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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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788. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

 

Donnerstag, 7. Oktober 2010

 

 


Stenographisches Protokoll

788. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 7. Oktober 2010

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 7. Oktober 2010: 9.04 – 14.48 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 geändert wird (ZDG-Novelle 2010)

2. Punkt: Bericht des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport an das öster­reichische Parlament – Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2010

3. Punkt: Jahresvorschau des BMWF 2010 auf der Grundlage des „Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission“ sowie des „Achtzehnmonatsprogramms des Rates“

4. Punkt: Jahresvorschau des BMJ auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitspro­gramms der Europäischen Kommission für 2010 sowie des Achtzehnmonatspro­gramms des spanischen, belgischen und ungarischen Ratsvorsitzes

5. Punkt: Jahresvorschau des BMLFUW 2010 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission sowie des 18-Monatsprogramms des Rates

6. Punkt: EU-Arbeitsprogramm 2010 – Bericht des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend an das österreichische Parlament

7. Punkt: EU-Arbeitsprogramm 2010 – Bericht des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten an das österreichische Parlament

8. Punkt: Strategische Jahresplanung 2010 des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur auf der Grundlage des Arbeitsprogramms der Kommission sowie des 18-Monatsprogramms der spanischen, belgischen und ungarischen Präsidentschaften

9. Punkt: Jahresvorschau des BMVIT 2010 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates

*****

Inhalt

Bundesrat

Schreiben des Bundeskanzlers betreffend Umnominierung eines ordentlichen Mitgliedes und zweier stellvertretender Mitglieder im Ausschuss der Regionen gemäß Artikel 23c Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz ......................................................................................................................................... 34


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 2

Schreiben des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten Dr. Johannes Kyrle gemäß Artikel 50 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz betreffend Erteilung der Vollmacht zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung des Staates Katar über kulturelle Zusammenarbeit durch den Herrn Bundespräsidenten ................................. 35

Schreiben des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten Dr. Johannes Kyrle gemäß Artikel 50 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz betreffend Erteilung der Vollmacht zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Übereinkommen zur Errichtung eines funktionellen Luftraumblocks in Zentraleuropa (FAB CE) durch den Herrn Bundespräsidenten .............................................................................................. 36

Schreiben des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten Dr. Johannes Kyrle gemäß Artikel 50 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz betreffend Erteilung der Vollmacht zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über die Zu­sammen­arbeit auf dem Gebiet des Passwesens durch den Herrn Bundes­präsidenten ............ 39

Personalien

Verhinderungen ................................................................................................................ 7

Ruf zur Sache ................................................................................................................ 92

Fragestunde (151.)

Inneres ............................................................................................................................ 7

Christoph Kainz (1747/M-BR/2010); Elisabeth Grimling, Johann Ertl, Elisabeth Kerschbaum

Josef Kalina (1751/M-BR/2010); Friedrich Hensler, Elmar Podgorschek, Peter Zwanziger

Monika Mühlwerth (1750/M-BR/2010); Josef Saller, Monika Kemperle, Efgani Dönmez, PMM

Edgar Mayer (1748/M-BR/2010); Ing. Hans-Peter Bock, Cornelia Michalke

Günther Kaltenbacher (1752/M-BR/2010); Kurt Strohmayer-Dangl, Johann Ertl, Peter Mitterer

Günther Köberl (1749/M-BR/2010); Waltraut Hladny, Elmar Podgorschek, Peter Zwanziger

Manfred Gruber (1753/M-BR/2010); Josef Steinkogler, Johann Ertl, Elisabeth Kerschbaum

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ................................................................................................ ..... 33

Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend Aufenthalt von Mitgliedern der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union .......................................................  40, 41

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse .......................................................................... 42


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 3

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 41

Verhandlungen

1. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 22. September 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 geändert wird (ZDG-No­velle 2010) (871 d.B. und 885 d.B. sowie 8384/BR d.B.)               ............................................................................................................................... 42

Berichterstatter: Günther Köberl .................................................................................. 42

Redner/Rednerinnen:

Johann Ertl .............................................................................................................. ..... 42

Mag. Bettina Rausch .............................................................................................. ..... 44

Efgani Dönmez, PMM ...........................................................................................  46, 56

Mag. Gerald Klug .................................................................................................... ..... 48

Peter Mitterer .......................................................................................................... ..... 49

Kurt Strohmayer-Dangl ......................................................................................... ..... 51

Josef Kalina ............................................................................................................. ..... 52

Bundesministerin Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ............................................. ..... 55

Albrecht Konecny ................................................................................................... ..... 57

Dr. Andreas Schnider ............................................................................................. ..... 60

Mag. Harald Himmer .............................................................................................. ..... 60

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 61

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Bericht des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport an das österreichische Parlament – Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2010 (III-391-BR/2010 d.B. sowie 8385/BR d.B.) ............................................................................................................................... 61

Berichterstatter: Werner Stadler ................................................................................... 62

3. Punkt: Jahresvorschau des BMWF 2010 auf der Grundlage des „Arbeits­pro­gramms der Europäischen Kommission“ sowie des „Achtzehn­monatsprogramms des Rates“ (III-396-BR/2010 d.B. sowie 8386/BR d.B.) ......................................................................................................................................... 61

Berichterstatterin: MMag. Barbara Eibinger ................................................................ 63

4. Punkt: Jahresvorschau des BMJ auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission für 2010 sowie des Achtzehn­monatsprogramms des spanischen, belgischen und ungarischen Ratsvorsitzes (III-397-BR/2010 d.B. sowie 8387/BR d.B.) ....................... 62

Berichterstatterin: Mag. Muna Duzdar ......................................................................... 63

5. Punkt: Jahresvorschau des BMLFUW 2010 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission sowie des 18-Monatsprogramms des Rates (III-400-BR/2010 d.B. sowie 8388/BR d.B.) ................................................................................................................. 62

Berichterstatter: Michael Lampel ................................................................................. 63

6. Punkt: EU-Arbeitsprogramm 2010 – Bericht des Bundesministers für Wirt­schaft, Familie und Jugend an das österreichische Parlament (III-401-BR/2010 d.B. sowie 8389/BR d.B.) ................. 62


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 4

Berichterstatterin: Dr. Angelika Winzig ........................................................................ 64

7. Punkt: EU-Arbeitsprogramm 2010 – Bericht des Bundesministers für euro­päische und internationale Angelegenheiten an das österreichische Parlament (III-402-BR/2010 d.B. sowie 8390/BR d.B.)               ............................................................................................................................... 62

Berichterstatterin: Elisabeth Greiderer ........................................................................ 64

8. Punkt: Strategische Jahresplanung 2010 des Bundesministeriums für Unter­richt, Kunst und Kultur auf der Grundlage des Arbeitsprogramms der Kommission sowie des 18-Monatsprogramms der spanischen, belgischen und ungarischen Präsidentschaften (III-403-BR/2010 d.B. sowie 8391/BR d.B.)                       62

Berichterstatter: Michael Lampel ................................................................................. 64

9. Punkt: Jahresvorschau des BMVIT 2010 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates (III-407-BR/2010 d.B. sowie 8392/BR d.B.)   ............................................................................................................................... 62

Berichterstatter: Ewald Lindinger ................................................................................ 64

Redner/Rednerinnen:

Monika Mühlwerth .................................................................................................. ..... 64

Gottfried Kneifel ..................................................................................................... ..... 67

Cornelia Michalke ................................................................................................... ..... 70

Albrecht Konecny ................................................................................................... ..... 72

Elmar Podgorschek ..............................................................................................  74, 97

Elisabeth Kerschbaum .........................................................................................  76, 95

Edgar Mayer .................................................................................................................. 80

Monika Kemperle .................................................................................................... ..... 82

Efgani Dönmez, PMM ............................................................................................. ..... 84

Friedrich Hensler (tatsächliche Berichtigung) ............................................................. 86

Georg Keuschnigg ................................................................................................. ..... 86

Karl Boden ............................................................................................................... ..... 88

Franz Perhab ........................................................................................................... ..... 90

Dr. Andreas Schnider ............................................................................................. ..... 93

Bundesministerin Mag. Claudia Bandion-Ortner ............................................... ..... 96

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 2, den Bericht III-391-BR/2010 d.B. zur Kenntnis zu nehmen ........................................................................................................................... 98

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 3, den Bericht III-396-BR/2010 d.B. zur Kenntnis zu nehmen ........................................................................................................................... 98

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 4, den Bericht III-397-BR/2010 d.B. zur Kenntnis zu nehmen ........................................................................................................................... 99

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 5, den Bericht III-400-BR/2010 d.B. zur Kenntnis zu nehmen ........................................................................................................................... 99

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 6, den Bericht III-401-BR/2010 d.B. zur Kenntnis zu nehmen ........................................................................................................................... 99

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 7, den Bericht III-402-BR/2010 d.B. zur Kenntnis zu nehmen ........................................................................................................................... 99

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 8, den Bericht III-403-BR/2010 d.B. zur Kenntnis zu nehmen ........................................................................................................................... 99


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 5

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 9, den Bericht III-407-BR/2010 d.B. zur Kenntnis zu nehmen ........................................................................................................................... 99

Eingebracht wurden

Anfragen der Bundesräte

Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend verhallte Anzeigen wegen rechtswidriger Zurückschiebung tschetscheni­scher Asylsuchender (2773/J-BR/2010)

Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Konsequenzen der rechtswidrigen Rückschiebung tschetschenischer Asyl­suchender im November 2003 (2774/J-BR/2010)

Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Steuerbefreiung gemäß § 3 Abs. 1 Z 10 EStG (2775/J-BR/2010)

Dr. Magnus Brunner, LL.M, Edgar Mayer, Cornelia Michalke, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Kritik an der Bundesbeschaffungs-GmbH (BBG) beziehungsweise Verlängerung der befristeten Schwellenwerte-Verordnung (2776/J-BR/2010)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Bundesräte Mag. Bettina Rausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung des Pflicht­fachs Politische Bildung ab der 5. Schulstufe (2552/AB-BR/2010 zu 2759/J-BR/2010)

der Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Bundesräte Elisabeth Kerschbaum, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Kostensteigerung beim Projekt ITER (Kernfusion) (2553/AB-BR/2010 zu 2761/J-BR/2010)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Bun­desräte Cornelia Michalke, Dr. Magnus Brunner, LL.M, Edgar Mayer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot der Fahrgastaufnahme für Vorarlberger Taxiunter­nehmer (2554/AB-BR/2010 zu 2765/J-BR/2010)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Bundesräte Wolfgang Sodl, Kolleginnen und Kollegen betreffend befris­tete Legalität des Uhudlers (2555/AB-BR/2010 zu 2762/J-BR/2010)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bundesräte Cornelia Michalke, Dr. Magnus Brunner, LL.M, Edgar Mayer, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Verbot der Fahrgastaufnahme für Vorarlberger Taxi­unternehmer (2556/AB-BR/2010 zu 2764/J-BR/2010)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Bundesräte Cornelia Michalke, Dr. Magnus Brunner, LL.M, Edgar Mayer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot der Fahrgastaufnahme für Vorarlberger Taxiunternehmer (2557/AB-BR/2010 zu 2763/J-BR/2010)

der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Bun­desräte MMag. Barbara Eibinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Kampagne „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ (2558/AB-BR/2010 zu 2768/J-BR/2010)


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 6

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Bundesräte Elisabeth Kerschbaum, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Klimaschutzgesetz (2559/AB-BR/2010 zu 2766/J-BR/2010)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Bundesräte Mag. Bettina Rausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Digitalisierung des kulturellen Erbes (2560/AB-BR/2010 zu 2772/J-BR/2010)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Bundesräte Elisabeth Kerschbaum, Kolleginnen und Kollegen betref­fend unverantwortliches Sicherheitsrisiko durch geplante Laufzeitverlängerung der deutschen Atomkraftwerke (2561/AB-BR/2010 zu 2769/J-BR/2010)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Bundesräte MMag. Barbara Eibinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Kampagne „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ (2562/AB-BR/2010 zu 2767/J-BR/2010)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Bundesräte Efgani Dönmez, PMM, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nachfrage zur Anfragebeantwortung (5227/AB, XXIV. GP) kolportiertem Zuweisungsstopp von Zivildienstleistenden an anerkannte Zivildiensteinrichtungen (2563/AB-BR/2010 zu 2770/J-BR/2010)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Bundesräte Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Transparenzbedarf bei Einkommen und Steuer­aufkommen aus der Landwirtschaft“(2564/AB-BR/2010 zu 2771/J-BR/2010)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Bundesräte Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen betreffend Konsequenzen der rechtswidrigen Rückschiebung tschetschenischer Asylsuchender im November 2003 (2565/AB-BR/2010 zu 2774/J-BR/2010)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Bundesräte Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen betreffend verhallte Anzeigen wegen rechtswidriger Zurück­schiebung tschetschenischer Asylsuchender (2566/AB-BR/2010 zu 2773/J-BR/2010)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Bundesräte Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen betreffend Steuerbefreiung gemäß § 3 Abs. 1 Z 10 EStG (2567/AB-BR/2010 zu 2775/J-BR/2010)


 


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 7

09.03.52Beginn der Sitzung: 9.04 Uhr

 


Präsident Martin Preineder: Geschätzte Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 788. Sitzung des Bundesrates.

Das Amtliche Protokoll der 787. Sitzung des Bundesrates vom 22. Juli 2010 ist aufge­legen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Als verhindert gemeldet sind die Mitglieder des Bundesrates Mag. Wolfgang Erlitz, Stefan Schennach (Oh-Rufe bei der ÖVP) und Dr. Eduard Kühnel.

09.05.04Fragestunde

 


Präsident Martin Preineder: Wir gelangen somit zur Fragestunde.

Ich darf dazu Frau Bundesministerin Dr. Maria Fekter bei uns herzlich willkommen heißen. (Allgemeiner Beifall.)

Bevor ich jetzt – um 9.05 Uhr – mit dem Aufruf der Anfragen beginne, weise ich darauf hin, dass ich die Fragestunde im Einvernehmen mit den beiden Vizepräsidenten, um die Behandlung aller mündlichen Anfragen zu ermöglichen, auf bis zu 120 Minuten erstrecken werde.

Bundesministerium für Inneres

 


Präsident Martin Preineder: Wir kommen nun zur 1. Anfrage an die Frau Bundes­ministerin für Inneres, und ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Kainz, um die Verlesung seiner Frage.

 


Bundesrat Christoph Kainz (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Viele Maßnahmen wurden in der letzten Zeit gesetzt, um die Kriminalität zu senken. Polizistinnen und Polizisten leisten täglich hervorragende Arbeit.

Daher meine Frage an Sie, Frau Bundesministerin:

1747/M-BR/2010

„Wie hat sich die Kriminalität im ersten Halbjahr 2010 entwickelt?“

 


Präsident Martin Preineder: Frau Bundesminister, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Hoher Bundesrat! Herr Präsident! Ganz kurz: Im ersten Halbjahr gab es besonders bei sensiblen Krimi­nalitätserscheinungen gravierende Rückgänge. Sehr erfreulich! Und dieser erfreuliche Trend setzte sich auch im dritten Quartal fort.

Wir werden heute im Innenministerium die Quartalszahlen bekanntgeben, ich kann sie Ihnen daher auch hier bereits nennen. Wir haben im ersten Halbjahr einen Rückgang um 29 196 Straftaten zu verzeichnen. Die Aufklärungsquote blieb konstant. Vom ersten bis zum dritten Quartal ist die Kriminalität in Österreich um 9,5 Prozent gesunken. Be­sonders bei sensiblen Delikten gibt es gravierende Rückgänge. Für die Gesamt­krimi­nalität bedeutet der Rückgang 41 772 Straftaten weniger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Aufklärungsquote konnte im gleichen Zeitraum um ein Prozent erhöht werden. Die Zahl der Einbrüche in Wohnungen ging beispielsweise um 19 Prozent, jene in Einfami­


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 8

lien­häuser um 40 Prozent zurück. In den ersten drei Quartalen wurde in 7 424 Woh­nungen eingebrochen. Im Jahr 2009 waren es noch über 9 000 Wohnungen.

In den ersten drei Quartalen wurden um 51,9 Prozent weniger Kraftfahrzeuge gestoh­len. Das bedeutet, dass um etwa 2 000 Kraftfahrzeuge weniger gestohlen wurden als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Die Zahl der Einbrüche in Kfz ging um 20 Pro­zent zurück.

Sie können erkennen, dass unsere Arbeit in der Kriminalitätsbekämpfung ausge­sprochen erfolgreich war.

Auch in den Bundesländern sind die Rückgänge signifikant. Ich möchte hervorheben: In Salzburg ging die Kriminalität um 12,5 Prozent zurück, in Niederösterreich um 12,4 Prozent, in Oberösterreich um 11,7 Prozent, und auch im Ballungsraum Wien ging die Kriminalität um 10,4 Prozent zurück.

Gleichzeitig haben wir enorm hohe Aufklärungsquoten, nämlich in Vorarlberg 56,9 Pro­zent, im Burgenland 51,3 Prozent und auch in Oberösterreich fast 50 Prozent Aufklä­rungsquote.

Unsere Maßnahmen, unser Gesamtplan sind von Erfolg gekrönt, und darauf bin ich sehr stolz. Ich bedanke mich bei der Exekutive. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bun­desrates Zangerl.)

 


Präsident Martin Preineder: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat Kainz.

 


Bundesrat Christoph Kainz (ÖVP, Niederösterreich): Zu dieser Sicherheits­erfolgs­bilanz darf man wirklich herzlichst gratulieren! Wir wissen auch und ich weiß auch, dass Sie mit Sonderkommissionen wie der Sonderkommission Kfz oder auch der SOKO Ost versuchen, gezielt Maßnahmen gegen die organisierte Kriminalität zu setzen.

Ich bin selbst Bürgermeister der Weinbaugemeinde Pfaffstätten in Ostösterreich und weiß daher um die Bedeutung der SOKO Ost.

Daher meine Frage: Welche Erfahrungen haben Sie mit den von Ihnen eingerichteten Sonderkommissionen gemacht?

 


Präsident Martin Preineder: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Wir haben vor zirka eineinhalb Jahren die SOKO Ost gegründet. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es war erstmalig, dass die Landespolizeikommandos Niederösterreich, Burgenland und Wien operativ zusammengearbeitet haben. Vorher war die Landesgrenze undurchdringlicher als der Eiserne Vorhang. Das heißt, da durfte die Polizei bis zur Lan­desgrenze fahren, dann musste sie den Fall an die andere Polizei übergeben und diese wieder an die dritte. Das war nicht effizient genug, daher wurde die SOKO Ost eingerichtet.

Ich kann mich noch gut erinnern, wie über das, was ich da aufgesetzt habe, gespöttelt wurde. Die SOKO Ost war aber erfolgreich. Wir waren im Fahndungsdruck und bei den Schwerpunktaktionen erfolgreich. Und aus der SOKO Ost heraus haben wir erkannt, dass wir spezielles Know-how auch für eine SOKO KFZ haben.

Es gab eine Gruppe von Experten, die aus dem Burgenland stammten. Auch durch ihre Arbeit an den Grenzen haben diese ein Know-how bezüglich der Kfz-Ver­schiebungen aufgebaut. Wir haben daher eine SOKO KFZ im Burgenland eingerichtet. Dort haben wir das Know-how mit Experten aus Verkehrspolizei, Kriminalpolizei und Grenzpolizei gebündelt.


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 9

Wir konnten mit der SOKO KFZ – inzwischen ist diese ein Jahr alt – 122 mutmaßliche Täter ausforschen, 47 davon wurden festgenommen. Wir haben Fahrzeuge im Gesamt­wert von 3,3 Millionen € sichergestellt, und es gab bei dieser SOKO KFZ 159 Fahndungsmaßnahmen, 16 Hausdurchsuchungen und 54 DNA-Spuren.

Die SOKO KFZ hat als Expertengruppe dermaßen großen Erfolg, dass wir jetzt auch eine SOKO KFZ im Westen einrichten werden – diese wird im Bundesland Oberösterreich installiert werden –, um die Kfz-Verschiebungen mit der dazugehörigen organisierten Kriminalität, die sich auch in den westlichen Bundesländern breit macht, zu stoppen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Martin Preineder: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Bundesrätin Grimling.

 


Bundesrätin Elisabeth Grimling (SPÖ, Wien): Guten Morgen, Frau Bundesministerin! Die Gesellschaft entwickelt sich und verändert sich. Noch rascher ist dies bei der Technologie der Fall. In welchen Bereichen, zum Beispiel Internet, haben sich die Deliktsfälle überproportional entwickelt, und wie geht Ihr Ressort vor, um diese speziel­len Deliktsformen effektiv zu bekämpfen?

 


Präsident Martin Preineder: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Es ist richtig, dass Cybercrime ein neues Phänomen ist, das uns intensivst beschäftigt. Bezüglich Cybercrime haben wir eine eigene Gruppe von Spezialisten im Bundeskriminalamt. Wir haben dort auch eine Ansprechgruppe, bei der die Bevölkerung Internetdelikte, die sie erkennt, melden kann – denken Sie an Kinderpornographie-Seiten oder andere Inter­net­delikte. Die Spezialisten des Bundeskriminalamtes entwickeln dafür ganz klare Strategien, die dann an die Landeskriminalämter weitergegeben werden.

Derartige Phänomene sind aber nur gesamthaft zu bekämpfen. Diesbezüglich arbeiten wir auch mit der Justiz zusammen. Denn wenn sich die Provider nicht in Österreich befinden, müssen wir international Kontakt aufnehmen. Bedauerlicherweise haben wir es dann sehr häufig mit so genannten – unter Anführungszeichen – „entlegenen Des­tinationen“ – Inselstaaten – zu tun, wo die Provider versteckt sind.

Internetkriminalität ist aber weltweit fast überall verboten und wird genauso geahndet wie die normale Kriminalität. Nur, die Kontaktaufnahme, damit die dortigen Staaten dann auch aktiv werden, ist ein mühsamer Weg.

Ich werde morgen zu Europol fahren, wo ich genau dieses Phänomen ansprechen werde. Gewisse Dinge müssen wir auf europäischer Ebene lösen. Aber auch Interpol muss uns helfen, um außerhalb der EU tätig werden zu können.

 


Präsident Martin Preineder: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Ertl.

 


Bundesrat Johann Ertl (FPÖ, Niederösterreich): Guten Morgen, Frau Minister! Laut Drogenbericht des Innenministeriums beherrschen nach wie vor westafrikanische Gruppierungen, welche sich aus Personen mit Asylstatus rekrutieren, die offene Drogenszene.

Meine Frage: Wie hat sich die offene Drogenkriminalität in Wien diesbezüglich ent­wickelt?

 


Präsident Martin Preineder: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Wir haben in Wien bereits seit mehreren Monaten einen Anti-Drogen-Schwerpunkt gesetzt. Das spürt die Bevölkerung auch.


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 10

Wir haben beispielsweise massive Maßnahmen am Karlsplatz gesetzt, sodass wir dort die offene Drogenszene verdrängen konnten. Wir haben den Schwedenplatz drogen­freier gestaltet. Wir haben die U-Bahn-Streifen im Drogenbereich massivst verstärkt, weil wir wissen, dass der „Ameisenhandel“, die kleine Drogendealerszene sich entlang der öffentlichen Verkehrsmittel verstreut. Wir haben dann versucht, die Plätze, wohin die Szene ausgewichen ist, wiederum durch Fahndungsdruck in der Drogenszene zu stören.

Wenn man die Drogenszene in Ruhe lässt, entwickelt sich das Angebot. Und Angebot erzeugt Nachfrage. Das ist für unsere Jugend schlecht. Daher ist es mir ein massives Anliegen, dass wir in der Drogenszene nicht nachlassen. Ich habe kein Verständnis dafür, wenn die internationale organisierte Drogenkriminalität glaubt, Wien wäre der ideale Markt.

Wir wissen aus früheren Jahren, dass die Szene einerseits durch Nordafrikaner ge­speist wird und dass der Drogenhandel von diesen Gruppierungen organisiert wird. Das verändert sich derzeit massiv. Wir erkennen momentan, dass in der Szene ein Umbruch herrscht und Balkanbanden, Balkangruppierungen sich verstärkt bei uns breit machen, und zwar über ganz neue Suchtsubstanzen und andere Konsistenzen der Substanzen.

Auch das haben wir ganz gezielt im Auge und haben Schwerpunkte gesetzt und Strukturermittlungen durchgeführt. Wir wollen ja nicht nur den kleinen Dealer, der mit einer geringen Menge angetroffen wird, schnappen, sondern wir wollen auf alle Fälle auch die organisierte Kriminalität dahinter eindämmen.

Ich verhehle aber nicht, dass es mir große Sorge bereitet, dass das Gesetz, das ich in den neunziger Jahren selbst mit verhandelt und mit beschlossen habe, nämlich unter dem Motto „Therapie statt Strafe“, in dem wir den Besitz geringer Mengen eigentlich nicht ahnden, zwar gut gemeint war, weil wir die Drogensüchtigen als krank betrachten und ihnen nicht den Weg im Leben verbauen wollten, doch über weite Strecken von der organisierten Kriminalität massivst und weidlichst ausgenützt wird und uns die Kriminalitätsbekämpfung enorm erschwert.

Ich wünsche mir daher auch eine Diskussion darüber, ob wir nicht durch den gut gemeinten Ansatz, dass wir den Jungen nicht das Leben verbauen wollen, wenn sie einmal mit einer geringen Suchtgiftmenge erwischt werden, der organisierten Krimina­lität im „Ameisenhandel“, in der offenen Szene Tür und Tor geöffnet haben. Denn im „Ameisenhandel“ erwischen wir nur solche, die eine geringe Menge bei sich haben. Und diesen können wir gar nichts tun. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Martin Preineder: Letzte Zusatzfrage zu dieser Frage: Bitte, Frau Bundesrätin Kerschbaum.

 


Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Ministerin! Zu einem funktionierenden Asylwesen gehört es natürlich auch, dass man Menschen nach Ablehnung des Asylantrags irgendwann einmal abschieben kann.

Meine Frage: Wie können Sie es mit Ihrem christlich-sozialen Gewissen und mit den Menschenrechten vereinbaren, wenn Kinder – wie das vor Kurzem der Fall war – in Schubhaft genommen werden und in aller Früh zuhause von der Polizei abgeholt werden?

 


Präsident Martin Preineder: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Hinter jedem Einzelfall steht natürlich auch ein menschliches Schicksal. Ich kann es aber mit meinem christlichen Verständnis vereinbaren, dass man kleine Kinder nicht vom Vater


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trennt. (Bundesrat Gruber: Aber von der Mutter! Um halb sechs in der Früh!) Die Mutter liegt im Krankenhaus, und man kann Kinder auch nicht ins Krankenhaus bringen, nur weil die Mutter im Krankenhaus liegt. (Bundesrat Gruber: Schwer bewaff­nete Polizisten, um halb sechs in der Früh! Da kriegt man die Ganslhaut!)

Wenn beispielsweise Asylwerber bereits seit Jahren gewusst haben, dass ihr Antrag aussichtslos ist, aber immer neue Anträge stellen, eine Fülle von ausschließlich negativen Bescheiden erhalten haben – über die Jahre hinweg nur negative Bescheide! –, aber nicht zur Kenntnis nehmen wollen, dass sie nicht in Österreich bleiben können, wenn dann höchstgerichtlich geprüft wird, ob humanitäres Aufent­haltsrecht gerechtfertigt gewährt werden kann, das aber höchstgerichtlich ver­neint wird – hier im Hohen Haus, auch hier im Bundesrat wurde das Gesetz beschlossen (Bundesrat Gruber: Leider!), dass der humanitäre Aufenthalt geprüft wird, und zwar in jedem Verfahren (Bundesrat Gruber: Leider! Ruf bei der ÖVP: Leider? Bundesrat Gruber: Leider in der Form schon! Bundesrat Kainz: Habt ihr mitgestimmt oder nicht?!) –, wenn also das alles geschehen ist und wenn dann die Familien aufgefordert werden, freiwillig die Reise anzutreten, um dann einen legalen Weg zu suchen wiederzukommen, dann muss das Gesetz natürlich auch vollzogen werden; das halte ich für selbstverständlich.

Gut Integrierte, die einen Arbeitsplatz haben, die qualifiziert und unbescholten sind, können es ja über einen legalen Zuwanderungsweg versuchen – es sind immerhin über 460 000 Fremde in Österreich beschäftigt! –, freiwillig ausreisen, einen legalen Weg suchen, in Österreich bleiben zu können, und müssen es nicht justament über die illegale Schiene versuchen. (Beifall bei Bundesräten der ÖVP.)

Selbstverständlich bekommt die Mutter ärztliche Versorgung, wenn sie eine solche braucht (Bundesrat Gruber: Sie braucht ihre Familie, nehme ich an! ... Krankheitsbild! Das ist ein Wahnsinn!), aber ich stehe dazu, dass wir alle Fälle gleich behandeln. Man kann nicht willkürlich einen Fall anders behandeln als alle anderen, und wir haben noch Tausende dieser Fälle in der Pipeline. Ich rate all diesen Familien, so zu handeln, wie ich es gerade ausgeführt habe. Und besonders der Beratungsinfrastruktur – besonders der Beratungsinfrastruktur! – rate ich, diesen Menschen zu sagen, ob ein legaler Auf­ent­halt möglich ist oder nicht, und sie nicht drei Tage vor einer Wahl für ein mediales Spektakel zu missbrauchen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie der Bundesräte Zangerl, Zwanziger und Mitterer.  Bundesrat Gruber: Da wird mir schlecht, wenn ich so etwas höre! Bundesrat Mag. Himmer: Ungeheuerlich! ... Wahlkampf! Bundesrat Gruber: Wenn jemand ein Herz hat, ist es unerhört! Bundesrat Mag. Himmer: Kein Benehmen! Du hast ein Benehmen wie euer Comic!)

 


Präsident Martin Preineder: Ich bitte, sich später in der Debatte zu Wort zu melden!

Wir kommen nun zur 2. Anfrage. Anfragesteller ist Herr Bundesrat Kalina. – Bitte.

 


Bundesrat Josef Kalina (SPÖ, Wien): Frau Bundesministerin, meine Frage lautet:

1751/M-BR/2010

„In Österreich fällt in letzter Zeit eine Häufung von rechtsradikalen Aktivitäten auf – so gab es 2009 396 Anzeigen nach dem Verbotsgesetz. Was haben Sie unternommen, um solche Aktivitäten wirksam zu bekämpfen?“

 


Präsident Martin Preineder: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Im Bericht des Bundesverfassungsschutzes wird jährlich detailliert aufgelistet, wie sich die rechts­radikale Szene entwickelt. Wir haben diesbezüglich keine überproportional hohen Zu­


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nahmen zu verzeichnen, sondern in etwa eine gleichbleibende Szene auf konstantem Niveau.

Die Bevölkerung ist aber, was rechtsradikale, nach dem Verbotsgesetz zu ahndende Delikte betrifft, wesentlich sensibler geworden. Veranstaltungen, die früher von Wirten noch geduldet wurden, werden heute beispielsweise von ihnen angezeigt. Ich möchte hier aber schon klarstellen, dass sich nicht alle Delikte, die nach dem Verbotsgesetz angezeigt wurden, aus der echten rechtsradikalen Szene herauskristallisiert haben.

Herr Kalina, nehmen wir das Beispiel Ebensee her – ich bin selbst Oberösterreicherin –: Sie wissen ganz genau, dass die Jugendlichen, die so grauslich und pietätslos vorge­gangen sind – es gibt ja jetzt auch einen Prozess –, nicht aus einer rechtsradikalen Szene stammten, sondern aus sozialdemokratischem Hause. (Ironische Heiterkeit bei der FPÖ.)

Das heißt, da muss man schon unterscheiden, was die eigentliche rechtsradikale Szene ist und was andere nach dem Verbotsgesetz angezeigte Delikte sind, die natürlich zu ahnden sind, damit sich keine rechtsradikale Szene entwickelt. Sehr unangenehm sind beispielsweise Schmierereien in Mauthausen, sehr unangenehm sind auch andere Schmierereien.

Folgende präventive Maßnahmen wurden gesetzt: Zwischen den Landesämtern für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung und den regionalen Stadt- und Lan­desschulräten besteht regelmäßiger Kontakt, und wir haben besondere Informations­ver­anstaltungen durch die Sicherheitsbehörden zum Thema Rechtsextremismus auf Anfrage der Schulen erweitert, weil wir glauben, dass es in manchen Bereichen seitens der Jugendlichen diesbezüglich an Unrechtsbewusstsein mangelt.

Zur Sensibilisierung von Gewerbetreibenden – denken Sie an die Wirte oder andere Veranstalter – wurden eigene Informationsfolder zum Thema geschlossene rechts­extre­mistische Veranstaltungen aufgelegt und über die einschlägigen Interessen­vertre­tun­gen verbreitet.

Es gab auch Kontaktaufnahmen der Sicherheitsbehörden zu Vermietern von Räum­lichkeiten für derartige Veranstaltungen – zu deren Information beziehungsweise Sensibilisierung. Daher gibt es jetzt auch mehr Anzeigen.

Weitere Maßnahmen waren: gemeinsame Projekte der Staatsschutzstellen mit sozial­wissenschaftlichen Einrichtungen hinsichtlich der Aufarbeitung potenziell rechtsextre­mis­tischer Täterkreise, verstärkter Informationsaustausch mit ausländischen Sicher­heitsbehörden. Denken Sie nur daran, dass das österreichische Verbotsgesetz wesent­lich strenger ist als jenes in Bayern. Deshalb weichen die echten extremistischen Gruppen nach Bayern aus. Wir stehen daher auch mit den bayrischen Behörden in intensivem Kontakt.

Bei den Sicherheitsbehörden und bei der Exekutive gibt es weiters eine ergänzende Aus- und Weiterbildung im Zusammenhang mit den neuen Erscheinungsformen, denn während die rechtsextremistischen Gruppierungen früher in ihrer Erscheinung noch äußerlich erkennbar waren, weil sie sich mit nonverbalen Kommunikationsmitteln – Stiefeln, Schuhen, Kleidung et cetera – ganz gezielt auch im äußeren Erscheinungsbild deklariert haben, erkennen wir heute, dass extremistische Gruppen nicht mehr so pseudo-uniformiert auftreten. Auch in diesem Bereich schulen wir die Exekutive, um das zu erkennen.

Bei entsprechenden Informationslagen erfolgt vermehrte Streifentätigkeit, eine schwer­punktmäßige Überwachung von sensiblen Objekten und vor allem auch eine intensive Zusammenarbeit der Verfassungsschutzbehörden mit den Landespolizeikommanden.


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Sie erkennen daran, Herr Kalina, dass ich das Thema sehr ernst nehme. Ich stamme, wie gesagt, aus Oberösterreich. Jeder oberösterreichische Schüler, jede oberöster­reichische Schülerin war mindestens ein Mal in Mauthausen. Ich komme aus Attnang-Puchheim, das unter den Kriegsschäden massiv gelitten hat. Die Sensibilisierung bei uns zu Hause ist so groß, dass ich diese Sensibilität auch in meiner Amtsführung walten lasse. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie der Bundesräte Zangerl und Mag. Klug.)

 


Präsident Martin Preineder: Wird vom Anfragesteller eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat.

 


Bundesrat Josef Kalina (SPÖ, Wien): Frau Minister, offensichtlich zieht der seit Längerem gepflogene, sehr extreme und rassistische Ton von HC Strache diese Szene magisch an. Es häufen sich Medienberichte über Aktivitäten von Leuten, die dem rechtsradikalen Lager zuzuordnen sind, eindeutig in Richtung FPÖ. Zuletzt hat im September das Magazin „NEWS“ aufgedeckt (Bundesrätin Mühlwerth: „NEWS“: Nicht ein Wort stimmt!): Hooligans, Neonazis, Burschenschafter, die vielfältigen Kontakte von Straches radikalen Wahlhelfern, alles Aktivitäten, die meiner Meinung nach nach dem Verbotsgesetz – und auch wenn man die Fotos betrachtet – zu ahnden sind.

Daher meine Frage an Sie, Frau Bundesministerin: Haben die Behörden nach diesen Medienberichten – das ist ja nicht der einzige darüber – Aktivitäten gesetzt bezie­hungsweise gibt es da schon Ergebnisse?

 


Präsident Martin Preineder: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Sie wissen, Herr Kalina, die Behörden haben Aktivitäten gesetzt. Es wurde Anzeige erstattet, und die Staatsanwaltschaft hat um Herausgabe jener Bänder gebeten, die zeigen sollen, ob es sich hiebei tatsächlich um Anstiftung beispielsweise zur Verbreitung rechtsradikaler Parolen gehandelt hat. Das Oberlandesgericht hat einen Beschluss gefasst, dass der ORF diese Bänder herausgeben muss, weil ja die Frage im Raum steht, dass da der ORF sozusagen etwas mit Schauspielern produziert hat – und dass das nicht doku­mentarisch war, obwohl der ORF das als Dokumentation bezeichnet und gesendet hat. (Ruf bei der SPÖ: Themaverfehlung!)

Um diese Frage gerichtlich zu klären, sind die Bänder herauszugeben, eben durch Gerichtsbeschluss. Dass sich der ORF weigert, einem Gerichtsbeschluss zu folgen, halte ich für einen Skandal pur!

Mehr möchte ich dazu nicht sagen (Bundesrat Gruber: Ist eh besser!), bevor nicht geklärt ist, ob diese Medienberichte ein Spielfilm oder eine Dokumentation waren. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Martin Preineder: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Hensler.

 


Bundesrat Friedrich Hensler (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Bundes­minister, es wird hier immer nur von Rechtsradikalen gesprochen.

Meine Frage – da es ja auch Linksradikale gibt –: Wie schauen die Maßnahmen Ihres Ressorts in diesem Bereich aus? (Ah-Rufe bei der SPÖ.)

 


Präsident Martin Preineder: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Wir haben auch eine sehr beachtliche linksradikale Szene, eine extremistische Szene, die uns immer gerade auch dann Sorgen bereitet, wenn diese – im Hinblick auf Gegendemonstrationen zu Strache – selbst gewaltbereit ist und selbst Gewalt bei Demonstrationen anwendet. Wir beobachten diese Gruppe natürlich auch im Hinblick auf ihre Maßnahmen. Selbst­


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verständlich hat auch die linksradikale Szene das Recht der Versammlungsfreiheit und das Recht, zu demonstrieren. Das, was wir jedoch nicht dulden können, ist, wenn zwei Gruppen aufeinanderprallen und es dann zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kommt.

Dass in den Deliktgruppen die linksradikale Szene nicht in dem Ausmaß vorkommt wie die rechte Szene, ist dadurch bedingt, dass es in der Strafgesetzgebung die Ver­botsgesetze gibt und daher alle Delikte nach dem Verbotsgesetz automatisch der rechten Szene zugeordnet werden.

Sachbeschädigungen, Körperverletzungen et cetera durch Linksradikale gehen als „normale“ Sachbeschädigungsdelikte in die Statistik ein und werden nicht gezielt und eigens dieser Szene zugeordnet. Außer wenn es um linksradikale organisierte Grup­pierungen geht, wenn das also mit organisierter Kriminalität verbunden ist – wie das beispielsweise bei extremistischen Tierschützern der Fall ist, die sehr signifikante Straftaten verübt haben, wobei das ohnehin gerichtsanhängig ist –, dann können wir das gezielt diesen Gruppierungen zuordnen.

Wir wollen natürlich auch, was die linksradikale Szene betrifft, aktiv werden. Es gibt mehrere Präventionsmaßnahmen für diesen Bereich, insbesondere infolge verstärkter Bereitschaft, bei direkter Konfrontation dem politischen Gegner gewalttätig zu begeg­nen. Bei Demonstrationen versuchen wir daher, beide Gruppierungen in ihrer Ver­sammlungsfreiheit dahin gehend zu schützen, dass wir sie abschotten und auseinan­derhalten. Es gibt Kontaktaufnahme mit den Sicherheitsbehörden und den Organisa­toren solcher Veranstaltungen.

Wir haben einen verstärkten Informationsaustausch auch mit dem Ausland, weil wir registrieren müssen, dass es in Bezug auf so manche Themenbereiche auch aus­ländische Gruppierungen gibt, die in unser Land kommen und hier ihr Demonstra­tionsrecht ausüben wollen und linksextremistische Aktivitäten in Österreich durchführen wollen.

Ebenso beobachten wir natürlich auch einschlägige Internetauftritte.

Und selbstverständlich steht in der Grund- und Fortbildung unserer Exekutivbeamten auch das Thema Linksextremismus auf der Tagesordnung. Exekutivbeamte werden besonders geschult, um eben rasch erkennen zu können, wo eine Gefahrenlage entstehen könnte.

Wir untersagen auch Veranstaltungen, wenn wir durch diese eine Gefahr für die öffentliche Ruhe und Ordnung erkennen, und wir setzen selbstverständlich, wenn es solche Versammlungen und Veranstaltungen gibt, vermehrt Streifentätigkeit und Überwachung in sensiblen Bereichen ein.

Im ersten Halbjahr 2010 wurden insgesamt 162 Anzeigen bei den Sicherheitsbehörden registriert. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres waren es 49. Allein daran kann man erkennen, dass es da einen signifikanten Anstieg gibt, der linksextremistischen Gruppierungen und Aktivisten zugeordnet wird.

Und um welche Delikte geht es dabei? – 35 Körperverletzungen, 10 Landfriedens­brüche, 16 Mal Widerstand gegen die Staatsgewalt, 4 tätliche Angriffe auf Beamtinnen und Beamten, 92 Sachbeschädigungen – zum Vergleich das Vorjahr: 42 Sachbe­schädigungen – und ein Diebstahl. (Beifall des Bundesrates Zwanziger.)

 


Präsident Martin Preineder: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Podgorschek.

 


Bundesrat Elmar Podgorschek (FPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Bun­desminister! Da meine Fraktion – im Gegensatz zur Behauptung von Herrn Kalina –


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Extremismus in jeglicher Form ablehnt und wir nicht nur, dem offensichtlichen Zeitgeist entsprechend, in eine Richtung blicken, möchten wir von Ihnen wissen: Wie schaut die Entwicklung 2009/2010 bei Delikten aus, die von radikalen islamistischen Gruppen began­gen werden?

Präsident Martin Preineder: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Wir erfassen die begangenen Delikte nicht nach Glaubensbekenntnissen. Eine derartige Statistik wird nicht geführt, aber wir beobachten radikal-islamistische Gruppierungen in Österreich sehr genau. Im Verfassungsschutz-Bericht wird aufgelistet, dass es beispielsweise Kon­vertiten gibt, die sich in Pakistan beziehungsweise in der Grenzregion zu Afgha­nistan in Terrorcamps aufgehalten haben, Personen, die Kontakte zu Al-Kaida halten und sich unter Umständen als Schläferzellen hier in Österreich aufhalten.

Weiters weise ich darauf hin, dass es erst jüngst eine Terrorwarnung für Europa gab, worauf wir selbstverständlich die Sensibilisierung diesbezüglich enorm erhöht haben, insbesondere auch im Hinblick auf Personen, von denen wir wissen, dass sie Kontakt zu extremistischen islamischen Gruppierungen haben.

Wir hatten eine strafrechtliche Verurteilung – das ist ohnehin bekannt – und dazu­gehörige Prozesse, auch bis zu den Höchstgerichten. Wir sind hier sensibel und aufmerksam.

Im Hinblick auf die Szenen, die da in Europa stattfinden, sind wir auch in intensivem Kontakt einerseits mit unseren befreundeten Diensten in den Nachbarländern, aber auch mit den USA. Ich begrüße diesbezüglich auch das erst kürzlich verhandelte Prüm-Like-Abkommen mit den USA, weil wir damit einen Datenaustausch pflegen können, nämlich nicht als Einbahnstraße Richtung USA, sondern wir bekommen jetzt auch gezielt sehr rasch Informationen von den USA, wenn sich islamistische Grup­pierungen in Richtung Europa bewegen.

 


Präsident Martin Preineder: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat ...

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: In Ergänzung zum vorhin Gesagten zu islamistischen Gruppierungen: Wir hatten eine Fülle von Straftaten größeren Ausmaßes im Jahr 2009 von türkischen Islamgläubigen gegen türkische Einrichtungen, türkische Geschäfte, Konsulate et cetera. Da gab es eine ganze Anschlagsserie. Die hat sich aber dann wieder beruhigt, und heuer ist mir persönlich kein detailliertes Delikt bekannt.

 


Präsident Martin Preineder: Danke für die Ergänzung. – Herr Bundesrat Zwanziger, bitte.

 


Bundesrat Peter Zwanziger (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehrte Frau Bundesministerin, seit dem Jahr 2000 ist die Zahl der gewalttätigen Attacken gegen Exekutivbeamte um 41 Prozent gestiegen. Im ersten Halbjahr 2010 waren es 498 tätliche Angriffe.

Meine Frage: Ist Ihnen eigentlich bekannt, wie viele dieser Angriffe auf Exekutivbeamte einen linksextremistischen Hintergrund haben? (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

 


Präsident Martin Preineder: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Bedauerlicherweise ist der Polizeidienst gefährlich, und bedauerlicherweise haben wir im Jahr mehr als 2 000 verletzte Polizistinnen und Polizisten. Manche dieser Verletzungen sind enorm lebensgefährlich.


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Wir registrieren auch bei den Tätern zunehmende Aggressivität. Wir registrieren, dass der Widerstand gegen die Staatsgewalt auch mit Waffen erfolgt, beispielsweise dass Verdächtige oder Personen, die die Polizei festzunehmen versucht, Polizistinnen und Polizisten mit einem Messer attackieren.

Im Hinblick auf Ihre Frage bezüglich Hintergrund ist es so, dass das nur in Bezug auf Delikte festgestellt werden kann, beispielsweise Widerstand gegen die Staatsgewalt. Wenn wir etwa 16 Mal Widerstand gegen die Staatsgewalt bei Eskalationen im Rah­men von linksextremen Veranstaltungen haben, dann ist das eindeutig zuordenbar. Das haben wir heuer gehabt. Aber ansonsten würde ich das nicht anders sehen, als wenn beispielsweise die rechte Szene bei Ausschreitungen bei Veranstaltungen Widerstand gegen die Staatsgewalt leistet.

Direkte gefährliche Angriffe gegen die Polizei sind nicht rechts oder links motiviert, son­dern erfolgen in anderen Extremlagen. Denken Sie beispielsweise an Junkies, die dann in ihrer extremen Haltung die Polizei attackieren. Denken Sie an die organisierte Kriminalität, wo die Kriminellen glauben, der Polizei noch entkommen zu können. Denken Sie an jenen Täter, der eigentlich bei einer Verkehrskontrolle auf den Polizisten geschossen hat. Das sind die unangenehmen Delikte gegen die Polizei.

 


Präsident Martin Preineder: Damit ist der zweite Frageblock abgeschlossen.

Wir kommen nun zur 3. Anfrage. Dieser Frageblock wird von Frau Bundesrätin Mühlwerth eingeleitet. – Bitte.

 


Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Minister! Es ist ja schon oft darüber diskutiert worden, dass in Wien Exekutivbeamte fehlen. Mit Stand 1. Juli hat das Landespolizeikommando festgestellt, dass der Soll-Stand 5 290 Exe­kutiv­beamte hätte sein sollen, der Ist-Stand aber 4 584 war. Das heißt, 706 Beamte fehlen.

Daher meine Frage:

1750/M-BR/2010

„Wie gedenken Sie das sicherlich noch durch Abgänge wie Pensionierungen anstei­gende Defizit von bisher über 700 Exekutivbeamten in Wien auszugleichen?“

 


Präsident Martin Preineder: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: In Wien fehlen nicht 700 Exekutivbeamte, meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie müssen schon auch die in Wien tätigen Einrichtungen des Innenministeriums sehen, die, wie bei­spielsweise das Bundeskriminalamt, auch für Wien tätig sind. Das hat die Reform gebracht. Man hat ja viele Aufgaben im Verwaltungsbereich von der Exekutive weggenommen, wie beispielsweise die Überwachung des ruhenden Verkehrs, das Meldewesen, die Fundämter et cetera. (Bundesrat Kalina: Das macht aber jetzt alles Wien, was eine Entlastung hätte bringen sollen!)

Das heißt, das sind Magistratsagenden, die früher die Polizei für den Magistrat, für die Stadt gemacht hat, und jetzt macht die Stadt das zu Recht wieder selbst. Daher ist die Polizei diesbezüglich entlastet worden. Gleichzeitig hat es eine Reform gegeben im Hinblick auf die Landeskriminalämter und das Bundeskriminalamt. Auch das müssen Sie dazuzählen.

Es fehlen in Wien daher keine Exekutivbeamten, sondern Wien bekommt zusätzlich welche. Wir bilden pro Jahr 1 000 Polizistinnen und Polizisten aus. Wien bekommt davon 450 – das ist der größte Brocken aus dem gesamten Ausbildungspool –, nämlich 450 jährlich. Wir haben voriges Jahr schon 450 ausgebildet, wir bilden heuer


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450 aus, nächstes Jahr 450, übernächstes Jahr 450 und im Jahr 2013 noch einmal 450.

Man muss Personalplanung im Innenministerium mittelfristig angehen, denn man kann sich Polizistinnen und Polizisten nicht beim Arbeitsamt holen. Man kann sie auch nicht durch einen Headhunter irgendwo abwerben lassen, etwa in der Slowakei oder in Deutschland. Daher habe ich bereits bei den Koalitionsverhandlungen Gott sei Dank erreicht, dass wir 1 000 Ausbildungsplätze pro Jahr bekommen und die Polizei damit aufstocken können.

Es werden damit in Wien 2 250 Polizistinnen und Polizisten ausgebildet, und wir rechnen mit in etwa 880 Pensionierungen und Ruheständen im selben Zeitraum. Daran können Sie erkennen, dass die Polizei in Wien signifikant aufgestockt wird.

 


Präsident Martin Preineder: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Bundesrätin.

 


Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Minister! Trotzdem haben wir hier einen Soll-Stand und einen Ist-Stand, zwischen denen eine Lücke besteht. Das ist jetzt für mich nicht ausreichend geklärt.

Es kommt nämlich noch dazu, dass die Exekutivbeamten auch jede Menge Über­stunden machen müssen. Im August 2010 waren es 160 000, die von der Bundes­polizeidirektion Wien geleistet wurden.

Wie hoch ist die Gesamtsumme der von Exekutivbediensteten der Bundes­polizei­direktion Wien vom 1. Jänner bis 1. Oktober 2010 geleisteten Überstunden?

 


Präsident Martin Preineder: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Liebe Frau Kollegin, Tatsache ist, dass wir bei den Überstunden ganz genau schauen, wie wir sie verteilen. Und wir brauchen diese Überstunden, weil wir die Mannschaft ja dort zum Einsatz bringen wollen, wo wir sie brauchen, und dann zum Einsatz bringen wollen, wenn wir sie brauchen.

Immer, wenn ich Dienststellenbesuche mache, frage ich die Polizistinnen und Polizis­ten, nämlich meine Mannschaft, ganz genau: Wollt ihr noch zusätzliche Köpfe, die gehen dann unter Umständen zu Lasten der Überstunden? – denn wir können ja das Geld bei einem Globalbudget dafür hernehmen –, und ich habe noch nie eine Mann­schaft angetroffen, die gesagt hat: Ja, liebe Frau Ministerin, wir geben gerne Über­stunden her, damit wir zusätzliches Personal bekommen. Noch nie! Und ich horche da ganz genau auf meine Mannschaft. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Martin Preineder: Weitere Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Saller, bitte.

 


Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Werte Frau Bundesministerin! Wie stellt sich die Personalentwicklung insgesamt in Wien für die kommenden Jahre dar? Ein Teil ist schon beantwortet worden, aber vielleicht noch einmal insgesamt, wie sich das in Wien entwickelt.

 


Präsident Martin Preineder: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Die Kriminalität findet in Ballungsräumen und entlang der Hauptverkehrsrouten statt. Daher ist es gerechtfertigt, die Polizei, die Exekutive, die Strategien auch ganz gezielt dorthin zu lenken. Daher haben wir von diesen 1 000 Ausbildungsplätzen auch den größten Teil für Wien reserviert. Diese Polizisten kommen nach Wien.

Weiters ist es so, dass die Jungen, die aus der Polizeischule kommen, zuerst in einen Flexipool kommen und sich bereit erklären müssen, in Ballungszentren und an den Hot


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Spots, an den Hauptverkehrsrouten Dienst zu tun. Das heißt, die gut ausgebildeten, motivierten jungen Polizistinnen und Polizisten kommen in die Ballungszentren. Daher hat Wien eine der jüngsten Mannschaften ganz Österreichs. Dann, wenn sie eine Zeit lang Dienst gemacht haben, kommen die Polizistinnen und Polizisten auf ihre eigene Dienststelle.

Ich weiß – ich habe mehr als 800 Wünsche auf dem Tisch –, dass Polizistinnen und Polizis­ten aus Wien hinaus in jene schönen, stillen, ruhigen Gegenden wollen, wo die Arbeit eben nicht so intensiv ist wie in Wien. Diesem Wunsch kann ich natürlich nicht nachkommen, denn wer für Wien aufgenommen wurde, wer die Polizeischule für Wien absolviert hat, hat sich auch bereit erklärt, dann zumindest mehrere Jahre in Wien Dienst zu tun.

 


Präsident Martin Preineder: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Bundesrätin Kemperle.

 


Bundesrätin Monika Kemperle (SPÖ, Wien): Frau Bundesministerin! Zuerst eine Bemerkung zu Frau Bundesrätin Mühlwerth. Frau Bundesrätin, Sie kommen spät drauf, dass es in Wien, laut Personalvertretung, in den letzten Jahren – gerade unter Ihrer Regierungsbeteiligung – um 3 500 Planstellen weniger geworden sind und Personal abgebaut wurde.

Meine konkrete Frage an Sie, Frau Bundesministerin – Sie haben zwar schon Zahlen genannt, was die Ausbildung betrifft, aber noch einmal eine Nachfrage, vielleicht habe ich etwas nicht richtig verstanden –: Sie haben gesagt, 2 250 Polizisten und Polizis­tinnen werden in Wien ausgebildet. (Bundesministerin Dr. Fekter: Nein!) Das heißt ja letztendlich nicht, dass diese auch in Wien bleiben. Sie haben gesagt, 450. Heißt das – das ist jetzt meine konkrete Frage –, die zusätzlichen Planstellen in Wien würden für die nächsten drei Jahre 1 350 sein? Sie sagten zuerst, 450 pro Jahr bleiben hier, das wären in drei Jahren insgesamt 1 350. Und sind diese Planstellen dann auch tat­sächlich garantiert und sind diese besetzt?

Außerdem möchte ich Sie darauf hinweisen, dass heute, am 7. Oktober, der Tag der menschenwürdigen Arbeit ist, und in diesem inbegriffen ist auch der Schutz der Menschenrechte.

 


Präsident Martin Preineder: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Frau Bundesrätin, Sie haben da etwas falsch verstanden. Diese 450 Ausbildungsplätze sind für Wien, nicht in Wien. In Wien haben wir die gar nicht. Die Schüler werden zum Teil in Eisenstadt oder beispielsweise in Traiskirchen ausgebildet, aber für Wien. Das sind die jungen Polizeischülerinnen und Polizeischüler für Wien.

Wir haben jetzt etwa 5 460 Polizistinnen und Polizisten in Wien, und wir werden 2013 über 6 500 in Wien haben. Das heißt: 2013 mindestens 1 000 Polizistinnen und Polizis­ten mehr in Wien!

Polizeischülerinnen und Polizeischüler haben einen Dienstposten. Hier vom Hohen Haus, auch vom Bundesrat, wird der Dienststellenplan beschlossen. Das heißt, das haben Sie alle mit beschlossen, und ich muss mich dann danach richten. Daher würde ich doch die Mitglieder des Hohen Hauses, die das selbst beschlossen haben, bitten, sich an ihre eigenen Beschlüsse zu erinnern. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Martin Preineder: Weitere Zusatzfrage: Herr Bundesrat Dönmez, bitte.

 


Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Innenministerin, ich möchte noch einmal ganz kurz auf das Asylverfahren zu sprechen kommen. Da ist ja für jeden, der sich auch nur oberflächlich mit dieser Thematik beschäftigt, ganz leicht erkennbar, dass immer wieder das gleiche Spiel gespielt wird,


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und zwar die Verantwortung, der Ball an die Asylwerber und an die Organisationen zurückgespielt wird, wenn sie im Rahmen der ihnen zur Verfügung stehenden Berufungsmöglichkeiten immer wieder in Berufung gehen. Letztendlich gilt das Gleiche für Asylwerber wie für alle anderen Menschen auch: Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Nun meine ganz konkrete Frage, wo explizit Sie als Person und in Ihrer Funktion Verantwortung tragen, und zwar: Wie erklären Sie sich, dass wir seit der Einführung der Grundversorgungsvereinbarung nach wie vor einen Tagsatz von 17 € für Erwachsene haben, nach wie vor für die UMF – für jene, die das nicht wissen, das sind unbegleitete minderjährige Fremde – eine Tagsatzfinanzierung im Schnitt von 60 €, obwohl die untersten Tagsätze der Jugendwohlfahrtseinrichtungen von 90 € bis aufwärts zu 300, 400 € und noch mehr betragen, und dass wir einen Betreuungs­schlüssel von 1 : 170 in diesem Bereich haben? Da spricht jeder, der nur einen Funken Ahnung von der Materie hat, nicht mehr von Betreuung, denn mit diesem Betreuungs­schlüssel kann man keine Betreuung leisten.

Letztendlich gibt es sehr, sehr viele Fälle, Frau Innenministerin – da lade ich Sie wirklich ein, dass ich Ihnen diese auch persönlich zukommen lassen kann –, wo langjährige Asylwerber-Familien trotz der Erfüllung der humanitären Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel diesen nicht zugesprochen bekommen.

Dazu meine konkrete Frage: Was gedenken Sie bis wann konkret zu verbessern, um die Organisationen, die wirklich mit dem Rücken an der Wand stehen, zu unterstützen und nicht nur immer wieder Verschärfungen in den Raum zu stellen?

 


Präsident Martin Preineder: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Gott sei Dank haben wir derzeit ein sehr gut funktionierendes Asylsystem operativ tätig. Es gibt kurze Verfahren, und vor allem sind wir mit der Qualitätssicherung im Asylsystem im inter­nationalen Vergleich vorbildlich. UNHCR nimmt unser Bundesasylamtsverfahren, so wie wir das abwickeln, als Best-Practice-Modell weltweit.

Das ist gelungen durch die verschiedenen Novellen, die wir in der jüngeren Vergan­genheit beschlossen haben, das ist gelungen durch ganz aktive, intensive Qualitäts­sicherung sowohl bei beispielsweise den Dolmetsch-Infrastrukturen als auch bei der ärztlichen Versorgung, genauso bei der Qualität der Bescheide.

Wir können die Verfahren jetzt auch wirklich rasch abarbeiten. Der Bereich, wo wir noch zurückhängen, sind die Altverfahren, die der Asylgerichtshof noch abarbeiten muss. Und wenn Sie hier jetzt unterstellen, dass das humanitäre Recht gemäß unserer Gesetzgebung nicht gewährt wird, obwohl es zustünde, dann unterstellen Sie dem Asylgerichtshof Fehlurteile. Und das weise ich sehr wohl zurück! (Beifall bei der ÖVP.)

Es wird nämlich bei jedem Verfahren, beim Asylverfahren genauso wie beim Abschiebeverfahren, beim fremdenpolizeilichen Verfahren, bei jedem Verfahrensschritt auch das Humanitäre mit geprüft. Da kann ein Behördenvertreter nicht willkürlich entscheiden, etwa weil jemand ein sympathisches Äußeres hat. Das Humanitäre wird bei jedem Verfahren mit geprüft. (Zwischenruf des Bundesrates Dönmez.)

Bei jedem Verfahren ab Mai 2004, also in den letzten sechs Jahren, wird all das mit geprüft. Seien wir uns ehrlich: Da kann man nicht sagen, es hätte diesbezüglich keine Entscheidung gegeben! Wenn es aber negative Entscheidungen gegeben hat, und zwar deren mehrere an der Zahl, dann müssen auch Fremde zur Kenntnis nehmen, dass wir einen Rechtsstaat haben und dass bei uns Gesetze auch vollzogen werden. Ich halte das für notwendig, weil wir da nicht willkürlich agieren können. Es wäre nämlich rechtswidrig, würde man Einzelfälle, nur weil medialer Druck entsteht, anders


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behandeln als alle anderen. Ich werde daher derzeit keine weiteren Maßnahmen setzen, weil unser Asylsystem derzeit ausgesprochen gut auf Schiene ist.

Was die Grundversorgung betrifft: Wir geben im Asylbereich mehr als 100 Millionen € Steuergeld aus. Da ist es gerechtfertigt, dass man sich ganz genau anschaut, ob dieses Geld korrekt verwendet wird und wie es verwendet wird. Bei diesen Infra­strukturen und Beratungsorganisationen und jenen, die in dieser Schiene auch Steuer­mittel verwenden, gibt es immer welche, denen es stets zu wenig ist und die sich mehr wünschen. Denen sage ich jetzt: Die Asylzahlen gehen um ein Drittel zurück. Die Mittel an die NGOs und die Mittel an die gesamte Beratungsinfrastruktur sind hingegen nicht im selben Ausmaß zurückgegangen! (Ruf bei der SPÖ: Da schau her!) Daher halte ich diese Forderungen nach immer mehr und mehr Geld nicht für gerechtfertigt! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der FPÖ.)

 


Präsident Martin Preineder: Wir gelangen nun zur 4. Anfrage. Anfragesteller ist Herr Bundesrat Mayer. – Bitte.

 


Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Ministerin, nun zu einem anderen Themenbereich, zum Zivildienst. Meine Frage lautet:

1748/M-BR/2010

„Wie weit können Sie die Anforderungen der Zivildienst-Trägerorganisationen erfüllen?“

 


Präsident Martin Preineder: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Im Jahr 2009 waren uns 13 122 Zivildienstleistende zugewiesen. Da konnten wir die Anforderungen der Träger­organisationen zu 92 Prozent erfüllen. Die Wünsche der Trägerorganisationen gehen allerdings immer weiter, als wir sie erfüllen können. Manchmal melden die Trägerorganisationen nämlich ganz konkreten Bedarf an, und zwar nicht nur in quantitativer, sondern auch in qualitativer Hinsicht. Sie wollen nur Zivildiener mit einer bestimmten Qualifikation, und wenn wir einen solchen nicht haben, dann können wir keinen zuweisen. Daher gibt es keine hundertprozentige Erfüllung, aber doch eine Deckung zu 92 Prozent.

Im Jahr 2010 wurden 12 994 Zivildiener – Stand 1. Oktober – zugewiesen. Wir konnten die Deckung des Bedarfs der Trägerorganisationen von 92 auf 94 Prozent steigern. Das ist ein Rekordwert! A la longue werden wir diesen Stand nicht halten können, aber wir sind natürlich bemüht, den Trägerorganisationen hinsichtlich ihrer Bedürfnissen auch ein entsprechendes Service zu bieten.

 


Präsident Martin Preineder: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat.

 


Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Wir beschließen heute eine Änderung im Zivildienstgesetz. Wie viele Kandidaten erwarten Sie als Anwärter für den Polizeidienst aufgrund der Novelle zum Zivildienstgesetz?

 


Präsident Martin Preineder: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Das lässt sich derzeit gar nicht absehen. Aber wir haben großes Interesse an dieser neuen Regelung erfahren, als das medial publik wurde. Noch vor ein paar Wochen hätte ich gesagt, dass sich das in Grenzen hält und auf etwa ein Dutzend belaufen wird. Das kann ich jetzt so aber nicht mehr bestätigen. Es gibt Anfragen, das Interesse steigt ständig, und wenn sich herumspricht, dass auch Zivildienstleistende in den Polizeidienst eintreten


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können, dann kann es sehr wohl das Phänomen geben, dass wir mehrere dieser Per­sonen bekommen.

Immerhin leisten mehr als ein Drittel der jungen Männer Zivildienst, und als Innen­ministerin begrüße ich es, dass mir das gesamte männliche Potenzial der Jugend für den Polizeidienst zur Auswahl zur Verfügung steht.

 


Präsident Martin Preineder: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Ing. Bock.

 


Bundesrat Ing. Hans-Peter Bock (SPÖ, Tirol): Ich möchte mich im Rahmen dieser Fragestunde bei allen Zivildienern für ihren Einsatz im Interesse Österreichs auf das Herzlichste bedanken.

Um präzise Zahlen zu erhalten, Frau Ministerin: Welche Kosten verursachte der Zivildienst im Jahre 2009 für das Bundesbudget, und was wird er voraussichtlich im Jahr 2010 kosten?

 


Präsident Martin Preineder: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Das Bundesbudget im Jahr 2009 lag weit über 50 Millionen €, nämlich bei 58,8 Millionen €, und 2010 haben wir derzeit 60,8 Millionen € eingestellt.

 


Präsident Martin Preineder: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Frau Bundesrätin Michalke.

 


Bundesrätin Cornelia Michalke (FPÖ, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Minister! Aus einer parlamentarischen Anfragebeantwortung der Präsidentin des Nationalrates Mag. Prammer geht hervor, dass dem Niederösterreichischen Bauernbund, einer Teilorganisation der ÖVP, Zivildiener zugeteilt wurden.

Meine Frage deshalb: Welchen Vorfeldorganisationen politischer Parteien, wie zum Beispiel dem Bauernbund, wurden im Zeitraum 2008 bis 2010 Zivildiener zugeteilt?

 


Präsident Martin Preineder: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Wir haben Zivil­diener in allen gesellschaftlichen Bereichen im Einsatz. Sie sind beispielsweise auch in vielen politischen Parteien nahestehenden Bereichen – denken Sie etwa an die Volks­hilfe oder an den Arbeitersamariterbund –, ebenso aber auch bei jenen Gruppierungen, die sich als neutral betrachten, wie beim Roten Kreuz oder der Caritas, im Einsatz. Beim Bauernbund geht es darum, dass bei in Not geratenen Familien in der Landwirtschaft auf dem Hof entsprechende Arbeit geleistet wird, die dort im Hinblick auf die Pflege gewisser Personen oder aufgrund des Arbeitsanfalls auf dem Hof notwendig ist.

 


Präsident Martin Preineder: Wir kommen nun zur 5. Anfrage. Anfragesteller ist Herr Bundesrat Kaltenbacher. – Bitte.

 


Bundesrat Günther Kaltenbacher (SPÖ, Steiermark): Frau Bundesministerin, meine Frage lautet:

1752/M-BR/2010

„In welchem Stufenplan werden die von Ihnen am 19.9.2010 angekündigten 300 zu­sätzlichen PolizistInnen für die Steiermark tatsächlich realisiert werden?“

 


Präsident Martin Preineder: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Seit Beginn unserer im Regierungsprogramm vereinbarten Aufnahmeoffensive wurden im Landespolizei­kommando Steiermark bisher 150 Neuaufnahmen durchgeführt und 47 Polizeibeamtin­


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nen und -beamte durch Versetzung aus anderen Bundesländern in die Steiermark zurückgeführt. Dem stehen 125 natürliche Abgänge in den Ruhestand gegenüber. Wir haben daher den Personalstand der Exekutive im Bundesland Steiermark bis jetzt schon um 72 Personen erhöht.

Aufgrund der am 5. August geschlossenen Vereinbarung werden einerseits Neuauf­nahmen und zusätzliche Polizeischülerinnen- und Polizeischülerkurse abgehalten, anderseits gibt auch eine weitere Versetzung, nämlich jener Polizeibeamtinnen und -beamten, die zurück in die Steiermark versetzt werden wollen. Es gibt also nicht nur frische Polizeischüler, sondern es können auch Beamtinnen und Beamte in ihr Heimatbundesland zurückkehren.

 


Präsident Martin Preineder: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Herr Bun­desrat.

 


Bundesrat Günther Kaltenbacher (SPÖ, Steiermark): Frau Ministerin, ich kann schon rechnen, aber das, was Sie jetzt gesagt haben, kann ich nicht nachvollziehen. Das spielt aber keine Rolle. (Bundesministerin Dr. Fekter: Es sind 150 Neue!)

Ich habe falsch gerechnet. Macht nichts! Ich werde meinen Professor fragen, ob er das mit mir nachholen kann.

Mir liegen Daten des Landespolizeikommandos vor, dass bis 2013 303 Pen­sionie­run­gen anstehen. Dem gegenüber stehen Ausbildungsplätze: Es werden bis 2013 240 Po­lizistinnen und Polizisten fertig werden. Daraus ergibt sich ein Minus von 63 Plan­stellen im Bereich des natürlichen Abgangs.

Bitte erklären Sie mir die 300! Ich werde in Mathematik Nachhilfestunden nehmen müssen – oder Sie!

 


Präsident Martin Preineder: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Erstens sind das alte Planungszahlen. (Bundesrat Kaltenbacher: Nein! Sie sind neu, ich habe sie gestern erhalten!) 

Darin ist das, was wir in Kursen in der Steiermark bis 2013 kontinuierlich ausbilden werden, nicht berücksichtigt. Darin ist nicht berücksichtigt, welche Versetzungen in die Steiermark bis 2013 erfolgen werden. Und vor allem weiß ich noch nicht, wer 2012 in Pension gehen wird. Ich weiß nicht, wer 2011 in Pension gehen wird, und ich weiß auch noch nicht, wer 2013 in Pension gehen wird.

Hinsichtlich der Annahmen, was den geplanten Übertritt in die Pension betrifft, müssen Sie mir schon sagen, wie Sie die Altersgrenze jeweils ansetzen: mit 52, 54, 56 oder doch mit 58 oder 60. Ob die Zahlen, die Sie nennen, zutreffen oder nicht, hängt nämlich davon ab, von welcher Annahme man ausgeht. (Bundesrat Kaltenbacher: Ein 52-Jähriger wird nicht dabei sein! Das ist völlig naiv!)

Präsident Martin Preineder: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Strohmayer-Dangl.

 


Bundesrat Kurt Strohmayer-Dangl (ÖVP, Niederösterreich): Werte Frau Minister! Gelangen in der Steiermark auch ehemalige Mitarbeiter der Post und Telekom zum Einsatz? Wenn ja, wie viele und wie sind die Erfahrungen mit ihnen?

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Entschuldigung! Darf ich die Frage noch einmal hören?

 



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Bundesrat Kurt Strohmayer-Dangl (ÖVP, Niederösterreich): Gelangen auch ehe­malige Mitarbeiter der Post und Telekom zum Einsatz? Wenn ja, wie viele und wie sind die Erfahrungen mit ihnen?

 


Präsident Martin Preineder: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Selbstverständlich gelangen Post- und Telekom-Mitarbeiter zum Einsatz. Ich bin sehr froh darüber, dass uns da etwas gelungen ist, obwohl zu Beginn eigentlich alle gesagt haben, dass das nicht geht.

Wir konnten bisher sehr vielen Personen eine neue Lebensperspektive geben. In der Steiermark haben wir insgesamt bereits 44 Personen im Einsatz. Wir haben sehr gute Erfahrungen mit ihnen. Sie entlasten beispielsweise die Bezirkskommanden oder auch das Landespolizeikommando. 25 sind beim Landespolizeikommando eingesetzt und 19 sind in weiterer praktischer Ausbildung.

Wir versuchen jetzt noch weiter, derartige Mitarbeiter zu motivieren. Wir nehmen nur Freiwillige, denn wir wollen nur motivierte Personen von Post und Telekom. Nachdem die Personalvertretungswahlen jetzt abgeschlossen sind, wird im Bereich der Post und Telekom, wie ich meine, eine gewisse Blockierung aufgehoben sein, und dann wird es uns gelingen, noch mehr aufzunehmen.

Ich möchte noch einen Nachtrag zum Personalstand in der Steiermark machen: Sie alle ziehen einen Trugschluss! Wenn jemand in Pension geht, dann ist ja die Planstelle nicht weg! Dann ist zwar der Kopf in Pension, aber die Planstelle ist noch immer da, und die Planstelle kann besetzt werden. (Bundesrat Kaltenbacher: Das kapieren wir auch! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Das mit dem Aufnahmestopp ist also ein Unsinn! Einen Aufnahmestopp gibt es bei der Exekutive nicht. Ganz im Gegenteil! Wir stocken auf. Wir haben mittelfristig die Chance auf tausend Polizeiausbildungsplätze pro Jahr. Davon bekommt jedes Bundesland ein gewisses Kontingent. Auch die Steiermark bekommt dieses Kontingent. Wir haben also eine seriöse mittelfristige Personalplanung aufgesetzt.

 


Präsident Martin Preineder: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Ertl.

 


Bundesrat Johann Ertl (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Ministerin, Sie haben für die Steiermark ein Sicherheitspaket angekündigt, das im Budget nicht aus­gewiesen ist. Tatsächlich aber werden Exekutivbeamte aus der Steiermark in das Polizei­anhaltezentrum Wien dienstzugeteilt.

Wie wollen Sie dieses Sicherheitspaket realisieren, wenn trotz Ankündigung eines Sicherheitspaketes für die Steiermark aus der Steiermark Beamte nach Wien dienst­zugeteilt werden?

 


Präsident Martin Preineder: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Wir haben eine Bundespolizei, und die Bundespolizei ist über das gesamte Bundesgebiet tätig. Ich habe vorhin erwähnt, dass es bei der SOKO Ost erstmalig gelungen ist, länder­übergreifend tätig zu sein.

Es ist mir ein enormes Anliegen, dass wir die Mannschaft dort im Einsatz haben, wo wir sie brauchen, und dann im Einsatz haben, wann wir sie brauchen. Und im Hinblick darauf ist es auch notwendig, dass gewisse länderübergreifende Zuteilungen erfolgen. Manche davon erfolgen auf freiwilliger Basis, weil Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter es sich verbessern wollen. Das berücksichtigen wir auch. Manche davon erfolgen befristet, weil wir gewisse Spitzen abdecken müssen. Es ist eine kleinkarierte Stra­


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tegie, zu glauben, dass wir diese Flexibilität nicht brauchen. Wir werden diese brauchen! Wir schauen uns aber genau an, wo wir Dauerzuteilungen haben, um diese Dauerzuteilungen dann definitiv zu stellen.

Es sind aber in Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Bundesland und dem jeweiligen Landespolizeikommando die Bedürfnisse des Landes ganz genau zu eruieren und zu prüfen. Wenn in der Steiermark beispielsweise Vordernberg errichtet und Vordernberg in der Folge das Kompetenzzentrum für die aufenthaltsbeendenden Maßnahmen wer­den wird, dann werden wir in der Steiermark eine Fülle von ganz neuen Dienstposten haben. Auch das ist in unserer Planung bereits jetzt enthalten. Wir schießen bei Beset­zungen nicht aus der Hüfte, sondern gehen strategisch, mittelfristig, überschaubar, transparent und nachvollziehbar vor. Polizeibesetzungen auf Zuruf halte ich für keine seriöse Vorgangsweise. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Martin Preineder: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Mitterer.

 


Bundesrat Peter Mitterer (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ich gehe auch davon aus, dass neue und zusätzliche PolizistInnen nicht einen Ersatz von pensionierten Polizisten dar­stellen. Wir gehen nach wie vor von diesen 300 Neuen aus.

Ich frage Sie daher: Sind in den geplanten 300 zusätzlichen Polizistinnen und Polizis­ten für die Steiermark bereits die Exekutivbeamten für das Kompetenzzentrum Vor­dernberg enthalten, oder kommen diese zusätzlich?

 


Präsident Martin Preineder: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Ja. Diejenigen für Vordernberg waren ja bereits im Gesamtbestand enthalten. Die für Vordernberg Geplanten waren bereits im steiermärkischen Gesamtpolizeipott enthalten, und dazu noch plus 300, also nicht plus 360, sondern plus 300.

 


Präsident Martin Preineder: Damit kommen wir zur 6. Anfrage. Anfragesteller für diesen Frageblock ist Herr Bundesrat Köberl. – Bitte.

 


Bundesrat Günther Köberl (ÖVP, Steiermark): Geschätzte Frau Bundesministerin, meine Frage lautet:

1749/M-BR/2010

„Worin liegen die Vorteile einer Anwesenheitsverpflichtung für Asylwerber in der Erstaufnahmestelle?“

 


Präsident Martin Preineder: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: In den ersten Tagen haben die grundlegenden Einvernahmen und wichtigsten Verfahrensschritte zu erfol­gen. Ich lade alle herzlich ein, nach Traiskirchen zu kommen und sich anzusehen, wie unser Verfahren für Asylwerber funktioniert.

Da kommt der Asylwerber zum Schranken nach Traiskirchen. Dort steht die Polizei, dort wird man einmal versuchen, seine Identität festzustellen – in vielen Fällen unproblematisch, in manchen Fällen höchst problematisch –, festzustellen, wer er ist, woher er ist, woher er kommt, was er vorbringt. Dort werden die Fingerabdrücke genommen, weil wir aufgrund der Fingerabdrücke feststellen können, ob er nicht schon in einem anderen EU-Land um Asyl angesucht hat.

Dann kommt der Asylwerber zum Bundesasylamt, hierauf zur medizinischen Ver­sorgung, wird gründlich untersucht und medizinisch betreut. Dann kommt er zur


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Rechtsberatung, zur psychotherapeutischen Beratung. Hierauf wird dem Asylwerber ein Quartier zugewiesen und auch mitgeteilt, wie sich das Verfahren weiter darstellt und dass er in Traiskirchen in Sicherheit ist und volle Versorgung auf Staatskosten bekommt.

Während er in Traiskirchen ist und wir dann die Verfahrensschritte im Hinblick auf Identitätsüberprüfung, Einvernahmen beim Bundesasylamt, Glaubhaftmachung der Asylgründe, Dolmetsch, Übersetzungen, Betreuung durch die Rechtsberatung und psychotherapeutische Beratung einleiten, brauchen wir, und zwar für all diese Verfahrensschritte, die wir in etwa einer Woche abwickeln können, die Person vor Ort. Bedauerlicherweise kommen uns aber sehr viele Asylwerber gerade in dieser Zeit auch gleich wieder abhanden, tauchen unter in die Illegalität und werden unter Umständen von der organisierten Kriminalität rekrutiert.

Um das zu verhindern, müssen wir eine Anwesenheitspflicht haben. Die Asylbehörde braucht dieses Instrument, damit wir rasch Klarheit darüber gewinnen, ob wir über­haupt zuständig sind, ja oder nein. Dann wird ein Bescheid erlassen, und der Asyl­werber kommt in die Grundversorgung. Oder er muss in jenes europäische Land, das für ihn zuständig ist.

Tun wir das nicht und er taucht uns unter und die Polizei greift ihn vielleicht nach einem halben, dreiviertel Jahr wieder auf und er sagt „Asyl“, dann geht das Ganze von vorne los, und wir können ihn nicht in das Land bringen, das für ihn eigentlich zuständig ist, und wir können das Verfahren, sollten wir zuständig sein, nicht kontinuierlich fort­setzen, denn dann kommt er wieder nach Traiskirchen und nach 48 Stunden ist er uns wieder abhanden gekommen und wieder in der Illegalität untergetaucht.

Haben wir aber aufgrund der ersten Woche schon einen Bescheid, dann können wir ihn in Schubhaft nehmen und in jenes Dublin-Land bringen, in das er gehört.

Dieses geordnete Verfahren brauchen wir. Daher ist eine Anwesenheitspflicht notwen­dig. Und ich halte es auch für gerechtfertigt. Wenn wir über hundert Millionen € Steuergeld in die Hand nehmen (Bundesrätin Mag. Duzdar: Das ist eine internationale Verpflichtung!), wenn wir so viel Geld in die Hand nehmen, wenn wir im Vergleich zu Europa eines der humansten Regime haben, wenn wir im Vergleich zu Europa immer eine Individualprüfung durchführen, was Europa nicht macht, wenn wir in Europa zu jenen Ländern gehören, die ihre Pflicht am viertbesten erfüllen – hinter Malta, hinter Zypern, hinter Schweden kommt schon Österreich –, weit vor den großen Ländern Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Spanien, dann ist es gerechtfertigt, hier gemäß unserem Regime den humanitären Auftrag zu erfüllen, aber Missbrauch zu verhindern. Und mein Anliegen ist es, Missbrauch zu verhindern. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie bei Bundesräten ohne Klubzugehörigkeit. – Zwischenruf des Bundesrates Dönmez.)

 


Präsident Martin Preineder: Herr Bundesrat Köberl wünscht eine Zusatzfrage. – Bitte.

 


Bundesrat Günther Köberl (ÖVP, Steiermark): Frau Bundesminister, Sie haben angesprochen, dass nach dem Stellen eines Asylantrages Asylwerber untertauchen.

Meine konkrete Frage: Wie viele Asylwerber sind nach Stellen eines Asylantrages in letzter Zeit untergetaucht?

 


Präsident Martin Preineder: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Es gibt 520 Per­sonen, die sich dem Verfahren entziehen, und 16 Personen, die sich ungerechtfertigt aus den Erstaufnahmezentren entfernt haben. Das sind insgesamt 536 Personen. Weiters sind uns 238 Personen im Zulassungsverfahren abhanden gekommen, im


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Dublin-Verfahren 1 015, davon 60 vor dem Bescheid und 955 nach einem Bescheid. Insgesamt ist es derzeit so, dass uns 1 253 Personen abhanden gekommen sind (Bundesrat Dönmez: Weitergewandert!), weitergewandert – das ist der richtige Aus­druck. Das ist allerdings illegale Migration in Europa. Das heißt, ich erwarte auch von den anderen Ländern, dass sie die illegale Migration nicht fördern und somit kein Markt für den Schlepperhandel sind. Ich will auch nicht, dass Österreich ein Markt für Men­schen­handel ist. Wir müssen auch den Schleppern klar sagen, wir haben klare Verfahren, die wickeln wir wirklich sehr human, enorm menschenwürdig ab, aber ich will nicht, dass Österreich ein Markt für Menschenhandel ist. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie bei Bundesräten ohne Klubzugehörigkeit.)

 


Präsident Martin Preineder: Die nächste Zusatzfrage kommt von Frau Bundesrätin Hladny. – Bitte.

 


Bundesrätin Waltraut Hladny (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Minister, meiner Überzeugung nach ist es besonders wichtig, dass es sich nicht um eine sinnlose Aufenthaltsverpflichtung handelt, wie man das missverständlich hätte verstehen kön­nen, sondern dass es um die Erfüllung von Mitwirkungspflichten am Beginn des Verfahrens geht.

Frau Bundesministerin, wie werden Sie diese Mitwirkungspflichten gestalten, um in den ersten Tagen möglichst viele Verfahrensschritte im Interesse der Asylsuchenden aushandeln zu können?

 


Präsident Martin Preineder: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Diese Verfahrens­schritte gibt es alle bereits, die sind optimiert aufgesetzt, da gibt es sowohl die Rechts­grundlagen als auch den Vollzug derzeit. Wir sind in der Lage, wenn ein Asylwerber ehrlich und kooperativ ist, diese Verfahrensschritte in ganz wenigen Tagen, also zwei, drei Tagen, abzuwickeln. Probleme gibt es, wenn ein Asylwerber unehrlich ist, uns beschwindelt, wenn keine Dokumente vorgelegt werden können, keine klaren Aus­sagen gemacht werden, die Identität verschleiert wird, aber vor allem dann, wenn ein Asylwerber nicht kooperativ ist, mancher nicht zur Einvernahme geht, bei der Einver­nahme nichts sagt, uns nicht einmal sagt, welche Sprache er spricht, dann wird es schwierig.

Für diese Mitwirkungspflicht brauchen wir also die Anwesenheit des Asylwerbers.

 


Präsident Martin Preineder: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Podgorschek.

 


Bundesrat Elmar Podgorschek (FPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Ministerin, in § 28 Abs. 2 Asylgesetz heißt es:

„Entscheidet das Bundesasylamt nicht binnen zwanzig Tagen nach Einbringen des Antrags auf internationalen Schutz, dass der Antrag zurückzuweisen ist, ist der Antrag zuzulassen ...“ Der Text geht dann weiter.

Meine Frage: Warum wurde dann der Zeitraum der Anwesenheit für Asylwerber in der Erstaufnahmestelle mit 120 Stunden festgeschrieben und nicht analog zu § 28 (2) eine Anwesenheitspflicht von 20 Tagen festgelegt?

 


Präsident Martin Preineder: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Da muss man schon unterscheiden. Was § 28 betrifft, geht es um eine materiellrechtliche inhaltliche Prüfung dessen, ob Schutz zu gewähren ist, ja oder nein.

Was unsere Anwesenheitspflicht betrifft, geht es um ein Formalverfahren, darum, ob wir zuständig sind oder nicht. Es geht nicht darum, wie das Asylverfahren ausgeht,


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oder darum, ob zuzusprechen ist, sondern nur darum, ob wir zuständig sind, ja oder nein, ob wir die Verfahren führen müssen oder ob ein anderes EU-Land die Verfahren führen muss. Und für diese Zuständigkeitsprüfung – sind wir zuständig: ja oder nein? – genügen uns, eben aufgrund der Effizienz der Verfahren, wo wir jetzt ja wirklich schnell genug sind, diese sieben Tage. (Vizepräsidentin Mag. Neuwirth übernimmt den Vor­sitz.)

Dazu kommt, dass es im Hinblick auf Verfassungskonformität bereits Judikate seitens des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte gibt, so etwa Judikate in Bezug auf Großbritannien, wo eine fünftägige Frist als korrekt und verfassungskonform bewertet wurde. Weiters gibt es ein Judikat aus einem französischen Verfahren, wo hinsichtlich eines Flughafens die 21 Tage-Frist als nicht korrekt bewertet wurde; also 21 Tage jemanden auf einem Flughafen festhalten, das geht nicht, da dort den betreffenden Personen zu wenig Infrastruktur zur Verfügung gestanden ist; die Angehaltenen konnten nicht einkaufen gehen und so weiter.

Und in der Bandbreite der Elemente dieser Judikate haben wir jetzt unseren Gesetzes­vorschlag unterbreitet.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Nächste Frage? – Bitte, Herr Bundesrat Zwanziger.

 


Bundesrat Peter Zwanziger (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Bisher sind ja pro Monat zirka 200 Asylwerber, und zwar nach kürzester Zeit, untergetaucht.

Daher meine Frage: Gibt es eine begründete Annahme, dass sich Asylwerber nach dem Ablauf der geplanten 120 Stunden Aufenthaltspflicht weiterhin ungerechtfertigt einem Verfahren entziehen können?

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Ja, die gibt es. Ich nenne Ihnen nur ein Beispiel, an dem Sie erkennen können, warum wir hier so vorgehen. Sie erinnern sich alle an jenen Schleppertransporter, in dem 64 Personen in einem Fahrzeug eingepfercht waren.

Diese 64 Personen wurden anlässlich einer Verkehrskontrolle, also zufällig, aufge­griffen, und es sind dann, weil 58 davon „Asyl!“ gesagt haben, 58 Personen nach Traiskirchen gebracht worden. Diese 58 Personen wurden noch in der Nacht betreut; die Behörden mussten eine Nachtschicht einlegen, weil eben plötzlich 58 Personen um Asyl angesucht haben.

Sechs Personen haben nicht um Asyl angesucht. Diese wurden in Schubhaft genommen, weil sie sich ja illegal in Österreich aufgehalten haben. – Und: Binnen 48 Stunden waren diese 58 um Asyl ansuchenden Personen wieder aus Traiskirchen weg! Alle waren weg!

Jene sechs Personen, die in Schubhaft waren, weil sie sich ja illegal in unserem Land befunden haben, konnten wir in ihr Herkunftsland zurückbringen.

Daran können Sie erkennen, meine Damen und Herren, wie Schlepperorganisationen vorgehen. Laut Schleppern waren diese Personen ja für Norddeutschland bestimmt. Und in Norddeutschland wurden dann tatsächlich zwei dieser Personen, nämlich Syrer, aufgegriffen. Die Schlepper schleppen diese Personen an einen ganz bestimmten Bestimmungsort, dort werden sie versklavt, um den Schlepperlohn abarbeiten zu kön­nen.


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Es ist das nur eine vermeintlich humanitäre Sicht der Dinge, wenn man diese Menschen in den Fängen der Schlepper lässt und es den Schleppern leicht macht, ihre Logistik sozusagen in Europa aufzuziehen.

Daher bin ich so dahinter, dass Österreich kein Markt für Menschenhandel ist, dass wir diese Kette durchbrechen, so etwa durch Anwesenheitspflicht für Asylwerber, weil wir diese Menschen dann den Schleppern entziehen. Und in dieser Zeit der Anwesen­heitspflicht bekommen diese Menschen Rechtsberatung sowie psychotherapeutische Beratung und haben kennengelernt, wie unsere Verfahren wirken und wie wir ihnen helfen. Und dann haben sie auch gesehen, dass sie sich vor den österreichischen Behör­den nicht fürchten müssen, und sie sind auch in den Einflussbereich anderer Personen gekommen – und nicht nur der Schlepperorganisation. Daher ist mir das so wichtig. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und FPÖ.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir gelangen nun zur 7. Anfrage. Ich bitte Herrn Bundesrat Gruber, seine Frage zu stellen.

 


Bundesrat Manfred Gruber (SPÖ, Salzburg): Frau Bundesminister, meine Frage lautet:

1753/M-BR/2010

„Nach welchen Kriterien werden Delikte in der von vielen Seiten bezweifelten und kritisierten Kriminalstatistik tatsächlich gezählt?“

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Frau Ministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: In der Kriminalstatis­tik werden die Delikte gemäß Strafgesetzbuch erfasst. Die Justiz führt ihre Statistik nach Tätern und Gerichtsverfahren. Daher sind diese beiden Statistiken nur sehr schwer vergleichbar.

Bei uns funktioniert das folgendermaßen: Die meldepflichtige Stelle hat grundsätzlich jede einzelne angezeigte Straftat sowie jeden einzelnen Tatverdächtigen und jeden Geschädigten zu erfassen und hat das in den elektronischen Akt aufzunehmen.

Dieser Akt geht dann anlässlich der Anzeigeerstattung zur Staatsanwaltschaft, und es wird das in die Kriminalstatistik aufgenommen. Das heißt: In der Kriminalstatistik sind nicht „Vorsprachen“ der Bürger bei der Polizei erfasst, sondern erfasst sind Anzeigen, die an die Staatsanwaltschaft gehen.

In jenen Fällen, in denen ein und derselbe Täter mehrere gerichtliche Strafen desselben Deliktes begangen hat, und zwar gegen ein und dasselbe Opfer, können diese Delikte als ein Delikt eingetragen werden.

Beispiel: Eine Kassiererin nimmt seit fünf Jahren Geld aus der Kasse, immer kleine Beträge, und das seit fünf Jahren, vielleicht über 200 Mal. Dann sind das nicht 200 Delikte, sondern dann ist das ein Delikt, nämlich Veruntreuung, Diebstahl oder was immer.

Die genauen Vorschriften in Bezug auf Zusammenfassung von Delikten sind erlass­mäßig geregelt, wodurch eine bundeseinheitliche Erfassungsmodalität gegeben ist.

Beispiel: Bei Jugendlichen, die entlang einer Straße 27 Schneestangen herausgerissen und diese abgebrochen haben, wird das dann in der Statistik nicht als 27 Delikte, sondern als ein Vandalismusakt festgehalten.

Vorwürfe, die Kriminalitätsstatistik würde manipuliert, das sei alles nicht glaubwürdig, möchte ich entschieden zurückweisen, denn damit wird der Exekutivmannschaft Mani­


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 29

pulation unterstellt, denn die Beamtinnen und Beamten melden an die Staatsan­walt­schaft!

Meine Damen und Herren, es wäre doch eine mehr als konspirative Höchstleistung der Polizei, wenn sie sich gemeinsam absprechen, und zwar über Bundesländer- bezie­hungsweise Bezirksgrenzen hinweg, und akkordiert und konzertant einen Rückgang der Kriminalität konstruieren würde.

Das wollen Sie doch sicherlich nicht der Exekutive unterstellen?! (Bundesrat Gruber: Habe ich auch nicht gemacht, Frau Minister!) – Sie haben gesagt, die Kriminalitäts­statistik werde angezweifelt; das haben Sie in den Raum gestellt. – Solche Behaup­tungen immer wieder propagandistisch zu verwenden, das halte ich für mehr als ungerechtfertigt! (Beifall bei der ÖVP.)

Übrigens: Neuerdings gibt es auch wissenschaftliche Begleitung bei der Erstellung der Kriminalstatistik. Die Universität Wien betreut uns bei der Kriminalstatistik, und zwar dahin gehend, kriminelle Phänomene besser bewerten zu können.

Denken Sie nur an das Phänomen Beschaffungskriminalität Drogensüchtiger. Das kann viel sein: Einbruch, Diebstahl, das kann auch ein Raubüberfall sein, auch eine Erschleichung, et cetera. Das wird in der Kriminalstatistik ganz unterschiedlich behan­delt. Aussagekräftig ist es aber nur, wenn man das entsprechend bewertet.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrat Manfred Gruber (SPÖ, Salzburg): Frau Minister, ich habe weder etwas unterstellt noch etwas angezweifelt. (Bundesministerin Dr. Fekter: Gott sei Dank! Danke sehr!) Das nur zur Klarstellung!

Frau Bundesminister, ich möchte hier drei Sachen vorbringen, und zwar: Zunächst einmal bedanke ich mich bei Frau Kollegin Kerschbaum dafür, dass Sie diese Asyl­sache angesprochen hat.

Ich habe grundsätzlich nichts gegen Abschiebung von Menschen, die sich illegal in Österreich aufhalten, aber wenn man sich gestern die Berichterstattung in diesem Fall angehört hat, dann kommt man, wenn man ein bisschen Feeling hat, ein bisschen Gespür hat und vor allem dort, wo das Herz sein soll, auch eines hat, zu der Auf­fassung, dass da im Verhältnis zu dem, was passiert ist, stark übertrieben wurde. Denn: Wie kann es sein, dass schwerbewaffnete Polizisten um halb sechs Uhr in der Früh zwei kleine Mädchen und deren Vater aus dem Bett holen und in Schubhaft nehmen, noch dazu, wo eine suizidgefährdete Mutter im Krankenhaus liegt? Da würde ich mir von der Exekutive mehr Einfühlungsvermögen, mehr Feeling und mehr Gespür erwarten. Ich bedauere das. Ich kann dieser Vorgangsweise leider nicht zustimmen, sie ist in meinen Augen mehr als inhuman. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

Zum Zweiten hätte ich eine Bitte: Sie haben die Statistik bezüglich linksradikaler Vergehen sofort bei der Hand gehabt, als Kollege Hensler die diesbezügliche Frage gestellt hat, mich würde auch die Statistik rechtsradikaler Vergehen interessieren, vielleicht können wir diese bekommen.

Zum Dritten: Sie haben vorhin darauf aufmerksam gemacht, dass der Nationalrat und der Bundesrat hier beschlossen haben ... (Bundesrätin Mühlwerth: Wie viele Zusatzfragen hat der Fragesteller?) Vielleicht interessiert Sie das, Frau Kollegin: zu Ihrer Information! – Sie haben gesagt, dass der Nationalrat und der Bundesrat hier beschlossen haben ... (Bundesrat Mag. Himmer: Kennen Sie nicht die Geschäfts­ordnung?) Du kannst dich ja dann zu Wort melden, Herr Kollege! (Bundesrat Mag. Himmer: Ein bisschen sollte man die Geschäftsordnung schon einhalten!)


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 30

Sie, Frau Bundesministerin, haben hier gesagt, dass wir verantwortlich sind, dass wir die Planstellen beschlossen haben. Ich frage Sie daher, warum ein Drittel dieser Planstellen in Salzburg unbesetzt ist. Ich würde Sie bitten, diese Planstellen zu beset­zen.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Frau Ministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Das waren jetzt viele Fragen. Ich hoffe, ich erinnere mich noch an alle. (Bundesrat Mag. Himmer – in Richtung SPÖ –: Wozu eine Regel, wenn man sie nicht einhält? – Ruf bei der SPÖ: Aber abschieben tun wir nicht!)

Rechtsextremismus: 231 Delikte nach dem Verbotsgesetz, 31 Delikte nach der Bestimmung bei Verhetzung, 9 Delikte nach dem Abzeichengesetz, 16 Delikte nach Artikel 3 Absatz 1 Ziffer 4 EGVG, Ordnungswidrigkeiten, 186 weitere Tatbestände unter dem Titel „sonstige Delikte“ nach dem Strafgesetzbuch.

Dann haben Sie gefragt in Bezug auf die Art und Weise der Abschiebungen. (Bun­desrat Gruber: Das Vorgehen – nicht die Rechtmäßigkeit!), in Bezug auf das Vor­gehen. Dazu Folgendes: Die fremdenpolizeilichen Maßnahmen bei Abschiebungen sind auch für die Fremdenpolizistinnen und -polizisten eine ausgesprochen schwierige und schwer belastende Angelegenheit. Wir unterstützen die Fremdenpolizei insbe­sondere dann, wenn es um Familien geht: einerseits durch die Jugendwohlfahrt, andererseits durch Ärzte, weil ja immer wieder auch im Abschiebungsvorgang Trauma­tisierungen vorkommen.

Wir haben Familien, bei denen diese Abschiebungsvorgänge nicht im gleichen Aus­maß belastend sind, weil es in Österreich – nicht so im benachbarten Ausland und nicht in der EU – Standard ist, dass wir die Betreffenden vor der bevorstehenden Abschiebung informieren. Daher ist es in den allermeisten Fällen so, dass es dabei keinerlei Probleme gibt, dass die Personen dann freiwillig mitkommen und die Polizei auch keinen größeren Widerstand zu erwarten hat.

Es gibt aber auch andere Fälle, bei denen aufgrund der Vorgeschichte unter Um­ständen sehr wohl mit Widerstand zu rechnen ist: einerseits, weil sich die betreffenden Personen vielleicht schon mehreren Abschiebungsvorgängen entzogen haben, ande­rer­seits, weil die betreffenden Personen in Einrichtungen gebracht wurden, in denen es schon Widerstände gegeben hat. Daher rüstet sich die Fremdenpolizei je nach Ein­zel­fall, je nach Vorgeschichte und je nachdem, ob Widerstand zu erwarten ist oder nicht, und geht dann rechtsstaatlich korrekt dementsprechend vor. (Bundesrat Dönmez: Mit gezogenen Waffen gegen Kinder! – Bundesrat Mag. Himmer – den sogenannten Vogel zeigend –: Weißt du, was eine gezogene Waffe ist? – Weitere Zwischenrufe.)

Da muss man sehr wohl auch mit bedenken, dass aufgrund der mitgebrachten Medien, die ja um sechs Uhr in der Früh schon da waren und das alles gefilmt haben ... (Bundesrat Gruber: Die muss wer verständigt haben!) Natürlich, die Beratungs­infrastruktur, ist ja ganz klar. (Bundesrat Gruber: Woher wissen die das?) Weil die Abschiebung angekündigt wird. Wir gehen ja human vor: Wir sagen denen, sie können ... (Bundesrat Gruber: Um halb sechs in der Früh Kinder aus dem Bett reißen, das ist human?!)

Sie wollen es nicht verstehen! Sie schützen hier die Exekutive nicht. – Ich aber schütze hier meine Beamtinnen und Beamten, die ein Gesetz zu vollziehen haben. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie der Bundesräte Mitterer und Zwanziger. – Bundesrat Gruber: Ich schütze auch die Exekutive: dass sie in der Öffentlichkeit nicht schlecht ausschaut!)


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 31

Nein, nein, Sie schützen die Exekutive nicht! (Bundesrat Gruber: Sie lassen die Exekutive hineinlaufen!) Nein! Sie stehen nicht hinter der Polizei – und schon gar nicht hinter der Fremdenpolizei, die eine ausgesprochen schwierige Aufgabe durchzu­führen hat. (Bundesrat Gruber: Das weiß ich!) Und ich bedanke mich bei meinen Beamtinnen und Beamten dafür. (Neuerlicher Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie der Bundesräte Mitterer und Zwanziger. – Ruf bei der SPÖ: Sie können es anscheinend nicht verstehen, wer wen schützt! – Bundesrat Gruber: Es wäre gut, wenn man die Polizei nicht so hineintheatern würde! – Ironische Heiterkeit bei der ÖVP. – Bundesrat Gruber: Zu einer normalen Zeit und nicht um halb sechs in der Früh, bei zwei kleinen Kindern! Damit macht man die Polizei schlecht! – Gegenrufe bei ÖVP und FPÖ. – Bundesrat Gruber: Durch solche Aktionen macht man die Polizei schlecht! Damit schädigt man das Image der Polizei!)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth (das Glockenzeichen gebend): Werte Kolle­ginnen und Kollegen, ich darf darauf aufmerksam machen, dass wir uns in der Frage­stunde befinden! Das gilt für alle!

Bitte, Frau Ministerin, Sie sind noch am Wort.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (fortsetzend): Nachdem das so viele Fragen waren (Bundesrat Gruber: Nur drei Fragen!), frage ich Sie: Welche Frage ist noch nicht beantwortet? (Bundesrat Gruber: Sie haben darauf hingewiesen, dass das Parlament den Stellenplan beschlossen hat! In Salzburg fehlt ein Drittel der Leute!)

In Salzburg fehlt nicht ein Drittel der Leute! Landeshauptfrau Burgstaller war vorige Woche bei mir, weil sie von ihren Beamten falsch informiert wurde, und hat im Hinblick auf den Stellenplan urgiert. Daraufhin haben wir ihr die wirklichen Zahlen mitgeteilt, und sie ist wieder nach Hause gefahren. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Gruber: Dann kann entweder der Sicherheitsdirektor oder das Ministerium nicht zählen! Das ist ein Wahnsinn!)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bun­des­rat Steinkogler.

 


Bundesrat Josef Steinkogler (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Bundes­ministerin, meine Frage: Was werden Sie tun, um die Vergleichbarkeit zwischen den von den Sicherheitsbehörden einerseits und der Justiz andererseits geführten Statistiken herzustellen?

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Frau Ministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Das ist Gegenstand unseres Projektes „Kriminalstatistik neu“. Da haben wir, wie ich bereits erwähnt habe, mit der juridischen Fakultät Kontakt. Das heißt, da betreut uns die Universität Wien.

Außerdem habe ich gemeinsam mit der Justizministerin Gespräche geführt, damit wir zu einer besseren Vergleichbarkeit der Kriminalstatistik mit der Justizstatistik kommen.

Dieses Projekt ist derzeit im Laufen. Die Justizministerin hat versprochen, auch aktiv daran zu arbeiten.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bun­desrat Ertl.

 


Bundesrat Johann Ertl (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Ministerin! Im Raum Schwechat, zu dem auch der Flughafen gehört, wurden in den vergangenen Monaten 28 Kraftfahrzeuge, meist der Luxusklasse, sowie drei Sattelaufleger durch unbekannte Täter „entfremdet“. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 32

Ich wollte jetzt eigentlich die Frage stellen: Ist es richtig, dass das, falls sich herausstellt, dass es sich um ein und denselben Täter handelt, in der Kriminalstatistik lediglich als ein Delikt gilt?

Aber verzeihen Sie mir, wenn ich mir ...

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Nein! Sie haben nicht aufgepasst! Ich habe gesagt: Nur dann, wenn das Opfer ein und dieselbe Person ist. Aber wenn es mehrere Opfer gibt, also wenn verschiedenen Personen etwas gestohlen wird, dann sind das auch unterschiedliche Delikte, dann ist das nicht ein Delikt.

 


Bundesrat Johann Ertl (FPÖ, Niederösterreich) (fortsetzend): Frau Bundesminister, Sie haben gesagt: Die SOKO setze ich ein, wann und wo ich will!

Dazu meine Frage: Wann, wo und wie intensiv wird die SOKO eingesetzt?

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Die SOKO Ost leistet kontinuierliche Arbeit. Das heißt, da erhöhen wir den Fahndungsdruck, machen Schwerpunktaktionen. Ihnen als Mitglied meiner Mannschaft ist ja bekannt, was hier läuft. Es ist so, dass wir ein eigenes Zentrum haben, wo wir über Ausgleichs­maßnahmen die Aktivitäten im Ostraum koordinieren, abstimmen, strategisch aufbe­reiten und die Strukturermittlungen intensivieren. Im Hinblick auf die Einsatzzentrale ist sie dort im Rahmen der Ausgleichsmaßnahmendienststellen angesiedelt.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Frau Bun­des­rätin Kerschbaum.

 


Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Ministerin! Ich möchte mich beim Kollegen Gruber bedanken, denn es ist so, dass ich meine erste Zusatzfrage nicht als beantwortet aufgefasst habe und er deshalb eine Nachfrage gestellt hat, und die möchte ich schon als solche sehen.

Im Übrigen finde ich es trotzdem übertrieben, wenn 13 oder 15 Beamte zwei Kinder und einen Vater abholen müssen. Ich weiß nicht, welche Ängste da vorgeherrscht haben.

Jetzt zu der Frage, was die Kriminalstatistik betrifft: Sie, Frau Bundesministerin, haben ja schon erwähnt, dass es Unterschiede bei den Zählweisen zwischen dem Justiz­ministerium und dem Innenministerium gibt. Das ist natürlich kontraproduktiv, wenn man vergleichen will, ob ein Täter dann auch wirklich verurteilt wurde und wie sich das auswirkt.

Meine Frage dazu: Gibt es Anstrengungen beziehungsweise bis wann ist zu rechnen, dass diese Statistiken vergleichbar werden?

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Bitte, Frau Ministerin.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Das Projekt „Kriminalstatistik neu“ läuft seit einem Jahr. Das Strafrechtliche Institut der Universität Wien, Gefahrenforschung, Universitätsprofessor Dr. Grafl, beitreibt gemeinsam mit uns da eine Annäherung, weil es ja auch für uns aussagekräftiger wäre, wenn wir sagen könnten: Diese Delikte wurden von dem Täter begangen, er wurde angezeigt, verurteilt, hat die Strafe abgesessen, wurde entlassen, wurde wieder straffällig oder nicht. Dass wir da mehr Aussagekraft bekämen, wäre für uns wünschenswert. Gemeinsam mit der Justiz arbeiten wir daran.


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 33

Wir werden noch in diesem Herbst den Sicherheitsbericht 2009 ins Parlament bringen. Aber ich gehe davon aus, dass auch noch im Jahre 2010 nach der alten Methode gearbeitet wird. Wir peilen an, ab 2011 eine bessere Vergleichbarkeit zu haben.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Danke, Frau Ministerin. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesräte Mag. Klug und Konecny.)

Die Fragestunde ist beendet.

10.55.12Einlauf und Zuweisungen

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Hinsichtlich der eingelangten, vervielfältig­ten und verteilten Anfragebeantwortungen 2552/AB bis 2567/AB und des Schreibens des Bundeskanzlers gemäß Artikel 23c Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz bezie­hungs­weise der Mitteilungen des Ministerialdienstes des Bundeskanzleramtes betref­fend

den Aufenthalt des Bundesministers für europäische und internationale Angelegen­heiten Dr. Michael Spindelegger vom 6. bis 8. Oktober 2010 in der Türkei, bei gleichzeitiger Beauftragung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich mit seiner Vertretung,

und

die Aufenthalte des Bundesministers für Gesundheit Alois Stöger, diplômé sowie des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos am 7. und 8. Oktober 2010 jeweils innerhalb eines EU-Mitgliedstaates

beziehungsweise

jener Schreiben des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten gemäß Arti­kel 50 Absatz 5 B-VG betreffend die Aufnahme von Verhandlungen

über ein Abkommen mit der Regierung des Staates Katar über kulturelle Zusam­menarbeit

und

bezüglich eines Übereinkommens zur Errichtung eines funktionellen Luftraumblocks in Zentraleuropa

sowie

über ein Abkommen mit der Bundesrepublik Deutschland über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Passwesens

verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilten Mitteilungen gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sit­zung angeschlossen werden.

Die schriftlichen Mitteilungen haben folgenden Wortlaut:

Liste der Anfragebeantwortungen (siehe S. 5)

*****

Schreiben des Bundeskanzlers betreffend Nominierungen gemäß Art. 23c Abs. 5 B-VG:


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 34

„BUNDESKANZLERAMT ÖSTERREICH

Werner Faymann

Bundeskanzler

Herrn

Martin PREINEDER

Präsident des Bundesrats

Parlament

Dr. Karl Renner Ring 3

1010 Wien                                                                                                    Wien, am 27. August 2010

Sehr geehrter Herr Präsident!

Unter Bezugnahme auf Art. 23c Abs. 5 B-VG informiere ich Sie, dass die Bun­desregierung im Rahmen der 68. Sitzung des Ministerrates am 24. August 2010 eine Umnominierung eines ordentlichen Mitglieds und zweier stellvertretender Mitglieder im Ausschuss der Regionen der EU (AdR) für die laufende Mandatsperiode 2010 bis 2015 beschlossen hat.

Diese Umnominierung erfolgte auf der Grundlage eines entsprechenden gemeinsamen Vorschlags des Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen Städte­bundes gem. Art. 23c Abs. 4 B-VG, den diese am 20. Juli 2010 übermittelten. Der gemeinsame Umnominierungsvorschlag berücksichtigt zum Einen den Ablauf des kommunalen Mandats des bisherigen stellvertretenden Mitglieds des AdR, der Frau Vizebürgermeisterin von Traisen Marianne FÜGL. Frau Vizebürgermeisterin a. D. FÜGL wird in der Funktion eines stellvertretenden Mitglieds des AdR durch Herrn Gemeinderat Nationalratsabgeordneten Hannes WENINGER abgelöst werden. Zum Anderen liegt dem Umnominierungsvorschlag der vereinbarungsgemäße Wechsel in den Funktionen eines ordentlichen bzw. eines stellvertretenden Mitglieds im AdR zwischen dem Bürgermeister von St. Wolfgang, Herrn Landtagsabgeordneten Johan­nes PEINSTEINER bzw. dem Bürgermeister von Bregenz, Herrn Dipl.-Ing. Markus LlNHART, zugrunde.

Namentlich sind die von den Änderungen durch die Umnominierung Betroffenen im Anhang angeführt.

Die formale Ernennung der Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder des AdR wird gemäß Art. 305 AEUV mit qualifizierter Mehrheit durch den Rat der EU erfolgen. Mit der Ernennung durch den Rat der EU ist bis Ende Oktober 2010 zu rechnen.

Mit der Bitte um Kenntnisnahme verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen“

„Anhang: Umnominierte/r Vertreter/in im Ausschuss der Regionen in

der laufenden Mandatsperiode bis zum 25. Jänner 2015

1.) Nominierung zum ordentlichen Mitglied des Ausschusses der Regionen - als Ersatz für das bisherige ordentliche Mitglied, den Bürgermeister von St. Wolfgang, Herrn Landtagsabgeordneten Johannes Peinsteiner:

Herr Bürgermeister von Bregenz Dipl. Ing. Markus LlNHART

2.) Nominierung zum stellvertretenden Mitglied des Ausschusses der Regionen – aIs Ersatz für das bisherige stellvertretende Mitglied, Herrn Bürgermeister von Bregenz Dip.-Ing. Markus LlNHART:

Herr Bürgermeister von St. Wolfgang, Landtagsabgeordneter Johannes PEINSTEINER


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 35

3.) Nominierung zum stellvertretenden Mitglied des Ausschusses der Regionen aIs Ersatz für das bisherige stellvertretende Mitglied, Frau Vizebürgermeisterin von Traisen a. D. Marianne Fügl:

Herr Gemeinderat Nationalratsabgeordneter Hannes WENINGER“

„BUNDESKANZLERAMT-BUNDESKANZLER

351.000/0028-I/4/10

Pkt. 11 des Beschl. Prot. 68

68. Sitzung des Ministerrates am 24. August 2010

11. Bericht des Bundeskanzlers, ZI. 405.828/0014-IV/5/10, betr. Umnominierung öster­reichischer Mitglieder des Ausschusses der Regionen (AdR) über gemeinsames Ersuchen des Österreichischen Gemeinde- und Städtebundes. Der Ministerrat be­schließt im Sinne des Antrages.

Wien, 24. August 2010

Mag. LEITNER“

*****

Schreiben des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG:

„Der Generalsekretär

für auswärtige Angelegenheiten

Dr. Johannes Kyrle

Herrn

Präsidenten des Bundesrates

Martin Preineder

Parlament

Dr. Karl Renner Ring 1-3

1017 Wien                                                                                                                                 30. Juli 2010

GZ: BMeiA-QA.8.33.02/0001-I.2a/2010

Sehr geehrter Herr Präsident!

Im Auftrag von Bundesminister Dr. Michael Spindelegger unterrichte ich Sie gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG, dass aufgrund des Vorschlages der Bundesregierung vom 20. Juli 2010 (Pkt. 34 des Beschl.Prot. Nr. 67) der Herr Bundespräsident am 23. Juli 2010 die Vollmacht zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung des Staates Katar über kultu­relle Zusammenarbeit erteilt hat. Die Aufnahme dieser Verhandlungen wird ehest­möglich erfolgen.

Zur näheren Information lege ich eine Kopie des Vortrages an den Ministerrat bei.

Mit meinen besten Grüßen

Beilage“

„BUNDESMINISTERIUM FÜR

EUROPÄISCHE UND INTERNATIONALE

ANGELEGENHEITEN

BMeiA-QA.5.26.41/0002-V.1/2010


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 36

Abkommen zwischen der Regierung der Republik

Österreich und der Regierung des Staates Katar über

kulturelle Zusammenarbeit; Verhandlungen

Vortrag an den Ministerrat

Es besteht Interesse seitens der Republik Österreich und seitens des Staates Katar, eine vertragliche Basis für die kulturellen bilateralen Beziehungen zu schaffen und ein Abkommen über kulturelle Zusammenarbeit abzuschließen.

Ein solches Abkommen hätte den Zweck, die freundschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Ländern zu verstärken und die Zusammenarbeit im Kulturbereich zu fördern. Es könnte durch ein solches Abkommen die Zusammenarbeit im Bereich der Wissenschaft unterstützt und der kulturelle Austausch gefördert werden. Die Schaffung einer Gemischten Kommission ist nicht vorgesehen.

Für die Verhandlung des Abkommens wird nachstehende österreichische Delegation in Aussicht genommen:

Ges. Dr. Hans Martin Windisch-Grätz                   Bundesministerium für europäische und

Delegationsleiter                                                                                internationale Angelegenheiten

Ministerialrätin Mag. Martina Maschke                Bundesministerium für Unterricht, Kunst

                                                                                                                                                           und Kultur

Ministerialrat Mag. Norbert Riedl                             Bundesministerium für Unterricht, Kunst

                                                                                                                                                           und Kultur

Ministerialrätin Dr. Anna Steiner                              Bundesministerium für Unterricht, Kunst

                                                                                                                                                           und Kultur

Sofern Beschlüsse über finanzielle Auswirkungen gefasst werden, werden sie aus den dem zuständigen Ressort zu Verfügung gestellten Mitteln bedeckt.

Das geplante Abkommen wird gesetzändernd bzw. gesetzesergänzend sein und daher der Genehmigung des Nationalrats gemäß Art. 50 B-VG bedürfen.

Der Nationalrat und der Bundesrat werden gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG von der Aufnahme der Verhandlungen unverzüglich unterrichtet werden.

Im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur stelle ich den

Antrag,

die Bundesregierung wolle dem Herrn Bundespräsidenten vorschlagen, die Mitglieder der österreichischen Delegation in der oben angeführten Zusammensetzung zu Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung des Staates Katar über kulturelle Zusammenarbeit zu bevoll­mäch­tigen.

Wien, am 13. Juli 2010

SPINDELEGGER m.p.“

*****

„Der Generalsekretär

für auswärtige Angelegenheiten

Dr. Johannes Kyrle


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 37

Herrn

Präsidenten des Bundesrates

Martin Preineder

Parlament

Dr. Karl Renner Ring 1-3

1017 Wien                                                                                                                 03. September 2010

GZ: BMeiA-AT.8.33.02/0003-I.2a/2010

Sehr geehrte Herr Präsident!

Im Auftrag von Bundesminister Dr. Michael Spindelegger unterrichte ich Sie gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG, dass aufgrund des Vorschlages der Bundesregierung vom 24. August 2010 (Pkt. 75 des Beschl.Prot. Nr. 68) der Herr Bundespräsident am 26. August 2010 die Vollmacht zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Über­einkommen zur Errichtung eines funktionellen Luftraumblocks in Zentraleuropa (FAB CE) erteilt hat. Die Aufnahme dieser Verhandlungen wird ehestmöglich erfolgen.

Zur näheren Information lege ich eine Kopie des Vortrages an den Ministerrat bei.

Mit meinen besten Grüßen

Beilage“

„BUNDESMINISTERIUM FÜR

EUROPÄISCHE UND INTERNATIONALE

ANGELEGENHEITEN

BMeiA-AT.3.18.38/0006-III.6/2010

Übereinkommen zur Errichtung eines funktionellen

Luftraumblocks in Zentraleuropa (FAB CE);

Verhandlungen

Vortrag an den Ministerrat

Das CEATS-Abkommen (Central European Air Traffic Services – CEATS) zur Erbringung eines gemeinsamen Flugsicherungsdienstes im oberen Luftraum (über ca. 9.000 Meter) durch EUROCONTROL (Organisation für die europäische Flugsicherung) für die acht zentraleuropäischen Staaten Österreich, Bosnien-Herzegowina, Italien, Kroatien, Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik und Ungarn wurde am 27. Juni 1997 unterzeichnet. Österreich war hierbei Hauptbegünstigter, da eine "CEATS Zen­trale" in Fischamend errichtet werden sollte. Erst 2004 erfolgte die fünfte Ratifikation durch Bosnien-Herzegowina, wodurch das CEATS-Abkommen in Kraft trat. Somit hatten fünf Staaten (Österreich, Bosnien-Herzegowina, Slowakei, Tschechische Republik, Ungarn) das CEATS-Abkommen ratifiziert (Österreich 2003). Drei Staaten (Kroatien, Italien und Slowenien) haben bislang nicht ratifiziert und ihre politische Absicht bekundet, CEATS in keinem Fall weiterverfolgen zu wollen.

Infolge der Einsprüche der drei oben genannten Staaten konnte keine Einigung über die weiteren Schritte zur Umsetzung erzielt werden, so dass das CEATS-Abkommen aus 1997 in der bestehenden Form nicht mehr realisierbar war. Seitens der CEATS Staaten wurde daher Ende 2006 eine Machbarkeitstudie über die Errichtung eines SES (Single European Sky) konformen Luftraumblocks (Functional Airspace Block Central Europe - FAB CE) auf Grundlage des Art. 9a der VO (EG) Nr. 550/2004 initiiert. Das Ergebnis der Studie (Masterpan zur Umsetzung) wurde formal im Zuge einer CEATS Ministerkonferenz am 12. Juni 2008 in Luxemburg angenommen. Im Zuge dieser


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 38

Ministerkonferenz wurde zeitgleich die Auflösung des CEATS-Abkommens be­schlos­sen.

Im Unterschied zum CEATS-Abkommen normiert die FAB CE Initiative einen "dezentralen Ansatz", bei dem die sieben (ohne Italien) verbleibenden "CEATS-Flug­sicherungsbetreiber (air navigation service providers – ANSPs)" zumindest mittelfristig ihre bestehenden Standorte, Systeme und das dazugehörige Personal (entgegen dem zentralen Ansatz bei CEATS) beibehalten. Mit Einrichtung eines funktionellen Luftraumblocks (FAB) soll in einem dreistufigen Plan die Zusammenarbeiten zwischen den ANSPs von 2009 bis 2018 intensiviert und letztlich integriert werden.

Infolge der oben angeführten Aktivitäten wurde bereits 2009 eine provisorische FAB CE Leitungsstruktur (Provisonal FAB CE Council – PFCC) errichtet und ein Memorandum of Understanding (MoU) erstellt, welches im November 2009 durch das BMVIT unterfertigt wurde. Das MoU fordert die FAB CE Staaten auf, ein FAB CE Übereinkommen auf Grundlage der oben angeführten Annahmen zu verhandeln. Slowenien, das im Jahr 2010 den Vorsitz im PFCC führt, hat bereits einen Entwurf zu einem FAB CE Übereinkommen vorgelegt, welches nunmehr verhandelt werden soll, um eine Unterzeichnung bis Ende 2010 möglich zu machen. Die FAB CE Staaten haben hierbei ihre Anstrengungen vertieft, zumal sie den EU-Vorgaben entsprechend einen FAB bis spätestens Ende 2011 eingerichtet haben müssen (Art. 9a der VO(EG) Nr. 550/2004).

Für die Verhandlung des FAB CE Übereinkommens wird nachstehende österreichische Delegation in Aussicht genommen:

Min.Rat Dr. Karl Prachner                                                           Bundesministerium für Verkehr,

Delegationsleiter                                                                                      Innovation und Technologie

Manfred Fürst                                                                                   Bundesministerium für Verkehr,

Stv. Delegationsleiter                                                                              Innovation und Technologie

Der Delegation werden die erforderlichen Berater beigezogen werden.

Mit Abschluss des FAB CE Übereinkommens entstehen dem Bund keinerlei finanzielle Verpflichtungen, da die Unternehmung aus Flugsicherungsgebühren (wie auch gegen­wärtig die nationale Flugsicherung) finanziert wird. Die mit der Entsendung dieser Delegation verbunden Kosten finden ihre Bedeckung in den Budgetansätzen des entsendenden Ressorts.

Das geplante FAB CE Übereinkommen wird gesetzändernden bzw. gesetzes­ergän­zenden Charakter haben und daher gemäß Art. 50 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat bedürfen.

Der Nationalrat und der Bundesrat werden gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG von der Aufnahme der Verhandlungen unverzüglich unterrichtet werden.

Im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie stelle ich den

Antrag,

die Bundesregierung wolle dem Herrn Bundespräsidenten vorschlagen, die Mitglieder der österreichischen Delegation in der oben angegebenen Zusammensetzung zu Ver­handlungen über ein Übereinkommen zur Errichtung eines funktionellen Luftraum­blocks in Zentraleuropa (FAB CE) zu bevollmächtigen.


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 39

Wien, am 18. August 2010

SPINDELEGGER m.p.“

*****

„Der Generalsekretär

für auswärtige Angelegenheiten

Dr. Johannes Kyrle

Herrn

Präsidenten des Bundesrates

Martin Preineder

Parlament

Dr. Karl Renner Ring 1-3

1017 Wien                                                                                                                 27. September 2010

GZ: BMeiA-DE.8.33.02/0002-I.2a/2010

Sehr geehrter Herr Präsident!

Im Auftrag von Bundesminister Dr. Michael Spindelegger unterrichte ich Sie gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG, dass aufgrund des Vorschlages der Bundesregierung vom 14. September 2010 (Pkt. 9 des Beschl.Prot. Nr. 71) der Herr Bundespräsident am 16. September 2010 die Vollmacht zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über die Zu­sam­menarbeit auf dem Gebiet des Passwesens erteilt hat. Die Aufnahme dieser Verhandlungen wird ehestmöglich erfolgen.

Zur näheren Information lege ich eine Kopie des Vortrages an den Ministerrat bei.

Mit meinen besten Grüßen

Beilage“

„BUNDESMINISTERIUM FÜR                                                               BUNDESMINISTERIUM

EUROPÄISCHE UND INTERNATIONALE                                                        FÜR INNERES

ANGELEGENHEITEN

BMeiA-DE.4.15.07/0042-IV.2a/2010 BMI-LR1370/0003-III-B-1/2010

Abkommen zwischen der Republik Österreich und der

Bundesrepublik Deutschland über die Zusammenarbeit

auf dem Gebiet des Passwesens; Verhandlungen

Vortrag an den Ministerrat

Bei der Beantragung von Reisepässen ist zwecks Identitätsfeststellung und Erfassung der biometrischen Merkmale die persönliche Vorsprache bei der Behörde erforderlich. Auslandsösterreicherinnen müssen sich daher, wenn sie nicht die Möglichkeit der Beantragung bei einer Passbehörde in Österreich beanspruchen wollen, an eine zu­stän­dige österreichische Vertretungsbehörde im Ausland wenden, was oft lange Anfahrtszeiten bedingt.

Im Rahmen des geplanten Abkommens mit Deutschland soll die notwendige Identitätsfeststellung und die Erfassung der Daten sowie der biometrischen Merkmale durch ausgewählte lokale Passbehörden der jeweils anderen Vertragspartei ermöglicht werden. Vor allem in Hinblick auf die hohe Zahl an in Deutschland lebenden öster­reichischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern (ca. 240.000) würde diese Zusam­


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 40

menarbeit der Passbehörden, die ein europäisches Pilotprojekt darstellt, die Antrag­steIlung erleichtern und den Bürgern helfen, mit der Anreise zur Botschaft verbundene Kosten zu sparen. Das Abkommen wäre sinngemäß auch für deutsche Staats­angehörige, die in Österreich wohnhaft sind und dort einen Passantrag stellen wollen, anwendbar.

Die zusätzlichen Gebühren und außerordentlichen Zustell kosten dieses Service sind von den Antragstellerinnen zu tragen. Soweit im Zusammenhang mit dem Projekt weitere Zusatzkosten anfallen, wie die Zurverfügungstellung der Geräte zur Erfassung der Daten, sind diese aus dem veranschlagten Budget des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten zu bedecken.

Im Falle der reziproken Durchführung des Projektes in Österreich wären die allfälligen Kosten für die Beistellung der Technik, der Programme und der Schulung entweder vom Vertragspartner zu zahlen, bzw. allfällige Verwaltungskosten durch die zusätzlich einzuhebenden Gebühren der Antragstellerinnen zu bedecken.

Der Vertrag wird gesetzändernd bzw. gesetzesergänzend sein und daher der Geneh­migung des Nationalrats gemäß Art. 50 B-VG bedürfen.

Der Nationalrat und der Bundesrat werden gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG von der Aufnahme der Verhandlungen unverzüglich unterrichtet werden.

Gemeinsam stellen wir den

Antrag,

die Bundesregierung wolle dem Herrn Bundespräsidenten vorschlagen, Frau Botschaf­terin MMag. Dr. Elisabeth Tichy-Fisslberger, und im Falle ihrer Verhinderung Frau Botschafterin Mag. Andrea Ikic-Böhm, zur Leitung der Verhandlungen über den Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über die Zu­sam­menarbeit auf dem Gebiet des Passwesens zu bevollmächtigen.

Wien, am 8. September 2010

SPINDELEGGER m.p.                                                                                                   FEKTER m.p.“

*****

Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend Aufenthalt von Mitgliedern der Bun­desregierung in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union:

„BUNDESKANZLERAMT ÖSTERREICH

Mag. Stephan LEITNER

MINISTERRATSDIENST                                              Geschäftszahl: 350.200/0137-I/4/2010

                                                                                                                                                 Abteilungsmail:

                                                                                                    Sachbearbeiterin: Gabriele MUNSCH

                                                                                              Pers. eMail: gabriele.munsch@bka.gv.at

                                                                                                           Telefon: 01/531 15/2217 bzw. 2264

                                                                                                                      Datum:  27. September 2010

An den

Präsidenten des Bundesrates


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 41

Parlament

1017 Wien

Sehr geehrter Herr Präsident!

Der Ministerratsdienst des Bundeskanzleramtes teilt mit, dass sich der Bundesminister für Gesundheit Alois STÖGER, diplome am 7. und 8. Oktober 2010 in Paris aufhalten wird.

Mit freundlichen Grüßen“

*****

„BUNDESKANZLERAMT ÖSTERREICH

Mag. Stephan LEITNER

MINISTERRATSDIENST                                              Geschäftszahl: 350.200/0139-I/4/2010

                                                                                                                     Abteilungsmail: mrd.bka.gv.at

                                                                                                             Sachbearbeiterin: Ingeborg HEIM

                                                                                                  Pers. eMail: Ingeborg.heim@bka.gv.at

                                                                                                                                Telefon: 01/531 15/2217

                                                                                                                                Datum: 1. Oktober 2010

An den

Präsidenten des Bundesrates

Parlament

1017 Wien

Sehr geehrter Herr Präsident!

Der Ministerratsdienst des Bundeskanzleramtes teilt mit, dass sich der Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert DARABOS am 7. und 8. Oktober in Köln und am 21. und 22. Oktober 2010 in Antwerpen aufhalten wird. Seine Ange­legenheiten im Nationalrat gemäß Art. 73 Abs. 3 B-VG lässt er am 21. Oktober 2010 durch die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris BURES wahrnehmen.

Mit freundlichen Grüßen“

*****

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Eingelangt ist der Gesundheitsbericht 2009 (Berichtszeitraum 2005 – 2007), der dem Gesundheitsausschuss zur Vor­beratung zugewiesen wurde.

Außerdem ist der IV. Bericht des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft über die Anwendung der EMAS-Verordnung und die Vollziehung des Umweltmanagementgesetzes eingelangt, der dem Umweltausschuss zur Vorberatung zugewiesen wurde.

Darüber hinaus ist der Frauenbericht 2010 (Bericht betreffend die Situation von Frauen in Österreich im Zeitraum 1998 bis 2008) eingelangt, der dem Gleich­behandlungs­ausschuss zur Vorberatung zugewiesen wurde.

Ebenso eingelangt ist der Tätigkeitsbericht der Schienen-Control Gmbh – Eisenbahn­regulierung 2009, der dem Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie zur Vorberatung zugewiesen wurde.


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 42

Des Weiteren sind der Bericht der Bundesregierung über Maßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft im Jahr 2011 gemäß § 9 LWG 1992 beziehungsweise der Bericht über die Situation der österreichischen Land- und Forstwirtschaft (Grüner Bericht 2010) eingelangt, die dem Ausschuss für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft jeweils zur Vor­beratung zugewiesen wurden.

Eingelangt sind und den zuständigen Ausschüssen zugewiesen wurden jener Be­schluss des Nationalrates beziehungsweise jene Berichte, der beziehungsweise die jeweils Gegenstand der heutigen Tagesordnung ist beziehungsweise sind. Die Aus­schüsse haben ihre Vorberatungen abgeschlossen und schriftliche Ausschussberichte erstattet.

Ich habe die zuvor genannten Verhandlungsgegenstände auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Behandlung der Tagesordnung

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Aufgrund eines mir zugekommenen Vor­schlages beabsichtige ich, die Debatte über die Tagesordnungspunkte 2 bis 9 unter einem zu verhandeln.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall. Wir werden daher so vorgehen.

10.58.291. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. September 2010 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 geändert wird (ZDG-Novelle 2010) (871 d.B. und 885 d.B. sowie 8384/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir gehen nun in die Tagesordnung ein und gelangen zu deren 1. Punkt.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Köberl. Ich bitte um den Bericht.

 


10.59.06

Berichterstatter Günther Köberl: Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Bundes­minis­terin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich erstatte den Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 22. September 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 geändert wird (ZDG-Novelle 2010).

Der Inhalt des Berichtes liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; es erübrigt sich daher dessen Verlesung. Ich komme sogleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 5. Oktober 2010 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ertl. – Bitte.

 


11.00.05

Bundesrat Johann Ertl (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Mit der Zivildiensterklärung gibt der Antragsteller bekannt, die


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 43

Wehrpflicht aus Gewissensgründen nicht erfüllen zu können. Die Erklärung hat bis heute gelautet: 

„Ich kann die Wehrpflicht nicht erfüllen, weil ich es – von den Fällen persönlicher Notwehr und Nothilfe abgesehen  – aus Gewissensgründen ablehne, Waffengewalt gegen Menschen anzuwenden und daher bei der Ableistung des Wehrdienstes in Gewissensnot geraten würde. Ich will deshalb Zivildienst leisten.“

Ab Eintritt der Zivildienstpflicht war dem Zivildienstpflichtigen für die Dauer von 15 Jahren der Erwerb und der Besitz von verbotenen Waffen, Kriegsmaterial, geneh­migungspflichtigen Schusswaffen sowie das Führen von Schusswaffen untersagt. (Bundesrat Mag. Klug: Verbotene Waffen auch länger, oder?) – Sie kann jemandem zugeteilt werden als Dienstwaffe. Das ist möglich. – Somit war bis dato die Tätigkeit als Jäger oder als Polizist prinzipiell nicht möglich.

Die Geschichte des Zivildienstes beginnt, so wie wir sie heute kennen, im Jahre 1975. Damals herrschte aber die weitverbreitete Haltung, dass das Bundesheer aus Buben Männer machen wird, und es wurde rasch dafür gesorgt, dass Zivildienstleistende als Drückeberger und „Schwachmatiker“ stigmatisiert wurden. Der gesellschaftliche Wandel konnte aber nicht aufgehalten werden, und die Möglichkeit der Ableistung des Zivildienstes wurde vereinfacht. Das führte dazu, dass 1991 eine entsprechende Änderung des Zivildienstgesetzes erfolgte. Fortan mussten Zivildienstleistende einige Monate mehr an Dienst leisten als Präsenzdiener des Bundesheeres.

Der Zivildienst selbst ist ein Wehrersatzdienst. In der Regel ist jeder männliche österreichische Staatsbürger ab dem Kalenderjahr, in dem er das 18. Lebensjahr erreicht, stellungspflichtig. Die Stellung dient dazu, festzustellen, ob jemand geistig und körperlich für einen Wehrdienst geeignet ist. Ist das der Fall, besteht die Wahl zwischen dem Grundwehrdienst und dem Zivildienst.

Die Novelle, die wir heute hier beschließen werden, hat zwei Stoßrichtungen. Der erste Punkt ist, dass man Menschen, die Zivildienst geleistet haben, den Eintritt in den Polizei­dienst ermöglicht. Im Prinzip kann man darüber diskutieren. Jemand kann gegenüber einer Behörde einmal die Gewissensprüfung ablegen und dann sagen, dass er den Dienst an der Waffe nicht versehen kann und daher zum Zivildienst geht. Dann haben wir aber noch immer eine Wehrpflicht und keine freie Entscheidung.

Durch diese Novelle kommt es zu umfangreichen Änderungen:

Es kommt zu Änderungen aufgrund der Novelle zum Wehrgesetz im Zusammenhang mit der gesetzlichen Verkürzung des Grundwehrdienstes.

Es kommt zur Öffnung der Gebiete Kinderbetreuung, Integration und Fremdenberatung für den Einsatz von Zivildienern.

Es kommt zu einer Verwaltungsvereinfachung und Verfahrensbeschleunigung. Der Zivildienstbeschwerderat wird durch die Zivildienstserviceagentur ersetzt.

Es kommt zur Schaffung eines zusätzlichen Instanzenzuges: Berufungen gehen künftig an die Zivildienstserviceagentur und nicht mehr direkt an das Innenministerium.

Es kommt zur Verschärfung von disziplinären Maßnahmen.

Das Waffenverbot fällt: Für Zwecke der Ausübung der Jagd, für Angehörige traditio­neller Schützenvereinigungen sowie für Sportschützen können von den Sicherheits­direktionen auf Antrag des Zivildienstpflichtigen in begründeten Fällen mit Bescheid Ausnahmen vom Verbot des Erwerbs und Besitzes genehmigungspflichtiger Waffen und vom Verbot des Führens von Schusswaffen erteilt werden.

Es schafft die Möglichkeit einer Berufswahl.


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 44

Es schafft die Möglichkeit der einmaligen Beantragung der Erlöschung der Zivildienst­pflicht bis zum 28. Lebensjahr, damit man einen Beruf, welcher den Grundwehrdienst als Voraussetzung hat, auch ausüben kann, dies allerdings unter den Voraus­setzungen: Abgabe einer Erklärung, dass die getätigte Gewissenserklärung nicht mehr zutrifft und dass der Beruf nur wegen des Zivildienstes nicht ausgeübt werden kann. Es ist eine schriftliche Antragstellung sowie eine Eignungszusage des künftigen Dienst­gebers notwendig. Bei einer Aufhebung für zwölf Monate lebt die Wehrpflicht wieder auf. Nach zwölf Monaten und keiner Aufnahme in den Dienst lebt die Zivildienstpflicht wieder auf. Von solchen Wehrpflichtigen ist kein Grundwehrdienst zu leisten.

Durch Verordnung des jeweils betroffenen Ministers wird festgelegt, wie weit der bereits vollständig abgeleistete ordentliche Zivildienst bei der jeweiligen Ausbildung Berück­sichtigung findet, wobei auch eine militärische Ausbildung vorgesehen werden kann. Es wird über den Verordnungsweg festgelegt, dass jedes Ministerium – Inneres, Justiz oder Landesverteidigung – selbständig beurteilen kann, wie lange der nachzu­holende Wehrdienst tatsächlich zu dauern hat.

Ich glaube, das ist ein völlig falscher Weg. Jemand, der einmal öffentlich bekundet hat, der einmal gesagt hat und der Republik gegenüber bekundet hat, dass er den Dienst mit der Waffe nicht versehen kann, wird vielleicht später, wenn er dann tatsächlich Polizist ist, gehörige Probleme haben, wenn er seine Dienstwaffe gebrauchen muss.

Die zweite Stoßrichtung – das ist wirklich absurd – ist die Regelung, dass Zivildiener, die eben diese Gewissensprüfung abgelegt und erklärt haben, den Dienst an der Waffe nicht versehen zu können, in den Besitz von waffenrechtlichen Dokumenten gelangen können. Ich kann nicht verstehen, warum man das so macht. Wir sind aus den nachstehenden Gründen gegen diese Regierungsvorlage:

Es kommt zur Aufhebung des Waffenverbotes für Zivildiener.

Es besteht keine Verpflichtung zur Ableistung eines militärischen Dienstes – jedes Ressort entscheidet selbst. In Zukunft können somit Bewerber für die Justizwache verpflichtet werden, Militärdienst zu leisten, und Exekutivbeamte des Innenministe­riums nicht.

Es besteht eine Verwendungsmöglichkeit von Zivildienern in der Kinderbetreuung, Integration und Fremdenberatung.

Wir stimmen daher dieser Vorlage nicht zu. (Beifall bei der FPÖ sowie des Bun­desrates Zwanziger.)

11.07


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Mag. Rausch. – Bitte.

 


11.08.15

Bundesrätin Mag. Bettina Rausch (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Bun­des­ministerin! Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Zivildienst boomt. Wir erleben das alle jeden Tag. Immer mehr junge Männer – aktuell über 13 000 – leisten Zivildienst und halten damit wichtige Bereiche, wesentliche Bereiche unseres Sozial- und Gesundheitswesens in Österreich am Laufen.

Mit der steigenden Zahl an Zivildienern, mit der wachsenden Rolle, die der Zivildienst in unserer Gesellschaft einnimmt, wurde in den letzten Jahren natürlich auch immer wieder Veränderungsbedarf festgestellt und wurden Veränderungen auch umgesetzt, der Zivildienst somit laufend weiterentwickelt.

So haben wir heute auch wieder Vorschläge zur Weiterentwicklung des Zivildienstes auf dem Tisch, die den Zivildienst an geänderte Rahmenbedingungen und Anforde­


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rungen anpassen. Zum einen – wir haben ja auch vom Kollegen Ertl sehr ausführlich gehört, was in der Novelle steht – wird mit der Novelle ermöglicht, dass Zivildiener künftig in neuen Bereichen, nämlich etwa in Kindergärten oder Integrationseinrichtun­gen tätig sind. Das sind Bereiche, wo mehr Bedarf nach Unterstützung durch Arbeits­kräfte besteht, es sind gleichzeitig aber auch Bereiche – und daher begrüße ich das –, in denen die jungen Männer über die bestehenden Bereiche des Sozial- und Gesund­heitswesens hinaus Erfahrungen sammeln können und somit auch in weitere Berufs­felder hineinschnuppern können.

Zum anderen lockert die vorliegende Novelle bisher bestehende Einschränkungen für Zivildiener, vor allem im Bereich des 15-jährigen Waffenverbots. Sie ermöglicht den Zivildienern erst, nämlich künftig, in Sportschützenvereinen, Traditionsvereinen und Jagdverbänden Waffen zu führen. – Ich halte das für sehr logisch, denn mit der Zivil­diensterklärung lehnt man ja Gewalt, Waffengewalt gegen Menschen ab, nicht aber gegenüber Tieren etwa oder gegenüber Zielscheiben.

Weiters können wir mit unserem heutigen Beschluss möglich machen, dass in Zukunft  Zivildiener unter besonderen Voraussetzungen später Polizisten werden können. Ich halte das für sehr fair, denn Lebenspläne und Einstellungen junger Menschen – das erleben Sie in vielen anderen Bereichen auch – können sich ändern, und jemand, der an der Gesellschaft einen wertvollen Dienst leistet, soll dadurch nicht über Gebühr eingeschränkt werden. Es ist nicht nur fair, es ist auch gescheit, denn ich glaube, wir sollten junge Männer, die für den Beruf des Polizisten motiviert sind, der Polizei nicht vorenthalten.

Ganz allgemein – erlauben Sie mir noch einige grundsätzliche Gedanken – ist es natürlich mein Job als Jugendvertreterin, darauf zu schauen, dass junge Menschen von der Gesellschaft nicht über Gebühr zur Kasse gebeten werden. Der Präsenzdienst wie auch der Zivildienst selbst sind, auch wenn es keine direkten Geldleistungen sind, in Geld messbar, sind Leistungen junger Männer an unsere Gesellschaft, für die sie nicht nach marktwirtschaftlichen Kriterien entlohnt werden, wo sie definitiv mehr beitragen, als sie bezahlt bekommen. Insofern ist es mir ein besonderes Anliegen, auch angesichts der aktuellen Diskussion, zwei Gedanken anzubringen:

Erstens: Wir müssen uns alle gemeinsam insgesamt Gedanken machen – möglichst rasch, finde ich, möglichst intensiv und möglichst kreativ –, wie wir unsere Sozial­dienste und unser Gesundheitswesen finanzieren können, vor allem die vielen Arbeits­kräfte, die in diesen Bereichen in Zukunft dringend notwendig sein werden, denn allein auf Zivildienern kann der Druck in Zukunft und auf Dauer nicht lasten.

Zweitens: Wenn wir junge Menschen Dienst an der Gesellschaft leisten lassen, dann soll das auch Sinn machen – für die Gesellschaft insgesamt und für jede oder jeden Einzelnen, der oder die diesen Dienst leistet. Ganz viele junge Menschen, nämlich etwa eine Million in ganz Österreich, sind ehrenamtlich, also freiwillig und unentgeltlich für andere tätig, nämlich immer dort, wo sie spüren, dass ihr Engagement auch Sinn macht. Umso mehr gilt es sowohl im Präsenz- als auch im Zivildienst diese so zu gestalten, dass sie für den und für die, die sie leisten, auch Sinn stiften. Mit der heute vorliegenden Novelle zum Zivildienstgesetz setzen wir aus meiner Sicht in diese Richtung wichtige Schritte.

Ich möchte abschließend ein Danke an die Frau Bundesministerin formulieren: Danke, dass sie hier auf einen Vorschlag auch der Jungen ÖVP eingegangen ist. Du, Frau Bundesministerin, zeigst damit, dass du die Leistungen junger Männer für unsere Gesellschaft anerkennst, dass du ihre Anliegen auch zu deinen Anliegen machst, dass du uns Junge und unsere Vorschläge ernst nimmst und dass wir gemeinsam so den Zivildienst weiterentwickeln können. Ich würde mir wünschen, dass dieses dein


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 46

Beispiel im wahrsten Sinne des Wortes Schule macht. Wir hätten auch in anderen Bereichen der Politik viele gute Vorschläge, über deren Umsetzung wir uns freuen würden.

Dem heutigen Antrag werde ich gemeinsam mit meiner Fraktion natürlich zustimmen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

11.12


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Dönmez. – Bitte.

 


11.12.40

Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Innenministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe hier ein Pressepapier von unserem grünen Sicherheitssprecher Peter Pilz (Bun­desrat Mag. Klug: Oje! Oje!), der die Abschaffung der Wehrpflicht gefordert und „eine grüne Forderung wird bald wahr“ in Klammer gesetzt hat. Und wenn man die Geschichte beobachtet, dann kann man unschwer erkennen, dass wir uns damit auf einem richtigen Weg befinden, denn: In Europa haben seit dem Jahr 2000 17 Staaten die Wehrpflicht abgeschafft – das deutsche Modell ist da noch gar nicht berücksichtigt. Eine klassische territoriale Landesverteidigung hat im Europa des 21. Jahrhunderts keinen Sinn mehr und ist nichts anderes als ein unnötiger und entbehrlicher Luxus.

Wir brauchen aber dennoch gut ausgebildete professionelle Fachkräfte – im Gegen­satz zu zwangsverpflichteten Jugendlichen –, die im Rahmen der EU und der UNO für internationale Einsätze zur Verfügung stehen. Und wir brauchen weiterhin funktio­nierende Organisationen im Sozialbereich. Das sind die Aufgaben der Zukunft, wie auch die Kollegin Rausch das vorhin schon betont hat.

Aber nun zum Inhalt der Novelle. – Viele junge Österreicher haben mit dem Bun­desheer nichts mehr am Hut. Obwohl der Zivildienst möglichst unattraktiv gestaltet wurde, sind immer mehr junge Männer bereit, anstelle des Bundesheerdienstes etwas Sinnvolles im sozialen Bereich zu tun und den Dienst an der Waffe zu verweigern.

Obwohl wahrscheinlich die heute zu beschließende Novelle zum Zivildienst für einen nur sehr kurzen Geltungszeitraum durchgewunken wird – schließlich scheinen ja auch, wie man dies in der Berichterstattung der Medien auch verfolgen kann, VertreterInnen der SPÖ sich unseren Forderungen anzuschließen (ironische Heiterkeit des Bundes­rates Konecny) –, möchte ich doch darauf hinweisen, dass wir es bei dieser Novelle mit einem Grundrecht zu tun haben: dem Recht, den Dienst an der Waffe zu ver­weigern, ohne dabei Nachteile zu erfahren. Wenn man es sich anschaut, dann stellt man fest, dass in Österreich aber nach wie vor die Realität etwas anders aussieht – denn wie geht der Staat Österreich mit jenen um, die den Dienst an der Waffe ver­weigern?

Wenn ich einen Blick zurückwerfe, einen Blick in die Geschichte unseres Landes, dann fällt mir als Erstes auf, dass wir in der Zweiten Republik sehr lange gebraucht haben, bis wir überhaupt eine rechtliche Grundlage für die Verweigerung des Dienstes an der Waffe geschaffen haben. Dass man nach den schrecklichen Ereignissen während der Kriege den Waffenverweigerern so wenig Verständnis entgegengebracht hat, ist ver­wun­derlich. Erst 1975 wurde das Zivildienstgesetz verabschiedet und die Gewis­sens­kommission eingeführt – gegen den Willen der konservativen Kräfte in Österreich.

Diese Kräfte sind auch dafür verantwortlich, dass Zivildiener für viele Jahre als Drücke­berger stigmatisiert wurden, so wie es Kollege Ertl in seiner Rede auch kurz angeführt hat. Dies änderte sich erst, als viele Organisationen im Sozialbereich ohne Zivildiener nicht mehr arbeiten konnten. Darüber hinaus wurde durch den gesellschaftlichen


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 47

Wandel der Druck größer, was diese Gewissensprüfung betrifft. Sie dauert ja in der Regel – seien wir doch ehrlich – nicht länger als 15 Minuten, und innerhalb von 15 Minu­ten, innerhalb kürzester Zeit entscheiden Menschen, die sich vorher noch nie gegenübergestanden sind, ob die Gesinnung passt oder nicht und ob eine Verwei­gerung des Waffengebrauchs aus Gewissensgründen vorliegt. Auch das ist in Frage zu stellen. Aber sei es, wie es sei.

Gleichzeitig wurden die Rahmenbedingungen für die Zivildiener verschlechtert. Trotz der Erschwernisse für Zivildiener wurde dadurch das Bundesheer aber nicht attraktiver. Ganz im Gegenteil: Immer mehr junge Männer drängten in den Zivildienst. Dieser wurde dann unter der Regierung Schüssel vom damaligen Innenminister Strasser – der auch selbst ein Zivildiener war, so wie ich – möglichst unattraktiv gestaltet. Männer, die lieber den Sozialdienst als den Dienst an der Waffe absolvierten, wurden mit dras­tischen finanziellen Einbußen konfrontiert. Es nützte aber alles nichts, denn der Zug der Zeit geht einfach in eine andere Richtung, und die jungen Österreicher finden den Zivildienst immer noch viel attraktiver als den Dienst beim Bundesheer, obwohl er viel länger dauert.

Daher fordern wir Grüne schon seit vielen Jahren die Abschaffung der Wehrpflicht. Und jetzt sollten wir wieder einmal einer Novelle zustimmen, die eigentlich heute schon obsolet erscheint, weil sich die VertreterInnen aller anderen Parteien bis heute vor einer offenen Debatte über die Sinnhaftigkeit des österreichischen Bundesheeres ge­drückt haben. (Bundesrat Perhab: Fragen Sie einmal den Bürgermeister Häupl!) – Das können wir auch machen. Aber wir können uns auch darüber unterhalten, dass wir unseren Feind davon unterrichten, falls er einmal Österreich angreifen sollte, dass er seine Angriffszeiten nach den Betriebszeiten der Abwehrflieger orientieren soll.

Da können wir also viel darüber reden, aber nichtsdestotrotz: Diese Novelle bringt uns keinen Schritt weiter. Und ich finde es sehr schade, dass die Polizei auf Zivildiener verzichten muss, denn in der Regel entwickeln Zivildiener während ihrer Tätigkeit in den Organisationen soziale Kompetenzen und sind daher für die Arbeit bei der Polizei prädestiniert.

Von den Zivildienern plötzlich eine militärische Grundausbildung nachzufordern, ist nicht logisch, denn diese entspricht auch nicht den Aufgaben der Polizei. Warum, bitte, muss ein Polizist über militärische Kenntnisse verfügen? (Bundesrat Podgorschek: Weil er ... den Militärdienst gemacht hat!) Was hat das Militär mit der Polizei zu tun? (Bundesministerin Dr. Fekter: Dass sie beim Katastrophenschutz aufeinander­tref­fen!) – Aber in einem Monat, sehr geehrte Frau Innenministerin, kann ich weder eine grundlegende Waffenausbildung durchziehen noch gleichzeitig eine fundierte Einfüh­rung in die Katastrophenhilfe vermitteln. (Bundesrat Mag. Klug: Effi Dönmez, warst du beim Heer? – Bundesrätin Mühlwerth: Eben nicht!)

Da werden unterschiedliche Bereiche durchwürfelt, und das ist aus meiner Sicht nicht wünschenswert. Nur weil in beiden Organisationen mit Waffen hantiert wird, die in der einen oder anderen Organisation eine größere oder weniger große Rolle spielen, heißt das aus unserer Sicht, aus meiner Sicht noch lange nicht, dass Polizisten auch gleich­zeitig Soldaten sein müssen. Aber das sind ideologische Zugänge. Ich respektiere Ihre Ansicht genauso (Bundesrat Perhab: Das sind normale Denker!) und ersuche, auch unsere Ansicht diesbezüglich zu respektieren.

Ich lehne diese Novelle auch deshalb entschieden ab, weil ich den geplanten Einsatz von Zivildienern im kindergartenpädagogischen Bereich für problematisch halte. Im Kindergarten brauchen wir ausgebildete, professionelle Pädagogen – ich sage hier absichtlich „Pädagogen“ und nicht „Pädagoginnen“ – und keine Anlernkräfte. Ganz im Gegenteil braucht es hier einen massiven Qualitätsschub.


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 48

Mit dieser Novelle zementieren Sie die Stellung der Zivildiener in der Gesellschaft als Männer zweiter Klasse ein.

Erlauben Sie mir nun – nachdem ich schon einen Blick in die Geschichte gemacht habe – einen Blick nach vorne. Einzelne Aufgaben des Bundesheeres könnten ganz einfach entfalten: zum Beispiel der Grenzschutz, denn der ist ohnehin verfassungs­widrig und völlig wirkungslos. Der Katastrophenschutz könnte mit einem Bruchteil – mit einem Bruchteil! – der Mittel durch zivile Strukturen ersetzt werden.

Internationale Friedenseinsätze werden in Zukunft einen wichtigeren Stellenwert für das österreichische Bundesheer bekommen. Statt eines Kader-Milizheers mit 50 000 Per­sonen brauchen wir UN-Brigaden mit rund 6 000 Beschäftigten.

Mit der Abschaffung der Wehrpflicht entfällt der Zwangsdienst für rund 38 000 Männer pro Jahr.

Wir fordern ein Freiwilligenmodell beim Zivildienst mit entsprechenden Anreizen: An­rechen­barkeit auf berufsspezifische Ausbildungen, gerechte Bezahlung und umfassen­den Versicherungsschutz.

Offensichtlich hat Bürgermeister Häupl die Presseaussendung unseres Sicherheits­sprechers sehr gut und sehr genau studiert (Bundesrat Konecny: Na! – Bundesrat Mag. Klug: Das glauben wir eher nicht, dass der Häupl etwas vom Pilz liest!), denn auch in dieser wird, sollten sich SPÖ und ÖVP jeder Vernunft verweigern, eine Volks­abstimmung gefordert. Die SPÖ hat jetzt wohl aus wahltaktischen Gründen den richtigen Weg eingeschlagen – der Grund für das Umdenken innerhalb der SPÖ spielt für mich da aber gar keine so wesentliche und wichtige Rolle. (Bundesrat Perhab: Das war der Schennach!) Das Wichtigste ist, dass wir für die Zukunft den richtigen Weg einschlagen. Und wenn wir die Entwicklung im europäischen Kontext betrachten, dann müssen wir sagen, dass wir da auf dem Holzweg sind. (Beifall der Bundesrätin Kerschbaum.)

11.21


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Klug. Ich erteile es ihm.

 


11.21.46

Bundesrat Mag. Gerald Klug (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin Dr. Fekter! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Von der Theorie wieder zur Praxis. – Die Position der sozialdemokratischen Fraktion zur vorliegenden Novelle, zu diesem Tagesordnungspunkt ist vollkommen klar: Die Novelle zum Zivildienstgesetz wurde ordnungsgemäß begutachtet, mit allen Betroffenen gut verhandelt, inklusive der Trägerorganisationen. Frau Bundesministerin, vielen herzlichen Dank in diesem Zusammenhang!

Aus unserer Sicht, werte Kolleginnen und Kollegen – und da komme ich schon zum ersten inhaltlichen Punkt –, waren die Gewissensprüfung, dieses Entweder-Oder und deren langfristige Auswirkungen immer schon problematisch. Für viele junge Men­schen in Österreich, die den Zivildienst leisten, war nämlich gerade nicht die Unverein­barkeit mit dem Dienst an und mit der Waffe das Problem, sondern sie wollten sich ganz bewusst in einer persönlichen Entwicklung, aber auch aufgrund vieler politischer Werthaltungen in den Trägerorganisationen engagieren und einbringen.

Ich darf mich daher dem politischen Zugang unserer Kollegin Bettina Rausch gerne anschließen und sage daher in diesem Zusammenhang: Liebe Kolleginnen und Kolle­gen, seitens unserer Fraktion gilt der große Dank den rund 13 000 Zivildienern, die sich ehrenamtlich und engagiert in diesem Bereich einbringen. Vielen herzlichen Dank! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 49

Ich erwähne das in diesem Zusammenhang auch deshalb, weil gerade dieser Bereich seit gut 35 Jahren ein unverzichtbarer Bestandteil sowohl im Sozial- als auch im Gesundheitsbereich Österreichs ist. Wir alle kennen die Probleme, die in Zukunft in diesem Bereich auf uns zukommen werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich gebe zu, dass man die Entwicklung an bestimm­ten Schnittstellen, in bestimmten Problemzonen besonders wachsam im Auge behalten muss. Ich freue mich daher, dass wir gerade das Thema Polizeidienst im Ausschuss sehr intensiv diskutieren konnten, und glaube – und da meine ich, für all jene sprechen zu können, die sich gerade mit der derzeit in Begutachtung befindlichen Verordnung, also mit der einmonatigen militärischen Nachschulung intensiv auseinandergesetzt haben –, dass das das Bild insgesamt abrundet und wir daher dieser Novelle heute reinen Gewissens zustimmen können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, gerade in der Länderkammer sollte meines Erachtens eine besondere Entwicklung im Zusammenhang mit dieser Novelle erwähnt werden. Liebe Bettina, der Sieg hat viele Väter. Ich gestehe gerne zu, dass sich die Junge ÖVP in diesem Zusammenhang engagiert hat, sage aber trotzdem an dieser Stelle – ich richte meinen Blick in das Bundesland Salzburg –: Ich bedanke mich für unsere Fraktion sehr, sehr herzlich bei der Gewerkschaftsjugend Salzburg, bei der Arbeiter­kammer Salzburg, beim Salzburger Landtag, die – neben der Jungen ÖVP – maßgeb­lich dazu beigetragen haben, dass wir heute diese Novelle beschließen können.

Abschließend schließe ich noch einmal an deine Ausführungen, Bettina, an – wenn du das gestattest –: Auch die sozialdemokratische Fraktion sagt: Die Novelle ist richtig, sie ist fair und sie ist gescheit! Und daher wollen wir sie gerne unterstützen. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

11.25


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bun­desrat Mitterer. – Bitte.

 


11.25.54

Bundesrat Peter Mitterer (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Eine Novelle zum Zivildienstgesetz, von der Bun­des­­regierung ausgearbeitet, das erinnert ein bisschen an eine lange Sommerpause, denn mit dieser Novelle sind, so meine ich, insgesamt keinerlei Reformen im Bereich des Wehrdienstes und des Zivildienstes verbunden. Es ist, im Gegenteil, sogar mehr als bisher eine gewisse Aufforderung zu Missbrauch gegeben, da man in Zukunft bei der Stellungskommission die Gewissensfrage bedenkenlos beantworten und den Dienst mit der Waffe ablehnen kann, da man weiß, dass auch dann keine oder fast keine Barrieren mehr vorhanden sind. Das ist für mich eigentlich der bedenkliche Punkt.

Später, wenn es dann zu beruflichen Entscheidungen kommt und man zur Exekutive, zur Polizei, zur Justizwache, zum Bundesheer gehen oder auch Verteidigungsminister werden möchte, braucht man, da die Barrieren nicht mehr bestehen, den Wehrdienst nicht nachzuholen. Man hat kein Waffenverbot. Ein Verteidigungsminister muss ja auch Einsatzbefehle geben, die natürlich auch mit Waffen auszuführen sind, obwohl er die Gewissensprüfung abgelegt hat.

Diese Änderung betrifft aber auch den Sport-, Hobby- und Traditionsbereich – das wurde schon angesprochen –, Sportschützen, Jäger, Schützengarde und so weiter. Auch da kann das 15-jährige Waffenverbot gestrichen werden. Es gibt da in Zukunft also keine Hürde mehr, auch wenn man vor der Stellungskommission gesagt hat, dass man nicht zum Militär möchte. Teilweise kann man das auch verstehen – da gebe ich


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 50

sogar dem Herrn Kollegen Dönmez recht –, denn im Moment hat das Bundesheer aufgrund der Berichterstattung und auch der Behandlung durch die Bundesregierung nicht mehr den Stellenwert, den es haben sollte. Man sollte aber heute als junger Mensch gerne zum Bundesheer gehen.

Es geht nicht darum, dass man nach sechs Monaten keine entsprechende Ausbildung vorzuweisen hat, denn es kommt nicht auf die Zeit an. Es kommt darauf an, ob man es machen möchte, denn wenn jemand das nicht machen möchte, dann ist er auch nach zwölf Monaten nicht reif, in einer Armee zu dienen, wenn jemand aber mit Begeis­terung beim Bundesheer ist, dann kann er das auch innerhalb von sechs Monaten lernen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir Freiheitliche in Kärnten werden diese Novelle natürlich ablehnen. Es kommt jetzt aber eine neue Facette dazu: Wofür beschließen wir denn heute eine Novelle? Für welchen Zeitraum? – Einige Fraktionen in diesem Hause sind ja nun für die Abschaffung der Wehrpflicht.

Einige werden sagen: Wir sind nicht für die Abschaffung der Wehrpflicht, sondern für eine Volksbefragung! Na bitte, wofür braucht man denn eine Volksbefragung, wenn man ein bestehendes Gesetz, das Wehrdienst und Wehrpflicht beinhaltet, nicht ab­schaf­fen möchte? – Diese Frage ist an die Adresse der Grünen und der Sozial­demokraten gerichtet. (Beifall der Bundesräte Zwanziger und Ertl.)

Eine Abschaffung des Wehrdienstes oder der Wehrpflicht würde natürlich beinhalten, dass auch der Zivildienst wegfällt. (Zwischenruf bei der SPÖ.) An einen freiwilligen Zivildienst mag man aufseiten der Träumer glauben; ich denke nicht, dass sich Freiwillige dazu melden werden, außer sie werden normal bezahlt, aber dann brauchen wir auch keinen Zivildienst in dem Sinne, sondern dann schaffen wir einfach die erforderlichen Strukturen, auch im Bereich des Katastrophenschutzes – und wer glaubt, dass das billiger ist, der täuscht sich.

Gerade in der sozialdemokratischen Fraktion wird diesbezüglich mit mehreren Zungen gesprochen. So meinte etwa der Herr Bundesminister in der Truppenzeitung der Hochgebirgsjäger in Spittal noch im September unter dem Titel „Allgemeine Wehr­pflicht – Garant für Schutz und Hilfe“:

„Die allgemeine Wehrpflicht ist die Voraussetzung für eine kontinuierliche Sicher­stellung jenes Personals, das die Abdeckung des gesamten Leistungsspektrums des Österreichischen Bundesheeres gewährleistet“. – Das sagte der Verteidigungsminister.

Diese Woche hat in Klagenfurt eine militärische Feier stattgefunden, bei der eine Kompanie verabschiedet wurde, die für sechs Monate nach Bosnien geht. Es war eine sehr beeindruckende Feier, an der auch die Eltern der Mitglieder dieser Kompanie teilgenommen haben.

Der Landtagspräsident hat im Rahmen dieser Veranstaltung vom Rednerpult aus – als höchster anwesender Ziviler – vehement ein Diskussionsende in der Bundesregierung über das Infragestellen des österreichischen Bundesheeres gefordert. Diese Debatte sei so verwerflich, und er fordere ein klares Bekenntnis der Politik zum österreichi­schen Bundesheer. – Ich spreche aber nicht vom – freiheitlichen – Ersten Präsidenten des Kärntner Landestages, sondern vom Zweiten Präsidenten des Kärntner Lan­destages, Rudi Schober, der dort eine Lanze für das österreichische Bundesheer gebrochen hat, was aus meiner Sicht sehr in Ordnung war.

Es ist auch meine Meinung: Wir sollten uns zum österreichischen Bundesheer beken­nen. Es ist in der Verfassung festgeschrieben. Darüber hinaus müssen wir natürlich auch die Finanzierung sichern.


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 51

Wenn Österreich einem Land wie Griechenland, das übrigens dreieinhalbmal so viel an Prozenten des Budgets für seine Landesverteidigung und für sein Heer ausgibt wie Österreich, durch monetäre Hilfe und Haftungen hilft, dann muss es Österreich auch zumutbar sein, für sein eigenes Bundesheer zu sorgen und ausreichend Budgetmittel zur Verfügung zu stellen.

Wir werden aus den genannten substanziellen Gründen, vor allem aber auch deshalb, weil es wahrscheinlich – weil das einige hier in diesem Haus wollen – ein Gesetz nur für kurze Zeit sein wird, dagegen stimmen. Wenn die SPÖ es ehrlich meint und das nicht nur als Wahlgag in dieser Woche vertritt, sondern auch wirklich dafür steht, dann wird sie heute diese Novelle ablehnen und damit zeigen, dass sie es ehrlich meint. (Beifall der Bundesräte Zwanziger und Zangerl sowie bei der FPÖ.)

11.32


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bun­des­rat Strohmayer-Dangl. – Bitte.

 


11.32.57

Bundesrat Kurt Strohmayer-Dangl (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es wurde heute schon sehr viel zu diesem Tagesordnungspunkt betreffend Zivildienst­gesetznovelle gesagt. Fest steht: Der Zivildienst ist in Österreich nicht mehr wegzu­denken! Verschiedenste Systeme im Sozial- und Gesundheitsbereich würden ohne Zivildiener nicht mehr funktionieren.

Den zirka 13 000 Zivildienern ist Dank auszusprechen – das wurde heute auch schon von anderen Rednern gemacht –, denn diese arbeiten für die gesamte Bevölkerung, stehen im Dienste der Gesellschaft, sei es beim Roten Kreuz, beim Samariterbund, in Spitälern, in Pflegeheimen und anderen Bereichen.

Die heute zu beschließende Novelle bringt eine absolut positive Veränderung des Zivildienstgesetzes. Dadurch wird es künftig Zivildienern ermöglicht, den Polizeidienst anzutreten beziehungsweise in andere Bereiche des öffentlichen Dienstes, etwa in den Justizwachebereich, einzutreten. Meiner Meinung nach ist das eine sehr, sehr gute Sache. Auch die Ausübung der Jagd und die Mitgliedschaft in Sportschützenvereinen wird damit ermöglicht.

Durch diese Regelung können die Polizei und auch die Justiz auf fähige und vor allem interessierte junge Männer zurückgreifen, die bei der Musterung aus Gewissens­gründen oder aus welchen Gründen auch immer den Dienst mit der Waffe verweigert oder abgelehnt haben. Diese Männer müssen bis spätestens zum vollendeten 28. Lebens­jahr – wie im Verordnungswege gerade festgelegt wird – einen Monat Militär­ausbildung machen. Ich denke, dieser eine Monat Militärdienst ist für den Eintritt in den Exekutivdienst sehr wichtig, weil damit Grundlagen für ordnungsdienstliche Einsätze et cetera geschaffen werden. Ich bin selbst seit 25 Jahren Polizist und weiß, dass eine Grundausbildung im Militärdienst für den Exekutivdienst sehr hilfreich sein kann.

Das wird dann mittels Bescheid festgehalten. Diese Vorgangsweise ist absolut nach­vollziehbar und auch in Ordnung.

Auch die Lockerung betreffend das 15-jährige Waffenverbot wurde heute schon zur Genüge behandelt. Die Ausnahmen dafür werden im Gesetz taxativ aufgezählt. Mit dieser Erleichterung können Zivildiener, wie schon gesagt, auch bei Sportschützen­vereinen oder Traditionsverbänden, die dringend Nachwuchs brauchen, dabei sein.

Kollegin Bettina Rausch hat es schon gesagt: Die Zivildiener haben Waffengewalt gegenüber Menschen, nicht aber gegenüber Zielscheiben oder jagdbarem Wild abge­


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 52

lehnt. Ich glaube, man muss einem Jugendlichen zugestehen, dass er eine Ent­scheidung, eine Meinung, die er im Alter von 18 Jahren getroffen hat, mit 25 Jahren ändert.

Abschließend möchte ich festhalten, dass wir einen Wehrdienst haben, der der inneren und äußeren Sicherheit des Landes dient, und einen Zivildienst, der der sozialen Sicherheit im Land dient. Derzeit leistet zirka ein Drittel Zivildienst, und zwei Drittel tun beim Wehrdienst ihre Pflicht. Aber es gibt leider auch noch immer knapp 20 Prozent an Personen, die – unter Anführungszeichen – „untauglich“ sind und dadurch überhaupt keinen Dienst an der Gesellschaft leisten. Man sollte darüber nachdenken, ob nicht dadurch, dass die Möglichkeiten für den Zivildienst ausgeweitet wurden, auch diese 20 Prozent – oder ein Großteil von ihnen – eine Tätigkeit finden können, im Rahmen derer sie ihre Pflicht wahrnehmen können.

Fakt ist aber auch, dass es trotz der längeren Dauer einen Zulauf zum Sozialdienst gibt und junge Menschen sich dafür entscheiden, diesen zu leisten. Darüber können wir alle froh sein, denn auf diese Weise kommt soziale Kompetenz in unsere Gesellschaft und geraten, wie eingangs erwähnt, verschiedene Sozialsysteme und -dienste nicht in Bedrängnis. Anders wäre das kaum mehr zu finanzieren.

Herr Kollege Dönmez, weil du die Kindergärten angesprochen hast: Es ist jetzt schon Sache, dass es in jeder Kindergartengruppe eine Pädagogin oder ein Pädagoge und einen Hilfsdienstleistenden gibt. Ich glaube, dass auch dort Zivildiener bestens einge­setzt werden können.

Ich als aktiver Polizist freue mich schon auf die neuen Kollegen, die mit 18 Jahren einen Gewissenskonflikt hatten. Sie werden sicher gute Polizisten werden. Die Ausbildung ist gut. Hochqualifiziertes Personal wird dringend gebraucht.

Ich möchte zum Schluss noch Folgendes sagen, weil heute die allgemeine Wehrpflicht schon ein paar Mal angesprochen wurde: Bevor man die Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht wirklich ernsthaft diskutiert, sind noch sehr, sehr viele Fragen zu beant­worten, etwa: Wie finanziert man einen Sozialdienst? Wie finanziert man Katastro­phenhilfe? Ich bin selbst Bürgermeister einer von Hochwasser betroffenen Gemeinde und kann Ihnen sagen, dass die Bevölkerung froh ist, wenn kurz und unbürokratisch Hundertschaften des Bundesheeres mithelfen, die größten Schäden zu beseitigen. Gerade der Zivildienst ist dafür sehr wichtig.

Ich möchte keine Diskussion haben, wenn wegen einer kurzsichtigen Entscheidung wieder Kasernen geschlossen werden müssen. Die wirtschaftliche Lage einer ganzen Region hängt vom Bestehen beziehungsweise Schließen einer Kaserne ab, wie wir in der Vergangenheit schon ein paar Mal gesehen haben, und solch negative Auswir­kungen durch das Schließen sollen nicht der Fall sein.

Sehr geehrte Frau Bundesminister, unsere Fraktion bedankt sich für dieses Gesetz. Es ist eine zukunftsweisende Novelle. Vor allem ich als Polizist freue mich wirklich schon auf neue Kollegen. Wir werden dieser Novelle gerne zustimmen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

11.39


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bun­des­rat Kalina. – Bitte.

 


11.39.14

Bundesrat Josef Kalina (SPÖ, Wien): Frauen Ministerinnen! Werte Kollegen! Ich habe mich jetzt zu Wort gemeldet, weil ein paar Dinge zum Thema Zivildienst und auch zur Debatte über die Wehrpflicht gesagt wurden, die man so nicht stehen lassen kann.


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 53

Als ehemaliger Zivildiener – aufgrund meines Alters war ich einer der Ersten, die Zivildienst leisten konnten – muss ich sagen: Wir haben damals sehnsüchtig darauf gewartet, dass die damalige Bundesregierung beziehungsweise das Parlament diesen Zivildienst beschließen, weil viele junge Männer vorher auch vom Strafgericht, von den Gerichten belangt wurden, weil sie den Wehrdienst verweigert haben. Wir waren sehr froh über diese Möglichkeit.

Ich denke, was wir heute beschließen, ist wieder eine Weiterentwicklung, die ange­sichts des Engagements dieser jungen Leute nur gerechtfertigt ist.

Ich möchte sagen, dass mir manche dieser Redebeiträge folgendermaßen vorkommen: Ich war selbst jahrelang in der sogenannten Zivildienstkommission, an die sich die jungen Leute heute – Gott sei Dank – nicht erinnern können. Woher kommt das alles? Woher kommt – noch immer – die Haltung vieler Freiheitlicher und mancher anderer in diesem Land? Im Prinzip hat man uns – ich kann sagen, mir auch – immer unterstellt, dass wir Drückeberger sind, dass wir uns vor den Verpflichtungen für unsere Republik und unsere Heimat drücken wollen. Das ist immer schon Unsinn gewesen!

Wenn ich jetzt Ausführungen über den Zivildienst in Bezug auf die Wehrpflicht höre, dann muss ich sagen: Das ist ja fast grotesk, dass das Bundesheer in seiner Aufgeblähtheit praktisch nur mehr die Zivildiener, die es vorher als Drückeberger und Feiglinge verlacht hat, als letzten Strohhalm hat, um die unselige Wehrpflicht zu verteidigen. Das ist ja einfach grotesk!

Ich darf die Väter, teilweise bei der ÖVP, aber natürlich bei den Freiheitlichen, erinnern: Warum gab es die Zivildienstkommission? – Weil man gesagt hat, dass man die Gründe prüfen muss, ob die Betroffenen überhaupt einen Gewissenskonflikt haben, ob es zulässig ist, dass man den Wehrdienst verweigert.

Ich bin froh, dass vor allem die Kollegen von der Volkspartei dazugelernt haben – und ich sage das wirkliche mit Respekt – und dass sie sehen, wie wertvoll dieser Dienst der jungen Männer an der Republik, an unserer Heimat ist – im Sozialwesen, im Jugend­wesen und so weiter. Es freut mich auch, dass wir und die, die das jetzt machen, nicht mehr als Drückeberger verspottet werden, wie das jahrelang der Fall war. Das ist eine tolle Entwicklung!

Aber, wie gesagt, die Begründungen für die Wehrpflicht sind grotesk. Ich bin auch Bürgermeister Häupl in dieser Frage sehr dankbar. Wenn ich mir die Debatte von seriösen Wehrexperten ansehe, so denke ich, dass der Bürgermeister vielleicht nahezu einen gordischen Knoten in einer Debatte durchschlagen hat, die wirklich unsäglich ist.

An den Kollegen von der ÖVP, der vorher gesprochen hat: Seien Sie mir nicht böse, ich verstehe das mit den Kasernen, aber dass man irgendwo in einem Ort Wurst­semmeln oder sonst irgendetwas kauft, kann ja kein Grund dafür sein, dass das Bundesheer dort 1000 Leute kaserniert. Mit der gleichen Begründung könnte man irgendjemanden ... (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Bundesrat Strohmayer-Dangl: Das hätten Sie dem Kollegen Niessl sagen müssen!) Bitte? (Bundesrat Strohmayer-Dangl: Dem Kollegen Niessl hätten Sie das sagen müssen!)

Also der Grenzschutz, der Assistenzeinsatz ist etwas anderes. Aber die Begründung, die Wehrpflicht ist ein Wirtschaftsfaktor – die Wurstsemmeln, und dass die Soldaten Gulasch und Bier konsumieren –, ist ja lächerlich! Da könnte man ja in ganz Österreich überall 1000 Leute gratis einladen – das müssten ja keine Soldaten sein, die den Wehrdienst ableisten –, und die könnten dort die Wurstsemmeln kaufen und das Bier im Wirtshaus.


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 54

Ich möchte aber zur eigentlichen Geschichte zurückkommen: Was Bürgermeister Häupl gemacht hat, ist meiner Meinung nach eine Chance, eine Endlosdiskussion endlich zu einem gescheiten Ende zu bringen, indem man nämlich das Volk darüber befragt, was es will. Man muss sich schon damit beschäftigen, was die Wehrexperten sagen, und das sind alles keine Sozialdemokraten.

Der ehemalige Sektionschef im Verteidigungsministerium Reiter – falls Sie ihn gestern im Radio gehört haben – ist bei Weitem kein Sozialdemokrat. Herr Karner, der Chefstratege des Bundesheers, über den man heute im „Kurier“ lesen kann, ist auch kein Sozialdemokrat. Wissen Sie, der Punkt ist, wie diese Herren sagen, dass man auch mit dem Zivildienst nicht rechtfertigen kann, dass man jedes Jahr rund 26 000 junge Männer verpflichtet, einen Dienst zu leisten, die man dann, wie das Militär selbst sagt, überhaupt nicht braucht.

Selbst die Militärs sagen das. Ich durfte gestern selbst am Abend im Fernsehen mit dem Chef der Offiziersgesellschaft diskutieren. Er hat auch gesagt, wir brauchen 5 000 bis 6 000, maximal 10 000 im Jahr. Es ist in Wirklichkeit ein Wahnsinn, dass wir 26 000 Menschen einberufen, die Wehrdienst leisten müssen. Wir stehlen ihnen ein Jahr ihrer Zeit, und dann braucht man den offiziellen Angaben nach nur 5 000 bis 10 000 – das ist doch einfach nicht auszuhalten! Darüber, dass die Leute, die aus dem Bundesheer rauskommen, der Meinung sind, dass das ein Unsinn ist, dass sie ihre Zeit verplempert haben, braucht man sich ja auch nicht zu wundern. Mit all diesen Argumenten kann man die Wehrpflicht beileibe nicht mehr verteidigen, da müsste einem etwas Besseres einfallen.

Zur Geschichte mit der Größe des Landes: Ich möchte das nicht überstrapazieren, aber alle unsere Nachbarländer, ob groß oder klein – mit Ausnahme Deutschlands, wo jetzt aber auch diskutiert wird –, haben längst ein Berufsheer und finden auch Leute für ihr Heer. Das Argument, es würden nur mehr die Dummen zum Heer gehen, wenn wir die Wehrpflicht abschafften – ich habe das gestern wirklich gehört, daher kann ich es sagen –, ist eine Eigeneinschätzung des Heeres, die mir schleierhaft ist. Wie kann man so etwas überhaupt sagen? Ich denke, das alles sind nur vorgeschobene Gründe, und habe auch eine Vermutung, woher das kommt.

Damit möchte ich schließen: Das Heer schleppt seit Jahrzehnten einen aufgeblähten Apparat mit. Die Mannstärke wird reduziert, aber nicht die Beamtenschaft. Wir haben mit Abstand den größten Ministerialapparat und den größten Generalstab aller Länder, Sie können sich das anschauen. Wenn ich höre, wie Herr Reiter, der übrigens, glaube ich, der FPÖ nahestand, sagt, wir brauchen 20 000 bezahlte Leute, die 26 000 Leute ausbilden, von denen wir 5 000 militärisch verwenden – davon 450 im Auslands­einsatz –, dann, so meine ich, hauen wir – mit Verlaub – Geld beim Fenster hinaus, das ist unvorstellbar.

Deswegen finde ich, dass der Herr Bürgermeister vollkommen recht hat. Vor einer Wahl ist der richtige Zeitpunkt, so ein großes Thema aufzumachen, die Aufmerk­samkeit dafür ist da. Ich denke, der Zivildienst darf auf keinen Fall als Begründung dafür verwendet werden, diesen extrem aufgeblähten Apparat weiterhin zu erhalten. Wir müssen uns für die Zivildiener und für die Leistung, die sie erbringen, etwas überlegen – gerade wir als Sozialdemokraten, die immer zum Zivildienst gestanden sind, die ihn damals in den siebziger Jahren maßgeblich eingeführt haben. Wir müssen uns überlegen, wie man die Dienstleistung, die diese jungen Menschen erbringen, attraktiv machen kann, um junge Frauen und Männer dazu zu bringen. Ich denke, Caritas-Präsident Küberl hat mit einem freiwilligen Sozialjahr einen tollen Vorschlag gemacht. Man muss das als Staat natürlich unterstützen, damit die Leute auch Vorteile haben, wenn sie dem Staat und der Gesellschaft Zeit opfern.


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 55

Vorschläge gibt es genug, man sollte sich positiv damit beschäftigen, denn die Leute, die das machen, sind im Gegensatz zu den Soldaten, die frustriert sind, wirklich engagiert und mit Herz bei der Sache, für Österreich und für die Menschen etwas zu leisten. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesräte Kerschbaum und Dönmez.)

11.46


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gelangt nun Frau Bundes­ministerin Dr. Fekter. – Bitte.

 


11.46.56

Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hoher Bundesrat! Zivildienst ist ein Wehrersatzdienst; er hängt also unmittelbar an der Wehrpflicht. Wer die Wehrpflicht abschaffen will, schafft damit auch den Zivildienst ab. Es ist verständlich, dass die Trägerorganisationen derzeit große Verunsicherung erleben und sich dazu schon medial geäußert haben.

Herr Kollege Kalina, Sie haben jetzt lang und breit erklärt, warum Sie die Wehrpflicht abschaffen wollen. Konkrete Vorschläge, was dann mit dem Zivildienst geschieht, waren sehr dürftig (Bundesrat Konecny: Hat er gerade gesagt!), denn nur auf Frei­willigkeit aufzubauen, wird nicht funktionieren. (Bundesrätin Kerschbaum: Anreize!) Wir haben jetzt schon Freiwilligkeit im Zivildienst. Im Zivildienst können bereits freiwillige Leistungen erbracht werden, das hält sich aber in Grenzen. Dadurch können Sie den Zivildienst nicht ersetzen. Da müssen schon wesentlich konstruktivere Vor­schläge kommen.

Ich möchte aber Folgendes sagen: Dieses Thema fünf Tage vor der Wiener Wahl aus der Hüfte abzuschießen – so: puff!, umfassende Landesverteidigung und die Wehr­pflicht brauchen wir nicht mehr –, ist höchst unseriös und auch als Wahlkampfgag entlarvt. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie der Bundesräte Zangerl, Zwanziger und Mitterer.)

Was mich so entsetzt, ist, dass unser Koalitionspartner mit seinem unbeschreiblichen Zickzackkurs staatspolitisch höchst bedenklich vorgeht. (Bundesrat Gruber: Den Zickzackkurs brauchen wir, damit wir der ÖVP nachkommen!) Ich habe nicht erwartet, dass es Ihnen wurscht ist, wenn das den Bach runtergeht. Ich muss das ganz ehrlich sagen, das weise ich zurück! Es ist in der Bundesregierung vereinbart worden. (Zwi­schenruf des Bundesrates Gruber.)

Die SPÖ hat ja den zuständigen Minister, daher ist es noch unverständlicher! Wir haben an den zuständigen Minister fünf Fragen darüber gestellt, wie er sich die Zukunft des Heeres vorstellt, welche Schwerpunkte es geben muss, warum er an der Reform nicht weitergearbeitet hat, obwohl die Reform längst am Tisch liegt, warum er zugelassen hat, dass die Stimmung im Heer so ist, wie sie derzeit ist. Das ist ja alles die Verantwortung eures Ministers. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Bundesrat Gruber: Die ÖVP hat das Bundesheer 30 Jahre lang an die Wand gefahren!)

Wir haben auch gefragt, wie es dann mit dem Zivildienst konkret weitergehen soll. Und wir sind seriös genug, ihm dafür bis nach der Wahl Zeit zu geben, denn wir wollen echte Antworten und keinen Wahlkampfgag! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Daher bin ich sehr zuversichtlich, dass wir diese Zivildienstgesetznovelle noch eine gute Zeit lang brauchen werden. Ich sehe den Zivildienst nämlich so schnell nicht abgeschafft, denn wir haben jetzt eine Novelle vorbereitet, die die rechtlichen Rahmen­bedingungen für schnellere Verfahren, schnellere Entscheidungen und klare Kom­petenz­aufteilung schafft und keine Toleranz gegenüber jenen Undisziplinierten zulässt, die sich mit ihrer Einstellung ungebührlich gegenüber Patienten und Behinderten ver­


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 56

halten. Wir erwarten gute Leistungen, haben dafür aber auch strenge Regeln – ein moderner Zivildienst, der den Bedürfnissen der Menschen angepasst ist.

Junge Menschen, die den Zivildienst zur Gänze abgeleistet haben, haben oft schon, bevor sie zum Zivildienst gekommen sind, die Jagdprüfung abgelegt. Warum sollen diese Personen nicht das, was sie vorher schon als Hobby betrieben haben, auch nachher noch weiter ausführen können? Dasselbe gilt für Sportschützen, Biathleten, Traditionsschützen. (Bundesrätin Kerschbaum: Zahlen dazu?!) In diesen Fällen ist das 15-jährige Waffenverbot aus unserer Sicht unverhältnismäßig lang, und daher kann es mittels Bescheid im Individualverfahren aufgehoben werden.

Herr Bundesrat Dönmez, ich halte es auch nicht für gerechtfertigt, dass Sie es generell ablehnen, Zivildiener bei der Kinderbetreuung mit einzusetzen. Bei der Behinderten­betreu­ung lehnen Sie es ja auch nicht ab. Warum ist ein Zivildiener mit seinen Kenntnissen für die Behindertenbetreuung akzeptabel, bei der Kinderbetreuung aber nicht? Sind die Behinderten weniger wert als die Kinder? Das lasse ich nicht gelten, und daher haben wir das in diesem Zusammenhang natürlich so geregelt. Es ist nämlich bereits geltendes Recht. Das dürfte Ihnen, Herr Dönmez, entgangen sein. Es ist geltendes Recht, dass in Integrationskindergärten, wo behinderte und nicht-behinderte Kinder gemeinsam betreut werden, jetzt bereits Zivildiener eingesetzt werden dürfen. Warum also in Integrationskindergärten Ja und in anderen Kinder­gärten Nein? Welche Unterscheidung machen Sie da? Für mich ist das unverständ­lich. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben auch die Wünsche der Zivildiener berücksichtigt. Beispielsweise hatten wir immer wieder das Problem, dass Zivildiener nicht zu einer Prüfung im Studium antreten konnten, weil sie nicht frei bekommen haben. Auch das ist jetzt geregelt; die Zivildiener haben mehr Rechte.

Diesen Rechten stehen aber auch mehr Pflichten gegenüber. Mit einem strengeren Disziplinarrecht können wir auch jene Schwindler besser in den Griff bekommen, die glauben, sich mit Langzeitkrankenständen über den Zivildienst hinwegschwindeln zu können. Gott sei Dank sind das nur 3 Prozent. 97 Prozent der Zivildiener leisten ausge­zeichnete Arbeit.

Der Steuerzahler unterstützt die Zivildienstprojekte mit 60 Millionen €. Das ist gerecht­fertigt, das ist ein Dienst an der Gesellschaft. Insgesamt haben bisher über 200 000 junge Männer Zivildienst geleistet. Das ist eine Erfolgsgeschichte. Das ist ein positiver Beitrag für die Gesellschaft. Diese Erfolgsgeschichte wollen wir selbstverständlich weiterschreiben. (Beifall bei der ÖVP.)

11.54

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zweite Wortmeldung: Herr Bundesrat Dönmez. – Bitte.

 


11.54.38

Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Innenministerin, ich muss Folgendes richtigstellen: Wenn Sie anführen, dass ich angeb­lich Kindergartenpädagogen gegen Menschen, die in Behindertenbetreuungs­einrichtungen arbeiten, ausspiele und eine unterschiedliche Wertigkeit festmache, dann muss ich entgegnen, dass das nicht der Fall ist.

Ich bin zum Glück nicht nur Politiker, sondern in einem meiner Zivilberufe auch Sozial­arbeiter. Unter meine Zuständigkeit ist es auch gefallen, Zivildiener zu betreuen. Ich weiß nicht nur aus meiner Organisation allzu gut, dass Zivildiener sehr oft in Einrichtun­gen angefordert werden, weil sich diese Einrichtungen qualifiziertes Personal für die Durchführung der Betreuung einfach nicht leisten können. Das heißt gleichzeitig, dass


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 57

die Qualität der Betreuung darunter leidet, wenn Zivildiener nur für den kurzen Zeit­raum von bis zu neun Monaten anstelle von gut ausgebildetem, professionellem Per­sonal eingesetzt werden.

Jetzt können Sie das in Abrede stellen, aber im heutigen „Standard“, Ausgabe 7. Oktober, sagt der Herr Caritas-Präsident, dass mit regulären Arbeitskräften bis zu 12,5 Millionen € an Mehrkosten anfallen würden. Weiters sagt ein Experte namens Kerschbaum – nicht Kollegin Kerschbaum –: „Doch die simpelste Lösung ist teuer. ‚Normale‘ Beschäftigte, rechnet Kerschbaum, würden den Staat 200 Millionen € mehr kosten.“

Es ist eine Frage der Qualität. Ich habe den Anspruch, dass ich Zivildiener nicht dazu missbrauche, sie anstelle von qualifiziertem Personal einzusetzen, sondern möchte dort, wo qualifiziertes Personal benötigt wird, auch qualifiziertes Personal haben. Zivildiener als unterstützende Maßnahme in jedem Bereich – Ja, aber nicht statt der gut ausgebildeten Leute. – Danke. (Beifall der Bundesrätin Kerschbaum sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

11.56


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bun­desrat Konecny. – Bitte.

 


11.56.50

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Meine beiden Bundes­ministerinnen! Es ist schon erstaunlich, welche Emotionen ausgelöst werden, wenn einer den berühmten Satz ausspricht, der dem aus dem Märchen entspricht: Der Kaiser – oder in diesem Fall: der König – ist nackt.

Dieser „König“ Bundesheer ist nackt. Natürlich ist der Zivildienst mit dem Wehrdienst aufs Engste verbunden. Ich sage es für alle dazu: Mein Lebensalter reicht soweit zurück, dass ich die Option Zivildienst nicht hatte und daher ohne Waffe in der Hand – denn sie hatten keine für mich – meinen Wehrdienst mit der Erzeugung eines Panzers durch das achtfache Überlackieren meines Lkws verbrachte, denn sonst war für mich nichts zu tun. Fahren konnte ich nicht, und Benzin hatten sie damals auch keines. Ich hatte also eine glanzvolle Militärkarriere, die mich immerhin zum Gefreiten gemacht hat. Bei irgendeiner Bundesheerveranstaltung hat ein altgedienter Offizier mit Hinweis auf die Geschichte gemeint, das sei aber ein sehr gefährlicher Dienstgrad. Also gut, zu einem Gefreiten habe ich es gebracht.

Das, was ich erlebt habe, hat mich damals schon an der Sinnhaftigkeit dieser Art von Dienstbetrieb zweifeln lassen. Ich weiß nicht, warum sich Frau Bundesminister Fekter so aufgeregt hat, denn die Debatte in jenem Land, dessen Wehr- und Zivildienstsystem unserem am allerähnlichsten ist, nämlich in Deutschland, wird ja nicht von bösen sozialdemokratischen Oppositionellen, sondern von den beiden christdemokratischen respektive sozialen Regierungsparteien geführt und initiiert.

Also wenn Sie davon überzeugt sind, was Sie hier gesagt haben, dann richten Sie das bitte dem Herrn Guttenberg und der Frau Merkel aus, aber nicht uns. (Bundes­ministerin Dr. Fekter: Die haben das aber nicht als Wahlkampfgag gemacht! Das war ja der Vorwurf!) – Ach so. Gut, wenn Sie meinen. Es dürfte Ihnen entgangen sein, dass in Deutschland eine Reihe wichtiger Landtagswahlen bevorsteht. Dem Herrn Guttenberg ist das nicht entgangen.

Außerdem geht es zunächst einmal um eine Debatte. Genau das hat Bürgermeister Häupl gesagt, und ich bin inhaltlich voll seiner Meinung. Die allgemeine Wehrpflicht greift tief in das Leben junger Männer ein, auch dann, wenn sie Zivildienst machen. Es


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 58

kann nicht sein, dass eine gesetzliche Norm ohne Zustimmung der Gesellschaft zu ihr weiterlebt – nur nach dem Motto: Wir haben es schon immer gehabt.

Das ist keine ausreichende Legitimation. (Bundesrat Perhab: Gilt das für Steuer­gesetze auch?) – Bitte? (Bundesrat Perhab: Gilt das für Steuergesetze auch?) – Entschuldigen Sie, wir haben – ich halte das im Rückblick für einen politischen Fehler – aufgrund einer breiten Debatte, die damals daran ansetzte, dass man ein Volk nicht zu einem Volk von Steuerhinterziehern deklarieren soll, die alte Vermögenssteuer mit der Begründung abgeschafft, es gebe so viele Einladungen zum Missbrauch, aber auch so viele Irrtumsmöglichkeiten des Normverpflichteten, dass sie nicht haltbar ist. Das liegt lange zurück. Ich bezweifle, dass es die richtige Entscheidung war, auch im Rückblick, aber das war genau so ein Punkt, wo man gesagt hat: Wenn die Gesellschaft eine Norm nicht mitträgt, dann ist darüber ernsthaft zu diskutieren!, und am Ende dieser Debatte ist eine politische Entscheidung gestanden.

Nun, wir sind es gewöhnt: Ein 17-Jähriger weiß auch, dass seine Lebensplanung davon mit betroffen ist – natürlich! –, aber wir konnten massivste Veränderungen der militärpolitischen Umwelt Österreichs beobachten – also, die Panzerschlacht in der Brucker Pforte steht irgendwie nicht mehr am Programm; durch die Brucker Pforte, da ist vielleicht die Polizei berufen, mag der eine oder andere nach Österreich kommen, den wir lieber nicht hier haben würden, aber nicht die russischen Panzerarmeen –, und wir sind umgeben von Staaten mit sehr, sehr ähnlichen, mit gleichen demokratischen politischen Systemen. Keiner dieser Nachbarstaaten hat irgendwelche Intentionen, Südkärnten zu besetzen oder das Waldviertel zu annektieren.

Wir haben uns auf Basis einer neuen geopolitischen Situation orientiert, und es wird, so hoffe ich doch, niemanden in diesem Haus geben, der etwa an der Sinnhaftigkeit von Auslandseinsätzen des österreichischen Bundesheeres zweifelt. Deshalb müssen wir darüber diskutieren, ein wie großes Bundesheer wir brauchen, wie es strukturiert werden soll, und vor allem, was es kosten soll.

Natürlich, ich weiß das schon, die 20 000, die Kollege Kalina zitiert hat, die die 26 000 administrieren, kann ich ja nicht mit einem Federstrich beseitigen, und wir haben in anderen Bereichen genügend Probleme, für verbeamtete Kolleginnen und Kollegen, die dort, wohin sie verbeamtet wurden, nichts mehr zu tun haben, einen Weg zu finden, Nützliches für die Gesellschaft, für ihr Gehalt zu leisten. (Bundesrat Perhab: Ein wahres Wort!) Das wird ein schwieriger Prozess, das ist gar keine Frage, aber es ist ein Prozess, den man zumindest einmal diskutieren muss, und wenn man zu einem Ja kommt, auch einmal beginnen muss.

Und mit Verlaub gesagt: Es ist nicht in Ordnung, jetzt Kollegen Darabos in die Verant­wortung zu nehmen, nach einem jahrzehntelangen Regime in diesem Ministerium von Ihrer Seite, aber, bitte, auch von Ihrer Seite, Frau Kollegin Mühlwerth, die Sie stets nur die Probleme weggeschoben und dann gefunden haben: Na gut, wir haben einen General zu viel – der wird jetzt für die Truppenbibliotheken zuständig! – Den hat es wirklich gegeben: Der ist im Ministerium in einem Kammerl gesessen, hat natürlich kein Geld für Buchankäufe bekommen, aber er war zuständig für die heftigst in Anspruch genommenen Truppenbüchereien in den Kasernen. Gut, irgendwann ist er in Pension gegangen. (Bundesrätin Mühlwerth: ... wie euer ... bei der ÖBB, der ... Euro kriegt und eigentlich auch für nichts zuständig ist!) – Gut, gut! Frau Kollegin, Sie können sich gerne zu Wort melden. (Bundesrat Gruber: ... Forstinger!) Dieser Herr hat dort zahlreiche Jahre abgedient.

Wir haben für zahlreiche hohe Offiziere, das zum Beispiel haben wir wieder abge­schafft, Verwendungen als Militärattachés Österreichs in benachbarten Ländern gefunden, bis sie pensioniert worden sind. Wir haben ihnen allerdings dann auch, das


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war Ihr Minister, Villen gekauft, die Gott sei Dank vor der Immobilienkrise vonseiten des Kollegen Darabos wieder verkauft wurden. – Also, eine Glanzgeschichte ist Ihre (der Redner weist in Richtung ÖVP) und Ihre (der Redner weist in Richtung FPÖ) politische Verantwortung für dieses Bundesheer nicht, aber wir müssen darüber eine breite und sachliche öffentliche Diskussion führen, als Voraussetzung für eine politi­sche Entscheidung durch die Bürgerinnen und Bürger. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.)

Ich nehme dabei hin, Frau Kollegin, dass sich in diese Diskussion all jene einschalten, die dort auch Interessen zu vertreten haben. Die 20 000 werden sich auch rühren und sagen: Ihr könnt uns ja nicht einfach auf die Straße setzen!, womit sie im Übrigen recht hätten, die Organisationen im Sozialbereich werden sich rühren, bei den 200 Millionen bin ich schon sehr vorsichtig. Aber dasselbe Problem stellt sich in unserem sehr viel größeren Nachbarland, also in Deutschland: Die Diskussion dort verläuft genau so, nur haben die Konservativen einen etwas anderen Standpunkt. Das mag etwas mit der Größe des Landes zu tun haben. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Es ist gar keine Frage, dass wir als Gesellschaft jene Dienstleistungen brauchen, die die Zivildiener erbringen. Kollege Kalina hat schon gesagt, es wäre ein wirklich mickriges Argument für die Aufrechterhaltung der Wehrpflicht, dass wir jene, die die Wehrpflicht nicht leisten, in der Gesellschaft so notwendig brauchen. Dieser Logik kann ich nicht folgen!

Es ist keine Frage, dass das, was dem Zivildienst in seiner heutigen Form nachfolgen könnte – ich habe kein fertiges Modell –, teurer sein wird als der derzeitige Zustand. Ihr (in Richtung Bundesministerin Dr. Fekter) Amtsvorvorvorgänger, der jetzige Europaabgeordnete Strasser, hat einen bemerkenswerten und in die Geschichte dieses Hauses eingegangenen Wutanfall bekommen, als ihm zwei sozialdemo­krati­sche Bundesräte auf einem Tablett das serviert haben, was man sich um das Taggeld, das Essensgeld der Zivildiener, das er gerade herabgesetzt hatte, noch kaufen konnte. Das nur so am Rande erwähnt.

Da wird mehr Geld notwendig sein, aber ist es nicht so, dass wir uns auf der anderen Seite bei einem auf die notwendige Dimension heruntergesetzten Berufsheer letztlich nicht auch eine Menge Geld ersparen können? Ich will die Zahlen nicht diskutieren, ich bin kein Experte für Sozialorganisationen, ich kann auch die Kalkulation nicht überprüfen, nur zwischen den 12 und den 200, die da von Kollegem Kalina zitiert wurden, aus dem Mund von Sprechern dieses Bereiches, klafft eine gewisse Differenz.

Ich habe auch gar keinen Zweifel daran, dass es notwendig werden wird, darüber zu reden, und die Debatte, die die beiden über die Qualifikation und den Ersatz von qualifizierten „Voll-Berufskräften“ durch Zivildiener geführt haben, ist durchaus legitim, aber ist es nicht so, dass wir in diesem Land in vielen Bereichen volle Arbeitsplätze anbieten könnten und sollten – und sie würden auch eine Nachfrage finden! –, in denen heute Zivildienst geleistet wird? Das muss man ganzheitlich betrachten, aber am Ende muss eines stehen, nämlich die klare Antwort der Bevölkerung: dieses System oder ein anderes – mit Kostenkalkulation, mit der Gegenüberstellung von Konzepten.

Eine solche Richtungsentscheidung in einem Land ist wahrlich kein Wahlgag, das ist der Aufruf zum Handeln, und ich lade Sie ein, beim Handeln mitzumachen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Dönmez.)

12.09


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bun­desrat Dr. Schnider. – Bitte.

 



BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 60

12.09.19

Bundesrat Dr. Andreas Schnider (ÖVP, Steiermark): Frau Präsidentin! Liebe Frauen Bundesministerinnen! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Konecny, erlauben Sie mir, diesbezüglich schon etwas zu sagen (Bundesrat Konecny: ... alles!): Ich bezweifle nicht – und ich glaube, das bezweifelt niemand hier –, dass eine demokratisch geführte Diskussion auch zu diesem Thema und diesen Themen wichtig ist, aber die Optik ist schon merkwürdig, eine Woche vor einer doch nicht unbedeu­tenden Landtagswahl genau dieses Thema aufzubringen, und das, sichtlich ohne auch in der eigenen Gruppe mit den Zuständigen eine Diskussion darüber geführt zu haben. – Punkt eins.

Punkt zwei ist – und das sage ich in deine Richtung, Efgani Dönmez –: Ich bin schon überrascht und finde es merkwürdig, dass wir über Zivildiener in einer Art reden, als wären das Leute, die von nichts eine Ahnung haben. Es wurde hier Caritas-Präsident Küberl erwähnt. Ich kenne ihn persönlich sehr gut, und was erzählt er mir über Zivildiener? – Er erzählt mir, dass das Menschen sind, die ihren Zivildienst schon als hochqualifizierte Leute beginnen. Das heißt, sie leisten ihren Dienst vielfach nach ihren Ausbildungen! Das sind teilweise Pädagogen, das sind teilweise Leute, die wirklich wissen, worum es geht. Das heißt, sie haben eine abgeschlossene Berufsausbildung, stehen bereits in einem lebenslangen Bildungsprozess, und wären daher, so denke ich, genau dafür geeignet, dort eingesetzt zu werden.

Nur – und das ist gerade im Zivildienst, wenn sie eingesetzt werden, auch schon in der Vergangenheit passiert, da wird mir Kollege Kalina zustimmen –: Es gehört viel genauer geschaut, wo sie hinpassen könnten! Und dabei reicht es nicht, zu sehen, ob sie ein nettes Gesicht haben oder wie groß oder wie klein sie sind, sondern es ist zu prüfen, was sie an Qualifikation mitbringen. Und deshalb glaube ich, dass genau das Modell des Zivildienstes vielleicht auch eines wäre, das man stärker in Richtung der Wehrpflicht ausdehnen könnte, indem man schaut: Wo liegen Qualitäten, wo kann ich jemanden im System gut seinen Dienst machen lassen?

Warum habe ich am Anfang gesagt, ich finde, die Optik ist merkwürdig? – Die Optik ist auch deshalb merkwürdig, weil es hier um Fragen geht, die wirklich wichtig sind. Sie sind hier schon von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern angesprochen worden, nämlich die Fragen danach, welchen Dienst jeder hier in diesem Staat leistet, wo sich einer auch ein Stück ehrenamtlich einbringt, wo sich einer auch ein Stück so einbringt, dass er sagt: Ich leiste meinen Beitrag!

Und bedenken wir auch an zentraler Stelle – wenn wir schon von Bildung reden –, dass ein Jahr in solch einem Dienst, in welchem auch immer, einem auch sehr viel an neuen Kompetenzen bringt! Aber tun wir Folgendes nicht: Nehmen wir Zeiten, die schwierig sind, weil es eben Wahlzeiten sind, nicht dafür her, solch erhebliche The­men, die für uns wichtig sind, einfach so ein bisschen zu diskutieren! Nehmen wir sie ernst, aber nehmen wir vor allem unsere Zivildiener mit ihren Qualitäten ernst! Ich glaube, dass sie für all die Bereiche, die die Frau Innenministerin angesprochen hat, geeignet sind, nur müssen sie eben richtig eingesetzt werden, so wie immer und überall. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Zangerl.)

12.12


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Vize­präsident Himmer. – Bitte.

 


12.13.02

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frauen Bundesministerinnen! Hohes Haus! Ich möchte das nur kurz zusammenfassen, was wir


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hier erleben: Bei allem Versuch des Kollegen Konecny, fast als ein Professor agierend, jetzt eine Versachlichung dieser Debatte zu probieren und das Spannende, Intellek­tuelle aus diesem Thema herauszuholen: Wie schaut es denn wirklich aus? – Fünf Tage vor der Wahl wird nicht der Herr Verteidigungsminister, sondern der Herr Bürger­meister, dem vieles wurscht ist, auf einmal zum Wehrsprecher der SPÖ, und er bringt dieses Thema zufällig gemeinsam mit der „Kronen Zeitung“. (Zwischenruf des Bun­desrates Boden.) Entschuldigung, da lachen die Hühner, wenn dann hier der Versuch unternommen wird, diese Debatte zu versachlichen!

Das ist plumpester Populismus, bei dem man darauf setzt – und die Vernünftigen innerhalb der Sozialdemokratie erwarten das natürlich –, dass euch, wenn dann die Wahl vorbei ist, selbstverständlich der Koalitionspartner wieder hilft und euch aus dem Eck, in das ihr euch gerade hineinmanövriert habt, wieder herausholt (Zwischenrufe bei der SPÖ), damit man dann den Zivildienst wieder sicherstellen kann und damit man auch die Dinge, die das Bundesheer für das Land erbringt, auf die Reihe bringt – und dann können wir ja wieder einen Kompromiss eingehen. Aber zuerst sind wir einmal die Populisten, die sich ja ... (Zwischenrufe des Bundesrates Kalina.)

Ihr seid ja sogar schon auf demselben Level wie die Freiheitlichen in Wien, denn jetzt habt auch ihr ein Comic-Hefterl herausgegeben, habe ich gesehen. Also, die FPÖ macht ein Comic-Hefterl (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth), in dem HC anbietet, dass derjenige, der Mustafa eine „aufbrennt“, eine Belobigung kriegt. Jetzt gibt es ein Hefterl von der SPÖ (Zwischenrufe bei der SPÖ), in der HC als Android durch die Gegend schreitet und als Hirntoter programmiert wird. Also, tiefer geht es nicht, plumper geht es nicht! Wir wissen, was los ist: Es ist Wahlkampf. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

12.15


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Hand­zeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

12.16.012. Punkt

Bericht des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport an das öster­reichische Parlament – Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2010 (III-391-BR/2010 d.B. sowie 8385/BR d.B.)

3. Punkt

Jahresvorschau des BMWF 2010 auf der Grundlage des „Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission“ sowie des „Achtzehnmonatsprogramms des Rates“ (III-396-BR/2010 d.B. sowie 8386/BR d.B.)


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4. Punkt

Jahresvorschau des BMJ auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeits­pro­gramms der Europäischen Kommission für 2010 sowie des Achtzehn­monats­programms des spanischen, belgischen und ungarischen Ratsvorsitzes (III-397-BR/2010 d.B. sowie 8387/BR d.B.)

5. Punkt

Jahresvorschau des BMLFUW 2010 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission sowie des 18-Monatspro­gramms des Rates (III-400-BR/2010 d.B. sowie 8388/BR d.B.)

6. Punkt

EU-Arbeitsprogramm 2010 – Bericht des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend an das österreichische Parlament (III-401-BR/2010 d.B. sowie 8389/BR d.B.)

7. Punkt

EU-Arbeitsprogramm 2010 – Bericht des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten an das österreichische Parlament (III-402-BR/2010 d.B. sowie 8390/BR d.B.)

8. Punkt

Strategische Jahresplanung 2010 des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur auf der Grundlage des Arbeitsprogramms der Kommission sowie des 18-Monatsprogramms der spanischen, belgischen und ungarischen Präsident­schaften (III-403-BR/2010 d.B. sowie 8391/BR d.B.)

9. Punkt

Jahresvorschau des BMVIT 2010 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeits­programms der Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates (III-407-BR/2010 d.B. sowie 8392/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir gelangen zu den Punkten 2 bis 9 der Tagesordnung.

Berichterstatter zu Punkt 2 ist Herr Bundesrat Stadler. Bitte um den Bericht.

 


12.17.20

Berichterstatter Werner Stadler: Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Ministerin! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Sportangelegenheiten über den Bericht des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport an das österreichische Parlament – Arbeitsprogramm der Europäischen Kom­mission für 2010. (Vizepräsident Mag. Himmer übernimmt den Vorsitz.)

Der Bericht liegt allen schriftlich vor; ich komme sogleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Sportangelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 5. Oktober 2010 den Antrag, den Bericht des Bundesministers für Landesverteidigung


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und Sport an das österreichische Parlament – Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2010 zur Kenntnis zu nehmen.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ich danke für den Bericht.

Berichterstatterin zu Punkt 3 ist Frau Bundesrätin MMag. Eibinger. – Bitte um den Bericht.

 


12.18.13

Berichterstatterin MMag. Barbara Eibinger: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Jahresvorschau des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung 2010 auf der Grundlage des „Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission“ sowie des „Achtzehnmonatsprogramms des Rates“.

Der Bericht liegt schriftlich vor, ich beschränke mich daher auf die Antragstellung.

Der Ausschuss für Wissenschaft und Forschung stellt nach Beratung der Vorlage am 5. Oktober 2010 den Antrag, die Jahresvorschau des Bundesministeriums für Wissen­schaft und Forschung 2010 auf der Grundlage des „Arbeitsprogramms der Euro­päischen Kommission“ sowie des „Achtzehnmonatsprogramms des Rates“ zur Kennt­nis zu nehmen.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für die Berichterstattung.

Berichterstatterin zu Punkt 4 ist Frau Bundesrätin Mag. Duzdar. – Bitte um den Bericht.

 


12.18.55

Berichterstatterin Mag. Muna Duzdar: Ich bringe den Bericht des Justizausschusses über die Jahresvorschau des Bundesministeriums für Justiz auf der Grundlage des Legis­lativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission für 2010 sowie des Achtzehnmonatsprogramms des spanischen, belgischen und ungarischen Ratsvor­sit­zes.

Der Bericht liegt schriftlich vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 5. Oktober 2010 den Antrag, die Jahresvorschau des Bundesministeriums für Justiz auf der Grundlage des Legis­lativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission für 2010 sowie des Acht­zehnmonatsprogramms des spanischen, belgischen und ungarischen Ratsvor­sit­zes zur Kenntnis zu nehmen.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ich danke für die Berichterstattung.

Berichterstatter zu Punkt 5 ist Herr Bundesrat Lampel. – Bitte um den Bericht.

 


12.20.01

Berichterstatter Michael Lampel: Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­minis­terin! Ich bringe den Bericht des Umweltausschusses über die Jahresvorschau des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft 2010 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommis­sion sowie des 18-Monatsprogramms des Rates.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher sogleich zur Antragstellung:

Der Umweltausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 5. Oktober 2010 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, die Jahresvorschau des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft 2010 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission sowie des 18-Monats­programms des Rates zur Kenntnis zu nehmen.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für den Bericht.

Berichterstatterin zu Punkt 6 ist Frau Bundesrätin Dr. Winzig. – Bitte um den


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Bericht.

 


12.21.00

Berichterstatterin Dr. Angelika Winzig: Ich bringe den Bericht des Wirtschaftsaus­schusses über das EU-Arbeitsprogramm 2010 – Bericht des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend an das österreichische Parlament.

Der Bericht liegt Ihnen vor; ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Wirtschaftsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 5. Oktober 2010 den Antrag, das EU-Arbeitsprogramm 2010 – Bericht des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend an das österreichische Parlament zur Kenntnis zu nehmen.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für die Berichterstattung.

Berichterstatterin zu Punkt 7 ist Frau Bundesrätin Greiderer. – Bitte um den Bericht.

 


12.21.42

Berichterstatterin Elisabeth Greiderer: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über das EU-Arbeitsprogramm 2010 – Bericht des Bun­des­ministers für europäische und internationale Angelegenheiten an das österreichi­sche Parlament.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten hat den gegenständlichen Bericht in seiner Sitzung am 5. Oktober 2010 in Verhandlung genommen. Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 5. Oktober 2010 den Antrag, das EU-Arbeitsprogramm 2010 – Bericht des Bundes­ministers für europäische und internationale Angelegenheiten an das österreichische Parlament zur Kenntnis zu nehmen.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für die Berichterstattung.

Berichterstatter zu Punkt 8 ist Herr Bundesrat Lampel. – Bitte um den Bericht.

 


12.22.30

Berichterstatter Michael Lampel: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Unter­richt, Kunst und Kultur über die Strategische Jahresplanung 2010 des Bundesminis­teriums für Unterricht, Kunst und Kultur auf der Grundlage des Arbeitsprogramms der Kommission sowie des 18-Monatsprogramms der spanischen, belgischen und ungari­schen Präsidentschaften.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher sogleich zur Antragstellung:

Der Ausschuss für Unterricht, Kunst und Kultur stellt nach Beratung der Vorlage am 5. Oktober 2010 mit Stimmenmehrheit den Antrag, die Strategische Jahrespla­nung 2010 des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur auf der Grundlage des Arbeitsprogramms der Kommission sowie des 18-Monatsprogramms der spa­nischen, belgischen und ungarischen Präsidentschaften zur Kenntnis zu nehmen.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für die Berichterstattung.

Berichterstatter zu Punkt 9 ist Herr Bundesrat Lindinger. – Bitte um den Bericht.

 


12.23.29

Berichterstatter Ewald Lindinger: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technologie über die Jahresvorschau des BMVIT 2010 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates.

Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor; ich komme gleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vorlage am 5. Oktober 2010 den Antrag, die Jahresvorschau des BMVIT 2010 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des opera­tiven Jahresprogramms des Rates zur Kenntnis zu nehmen.

 



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Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ich bedanke mich nochmals sehr herzlich für die Berichterstattung.

Nun gehen wir in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mühlwerth. – Bitte.

 


12.24.27

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin schon gespannt, wie dann nach der Wien-Wahl die sachliche Debatte zur Wehrpflicht geführt werden wird, angeführt vom Wehrexperten Josef Kalina. Man kann nur hoffen, dass dann wirklich eine Versachlichung stattfindet und es nicht generell so gesehen wird, dass ein Jahr, das man Dienst am Staat leistet, wo man also dem Staat auch etwas von sich zurückgibt, ein verlorenes Jahr ist, denn, Kollege Schnider hat schon recht, man erwirbt auch Kompetenzen, egal, was man tut, und es kann nie schaden, auch dem Staat etwas zu geben. Erinnert euch an den US-Präsidenten, der gesagt hat: Frag nicht, was der Staat für dich tun kann, frag einmal, was du für den Staat tun kannst!

Wir haben heute eine ganze Reihe von Arbeitsprogrammen auf der Tagesordnung, die wir zum Teil befürworten, die wir zum Teil kritisch sehen und daher ablehnen werden. Ich nehme eines heraus, das ist die Jahresplanung des Bundesministeriums für Unter­richt, Kunst und Kultur, wo Sachen drinnen sind, die eigentlich Selbstverständlichkeiten sind, wo man sagt, gut, das hat man da hineingeschrieben, aber eigentlich sollte das logisch sein, andere Sachen, die durchaus gut sind, aber auch Sachen, die wir kritisch sehen.

Wenn wir uns die fünf europäischen Benchmarks bis 2020 anschauen, soll bei der Beteiligung Erwachsener, insbesondere gering qualifizierter, am lebenslangen Lernen eine Steigerung des Prozentsatzes erreicht werden. Man gibt sich hier eh bescheiden, strebt eine Steigerung von derzeit 12,5 Prozent auf 15 Prozent an, das ist also kein sehr weit gestecktes Ziel. Aber das ist eine Selbstverständlichkeit, dass man sagt, die Menschen sollen lebenslang lernen. Nur: Dazu muss man aber auch schon in der Schule beginnen, den Kindern die Freude am Lernen nicht abzugewöhnen.

Wir erleben das leider oft an den Schulen: Die Volksschüler kommen total wissbegierig in die Schule, sind von Haus aus neugierig, wollen alles wissen, und im Laufe der Jahre kann man zuschauen, wie das Interesse und die Freude daran, etwas zu lernen, immer weniger werden. Das dürfte eigentlich nicht passieren. Wir müssten schauen, dass den Kindern diese Neugierde, dieses Aufgewecktsein, dieses Wissenwollen, und zwar ohne Zweck – die wollen ja nur etwas wissen, weil sie es eben wissen wollen –, nicht verloren geht.

Der zentrale Punkt dabei – und das kommt ja in der Präambel dieses Berichts sehr klar zum Ausdruck – sind natürlich die Lehrerinnen und Lehrer, gar keine Frage. Das heißt aber auch, dass auf die Qualität der Lehrerinnen- und Lehrerausbildung besonderes Augenmerk gelegt werden muss. Ich lasse mich hier jetzt nicht auf Prozentzahlen ein, aber wann immer man mit Menschen spricht, die mit Lehrern zu tun haben, oder auch mit Bildungsexperten spricht, wird man verschiedene Prozentsätze hören, welcher Teil der Lehrer seinen Beruf verfehlt hat. Diese Lehrer mögen durchaus engagiert sein, aber das ist eben nur die eine Seite der Medaille. Die andere Seite ist: Ist man auch wirklich geeignet, Kindern etwas beizubringen, nahezubringen, sie zu fördern, sie zu unterstützen, sie zu begleiten, damit sie möglichst ihre Erfüllung nach ihren Begabun­gen finden können? Und da stellen wir halt immer wieder fest, dass das nicht immer der Fall ist.


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Man nimmt sich in der öffentlichen Debatte in so vielen Bereichen immer wieder ein Beispiel an Finnland – in dem Punkt aber leider nie. Finnland hat ein sehr, man kann sagen, hartes System der Selektion derer, die zu einer Lehrerausbildung zugelassen werden. Das wird bei uns ausgeklammert. Alle möglichen Ideen sind da schon geboren worden, aber keiner traut sich zu sagen – ich traue mich schon, aber ansonsten ver­mis­se ich das –, man muss sich vorher genau anschauen, wer zum Lehramtsstudium zugelassen wird.

Natürlich habe ich auch da keine hundertprozentige Garantie, dass es immer funk­tionieren wird und dass wir immer die Besten bekommen, aber wenigstens bei 99 Pro­zent. Im Übrigen hat sich dieses System in allen Ländern, die solche Qualifikations­merkmale vorher testen, bestens bewährt. Nicht nur, dass dort die besten Lehrer tätig sind, sie sind auch am anerkanntesten. Sehr interessant ist es, wenn diese Selektion ein Land in dem einen Bereich, etwa im Sekundärbereich, macht und im Primärbereich nicht. Da kann man nämlich sehr genau sehen, dass die Lehrer dieser Bereiche unterschiedlich anerkannt werden. Also es wäre durchaus gefragt, da einmal eine sachliche Debatte zu führen und sich zu überlegen, wie wir das in Österreich machen könnten.

Ein weiterer Punkt: Reduktion der Zahl der Schulabbrecher. Das ist auch so eine No-na-Feststellung. Selbstverständlich will man das. Wir haben – die PISA-Tests haben es immer wieder gezeigt – erschreckende 20 Prozent, die nach neun Schuljahren nicht ausreichend lesen und schreiben können, wo man sich fragen muss: Warum ist das so? Prüft das keiner? Hinterfragt das keiner?

Für mich war es wirklich ein erschreckendes Beispiel, das ich zufällig gesehen habe, wo eine erwachsene Frau da gesessen ist und gesagt hat, ich kann nicht lesen und schreiben. (Bundesrat Konecny: Da ist sie hoffentlich nicht gesessen!) – Nein, hier nicht. – Sie hat neun Jahre Schule hinter sich gebracht, eine Lehre absolviert, und nie ist es jemandem aufgefallen, dass sie nicht lesen und schreiben kann. Sie hat aber die Lehre erfolgreich abgeschlossen.

Also da sind schon Fehler im System, die dringend ausgemerzt gehören, weil es zum Nachteil der Beteiligten ist. Wir wissen es doch, wie viele Erwachsene sich genieren, sagen zu müssen, ich kann nicht lesen und schreiben. Auch wenn Kurse angeboten werden, ist die Zahl der Teilnehmer an diesen eine geringe, weil sich die Leute dafür schämen. Hier müsste man dringend etwas machen, das vermisse ich aber hier.

Was haben wir da noch? – Der Anteil der Hochschulabsolventen soll steigen. Das ist eine problematische Sache, wo wir immer schon kritisch waren. Die Hochschulquote unter den 30- bis 34-Jährigen soll mindestens 40 Prozent betragen. Dazu sagen wir, nein, das muss sie nicht. Es ist unserer Ansicht nach und meiner im Speziellen eine ambivalente Angelegenheit. Wenn man fordert, dass der Akademikeranteil gesteigert werden muss, dann ist nicht gesagt, dass damit auch der Bildungsgrad steigt. Es macht auch keinen Sinn, wenn wir zwar einen höheren Anteil an Uni-Absolventen haben, aber auf der anderen Seite dann wieder mehr arbeitslose Akademiker haben. Wenn nämlich der Anteil gesteigert wird, dann werden nur die Besten genommen. Wir können ja schauen, wie viele Juristen derzeit beim AMS als arbeitslos gemeldet sind. Je mehr Akademiker es gibt, desto größer ist dann die Selektion im Berufsleben, weil die Unternehmer dann schauen: In welcher Zeit hat der sein Studium absolviert? Wie hat er abgeschlossen? Wie war seine Entwicklung? – Und der Rest bleibt dann auf der Strecke.

Und: Nicht jede Tätigkeit muss zwangsläufig mit einem Hochschulstudium einher­gehen, und man kann nicht sagen, dass derjenige, der keinen akademischen Ab­schluss hat, deswegen automatisch gering qualifiziert ist. Wir unterhalten uns in Wirt­


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schaftsfragen immer wieder über den Mangel an Facharbeitern. Die haben auch kein Hochschulstudium, sind aber trotzdem sehr qualifizierte Leute. Ich möchte überhaupt nicht, dass das verglichen wird – verglichen vielleicht schon, aber nicht bewertet, dass man sagt, der eine ist besser und der andere ist schlechter. Daher stehe ich diesem Ziel, die Quote der Hochschulabsolventen derart steigern zu wollen, wirklich äußerst kritisch gegenüber.

Der zweite für uns kritische Punkt betrifft die Vorschulbildung; da habe ich mit dem Kollegen Schnider schon im Ausschuss eine äußerst lebhafte Debatte geführt. Und ich habe es jetzt noch einmal nachgelesen: Der Zug geht schon in die Richtung, dass wir die Vorschulbildung institutionalisieren. Und das kann nicht allein der Sinn der Sache sein. Bildung ist eben nicht nur etwas, was ich jemandem beibringe, und ich habe nicht die Angst, dass wir hier einen Lehrplan erstellen, dass es Stunden gibt, die die Kinder absitzen müssen, ich gehe schon davon aus, dass das alters- und kindgerecht gehand­habt wird. Aber trotzdem, wir glauben, dass es für die Kinder vor allem in den ersten Lebensjahren wichtig ist, dass sie in der Familie bleiben können – es gibt ja viele Eltern, die das wollen, aber aus finanziellen Gründen nicht verwirklichen können. Und wir meinen, dass es für die Kinder von Vorteil ist, wenn sie bereits in der Familie – durch Vorbildwirkung, durch Anregung, durch Anleitung, durch einfaches Spielen, Bil­derbuch-Anschauen et cetera – ihre Kompetenzen erwerben, und dass sie nicht unbedingt in einer Institution quasi gebildet werden müssen.

Das steht hier aber immer wieder im Vordergrund. Daher auch unser Kritikpunkt. Ich freue mich, wenn ich dann draufkomme, es ist nicht so. Wir haben es ja heute schon in der Fragestunde gehört, man kann nachher gescheiter werden und sagen, das Gesetz war nicht so gut, da sollten wir etwas ändern. Ich werde die Erste sein, die dann sagt, da habe ich mich geirrt, das war nicht so gemeint – jetzt empfinde ich es noch so, und das sind die zwei Punkte, warum wir das Programm nicht zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei der FPÖ.)

12.34


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Kneifel. – Bitte, Herr Kollege.

 


12.34.22

Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Frau Bundesministerin! (Rufe: Herr Präsident!) Entschuldigung: Herr Präsident! (Heiterkeit.) Frau Bundesministerin! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich bin traditionell immer im Herbst bei der inter­nationalen Welser Messe zu Gast und versuche mir da einen Überblick über die wirt­schaftliche Entwicklung zu verschaffen, über Innovationen und so weiter. Als ich dieses Jahr auf der internationalen Welser Messe war, Anfang September, ist mir etwas Inter­es­santes aufgefallen: erstmals vier chinesische Stände – vielleicht haben es an­dere Kollegen auch gesehen – und zwei indische Betriebe, die in Oberösterreich aus­gestellt haben. Kollege Podgorschek, der aus Ried kommt, wird das bestätigen kön­nen.

Da habe ich mir gedacht, das ist eine enorme Veränderung, verglichen mit früher. Früher war natürlich vorwiegend der oberösterreichische Bereich vertreten, der angren­zende bayrische, ein bisschen Tschechien und angrenzende Länder, aber so etwas hat es eigentlich noch nie gegeben. Da ist mir bewusst geworden, die Welt ist eigentlich sehr, sehr klein geworden. Die asiatischen Staaten stehen mit ihren Produk­ten und Dienstleistungen nicht nur vor der Haustür, sondern sind bereits bei uns im Haus drinnen, sind Mitbewerber geworden, zumeist mit billigeren Preisen, weil die Ge­stehungskosten viel günstiger sind. Und da habe ich mir gedacht, diesen Kostenwett­bewerb werden wir nie und nimmer bestehen können.


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Wir werden eher unsere Chancen haben in der Ausbildung dessen, was man Hirn­schmalz nennt, in der Förderung von Talenten, Begabungen et cetera. Darauf müssen wir setzen, wenn wir unsere Konjunktur, unsere sozialen Standards, unseren Wohl­stand, den wir erarbeiten müssen, auch in Zukunft sichern wollen. Und das geht nur über Forschung, Entwicklung, Innovationsförderung und so weiter.

Wir haben in den letzten Monaten eine Phase der Krisenbewältigung in Europa hinter uns gebracht, von der ich glaube, dass diese von den verantwortlichen Politikern und Staatsmännern ganz anständig und ordentlich erledigt wurde. Jetzt geht es darum, alles daranzusetzen, um eine Wiederholung dieser Krise hintanzuhalten, und auf Basis unserer Werte, der Solidarität, der Freiheit, der Verantwortung und auch der Nachhaltigkeit, entsprechende Konsequenzen zu ziehen.

Denn eines steht fest, und das ist mir beim Lesen dieser Programme auch bewusst geworden: Wir brauchen diese Maßnahmen dringend! Wir brauchen Europa, um den Frieden zu erhalten, wir brauchen Europa, um die Kriminalität zu bekämpfen, die Ver­kehrs­linien, die Infrastruktur auszubauen, Forschung und Entwicklung weiter voranzu­treiben, die Regionen zu stärken. Ich stimme auch vollkommen dem Programm zu, einen Schwerpunkt auf die EU-Donauraum-Strategie zu legen, Schwarzmeerraum und so weiter, das zum Vorteil der betroffenen Bevölkerung entsprechend zusammen­zuführen und konkrete Maßnahmen zu entwickeln. Alles mit dem Ziel, unsere sozialen Standards, unser Wohlstandsniveau und die Beschäftigung, ich würde auch noch weiter gehen, die Demokratie und die Freiheit in Europa entsprechend abzusichern.

Die Stärkung der Rolle der nationalen Parlamente, die wir noch vor dem Sommer beschlossen haben, Subsidiaritätsprüfung et cetera, ist ein Zugang dazu, hier mitzu­bestimmen. Wir sagen auch ein klares Ja zum Lissabon-Vertrag, und ich glaube, wir alle, die wir hier sind, wollen diesen Vertrag und diese Möglichkeiten entsprechend mit Leben erfüllen, in enger Kooperation auch mit den Bundesländern, für die wir hier mitverantwortlich sind bei diesem Prozess der europäischen Gesetzeswerdung. Und wir sagen ein uneingeschränktes Ja zur Europäischen Union der Bürger, ich würde sagen, zum europäischen Lebensmodell, zu der Art und Weise, in Europa zu leben. Das, glaube ich, ist ein ganz tolles Produkt geworden, und für das lohnt es sich, sich einzu­setzen.

Das ist alles sehr abstrakt. Wie schaut das in der Praxis aus? – Wir sagen ein klares Ja, damit die Finanzmärkte dauerhaft stabilisiert werden können. Wir haben große Pakete geschnürt, sowohl in Österreich als auch auf europäischer Ebene, aber eines steht fest: Derartige Notoperationen sollen sich wirklich nicht mehr wiederholen, son­dern verhindert werden! Was können wir dazu tun? – Individuelle Risken dürfen nicht auf die Allgemeinheit abgewälzt werden. Wenn jemand spekuliert, dann hat er das mit sich selbst auszumachen. Wenn es sein Geld ist, soll er das tun, aber dann nicht kommen und sagen, der Staat soll alles sanieren. (Allgemeiner Beifall.)

Mich hat das sehr betroffen gemacht, dass sich der amerikanische Präsident Obama, der an sich ein sehr mächtiger Mann ist, leiten und lenken lässt von der Wall Street und sagt: Diese Maßnahme ja; nein, diese nicht. – Der Staat hat klare Kompetenzen und klare Rahmenbedingungen festzulegen.

Mich hat auch betroffen gemacht, sage ich ehrlich, als ich gelesen habe, dass sich Großbritannien – obwohl Mitglied der Europäischen Union – diktieren lässt von der City of London, weil die Banker bei diesen und jenen Maßnahmen, bei der Finanz­marktkontrolle und Ähnlichem nicht mitmachen.

So geht es nicht, und ich glaube, dass soll auch ganz klar ausgedrückt werden! Politik muss klare Rahmen setzen, anderenfalls müssen wir uns den Vorwurf gefallen lassen, aus der Krise nichts gelernt zu haben.


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Ich bin auch für eine klare Regelung von Bankinsolvenzen. „Too big to fail“ zählt für mich nicht. Weil ein Institut sehr groß ist, kann es nicht in Konkurs gehen, und so weiter, der Staat muss alles absichern. – Nein.

Ich sage auch Ja zur Einführung der Bankenabgabe, auch auf europäischer Ebene ist das notwendig. Ich sage auch Ja zu einer europäischen Finanztransaktionssteuer. Alle Transaktionen, die an Börsen oder börseähnlichen Einrichtungen organisiert sind, sollen von dieser internationalen Finanztransaktionssteuer betroffen sein. Darüber hinaus brauchen wir in Zukunft noch mehr den mündigen Kunden, der gerüstet und gewappnet ist durch Informationen, die wir entsprechend organisieren, um nicht auf diese Spielchen von Anlegern hereinzufallen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, Kollegin Kemperle hat vorhin in der Debatte über das Zivildienstgesetz auch das Thema Menschenrechte ange­sprochen. Wir sind in Europa von der Missachtung der Menschenrechte in weiten Teilen dieser Welt sehr stark betroffen. Das ist eine Konsequenz der Missachtung von Menschenrechten. Europa und natürlich auch Österreich als Vorreiter im Bereich der Menschenrechte, denen wir uns verpflichtet fühlen durch vielerlei Konventionen, sind deshalb verpflichtet, immer auch auf diese Menschenrechte hinzuweisen, eben weil wir die Konsequenzen tragen, wenn sie missachtet werden. Dann nämlich müssen wir ein­springen, haben wir Probleme, verursacht durch die Asylströme nach Europa und so weiter. Ich bin für eine klare Asylregelung in Europa, aber ich erwarte mir auch mehr Eintreten der europäischen Gremien für die Einhaltung der Menschenrechte. Das bereitet auch uns hier in diesem Hause immer wieder Sorge.

Ich lese in Zeitungen – in der „Furche“, glaube ich –, dass die Diskriminierung und die Verfolgung von Christen in der ganzen Welt – Christen, egal welcher Konfessionen, ob evangelische oder andere, Christen aller Art – enorm zugenommen haben. – Und das in einer Zeit, in der wir glauben, in aufgeklärten Staaten zu leben!

„Die Religionsfreiheit ist in 64 Ländern der Erde, in denen zusammen fast 70 % der Weltbevölkerung leben, sehr stark eingeschränkt oder gar nicht existent.“

Manche werden sich jetzt fragen, was das bei einer Europa-Debatte, die wir jetzt führen, in der wir über Arbeitsprogramme sprechen, zu suchen hat. – Wir haben ständig mit den Folgen all dessen zu kämpfen, und man muss einmal an die Wurzel gehen und das entsprechend aufzeigen.

„200 Millionen Christen leben in diesen Staaten und sind als Minderheiten oft in besonderer Weise von Gewalt und gesetzlichen Einschränkungen betroffen. Christen werden wegen ihres Glaubens diskriminiert, sie verlieren ihre Arbeitsstellen, ihre Woh­nun­gen, werden inhaftiert, entführt, verstümmelt und ermordet, ihre Kirchen werden niedergebrannt und ihre Häuser zerstört.“ – Das habe ich in diesem Bericht in der „Furche“ gelesen.

„Während die Zahl der Christen in Asien und Afrika stark wächst, stehen die Gemein­den im Nahen und Mittleren Osten unter einem hohen Druck.“ – Und so weiter, ich will Ihnen diese Dinge ersparen.

„Lebten vor hundert Jahren noch etwa 20 % Christen auf dem Gebiet der heutigen Türkei, so beträgt ihr Anteil heute nur noch 0,1 %.“ – Das kann doch nicht mit rechten Dingen zugehen.

„Die christlichen Gemeinden in der Türkei sehen sich nach wie vor mit zum Teil existenzgefährdenden Einschränkungen der Religionsfreiheit konfrontiert.“

Und weiter heißt es: „In 30 Ländern, in denen der Islam Staatsreligion und auch verfas­sungsrechtlich verankert ist und/oder eine Vorrangstellung genießt, gibt es staatlich


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unterstützte oder staatlich tolerierte Gewalt gegen Christen.“ – Das kann uns doch nicht kaltlassen!

Sorge bereitet mir auch die Lage in Nordkorea. Wir lesen ständig davon.

„Die kommunistische Diktatur hat mit ihrer totalitären Ideologie das Land herunter­gewirtschaftet und international isoliert. Freiheit und Rechtsstaatlichkeit existieren nicht. Dazu kommen besondere Formen von Diskriminierungen der Christen, von denen viele in staatlichen Lagern ums Leben kommen.“

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Das Recht auf Gedanken- und Gewis­sens­freiheit ist in Artikel 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention eindeutig verankert, ist in Artikel 18 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte, des sogenannten Zivilpakts, in Artikel 18 der Allgemeinen Erklärung der Men­schen­rechte sowie in zahlreichen regionalen Menschenrechtskonventionen verankert. Dieses Recht gilt universell und rechtlich verbindlich für alle Staaten.

Daher ist das Argument, Menschenrechte müssten in kulturellen Zusammenhängen interpretiert werden, nicht nur falsch, sondern auch ein gefährlicher Vorwand, um Menschenrechtsgarantien aufzuweichen. Oft wird ja als Vorwand genommen: Wir müssen die staatliche Einheit herstellen!, weshalb es dann nur eine Religion gibt, damit die staatliche Einheit hergestellt ist. Das ist ein Vorwand, damit andere, die sich nicht an diese Maxime und an diese Richtlinien halten, verfolgt werden können, damit man sagen kann, sie seien Staatsfeinde, nur weil sie eine andere Religion oder einen anderen Glauben haben.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich meine, es ist sinnvoll, in einer europa­politischen Zukunftsdebatte auch auf diese Verletzungen der Menschenrechte – in unserer Zeit eigentlich eine Schande – einzugehen und sie entsprechend anzupran­gern. Wir sollten das nicht zulassen. Unsere Aufgabe ist es, im Dialog mit den anderen Staaten bei internationalen Anlässen und in Brüssel auf diese Menschenrechts­verlet­zungen hinzuweisen, denn damit tragen wir auch einen Teil dazu bei, Probleme, mit denen wir dann in Europa konfrontiert sind, entsprechend zu vermindern und abzu­bauen.

Darum möchte ich Sie bitten. Ich rege an, auch in dieser Kammer einmal eine Resolution, unseren Standpunkt dazu zu formulieren, um das auch entsprechend weiter zu kommunizieren. – Ein herzliches Dankeschön. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

12.49


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Michalke. – Bitte, Frau Kollegin.

 


12.49.22

Bundesrätin Cornelia Michalke (FPÖ, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kurzer Vorspann zur Wien-Wahl: Offensichtlich haben unsere Kolleginnen und Kollegen entsprechend darunter gelitten, denn die Reihen hier in diesem Saal haben sich gelichtet, und das ist eigent­lich schade. Ich kann mich am Wien-Wahlkampf leider nicht beteiligen, aber die wohl­tuenden Worte der Innenministerin haben wir sehr wohl vernommen. Sie haben mich auch sehr gefreut. Vielleicht ist es aber am Montag, dem 11. Oktober, wieder anders, und man muss schauen, wie man wieder zusammenarbeiten kann. Das wird wahr­scheinlich eher schwierig werden.

Zum Bericht des Bundesministers betreffend EU-Arbeitsprogramm 2010: Ich möchte Herrn Kollegem Kneifel sagen, dass es mir geradezu aus der Seele gesprochen war, was vorhin in Bezug auf eine Rettung Griechenlands gesagt wurde.


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Zum Thema Finanzhaftungen habe ich übrigens gerade einen interessanten Artikel gefunden, und zwar in einer deutschen Zeitung, wo zu lesen stand, dass der französische Europaminister Pierre Lellouche unumwunden ausgesprochen hat, was Politiker bei uns verschweigen, denn: Tatsächlich wurde der EU-Vertrag, der nicht nur ausdrücklich die finanzielle Haftung für andere Mitgliedstaaten verbietet, sondern auch die jetzt angegriffene Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank schützen sollte, geändert.

Das ist ein Artikel in einer deutschen Zeitung, den ich Ihnen dann gerne zum Lesen gebe. – So viel zum „Rettungsschirm“, wo dann ja hoffentlich die Haftungen nicht schlagend werden.

Durch das Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon hat es sowohl neue Regeln als auch neue Institutionen und somit neue Besetzungen gegeben. Eine entsprechende Umsetzung wird noch eine große Herausforderung sein. Wir haben das gestern ebenfalls im Ausschuss diskutiert, und zwar sowohl was das Thema auswärtiger Dienst als auch das Thema Bürgerinitiative anlangt, was bei weitem noch nicht unter Dach und Fach ist.

In diesem Bericht wurde der EU-Erweiterung sehr viel Raum gegeben. Insbesondere im Falle der Türkei fehlt uns Freiheitlichen aber eine klare Absage eines EU-Beitrittes dieses Landes.

Beim Thema Klimawandel sind wir gegen die Bereitstellung von 30 Milliarden € für die grüne Entwicklungshilfe.

Was die auswärtigen Angelegenheiten der EU anlangt, sind die EU-Strategien für Donau- und Schwarzmeer-Raum sehr positiv zu bewerten. Dasselbe gilt natürlich auch für die europäische Nachbarschaftspolitik.

Bezüglich transatlantische Partnerschaften wollen wir Freiheitlichen keinen Anbiederungskurs an die USA unterstützen.

Die Themen Entwicklungszusammenarbeit und Menschenrechte wurden hier bereits ausführlich dargestellt.

Ich möchte bei dieser Gelegenheit auf den Rechnungshofbericht vom 19. August 2010 hinweisen – und da gerade auf die Ständige Vertretung Österreichs bei der EU in Brüssel.

„Österreich lag mit 141 Beschäftigten (...) in der Ständigen Vertretung bei der EU in Brüssel im Vergleich von 15 Staaten der EU an vierter Stelle. Weitere rd. 146 Mitar­beiter (...) waren in den Koordinationsabteilungen der Bundesministerien in Österreich tätig. Jährliche Tätigkeits-, Leistungs- oder Erfolgsberichte fehlten.

Neben der Ständigen Vertretung Österreichs bei der EU bestanden in Brüssel drei weitere Vertretungen und acht eigenständige Büros der Bundesländer an insgesamt zwölf verschiedenen Standorten. Alle Vertretungen beschäftigten insgesamt rd. 219 Mit­ar­beiter (...); sie verursachten Ausgaben von mindestens rd. 25 Mill. EUR jährlich. Darüber hinaus bestand noch eine Vielzahl weiterer Repräsentanzen öster­reichischer Institutionen in Brüssel. Synergien bei den Standorten wurden unzu­reichend ausgeschöpft.“

Eine österreichische Besonderheit ist da besonders hervorzuheben: Auch die Sozial­partner und die Interessenvertretungen waren Teile der Ständigen Vertretung in Brüssel und lukrierten für ihre Aktivitäten bei der EU von 1995 bis 2008 vom Bund insgesamt rund 36,4 Millionen €.


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 72

Neben hohen Auslandsdienstreisekosten von Beamten, die etwa aus Wien zu Sitzun­gen nach Brüssel gefahren sind, gab es weiters Wohnkostenzuschüsse, Funktions­zuschläge und waren ebenso zu verzeichnen Kosten für Sitzungs- und Besprechungs­räume, die vornehmlich von Interessenvertretungen genutzt wurden – bis hin zu höheren Richtpreismieten für Räumlichkeiten, welche von der Ständigen Vertretung genutzt werden. Das zeigt auf, dass da ein hohes Einsparungspotenzial gegeben wäre.

Herr Kalina hat in seiner Rede bezüglich Bundesheer gemeint, dass das ein aufge­blasener Apparat wäre. – Ich möchte hiermit auf diesen EU-Apparat hinweisen, der sicherlich noch aufwändiger ist.

Nun zu einer Stelle im Rechnungshofbericht, die ebenfalls erwähnenswert ist und in der es heißt – ich zitiere –: 

„Eine Übersicht über die Ausgaben für Auslandsdienstreisen der Bundesministerien zu Gremien der EU fehlte.“

Und weiters:  „Die Bundesministerien verzichteten auf die vom Rat der EU zur Verfü­gung gestellte Möglichkeit zum Ersatz von Ausgaben für die Auslandsdienstreisen in Höhe von rd. 109.000 EUR, weil sie entsprechende Anträge nicht stellten.“

Ebenso interessant ist der Teil des Rechnungshofberichtes, in dem es heißt:

„Da nicht alle Vertreter der Bundesministerien im Gebäude der Ständigen Vertretung untergebracht waren, entstanden für den Bund durch zusätzliche Anmietungen auch zusätzliche Ausgaben. Durch die getrennte Unterbringung der Ständigen Vertretung und der Österreichischen Botschaft konnten Synergien nicht entsprechend genutzt werden.“

Ich zitiere weiter: „Auch die Betriebsausgaben waren für das Gebäude der Ständigen Vertretung im Vergleich zu anderen vom Bund angemieteten Räumlichkeiten über­durchschnittlich hoch. Rund 60 % der Betriebsausgaben entfielen auf den Sicher­heitsdienst und die Gebäudereinigung. Das BMeiA überprüfte die Betriebsausgaben nicht.“

Und weiters: „Der Leiter der Ständigen Vertretung wohnte während des Umbaus seiner Residenz von Mai 2004 bis Dezember 2005 in einem Hotel, wofür Hotelkosten von rd. 67.000 EUR anfielen.

Der Bund verfügte über vier Residenzen und zwei Amtswohnungen in Brüssel. Eine Resi­denz der Militärvertretung stand leer. Überprüfungen hinsichtlich der Wirt­schaft­lichkeit und der Eignung für Repräsentationszwecke erfolgten nicht.“ – Zitatende.

Das ist Verschwendungssucht, die von uns Freiheitlichen nicht goutiert werden kann!

Aufgrund der nach freiheitlicher Sicht falschen Zielsetzungen der EU-Politik im Bereich Äußeres und EU-Erweiterung ist für uns, wie bereits eingangs erwähnt, dieser Bericht klar abzulehnen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ sowie des Bundesrates Zwanziger.)

12.56


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesrat Professor Konecny. – Bitte, Herr Kollege.

 


12.56.50

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Unser Land ist – das aus voller Überzeugung und gestützt auf eine Volksabstimmung; apropos wichtige Fragen und Volksabstimmungen – Mitglied dieses Verbundes europäischer Staaten. Wir haben dort – nicht gerade im ersten Anlauf – unsere Position gefunden, unsere Formen der Mitbestimmung, unsere


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Formen der Ausnützung jener Mittel, die uns zugänglich sind, aber vor allem eben auch der Einflussnahme auf die politische und gesellschaftspolitische Entwicklung der Europäischen Union.

Ich weiß schon, es gibt eine Minderheit der österreichischen Bevölkerung, die mit der Europäischen Union wenig anfangen kann, die sie als „Schreckgespenst“, als „Krampus“ oder was auch immer und nach Bedarf betrachtet. Es gibt auch Medien, die diese Grundhaltung weit verbreiten – aber wenn es ernst wird, ist die große Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher immer dafür, dass Probleme im europäischen Rahmen gelöst werden. Klar ist – und das gilt selbstverständlich für ein kleines Land wie Österreich, aber auch die Bevölkerung größerer europäischer Länder hat das akzeptiert –, dass die nationale Lösungskompetenz in einer nicht mehr ausschließlich von Europa ökonomisch und politisch dominierten Welt nicht mehr möglich ist.

Gemeinsam ist man eben – wer immer sich zu einer Gemeinschaft zusam­men­schließt – stärker, und das gilt auch für die Staaten dieses Kontinents.

Vollinhaltlich stimme ich mit den Ausführungen des Kollegen Kneifel dahin gehend überein, dass gerade das Handeln der Europäischen Union in der Krise vielleicht nicht beispielgebend, aber immerhin erfolgreich war und dass es bei allen Interessen­gegensätzen, die es zwischen den Mitgliedstaaten der Union selbstverständlich gibt, nicht dasselbe ist, ob man in einem Land die Finanzwirtschaft zum größten Industrie­zweig gezielt gemacht hat, wie eben im Vereinigten Königreich von Großbritannien, oder ob man halt auch ein paar Banken hat. Da sind Interessenunterschiede gegeben, aber die Union war handlungsfähig, und sie hat sowohl für den Finanzbereich als auch für den Bereich der Mitgliedstaaten Lösungen gefunden.

Ich halte es – und das sage ich ausdrücklich dazu – für besonders problematisch, wenn nun ohne Rechtsgrundlage auf der einen wie ohne Rechtsgrundlage auf der anderen Seite ein Mitgliedsland der Union, nämlich unser östlicher Nachbar Slowakei, es für richtig hält, an dieser Hilfsaktion für Griechenland nicht teilzunehmen.

Ich weiß ja nicht, ob er dann noch kommt, aber ich kündige hier ganz offiziell an: Wenn der Herr Dzurinda zu dieser Konferenz, die wir gemeinsam mit dem Land Nieder­österreich planen, tatsächlich kommt, oder ein anderer Vertreter der slowakischen Regierung, werde ich mich nicht genieren, ihm diese Frage zu stellen.

Wie viele neue Mitgliedsländer hat natürlich und völlig zu Recht die Slowakei jene Unterstützungen in Anspruch genommen, die die Europäische Union im Vor-Beitritts Programm und nachher im Rahmen vieler verschiedener Programme gewährt hat, aber Solidarität ist keine Einbahnstraße, und daran sollte man alle Mitgliedstaaten, aber vor allem jene, die das offensichtlich so verstehen, erinnern.

Frau Bundesminister, ich glaube, man sollte Ihnen danken, dass Sie an unserer heu­tigen Debatte teilnehmen – das war ja nicht gerade der erste Preis in der Lotterie, den Sie da gewonnen haben –, und da die österreichische Bundesverfassung den Posten des Bundesministers für Beinahe-eh-fast-alles nicht kennt, möchte ich nicht nur höflichkeitshalber, sondern auch deshalb, weil es wichtig ist, zu den Themen, die Sie im Bericht angesprochen haben, oder einigen davon, ein paar Worte sagen, weil es wirklich auch um zentrale Dinge geht.

Ganz besonders wichtig scheint es mir zu sein – und das ist ein gutes Beispiel –, wie hier gemeinschaftliche und nationale Lösungen durchaus in ein konfliktuöses Ver­hältnis treten können, aber nicht müssen. Es kündigt die Kommission die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher an und geht davon aus, dass hier eine Vollhar­monisierung der Normen zwischen den Mitgliedstaaten anzustreben ist und durch­gesetzt werden soll.


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 74

Das ist im Prinzip eine denkmögliche Lösung, die Frage ist nur: Kann diese Vollhar­monisierung sozusagen auf einer Kompromissebene erfolgen? Ich gehe einmal in aller Arroganz davon aus, dass gerade bei den Rechten der Verbraucher Österreich ein hohes Niveau gezielt angestrebt und erreicht hat, und die Frage, ob dieses Niveau mit dem Niveau der Richtlinie übereinstimmen wird, ist sehr – Sie lächeln, Frau Minister, Sie wissen es besser als ich – in Zweifel zu ziehen. Daher sollten Sie – und Sie werden es auch tun, und wir sollten Sie dabei unterstützen – darauf dringen, dass hier der Weg der differenzierten Vollharmonisierung angestrebt wird, wobei hier Normen, die höher sind, weiterleben können, was ja nicht heißt, dass die Vollharmonisierung auf unserem Niveau nicht in fernerer Zukunft einmal ein durchaus gängiges Ziel wäre.

Das Zweite, was ich erwähnen möchte – und ich halte auch das auch im Lichte von Debatten, die wir heute schon geführt haben, für sehr notwendig –, ist die Schaffung einer Vorbestraften-Kartei für die in der EU verurteilten Drittstaatsangehörigen – ich nehme einmal an, es ist eine Datei, es werden ja wohl keine Kärtchen mehr sein –, die für 2011 als Kommissionsvorschlag angekündigt wurde. Ich halte das für außeror­dent­lich notwendig und auch dringlich, und ich halte es für richtig, wenn von österreichi­scher Seite hier auf eine möglichst rasche Ausarbeitung und dann auch Verabschie­dung dieses Vorschlages gedrängt wird.

Ein Drittes ist zu erwähnen, nämlich die Richtlinie zur Verhütung und Bekämpfung von Menschenhandel sowie zum Opferschutz und damit verbunden die Aufhebung des Rahmenbeschlusses von 2002. Und das liegt mir deshalb besonders am Herzen, weil der Rahmenbeschluss 2002 – ist schon acht Jahre her, und auf diesem Gebiet ist viel in Bewegung gekommen – hinsichtlich seiner Standards inzwischen von einer sehr viel loseren Konglomeration europäischer Staaten mit viel problematischeren Mitgliedern, nämlich vom Europarat übertroffen wurde, dessen Konvention heute hier im internatio­nalen Vergleich die höchsten und striktesten Standards setzt. Die Richtlinie wird hoffentlich für den Bereich der EU zumindest diese Standards erreichen, und auch sie sollte möglichst rasch unterstützt werden.

Die letzte Bemerkung – nicht zu Ihrem Ressort –, auch das ist schon angesprochen worden: Wir halten die Mitbestimmung der nationalen Parlamente, den neuen Dialog zwi­schen den politischen Vertretern der Mitgliedstaaten und der Kommission für richtig und notwendig. Und wir haben, glaube ich, alle mit großer Begeisterung die Ankün­digung begrüßt, dass es auch auf europäischer Ebene ein Bürgerbegehren geben soll. Ich halte es für beschämend, wie nun im Tauziehen über Quora und Fristen dieses große Projekt zerstückelt und, wenn man den Apparat in Brüssel kennt, vielleicht sogar auf die Müllhalde der Geschichte transferiert wird.

Ich glaube, wir sollten dem noch kurze Zeit zuschauen und dann auch vonseiten dieses Hauses eine klare Stellungnahme abgeben, dass die Demokratisierung der EU – und das ist Bestandteil des Lissabon-Vertrags – nicht bei den Parlamentariern der Mitgliedstaaten haltmachen kann, sondern auch die Bürgerinnen und Bürger der Mitgliedstaaten mit einbeziehen muss. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

13.07


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesrat Podgorschek. – Bitte, Herr Kollege.

 


13.07.27

Bundesrat Elmar Podgorschek (FPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Eine ähnliche Situation habe ich vor einem Jahr genossen, als wir vor einem Wahlkampf standen und dementsprechend verbal die Fetzen geflogen sind. Ich kann mich als Oberösterreicher jetzt da ein bisschen zurücklehnen und beobachten, wie in einem vermeintlich mono­


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lithischen Block, wie ihn die Große Koalition für uns darstellt, doch beide Parteien Konturen zeigen. Das hat uns eigentlich sehr gefreut. Und vor allem die Aussagen der Innenministerin Fekter waren durchaus Positionen, die ich hundertprozentig unter­stützen kann.

Es wird immer so dargestellt, als wäre Kritik an der Europäischen Union gleichlautend mit der Forderung nach einem Austritt aus der Europäischen Union. Ich weise das entschieden zurück! Auch wir betrachten die Europäische Union durchaus als ein Friedensprojekt, an dem es mitzugestalten gilt. Die Europäische Union ist für uns, wenngleich natürlich nicht in dieser Form, durchaus ein Weg in die Zukunft, denn auch wir wollen verhindern, dass noch einmal die Völker Europas aufeinander schießen und dass es Krieg zwischen europäischen Staaten gibt.

Nur: Wir wollen, dass Europa ein europäischer Staatenbund bleibt und nicht ein europäischer Bundesstaat wird. Aber leider gibt es gewisse Tendenzen, die dahin gehen, gerade jetzt wieder bei den Programmen, die uns vorgestellt worden sind, dass Europa sich zu einem Bundesstaat entwickelt.

Lieber Gottfried Kneifel, ich gebe dir vollkommen recht. Ich war auf der Welser Messe, ich habe diese Entwicklung verfolgt, und es ist richtig: Wir müssen uns gegen diese Globalisierung dementsprechend wappnen. Es ist ganz klar, dass wir das nicht alleine als Österreicher schaffen können, sondern nur im europäischen Gleichklang.

Es geht aber auch nicht darum, eine einheitliche Wirtschaftsregierung in Europa zu schaffen, wo dann die nationalen Parlamente entmündigt werden und es letzten Endes zu einem Angriff auf die Souveränität der nationalen Parlamente kommt.

Gerade im Bereich EU-Steuern sehen wir, dass durch das jetzige System die EU keine Schulden machen darf. Würden wir der EU jetzt die Möglichkeit geben, selbst Steuern einzuheben, dann wäre die Gefahr sehr groß, dass auch die EU Kredite aufnimmt und dann dementsprechend noch einmal Schulden macht.

Dann kämen zu den Schulden, die wir jetzt bei den Gemeinden, bei den Ländern und beim Bund leider Gottes schon haben, noch die EU-Schulden dazu. Eine Steuer­finanzierung der EU würde die Abhängigkeit des EU-Haushalts von den nationalen Staaten aufheben und so die Haushaltsdisziplin der Brüsseler Bürokratie entscheidend schwächen.

Genau darauf muss eine Länderkammer hinweisen, genau das gilt es zu verhindern. Außerdem führt eine zusätzliche EU-Steuer nicht dazu, dass woanders Steuern abgeschafft werden, sondern es werden dann noch zusätzliche Steuern geschaffen, und diese belasten dann wieder die einzelnen Bewohner der Mitgliedstaaten. Was noch dazu kommt, ist – wir kennen ja mittlerweile die EU-Bürokratie –, dass die ganze Finanzierung dann wahrscheinlich noch intransparenter würde.

Bevor wir nur daran denken, EU-weit eine gemeinsame Steuer einzuführen, kann es nur darum gehen, dass die einzelnen Staaten die Steuersysteme so weit harmo­nisieren, dass dann eine Zusammenarbeit möglich ist. Aber das kann nicht gehen, indem wir von vornherein alles zentralisieren und mit dieser Zentralisierung dann letzten Endes diesen bereits erwähnten Staatenbund schaffen.

Mir fehlt leider Gottes immer wieder auch – das hat auch meine Vorrednerin, Frau Michalke schon gesagt – eine klare Distanzierung von einem EU-Beitritt der Türkei, den wir ablehnen in Anbetracht dessen, wie die Türkei sich derzeit präsentiert. Gottfried Kneifel, ich muss dich in diesem Zusammenhang noch einmal zitieren: Du hast klar festgestellt, dass die Türkei als demokratischer Staat in Europa derzeit keinen Platz finden kann. Außerdem würde ein Beitritt der Türkei Europa als Wirt­schafts­


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macht, wenn man Europa als Ganzes betrachtet, so nachhaltig schädigen, dass es wahrscheinlich zu einem Zusammenbruch des europäischen Systems käme.

Ich kann mir allerdings durchaus vorstellen, dass man einen gemeinsamen Wirt­schafts­raum mit der Türkei schafft oder gemeinsame Verträge mit der Türkei ab­schließt, denn ich glaube, dass die Türkei in gewissen Bereichen mit uns zusammen­ar­beiten kann. In Zukunft wäre die Türkei aber wahrscheinlich der bevölkerungs­reichste Staat in Europa, und dann würde Europa, wie bereits erwähnt, in sich zusammen­brechen.

Ich darf abschließend noch eine ganz kleine Frage an die Frau Bundesministerin stellen. Frau Bundesministerin, Sie vertreten ja die Regierung. Ich weiß, das geht jetzt ein bisschen in den Wiener Wahlkampf hinein, aber trotzdem: Mit welcher Rechts­grundlage dürfen Grundwehrdiener zum Beispiel beim Vienna Nightrun private Werbe­plakate anbringen und wieder abmontieren?

Ich will jetzt diese Debatte nicht wieder entfachen, aber ich glaube, das trägt nicht zur Attraktivierung des Grundwehrdienstes bei. Vielleicht können Sie Ihren Kollegen Darabos fragen, warum er das erlaubt hat! Ich glaube, das ist nicht der richtige Weg, um den Grundwehrdienst wieder attraktiver zu machen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden teilweise zustimmen, teilweise nicht zustimmen. Aber ich darf abschließend noch einmal ganz klar sagen, damit nicht wieder ein falscher Eindruck entsteht: Wir sind nicht gegen die EU, nur sehen wir das kritischer. Ich glaube, es ist nicht nur Recht, sondern Pflicht einer Opposition, auf Miss­stände hinzuweisen. (Beifall bei der FPÖ.)

13.14


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt nun Frau Bundesrätin Kersch­baum. – Bitte.

 


13.14.56

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich persönlich finde die Entscheidung – ich nehme an, es war eine Entscheidung der Präsidiale – gelinde gesagt kontraproduktiv, nämlich die Entscheidung, acht Tagesordnungspunkte in einer Diskussion abzuführen, wo es kreuz und quer geht und wo jetzt eine Ministerin da sitzt und dem anderen Minister etwas ausrichten oder ihn etwas fragen soll. Das finde ich kontraproduktiv – und mir würden dazu noch viele andere Ausdrücke einfallen. Es hat mich sehr geärgert, als ich gelesen habe, dass das so zusammengefasst wird.

Zu Beginn meiner Rede möchte ich noch darauf eingehen, dass wir uns damit als Bundesrat einiges verbauen und eine Chance nicht wahrnehmen, nämlich die Chance, genau solche Diskussionen, die nämlich in anderen Gremien nicht geführt werden, zu führen und uns damit mehr Bedeutung zu geben, nach der wir uns sehnen, wie wir in diversen Klausuren immer wieder sagen.

Immer wieder kommt unser Wunsch zutage, der Bundesrat möge doch früher in den Gesetzgebungsprozess eingebunden werden. Jetzt haben wir hier EU-Vorschauen, die zwar aus dem März, April, Mai kommen, aber erst jetzt im Oktober diskutiert werden, aber bei diesen EU-Vorschauen, in denen steht, was die EU-Kommission und der EU-Rat in nächster Zeit vorhaben, könnten wir mit den Ministern und Ministerinnen die Frage diskutieren: Finden wir die österreichische Stellungnahme dazu gescheit, nicht gescheit, gibt es da noch Aufklärungsbedarf, et cetera?

Doch was machen wir? – Wir sitzen hier, mit der geschätzten Frau Bundesministerin. Ich kann Ihnen jetzt viel über Umweltpolitik erzählen, aber Sie werden wahrscheinlich nicht viel mitdiskutieren, und auch der Herr Wirtschaftsminister wird hier schwer


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ersetzbar sein. Ich denke, es ist wirklich sehr schade, hier durch diese Entscheidung eine Diskussion für acht Tagesordnungspunkte, die acht verschiedene Ministerien betreffen, abzuführen. Das finde ich einfach irrsinnig schade, wir haben damit wirklich eine Chance vertan.

Für mich wäre nämlich genau diese europäische Diskussion in den diversen Minis­terien eine große Chance, weil wir als Bundesrat Qualitäten haben: weil wir in den Landtagsklubs und in den Parlamentsklubs sitzen, und fast alle von uns sitzen auch in Gemeinderäten. Das heißt, wir haben einfach sehr viel Ahnung von sehr vielen Ebe­nen, können vernetzt mitdenken, wie sich eine Entscheidung auf europäischer Ebene, vielleicht auch in einer Gemeinde auswirkt. Ich denke mir, das ist ein Vorteil, den wir nutzen und wo wir uns einbringen sollten.

Darum: Schade, schade, schade! Ich möchte jetzt trotzdem ein paar dieser Grund­satzdiskussionen, die ich mir hier gewünscht hätte, die leider nicht stattfinden werden, zumin­dest anschneiden.

Eine dieser Grundsatzdiskussionen betrifft zum Beispiel das CCS, das Carbon capture and storage. Das kommt unter anderem im Bericht des Wirtschaftsministeriums, in der Jahresvorschau vor. Der österreichische Standpunkt zu diesem Carbon capture storage ist schwammig – beziehungsweise schwammigst. Ich weiß nicht, ob es diesen Ausdruck gibt, aber es wäre der richtige Ausdruck.

In der Jahresvorschau sagt das Ministerium einerseits: Wir sind skeptisch und wir beobachten die Entwicklung aus der Ferne!, aber auf der anderen Seite steht im gleichen Bericht, dass Österreich Mitwirkungsinteresse gezeigt hat.

Dieses Carbon capture storage kommt auch in der Energiestrategie der Bundes­regierung vor. Da wird alles genauso schwammigst ausgeführt: Einerseits wurde das als Möglichkeit angegeben, andererseits, als dann Greenpeace und die Grünen aufgesprungen sind und gesagt haben: Vorsicht, es ist vielleicht doch nicht so lustig!, wurde sofort relativiert und zu uns gesagt: Es ist ja eh noch überhaupt nichts im Gange, eigentlich wollen wir nicht wirklich!

Was ist jetzt dieses Carbon capture storage? – Es geht im Prinzip um Kohlenstoffab­scheidung: Damit nicht zu viel CO2 in die Luft geht, scheiden wir den Kohlenstoff ab und versenken ihn in einer tiefen Grube. In dieser tiefen Grube muss das Karbon, also der Kohlenstoff, dann Tausende Jahre gelagert werden. Was dann damit passiert, wissen wir nicht. Wir wissen nicht, wie es sich geologisch auswirkt, wenn sich da etwas bewegt und wieder etwas herauskommt.

Wir hinterlassen damit den kommenden Generationen Probleme, die denen ähnlich sind, die man mit einer Endlagerung vom Atommüll hinterlässt. So sehe ich das Carbon capture storage! Wie das die Regierung sieht, geht aus diesen Berichten, wie gesagt, nicht hervor. Ebenso wenig geht aus diesen Berichten hervor, wie es in diesem Bereich mit den Bemühungen auf europäischer Ebene ist.

Ich habe den Eindruck, dass die Regierung das als Lichtblick in der Klimafrage sieht, damit Österreich seine Ziele vielleicht doch noch irgendwie erreicht, wenn auch nur in der Berechnung. Möglicherweise geht es auch nur darum, dass man sagt: In der Energie­strategie komme ich sonst einfach nicht auf meine CO2-Werte, also schreiben wir das eben hinein!

Die beste Möglichkeit Kohlenstoff zu lagern, wäre ja durchaus im Boden, aber eben im Humus.

Das ist auch eine Grundsatzdiskussion, die wir führen sollten, denn genau diesen Humus, von dem wir jedes Jahr Tonnen verlieren, müssten wir ja eigentlich aufbauen


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und damit CO2 binden. Das wäre die richtige Vorgangsweise, die nach heutigem Wissensstand ideale Vorgangsweise.

Zum Thema „Boden und Humus“: Mich wundert die Einstellung des Umwelt­minis­teriums, die negativ deklarierte Einstellung des Umweltministeriums, zu einer Boden­schutzrichtlinie der EU, weil wir das mehr oder weniger der Subsidiarität nicht ent­ziehen wollen. Ich war Umweltgemeinderätin und bin jetzt Umweltstadträtin, und meine Probleme beziehungsweise meine Erfahrungen mit Behörden sind, dass die BH bei allem, was ins Grundwasser gehen könnte, sofort reagiert – in manchen Bereichen auch noch, wenn es um Luftschadstoffe geht –, aber wenn es rein um den Bo­denschutz geht – wenn irgendwo Erdöl im Boden, aber kein Grundwasser in der Nähe ist –, dann kann das einfach so bleiben, das wird ignoriert.

Dass wir uns damit auch wieder künftige Altlasten heranzüchten, ist einfach klar und logisch. Deshalb würde ich meinen, dass man hier sehr wohl auch auf europäischer Ebene zumindest einmal Richtlinien schaffen sollte und müsste, damit wir in diesem Bereich mehr auf unsere Böden achten.

Ein weiterer Teil des Berichtes des Herrn Umweltministers ist klarerweise das Problem der Atomenergie. Der Umweltminister betont immer die Ablehnung der Atomenergie. Ich finde aber in diesem Bericht nichts über irgendwelche Vorstöße von seiner Seite in Richtung Erhöhung der Sicherheitsstandards oder in Richtung Suche nach Weg­begleitern, die mit ihm kämpfen. Davon ist darin leider nichts zu finden.

Was die Sicherheitsstandards betrifft, so hat er voriges Jahr noch gejubelt über die Sicherheitsrichtlinie, die die EU herausgegeben hat. Grüne und NGOs sind damals ausgezogen und haben gesagt: Das gefällt uns so nicht, das ist Augenauswischerei! Der Umweltminister hat es jedoch als Meilenstein bezeichnet. Wie groß dieser Meilen­stein ist, sieht man jetzt in der Diskussion um die deutschen AKWs, um die Lauf­zeitverlängerung. Dieser Meilenstein ist offenbar nicht einmal ein Dekagramm schwer, weil uns die Sicherheitsrichtlinie in dieser Diskussion nichts bringt.

Ein weiteres Problem in Zusammenhang mit Atomkraft ist Italien. Wir wissen seit geraumer Zeit, dass Italien Pläne hat, wieder in die Atomkraft einzusteigen. Es gibt aber nach wie vor kein bilaterales Abkommen mit Italien, was die Nuklearinformation betrifft. Das wäre dringend notwendig, und ich würde mir wünschen, dass der Herr Minister hier wäre und mir sagen würde, wann das kommen wird und wann er mit dem Außenministerium abstimmen wird, dass sie kommen wird. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Leider sitzt er nicht hier.

Ein weiterer Teilbereich der Atomenergie ist die Kernfusion, die immer wieder schön­geredet wird. Auch zur Kernfusion findet sich im Bericht weder vom Umweltminister noch von der Forschung irgendetwas, obwohl ja gerade heuer die Kostenexplosion bei ITER, dem Projekt betreffend den Forschungsreaktor zur Kernfusion, ein großes Thema war. Der Landwirtschaftsministerrat hat dann eine teilweise Finanzierung der massiven Mehrkosten – 400 000 Millionen € – durch einen EU-Landwirtschaftsfonds beschlossen. Das ist aber in den Medien untergegangen; teilweise hat es der „Stan­dard“ aufgegriffen.

Es gibt keine Informationen darüber aus dem Ministerium, und da im Ausschuss leider keine Beamten waren, habe ich ein paar schriftliche Fragen formuliert – und auch eine Antwort bekommen –, unter anderem eben zu dieser ITER-Mehrkostenabdeckung. Ich wollte wissen, um welchen Fonds es da geht. Die Antwort des Bundesministeriums lautete: Die inhaltliche Zuständigkeit des Projektes ITER liege beim BMWF. Die Mehr­kosten würden mit Sorge gesehen, und es gebe 460 Millionen € aus der Rubrik 1a – Rahmenprogramm Forschung – und 400 Millionen € aus der Marge der Rubrik 2, also den nicht genutzten Mitteln.


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Ich finde, diese Antwort ist eine Frechheit, denn es sind Landwirtschaftsmittel, aber das ist so umschrieben, dass man alles hineininterpretieren kann – vor allem dann, wenn man die Antwort zwei Stunden, bevor man sie in die Rede verpacken soll, bekommt.

Es handelt sich dabei sehr wohl um Landwirtschaftsmittel, die da in die ITER-For­schung hineinfließen, obwohl das absolut nichts mit der Landwirtschaft zu tun hat, denn die Landwirte profitieren überhaupt nicht von der ITER-Forschung. Ich würde mir wünschen, dass der Herr Minister noch Gelder in anderen Fonds fände, die irgendwo herumliegen und nicht genutzt werden, so wie er es hier vorgibt, die man dann in Dinge investieren könnte, die wirklich der Landwirtschaft zugutekämen, wie es zum Beispiel die erneuerbare Energie wäre.

Ich würde gerne all diese Grundsatzdiskussionen ernsthaft führen und nicht eine zerfledderte Diskussion führen, wie wir sie jetzt leider haben. Ich bin der Meinung, dass wir diese Jahresvorschau und auch die anderen EU-Diskussionen hier in diesem Gremium viel ernster nehmen sollten, weil wir dafür prädestiniert sind, alle Ebenen zu verbinden.

Unser Grund für die Ablehnung von einem bis zwei Berichten ist einfach die Diskus­sionsverweigerung. Wenn wir in einen Ausschuss kommen, und es sitzt kein Beamter dort, keiner kann Auskunft geben, dann ist das für mich sehr kontraproduktiv – wie gesagt, kontraproduktiv ist der harmlose Ausdruck. Es geht um die Kenntnisnahme von Berichten. Wir haben es immer so gehalten, dass wir gesagt haben: Inhaltlich kann man natürlich verschiedener Meinung sein – wir unterstützen nicht alles, was der eine oder andere Minister von sich gibt –, aber es geht darum, dass man den Bericht zur Kenntnis nimmt. Was ich aber nicht zur Kenntnis nehmen kann und nicht akzeptieren kann, ist diese Diskussionsverweigerung.

Ein Anliegen noch, das die Frau Justizministerin direkt betrifft; ich weiß nicht, ob Sie sich dessen überhaupt bewusst ist. Ich bin ja auch Anti-Atomsprecherin in Nieder­öster­reich und weiß, dass es laut § 30 des Atomhaftungsgesetzes eine Verpflichtung der Regierung gibt, zu berichten. Österreich hat prinzipiell ein sehr gutes Atomhaf­tungs­gesetz, aber das gilt halt nur für Österreich, und wir haben ja bekanntlich nicht sehr viele Kraftwerke. Es geht darum, dass alle drei Jahre ein Bericht gelegt werden sollte, wie denn das in Europa mit der Atomhaftung ist und ob wir vielleicht nicht schon andere Länder davon überzeugt haben, sich uns anzuschließen.

Seit 2001 sollte es diese Berichte geben, alle drei Jahre. Das wären inzwischen vier Berichte. Bis jetzt gibt es einen einzigen Bericht, der den Weg in die Gremien gefunden hat. Einen zweiten Bericht, nämlich den aus dem Jahr 2004, haben wir ein paar Mal urgiert. Er steht seit 2008 im Internet, wurde aber auch noch in keinem Gremium besprochen, umfasst ganze drei Seiten und ist eigentlich ohnehin ein Pflanz. Aber er wäre auch ein guter Anlass, einmal grundsätzlich darüber zu diskutieren, was Öster­reich machen kann im Bereich der Atomhaftung, weil wir immer darunter leiden, dass andere Atomkraftwerke bauen, ein Risiko eingehen, das uns auch betrifft, die anderen aber Gewinne machen, während wir nur das Risiko haben.

Das ist ein wichtiges, dringliches Anliegen, Frau Ministerin. Bitte suchen Sie diese Berichte. Es ist Ihr Ministerium, das an und für sich für die Regierung beauftragt wäre, hier federführend zu sein. Suchen Sie bitte diese Berichte, und bitte diskutieren Sie sie auch in den dazu bestimmten Gremien, denn gerade in der Anti-Atompolitik wäre es ganz wichtig, dass wir von der oberflächlichen Farce hier in Österreich wegkommen, wo es einerseits heißt, dass wir gegen Atomkraftwerke sind, wir aber das sicherste Atomkraftwerk in Zwentendorf haben, und wo wir andererseits eine Energiepolitik in Österreich betreiben – vom Ökostromgesetz bis zu „Atomstrom-Autobahnen“ und RECS-Zertifikaten, wie es heute erst wieder im „Standard“ steht –, die der Anti-


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Atompolitik dieses Landes absolut nicht würdig ist. – Danke. (Beifall des Bundesrates Dönmez.)

13.28


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesrat Mayer. – Bitte.

 


13.28.23

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Frau Ministerin! Werte Kolleginnen! Werte Kollegen! Frau Kollegin Kerschbaum, ich kann Ihre Kritik nachvollziehen, dass acht EU-Berichte unter einem diskutiert werden. Die Kritik an der Frau Minister prallt natürlich ab, weil sie sich zur Verfügung gestellt hat. (Bundesrätin Kerschbaum: ... nichts dafür!) Respekt vor ihr, weil sie wirklich sehr viele EU-Materien zu vertreten hat. Ich werde mich bemühen, nur aus dem Bericht Justiz zu berichten, um Ihnen auch zur Ehre gereichen zu können – hoffentlich –, denn da kennen wir uns beide aus, und Sie können dann natürlich auch entsprechende Antworten geben.

Zum Atombericht und dass die Frau Ministerin ihn suchen soll: Unsere Anti-Atompolitik ist, denke ich, beispielgebend für viele Länder, und wenn sich jeder an das Beispiel Österreichs halten könnte – oder möchte –, dann hätten wir keine Probleme in diesem Bereich, Frau Kollegin Kerschbaum. Das möchte ich einmal in aller Deutlichkeit anfügen. (Bundesrätin Kerschbaum: ... heutigen „Standard“-Artikel!) Und nur einen Bericht zu schreiben, der 30 Seiten hat und euren Vorstellungen entspricht, ändert nichts an der Situation. Genau so schaut es aus. Das ist die Problematik, die Sie immer wieder kritisieren. Zeigen Sie uns Maßnahmen auf, wie man das rundherum verhindern soll. Die Grünen sind überall bemüht, die Atompolitik der Staaten zu bekämpfen. Was habt ihr in Deutschland erreicht? – Gar nichts habt ihr erreicht! (Bundesrätin Kerschbaum: ... Selbstversorgung! Selbstversorgung! Und in Deutsch­land ist es ...!) Ihr habt in Deutschland nichts erreicht, das ist eine Tatsache.

Ich komme zur Jahresvorschau, werte Kolleginnen und Kollegen, und da kann festgehalten werden, dass sich die österreichische Justizpolitik – sozusagen als Basis für die nächsten Jahre – zu dem vom Europäischen Rat am 12. Dezember 2009 gebilligten Stockholmer Programm, zu einem offenen und sicheren Europa im Dienste und zum Schutz der Bürger, zur Stärkung von Freiheit, Sicherheit und Recht in der Europäischen Union bekennt. (Präsident Preineder übernimmt wieder den Vorsitz.)

Insbesondere der darin enthaltene Ansatz der gegenseitigen Anerkennung von Ge­richts­entscheiden und Urkunden ist ein effizientes Mittel, um die Privatrechte der Bürgerinnen und Bürger über die Grenzen hinweg zu schützen und durchzusetzen sowie die strafrechtliche Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten zu stärken und zu be­schleu­nigen. Österreich hat sich wirklich sehr aktiv in dieses Stockholmer Programm eingebracht und begrüßt das Programm auch nachdrücklich als Basis für zukünftige Arbeiten.

Das Bundesministerium für Justiz hat darüber hinaus natürlich auch die von der Europäischen Kommission in ihrem Legislativ- und Arbeitsprogramm für 2010 gesetz­ten Prioritäten entsprechend unterstützt, ebenso wie die Anstrengungen Spaniens, die ja bereits vorüber sind, sowie Belgiens und Ungarns, die im Kommen sind, ins­besondere in Bereichen justizieller Zusammenarbeit in Zivil- und Strafsachen. Auf einige dieser insgesamt 35 Maßnahmen, Initiativen, Legislativvorhaben und danach insbesondere auf das e-Justice-Programm darf ich kurz eingehen.

Zuerst einige Themen aus dem Bereich Strafrecht, zuerst zu den Rechtsakten betreffend die Beweisaufnahme im Strafverfahren. Die Zusammenarbeit im Ermitt­lungsverfahren zum Zwecke der Beweissammlung findet heute in der EU weitest­


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gehend in Form traditioneller Rechtshilfe statt. Der Rahmenbeschluss über die europäische Beweisanordnung – kurz EBA genannt – zur Erlangung von Sachen, Schriftstücken und Daten zur Verwendung in Strafsachen bezieht sich nur auf in einem anderen Mitgliedstaat bereits vorhandene derartige Beweismittel. Er findet hingegen grundsätzlich keine Anwendung auf die Durchführung von Vernehmungen, auf die Durchführung körperlicher Untersuchungen oder die Abnahme von Zellmaterial oder von biometrischen Daten, einschließlich DNA-Proben oder Fingerabdrücken et cetera.

Für die genannten Bereiche bleibt es daher weiterhin bei dieser traditionellen Rechts­hilfe. Vielfach wird es daher als sinnvoll erachtet, ein einziges umfassendes Instrument über die Zusammenarbeit im Ermittlungsverfahren auszuarbeiten, das alle Formen der Rechtshilfe erfasst und das an die Stelle aller bisher angewendeten Rechtsquellen – auch des Rahmenbeschlusses über die EBA – tritt. Österreich unterstützt – als Sponsor sozusagen – diese Initiative, aber im Hinblick auf das nun in Ausarbeitung befindliche umfassende Instrument scheint eine Umsetzung des Rahmenbeschlusses über die EBA nicht sinnvoll zu sein.

Der nächste wichtige Punkt, den ich herausheben möchte aus diesen 35 Maßnahmen, ist die Errichtung einer Vorbestraftenkartei – für uns eher eine Vorstrafenkartei – für die in der EU verurteilten Drittstaatenangehörigen. Österreich begrüßt grundsätzlich den in Aussicht genommenen Kommissionsvorschlag zwecks Komplettierung der Arbei­ten zur Verbesserung und Beschleunigung des Austausches von Informationen aus den Strafgerichten zwischen den Mitgliedstaaten auf der Grundlage der bestehen­den Instrumente.

Zur Richtlinie über die Rechte und Unterstützung von Opfern im Strafverfahren, die auch wichtig ist: In einem einzigen Rechtsakt sollten die Bestimmungen der Richtlinie zur Entschädigung der Opfer von Straftaten und des Rahmenbeschlusses über die Stellung des Opfers im Strafverfahren nach einer Evaluierung zusammengeführt werden.

Wichtig ist auch die Richtlinie zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornographie und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses. Mit dem vorliegenden Vorschlag zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornografie soll der erwähnte Rahmenbeschluss aus dem Jahre 2004 aufgehoben, ersetzt und damit eine Angleichung an höchste internationale Standards in diesem Bereich erreicht werden. Österreich befürwortet natürlich grundsätzlich den Vorschlag. Da viele Punkte offen sind, kann keine abschließende Beurteilung stattfinden.

Ein weiteres wichtiges Thema ist die neue Strategie betreffend die Bekämpfung von Menschenhandel und Maßnahmen zum Schutz und zur Unterstützung der Opfer. Weiters hervorzuheben sind ein Grünbuch betreffend Angelegenheiten der Haft und die Mitteilung über den Kampf gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit.

Aus dem Bereich Zivilrecht, wie eingangs erwähnt, sind hervorzuheben die Verord­nung betreffend die ehelichen Güterstände, Änderung der Verordnung im Hinblick auf die Zuständigkeit in Ehesachen, Verordnung betreffend Erb- und Testamentssachen, Richtlinie über die Rechte der Verbraucher. Erwähnenswert und wichtig ist auch die Überarbeitung der Richtlinie über die sogenannten Pauschalreisen.

Abschließend zu e-Justice: Die Anwendung von e-Justice findet im europäischen Bereich derzeit nur eingeschränkt statt. Das Ziel muss daher sein, den e-Justice-Einsatz in Europa massiv voranzutreiben und damit Qualitätsverbesserung, Verfah­rensbeschleunigung und natürlich auch eine Kostenreduktion zu erreichen. Im Herbst 2008 wurde bereits ein Aktionsplan entwickelt und das Hauptaugenmerk auf eine europäische Schnittstelle – ein e-Justice-Portal – gerichtet, ebenso auf die Schaf­


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fung der Voraussetzung für die Vernetzung der wichtigsten Register, zum Beispiel Strafregister, Insolvenzregister, Handels- und Unternehmensregister, Grundbuchregis­ter.

Die Inbetriebnahme des e-Justice-Portals lässt also noch auf sich warten. Ich erspare uns, hier über die Gründe dafür zu berichten. Österreich ist – und das ist auch beson­ders hervorzuheben – ein Vorreiter im Bereich von e-Justice und kann daher große internationale Erfahrung in dieses Programm einbringen. So hat zum Beispiel Kroatien die Verfahrensautomation Justiz von Österreich übernommen, und auch im Rahmen von europäischen Projekten wurde dieses Programm bereits sehr sinnvoll eingesetzt. Das nehmen wir gerne zur Kenntnis.

Und mit abschließendem Dank an die Frau Minister für diesen hervorragenden Bericht bedanke ich mich. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Zangerl.)

13.36


Präsident Martin Preineder: Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Kemperle. Ich erteile es ihr.

 


13.36.57

Bundesrätin Monika Kemperle (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren des Bundesrates! Ich möchte natürlich auch einige Bemerkungen zur Jahresvorschau des Bundesministeriums für Justiz auf der Grund­lage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission für 2010 und des 18-Monatsprogramms des spanischen, belgischen und ungarischen Ratsvor­sitzes machen.

Im vorliegenden Bericht hat das Bundesministerium für Justiz bei den Initiativen beziehungsweise Legislativvorhaben im Bereich Strafrecht 20 Unterpunkte, im Bereich Zivilrecht 15 Unterpunkte und im Bereich Sonstiges zwei Unterpunkte vorgelegt. Wich­tig erscheint mir, dass in der Einleitung das Bekenntnis der österreichischen Justizpolitik zur Stärkung von Freiheit, Sicherheit und Recht in der Europäischen Union klar dargelegt wird, welches vom Europäischen Rat am 12. Dezember 2009 als Stockholmer Programm gebilligt worden ist.

Allerdings – wenn ich mir die Debatte heute Vormittag ansehe – stelle ich hier doch einiges in Zweifel, da die Debatte am Vormittag in einigen Ausführungen und Bemer­kungen nicht gerade von Freiheit, Sicherheit und Recht geprägt war.

Aufgrund dieses Bekenntnisses allerdings unterstützt Österreich im Wesentlichen die im vorliegenden Bericht dargestellten Initiativen und Legislativvorhaben. Ich kann dem Justizministerium nur zustimmen, dass bei den zu erwartenden Rechtsakten sehr darauf zu achten ist – oder zu achten sein sollte –, dass diese gründlich vorbereitet werden, und vor allem, dass wiederum die Qualität der Rechtsetzung sowie eine Ver­einfachung und Beschleunigung als angestrebtes Ziel vorherrschen sollte. Es versteht sich natürlich von selbst, dass man in Zeiten wie diesen auch darauf achten sollte, dass es dadurch zu keinen finanziellen Mehrkosten für die Mitgliedstaaten kommt.

Um nun zum strafrechtlichen Teil des Berichts zu kommen: Hier ist mir vor allem aufgefallen, dass bei der überwiegenden Mehrheit der Unterpunkte das Justizminis­terium entweder noch keine abschließenden Beurteilungen abgegeben hat, abgeben konnte oder diese einfach vergessen wurden – salopp formuliert (Zwischenruf bei der ÖVP) – und daher doch noch einige Punkte offen sind.

Trotzdem hätte ich mir doch gewünscht – und das ist durchaus auch ein wenig als Kritik zu verstehen –, dass in manchen Fällen wenigstens eine vorläufige Beurteilung abgegeben beziehungsweise der Standpunkt Österreichs zum jeweiligen Punkt etwas genauer ausgeführt worden wäre.


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 83

Ich werde jetzt nicht zu den 37 Punkten des vorliegenden Berichts Stellung nehmen, weil sich zwei Vorredner bereits darauf bezogen haben. Ich möchte nur darauf hin­weisen, dass es im Strafrecht erwähnenswert ist, dass insbesondere das Ziel einer Einrichtung einer Vorbestraftenkartei für die in der EU verurteilten Drittstaaten­ange­hörigen angestrebt wird, und Österreich begrüßt den diesbezüglichen Vorschlag, welcher zuletzt für das Jahr 2011 als Kommissionsvorschlag angekündigt ist.

Es wäre daher auch wünschenswert, wenn das Bundesministerium für Justiz auf eine rasche Ausarbeitung dieses Vorschlages drängen würde, damit diese letztendlich tatsächlich im Jahr 2011 dem Kommissionsvorschlag entspricht beziehungsweise die­ser auch inhaltlich wiedergegeben wird.

Erfreulich ist allerdings die Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Verhütung und Bekämpfung von Menschenhandel und zum Opferschutz sowie zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2002/692/JI des Rates, denn mit dieser Auflö­sung des Rahmenbeschlusses soll eine Angleichung an möglichst höchste inter­nationale Standards, auch des Europarates, in diesem Bereich erreicht werden. Österreich hat in diesem Zusammenhang sein Anliegen weitestgehend durchgesetzt und begrüßt daher den Vorschlag.

Im zivilrechtlichen Teil ist zur Richtlinie über die Rechte der VerbraucherInnen festgestellt worden – wie bereits von Herrn Professor Konecny erwähnt –, dass Österreich den Vorschlag der vorgesehenen umfassenden Vollharmonisierung doch mit etwas Skepsis betrachtet, weil diese nicht nur zu einem vielgliedrigen Regelungsdickicht führt, sondern auch die Gefahr einer Verminderung des bisherigen höheren Verbraucherschutzniveaus in Österreich in sich birgt.

Aus österreichischer Sicht soll daher besser eine sogenannte „differenzierte Voll­harmo­nisierung“ erreicht werden, die danach unterscheidet, in welchen Regelungs­bereichen ein europaweit harmonisiertes Regime sinnvoll und auch in befriedigender Weise umsetzbar ist. Das würde zum Beispiel die Informationspflicht oder die Fristen betref­fen.

Im Bereich „Sonstiges“ scheint mir der Bereich e-Justice sehr interessant. e-Justice ist der Überbegriff für elektronische Kommunikation zwischen Gerichten und Verwaltungs­behörden einerseits sowie RechtsvertreterInnen, NotarInnen, RechtsanwältInnen sowie BürgerInnen und UnternehmerInnen andererseits, die als „elektronischer Rechts­verkehr“ bezeichnet wird. Österreich ist hier zweifellos einer der Vorreiter im Bereich e-Justice und kann hier große internationale Erfahrung einbringen.

Bedeutend war die Einrichtung einer europäischen Schnittstelle, das sogenannte e-Justice-Portal. Österreich fordert für die Zukunft nicht nur die bloße Information, sondern eine verstärkte und frühzeitige, auch technische Einbindung der Mitglied­staaten in allen europäischen E-Vorhaben im Justizbereich.

Initiativen von Mitgliedstaaten, die als sogenanntes „Plug-in“ für das e-Justice-Portal verwendet werden können, sollten weiterhin großzügig von der Kommission unterstützt werden.

Frau Bundesministerin, abgesehen von der bereits geäußerten Kritik, dass man bei einigen Kapiteln einige Sätze mehr und Konkreteres hätte schreiben können, finden ich und meine Fraktion den vorliegenden Bericht informativ und akzeptabel, und wir werden diesem unsere Zustimmung erteilen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie Beifall des Bundesrates Dönmez.)

13.44


Präsident Martin Preineder: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dönmez. Ich erteile es ihm.

 



BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 84

13.44.45

Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Mayer hat es schon ganz kurz angesprochen, ebenso Kollegin Kerschbaum: Auch mein Unmut ist etwas groß, denn wenn wir eine Jahresvorschau für das Jahr 2010 im Oktober diskutieren, so ist es doch wirklich berechtigt, die Sinnhaftigkeit dessen in Frage zu stellen. Ich glaube, es ist auch Wasser auf den Mühlen unserer Kritiker, die gerne den Bundesrat abgeschafft sehen möchten, und diese Gelegenheit sollten und dürfen wir diesen Gruppen und Personen nicht geben.

Meines Erachtens sollte vielmehr die Jahresvorschau für 2011 oder auch für 2012 vorliegen, damit man hier eine seriöse Diskussion führen und Einfluss auf die Entwick­lungen nehmen kann. Aber gut, sei es, wie es sei, wir können die Dinge nicht ändern.

Danke, Frau Ministerin, dass Sie sich bereit erklärt haben, stellvertretend für viele andere, die hier sein sollten, Stellung zu beziehen. Ich möchte aus diesem riesen­großen Themenkomplex der unterschiedlichen Berichte nur zwei für mich sehr wesent­liche Bereiche thematisieren. Bereiche, die, glaube ich, nicht nur mich und grüne Abgeordnete bewegen, sondern auch viele Österreicherinnen und Österreicher, und zwar ist das einerseits der Bereich der gentechnisch veränderten Organismen und andererseits der Bereich der Nuklearenergie, der schon ganz kurz von Kollegin Kerschbaum thematisiert worden ist.

Es ergibt schon ein sehr skurriles Bild, wenn ein ÖVP-Kanzler auf der Gehaltsliste von RWE steht, die sich für Atomenergie stark macht, und auf der anderen Seite die Bundesregierung uns glaubhaft zu vermitteln versucht, dass sie wirklich gegen Atompolitik ist. (Zwischenruf des Bundesrates Perhab.) Also da ist die Optik schon, ohne Polemik zu betreiben, etwas in der Schieflage. (Bundesrätin Mag. Neuwirth: Wo ist da die Schieflage?)

Ich warte ja, ehrlich gesagt, nur mehr auf ein Jobangebot an den Landwirt­schafts­minister von Montesano, einer der großen  (Bundesrat Konecny: Monsanto!) – Monsanto, danke! Mal schauen, ob er da zumindest Rückgrat zeigt. Ich hoffe, dass der Landwirtschaftsminister sein Bekenntnis zur GVO-freien Zone Österreich ernster nimmt, denn von gentechnisch veränderten Organismen gehen Gefahren aus, und die können wir bis heute noch immer nicht abschätzen. (Zwischenruf des Bundesrates Hensler.)

Lieber Kollege, das freut mich, dass gerade du dich zu Wort meldest. Eine ganz konkrete einfache Frage: Bist du für genveränderte Organismen in Österreich, ja oder nein? – Einfache Frage, einfache Antwort: Ja oder nein? – Stellung beziehen, du hast die Möglichkeit: Ja oder nein? – Keine Antwort, gut. Für das Stenographische Proto­koll: Es gibt auch KollegInnen in unseren Reihen, die auf einfache Fragen keine Antworten geben können.

Genauso wie in der Politik: immer herumdrücken und nicht Stellung beziehen. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Hensler.) Das reicht den Leuten bis da her. (Der Redner macht dazu die entsprechende Handbewegung.) – Sie hätten die Möglichkeit gehabt, jetzt klar Stellung zu beziehen. Wir nehmen das zur Kenntnis, ist okay.

Die Europäische Kommission hat im Sommer zwei Dokumente vorgestellt, die darauf abzielen, den Mitgliedstaaten mehr Autonomie beim Verbot des Anbaus von GVO zu geben. Im Gegenzug erwartet die Kommission, dass die Mitgliedstaaten die Zulassung neuer GVO-Sorten unterstützen. Wir lehnen diesen leicht durchschaubaren Kuh­handel entschieden ab. Wir sagen nein dazu, eiern nicht herum!


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Nachdem es der Kommission in all den Jahren nicht gelungen ist, sich eine breite Zustimmung der Mitgliedstaaten zur GVO-Zulassung zu sichern, versucht sie dies nun mit diesem fadenscheinigen Deal zu erreichen. Die Menschen in Europa und insbe­sondere in Österreich wollen keine gentechnisch manipulierten Lebensmittel. Wir wollen gesunde und naturbelassene Produkte.

GVO-Saatgut und -Produkte werden ohnehin in unserem gemeinsamen Binnenmarkt frei gehandelt. Auch manchen Verunreinigungen durch GVO an unseren inner­europäischen Grenzen wird nicht Halt gemacht. Die jüngsten Verunreinigungen von Saatgut in Deutschland, wo der Anbau von Genmais untersagt ist, sollten dazu War­nung genug sein.

Die Pläne der Kommission halten eine Reihe von Tricks bereit, GVO durch die Hintertür in Europa einzuführen. Länder, die den GVO-Anbau verbieten wollen, laufen Gefahr, von Gentechnikfirmen verklagt zu werden. Und was noch viel schlimmer ist: Länder, die sich entschlossen haben, biologisch und konventionell zu arbeiten, haben keinen ausreichenden Schutz vor einer GVO-Verseuchung ihrer Felder.

Wir fordern daher, dass sich die Bundesregierung auf EU-Ebene vehement dafür ein­setzt, dass alle Regionen ein unumstößliches Recht erhalten, sich als gentechnikfrei zu erklären. Darüber hinaus fordern wir, dass in Österreich keine neuen GVOs zugelas­sen und bereits zugelassene überprüft werden. Risikoprüfung und Kontaminierungs­vorkehrungen müssen auf EU-Ebene getroffen werden. Da ist es mir ein ganz besonderes Anliegen, dass die Lebensmittelkennzeichnung auch gewährleistet sein muss, damit die Konsumentinnen und Konsumenten genau darüber Bescheid wissen, was sie da überhaupt einkaufen. Das ist der eine Bereich.

Der zweite Bereich betrifft das, was ich vorhin schon ganz kurz angekündigt habe, die Energieversorgung. Da stehen wir wirklich vor einer Weichenstellung, und zwar nicht nur in Österreich, nicht nur in Europa, sondern weltweit. Öl und Gas werden immer teurer und in den nächsten 20 Jahren immer knapper, gleichzeitig steigt aber der Energieverbrauch dramatisch an. Jetzt haben wir zwei Optionen: Atomkraft oder Kohle oder erneuerbare Energien und mehr Einsatz und mehr Ressourcen für Energie­effizienz.

Dass die Atomkraft teuer, riskant und der Uranvorrat begrenzt ist, das ist, glaube ich, keine Neuigkeit. Von den Gefahren des Atommülls ganz zu schweigen. Daher muss eine umweltverträgliche, sichere und auf Dauer leistbare Energieversorgung sicher sein. Die liberal-konservative Regierung in Deutschland hat nun eine Laufzeit­verlän­gerung der AKWs beschlossen. Wir in Österreich dürfen das nicht so einfach hinneh­men. Wir haben tatsächlich die Chance der Mitentscheidung.

Diese geplante Laufzeitverlängerung der deutschen Atomkraftwerke ist UVP-pflichtig, und daher fordern wir von der Bundesregierung, sofort aktiv zu werden und Deutsch­land dahingehend unter Druck zu setzen, dass die Durchführung der Umweltver­träglichkeitsprüfung raschestmöglich umgesetzt wird. Da ersuche ich die Bundes­regierung innigst, das schleunigst in die Wege zu leiten. Gelingt dies nicht, wäre das ein Trumpf gegen das Durchziehen des Atomausstiegs und gegen die Chance, dass sich die Vernunft durchsetzt.

Außerdem fordern wir schon lange, und nicht nur wir Grüne, sondern auch sieben von neun Landtagen, 77 weitere Organisationen und 70 Gemeinden, einen Ausstieg aus dem Euratom-Vertrag.

Wir müssen in Österreich energiepolitisch einen neuen Kurs einschlagen. In Ober­österreich, wo wir Grüne in der Regierung mit unseren Kollegen der ÖVP sind, haben wir einen sehr erfolgreichen und guten Weg eingeschlagen. Meine KollegInnen aus


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 86

Ober­österreich werden mir das bestätigen, wir haben 6,8 Milliarden € Jahresumsatz und fast 36 000 Arbeitsplätze in Oberösterreich geschaffen. Das sind sechsmal mehr Jobs, als die Voest überhaupt bietet. (Bundesrat Perhab: Wer? Du? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, die sich jetzt gerade wieder aus dem gleichen Eck melden: Das Konzept, Umwelt und Wirtschaft zu verbinden, mit einer Vorreiterrolle beim Klimaschutz, bei der Energiewende und beim Umweltschutz Tausende Arbeitsplätze zu schaffen, ist ein zukunftsweisender Weg. Ich weiß, dass manche von euch diesbezüglich Probleme haben, aber wir Grüne werden euch dabei unterstützen (Bundesrat Konecny: Bei den Problemen?) und auf dem richtigen Weg begleiten. – Danke. (Beifall der Bundesrätin Kerschbaum.)

13.54


Präsident Martin Preineder: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Hensler zu Wort gemeldet. Ich weise darauf hin, dass die tatsächliche Berichtigung die Dauer von 5 Minuten nicht überschreiten darf. Sie hat sich überdies auf die Wiedergabe der zu berichtigenden Behauptung und die Darstellung des berichtigten Sachverhaltes zu beschränken. Aber ich glaube, das weiß Kollege Hensler. – Bitte um die Berichtigung.

 


13.54.20

Bundesrat Friedrich Hensler (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Frau Bun­desminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Bundesrates! Ich möchte einige Sätze zu Kollegen Dönmez sagen, eine klare Richtigstellung: Gerade unser Landwirtschaftsminister Berlakovich hat bewiesen, Herr Kollege – ich sage bewusst: bewiesen –, was es heißt, auf der einen Seite gegen Gentechnik zu argumentieren und gleichzeitig Verbündete zu suchen, auf der anderen Seite hat er auch bewiesen, dass es wichtig ist, Kooperationen im Interesse der Konsumenten zu tätigen. Ich möchte das hier klar und deutlich sagen. (Bundesrat Stadler: Ist das eine Berich­tigung?)

Und zu deinen Forderungen, weil du auch erwähnt hast: Forderungen aufstellen: Ich persönlich finde es relativ einfach, Forderungen aufzustellen. Umsetzen ist wichtig; und das hat Bundesminister Berlakovich bewiesen. (Beifall bei der ÖVP.)

13.55


Präsident Martin Preineder: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Keuschnigg. – Bitte.

 


13.55.25

Bundesrat Georg Keuschnigg (ÖVP, Tirol): Kollege Fritz Hensler hat es ja klar gesagt. Aus diesem Grund braucht man zu dem Punkt keine Aussage mehr zu machen.

Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich sehr darüber, dass wir heute im Bundesrat eine sehr ausführliche und – wie ich glaube – qualifizierte Diskussion über einen großen Querschnitt der euro­päischen Politik oder, noch besser gesagt, der österreichischen Innenpolitik führen, weil das, was wir hier diskutieren, ist reale österreichische Innenpolitik.

Ich möchte darauf hinweisen oder eigentlich meine Anerkennung zum Ausdruck brin­gen, dass die Europäische Union eine sehr gut entwickelte Politikplanungs- und Infor­mationskultur hat. Ich möchte auf das Perspektivenpapier „Europa 2020“ verweisen, eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum, einen Ziele­katalog in der Sache, oder auch auf das Programm des Ratstrios der laufenden Präsidentschaft, der nächsten Präsidentschaft und der übernächsten Präsidentschaft –


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 87

derzeit Belgien, Ungarn und dann Polen –, mit dem ein mittelfristiges Programm vorgelegt wird, oder auf das Programm der laufenden Präsidentschaft, das wir heute in der Diskussion in Verhandlung haben.

Aus all dem ergibt sich ein Orientierungsrahmen für uns, der die Politikplanung und die Politikabstimmung, aber noch viel mehr die Politikbeeinflussung auf europäischer Ebene ermöglicht. Ich glaube, wir finden hier sehr gute Grundlagen vor.

Der Vertrag von Lissabon gibt uns im Bundesrat sehr gute Möglichkeiten, sich frühzeitig mit den Themen auseinanderzusetzen, und wir nützen diese neuen Rechte auch sehr intensiv. Ich darf Ihnen berichten, wir haben uns am Dienstag im Euro­pa­ausschuss beispielsweise unter anderem sehr ausführlich mit dem Vorschlag einer EU-Richtlinie zur Vereinheitlichung der Rahmenbedingungen für Saisonarbeiter und Saisonarbeiterinnen befasst und eine Subsidiaritätsrüge beschlossen, mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und FPÖ.

Das ist die erste offizielle Subsidiaritätsrüge seit Inkrafttreten der Lissabon-Begleit­gesetze. Wir hatten vorher schon eine Rüge verabschiedet, aber unter dem sauberen Normenkorsett der Lissabon-Begleitnovelle war dies die erste Rüge, weil wir der Meinung sind, dass diese vorgelegte Richtlinie nicht nur teilweise praxisfern, büro­kratisch und auch verwaltungsaufwendig ist, sondern noch viel mehr, dass es in diesem Bereich keine europäische Regelung braucht, weil die Beschäftigung von Saisonarbeitskräften von sehr unterschiedlichen regionalen Gegebenheiten abhängig ist. Beispielsweise gibt es kein anderes Mitgliedsland der Europäischen Union, das einen derart ausgeprägten Zwei-Saisonen-Tourismus hat wie Österreich – Winter und Sommer –, und solche touristischen Gegebenheiten brauchen ganz einfach andere Regeln für die Beschäftigung.

Wir haben in Österreich funktionierende Regelungen auf einem sehr differenzierten Niveau, und es ist aus unserer Sicht keine europäische Vereinheitlichung notwendig. Das wäre in Wahrheit ein Rückschritt hinter das, was wir derzeit an Differenzierung haben. Österreich hat sich da sehr gut positioniert, und ich bin überzeugt, dass wir das Recht des Lissabon-Vertrages im Bundesrat gut in Anspruch nehmen werden und dass es seine Wirkung haben wird.

Ich darf noch zwei Anmerkungen zu europäischen, aber vor allem auch österreichi­schen Politikfeldern machen, die in diesem Jahresarbeitsprogramm, zu dem ich Stellung nehme, nämlich Landwirtschaft und Umwelt, eine besondere Rolle spielen.

Das ist zuerst einmal die gemeinsame Agrarpolitik. Die gemeinsame Agrarpolitik ist von einer enormen Bedeutung für die ländlichen Räume, in denen 42 Prozent der Bevölkerung leben und 35 Prozent der Bruttowertschöpfung erzielt werden. Österreich hat sich schon sehr frühzeitig und sehr intensiv auf die zweite Säule, die integrierte ländliche Entwicklung, konzentriert und ist in dieser Politik europaweit Vorreiter.

Jetzt liegt eine Studie des Wirtschaftsforschungsinstitutes über die volkswirt­schaft­lichen Effekte dieser Politik vor, mit dem Ergebnis, dass hier mit Zahlen bewiesen werden kann, dass in Österreich der ländliche Raum stärker als der Gesamtraum wächst, dass Österreich also in den Jahren von 1995 bis 2007 ein höheres Wachstum in den ländlichen Räumen hat – Punkt a) – und b) dass in allen Mitgliedsländern der Europäischen Union die ländlichen Räume weniger wachsen als die gesamte Volks­wirtschaft.

Das heißt, wir wachsen, und das sogar noch schneller als die Gesamtwirtschaft, im Gegensatz zu den anderen Ländern der Europäischen Union, in denen der ländliche Raum schrumpft. Das bestätigt diesen österreichischen Weg in der Agrarpolitik, in der ländlichen Entwicklung, und ich glaube, wir können Freude daran haben, dass wir hier


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eigentlich europaweit Wegweiser für eine integrierte ländliche Entwicklung sind und dass Österreich da wirklich auf einem guten Weg ist.

Die zweite Anmerkung ist jetzt eher kritisch, auch in Richtung Sozialdemokratie, wie immer von mir sehr sachpolitisch. Der Herr Bundesminister für Gesundheit hat ein Gütesiegel für gentechnikfreie Produkte angedacht und das mit Hilfe einer großen, viel gelesenen Tageszeitung gepusht. Ich glaube und behaupte jetzt – und möchte das argumentieren –, dass das das Drittletzte ist, was wir in Österreich brauchen.

Das hat vorhin der Kollege von den Grünen schon gesagt: Herr Bundesminister Berlakovich hat erkämpft, dass die Mitgliedsländer der Europäischen Union selbst über die Anwendung, über den Einsatz von GVO – gentechnisch veränderten Organismen – entscheiden dürfen und entscheiden sollen. Das ist auch ein Teil dessen – das ist vielleicht in der kritischen Bemerkung zu wenig hervorgekommen –, dass wir in der Durchsetzung dieser Politik in Europa bahnbrechend waren. Es ist dies ja aus­schließlich eine österreichische Initiative gewesen, die letztlich in Europa zu einer Mehrheit und zu dieser Linie geführt hat.

Wir werden diese Umsetzung machen, und wir haben auch für gentechnikfreie Produkte bereits ein Gütesiegel: Das ist das AMA-Biogütesiegel. Das AMA-Biogüte­siegel kann man nur erhalten, wenn absolut gentechnikfrei produziert wird. (Bundes­rätin Kerschbaum: Das ist ein anderes Bio, als Sie glauben!) Ich glaube, es macht einfach wenig Sinn, wenn wir auf den Wildwuchs der Gütesiegel, die wir schon haben, noch ein Gütesiegel draufsetzen.

Wir sollten – und das wird von uns seit 15 Jahren versucht – dieses AMA-Biogütesiegel am Markt intensiv durchsetzen. Das ist nicht ganz einfach, das ist sehr, sehr schwierig, und es braucht ungeheuer viel Geld, um so etwas auf dem Markt zu etablieren. Dann mit viel Geld noch einmal eines darüber zu setzen, macht, glaube ich, nicht viel Sinn.

Im Gegensatz dazu wären wir mit Bundesminister Stöger einer Meinung und hätte er unsere volle Unterstützung, wenn er in der Frage der Lebensmittelkennzeichnung mehr tun würde, und hier insbesondere in der Frage des Täuschungsschutzes. Ich darf Ihnen ein Beispiel nennen.

Sie können sich, glaube ich, alle noch daran erinnern, dass wir vor Monaten den Lebensmittelskandal mit „Hartberger Bauernquargel“ hatten. Dieser „Hartberger Bauernquargel“ wird mit holländischer Milch in Deutschland verarbeitet und in Österreich finalisiert. In Hartberg hat man nur die Verpackung darüber gemacht, vielleicht die Schleife, die Beschriftung und so weiter, und dann wird das als „Hart­berger Bauernquargel“ in Österreich vermarktet. Das ist Konsumententäuschung, wie es nicht besser geht!

Wir würden uns vom Gesundheitsminister erwarten, dass er seine gesamte Energie und seine gesamte politische Kraft darauf verwenden würde, in der Lebens­mittel­kennzeichnung etwas weiterzubringen. Dafür hätte er unsere volle Unterstützung. Aber dafür, dem 15. Gütesiegel noch ein 16. draufzusetzen, was in Summe mehr verwirrt als den Konsumenten aufklärt, hat er nicht unsere Unterstützung, und ich ersuche um Verständnis dafür. (Beifall bei der ÖVP.)

14.04


Präsident Martin Preineder: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Boden. – Bitte.

 


14.04.51

Bundesrat Karl Boden (SPÖ, Niederösterreich): Frau Bundesministerin! Werte Kolle­ginnen und Kollegen! (Bundesrätin Mag. Neuwirth: Karl Boden wird das gleich richtig­stellen! – Rufe und Gegenrufe zwischen Bundesräten der ÖVP und Bundesrätin Kerschbaum. – Bundesrat Konecny: Können Sie Ihre internen Differenzen beiseite­


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schieben?) Das Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission und vor allem das Legislativprogramm steht heuer unter einem Titel, nämlich „Jetzt handeln“, und dazu gibt es zwei wichtige Prioritäten, einerseits die Bewältigung der Krise und auf der anderen Seite die Bewahrung der sozialen Marktwirtschaft.

Ich möchte mich aber auf die Jahresvorschau des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie konzentrieren. Genau in diese Richtung fallen einige wich­tige Punkte. Es ist nicht sinnvoll, alles totzusparen, sondern auch auf die Wirtschaft, auf das Wirtschaftswachstum zu schauen.

Daher fördert das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie 2010 verstärkt die Entwicklung von innovativen Dienstanwendungen im Rahmen des Förder­programmes „AT:net“ sowie die Modernisierung und den Ausbau von Hochleistungs-Breitbandzugängen. Das heißt, man wünscht sich eine Breitbandverfügbarkeit von mindestens 25 Megabit für alle Haushalte bis 2013. Derzeit sind wir bei 98 Prozent an Verfügbarkeit bis 2 Megabit pro Sekunde.

Weiters verstärken wir den Wettbewerb der Telekommunikationsanbieter in ländlichen Regionen und das Förderprogramm „Breitband Austria 2013“.

Ein Weiteres ist der Plan für Forschung und Innovation. Österreich gehört mittlerweile zu den forschungsintensivsten Ländern der EU und profitiert überdurchschnittlich von den EU-Forschungsrahmenprogrammen. Es hat daher ein besonderes Interesse daran, dass die EU entsprechend viele Mittel in die Förderung des Technologie- und Innovationsbereichs investiert und dort Akzente setzt. Gleichzeitig geht es aber auch darum, dass die Interessen von kleinen beziehungsweise mittleren EU-Mitgliedstaaten wie Österreich gewahrt bleiben.

Ein weiterer Punkt ist das Weißbuch über die Zukunft des Verkehrs. 2009 wurde vonseiten der Europäischen Kommission ein breit angelegter Konsultationsprozess durchgeführt. Das Weißbuch 2001 wurde hinsichtlich der Zielerreichung evaluiert.

Österreich hat sich vor allem für Verkehrsverlagerung und ausgewogene Verteilung des Verkehrsaufkommens, Entkoppelung zwischen Verkehr und Wirtschaftswachstum, vor allem aber Herstellung der Kostenwahrheit und Entwicklung einer nachhaltigen Verkehrsinfrastruktur starkgemacht. In der Europäischen Union setzt man derzeit eher auf eine Verlagerung hin zur Straße, wo sogenannte Monstertrucks oder Gigaliner eingesetzt werden sollen. Die EU lässt derzeit in den Niederlanden und in Deutschland Feldversuche machen, wie sich diese Gigaliner auswirken werden.

Ein wichtiger Schritt wurde vom Ministerium bereits gesetzt, nämlich verstärkte Kon­trollen der sogenannten Schrott-Lkw. Aus den Medien wissen wir, dass immer weniger unterwegs sind, aber jeder einzelne, der unterwegs ist, ist noch immer einer zu viel.

Wir lehnen natürlich auch in Österreich diese Giganten ab, die sich auf der Autobahn bewegen könnten. Ich denke hier nur an Niederösterreich, an das nördliche Nieder­österreich, wo sich Lkw heute schon wesentlich schwerer tun, wenn sie die vielen Kreisverkehre ausfahren müssen. Wir müssten hinsichtlich dieser Giganten wahr­scheinlich alle Kreisverkehre neu bauen.

Ich glaube nach wie vor, dass die Vermeidung des Verkehrs wichtiger ist und der Umweltgedanke hier seinen Niederschlag finden soll. In dieser Richtung besteht auch eine Vorgabe der EU, vermehrt Elektrofahrzeuge einzusetzen. Für die Forschung gibt es hier ebenfalls ein riesiges Rahmenprogramm, in dem es darum geht, die Reichweite der Elektrofahrzeuge wesentlich zu erhöhen.

Ich glaube, auch hier werden wir in nächster Zukunft eine sehr gute Entwicklung erle­ben. Analog zur Green-Cars-Initiative der EU hat das BMVIT auf die Krise in der Auto­


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mobilindustrie reagiert und hat Österreich die Fördermittel für seine Zulieferindustrie von 40 Millionen auf jeweils 60 Millionen € für die Jahre 2009 und 2010 erhöht.

Ein ganz wichtiges Anliegen, das für das BMVIT teilweise ja schon umgesetzt ist, sind die Passagierrechte. Die Verordnungen über Fahrgastrechte sind bis dato in den Bereichen Luftfahrt und Eisenbahn in Kraft, jene für die Schifffahrt und den Busverkehr sind derzeit noch in Beschlussfassung. Das BMVIT ist daran interessiert, ein möglichst hohes Niveau der Passagierrechte zu erreichen. Eine Gesamtdarstellung der Rechte und Pflichten von Fahrgästen erscheint daher sehr sinnvoll.

Für mich persönlich ein sehr umfassendes Thema ist das Eisenbahnpaket: Verein­fachung, Modernisierung des Rechtsrahmens für den Zugang zum Markt im Schienen­verkehr. Die Kommission plant, die drei Themenbereiche dieses Pakets, nämlich die Marktöffnung, die Verkehrsgenehmigung für Eisenbahnunternehmen und Netz­zu­gangs­bedingungen inklusive Schienenbenützungsentgelte, neu zu strukturieren und in einem einzigen Rechtsakt als Richtlinie zu erlassen. Dabei sollen vor allem die bisher eher vagen Bestimmungen über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Regu­lierungsstellen und der Infrastrukturbereiche genauer formuliert werden.

Insgesamt hofft die Kommission, dass die Marktzugangskosten für die Eisenbahn­unternehmen durch die Stärkung des rechtlichen und institutionellen Rahmens gesenkt werden können. Politisches Ziel ist die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des Schienenverkehrs in Europa und damit ein Beitrag zur Verwirklichung der Strategie von Lissabon.

Für mich persönlich stellt sich immer wieder die Frage: Wie gehen wir in Zukunft mit den Nebenbahnen um? – In Niederösterreich haben wir derzeit eine große Diskussion über die Nebenbahnen, die ja ab 1. Jänner dem Land gehören. Hier muss ich leider feststellen, dass es keine Nebenbahnen mehr geben wird, die Nebenbahnen werden zugesperrt. Wir befinden uns in der Situation, dass der Ostverkehr ohnedies extrem zugenommen hat und die Nebenbahnen für uns eine sehr wichtige Entlastung für die Straße wären. Hier sollen in Zukunft Busse eingesetzt werden. Ich glaube, dass dies nicht der richtige Weg ist.

Über die derzeitigen Zustände des ÖBB-Managements möchte ich heute nicht sprechen. Ich sehe der Ankündigung des neuen ÖBB-Vorstandes, diese Fragen in Angriff zu nehmen, diese Situation, die derzeit sehr unbefriedigend ist, in Angriff zu nehmen, sehr wohlwollend entgegen.

Wir werden diesen Bericht natürlich zur Kenntnis nehmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

14.13


Präsident Martin Preineder: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Perhab. – Bitte.

 


14.13.47

Bundesrat Franz Perhab (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Gestatten Sie mir, zu Beginn meines Redebeitrags doch eine kurze Replik auf den vorigen Tagesordnungspunkt vorzunehmen und vielleicht in Richtung SPÖ heute die „Salzburger Nachrichten“ zu zitieren: Es ist der SPÖ systemeigen (Bundesrat Konecny: Zitieren brauchen Sie es nicht!), eigentlich für jede Wahlauseinandersetzung seit Bruno Kreisky muss das österreichische Bundes­heer herhalten. Das gehört zur Makulatur der SPÖ, das gehört zu den Grundsätzen der SPÖ.

Kollege Kalina, der als Kollege hier im Bundesrat sitzt, weiß sicher viel besser, wie das immer funktioniert. Es wird hier von Alexander Purger ganz klar angeführt: Seit 1970


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spielt die SPÖ bei jeder Wahl die Bundesheerkarte, und das als staatstragende Partei. (Bundesrätin Mag. Neuwirth: Gott sei Dank sind wir staatstragend!)

Ich darf nur daran erinnern, bitte: Die SPÖ stellt den österreichischen Bundes­prä­sidenten – von der Verfassung her der Oberbefehlshaber des österreichischen Bun­des­heeres –, die SPÖ stellt einen Bundeskanzler, die SPÖ stellt zahlreiche Landes­hauptleute. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Auch der steirische Landeshauptmann war bei den Unwetterkatastrophen in der Steiermark in vorderster Linie, bei den Presse­konferenzen mit Hubschraubern des Bundesheeres eingeflogen. (Bundesrat Konecny: Ihr habt ja verloren!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPÖ! Für eine staatstragende Partei ist das aus meiner Sicht beschämend, Ihr Verhalten gegenüber der militärischen Lan­desverteidigung. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Aber vielleicht schwebt Ihnen ein Modell vor, das Sie ja permanent besuchen. Eine Delegation von Ihnen war ja wieder in Nordkorea – vielleicht ist das das Vorbild, das Sie in Österreich haben wollen. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Mitterer: Das ist fast wie bei der Budgetverweigerung von Pröll! – Weitere Zwischenrufe.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nun aber zum Jahresbericht des Wirt­schafts­ministeriums und zur Vorschau ... (Bundesrat Stadler: Hast du noch immer einen Schockzustand?) – Herr Kollege, ich will mich mit dir in dieser Sache sicherlich nicht messen, ich frage mich nur immer. (Bundesrat Konecny: Das ist gut so!) Ich habe in meiner Jugendzeit als einjährig Freiwilliger und mit insgesamt vier Jahren an Waffenübungen und Kursen beim österreichischen Bundesheer meinen Beitrag zu diesem System geleistet (Bundesrat Kalina: Wer hat die Waffenübungen abge­schafft?) und lasse mir das nicht von irgendwelchen Zivildienern, die sich heute herausstellen, hier schlechtreden. (Bundesrat Konecny: Hallo!) Das kann ich Ihnen einmal ganz sicher sagen. (Bundesrat Konecny: Das ist die Argumentation von vor 40 Jahren! Seither nichts dazugelernt?)

Herr Professor Konecny, ich achte die Zivildiener, keine Frage. (Bundesrat Konecny: Das haben wir gemerkt!) Ich frage Sie nur persönlich – und nehmen Sie es mir nicht übel –: Glauben Sie wirklich, dass der Gesetzgeber damals bei Einführung des Zivildienerstatuts daran gedacht hat, dass Ihr Sohn Zivildienst beim Dokumentations­archiv des österreichischen Widerstands macht, statt dass er in irgendeinem Spital arbeitet, in einem Pflegeheim oder sonst wo? Ist das der Grundsatz des Zivildienstes, den Sie beschlossen haben?

Das können Sie Ihren Genossen erzählen, aber sicher nicht der österreichischen Bevölkerung! (Bundesrat Konecny: Das ist ungeheuerlich!) Das muss man dazu­sagen. (Bundesrat Konecny: Das dient der österreichischen Bevölkerung!) Das kön­nen Sie ruhig öfters publizieren, dann werden vielleicht die Österreicher und Österreicherinnen draufkommen, dass es zwei Arten von Zivildienern gibt: privilegierte und nicht privilegierte. Wir stehen auf der Seite der nicht privilegierten Zivildiener! (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Konecny: Ungeheuerlich!)

Damit darf ich aber doch auch zu ein paar Sätzen zum Bericht des Wirtschafts­ministeriums kommen. Ich denke, Österreich ist auch auf diesem Gebiet ... (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Bitte, schauen Sie, Sie können hier jederzeit die Gegenargumente anführen. Melden Sie sich zu Wort! (Bundesrat Konecny: Das Gegenargument sind Sie höchstpersönlich!)

Das macht nichts, ich habe ein gutes Gewissen, Herr Professor. Ich habe meinen Teil geleistet (Bundesrat Konecny: Wozu?), ohne ein fanatischer Militarist zu sein, ich bin nicht einmal Jäger oder sonst etwas. Ich habe meinen Teil geleistet und bin als Kompaniekommandant des österreichischen Bundesheeres abgerüstet. (Bundesrat


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 92

Todt: Behaupten Sie, dass die anderen ihren Teil nicht geleistet haben? – Zwischenruf des Bundesrates Konecny.) Herr Professor, ich verstehe von der Wirtschaft mehr, und ich verstehe vom österreichischen Bundesheer mehr als Sie, das ist ganz sicher. (Bun­desrat Konecny: Das bezweifle ich in beiden Fällen! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Aber ich hoffe, dass jetzt zum Schluss der Bundesratssitzung die ganze Atmosphäre ein bisschen wieder dort hinkommt, dass die Anzahl der Bundesräte wieder vorhanden ist und so weiter, denn meine Art ist es zum Beispiel nicht, mich nicht einer Gegenrede zu stellen, wie das bei Ihnen oft der Fall ist. Sie halten hier große Reden, dann verlassen Sie den Saal, und wir diskutieren weiter. Das ist nicht meine Art. Ich halte Kritik und Gegenkritik aus, und ich stelle mich dieser Kritik auch. (Bundesrat Stadler: Aber deine Zwischenrufe den ganzen Tag sind auch nicht die feine Art!)

Aber lassen Sie mich jetzt doch zum Thema kommen. Vielleicht haben wir ein anderes Mal Gelegenheit, diese Dinge auszudiskutieren. (Bundesrat Stadler: Den ganzen Tag Kaugummi kauen und Zwischenrufe machen bis zum Ende der Sitzung, das ist auch nicht die feine Art!) Herr Kollege, ich weiß nicht, ob ich Kaugummi gekaut habe oder nicht, jedenfalls: Die Frau Vizepräsidentin isst auch ab und zu einen Kaugummi. Ich weiß es nicht, vielleicht sagen Sie es ihr auch, das könnte ja durchaus sein. (Heiterkeit bei der ÖVP. – Bundesrat Stadler: Ich würde vorschlagen ...! – Bundesrat Boden: Was haben wir denn für ein Thema?)

 


Präsident Martin Preineder: Bitte, zur Sache zu kommen!

 


Bundesrat Franz Perhab (fortsetzend): Selbstverständlich, Herr Präsident, ich komme zur Sache. – Ich denke, in der Jahresvorschau des Wirtschaftsministeriums ... (Bun­desrat Stadler: Wie war dein Zwischenruf noch? „Am Montag nach der Wahl ist Voves Geschichte“, Perhab! Und, was ist jetzt?) – Ja, ich bin auch ein aktiver Fußballer gewesen und gebe zu: Knapp verloren ist auch verloren. Du hast vollkommen recht, aber es sind 7 136 Stimmen Unterschied in der Steiermark. 7 136! (Bundesrat Stadler: Warst du auch am Sonntagabend bei der Siegesfeier?)

 


Präsident Martin Preineder: Herr Kollege, ich rufe zur Sache!

 


Bundesrat Franz Perhab (fortsetzend): Ich fahre fort mit meinen Ausführungen zum Bericht des Wirtschaftsministeriums und komme zum Small Business Act. (Zwischenruf des Bundesrates Konecny.) – Herr Professor, darf ich das ausführen? – Danke schön.

Ich glaube, dass das Wirtschaftsministerium und besonders die österreichische Wirt­schaft gut unterwegs sind. Mit dem Mittelstandsbericht gibt das Ministerium in Voll­endung beziehungsweise in Ausführung des Small Business Acts, und den Grund­sätzen dieses Vorhabens der Europäischen Kommission gemäß, in Österreich jährlich einen Zustandsbericht über die Klein- und Mittelbetriebe heraus. Aus ihm wird die Situation der KMUs in Österreich ersichtlich, und wir können anhand dessen sehr wohl die Chancen, aber auch die Risiken dieser Betriebsform feststellen. Wenn auch die Europäische Union in Zukunft auf diesen Level käme, könnte das nur positiv für die Entwicklung der KMUs im europäischen Raum sein.

Was noch nicht gelungen ist und was eine permanente Anforderung an uns darstellt, ist der leichtere Zugang der KMUs zur Finanzierung auch im Hinblick auf Basel III. Wir haben das im Ausschuss bereits diskutiert. Es wird schwieriger werden, noch schwie­riger werden, die Bonitäten sicherzustellen, die KMUs in die Lage versetzen, am Kre­dit­markt aufzutreten und die nötigen Kredite für künftige Investitionen zu bekommen.

Die Verwaltungsreform, der Verwaltungsabbau ist ein gut gemeinter Vorsatz. Sie muss aber ein permanenter Prozess sein und hat noch nicht überall schon zu Erfolgen geführt.


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 93

Ich darf noch auf das Binnenmarktpaket hinweisen, das aus unserer Sicht auch beinhaltet, dass auf dem Energiemarkt – und dies zu den Grünen gesprochen – die Atomkraft nicht enthalten ist, und dies durchaus auch in europäischer Hinsicht. Es gibt hiezu einen einstimmigen österreichischen Regierungsbeschluss, nicht dafür einzu­treten, dass die Mittel für die atomare Forschung in Europa ausgebaut werden. Sie haben es ja selbst erwähnt, Frau Kollegin Kerschbaum, wir setzen auf die Wasserkraft, auf den Ausbau der Wasserkraft. Wir wissen, dass noch 3 Terawatt an Möglichkeiten in Österreich vorhanden sind, ausbaubereit sind. Mit einem umweltverträglichen Aus­bau der Wasserkraft kann Österreich auch die 2020-Ziele der Europäischen Union erfüllen.

Ein letzter Satz noch zum Tourismus in Europa. Österreich ist sowieso Vorreiter, denn letzten Endes sind wir in der Tourismusstruktur, in der Tourismuspolitik, aber auch in der Beschäftigungspolitik durchaus Vorreiter. Unser Ansinnen ist durchaus auch eine europäische Harmonisierung auf manchen Gebieten, in Werbung und Strategie gegenüber den großen globalen Mitanbietern zu erreichen. Das gelingt zum Teil über die HOTREC, die europäische Vereinigung der Hotellerie-Verbände. Österreich hat beispielsweise mit der Klassifizierung erste gute Schritte gesetzt. In diesem Sinne befin­den wir uns auf einer guten Spur. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

14.23


Präsident Martin Preineder: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Schnider. – Bitte.

 


14.23.16

Bundesrat Dr. Andreas Schnider (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe zwei Punkte, auf die ich gerne eingehen möchte. Der eine ist – Frau Kollegin Mühlwerth hat das schon ange­sprochen, wir hatten ja in unserem Ausschuss schon eine lebhafte Diskussion. Bevor ich meine Bemerkung hiezu anbringe, möchte ich gerade auch in ihre Richtung Folgendes sagen: Ich möchte Ihnen damit keinesfalls die Kompetenz abstreiten, weil ich genau weiß, dass Sie zu denjenigen gehören, die sich im Schulumfeld, was Wien und so weiter betrifft, eigentlich wirklich sehr, sehr gut auskennen, aber – und Sie haben es selbst gesagt, und ich möchte versuchen, dazu beizutragen – man kann ja immer etwas dazulernen.

Warum ist es mir so wichtig, das jetzt zu sagen? – Weil ich immer wieder den Eindruck habe, dass so eine merkwürdige EU-Stimmung dadurch erzeugt wird, dass man sagt, dass es in Berichten, die mit der EU zu tun haben, immer so ist, dass man etwas von ganz oben vorgeben will, das dann irgendwie von unserer Legislative umgesetzt werden muss. Genau so ist es aber in diesem Bericht genau zu den zwei Themen, die Sie angesprochen haben, nämlich die frühzeitigen Schulabbrecherinnen und -ab­brecher und auf der anderen Seite die frühkindlichen Bildung, eben nicht! Warum nicht? – Wenn wir uns den Bericht genauer anschauen, dann sehen wir zwei große Kapitel: Angelegenheiten, die die Kommission überlegt, von denen man sagen kann, dass es Legislativvorhaben sind, und solche, die keine Legislativvorhaben sind.

Das mit den Schulabbrechern erachten wir beide und überhaupt wir alle hier als Problem, wo man etwas tun muss, und deshalb glaube ich auch, dass sich unser Schulsystem weiterentwickeln muss. Ich brauche mich nicht darüber auszulassen, wo ich da stehe und wie ich diesbezüglich denke, dass wir uns da weiterentwickeln sollten. Das steht im Kapitel der Legislativvorhaben, ganz eindeutig. Was aber die frühkindliche Bildung betrifft, so steht das nicht in diesem Kapitel, sondern bei den nicht­legis­lativen Vorhaben, ist also nur als Gedankengang angeführt.


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 94

Und wissen Sie, was noch interessanter ist in diesem Bericht? Das mag Zufall sein, aber ich glaube bei Berichten nicht an Zufälle, weil man sich einen Bericht strategisch und auch strukturell gut überlegt. Vor diesen Mitteilungen der Kommission zur früh­kind­lichen Bildung findet sich ein Gedankengang, der noch bei den legislativen Vor­haben angeführt wird, nämlich der Vorschlag der Kommission für eine Empfehlung des Rates zum informellen und nicht formalen Lernen. Und da steht genau das drinnen, was Sie sagen, nämlich: Das, was im Freundeskreis, in der Familie und so weiter geschieht, gehört viel stärker gefördert, statt alles immer nur auf Institutionen abzu­schieben mit ganz konkreten Zertifizierungen. Das in diesem Zusammenhang zu lesen, sogar noch auf derselben Seite, ist schon spannend und relativiert schon auch ein Stück weit – das müssen Sie wahrscheinlich zugeben – Ihren Vorbehalt gegen diesen Bericht.

Warum das da drinnen steht, glaube ich auch zu erkennen. Das ist heute auch schon ein paar Mal angesprochen worden. Wenn es um das lebenslange Lernen geht, um das lebenslange Bilden, wie ich lieber sage, dann muss es gerade uns Europäerinnen und Europäern in dieser Gemeinschaft ein Anliegen sein, einmal auch pädagogisch anzuerkennen, dass dieses lebenslange Lernen mit dem Beginn des Lebens anfängt und niemals aufhört. Und da muss uns dieses frühkindliche Bilden ein wichtiges Anliegen sein, und deshalb unterstreiche ich auch, wenn Sie sagen: Die Pädagoginnen und Pädagogen gehören wirklich gut ausgebildet. Akademisch ausgebildet zu sein, weil Sie das auch angesprochen haben, heißt ja nicht, dass man sagt: Ha! Ich bin ein Akademiker, und ein Akademiker bin ich, weil ich so wichtig bin, ich gehöre zur Quote. – Nein! Das bedeutet, dass es eine Ausbildung gibt, die auf einem hohen Niveau, und davon gehe ich jetzt hier in Österreich einmal aus, der Reflexion und des kritischen Überdenkens dessen steht, was man eigentlich tut.

Ich habe ein bisschen den Vorbehalt gegenüber Österreich, dass man hier immer noch ein wenig davon ausgeht, dass wir, je jünger Menschen sind, umso weniger dieses Niveau von mit ihnen in Kontakt kommenden Pädagoginnen und Pädagogen verlan­gen. Kindergärtnerinnen und Kindergärtner und Pädagoginnen auch im Vorschul­bereich gehören sehr wohl im tertiären Bereich, das heißt auf Hochschulebene aus-, fort- und weitergebildet. Genau aus diesem Grund! Ich glaube, dass sich da unsere Anschauungen im Grunde decken. Es geht mir auch nicht um eine Quote, überhaupt nicht! Was haben wir von einer Quote? Es geht jedoch darum, dass wir höher qualifizieren, und ich glaube, dass eine Ausbildung im tertiären Bereich, die bereits im Sekundarbereich schön Schritt für Schritt beginnt, schon eine ist, die von der Qualität her – so hoffe ich – wohl auch eine andere ist.

Und der zweite Punkt, den ich ursprünglich eigentlich gar nicht erwähnen wollte, zu dem ich aber auch Kollegen Boden etwas sagen will: Ich verstehe Sie! Immer wieder gibt es die Sorge, und das denke ich mir auch, was die Bahnen betrifft. Was mir allerdings auch sehr am Herzen liegt, weil ich mich da wirklich als einer sehe, der in einer Länderkammer ist: Es ist mir zum Schluss bei Ihnen zu sehr rübergekommen – aber vielleicht habe ich das ja auch falsch verstanden –, dass alles, was in Länder­kompetenz kommt – Sie haben die Nebenbahnen erwähnt – dann von vornherein etwas ist, das abgeschafft wird. Das sage ich sicherlich nicht nur in diese Richtung (in Richtung SPÖ weisend), sondern ich sage es auch, weil es für unsere Zukunft im Bundesrat ganz wichtig ist.

Wir sollten gerade in den nächsten Wochen und Monaten, in denen es um alle mög­lichen Reformen auch hinsichtlich Bundes- und Landeskompetenzen gehen wird, auch in dieser Kammer berücksichtigen: Erstens, Augenmaß. Nicht alles kann der Bund besser, aber auch die Länder können nicht alles besser. Ich denke, es gibt ein wunder­bares Prinzip, das wir gerade auch von der EU lernen können und für das sich hier


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 95

einige über die Fraktion hinweg eingesetzt haben, damit der Bundesrat die gleiche Kraft hat wie der Nationalrat, nämlich die subsidiäre Prüfung von all dem, was Brüssel oder wer auch immer sich vorstellt.

Wenn wir dieses Prinzip auch ein Stück weit auf diese Reformen übertragen, dann werden wir mit einem guten Augenmaß unterwegs sein. Gehen wir nicht so in die Gespräche und parlamentarische Diskussion, dass wir sagen: Alles, was die Länder bekommen, bekommen wir, und was der Bund sich behalten kann, das kann er sich behalten – und auch nicht umgekehrt. Augenmaß mit subsidiärer Prüfung ist ein guter Weg in unsere Zukunft! – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Bunderates Zangerl.)

14.29


Präsident Martin Preineder: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.

 


14.30.27

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Ich wollte nur ganz kurz zur Beruhigung des Maschinen­rings einwerfen, dass ich persönlich ganz strikt davon überzeugt bin, dass Herr Minister Berlakovich keine GVOs in Österreich möchte. Das würde ich ihm niemals unterstellen. Ich glaube auch nicht, dass er bei Monsanto zu arbeiten anfangen würde. Dass Kollege Schüssel das bei einem AKW-Konzern so macht, ist wieder eine andere Geschichte. Ich glaube also schon, dass er gegen gentechnisch veränderte Organis­men eintritt.

Bei der neuen Verordnung beziehungsweise bei den neuen Vorschlägen der Kom­mission, die der Herr Minister so hochjubelt und als unseren Erfolg feiert, bin ich dennoch kritisch, und zwar einfach deshalb, weil es bisher in der Kommission glück­licherweise eine Pattstellung gab, denn es ist nicht nur Österreich gentechnikkritisch eingestellt, es gibt auch andere Staaten. Es gibt auch einen einstimmigen Beschluss der EU-Minister, dass man im Bereich der europäischen Genehmigungsverfahren Verbesserungen bei der Zulassung durchführen müsse. Ein großer Kritikpunkt ist eben die European Food Safety Authority, die EFSA, die bei Genehmigungsverfahren nur die Unterlagen der Gentechnikkonzerne zulässt und, und, und. Da gibt es einfach sehr viele Kritikpunkte. An diesem Zulassungsverfahren wird sich laut Plänen der Kom­mission leider absolut nichts ändern. Wenn sich daran aber nichts ändert, dann werden wir in Österreich vielleicht gentechnikfrei bleiben, aber ich weiß zum Beispiel aus der Diskussion mit den tschechischen Grünen über die Lage in Tschechien Bescheid. Dort ist es ganz sicher so, dass die von ihren Anbaugebieten nicht abrücken wollen. Bekannt­lich kennen die Samen bei ihren Flügen keine Grenzen, und es gibt daher die Möglichkeit der Verunreinigung auf unserer Seite.

Insofern ist es einfach wichtig, dass, abgesehen davon, dass wir danach trachten müssen, dass wir in Österreich gentechnikfrei bleiben können, auch diese Zulassungen in der EU stärker beschnitten und andere Maßstäbe gesetzt werden, damit das nicht mehr so leicht geht, wie das derzeit leider der Fall ist.

Unsere Befürchtung ist die, dass durch das Zugeständnis der Kommission, dass da­durch, dass die Länder leider nur aufgrund von ethischen Beweggründen – ethische Beweggründe, das ist auch so eine Geschichte, denn in Wirklichkeit sind es Umwelt­schutzgründe, in Wirklichkeit sind es gesundheitliche Gründe, warum wir GVOs ableh­nen – agieren können, diese „ethischen Gründe“ relativ leicht anfechtbar sein werden.

Abgesehen davon, dass wir wollen, das wir in Österreich GVO-frei bleiben, wollen wir auch, dass sich bei der Zulassung auf europäischer Ebene etwas ändert. Insofern ist


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 96

diese Jubelmeldung des Herrn Ministers, dass jetzt alles gerettet ist, meiner Meinung leider nur ein Irrglaube, so wie das damals bei der Sicherheitsrichtlinie bei den AKWs war, wo auch gesagt wurde: Super, Jubel, wir haben es geschafft! Und jetzt sehen wir bei den deutschen AKWs, es nützt genau „elfe“, weil sie die trotz der Mängel verlän­gern, und die Sicherheitsrichtlinie ist leider nicht das Papier wert, auf dem sie steht.

Ich möchte auch noch ganz kurz auf die Ausführungen des Kollegen Perhab eingehen, der angedeutet hat, dass die EU oder dass wir uns ja dafür einsetzen, dass es keine Forschung im Bereich der Kernenergie gibt, dass wir also gewissermaßen dagegen auftreten.

Wir treten dafür ein, dass es keine Forschung im Bereich der Kernspaltung gibt. Wir unter­stützen aber nach wie vor die Kernfusionsforschung, und die Kernfusion hat schon mindestens einen Haken, dass man nämlich zur Herstellung des Tritiums, das man für die Kernfusion braucht, sehr wohl auch Kernspaltung benötigt, und zwar gar nicht so wenig.

Zu sagen, dass wir ja ohnehin keine AKWs wollen und da auch nichts in die Forschung investieren, ist also insofern falsch, als eben Kernfusion sehr wohl auch etwas mit Strahlen zu tun hat und daher auch nicht so positiv zu sehen ist, wie es unsere Regierung leider in vielen Fällen sieht. – Danke. (Beifall des Bundesrates Dönmez.)

14.34


Präsident Martin Preineder: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesministerin Mag. Bandion-Ortner. – Bitte.

 


14.34.34

Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Sehr verehrte Damen und Herren Bundesräte! Es ist natürlich jetzt für mich schwierig, denn über alle Bereiche, über alle Arbeitsprogramme kann ich natürlich nicht sprechen.

Ich möchte etwas sagen, das vielleicht allgemein Geltung hat. Erstens: Ich meine – und das wurde heute auch angesprochen –, wir müssen wirklich darauf achten, dass durch das rasche Verabschieden von Rechtsakten die Qualität nicht leidet. Es ist so ein bisschen in Mode gekommen während diverser Präsidentschaften, dass man gewisse Projekte sehr rasch beschließt – aus Gründen des guten Marketings, aus Gründen einer guten Präsidentschaftsbilanz. Wir müssen wirklich aufpassen, dass die Rechtsakte auch qualitativ gut sind.

Das Nächste ist – und das liegt mir auch sehr am Herzen –: Es soll frühzeitig und seriös abgeschätzt werden, welche finanziellen Auswirkungen einzelne neue Regelun­gen mit sich bringen. Alle Mitgliedstaaten kämpfen zurzeit mit kleineren Budgets. Wir alle mussten den Gürtel enger schnallen, und daher sind Mehrkosten durch neue Re­ge­lun­gen einfach nicht verkraftbar. Ich vermisse diese Diskussion in Europa manch­mal.

Drittens glaube ich, dass wir alle, nämlich alle Minister gefordert sind, die EU greifbarer zu machen. Für viele Österreicherinnen und Österreicher ist die EU nach wie vor sehr, sehr abstrakt. Man muss den Menschen wirklich klarmachen, dass die EU nicht Selbstzweck ist, sondern dass sie eben den Bürgerinnen und Bürgern konkrete Vorteile bringt. Ich selbst in meinem Bereich werde nicht müde, bei verschiedensten Veranstaltungen zu betonen, dass es zum Beispiel ein Vorteil ist, wenn man gemein­sam in Europa gegen organisierte Kriminalität kämpft, gegen grenzüberschreitende Kriminalität kämpft, und zwar mit gemeinsamen Regelungen und mit gemeinsamen Instrumenten, wie zum Beispiel dem europäischen Haftbefehl.

Eines ist klar: dass es natürlich ein Vorteil ist, wenn man in Zukunft leichter Erb­schaften machen kann in einem anderen Mitgliedstaat; dass es natürlich ein Vorteil ist,


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 97

wenn Verurteilte in ihrem jeweiligen EU-Heimatland die Strafe absitzen; dass es natürlich ein Vorteil ist, wenn Verfahren beschleunigt werden, einfach dadurch, dass Rechtshilfeverfahren nicht in einen Papierkrieg ausarten, sondern dass man etwa auf Knopfdruck eine Strafregisterauskunft aus Ungarn bekommt.

Es gibt also sehr, sehr viele Vorteile für Bürgerinnen und für Bürger. Wir alle müssen das immer wieder betonen und vielleicht auch ganz einfach erklären.

Wie Sie aus dem Justizprogramm entnehmen konnten, passiert einiges im justiziellen Bereich. Ich möchte ganz konkret auf den Verbraucherschutz eingehen, der heute schon erwähnt wurde. Natürlich werde ich mich dafür einsetzen, dass beim Ver­braucherschutz der Standard in Österreich nicht herabgesetzt wird. Ich bin überhaupt etwas kritisch, was die Vollharmonisierung von Rechtsgebieten betrifft, denn die Rechts­systeme der 27 Mitgliedstaaten sind so unterschiedlich, dass eine Harmoni­sierung nur ganz, ganz schwer vorstellbar ist. Ich denke zum Beispiel an das Eherecht: In Malta gibt es überhaupt keine Scheidung und in Schweden geht das in einer halben Stunde. Also es sind wirklich die Systeme an sich sehr, sehr unterschiedlich.

Was wir forcieren müssen – und das bringt etwas –, ist das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung. Das heißt: Wir müssen Urteile, Beschlüsse von anderen Staaten anerkennen. Genauso: Andere Mitgliedstaaten müssen unsere justiziellen Entschei­dun­gen anerkennen. Das bringt etwas!

Was noch etwas bringt, ist eben das Schaffen gemeinsamer Instrumente bezie­hungs­weise von Abhilfen für das schnellere Weiterkommen in den Verfahren. Ich denke hier zum Beispiel auch an das heute schon erwähnte e-Justice Portal, das erst vor ganz Kurzem eröffnet wurde, allerdings noch nicht im vollen Umfang in Betrieb ist. Derzeit bietet es Information für alle EU-Bürger. Wenn Sie heute in Italien sind und Ihnen ein Verkehrsunfall passiert und Sie ein Rechtsproblem haben, dann können Sie ins Internet reinschauen, und dort wird Ihnen genau, sehr einfach und gut erklärt, wer zuständig ist, an wen man sich wendet, was es kostet und so weiter.

Das ist schon einmal ein erster Schritt, aber in Zukunft sollen auch Grundbuchs­anfragen, Firmenbuchanfragen beziehungsweise auch das Bestellen von Dolmet­schern oder Sachverständigen in einem einheitlichen Portal möglich sein. Auch Video­konferenzen sollen angedockt werden können. Das ist sowieso ein Fortschritt, der bald Realität sein wird, so hoffe ich. In Österreich sind wir da schon sehr, sehr weit, und viele andere Staaten schauen sich da einiges bei uns ab.

Es wird doch wirklich sehr viel einfacher und günstiger werden, wenn ein Zeuge etwa mittels Videokonferenz vernommen werden kann; ein Zeuge, der zum Beispiel in Süditalien sitzt. Das funktioniert wirklich gut, ich habe es schon selber ausprobiert. Es ist so, wie wenn derjenige neben einem sitzt. Also es funktioniert – und das ist die Zukunft!

Sehr geehrte Damen und Herren, ich schaue schon ein bisschen besorgt auf die Uhr, denn Europa ruft: Ich muss heute noch nach Luxemburg zum Rat. Wir haben morgen sehr interessante Themen: Kinderpornographie, grenzüberschreitenden Opferschutz und die Vereinheitlichung von Standards in der Strafprozessordnung. Daher: Ich danke für die Aufmerksamkeit! (Allgemeiner Beifall.)

14.40


Präsident Martin Preineder: Als Nächster zu Wort gelangt nun Kollege Podgorschek. – Bitte.

 


14.41.05

Bundesrat Elmar Podgorschek (FPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Präsident! Ich spreche jetzt nicht mehr zur Sache, sondern möchte


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 98

in ganz kurzen Worten – denn ich sehe, die Zeit ist schon wirklich fortgeschritten – mitteilen, dass ich heute meine letzte Bundesratssitzung absolviert habe, und ich möchte mich daher von diesem Gremium verabschieden.

Ich möchte mich für ein Jahr bedanken, das für mich sehr interessant war, und vor allem auch dafür, dass es ab und zu durchaus heftige Diskussionen gegeben hat. Ich glaube, das gehört zu einer lebhaften Demokratie dazu. Die parlamentarische Demo­kratie braucht auch manchmal den Widerspruch, und es gehört auch dazu, dass man vielleicht einmal heftigere Debatten, wie wir sie auch heute schon – und hoffentlich auch in Zukunft – erlebt haben, führt.

Ihnen persönlich, vor allem diesem Gremium, wünsche ich, dass Sie es aufgrund dieser Diskussion über den Bundesrat, die derzeit im Gange ist, schaffen, dass der Bundesrat den Stellenwert bekommt, der ihm zusteht, und dass vor allem auch die Diskussion so geführt wird, dass nicht nur im legislativen, sondern auch im exekutiven Bereich gespart wird.

Derzeit scheint es so zu sein, dass die Diskussion nur in diese Richtung läuft. Ich sage: Jeder Mandatar weniger, der in Zukunft nicht beim Volk ist und die Bevölkerung nicht vertritt, bedeutet einen Mangel an Demokratie. Mehr will ich zu dieser Diskussion gar nicht sagen, denn ich glaube, Sie werden sie in Zukunft noch oft genug führen. Ihnen persönlich wünsche ich allen das Wichtigste und Einzige, das wir uns nicht kaufen können, nämlich Gesundheit. – Danke. (Allgemeiner Beifall.)

14.42


Präsident Martin Preineder: Herr Kollege, ein herzliches Dankeschön für das Bekenntnis zum Bundesrat. Ich darf dir auch ein Dankeschön für das Jahr der Mitarbeit hier in diesem Gremium sagen, dir ebenfalls Gesundheit wünschen und für deinen weiteren Lebensweg alles Gute. – Danke für deine Mitarbeit! (Allgemeiner Beifall.)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Berichte erfolgt getrennt.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Bericht des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport an das österreichische Parlament – Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2010.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über die Jahresvorschau des BMWF 2010 auf der Grundlage des „Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission“ sowie des „Achtzehnmonatsprogramms des Rates“.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über die Jahresvorschau des BMJ auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission für 2010 sowie des Achtzehnmonatsprogramms des spanischen, belgischen und ungari­schen Ratsvorsitzes.


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 99

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über die Jahresvorschau des BMLFUW 2010 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission sowie des 18-Monatsprogramms des Rates.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Nunmehr kommen wir zur Abstimmung über das EU-Arbeitsprogramm 2010   Bericht des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend an das österreichische Parlament.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über das EU-Arbeitsprogramm 2010 – Bericht des Bundesministers für europäische- und internationale Angelegenheiten an das österreichische Parlament.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Des Weiteren gelangen wir zur Abstimmung über die Strategische Jahresplanung 2010 des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur auf der Grundlage des Arbeitsprogramms der Kommission sowie des 18-Monatsprogramms der spanischen, belgischen und ungarischen Präsidentschaften.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die Jahresvorschau des BMVIT 2010 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

14.47.17Einlauf

 


Präsident Martin Preineder: Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten bezie­hungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt vier Anfragen, 2773/J-BR/2010 bis 2776/J-BR/2010, eingebracht wurden.

*****

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen. Als Sitzungstermin wird Freitag, der 5. November 2010, 9 Uhr, in Aussicht genommen.


BundesratStenographisches Protokoll788. Sitzung / Seite 100

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen jene Beschlüsse in Betracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit sie dem Einspruchs- bezie­hungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.

Die Ausschussvorberatungen sind für Mittwoch, 3. November 2010, ab 14 Uhr, vorgesehen.

Diese Sitzung ist geschlossen.

14.48.14Schluss der Sitzung: 14.48 Uhr

 

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