gute, Thomas, wir werden dich vermissen! (Allgemeiner Beifall.)

Der zweite Thomas: Ich kann mich noch sehr gut erinnern, als er neu in den Bundesrat gekommen ist, war er sehr, sehr ruhig, immer sehr gesetzt. Dann hat es hier im Plenum einmal eine Dringliche zum Thema Finanzen gegeben, und ich habe mir gedacht, Fi­nanzen sind nicht mein Thema, muss ich auch ganz ehrlich sagen – und dann stellt sich Thomas ans Rednerpult und erklärt dem gesamten Plenum die Finanzwelt, und jeder hat es plötzlich verstanden!

Lieber Thomas Dim, deine Expertise im Bereich Finanzen sowie deine ruhige und sach­liche Art am Rednerpult werden nicht nur der Freiheitlichen Bundesratsfraktion fehlen, sondern mit Sicherheit dem ganzen Bundesrat. Deine Art war immer sensationell und immer auf den Punkt. Dafür ein großes Danke und großen Respekt, Thomas, für deine Arbeit! (Allgemeiner Beifall.)

Jetzt aber, lieber Thomas Dim, kann sich halt ein anderes Gremium über deine Expertise freuen, und das ist der Oberösterreichische Landtag. Dafür wünsche ich dir viel, viel Kraft, viel, viel Energie. Ich weiß, es ist schwierig, da seid ihr dann in der Regierung mit der ÖVP (Heiterkeit bei der ÖVP), und da wünsche ich dir ganz viel Kraft und alles Gute für deine neue Aufgabe, lieber Thomas! (Beifall bei der FPÖ.)

Dann haben wir noch unseren – wie soll man sagen? – spitzfindigen Juristen, unseren Michael Schilchegger. Speziell in der Coronazeit, glaube ich, hätte ich gar nicht gewusst, was wir ohne Michael im Klub machen. Er hat ja, ihr könnt euch noch erinnern, die Ver­ordnungen von Gesundheitsminister Mückstein und dessen Vorgänger Anschober bis aufs kleinste Detail zerlegt, zerfleddert, aber so, dass die Leute draußen immer ver­standen haben, worum es geht. Michael hat es so gut gemacht, dass draußen jeder verstanden hat: Aha, das kann ja nicht zusammenpassen, das passt mit diesem nicht zusammen und das passt mit jenem nicht zusammen.

Michael, deine Expertise im Justizbereich ist eine Sensation! Deine Art da heraußen, wie du das immer erklärt hast, für jeden verständlich, das werden wir in unserem Klub wirklich, wirklich vermissen. Danke für deine Freundschaft, danke auch für deine Ehrlich­keit im Klub! Danke für dein ganzes Engagement, das du nicht nur im Bereich Justiz eingebracht hast, sondern auch weit darüber hinaus. Ich weiß, du wirst der Freiheitlichen Partei mit deiner Expertise weiterhin treu bleiben, und ich bin sehr froh darüber und sehr stolz darauf. Lieber Michael, vielen lieben Dank und alles, alles Gute für die Zukunft!

Jetzt darf ich es, glaube ich, lassen (Bundesrätin Zwazl: Ja!), denn jetzt haben wir nie­manden mehr zu verabschieden, oder? Also, unseren dreien alles Gute und den beiden aus der ÖVP auch alles Gute! Vielleicht sehen wir uns auf anderen Wegen wieder. Ich wünsche noch einen schönen Abend, kommt gut nach Hause! (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

18.32



BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 166

Präsident Dr. Peter Raggl: Zu Wort gemeldet hat sich Fraktionsvorsitzende Korinna Schumann. Ich erteile dieses.


18.32.14

Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Im Namen der sozialdemokratischen Fraktion wünsche ich allen Bundesräten und Bundesrätinnen, die den Bundesrat verlas­sen, alles erdenklich Gute für ihren weiteren Weg.

Ich glaube, die Abschiede sind nicht immer so leicht. Auch wenn man sich manchmal ärgert und aus dem Bundesrat hinausgeht und sagt: Na, heute war es wieder furchtbar!, ist es dann, wenn man ihn verlässt, nicht ganz leicht. Ich habe mich schon bei allen auch persönlich verabschiedet und für die Zusammenarbeit bedankt, denn ich glaube, es ist wichtig, dass man gut miteinander auskommt, dass man trotz aller politischer Differen­zen, die vielleicht bestehen mögen, eine Gesprächsbasis hat.

Ehemaliger Bundesratspräsident Seeber, wir werden ja wahrscheinlich auf Sozialpart­nerebene wirklich in Kontakt bleiben, alles Gute für die Zukunft!

Ich darf jetzt noch unseren zwei Bundesräten aus Oberösterreich herzlich dazu gratulie­ren, dass sie weiterhin unsere Fraktion verstärken werden. Lieber Dominik Reisinger, liebe Bettina Lancaster, ich freue mich total darüber, dass ihr im Bundesrat bleibt! Wir sind ein gutes Team und es ist ganz, ganz toll, dass ihr weiterhin da seid!

Ich bewundere wirklich alle, euch im Besonderen. Die Regionalpolitik ist wirklich kein leichtes Geschäft. Das reibt einen auf, da ist man in direktem Kontakt, aber wenn man dann für die Leute etwas erreicht, ist das ein besonderer Erfolg. Schön, dass ihr weiterhin da seid! Wir gehen jetzt wieder mit neuem Schwung in die nächste Sitzung hinein. Alles Gute und einen schönen Abend noch! (Allgemeiner Beifall.)

18.33


18.33.45

Präsident Dr. Peter Raggl: Vielen Dank.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist damit ge­schlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung. Bitte nehmen Sie die Plätze ein.

Es liegt hiezu ein Antrag der Bundesräte Marlies Steiner-Wieser, Kolleginnen und Kolle­gen gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung vor, dem Entschließungsantrag 311/A(E)-BR/2021 die Zustimmung zu erteilen.

Hiezu ist eine namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von fünf Bundesräten gestellt wurde, ist gemäß § 54 Abs. 3 der Geschäftsordnung eine namentliche Abstimmung durchzuführen.

Ich gehe daher so vor.

Im Sinne des § 55 Abs. 5 der Geschäftsordnung erfolgt die Stimmabgabe nach Aufruf durch die Schriftführung in alphabetischer Reihenfolge mündlich mit „Ja“ – Zustim­mung – oder „Nein“ – keine Zustimmung. Ich bitte um deutliche Bekanntgabe.

Ich ersuche nunmehr die Schriftführung um den Aufruf der Bundesräte in alphabetischer Reihenfolge.

*****

(Über Namensaufruf durch Schriftführerin Berger-Grabner geben die BundesrätInnen ihr Stimmverhalten mündlich bekannt.)

*****



BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 167

Präsident Dr. Peter Raggl: Ich mache von meinem Stimmrecht Gebrauch und stimme mit „Nein“.

Die Stimmabgabe ist beendet.

Ich unterbreche zur Auszählung der Stimmen kurz die Sitzung.

18.38.30*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 18.38 Uhr unterbrochen und um 18.40 Uhr wieder aufgenommen.)

18.40.13*****


Präsident Dr. Peter Raggl: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe nun das Abstimmungsergebnis bekannt.

Demnach entfallen auf den gegenständlichen Antrag, dem Entschließungsantrag 311/A(E)-BR/2021 die Zustimmung zu erteilen, bei 57 abgegebenen Stimmen 27 „Ja“-Stimmen beziehungsweise 30 „Nein“-Stimmen.

Der gegenständliche Entschließungsantrag ist somit abgelehnt.

Mit „Ja“ stimmten die BundesrätInnen:

Appé, Arlamovsky;

Bernard;

Dim;

Egger;

Gerdenitsch, Grimling, Grossmann, Gruber-Pruner;

Hahn, Hübner;

Kahofer, Kovacs;

Lancaster;

Novak;

Ofner;

Prischl;

Reisinger;

Schartel, Schennach, Schererbauer, Schilchegger, Schumann, Spanring, Steiner, Stei­ner-Wieser;

Zaggl-Kasztner.

Mit „Nein“ stimmten die BundesrätInnen:

Auer;

Bader, Berger-Grabner, Buchmann;

Eder, Eder-Gitschthaler;

Gfrerer, Gross;

Hauschildt-Buschberger, Himmer, Hirczy, Holzner;


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 168

Kaltenegger, Kittl, Köck, Kolland, Kornhäusl;

Lackner;

Mattersberger, Miesenberger;

Preineder;

Raggl, Ringer;

Schreuder, Schwarz-Fuchs, Schwindsackl, Seeber;

Wolff;

Zeidler-Beck, Zwazl.

*****


Präsident Dr. Peter Raggl: Die Tagesordnung ist erschöpft, die Sitzung ist aber noch nicht beendet.

18.40.41Verlesung eines Teiles des Amtlichen Protokolls


Präsident Dr. Peter Raggl: Es liegt mir das schriftliche Verlangen von fünf Mitgliedern des Bundesrates vor, das Amtliche Protokoll hinsichtlich des Tagesordnungspunktes 9 zu verlesen, damit dieser Teil des Amtlichen Protokolls mit Schluss der Sitzung als ge­nehmigt gilt.

Ich werde daher so vorgehen und verlese nunmehr diesen Teil des Amtlichen Protokolls:

„TO-Punkt 9: Beschluss des Nationalrates vom 13. Oktober 2021 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 und das COVID-19-Maßnahmengesetz geändert werden (1824/A und 1067 d.B. sowie 10748/BR d.B. und 10750/BR d.B.)

Es liegt zu TOP 9 hinsichtlich des Antrages, keinen Einspruch zu erheben, ein ausrei­chend unterstütztes Verlangen auf namentliche Abstimmung gemäß § 54 Abs. 3 GO-BR vor (Beilage 9/I).

Die Bundesräte Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen bringen zu TOP 9 den Ent­schließungsantrag Beilage 9/1 EA ein. Es liegt hiezu ein ausreichend unterstütztes Ver­langen auf namentliche Abstimmung gemäß § 54 Abs. 3 GO-BR vor (Beilage 9/II).

Abstimmungen:

Berichterstattung: Antrag,

1. keinen Einspruch zu erheben,

wird in namentlicher Abstimmung bei

abgegebenen Stimmen: 57

mit Ja-Stimmen: 46

und Nein-Stimmen: 11

angenommen.

Sitzungsunterbrechung zur Stimmenauszählung von 15:17 Uhr bis 15:18 Uhr.

2. der dem Ausschussbericht angeschlossenen Entschließung die Zustimmung zu er­teilen,


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 169

wird mit Stimmenmehrheit angenommen [...].

Der Entschließungsantrag Beilage 9/1 EA wird in namentlicher Abstimmung bei

abgegebenen Stimmen: 57

mit Ja-Stimmen: 10

und Nein-Stimmen: 47

abgelehnt.

Sitzungsunterbrechung zur Stimmenauszählung von 15:24 Uhr bis 15:26 Uhr.“

*****

Erheben sich Einwendungen gegen die Fassung oder den Inhalt dieses Teils des Amt­lichen Protokolls? – Das ist nicht der Fall.

Das Amtliche Protokoll gilt daher hinsichtlich des Tagesordnungspunktes 9 gemäß § 64 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates mit Schluss dieser Sitzung als geneh­migt.

Einlauf und Zuweisungen


Präsident Dr. Peter Raggl: Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten beziehungs­weise in der heutigen Sitzung insgesamt zwölf Anfragen, 3918/BR-2021 bis 3929/BR-2021 eingebracht wurden.

Eingelangt ist der Entschließungsantrag 312/A(E)-BR/2021 der Bundesräte Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Explodierende Strom- und Heizungs­kosten: Teuerungsbremse für Österreich – jetzt!“, der dem Wirtschaftsausschuss zuge­wiesen wird.

Weiters eingelangt ist der Entschließungsantrag 313/A(E)-BR/2021 der Bundesräte Ko­rinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Keine ungerechte Benachteili­gung beim Klimabonus!“, der dem Finanzausschuss zugewiesen wird.

Eingelangt ist außerdem der Entschließungsantrag 314/A(E)-BR/2021 der Bundesräte Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Beste Bildung für alle Kinder - immer, überall und kostenlos! Der Elementaren Bildung endlich den Stellenwert geben, den sie verdient und braucht.“, der dem Untersuchungsausschuss (Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ), Entschuldigung  (erheitert) auch den soll es wieder geben –, dem Un­terrichtsausschuss zugewiesen wird.

*****

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen. Als Sitzungstermin wird Donnerstag, der 2. Dezember 2021, 9 Uhr, in Aussicht genommen.

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen insbesondere jene Beschlüsse in Be­tracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit diese dem Ein­spruchsrecht beziehungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.

Die Ausschussvorbereitungen sind für Dienstag, den 30. November 2021, 14 Uhr, vor­gesehen.


BundesratStenographisches Protokoll931. Sitzung, 931. Sitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2021 / Seite 170

Ich darf auch von dieser Stelle aus den scheidenden Bundesräten aus dem Bundesland Oberösterreich für ihr Wirken im Bundesrat danken und darf Ihnen wirklich aufs Herz­lichste das Beste für ihre Zukunft wünschen.

Die Sitzung ist geschlossen.

18.45.07Schluss der Sitzung: 18.45 Uhr

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Parlamentsdirektion

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