Plenarsitzung
des Nationalrates


Stenographisches Protokoll

 

30. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

Mittwoch, 13. Mai 2020

 

XXVII. Gesetzgebungsperiode

 

 

 

Großer Redoutensaal

 


Stenographisches Protokoll

30. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXVII. Gesetzgebungsperiode                    Mittwoch, 13. Mai 2020

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 13. Mai 2020: 8.31 – 12.10 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bericht über den Einspruch des Bundesrates vom 4. Mai 2020 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 28. April 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Förderung von freiwilligem Engagement (Freiwilligengesetz – FreiwG), BGBl. I Nr. 17/2012, geändert wird (10. COVID-19-Gesetz)

2. Punkt: Bericht über den Einspruch des Bundesrates vom 4. Mai 2020 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 28. April 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 und das Apothekengesetz geändert werden (16. COVID-19-Gesetz)

3. Punkt: Bericht über den Einspruch des Bundesrates vom 4. Mai 2020 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 28. April 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Integrationsgesetz, das Verwaltungsrechtliche COVID-19-Begleitgesetz, das Zu­stell­gesetz und das Agrarmarkt Austria Gesetz (AMA-Gesetz 1992) geändert werden (12. COVID-19-Gesetz)

4. Punkt: Bericht über den Einspruch des Bundesrates vom 4. Mai 2020 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 28. April 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, die Bundes­abga­ben­ordnung, das Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz, das Bundesgesetz über die Errich­tung eines COVID-19-Schulveranstaltungsausfall-Härtefonds (COVID-19-Schulstorno­fonds-Gesetz), das Bundesgesetz über die Einrichtung einer Abbaubeteiligungsaktien­gesellschaft des Bundes (ABBAG-Gesetz) und das Bundesgesetz, mit dem eine Ermächtigung zur Verfügung über Bundesvermögen erteilt wird, geändert werden sowie das Bundesgesetz über die Prüfung von Förderungen des Bundes aufgrund der COVID-19-Pandemie (COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz – CFPG) erlassen wird (18. COVID-19-Gesetz)

5. Punkt: Bericht des Ständigen Unterausschusses in ESM-Angelegenheiten über den Antrag gemäß Art. 50b Z 1 B-VG iVm § 74d Abs. 2 GOG-NR des Bundesministers für Finanzen auf Ermächtigung, einem Vorschlag für einen Beschluss, den Mitgliedstaaten


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des ESM im Rahmen des Pandemic Crisis Supports grundsätzlich Finanzhilfe zu gewähren, zuzustimmen (12/BAESM / 180 d.B.)

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 11

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Kai Jan Krainer, MMag. DDr. Hubert Fuchs und Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, dem Geschäftsordnungsausschuss zur Be­richt­erstattung über den Antrag 421/A der Abgeordneten Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc, Herbert Kickl, Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) und das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert werden“, gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 25. Mai 2020 zu setzen – Ablehnung ............................  12, 79

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen des schriftlichen Aus­schussberichtes 180 d.B. gemäß § 44 (2) GOG .................................................................................................................. 12

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z 2 GOG              ............................................................................................................................... 13

Verlesung der vorgesehenen Fassung eines Teiles des Amtlichen Protokolls dieser Sitzung durch Präsidentin Doris Bures .............................................................................................. 79

Genehmigung des verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls ................................. 80

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 11

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Einspruch des Bun­desrates (150 d.B.) vom 4. Mai 2020 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 28. April 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Förderung von freiwilligem Engagement (Freiwilligengesetz – FreiwG), BGBl. I Nr. 17/2012, geändert wird (10. COVID-19-Gesetz) (176 d.B.) .......................................................... 13

2. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Einspruch des Bun­desrates (151 d.B.) vom 4. Mai 2020 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 28. April 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemie­ge­setz 1950 und das Apothekengesetz geändert werden (16. COVID-19-Gesetz) (177 d.B.) ............................................................................................................................... 13

3. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Einspruch des Bundesrates (152 d.B.) vom 4. Mai 2020 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 28. April 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Integrationsgesetz, das Verwaltungsrechtliche COVID-19-Begleitgesetz, das Zustellgesetz und das


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Agrarmarkt Austria Gesetz (AMA-Gesetz 1992) geändert werden (12. COVID-19-Gesetz) (178 d.B.)    ............................................................................................................................... 13

4. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Einspruch des Bun­desrates (153 d.B.) vom 4. Mai 2020 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 28. April 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommen­steuer­gesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, die Bundesabgabenordnung, das Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz, das Bundesgesetz über die Errichtung eines COVID-19-Schulveranstaltungsausfall-Härtefonds (COVID-19-Schulstorno­fonds-Gesetz), das Bundesgesetz über die Einrichtung einer Abbaubeteili­gungs­aktiengesellschaft des Bundes (ABBAG-Gesetz) und das Bundesgesetz, mit dem eine Ermächtigung zur Verfügung über Bundesvermögen erteilt wird, geändert werden sowie das Bundesgesetz über die Prüfung von Förderungen des Bundes aufgrund der COVID-19-Pandemie (COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz – CFPG) erlassen wird (18. COVID-19-Gesetz) (179 d.B.)                13

RednerInnen:

Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc ........................................................................... ..... 14

August Wöginger .................................................................................................... ..... 16

Erwin Angerer (tatsächliche Berichtigung) .................................................................. 19

Alois Stöger, diplômé (tatsächliche Berichtigung) ...................................................... 19

Herbert Kickl ........................................................................................................... ..... 19

Sigrid Maurer, BA ........................................................................................................ 22

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................... 24

Bundesminister Rudolf Anschober ..................................................................... ..... 26

Gabriela Schwarz .................................................................................................... ..... 29

Mag. Jörg Leichtfried ............................................................................................. ..... 30

Mag. Agnes Sirkka Prammer ................................................................................ ..... 32

Dr. Dagmar Belakowitsch ...................................................................................... ..... 33

Mag. Friedrich Ofenauer ........................................................................................ ..... 36

Dr. Nikolaus Scherak, MA ...................................................................................... ..... 38

David Stögmüller .................................................................................................... ..... 40

Philip Kucher ........................................................................................................... ..... 44

Franz Hörl (tatsächliche Berichtigung) ......................................................................... 47

Bundesministerin Mag. Karoline Edtstadler ....................................................... ..... 48

Irene Neumann-Hartberger .................................................................................... ..... 49

Mag. Hannes Amesbauer, BA ............................................................................... ..... 50

Dr. Astrid Rössler ................................................................................................... ..... 52

Mag. Selma Yildirim ............................................................................................... ..... 53

Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA ................................................................................. ..... 54

Mag. Christian Drobits ........................................................................................... ..... 55

Dr. Josef Smolle ..................................................................................................... ..... 56

Mag. Gerhard Kaniak ............................................................................................. ..... 58

Mag. Christian Ragger ........................................................................................... ..... 59

Hermann Brückl, MA .............................................................................................. ..... 60

Michael Schnedlitz .................................................................................................. ..... 61

Mag. Wolfgang Gerstl ............................................................................................ ..... 63

Pia Philippa Strache ............................................................................................... ..... 65

Dr. Christoph Matznetter ....................................................................................... ..... 66

Entschließungsantrag der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend „Österreich-Gutschein“ – Ablehnung ..........................................................................................  35, 68

Entschließungsantrag der Abgeordneten David Stögmüller, Mag. Andreas Hanger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Evaluierung des Freiwilligen­ge­setzes“ – Annahme (35/E)..... 43, 67


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Entschließungsantrag der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „wirksame finanzielle Hilfe für Gemeinden und Städte durch die Bundesregierung“ – Ablehnung  46, 68

Entschließungsantrag der Abgeordneten Michael Schnedlitz, Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abberufung Frau Mei-Pochtlers aus sämtlichen Funktionen“ – Ablehnung  62, 68

Beharrungsbeschluss in 176, 177, 178 und 179 d.B. .................................................... 67

5. Punkt: Bericht des Ständigen Unterausschusses in ESM-Angelegenheiten über den Antrag gemäß Art. 50b Z 1 B-VG iVm § 74d Abs. 2 GOG-NR des Bun­desministers für Finanzen auf Ermächtigung, einem Vorschlag für einen Be­schluss, den Mitgliedstaaten des ESM im Rahmen des Pandemic Crisis Supports grundsätzlich Finanzhilfe zu gewähren, zuzustimmen (12/BAESM / 180 d.B.) ................................... 68

RednerInnen:

MMag. DDr. Hubert Fuchs ..................................................................................... ..... 69

Mag. Andreas Hanger ............................................................................................ ..... 70

Dr. Christoph Matznetter ....................................................................................... ..... 71

Michel Reimon, MBA ................................................................................................... 72

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer ................................................................................. ..... 73

Angela Baumgartner .............................................................................................. ..... 76

Kai Jan Krainer ....................................................................................................... ..... 77

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kai Jan Krainer, MMag. DDr. Hubert Fuchs, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Vorlage eines korrekten Budgets durch den ÖVP-Finanzminister zur Beschluss­fassung durch das Parlament“ – Ablehnung .  75, 79

Erteilung der dem schriftlichen Ausschussbericht 180 d.B. angeschlossenen Er­mächtigung gemäß § 74d Abs. 1 Z 1 iVm. Abs. 2 GOG ........................................................................................... 79

Eingebracht wurden

Berichte ......................................................................................................................... 11

Vorlage 22 BA: Beteiligungsbericht 2020 gemäß § 42 Abs. 5 BHG 2013; BM f. Finanzen

III-131: Bericht über die Fortschritte, Erkenntnisse und Tätigkeiten des Bera­tungs­gremiums „Human Biomonitoring“; BM f. Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie

Anträge der Abgeordneten

Tanja Graf, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Arbeitsmarktservicegesetz geändert wird (528/A)

Dr. Reinhold Lopatka, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betreffend die aktuelle politische und menschenrechtliche Situation in Venezuela (529/A)(E)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 5. März 1986 über die staatsanwaltschaftlichen Behörden (Staatsanwaltschaftsgesetz – StAG) geändert wird (530/A)

Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umschichtung von Mitteln für humanitäre Hilfe (531/A)(E)


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Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Geld folgt Trans­parenz – Transparenzzuschüsse für Gemeinden (532/A)(E)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Dokumentation rassistischer Tathandlungen gegen Roma und Sinti im Verfassungsschutzbericht (533/A)(E)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Streichung der Presseförderung für antisemitische Zeitschrift „Zur Zeit“ (534/A)(E)

Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen betreffend den globalen Zugang für durch öffentliche Forschungsgelder finanzierte Medikamente, Impfungen und Dia­gnostik zur Bekämpfung von COVID-19 (535/A)(E)

Maria Großbauer, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Errichtung eines Non-Profit-Orga­nisationen Unterstützungsfonds erlassen wird und Bundesgesetz, mit dem das COVID-19-Förderungsprüfungsgesetzes geändert wird (20. COVID-19-Gesetz) (536/A)

Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Um­satzsteuergesetz 1994 und das Schaumweinsteuergesetz 1995 geändert werden (19. COVID-19-Gesetz) (537/A)

August Wöginger, Sigrid Maurer, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Bilanzbuchhaltungsberufe geän­dert wird (21. COVID-19-Gesetz) (538/A)

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Felix Eypeltauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Beschaffungs- und Vergabevorgänge im Zusammenhang mit der Covid-Krise (1922/J)

Mag. Felix Eypeltauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und Integration betreffend Beschaffungs- und Vergabevorgänge im Zusammenhang mit der Covid-Krise (1923/J)

Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend BGBl II Nr. 197/2020 und Kundmachungen der Bundesregierung (1924/J)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Quo vadis OMV? (1925/J)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Umwelt- und klima­schädliche Subventionen und Fördermechanismen (1926/J)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Umwelt- und klimaschädliche Subventionen und Fördermechanismen (1927/J)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Volkswirtschaftliche Auswirkungen klimapolitischer Maßnahmen (1928/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Antikörpertests Anti-SARS-Cov-2 (1929/J)


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Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Ergänzungsunterricht für Schüler_innen im Sommer 2020 (1930/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Zugang zu Covid-19-Daten für Forscher_innen (1931/J)

Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digi­talisierung und Wirtschaftsstandort betreffend aws Covid-Start-up-Hilfsfonds (1932/J)

Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend EU Beihilferegeln (1933/J)

Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Ermittlungsverfahren gegen Staatsanwalt Mag. Radasztics (1934/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Verbindungen einer Kabinettsmitarbeiterin mit einem Beschuldigten in der CASAG-Causa (1935/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Beschäftigungssituation öffentlich-rechtlich Bediensteter während der Covid-19 Pandemie (1936/J)

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend polizeiliche Maßnahmen im Zusammenhang mit der Corona-Krise (1937/J)

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Signalschüsse der Polizei in Nenzing (1938/J)

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digita­lisierung und Wirtschaftsstandort betreffend „Digitale Geoinformationen des Bundes­amts für Eich- und Vermessungswesen (BEV) für das Allgemeinwoh“" (1939/J)

Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Zusammenarbeit der Aktionsgemeinschaft (AG) mit der Interkulturellen Studentenvereinigung (ISV) (1940/J)

Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Steuerbegünstigungen für REWE-Konzern (1941/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Asyl-Afghane nach Vergewaltigung untergetaucht (1942/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Rechtsakte im Zusammenhang mit dem „Corona-Wahnsinn“ (1943/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Rechtsakte im Zusammenhang mit dem „Corona-Wahnsinn“ (1944/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landes­ver­tei­digung betreffend Rechtsakte im Zusammenhang mit dem „Corona-Wahnsinn“ (1945/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend Rechtsakte im Zusammenhang mit dem „Corona-Wahnsinn“ (1946/J)


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Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Rechtsakte im Zusammenhang mit dem „Corona-Wahnsinn“ (1947/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Rechtsakte im Zu­sammenhang mit dem „Corona-Wahnsinn“ (1948/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Rechtsakte im Zusammenhang mit dem „Corona-Wahnsinn“ (1949/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Rechtsakte im Zusammenhang mit dem „Corona-Wahnsinn“ (1950/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Rechtsakte im Zusammenhang mit dem „Corona-Wahnsinn“ (1951/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Rechtsakte im Zusammenhang mit dem „Corona-Wahnsinn“ (1952/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend betreffend Rechtsakte im Zusammenhang mit dem „Corona-Wahnsinn“ (1953/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wis­senschaft und Forschung betreffend Rechtsakte im Zusammenhang mit dem „Corona-Wahnsinn“ (1954/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Rechtsakte im Zusammenhang mit dem „Corona-Wahnsinn“ (1955/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und Integration betreffend Rechtsakte im Zusammenhang mit dem „Corona-Wahnsinn“ (1956/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Ver­fas­sung betreffend Rechtsakte im Zusammenhang mit dem „Corona-Wahnsinn“ (1957/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Zusammenarbeit mit der Charité Berlin (1958/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Schlafplatz für Grundwehrdiener (1959/J)

Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Rückzahlungen Paris-Lodron Universität Salzburg (1960/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Früchte ernten“? – Masken-PR der Bundesregierung (1961/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Vertrag des BMDW mit der WKO (1962/J)


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Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Vertrag des BMF mit der WKO (1963/J)

Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend COFAG – Status quo der Abwicklung (1964/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (1237/AB zu 1241/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (1238/AB zu 1240/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (1239/AB zu 1242/J)

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Maximilian Köllner, MA, Kolleginnen und Kollegen (1240/AB zu 1262/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen (1241/AB zu 1232/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen (1242/AB zu 1261/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen (1243/AB zu 1255/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen (1244/AB zu 1258/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (1245/AB zu 1237/J)

der Bundesministerin für EU und Verfassung im EU und Verfassung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (1246/AB zu 1236/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Robert Laimer, Kolleginnen und Kollegen (1247/AB zu 1233/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (1248/AB zu 1231/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (1249/AB zu 1238/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (1250/AB zu 1248/J)


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des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen (1251/AB zu 1244/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen (1252/AB zu 1245/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen (1253/AB zu 1247/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolle­ginnen und Kollegen (1254/AB zu 1246/J)

der Bundesministerin für EU und Verfassung im EU und Verfassung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (1255/AB zu 1249/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Drozda, Kolle­ginnen und Kollegen (1256/AB zu 1252/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (1257/AB zu 1239/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen (1258/AB zu 1260/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen (1259/AB zu 1243/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (1260/AB zu 1264/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (1261/AB zu 1251/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (1262/AB zu 1250/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen (1263/AB zu 1257/J)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (1264/AB zu 1259/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen (1265/AB zu 1256/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen (1266/AB zu 1253/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Kollross, Kolleginnen und Kolle­gen (1267/AB zu 1254/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen (1268/AB zu 1270/J)


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der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (1269/AB zu 1266/J)

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen (1270/AB zu 1287/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Felix Eypeltauer, Kolleginnen und Kollegen (1271/AB zu 1268/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen (1272/AB zu 1275/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen (1273/AB zu 1271/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Felix Eypeltauer, Kolleginnen und Kollegen (1274/AB zu 1269/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (1275/AB zu 1265/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (1276/AB zu 1267/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen (1277/AB zu 1263/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (1278/AB zu 1273/J)

 


 


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll30. Sitzung, 13. Mai 2020 / Seite 11

08.31.09Beginn der Sitzung: 8.31 Uhr

Vorsitzende: Präsident Mag. Wolfgang Sobotka, Zweite Präsidentin Doris Bures.

08.31.10*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abge­ordnete! Ich darf Sie recht herzlich begrüßen und erkläre die 30. Sitzung des Natio­nalrates für eröffnet.

Das Amtliche Protokoll der 29. Sitzung vom 8. Mai 2020 ist aufgelegen und wurde nicht beanstandet.

Wir sitzen in der Sitzordnung, die in der Präsidiale beschlossen wurde.

Bei den letzten Sitzungen wurden zahlreiche Fotografinnen und Fotografen als störend empfunden, deshalb haben wir die Einschränkung vorgenommen, dass die Fotografen der APA sowohl auf der Galerie als auch im Plenarsaal nur zentral fotografieren dürfen. Diese verteilen die Fotos dann an die anderen. Ich darf mich bei der APA dafür, dass diese Fotos den anderen Medien kostenfrei zur Verfügung gestellt werden, aus­drück­lich bedanken.

Herzlichen Dank an die Medienvertreter, die dafür Verständnis haben, dass im Plenar­saal, dort, wo die Abgeordneten ihre Tätigkeit ausüben, keine Fotojournalisten sind. – In diesem Sinne ein herzliches Dankeschön für das Verständnis für diese Ein­schrän­kung und die Bedingungen für die Berichterstattung aus den Sitzungen.

Als verhindert gemeldet sind heute die Abgeordneten Kira Grünberg, Mag. Karin Greiner, Josef Muchitsch, Michael Bernhard, Dr. Helmut Brandstätter, Mag. Martina Künsberg Sarre, Dr. Johannes Margreiter, Josef Schellhorn und Yannick Shetty.

Einlauf und Zuweisung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungs­gegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Ge­schäfts­ordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 1922/J bis 1964/J

2. Anfragebeantwortungen: 1237/AB bis 1278/AB

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 31d Abs. 5a, 32a Abs. 4, 74d Abs. 2, 74f Abs. 3, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Budgetausschuss:

Beteiligungsbericht 2020 gemäß § 42 Abs. 5 BHG 2013, vorgelegt vom Bundesminister für Finanzen (Vorlage 22 BA)

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:


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Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Gesetzesantrag der Bundesrätinnen und Bundesräte Korinna Schumann, Monika Mühlwerth, Kolleginnen und Kollegen vom 4. Mai 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert wird (154 d.B.)

Gesetzesantrag der Bundesrätinnen und Bundesräte Korinna Schumann, Monika Mühlwerth, Kolleginnen und Kollegen vom 4. Mai 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (155 d.B.)

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Umweltausschuss:

Bericht über die Fortschritte, Erkenntnisse und Tätigkeiten des Beratungsgremiums "Human Biomonitoring", vorgelegt von der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (III-131 d.B.)

*****

Fristsetzungsantrag


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Vor Eingang in die Tagesordnung darf ich mitteilen, dass die Abgeordneten Kai Jan Krainer, MMag. DDr. Hubert Fuchs und Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer beantragt haben, dem Geschäftsordnungsausschuss zur Be­richterstattung über den Antrag 421/A eine Frist bis zum 25. Mai 2020 zu setzen.

Der gegenständliche Antrag wird gemäß der Geschäftsordnung in dieser Sitzung nach Beendigung der Verhandlungen zur Abstimmung gebracht.

*****

Ich darf bekannt geben, dass diese Sitzung von ORF 2 von 9 bis 13 Uhr und von ORF III in voller Länge übertragen wird.

Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Um Punkt 5 der Tagesordnung in Verhandlung nehmen zu können, ist es gemäß § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung erforderlich, von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen des Ausschussberichtes abzusehen.

Dabei handelt es sich um den Bericht des Ständigen Unterausschusses in ESM-Ange­legenheiten über den Antrag des Bundesministers für Finanzen auf Ermächtigung, einem Vorschlag für einen Beschluss, den Mitgliedstaaten des ESM im Rahmen des Pandemic Crisis Supports grundsätzlich Finanzhilfe zu gewähren, zuzustimmen (180 d.B.).

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig an­ge­nommen.

Behandlung der Tagesordnung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Es ist vorgeschlagen, die Debatten über die Punkte 1 bis 4 der Tagesordnung zusammenzufassen.


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Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Redezeitbeschränkung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Gemäß § 57 Abs. 3 Z 2 der Ge­schäftsordnung wurde eine Tagesblockzeit von 3,5 „Wiener Stunden“ vereinbart, so­dass sich folgende Redezeiten ergeben: ÖVP 68, SPÖ 47, FPÖ 39, Grüne 35 und NEOS 28 Minuten.

Gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit für die gesamte Tages­ordnung von den Abgeordneten, die keinem Klub angehören, je 14 Minuten; deren Debattenredezeit ist auf 5 Minuten beschränkt.

Die Gesamtredezeit der Mitglieder der Bundesregierung soll 15 Minuten nicht über­schreiten.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die eben dargestellten Redezeiten.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein.

08.34.581. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Einspruch des Bundesrates (150 d.B.) vom 4. Mai 2020 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 28. April 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Förderung von freiwilligem Engagement (Freiwilligengesetz – FreiwG), BGBl. I Nr. 17/2012, geändert wird (10. COVID-19-Gesetz) (176 d.B.)

2. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Einspruch des Bundesrates (151 d.B.) vom 4. Mai 2020 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 28. April 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 und das Apothekengesetz geändert werden (16. COVID-19-Gesetz) (177 d.B.)

3. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Einspruch des Bundesrates (152 d.B.) vom 4. Mai 2020 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 28. April 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Integrationsgesetz, das Verwal­tungsrechtliche COVID-19-Begleitgesetz, das Zustellgesetz und das Agrarmarkt Austria Gesetz (AMA-Gesetz 1992) geändert werden (12. COVID-19-Gesetz) (178 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Einspruch des Bundesrates (153 d.B.) vom 4. Mai 2020 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 28. April 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, die Bundesabgabenordnung, das Zahlungs­bilanz-


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stabilisierungsgesetz, das Bundesgesetz über die Errichtung eines COVID-19-Schulveranstaltungsausfall-Härtefonds (COVID-19-Schulstornofonds-Gesetz), das Bundesgesetz über die Einrichtung einer Abbaubeteiligungs­aktien­gesell­schaft des Bundes (ABBAG-Gesetz) und das Bundesgesetz, mit dem eine Ermäch­tigung zur Verfügung über Bundesvermögen erteilt wird, geändert werden sowie das Bundesgesetz über die Prüfung von Förderungen des Bundes aufgrund der COVID-19-Pandemie (COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz – CFPG) erlassen wird (18. COVID-19-Gesetz) (179 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 1 bis 4 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich darf nun noch Frau Ministerin Edtstadler herzlich begrüßen.

Zu Wort gemeldet ist Frau Klubobfrau Rendi-Wagner. – Bitte.


8.35.50

Abgeordnete Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Seit zwei Monaten beherrscht Corona unser Leben – und ich sage ganz bewusst „beherrscht Corona unser Leben“. Die gute Nachricht dabei ist, die Entwicklung der Neuinfektionen, der Erkrankungen ist in den letzten Tagen und Wochen eine sehr, sehr positive. Wir sind derzeit bei einem Stand von etwa 20 Neuerkrankungen pro Tag, das ist ein absolutes Minimum verglichen zu März, als es doch mehr als 900 neue Fälle pro Tag waren.

Wem haben wir das zu verdanken? – Wir haben diese positive Entwicklung an aller­erster Stelle der wirklich exzellenten Mithilfe der Bevölkerung und an zweiter Stelle einem super funktionierenden, gut finanzierten öffentlichen Gesundheitssystem zu ver­danken. Dank dieser zwei Punkte haben wir Corona, zumindest was die Virusaus­brei­tung be­trifft, im Griff.

Doch während die Infektionszahlen in den letzten Wochen sukzessive nach unten gingen, gingen andere Zahlen sehr schnell nach oben. Es sind aktuell 1,8 Millionen Menschen in Österreich, die entweder ohne Arbeit sind oder in Kurzarbeit gemeldet sind. 1,8 Millionen, diese Zahl hat es seit Jahrzehnten in Österreich in dieser Form nicht gegeben – eine dramatische Zahl, eine Zahl, die einen schlecht schlafen lässt, wenn Sie so wollen.

Wie konnte es so weit kommen? Das ist die große Frage. – Zu wenig, zu spät und zu bürokratisch: So lässt sich die sogenannte Hilfe der Bundesregierung für unsere heimi­schen Betriebe, für unsere Wirtschaft in dieser heiklen Krisenzeit zusammenfassen. Der größte Fehler dabei in den letzten Wochen passierte gleich zu Beginn, gleich am Anfang und eigentlich einen Tag vor dem Shutdown. Es war genau einen Tag vor dem Shutdown im März, als die Entschädigungsansprüche für österreichische Betriebe von Ihnen, sehr geehrte Mitglieder der Regierungsfraktionen, aus dem Epidemiegesetz gestrichen wurden – ein über 100 Jahre bestehender Rettungsschirm für die heimische Wirtschaft. Und ich habe hier das Reichsgesetzblatt aus dem Jahre 1913 – 1913! (Einen Ausdruck des genannten Reichsgesetzblattes in die Höhe haltend.) Schon damals stand unter § 32 des Reichsgesetzblattes genau das drinnen, nämlich Ent­schädigungszahlungen in Form von Geld, die an betroffene Betriebe und Personen zu leisten sind. Das haben Sie genau einen Tag vor dem Shutdown aus dem Epide­mie­gesetz gestrichen.

Wir, die gesamte Opposition, haben Sie gewarnt. Wir haben gewarnt, und wir haben einen Antrag eingebracht – einen Antrag dahin gehend, dass diese notwendigen


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wirtschaftlichen Entschädigungszahlungen für heimische Unternehmen und Betriebe sehr wohl gewährleistet sein sollen. Sie haben damals, einen Tag vor dem Shutdown, nicht nur gegen die Menschlichkeit entschieden, sondern Sie haben gegen unseren Antrag entschieden, Sie haben gegen den Hausverstand entschieden, ja, und Sie haben gegen die österreichischen Unternehmerinnen und Unternehmer sowie gegen die österreichischen Beschäftigten, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ent­schieden. (Beifall bei der SPÖ.)

200 000 zusätzliche Coronaarbeitslose waren die Folge. Hunderttausende kleine Betriebe, Künstler sind Zeugen davon gewesen und sind es noch immer, dass Ihre Ansage von damals: „Koste es, was es wolle“, offenbar nicht für alle in unserem Land gilt. Künstlerinnen und Künstler, die Unternehmer, die Angestellten, alle wurden Zeugen. Sie hat die Krise unverschuldet und von einem Tag zum anderen mangels Ihrer Hilfe schwer getroffen.

Ihre Ankündigungen, die Ankündigungen der Regierung halten dem Realitätscheck nicht Stand. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Die Wirklichkeit, weit weg von Ihren glanz­vollen Pressekonferenzen, schaut nämlich ganz, ganz anders aus. Das Geschäft, der Betrieb ist seit zwei Monaten meistens zu, der Umsatz auf null, die Kosten aber, die Fixkosten für Miete, Gehälter, möglicherweise Kredite, die aufgenommen wurden, laufen weiter, und seit März ist kaum beziehungsweise zu wenig Geld vonseiten der Regierung geflossen. Ja, die großen, inszenierten Ankündigungen sind nicht mehr als bestenfalls türkis-grüne Luftballons, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist eine gute Krisenshow, keine Frage, aber Showpolitik alleine bringt den Betrie­ben keine Liquidität, kein Kapital zum Überleben. Showpolitik alleine bringt den Arbeits­losen keinen Job, Showpolitik bringt den Menschen in Kurzarbeit keine Sicherheit, dass sie in ein, zwei Monaten wieder einen Job haben, und Showpolitik bringt auch den Künstlern und Künstlerinnen unseres Landes keine Perspektive. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Dass es anders geht – und das ist eine wichtige Information –, dass es besser geht, zeigt unser Nachbarland Deutschland: Deutschland hat nicht nur schneller reagiert, sondern auch mehr Geld in die Hand genommen. Die Auszahlungen an Betriebe dauern in Deutschland komischerweise nur 48 Stunden, laufen über das dortige Finanzamt mit der Angabe einer Steuernummer – unbürokratisch, einfach, schnell. So muss es sein! In einer Krise zählt die Zeit, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist das Stichwort. Das Stichwort heißt Vertrauen, und dieses Vertrauen haben die Betriebe und die Unternehmer und die Wirtschaft und die Angestellten und die Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmer genau am Anfang, in der sensibelsten Phase der Krise, von Ihnen nicht bekommen. Dieses Vertrauen hat gefehlt und hat Verunsiche­rung geschaffen, und diese Verunsicherung hat 200 000 Arbeitslose zur Folge gehabt, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Steinacker.)

In Deutschland: halb so viele Arbeitslose, doppelt so viel Hilfe für die dortige Wirtschaft. Das sollte Ihnen zu denken geben. Wir erleben einen kritischen Moment einer Nega­tivspirale von Arbeitslosigkeit und Wirtschaftsabschwung nach unten. Das ist gefähr­lich, und sie dreht sich immer schneller, je weiter man nach unten kommt. Jetzt gilt es, das größte Konjunkturpaket der Zweiten Republik zu schnüren, sehr geehrte Damen und Herren der Bundesregierung, um die Wirtschaft zu stützen, um Arbeitsplätze zu schaffen, um Arbeitsplätze zu sichern und auch um Betriebe zu schützen. (Beifall bei der SPÖ.)


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Die Menschen brauchen Geld. Die Menschen brauchen jetzt Geld in der Hand, um zu überleben, deswegen: Erhöhung des Arbeitslosengeldes von 55 auf 70 Prozent des Nettolohns. Sie brauchen Geld in Form von Steuersenkungen für kleine und mittlere Einkommen – und das rasch und nicht erst in ein, zwei Jahren, wenn Sie vielleicht Ihre Steuerprogramme fertig haben. Es braucht kluge, nachhaltige Investitionen in die österreichische Wirtschaft, in grüne Technologie, Forschung und Entwicklung, in öffent­lichen Verkehr und in Wohnbau.

Sehr geehrte Damen und Herren, ja, wir können erleichtert sein: Wir alle, nicht die Bundesregierung, wir alle haben es geschafft, die Akutphase gut und erfolgreich hinter uns zu bringen. Jetzt, und das haben wir uns gut erarbeitet, sind wir in einer neuen Phase, und es ist höchste Zeit – höchste Zeit! –, zu einer demokratischen Normalität zurückzukommen – zu einer demokratischen Normalität! –, denn die Krise nimmt Menschen, Wirtschaft und der Demokratie die Luft zum Atmen, und das darf nicht weiter passieren. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

Demokratie braucht Widerspruch, sehr geehrte Damen und Herren, Demokratie lebt von Transparenz. Es ist eine fragile Balance zwischen Freiheit und Sicherheit, es ist eine fragile Balance zwischen Freiheit und Gesundheit, aber es braucht auch Freiheit, um gesund zu sein, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Bevölkerung liest in Zeitungen vom Streit im Parlament, von „Schikane“, wie von Ihnen, Frau Sigi Maurer, betitelt – „Schikane“ der Opposition, eine Bezeichnung, die der grünen Partei wirklich nicht würdig ist, würde ich sagen (Zwischenrufe der Abge­ordneten Steinacker und Maurer) –, von einem „Sabotageakt“ der Opposition; das ist zu lesen. Ich sage Ihnen ganz klar und in aller Deutlichkeit: Unsere Arbeit hier im Parlament ist keine Schikane, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ und NEOS.) Unsere Arbeit hier im Parlament ist unsere demokratische Pflicht und unsere Verantwortung unserer Demokratie gegen­über. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

8.45


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Klubobmann Wöginger. – Bitte. (Oje-Rufe bei der FPÖ.)


8.45.53

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Rendi-Wagner, das kann bestenfalls noch die Redeunterlage vom Parteivorstand der SPÖ gewesen sein (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen – Oh-Rufe und weitere Zwischenrufe bei der SPÖ), als Sie mit 71 Prozent von den eigenen Mit­gliedern, also von Eisenbahnerwitwen bis hin zu Mitgliedern des Pensionisten­ver­ban­des, noch gewählt wurden. (Abg. Meinl-Reisinger: August, das wäre sogar mir zu ...!) Ansonsten entbehrt es jeglicher politischen Vernunft, was Sie hier gesagt haben, Frau Kollegin Rendi-Wagner. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Leichtfried: ...! Danke, Herr Bundeskanzler! – Weitere Zwischenrufe bei SPÖ und NEOS.)

Stellen Sie sich her und reden Sie einmal darüber, warum wir heute überhaupt hier sind! (Abg. Meinl-Reisinger: ... demokratisches Recht! – Abg. Vogl: Weil wir demo­kratische ... haben! – Weitere Zwischenrufe bei SPÖ, FPÖ und NEOS.) Stellen Sie sich her und nehmen Sie wenigstens diesen politischen Mut noch zusammen! Stellen Sie sich hierher und sagen Sie, warum wir heute da sind, nämlich weil der Nationalrat nach mittlerweile über 14 Jahren (Abg. Matznetter: Das ist ein demokratisches ...!) wieder Beharrungsbeschlüsse zu fassen hat (Abg. Meinl-Reisinger: Wenn ich so schlecht ...


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vorlesen ...! – Zwischenrufe bei SPÖ, FPÖ und NEOS), in einer Zeit einer Pandemie, in der es darum geht - - (Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) – Ja, das ist die Opposition (weitere Zwischenrufe bei SPÖ, FPÖ und NEOS), das ist unsere Oppo­sition! Das haben sich die Menschen in Österreich nicht verdient, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei SPÖ, FPÖ und NEOS.)

Wir sind heute da, weil das Epidemiegesetz abgeändert wurde. Es hat ein ganzes Wochenende lang eine politische Diskussion darüber gegeben (Abg. Loacker: Ohne Parlament!), dann haben wir diese Änderungen aufgenommen (Abg. Loacker: Orbánisten! Grausig! ...!) – alle Änderungen wurden aufgenommen –, und dann geht man im Bundesrat her und sagt: Nein, wir beeinspruchen dieses Gesetz. (Abg. Meinl-Reisinger: Unerhört! – Weitere Zwischenrufe bei NEOS und FPÖ.) – Na, ihr seid ja auch nicht im Bundesrat, also habt ihr es auch nicht beeinspruchen können. (Beifall bei der ÖVP. – Heiterkeit bei FPÖ und NEOS.)

Anerkannte Verfassungsjuristen des Landes sagen anderes (Abg. Kickl: Die großen Föderalisten ÖVP! ... Länderkammer!); ich zitiere Funk, der normalerweise von der linken Seite des Hauses zitiert wird: Die Novellierung zum Epidemiegesetz entspricht „den verfassungsrechtlichen Erfordernissen“. Auf Bewegungsfreiheit, Privatleben, freie Religionsausübung, Meinungsfreiheit, Vereins- und Versammlungsfreiheit wird Rücksicht genommen. (Ruf bei der SPÖ: Ja! – Abg. Kickl: Rücksicht! Rücksicht!) – Ja, super, was willst du jetzt? Ja, super, passt es jetzt oder nicht, wenn das ein Ver­fassungsjurist sagt? Kollege Leichtfried sagt aber: Nein, er liegt leider falsch, das ist nicht richtig!? – Okay, Funk liegt nicht richtig; das ist auch einmal interessant, dass man das von der SPÖ hört. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Scherak: Der Leichtfried ist ...!)

Jabloner, immerhin der ehemalige Justizminister, zeigt sich „grundsätzlich zustimmend und einverstanden“. (Die Abgeordneten Belakowitsch und Leichtfried: Grundsätz­lich!) Kopetzki, Leiter der Abteilung für Medizinrecht an der Uni Wien: „Gegen die beschlossene Fassung des § 15 Epidemiegesetz“ – und darum handelt es sich – „habe ich keine Einwände, weder aus rechtspolitischer noch aus verfassungsrechtlicher Sicht.“

So, meine Damen und Herren, und das soll die Bevölkerung schon auch wissen. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried. – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wir be­mühen uns hier, das Epidemiegesetz so abzuändern, damit die Umsetzung der Locke­rungsmaßnahmen, die jetzt Schritt für Schritt erfolgt, auch ordentlich begleitet werden kann. Dazu braucht der Sozialminister diesen abgeänderten § 15 im Epidemiegesetz. (Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.)

Was machen Sie? – Sie gehen im Bundesrat her und beeinspruchen dieses Gesetz, denn das brauchen wir nicht, Corona findet ja anscheinend nicht statt. (Abg. Kickl: Wir könnten uns eigentlich den Bundesrat sparen, oder, Kollege Wöginger?) Da gibt es ja anscheinend diese berühmte Glaskuppel, die wir über Österreich gestülpt haben. Meine Damen und Herren, das ist unverständlich! Das ist unverständlich und es entbehrt auch jeglicher politischen Logik, warum Sie diese Gesetze beeinsprucht haben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Leichtfried: August, das ist eine sehr schlechte Rede! Das ist eine ausgesprochen schlechte Rede! ... die Welt gerettet!)

Es geht auch gar nicht um Land gegen Bund, denn der Bundesrat ist ja die Län­derkammer. Es geht aber gar nicht darum, es sind nämlich auch Gesetze betroffen, die von den Bundesländern gekommen sind. Wenn man sich nur die Verwaltungs­ver­fahren anschaut, die wir heute haben: Bei uns warten Hunderte Gemeinden darauf, dass endlich die Bauverhandlungen stattfinden können (Abg. Leichtfried: Ja, die war-


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ten auf ...!), damit die Projekte vorangetrieben werden können. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich frage mich nur, was die roten und blauen Bürgermeister sich eigentlich dabei denken, wenn ihre Parteien im Bundesrat verhindern, dass dieses Gesetz früher in Kraft treten kann. Das versteht niemand. (Ruf bei der FPÖ: Warum keine Bauver­handlungen? – Zwischenruf des Abg. Kassegger.) Wir brauchen diese Regelungen, damit diese Verhandlungen unter anderen Maßstäben durchgeführt werden können (Zwischenruf des Abg. Matznetter), damit es da letzten Endes zu keinen Verzö­ge­rungen kommt, zum Beispiel auch bei den Bauvorhaben auf der kommunalen Ebene. Wir brauchen das, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.)

Oder: Warum das Freiwilligengesetz?! Das ist überhaupt der Superknüller, würde ich sagen, bei den heutigen vier Vorlagen: 600 000 Euro kommen für das Freiwillige Soziale Jahr in einen Fördertopf – ein Gesetz, das wir 2012 beschlossen haben, mit dem wir jungen Menschen in diesem Bereich eigentlich eine sehr gute Perspektive gegeben haben. Jetzt geht man her und sagt: Nein, das wird beeinsprucht, wir wollen das nicht. – Was ist denn daran bitte schlecht?!

Wir wurden auch bezichtigt, da Geld irgendwo hinschieben zu wollen, zu einer Orga­nisation. (Abg. Scherak: Das würdet ihr nie machen! – Heiterkeit bei den NEOS.) Das ist doch völlig absurd. Es geht um die jungen Menschen, die sich diesem Freiwilligen Sozialen Jahr widmen, und in dieser Zeit brauchen wir das besonders; deshalb stocken wir diese Mittel auf. Warum man das beeinsprucht, das verstehe, wer will; ich kann es nicht verstehen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Kickl: Du verstehst vieles nicht! – Ruf bei den NEOS: Das kann andere Gründe haben!)

Das Letzte, was hier auch beeinsprucht wurde, ist ein Finanzpaket, bei dem es um die Umsatzsteuerbefreiung von Masken geht. Das sind Dinge, die sich jetzt immer mehr von der Realität entfernen, was uns SPÖ und FPÖ hier liefern.

Am Anfang – und ich möchte das noch einmal betonen  war es so: Kickl hat am 13. März den Lockdown gefordert (Abg. Belakowitsch: Es ist der 13. Mai!), Rendi-Wagner hat Ende März von diesem Pult aus gesagt, Mitte April könnte es sein, dass wir die 30 000er-Marke an Infizierten überschreiten, und dann wären die Kapazitäts­grenzen sozusagen erreicht, was die Spitäler und auch die Intensivbetten anbelangt. Alle Fraktionen waren sich einig, dass diese Maßnahmen notwendig sind – alle Fraktionen. Jetzt sagt man anderes – weil wir sehr gut durch diese schwierige Situation gekommen sind. Der Dank gilt den Österreicherinnen und Österreichern, dass sie mitgemacht haben, dass sie diese Maßnahmen eingehalten haben (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen), und nur deshalb haben wir diese Gott sei Dank geringe Zahl an Todesopfern.

Ich höre nicht auf, das zu sagen: Schaut rundum, schaut in unsere Nachbarländer, welche Zahlen wir dort haben! (Abg. Amesbauer: Das ist so unseriös!)  Das ist überhaupt nicht unseriös, das ist eine Tatsache. (Zwischenrufe der Abgeordneten Belakowitsch, Stefan und Wurm.) Es ist extrem schwierig, dieses Virus einzu­däm­men und einzufangen. In Österreich hat es dank der Bevölkerung funktioniert. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.) Jetzt gehen wir her, meine Damen und Herren, und öffnen schrittweise, in 14-Tages-Schritten, damit wir auch die Ent­wicklungen bei den Infiziertenzahlen ganz genau beobachten können.

Wir sehen in anderen Ländern, dass es diese zweite Welle gibt, und ich hoffe, sie kommt nicht zu uns. (Heiterkeit des Abg. Kickl.) Ich hoffe auch, dass wir all die Öff­nungsmaßnahmen so beibehalten können (Zwischenruf des Abg. Kickl), aber nie­mand, meine Damen und Herren, kann sagen, wie sich das wirklich entwickeln wird.


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Wir machen auf – jetzt am Wochenende die Wirte –, wir unterstützen mit Paketen in alle Richtungen, wir helfen jenen, die arbeitslos sind (Abg. Belakowitsch: Wem denn?), wir unterstützen die Unternehmerinnen und die Unternehmer. Wir öffnen dieses Land schrittweise wieder, weil es die Zahlen hergeben – und das ist das, was wir immer gesagt haben: weil es die Zahlen hergeben.

Wo wir nicht dabei sind, ist, diese Situation zu verharmlosen oder zu sagen, das findet nicht statt. Das tun wir nicht, meine Damen und Herren. Wissen Sie, warum nicht? – (Ruf bei den NEOS: ... Umfragewerte!) Weil uns die Gesundheit der Menschen am Herzen liegt und das die oberste Priorität für die politischen Entscheidungsträger dieses Landes zu sein hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

8.55


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet hat sich Abgeordneter Angerer. – Bitte.


8.55.43

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Klubobmann Wöginger hat gerade in sei­ner Rede behauptet, dass diese Gesetzesänderung unter anderem erforderlich ist, damit Bauverhandlungen stattfinden können. (Ruf bei der ÖVP: Ja!) – Diese Behaup­tung ist unrichtig.

Ich bin selbst Bürgermeister einer Gemeinde, und das seit 18 Jahren, der Gemeinde Mühldorf im Mölltal, und damit oberste Bauinstanz. Bauverhandlungen sind selbstver­ständlich möglich, es gibt auch das vereinfachte Verfahren. Ich habe in den letzten Wochen mehrere Bauverhandlungen abgewickelt (Zwischenrufe bei der ÖVP) und gerade am Montag einen Baubescheid unterschrieben. (Beifall bei FPÖ und SPÖ. Abg. Lausch: Jetzt hat er wieder was gelernt, der Klubobmann Wöginger!)

8.56


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu einer weiteren tatsächlichen Berichtigung hat sich Abgeordneter Stöger zu Wort gemeldet. – Bitte.


08.56.25

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Bundesministerin! Abgeordneter Wöginger hat, wie schon mein Vorredner ausgeführt hat, etwas Falsches behauptet: Bauverhandlungen können näm­lich durchgeführt werden; man braucht nur 1 Meter Abstand zu halten. Das ist die Vor­aussetzung für Bauverhandlungen. (Abg. Wöginger: Aber hingehen ...!)

Darüber hinaus hat Abgeordneter Wöginger behauptet, dass die Wirte aufsperren dürfen. – Ich berichtige tatsächlich: Nach der heute in Geltung stehenden Verordnung des Herrn Bundesministers Anschober ist das nicht der Fall. (Beifall bei SPÖ und FPÖ sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

8.57


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Herr Klubobmann Kickl. – Bitte. (Abg. Wöginger: Traurig!)


08.57.17

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Also ich freue mich über die heutige Sondersitzung, Kollege Wöginger, vielleicht auch gerade deshalb, weil ich sehe, dass sie für manche eine Art Ärgernis darstellt, unter anderem für dich, weil das für manche eine Art unzumutbare Belästigung darstellt  aber das schreibe ich Ihnen in Ihr koalitionäres Stammbuch hinein: An diese Form der parlamentarischen Belästigung


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werden Sie sich gewöhnen müssen, Herr Wöginger und Kollegin Maurer (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der SPÖ Zwischenruf der Abg. Steinacker), denn das ist ein Stück parlamentarische Normalität und das Gegenteil des Ausnahme­zu­stan­des, der in Ihren Gehirnen herumschwebt! (Zwischenrufe der Abgeordneten Steinacker und Wöginger.)

Ich sage Ihnen eines: Es gibt auch genügend Bedarf für eine solche Sitzung, weil einfach, wie ich glaube, die Notwendigkeit für Kritik vorhanden und viel mehr noch für Widerstand gegen diesen Coronawahnsinn, mit dem Sie das ganze Land seit Wochen in Geiselhaft halten, von Tag zu Tag mehr angebracht ist.  Jawohl, Widerstand ist angesagt! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Da gibt es in der Zwischenzeit etwas  und der Auftritt des Kollegen Wöginger war beispielgebend dafür , was mir schon weit mehr Sorgen macht als diese Corona­epidemie. Ich sage Ihnen das ganz ehrlich und ganz offen: Das, was mich hier sehr mit Sorge erfüllt, ist eine Art autoritärer Geistesdurchseuchung von schwarz-grünem Fü­hrungspersonal, die immer mehr um sich greift. Eine autoritäre Geistesdurchseuchung ist es, was da stattfindet, und Sie haben einen Beweis dafür geliefert.

Wovon rede ich?  Von den Fantasien von Zwangsüberwachungen der eigenen Bevöl­kerung, beginnend mit Kontrollapps bis hin zum Schlüsselbund, vorangetrieben aus­gerechnet von demjenigen, der dem Hohen Haus vorsitzt, der der Volksvertretung vorsitzt – na bumm. Das ist ein Regieren jenseits der gesetzlichen Grundlagen und der Verordnungen nach dem Motto: Es zählt das gesprochene Wort! – da dürfen Sie sich angesprochen fühlen, Herr Gesundheitsminister (Zwischenruf der Abg. Tomaselli) , eine Vernaderung von wissenschaftlichen Experten, die grundsolide arbeiten, die nur einen Fehler haben: Sie haben eine andere Meinung als Sie! Deshalb werden sie als Halbwahnsinnige, als Lebensgefährder oder als Produzenten von Fakenews hinge­stellt.

Und dann gibt es noch die Versuche, die Medienlandschaft schlicht und ergreifend mit einem Schlag einzukaufen, um damit die Kritiker mundtot zu machen (Abg. Maurer: Die Medien ...!); und das ist die autoritäre Durchsetzung der geistigen Führungskader von ÖVP und Grünen.

Ja, ja, weil Sie gerade wieder versuchen, hinter Ihrer Maske etwas herauszustammeln, Frau Kollegin Maurer: Sie haben ja den Vogel abgeschossen. Sie dürfen sich beson­ders betroffen fühlen, denn herzugehen und einen Einspruch gegen einen weiteren unausgereiften, schädlichen und gefährlichen Gesetzeswurf mit dem Namen Covid im Bundesrat – also derjenigen Institution, die der Verfassungsgesetzgeber genau dafür vorgesehen hat – als einen Akt der zynischen Sabotage hinzustellen, die Arbeit des Bundesrates auf diese Art und Weise zu diskreditieren, das ist ja wohl das Allerletzte, Frau Kollegin Maurer. Das ist das Allerletzte! (Beifall bei der FPÖ und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

Sie haben ja nur das ausgesprochen, was sich Wöginger sowieso die ganze Zeit denkt – da bin ich wieder dort –: Wie lästig kann der Parlamentarismus sein?!

Aber wer hätte das gedacht? Wer hätte das gedacht? So schnell geht das: Gestern noch stolze Basisdemokraten, dort drüben im linken Sektor (Zwischenruf des Abg. Leichtfried), stolze Basisdemokraten, Hüter der Rechtsstaatlichkeit (Zwischenruf des Abg. Stögmüller) und nach ihrem eigenen Anspruch natürlich die allein berechtigten Vertreter des politischen Anstands in dieser Republik, das waren die Grünen bis vor Kurzem (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Leichtfried); und binnen weniger Wochen ist etwas ganz Lustiges passiert: Sie sind in den Gleichschritt eingetreten (Abg. Stögmüller: In den Gleichschritt ...!), in den Gleichschritt mit der neuen Volkspartei. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der SPÖ.) Da laufen Sie jetzt der neuen


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Sektenführerin hinterher, das ist die Vordenkerin des Bundeskanzlers, also die Spitze des Fortschritts der neuen Volkspartei, Frau Mei-Pochtler. Das ist diejenige Dame – nur damit wir alle wissen, wovon wir reden –, die sich pudelwohl fühlt, sagen wir es einmal so, im Grenzgelände zwischen Demokratie und Diktatur (Zwischenruf der Abg. Tomaselli – Abg. Steinacker: ... ein Ordnungsruf, Kollege!), also im Niemandsland zwischen Demokratie und Diktatur. Da haben Sie sich eingeklinkt – na, lang hat es nicht gebraucht!

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Grünen, das ist ja ein Wahnsinn, Sie mutieren ja schneller als jeder Virus! Sie mutieren schneller als jeder Virus. (Beifall bei der FPÖ.) Und eines sage ich Ihnen schon: Das Projekt, das Sie da betreiben, ist kein Koalitionsprojekt, das ist ein Assimilierungsprojekt mit der Österreichischen Volks­partei, mit der neuen ÖVP.

Zu zwei Begriffen – und jetzt bin ich wieder bei Ihnen, Frau Kollegin Maurer –: Zynis­mus und Sabotage. Über Zynismus und Sabotage sollten wir reden, aber nicht im Zusammenhang mit einer Verunglimpfung von parlamentarischen Normalitäten, sondern ich glaube, dass Zynismus und Sabotage ganz treffende Charakterisierungen sind für das, was Sie der österreichischen Bevölkerung als Krisenmanagement zu verkaufen versuchen. Zynismus und Sabotage, wenn man das da anwendet, dann flutscht es! Frau Maurer, ich bin Ihnen regelrecht dankbar für diese Auflage, ich bin Ihnen wirklich dankbar! Schauen wir einmal hin!

Wissen Sie was: Ich finde es zynisch, wenn man ganz gezielt und strategisch geplant und medial durchorchestriert bis zum heutigen Tag – Stichwort zweite Welle, Herr Präsident, oben im Parlamentsausguck –, wenn man auf diese Art und Weise Angst und Schrecken in der eigenen Bevölkerung zu verbreiten versucht – die Protokolle sind aufgeflogen, da gibt es überhaupt nichts zu leugnen –, nur damit man selbst dann diese grausliche neue Normalität inklusive der für weite Teile der Bevölkerung gesundheitspolitisch sinnlosen Maskerade als einzige und alternativlose Waffe gegen den Kollaps des Gesundheitssystems inklusive ein hunderttausendfaches Massenster­ben hinstellt. – Bis heute tun Sie das, obwohl die Daten Ihre Geschichte längst wider­legt haben. Sie wissen, dass die Zahl der Infektionen schon zu einer Zeit zurückge­gangen ist, als noch keine einzige Ihrer Maßnahmen hat greifen können, aber das ignorieren Sie.

Was ist denn da passiert? Ich habe einen ganz einfachen Verdacht. Wissen Sie, was passiert ist? – Die ganz normale saisonale Entwicklung, wie wir sie von anderen Grippewellen kennen, hat Ihnen einen Strich durch Ihre Erlösungsinszenierung ge­macht. Sabotage, Sabotage ist da passiert (Abg. Steinacker: Was reden Sie ...?), und zwar seitens einer ganz normalen Entwicklung, gegen Ihre Erlöserdramaturgie. (Beifall bei der FPÖ.)

Zynisch ist es, glaube ich, auch, wenn man das Epidemiegesetz außer Kraft setzt, und zwar mit folgender Argumentation, die Sie verwendet haben: Wir müssen das Epide­miegesetz außer Kraft setzen, weil das, womit wir es jetzt zu tun haben, keine Epidemie ist, sondern eine Pandemie, hat die WHO gesagt; deswegen brauchen wir das Epidemiegesetz nicht mehr! – Das war Ihre Argumentation. Für den Betroffenen ändert das überhaupt nichts, und deswegen ist das eine zynische begriffliche Haar­spalterei, die Sie da betrieben haben, und mehr noch: Es ist auch Sabotage.

Es ist nämlich Sabotage an der gesetzlichen Vollkaskoversicherung, die es für genau diesen Fall für die österreichischen Unternehmer und Arbeitnehmer gegeben hat, näm­lich in Gestalt des Epidemiegesetzes, das Sie mit diesem miesen Taschenspielertrick ausgehebelt haben. Damit haben Sie aber Tausende Unternehmer und Arbeitnehmer mit einem Federstrich zu Bittstellern degradiert, damit haben Sie sie in die Abhän-


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gigkeit von Banken und Ihrer Almosenbürokratie getrieben – und man sieht ja eh, dass es hinten und vorne nicht funktioniert. Und wenn man einen Härtefallfonds aufbaut, der mehr Härtefälle produziert, als er mildert, dann ist das auch zynisch, Herr Kollege Wöginger – zynisch ist das! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Man kann natürlich auch hergehen und das notwendige Hochfahren der Wirtschaft ohne jede Not und ohne jedes gesundheitliche Risiko so unentschlossen, so inkon­sequent, so unlogisch betreiben, wie diese Regierung das macht. Das kann man machen, aber das bedeutet dann doch, dass Sie damit auch das von Ihnen selbst gegebene Versprechen, Ihr eigenes Versprechen, Wiedergeburt nach Ostern, dass Sie dieses Versprechen – na was, Herr Wöginger? – sabotieren. Damit sind wir wieder bei der Sabotage. Das können Sie machen, dann gehen Sie aber nicht her und spielen Sie sich nicht als Lebensretter auf! Sie sind kein Lebensretter, sondern Sie, in dieser Regierungskoalition, sind aktive Sterbebegleiter, Sie sind Totengräber der heimischen Unternehmen (Beifall bei der FPÖ), die aber nur eines wollen: leben (Zwischenruf der Abg. Steinacker), überleben; das ist das, was sie wollen. Sie sollten einmal hinhören, wenn Sie mit den Leuten reden, und nicht hier Ihre Weisheiten verzapfen und nichts mehr zu sich durchdringen lassen. (Zwischenruf des Abg. Wöginger.) – Ja, Sie ziehen eine Spur der Verwüstung durch das Land.

Schauen wir einmal auf die Gastronomie und die Hotellerie: null Planungssicherheit. Schauen wir einmal aufs Brauchtum, schauen wir einmal auf die Volkskultur, auf die Veranstalter, auf die Kunst- und Kulturszene in diesem Land, in der Sie ohne jede Not eine Spur der Verwüstung ziehen und damit Tausende Existenzen gefährden, weil man sich an der frischen Luft auch nicht mehr treffen darf! – So ein Unsinn, Herr Wöginger, so ein Unsinn, und Sie setzen ihn ohne Not fort! (Beifall bei der FPÖ sowie der Abge­ordneten Silvan und Troch.)

Ja, und wenn ich Ihnen diesen Vorwurf mache, dann ist das keine Übertreibung, sondern dann ist das die exakte Beschreibung eines Ausschnitts Ihrer neuen Norma­lität, wobei ich Ihnen noch eines sage, Frau Maurer: Neue Normalität, das ist nichts anderes als eine zynische Verharmlosung des Wortes Ausnahmezustand. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeordneten Yildirim.)

Ich kann jetzt gar nicht alle Dinge aufzählen, ich kann gar nicht alle Zynismen und alle Sabotageakte aufzählen, die Sie da in den letzten Wochen gesetzt haben, dafür reicht die Zeit nicht, aber eines sage ich Ihnen: Nicht nur die Gesichtsmasken werden bald fallen, nicht nur die Gesichtsmasken, mit denen Sie weite Teile der österreichischen Bevölkerung ohne nachweisbaren medizinischen Nutzen zwangsvermummen, nur weil Sie deren Verwendung als ein Symbol des Ausnahmezustandes aufrechterhalten wollen, nicht nur diese Masken werden bald fallen (Beifall bei der FPÖ), sondern auch die Maske Ihres sogenannten Krisenmanagements fällt, und zwar jeden Tag ein Stück mehr – und das bedeutet: jeden Tag ein Stück mehr Wahrheit, jeden Tag ein Stück mehr Hausverstand, jeden Tag ein Stück mehr Freiheit und Selbstbestimmung; und jeden Tag weniger von Ihrem Coronawahnsinn, weniger Zynismus und Sabotage und weniger autoritäres Denken und Handeln. (Anhaltender Beifall bei der FPÖ.)

9.09


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Klubobfrau Maurer. – Bitte. (Abg. Martin Graf: ... basisdemokratische ...!)


9.09.24

Abgeordnete Sigrid Maurer, BA (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte MinisterInnen! Werte ZuseherInnen vor den Bild­schirmen! Ich beginne gleich mit dem, was in dieser Rede jetzt am häufigsten genannt


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wurde: Es ist richtig, ich habe letzte Woche in einem Interview gesagt, dass es ein zynischer Sabotageakt ist, wie die Opposition hier in Bezug auf das Epidemiegesetz vorgegangen ist, und diese Wortwahl war ganz sicher überzogen; da gebe ich Ihnen, Frau Rendi-Wagner, komplett recht.

Das hat sich im Übrigen nicht auf das Veto des Bundesrates bezogen, sondern auf die Verschiebung, darauf, dass es nicht möglich war, bereits vor zwei Wochen einen Termin für den Bundesrat zustande zu bringen (Ruf: Ach sooo! – Zwischenruf des Abg. Martin Graf), was ermöglicht hätte, dass das Epidemiegesetz bereits am 1. Mai in Kraft getreten und damit auch die Veranstaltungsregelung neu gemacht worden wäre. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Diese Formulierung war definitiv überzogen: Ich war sehr verärgert über diesen Vor­gang, weil wir versucht haben, jeden einzelnen Kritikpunkt, der von Ihnen eingebracht worden ist, zu berücksichtigen. Wir haben ein Wochenende durchgearbeitet, um zu schauen, wie wir das einbauen können, und es ist dann nichts mehr an Argumentation übrig geblieben außer der formalen Argumentation, dass man gerne eine Begut­ach­tung gehabt hätte.

Da bin ich vollkommen bei Ihnen: Wir hätten bei all unseren Gesetzen auch gerne eine Begutachtung gehabt. Wir sind jedoch in einer Zeit der Pandemie und haben Geset­zesgrundlagen in einer unglaublichen Geschwindigkeit gebraucht. (Abg. Kickl: ...! Das wird euch noch auf den Kopf fallen!) Sie waren ja auch alle dabei, haben das auch ermöglicht und haben viele der Pakete gemeinsam mit uns beschlossen. (Abg. Yildirim: Das ist eine Herabwürdigung des demokratischen Prozesses!) – Lassen Sie mich einmal ausreden!

Selbstverständlich ist es das gute Recht der Opposition, zu blockieren und zu filibus­tern. Ich sage das als Klubobfrau einer Partei, die mit Sicherheit den Rekord an Filibus­terreden in diesem Parlament hält. (Beifall bei den Grünen.) Es ist das gute Recht der Opposition, Geschäftsordnungstricks anzuwenden. All das zu tun ist das gute Recht der Opposition. Ob es allerdings vernünftig ist, das ist eine andere Frage, und darauf hat sich meine Kommentierung bezogen. (Abg. Scherak: Vernünftig ist, wenn es die ...!)

Frau Rendi-Wagner, Sie haben hier gesagt, wir hätten mit unseren Maßnahmen gegen die Menschlichkeit entschieden. – Ich verstehe schon, wir haben jetzt eine extrem intensive Phase hinter uns, und es ist natürlich völlig legitim und auch richtig und gut, wenn es wieder mehr Kritik gibt. Was ich allerdings nicht verstehen kann, ist, wie schnell man vergisst, dass man eigentlich selber mit dabei war. Man hat Bestim­mungen entweder selber gefordert oder mitbeschlossen, doch jetzt soll all das nicht recht gewesen sein. – Das ist schon sehr bequem, Frau Rendi-Wagner, das ist sehr bequem, und ich finde das nicht redlich! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Das ist auch nicht redlich gegenüber der Bevölkerung, die in dieser Phase darauf angewiesen war, dass sie sich darauf verlassen kann, dass wir hier vernünftig agieren. (Zwischenruf der Abg. Yildirim.)

Sie sagen, dass ein 100 Jahre altes Gesetz so super gewesen sei. – Ich möchte dazu nur ein paar Beispiele nennen: Das Epidemiegesetz sieht vor, nach einer Begehung per Bescheid Betriebe zu schließen. Wie hätten wir das denn bewältigen sollen, für ganz Österreich Hunderttausende Bescheide nach einer Begehung mit einem Einspruchsverfahren auszustellen? – Das wäre absolut unmöglich gewesen! Dieses Gesetz ist zum Beispiel für einen einzelnen Tuberkulosefall gebaut. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Abg. Matznetter: Es geht um die Entschädigung! – Weiterer Ruf bei der SPÖ: ... Entschädigung!)


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Anderes Beispiel für die Tauglichkeit dieses Gesetzes: Das Epidemiegesetz sieht vor, dass per Anschlag an Haustüren markiert werden kann, wo jemand, der infiziert ist, wohnt. Solch ein Gesetz halten Sie für tauglich im Umgang mit einer Epidemie bezie­hungsweise Pandemie im Jahr 2020? – Ich nicht, und deshalb haben wir diese Geset­zesänderungen auch so beschlossen. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Leichtfried.)

Sie sagen: Wir brauchen das größte Konjunkturpaket der Zweiten Republik. – Ja. Dieses Konjunkturpaket brauchen wir, und ich bin auch froh, dass die SPÖ inzwischen erkannt hat, dass Klimaschutz ein ganz zentraler Punkt dabei ist, und das werden wir auch liefern. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Sie sprechen davon, dass wir gegen die Menschlichkeit entschieden hätten. – Wir werden zum Beispiel, um einen weiteren Schritt zu setzen, 700 Millionen Euro zur Verfügung stellen, damit Vereine und NGOs in dieser Krise abgefedert werden können. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Das ist verantwortungsvolle Politik. Ich weiß, es ist in der Opposition anders, da hat man oft die Verantwortung nicht zu tragen. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Da kann man kommentieren, seine Meinung ändern, plötzlich etwas anderes behaup­ten gegenüber dem, was man davor behauptet hat. (Abg. Kickl: Da sind Sie Welt­meister!) Herr Kickl! Ich erinnere noch einmal daran, dass Ihnen der Lockdown nicht scharf genug war. Jetzt sagen Sie aber plötzlich: Das ist der Coronawahnsinn. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Abg. Kickl: Stellen Sie sich nicht blöder, als Sie sind!)

Immer wieder einmal ein solcher spontaner Sinneswandel, das ist in der Regierung nicht möglich und nicht dienlich, vor allem nicht dienlich zur guten Bewältigung dieser Krise, und deswegen werden wir diesen Weg entschieden weitergehen. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Sie können entscheiden, ob Sie uns dabei mit sinnvoller Kritik unterstützen oder ob Sie nicht argumentierbare Punkte bringen und Ihre Meinung im Hinblick darauf ändern, was Sie vor drei Wochen noch selber gesagt haben. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

9.15


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Loacker ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


9.15.23

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Hohes Haus! Kollegin Maurer hat natürlich eine selektive Wahrnehmung der Wahrheit, wenn sie sagt: Die haben eh alles mitbeschlossen und regen sich jetzt auf! – Darauf entgegne ich: Moment! Die ersten zwei Covid-19-Gesetze von inzwischen 16 oder 17 – man verliert den Überblick – haben wir zähneknirschend mitbeschlossen und der Regierung Ver­ordnungsermächtigungen eingeräumt. Es konnte aber niemand davon ausgehen, dass die Regierung verfassungswidrige Verordnungen erlässt und in die Grundrechte eingreift. (Beifall bei NEOS, SPÖ und FPÖ.)

Diese Kooperationsbereitschaft, die die Opposition gezeigt hat, war einseitig, denn zurückgekommen ist nämlich gar nichts.

Sie nehmen darauf Bezug, dass das Epidemiegesetz steinalt ist und reformiert gehört, aber im Jänner hat das Gesundheitsministerium Covid-19 in die Liste der anzeige­pflichtigen Krankheiten nach dem Epidemiegesetz eintragen lassen. Man war also schon damit befasst und hat damals offensichtlich noch gedacht, das sei zeitgemäß, denn sonst hätte man handeln müssen. Diesbezüglich ist man aber offenbar seit Jän­ner bis heute im Mai im politischen Schlafwagen unterwegs.


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Nun zum Epidemiegesetz selbst – Entschuldigung, wenn ich in die Details gehe, aber diese zeigen, wie man hier arbeitet –: Da wird jetzt ein neues Register eingeführt, ein Screeningregister. Die Daten aus diesem Register kommen dann in das Register für anzeigepflichtige Krankheiten, und von diesem Register – ja, es gibt ein drittes – kommen die Daten dann in das Statistikregister. Bei all diesen Registern hat man allerdings verabsäumt, gemäß § 21 Datenschutzgesetz die Datenschutzbehörde in Kenntnis zu setzen und zur Stellungnahme zu diesem Gesetz einzuladen. Die grünen Datenschützer haben leider das Datenschutzgesetz übersehen. Das ist ja wurscht, man tut ja nur mit Daten herum. Was man aber nicht gemacht hat, ist, dass man zum Beispiel schaut, wie diese Daten in Elga kommen; Stichwort politischer Schlafwagen, dort ist nämlich nichts los.

Weiters wurde in der letzten Sitzung von Kollegin Diesner-Wais etwas behauptet, das auch nicht stimmt, nämlich dass die Daten der Wissenschaft für die Forschung zur Verfügung stünden. – Nein! Das Gesetz wird so geändert, dass nur die Ages und die GÖG Zugriff haben, die Med-Uni Wien und die Med-Uni Graz aber keinen Zugriff haben, um diese Daten zu beforschen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Dieses neue Register wird jetzt eingeführt, und wir alle wissen, dass es spannend wäre zu wissen, welche Vorerkrankungen die Covid-Erkrankten gehabt haben. Das wird natürlich nicht erfasst. Man kann also mit den Daten nichts anfangen. Es wird auch die Medikation nicht erfasst. Warum wäre das wichtig? – Vielleicht haben viele von Ihnen gelesen, dass in Diskussion war, ob blutdrucksenkende Mittel eine Auswirkung auf die Krankheit haben. Man erfasst das aber gar nicht, und daher kann man es dann auch nicht überprüfen und beforschen. Dieses Register ist für die Fische! (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

Dann schaut man sich im Fernsehen den „Report“ an und sieht Sektionschef Auer, und dieser sagt irgendwie gönnerhaft: Na ja, welche Daten relevant sind und wer diese bekommt, das sagen wir dann gegebenenfalls. – Das bedeutet: Wir geben nichts her von diesem Ministerium, und wenn, dann entscheiden wir, was wir hergeben und wem wir es geben, denn wer nichts weiß, der muss alles glauben. – Mit dieser Politik der Unsicherheit arbeiten Sie seit zwei Monaten! (Beifall bei den NEOS, bei Abgeordneten der SPÖ sowie der Abgeordneten Lausch und Stefan.)

Kommen wir zum § 15 Epidemiegesetz: Dabei geht es um die Veranstaltungen, die die Behörde untersagen muss, wenn diese Veranstaltungen zu einer Verbreitung der Krankheit beitragen, aber nur, wenn dieses Untersagen unbedingt erforderlich ist. In diesem Zusammenhang geht es um Veranstaltungen, die zu einem Zusammenströmen größerer Menschenmengen führen.

Die Grünen haben uns dann erklärt: Das brauchen wir, damit wir Sportveranstaltungen ohne Zuschauer durchführen können. – Bei welcher Sportveranstaltung ohne Zuschauer kommt es denn zu einem Zusammenströmen größerer Menschenmengen?

Das ist ein vorgeschobenes Argument! Sie haben die wahren Gründe nicht offengelegt, warum Sie dieses Gesetz ändern wollen, und deswegen misstrauen wir Ihnen. Jetzt kann nämlich die Behörde Auflagen erteilen, Beschränkungen bezüglich der Anzahl der Teilnehmer und der Größe der Abstände vornehmen. Für den Veranstalter ist es dann natürlich nicht mehr leicht, nachzuweisen, ob diese Beschränkung mit Abständen von zwei Metern unbedingt erforderlich war oder auch eineinhalb Meter gegangen wären. Die Behörde hat einen riesengroßen Spielraum, und dem sind die Bürger jetzt ausgeliefert.

Klubobmann Wöginger hat gesagt:  Auf das Verfassungsrecht wurde Rücksicht ge­nommen. – Oh, ist das nett! Nicht: Es wird eingehalten!, sondern: Es wurde ein bissi


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Rücksicht genommen!, und wenn dann etwas der Verfassung widerspricht – das hat ja Kurz schon gesagt –: Da schauen wir dann später, wenn alles vorbei ist! Uns ist das ja wurscht! Wer will schon Verfassung? Wir haben da dieses Parlament, das nervt, und dann gibt es noch diesen Bundesrat, der macht dann einen Einspruch! (Zwischenruf bei der ÖVP!) – Na, das nervt so einen ÖVPler furchtbar, wenn er das nicht durch­peit­schen kann.

Und eine Begutachtung will die Opposition auch noch! Wir regulieren da Versamm­lungen und greifen in die Grundrechte ein, und dann wollen die eine Begutachtung! Na, das ist ja unerhört von euch! Was fällt euch ein? (Heiterkeit bei den NEOS. – Beifall bei NEOS, SPÖ und FPÖ.)

Wir haben alle Covid-Gesetze befristet. Dieses aber, bei dem in die Grund- und Freiheitsrechte eingegriffen wird, wird nicht befristet, das kommt ins Dauerrecht! Obwohl das Epidemiegesetz so überholungsbedürftig ist, wie uns Klubobfrau Maurer gerade vorhin erklärt hat, kommt dieser Unfug jetzt ins Dauerrecht. – Sie glauben doch Ihren eigenen Schmäh nicht! (Beifall bei NEOS, SPÖ und FPÖ.)

9.21


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet hat sich Bundesminister Anschober. – Bitte.


9.21.22

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Rudolf Anschober: Geschätzter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Liebe BesucherInnen und Menschen, die sich diese spannende Debatte ansehen! Ja, das ist eine lebhafte Debatte – Morgenstund kann man nur sehr be­grüßen! Das Einzige, worum ich in dieser Situation ersuche, ist, dass wir uns hin­sichtlich der Art und Weise, wie wir den Diskurs führen, gemeinsam schon noch gut überlegen, ob das, was offensichtlich manche voraussetzen, Realität ist, nämlich dass diese Gesundheitskrise tatsächlich vorbei ist.

Meine Sorge ist, dass da wirklich ein falsches Signal gesetzt wird: Diese Gesund­heits­krise ist leider weder weltweit noch in Österreich schon vorbei. Deswegen appelliere ich daran, diese Situation sehr, sehr ernst zu nehmen – weiterhin sehr, sehr ernst zu nehmen.

Ich rate Ihnen und uns allen nur, einen Blick in die Länder zu werfen, in denen diese Entwicklung schon deutlich früher stattgefunden hat und die sehr erfolgreich waren, in asiatische Staaten wie Singapur zum Beispiel: In Singapur war die Situation die, dass die Pandemie tatsächlich gestoppt war, dass das Virus unter Kontrolle war. Die waren noch erfolgreicher als wir, haben aber mittlerweile zwischen 500 und 1 000 Neuerkrankte pro Tag, weil es eine umfassende zweite Welle gibt.

Mein Appell in dieser Situation ist: Dass wir uns der Verantwortung für diese Gesund­heitsentwicklung gemeinsam wieder bewusst werden und dass wir gemeinsam alles tun, um das Risiko und diese Gefahr einer zweiten Welle zu verhindern, das ist aus meiner Sicht unsere erste Priorität! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Ich verstehe nicht ganz, wie man in einer Situation, in der weltweit 4,3 Millionen Fälle und mittlerweile 292 000 Todesfälle vorliegen, darauf kommen kann, dass die Krise vorbei ist. Wir sind nach wie vor mittendrin, die Pandemie grassiert nach wie vor weltweit. Der einzige Unterschied ist, dass es einige europäische und auch einige asiatische Staaten gibt, die in der Bekämpfung der Pandemie in dieser ersten Phase bisher sehr erfolgreich sind, und ich bin wirklich froh darüber, dass Österreich dazuzählt. Das ist das Verdienst von uns allen. Es ist das Verdienst von Maßnahmen, die zum richtigen Zeitpunkt gesetzt wurden, vor allem aber ist es das Verdienst einer


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Bevölkerung, die bis zum heutigen Tag großartig mitmacht. Als Gesundheitsminister dieser Republik sage ich da: Danke! (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie der Abg. Oberrauner.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wie sehen die aktuellen Zahlen, die Zahlen vom heutigen Tag, bei uns in Österreich aus? – Die Gesamtzahlen nehmen natürlich nach wie vor schrittweise zu: Wir haben mittlerweile 15 921 Erkrankungsfälle, das sind aber nicht mehr akute Erkrankungsfälle. Wir haben jeden Tag mittlerweile deutlich mehr Genesungsfälle als Neuerkrankungsfälle. Das Ziel ist, dass wir damit schrittweise herunterkommen und immer weniger Menschen eine Hospitalisierung benötigen, wegen einer Neuerkrankung in Sachen Corona ins Krankenhaus eingeliefert werden müssen und dort eine intensivmedizinischen Betreuung brauchen.

Da hat das österreichische Gesundheitssystem in den letzten Wochen in jeder Hinsicht eine großartige Leistung vollbracht. Den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen sage ich auch in dieser Stunde und von hier – ich denke, im Namen aller in diesem Haus – ein herzliches Danke! Wir werden diese Mitarbeiter und dieses starke Gesundheitssystem noch sehr brauchen und wir wollen darauf schauen, dass dieses Gesundheitssystem wirklich stark bleibt! (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie der Abg. Oberrauner.)

Manche diskutieren so, als wäre die Gesundheitskrise vorbei. Ich warne davor, denn es könnte ein schlimmes Erwachen geben, wenn wir es zu locker nehmen, wenn wir Signale aussenden, auch von diesem Haus aus, die dafür sorgen, dass manche unbe­sorgt werden und die Regeln, die wir gelernt haben, nicht mehr praktizieren – die Hygienemaßnahmen, die Abstandsregelungen, die Maßnahmen, die im Bereich der einzelnen Öffnungsschritte erforderlich sind. Jeder von uns muss auch weiterhin ein Teil der Lösung sein. Nur so können wir diesen guten Weg, diesen erfolgreichen Weg weiterhin gemeinsam beschreiten.

Der Gesundheitsschutz – und das sage ich schon in aller Deutlichkeit – ist kein Ort für Experimente. Der Gesundheitsschutz ist ein Ort, bei dem es um Sicherheit geht, bei dem es nicht zuerst um die parteipolitische Profilierung gehen kann, sondern bei dem es um gemeinsames Tun und um den Schutz der österreichischen Bevölkerung gehen muss.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Gesundheitskrise ist der eine Teil, und es war gut und vernünftig, wie wir, etwa im Verfassungsausschuss, gemeinsam dis­kutiert haben, sodass wir, wie ich glaube, zu einem guten Verständnis voneinander und für die Sache, für Ziele, für Lösungsschritte et cetera gekommen sind, und diesen Weg müssen wir sehr, sehr konsequent weiter fortsetzen. Was uns aber bewusst sein muss – und ich glaube, das ist es uns auch –, ist, dass wir gemeinsam verhindern müssen, dass aus dieser schweren Gesundheitskrise ein dramatische soziale Krise wird. Das ist unsere Verantwortung. Dafür müssen wir auch parteiübergreifend arbei­ten! (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie der Abg. Oberrauner.)

Dazu brauchen wir in Österreich ein umfassendes Konjunkturprogramm, das mit dem Schaffen von Jobs, von Arbeitsplätzen hier und heute in den nächsten Tagen und Wochen das verbindet, was unsere Vision ist, nämlich den Klimaschutz und damit den Schutz der nächsten Generationen. Diese Großinvestitionen müssen wir vorziehen, damit wir beides schaffen können! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Eine Pandemie ist tatsächlich ein Wettlauf mit der Zeit, und ich habe Folgendes bei den Rednern und Rednerinnen manchmal recht interessant gefunden: Dem einen ist es zu schnell gegangen, dem anderen, Kollegen Loacker, zu wenig tief und ins Detail gehend. – Ja, das sind die zwei Wirklichkeiten. Wir müssen tagtäglich über den richtigen Weg entscheiden, und ich bin für einen derartigen Diskurs dankbar, weil wir


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da gemeinsam lernen, das Richtige zu tun, und weil wir das da auch voneinander lernen.

Ja, wobei ich Ihnen Recht gebe – ich sehe das sehr kritisch und es war jeden Tag eine Abwägung –: Wir müssen in Zukunft wieder lernen, uns mehr Zeit für den Diskurs, für die Debatte zu geben. Wir haben im Verfassungsausschuss gemeinsam festgestellt, dass das notwendig ist, und das ist auch mein persönliches Ziel. Es ist eine Bring- und eine Holschuld, und das sehen alle so, denke ich, dass wir diesen schrittweisen Weg in Richtung Alltag selbstverständlich auch in unserer gemeinsamen Kultur entwickeln müssen. Dafür stehe ich und das ist auch mein Ziel. (Beifall der Abg. Oberrauner.)

Zum Schluss sage ich Ihnen aber schon – und eigentlich haben wir einen bestimmten Auslöser und eine inhaltliche Grundlage für diese Debatte –: Inhaltlich habe ich überhaupt nicht verstanden, was wir da im Verfassungsausschuss an Begründungen und an Kritik gehört haben. Erstens nämlich gibt es zu diesem § 15, glaube ich, keinen Verfassungsexperten, keine Juristin und keinen Juristen, der nicht sagen würde: Ja, dieser neue § 15 ist eine massive Verbesserung zum Status quo. – Warum, bitte sehr, soll man da eine Ablauffrist vorsehen? Wir wollen doch das Epidemiegesetz, das ein uraltes Gesetz ist, optimieren, verbessern und ihm auch demokratiepolitisch bessere Möglichkeiten geben! Mit diesem neuen § 15 können wir mehr Veranstaltungen ermöglichen! Darum geht es, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Das Zweite sind die Screeningprogramme. Auch darüber haben wir im Verfassungs­ausschuss den Diskurs geführt. Kollege Loacker hat gesagt, sie seien zu wenig tiefgehend, andere haben gesagt, sie seien ein Risiko, eine Gefahr wegen der Daten­situation et cetera, et cetera.

Wir brauchen eine klare Rechtsgrundlage für unser Handeln, für unser Tun, denn was heißt Screening? – Es heißt, dass wir uns bestimmte Gruppen in Richtung Corona­situ­ation besser ansehen können, zum Beispiel gefährdete Gruppen wie alte Men­schen, die in Senioren- und Pflegeheimen leben. Ich glaube, niemand hat etwas dagegen, wenn wir das tun, weil es ja aus Experten- und Expertinnensicht völlig unbestritten ist, das zu tun. Worum es geht, ist ein rechtlicher Rahmen, eine Grundvoraussetzung dafür, dass wir so handeln können und dass wir das tun können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Freiwilligenregelung zu kritisieren, ist schon kurios. Wir nehmen 600 000 Euro in die Hand, damit die, die in diesem Land freiwillig großartige Arbeit leisten (Zwischenruf des Abg. Kollross), die dafür sorgen, dass es noch besser geht, dass wir miteinander in einem Zusammengehörigkeitsgefühl durch diese Krise gehen – und das ist nicht nur das Rote Kreuz, das ich im Übrigen sehr schätze, genauso schätze wie alle anderen Einsatzorganisationen, wie den Arbeiter-Samariter-Bund, wie alle anderen, die großartige Arbeit leisten –, damit die entschädigt werden – das geht ja ohnedies nur im Ansatz –, damit ihnen die Mehr­kosten, die durch die Coronakrise entstehen, abgegolten werden, damit sie weiter wirt­schaftlich überleben können – und das zu kritisieren, ist kurios.

Ich hätte nicht geglaubt, dass in dieser Situation irgendjemand dagegen sein kann. Es gibt ganz klare Regelungen bei dieser Freiwilligenfinanzierung, Regelungen, bei denen es auch einen Beirat gibt, in dem zum Beispiel Sie alle drinsitzen, in dem ein Parteienvertreter, eine Parteienvertreterin jeweils mit dabei ist, in dem der Städtebund mit dabei ist, der Gemeindebund mit dabei ist.

Reden wir doch nicht alles schlecht! Wir machen Fehler. Kritisieren Sie uns für diese Fehler – das haben wir dann verdient; Fehler machen wir; das ist in einer Situation, in der man unter Druck steht, so –, aber versuchen wir nicht, das, was Fortschritte sind,


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als schwere Fehler zu brandmarken! Das tut uns, denke ich, in dieser schwierigen Situation nicht gut. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

9.32


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Schwarz ist  zu Wort gemel­det. – Bitte.


9.32.36

Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Minister! Hohes Haus! Sehr verehrte Damen und Herren! Ich möchte gleich an das anschließen, was der Gesundheitsminister gesagt hat.

Ich bin schon ein bisschen verblüfft, dass viele hier am Rednerpult stehen und so tun, als gäbe es Corona nicht mehr. Das ist weit gefehlt. Es gibt nach wie vor keine Impfung, es gibt kein wirksames Medikament, es gibt nach wie vor weltweit Tausende Tote. Nur weil Österreich besser als sehr, sehr viele andere Länder aus der Krise hervorgegangen ist (Zwischenruf des Abg. Loacker), heißt das ja nicht, dass Corona nicht mehr existiert. Wir reden von einem Virus, das fünf- bis fünfzehnmal öfter mit dem Tod endet als eine normale Grippe, nur um diesen Vergleich wieder zu strapazieren. Wir reden davon, dass in unserem Nachbarland Italien 30 911 Tote zu beklagen sind (Abg. Belakowitsch: Warum ist das so?! Erklären Sie das!) – das ist nicht irgendwo, das ist direkt in unserer Nachbarschaft –, um nur ein Land zu nennen. Da wundert es mich schon, dass man sagt: Na ja.

Es verwundert mich auch, Frau Kollegin Rendi-Wagner, dass Sie als Ärztin zwar das Gesundheitssystem erwähnen, aber nicht das erwähnen, was wirklich wichtig für unsere Gesundheit ist, nämlich dass wir uns nach wie vor an Grundregeln halten: Mund-Nasen-Schutz, Abstand halten, Händedesinfektion, Hände waschen. Das bleibt uns. Das bleibt uns so lange, bis es eine Impfung gibt und bis es ein wirksames Medikament gibt. (Abg. Belakowitsch: Nein, das bleibt ...!) Das muss uns allen klar sein. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Wenn angezweifelt wird – und da unterschreibe ich auch das, was der Herr Gesund­heitsminister gesagt hat –, dass es eine zweite Welle geben könnte – ich glaube, Kollege Kickl, der gerade nicht da ist, hat das angedeutet –: Ich glaube, man sollte Menschen Glauben schenken, die es wissen, die Experten auf diesem Gebiet sind (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), nämlich zum Beispiel Prof. Müller, dem Rektor der Med-Uni Wien – ich glaube, seine Expertise steht außer Zweifel (Abg. Belakowitsch: Es gibt auch andere, die es wissen ...!) –, der in einem Interview am Sonntag gesagt hat, die zweite Welle werde sicher kommen (Zwischenruf des Abg. Loacker), es sei nur die Frage, in welchem Ausmaß sie kommt und wie wir ihr begegnen. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Wenn wir die Abstandsregeln weiter einhalten, wenn wir die Hygieneregeln weiter einhalten, dann wird es hoffentlich nicht so schlimm werden. (Abg. Belakowitsch: Das ist ein Blödsinn!)

Singapur und Südkorea kämpfen bereits mit der zweiten Welle. Sagen Sie mir einen Grund, warum wir eine Insel der Seligen und nicht betroffen sein sollten! Wir müssen gewappnet sein, wir müssen gerüstet sein. Alle Maßnahmen, die die Bundesregierung getroffen hat, wurden in wirklich beispielloser, unglaublich toller Art und Weise von der österreichischen Bevölkerung mitgetragen. Ich glaube, wir können den Menschen in Österreich nicht oft genug dafür danken, dass sie ermöglicht haben, dass diese Schritte der Lockerungen jetzt möglich sind. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischen­ruf der Abg. Belakowitsch.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll30. Sitzung, 13. Mai 2020 / Seite 30

Ab kommendem Montag wird in unseren Schulen wieder wesentlich mehr Betrieb sein. Das ist eine große Herausforderung für die Pädagoginnen und Pädagogen (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), für die Eltern und natürlich auch für die Schüle­rinnen und Schüler, unter ganz anderen Umständen wieder zurückzukehren. Ich wün­sche allen alles Gute für diesen Wiedereinstieg und bitte euch: Haltet die Regeln ein!

Ab 15. Mai gibt es wieder ein Stück Identität österreichischer Natur. Da öffnen die Wirtshäuser, Heurigen, Buschenschenken und die Restaurants (Zwischenruf des Abg. Loacker), auch unter ganz bestimmten Bedingungen und mit Unterstützung durch ein 500-Millionen-Euro-Paket der österreichischen Bundesregierung, das fördern soll, einen Neustart ermöglichen soll.

Meine Bitte: Nutzen Sie das Angebot der Gastronomie! Kaufen Sie regionale Produkte! Denken Sie aber immer daran: Es wird auf jeden Einzelnen und jede Einzelne von uns ankommen. Wenn wir uns an die Maßnahmen halten, werden wir das Virus unter Kon­trolle halten können und alle davon profitieren. Das muss unser oberstes Ziel sein. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Meine Bitte: Haben Sie vielleicht auch die Aussagen des deutschen Virologen Christian Drosten im Hinterkopf! (Zwischenruf des Abg. Vogl.) Der hat gesagt, er steht nicht da, weil er so gern im Fernsehen ist, sondern weil er als Virologe Experte ist (Zwischenrufe bei der SPÖ), und es tauchen immer mehr Menschen in seinem Umkreis auf, die irgendwann einmal Experten für irgendetwas waren, aber nicht für Virologie, und die gerade einmal ein Studentenlehrbuchwissen haben (Ruf bei der SPÖ: Besser als ...!), und die bilden den Boden für Verschwörungstheoretiker. (Abg. Kickl: ... als Histori­kerin!) Hören Sie nicht auf die! Hören Sie auf die, die wirklich etwas davon verstehen. (Abg. Belakowitsch: Sie beurteilen, wer, was ...?)

Ich hoffe, wir kommen alle gut durch diese Krise und wir schaffen das Comeback, und dieses Comeback schaffen wir nur, wenn wir alle daran arbeiten. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) – Danke dafür und bleiben Sie dabei! (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Bleiben Sie gesund! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

9.36


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Klubob­mann Leichtfried. – Bitte. (Abg. Belakowitsch: ... welcher Experte recht hat!)


9.37.03

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Dieser Vormittag ist reich an Erkenntnisgewinn, muss man sagen. Ich habe das erste Mal in meinem Leben gehört: Ja, wenn ein Gesetz zu alt ist, braucht man es nicht mehr anzuwenden. (Zwischenruf des Abg. Mahrer.) Jetzt verstehe ich den Spruch des Bundeskanzlers zur Bundesverfassung, geschätzte Damen und Herren. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das bildet sich da nämlich ab. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Steinacker. – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Kollege Wöginger mit seinen Bauverhandlungen – er ist ja schon korrigiert worden; es gibt selbstverständlich Bauverhandlungen (Zwischenruf des Abg. Haubner) –: Ich gebe Ihnen aber in einem recht: Es gibt viel weniger Bauverhandlungen. Wissen Sie, wieso? – Weil ihr die Gemeinden derzeit finanziell an die Wand fahren lasst. Das ist das Problem bei den Bauverhandlungen, nicht das Recht. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Schnedlitz.)

Geschätzte Damen und Herren! Möglicherweise haben wir die Spitze der Gesund­heitsgefährdung in Österreich hinter uns. In den Regierungszirkeln und auch in den Regierungsklubs geistert jetzt die frohe Wahrnehmung, die frohe Kunde herum: Die


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll30. Sitzung, 13. Mai 2020 / Seite 31

Menschen sind jetzt froh und freuen sich. – Geht einmal raus aus euren Elfenbein­türmen! Geht einmal zu den Leuten, dann seht ihr, dass sich niemand freut, weil das Geld, das bei Pressekonferenzen verkündet wurde, nirgends ist! Das kommt nirgends an. Die Menschen haben kein Geld, weder die, die arbeitslos sind, noch die, die ein Unternehmen haben. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Steinacker.) Nirgends kommt das Geld an.

Es kennt sich auch niemand mehr aus, was zu tun ist. Wie kann man bitte erklären, man müsse auf der Straße, in der Schule 1 Meter Abstand halten, und im Gasthaus sei es wurscht, da könne man sich an einem Tisch zu viert zusammenkuscheln? Wer soll denn das verstehen, geschätzte Damen und Herren? Niemand versteht das. Das ist Management by Chaos.

Wieso ist dieses Management by Chaos entstanden? – Es ist ja manchmal gut, wenn man Dinge erfährt. Kennen Sie die Operation Ernten der Früchte? (Heiterkeit bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)  „Ernten der Früchte“ ist heute in einer öster­reichischen Wochenzeitung relativ gut geschildert. Da kommen 1,5 Millionen Schutz­masken, 450 000 Schutzanzüge mit Flugzeugen nach Österreich, und dann beginnt die Operation Ernten der Früchte. Auftrag des Bundeskanzlers: Ich muss in den Zeitungen stehen mit: Kurz beschafft Schutzausrüstung für Österreich. (Heiterkeit bei Abgeord­neten der SPÖ.) Das hat funktioniert, ich gratuliere Ihnen! Das Problem ist nur: Die Schutzausrüstung war für Südtirol. Ja, sagt einmal, was ist mit euch los? (Beifall bei der SPÖ.) Entschuldigt bitte!

Dann ist es ja kein Wunder, dass erstens die Menschen unzufrieden sind (Ruf bei der ÖVP: Mit euch!) und zweitens ihr langsam ordentlich nervös werdet – (in Richtung ÖVP und Grüne weisend) ihr und ihr. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch. – Zwischenruf bei der ÖVP.) Deshalb ist es auch kein Wunder, und ich verstehe ja Kollegin Maurer, dass ihr das herausgerutscht ist, und ich verstehe es auch als Ausrutscher, ich nehme das nicht so tragisch.

Was dahintersteckt, ist aber schon interessant: diese Angst vor der parlamentarischen Demokratie, diese Angst, dass plötzlich nachgeschaut wird, was da passiert, diese Angst vorm Bundesrat. Ja, um Gottes willen! Sind die Bundesländer schlimm? – Nein, sind sie nicht! (Zwischenruf der Abg. Blimlinger.) Die nehmen auch ihre Aufgaben wahr. Das kann doch nicht wahr sein! (Ruf bei der SPÖ: ... schmerzfrei!) Ich verstehe es, dass man deshalb keine Oppositionsarbeit will (Abg. Maurer: ... seriös!), keine Verfassung will, ja, auch keine Öffentlichkeit will: weil da hineingeschaut wird. Deshalb verhindert ihr jetzt auch wieder diesen Coronaausschuss, da geht nichts weiter. Ist ja typisch! Wir werden aber dafür sorgen, dass ihr kontrolliert werdet, darauf könnt ihr euch verlassen, geschätzte Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsfraktionen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Und bitte, wenn ich noch auf das Epidemiegesetz, auf das alte - - Aufgrund welcher Gesetze habt ihr das denn eigentlich alles gemacht, wenn das nicht anzuwenden ist? – Nur so nebenbei. – War alles gesetzwidrig? (Zwischenruf der Abg. Maurer.) – Ent­schul­digung! Die Frage war: War alles gesetzeswidrig, was passiert ist? (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Maurer.) Kommen wir aber zurück zum Epidemiegesetz: Wir haben alles erfüllt, was die Opposition wollte. – Nichts habt ihr! Was ist mit der Befristung? Habt ihr die erfüllt? – Nein, die habt ihr nicht erfüllt. Was ist mit der genauen Definition der Inhalte? Habt ihr das erfüllt? – Nein, das habt ihr nicht erfüllt. Was ist mit dem parlamentarischen Begutachtungsprozess? Habt ihr dem Rechnung getragen? – Nein, das habt ihr nicht! (Zwischenruf der Abg. Blimlinger.) Eine Art Schwarzbegutachtung in der Regierung hat stattgefunden, und dann werden irgend­welche Zitate nach außen gespielt. Das ist aber keine Begutachtung, Herr Gesund­heitsminister, das ist nichts! (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll30. Sitzung, 13. Mai 2020 / Seite 32

Deshalb bin ich froh, dass diese Sitzung so stattfindet, wie sie heute stattfindet. Ich habe ja zuerst geglaubt, und ich war da vielleicht ein bisschen zu gutgläubig (Abg. Wöginger: Ja!), es war die Eile (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), die Notwendig­keit, schnell zu handeln, weshalb vielleicht nicht auf alles geachtet wurde, was not­wendig ist. Ich glaube inzwischen, es war Absicht. Es war Absicht, um diesen Zustand der neuen Normalität als Dauerzustand zu installieren. Ich kann Ihnen, ÖVP und Grüne, eines versprechen: Wir lassen euch das nicht durchgehen! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Fürst.)

9.42


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Prammer. – Bitte.


9.43.06

Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Mit­glieder der Bundesregierung! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Der Einspruch des Bundesrates hat bei mir unterschiedliche Reaktionen ausgelöst. (Ruf bei der SPÖ: Na geh, bei mir auch!) Es waren Respekt, Anerkennung und Unverständnis. Respekt habe ich natürlich für den Bundesrat als solchen, und dieser hat gezeigt, dass er kein bloßes Durchwinkgremium für unsere Beschlüsse ist, sondern dass er jeden einzelnen gewissenhaft prüft, und das ist für das Funktionieren unseres Systems wichtig. Ich anerkenne auch das Bemühen, die zeitliche Verzögerung durch den Einspruch in Grenzen zu halten, womöglich auch auf Kosten der Glaub­würdigkeit des eigenen Protests. Inhaltlich finde ich den Einspruch aber unverständlich, und je näher man sich ihn in den einzelnen Punkten anschaut, desto unverständlicher wird er. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Sie kritisieren, dass in der zweiten Lesung, quasi im letzten Moment ein Abände­rungs­antrag eingebracht wurde, in dem § 15, die Versammlungsregelung neu formuliert wurde. Warum war denn das so? – Weil wir bis zum letzten Moment gemeinsam daran gearbeitet haben, in jedem einzelnen Punkt Ihre Bedenken auszuräumen und die Regelung so zu gestalten, dass jedem einzelnen der vorgebrachten Punkte Rechnung getragen wurde.

Besonders bemerkenswert finde ich auch, dass die FPÖ als Hüterin der Versamm­lungs­freiheit auftritt. Ich finde das erfreulich, denn immerhin haben Sie vor Kurzem noch überlegt, demofreie Zonen einzuführen und Beschädigungen durch Demonstra­tions­teilnehmerInnen über eine Haftungspflicht zu regeln. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kickl: Was hat das eine mit dem anderen zu tun?! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Diese Argumentation, so wie sie hier geführt wurde, geht aber ins Leere, denn sie verkennt nämlich, dass eine Versammlung, die von der Versammlungsfreiheit ge­schützt ist, etwas anderes ist als eine Veranstaltung im Sinne des § 15 Epidemiegesetz. (Bei­fall bei den Grünen.)

Es ist nicht nur so, dass das nach geltendem Rechtsverständnis selbstverständlich so zu interpretieren ist, sondern das war auch schon 1913 so. Die Versammlungsfreiheit ist nämlich im Staatsgrundgesetz 1867 verankert (Abg. Kickl: Das Hausrecht auch!) und sollte schon damals das Recht garantieren, in Kundgebungen öffentlich seine Meinung zu äußern. Und schon damals gab es Veranstaltungen wie Bälle, Volksfeste, Konzerte, Theateraufführungen und so weiter, die natürlich keine Versammlungen waren. Man kann das schon anders darstellen, es ist halt einfach historisch nicht richtig. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll30. Sitzung, 13. Mai 2020 / Seite 33

Die Regelungen, die Sie beeinsprucht haben, haben zahlreiche namhafte JuristInnen als klare Verbesserung gegenüber der geltenden Rechtslage und als verhältnismäßig beurteilt. Mit Augenmaß und unter Bedachtnahme auf die jeweiligen konkreten Auf­lagen können Veranstaltungen ermöglicht werden. Ganz wesentlich ist das, um im Bereich der Kunst und Kultur und auch im Bereich des Sports wieder Darbietungen zuzulassen. Das haben Sie verzögert! (Abg. Meinl-Reisinger: ... haben wir nichts ver­zögert!)

Gleiches gilt für die Screeningprogramme: Wir konnten die Ansteckungsraten deshalb so effektiv senken, weil wir uns weitestgehend voneinander ferngehalten haben. Will man das ändern, dann braucht man andere wirksame Möglichkeiten, um Infektionen rasch eingrenzen zu können, und die bieten eben Screeningprogramme. Dazu ist es auch notwendig, Forschungen über Ansteckungswege und Verbreitungswahr­schein­lichkeiten zu ermöglichen, und das geht eben mit pseudonymisierten Daten und nicht mit anonymisierten Daten. Hat man diese Möglichkeiten nicht, gibt es wieder nur einen Ausweg: Alles zusperren (Abg. Martin Graf: Das stimmt doch gar nicht!), und das will sicher niemand. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Martin Graf: Es gibt keinen Zwang zum Zusperren! – Rufe und Gegenrufe zwischen Abge­ordneten von FPÖ und Grünen.)

Man kann immer etwas anders machen, aber anders ist nicht automatisch besser. Ich würde mir wünschen, dass wir in Zukunft zu einer Art der Zusammenarbeit finden, bei der wir im Dialog bleiben, in der wir die Standpunkte des jeweils anderen ernsthaft an­nehmen, aber auch akzeptieren können, wenn man sich nicht mit jedem Argument durchsetzt. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

9.47


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Abgeordnete Belakowitsch ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


9.47.50

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Apokalypse ist abgesagt. Ich weiß, das tut Ihnen wahnsinnig weh (Zwischenruf des Abg. Stögmüller), und deswegen erzählen Sie uns heute ja auch schon den ganzen Tag von einer angeblichen zweiten Welle. Das ist mir auch ganz klar, Herr Minister, denn aus Ihrem Ministerium ist ja sowieso nur Chaos gekommen. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Frau Minister, natürlich brauchen Sie die zweite Welle, Sie wünschen sie sich direkt herbei, auch der Herr Präsident wünscht sie sich, weil Sie damit natürlich auch politisch rechtfertigen wollen, dass Sie dieses Land in Grund und Boden geführt haben. (Neuerliche Zwischenrufe bei den Grünen.) Es gibt nämlich sonst keine Rechtfertigung dafür, meine Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf bei der SPÖ.)

Langsam lichten sich ja auch die Nebel: Es ging niemals darum, rationale Argumente zu bringen, es ging einzig und allein darum, Emotion zu streuen, Angst zu streuen, Panik zu streuen. Genau das haben Sie gemacht, und das ist so weit gegangen, dass viele Leute wirklich Angst hatten. (Zwischenruf der Abg. Gabriela Schwarz.) Es ist sehr schäbig, was Sie da unter dem Deckmantel einer angeblich furchtbaren Seuche, die Hunderttausende dahinraffen wird, wie es der Herr Bundeskanzler gesagt hat, gemacht haben. (Zwischenruf des Abg. Jakob Schwarz.)

Das ist nicht eingetreten; es war auch immer klar, übrigens auch in Ihren eigenen Expertenzirkeln, dass es niemals so weit kommen wird. Frau Kollegin Schwarz, viel­leicht sollten Sie sich den „Falter“ kaufen und die Protokolle nachlesen, falls Sie sie nicht eh kennen. Selbst Ihre eigenen Experten, die Sie hier zitieren, haben von Anfang


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll30. Sitzung, 13. Mai 2020 / Seite 34

an gesagt, dass es um ganz etwas anderes geht, nämlich darum, die vulnerablen Gruppen zu schützen. Würden Sie die Protokolle nachlesen, würden Sie es wissen. Das heißt, die politische Entscheidung, die getroffen worden ist, war eine vollkommen andere als das, was die Expertenstäbe empfohlen haben. Und jetzt machen Sie so weiter und verdrehen dieses Rad immer weiter und weiter, weil Sie wissen, dass Sie dieses Land politisch wirklich in den Abgrund führen, dass die wirtschaftliche Situation eine Katastrophe ist.

Wir haben 600 000 Arbeitslose in diesem Land, wir haben 1,3 Millionen in Kurzarbeit, von denen viele nicht wissen, ob sie jemals wieder in ihren Job zurückkönnen, ob die Betriebe überhaupt wieder aufsperren dürfen. Dazu gibt es jetzt ein hatschertes Gastropaket, das den Wirten überhaupt nichts helfen wird, denn es bringt niemandem etwas, wenn Sie jetzt die Sektsteuer senken. Dafür werden sich die Gastronomen bei Ihnen wirklich bedanken, aber diesen Ausfall an Einnahmen werden sie mit der Sektsteuer wahrscheinlich eben nicht wettmachen können. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Genau das ist aber Ihre Politik gewesen, eine Coronainszenierung, und Sie führen sie weiter. Sie kommen offensichtlich aus Ihrer eigenen Inszenierung, aus Ihrem eigenen Schauspiel gar nicht mehr heraus. Jetzt wollen Sie Schulen aufsperren, jetzt müssen alle Kinder dann mit der komischen Maske herumlaufen. Es gibt überhaupt keinen Grund dafür! Allein wenn man sich die Krankheitsfälle anschaut: Wo soll man sich denn heute bitte schön überhaupt noch anstecken bei 1 200 aktiv Kranken in diesem Land? Wo sollen sich denn die Kinder anstecken? (Zwischenruf der Abg. Gabriela Schwarz.)

Sagen Sie endlich, die Geschichte ist abgeschlossen, es ist vorbei, wir werden weiterhin auf Hygienemaßnahmen schauen, und lassen Sie die Leute endlich in Ruhe! – Es ist aus, es ist vorbei! Geben Sie den Leuten endlich ihr Leben zurück! (Zwischenruf bei der ÖVP.) Geben Sie den Unternehmen Geld, damit sie weiter­arbeiten können! (Beifall bei der FPÖ.)

Sorgen Sie, meine Damen und Herren, endlich dafür, dass die Leute nicht mehr dieses Tuch vor dem Gesicht haben müssen! Weg damit! Das ist nämlich schädlich für die Kinder, es ist schädlich für alte Menschen und für Lungenkranke. Das sollten Sie sich auch einmal durchlesen. Gleichzeitig bietet es null Schutz. Es dient einzig und allein dazu, Ihr Chaos aufrechtzuerhalten. Es dient einzig und allein dazu, den Leuten zu sagen: Oh mein Gott, wir sind in einer ganz gefährlichen Situation! (Zwischenruf bei den Grünen.) Aber das sind wir nicht, meine Damen und Herren! Gehen Sie endlich zur Wahrheit über! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich nenne Ihnen nur ein Beispiel nur weil es mir gerade einfällt: Die Stadt Radstadt hatte 24 Coronafälle, 24 Geheilte, unterm Strich null. Und jetzt erklären Sie mir, warum man dort in den Schulen, in den Kindergärten und sonst überall Maske tragen muss. Es gibt keinen Grund dafür, meine Damen und Herren.

Da Sie jetzt von dieser zweiten Welle sprechen, die aus anderen Staaten wie Südkorea plötzlich über uns hereinbricht: Die zweite Welle, das sind 1 500 Testungen. Das bezeichnen Sie als zweite Welle? – Also hören Sie auf, immer diese Geschichten zu streuen! Die Leute sind Gott sei Dank des Lesens mächtig. Es gibt auch immer mehr Journalisten, die sich dafür einsetzen, die das nachrecherchieren und veröffentlichen. Das ist Ihr Problem, das Sie in Wahrheit haben, meine Damen und Herren!

Da Sie die Wirtschaft in Grund und Boden geführt haben und es jetzt endlich dazu kommen muss, dass wir wieder ein bisschen rauskommen aus dieser Krise, nämlich aus dieser Wirtschaftskrise, in die Sie uns sehenden Auges geführt haben, stelle ich folgenden Antrag:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll30. Sitzung, 13. Mai 2020 / Seite 35

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Österreich-Gut­schein“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, jedem österreichischen Staatsbürger Gut­scheine im Wert von insgesamt 1.000.- Euro auszustellen, die bis 31. Dezember 2020 nur bei heimischen und in Österreich steuerpflichtigen Betrieben eingelöst werden können.“

*****

Das wäre für sämtliche Unternehmer, vom Hotelier über den Handwerksbetrieb bis zum kleinen Einzelhandelsbetrieb, eine wirkliche Unterstützung und eine Ankurbelung des Konsums. Damit könnte man diese ganze Wirtschaftsgeschichte in Österreich auch wieder in Schwung bringen. (Beifall bei der FPÖ.)

9.53

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten KO Herbert Kickl, Michael Schnedlitz, Dr. Dagmar Belakowitsch

und weiterer Abgeordneter

betreffend „Österreich-Gutschein“

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 4, Bericht des Verfassungsausschusses über den Einspruch des Bundesrates (153 d.B.) vom 4. Mai 2020 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 28. April 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkom­mensteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, die Bundesabgabenordnung, das Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz, das Bundes-gesetz über die Errichtung eines COVID-19-Schulveranstaltungsausfall-Härtefonds (COVID-19-Schulstornofonds-Gesetz), das Bundesgesetz über die Einrichtung einer Abbaubeteiligungsaktien­ge­sellschaft des Bundes (ABBAG-Gesetz) und das Bundesgesetz, mit dem eine Ermächtigung zur Verfügung über Bundesvermögen erteilt wird, geändert werden sowie das Bun­desgesetz über die Prüfung von Förderungen des Bundes aufgrund der COVID-19-Pandemie (COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz – CFPG) erlassen wird (18. COVID-19-Gesetz) (179 d.B.)

in der 30. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 13. Mai 2020

Die Maßnahmen der Bundesregierung im Zuge der Coronakrise führen zu einer his­torischen Wirtschaftskrise.

Mehr als 1,8 Millionen Menschen haben ihre Arbeit verloren oder haben durch die Kurzarbeit deutliche weniger Einkommen. Zigtausende Wirtschaftstreibende haben ebenfalls ihre Einkommensgrundlage verloren. Und mit all diesen Menschen auch ihre Familien!

Die österreichische Wirtschaft ist am Boden, zigtausende Betriebe wurden zwangs­ge­schlossen. Ob viele Betriebe, Gastronomiebetriebe, Touristiker, Handwerker, aber auch Dienstleister die Corona-Maßnahmen der Regierung wirtschaftlich überleben, darf angezweifelt werden. Dass die Auftragslage plötzlich wieder in die Höhe schießt, ist unwahrscheinlich. Sämtliche Wirtschaftsforscher prognostizieren eine schwere


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll30. Sitzung, 13. Mai 2020 / Seite 36

Rezession. Hand in Hand mit einer drohenden gigantischen Pleitewelle geht der Kon­sumschock.

Die österreichischen Familien und die heimischen Wirtschaftstreibenden haben nichts von Versprechungen. Von Hoffnung allein können sie nicht leben, sie brauchen jetzt konkrete Hilfe und Sicherheit.

Wenn wir die massive Pleitewellen abfedern wollen und die Kaufkraft stärken, braucht es schnelle Maßnahmen, die möglichst viele Menschen erreichen und besonders schnell die Kaufkraft österreichischer Familien stärken. Jeder Österreicher und jede Österreicherin – etwa 7,4 Millionen Menschen – soll völlig unabhängig vom Alter einen sogenannten Österreich-Gutschein in der Höhe von 1.000.- Euro erhalten. Für eine vierköpfige Familie sind das 4.000.- Euro.

Von dieser unbürokratischen Soforthilfe für österreichische Familien und heimische Betriebe in Höhe von rund 7,4 Mrd. Euro, die Arbeitsplätze sichert, die Wirtschaft ankurbelt und somit natürlich indirekt auch dem Sozialsystem zugutekommt, fließen rund 2,5 Mrd. Euro direkt in Form von Steuereinnahmen zurück in den Bundes­haushalt.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten daher nachste­hen­den

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, jedem österreichischen Staatsbürger Gut­scheine im Wert von insgesamt 1.000.- Euro auszustellen, die bis 31. Dezember 2020 nur bei heimischen und in Österreich steuerpflichtigen Betrieben eingelöst werden kön­nen.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Abgeordneter Ofenauer. – Bitte.


9.53.25

Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Sehr verehrte Zuseherinnen und Zuseher vor den Fernsehgeräten! Nachdem Herr Klubob­mann Kickl zu Beginn dieser heutigen Plenarverhandlung seine Sprachfindungs­fan­tasie unter Beweis gestellt hat und von einem „Grenzgelände zwischen Demokratie und Diktatur“ und auch von „Zwangsüberwachungen“ gesprochen hat (Zwischenruf des Abg. Martin Graf), womit er sich wahrscheinlich auskennt (Abg. Kickl: Aber erst, seitdem ich mit euch in Koalition war!), zeigt die Rede meiner Vorrednerin Kollegin Belakowitsch ein Beispiel für Realitätsverweigerung bis hin zum Realitätsverlust.

Ich kann Ihnen nur raten, meine sehr verehrten Damen und Herren: Hören Sie auf die Experten (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), nämlich auf die Experten in ihren Fachgebieten und nicht auf die Experten für eh alles, die im Grunde nur Nebelgranaten werfen, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und des Abg. Jakob Schwarz. – Abg. Kickl: Das hätten Sie tun sollen, wenn man die Protokolle liest!)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll30. Sitzung, 13. Mai 2020 / Seite 37

Diese Nebelgranaten werden auch geworfen, indem man das Instrument der tat­säch­lichen Berichtigung ins Gegenteil verkehrt. Eine Berichtigung sollte eigentlich etwas berichtigen. Im konkreten Fall haben die Kollegen Stöger und Angerer Verhandlungen und Verfahren durcheinandergeworfen, denn Bauverfahren und auch Gewerbe­ver­fahren können natürlich durchgeführt werden, nämlich die Verfahren an sich, aber mündliche Verhandlungen, die notwendig sind, wenn in einem Bauverfahren zum Beispiel ein Nachbar einen Einwand erhebt, oder sie in einem Gewerbeverfahren zu einer Betriebsanlagengenehmigung notwendig sind, waren bisher nur dann möglich, wenn dies – und ich zitiere aus dem einstimmig beschlossenen Gesetz – „zur Aufrecht­erhaltung einer geordneten Verwaltungsrechtspflege unbedingt erforderlich ist.“ Das heißt ohne Aufschub.

Natürlich sind Betriebsanlagengenehmigungen und Genehmigungen für Einfamilien­häuser für die jeweiligen Antragsteller unbedingt notwendig, doch kann man wahr­scheinlich nicht sagen, dass das für die Aufrechterhaltung der Verwaltungsrechtspflege erforderlich ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit diesem Verwaltungsrechtlichen COVID-19-Begleitgesetz sorgen wir dafür, dass mündliche Verhandlungen wieder möglich werden. Das heißt, dass Betriebsanlagengenehmigungen nach einem Lokalaugen­schein mit den Sachverständigen wieder erteilt werden können, was für unsere Be­triebe wichtig ist; das heißt, dass Wohnbaugenossenschaften wieder ihre Wohnungs­anlagen errichten können oder dass die kleinen Häuselbauer ihre Häuser genehmigt bekommen. Das ist für diese Menschen wichtig. Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, Sie haben das bisher verzögert, und wir ermöglichen das jetzt wieder. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Damit kommen wir zur Frage, warum wir überhaupt diese heutige Sitzung haben: Natürlich ist es notwendig, weil wir Beharrungsbeschlüsse fassen, aber die Begründun­gen für Ihre Einsprüche waren alles andere als plausibel und bei Weitem nicht nach­voll­ziehbar. (Zwischenruf des Abg. Vogl.)

Ich verweise nur auf die Ausführungen des Herrn Ministers Anschober zum Epide­miegesetz. Mit der Lockerung der Maßnahmen ist natürlich auch klar, dass wir diesen § 15 nachziehen müssen. Bisher gab es, wenn jemand eine Versammlung, eine Ver­anstaltung machen wollte, nur eine Möglichkeit, nämlich eben Nein zu sagen, und jetzt gibt es die Möglichkeit zu sagen: Ja, aber unter gewissen Auflagen, unter bestimmten Voraussetzungen. Die Verfassungsexperten, nämlich wirkliche Experten auf ihrem Ge­biet, sie wurden ja bereits genannt, haben alle bestätigt, dass dieses Gesetz in dieser Form in Ordnung ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Kritikpunkt der fehlenden Begutachtung, der sich durch die letzten Tage und Wochen zieht: Es ist irgendwie schon erstaunlich: Wenn es vor einer Wahl um das Verteilen von saftigen Zuckerl geht, ist auf die Genossinnen und Genossen von der SPÖ Verlass, da wird es im Eilverfahren ohne Begutachtung beschlossen, da wird am Vormittag ein Antrag eingebracht und am Nachmittag beschlossen, koste es, was es wolle, um das umzumünzen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Kollross und Matznetter.)

Aber wehe, wenn es darum geht, dass der Staat in einer Krisenzeit seine Pflicht erfüllt, wenn es darum geht, Existenzen zu sichern und dringende Steuererleichterungen zu schaffen oder unsere europäischen Partner zu unterstützen! Dann gerät diese Soli­darität auf einmal ins Wanken (neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ), und das ist alles andere als verständlich, meine sehr verehrten Damen und Herren, denn die Men­schen brauchen diese Gesetze jetzt! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll30. Sitzung, 13. Mai 2020 / Seite 38

Wenn Sie aufgepasst haben, haben Sie gehört, dass heute gesagt wurde: In einer Zeit der Krise zählt die Zeit. Natürlich ist eine ausreichende Diskussion wichtig, auch Kontrolle und Widerspruch sind wichtig, aber in diesem Fall war es wichtig, schnell und gezielt zu reagieren. (Abg. Leichtfried: Wieso sagt jemand ...?) Die Bundesregierung hat in den jetzt so kritisierten kurzen Abständen immer im Detail darüber informiert, was sie vorhatte und was letztlich dann umgesetzt wurde. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Insgesamt kann man sagen, dass da richtig gehandelt wurde. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Am Beginn der Krise hat man nämlich nach Italien geschaut. Warum? – Weil Italien massiv betroffen war und wir geschaut haben, was wir von Italien lernen können. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Jetzt aber, meine sehr ver­ehrten Damen und Herren, schaut man auf Österreich, weil sich jeder fragt, wie wir es geschafft haben, gut durch die Krise zu kommen (Zwischenruf des Abg. Leichtfried): nur indem wir zusammengehalten und richtig und schnell gemeinsam gehandelt haben.

Meine Damen und Herren, Europa nimmt sich jetzt ein Beispiel an uns, aber wir dürfen diesen Erfolg nicht leichtfertig aufgeben. Wir haben das gemeinsam geschafft, wir haben das gemeinsam durchgetragen. Wir müssen uns auch bei der gesamten Bevöl­kerung bedanken, die diese Verhaltensmaßregeln, die manchmal nicht leicht umzu­setzen sind, eingehalten haben. Wir brauchen aber auch weiterhin den Zusammenhalt, indem wir Abstand halten, um eine zweite Welle zu verhindern, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

9.59


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Scherak. – Bitte.


9.59.17

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Vielleicht kurz zum Kollegen Ofenauer: Herr Kollege, Sie haben sich an die Seite (in Richtung SPÖ zeigend) der Genossinnen und Genossen im Saal gewendet und gesagt: Immer dann, wenn es vor Wahlen schnell gehen muss, wenn es nämlich um die Zuckerln geht, braucht es keine Begutachtungen.

Herr Kollege, ich wende mich jetzt an diese Seite (in Richtung ÖVP zeigend) der Ge­nossinnen und Genossen in diesem Saal. Ich erinnere mich an die doppelte Pensionserhöhung, die Sie beim letzten Mal mit beschlossen haben; ich erinnere mich an die abschlagsfreie Frühpension, bei der die ÖVP mitgestimmt hat; und ich erinnere mich auch an die Abschaffung des Pflegeregresses ohne Gegenfinanzierung. (Zwi­schenruf bei der ÖVP.) Schauen Sie in Ihren eigenen Reihen! (Beifall bei den NEOS.)

Kommen wir aber zum Thema, über das wir heute hier diskutieren.

Wir haben ja die Diskussion hier schon öfter gehabt: Wir leben immer noch in einem Land, in dem das Parlament aus zwei Kammern besteht. Es gibt den Nationalrat und den Bundesrat, und man kann ohne Weiteres über die Rolle des Bundesrates sehr trefflich diskutieren; da stehe ich ja nicht an. Ich glaube auch, dass es nicht sonderlich sinnvoll ist, dass er nur Beharrungsbeschlüsse machen kann. (Zwischenruf des Abg. Wurm.) Er sollte entweder inhaltlich mehr verändern können, oder man sollte sich darüber Gedanken machen, ob es so sinnvoll ist. Momentan ist es aber halt einmal so, das sieht unsere Verfassung so vor. Diese beiden Kammern sind nicht ganz gleich­berechtigt, aber nichtsdestotrotz arbeiten sie gemeinsam die Gesetzgebung des Bun­des aus.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll30. Sitzung, 13. Mai 2020 / Seite 39

Es gab ja einmal eine politische Partei in Österreich, die sich immer ganz besonders der Demokratie verschrieben hat, die ganz besonders für Parlamentarismus einge­standen ist, die immer Begutachtungen eingefordert hat, die die Einbindung der Zivilgesellschaft immer groß eingefordert hat, und dann, Frau Kollegin Maurer, gab es halt diese Aussage vom „zynischen Sabotageakt“. Das war schon einigermaßen irritierend. Jetzt haben Sie gesagt, das war anders gemeint. (Zwischenruf der Abg. Maurer.) – Ich nehme einmal an, das war wirklich so, Sie haben sich entschuldigt. Stellen wir uns aber einmal vor, ein Innenminister Kickl hätte das gesagt. Der Auf­schrei, der durch dieses Land gegangen wäre – insbesondere von den Grünen –, wäre so dermaßen gewesen. Dementsprechend sollte man vielleicht besonders aufpassen, welche Worte man in den Mund nimmt. (Beifall bei NEOS, SPÖ und FPÖ. – Neuer­licher Zwischenruf der Abg. Maurer.)

Wir haben uns gefragt, worum es inhaltlich geht, und uns die Frage gestellt, ob die Ein­sprüche des Bundesrates inhaltlich gerechtfertigt sind. Es steht mir ja nicht an – der Bundesrat hat momentan eine Mehrheit aus FPÖ und SPÖ, und diese können, aus welchen Gründen auch immer, Einspruch erheben. Sie haben es aber auch inhaltlich begründet, und dazu möchte ich kurz kommen:

Kollege Loacker hat schon die Frage der Daten angesprochen. Auch dazu hat der Gesundheitsminister gesagt, da gibt es unterschiedliche Ansichten. Insofern hat der Bundesrat das also inhaltlich begründet, weil er offensichtlich unterschiedliche An­sichten als ÖVP und Grüne hat.

Dann gibt es die Frage im Zusammenhang mit den Veranstaltungen. Ich habe mir die momentane Gesetzeslage noch einmal ausgedruckt. Momentan ist es so, dass § 15 Epidemiegesetz besagt, dass die Bezirksverwaltungsbehörde „Veranstaltungen, die ein Zusammenströmen größerer Menschenmengen mit sich bringen, zu untersagen“ hat, „sofern und solange dies im Hinblick auf Art und Umfang des Auftretens einer meldepflichtigen Erkrankung zum Schutz vor deren Weiterverbreitung unbedingt erforderlich ist.“

Das soll heißen: Ich mache eine Veranstaltung und da kommen 100 Leute in einem schmalen Raum zusammen, ohne Mundschutz vielleicht. Nach der momentanen Ge­setzeslage würde die Bezirksverwaltungsbehörde sagen: Ja, das ist unbedingt erfor­derlich, um eventuell das Auftreten einer meldepflichtigen Krankheit zu verhindern, und deswegen muss ich das untersagen. – Dann würde ich mir als Veranstalter überlegen: Vielleicht mache ich die Veranstaltung anders, unter gewissen Voraussetzungen, und schaue, dass Abstand gehalten wird. Die SPÖ hat ihren Parteivorstand – ich glaube, so heißt es – mit unfassbar viel Abstand gemeinsam gemacht, und sie haben das, glaube ich, auch selber zustande gebracht, dass sie diesen Abstand halten. Dem­entsprechend hat das ja auch ohne Weiteres durchgeführt werden können. (Zwischen­ruf des Abg. Matznetter.)

In Zukunft soll es so sein, dass die Behörde nach bestimmten Ermessensdingen entscheiden kann, ob die Veranstaltung durchgeführt wird. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Anschober.) – Herr Bundesminister, jetzt ist halt das Problem, dass das eine Vertrauenssache ist. Es ist eine Vertrauenssache, Herr Bundesminister! Es waren Sie, der es geschafft hat, eine Verordnung zu erlassen, die mit ziemlicher Sicherheit ursprünglich gesetzwidrig war. Sie erinnern sich, vor dem Betreten öffent­licher Orte kann man einzelne Orte abschließen. Sie haben beschlossen, es sind alle öffentlichen Orte nicht mehr zu betreten – es war Ihr Ostererlass. (Zwischenruf der Abg. Maurer.) Es ist die Situation, dass Behörden Leute strafen, ohne dass es ge­setzliche Grundlagen gibt. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Anschober.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll30. Sitzung, 13. Mai 2020 / Seite 40

Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Da ist mir die momentane Gesetzeslage schlichtweg lieber, weil da klar ist, dass nur dann die Veranstaltung verboten werden kann, wenn es unbedingt erforderlich ist. (Zwischenruf des Abg. Jakob Schwarz.)

Wir haben vor Kurzem gehört, dass es zum Beispiel im Bezirk Reutte keinen einzigen mit Corona Infizierten mehr gibt. Es kann keinen Grund geben, dass auch nur eine einzige Veranstaltung beispielsweise im Bezirk Reutte verboten wird, denn es wird keine Möglichkeit geben, dass die Erkrankung entsprechend weitergegeben wird.

Das i-Tüpfelchen auf dem Ganzen ist die berühmte Sunsetclause. Ich höre immer wieder: Ja, das ist nicht so schlimm, denn das ist ja eine sinnvolle Änderung, die wir jetzt machen. – Ich bin der Meinung, dass man bei all diesen Maßnahmen eine Sunsetclause brauchen sollte. Sie sagen uns ja auch immer, Sie wollen das grund­legend ändern. Jetzt kann man sagen, man könnte dem glauben, dass Sie sagen, Sie wollen das grundlegend ändern, ich jedenfalls habe meine Zweifel, dass das nachher auch wieder hinausfällt.

Dann höre ich immer wieder die Expertinnen und Experten, die sich dazu gemeldet haben. Selbstverständlich sind viele oder wahrscheinlich alle von diesen anerkannte Verfassungsjuristen, aber es ist ein Unterschied, ob ich ein paar Expertinnen und Experten einlade und dazu befrage oder ob ich ein formelles Begutachtungsverfahren mache. Ich bin kein Universitätsprofessor, aber ich bin zumindest auch Verfas­sungs­jurist, und ich habe meine Zweifel, dass diese Regelung besser ist, und ich habe auch meine Zweifel, ob sie verfassungsrechtlich entsprechend hält.

Mein letzter Punkt noch: Sie haben ja gewusst, dass FPÖ und SPÖ im Bundesrat nicht zustimmen werden. Das heißt, in meinem Verständnis von parlamentarischen Frak­tionen ist es so, dass höchstwahrscheinlich die FPÖ-Nationalratsfraktion mit ihren Kollegen im Bundesrat redet und sie wahrscheinlich eine gemeinsame Meinungs­bildung machen. Ich gehe einmal davon aus, dass das die SPÖ detto gemacht haben wird. Ich weiß nicht, wie das bei den Grünen ist, vielleicht reden sie nicht mit ihren Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat. Es war also schon absehbar, dass sie nicht zustimmen werden. Sich dann zu wundern, dass man keine Mehrheit in einem Gremium kriegt, wenn man von Anfang an weiß, dass man sie nicht kriegt, ist schon einigermaßen absurd.

Da muss man halt auf die Opposition zugehen und alle – egal, wie viele es sind – Einwürfe, die die Opposition hat, auch entsprechend ändern, Frau Kollegin Maurer, denn sonst wird man keine Mehrheit kriegen. (Beifall bei NEOS und SPÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Maurer und Jakob Schwarz.) Das ist eine einfache mathematische Rechnung. Die Regierungsparteien haben keine Mehrheit im Bundesrat. Wenn sie dort eine haben wollen, dann müssen Sie mit den Forderungen, die in dem Fall SPÖ oder FPÖ haben, auch entsprechend umgehen.

Im Ergebnis ist eines klar: Die Grünen haben ja eh schon vor Wochen quasi als Rechtsstaatspartei abgedankt. Sie haben als Grundrechtspartei abgedankt, und jetzt haben Sie es auch noch geschafft, als Partei des gelebten Parlamentarismus abzu­danken. (Beifall bei NEOS und SPÖ. – Abg. Leichtfried: Das war eine recht anstän­dige Rede!)

10.06


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Stögmüller. – Bitte.


10.06.20

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll30. Sitzung, 13. Mai 2020 / Seite 41

diskutieren heute unter anderem über die Aufstockung des Anerkennungsfonds für freiwilliges Engagement. Der Herr Minister ist ja schon vorhin in seinem Redebeitrag darauf eingegangen. Dieser Fonds wird heute um 600 000 Euro aufgestockt. Dieser Anerkennungsfonds ist im Prinzip kein neuer Fonds, sondern ein bereits seit Jahren, seit 2013, bestehender Fonds, der einfach um dieses Geld aufgestockt wird.

Ich habe ja persönlich immer viel Verständnis dafür, wenn es hier im Parlament um politische Strategie geht und kann daher auch manchmal nachvollziehen, wenn aus politischem Kalkül, aufgrund von Unklarheiten, auch aufgrund von Besorgnissen Gesetze abgelehnt werden oder eben auch im Bundesrat Einspruch eingelegt wird. Nur, ganz ehrlich, was mich schon sehr überrascht, ist, dass das Freiwilligengesetz vom Bundesrat beeinsprucht worden ist, und das stößt bei mir auch auf ein gewisses Unverständnis. Natürlich freut es mich einerseits, dass dieses Thema sehr viel Platz hier im Parlament einnimmt, auch Raum bekommt und wir in letzter Zeit auch regel­mäßig den Freiwilligenorganisationen oder der Freiwilligentätigkeit danken können. Das ist natürlich sehr gut, weil man ihnen nicht oft genug danken kann. Vielen Dank allen Menschen, die sich freiwillig da draußen betätigen und freiwillig engagieren! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Hinter der Aufstockung des Anerkennungsfonds für freiwilliges Engagement steckt aber kein politisches Kalkül, sondern eine wirkliche Notwendigkeit, damit wir auch die Trägerorganisationen, die Freiwilligenorganisationen draußen über diese Krise bringen.

Ich muss mich im Zusammenhang mit der Mittelaufstockung auch immer wieder über so manche falsche Behauptung ärgern, denn dieser Fonds vergibt die Gelder im Rahmen der Richtlinien. Ich habe sie auch extra mitgenommen, man findet sie auch ganz einfach im Internet unter www.freiwilligenweb.at. (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe.) Da kann man auch finden, wie die Mittel vergeben werden.

Diese Richtlinien werden vom Freiwilligenrat beschlossen. Der Freiwilligenrat und auch die Gremien werden, wie Sie wissen, im Endeffekt von uns Parteien besetzt. Jede Partei entsendet eine Person, der Städtebund ist dabei, die Freiwilligenorganisationen sind dabei, und die entscheiden dann über die Richtlinien und auch über die Mittel­vergabe.

Weiters unterliegt – das ist für mich auch ganz wichtig – dieser Fonds den strengen Richtlinien und der Kontrolle des Rechnungshofes. Das heißt, es ist auch transparent, wo das Geld hinfließt. Es wird im Nachhinein auch offengelegt, ob die Mittel zweck­mäßig verwendet worden sind. Das ist gut und auch notwendig, und ich finde das auch großartig. Es können auch nur nachweislich Kosten, die im Zusammenhang mit Covid-19 entstanden sind, geltend gemacht werden.

Ich weiß also nicht, woran hier Kritik geübt wird. Es ist transparent, es gibt eine Zweckbindung, es sind sogar wir als ParteivertreterInnen in den Richtlinien vertreten, es ist eine Einmalzahlung. Es werden davon nicht irgendwelche Apps oder sonst irgendetwas bezahlt, was immer wieder kommt. Dieses Geld ist für die Träger­organisationen, die jetzt Covid-19-bedingte Ausfälle haben, um über diese Krise zu kommen, um sie auch nachhaltig abzusichern. Das ist auch wichtig, damit man auch das freiwillige Engagement, das Freiwillige Sozialjahr, das Freiwillige Umweltjahr und so weiter nach der Krise wieder hochfahren kann und diese Organisationen auch weiterhin diese wichtige Arbeit bewerkstelligen können.

Ich möchte Ihnen auch ein Beispiel geben: Es geht darum, dass Freiwillige ihr freiwilliges soziales Jahr gerade in einer Einsatzstelle, etwa in einem Pflegeheim, absolvieren, nun aber durch Covid-19 nicht mehr in der Einsatzstelle arbeiten können und nun auch Unterstützung über die Trägerorganisationen durch den Anerkennungs­fonds bekommen können. Mit dieser Aufstockung und Änderung kann nämlich nur die


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll30. Sitzung, 13. Mai 2020 / Seite 42

Trägerorganisation einen Antrag hinsichtlich des Taschengelds und der Verwaltungs­kosten stellen, die dann ersetzt werden. Diese Maßnahme hilft nun, dass diese Frei­willigenorganisationen abgesichert sind, die sich das sonst nicht leisten können und sonst ihre Tätigkeit auch komplett einstellen müssten. – Das wollen wir damit verhin­dern. Ich hoffe, dass diese Änderung heute nun wirklich auf breite Zustimmung stößt!

Es ärgert mich auch immer wieder – jetzt ist die Kollegin leider nicht da –, dass hier in der Debatte im Vorfeld immer wieder versucht wird, Unwahrheiten und auch Falsch­meldungen zu den geplanten Gesetzen und Gesetzesänderungen zu verbreiten. Ich erinnere mich etwa an die Aussage der Kollegin Belakowitsch dazu in der letzten Plenarsitzung. Sie hat hier gesagt, dass ihre Fraktion einer Erhöhung des Aner­kennungsfonds nicht zustimmen möchte oder kann, weil sie nicht weiß, an wen das Geld geht, und weil sie die Befürchtung hat, dass damit eine Querfinanzierung statt­findet.

Ich kann aus Sicht der FPÖ schon verstehen, dass da offensichtlich sofort der erste Gedanke ist, dass es zu irgendwelchen Querfinanzierungen kommen soll. Das war ja oft so in der FPÖ-Politik! Wir müssen uns im Zusammenhang mit der FPÖ-Ibiza-Affäre jetzt auch mit den Machenschaften und Querfinanzierungen der FPÖ beschäftigen. All das sind Punkte, mit denen wir uns beschäftigen müssen. Meiner Meinung nach haben sich diese Freiwilligen, die quasi von diesen Gesetzesänderungen abhängig sind, das aber nicht verdient, was hier passiert. Die Freiwilligen haben sich das nicht verdient, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Österreich ist ein Vorzeigeland, wenn es um das Ehrenamt und das Engagement der Ehrenamtlichen geht. Deswegen hat das im Regierungsprogramm auch einen beson­deren, hervorgehobenen Rang bekommen. Ich habe mich auch schon gemein­sam mit Kollegen Hanger von der ÖVP zusammengesetzt, wir haben gemeinsam über das Re­gierungsprogramm verschiedene diesbezügliche Initiativen gestartet und bringen heute auch folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten David Stögmüller, Mag. Andreas Hanger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Evaluierung des Freiwilligengesetzes“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird ersucht, das Freiwilligengesetz im Hinblick auf die Relevanz für alle freiwilligen Organi­sationen zu evaluieren. Dabei soll auch auf eine Überprüfung der Abgrenzung von Ehrenamt und Freiwilligenarbeit von sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung Be­zug genommen werden. Zudem soll der Ausbau von engagementfördernder Infrastruk­tur (z.B. Freiwilligenagenturen) in enger Abstimmung mit Ländern und Gemeinden (insbesondere für jüngere und ältere Menschen) vorangetrieben werden.“

*****

Wir hoffen diesbezüglich auf breite Unterstützung aus allen Fraktionen. Zeigen wir den Freiwilligen in Österreich, dass uns ihr Engagement wichtig ist und wir nicht nur lobende Worte finden, sondern auch entsprechende Taten folgen lassen! – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.13

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll30. Sitzung, 13. Mai 2020 / Seite 43

Entschließungsantrag

der Abgeordneten David Stögmüller, Andreas Hanger, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Evaluierung des Freiwilligengesetzes

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 1, Bericht des Verfassungsausschusses über den Einspruch des Bundesrates (150 d.B.) vom 4. Mai 2020 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 28. April 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bun­desgesetz zur Förderung von freiwilligem Engagement (Freiwilligengesetz – FreiwG), BGBl. I Nr. 17/2012 geändert wird (10. COVID-19-Gesetz) (176 d.B.)

Begründung

Ehrenamt und freiwilliges Engagement ist in Österreich ein hohes Gut und ein weit verbreitetes Phänomen in unserer Gesellschaft. Etwa 3,5 Millionen Österreicherinnen und Österreicher engagieren sich in irgendeiner Art und Weise freiwillig. Das ist eine große Bereicherung für unser Land. Schon  sehr früh sind Menschen in Vereinen, Organisationen, Initiativen oder in der Nachbarschaftshilfe tätig. Dieses Engagement soll gewürdigt und mit dem nötigen Respekt behandelt werden. Dieses Engagement zeigt aber auch, dass Menschen mit freiwilliger Tätigkeit  oft dort einspringen, wo Hilfe über die staatlichen Leistungen hinaus notwendig ist. Allein im Sozial- und Gesund­heitsbereich engagieren sich rund 360.000 Menschen, im Umweltbereich rund 294.000 Menschen und bei den Katastrophenhilfe- und Rettungsdiensten sind es sogar 514.000 Menschen pro Jahr. Ohne diese Menschen könnte der Staat nicht so funktionieren wie er es tut und deshalb ist es uns ein großes Anliegen diesen Bereich und die Menschen darin weiter zu stärken in ihrem Engagement, ohne gleichzeitig die nötige Verantwor­tung an diese abzuschieben.

Die Corona Krise hat uns deutlich gezeigt wie notwendig dieses freiwillige Engagement ist und wie viel Freiwillige tagtäglich leisten, um die notwendigsten Aufgaben in unserem Land aufrechtzuerhalten.  Aus diesem Grund braucht es auch eine klare rechtliche Struktur und Ausgestaltung für das ehrenamtliche Engagement. Wir beken­nen uns zur Verbesserung der rechtlichen Situation von Organisationen und ihren Freiwilligen. Weiters wollen wir die notwendige Infrastruktur schaffen, um ehrenamt­liche Tätigkeiten zu unterstützen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird ersucht, das Freiwilligengesetz im Hinblick auf die Relevanz für alle freiwilligen Organi­sationen zu evaluieren. Dabei soll auch auf eine Überprüfung der Abgrenzung von Ehrenamt und Freiwilligenarbeit von sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung Bezug genommen werden. Zudem soll der Ausbau von engagementfördernder Infra­struktur (z.B. Freiwilligenagenturen) in enger Abstimmung mit Ländern und Gemeinden (insbesondere für jüngere und ältere Menschen) vorangetrieben werden.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ausreichend unterstützt, ord­nungsgemäß eingebracht und steht somit mit in Verhandlung. (Abg. Martin Graf:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll30. Sitzung, 13. Mai 2020 / Seite 44

Wieso brauchts ihr einen Entschließungsantrag? Macht das der Anschober nicht eh von Haus aus? – Abg. Stögmüller: Aber es gibt schon Gewaltentrennung, oder? Eine Gewaltentrennung gibt es schon! – Weitere Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeord­neten von FPÖ und Grünen. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kucher. – Bitte.


10.13.29

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Sie kennen mich, glaube ich, seit einer Weile: Ich bin keiner, der gerne auf die ÖVP hinhaut und grundlos kritisiert (Heiterkeit bei der ÖVP), aber angesichts des Eiertanzes, den wir heute seitens der ÖVP beobachten konnten, kann man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen.

Ich darf daran erinnern, was in den letzten Wochen passiert ist: Als Oppositions­par­teien haben wir viele, viele Maßnahmen unterstützt. Wir haben gesagt: In dieser Krise ist es wichtig, dass die Regierung überhaupt so viel Geld zur Verfügung hat wie noch nie in der Geschichte der Zweiten Republik. Wir erwarten uns nur, das sie vernünftig damit umgeht.

Es hat Schicksale von Menschen gegeben, die uns geschrieben haben, und diese Schicksale sind uns nahegegangen: Schwerkranken älteren Menschen in Pflege­heimen hat man gesagt: Ihr dürft nicht hinaus in den Garten gehen, denn ihr könntet euch unter Umständen, wenn jemand auf der Straße spazieren geht, anstecken. Wir hatten Fälle von Menschen, die arbeiten gehen mussten, schwerkranke Angehörige zu Hause hatten und sich Sorgen gemacht haben. Was passiert mit den Angehörigen von Risikopatienten? Wir hatten Fälle, in denen sich Künstler, also erwachsene Menschen, bei ihren eigenen Eltern Geld ausborgen mussten, weil sie kein Geld mehr auf dem Konto hatten, damit sie für ihre Kinder am Wochenende überhaupt noch Lebensmittel einkaufen konnten.

Die Reaktion der Regierungsparteien war immer: Mischt euch da nicht ein! Wir haben alles im Griff. Wir sind die Weltmeister und haben alles im Griff. Wir sind die Profis, die alle durch diese Krise in Österreich führen! – Ihr seid über die Oppositionsparteien drübergefahren. Euch war die Kritik völlig egal. Christoph Matznetter ist hier gestanden und hat flehentlich gerufen: Lasst die kleinen Unternehmen nicht im Stich! Kämpft um jeden Arbeitsplatz! – Er hat gefleht und gebeten, dass wir um die Arbeitsplätze kämpfen, euch war das egal. Wir haben aber gewusst, dass dieser Bürokratiepfusch, den die Wirtschaftskammer und der Wirtschaftsbund jetzt betreiben, dazu führt, dass kleine Unternehmen massive Probleme bekommen werden. Das haben wir vorher gewusst. Euch war das jedoch egal. Euch war das egal. (Abg. Schmidhofer: Stimmt nicht! Stimmt nicht!)

Heute stellt sich Klubobmann Wöginger her und macht auf einmal einen auf Ischgl zwei und erzählt denselben Schmäh, den wir schon einmal erlebt haben. Betreffend Ischgl war es nämlich auch so, dass Sebastian Kurz gesagt hat: Herr Platter ist ein super Krisenmanager. – Dann ist er draufgekommen, dass einigen sozusagen die Gier doch wichtiger war als Menschenleben: Rund um Ischgl haben sich einige – das werden wir noch aufklären – gedacht, dass sie noch ein Geschäft machen werden.

Kurz hat dann gesagt: Das hat mit der Regierung nichts zu tun, das ist Tirol, das ist nicht Herr Kurz. – Und in Tirol hat man dann gesagt: Die Regierung, der Platter, kann nichts dafür; das ist die Bezirksverwaltung, und der Bürgermeister ist schuld. – Ganz zum Schluss waren dann der Gastwirt beziehungsweise am Ende gar der Gast schuld. So kann es nicht funktionieren, wenn irgendetwas nicht funktioniert, dass alle anderen schuld sind, nur nicht diejenigen, die gewählt wurden und die Verantwortung über­neh-


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll30. Sitzung, 13. Mai 2020 / Seite 45

men! So geht es nicht! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ und NEOS.)

Noch ein Punkt: Genau das, wovor ich gewarnt habe, zeigt, wie weit ihr von mensch­lichen Schicksalen weg seid. Bevor nämlich die Helden des Alltags, die Leute, die in den Supermärkten gestanden sind, die Kassiererinnen und Kassierer, und die Leute in der Pflege in den Krankenhäusern, nur einen einzigen Cent bekommen haben, heißt es bei der ÖVP schnell: Die Champagnerpartys sind das Problem. Für die Cham­pagnerpartys der Freunde von Sebastian Kurz muss die Steuer runter. Der Cham­pagner muss fließen, da muss die Steuer reduziert werden. – Was ist das für eine Maßnahme? Das ist weltfremd! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Schaut auf die kleinen Menschen, auf die Angestellten in Österreich! Wenn die breite Masse der Bevölkerung Geld in der Hosentasche hat, wenn die Leute sich einen Kaffee leisten und wenn sie ins Gasthaus gehen können, dann lebt die Wirtschaft, aber nicht von euren Champagnerpartys. Was ist das für ein absurdes Modell?! (Beifall bei der SPÖ.)

Noch ein Punkt, weil jetzt Protokolle aufgetaucht sind: Wir alle haben die Aussagen von Sebastian Kurz erlebt: 100 000 Menschen werden sterben. (Bundesminis­te­rin Edtstadler: Gott sei Dank, dass nicht!) Bis heute wissen wir nicht, Herr Bun­desminister, wer die Expertinnen und Experten sind, die das auch gesagt haben. Legen Sie das auf den Tisch! Wo sind diese Protokolle konkret? Wir erfahren etwas heute im „Falter“ und in den vergangen Wochen von Frau Mei-Pochtler. Wir werden verhindern müssen, dass diese Sachen vertuscht werden. Wir haben alle noch im Hinterkopf, wie schnell – keine Ahnung, ob der damalige Herr Bundeskanzler Sebastian Kurz seine Leute beauftragt hat oder nicht – Sachen geschreddert werden.

Ich bitte Sie, Herr Bundesminister Anschober: Sorgen Sie dafür, dass nicht durch Sebastian Kurz und das Bundeskanzleramt veranlasst wird, dass Protokolle ver­schwin­den oder abgeändert werden! Die Bevölkerung hat ein Recht darauf, im Nachhinein alles zu erfahren, was wirklich passiert ist. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Letzter Punkt: Damit die Fehler jetzt nicht noch einmal wiederholt werden, darf ich im Namen meiner Kollegen Kollross, Köchl und Schroll einen Entschließungsantrag zur Unterstützung der Gemeinden in Österreich einbringen.

Es geht um die wirksame finanzielle Hilfe für Gemeinden und Städte durch die Bun­desregierung. Dieser Antrag liegt Ihnen allen hier vor. Es geht um die Aufforderung, dass der Herr Finanzminister ehestmöglich auch die finanziellen Mittel im Rahmen dieses Budgets zur Verfügung stellt, dass die Gemeinden die wichtigen Aufgaben von Kinderbetreuung, Rettung, Feuerwehr, Schulen, Finanzierung der Krankenhäuser auch tatsächlich durchführen können.

Ich ersuche wirklich darum, dass wir hier die Gemeinden nicht im Stich lassen und man die wichtigen Aufgaben auch in Zukunft ermöglicht. Bitte geben wir uns alle miteinan­der einen Ruck und sorgen wir dafür, dass auch der Finanzminister endlich munter wird und die Gemeinden unterstützt! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte den Antrag verlesen! Der Antrag muss ver­lesen werden. (Abg. Steinacker: Schon genau lesen! – Abg. Zarits: Das muss man lesen! Wenn es so wichtig ist, muss man das lesen!)


Abgeordneter Philip Kucher (fortsetzend): Ich bringe den Antrag somit ein:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll30. Sitzung, 13. Mai 2020 / Seite 46

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „wirksame finan­zielle Hilfe für Gemeinden und Städte durch die Bundesregierung“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufge­fordert, dem Nationalrat ehestmöglich, spätestens jedoch zur Beschlussfassung des Budgets für 2020 im Mai diesen Jahres, einen Gesetzesvorschlag vorzulegen, mit dem der Bund den Gemeinden die sinkenden Ertragsanteile sowie die reduzierten Ein­nahmen aus der Kommunalsteuer abgilt, und zusätzlich ein Konjunkturpaket für Ge­meinden zur Umsetzung von Projekten für die Ankurbelung der örtlichen Wirtschaft finanziert wird, damit die vollständige Aufrechterhaltung der Gemeindeleistungen für die ÖsterreicherInnen und Österreicher in der Krise und der anschließenden Phase der wirtschaftlichen Erholung finanziert werden kann.“

*****

Nun habe ich diesen Entschließungsantrag noch ganz formell eingebracht. (Beifall bei der SPÖ.)

10.19

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Philip Kucher, Andreas Kollross, Klaus Köchl, Alois Schroll, Genos­sinnen und Genossen

betreffend

wirksame finanzielle Hilfe für Gemeinden und Städte durch die Bundesregierung

eingebracht im Zuge der Debatte zu Top 4 Bericht des Verfassungsausschusses über den Einspruch des Bundesrates (153 d.B.) vom 4. Mai 2020 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 28. April 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ein­kommensteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, die Bundesabgabenord­nung, das Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz, das Bundesgesetz über die Errichtung eines COVID-19-Schulveranstaltungsausfall-Härtefonds (COVID-19-Schulstornofonds-Gesetz), das Bundesgesetz über die Einrichtung einer Abbaubeteiligungs­aktiengesell­schaft des Bundes (ABBAG-Gesetz) und das Bundesgesetz, mit dem eine Ermäch­tigung zur Verfügung über Bundesvermögen erteilt wird, geändert werden sowie das Bundesgesetz über die Prüfung von Förderungen des Bundes aufgrund der COVID-19-Pandemie (COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz - CFPG) erlassen wird (18. COVID-19-Gesetz) (179 d.B.)

Begründung

Die aktuell größte Gesundheitskrise unserer Zeit hat gravierende Auswirkungen auf das Leben der Österreicherinnen und Österreicher, weder sind derzeit die gesund­heitlichen noch die wirtschaftlichen Folgen abschätzbar. Bedingt durch die Maßnah­men der ÖVP/Grüne-Bundesregierung, insbesondere Betretungsverbote für Betriebe, die die Einnahmen der Unternehmen wegbrechen lassen, stieg die Zahl die Arbeits­losenzahlen und in Kurzarbeit befindlichen Menschen dramatisch an. Diese Entwick-


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll30. Sitzung, 13. Mai 2020 / Seite 47

lungen haben auch massive Auswirkungen auf die Gemeindefinanzen und treffen die Bevölkerung daher doppelt.

Die Ertragsanteile und die Kommunalsteuer sind die wichtigste Einnahmequelle für Gemeinden und hängen wesentlich von der wirtschaftlichen Gesamtlage ab. Die Finan­zierung zahlreicher kommunaler Dienstleistungen ist gefährdet, diese müssen aber aufrecht erhalten werden, insbesondere jene, welche die Menschen zur leichteren Be­wältigung der Krise benötigen. Gemeinden können sich nicht mit jenen Möglichkeiten, die den Ländern und dem Bund zur Verfügung stehen finanzieren. Nicht nur der gut ausgebaute Sozialstaat, sondern auch die Leistungen der Gemeinden und deren Angebote für die Bürgerinnen und Bürger haben in der Krise eine wesentliche stabili­sierenden Funktionen. Gemeinden und Städte brauchen eine wirksame Abgeltung des finanziellen Ausfalls der Coronakrise. Kommunen sind für Kinderbetreuung, Rettungs- und Feuerwehrwesen, Schulerhaltung, Spitalsfinanzierung, Abwasser- und Wasserver­sorgung und vieles mehr zuständig.

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufge­fordert, dem Nationalrat ehestmöglich, spätestens jedoch zur Beschlussfassung des Budgets für 2020 im Mai diesen Jahres, einen Gesetzesvorschlag vorzulegen, mit dem der Bund den Gemeinden die sinkenden Ertragsanteile sowie die reduzierten Ein­nahmen aus der Kommunalsteuer abgilt, und zusätzlich ein Konjunkturpaket für Ge­meinden zur Umsetzung von Projekten für die Ankurbelung der örtlichen Wirtschaft finanziert wird, damit die vollständige Aufrechterhaltung der Gemeindeleistungen für die ÖsterreicherInnen und Österreicher in der Krise und der anschließenden Phase der wirtschaftlichen Erholung finanziert werden kann.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Jetzt ist der Antrag ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit auch mit in Verhandlung.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung ist Abgeordneter Hörl zu Wort gemeldet. – Bitte. (Oh-Rufe bei der SPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Was willst denn da noch berichtigen?!)


10.19.45

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Abgeordneter Kucher hat in dem Teil der Rede, der verständlich war – der Großteil der Rede war ja nicht zu verstehen –, behauptet, bei Landeshauptmann Platter wäre die Gier wichtiger als die Gesundheit.

Ich berichtige tatsächlich: Das war zu keinem Zeitpunkt während der gesamten Krise in Ischgl der Fall. Wir haben innerhalb von drei Tagen, innerhalb von 36 Stunden das Land von 250 000 Gästen und Mitarbeitern geleert (Zwischenrufe bei der SPÖ), die Gäste nach Hause geschickt, obwohl im ganzen Land in nur zwei Skigebieten ein Coronafall bekannt war. (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)  Hören Sie also auf, solche Unterstellungen zu verbreiten, Herr Abgeordneter Kucher! Das ist eine Ungeheuerlichkeit! (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei der SPÖ: Das war eine tatsächliche Bestätigung!)

10.20



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll30. Sitzung, 13. Mai 2020 / Seite 48

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet hat sich Bundesministerin Edtstadler. – Bitte.


10.20.50

Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt Mag. Karoline Edtstadler: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Hohes Haus! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher vor den Fernsehgeräten! Covid-19, die Coronakrise hat uns alle vor riesige Herausforderungen gestellt und in eine noch nie dagewesene Ausnahmesituation gebracht. Ja, es war notwendig, rasch zu handeln. Es war notwendig, den Menschen die Ernsthaftigkeit der Situation, die Tödlichkeit dieses Virus vor Augen zu führen. Ja, es war auch möglich, in diesem Haus Einigkeit über alle Parteigrenzen hinweg zu schaffen, und dafür möchte ich Ihnen danken, denn als Ver­fassungsministerin sage ich Ihnen: Gerade in Zeiten der Krise ist es notwendig, dass der Rechtsstaat funktioniert, gerade in Zeiten der Krise müssen demokratische und rechtsstaatliche Prinzipien eingehalten werden, und das haben das österreichische Parlament und die österreichische Bundesverfassung auch gezeigt. Dafür ein großes Danke an Sie alle! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ein ebenso großer Dank gilt aber vor allem den Menschen, die sich an die Vorgaben der Bundesregierung gehalten haben. Ihrer Disziplin ist es zu verdanken, dass wir heute eine positive Entwicklung haben, dass die Infektionszahlen zurückgegangen sind und nur ganz wenige Neuinfektionen dazukommen, dass das Gesundheitssystem funk­tionsfähig geblieben ist und dass wir jetzt Schritt für Schritt zu einer neuen Normalität kommen können.

Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, erfordert aber Anpassungen auch in den Gesetzen, die Sie schon einstimmig in diesem Hohen Haus beschlossen haben. Ja, es ist immer eine Abwägungsfrage zwischen dem Schutz der Gesundheit und der Einschränkung von Grund- und Freiheitsrechten, und diese wollen wir mit den vor­gelegten Gesetzen eben auch zurücknehmen. Die Gesundheitskrise ist noch nicht überwunden, da darf man nicht einem Trugschluss erliegen, und ja, es liegen gerade im wirtschaftlichen Bereich noch große Herausforderungen vor uns, das ist uns allen klar. Gerade deshalb aber braucht es diese Anpassungen.

Als Verfassungsministerin sage ich Ihnen auch: Ich will so rasch wie möglich in diesem Lande wieder Begutachtungsverfahren sehen. Warum? – Legistik ist ein komplexer Prozess, ich war selbst mehr als drei Jahre lang Legistin. Es soll möglichst allen Men­schen die Möglichkeit gegeben werden, sich mittels einer Stellungnahme in Begutach­tungsverfahren einzubringen. In dieser Ausnahmesituation aber war es schlicht und ergreifend zeitlich nicht möglich, diese Begutachtungsverfahren durchzuführen, und die Menschen vertrauen auf Sie als Vertreterinnen und Vertreter der Bevölkerung Öster­reichs, dass Sie die notwendigen Schritte setzen.

Ich darf nur darauf verweisen, dass wir im Verfassungsausschuss zweimal eine inten­sive, ins Detail gehende Debatte mit dem Leiter des Verfassungsdienstes hatten, in der wir Ihre Anregungen, auch und insbesondere diejenigen der SPÖ, aufgegriffen und mittels Abänderungsantrag noch Änderungen vorgenommen haben. Ich verstehe dieses Misstrauen ehrlich gesagt nicht ganz, da ich weiß, dass der Verfassungsdienst, insbesondere im Tagesordnungspunkt 3, auch Legist war und nicht nur Stellungnah­men abgegeben hat. Deshalb, denke ich, ist es höchst an der Zeit, diese Gesetze jetzt hier in diesem Haus zu beschließen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich möchte noch auf einen Punkt eingehen, weil dieser heute einige Male genannt worden ist: die Verwaltungsverfahren. Herr Abgeordneter Angerer hat gesagt, es sei auch jetzt möglich, mündliche Verhandlungen durchzuführen. – Ich kann nur jeden bit-


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ten, auch die Bürgermeister sowie jeden, der ein Verwaltungsverfahren leiten oder darin Verantwortung übernehmen muss, sich die jetzige Gesetzeslage, die noch in Kraft ist, bis die Gesetze in Kraft treten, die Sie heute hoffentlich beschließen werden, anzuschauen. Darin steht nämlich, dass derartige Verhandlungen nur durchgeführt werden können, „soweit dies zur Aufrechterhaltung einer geordneten Verwaltungs­rechtspflege unbedingt erforderlich ist“. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Wurm: Ja, eh! Das ist eine Drohung! – Zwischenruf des Abg. Deimek.)

Da frage ich mich, wenn man sich den Schutz der Gesundheit vor Augen hält, ob etwa eine von Abgeordnetem und Klubobmann Wöginger genannte Baubewilligungsver­handlung unbedingt erforderlich ist. Genau das ist aber der Grund, warum in der neuen Gesetzesvorlage drinnen steht, dass es im Ermessen der Behörde liegen sollte, eine Verhandlung durchzuführen und ob Mund-Nasen-Schutz zu tragen und Abstand zu halten ist.

Das ist es, was wir jetzt an Gesetzen brauchen, damit wir Stück für Stück zu dieser neuen Normalität zurückkommen können. Darum geht es jetzt, denn die Funktions­fähigkeit des Rechtsstaates muss aufrechterhalten werden, und daher bitte ich Sie in diesem Sinne wirklich, diesen Gesetzespaketen auch heute breit zuzustimmen. – Vie­len Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenrufe der Abgeordneten Amesbauer und Wurm.)

10.26


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Neumann-Hartberger. – Bitte.


10.26.33

Abgeordnete Irene Neumann-Hartberger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Geschätzter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kolle­gen! Die Änderung des AMA-Gesetzes bezüglich der Beschlussfassung des Verwal­tungsrates und des Kontrollausschusses via Umlaufweg und Videokonferenz ist lediglich eine Klarstellung. Da die Agrarmarkt Austria eine juristische Person öffent­lichen Rechts ist, wäre sie im Zuge der bereits beschlossenen Covid-19-Gesetze betreffend die Möglichkeit, Umlaufbeschlüsse und Videokonferenzen abzuhalten, durch den Rost gefallen. (Ruf: Durch den Rost gefallen!)

Es ist für mich absolut unverständlich, dass diese lediglich technische Anpassung an andere Gesetzeslagen, noch dazu mit einer Fallfrist per Jahresende, abgelehnt wurde. Für mich als Bäuerin ist es enorm wichtig, dass die Agrarmarkt Austria auch in Krisen­zeiten die Handlungsfähigkeit in ihren turnusmäßigen Gremien bewahrt.

Die AMA ist als zentrale Schaltstelle für die Ausgleichszahlungen der landwirtschaft­lichen Betriebe und jetzt auch für die Abwicklung des Härtefallfonds für Bäuerinnen und Bauern zuständig. Ihr Wirkungsbereich ist eindeutig durch das AMA-Gesetz definiert, und sie hat zusätzlich übertragene Wirkungen des Bundesministeriums für Landwirt­schaft zu erfüllen.

Die AMA wird oftmals wegen ihrer Aufgabe als Kontrollorgan kritisiert. Verbesserungs­potenzial gibt es immer, und wir setzen uns jederzeit für praxistaugliche Lösungen ein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Die Agrarmarkt Austria agiert aus meiner Sicht in Zusammenarbeit mit den Land­wirt­schaftskammern umsichtig und ordnungsgemäß. Das bestätigen die niedrigen Anlas­tungen seitens der EU und auch die im Vergleich zu anderen Ländern niedrige Fehler­quote im Bereich der landwirtschaftlichen Förderabwicklung.


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Die bisher übliche Beratungstätigkeit sowie die technische Hilfestellung und Unter­stüt­zung bei der Mehrfachantragstellung in den Landwirtschaftskammern waren aufgrund der verpflichtenden Distanzregelungen deutlich eingeschränkt. Dankenswerterweise wurde die Frist für die Beantragung für 2020 auf Initiative unserer Bundesministerin Elli Köstinger bis zum 15. Juni verlängert. Genau diese Ausgleichszahlungen sind es nämlich, die für unsere landwirtschaftlichen Betriebe existenzsichernd sind, und uns allen hat die Krise gezeigt, wie wichtig eine Versorgung mit Lebensmitteln im eigenen Land ist und wie notwendig deshalb der Erhalt unserer bäuerlichen Betriebe für Öster­reich ist.

Covid-19 hat uns alle verändert, hat uns große Herausforderungen beschert und verursacht auch in der Landwirtschaft größte Probleme. Die Krise hat uns aber auch gezeigt, wie enorm wichtig es ist, sich flexibel und schnell auf neue Situationen einzu­stellen, um eine Handlungsfähigkeit in allen Bereichen zu garantieren, und es gibt durchaus auch positive Erfahrungen, die wir aus der Krise in eine zukünftige Arbeitswelt mitnehmen können, womit ich wieder beim Thema Umlaufbeschlüsse und Videokonferenzen ankomme.

In vielen Bereichen, bei Gremien, Verhandlungsrunden und Zusammenkünften kann ein Onlinemeeting niemals ein restloser Ersatz für ein persönliches Treffen sein, aber durchaus eine zusätzliche, wichtige Komponente im gesamtheitlichen Kommunika­tions­prozess. Dies ist ein positiver, zukunftsweisender Vorwärtsschritt in eine digitale Welt des 21. Jahrhunderts. In Zeiten wie diesen, in denen Zeitdruck herrscht, die Ressourcenschonung und die Nachhaltigkeit auch im Sinne von CO2-Neutralität besonders wichtig sind, werden sich Videokonferenzen und Umlaufbeschlüsse mit Sicherheit neben Präsenzbesprechungen etablieren.

Die Adaptierung des AMA-Gesetzes in diese Richtung ist dringend notwendig, um für heute und morgen für die Konsumentinnen und Konsumenten die geordnete Ver­sor­gung mit unseren heimischen Lebensmitteln, den Erhalt unserer bäuerlichen Land­wirtschaft und damit auch die Grundlage für den österreichischen Tourismus abzu­sichern, und deshalb rufe ich nochmals zur breiten Zustimmung auf. Es geht um unser aller Versorgung und Zukunft. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Jakob Schwarz.)

10.31


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Amesbauer ist zu Wort ge­mel­det. – Bitte.


10.31.10

Abgeordneter Mag. Hannes Amesbauer, BA (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Ja, wir haben hier heute ein sonderbares Schauspiel erlebt, nämlich insofern, als sich Natio­nalratsabgeordnete der ÖVP und der Grünen darüber echauffieren und beleidigt sind, dass eine Sitzung des Nationalrates stattfindet. Oh, wie grausam, meine Damen und Herren!

Die ganze Debatte ist von Anfang an scheinheilig, das wissen wir. Es war natürlich auch klar: Es gab diesen sogenannten nationalen Schulterschluss, der ja, aufgrund der Tatsache, dass Sebastian Kurz andere Meinungen nicht zugelassen hat, andere Mei­nungen pauschal als dumm abqualifiziert hat und seinen Weg als einzig alternativlosen dargestellt hat, nicht lange gedauert hat.

Ja, man kann am Beginn so etwas machen. Es war nicht unvernünftig, dass man einmal sagt: Wir verschaffen uns einen Überblick, wir gewinnen ein paar Tage Zeit. Militärisch gesprochen kann man vielleicht auch sagen, man beurteilt die Lage. Diese


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Lage muss man aber immer wieder neu beurteilen und aus gewonnen Erkenntnissen, die es ja auch gibt, neue Schlüsse ziehen.

Was aber machen Sie? – Sie haben nach wie vor kein wahres Exitszenario, Sie treiben es auf die Spitze. Sie treiben es vor allem mit der Maskentragepflicht auf die Spitze. Diese wird immer mehr ausgeweitet statt reduziert. Das ist in Wahrheit das Symbol Ihrer Krise, das ist das Symbol der Angst, der Angst, die gezielt geschürt wurde, als Sebastian Kurz vor 100 000 Toten gewarnt hat, wofür es keinen Beleg gibt (Abg. Steinacker: Gott sei Dank ...!), als Sebastian Kurz behauptet hat, dass jeder jemanden kennen wird, der an Corona gestorben ist. Er wollte, dass jeder Mensch Angst davor hat, dass seine Eltern beziehungsweise seine Großeltern krank werden oder sterben. Das ist schäbig, meine Damen und Herren, das ist letztklassig! Das ist eine ganz miese Art und Weise, wie da Politik betrieben wird! (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, denken Sie auch an die Wirtschaft – gerade die angebliche, die ehemalige Wirtschaftspartei ÖVP –, was Sie der Wirtschaft zugemutet haben, was Sie den Gastwirten zugemutet haben! Ich glaube, zum Anspringen der Konjunktur wird diese Maskenpflicht auch nicht gerade beitragen, weil sie das Kauferlebnis massiv beeinträchtigt. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Sie sagen immer, die Bevölkerung trägt das mit so großer Begeisterung mit. Das ist mitnichten der Fall. Die Bevölkerung trägt das mit, weil sie es mittragen muss. Wenn ich verpflichtet bin, in gewissen Gebäuden die Maske aufzusetzen, dann tue ich das ja nicht freiwillig. Sie nötigen Kinder, Schulkinder, die Masken zu tragen, obwohl das nicht nur kontraproduktiv und medizinisch sinnlos ist, sondern in vielen Fällen auch gefähr­lich ist.

Ich war letztens Gott sei Dank wieder in der Lage, mir die Haare schneiden lassen zu können, und da hat mir die Friseurin auch gesagt, wie sehr die Berufsgruppe der FriseurInnen zum Beispiel unter dieser Maskenpflicht leidet, weil sie den ganzen Tag die Masken aufhaben müssen, wobei die feinen Haare mit der Luft, die man die ganze Zeit aus- und einatmet, bei den Zwischenräumen hineinkommen. Das kann ja nicht Sinn und Zweck der Übung sein.

In der Gastronomie (Zwischenruf der Abg. Steinacker), wo es um Geschwindigkeit geht, wo man von einem Tisch zum anderen hechten muss, mit größeren Abständen, wo die Wege länger werden, haben die Gastwirte jetzt schon Angst davor, dass das Servicepersonal einen 8-Stunden-Tag oder länger nicht durchhält. Das kann es also nicht sein.

Diese Maskenpflicht ist Ihr Symbol der Angst. Schaffen Sie diese so schnell wie möglich ab! Jeder, der die Maske freiwillig tragen will, kann das natürlich tun. Man kann auch darüber nachdenken, Risikogruppen mit Masken auszustatten, die tatsächlich auch einen Eigenschutz bieten, aber bitte, tun Sie dieses Symbol weg! (Beifall bei der FPÖ.)

Geben Sie den Menschen endlich Zuversicht! Sie sind nach wie vor als apokalyptische Reiter unterwegs. Der Nationalratspräsident ist sich vor seiner Glaskugel sogar sicher, dass es zur zweiten Welle kommt. Es scheint ja so, als würden manche in der ÖVP die zweite Welle nahezu herbeisehnen. Wir tun das nicht. Wir wollen vernünftig vorgehen, wir wollen verantwortungsbewusst vorgehen. Dazu gehört aber nicht, dass man die Angst, die geschürt wurde, aufrechterhält. Es gibt nach wie vor viele ältere Menschen, die sich aufgrund der Politik, die Sie betrieben haben, nicht außer Haus trauen. Beenden Sie das! Geben Sie den Menschen Zuversicht, geben Sie den Menschen Hoffnung, und lassen Sie endlich die Wirtschaft wieder leben! (Beifall bei der FPÖ.)

10.35



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll30. Sitzung, 13. Mai 2020 / Seite 52

Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Astrid Rössler. – Bitte.


10.35.39

Abgeordnete Dr. Astrid Rössler (Grüne): Geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher vor den Bildschirmen! Lassen Sie uns über Zuversicht reden! Ich greife gerne das Wort meines Vorredners auf und darf auf die Kritik eingehen, die die vorliegenden Gesetzesbe­schlüsse, nämlich konkret die Verfahrensgesetze, betrifft.

Alle, die in den letzten Wochen durch die Stadt oder durch ihre Gemeinden gegangen sind, werden den Unterschied deutlich gespürt haben: wie ruhig es war, keine Ge­schäfte, keine Cafés, keine Gasthöfe waren offen. (Abg. Schnedlitz: Das war das Ziel!) Jetzt beginnt es sich wieder zu öffnen. Wie wohltuend das ist! Man sieht die Aktivitäten, man sieht Geschäfte wieder offen, man sieht sogar Menschen, die sich anstellen, weil sie sich freuen, wieder in ihre bekannten Geschäfte gehen zu können. (Abg. Lausch: Reden Sie weiter! Das ist super! – Abg. Schnedlitz: Bitte reden Sie ...!) Es gibt Zuversicht, dass wir wieder einen Schritt in die gewohnte und ersehnte Normalität zurückkommen.

Genau diesen Schritt der Wiederöffnung beeinspruchen Sie und verzögern genau diesen wichtigen Teil, nämlich die Wiederaufnahme des Verhandlungsbetriebs bei den Verwaltungsbehörden. Es geht um die wichtigsten Teile der Verwaltungstätigkeiten, nämlich darum, Verfahren fortführen zu können, um sie abzuschließen, im Sinne von mündlichen Verhandlungen, Lokalaugenscheinen. Das geht nur in einer bestimmten Abstimmung und unter den Sicherheitsvorkehrungen, die wir derzeit brauchen.

Diese Maßnahmen sind Verhaltensregeln in Bezug auf Abstand, Mund-Nasen-Schutz und/oder als Ergänzung oder Alternative eben eine Videokonferenz. Das sind ganz entscheidende Schritte, um den Verhandlungsbetrieb wieder aufnehmen zu können und – dies zur Klarstellung – auch zur Erhaltung aller Parteienrechte. Diese Bestim­mung wurde sogar noch verbessert, indem man eine längere Einspruchsfrist und sogar die Möglichkeit festlegt, unter Einbeziehung der Verhandlungsschrift als Nachbar, als Verfahrenspartei seine eigenen Interessen und Rechte wahrzunehmen. Es ist eine Verbesserung gegenüber dem Status quo, und daher ist es so bedauerlich, dass ge­nau diese Verbesserung von Ihnen beeinsprucht wurde. (Abg. Schnedlitz: Wie scha­de!)

Es geht konkret um die Bauverfahren, um Anlagenrecht, um Betriebserweiterungen, aber auch um die in ländlichen Bereichen so wichtigen Wasserrechtsverfahren, Natur­schutzverfahren, Forstverfahren. Die können nicht stattfinden, wenn die mündliche Verhandlung, sofern sie für erforderlich erklärt wurde, nicht durchgeführt werden kann. Das ist ein für mich nicht nachvollziehbarer Fokus Ihrer Kritik, auf die Rechte der Verfahrensparteien gerichtet, aber Sie übersehen dabei die Rechte der am meisten Betroffenen, nämlich der Antragsteller/Antragstellerinnen, Projektwerber/Projektwerbe­rinnen, die dringend darauf warten, dass die Verfahren fortgeführt und abgeschlossen werden.

Was dabei zu kurz kommt, ist das Vertrauen in das Grundwesen des Verwal­tungs­verfahrensgesetzes, das sehr stark das Ermessen und auch die Serviceorientierung der Behörden zum Mittelpunkt macht, genau jener Behörden, die auch eine Anlei­tungspflicht haben, die die Amtswegigkeit in ihren Verfahren integriert haben, die für einen Interessenausgleich zu sorgen haben. Das alles ist dem Wesen des Ver­wal­tungsverfahrens inhärent, und daher ist es so besonders wichtig, dass diese Verfahren wieder aufgenommen werden können.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll30. Sitzung, 13. Mai 2020 / Seite 53

Zum Schutz sind ausreichende Maßnahmen in diese Regelung einbezogen worden, aber bitte, bitte beenden Sie mit uns diesen Stillstand! Ermöglichen Sie, dass die Ver­fahren wieder aufgenommen werden können! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Die mündliche Verhandlung und der Lokalaugenschein sind zwei ganz wichtige Be­standteile des Verfahrens, die nicht abgehalten werden können, wenn Sie dieses Ge­setz weiterhin verzögern. Die Diskussion geht an den eigentlichen Argumenten vorbei; es sind aus meiner Sicht instrumentalisierte Einwände, die so klingen, als würde sich etwas verschlechtern. In Wahrheit reden wir über eine eklatante Verbesserung, eine Wiederöffnung, um endlich diesen Stillstand zu beenden. – Bitte stimmen Sie diesem Gesetz zu! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.40


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Selma Yildirim. – Bitte.


10.40.23

Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschir­men! Vor acht Wochen, da ging es um das Leben und die Gesundheit der Bevölkerung in diesem Land, und ja, wir als SPÖ haben so wie alle anderen Oppositionsparteien einer Reihe von Sammelgesetzen zugestimmt, obwohl uns die Art und Weise und das, was in diese Sammelgesetze hineingepackt war, zutiefst zuwider waren. Es war aber wichtig, die Gesundheit und das Leben der Menschen in Österreich im Fokus zu be­halten. Nach acht Wochen könnte man aber sagen, dass die Erste-Hilfe-Maßnahmen erfolgreich waren, der Patient überlebt hat und stabil ist, und das ist auch gut so.

Sehr geehrte Damen und Herren! Meine VorrednerInnen, speziell von der ÖVP-Frak­tion und den Grünen, betonten auch im Hinblick auf die Verwaltungsverfahrensgesetze immer wieder, dass mündliche Verhandlungen verzögert werden oder nicht realisiert werden können, bis eben Normalität einkehrt. Sehr geehrte Damen und Herren, reden Sie in der Fraktion nicht mit den Regierungsmitgliedern? Sehr geehrte Frau Ministerin, reden Sie nicht mit der Justizministerin Alma Zadić? Die hat es ermöglicht. Natürlich sind die mündlichen Verhandlungen auch per Video möglich, aber eben mit Zustim­mung der Betroffenen, und diese Zustimmung fehlt uns im Verwaltungsverfahren. (Zwischenruf der Abg. Steinacker. – Weiterer Zwischenruf bei der ÖVP.) Das ist eine weitere Beschränkung von Parteienrechten, die wir so nicht hinnehmen können. Darum geht es, und deswegen haben wir entsprechende Anträge gestellt, die Sie einfach negieren. Das ist ganz wichtig, weil auch Standesvertreter sowie Rechtsanwen­derin­nen und Rechtsanwender sehr wohl Bedenken geäußert haben. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Gerstl.)

Ich bin immer wieder fasziniert, wenn Sie Expertinnen und Experten aus dem Ausland zitieren. Ja sagen Sie einmal, haben die Österreicherinnen und Österreicher, haben die Menschen in diesem Land es nicht auch verdient, dass sie von Expertinnen und Experten ruhig und in aller Klarheit mit guten Erklärungen, mit Vertrauen und Respekt informiert werden, warum welche Maßnahmen ergriffen werden? Es gab unzählige Pressekonferenzen der Regierungsparteien. Wo waren denn die Expertinnen und Experten? Ja, Sie weisen zu Recht auf Deutschland hin und zitieren Experten. Die hätte ich mir für dieses Land gewünscht, anstatt dieser PR-Geschichten. Ich sage Ihnen das in aller Deutlichkeit! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe das Gefühl, Sie versuchen krampfhaft den Angstpegel hoch zu halten (Abg. Zarits: Geh bitte!), und das lehnen wir ab. Das ist unwürdig! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gabriela Schwarz: ... zu verharmlosen!)


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Ich sage Ihnen noch etwas: Frau Klubobfrau Maurer hat sich entschuldigt für den Zynismussager, Sabotagesager. – Das war anständig von Ihnen, aber im nächsten Schritt haben Sie den Parlamentarismus wieder degradiert und sagten, dass das irgendwelche Tricksereien sind, wenn Geschäftsordnungsregeln eingehalten werden. Tricksereien haben Sie gesagt, und was haben Sie noch gesagt? Also ich habe meinen Ohren kaum getraut: Formalismen! – Frau Maurer, ich bitte Sie, kehren Sie zurück zum Parlamentarismus, respektieren Sie die gewachsene liberale Demokratie in diesem Land! (Beifall bei der SPÖ.)

Und Sie, sehr geehrte Damen und Herren von den Regierungsparteien, fordere ich wirklich auf: Kehren Sie zurück zur demokratiepolitischen Normalität! Die Menschen in diesem Land wollen keine türkis-grüne neue Abnormalität – Entschuldigung! –, Nor­malität, sondern echte Normalität, in der mit den hart erkämpften Rechten von Bürge­rinnen und Bürgern wieder sorgfältig und bedächtig umgegangen wird. Bitte machen Sie Schluss mit überschießenden Gesetzen, machen Sie Schluss mit Panikmache und Politik der Angst, machen Sie Schluss mit der Beschneidung von Grund- und Freiheits­rechten und versuchen Sie, endlich ein wenig auf die Vernunft und das Verant­wor­tungsbewusstsein der Menschen in unserem Land zu bauen, dann können Sie mit der von Ihnen geforderten Unterstützung unsererseits immer rechnen! (Beifall bei der SPÖ.)

10.45


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Jakob Schwarz. – Bitte.


10.45.09

Abgeordneter Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Begründung der Einsprüche zu den Vorlagen des Finanzministeriums gehen SPÖ und FPÖ insbesondere auf das Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz und das COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz ein, und ich würde mich dazu gern auch selbst kurz äußern.

Zum Ersten, zum ZaBiStaG: Worum es uns da geht, ist, dass wir in der öster­reichi­schen Wirtschaft und im Tourismus sehr stark davon abhängig sind, was in der rest­lichen Europäischen Union geschieht. Italien ist unser zweitwichtigster Handelspartner, und die Entwicklungen in der Europäischen Union können uns nicht egal sein. Jetzt gibt es auf europäischer Ebene endlich eine Einigung zumindest auf drei Instrumente – dieses Dreisäulenmodell –, mit denen sich europäische Länder gegenseitig unter­stützen können und ein gewisses Sicherheitsnetz geschaffen wird.

Die Änderung im ZaBiStaG soll ermöglichen, dass der Finanzminister die Ermäch­tigung bekommt, den vereinbarten österreichischen Betrag einzuzahlen. Jetzt wird kritisiert, dass nicht klar ist, wofür diese Mittel verwendet werden. Es ist natürlich klar, dass die entsprechenden EU-Verordnungen noch in Ausarbeitung sind, aber es gibt eine politische Einigung, und die ist auch öffentlich kommuniziert. Es ist klar, es geht in einem Fall darum, dass Kurzarbeitsmodelle in den verschiedenen Mitgliedsländern unterstützt werden sollen, und bei den Erhöhungen der Beiträge für die Europäische Investitionsbank geht es darum, dass man KMU unterstützt.

Insofern verstehe ich also den Einwand nicht, und insbesondere bedrückt und ent­täuscht mich – von der FPÖ ist man es ja gewohnt, dass europäische Solidarität keine große Rolle spielt –, dass ihr von der SPÖ euch da auch dagegen ausgesprochen habt.

Zum Zweiten: Zur Frage der Förderungsprüfung ist jetzt kritisiert worden, geht die Hauptkritik – insbesondere auch wieder vonseiten der FPÖ – in die Richtung, dass wir


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zu langsam auszahlen, dass der Härtefallfonds und der Corona-Krisenfonds nicht schnell genug sind und die Förderungen nicht ankommen. Genau deshalb haben wir ja versucht, die Vergabe auf verschiedene Institutionen aufzuteilen. Das ist auch der Grund, warum es die Wirtschaftskammer für den Härtefallfonds, die Cofag für den Corona-Krisenfonds und so weiter gibt. Die Kontrolle führt das Finanzamt, die Finanzverwaltung durch. Das macht auch vollkommen Sinn. (Zwischenruf des Abg. Silvan.) Das macht Sinn im Sinne der Aufteilung von Kapazitäten, damit man schneller ist, das macht aber auch Sinn - - (Abg. Yildirim: Sie haben die Bürokratie aufge­bauscht!) – Das ist ja keine Bürokratie! In der Cofag sind zehn neue Leute dazu­gekommen, das Organigramm kann man auf einer Seite aufzeichnen. Das ist ja keine Bürokratie (Beifall bei Grünen und ÖVP), sondern eine ganz normale sinnvolle Vor­gangsweise, um Kontrolle aufzuteilen – Vergabe und Kontrolle separat (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Yildirim–, um Kapazitäten zu schonen und auch die Mitarbei­terinnen und Mitarbeiter, die dort arbeiten und unter extremer Belastung stehen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Insofern ist mir auch da vollkommen unverständlich, was Sie mit Ihrer Verzögerung bezwecken wollen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Yildirim.)

10.48


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Christian Drobits. – Bitte.


10.48.32

Abgeordneter Mag. Christian Drobits (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundes­minis­terin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Keiner bleibt auf der Strecke, koste es, was es wolle! Das war das Versprechen, das war der Appell, das war auch die An­kündigung der Bundesregierung, insbesondere des Bundeskanzlers.

Ich frage Sie nun nach acht Wochen: Wurde dieses Versprechen punkto Freiheit, punkto Arbeitslosigkeit, punkto Datenschutz, punkto finanzieller Unterstützung einge­halten? – Meine Antwort ist und viele Antworten von Österreicherinnen und Öster­reichern sind klar: Nein! – Warum? – Wir haben die Situation, dass Gesetze schnell durchgepeitscht werden, wobei im Endeffekt grundsätzlich keine Begutachtung erfolgt. Unter dem Tarngewand wird auch versucht, in Bezug auf den Datenschutz durchzu­winken.

Wir haben die Situation, dass wir 550 000 Arbeitslose haben, um 198 000 mehr als letztes Jahr, und wir haben die Situation, dass mit den in Kurzarbeit befindlichen Menschen insgesamt 1,8 Millionen Menschen Existenzängste haben.

Wir haben eine Sicherheitsfalle, die Videokonferenz heißt und heute im 12. COVID-19-Gesetz im Artikel 2 wahrscheinlich von den Regierungsparteien beschlossen wird, wonach der persönliche Kontakt von Menschen bei den Verwaltungsverfahren nicht mehr erwünscht ist und die Videokonferenz vom Ausnahmefall zum Regelfall wird. (Abg. Gerstl: So ein Schwachsinn!)

Deshalb sage ich, dass die Grundsätze der Verfassung und auch jene der Frei­heitsrechte stark eingeschränkt werden. In weiterer Folge betrifft es auch den Daten­schutz, weil der Datenschutzrat als solcher torpediert wird.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, das Ärgste aber, was nicht eingehalten wird, sind die finanziellen Unterstützungen für Klein- und Kleinstunternehmen. Diese Unter­nehmen haben keinen Cent, es staubt aus ihrer Westentasche, und sie bekommen im Endeffekt nichts, sie müssen warten. Denen wurde das Epidemiegesetz als Grundlage


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dafür, dass sie entschädigt werden, ausgehebelt. Viel versprochen, nichts gehalten, Herr Bundeskanzler! (Beifall bei der SPÖ.)

Hohes Haus! Ja, Corona ist eine Herausforderung. Österreich hat im Reflex ein Zu­sammenrücken geschafft, aber wir haben auch das Thema, dass die Bundesregierung zwar reagiert, aber uns nicht mitagieren lässt. In der Gesetzgebung, im Prozess wer­den wir in der Debatte ausgehebelt, das Parlament wurde auf ein Minimum geschrumpft (Abg. Prinz: Wer hat so einen Blödsinn aufgeschrieben?), und im Endeffekt werden Eilgesetze ohne Begutachtung durchgewinkt.

Das beste Beispiel ist für mich die Stopp-Corona-App des Roten Kreuzes. An und für sich ist es eine positive Initiative, aber wenn man genau schaut, ist es nunmehr verdächtig geworden, weil sich Souffleure aus der dritten Reihe wie Mei-Pochtler oder vielleicht auch andere Experten hineingedrängt haben. Wenn etwas verdächtig ist, wird es aber nicht mehr angenommen; das heißt, die Menschen, die Österreicherinnen und Österreicher, wollen dieses verdächtige Instrument nicht mehr.

Deshalb raten wir nochmals – der Herr Bundesminister ist nicht da –, dass wir in die­sem Punkt ein Gesetz machen, in dem die freiwillige Teilnahme geregelt wird und auch die rechtlichen Rahmenbedingungen dieser Apps hineingeschrieben werden, sonst ist das für uns ein No-Go.

Wir müssen aber auch vor der demokratischen Auseinandersetzung Achtung haben, und ich muss sagen: Wenn unserem Bundeskanzler in der „Neuen Zürcher Zeitung“ vorgeworfen wird, „autoritäre Züge“ zu haben und im Endeffekt das Gesetz und das Recht in Österreich locker zu nehmen, dann ist das ernst. Da bin ich beim Altkanzler Bruno Kreisky, der gesagt hat, eine Durchflutung der Gesellschaft mit Demokratie ist wünschenswert, und dafür steht die Sozialdemokratie. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir wollen nicht – so wie es auch Kollege Kickl gesagt hat –, dass eventuell ein zweiter Virus mutiert. Wir befürchten nämlich, dass ein zweiter schon heranschleicht, nämlich der Demokratievirus. Den wollen wir nicht! (Abg. Zarits: Geh Christian! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

In weiterer Folge vielleicht von meiner Seite her noch ein Appell: Ich fordere wirklich eindringlich, dass wir heute diesen Einsprüchen des Bundesrates Rechnung tragen und den Parlamentarismus wiederum stärken und nicht schwächen. Deshalb sage ich auch: Die demokratische Auseinandersetzung darf niemals, schon gar nicht in Krisen­zeiten, mundtot gemacht werden, sie darf niemals verstummen! – Danke für Ihre Auf­merksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

10.53


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Josef Smolle zu Wort. – Bitte.


10.53.55

Abgeordneter Dr. Josef Smolle (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Minis­terin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist heute schon ein paarmal angesprochen worden: Die Maßnahmen, die in Österreich nicht nur gesetzt, sondern so breit getragen worden sind, haben sich als erfolgreich erwiesen. Wir stehen, was die Pandemie betrifft, in gesundheitlicher Hinsicht sehr gut da und brauchen einen Vergleich mit anderen Ländern nicht zu scheuen.

Ich verstehe es, dass jetzt auf einer derartigen Stufe, obwohl wir uns noch immer auf einem schmalen Pfad bewegen, uns auf einer Gratwanderung befinden, auch die Dis­kussionen wieder heftiger werden – das ist demokratische Normalität. Und doch gibt es immer wieder Aussagen, die mich entweder verwundern oder auch entsetzen. Aus-


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sagen, die mich verwundern, sind, wenn man einfach so tut, als gäbe es das Covid-19-Virus nicht, als gäbe es weltweit diese Pandemie mit Hunderttausenden Toten nicht, als wäre das alles etwas, das an Österreich einfach vorbeiginge und was wir nun ignorieren könnten. Diese Aussagen verwundern mich.

Die Aussage jedoch, dass es hier Menschen gäbe, die traurig darüber sind, dass die Katastrophe nicht eingetreten ist, oder die sich eine neue Welle herbeiwünschen, ist eine derart unfassbare Unterstellung, die ich im Namen von allen, die wir hier Verant­wortung tragen, auf das Schärfste zurückweise. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abge­ordneten Prammer und Jakob Schwarz.)

Unsere Bundesregierung und unsere Behörden handeln in Form informierter Ent­scheidungen nach Anhörung der Expertinnen und Experten, die – wen wundert es? – nicht immer einer Meinung sind. (Abg. Schnedlitz: ... zeigt, dass es nicht ...!) Ich halte mir dabei weniger vor Augen, welch klingende Titel da und dort dabeistehen, sondern ob die getätigten Aussagen fachlich fundiert dem Sachverstand gehorchen und mit den Zahlen, den Erkenntnissen, den Fakten kompatibel sind.

Es gibt natürlich Bereiche, in denen es noch nicht ausreichende Evidenz gibt. Ich nenne da nur ein Beispiel: Ist der Abstand von 1 Meter, 2 Metern, 5 Metern oder 10 Metern der ideale? Da wird wohl niemand eine Versuchsreihe starten, um das aus­zutesten. Was können wir machen? – Maßnahmen setzen, gezielt und achtsam Maß­nahmen lockern und genau beobachten, was geschieht; und auch über den Tellerrand hinausschauen, was andere Länder machen und wie es sich dort auswirkt.

Einfach nur zu glauben, na, das geht ja alles von allein wieder weg, jetzt kommt die wärmere Jahreszeit und alles ist wieder geklärt, ist, möchte ich einmal sagen, etwas kurzsichtig; denn beobachtet man es international, so haben alle Länder, die spät oder nicht reagiert haben, die gleichen Probleme, egal in welcher Klimazone sie angesiedelt sind – das als einfaches Faktum dazu.

Nun ist es so, dass wir in Phasen der schrittweisen Öffnung sind. Diese schrittweisen Vorgangsweisen haben einen wesentlichen Sinn, da man nach etwa vierzehn Tagen gut abschätzen kann, wie sich eine Lockerungsmaßnahme ausgewirkt hat. Man kann dann auch gut abschätzen, welche der konkreten Maßnahmen nun welchen Wert hat und weiter haben muss. So können wir auf einem sicheren Weg in ein Wiedererstarken unserer Wirtschaft gehen.

Natürlich ist das von Diskussionen begleitet, und ich als Quereinsteiger in der Politik bin manchmal wirklich überrascht darüber, wie heftig Diskussionen ablaufen, aber ich denke, das war auch immer so.

Wir feiern heuer 75 Jahre Zweite Republik, und wenn man das betrachtet, erkennt man, dass das trotz verschiedener Krisen, die es gegeben hat, eine fast lückenlose Erfolgsgeschichte ist. Schaut man es sich historisch an, muss man feststellen, dass auch jene Politikerinnen und Politiker, die heute über die Parteigrenzen hinaus anerkannte Größen sind, zu ihrer Zeit heftig umstritten waren. Heute in der Rückschau wissen wir aber, dass diese Politikerinnen und Politiker sehr vieles sehr richtig gemacht haben. Ich bin überzeugt, dass solch ein Urteil auch über die heutige Zeit getroffen werden wird. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Prammer und Jakob Schwarz.)

Das sind unsere stärksten Assets: eine Regierung, die klar entscheidet, Behörden, die mit Augenmaß transparent und solide agieren, eine entsprechende Verwaltung. Das größte Asset ist aber unsere Bevölkerung, das sind unsere mündigen Bürgerinnen und Bürger, die aus Einsicht und Verantwortungsbewusstsein diese Maßnahmen tragen, diese Lockerungen mit uns gemeinsam gehen werden und damit die Voraussetzung


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dafür schaffen, dass wir als Österreich sozial und wirtschaftlich wiedererstarken und gesundheitlich auf der richtigen Seite bleiben. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Prammer und Jakob Schwarz.)

10.59


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Gerhard Kaniak zu Wort. – Bitte.


10.59.35

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Liebe Kollegen Abgeordnete! Hat man der Rede meines Vorredners zugehört, dann glaubt man tatsächlich, dass wir in Österreich in einer heilen Welt sind und alles tatsächlich perfekt gelaufen ist. (Zwischenrufe der Abgeordneten Manfred Hofinger und Sieber.)

Die heutige Sitzung, deren Notwendigkeit und auch die Art und Weise, wie es zu dieser Sitzung gekommen ist, zeigen aber, dass diese heile Welt, dieser gelebte Parlamen­tarismus und diese funktionierenden Systeme vonseiten der Regierungsparteien durch­aus infrage gestellt werden.

Wie kam es denn dazu, dass wir uns heute wieder hier zusammengefunden haben und über Gesetze diskutieren, die wir im Vorfeld schon sehr intensiv besprochen haben? – Wir haben eine Expertenrunde gehabt, in der sich die Opposition eingebracht hat und wesentliche Kritik an den jetzt zurückgeworfenen Gesetzen geübt hat. Wir haben eine Ausschussbehandlung gehabt, bei der wir diese Kritik erneuert und bestätigt haben. Wir haben eine erste Plenarsitzung gehabt, in der wir die Kritik erneut angebracht haben. Es gab eine Bundesratssitzung, und jetzt stehen wir heute hier – es ist insge­samt quasi zum vierten Mal, dass sich die entsprechenden Gremien damit beschäf­tigen –, und wieder fährt die Regierung über die berechtigte Kritik der Opposition drüber. Das sind nicht die Demokratie und das demokratische Verständnis, wie ich sie von einer Regierung in Österreich erwarte. (Zwischenruf der Abg. Steinacker.)

Schauen wir uns noch einmal etwas genauer an, welche Gesetze es sind, die zurück­geworfen werden! Es geht ja nicht nur um den ominösen § 15 im Epidemiegesetz, der heute schon öfter diskutiert worden ist – der übrigens nicht ein Paragraf ist, der der Erleichterung von Veranstaltungen dient, sondern der grundsätzlich einmal ein Verbotsparagraf ist –, sondern es sind ja noch ganz andere Sachen in diese Gesetzesmaterie hineingepackt, die mindestens genauso streitwürdig sind.

Wir reden davon, dass ein Gesundheitsregister angelegt werden soll, das datenschutz­rechtlich nicht abgeklärt ist. Wir reden davon, dass persönliche Kontaktdaten der Bürger gesammelt werden sollen, Handynummern, E-Mail-Adressen. Und über den nächsten Schritt haben wir nämlich auch nicht geredet: Was soll denn mit diesen Daten passieren? – Es geht darum, dass dann eine telefonische Bescheidzustellung an unsere Bürger erfolgen soll, über die ein 48-stündiger Hausarrest angeordnet werden kann, des Weiteren in § 32 eine Einschränkung bei den Ersatzansprüchen der Unter­nehmer.

All diese Dinge sind in dieses Gesetz hineingepackt, wurden von uns mehrmals hin­tereinander in jeder Sitzung beanstandet. Und dann können sich Kollegin Maurer, Herr Bundesminister Anschober und auch Herr Klubobmann Wöginger herstellen und sagen, alle Einwendungen der Opposition sind berücksichtigt worden? – Ich sage, das ist Zynismus pur und blanker Hohn, mit dem Sie uns da begegnen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich meine, einem Argument kann ich mich als Gesundheitspolitiker anschließen: Die Gesundheit hat für die Politik eine sehr, sehr hohe Priorität. Das sollten wir bei allen Entscheidungen immer berücksichtigen. Ich gebe auch Bundesminister Anschober


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recht, wenn er sagt, dass die Gesundheitskrise nicht beendet ist. Wir haben hier aber eine unterschiedliche Sicht der Dinge, denn die Gesundheitskrise, die jetzt noch besteht, liegt nicht an der bestehenden Gefahr durch den Coronavirus oder durch die aktuellen Infektionsfälle, sondern die Krise in unserem Gesundheitssystem besteht dadurch, dass wir zwei Monate lang einen Lockdown in unserem Gesundheitssystem gehabt haben, in dem die Österreicher und Österreicherinnen keine reguläre Gesund­heitsversorgung mehr gehabt haben. Die Folgeschäden, die aus diesen Maßnahmen, aus diesem Lockdown des Gesundheitssystems für die Österreicher und Österreiche­rinnen entstehen, werden um ein Vielfaches höher sein als das, was der Coronavirus angestellt hat, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Deshalb appelliere ich abschließend an Sie: Hören Sie auf mit dieser Politik der Angst! Agieren Sie faktenbasiert und stoppen Sie diesen Coronawahnsinn! – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

11.03


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Christian Ragger. – Bitte.


11.03.14

Abgeordneter Mag. Christian Ragger (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Geschätzte Damen und Herren! Unser geschätzter Bundes­präsident hat einmal einen klaren Satz formuliert, nämlich über die Schönheit der Ver­fassung und welche Möglichkeiten sie in sich birgt.

Ich glaube, wir waren alle überzeugt davon, dass wir am 15. März, als wir hier zusam­mengesessen sind, einen ganz klaren Auftrag und eine ganz klare Formulierung ge­habt haben, nämlich hier einen maximalen Schulterschluss zwischen den einzelnen Fraktionen zu erzielen, um diese Krise zu bewältigen. Jeder von uns wird Ihnen, liebe ÖVP, auch zugestehen, dass wir alle durchaus interessiert, bewegt und überzeugt davon waren, diese Lösung auch herbeizuführen. Doch dass Sie es geschafft haben, aus diesem Schulterschluss Misstrauen, Ungunst und heute eine Verzweiflung der österreichischen Bevölkerung herbeizuführen, lag einzig und allein in Ihrer Hand. Ich möchte Ihnen aufzeigen, was Sie nämlich in diesen sechs Wochen angestellt haben.

Sie sind am 15. März hier gestanden und haben gesagt, wir müssen dieses Epidemie­gesetz ändern, weil es zwingend notwendig ist, damit wir die Bevölkerung schützen. Sie haben der Bevölkerung zu keinem Zeitpunkt klargemacht, dass diejenigen, die heute zu Hunderttausenden auf der Straße sitzen, die zu Hunderttausenden ihr Unter­nehmen verloren haben, keinen Rechtsanspruch haben.

Liebe Frau Verfassungsministerin, Ihnen muss es bei dem, was wir heute hier im zwei­ten Anlauf beschließen, letztendlich ja die Nackenhaare verkehrt aufziehen. Sie haben die Schönheit der Verfassung benutzt und sind mit einem schottischen Breitschwert auf einen Bonsaibaum losgegangen, um letztendlich diese Verfassung auszuhebeln. Sie haben es geschafft, in sechs Wochen jegliche rechtliche Anspruchsgrundlage, die in der Verfassung festgelegt ist, zu missbrauchen, ob das das Vereinsgesetz, die Versammlungsfreiheit, das Veranstaltungsrecht war. (Beifall bei FPÖ und SPÖ.)

Selbst jetzt wird man bei Ihrem Gesetz nicht schlauer daraus! Ich zitiere aus dem Gesetz, weil Sie der Opposition sowieso nie etwas glauben. Wir brauchen gesetzliche Bestimmungen, die determiniert sind – das lernt man in der ersten Vorlesungsstunde bei uns in der Juristerei an jeglicher Universität –, und dann schreiben Sie gesetzliche Determinierungen hinein, nämlich das „Zusammenströmen größerer Menschen­men­gen“. Was ist das Zusammenströmen größerer Menschenmengen? – Erklären Sie mir,


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wie Sie das in einem Verwaltungsverfahrensgesetz, in einem Verwaltungsstrafgesetz festmachen möchten!

Ich gebe Ihnen ein zweites Beispiel, nämlich die Abstandsregeln. Wird es bei einer Verhandlung, wenn man die eineinhalb Meter nicht einhalten kann, einen Bescheid geben, der dann anfechtbar ist, oder nicht? – Das heißt, Sie haben in Ihrem Gesetz Regeln aufgestellt, die man nicht nachvollziehen kann, und damit lösen Sie auto­matisch eine weitere Möglichkeit aus, dass man zum Verfassungs- und Verwaltungs­gerichtshof gehen muss. Das haben Sie bis dato alles verabsäumt. Sie sind aufgrund mangelnden Expertenwissens, weil Sie es auch außer Acht gelassen haben, nicht in der Lage, klare Regelungen für die österreichische Bevölkerung zu schaffen. Letzt­endlich müssen Sie sich im Klaren darüber sein, dass Sie das am Ende des Tages zu verantworten haben.

Kommen Sie daher zurück zum Parlamentarismus, kommen Sie zurück zur Begut­achtung und lassen Sie auch das Parlament legistisch arbeiten! – Danke. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.07


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hermann Brückl. – Bitte.


11.07.12

Abgeordneter Hermann Brückl, MA (FPÖ): Frau Präsident! Sehr geehrte Frau Bun­desminister! Hohes Haus! Dieses Parlament hat dem Bildungsminister vor einigen Wochen eine Verordnungsermächtigung erteilt, gültig bis zum 30. September 2021. Wir haben damals bereits gewusst, dass das zu einem Management by Chaos, zu einem Management by Faßmann führen wird und dass das fortgesetzt wird. Wir wurden in unserer Kritik bestätigt. Was sich derzeit im Bildungsbereich abspielt, ist in Wirklichkeit unglaublich, und da darf man sich nicht wundern, dass Gesetze be­einsprucht werden.

Hunderttausende – Eltern, Lehrer, Schüler – sind davon betroffen, dass diese Regie­rung für diesen noch nie da gewesenen Wahnsinn vor allem auch im Bildungsbereich sorgt. Ich darf das vielleicht noch einmal chronologisch ein bisschen beschreiben. Es geht hier um unsere Kinder, um unsere Schüler – wohlgemerkt. Sie haben damit be­gonnen, dass Sie Angst und Furcht erzeugt haben, dass diese Regierung Schreckens­bilder in die Köpfe der Menschen gemalt hat, unsere Kinder seien die Seuchenüber­träger, sie seien die Todbringer schlechthin. Besuche bei Oma und Opa wurden ihnen verboten – oder doch nicht? – Man weiß es nicht so genau, der Herr Gesundheits­minister hat das ja dann im Nachhinein irgendwie wieder anders gesagt. Wir haben unsere Schulen zugesperrt, wir haben unsere Kindergärten abgesperrt und wir haben unsere Kinder weggesperrt.

Das alles war am 16. März, da hat es begonnen, und seither hat man sich offenbar nur sehr, sehr wenig Gedanken darüber gemacht, wie wir die Bildungseinrichtungen, wie wir unsere Schulen wieder öffnen können. Anders wäre dieses Chaos, das wir jetzt im Bildungsbereich haben, nicht zu erklären.

Das beste Beispiel dafür stellt dieses vor Kurzem veröffentlichte Hygienehandbuch dar. Wir zwingen unsere Kinder, am Schulweg Masken zu tragen – im Übrigen die einzige Bevölkerungsgruppe, der wir das zumuten –, und wir wissen nicht, was wir damit unseren Kindern, diesen kleinen Menschen, überhaupt antun, wie sich das auf die Zukunft, auf das weitere Leben dieser jungen Kinder, dieser jungen Menschen aus­wirkt.


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In den Kindergärten ist es faktisch unmöglich, den Abstand einzuhalten. Kinder brauchen soziale Wärme, Kinder brauchen Zuneigung, Kinder brauchen Körperkontakt. Es gibt kein Spielen, es gibt kein Laufen, es gibt auch in den Volksschulen lediglich den Zwang, in den Pausen die Maske zu tragen, aber es gibt keinen Turnunterricht.

Liebe Regierungsparteien, lasst unsere Kinder Bewegung machen! Öffnet unsere Sportstätten, öffnet unsere Sportplätze und hört auf mit diesem Coronawahnsinn! Hört auf, diesen Maskenball weiterzuführen! (Beifall bei der FPÖ.)

Die Menschen haben genug davon. Sie nehmen euch das auch nicht mehr ab.

Ihr braucht auch nicht ständig Rechtfertigungen dafür zu suchen, dass ihr Fehler ge­macht habt. Das kann so sein, aber ihr braucht euch nicht dafür zu rechtfertigen, dass ihr Angst und Panik verbreitet habt, dafür, dass ihr die Überwachungsapp gefordert habt, dafür, dass ihr immer wieder auch Zwangsimpfungen ins Gespräch gebracht habt, dafür, dass ihr darüber gesprochen habt, dass es einen Grenzgang zwischen Demokratie und am Rande der Diktatur geben wird, und so weiter. Ihr braucht euch nicht dafür zu rechtfertigen, dass ihr immer wieder mit einer zweiten Welle gedroht habt. Hört auf, die Menschen zu demoralisieren, gebt ihnen Zuversicht, gebt ihnen Hoffnung und beendet diesen Coronawahnsinn! (Beifall bei der FPÖ.)

11.10


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Michael Schnedlitz. – Bitte.


11.10.46

Abgeordneter Michael Schnedlitz (FPÖ): Frau Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sie zeigen heute eindrucksvoll, dass das Chaos weitergeht und dass der Regierungswahnsinn weitergeht. Da hilft es auch nichts, sehr geehrte Kollegen von den Grünen, dass Sie jetzt mit diesen Happy-peppy-Regenbogenmasken dasitzen, während Sie über die Bevölkerung das soziale und wirtschaftliche Unwetter herein­brechen lassen.

Sehr geehrte Damen und Herren, auch diese Masken werden fallen, so wie auch die Ungleichbehandlung von der Bevölkerung längst durchschaut wurde. Mich hat gerade vorhin jemand aus der Justizanstalt Korneuburg angerufen und mir mitgeteilt, dass die Grenze zur Slowakei für diejenigen völlig offen ist, die einfach einen Häftling besuchen wollen – wahrscheinlich aus Dank für den Schaden, den er unserer Republik zugefügt hat –, während es die Beschränkungen der Reisefreiheit weiterhin gibt. Es würde mich interessieren, was Ihre Justizministerin und der Innenminister dazu sagen, dass so etwas, nämlich so eine Ungleichbehandlung, möglich ist.

Sehr geehrte Damen und Herren, vieles hat sich gezeigt, und zwar frei nach dem Motto: Zeig mir deine Freunde, und ich sage dir, wer du bist. Während Sie von den Grünen bereits den Freund Hörl mit seiner Aussendung kennengelernt haben, haben die Österreicherinnen und Österreicher die Freunde des Kanzlers kennengelernt, näm­lich die Freunde, die, während Wirte ruiniert werden, damit auffliegen, dass in ihren Lokalen Drogen-Coronapartys veranstaltet werden. Eines muss ich Ihnen schon sagen: Es ist eine starke Offenbarung – Gratulation dazu –, dass so etwas im engsten Umkreis des Kanzlers passiert und auffliegt, während man unsere Gastronomie und unsere Wirte ruiniert. (Beifall bei der FPÖ.)

Zeig mir deine Berater, und ich sage dir, wer du bist. Wir haben auch Frau Mei-Pochtler kennengelernt, die gezeigt hat, in welche Richtung der Kurs der Regierung im Windschatten und im Schatten der Krise geht, nämlich unser Land in einen Überwachungsstaat überzuführen, im dem es zwangsweise normal sein wird, dass Apps getragen werden.


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Solche Berater haben im Umfeld unserer Regierung nichts verloren, sehr geehrte Damen und Herren, und deshalb darf ich auch folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Michael Schnedlitz, Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abberufung Frau Mei-Pochtlers aus sämtlichen Funktionen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundeskanzler wird aufgefordert, Frau Mei-Pochtler umgehend aus allen beraten­den oder sonstigen Funktionen abzuberufen.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

Schlussendlich, sehr geehrte Damen und Herren: Zeig mir die geleakten Protokolle aus den Beraterstäben der Republik, und ich sage dir, wer du bist – Stichwort Krisen­mana­gement zum Ernten der Früchte! Sehr geehrte Damen und Herren, diese zeigen auf, dass Sie dieses Land nur aus persönlichen und politischen Gründen gegen die Wand gefahren haben, und das ist wirklich strikt abzulehnen und das werden wir auch weiterhin bekämpfen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

11.13

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Schnedlitz, Leichtfried, Vogl, Kickl

und weiterer Abgeordneter

betreffend Abberufung Frau Mei-Pochtlers aus sämtlichen Funktionen

eingebracht in der 30. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 13. Mai 2020 im Zuge der Debatte über den Bericht des Verfassungsausschusses über den Einspruch des Bundesrates (152 d.B.) vom 4. Mai 2020 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 28. April 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Integrationsgesetz, das Verwaltungsrechtliche COVID-19-Begleitgesetz, das Zustellgesetz und das Agrarmarkt Austria Gesetz (AMA-Gesetz 1992) geändert werden (12. COVID-19-Gesetz) (178 d.B.) (TOP 3)

Die Kanzlerberaterin und Leiterin der Stabstelle für Strategie, Analyse und Planung im österreichischen Bundeskanzleramt, Antonella Mei-Pochtler, geht in einem Interview mit der „Financial Times“1 davon aus, dass Contact-Tracing-Apps und andere Tech­nologien künftig wesentlicher Bestandteil des sozialen Lebens sein werden. Unter Ver­wendung eines vom Bundeskanzler häufig eingesetzten Schlagworts meint sie weiters, „das wird Teil der neuen Normalität sein. Jeder wird eine App haben“.

Dass die „neue Normalität“ wohl ein Synonym für den zur Regel erhobenen Ausnah­mezustand unter Einschränkung der Bürgerrechte sein soll, offenbart sich im Laufe des Interviews: Die europäischen Länder müssten sich an Tools gewöhnen, die „am Rand des demokratischen Modells“ seien. In Verbindung mit ihrer Fürsprache für ein Modell der „Diktokratie“ im Rahmen einer Kolumne für den „Standard“2 im Jahr 2003 geben diese Aussagen größten Anlass zur Besorgnis, insbesondere, da eine Mitwirkung an


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der Ausarbeitung dieser Gesetze durch Frau Mei-Pochtler nicht ausgeschlossen wer­den kann.

In diesem Zusammenhang beachtenswert ist auch, dass Mei-Pochtler vor kurzem die Koordinierung des „Future Operations Clearing Board“ übertragen wurde. Dieses inoffizielle Gremium soll zur Bewältigung der Auswirkungen von COVID-19 Maßnah­men prüfen, Expertise für zukünftige Schritte liefern und Perspektiven für die kommen­den Monate aufzeigen.

Überwachungs-Apps, die nun auf internationaler und europäischer Ebene im Wind­schatten der COVID-19-Krise am Vormarsch sind und auch von der österreichischen Bundesregierung forciert und unterstützt werden, stellen jedoch einen nicht zu rechtfertigenden, gefährlichen Eingriff in die Grund- und Freiheitsrechte der Bürger und in das Recht auf Datenschutz dar, weshalb 72 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher eine verpflichtende App ablehnen3. Mei-Pochtler scheint jedoch bereits in der neuen Normalität angekommen zu sein, wenn sie sagt: „Ich glaube, die Leute werden diese Kontrolle von sich aus wollen“.

Staatliche Überwachung und Kontrolle, wie sie zunehmend von verschiedenen Ver­tretern der Volkspartei rund um ÖVP-Kanzler Kurz gefordert werden, sind jedoch aufs Schärfste abzulehnen. Eine Spezialberaterin des Bundeskanzlers, die von einer „Diktokratie“ träumt und sich an den Rand des demokratischen Modells herantasten möchte, ist untragbar und rücktrittsreif.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundeskanzler wird aufgefordert, Frau Mei-Pochtler umgehend aus allen beraten­den oder sonstigen Funktionen abzuberufen.“

1. https://www.ft.com/content/87495a18-f7a1-4657-a517-ba2b16c146dc und https://orf.at/stories/3164322/

2. https://www.derstandard.at/story/1418423/es-lebe-die-diktokratie

3. https://www.krone.at/2133999

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ord­nungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Wolfgang Gerstl. – Bitte.


11.13.57

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Hat man jetzt dieser Diskussion zugehört, dann hat man den Eindruck gewon­nen, dass hier keine Einigkeit herrscht, man hat den Eindruck gewinnen müssen, dass der Streit vorherrscht.

Die Weltgesundheitsorganisation hat davon gesprochen, dass wir uns in der größten Gesundheitskrise seit vielen, vielen Jahrzehnten befinden. (Abg. Kickl: Schweden haben sie gelobt!) Eine solche Gesundheitskrise erfordert einen Zusammenhalt. Diese Gesundheitskrise ist die Ursache für Tausende Tote weltweit und in Europa, sie ist die Ursache für Millionen Infizierter auf der Welt. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)


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Ich darf Ihnen dazu auch eine aktuelle Grafik von Europa zeigen. (Der Redner hält eine Grafik in die Höhe, auf der schwarz-orange-blaue Balkendiagramme abgebildet sind, die im oberen Teil der Grafik sehr lang sind und nach unten immer kürzer werden.) Diese zeigt ganz genau, wie stark – in Hunderttausenden-Bereichen – die Auswir­kun­gen dieser Krise schon sind und wo Österreich steht. (Der Redner zeigt auf den unteren Bereich des Balkendiagramms.) Österreich steht hier ganz unten. Wir sind eines der Länder mit den wenigsten Fällen von Infizierten (Abg. Loacker: ... von Anschober geklaute Grafik!), und im Moment hat Österreich von ganz Europa die wenigsten Infizierten überhaupt. Dass das so positiv ist, hat uns auch ermöglicht, dass wir in eine andere Richtung gehen können, nämlich dass wir zu den Ländern in Europa gehören (eine Grafik in die Höhe haltend, auf der die Länder Europas in den Farben Beige und unterschiedlichen Rottönen sowie Schweden Gelb abgebildet sind), die die Ausgangsbeschränkungen weitestgehend aufheben konnten, und wir daher zu diesem Teil von Staaten (auf den Bereich der Grafik, wo Österreich, die Tschechische Republik und Polen abgebildet sind, zeigend) gehören (Abg. Kickl: Das Gelbe ganz oben ...!), wo sich die Menschen am freiesten bewegen können. (Beifall bei der ÖVP.)

Die österreichische Bundesregierung hat eine umsichtige Art an den Tag gelegt, und für diese sind ganz viele Menschen in Österreich ganz besonders dankbar, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Der Unterschied zu einem autoritären Verhalten, das Sie uns unterstellen, ist ein Ver­hältnis, in dem man auch nach seiner Autorität handeln kann. Diese Autorität hat die österreichische Bundesregierung in Anspruch genommen und ist ihrer Verantwortung nachgekommen, so rasch wie möglich auf die Ausbreitung des Virus zu reagieren, aber so schnell wie möglich auch wieder alle Beschränkungen aufzuheben. Ich glaube, das ist der erfolgreiche Weg, um den uns in der Zwischenzeit bereits viele, viele andere Länder beneiden, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Jakob Schwarz.)

Es ist hier mehrfach schon im Detail angesprochen worden, wie die Situation auch verfassungsrechtlich ausschaut. Es ist mir wichtig, dass ich als Verfassungssprecher Ihnen und vor allem den Zuseherinnen und Zusehern auch noch vermitteln kann, dass das, was hier von manchen in den Raum gestellt wird, nämlich dass das alles nicht verfassungsmäßig wäre, von wirklichen Experten unseres Landes als das Gegenteil dargestellt wird.

Ich möchte in erster Linie eine Person zitieren, die, glaube ich, einen sehr hohen Bekanntheitsgrad hat, die da, denke ich, wirklich über den Dingen steht. Es ist der Generalsekretär von Amnesty International Österreich, Herr Mag. Patzelt. Er begrüßt die Reform des Epidemiegesetzes als eine „begrüßenswerte Verbesserung“. Meine Damen und Herren, wer anders als der Vorsitzende von Amnesty International könnte noch besser eine solche Aussage treffen? Es gibt aber auch noch genügend andere. Vielen von Ihnen ist über Fernsehen und Radio (Zwischenrufe der Abgeordneten Martin Graf und Kassegger) schon Prof. DDr. Mayer bekannt, der davon spricht, dass „die Neufassung in rechtsstaatlicher und grundrechtlicher Hinsicht einen erheblichen Fortschritt zur geltenden Fassung“ darstellt.

Meine Damen und Herren, die Neuregelungen, heißt es, sind ausreichend bestimmt (Zwischenruf des Abg. Vogl), sie binden die Handlungsmöglichkeiten des Bun­des­ministers, hier insbesondere des Gesundheitsministers, in verfassungskonformer Weise.

Meine lieben Österreicherinnen und Österreicher, meine lieben Kolleginnen und Kollegen im Nationalrat, lassen Sie uns gemeinsam dieses Virus weiter bekämpfen (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Vogl), wir haben keine andere Aufgabe! Lassen Sie uns gemeinsam auf einem verfassungskonformen Weg (Zwischenruf der Abg.


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Belakowitsch) für die Freiheit und für das Leben, für den Wohlstand und die Wirt­schaft Österreichs weiterhin voranschreiten! – Vielen, vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

11.18


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Pia Philippa Strache ist die nächste Rednerin. – Bitte, Frau Abgeordnete.


11.19.15

Abgeordnete Pia Philippa Strache (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Regierungsmitglieder! Heute geht es im Eigentlichen nicht nur um vier Coronagesetze, nicht nur um vier Gesetze, die zuletzt trotz Kritik dank der Stimmenmehrheit der Regierungsparteien beschlossen wurden, nicht nur um vier Gesetze, die der Bundesrat zu Recht beeinsprucht hat. Dass wir heute hier sitzen, ist das Resultat des zunehmenden Aushebelns eines ordent­lichen und vor allem demokratischen Gesetzgebungsprozesses. Gegenwartsten­den­zen, die immer bedrohlicher für die Menschen werden, werden in Wahrheit völlig über­heblich ignoriert. Hunderttausende Menschen werden mit ihren Sorgen im Stich gelassen.

Was passiert nun, da berechtigte Kritik immer lauter wird, da die Verzweiflung in der Bevölkerung immer größer wird? – Lobhudelei auf die eigenen Errungenschaften. Chapeau, das war auch gut gemacht, denn zu Beginn der Krise war es notwendig, rasch und vor allem konsequent zu handeln, und nur deshalb hat das Parlament diese Gesetze teilweise mitgetragen. Die Menschen aber spüren relativ wenig davon. Was sie spüren, sind Zukunftsängste, Insolvenzängste, Existenzängste, mit denen sie eis­kalt alleingelassen werden. Es gibt keine raschen Hilfen.

Die Regierungsparteien haben, statt den Weg zurück zu einem ordentlichen Gesetz­gebungsprozess zu finden, offenbar Gefallen an diesen Expressverfahren im Parla­ment gefunden: massive Eingriffe ohne vorherige Prüfung der komplexen Gesetzes­vorschläge, berechtigte Kritik der Opposition, die ignoriert wird, sinnvolle Änderungen, die nicht berücksichtigt werden, und das alles unter der Prämisse, dass man schnell handeln müsse, damit die Hilfe auch schnell ankommt.

Die Unternehmerinnen und Unternehmer aber spüren davon nichts. Sie leben seit ein paar Wochen mit der Krise, turnen sich drüber, meistern sie, so gut es geht, sind jetzt mit der Auszahlung doppelter Gehälter konfrontiert, mit Krediten, die nicht genehmigt werden. Sie sind mit Auflagen konfrontiert, die es unmöglich machen, wirtschaftlich zu arbeiten und davon leben zu können, beziehungsweise sind sie damit konfrontiert, eigentlich wirtschaftlich sterben zu müssen. Statt das Vertrauen zu fördern, hat man mit dem Drüberfahren das Vertrauen nachhaltig zerstört. Die aktuelle Bilanz zeigt, dass hier offenbar Gesetze beschlossen wurden, deren Auswirkungen Sie selbst nicht ab­schätzen können. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir stehen mittlerweile bei 30 Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof, es gibt ein Coronahilfspaket, in dessen Rahmen Geldmittel weder rasch noch ausreichend fließen, es gibt Kurzarbeitslösungen, wobei von beantragten 9 Milliarden Euro erst 40 Millionen Euro ausbezahlt wurden. Zur Budgetdiskussion, die wir auf Grundlage völlig falscher Zahlen führen sollen, gibt es eine interessante Anfrage des Herrn Kollegen Wimmer, der man vielleicht etwas mehr Beachtung schenken sollte. (Beifall bei der SPÖ. – Rufe bei der SPÖ: Bravo!)

Die heute zur Diskussion stehenden vier Gesetzentwürfe hat nicht nur die Opposition im Nationalrat aus guten Gründen abgelehnt, der Bundesrat hat aus ebenso guten Gründen nicht zugestimmt. Das war ein deutlicher Appell, das Parlament nicht weiter


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als formales Abnickgremium zu missbrauchen, sondern gelebten demokratischen Pro­zessen zumindest wieder eine Chance zu geben. Ich und wahrscheinlich auch viele andere Abgeordnete hier im Parlament hätten erwartet, dass die Regierungsparteien das ernst nehmen, aber allein die spontane Reaktion der grünen Klubobfrau hat gezeigt, dass man das demokratische Grundverständnis offenbar auch als Opfer der Coronakrise sieht, und das kann ich nicht ganz nachvollziehen. (Zwischenruf bei den Grünen.)

An meine Kolleginnen und Kollegen von den Grünen ein rein konstruktiver Appell – ich weiß, heute wird alles als Kritik aufgefasst –: Macht braucht Kontrolle! – Das waren eure Worte! Macht braucht Kontrolle. Wo aber ist diese Kontrolle jetzt? Wo ist denn die Kontrolle? (Abg. Jakob Schwarz: Das werden wir beim Untersuchungsausschuss sehen! – Zwischenruf der Abg. Maurer.) – Wow, ich freue mich, da ist die Wehr­haftigkeit der Grünen wieder! Tragt das doch in die Zusammenarbeit auf Bundesregie­rungsebene! (Beifall und Zwischenrufe bei SPÖ und NEOS.)

Ich finde es sehr schön, dass da noch etwas da ist! Grundrechte und Demokratie sind wichtig, das Parlament braucht ein Miteinander, und das in Zeiten der Krise mehr denn je. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS. – Abg. Leichtfried: Diese Rede war bei Weitem besser als die vom Kollegen Gerstl! – Zwischenruf des Abg. Wurm.)

11.24


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Chris­toph Matznetter. – Bitte.


11.24.06

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminis­terin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Das ist selten, aber eigentlich muss man Kollegin Strache recht geben, sie hat in vielen Dingen den Punkt getroffen. Das kann man von Kollegen Gerstl nicht behaupten. (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ.) Er ist zwar türkis ausstaffiert, die alte Parteifarbe Schwarz – schwarze Krawatte und schwarzes Stecktuch – wäre aber angebrachter gewesen.

Wir hatten zwar – weil wir zum Glück ein gutes Gesundheitssystem haben und die Klinikbetten nicht überfüllt waren – nicht so viele Tote, wir erleben aber wirtschaftlich Tod und Trauer: Hunderttausend Betriebe in diesem Land fürchten um ihre Existenz, und Sie stellen sich mit einer Karte hierher und sagen: Österreich ist da unten! Sie können die Länder, die sofort Seuchenpolitik gemacht haben, auf dieser Karte gar nicht einzeichnen, Kollege Gerstl, weil die Balken zu klein wären; zum Beispiel hatte das kleine Taiwan mit 23 Millionen Einwohnern weniger als zehn Tote und unter 400 Infi­zierte. Dort könnten Sie lernen, wie man Seuchenpolitik macht! (Zwischenruf bei der ÖVP.) Und dann könnten Sie kommen, um alle zu belehren, wie gut Sie waren! Diese Selbstbeweihräucherung, während Hunderttausende Betriebe vor den Trümmern ihrer Existenz stehen, ist wirklich zynisch! (Beifall bei SPÖ, FPÖ und NEOS. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich bin seit 2002 – das ist eine lange Zeit – hier, und es war selten, dass ich Kollegen Kickl recht gegeben habe, aber sein Zynismusvorwurf war völlig berechtigt. (Ruf bei der ÖVP: Nordkorea ...!) Dann stellt sich Kollegin Maurer heraus und verdreht alle Tatsachen, indem sie sagt: Wir wollten eine Aufrechterhaltung der Verdienstentgangs­entschädigung für die kleinen Betriebe! – Der Antrag wurde von uns eingebracht und von NEOS und FPÖ unterstützt: Entschädigungen für Betriebe mit bis zu 25 Mitarbei­terInnen, gesetzlicher Anspruch auf vollen Verdienstentgang. Sie kommen mit irgend­welchen anderen Paragraphen aus dem Epidemiegesetz. Das ist doch genau die Art,


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die Sie früher an anderen kritisiert haben! (Zwischenrufe der Abgeordneten Maurer und Jakob Schwarz.) Das ist Zynismus, Frau Kollegin Maurer, und das ist in so einer Krise unangebracht! (Beifall bei SPÖ, FPÖ und NEOS.)

Ich wünsche mir, dass im Lichte der Not, in der die Künstler und Künstlerinnen, die gemeinnützigen Betriebe, die Gastronomie, Hotels, Fotografen und so weiter sind, aufgehört wird mit der Beweihräucherung, aufgehört wird mit dieser belehrenden Art und gemeinsam geschaut wird, wie man diese Betriebe jetzt, wo es bereits passiert ist, wieder dort herausholt. Daran hängen zwei Millionen Arbeitsplätze. Viele dieser Men­schen sind schon arbeitslos, das darf nicht so weitergehen. – Danke, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ und NEOS.)

11.26

11.26.55


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wird seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Bevor wir zum Abstimmungsvorgang kommen, frage ich die Klubobleute, ob sie eine kurze Unterbrechung haben möchten. Ich habe den Eindruck, alle Abgeordneten sind im Saal, da ich rechtzeitig begonnen habe einzuläuten.

Wenn keine Sitzungsunterbrechung gewünscht wird, kommen wir sogleich zur Abstim­mung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zunächst stelle ich im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 3 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 1 bis 4 jeweils erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 1: Antrag des Verfassungs­ausschusses in 176 der Beilagen. Der Verfassungsausschuss stellt den Antrag, den ursprünglichen Beschluss des Nationalrates vom 28. April 2020 betreffend 10. COVID-19-Gesetz zu wiederholen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für diesen Ausschussantrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Damit hat der Nationalrat gemäß Art. 42 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz seinen ursprünglichen Beschluss wiederholt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten David Stögmüller, Andreas Hanger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Evaluierung des Freiwilligengesetzes“.

Wer sich für diesen Entschließungsantrag ausspricht, den bitte ich um ein zustim­men­des Zeichen. – Der Entschließungsantrag ist mit Mehrheit angenommen. (35/E)

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 2: Antrag des Verfassungsausschusses in 177 der Beilagen. Der Verfassungsausschuss stellt den Antrag, den ursprünglichen Be­schluss des Nationalrates vom 28. April 2020 betreffend 16. COVID-19-Gesetz zu wiederholen.

Wer diesem Ausschussantrag zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Damit hat der Nationalrat gemäß Art. 42 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz seinen ur­sprünglichen Beschluss wiederholt.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 3: Antrag des Verfassungs­ausschusses in 178 der Beilagen. Der Verfassungsausschuss stellt den Antrag, den


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ursprünglichen Beschluss des Nationalrates vom 28. April 2020 betreffend 12. COVID-19-Gesetz zu wiederholen.

Wer sich für diesen Ausschussantrag ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Damit hat der Nationalrat gemäß Art. 42 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz seinen ursprünglichen Beschluss wiederholt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Michael Schnedlitz, Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abberufung Frau Mei-Pochtlers aus sämtlichen Funktionen“.

Wer sich für diesen Entschließungsantrag ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt. (Abg. Matznetter: Jo mei!)

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 4: Antrag des Verfassungs­ausschusses in 179 der Beilagen. Der Verfassungsausschuss stellt den Antrag, den ursprünglichen Beschluss des Nationalrates vom 28. April 2020 betreffend 18. COVID-19-Gesetz zu wiederholen.

Jene Damen und Herren, die dem die Zustimmung geben, ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Damit hat der Nationalrat gemäß Art. 42 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz seinen ursprünglichen Beschluss wiederholt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Österreich-Gutschein“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Entschließungsantrag ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ord­neten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „wirksame finanzielle Hilfe für Gemeinden und Städte durch die Bundesregierung“.

Wer sich für diesen Entschließungsantrag ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

11.32.045. Punkt

Bericht des Ständigen Unterausschusses in ESM-Angelegenheiten über den An­trag gemäß Art. 50b Z 1 B-VG iVm § 74d Abs. 2 GOG-NR des Bundesministers für Finanzen auf Ermächtigung, einem Vorschlag für einen Beschluss, den Mitglied­staaten des ESM im Rahmen des Pandemic Crisis Supports grundsätzlich Finanzhilfe zu gewähren, zuzustimmen (12/BAESM / 180 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir nun zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Ich möchte darauf hinweisen, dass den Abgeordneten Informationen zugegangen sind, die der ESM als vertraulich eingestuft hat. Der Nationalrat hat sich gemäß § 74g der Geschäftsordnung ausdrücklich dazu verpflichtet, die ESM-Sicherheitsbestimmungen zu achten. Ich ersuche Sie daher, während Ihrer Redebeiträge nicht aus vertraulichen Unterlagen zu zitieren und sie nicht zu verlesen.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich begrüße den Herrn Bundesminister und erteile als erstem Redner Herrn Abgeord­neten Hubert Fuchs das Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll30. Sitzung, 13. Mai 2020 / Seite 69

11.33.30

Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Den Mitgliedstaaten der Eurogruppe sollen 2 Prozent ihres BIPs von 2019 als Kreditlinie im Rahmen des ESM zur Verfügung gestellt werden, und zwar zur Finanzierung direkter beziehungsweise indirekter Kosten im Zusammenhang mit Covid-19.

Der ESM verfügt derzeit über eine Vergabekapazität von 410,1 Milliarden Euro. Die Republik übernimmt damit Haftungen in Milliardenhöhe für andere Mitgliedstaaten der Eurozone, was auf jeden Fall abzulehnen ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Genauso lehnen wir Coronabonds und Eurobonds ab. In der derzeitigen Lage brauchen wir jeden Cent für die Österreicherinnen und Österreicher. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn Brüssel beim Finanzminister anklopft, dann kann es dem Finanzminister gar nicht schnell genug gehen: gestern noch im ESM-Unterausschuss und heute bereits in der Sondersitzung, da werden alle Hebel in Bewegung gesetzt und Milliarden an neuen Haftungen innerhalb kürzester Zeit ermöglicht.

Wenn es aber um das Budget 2020 geht, dann denkt der Finanzminister nicht im Geringsten daran, dieses zu aktualisieren. Wir diskutieren nämlich im Hohen Haus immer noch ein Budget, das der Finanzminister vor der Coronakrise erstellt hat. Dieses Budget samt Budgetrede hat der Finanzminister nach eigenen Angaben bereits am 18. März in den Mistkübel geworfen. Der Finanzminister findet es aber nicht der Mühe wert, ein Budget mit aktualisierten Budgetzahlen vorzulegen. Die Begründung des Finanzministers dafür ist unfassbar: „Jede Zahl, die wir heute kennen, wird schlussendlich falsch sein“, meint der Herr Finanzminister. Weil das so ist, hat es laut Finanzminister gar keinen Sinn, das Budget zu aktualisieren. – Das ist Ausdruck einer Respektlosigkeit gegenüber dem Hohen Haus, und der Herr Vizekanzler macht dem Finanzminister da auch noch die Mauer. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Jetzt stellen wir uns einmal vor, der AUA-Vorstand würde beim Finanzminister um staatliche Hilfe anklopfen und dem Antrag ein Budget beilegen, das die AUA vor der Coronakrise erstellt hat! – Die AUA würde keinen einzigen Cent vom Finanzminister erhalten. Was aber der Finanzminister von einem Unternehmen verlangt, das muss auf jeden Fall auch für den Finanzminister gelten. Da kann es keine Extrawürste geben. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Herr Finanzminister, legen Sie uns endlich ein Budget auf Basis aller zur Verfügung stehenden Daten vor, auch, wenn diese Daten mit Unsicherheit behaftet sind – wir alle wissen das –, und auch, wenn nicht alle Unwägbarkeiten vorhersehbar sind! Wozu alle Ihre Vorgänger als Finanzminister in der Lage waren, das darf man wohl auch von Ihnen erwarten.

Kollegin Doppelbauer wird diesbezüglich heute noch einen Dreiparteienantrag einbrin­gen. Ich darf mich bei Ihnen (in Richtung Abg. Doppelbauer) für diese Initiative bedan­ken. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Der nun vorliegende Budgetentwurf ist auf jeden Fall ein Ausdruck großer Respekt­losigkeit gegenüber dem Nationalrat. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.37


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Andreas Hanger. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll30. Sitzung, 13. Mai 2020 / Seite 70

11.37.32

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Wir debattieren einen Antrag des Finanzministers, ihm eine Ermächtigung zu geben, im Rahmen des ESM Finanzhilfen gewähren zu können. Bevor ich zu einer politischen Bewertung komme, möchte ich gerne kurz die technische Umsetzung dieses Programmes erläutern, weil ich glaube, dass es wichtig ist, dass man einmal die technische Umsetzung versteht, bevor man zu einer politischen Bewertung kommt.

Ausgangspunkt des ESM war natürlich die Finanzkrise 2008, das hat dann zu einer europäischen Solidarität geführt. Einzelne Staaten sind ins Trudeln gekommen, ich nenne Griechenland, ich nenne Zypern, ich nenne Irland, aber auch andere. Was hat man dann gemacht? – Vereinfacht gesagt ist man hergegangen und hat auf euro­päischer Ebene eine ähnliche Institution geschaffen wie eine Bank, eine Institution, die quasi Mitgliedstaaten, die ins Trudeln kommen, entsprechend günstige Kreditlinien zur Verfügung stellen kann.

Wie funktioniert das technisch im Hintergrund? – Der ESM wurde mit Eigenkapital aus­gestattet, in Summe waren es 19 Milliarden Euro, davon wurden 2,8 Prozent aus Österreich beigesteuert, das sind 2,2 Milliarden Euro; das ist die Eigenkapitalbasis. Gleichzeitig gibt es aber auch Haftungen dahinter. In Summe sind das 700 Milliarden Euro, die als Rettungsschirm über das gesamte Volumen gespannt worden sind, und 19 Milliarden Euro davon kamen aus Österreich.

Die Gründung des ESM erfolgte 2012, das ist jetzt acht Jahre her, und es ist vielleicht auch an der Zeit, den ESM zu bewerten: Hat dieses Instrument funktioniert oder hat es nicht funktioniert? – Wenn man sich die Entwicklungen in den einzelnen Programm­ländern anschaut, dann, glaube ich, kommt man ganz eindeutig zur Erkenntnis, dass der ESM als Stabilitätsmechanismus auf europäischer Ebene und damit auch in den Mitgliedsländern hervorragend funktioniert hat. Er hat Vertrauen in der damals wirtschaftlich sehr, sehr unsicheren Zeit geschaffen.

Wichtig war auch – und das möchte ich schon auch politisch betonen –, dass auch intensiv über die Konditionalitäten diskutiert wurde, gar keine Frage. Die große politi­sche Frage steht immer dahinter: Die einen haben die Haftungen und die anderen geben das Geld aus. Klar ist ja auch, dass es da entsprechende Rahmenbedingungen braucht, unter denen das funktionieren kann.

Der ESM hat ein AAA-Rating, das beste Rating, das auf internationalen Kapitalmärkten möglich ist. Der ESM hat – und das halte ich schon auch für wichtig – eine eigene Budgetpolitik in den jeweiligen Mitgliedsländern ermöglicht, weil es natürlich niemals – und da bin ich bei den Coronabonds – zu einer Vergemeinschaftung der Schulden kommen soll und darf. Und das Allerwichtigste vielleicht zum Schluss: Der ESM hat den einzelnen Mitgliedstaaten 2018 eine Ersparnis von 17 Milliarden Euro gebracht. Das ist eine ganz konkrete Hilfe, die über diese technische Lösung funktioniert.

Kurzer Blick in die Programmländer: Zypern: 6,3 Milliarden Euro Inanspruchnahme; vor der Coronakrise – muss man natürlich dazusagen – wieder auf einem Wachstumskurs; der Finanzmarkt hat sich stabilisiert; 2019 hat es sogar einen Budgetüberschuss gegeben. Wenn man das mit der Zeit während der Wirtschaftskrise vergleicht, dann ist das, muss man sagen, eine beachtliche Entwicklung.

Das größte Sorgenkind, das wissen wir alle, war Griechenland: zahlreiche Programme auf europäischer Ebene, 200 Milliarden Euro in Summe; große Kritik damals, es sei so quasi der Sozialstaat, und so weiter. Aber man muss halt zu Griechenland auch immer dazusagen: hohe Militärausgaben, hohe Ausgaben im öffentlichen Sektor, Probleme


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bei der Steuereinhebung und mittlerweile vieles mehr. Aber auch Griechenland hat es im letzten Jahr, vor der Coronakrise, geschafft, wieder auf einen Wachstumspfad zurückzukehren. Die Arbeitslosigkeit ist Gott sei Dank wieder gesunken, und die Pri­märüberschüsse waren sehr beachtlich.

Zu den anderen Programmländern: Spanien: 41 Milliarden Euro Inanspruchnahme; vorzeitige Rückzahlung dieser Gelder. Auch dort hat dieses Programm hervorragend funktioniert.

Irland – das Land, in dem es vielleicht sogar am besten funktioniert hat –: 18 Milliarden Euro Inanspruchnahme, im Vorgängerprogramm; mittlerweile ist der Schuldenstand stark reduziert worden, ist die Arbeitslosigkeit gesunken.

Das Vorzeigeland ist Portugal, dort hat die Stabilisierung am besten funktioniert.

Ich möchte schon betonen, dass wir natürlich als Österreich gerade als Exportnation auch vitales Interesse daran haben, dass diese Systeme funktionieren. Italien zum Beispiel ist für uns ein wichtiger Exportmarkt, und nur, wenn der nationale Markt dort funktioniert, haben wir auch die Chance, in Zukunft wieder entsprechend exportieren zu können.

Ich halte diese Lösung, die jetzt getroffen worden ist, für sehr ausgewogen. Wir haben schon gehört, der ehemalige Staatssekretär Fuchs, der ja, denke ich einmal, vor eineinhalb Jahren noch eine ganz andere Position in dieser Frage hatte, hat gesagt, das gehe alles gar nicht, und zumindest in den Ausschussberatungen war es so, dass die SPÖ gesagt hat, das sei alles zu wenig und da müsse noch viel mehr passieren. Wir werden sehen, wir stehen da schön in der Mitte, sehr ausgewogen, zeigen europäische Stabilität, aber natürlich mit entsprechenden Rahmenbedingungen.

Ich möchte mich abschließend noch beim Finanzministerium bedanken. Aus meiner Sicht ist der Ausschuss sehr gut vorbereitet worden; ich schaue da direkt Frau Kollegin Doppelbauer an. Es hat ein technisches Briefing gegeben, es hat aus meiner Sicht gestern auch eine sehr, sehr gute Diskussion im Ständigen Unterausschuss gegeben. Ich darf mich für diese Informationen bedanken, die wir da im Vorfeld bekommen haben, um das auch intensiv und gut diskutieren zu können.

Aus meiner Sicht, aus unserer Sicht liegt ein sehr, sehr ausgewogener Vorschlag auf dem Tisch, und wir können mit ruhigem Gewissen den Finanzminister ermächtigen, die entsprechenden Beschlüsse auf europäischer Ebene mitzutragen. – Herzlichen Dank und danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.43


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Christoph Matznetter. – Bitte. (Ruf bei der ÖVP: Jetzt bin ich neugierig! – Abg. Leichtfried: Ja, aber zu Recht!)


11.43.10

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Bei diesem Thema jetzt muss ich mich nicht so aufregen wie bei dem zuvor behandelten. Ich darf gleich vorweg ankündigen: Wir sind froh über jeden Akt der Solidarität innerhalb der Europäischen Union und werden daher auch diesen Antrag – Sie haben Ihre Maske vergessen, Herr Kollege (Abg. Hanger holt seine auf dem Rednerpult vergessene Schutzmaske – Zwischenrufe der Abgeordneten Lausch und Wurm) –, über den ESM sehr bescheidene Mittel als Finanzierungshilfe für krisen­gebeutelte Mitgliedstaaten im Euroraum möglich zu machen, unterstützen.


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Wir zeigen diese europäische Solidarität nicht zum Selbstzweck und wir tun das auch nicht, weil es sich gehört – obwohl es sich auch gehört –, sondern wir tun es, weil wir eine kleine exportorientierte Volkswirtschaft sind, die vom Export, von der Dienst­leis­tung, zum Beispiel im Tourismus, lebt. Wir tun es, weil dieses Europa für uns und für den Wohlstand im Lande unabdingbar ist und jeder Versuch, aus der Krise heraus die Europäische Union zu schwächen, zum Nachteil für uns selbst wäre.

Daher ist auch eine Politik, indem über andere abfällig geredet wird und nur gesagt wird, wie toll wir seien und wie schlecht die anderen seien, in dieser Diskussion nicht sehr nützlich. Die gemeinsame Finanzierung ist eine Stärke jeder gesellschaftlichen Zivilisation. Wir hätten nicht genügend Spitalsbetten und wir hätten viel mehr Tote in dieser Krise, würde nicht die öffentliche Hand dafür sorgen, dass wir ein gut funktio­nierendes Gesundheitssystem haben. Und das kann sie nur, weil wir alle zusammen, nicht nur die Österreicherinnen und Österreicher, auch alle, die bei uns in Österreich leben, so viele Steuern zahlen, dass wir öffentlich gemeinsam Schulden aufnehmen können; gemeinsam, da haften wir alle füreinander, aber dann haben wir eine gute Struktur. Und das brauchen wir auch in Europa, insofern begrüßen wir die Maßnahme. (Beifall bei der SPÖ.)

Ganz ehrlich, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsparteien ÖVP und Grüne, Sie sollten nicht abfällig über andere Länder reden, Sie sollten sich anschauen, was andere besser machen als wir, um zu lernen!

Bleiben wir beim größten Problem, das wir jetzt haben: Das sind nicht die Toten, von denen angeblich jeder einen kennen wird, wie Sebastian Kurz behauptet hat, sondern das sind die Arbeitslosen, die wir heute in unserem Land haben. Schauen wir uns dazu nur den Vergleich mit Deutschland an! (Der Redner hält eine Tafel mit der Aufschrift: „Fast 600.000 Arbeitslose in Österreich. Was hat Schwarz-Grün falsch gemacht?“ in die Höhe, auf der zwei Säulen – eine mit der Beschriftung „+19 %“ und einer deut­schen Flagge, eine mit der Beschriftung „+58 %“ und einer österreichischen Flagge – dargestellt sind.) Das (auf die entsprechenden Säulen zeigend) ist die Zunahme der Arbeitslosigkeit bei uns im Lande und das ist sie in Deutschland. Das ist ein ziemlich großer Unterschied. (Abg. Tomaselli: Ja, weil ... andere Wirtschaftsstruktur!) – Brauchst du gar nicht.

Liebe Frau Kollegin, ich kann den Unterschied erklären: Das ist die Qualität der Re­gierung, das ist die Qualität der Maßnahmen, die gesetzt worden sind. Deutschland handelt schneller, hat eine viel höhere Förderung und schaut darauf, dass nicht so viele Arbeitslose sind. Lernen Sie von Besseren, Frau Kollegin Tomaselli, und machen Sie nicht alles mit, was Sie da vorgelegt bekommen haben! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Blimlinger und Tomaselli.)

Machen Sie Ihre eigene Politik! Hören Sie auf, Beiwagerl der ÖVP zu sein, das wäre auch schon einmal besser! Ich wünsche Ihnen diesen Lernfortschritt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.46


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Michel Reimon. – Bitte.


11.46.49

Abgeordneter Michel Reimon, MBA (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Interessiertes Publikum zu Hause! Aus europäischer Sicht ist dieser Beschluss ein hochgradig spannender und wird in Europa einiges verschieben. Warum? – Der Europäische Stabilitätsmechanismus ist 2010, 2011, 2012 als Reaktion auf die Finanzmarktkrise 2008 beschlossen worden, durch die Parlamente


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gegangen, und er hat zum Ziel gehabt, Großkapital, die Banken, die Millionäre, die Milliardäre zu retten; Stabilitätsmechanismus hat er bedeutet fürs große Kapital, für die großen Vermögen, für die großen Banken.

Das war das Ziel des ESM, europäisches, nordeuropäisches, deutsches, österreichi­sches, skandinavisches Kapital in Südeuropa abzusichern und Südeuropa dafür aber auch ans Messer zu liefern. Das muss man auch dazusagen. (Abg. Belakowitsch: Wer hat die Verfassungsänderung damals ...?) Es gibt kaum eine europäische Maß­nahme, die in Südeuropa so umstritten, so verhasst ist wie der ESM. Was Italien, was Spanien, was Griechenland mit diesem ESM an Maßnahmen auferlegt wurde, hat dort das Gesundheitssystem geschädigt, hat das Pensionssystem geschädigt, hat das öffentliche Verkehrssystem geschädigt, hat die Wirtschaft geschädigt und hat nieman­dem genutzt, der einen kleinen Betrieb hatte, der ein kleines Unternehmen hatte, der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin in einer Firma war. Dieser ESM hat ausschließlich den Banken und dem Großkapital genutzt (Abg. Belakowitsch: Die Grünen waren dabei!), und dieser ESM ist mit diesem Beschluss in dieser Form Geschichte, und das ist etwas Wundervolles. (Beifall bei den Grünen.)

Was nämlich jetzt passiert, was jetzt daraus wird, ist ein Solidaritätsmechanismus. Was jetzt beschlossen wird, ist, dass die Länder Südeuropas, die in Zukunft einen Kredit aus diesem Topf beantragen, keine Auflagen bekommen, keine Sparauflagen bekom­men, wie das bisher der Fall war, keine Vorschriften bekommen, die ihre Wirtschaft abwürgen, ihre Gesundheits- und Bildungssysteme abwürgen, sondern dass sie all das Geld nur zur Bekämpfung der Gesundheitskrise einsetzen müssen, dass sie es so einsetzen können, wie sie es brauchen. Deswegen haben sie auch zugestimmt.

Italien hat sich Mitte April gewehrt, vehement dagegen gewehrt, dass der ESM das Tool wird, das eingesetzt wird. Dann gab es eine Ratssitzung, eine ESM-Sitzung dazu, und in dieser Ratssitzung hat sich die europäische Politik geändert, haben die euro­päischen Volksparteien ihre Politik geändert. Die ÖVP, die CDU, die CSU, die Nieder­ländische Volkspartei sind alle von diesem strikten Sparkurs abgegangen und haben sich darauf eingelassen, einen europäischen Solidaritätsmechanismus zu beschließen. Das ist doch wundervoll, endlich haben wir das aufgehoben! Ich wundere mich, dass Kollege Matznetter da herausgeht und das nicht lobt. Das Ganze, dieser harte Spar­kurs, wurde 2010, 2011, 2012 während der Faymann-Regierung beschlossen, da war er Wirtschaftssprecher der SPÖ und hat diesem Kurs zugestimmt, weil die ÖVP das damals wollte. (Abg. Belakowitsch: Die Grünen waren da auch dabei!)

Zehn Jahre später ist das weg und wir haben endlich europäische Solidarität  und er geht nicht her und reißt eine Sektflasche auf. (Beifall bei Grünen und ÖVP.) Was ist?  Endlich haben wir einen Solidaritätsmechanismus! Was ihr damals nicht durchgebracht habt – jetzt haben wir es. Wir werden zustimmen.  Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

11.50


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Karin Doppelbauer, Sie gelangen nun zu Wort. – Bitte. (Abg. Leichtfried: Aber für den Kollegen Matznetter war das ein ...!)


11.50.23

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Ich weiß nicht, ich glaube, ich habe in der Diskussion vernommen, dass die SPÖ auch zustimmt.

Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen, liebe Zu­seher! Worum geht es? – Wir haben es jetzt schon gehört, es geht um den Euro­päischen Stabilitätsmechanismus und es geht vor allem auch darum, dass gerade ein neues Kriseninstrument geschaffen wird, der Pandemic-Crisis-Support. Das Ziel ist


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schlicht und einfach, dass man es schafft, dass Länder, die in der Eurozone Kredite für direkte und indirekte Gesundheitskosten aufnehmen, bestmögliche Konditionen be­kommen. Das Ganze soll flott über die Bühne gehen, es soll unbürokratisch über die Bühne gehen, und die bekannten Auflagen aus der Eurokrise sollen da auch nicht angewandt werden.

Schon Mitte Mai soll es ins Laufen kommen, soll es schon funktionsfähig sein, und kontrolliert wird eben auch im Nachhinein nur, ob die Gelder zweckgewidmet ange­wendet wurden. Das ist jetzt zwar ein bisschen eine breite Fassung – und wir haben das auch gestern diskutiert –, aber letztendlich muss man sagen, dieser Schock nach der Pandemie, ist ja nicht aus Eigenverschulden entstanden, der trifft alle gleich, und deswegen sehen wir heute auch, dass das eine gute Lösung ist und stimmen dem auch zu – vor allem, weil es wirklich rasche gemeinsame, solidarische Schritte auf der europäischen Ebene sind. Das finden wir wichtig und deswegen gibt es da auch un­sere Zustimmung.

Alles, was es an positiven Nachrichten heute hier im Plenum zu diesem Thema gibt, ist damit aber leider schon gesagt. Meine Damen und Herren, es gibt nämlich auch noch etwas anderes, was wir uns ganz genau anschauen müssen: Wir behandeln seit letztem Freitag im Budgetausschuss des Nationalrates das Budget der Republik. Das ist in Zeiten einer globalen Pandemie natürlich nicht einfach, und niemand – nie­mand! – von uns Abgeordneten nimmt diese Diskussion auf die leichte Schulter. – Halt, ich muss jetzt vielleicht eines sagen: Ich glaube, einer in diesem Saal nimmt diese Diskussion durchaus auf die leichte Schulter, und das ist unser Herr Finanzminister. Der weigert sich nämlich, dem Parlament ein aktuelles Budget vorzulegen.

Vielleicht nur ganz kurz zum Prozess, weil ja nicht alle diesen Budgetprozess auch immer vor Augen haben: Wie funktioniert das normalerweise? – Normalerweise legt der Finanzminister dem österreichischen Parlament einen Budgetentwurf auf Basis aller zum Zeitpunkt der Erstellung zur Verfügung stehenden Daten vor. Das wird dann diskutiert, das wird dann im Parlament abgestimmt. Die Regierung hat sich an dieses Budget zu halten und sie muss auch Rechenschaft über dieses Budget ablegen.

Es ist also gewissermaßen nichts anderes als ein Finanzrahmen, den das Parlament der Regierung für ihr Tun vorgibt, und alle Finanzminister der Zweiten Republik haben es bis jetzt ja durchaus geschafft, ein Budget vorzulegen – mit Ausnahme unseres jetzigen Finanzministers. Der verweigert hier nämlich die Vorlage. Was er macht, ist nichts anderes, als dass er den 183 Abgeordneten in diesem Saal einen Entwurf gibt, der vor der Pandemie, vor der Krise erstellt wurde, und sagt: Diskutiert jetzt darüber!

Selber sagt er über das gleiche Papier übrigens, er habe es in den Papierkübel geschmissen. – Jetzt frage ich mich schon, ganz im Ernst, wie wir mit dieser Argu­mentation weitertun. Ich meine, ich verstehe ja, dass Sie sich hinstellen und sagen, das ist alles unsicher und das ist alles schwierig. – Das ist nachvollziehbar. Es erwartet auch niemand von Ihnen, dass Sie genau in die Zukunft sehen und sagen, was hier passieren wird. Das kann niemand von uns, das ist auch klar, und wir würden Sie daran auch niemals messen.

Was Sie hier machen, ist aber schon wirklich einzigartig in diesem Parlament: dass Sie sich hinstellen und sagen, na ja, es ist unsicher, deswegen machen wir halt gar nichts, und wir geben den Abgeordneten halt einfach ein Papier, das Sie – ich zitiere Sie – in den Papierkübel schmeißen, das weder die vorauszusehenden Einnahmenausfälle noch die Hilfspakete im Zusammenhang mit der Coronakrise enthält. Das geben Sie dem Parlament zur Diskussion. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich weiß, Sie sind auch sauer auf mich, weil ich letzte Woche gesagt habe: Wollen oder können Sie nicht? Eigentlich ist es ja wirklich vollkommen egal, was Sie antwor-


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ten, es ist nämlich alles inakzeptabel. Ich bleibe dabei: Es ist eine Arbeitsverweigerung von einem Finanzminister, es ist Arbeitsverweigerung und es ist eine noch nie dage­wesene Missachtung des Parlaments. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Kollege Krainer von der SPÖ, Kollege Fuchs von der FPÖ, der ehemalige Staats­sekretär, und ich haben uns daher gemeinsam hingesetzt und einen Entschließungs­antrag ausgearbeitet, den ich heute im Namen der Opposition auch einbringen darf. Er lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kai Jan Krainer, MMag. DDr. Hubert Fuchs, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Vorlage eines korrekten Budgets durch den ÖVP-Finanzminister zur Beschlussfassung durch das Parlament“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufge­fordert, dem Parlament umgehend einen aktualisierten Budgetentwurf zur Beratung zu übermitteln, der die Auswirkungen der Corona-Pandemie sowohl auf der Einnahmen- wie auch auf der Ausgabenseite auf Basis aller aktuell zur Verfügung stehenden Daten und Vorhaben der Regierung berücksichtigt.“

*****

Ganz ehrlich, Herr Finanzminister, vielleicht sparen Sie sich einfach zwei dieser fünf Pressekonferenzen pro Woche, setzen sich hin und beginnen mit der Arbeit. Ich bin mir ganz sicher, dass das Finanzministerium da gerne unterstützt und mitmacht, denn ich kann mir ja auch nicht vorstellen, dass Sie der erste Finanzminister sein wollen, der in den Geschichtsbüchern steht, weil er es als einziger in Europa nicht schafft, ein Budget zu aktualisieren, und auch nicht, dass Sie der erste Finanzminister der österreichi­schen Republik sein wollen, der es nicht schafft oder daran scheitert, dieses Budget zu aktualisieren.  Vielen Dank. (Beifall bei NEOS und SPÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

11.56

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kai Jan Krainer, MMag. DDr. Hubert Fuchs, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Vorlage eines korrekten Budgets durch den ÖVP-Finanzminister zur Beschlussfassung durch das Parlament

eingebracht im Zuge der Debatte in der 30. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Ständigen Unterausschusses in ESM-Angelegenheiten über den Antrag gemäß Art. 50b Z 1 B-VG iVm § 74d Abs. 2 GOG-NR des Bundesministers für Finanzen auf Ermächtigung, einem Vorschlag für einen Beschluss, den Mitgliedstaaten des ESM im Rahmen des Pandemic Crisis Supports grundsätzlich Finanzhilfe zu gewähren, zuzustimmen (12/BAESM) – TOP 5

In entwickelten Demokratien werden Budgets in der Regel auf Vorschlag der Re­gierung durch Parlamente beraten und beschlossen. Im Rahmen der solcherart be-


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schlossenen Haushalte haben sich Regierungen in der Folge zu bewegen und danach auch Rechenschaft abzulegen.

Alle Finanzminister der zweiten Republik haben dem österreichischen Parlament bis-her entsprechende Budgetentwürfe auf Basis aller zum Zeitpunkt der Erstellung zur Verfügung stehenden Daten zugeleitet und zur Diskussion und Beschlussfassung gestellt.

Finanzminister Blümel verweigert dies und belässt es bei den Entwürfen, die vor Aus-bruch der Corona-Krise erarbeitet wurden – dies mit der Argumentation, dass alles sehr unsicher sei, die Zahlen wären für ihn als Finanzminister unberechenbar, und er wisse, dass die Zahlen vom März falsch seien, aber selbst wenn diese jetzt aktualisiert würden, wären sie wieder falsch. In der Tat ist die Situation eine außergewöhnliche und niemand erwartet, dass alle Unwägbarkeiten vorhergesehen werden können. Dass ein ÖVP-Finanzminister dem Parlament veraltete und somit falsche Budgetzahlen zur Beschlussfassung vorlegt ist einmalig.

Der Finanzminister hat die Pflicht, auf Basis der aktuellen Wifo-Prognose und der zur Verfügung stehenden Daten nach bestem Wissen und Gewissen ein Budget zu erstellen. Dies ist nicht der Fall, wenn dem Parlament ein Budgetentwurf zur Beratung und Beschlussfassung zugeleitet wird, der weder die vorauszusehenden Einnah­menausfälle noch die Hilfspakete im Zusammenhang mit der Corona-Krise berück­sichtigt und einrechnet. Dem Parlament wird ein Zahlenwerk vorgelegt, dass auf der Fortschreibung des Budgets 2019 aus Vorkrisenzeiten basiert, gerade einmal den Beschluss des ersten Covid-19-Gesetzes über 4 Mrd. € für den Hilfsfonds von Mitte März enthält, und durch einen Abänderungsantrag der Regierungsfraktionen ÖVP und Grüne um einen Blankoscheck um weitere 24 Mrd. € (in Summe 28 Mrd. €) erweitert wurde.

Das ist eine Missachtung des Parlaments.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufge­fordert, dem Parlament umgehend einen aktualisierten Budgetentwurf zur Beratung zu übermitteln, der die Auswirkungen der Corona-Pandemie sowohl auf der Einnahmen- wie auch auf der Ausgabenseite auf Basis aller aktuell zur Verfügung stehenden Daten und Vorhaben der Regierung berücksichtigt."

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Angela Baumgartner. – Bitte.


11.56.18

Abgeordnete Angela Baumgartner (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 70 Jahre europäische Solidarität – 70 Jahre nach der Schuman-Erklärung ist die positive Antwort auf die Krise: Europa. Das Coronavirus hat in seinen Anfängen zwar gezeigt, dass die EU weit weg davon ist, perfekt zu sein, und eine Weiterentwicklung ein


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ständiger Prozess ist, aber es zeigt sich immer wieder, dass der Beitrag, den ein organisiertes und ein lebendiges Europa leisten kann, unerlässlich ist.

In Zeiten der Unsicherheit, der Angst, der Sorge über die Zukunft zwischen den USA, China und Russland braucht es ein starkes Europa, das seine wirtschaftliche Stärke auch auf politischer Ebene zeigen kann. Der Wiederaufbau der Wirtschaft ist nur eines von vielen Themen, in denen die EU eine Führungsrolle übernehmen kann. Nicht nur in Europa, sondern im gesamten Euroraum ist durch das Coronavirus an normale Haushaltspolitik nicht zu denken.

Aus österreichischer Sicht stellen die bereitstehenden Mittel aus der ESM-Pandemie­krisenunterstützung ein wichtiges Instrument dar. Sie können auf Antrag und mit der Auflage zur Verwendung im Zusammenhang mit der Coronakrise abgerufen werden – ein wirksamer Mechanismus, um die Unsicherheit zu reduzieren und den Zugang zum Kapitalmarkt für die EU-Länder zu sichern.

Die Haushalte der EU-Mitgliedstaaten werden weiterhin sehr unterschiedlich aussehen. Das ändert das Unterstützungsprogramm nicht. Jedoch wird dadurch sichergestellt, dass wir in keine Schuldenunion einzahlen müssen. Es kann im Zusammenhang mit der ESM-Pandemiekrisenunterstützung davon ausgegangen werden, dass mittelfristig die Schuldentragfähigkeit in allen Ländern gegeben ist. Dadurch ist auch das Risiko für Österreichs Anteil am ESM gering. Das Parlament wird über sämtliche Maßnahmen quartalsweise im Budgetausschuss informiert werden.

Wir haben ordentlich gehaushaltet, einen Überschuss erwirtschaftet. Leider starten wir jetzt von einem anderen Niveau aus, als noch vor einigen Wochen gedacht. Wir müs­sen nun versuchen, behutsam hochzufahren, unsere Grenzen zu öffnen, denn wir brauchen unseren europäischen Binnenmarkt, wir sind ein exportorientiertes Land, für die Wirtschaft generell, für den Tourismus, für die Qualitätsprodukte unserer Bäuerin­nen und Bauern. Österreich wird stark aus dieser Krise hervorgehen, eingebettet in ein starkes Europa. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.59


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Jan Krainer. – Bitte.


 11.59.22

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Finanzminister, dass Sie theoretische potenzielle Haftungsausfälle beim ESM nicht budgetieren, wird Ihnen heute hier niemand vorhalten – das ist auch klar –, aber das, was niemand versteht, auch kein Experte, ist, dass Sie betreffend die Auswirkungen der Covid-19-Epidemie, in der wir bereits in der Woche acht sind, kein Nachtragsbudget vorlegen.

Die Österreicherinnen und Österreicher haben das Recht, Ihren Plan, nämlich den Plan von heute, auf den Tisch gelegt zu bekommen, und der Nationalrat hat das Recht, diesen Plan hier vorgelegt zu bekommen, sodass wir über die Realität diskutieren und nicht über die Sachen, die Sie persönlich vor mehr als acht Wochen bereits zum Altpapier geworfen haben. Wir sind ja keine Altstoffsammelstelle! (Beifall bei Abgeord­neten der SPÖ.)

Hunderttausende Betriebe in Österreich müssen sich jetzt online ihr Geld holen und müssen seitenlange Onlineformulare ausfüllen. Wissen Sie, was passiert, wenn die so vorgehen wie Sie? – Da steht dann dort: Ihr Antrag konnte nicht bearbeitet werden. Sie bekommen 0 Euro. Das ist aber nicht deswegen der Fall, weil die von der Wirt­schaftskammer diesen Betrieben nichts geben wollen, sondern weil Sie selbst in den


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Richtlinien verlangen, dass sich jeder Friseur nackt ausziehen muss, alle Zahlen auf den Tisch legen muss, andernfalls bekommt er keinen Cent!

Das verlangen Sie, aber Sie selbst kommen hier in den Nationalrat und sagen: Ich sage euch gar nichts! Ich lege keine neuen Zahlen auf den Tisch, aber bitte gebt mir einen Blankoscheck in der Höhe von 28 Milliarden Euro! Und die Grünen und die ÖVP sagen: Gerne, wo sollen wir unterschreiben? – Das ist nicht die Art und Weise, wie man miteinander umgeht, nämlich dass jeder Klein- und Mittelbetrieb Hunderte For­mulare ausfüllen muss, jede Zahl auf den Tisch legen muss, Sie aber mit Ausnahme von Altpapier gar nichts vorlegen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Das liegt nicht daran, dass das nicht zu berechnen wäre – denn Sie ziehen sich nackt aus, aber nur gegenüber Brüssel, nur gegenüber der Europäischen Kommission. Auf 29 Seiten listen Sie in einem Bericht gegenüber der Europäischen Kommission ganz genau die budgetären Auswirkungen auf – 5 Millionen Euro für das, 7 Millionen Euro für die Privatbahnen; das ist detailliert. Ich könnte es Ihnen vorlesen, aber so viel Redezeit habe ich nicht, ich hoffe, Sie kennen die Zahlen selbst.

Gegenüber der Europäischen Kommission legen Sie alle Zahlen auf den Tisch. Wieso machen Sie das nicht gegenüber dem österreichischen Nationalrat? Wieso machen Sie das nicht gegenüber den Österreicherinnen und Österreichern? Wieso legen Sie Ihren Plan nicht auf den Tisch? Das verstehe ich nicht, denn die Zahlen gibt es. Das ist nicht die Art und Weise, wie man als redlicher Finanzminister mit den Österreicherin­nen und Österreichern umgeht, da hat man reinen Wein einzuschenken. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ und NEOS.)

Also: Transparenz: nicht genügend.

Die wesentliche Frage in der Krise ist: Kommt die Hilfe auch an? – Wir haben jetzt circa Halbzeit in den Budgetverhandlungen, und das, was wir gemerkt haben, was wir in den Wahlkreisen hören – von den Betrieben, von den Friseuren (Zwischenruf des Abg. Michael Hammer), von den Kaffeehausbetreibern; ja, ich weiß, ich muss zum Friseur, am Freitag habe ich meinen Termin, keine Angst, das ist halt coronabedingt, das werden Sie mir hoffentlich nachsehen (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ) –, ist, dass das Geld nicht ankommt. Hier in den Diskussionen sagen die Minister selbst, dass de facto noch kaum Geld über diese Härtefallfonds ausbezahlt wurde.

Wir sehen, die Hilfe kommt bis jetzt nicht an, und das ist ein Problem, denn die Betriebe und die Arbeitnehmer brauchen diese Unterstützung, damit sie durch diese Krise kommen. Wenn das nicht funktioniert, verlieren wir unsere wirtschaftlichen Strukturen, haben wir eine Pleitewelle und eine Konkurswelle, die wir alle nicht wollen; ich hoffe, Sie wollen sie auch nicht. – Die Hilfe kommt also nicht an.

Das Dritte – weil der Nationalratspräsident gerade hier sitzt – ist etwas, das mich per­sönlich wirklich ärgert: Wir alle haben in der Krise den Systemerhaltern applaudiert – das sind die Reinigungskräfte, das sind die Hausarbeiter, das sind Portiere et cetera, die Leute, die die Arbeit machen, dass hier alles funktioniert (Ruf bei der SPÖ: ... Frauen!); es sind vor allem Frauen, ja, die diese Arbeit machen, auch im Parlament –, aber schauen wir uns den Personalplan des Präsidenten für das nächste Jahr an! Was macht er? – Er streicht 15 Stellen von den SystemerhalterInnen (Zwischenruf der Abg. Steinacker), von den Frauen, von den Reinigungskräften, von den Hausarbeitern, und stellt dafür 35 PR-Kräfte ein, also Leute, die Propaganda machen.

Herr Präsident, das geht nicht, dass man am Sonntag den SystemerhalterInnen, die ohnehin ganz wenig Geld verdienen, applaudiert, und dann streicht man die Stellen


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hier im Haus. Das sollten Sie zurücknehmen! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

12.04

12.04.53


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Bevor wir zu den Abstimmungen kommen, frage ich die Klubs, ob sie eine Sitzungs­unterbrechung wünschen oder ob wir in den Abstimmungsvorgang eintreten können. – Danke vielmals, dann wird die Sitzung fortgesetzt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ständigen Unterausschusses in ESM-Angelegenheiten, die dem Ausschussbericht 180 der Beilagen angeschlossene Ermächtigung gemäß § 74d Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit Abs. 2 der Geschäftsordnung zu erteilen.

Wer dem die Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Karin Doppelbauer, Kai Jan Krainer, Hubert Fuchs, Kolleginnen und Kollegen betref­fend „Vorlage eines korrekten Budgets durch den ÖVP-Finanzminister zur Beschluss­fassung durch das Parlament“.

Wer sich für diesen Entschließungsantrag ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

12.06.23Abstimmung über einen Fristsetzungsantrag


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Ab­ge­ordneten Krainer, Fuchs, Doppelbauer, dem Geschäftsordnungsausschuss zur Be­richterstattung über den Antrag 421/A eine Frist bis 25. Mai 2020 zu setzen.

Wer für diesen Fristsetzungsantrag ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

12.06.53Einlauf


Präsidentin Doris Bures: Ich gebe bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selb­ständigen Anträge 528/A bis 538/A eingebracht worden sind.

12.07.02Verlesung eines Teiles des Amtlichen Protokolls


Präsidentin Doris Bures: Es liegt mir das schriftliche Verlangen von 20 Abgeordneten vor, die vorgesehene Fassung des Amtlichen Protokolls hinsichtlich der Tagesord­nungspunkte 1 bis 5 zu verlesen, damit diese Teile mit Schluss der Sitzung als genehmigt gelten.

Ich verlese: 

Tagesordnungspunkt 1:

„Der ursprüngliche Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 28. April 2020 wird ge­mäß dem Ausschussantrag in 176 der Beilagen – bei Anwesenheit der verfassungs-


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mäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten – [...] gemäß Art. 42 Abs. 4 B-VG iVm § 82 Abs. 2 Z 3 GOG wiederholt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/1 EA wird [...] angenommen.“

Tagesordnungspunkt 2:

„Der ursprüngliche Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 28. April 2020 wird gemäß dem Ausschussantrag in 177 der Beilagen – bei Anwesenheit der verfas­sungs­mäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten – [...] gemäß Art. 42 Abs. 4 B-VG iVm § 82 Abs. 2 Z 3 GOG wiederholt.“

Tagesordnungspunkt 3:

„Der ursprüngliche Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 28. April 2020 wird gemäß dem Ausschussantrag in 178 der Beilagen – bei Anwesenheit der verfassungs­mäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten – [...] gemäß Art. 42 Abs. 4 B-VG iVm § 82 Abs. 2 Z 3 GOG wiederholt.“

Tagesordnungspunkt 4:

„Der ursprüngliche Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 28. April 2020 wird gemäß dem Ausschussantrag in 179 der Beilagen – bei Anwesenheit der verfas­sungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten – [...] gemäß Art. 42 Abs. 4 B-VG iVm § 82 Abs. 2 Z 3 GOG wiederholt.“

Tagesordnungspunkt 5:

„Die dem Ausschussbericht 180 der Beilagen angeschlossene Ermächtigung im Sinne des Art. 50b B-VG iVm § 74d Abs. 1 Z 1 GOG wird [...] erteilt.“

*****

Erheben sich Einwendungen gegen die Fassung oder den Inhalt dieser Teile des Amtlichen Protokolls? – Das ist nicht der Fall.

Diese Teile des Amtlichen Protokolls gelten daher gemäß § 51 Abs. 6 der Geschäfts­ordnung mit Schluss dieser Sitzung als genehmigt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 12.10 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

12.10.07Schluss der Sitzung: 12.10 Uhr

 

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