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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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42. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIII. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 6. Dezember 2007

 

 


Stenographisches Protokoll

42. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIII. Gesetzgebungsperiode   Donnerstag, 6. Dezember 2007

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 6. Dezember 2007: 9.05 – 23.53 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Finanzausgleichsgesetz 2008 erlassen wird so­wie das Zweckzuschussgesetz 2001, das Katastrophenfondsgesetz 1996, das Finanz­ausgleichsgesetz 2005, das Finanz-Verfassungsgesetz 1948, das Bundesgesetz BGBl. Nr. 301/1989, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Umweltförderungs­gesetz geändert werden

2. Punkt: Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über eine Weiterführung der stabilitätsorientierten Budgetpolitik (Österreichischer Stabilitäts­pakt 2008)

3. Punkt: Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Bundeshaushaltsgesetz geändert werden

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz geändert wird

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Sparkassengesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Nationalbankgesetz 1984 und das Ver­siche­rungsaufsichtsgesetz geändert werden

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Börsegesetz, das Ver­sicherungsaufsichtsgesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 und das Pen­sions­kassengesetz geändert werden

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körper­schaftsteuergesetz 1988 und das Bundesgesetz über Sonderregelungen zur Mittel­standsfinanzierung auf dem Gebiet der Gebühren sowie der Verkehrsteuern hinsicht­lich der Vorschriften über Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften geändert werden – Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften-Gesetz 2007 (MiFiG-Gesetz 2007)

8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körper­schaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuerge­setz 1994, die Bundesabgabenordnung, das Finanzstrafgesetz, die Abgabenexeku­tionsordnung, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Kommunal­steuer­gesetz 1993 geändert werden (Abgabensicherungsgesetz 2007 – AbgSiG 2007)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 2

9. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Gebührengesetz 1957, das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz, das Tabak­steuer­gesetz 1995, das Tabakmonopolgesetz 1996 und das Tabakgesetz geändert werden

10. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrförderungsgesetz für eine öster­reichische Entwicklungsbank und das Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2008 (Bundesfinanzgesetz 2008) geändert werden

11. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Hellenischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll

12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2008 geändert wird (BFG-Novelle 2008)

13. Punkt: Bundesgesetz, mit dem Überschreitungen von Ausgabenansätzen der Anlage I des Bundesfinanzgesetzes 2007 bewilligt werden (Budgetüberschreitungs­gesetz 2007 – BÜG 2007)

14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Begründung weiterer Vorbelastungen durch den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie genehmigt und das Bundesfinanzgesetz 2007 geändert wird

15. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Umweltförderungsgesetz geändert wird

16. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Altlastensanierungsgesetz geändert wird (ALSAG-Novelle 2008)

17. Punkt: Bericht über den Antrag 199/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die sukzessive Reduktion des Einsatzes von Tragetaschen aus nicht verrottbarem Kunststoff

18. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Ge­haltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Land- und Forst­arbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, das Ausschrei­bungsgesetz 1989, das Pensionsgesetz 1965, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Poststrukturgesetz und das Staatsanwaltschafts­gesetz geändert werden (2. Dienstrechts-Novelle 2007)

19. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz geändert wird

20. Punkt: Kündigung des Übereinkommens (Nr. 45) über die Beschäftigung von Frauen bei Untertagearbeiten in Bergwerken jeder Art, 1935

21. Punkt: Übereinkommen über die Rechtsstellung der Staatenlosen

22. Punkt: Bundesgesetz über das Verbot von Streumunition

23. Punkt: Bundesgesetz über die Anerkennung des Österreichischen Roten Kreuzes und den Schutz des Zeichens des Roten Kreuzes (Rotkreuzgesetz – RKG)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 3

24. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das Grenzkontroll­gesetz und das Polizeikooperationsgesetz geändert werden

25. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz geändert wird

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 17

Ordnungsrufe ......................................................................................................  146, 334

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler, Kollegin und Kollegen, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 435/A der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler, Kollegin und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Heizkostenausgleichsfonds eingerichtet wird (Heiz­kostenausgleichsfondsgesetz), gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 24. Dezember 2007 zu setzen ........................................................................................................................ 37

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................................... 37

Redner:

Ing. Peter Westenthaler .......................................................................................... ... 183

Karl Dobnigg ........................................................................................................... ... 184

Norbert Sieber ......................................................................................................... ... 185

Karl Öllinger ............................................................................................................ ... 186

Herbert Kickl ........................................................................................................... ... 187

Ursula Haubner ....................................................................................................... ... 189

Ablehnung des Fristsetzungsantrages ........................................................................ 190

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 38

Unterbrechung der Sitzung ........................................................................................ 131

Erklärung der Präsidentin Mag. Barbara Prammer betreffend Ausführungen des Abgeordneten Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, MAS, in der Debatte über den Dringlichen Antrag in der 41. Sitzung des Nationalrates ....................................................................................................................................... 131

Wortmeldungen in diesem Zusammenhang:

Mag. Dr. Martin Graf ............................................................................................... ... 132

Dr. Josef Cap ........................................................................................................... ... 132

Karl Öllinger ............................................................................................................ ... 132

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll ................................................................................ ... 133

Fragestunde (5.)

Europäische und internationale Angelegenheiten ................................................. 17

Mag. Andreas Schieder (34/M); Franz Glaser, Josef Bucher, Dr. Reinhard Eugen Bösch, Mag. Ulrike Lunacek


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 4

Johann Höfinger (26/M); Herbert Scheibner, Barbara Rosenkranz, Dr. Peter Pilz

Mag. Ulrike Lunacek (31/M); Mag. Andreas Schieder, Franz Glaser, Mag. Gernot Darmann, Dr. Peter Fichtenbauer

Heinz-Christian Strache (29/M); Michaela Sburny, Mag. Elisabeth Grossmann, Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer, Ing. Peter Westenthaler

Herbert Scheibner (33/M); Dr. Gerhard Kurzmann, Mag. Ulrike Lunacek, Ing. Kurt Gartlehner, Johann Rädler

Anton Heinzl (35/M); Wolfgang Großruck, Sigisbert Dolinschek, Dr. Reinhard Eugen Bösch, Mag. Ulrike Lunacek

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 17

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 35

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler, Kollegin und Kollegen an die Bun­desministerin für Justiz betreffend Gewalt gegen Kinder – Stunde der Wahrheit für Berger (2597/J) .............. 133

Begründung: Ing. Peter Westenthaler ........................................................................ 140

Bundesminister Dr. Erwin Buchinger ..................................................................... 146

Debatte:

Mag. Gernot Darmann ........................................................................................... ... 154

Dr. Sabine Oberhauser .......................................................................................... ... 161

Dr. Erwin Rasinger ................................................................................................. ... 163

Mag. Albert Steinhauser ........................................................................................ ... 164

Heinz-Christian Strache ......................................................................................... ... 166

Herbert Scheibner .................................................................................................. ... 168

Otto Pendl ................................................................................................................... 173

Dr. Andrea Eder-Gitschthaler ................................................................................... 174

Sabine Mandak ........................................................................................................... 175

Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, MAS ....................................................................... ... 177

Ing. Peter Westenthaler .......................................................................................... ... 177

Mag. Ulrike Lunacek ............................................................................................... ... 179

Dr. Peter Fichtenbauer ........................................................................................... ... 181


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 5

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler, Kollegin und Kollegen betreffend vierteljährliche verpflichtende ärztliche Untersuchung von Kindern in Österreich – Ablehnung      157, 182

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler, Kollegin und Kollegen betreffend Verbrechen an Kindern dürfen nicht verjähren – Ableh­nung ...............................  158, 182

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler, Kollegin und Kollegen betreffend bessere personelle und finanzielle Dotierung der Jugendwohlfahrt – Ablehnung  171, 182

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler, Kollegin und Kollegen betreffend Einführung einer generellen Anzeigepflicht bei begrün­detem Verdacht auf Gewalttaten an Kindern – Ablehnung ..............................................................................................................................  172, 182

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (289 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Finanzausgleichsgesetz 2008 erlassen wird sowie das Zweckzuschussgesetz 2001, das Katastrophenfondsgesetz 1996, das Finanz­ausgleichsgesetz 2005, das Finanz-Verfassungsgesetz 1948, das Bun­desgesetz BGBl. Nr. 301/1989, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Umweltförderungsgesetz geändert werden (389 d.B.) .................................................. 38

2. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (312 d.B.): Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über eine Weiterführung der stabilitätsorientierten Budgetpolitik (Österreichischer Stabili­tätspakt 2008) (390 d.B.) ......................................................... 38

Redner/Rednerinnen:

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll ................................................................................ ..... 39

Kai Jan Krainer ....................................................................................................... ..... 41

Mag. Bruno Rossmann .......................................................................................... ..... 43

Heinz-Christian Strache ......................................................................................... ..... 45

Josef Bucher ........................................................................................................... ..... 48

Vizekanzler Mag. Wilhelm Molterer ...................................................................... ..... 50

Jakob Auer .............................................................................................................. ..... 54

Gabriele Heinisch-Hosek ....................................................................................... ..... 56

Dr. Alexander Van der Bellen ................................................................................ ..... 58

Lutz Weinzinger ...................................................................................................... ..... 60

Ing. Peter Westenthaler .......................................................................................... ..... 62

Staatssekretär Dr. Christoph Matznetter ............................................................. ..... 64

Fritz Grillitsch ............................................................................................................... 67

Mag. Kurt Gaßner ......................................................................................................... 68

Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ..... 70

Alois Gradauer ........................................................................................................ ..... 72

Herbert Scheibner .................................................................................................. ..... 74

Edeltraud Lentsch .................................................................................................. ..... 76

Sylvia Rinner ................................................................................................................. 77

Dr. Gabriela Moser ....................................................................................................... 78

Wolfgang Zanger .................................................................................................... ..... 80

Veit Schalle .............................................................................................................. ..... 82

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................ ..... 84

Ing. Hermann Schultes ........................................................................................... ..... 85

Mag. Bruno Rossmann (tatsächliche Berichtigung) ................................................... 86

Astrid Stadler ................................................................................................................ 86

Johannes Zweytick ...................................................................................................... 87

Annahme des Gesetzentwurfes in 389 d.B. .................................................................. 88

Genehmigung der Vereinbarung in 390 d.B. .................................................................. 89

Gemeinsame Beratung über

3. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (203 d.B.): Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Bundeshaushaltsgesetz geändert werden (372 d.B.) ............................................................................................ 89


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 6

4. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (204 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz geändert wird (395 d.B.) .................................................. 89

Redner/Rednerinnen:

Alois Gradauer ........................................................................................................ ..... 89

Jakob Auer .............................................................................................................. ..... 91

Josef Bucher ........................................................................................................... ..... 93

Kai Jan Krainer ....................................................................................................... ..... 94

Mag. Bruno Rossmann .......................................................................................... ..... 95

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll ................................................................................ ... 104

Dr. Peter Wittmann ................................................................................................. ... 105

Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ... 106

Vizekanzler Mag. Wilhelm Molterer ...................................................................... ... 107

Dr. Peter Sonnberger ............................................................................................. ... 108

Dkfm. Dr. Hannes Bauer ........................................................................................ ... 109

Edeltraud Lentsch .................................................................................................. ... 110

Dr. Elisabeth Hlavac ............................................................................................... ... 110

Dr. Johann Georg Schelling .................................................................................. ... 111

Marianne Hagenhofer ............................................................................................. ... 112

Gabriele Tamandl ....................................................................................................... 112

Astrid Stadler .............................................................................................................. 113

Ing. Mag. Hubert Kuzdas ........................................................................................... 114

Franz Eßl ..................................................................................................................... 114

Otto Pendl ................................................................................................................... 115

Maria Grander ............................................................................................................. 116

Entschließungsantrag der Abgeordneten Alois Gradauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abgabenquote – Ablehnung ...................................................................................  90, 117

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 372 und 395 d.B. ......................................... 116

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 395 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Einrichtung eines Beirates zur Vorbereitung der 2. Etappe der Haushaltsrechtsreform (E 55)                   118

Gemeinsame Beratung über

5. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (313 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Sparkassengesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Nationalbankgesetz 1984 und das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert werden (386 d.B.)                118

6. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (286 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Börsegesetz, das Versiche­rungsaufsichtsgesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 und das Pensions­kassengesetz geändert werden (387 d.B.)                ............................................................................................................................. 118

7. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (269 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaft­steuergesetz 1988 und das Bundesgesetz über Sonderregelungen zur Mittel­standsfinanzierung auf dem Gebiet der Gebühren sowie der Verkehrsteuern hinsichtlich der Vorschriften über Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften geän­dert werden – Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften-Gesetz 2007 (MiFiG-Ge­setz 2007) (388 d.B.)                  118

Redner/Rednerinnen:

Mag. Bruno Rossmann .......................................................................................... ... 119

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll ................................................................................ ... 123


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 7

Wolfgang Zanger .................................................................................................... ... 124

Kai Jan Krainer ....................................................................................................... ... 127

Josef Bucher ........................................................................................................... ... 128

Staatssekretär Dr. Christoph Matznetter ............................................................. ... 129

Jakob Auer .............................................................................................................. ... 190

Mag. Dr. Martin Graf .................................................................................................. 191

Dkfm. Dr. Hannes Bauer ........................................................................................ ... 197

Josef Bucher ........................................................................................................... ... 198

Mag. Peter Michael Ikrath ...................................................................................... ... 199

Mag. Melitta Trunk .................................................................................................. ... 200

Ing. Kurt Gartlehner ................................................................................................ ... 201

Ing. Erwin Kaipel ..................................................................................................... ... 201

Dr. Johannes Jarolim ............................................................................................. ... 202

Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ... 204

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reform Finanzmarktaufsicht – Ablehnung ..........................................................  120, 229

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entsendepraxis Staatskommissäre – Ablehnung ...............................................  126, 229

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Finanzmarktaufsicht – Ablehnung .......................................................................  195, 229

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neuausschreibung der Staatskontenführung – Ableh­nung .................................  196, 229

Annahme der drei Gesetzentwürfe in 386, 387 und 388 d. B. ..................................... 228

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 386 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Absenkung der Meldeschwellen gemäß § 91 BörseG (E 56) ...................................... 229

Gemeinsame Beratung über

8. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (270 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körper­schaft­steuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuer­gesetz 1994, die Bundesabgabenordnung, das Finanzstrafgesetz, die Abgaben­exe­kutionsordnung, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Kommunal­steu­ergesetz 1993 geändert werden (Abgabensicherungsgesetz 2007 – AbgSiG 2007) (391 d.B.) ........................ 206

9. Punkt: Bericht und Antrag des Finanzausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Gebührengesetz 1957, das Abgabenverwal­tungsorganisationsgesetz, das Tabaksteuergesetz 1995, das Tabakmonopol­ge­setz 1996 und das Tabakgesetz geändert werden (392 d.B.) ......... 206

Redner/Rednerinnen:

Lutz Weinzinger ...................................................................................................... ... 206

Gabriele Tamandl ................................................................................................... ... 208

Josef Bucher ........................................................................................................... ... 209

Rainer Wimmer ....................................................................................................... ... 209

Wolfgang Zanger .................................................................................................... ... 210

Dr. Andrea Eder-Gitschthaler ............................................................................... ... 213

Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ... 214

Franz Kirchgatterer ................................................................................................ ... 216


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 8

August Wöginger .................................................................................................... ... 217

Staatssekretär Dr. Christoph Matznetter ............................................................. ... 218

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jene­wein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Finanzierung von Raucher-Entwöh­nungskuren aus den Mitteln der Tabaksteuer – Ablehnung            211, 220

Entschließungsantrag der Abgeordneten Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufhebung des Mindestpreises für Zigaretten und Absenkung der Tabaksteuer – Ablehnung       212, 220

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 391 und 392 d.B. ......................................... 219

Gemeinsame Beratung über

10. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (262 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrförderungsgesetz für eine österreichische Entwicklungsbank und das Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2008 (Bundesfinanzgesetz 2008) geän­dert werden (393 d.B.) ...................................................................................................................... 221

11. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (264 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Hellenischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (394 d.B.) ............ 221

Redner/Rednerinnen:

Mag. Bruno Rossmann .......................................................................................... ... 221

Franz Glaser ............................................................................................................ ... 222

Josef Bucher ........................................................................................................... ... 223

Petra Bayr ................................................................................................................ ... 223

Dr. Reinhard Eugen Bösch .................................................................................... ... 224

Marianne Hagenhofer ............................................................................................. ... 225

Mag. Andreas Schieder .......................................................................................... ... 225

Rainer Wimmer ....................................................................................................... ... 226

Staatssekretär Dr. Christoph Matznetter ............................................................. ... 226

Annahme des Gesetzentwurfes in 393 d.B. ................................................................ 227

Genehmigung des Staatsvertrages in 394 d.B. ........................................................... 228

Gemeinsame Beratung über

12. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (268 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2008 geändert wird (BFG-Novelle 2008) (396 d.B.) ............ 230

13. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (267 d.B.): Bundesgesetz, mit dem Überschreitungen von Ausgabenansätzen der Anlage I des Bundesfinanzgesetzes 2007 bewilligt werden (Budgetüberschrei­tungsgesetz 2007 – BÜG 2007) (397 d.B.) .................................... 230

14. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (266 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Begründung weiterer Vorbelastungen durch den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie genehmigt und das Bundesfinanzgesetz 2007 geändert wird (398 d.B.) .................... 230

Redner/Rednerinnen:

Mag. Bruno Rossmann .......................................................................................... ... 231

Peter Haubner ......................................................................................................... ... 232


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 9

Lutz Weinzinger ...................................................................................................... ... 233

Gerhard Steier ......................................................................................................... ... 233

Josef Bucher ........................................................................................................... ... 237

Dorothea Schittenhelm .......................................................................................... ... 237

Dr. Gabriela Moser ................................................................................................. ... 238

Wilhelm Haberzettl ................................................................................................. ... 239

Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, MAS ....................................................................... ... 241

Gabriel Obernosterer ............................................................................................. ... 242

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend verkehrs- und klimapolitisch sinnvolle Verwendung der zusätzlich für die ÖBB-Infrastruktur vorgesehenen Gelder der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler – Ablehnung ............................  240, 245

Annahme der drei Gesetzentwürfe in 396, 397 und 398 d.B. ...................................... 243

15. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (260 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Umweltförderungsgesetz geändert wird (402 d.B.) .............................................. 245

Redner/Rednerinnen:

Dr. Ruperta Lichtenecker ....................................................................................... ... 245

Karlheinz Kopf ........................................................................................................ ... 246

Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, MAS ....................................................................... ... 247

Petra Bayr ................................................................................................................ ... 249

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................ ... 249

Veit Schalle .............................................................................................................. ... 251

Ing. Norbert Hofer ................................................................................................... ... 251

Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer ................................................................................. ... 252

Katharina Pfeffer ..................................................................................................... ... 253

Konrad Steindl ........................................................................................................ ... 253

Gerhard Steier ......................................................................................................... ... 254

Christoph Kainz ...................................................................................................... ... 254

Dr. Andrea Eder-Gitschthaler ............................................................................... ... 255

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 255

Gemeinsame Beratung über

16. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (271 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Altlastensanierungsgesetz geändert wird (ALSAG-Novelle 2008) (403 d.B.) ....... 256

17. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 199/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die sukzessive Reduktion des Einsatzes von Tragetaschen aus nicht verrottbarem Kunststoff (404 d.B.) ............................................................................... 256

Redner/Rednerinnen:

Dr. Ruperta Lichtenecker ....................................................................................... ... 256

Erwin Hornek .......................................................................................................... ... 257

Ing. Norbert Hofer ................................................................................................... ... 258

Peter Stauber .......................................................................................................... ... 259

Veit Schalle .............................................................................................................. ... 260

Ing. Mag. Hubert Kuzdas ........................................................................................ ... 260

Annahme des Gesetzentwurfes in 403 d.B. ................................................................ 261


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 10

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 404 d.B. ..................................................... 261

Gemeinsame Beratung über

18. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (296 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienst­gesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Bundes-Gleichbehand­lungs­gesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Pensionsgesetz 1965, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Poststruk­turgesetz und das Staatsanwaltschaftsgesetz geändert werden (2. Dienst­rechts-Novelle 2007) (367 d.B.) .................................................................... 261

19. Punkt: Bericht und Antrag des Verfassungsausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz geändert wird (368 d.B.) ............ 261

Redner/Rednerinnen:

Werner Neubauer .................................................................................................... ... 262

Otto Pendl ................................................................................................................ ... 265

Herbert Scheibner .................................................................................................. ... 300

Fritz Neugebauer .................................................................................................... ... 305

Mag. Bruno Rossmann .......................................................................................... ... 306

Bundesministerin Doris Bures ............................................................................. ... 307

Entschließungsantrag der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einsparungen im öffentlichen Bereich durch Umsetzung eines einheitlichen Pensions-, Besoldungs- und Dienstrechts sowie durch eine Verwaltungsreform – Ablehnung .......................  263, 309

Entschließungsantrag der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhöhung des Kilometergeldes – Ablehnung .......................................................................  264, 309

Entschließungsantrag der Abgeordneten Herbert Scheibner, Kollegin und Kollegen betreffend Neuregelung des Dienstrechts öffentlich Bediensteter – Ablehnung .......................................  302, 309

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 367 und 368 d.B. ......................................... 308

Gemeinsame Beratung über

20. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungs­vorlage (169 d.B.): Kündigung des Übereinkommens (Nr. 45) über die Beschäf­tigung von Frauen bei Untertagearbeiten in Bergwerken jeder Art, 1935 (348 d.B.) ............................................................................................................. 310

21. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungs­vorlage (205 d.B.): Übereinkommen über die Rechtsstellung der Staatenlosen (349 d.B.) ...................... 310

22. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungs­vorlage (232 d.B.): Bundesgesetz über das Verbot von Streumunition (350 d.B.) ............................................................. 310

23. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungs­vorlage (233 d.B.): Bundesgesetz über die Anerkennung des Österreichischen


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 11

Roten Kreuzes und den Schutz des Zeichens des Roten Kreuzes (Rotkreuz­gesetz – RKG) (351 d.B.) .............................................................. 310

Redner/Rednerinnen:

Dr. Reinhard Eugen Bösch .................................................................................... ... 310

Wolfgang Großruck ................................................................................................ ... 311

Herbert Scheibner .................................................................................................. ... 312

Mag. Andreas Schieder .......................................................................................... ... 313

Dr. Gerhard Kurzmann .......................................................................................... ... 314

Bettina Hradecsni ................................................................................................... ... 314

Walter Murauer ....................................................................................................... ... 316

Mag. Christine Muttonen ....................................................................................... ... 316

August Wöginger .................................................................................................... ... 317

Petra Bayr ................................................................................................................ ... 318

Staatssekretär Dr. Hans Winkler ........................................................................... ... 318

Franz Glaser ............................................................................................................ ... 320

Anton Heinzl ............................................................................................................ ... 320

Christoph Kainz ...................................................................................................... ... 321

Marianne Hagenhofer ............................................................................................. ... 321

Silvia Fuhrmann ...................................................................................................... ... 321

Dr. Robert Rada ...................................................................................................... ... 322

Genehmigung der beiden Staatsverträge in 348 und 349 d.B. .................................... 322

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG hinsichtlich 349 d.B. ......... 323

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG hinsichtlich 349 d.B. ......... 323

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 350 und 351 d.B. ......................................... 323

Gemeinsame Beratung über

24. Punkt: Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem das Sicherheits­polizei­gesetz, das Grenzkontrollgesetz und das Polizeikooperationsgesetz geändert werden (272 d.B.)                     324

25. Punkt: Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem das Sicherheits­polizei­gesetz geändert wird (158 d.B.) ....................................................................................................................................... 324

Redner/Rednerinnen:

Dr. Peter Pilz ............................................................................................................... 324

Rudolf Parnigoni (tatsächliche Berichtigung) ............................................................ 326

Günter Kößl ................................................................................................................ 327

Heinz-Christian Strache ...................................................................................  330, 348

Mag. Johann Maier (tatsächliche Berichtigung) ........................................................ 334

Rudolf Parnigoni ........................................................................................................ 334

Dr. Peter Pilz (tatsächliche Berichtigung) ................................................................... 336

Mag. Brigid Weinzinger .......................................................................................... ... 337

Ing. Peter Westenthaler .......................................................................................... ... 338

Bundesminister Günther Platter .......................................................................... ... 339

Barbara Rosenkranz ............................................................................................... ... 341

Karl Freund .............................................................................................................. ... 343

Leopold Mayerhofer ............................................................................................... ... 344

Gabriele Heinisch-Hosek ....................................................................................... ... 344

Peter Haubner ......................................................................................................... ... 345

Bettina Stadlbauer .................................................................................................. ... 345

Ing. Norbert Kapeller .............................................................................................. ... 346


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 12

Heinz-Christian Strache (tatsächliche Berichtigung) ................................................ 347

Mag. Karin Hakl .......................................................................................................... 347

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 272 und 158 d.B. ......................................... 349

Eingebracht wurden

Regierungsvorlagen ................................................................................................... 35

405: Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 geändert wird

406: Bundesgesetz, mit dem das Normverbrauchsabgabegesetz und das Mineralölsteuergesetz 1995 geändert werden – Ökologisierungsgesetz 2007 (ÖkoG 2007)

Anträge der Abgeordneten

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abgeltung der Mineralölsteuer für Blaulichtorganisationen (526/A)(E)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz geändert wird (527/A)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesetzliche Regelung der Videoüberwachung durch Private an öffentlichen Orten bzw. in öffentlich zugänglichen Räumen (528/A)(E)

Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen (Strafgesetzbuch – StGB), BGBl. Nr. 60/1974, geändert wird (529/A)

Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das gerichtliche Verfahren in Rechtsangelegenheiten außer Streitsachen (Außerstreitgesetz – AußStrG), BGBl. I Nr. 111/2003, geändert wird (530/A)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bemessungsgrundlage der Versicherungssteuer bei Kraftfahrzeugen (531/A)(E)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesetzliche Verankerung der Werkstättenräte (532/A)(E)

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend chemische Kastration von Personen, welche rechtskräftig nach § 206 StGB verurteilt wurden (533/A)(E)

Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 i.d.g.F., geändert wird (534/A)

Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erstellung einer Studie betreffend Rückfallquoten und Resozialisierung von Sexualstraftätern (535/A)(E)

Dr. Robert Aspöck, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­verfas­sungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930, geändert wird (536/A)

Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, MAS, Kolleginnen und Kollegen betreffend konkrete bundesweite Maßnahmen zur Lösung des Kormoranproblems in Österreich (537/A)(E)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 13

Alois Gradauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abgabenquote (538/A)(E)

Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufhebung des Mindest­preises für Zigaretten und Absenkung der Tabaksteuer (539/A)(E)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Finanzmarktaufsicht (540/A)(E)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird (541/A)

Dr. Robert Aspöck, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfas­sungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930, geändert wird (542/A)

Karlheinz Kopf, Dkfm. Dr. Hannes Bauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Probleme österreichischer Unternehmen bei der Erbringung von Dienstleistungen in der Schweiz (543/A)(E)

Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend raschen Vollausbau der S 37 und Befreiung des Straßenabschnittes Klagenfurt-Nord bis St. Veit von der Vignettenpflicht (544/A)(E)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sonderfinanzierung der Sicherheitsmaßnahmen von Exekutive und Bundesheer zur Europameisterschaft 2008 (545/A)(E)

Barbara Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausweitung der Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen bis zum 10. Lebensjahr des Kindes (546/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Gewalt gegen Kinder – Stunde der Wahrheit für Berger (2597/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend 24 Stunden Betreuung (2598/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend 24 Stunden Betreuung (2599/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend betreffend Kreditzinsen der Sozialversicherungsträger (2600/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz betreffend Kreditzinsen der Sozialversicherungsträger (2601/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Leuchten im Walde (2602/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Umsetzung des § 1 Abs. 3 E-Government-Gesetz (2603/J)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 14

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Umsetzung des § 1 Abs. 3 E-Government-Gesetz (2604/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Umsetzung des § 1 Abs. 3 E-Government-Gesetz (2605/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Umsetzung des § 1 Abs. 3 E-Govern­ment-Gesetz (2606/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Umsetzung des § 1 Abs. 3 E-Government-Gesetz (2607/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend betreffend Umsetzung des § 1 Abs. 3 E-Government-Gesetz (2608/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Umsetzung des § 1 Abs. 3 E-Government-Gesetz (2609/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend Umsetzung des § 1 Abs. 3 E-Government-Gesetz (2610/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Umsetzung des § 1 Abs. 3 E-Government-Gesetz (2611/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Umsetzung des § 1 Abs. 3 E-Government-Gesetz (2612/J)

Peter Haubner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend weitere Pläne zu Verkäufen von Bundesheerliegenschaften im Bereich des Bundeslandes Salzburg (2613/J)

Walter Murauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung betreffend militärische Verwendung der Kremstalkaserne in Kirchdorf (2614/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Sachwalterschaft (2615/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz betreffend Förderungen des BMSK (2616/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Berufsqualifikation von Asylwerbern (2617/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz betreffend Alternativen zu Pflege und Betreuung im Heim (2618/J)

Beate Schasching, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend betreffend Projekt „Gesunde Schule“ (2619/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz betreffend geschützte Werkstätten (2620/J)

Peter Haubner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend weitere Vorgangsweise bei der Übersiedlung des Militärkom­mandos Salzburg (2621/J)

Jochen Pack, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Schulstandort Vorau (2622/J)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 15

Franz Morak, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend „Gehaltsverhandlungen bei den Bundestheatern“ (2623/J)

Franz Morak, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend „Aktion seitens des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur anlässlich des 60-jährigen Jubiläums der Gründung des Staates Israel“ (2624/J)

Dr. Gertrude Brinek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend „Zukunft der österreichischen Kunst- und Kulturpolitik“ (2625/J)

Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend betreffend „Komatrinken und die Vorbildwirkung von Politikern“ (2626/J)

Dr. Johann Georg Schelling, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Veranstaltungsreihe „Forschung schafft Arbeit“ des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie (2627/J)

Dr. Andrea Eder-Gitschthaler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Erhöhung der Bahntarife (2628/J)

Mag. Heribert Donnerbauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Personalangelegenheiten im Bundesministerium für Justiz (2629/J)

Hermann Krist, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Mobbing an der Höheren landwirtschaftlichen Bundeslehranstalt St. Florian (2630/J)

Lutz Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Errichtung einer forensischen Psychiatrie auf dem Gelände der Justizanstalt Asten (2631/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend betreffend Abtreibungen in Österreich (2632/J)

Dr. Gerhard Kurzmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend gewalttätige Demonstration gegen FBI-Veranstaltung (2633/J)

Dr. Gertrude Brinek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wis­senschaft und Forschung betreffend Regelungen von Nebentätig­keiten/Neben­beschäftigung an den Medizinischen Universitäten (2634/J)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Pensionsvorsorge der Oesterreichischen Nationalbank (2635/J)

Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend offene Fragen in Sachen „Tschad-Einsatz des österreichischen Bundesheeres“ (2636/J)

August Wöginger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz betreffend Untätigkeit des Bundesministers im Österreichischen Freiwilligenrat (2637/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Glücksspiel- und Wettangebote: Illegales Glücksspiel/Glücksspielbetrug – gerichtliche Verfahren 2006 und 2007“ (2638/J)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 16

Dkfm. Dr. Hannes Bauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend das zugrunde gelegte Datenmaterial für Österreichs Klimaziele (2639/J)

Zurückgezogen wurde die Anfrage der Abgeordneten

DDr. Erwin Niederwieser, Dr. Sebastian Eder, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend betreffend „Aufnahme des Kursana Sanatoriums Wörgl in den PRIKRAF (= Privatkrankenanstalten-Finanzie­rungs­fonds)“ (1917/J) (Zu 1917/J)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen (1602/AB zu 1601/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen (1603/AB zu 1607/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (1604/AB zu 1589/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (1605/AB zu 1590/J)


 



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 17

09.04.51Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Dr. Michael Spindelegger, Dritte Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich eröffne die 42. Sitzung des Nationalrates.

Die nicht verlesenen Teile des Amtlichen Protokolls der 40. Sitzung vom 4. Dezem­ber 2007 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Mag. Knoll, Mag. Wurm, Rauch-Kallat und Mag. Hauser.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Für diese Sitzung gebe ich, was die Mitglieder der Bundesregierung angeht, welche sich in einem anderen Mitgliedstaat der Euro­päischen Union aufhalten, Folgendes bekannt:

Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, Dr. Martin Bartenstein, wird durch die Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, Christine Marek, vertreten.

Frau Bundesministerin Dr. Maria Berger, die sich beim Justizministerrat in Brüssel befindet, wird durch Herrn Bundesminister Dr. Erwin Buchinger vertreten.

Der Bundesminister für Inneres, Günther Platter, wird bis 20 Uhr durch Herrn Bun­desminister Dipl.-Ing. Josef Pröll vertreten.

Die Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten, Dr. Ursula Plassnik, die ja jetzt noch da ist, wird sich ab 15 Uhr ebenfalls in Brüssel aufhalten und durch Herrn Staatssekretär Dr. Hans Winkler vertreten.

09.06.17Fragestunde

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Fragestunde. Ich beginne jetzt – um 9.06 Uhr – mit dem Aufruf der Anfragen.

Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen zur 1. Anfrage, 34/M, des Herrn Abgeordneten Mag. Schieder an die Frau Bundesministerin. – Bitte, Herr Abgeord­neter.

 


Abgeordneter Mag. Andreas Schieder (SPÖ): Schönen guten Morgen, Frau Minis­terin! Meine Frage lautet:

34/M

„Welche Maßnahmen setzen Sie zur Modernisierung des diplomatischen Dienstes?“

 



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 18

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter! Hohes Haus! Eine entsprechend moderne Weiterentwicklung der Unternehmenskultur des Außenministeriums, des Ministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten, ist mir ein beson­deres Anliegen. Mir geht es im Wesentlichen um drei Aspekte:

Einerseits geht es mir um die Öffnung des Hauses im Informationsbereich, um das Bewusstsein, dass hier noch intensiver informiert werden muss über Außenpolitik und Europa-Politik – die Tage der offenen Tür, die einschlägigen Informationsaktivitäten sind ein Nachweis dieses Bestrebens.

Der zweite Punkt, der mir besonders wichtig ist, ist das Bürgerservice. Ich habe die ehemalige Rechts- und Konsularsektion im Hinblick auf ein verbessertes Service für die Österreicher und Österreicherinnen im Ausland umgestaltet.

Der dritte Bereich ist eine zeitgemäße Cutting-Edge-Technologie in der Ausstattung, sowohl der Vertretungsbehörden als auch der Zentrale, laufende verbesserte Fort­bildung, insbesondere auch im Bereich Visa- und Konsularwesen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Schieder.

 


Abgeordneter Mag. Andreas Schieder (SPÖ): Danke schön für die Antwort. – Sehen Sie über den vermehrten Einsatz von Verwaltungspraktikantinnen und Verwaltungs­praktikanten hinaus auch eine Perspektive, die in den letzten Jahren schlechter werdende personelle Ausstattung, zu welcher es aufgrund der Sparmaßnahmen ge­kommen ist, den Personalstand in Zukunft wieder aufzustocken?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Ich habe mich während der Budgetverhandlungen besonders bemüht, diesem Bereich die entsprechende Aufmerksamkeit des Finanzministers und der übri­gen Mitglieder der Bundesregierung zu verschaffen. Es ist uns gerade im Bereich Visa- und Konsularfragen gelungen, eine doch deutliche Verbesserung in der personellen Ausstattung zu erzielen, plus 25 Sur-place-Bedienstete, die sich in diesem Bereich kümmern werden, plus 25 aus der Zentrale entsandte Personen, die jeweils besonders ausgebildet werden sollen.

Wir haben vor Kurzem auch die Möglichkeit erhalten, im Bereich der Zusammenarbeit auch mit dem Innenministerium unsere Vertretungsbehörden mit sieben weiteren Per­sonen aufzustocken. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Glaser, bitte.

 


Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesminister! Speziell junge Menschen reisen gerne und sind auch bei vielen Projekten in vielen Teilen dieser Welt tätig. Wenn nun diese jungen Menschen außerhalb Europas unterwegs sind: Welche Vorteile kann ihnen der im Vertrag von Lissabon vorgesehene Europäische Auswärtige Dienst bringen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Der Europäische Auswärtige Dienst ist jetzt ausdrücklich auch im neuen Reformvertrag festgehalten. Das ist eine wesentliche Weiterentwicklung zur Verbes-


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 19

serung des auswärtigen Wirkens der Europäischen Union. Was uns dabei ein beson­deres Anliegen ist, ist die konsulare Komponente. Es ist bereits seit geraumer Zeit europäisches Recht, dass in all den Staaten, in denen Österreich oder ein anderes EU-Mitgliedsland nicht vertreten ist, das Recht besteht, den konsularen Schutz von anderen EU-Mitgliedstaaten in Anspruch zu nehmen. Das gilt natürlich besonders auch für junge Leute, die sich außerhalb der Europäischen Union aufhalten.

Diesen Bereich zu stärken und auszubauen ist uns ein spezielles Anliegen. Ich habe bereits darauf hingewiesen: Das Bürgerservice im Außenministerium ist jetzt besetzt mit einer Sektionsleiterin, die sehr große Erfahrung gerade im Bereich der Euro­päischen Union hat und die sich auch hier auf europäischer Ebene ganz entschlossen einbringen wird.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Bucher, bitte.

 


Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Frau Bundesministerin! Der Rechnungshof hat im Zuge einer stichprobenartigen Prüfung im Rahmen der Visa-Affäre in Buenos Aires, in Belgrad und in Budapest eine Reihe von Missständen aufgezeigt.

Meine Frage: Welche zusätzlichen Kontrollmaßnahmen wollen Sie setzen, damit Miss­stände, wie sie dort aufgezeigt wurden, zukünftig unterbleiben?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Wir nehmen die Rechnungshofberichte sehr ernst und sind bemüht, mit allen unseren Möglichkeiten hier aufgezeigten Problemen entgegenzuarbeiten und solche Missstände abzustellen. Wir haben gerade im Bereich Visa- und Konsularangelegen­heiten und dem Management dieser Bereiche – das ist eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe der Grenzverwaltung, der Verwaltung der Außengrenzen der Europäischen Union, die über die Vertretungen im Ausland abgewickelt wird – besonders genau sowohl alle Empfehlungen der Visa-Kommission als auch die entsprechenden Empfeh­lungen und Hinweise des Rechnungshofes umgesetzt, und zwar im Bereich der Aus­bildung, der Rekrutierung und der Kontrolle durch die Interne Revision, die wir mit einer neuen auch personellen Ausstattung und Neubesetzung durch das Generalinspektorat meines Hauses verbessert haben.

Wir führen hier eine Reihe von stichprobenartigen Überprüfungen durch; allein in diesem Jahr haben elf Überprüfungen an elf verschiedenen Vertretungsbehörden statt­gefunden.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Bösch, bitte.

 


Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Frau Bundesministerin, der Rech­nungshofbericht, von dem gerade die Rede war, hat Unzukömmlichkeiten im Bereich der Visa-Erteilungen festgestellt, aber auch im Bereich des Einsatzes von Finanz­­mitteln für Gebäude und Wohnungskosten.

Meine Frage an Sie: Welche Maßnahmen setzen Sie, um den Missbrauch in diesem Bereich abzustellen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Für ein Unternehmen wie das Außenministerium, das insgesamt 108 Standbeine weltweit hat und auch mit Immobilienmanagement befasst ist, weil es um die österreichischen Vertretungen im Ausland geht, ist ein modernes Immobilien-


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 20

management, ein zeitgemäßes Immobilienmanagement ein besonderes Anliegen. Wir arbeiten daher am Aufbau einer weltweiten Immobiliendatenbank durch die Ressour­cen­verwaltung im Außenministerium, und wir arbeiten selbstverständlich auch eng mit der Bundesimmobiliengesellschaft zusammen. Wir sind bestrebt, mit minimalen Finanz­mitteln eine optimale Repräsentation, eine optimale Funktion des österreichi­schen Auswärtigen Dienstes zu gewährleisten.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Mag. Luna­cek, bitte.

 


Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Frau Ministerin, Sie haben jetzt einige Male die Ihrer Meinung nach verbesserte Fortbildung im Bereich des Konsular- und Visa-Wesens erwähnt. Ich habe den Eindruck, dass es sich noch nicht herum­gesprochen hat, dass es auch in Afrika Menschen gibt, die im Kulturbereich arbeiten, im Wissenschaftsbereich

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete, die Frage bitte!

 


Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (fortsetzend): , sogar im Computerbereich. Wie erklären Sie sich sonst, dass, wie vor Kurzem zu lesen war, sieben Computer­technikern und -technikerinnen aus Kenia, dem Kongo und Nigeria das Visum für eine Veranstaltung in Linz zum Thema Linux/Open Source verwehrt wurde?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Wir sind dazu aufgerufen, im Rahmen der österreichischen Vertretungs­behörden, der Konsulate, die Vorschriften im Bereich Einreise und Überprüfung der Einreisevoraussetzungen nach Österreich ganz genau einzuhalten, und wir nehmen diese Aufgabe besonders ernst. Das gilt auch für Afrika. Wir haben dort, wie Sie wissen, ein nicht sehr engmaschiges Vertretungsbehördennetz. Das ist mit insgesamt 1 225 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen weltweit auch nicht möglich, aber ich weise entschieden zurück, dass es hier zu unbegründeten Diskriminierungen gekommen ist. Die Beamten und Beamtinnen, die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Außenminis­teriums arbeiten in absoluter Einheitlichkeit und Objektivität und haben sich hier keiner­lei Diskriminierungen zuschulden kommen lassen. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nunmehr zur 2. Anfrage, 26/M, des Herrn Abgeordneten Höfinger. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesministerin, meine Frage lautet:

26/M

„Muss Österreich durch den EU-Reformvertrag die Neutralität wirklich aufgeben?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: An der österreichischen Neutralität ändert sich durch den Reformvertrag nichts. (Abg. Strache: Nein! Nein! – Ironische Heiterkeit bei der FPÖ.) Die öster­reichische Neutralität wie auch das Bekenntnis zur europäischen Solidarität sind Teil der österreichischen Bundesverfassung, und wir entsprechen diesen bundesverfas­sungsmäßigen Vorgaben in vollem Umfang. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Höfin­ger.

 



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 21

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Es werden so viele Gerüchte gestreut, und ich möchte Sie daher fragen: Schützt der neue Reformvertrag wirklich auch das österreichische Wasser?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Auch hier ist keine Veränderung. (Abg. Ing. Westenthaler: Die „Neutralität des Wassers“! – Heiterkeit beim BZÖ.) Hohes Haus! Frau Präsidentin! Es ist mir ein ernstes Anliegen, den massiven Gerüchten, die hier verbreitet werden, entschieden entgegenzutreten. Es ist das ganz einfach unrichtig! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Lesen Sie selbst den Artikel 175 im EU-Vertrag! Das ist die Regelung, um die es geht und die uns allen die Einstimmigkeit im Bereich des Wassers vorschreibt. Hier hat sich nichts geändert, hier wird sich nichts ändern, hier ist Einstimmigkeit vorgeschrieben und damit eine Vetomöglichkeit Österreichs und jedes anderen Mitgliedstaates vorge­sehen.

Im Gegenteil: Was sich durch den Reformvertrag verbessert, ist, dass wir eine ausdrückliche Festlegung der Zuständigkeit, eine Anerkennung der Zuständigkeit der regionalen und kommunalen Einheiten im Bereich der Daseinsvorsorge, also der öffentlichen Dienstleistungen in diesem Bereich haben. Wenn Sie so wollen, ist das eine zusätzliche Absicherung der Bestimmungen, die im Artikel 175 enthalten sind. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Scheibner, bitte.

 


Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Frau Außenministerin! Die SPÖ-geführte große Koalition unter Viktor Klima hat 1998 die österreichische Bundesverfassung geändert. Laut Artikel 23f ist es für das österreichische Bundesheer möglich, in Kampf­einsätze zur Friedensschaffung auch ohne UNO-Mandat einzutreten.

Sind Sie der Meinung, wie etwa Professor Mayer und andere Verfassungsrechtler, dass dadurch die österreichische Neutralität de facto aufgehoben worden ist und sich deshalb die Frage jetzt beim Reformvertrag gar nicht mehr stellt?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Die österreichische Verfassungslage ist unverändert. Herr Abgeordneter, Sie haben auf Artikel 23f hingewiesen. Er umfasst das gesamte Spektrum der soge­nannten Petersberger Aufgaben, die zur Friedenssicherung, notfalls auch zur Frieden­schaffung eine entsprechende Vorgangsweise vorsehen, über die wir in Österreich jeweils nach den gesetzlichen Vorschriften befinden. Das heißt, wir können nicht ge­zwungen werden, uns in irgendeiner Weise an einer militärischen Aktion zu beteiligen, der wir nicht auch selbst zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Rosenkranz, bitte.

 


Abgeordnete Barbara Rosenkranz (FPÖ): Frau Bundesministerin! „Dauernd neutral“ nennt man einen Staat, der verpflichtend erklärt, dauerhaft, ein für allemal, an keinen kriegerischen Auseinandersetzungen anderer Staaten teilzunehmen. – So Harald Stolzlechner, Professor für Verfassungsrecht.

Sie sagen gegenüber der Zeitung „Die Presse“ vom 3. Dezember: „Wir werden auch künftig in jedem Einzelfall entscheiden, ob und auf welche Art und Weise wir im Falle der Beistandsgarantie Hilfe leisten.“


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 22

Wie erklären Sie diesen Widerspruch, Frau Bundesminister?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Es ist kein Widerspruch. Wie ich bereits ausgeführt habe, ist die verfas­sungs­rechtliche Grundlage unverändert. Wir können und werden uns als Österreich auch solidarisch an Friedensmissionen der Europäischen Union beteiligen. Das werden wir tun aufgrund einer einschlägigen Beschlussfassung im Rahmen der Euro­päischen Union. Wir werden das tun auf Basis internationaler Mandate, entweder auf Seiten der Europäischen Union und/oder durch ein Mandat der Vereinten Nationen. Das Mandat der OSZE ist auch noch in Artikel 23f B-VG speziell angeführt.

Wir werden im Einzelfall dazu einen Beschluss in der österreichischen Bundes­regierung zu fassen haben, und wir werden dann in jedem Einzelfall selbstverständlich auch das Hohe Haus im Rahmen seiner Zuständigkeiten mit einer derartigen Ent­scheidung befassen. Aber es bleibt dabei: Österreich entscheidet aus eigenem und in Einhaltung sämtlicher entsprechender Vorschriften über derartige Einsätze. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Pilz, bitte.

 


Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Ich habe eine ganz einfache Frage: Können Sie mit Sicherheit ausschließen, dass der Republik Österreich aus dem Reformvertrag die Verpflichtung zu erhöhten Rüstungsausgaben erwächst?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Ja. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Hagenhofer, bitte. – Ist schon beantwortet.

Damit gelangen wir zur 3. Anfrage, 31/M, jener der Frau Abgeordneten Mag. Luna­cek. – Bitte.

 


Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Frau Ministerin, meine Frage lautet:

31/M

„Stehen Sie trotz der jüngsten Kämpfe in der tschadisch-sudanesischen Grenzregion, der Drohungen der Rebellengruppen und der unterstützenden Haltung Frankreichs gegenüber der tschadischen Regierung von Idriss Déby zur österreichischen Teil­nahme an der EUFOR-Mission?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Gerade weil es sich um einen innen- und außenpolitisch anspruchsvollen Auftrag und eine anspruchsvolle Mission handelt, haben wir diese Mission besonders präzise und sorgfältig auf der Ebene der Europäischen Union vorbereitet. Und ich rate all jenen, die das bezweifeln, mit unseren französischen Kollegen und Freunden Kon­takt aufzunehmen. Ich persönlich habe mich dort im Verlauf des Sommers relativ unbeliebt gemacht, weil ich immer wieder detailliert verlangt habe, dass wir die offenen Fragen klären, im Interesse einer vernünftigen Vorgangsweise.

Wir sind von den Vereinten Nationen als Europäische Union gebeten worden, dort Hilfe zu leisten, und zwar eingebettet in eine Gesamtstrategie der Vereinten Nationen, die


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 23

entsprechend auch durch Beschlusslagen auf der Ebene des Sicherheitsrates abge­sichert ist. Wir werden uns an dieser Mission beteiligen. Nach reiflicher Prüfung seiner Möglichkeiten und seiner Ausrüstung durch das Bundesheer werden wir an diesem Einsatz teilnehmen und werden dort nicht Frankreich helfen, sondern wir werden den Menschen helfen, die in Bedrängnis sind. Das ist das explizite Mandat, das ist der explizite Auftrag. Wir werden dort insbesondere die Flüchtlinge, die intern Vertriebenen und die Hilfsorganisationen der Vereinten Nationen und anderer unterstützen, um überhaupt einen vernünftigen Wiederaufbau zu ermöglichen und eine sichere Situation zu schaffen. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Lunacek, bitte.

 


Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Frau Ministerin, das ist ja gerade das Problem, dass die österreichischen Soldaten im Tschad offensichtlich – und so werden sie auch von den Rebellen und von der Opposition gesehen – Frankreich unterstützen, Frankreich, das militärische Verträge mit Idriss Déby, dem tschadischen Diktator, hat. Dieser befindet sich derzeit in der Region von Abéché. Frau Ministerin! Können Sie ausschließen, dass österreichische Soldaten neutralitätswidrig den tschadischen Dik­tator schützen würden, wenn der französische General dies anschaffte?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Frau Abgeordnete, es ist allen an diesem Projekt Beteiligten klar, dass Frankreich die ehemalige Kolonialmacht ist. Frankreich hat seit Jahrzehnten eine ent­sprechende militärische Präsenz im Tschad. Sie ist organisatorisch völlig getrennt von dem, was als Europäische Unionsmission jetzt in die Region kommen wird. Es gibt ein entsprechendes EU-Mandat, es gibt ein entsprechendes UNO-Mandat. Die Überpar­teilichkeit und die unparteiische Vorgansweise der gesamten EU-Mission sind ent­sprechend verankert worden. Daran gibt es überhaupt keinen Zweifel. Es werden sich außer Österreich – im Übrigen unter militärischem Kommando von irischer Seite durch General Patrick Nash – auch Schweden, Finnland und Polen jedenfalls an dieser Mission beteiligen. Es ist daher keine neutralitätswidrige Vorgangsweise in irgend­einem Aspekt. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Eine weitere Zusatzfrage stellt Herr Abgeord­neter Mag. Schieder. – Bitte.

 


Abgeordneter Mag. Andreas Schieder (SPÖ): Sehr geehrte Frau Ministerin, Sie haben den Auftrag erwähnt. Was haben die Vereinten Nationen aufgrund der unfass­baren Flüchtlingstragödie, die sich in dieser Region abspielt, mit der eben wir als inter­nationale Staatengemeinschaft konfrontiert sind, in ihrem Mandat für die Mission als Hauptaufgaben festgelegt?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: In der Resolution 1778 vom 25. September 2007 hat der Sicherheitsrat eine sogenannte multidimensionale Präsenz beschlossen. Sie wird eine auf verschiedenen sicherheitsrelevanten Stufen tätige Mission sein, die im Tschad und im Nordosten der Zentralafrikanischen Republik stattfinden wird. Hauptaufgabe ist es, ausreichende Sicherheitsbestimmungen für die Bedingungen für die Rückkehr von Flüchtlingen und Binnenvertriebenen zu schaffen.

Es wird insgesamt drei Komponenten geben – und ich glaube, es ist wichtig, das ein­mal darzustellen –:


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 24

Einerseits MINURCAT, das ist die Mission der Vereinten Nationen, die vor allem die lokalen Behörden bei der Verbesserung der Sicherheit der Zivilbevölkerung, der Ge­währ­leistung internationaler Menschenrechtsstandards sowie der Stärkung der Rechts­sicherheit unterstützen wird.

Zweitens: Eine eigene tschadische Polizei, die von MINURCAT, also von der Mission der Vereinten Nationen, ausgebildet und unterstützt werden soll, deren Hauptaufgabe es ist, eine Sicherheitssituation in den Lagern und um die Lager zu schaffen, die den Menschen die Rückkehr in ihre Dörfer ermöglicht.

Drittens: Eine autorisierte EU-Überbrückungsmission – das ist jetzt die Mission, über die wir immer wieder diskutieren –, die MINURCAT, die Mission der Vereinten Na­tionen, bei der Erfüllung ihrer Aufgaben unterstützen soll.

Ich glaube, allein aus dieser Mandatsgestaltung kann man ersehen, dass die Ver­bindung zwischen Europäischer Union und UNO – das war mir ein ganz besonderes Anliegen – auch entsprechend verantwortungsvoll formuliert und geplant wurde, sowohl auf Seiten der Vereinten Nationen als auch auf Seiten der Europäischen Union. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Eine weitere Zusatzfrage stellt Herr Abgeord­neter Glaser. – Bitte.

 


Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Das Enga­gement Europas, darunter auch Österreichs in Afrika ist wichtig. Vor allem ist es eine humanitäre Notwendigkeit, sich dort zu engagieren. Meine Frage lautet: Welchen Bei­trag leisten die europäischen neutralen Länder zum Schutz der Flüchtlinge im Rahmen dieser humanitären europäischen Dimension und Aktion?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Wir leisten – das möchte ich schon erwähnen – einen Beitrag nicht nur auf der sicherheitspolitischen Seite, sondern die Europäische Union ist auch engagiert, was die Entwicklungszusammenarbeit, die Hilfe im Rahmen des Wiederaufbaus der Dörfer und der Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen dort betrifft. Da werden erhebliche Summen mobilisiert, 40 Millionen € allein im Jahr 2007. Aber auch an der EU-Mission, an EUFOR, beteiligen sich Irland und Schweden: es beteiligt sich Finnland mit etwa 80 Personen, Schweden mit 200, Irland mit etwa 400 Personen. Und ich habe bereits erwähnt, der irische General Nash wird von Mont Valérien aus das Oberkommando über EUFOR führen. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Eine weitere Zusatzfrage stellt Herr Abge­ord­neter Mag. Darmann. – Bitte.

 


Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (BZÖ): Guten Morgen, Frau Bundesministerin! Aus den Medien ist bekannt, dass die EU bereits eine erste Verschiebung der Tschad-Mission veranlasst hat und eine weitere Verschiebung plant. Was sagen Sie zu den bekannten Umsetzungsproblemen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Wir haben das beim letzten Außenministerrat auch in Anwesenheit der Vertei­digungsminister ausdrücklich angesprochen. Ich selbst habe dieses Thema an­gesprochen.

General Nash, der die militärischen Planungen führt, hat uns darüber informiert, dass insbesondere in zwei Bereichen noch unzureichende infrastrukturelle Ausstattungen


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 25

gegeben sind, und zwar einerseits auf der Seite des Lufttransportes – da fehlen noch entsprechende Helikopter –, das Zweite ist ein entsprechendes Militärhospital. Denn eines ist klar: Die Sicherheit, der Schutz unserer Soldatinnen und Soldaten muss gewähr­leistet sein, bevor sich überhaupt Truppen in die Region begeben, denn es gibt dort keine verlässliche Infrastruktur.

Entsprechend habe auch ich persönlich mich dafür eingesetzt, dass unsere Partner in der Europäischen Union, die derartiges Material haben, solches zur Verfügung stellen, und zwar sehr rasch zur Verfügung stellen, denn wir werden diese Mission entweder optimal vorbereiten und dann auch durchführen oder gar nicht. Das habe ich so im Rat der Außenminister gesagt. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Fichtenbauer, bitte.

 


Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Sehr geehrte Frau Bundesministerin, auf welche Weise haben Sie innenpolitisch und/oder auch außenpolitisch – vor allem außenpolitisch aus Ihrer Sicht – an der Initiierung des Tschad-Einsatzes der öster­reichischen Streitkräfte mitgewirkt?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Die Diskussion auf Ebene der Europäischen Union hat im Frühjahr, im Frühsommer dieses Jahres begonnen. Die Überlegungen dazu hat es auf UNO-Ebene bereits im Winter gegeben, denn sie stehen auch im Zusammenhang mit der Ent­wicklung der Lage, der Gesamtlage in Darfur und dem Versuch der Vereinten Nationen, dort zu einer Stabilisierung beizutragen.

Ich habe von allem Anfang an auf EU-Ebene sehr darauf gedrungen, dass man eine klare Verbindung zur Mission der Vereinten Nationen herstellt, dass es sich um eine zeitlich begrenzte, auf ein Jahr begrenzte Überbrückungsaktion auf EU-Ebene handelt. Auf österreichischer Ebene werden wir an dieser Mission auf mein Drängen bis 30. Juni 2008 teilnehmen, das heißt auf ein halbes Jahr beschränkt.

Mir war es auch wichtig, entsprechende Klarheit hinsichtlich Überparteilichkeit, Unpar­teilichkeit der gesamten Mission und Verzahnung mit den Vereinten Nationen herzu­stellen. Es gibt eben auch eine Verpflichtung des UNO-Generalsekretärs, nach sechs Monaten – und zwar nach sechs Monaten nach Beginn der EU-Mission – Bericht zu erstatten über den Vorbereitungsstand der UN-Mission, die ja dann die EU-Mission entsprechend ersetzen soll.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen zur 4. Anfrage, 29/M, des Herrn Abgeordneten Strache. – Bitte, Herr Klubobmann.

 


Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Frau Außenministerin, meine Frage lautet:

29/M

„Der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy hat wörtlich zugestanden, dass Volksabstimmungen über den neuen EU-Vertrag ,gefährlich‘ seien. Wie beurteilen Sie die Meinung des französischen Staatspräsidenten beziehungsweise ist diese Meinung der Grund, warum Sie und die Bundesregierung den Österreichern eine erforderliche Volksabstimmung über den weichenstellenden EU-Reformvertrag verweigern?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 26

Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Die Antwort, Herr Abgeordneter, ist nein. Ich halte mich an die österreichi­sche Bundesverfassung und nicht an das, was jemand anderer sagt, sei es auch der französische Präsident. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Klubobmann.

 


Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Frau Außenministerin, darüber gibt es durchaus geteilte Meinung, ob es sich um eine Gesamtänderung der Bundesverfas­sung handelt oder nicht. Diese sieht ja eine verpflichtende Volksabstimmung vor.

Frau Bundesministerin! Im Zusammenhang mit der Europäischen Union und auch mit der Vorleistung auf den Reformvertrag würde mich interessieren, weil wir gestern um Mitternacht hier in diesem Hohen Haus auch einen Misstrauensantrag gegen Verteidi­gungsminister Darabos eingebracht haben (Ruf bei der SPÖ: Frage!) – entschuldigen Sie, genauso wie bei allen anderen Abgeordneten kann es einleitende Worte geben, also da, bitte, alle gleich behandeln –: Entspricht es den Tatsachen, Frau Ministerin, dass Sie im Ministerrat den Antrag für den unverantwortlichen österreichischen Tschad-Kampfeinsatz eingebracht haben und gestern bei der Abstimmung über den Misstrauensantrag gegen Verteidigungsminister Darabos absichtlich diesen alleine die Suppe haben auslöffeln lassen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Das entspricht nicht den Tatsachen. Ich habe selbstverständlich im Rahmen meiner Verantwortung in der Bundesregierung, im Übrigen im Einvernehmen mit dem Verteidigungsminister, den entsprechenden Ministerratsvortrag eingebracht. Es sind in Wirklichkeit zwei. Es war ein vorbereitender Ministerratsvortrag, der den politischen Hintergrund und die politische Bedeutung auch dieser anspruchsvollen Mission dar­gelegt hat. Das habe ich auch öffentlich argumentiert.

Ich habe daraufhin nach dem Entsendegesetz auch im Einvernehmen mit dem Bun­desminister für Landesverteidigung einen zweiten Ministerratsvortrag eingebracht, der dann die konkrete Entsendung enthalten hat. Das ist bei allen bisherigen Einsätzen so der Fall gewesen. Hier unterscheidet sich die Mission im Tschad in keiner Weise von den bisherigen Vorgängen. Sie beruhen auf den Gesetzen und auf der Verfassung. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Sburny, bitte.

 


Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Frau Ministerin, die Einschätzung von Gefahren im Hinblick auf den EU-Reformvertrag ist natürlich immer eine Frage des politischen Standpunkts. Für wie gefährlich halten Sie aus außenpolitischer Sicht die populistische Anti-EU-Hetze der Freiheitlichen Partei? (Ironische Heiterkeit bei der FPÖ. – Abg. Strache: Gegen 75 Prozent der Österreicher gerichtet!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Mein Anliegen ist es nicht, das europa­politische Engagement unterschiedlicher Parteien im Einzelfall oder generell zu be­urteilen. Mein Anliegen ist es, den Österreicherinnen und Österreichern zu erklären, warum wir, die österreichische Bundesregierung insgesamt, aber selbstverständlich auch ich als zuständige Ressortchefin, davon überzeugt sind, dass Europa, die Mitgliedschaft in der Europäischen Union für Österreich, für die Österreicherinnen und Österreicher eine positive Angelegenheit ist, etwas, was unserem Land, unseren


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 27

Menschen hilft, sie dabei unterstützt, sich in dieser sehr auf Wettbewerb ausgerich­teten Welt zu behaupten, wo wir unsere Stimme einbringen können, wo wir mitge­stalten und mit verantworten dürfen. Das ist keine Selbstverständlichkeit; manche in Europa wären froh, wenn sie diese Möglichkeiten hätten. Ich denke etwa an unsere unmittelbaren Nachbarn am Balkan.

Es geht für mich in der Europapolitik darum, den Österreicherinnen und Österreichern die Vorteile darzulegen, klarzumachen, sie darüber geduldig und mit Beharrlichkeit, aber auch mit einem kritischen Ton, wo es notwendig ist, zu informieren. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Mag. Grossmann, bitte.

 


Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Frau Bundesministerin, werden Sie sich für die Schaffung des Instrumentes einer europaweiten Volksabstimmung ein­setzen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Österreich hat sich für die Schaffung einer europaweiten Volksabstimmung bereits in der Vergangenheit eingesetzt. Es waren Wolfgang Schüssel und Lamberto Dini, die vor einigen Jahren eine entsprechende Initiative im Rahmen der Europäischen Union gestartet haben, ich glaube, es war vor ungefähr zehn Jahren, denn es zeigt ja die rezente Entwicklung in der Europäischen Union, dass ein Fleckerlteppich von Referenden in Wirklichkeit niemandem nützt. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Auer, bitte.

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer (ÖVP): Frau Bundesminister, die Dis­kussion rund um den EU-Vertrag wird in Österreich von manchen sehr polemisch geführt, mit Angstmache und glatten Unwahrheiten. Wie beurteilen Sie in diesem Zusam­menhang die eher peinliche und auch nur schleppend verlaufende Volksbefra­gung in Kärnten?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich bin nicht auf der Seite der Angsthaber oder Angstmacher. Ich will mir die Europäische Union ohne Kärnten nicht vorstellen, und ich kann mir Kärnten ohne Europäische Union nicht vorstellen. (Beifall bei der ÖVP.) Wenn wir allein einen Blick darauf werfen: Geld ist nicht alles, das wissen wir, aber es ist schon auch lohnend, einen Blick darauf zu werfen, was in Kärnten im Zusammenhang mit der EU-Mitgliedschaft möglich geworden ist.

Wir haben nachgerechnet: Es waren seit dem Beitritt insgesamt 1,9 Milliarden €, die als Subventionen, als Förderungen in den verschiedenen Bereichen vergeben wurden, wo derartige Förderungen möglich sind, und zwar vonseiten der Europäischen Union, dem Bund und dem Land Kärnten gemeinsam. Ich glaube, das ist eine beeindruckende Zahl, die allein schon demonstriert, dass gerade Kärnten, wie der zuständige Landesrat gesagt hat, Europameister im Abholen von Förderungen ist. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Zusatzfrage? – Herr Klubobmann Wes­tenthaler, bitte.

 



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 28

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Die Werbeeinschaltung des Abgeord­neten Auer hat mich dazu veranlasst, kurzfristig meine Frage zu ändern; ich wollte eigentlich etwas anderes fragen.

Meine Frage an Sie jetzt: Sie wissen, dass in Kärnten derzeit Vorbereitungen für eine Volksbefragung über den EU-Reformvertrag laufen und dort in kürzester Zeit auch die Voraussetzung geschaffen werden, nämlich 15 000 Unterschriften der Kärntnerinnen und Kärntner. Was werden Sie tun, Frau Ministerin, wenn sich das Bundesland Kärn­ten in einer demokratisch initiierten Volksabstimmung mehrheitlich gegen diesen EU-Reformvertrag aussprechen wird? (Abg. Strache: Ist das jetzt eine Volksabstimmung oder eine Volksbefragung?) Werden Sie das ernst nehmen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Die Kärntner und Kärntnerinnen werden, wenn ihnen diese Frage überhaupt vorgelegt werden sollte, darüber zu entscheiden haben. Ich werde meine Meinung den Kärntnerinnen und Kärntnern sagen. Ich werde sie aus meiner Sicht über die Vorteile informieren (Abg. Ing. Westenthaler: Können Sie ja da im Haus auch sagen!), die der Reformvertrag für die Kärntner und Kärntnerinnen bereithält. Ich bin überzeugt davon, dass das auch entsprechend wahrgenommen werden wird.

Sie haben ja bereits feststellen können, dass der Zuspruch zu dieser Vorgangsweise, zu diesem geplanten Volksbegehren bisher nicht überzeugend war. Ich werde nicht nachlassen, mit geduldiger und objektiver Informationsarbeit die Vorteile des Reform­vertrages klarzumachen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur 5. Anfrage, 33/M, jener des Herrn Abgeordneten Scheibner. – Bitte.

 


Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Die Vorzüge des Vertrages würden uns alle interessieren, Frau Außenministerin. – Ich weiß, Frau Präsidentin, ich muss die Frage vorlesen.

Frau Außenministerin, meine Frage lautet:

33/M

„Welche Aktivitäten setzt Österreich, um einen Betrag für eine friedliche Lösung des Nahostkonflikts zu leisten?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Wir bemühen uns im Rahmen der Europäischen Union – und das seit Langem und nachhaltig –, hier einen entsprechenden Beitrag zu leisten. Wir setzen dabei auch immer wieder eigene Akzente, sowohl bei unserer Unterstützung im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit – etwa beim Aufbau der palästinensischen Institutionen, auch bei der Unterstützung im Bereich des Gesundheitswesens, wo wir insbesondere an der Basisversorgung und ihrer Verbesserung mitwirken – als auch selbstverständlich auf der politischen Ebene.

Mir ist es ein besonderes Anliegen, insbesondere der Stimme der Frauen in der Region auch Geltung zu verschaffen, die Frauen in die laufenden Friedensbemühungen einzu­beziehen, die durch die Konferenz in Annapolis, so hoffen wir alle, einen deutlichen Energieschub erhalten haben.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Scheibner, bitte.

 



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 29

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Frau Bundesminister, es geht auch um politische Initiativen, etwa darum, gemäßigte Kräfte in Syrien zur Öffnung des Landes zu unterstützen.

Welche Ideen haben Sie in diesem Bereich, um die, wie ich meine, falsche Politik etwa auch der Vereinigten Staaten, die dieses Land als „Achse des Bösen“ bezeichnen, zu korrigieren?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Ich habe mich im Rahmen der Europäischen Union mehrfach dafür ausge­sprochen, Syrien einzubeziehen, allerdings auch mit dem Hinweis darauf, dass Syrien eine entsprechend hohe Verantwortung hat, in der realen Politik zu den gemäßigten Kräften auch sozusagen beizutragen. Hier gibt es sehr viele Punkte, wo Syrien nachweisen kann, dass es eine gemäßigte Linie vertritt; etwa durch den Einfluss, den Syrien im Libanon nach wie vor hat. Es muss dort zu einer geordneten Wahl des Präsidenten kommen, und es müssen alle an dieser Unterstützung mitwirken.

Weiters geht es auch um die Unterstützung gemäßigter, nicht-extremistischer Kräfte im Palästinenser-Spektrum. Das ist ein wichtiger Punkt.

Wir sind die Letzten, die es verkennen würden, wenn auf syrischer Seite ein positiver Beitrag geleistet wird; etwa bei der Aufnahme der Flüchtlinge aus dem Irak, da haben wir auch unterstützend eingegriffen.

Aber noch einmal: Wir haben uns dafür eingesetzt, dass der Syrian Track in Friedens­verhandlungen entsprechend berücksichtigt wird. Daher war auch – wir waren nicht die Einzigen – Syrien etwa bei der Annapolis-Konferenz auf der Ebene des stellvertreten­den Außenministers vertreten. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Eine weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Kurzmann, bitte.

 


Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann (FPÖ): Frau Minister! Die israelische Armee zerstört immer wieder Projekte, auch Hilfsprojekte der Europäischen Union in Paläs­tina. Was machen Sie als österreichische Außenministerin ganz konkret, um dagegen aufzutreten? – Sie sind uns bisher eine Antwort darauf sowohl im Plenum als auch im Außenpolitischen Ausschuss schuldig geblieben.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Die Europäische Union nimmt laufend Stellung – das ist etwas, das man nachprüfen kann – durch die einschlägigen Verlautbarungen der sogenannten Schluss­folgerungen der Außenminister und scheut keineswegs davor zurück, es auch unseren israelischen Partnern immer wieder zu sagen, wenn wir mit einer Vorgangsweise nicht einverstanden sind. Das ist in einer Reihe von Punkten immer wieder der Fall, etwa was den Siedlungsbau betrifft, was den Verlauf der Mauer betrifft, dort, wo sie auf besetztem Gebiet verläuft. Das ist auch bei militärischen Aktionen der Fall, bei denen es zu Zerstörungen von Infrastruktur kommt.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Mag. Lunacek, bitte.

 


Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Frau Ministern, Sie haben im heurigen Frühling eine große Nahost-Frauenkonferenz in Wien veranstaltet, zu der Sie hoch­rangige Politikerinnen eingeladen haben, aber auch Vertreterinnen von NGOs, das ist


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 30

ja grundsätzlich zu begrüßen. Mein Problem ist, dass ich aus der Region höre, dass es am versprochenen Follow-Up, nämlich zum Beispiel Stipendien für Journalistinnen ...

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete, eine kürzere Einleitung bitte!

 


Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (fortsetzend):  ..., dass es am konkreten Follow-Up, nämlich Stipendien für Journalistinnen, Projekten, wo Frauen der Zugang zu mehr Machtpositionen gewährt wird, sehr wohl mangelt.

Was machen Sie konkret, um diese Konferenz nicht nur als sozusagen großes Medienspektakel in die Geschichte eingehen zu lassen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Es handelt sich um alles andere als ein Medienspektakel! Frau Abgeord­nete, ich bin eigentlich enttäuscht über Ihr Verständnis dieser Bemühungen. (Beifall bei der ÖVP.) – Das ist einmal der erste Punkt.

Der zweite Punkt, ganz konkret zum Follow-Up: Es wird im Jänner in meinem Haus ein Medien-Workshop von Medienarbeiterinnen, von Frauen stattfinden als ganz konkretes Follow-Up. Weiters unterstützen wir auch als Ausfluss dieser Konferenz bei der Basisarbeit in den palästinensischen Gebieten speziell Frauenprojekte, speziell im Bereich Gesundheitswesen. Drittens wird meine Kollegin Dora Bakoyannis im Frühjahr kommenden Jahres in Athen eine eigene Follow-up-Konferenz zum Thema „Frauen in führenden Positionen und der Nahe Osten“ abhalten. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Gartlehner, bitte.

 


Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ich habe auch eine kurze Frage. Wir haben gehört, dass die Europäische Union eine kräf­tige Aufstockung der finanziellen Unterstützung für Palästina vorsieht und durch­führen wird.

Meine Frage an Sie: Denken Sie auch seitens der österreichischen Bundesregierung an eine Erhöhung der finanziellen Unterstützung für Palästina?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Herr Abgeordneter, wir sind bereits – die Europäische Union – die größten Unterstützer der palästinensischen Bevölkerung, die unter sehr schwierigen Bedin­gungen zu leben hat; das wissen wir alle. Wir werden daher auch bei diesen Bemü­hungen nicht nachlassen. Wir sind jetzt bei in etwa 900 Millionen € allein in diesem Jahr. Der wesentlichste Teil dieser Gelder läuft über den von Benita Ferrero-Waldner errichteten Temporary International Mechanism, mit dem auch eine entsprechende, ganz genaue Finanzkontrolle gewährleistet ist.

Am Montag, 17. Dezember, wird eine weitere Geber-Konferenz in Paris stattfinden. Diese ist bereits, wenn Sie so wollen, ein Teil des Follow-up-Prozesses von Annapolis. Ich werde persönlich an dieser Veranstaltung teilnehmen.

Wir sind im Augenblick dabei, in meinem Ministerium zu prüfen, ob wir einen weiteren zusätzlichen Beitrag zu diesen erheblichen Beiträgen, die wir bereits leisten, machen können.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Rädler, bitte.

 



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 31

Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Welche Lösungsansätze sehen Sie im Atomkonflikt mit dem Iran, und welche Maßnahmen können ergriffen werden, damit verhindert wird, dass Atomwaffen in die Hände von Terroristen gelangen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Wir sind – das trifft für die internationale Staatengemeinschaft insgesamt zu – besorgt über die Natur des iranischen Nuklearprogramms. Auch die Äußerungen, die wir diesbezüglich in den letzten Tagen aus amerikanischen Geheimdienstquellen gehört haben, dürfen nicht zu Erleichterung oder gar einem Triumphgeheul führen.

Wir vonseiten der Europäischen Union verfolgen vielmehr sehr konsequent, sehr hart­näckig eine diplomatische Lösung. Javier Solana agiert hier im Namen und im Auftrag der gesamten Staatengemeinschaft. Er hat vor einigen Tagen den neuen iranischen Chefunterhändler getroffen.

Aus meiner Sicht wäre jetzt eigentlich der Zeitpunkt gekommen, einen Schritt zurück zu tun. Eine parallele Auszeit, ein paralleles Moratorium, wenn Sie so wollen, einerseits für die Urananreicherung, andererseits für die Sanktionen, wäre möglicherweise ein Ausweg aus dieser vertrackten Situation.

Aber ich bestehe darauf: Wir haben keine Klarheit über die Natur des iranischen Atom­programms. Auch die Internationale Atomenergiebehörde konnte das bisher nicht schaffen, ist allerdings – das möchte ich auch betonen – in Verhandlungen mit dem Iran genau über das Thema, was in der Vergangenheit exakt passiert ist. Diese Verhandlungen müssen geführt werden. Ich hoffe, dass sie erfolgreich sein werden.

Auf einer breiteren Ebene habe ich mich persönlich eingesetzt – denn es wird der Iran nicht der einzige Fall bleiben, wo sich die Frage stellt, ab wann ein ziviles Programm militärische Züge annehmen kann – für eine Multilateralisierung des nuklearen Brenn­stoffzyklus, und ich hoffe, dass diese Arbeiten von möglichst vielen Staaten unterstützt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur 6. Anfrage, 35/M, jener des Herrn Abgeordneten Heinzl. – Bitte.

 


Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Einen schönen Vormittag, Frau Bundesministerin! Meine Frage lautet:

35/M

„Welche konkreten Initiativen haben Sie bei der internationalen Nahost-Friedens­kon­ferenz in den USA, bei der Sie Österreich vertreten haben, gesetzt?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Der wesentliche Zweck der Konferenz in Annapolis war, die Israelis und Palästinenser dazu zu bringen, an einem ganz konkreten Friedensplan zu arbeiten. Und da wurden auch Fortschritte erzielt, keine Frage. Insbesondere wird man jetzt die sogenannten Kernthemen angehen. Es wird auch von amerikanischer Seite ein per­sönliches Engagement des Präsidenten in der Überwachung der Erfüllung der ver­schiedenen Schritte der Road-Map geben.

Ich habe mich in Annapolis insbesondere dafür eingesetzt, jetzt auch die öffentliche Meinung, die Öffentlichkeit in allen beteiligten Ländern zu überzeugen, denn das wird einen wesentlichen Teil des Gelingens von Friedensbestrebungen darstellen. Sowohl


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 32

auf palästinensischer als auch auf israelischer Seite gibt es seit geraumer Zeit eine Mehrheit, die einen ernsthaften Friedensprozess will, die auch zu entsprechenden Kom­promissen und Zugeständnissen bereit ist. Sie gilt es durch eine breite Allianz der gemäßigten Kräfte zu unterstützen. Man sollte hier auch wieder die Frauen und die Jugend einbeziehen. Dafür habe ich mich in meiner Erklärung in Annapolis besonders eingesetzt. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Heinzl.

 


Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Frau Bundesministerin, welche Möglichkeiten hat die EU, um den wieder aufgenommenen Friedensprozess zu unterstützen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Die Europäische Union als Teil des Nahost-Quartetts wird nicht nachlassen in ihren Bemühungen, den Prozess zu unterstützen. Er muss allerdings aus der Region getragen sein, er muss von den beiden Parteien ausgehen. Er bedarf einer insbe­sondere auch regionalen Unterstützung. Daher war es wichtig, dass die gewichtigen arabischen Staaten in Annapolis vertreten waren. Das war keine Selbstverständ­lichkeit.

Die Europäische Union wird weiter im Rahmen des Follow-Up – ich habe es schon erwähnt – auf der Konferenz in Paris in der Frage der Unterstützung der Palästinenser tätig sein. Wir werden aber auch den politischen Dialog selbstverständlich weiterhin mit Israel führen und werden auf allen Ebenen dazu beitragen, dass es hier möglichst rasch zu einer möglichst umfassenden Lösung kommt. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Großruck, bitte.

 


Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meiner Überzeugung nach war es eine hohe Auszeichnung und Wertschätzung Ihrer Person, vor allem aber auch Ihrer Tätigkeit, dass Sie als eine der wenigen nach Annapolis eingeladen wurden, um an der Konferenz teilzunehmen. (Beifall bei der ÖVP. – Rufe bei der SPÖ: Frage!) – Kommt schon!

Meine Frage: Frau Bundesministerin, wie schätzen Sie jetzt, da Sie bei diesen Verhandlungen anwesend waren, die Chancen auf Realisierung eines dauerhaften Friedens in dieser Region ein, wo wir wissen, dass in einem Jahr Deadline ist, in einem Jahr der Friedensprozess starten und möglicherweise auch abgeschlossen werden soll? Wie ist Ihre Meinung und Ihre realistische Einschätzung dazu?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Mir ist in Annapolis aufgefallen, dass ein neuer Ton der Ernsthaftigkeit, des gegenseitigen Respekts und des Bemühens der Wahrung der Würde des jeweils anderen zwischen den Hauptbeteiligten, Israelis und Palästinensern, neu dazugekom­men ist.

Der israelische Ministerpräsident hat in seiner Rede ausdrücklich auf das Leiden der palästinensischen Bevölkerung hingewiesen, darauf, dass man dieses Leiden aner­kennen, wahrnehmen muss, auch auf israelischer Seite. Dieser neue Ton ist auch unter den arabischen Teilnehmern sehr positiv vermerkt worden.

Umgekehrt hat sich auch Präsident Mahmud Abbas von palästinensischer Seite sehr direkt in seiner Erklärung an Israel, an die israelische Bevölkerung, an die Sicher­heitsbedürfnisse, die es legitimerweise auf israelischer Seite gibt, gewendet.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 33

Ich glaube, dass darin ein bemerkenswerter Keim, aufkeimendes Vertrauen enthalten ist, der vielleicht einen Ansatz bietet, doch zu Fortschritten zu kommen.

Der zweite Punkt: die unmittelbare Bereitschaft, hier wirklich die Kernthemen anzu­sprechen, also die Grenzen, die Frage der Flüchtlingsrückkehr, den Status von Jeru­salem, die Sicherheitsfrage. Diese Fragen liegen nunmehr auf dem Tisch und werden bereits am 12. Dezember in der nächsten Sitzung des sogenannten Steering Com­mittee, des Lenkungsausschusses, behandelt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dolinschek, bitte.

 


Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sie haben jetzt Initiativen gesetzt bei der Nahost-Friedenskonferenz. Welchen Eindruck haben Sie nach dieser Konferenz in Bezug auf die Sicherheitslage in Österreich? Glauben Sie, dass die Sicherheitslage in Österreich stabil bleibt oder dass sie sich eher verschlechtert im europäischen Raum nach dieser Nahost-Friedenskonferenz?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Ich kann aus meiner Sicht keine Veränderung der Sicherheitslage feststel­len. Das ist eine Thematik, die ganz unabhängig von internationalen Konferenzen und Erfolgsaussichten von Friedensprozessen von uns allen in der Bundesregierung gemeinsam verfolgt wird, insbesondere selbstverständlich vom Innenminister und vom Verteidigungsminister. Aber es ist eine Aufgabe der gesamten Bundesregierung.

Und ich kann aus meiner Sicht hier keine Veränderung feststellen – ganz im Gegenteil: Ein Friedensprozess im Nahen Osten würde eine positive Auswirkung auf die Region haben, wobei ich nicht verschweigen möchte, dass natürlich die Gefahr besteht, dass sich Extremisten aller Seiten dadurch besonders herausgefordert fühlen. Aber das ist eine „reguläre Begleiterscheinung“ – wenn ich das zwischen Anführungszeichen so sagen darf – von ernsthaften Friedensbemühungen. Das ist nicht in irgendeiner Weise speziell mit Österreich verbunden. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Bösch, bitte.

 


Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Im Juni vergangenen Jahres wurden im Nahen Osten der österreichische Major Hans-Peter Lang sowie drei andere unbewaffnete UNO-Beobachter durch einen israelischen Fliegerangriff getötet. Welche Maßnahmen planen Sie in der näheren Zukunft zur Aufklärung dieses Vorfalls beziehungsweise zur Entschädigung der Familie Lang?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Herr Abgeordneter, wie Sie ganz genau wissen, habe ich dem Hohen Haus über diesen bedauerlichen, tragischen Zwischenfall mehrfach berichtet. Wir haben dazu auf israelischer Seite mit Nachdruck Untersuchungen verlangt, und diese haben auch stattgefunden. Über das Ergebnis wurde dem österreichischen Bundesheer und den Vereinten Nationen berichtet.

Wir haben uns weiters im Namen der Vereinten Nationen – mit anderen im Übrigen auch – massiv dafür eingesetzt, dass hier eine entsprechende Aufklärung erreicht wird. Major Hans-Peter Lang war ja Mitglied einer Einheit der Vereinten Nationen, und entsprechend ist diese Aufklärung auch erfolgt. Wir sind darüber vom UNO-General­sekretär informiert worden. Die Informationen sind, sofern sie nicht militärischer Ge-


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heim­haltung unterliegen, auch an die Familie von Major Lang weitergeleitet worden. Wir – sowohl vonseiten des Verteidigungsministeriums als auch vonseiten des Außen­ministeriums – sind mit der Familie im Übrigen in Kontakt gewesen und sind das auch weiterhin.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Mag. Lunacek, bitte.

 


Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Frau Ministerin! Zu den besetzten paläs­tinensischen Gebieten gehört ja auch der Gazastreifen, der bekanntlich von der extremistischen Hamas kontrolliert wird. Welche Strategien wurden in Annapolis überlegt, um zumindest mittelfristig zu einer gemeinsamen palästinensischen Strategie zu kommen? Was ist da geplant – denn es geht doch nicht, dass man sozusagen nur einen Teil bearbeitet?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Allen Teilnehmern an der Annapolis-Konferenz war bewusst, dass die Gaza-Frage und damit auch die Frage der gewaltsamen Machtübernahme im Gazastreifen durch die Hamas ein besonders schwieriges Kapitel ist. Die Hamas ist damit aus meiner Sicht von dem Wählerauftrag, den sie in demokratischen, freien und fairen Wahlen bekommen hat, abgewichen. Die palästinensische Bevölkerung hat die Hamas bei den Wahlen nicht zur gewaltsamen Machtübernahme im Gazastreifen ermächtigt, auch das muss klar gesagt werden.

Damit haben sich die Palästinenser selbst geschwächt. Das ist eine sehr bedauerliche Entwicklung, die verändert gehört. Da muss unter den Palästinensern die Kraft zur Versöhnung und zu einem neuen Miteinander entstehen. Wir tun das, was man bei­tragen kann, um sie dazu zu ermutigen. Wir sollten hier aber nicht der Illusion verfallen, es sei in erster Linie an uns beziehungsweise es sei uns möglich, zu einer Verän­derung dieser speziellen Situation beizutragen.

Präsident Mahmud Abbas, also die gemäßigten Palästinenser, sind in dieser Phase zu unterstützen. Sie sind sich auch darüber sehr im Klaren, dass hier mit der Situation im Gazastreifen ein noch nicht entsprechend bearbeitetes Thema vor uns liegt. Ich habe übrigens persönlich auf der Rückreise von Annapolis nach Washington Ziad Abu Amr angerufen. Er ist ehemaliger palästinensischer Außenminister, lebt und wirkt im Gazastreifen. Ich habe ihm persönlich versichert, dass Gaza in Annapolis zwar – wenn Sie so wollen – kein offizieller Gesprächspunkt war, diese Situation jedoch keinesfalls vergessen oder nicht entsprechend beachtet wird. Ganz im Gegenteil: Wir verfolgen die Entwicklungen dort sehr aufmerksam. Wir leisten humanitäre Hilfe, anders wäre ein Überleben im Gazastreifen ja gar nicht möglich. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich bedanke mich für Ihre Beantwortung, Frau Bundesministerin.

Die 60 Minuten der Fragestunde sind abgelaufen. Ich werde keine Frage mehr aufrufen, damit der Zeitplan während der Fernsehübertragung eingehalten werden kann.

10.04.50Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungs­gegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäfts­ordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.


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Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: Zurückziehung: 1917/J;

2. Anfragebeantwortungen: 1602/AB bis 1605/AB;

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 geändert wird (405 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Normverbrauchsabgabegesetz und das Mineralölsteuer­gesetz 1995 geändert werden – Ökologisierungsgesetz 2007 (ÖkoG 2007) (406 d.B.).

B) Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Antrag 506/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Interessenvertretung von Menschen mit besonderen Bedürfnissen,

Antrag 509/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Arbeitsverhältnis am zweiten Arbeitsmarkt,

Antrag 510/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erstellung eines Plans zum Abbau baulicher Barrieren für die vom BMLV genutzten Gebäude,

Antrag 511/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Diskriminierung behinderter Menschen bei privaten Versicherungen,

Antrag 514/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend das Versehen der Etappenpläne zum Abbau baulicher Barrieren mit Zeitplänen,

Antrag 516/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Pauschalierung der Verwaltungsaufwendungen für das Pflegegeld,

Antrag 517/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Pflegegeldleistungen mit Auslandsbezug,

Antrag 518/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Prüfung der widmungsgemäßen Verwendung des Pflegegeldes durch Gesundheitsmanager,

Antrag 519/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Beschränkung der Dauer des Pflegegeldverfahrens,

Antrag 522/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer Pflegelehre;

Familienausschuss:

Antrag 500/A(E) der Abgeordneten Sabine Mandak, Kolleginnen und Kollegen betref­fend frühere Auszahlung von Familienleistungen sowie monatliche Auszahlung der Familienbeihilfe;

Finanzausschuss:

Antrag 496/A(E) der Abgeordneten Bettina Hradecsni, Kolleginnen und Kollegen betreffend Unterschied Valutadatum – Buchungsdatum,


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 36

Antrag 497/A(E) der Abgeordneten Bettina Hradecsni, Kolleginnen und Kollegen betreffend Überweisungsdauer und Wertstellungspraxis,

Antrag 504/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umwandlung der Pendlerpauschale und des Verkehrsabsetzbetrages in einen Fix­betrag;

Gesundheitsausschuss:

Antrag 505/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend kostenlose Impfaktion und Aufnahme der HPV-Impfung in das Kinderimpfprogramm,

Antrag 508/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Verpflichtung der Hersteller von Mobiltelefonen zur Angabe des SAR-Wertes;

Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Antrag 501/A(E) der Abgeordneten Michaela Sburny, Kolleginnen und Kollegen betreffend Änderungsbedarf des Kriegsmaterialgesetzes;

Justizausschuss:

Antrag 523/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Unterschreitung des Existenzminimums bei Exekutionen wegen Unterhalts­ansprüchen;

Ausschuss für Konsumentenschutz:

Antrag 498/A der Abgeordneten Bettina Hradecsni, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Konsumentenschutzgesetz geändert wird,

Antrag 513/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kennzeichnungspflicht für Fleisch, Milchprodukte und Eiern von Tieren, die mit GVO gefüttert wurden;

Umweltausschuss:

Antrag 507/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausbau der Wasserkraft,

Antrag 520/A der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundes-Umwelthaftungsgesetz (B-UHG);

Unterrichtsausschuss:

Antrag 492/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Erstellung einer Studie, die die Abfrage und den Vergleich der Kompetenz und Qualität der Lehrer an österreichischen Volks- und Hauptschulen, allgemein bildenden und berufsbildenden mittleren und höheren Schulen mit vergleich­baren ausländischen Schulen und Bildungseinrichtungen zum Inhalt hat,

Antrag 525/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend die echte Demokratisierung im Schulwesen;

Verfassungsausschuss:

Antrag 493/A der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz über die Offenlegung von Einkommen und Vermögen im öffentlichen Bereich,

Antrag 521/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Grundrecht auf Pflege;


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Verkehrsausschuss:

Antrag 502/A(E) der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen betreffend Infrastrukturinvestitionsplan für die Weststeiermark,

Antrag 515/A der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, MAS, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) geändert wird;

Ausschuss für Wirtschaft und Industrie:

Antrag 503/A(E) der Abgeordneten Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ökologisierung der LKW-Steuer;

Wissenschaftsausschuss:

Antrag 494/A der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten und ihre Studien (Universitätsgesetz 2002) geändert wird,

Antrag 495/A der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten und ihre Studien (Universitätsgesetz 2002) geändert wird,

Antrag 524/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Erhöhung des Beitrags Österreichs zur Europäischen Weltraum­organisation ESA.

*****

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der Parlamentsklub des BZÖ hat gemäß § 93 Abs. 2 der Geschäftsordnung das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tagesordnung eingebrachte schriftliche Anfrage 2597/J der Abgeordneten Ing. Wes­tenthaler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Gewalt gegen Kinder – Stunde der Wahrheit für Berger“ dringlich zu behandeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird die Dringliche Anfrage um 15 Uhr behandelt werden.

Fristsetzungsantrag

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich weiters mit, dass Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler beantragt hat, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 435/A der Abgeordneten Ing. Westenthaler, Kollegin und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Heizkostenausgleichsfonds eingerichtet wird (Heizkostenausgleichsfondsgesetz), eine Frist bis 24. Dezember 2007 zu setzen.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vor, eine kurze Debatte über diesen Fristsetzungsantrag durch­zuführen.

Da für die heutige Sitzung die dringliche Behandlung einer schriftlichen Anfrage verlangt wurde, wird die kurze Debatte im Anschluss an diese stattfinden. Die Abstim­mung über den Fristsetzungsantrag wird nach Schluss dieser Debatte stattfinden.


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Behandlung der Tagesordnung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 1 und 2, 3 und 4, 5 bis 7, 8 und 9, 10 und 11, 12 bis 14, 16 und 17, 18 und 19, 20 bis 23 sowie 24 und 25 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über Gestaltung und Dauer der Debatten erzielt. Es wurde eine Tagesblockzeit von 9 „Wiener Stunden“ vorgeschlagen, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 131 Minuten, Grüne und Freiheitliche je 108 Minuten sowie BZÖ 63 Minuten.

Für die Zeit der Fernsehübertragung bis 13 Uhr ist folgende Redezeitvereinbarung getroffen worden: eine Wortmeldung pro Fraktion mit je 8 Minuten, sodann ein Regierungsmitglied mit 12 Minuten, danach eine Wortmeldung pro Fraktion mit je 7 Minuten, weiters ein Regierungsmitglied beziehungsweise Staatssekretär mit 8 Minuten, anschließend eine Wortmeldung pro Fraktion mit je 6 Minuten sowie eine Wortmeldung pro Fraktion mit je 5 Minuten.

Weiters wurde folgende RednerInnenreihenfolge innerhalb der Fernsehzeit vereinbart: ÖVP, SPÖ, Grüne, FPÖ und BZÖ.

Vor Beginn der letzten Runde wird der den Vorsitz führende Präsident nach Rück­sprache mit den Klubvorsitzenden die allenfalls verbleibende Restredezeit auf die Fraktionen gleichmäßig verteilen.

Weiters besteht Einvernehmen, dass tatsächliche Berichtigungen erst nach Beendi­gung der Fernsehübertragung aufgerufen werden.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein dies­bezüg­liches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

10.08.091. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (289 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem ein Finanzausgleichsgesetz 2008 erlassen wird sowie das Zweckzuschussgesetz 2001, das Katastrophenfondsgesetz 1996, das Finanzaus­gleichsgesetz 2005, das Finanz-Verfassungsgesetz 1948, das Bundesgesetz BGBl. Nr. 301/1989, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Umwelt­för­de­rungsgesetz geändert werden (389 d.B.)

2. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (312 d.B.): Ver­einbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über eine Weiterführung der stabilitätsorientierten Budgetpolitik (Österreichischer Stabili­tätspakt 2008) (390 d.B.)

 



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 39

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 1 und 2 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. 8 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


10.09.12

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Vize­kanzler! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir uns die heutige Tagesordnung ansehen und diese lange Latte von wichtigen, wichtigsten Finanzgesetzen sehen, so ist das ein Beweis für eine unglaublich beeindruckende, erfolgreiche Leistungsbilanz unseres Finanzministers Willi Molterer (Beifall bei der ÖVP – Zwischenruf des Abg. Öllinger) – und damit auch die Kollegen von der SPÖ klatschen können –, natürlich unter Mithilfe des Staatssekretärs Christoph Matznetter, gar keine Frage. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine Damen und Herren, schauen wir uns das an! Erster Punkt: Finanzausgleich. Das ist ein Zukunftspakt für Österreich für die nächsten sechs Jahre, der in das Leben der Österreicherinnen und Österreicher tief eingreift.

Wir haben als zweiten Punkt ein neues Bundeshaushaltsrecht – die größte Reform in der Geschichte der Zweiten Republik, State of the Art. Wir sind mit diesem modernen Budgetrecht in Europa beispielhaft unterwegs.

Wir haben heute die notwendige und dringende Reform der Finanzmarktaufsicht auf der Tagesordnung, die nicht zuletzt durch die Entscheidung des Landesgerichtes Wien in der AMIS-Sache von aktueller Bedeutung ist.

Weiters haben wir heute das Abgabensicherungsgesetz auf der Tagesordnung sowie das für die Trafikanten so wichtige Trafikanten-Paket, das die Existenz jener sichern soll, die Nahversorger sind. Das Trafikanten-Paket hat aber gleichzeitig eine wichtige sozialpolitische Funktion, weil die Hälfte aller Trafikanten Menschen mit Behinderungen sind – es ist also ein unglaublich wichtiges Paket.

Wir haben die Gebührenbefreiungen bei der Geburt eines Kindes. Ich sage, Gott sei Dank, Herr Finanzminister. Der Staat soll sich freuen, wenn Kinder auf die Welt kommen und nicht gleich Gebühren einheben. Ich glaube, das ist ein ganz wichtiges Signal der Kinderfreundlichkeit seitens der Bundesregierung und dieses Hauses. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben in der Pipeline – unlängst im Ministerrat beschlossen, liegt auch schon im Parlament – die Ökologisierung der NoVA, der Normverbrauchsabgabe.

Wir haben auch bereits eine Novelle zum Glücksspielgesetz im Parlament liegen.

Herr Finanzminister, das ist eine unglaubliche Leistungsbilanz Ihres Ressorts, Ihrer Person und auch des Herrn Staatssekretärs. (Beifall bei der ÖVP.)

Lassen Sie mich eines auch sagen: Das Schöne an diesem umfangreichen Finanz­paket ist, dass es drei Werte signalisiert, nämlich: Stabilität, Sicherheit und Verläss­lichkeit. Ich glaube, gerade in der Finanzpolitik sind diese drei Grundwerte unglaublich wichtig. Das sind die Grundpfeiler der Finanzpolitik dieser Bundesregierung unter Vizekanzler Wilhelm Molterer.

Lassen Sie mich auch mit Blickrichtung auf die Medien Folgendes sagen: In den letzten Tagen wurde oft behauptet, es werde jetzt im Parlament so viel gleichzeitig durch­gepeitscht. – Meine Damen und Herren, ich habe großes Verständnis für die Kritik der Medien. Monatelang hieß es vor allem, die große Koalition bringe nichts


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zustande. Diese Kritik ist bei dieser Leistungsbilanz nicht mehr aufrechtzuerhalten. Jetzt schwenken wir ins andere Extrem um, es wird zu viel gemacht. Ich glaube, wir können mit dieser Kritik – wir würden zu viel machen – besser leben als mit der Kritik, wir brächten nichts zusammen. Sind wir uns da einig, Kollege Parnigoni? – Ich glaube, da sind wir uns einig. (Beifall bei der ÖVP.)

Noch einmal, ich habe auch Verständnis für die Medien und für deren Haltung. Ich sage immer: Es ist eine gewaltige Herausforderung, jeden Tag eine Zeitung zu füllen, und das angesichts der Tatsache, dass sich Negativbotschaften besser verkaufen las­sen als Positivbotschaften, habe ich größtes Verständnis für die Medien, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Zum eigentlichen Thema Finanzausgleich: Dieser Finanzausgleich wird ein Jahr früher als notwendig geregelt, erstmals für sechs Jahre, das heißt, weit hineinreichend in die nächste Legislaturperiode – um der Kritik Rechnung zu tragen, Politiker dächten immer nur in Legislaturperioden. Es ist dies ein Zukunftspakt für unser Land. Ich gebe ja zu, dass das Wort „Finanzausgleich“ für den Staatsbürger sehr finanztechnisch klingt und für viele ein Buch mit sieben Siegeln ist. In Wirklichkeit greift der Finanzausgleich unmittelbar in unser Leben ein. Dazu vier Beispiele:

Erstens: Regelung der Finanzierung der Spitäler. Wer will nicht eine sichere Spitals­versorgung haben?

Zweitens: Betreuung der Kinder. – Ein ganz wichtiges Anliegen im Zusammenhang mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Drittens: Finanzierung der Pflegevorsorge. – Existenzielles Anliegen vieler älterer Men­schen.

Viertens: Frage der Mindestsicherung.

Das alles sind Dinge, die unmittelbar in fundamentale Bedürfnisse der Menschen in unserem Land eingreifen. All das findet sich als Regelung im Finanzausgleich.

Der Finanzausgleich, um es primitiv zu sagen, teilt die Finanzmittel zwischen Bund, Ländern und Gemeinden auf, gemäß der Aufgabenstellung dieser Gebietskörper­schaften. Da wird jedes Jahr der beachtliche Betrag von 60 Milliarden € auf Bund, Länder und Gemeinden verteilt. Das Schöne daran ist, dass das wirklich Politik im besten Sinn des Wortes ist, nämlich Zukunftsgestaltung. Hier wird für die nächsten sechs Jahre festgelegt, was die Gemeinden bekommen, was für die Bereiche Spitals­finanzierung und Pflegevorsorge aufgewendet wird und wie wir für die nächsten sechs Jahre die Kinderbetreuung finanzieren.

Das ist Politik im besten Sinn des Wortes, nämlich als Zukunftsgestaltung für die Men­schen in unserem Land, meine sehr geehrten Damen und Herren. Daher ist dieser Finanzausgleich so wichtig.

Lassen Sie mich eines auch sagen: Natürlich habe ich auch jene Kritik gelesen, die sagt: Ein paar Wermutstropfen sind auch dabei. Wo ist die große Reform der Gesund­heitsvorsorge, wo ist die große Verwaltungsreform? (Abg. Strache: Pflege nicht ver­gessen, Pflege!)

Meine Damen und Herren, seien wir ehrlich! Die ganz großen Reformen lassen sich nicht vom Zaun brechen, Herr Kollege Strache. Wir haben hier noch Herausfor­derun­gen vor uns, das wissen wir, aber wir sind sehr froh, dass unserem Herrn Finanz­minister und seinem Herrn Staatssekretär in Rekordtempo für sechs Jahre dieser Zukunftspakt gelungen ist, im Konsens mit Ländern und Gemeinden. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)


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Politik ist generell schon schwierig. Ich sage immer, in der Politik kann man hundertmal davon überzeugt sein, dass seine Meinung die richtige ist – Herr Kollege Strache, Sie wissen das –, aber wenn man keine Mehrheit hat, hilft einem das nichts. (Abg. Strache: Deshalb müssen die Wähler auch etwas verändern, wenn sie etwas beitragen wollen! Das ist richtig!) Beim Finanzausgleich braucht man sogar einen Konsens zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Daher ist dieser Finanzausgleich so wichtig. (Abg. Dr. Moser: Der Bund entscheidet aber!)

Jetzt noch ein Wort zu den Gemeinden. Als Mandatar des Waldviertels, einer länd­lichen Region, bin ich sehr froh darüber, dass wir hier zusätzlich 100 Millionen € pro Jahr für die kleinen Gemeinden haben. Wir haben hier ein Problem zwischen den größeren Städten, den urbanen Ballungsräumen und den ländlichen Regionen. Die 100 Millionen € mehr für die kleinen Gemeinden sind ein ganz wichtiges Signal für den ländlichen Raum. Es ist auch deshalb ein ganz wichtiges Signal, weil wir an sich haben wollen, dass die kleinen Einheiten immer mehr Aufgaben übernehmen. Ich kann aber nicht sagen: Ihr müsst mehr Aufgaben übernehmen, aber das Geld dafür bekommt ihr nicht. – Diese Politik, diesen berühmten „abgestuften Bevölkerungsschlüssel“ zu mildern, den kleinen Gemeinden mehr zu geben, ist, glaube ich, ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Als Mandatar meines Wahlkreises begrüße ich das ganz beson­ders. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.16


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Krainer. 8 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


10.16.33

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben heute in der Tat eine Reihe von wichtigen Budget- und Finanzgesetzen zu beraten, zuerst den Finanzausgleich. Dieser regelt, wie das Geld, die Steuerein­nahmen zwischen Ländern, Bund und Gemeinden verteilt werden. Wieso ist er früher verhandelt worden? – Er ist einerseits deshalb früher verhandelt worden, weil die Länder mit ihrem Geld nicht mehr ausgekommen sind, um ihre Aufgaben zu finan­zieren. Das sieht man ja zuletzt auch daran, dass sie ihren Beitrag für das Maastricht-Kriterium, für das gesamtstaatliche Defizit, nicht mehr erfüllen konnten. Es gab nur ganz wenige Bundesländer, die das konnten: Wien etwa, das weiterhin die niedrigste Pro-Kopf-Verschuldung in Österreich hat.

Andererseits ist es so, dass eine neue Bundesregierung angetreten ist. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ich verstehe diese Anti-Wien-Reflexe nicht, noch dazu, wenn sie von Wiener Abgeordneten kommen. – Die neue Bundesregierung ist hier angetreten und hat beschlossen, in einigen sehr wichtigen Bereichen in Österreich etwas zu verändern. Sie hat gesagt: Für uns ist Pflege kein Mickey-Maus-Thema, sondern ein Thema, das wir im Sinne der Menschen angehen und lösen müssen.

Zum Thema Klimaschutz hat die neue Bundesregierung gesagt: Wir können nicht tatenlos zusehen, wie von Jahr zu Jahr die CO2-Emissionen steigen, wir müssen dagegensteuern und etwas machen. (Abg. Dr. Graf: Das hat die alte Bundesregierung auch schon gesagt!)

Zum Thema Armut hat die neue Bundesregierung gesagt: Wir können nicht tatenlos zusehen, wie die Armut in unserem Land steigt und steigt, wir müssen hier Ge­genmaßnahmen setzen. Wir können nicht zusehen, wie wir Finanzierungsprobleme im Gesundheitsbereich, vor allem im Spitalsbereich, haben, wir müssen hier gegen­steuern und die Gesundheitsversorgung für alle Österreicherinnen und Österreicher finanzieren.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 42

Die Bundesregierung hat gesagt: Es reicht nicht, davon zu sprechen, dass unser Bildungssystem Weltklasse ist, wir müssen auch etwas tun, um in Wahrheit vom Mittelmaß nach vorne zu kommen. Die neue Bundesregierung hat gesagt – da hat Kollege Stummvoll absolut recht, dass wir uns freuen sollten, wenn wir Kinder bekom­men –, dass es aber auch notwendig ist, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen.

Wir merken und wissen, dass vor allem für junge und gut ausgebildete Frauen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie immer wichtiger wird. Einer der Schlüsselpunkte – nicht die Lösung von allem, aber einer der wesentlichen Punkte – ist hier natürlich die Kinderbetreuung. Genau um diese Bereiche geht es bei diesem Finanzausgleich.

Hier werden diese wichtigen Fragen angesprochen, womit sichergestellt wird, dass das von Minister Buchinger ausgearbeitete Modell der legalen 24-Stunden-Pflege finan­ziert werden kann. Hier geht es auch um die Armutsbekämpfung, indem bei der bedarfsorientierten Mindestsicherung die Länder, die ja für die Sozialhilfe zuständig sind, ihren Beitrag dazu leisten können.

Hier geht es auch um die Frage des Klimaschutzes, weil natürlich der Bund seine Aufgaben hat, aber auch die Länder und die Gemeinden vor allem in der Wohn­haussanierung und im öffentlichen Nahverkehr ihren Beitrag dazu leisten können. Auch hier gibt der Finanzausgleich die richtigen Antworten.

Da fehlt zwar noch der Artikel-15a-Vertrag, aber das ist im Prinzip politisch paktiert. Genau darum geht es auch im Bereich der Gesundheit, nämlich darum, dass wir die Spitalsfinanzierung und damit auch weiterhin die bestmögliche medizinische Ver­sorgung für alle Österreicherinnen und Österreicher sichern können. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Auch um die Frage der Bildung geht es bei diesem Finanzausgleich. Wir wissen – auch aus der jüngsten PISA-Studie –, dass es mehrere Problemgruppen gibt – Lesen, Schreiben, Rechnen – und dass wir hier genau die richtigen Antworten geben müssen: einerseits, indem wir für mehr Stütz-, Begleit- und Integrationslehrer sorgen und auch die Finanzierung über diesen Finanzausgleich ermöglichen, andererseits, indem wir kleine Kinder im ländlichen Raum nicht dazu zwingen, kilometerweit zur nächsten Volksschule zu fahren, weil wir dort die Schulen zusperren, sondern wir sorgen dafür, dass kleine Gemeinden weiterhin eine Volksschule vor Ort anbieten können.

Das Schöne an diesem Finanzausgleich ist, dass nicht nur diese Bundesregierung bei diesen wichtigen Themen an einem Strang zieht, sondern dass das auch der Bund, die Länder und die Gemeinden machen und dass sie hier alle gemeinsam sagen: Diese Themen sind uns wichtig, und es ist uns wichtig, dass wir hier Österreich nach vorne bringen und dass wir im Bereich Bildung, Gesundheit, Soziales, Pflege und Klima­schutz die richtige Politik machen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Jakob Auer.)

Kollege Stummvoll hat die Verwaltungsreform angesprochen. Da ist ja auch bereits ein Teil drin, nämlich die kostenneutrale Aufhebung der Selbstträgerschaft. Es hat Diskus­sionen gegeben, weil der politische Pakt war: Wir werden das kostenneutral auf Basis von 2007 aufheben, und dann haben die Länder gemeint, dass die Ausformulierung im Gesetz nicht zu diesem politischen Ziel der Kostenneutralität führt. Wir haben im Aus­schuss festgestellt, dass, weil es eine Evaluierungsphase gibt, hier nach drei Jahren ebenfalls evaluiert werden soll, damit diese politische Vereinbarung auch in der Praxis hält. Ich halte es auch für wichtig, dass sich alle an die Vereinbarung halten, sowohl die Länder als natürlich auch der Bund, und dass man diese politischen Ziele, die man vereinbart hat, dann auch in der Praxis einhalten muss.

Kollege Stummvoll hat angesprochen, dass jetzt extrem viele Gesetze in kurzer Zeit behandelt werden. – Ja, man muss auch sagen, dass es unterschiedliche Erfahrungen,


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 43

auch mit Ihrem Ressort, Herr Finanzminister, gibt. Einerseits haben wir sehr viele Vorlagen sehr spät bekommen. Das macht die Qualität der Arbeit im Parlament für alle Abgeordneten nicht leichter, unabhängig davon, ob sie in der Opposition sind oder in einer Regierungspartei. Es gibt aber auch aus Ihrem Haus positive Beispiele wie etwa das Bundeshaushaltsgesetz, zu dem wir auf jeden Fall rechtzeitig, nämlich unter Einbindung aller Abgeordneter, unabhängig davon, ob sie in der Regierung oder in der Opposition waren, die Unterlagen bekommen haben, weshalb wir dann natürlich auch für die entsprechende Qualität sorgen können. Es wäre in Zukunft schön, wenn alle Vorlagen aus Ihrem Haus so kommen, wie sie aus der Budgetsektion gekommen sind. Insofern glaube ich, dass wir beim Bundeshaushaltsgesetz auch einen einstimmigen Beschluss fassen werden.

Als letzten Punkt möchte ich die FMA-Reform ansprechen, die heute auch auf der Tagesordnung steht. Ich halte sie für sehr wichtig, vor allem auch im Hinblick auf das AMIS-Urteil, das gestern gefällt worden ist. Es ist sehr wichtig, dass wir eine schlag­kräftige, aber vor allem funktionierende Aufsicht haben, nämlich im Sinne der Kon­sumenten, der kleinen Sparer, der kleinen Anleger, damit sie eine Sicherheit am Finanzplatz haben. Wir haben es alle im Banken-Untersuchungsausschuss erlebt, dass die Finanzmarktaufsicht nicht in allen Bereichen hervorragend funktioniert – um das zurückhaltend zu formulieren.

Es ist gut, dass wir die Aufsicht wesentlich verbessern und vor allem die Profis ran­lassen, nämlich die Oesterreichische Nationalbank, wenn es darum geht, vor Ort zu prüfen und vor Ort zu schauen, ob die Unternehmen sich auch wirklich an alle Vorschriften halten und im Interesse der kleinen Sparer, im Interesse der kleinen Anleger, Sicherheit herrscht.

Insofern, so glaube ich, sind diese vorliegenden Budget- und Finanzpakete gut für unser Land. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Stummvoll.)

10.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Mag. Rossmann. 8 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


10.24.24

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! In einem Punkt kann ich meinen Vorrednern zustim­men, nämlich betreffend die Haushaltsrechtsreform. Das ist in der Tat ein Schritt nach vorne, den wir heute setzen und beschließen werden.

Weniger positiv sehe ich allerdings das Finanzmarktpaket, das ebenfalls heute auf der Tagesordnung steht, und zwar deshalb, weil zwar Schritte in die richtige Richtung gesetzt werden, die Reform aber auf halbem Weg stehengeblieben ist. Wenn mein Vorredner, Kollege Krainer, schon den Fall AMIS angesprochen hat, so frage ich mich: Wo bleibt denn in dieser Reform die Reform der Anlegerentschädigung? – Offen­sichtlich hat die Bundesregierung darauf wohl vergessen. Wo bleibt denn der Schutz der Konsumentinnen und Konsumenten für die Anlage? – Das sehe ich weit und breit nicht!

Nun zum Finanzausgleich: Beim Finanzausgleich muss ich ganz heftig widersprechen. Worum ist es in diesem Finanzausgleich gegangen? – In diesem Finanzausgleich ist es wieder einmal nur ums Geld gegangen. Wenn meine Vorredner gemeint haben, das sei eine große Lösung, das sei ein Zukunftspaket, so kann ich das nicht so sehen. Welche Probleme wurden denn gelöst? Das Pflegeproblem? – Nicht, dass ich wüsste! Ein Ausgabendeckel wurde hier geschaffen. Wurden die Lücken für die Kinder­betreuungseinrichtungen geschlossen? – Nein, ein bisschen Geld wurde gegeben. Ein


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bisschen Geld da, ein bisschen Geld dort, ein bisschen Geld natürlich auch für die Krankenanstalten. (Abg. Mag. Gaßner: Besser als kein Geld!) Aber die Gesund­heitsfinanzierung und das Gesundheitsproblem sind doch nach wie vor ungelöst in diesem Lande.

Geschweige denn, dass wir das lösen, was schon lange auf der Tagesordnung steht, nämlich die Bundesstaats- und Verwaltungsreform. Geschweige denn, dass dieser Finanzausgleich es schafft, eine breite ökologische Ausrichtung sicherzustellen – einschließlich einer ökosozialen Steuerreform. Geschweige denn, dass dieser Finanz­ausgleich es schafft, eine gerechte kommunale Finanzierung zustande zu bringen, die sich tatsächlich, Herr Kollege Stummvoll, an den Aufgaben orientiert und nicht wahllos Mittel an die kleinen Gemeinden verteilt.

Aber beginnen wir der Reihe nach: Unser Finanzausgleich in Österreich ist gekenn­zeichnet durch ein riesiges Transferchaos. Das wissen wir alle. Das sagen uns die Experten, das sagen uns die Wissenschafter, und das wissen alle Politiker. Und was passiert? – Nichts passiert! Wir haben allein auf Gemeindeebene von und zu den Gemeinden 210 000 Transfers. Und diese Transfers sind die Folge eines Systems, in dem die Verantwortung für die Erledigung einer Aufgabe und deren Finanzierung auseinanderklafft. Dafür gibt es im föderalen System Österreichs Dutzende Beispiele. Es sind nicht nur die Pflichtschullehrer, sondern es sind auch die Krankenanstalten. Wir finden das in der Siedlungswasserwirtschaft und in vielen anderen Bereichen ebenso. Das schafft in unserem föderalen System ein Paradies der Unwirtschaft­lich­keiten.

Dieses Problem muss angegangen werden, und das kann nur angegangen werden, Herr Kollege Stummvoll, durch eine Bundesstaatsreform. Wir reden schon seit mehr als zehn Jahren – Perchtoldsdorfer Pakt, sage ich über diese Reform –, und wir haben bis jetzt dazu nichts zustande gebracht. Wann werden wir denn etwas zustande bringen in diesem Bereich, wenn nicht in einer Situation, in der wir eine Regierung mit einer breiten Verfassungsmehrheit haben? – Die Neuordnung der Kompetenzen kann nur von einer solchen Regierung zustande gebracht werden. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

Natürlich ist es kein einfaches Unterfangen, da gebe ich Ihnen schon recht, das ist eine komplexe Herausforderung. Aber das Beispiel der Schweiz zeigt, dass sie es nach siebenjährigen Beratungen geschafft hat, das umzusetzen. Der sogenannte neue Finanzausgleich wird, Herr Vizekanzler, mit 1. Jänner 2008 in der Schweiz in Kraft treten, mit weitreichenden Änderungen der Kompetenzverteilungen und mit weit­reichenden Änderungen im Finanzausgleich. Wenn wir das in Österreich auch schaffen, dann gelingt es uns, diese Unwirtschaftlichkeiten zu beseitigen. Dann können wir Spielraum schaffen für jene Bereiche, in denen tatsächlich das Geld fehlt, von der Kinderbetreuung über die Schulen und Universitäten letztlich bis hin zum Klimaschutz.

Aber zu dieser Bundesstaatsreform gehört auch ein Weiteres dazu, nämlich die Schaffung von mehr Verantwortlichkeit für die Aufbringung von Steuermitteln. Schauen wir uns an, wie das in Österreich ist, werfen wir einen Blick in die Länder: Die Lan­deshauptleute sind gerade mal für 3 Prozent der gesamten Einnahmen verantwortlich, nur für diese tragen sie die politische Verantwortlichkeit. Den Rest erhalten sie über den Finanzausgleich beziehungsweise über sogenannte Transfers für Wohnbau­förderung und andere Dinge, ziehen aber wie Fürstinnen und Fürsten durch die Länder und verteilen diese Gelder großzügig, für die jemand anderer politisch die Verant­wortung zu tragen hat, nämlich der Bund, der Herr Vizekanzler und Finanzminister. – Das soll ein Zukunftspakt sein? Weit und breit nichts davon zu erkennen!


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Wer nicht bereit ist, sage ich, ein Mehr an Verantwortung für die Steuermittel auch in den Ländern zu übernehmen, der stellt sich zunehmend selbst in Frage. (Beifall bei den Grünen.)

Dieser Finanzausgleich, der im Übrigen nicht zum ersten Mal für sechs Jahre abgeschlossen wird – das hatten wir alles schon einmal –, ist kein Zukunftspakt. Er bleibt in der Vergangenheit stehen und betoniert die Unwirtschaftlichkeiten dieses Paradieses der Unwirtschaftlichkeiten für weitere sechs Jahre ein.

Ein paar Worte zum kommunalen Finanzausgleich. Der kommunale Finanzausgleich wird von zwei Prinzipien getragen. Das eine Prinzip ist der Schlachtruf: Jeder Bürger ist gleich viel wert, obwohl wir wissen, dass das ein Prinzip ist, das ein schlechtes Argument darstellt, weil es zig Studien gibt, die zeigen, dass größere Gemeinden mehr Finanzmittel brauchen als kleinere Gemeinden, weil sie eben sogenannte zentral­örtliche Aufgaben erfüllen. Das heißt, sie bauen Spitäler, sie errichten Sport-, Kultur­einrichtungen und Ähnliches mehr, die von Bürgern in Anspruch genommen werden, die außerhalb dieser Gemeinden leben. (Abg. Zweytick: Das ist aber ein sehr altes Argument, Herr Kollege!) – Ja, so ist es. (Abg. Dr. Stummvoll: Lassen Sie sich von einem Bürgermeister etwas sagen!) – Speckgürtelproblematik, und Sie wissen da ganz genau, wovon ich rede.

Das zweite Problem ist, dass der kommunale Finanzausgleich von der Fiktion der sogenannten Einheitsgemeinde ausgeht. Diese Einheitsgemeinde gibt es in unserem Lande schon lange nicht mehr (Beifall bei den Grünen.)

Das ist eine Fiktion, die bestenfalls aus den fünfziger Jahren des vergangenen Jahr­hunderts stammt, und auch insofern kann ich nicht erkennen, wo hier ein Zukunftspakt liegen soll.

Die heutige Gesellschaft ist komplex, differenziert, und es werden vielfältige Anfor­derungen an die öffentliche Hand gestellt. Es geht eben nicht mehr nur um die Erfüllung von Pflichtausgaben, sondern es geht auch um verschiedene Dienstleis­tungen und Förderungen für die Wirtschaft, und das setzt unterschiedliche Finanzie­rungsmittel für die einzelnen Gemeinden voraus.

Die Zukunftslösung kann daher nicht darin liegen, den sogenannten abgestuften Bevölkerungsschlüssel weiter abzusenken und den kleinen Gemeinden mehr Geld zu geben, sondern die Zukunft kann nur darin liegen, einen sogenannten aufgaben­orien­tierten kommunalen Finanzausgleich zu schaffen, der die Mittel nicht so sehr nach der Bevölkerungszahl, sondern nach den tatsächlichen Aufgaben verteilt.

Es ist ja kein Geheimnis, dass beinahe alle europäischen Länder diesen Weg be­schreiten. Nur Österreich tut das nicht. Wer die kleinen Zentren im Raum fördert, der tut den Menschen etwas Gutes, die kleinen Zentren im Raum und die Ballungszentren, denn diese Zentren sind die Motoren für die Wirtschaftspolitik, für die Gesellschafts­politik, für die Kulturpolitik unseres Landes. Das, meine Damen und Herren, garantiert den Menschen auch Arbeitsplätze, und das gibt ihnen Sicherheit – und nicht das Kirchturmdenken, das heute noch in vielen Gemeindestuben vorherrscht. – Danke sehr. (Beifall bei den Grünen.)

10.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Strache. Redezeit: 8 Minuten. – Bitte.

 


10.33.10

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich begrüße auch den ORF, der heute live überträgt, und das ist gut so, denn


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da ist es nicht möglich, dass man totgeschwiegen wird oder Manipulation der Fall sein könnte. (Zwischenruf des Abg. Dr. Niederwieser.) Das sage ich ganz bewusst zu Beginn meiner Ausführungen, denn als wir gestern unseren Dringlichen Antrag hier eingebracht und Kinderschutz für Österreich eingefordert haben, hat man es in der „Zeit im Bild 1“ nicht der Mühe wert gefunden, auch die Freiheitliche Partei in irgend­einer Art und Weise zu erwähnen, während alle anderen Fraktionen in der „Zeit im Bild 1“ angesprochen worden sind. (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Niederwieser und Pfeffer.) Die Anzeigepflicht war eine Forderung der Freiheitlichen, und das freut uns, weil gerade im Kinderschutz etwas passieren muss. (Beifall bei der FPÖ.)

Da muss man auch der Manipulation des ORF entgegenwirken, denn leider Gottes ist es hier immer wieder so, dass das Objektivitätsgebot in der letzten Zeit, in den letzten Monaten und Jahren nicht erfüllt worden ist. – Das wollte ich nur eingangs festge­halten wissen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Stummvoll hat heute gesagt, dass die Mehrheit zum Glück woanders liegt, und mit der Mehrheit kann man etwas beschließen. – Da haben Sie recht, natürlich, Sie haben die Mehrheit. Aber nur weil Sie die Mehrheit haben, heißt das nicht, dass Sie mit Ihren Beschlüssen überall recht haben, Herr Stummvoll. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich glaube, dass viele Bürger bei dem, was hier an Fehlbeschlüssen und Entscheidun­gen in den letzten Monaten getroffen wurde, ihre Wahlentscheidung vom 1. Oktober längst bereuen und durchaus beginnen, umzudenken. Das ist auch gut so, und das wird gut sein für Österreich, wenn sich Mehrheiten verschieben. (Zwischenruf des Abg. Parnigoni.) Wenn man etwas verändern will, dann muss man einen Veränderungs­prozess bei einem Wahlgang herbeiführen.

Wenn ich mir den Finanzausgleich heute so ansehe – na ja, heute haben wir Nikolaus, aber mich erinnert der Finanzausgleich eher an den Krampus, daran, was der so alles mit sich bringt, denn dieser Finanzausgleich bedeutet Stillstand, er bedeutet Rück­schritt. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Das sage gar nicht ich, Sie regen sich auf vonseiten der ÖVP. Er bedeutet Rückschritt und Stillstand, aber das sage nicht ich, das sagt jemand von der Österreichischen Volkspartei, obwohl Sie sich aufregen. Das ist wieder einmal interessant.

Das Ganze ist eine Enttäuschung, sagt jener Herr. Die von Bund, Ländern und Gemeinden unterzeichnete Vereinbarung werfe ein grelles Blitzlicht darauf, dass in Österreich Veränderungen innerlich nicht gewünscht werden und quasi das Ganze wieder ein Rückschritt ist, letztlich ein Stillstand für Österreich festgemacht wird. Das sagte am 11. Oktober niemand geringerer als Wirtschaftskammerpräsident Leitl.

Also jetzt dürfen Sie sich wirklich aufregen. Aber endlich auch einer in der ÖVP, der Ihnen ausrichtet, dass Sie hier auf dem falschen Weg unterwegs sind. Das ist schon einmal ein erster Weg zur Besserung, dass es wenigstens eine Person gibt, die Ihnen das auch öffentlich mitteilt, sogar aus Ihrer eigenen Fraktion kommend.

Wirklich ambitionierte Ziele werden in diesem Finanzausgleich leider Gottes nicht verfolgt. Der ländliche Bereich wird weiter ausgedünnt, das ist das Faktum, das wir festmachen müssen. Wir haben hier kritische Entwicklungen. Besonders die Siedlungs­gemeinden sind betroffen, in denen es kaum Wirtschaftsbetriebe gibt. (Abg. Lentsch: Das Gegenteil ist der Fall!)

Besonders schockierend ist, dass gerade die Gemeinden heute 15 Prozent ihrer Ausgaben im Bereich Soziales und Sozialhilfe aufwenden müssen. Das sollte uns auch einmal zum Nachdenken bringen, warum das so ist. Das zeigt, dass immer mehr


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soziale Probleme vorhanden sind, wenn Gemeinden heute 15 Prozent ihrer Finanz­mittel, die sie zur Verfügung haben, für Sozialhilfe aufwenden müssen.

Das zeigt, dass Ihre soziale Kompetenz – leider Gottes – auf Bundesebene überhaupt nicht vorhanden ist. Das zeigt, dass Sie zwar permanent das Wort „sozial“ in Ihren Mund nehmen, aber dass soziale Sicherheit in Österreich – leider Gottes – nicht wirklich vorhanden ist und Sie teilweise auch unsoziale Entwicklungen zu verantworten haben. (Abg. Dr. Schelling: Die Ahnungslosigkeit schlägt da Purzelbäume!)

Ich sage das ganz offen. Schauen wir uns die Fakten an: Der Sozialstaat Österreich ist gefährdet, das Gesundheitssystem Österreichs ist gefährdet! Wenn wir uns heute die Vermögensaufteilung der österreichischen Bevölkerung ansehen und von dieser Vermögensverteilung ausgehen, dann erleben wir, dass 1 Prozent der Bevölkerung ein Drittel des Gesamtvermögens besitzt. Weitere 9 Prozent besitzen das zweite Drittel, und die restlichen 90 Prozent der Österreicher dürfen sich das dritte Drittel aufteilen.

So sieht heute die Ausgangsposition aus. Wir haben über eine Million Österreicher, die armutsgefährdet und davon betroffen sind; davon 467 000 Österreicher, die in einer verfestigten Armut leben, nämlich unter der Armutsgrenze leben müssen; 57 000 Öster­reicher, die trotz fleißiger Arbeit und erbrachter Steuerleistungen in Wirklichkeit heute armutsgefährdet sind und nicht mehr wissen, wie sie bei den gestiegenen Kosten mit dem geringen Gehalt, das ihnen zur Verfügung steht, überhaupt alles ab­decken können. 160 000 Menschen in Österreich sind nicht krankenversichert, 230 000 Menschen sind auf die Ausgleichszulage in Österreich angewiesen. – Das ist das Ergebnis im Dezember 2007. Zu dieser Leistung kann man Ihnen wirklich „gratulieren“.

Es verwundert nicht, weil wir die Preisfallen seit dem Jahr 2002, seit der Einführung des „Teuro“, immer wieder aufgezeigt haben. Rindfleisch: plus 45 Prozent, Diesel: plus 44 Prozent, Kartoffeln: plus 37 Prozent, Strom: plus 30 Prozent, Gas: plus 30 Prozent. Das könnten wir endlos fortsetzen. Angesichts dieser Tatsachen ist es kein Wunder, dass wir immer mehr Sozialfälle in Österreich vorfinden. Dagegen müssen wir etwas tun, und da sind auch Sie aufgefordert, etwas dagegen zu unternehmen.

Da kommen wir gleich zum Pflegebereich. – Völliges Versagen seitens dieser Bun­desregierung! Sie sind nicht bereit, endlich eine Pflegelösung sicherzustellen. (Abg. Donabauer: Betreuung!) Im Asylbereich ist es kein Problem, die Grundversorgung zwischen Bund und Ländern sicherzustellen, aber wenn es um Pflegefälle, um Österreicher geht, die ein Leben lang hart gearbeitet, geschuftet und Steuern gezahlt haben, sind Sie nicht bereit, diese entscheidende Pflegegrundversorgung zwischen Bund und Ländern sicherzustellen. Nein, Sie wollen diesen Menschen auch noch das letzte Hemd ausziehen. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist einfach skandalös! Die ÖVP will nur die Illegalität verlängern, und die SPÖ auf der anderen Seite versucht, Höchstgrenzen, Vermögensgrenzen sozusagen aufzu­bauen, um am Ende auch noch den übrigen Familienmitgliedern das letzte Hemd auszuziehen. Das ist sicherlich nicht das, was wir uns vorstellen. Wir wollen eine Erhöhung des Pflegegeldes um 18 Prozent sicherstellen, inflationsangepasst, und zudem muss in diesem Bereich eine jährliche Indexanpassung erfolgen, um einen kontinuierlichen Werteverlust in Zukunft zu vermeiden. Das ist wichtig.

Sie wollen in Wahrheit gar nichts ändern. (Abg. Parnigoni: Sie wollen alles!) Sie ver­walten die Missstände weiter – das ist Ihr Weg. Was mit den Menschen geschieht, ist Ihnen leider gerade in diesem Bereich völlig gleichgültig. Der Finanzausgleich heute legt trauriges Zeugnis dafür ab. (Abg. Parnigoni: Warum reden Sie über Österreich so schlecht? – Abg. Heinisch-Hosek: So ein Pessimist!) – Ich rede Österreich nicht


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schlecht, aber Sie negieren Fakten, versuchen, alles schönzureden. (Präsidentin Mag. Pram­mer gibt das Glockenzeichen.)

Mein Schlusssatz: Sie werden diese Dinge nicht verschweigen können. Reden Sie mit den betroffenen Menschen, die heute unter der Armut in Österreich leiden, weil Sie nichts dagegen unternehmen! (Beifall bei der FPÖ.)

10.41


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Bucher zu Wort. 8 Minuten Redezeit. – Bitte. (Vizekanzler Mag. Molterer – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Bucher –: Bring wieder ein Niveau rein!)

 


10.41.44

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Herr Staats­sekretär! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Der Herr Vizekanzler hat mich gerade aufgefordert, wieder ein gewisses Niveau in diese Diskussion zu bringen. (Beifall bei BZÖ und ÖVP. – Abg. Strache: Das ist gerade vom BZÖ schwer!) Wir sind bekannt dafür, dass wir auf höchstem Niveau diskutieren. Vor allem im Finanz­ausschuss, wo Sie leider nicht dabei sind, hat uns immer ausgezeichnet, dass wir aufgrund der Faktenlage die Argumente auf sehr seriösem Wege austauschen.

Ich darf Herrn Kollegem Stummvoll, der heute beispielsweise von enormen Errungen­schaften, von Heldentaten dieser Bundesregierung gesprochen hat, der Finanzaus­gleich sei geschafft, die FMA – Finanzmarktaufsicht – sei reformiert oder – was haben Sie noch gesagt? – das Bundeshaushaltsgesetz sei endlich realisiert (demonstrativer Beifall des Abg. Dr. Schüssel), schon eines sagen: Sagen Sie bitte auch dazu ... (Abg. Dr. Stummvoll: Und, und, und!) – Sie haben auch irgendwann einmal im Februar dieses Jahres gesagt: Wir haben ein Budget zustande gebracht – eine Heldentat! (Abg. Dr. Stummvoll: Ein Doppelbudget in Rekordzeit!)

Dazu muss man schon sagen: Wenn Sie nicht einmal ein Budget zustande bringen, dann brauchen Sie auch keine Koalition einzugehen. (Beifall beim BZÖ.) Das ist wohl das Mindeste, das man sich von einer Regierung erwarten darf: dass man sich zumin­dest auf ein Budget einigt.

Aber seien wir ganz ehrlich, das Bundeshaushaltsgesetz diskutieren wir in diesem Haus seit drei Jahren, wir sind uns im Grunde genommen immer einig gewesen, nur der Zeitpunkt war Ihnen nicht genehm, weil Sie sich nicht haben einigen können, wer das nach außen verkauft, entweder Rot oder Schwarz. Das war der Streitpunkt. In der Sache selbst, vom Inhalt her waren wir uns immer einig.

Oder: Finanzmarktaufsicht. Was ist denn da eine Heldentat, wenn man jetzt sagt: Die FMA wird schwarz, die Notenbank wird rot!? Was steht denn da für eine Heldentat dahinter, wenn man sich in alter koalitionärer Eintracht und Manier darauf einigt, im Reißverschlusssystem ganz Österreich in Rot und Schwarz aufzuteilen? Das reicht von den ASFINAG-Posten bis hin zu den ÖBB, zu allen staatsnahen Unternehmen in unserem Land (Ruf bei der SPÖ: Bei den ÖBB ist alles schwarz!); aws, austria wirtschaftsservice – ein Kollege von der SPÖ, der noch vor wenigen Monaten hier im Nationalrat gesessen ist. Alles kein Problem. Reden wir nicht darüber! Rot und Schwarz teilen dieses Land in alter Eintracht auf. Das ist aber keine Errungenschaft.

Sie haben heute weiters gesagt, Herr Kollege Stummvoll, das Trafikantenschutzpaket sei eine enorm tolle Sache. – Was ist denn toll daran, wenn Sie die Zigarettenpreise erhöhen und glauben, damit sei die Sache getan?

Sie reden von Stabilität, Sicherheit, Verlässlichkeit als Grundpfeiler dieser Bun­des­regierung. Dazu muss ich Ihnen schon sagen: Das Einzige, das stabil ist, ist die Streitkultur von SPÖ und ÖVP auf hohem Niveau. (Beifall beim BZÖ.) Das ist stabil.


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Das Einzige, das sicher ist: dass Sie verwalten und nicht gestalten. (Zwischenrufe bei der spö.) Und das Einzige, worauf sich die Bevölkerung verlassen kann, ist, dass Sie keine Steuern senken, sondern dass Sie die Steuern und Abgaben erhöhen. Das ist die einzige Verlässlichkeit, die wir haben, meine Damen und Herren! (Neuerlicher Beifall beim BZÖ. – Abg. Strache: Der Finanzminister als Blutsauger! Das ist es!)

Sie drücken sich vor allen Reformen. Sie drücken sich vor den Reformen, Herr Finanz­minister, und geben das Geld großzügig den Ländern, Städten und Gemeinden. Daran finde ich grundsätzlich nichts Falsches, wenn man es mit Maß und Ziel und mit Konzept macht. Aber das geschieht ja nicht. (Abg. Parnigoni: Was haben Sie in den letzten sieben Jahren gemacht? Sieben Jahre haben Sie regiert, Herr Bucher!) Sie schummeln sich vorbei an den großen Brocken und Problemen dieser Zeit, was die Krankenanstalten betrifft, was die Krankenversicherungsanstalten betrifft, was die Pflege, die Schulen, die Beamtenpensionen, die Verwaltungsreformen betrifft. Keine Vorschläge, keine Einigungen, keine Reform, keine Zukunftsaussichten – nichts ist da! Was machen Sie? – Sie gründen Arbeitsgruppen, Sie schummeln sich über den Bypass der Arbeitsgruppen wieder ein wenig nach vorne und versprechen der Bevölkerung eine steuerliche Entlastung im Jahr 2010.

Herr Kollege Stummvoll, seien wir doch ehrlich – wir haben ja gesagt, wir wollen seriös diskutieren –: Glauben Sie wirklich, dass Sie sich auf eine Steuerreform bis zum Jahr 2010 einigen können? (Abg. Dr. Stummvoll: Sie werden schauen! – Abg. Dr. Schüs­sel: Schauen Sie sich das an!) So weit, wie Sie in Ihren steuer­politi­schen Ansichten auseinanderliegen, so weit liegen keine Parteien in ganz Europa auseinander. Sie wollen ein Familiensplitting haben, Sie wollen eine Wertschöp­fungs­abgabe haben, Sie wollen das Vermögen in Österreich besteuern – das geht hinten und vorne nicht zusammen. Da sind Sie so weit auseinander, dass es gut sein kann, dass Sie hinten schon wieder zusammenkommen. So weit sind Sie auseinander, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Aber das geht an den Problemen der Menschen vorbei, das führt an den wahren Prob­lemen der Menschen vorbei. Die Menschen – so wie Herr Klubobmann Strache richtig ausgeführt hat – haben eine Menge an Teuerungen zu verkraften, Lebensmittel, Treibstoff, Heizkosten, et cetera, eine Menge an Teuerungen – und was macht die Bundesregierung? Anstatt den Menschen eine Entlastung anzubieten, werden – das werden wir in den nächsten Tagen erleben – Rezeptgebühren erhöht, Selbstbehalte erhöht, Kosten für Heilbehelfe erhöht (Abg. Strache: Der Blutsauger Finanzminister!), Krankenversicherungsbeiträge erhöht, ÖBB-Pendlertickets erhöht, ORF-Gebühren um 10 Prozent erhöht, der Preis für die Vignette wird angehoben, die Zigarettenpreise werden um 10 Prozent angehoben. Jetzt kommt die Normverbrauchsabgabe dazu, und die Mineralölsteuer haben Sie schon angehoben. Das sind die Top Ten dieser Bun­desregierung, meine sehr geehrten Damen und Herren, die die Lebenskosten der Men­schen in nächster Zukunft zusätzlich verteuern. (Zwischenruf des Abg. Dr. Stumm­voll.)

Ich würde Ihnen empfehlen, Herr Vizekanzler und Bundesminister für Finanzen: Halten Sie einmal Ihr Ohr in Richtung Menschen und nicht deren Brieftaschen in Ihren Hän­den, dann werden Sie auch ein wenig erfahren von den wahren Ängsten und Sorgen dieser Bevölkerung. Uns wird bei allen Diskussionen, die wir mit den Menschen in unserem Land führen, immer zugetragen, dass diese weiß Gott sehr enttäuscht von dieser Bundesregierung sind.

Es ist beispielsweise so, dass in der Verwaltungsreform überhaupt nichts weitergeht. Der Rechnungshof gibt Ihnen 207 Empfehlungen mit einem gesamten Einsparungs­volumen von insgesamt 4 Milliarden € mit auf den Weg, die Sie sofort in Angriff nehmen können. Mangels Einigung SPÖ/ÖVP passiert überhaupt nichts. Sie machen


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überhaupt nichts, Sie achten nur darauf, dass Sie sich die Posten aufteilen, dass Sie Ihre Wirtschaftskammer ruhig stellen, die sie immer kritisiert, die Sie selbst, wie wir schon gehört haben, kritisieren, die Sie in den Verfassungsrang stellen, damit Sie dort Ihre Beiträge einkassieren können, sich selbst verwalten können, ohne Kontrolle durch den Rechnungshof et cetera die Beiträge untereinander hin- und herschieben können.

Das wollen Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, aber das führt an den wahren Problemen unserer Zeit vorbei. Sie bieten keine Lösungen an, haben keine Visionen. Minister Buchinger zum Beispiel fordert von der Wirtschaft 4 Prozent Lohn­erhöhung. Er sagt nicht dazu, dass die kalte Progression schon einmal 2 Prozent frisst, dass die Inflation einiges davon wegfrisst, dass die Einzigen, die profitieren, einerseits der Finanzminister, nämlich über die Lohnsteuer (Abg. Parnigoni: Also hätte der Buchinger 8 Prozent verlangen sollen?) – ja, das ist leider so (Abg. Parnigoni: Das ist sehr gut!) –, und andererseits natürlich die Arbeiterkammer sind; die Arbeiterkammer profitiert über die Arbeiterkammerumlage. Aber die Bevölkerung merkt nichts davon in ihren Brieftaschen!

Das sollten Sie einmal überlegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist nicht Zukunft, das ist nicht Gestalten – das ist Verwalten! Dieser Finanzausgleich ist kein Finanzausgleich, Herr Bundesminister für Finanzen, das ist ein „Finanz­ausweich“. Sie weichen den wahren Problemen dieser Zeit aus. Dieses Programm ist nicht zukunftsfähig, daher werden wir diesem Programm auch nicht zustimmen. (Beifall beim BZÖ. – Vizekanzler Mag. Molterer: Warum hat dann der Landeshauptmann unterschrieben?)

10.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Vizekanzler Mag. Molterer zu Wort. 12 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Vizekanzler.

 


10.49.48

Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Mag. Wilhelm Molterer: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Zuseher auf der Galerie und vor den Fernsehschirmen! Wir haben jetzt wieder einmal ein Lehrbeispiel, wie aus meiner Sicht Diskussion nicht stattfinden sollte, erlebt.

Die Opposition kommt heraus, redet nicht über die Sachthemen, die heute anstehen (Abg. Mag. Rossmann: Das stimmt doch nicht!), und vor allem wird der Versuch gestartet, dieses unser Heimatland Österreich einfach in Grund und Boden zu reden. Ich mache das nicht, ich halte mich an die Fakten, meine Damen und Herren. Das haben die Menschen in dem Land verdient. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Die Fakten sprechen einfach eine klare Sprache. Wir haben in Österreich heuer mit einem Wirtschaftswachstum von 3,4 Prozent deutlich bessere Wachstumsdaten als der Durchschnitt der Euro-Länder. (Abg. Strache: Nur haben die Bürger nichts davon! Das ist das Problem!) Wir liegen um 0,7 Prozent darüber. Auch nächstes Jahr wird uns ein höheres Wachstum bescheinigt als in vielen europäischen Ländern. Wir haben eine Arbeitsmarktentwicklung, auf die wir stolz sein sollten, meine Damen und Herren. (Abg. Mag. Rossmann: Das Thema ist aber Finanzausgleich!) Wir sind mit 4,3 Prozent Arbeitslosenrate unter den Top Vier der Europäischen Union. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Strache: Durch Umstellungsprogramme und McJobs!) Das sind doch Fakten, die zählen, meine Damen und Herren.

Die österreichischen Arbeitnehmer und die österreichischen Unternehmer sind so gut, dass sie im Wettbewerb bestehen, sonst hätten wir nicht eine Exportrate von fast 60 Prozent, meine Damen und Herren.


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Wir sind auf dem richtigen Weg etwa auch beim Schuldenabbau, der mir ein be­sonderes Anliegen ist. Wir stehen heuer das erste Mal seit vielen Jahren mit weniger als 60 Prozent Schuldenquote da – das ist gut so. Die Entwicklung stimmt, meine Damen und Herren, die Richtung stimmt. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Strache: Aber die Bürger sind immer mehr verschuldet! Sie können es sich nicht mehr leisten!)

Herr Kollege Strache, wenn Sie an Fakten Interesse haben – manchmal bezweifle ich das! –, dann nehmen Sie doch auch unabhängige, nicht in Österreich geschriebene Medien. Der „Economist“, eine der renommiertesten Wirtschaftszeitungen der Welt beispielsweise widmet Österreich einen eigenen Beitrag mit dem Titel „The sound of success“, der Klang des Erfolges. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Danke für die Übersetzung!) Ich sage Ihnen, ich finde das ganz toll. Früher war Österreich bekannt für „The Sound of Music“. (Abg. Mag. Rossmann: Wann kommen Sie endlich zum Finanzausgleich, Herr Vizekanzler?) Österreich hat einen anderen Namen dazu gewonnen; der Name Österreich hat einen guten Klang in der Welt. (Abg. Strache: Oja, aber diese Politik nicht!) Darauf bin ich stolz, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Diese Arbeit, die diese Bundesregierung, aufbauend auf den Erfolgen der letzten Jahre, leistet, bringt uns einfach eine solide Finanz- und Wirtschaftssituation, die das Land braucht, die die Menschen brauchen. Was haben wir denn davon, wenn wir sozusagen irgendwelchen Schalmeientönen nachlaufen würden, die Sie da ausstoßen: Darf’s ein bisserl mehr sein? Wissen Sie, was Sie machen mit diesem Motto: Darf’s ein bisserl mehr sein? – Sie setzen ganz konsequent die falsche Politik der Vergangenheit, der Schulden fort, und die jungen Menschen, die hier beispielsweise teilnehmen, müssen zahlen. (Abg. Strache: Sie haben die Schulden gemacht!) Damit muss Schluss sein, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Strache: Die ÖVP hat mit den Sozialdemokraten die Schulden aufgebaut!) Mit dieser falschen Politik muss Schluss sein. Ich bin dafür, dass wir diese zukunftsorientierte Politik in dem Land gemeinsam gehen. (Abg. Strache: Sie haben die Schulden gemacht!)

Heute ist ein wichtiger Tag in dieser Perspektive für Österreich, in dieser guten Perspektive für Österreich. Wir beschließen heute, meine Damen und Herren – und ich danke Ihnen dafür –, eine ganze Reihe von wichtigen Zukunftsgesetzen für das Land. Erstens, ein ganz großes Ziel dieser Bundesregierung: solide Staatsfinanzen. (Abg. Strache: Steuern erhöhen!) Wir haben heute in der Beschlussfassung den Stabilitätspakt zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Dieser Stabilitätspakt sagt nicht mehr und nicht weniger, dass unser gemeinsames Ziel das Nulldefizit ist, damit wir uns eine Steuerentlastung für die Menschen in diesem Land leisten können. Das ist das Ziel, das diese Bundesregierung hat, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das bedeutet aber, dass wir uns auch anstrengen müssen. Glauben Sie denn wirklich, dass sich ein Nulldefizit Gott gegeben einstellt? – Nein. Dazu braucht es die Politik des Hausverstandes und der wirtschaftlichen Vernunft, und nicht die Politik des Populis­mus: Darf’s ein bisserl mehr sein? (Abg. Strache: Soziale Verantwortung, Herr Finanzminister! Soziale Verantwortung vergessen Sie!) Damit muss Schluss sein, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Daher wird diese solide Finanzpolitik auch in Zukunft genau den sozialen Spielraum schaffen, den Österreich braucht. Glauben Sie denn, dass ohne diese Solidität der Finanzpolitik eine Pensionserhöhung möglich gewesen wäre, wie sie in diesem Haus Gott sei Dank beschlossen wurde? Glauben Sie denn, dass eine Entlastung des Mittelstandes mit der Steuerreform möglich ist, ohne seriöse und solide Finanz­politik? – Nein. Ich stehe dazu, diese Bundesregierung ist dieser wirtschaftlichen Vernunft verpflichtet.


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Ich bedanke mich bei Ihnen, meine Damen und Herren, dass Sie einen wirklichen Meilenstein am Weg zu einer soliden und stabilitätsorientierten Finanzpolitik mittragen, und zwar einstimmig. Auch das soll einmal gesagt werden. Das ist eine wichtige Sache. Die Haushaltsrechtsreform, die seit längerer Zeit auch mit den Abgeordneten dieses Parlaments vorbereitet wurde, ist ein wirklicher Meilenstein für eine Zukunfts­strategie.

Ich habe diese Woche in der Europäischen Union über diese Haushaltsrechtsreform informiert. Das ist tatsächlich – ohne zu übertreiben! – ein Modell, ein Vorbild, dem andere europäische Länder folgen werden. (Abg. Mag. Rossmann: Wann werden Sie endlich zum Finanzausgleich sprechen?) Diese Haushaltsrechtsreform, meine Damen und Herren, bringt mehr Planbarkeit. Auch Sie, hier das Hohe Haus, werden stärker eingebunden sein mit der mehrjährigen Budgetperspektive, mit einem besseren Controlling. Das ist das, was wir brauchen, damit wir diese stabilitätsorientierte Haushaltspolitik auch rechtlich klar abgesichert fortsetzen können.

Zweitens: Wir beschließen heute den Finanzausgleich, eine faire Teilung des hart erarbeiteten Steuer-Euro der Menschen. Wir müssen den Menschen auch Rede und Antwort stehen, was mit diesem Geld im Sinne dieser fairen Teilung geschieht.

Manchmal habe ich folgenden Eindruck bei der Diskussion über den Finanzausgleich: Herr Kollege Rossmann, ich weiß nicht, wo Sie Ihre Amtsstube haben. Meine Amts­stube, meine Damen und Herren, ist das Wohnzimmer der Menschen in dem Land (Beifall bei der ÖVP – ironische Heiterkeit bei FPÖ, BZÖ und Grünen), weil es mir wichtig ist klarzumachen, dass der Finanzausgleich, Herr Kollege Rossmann, für 8,3 ... (Abg. Strache: Das ist ja köstlich! – Zwischenrufe bei FPÖ, BZÖ und Grünen.) – Ich weiß nicht, stört Sie das, wenn jemand die Interessen der Menschen vertritt? (Abg. Strache: Mit der Hand in der Hosentasche!) Diese Bundesregierung tut es, ich weiß nicht, welche Interessen Sie vertreten? (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Dr. Graf: Das ist ja ein ungebetener Gast! – Abg. Mag. Kogler: Glauben Sie, die Österreicher ...?)

Ich vertrete die Anliegen der Österreicherinnen und Österreicher. Jeder, der hier herinnen sitzt – viele von den Abgeordneten haben Gemeindeverantwortung –, weiß doch, dass für 8,3 Millionen Menschen in dem Land in 2 500 Gemeinden in dem Land die Tagesprobleme mit dem Finanzausgleich beantwortet werden: das tägliche Problem etwa, sicher die Schule besuchen zu können, das tägliche Problem, Spitals­aufenthalte finanzierbar und leistbar zu halten, etwa die Frage, die Mindestsicherung, das soziale Mindestniveau sicherzustellen (Abg. Mag. Rossmann: Aber wirtschaftlich muss es auch sein!), etwa die Frage, für die kleinen Gemeinden etwas zu tun.

Herr Kollege Rossmann, wenn Sie hier sagen, das einzige vernünftige Konzept pumpe alles in die großen Zentren (Abg. Mag. Rossmann: „Alles“ habe ich nicht gesagt! Das habe ich nicht gesagt!), dann haben Sie den Finanzausgleich nicht verstanden (Beifall bei ÖVP und SPÖ), denn kein Problem ist nicht so wichtig, dass es nicht in der Gemeinde, gerade auch durch die Menschen, die dort demokratische Verantwortung tragen, zu lösen ist.

Daher: Ja, dieser Finanzausgleich ist eine richtige Perspektive – keine Frage, auch mit den Reformen. Vielleicht sollten Sie es nachlesen. Dieses Transfer-Chaos haben wir zu einem Großteil bereinigt. Diese Transfers sind gestrichen und durch Ertragsanteile gelöst. (Abg. Mag. Rossmann: Vom Bund zu den Ländern und sonst gar nichts!) Wir haben etwa mit dieser Pensionsreform, die nun auch die Länder mitbeschließen werden, eine wichtige Perspektive gesetzt. Wir sind im Klimaschutz mit den Ländern und Gemeinden gut unterwegs. Hier habe ich, ganz offen gesagt, auch ein Mittel in der Hand, dass wir, erst wenn die 15a-Vereinbarung zwischen Ländern und Gemeinden


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unterschrieben ist, die Wohnbauförderungsmittel in Ertragsanteile umwandeln, weil ich eben will, dass wir diese gemeinsame Verantwortung nicht nur schriftlich festgehalten haben, sondern auch in der Realität umsetzen. Keine Sorge, ich werde dafür sorgen, dass die notwendigen Reformmaßnahmen auch umgesetzt werden! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Strache: Eine gefährliche Drohung!)

Mit diesem Paket, meine Damen und Herren, haben wir eine wichtige Perspektive für die kleinen und für die mittleren Unternehmen in dem Land, immerhin jene Unter­nehmen, die zwei Millionen Menschen Arbeit geben. Diese Mittelstandsförderung ist uns von der Europäischen Union in der Form, wie wir sie hatten – ich würde sagen –, nicht akzeptiert worden, daher haben wir sie verändert. Ich halte es für klar, dass die­ses Haus auch für diese kleinen und mittleren Unternehmen, für die Arbeitnehmer in diesen Bereichen diese Perspektive der Reformen setzt, auch im Bereich der Finanzverwaltung, der Finanzwirtschaft, und dass wir auch Probleme damit lösen, die akut sind. – Sie mögen vielleicht lächeln darüber, ich tue es nicht. (Präsidentin Dr. Glawischnig-Piesczek übernimmt den Vorsitz.)

Wenn Sie mit einer Trafikantin/mit einem Trafikanten reden, die/der von diesen Grenz­problemen jetzt betroffen ist, Umsatzverluste von 60 Prozent und mehr hat – eine Existenz gefährdende Situation, mein Damen und Herren! –, und Sie hier zum Red­nerpult gehen und eine Lösung belächeln, die den Menschen in dem Lande Perspek­tiven gibt (Abg. Strache: Aber die KMUs haben doch nur Belastungen durch Sie!), dann haben Sie aus meiner Sicht die politische Grundaufnahmeprüfung nicht bestan­den. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Strache: Aber bitte, Sie lassen doch die KMUs im Stich!) Wir helfen dort, wo Hilfe notwendig ist. (Abg. Mag. Kogler: Wald- und Wiesenreferat!)

Eine essentielle Voraussetzung für den zukünftigen Erfolg Österreichs ist eine solide und klare Aufsichtsregelung auch über den Finanzmarkt. Das ist eine Notwendigkeit gewesen, wo in den Untersuchungsausschüssen, im Rechnungshof viele Anregungen gekommen sind. Wir haben das aufgegriffen. (Abg. Mag. Rossmann: Teilweise!) Und mit der Finanzmarktaufsicht neu, meine Damen und Herren, haben wir eine saubere, neue, klare Lösung, wie bestmöglich Aufsicht im Interesse der Konsumenten und der Wirtschaft in Österreich funktioniert. Gemeinsame Verantwortung der Nationalbank und der Finanzmarktaufsicht, diese ganz klare Zwei-Säulen-Strategie in einer Verant­wort­lichkeit für den Finanzplatz, das ist die richtige Perspektive, die wir hier haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Zum Abschluss, meine Damen und Herren: Manche mögen es vielleicht als Kleinigkeit empfinden, mich freut es. Ich habe vor wenigen Wochen eine ganz konkrete Anregung gemacht, die den jungen Familien in Österreich eine verbesserte Zukunftsperspektive bieten soll. Ich habe vorgeschlagen: Begrüßen wir doch neugeborene Österreicherin­nen und Österreicher nicht mit der Stempelmarke, sondern mit einer großen Freude, dass sie da sind! Streichen wir einfach die Gebühren bei der Geburt von Kindern! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.) Das ist so schnell gemacht worden wie kaum ein anderes Gesetz. Ich danke Ihnen dafür. (Abg. Mag. Rossmann: Das war ein wichtiges Finanzausgleichsthema! – Präsidentin Dr. Glawischnig-Piesczek gibt das Glocken­zeichen.)

Ich weiß, dass die Länder diesem guten Beispiel des Bundes folgen werden, dieser positiven Perspektive der wirtschaftlichen Stärke des Landes, die auch soziale Zukunft und ökologische Verantwortung bietet. (Abg. Strache: Na, leider nicht! Das Gegenteil leider!) Das ist unser Konzept: Positiv für das Land, Herr Kollege Strache! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Graf. – Abg. Ing. Westenthaler: Amen, Herr Finanzminister!)

11.02



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 54

Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Auer. 7 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


11.02.54

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe ja schon in den letzten Jahren manchmal dem Kollegen Rossmann sehr aufmerksam zugehört, wenn es um den Finanzausgleich, um Budget, um zukünftige Finanzen und andere Dinge gegangen ist, und ich war immer der Meinung, das ist durchaus ein Budget­experte (Abg. Dr. Stummvoll: Stimmt leider nicht!), ein Wirtschaftsfachmann mittlerer Qualität – ich würde jetzt nicht sagen, ganz oben angesiedelt, aber durchaus brauch­bar –, aber eines habe ich heute festgestellt: Von der Kommunalpolitik versteht er wirklich nichts. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, es ist eben ein Unterschied, ob man mit den täglichen Sorgen der Gemeindebürger beschäftigt ist oder irgendwo in der Peripherie abgehoben in seiner Tintenburg meint, hier Gemeindepolitik machen zu können. (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.)

Sie stellen die Behauptung auf, dass wahllos in die kleinen Gemeinden das Geld fließen würde, Herr Kollege Rossmann! (Abg. Mag. Rossmann: Das Wort „wahllos“ haben ...!) Ich lade Sie herzlich ein, einmal in eine kleine Gemeinde zu kommen und nur für vier Wochen Verantwortung zu tragen. Und dann sagen Sie uns, wo Sie Veränderungen vornehmen! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.)

Ich sage Ihnen ganz offen: Sie hätten ja die Chance, sich bei Ihrem früheren Kollegen Buchner in Steyregg einmal Nachhilfe abzuholen. Der ist Bürgermeister, durchaus erfolgreicher grüner Bürgermeister, das sei festgehalten. Da könnten Sie sich einmal ein paar Lernstunden holen. (Abg. Dr. Pirklhuber: Das ist keine kleine Gemeinde! – Abg. Mag. Rossmann: Was ist eine kleine Gemeinde?)

Wissen Sie, wenn ich Ihnen, Herr Kollege Rossmann, in der Frage des Finanzaus­gleiches und der Kommunalpolitik zuhöre, fällt mir der Spruch ein: Da reden die Blinden von der Farbe. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

Ich will wirklich nicht überheblich wirken oder eingebildet sein, aber ich kenne beide Seiten. Ich bin das 31. Jahr Bürgermeister in einer kleinen Gemeinde mit 1 300 Ein­wohnern und auch bei Direktwahlen mit über 82 Prozent gewählt worden – damit das klargestellt ist. (Beifall bei der ÖVP.) Meine Damen und Herren, da ist Sparen und Effizienz tägliches Brot. Der Landeskontrolldienst hat mir bestätigt, dass ich nur 1,3 Prozent an Aufwendungen des ordentlichen Haushaltes für Rückzahlungen und Zinsen brauche – im Budget meiner Gemeinde Fischlham. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Graf: ... man wahrscheinlich auch im Wohnzimmer sitzt! Das Wohnzim­mer ist ja überfordert! Da sitzen lauter Politiker drinnen!)

Meine Damen und Herren! Verantwortung zu tragen – oder populistisch etwas in den Raum zu stellen, das ist ein Unterschied. Merken Sie sich das!

Meine Damen und Herren! Der Finanzausgleich ist jenes Thema, das zwar in das Leben eines jeden Menschen eingreift, aber offensichtlich nur ein paar wenige inter­essiert und mit dem sich noch weniger beschäftigen. Es geht dabei aber im Wesentlichen um die Zuteilung und Aufteilung der Mittel von knapp 60 Milliarden €, und das ist eine gewaltige Summe. Es ist letztlich auch die Garantie für die Gemeinden, ob sie in der Lage sind, die Infrastruktur, den Kindergarten, das Schulwesen, die Pflege, die Krankenanstaltenfinanzierung mitzutragen, ob sie in der Lage sind, die Trink­wasserversorgung, die Abwasserversorgung, die Müllabfuhr und so weiter zu organi-


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sieren – das tägliche Brot der Bürgermeister und der Gemeinderäte, der Verantwort­lichen.

Meine Damen und Herren, jeder von uns – und das sollten wir bedenken – lebt in einer Gemeinde, ob in einer großen Stadt oder in einem kleinen Dorf. Es ist der Ort, wo die Wahrheit ist (Abg. Mandak: Ha, die Wahrheit!), wo man zuhause ist, wo die Wirklichkeit stattfindet, Herr Kollege Rossmann! (Beifall bei der ÖVP.) Da können Sie auf die Dauer nicht ausweichen! Da ist nämlich täglich überprüfbar zwischen Schein und Sein (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber), zwischen dem, was versprochen, und dem, was umgesetzt wurde. Da können Sie auch nicht sagen: Die Koalition ist so böse und nimmt keine Rücksicht auf die Opposition! – So spielt es das nicht; die Ausrede zählt dort nicht.

Nun, was ist neu an diesem Finanzausgleich? Es wurde von meinem Kollegen Günter Stummvoll bereits darauf hingewiesen: Sechs Jahre Abschluss, in Wahrheit fünf Jahre, weil man es um ein Jahr vorgezogen hat, wenn man es genau nimmt.

Was ist positiv? Was ist zu hinterfragen? – Es ist zu einem raschen Abschluss gekommen, dafür ist den beiden, Herrn Bundesminister für Finanzen Mag. Molterer und Herrn Staatssekretär Dr. Matznetter, zu danken, auch allen Verhandlungs­teilneh­mern. Positiv ist frisches Geld zur teilweisen Finanzierung der Mehrausgaben bei den Krankenanstalten. Positiv ist die Verflachung der untersten Stufe, sodass auch in den kleineren Gemeinden ein bisschen mehr Gerechtigkeit einzieht. Ich bin ja ganz begeistert, wenn man weiß, wie groß die Aufgaben in den Städten sind. Groß heißt aber noch lange nicht arm oder reich, und umgekehrt ist es genauso. Es ist eine Frage der Finanzkraft. Und eines sei dabei festzuhalten: Kein Finanzausgleich bisher, auch der diesjährige nicht, konnte das Auseinanderklaffen der reichen und der armen Gemeinden verhindern, denn es ist die Frage des Kommunalsteueraufkommens, der eigenen Steuerleistungen auch zu berücksichtigen.

Es ist auch bemerkenswert, wie großartig es machbar war, es jetzt als großen Erfolg zu verkaufen, dass wir jene Beiträge, die die Gemeinden, die Länder dem Bund quasi geliehen haben in Form des Konsolidierungsbeitrags oder auf die sie bereit waren auf Jahre zu verzichten, wieder zurückerhalten.

Meine Damen und Herren, es ist jetzt nicht die große Gerechtigkeit ausgebrochen, denn beim Steuerzahlen sind der Kollege Rossmann und der Jakob Auer, wenn sie auf gleicher Einkommensstufe sind, gleich bewertet, wurscht, in welcher Stadt, in welcher Gemeinde jemand zuhause ist. Nur bei der Zuteilung der Mittel gibt es dann den riesengroßen Unterschied – das sei einmal festgehalten, meine Damen und Herren, wenn wir schon von Gerechtigkeit reden! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Mag. Rossmann.)

Ich bin ja ganz begeistert, vom Kollegen Strache zu hören, dass die Gemeinden beinahe 15 Prozent für Soziales ausgeben. Ich gebe Ihnen die Antwort: Es sind rund 25 Prozent, und je geringer die eigene Finanzkraft, umso höher ist dieser Beitrag, der zu leisten ist. Aber auch hier fehlt Ihnen offensichtlich das Hintergrundwissen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, zusammengefasst: Es ist ein akzeptabler Abschluss, ein wichtiger Schritt zu mehr Gerechtigkeit, aber nicht der letzte, das halte ich hier ausdrücklich fest. Er ist vor allem auch getragen von einer ausgezeichneten Konjunk­tur, denn wenn um so viel mehr Beschäftigte vorhanden sind, wenn um so viel mehr Menschen Brot und Arbeit finden, dann ist die Steuerleistung höher, ist das Aufkommen bei den Sozialversicherungsbeiträgen besser, ist die Finanzierung dieser Krankenanstalten und der Pflege und so weiter etwas leichter möglich.


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Ich danke daher allen Verhandlungsteilnehmern, vor allem auch den Kollegen Gaßner, Steier und Pendl sowie den Kollegen Hornek und Prinz, die damals bereit waren, mitten im Sommer in einem Gespräch mit dem Finanzminister, mit dem Gemeindebund mitzuhelfen, auf die Problematik der kleineren und schwächeren Gemeinden hinzu­weisen. Danke auch diesen Kollegen. Von euch habe ich hier nichts gehört, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Präsidentin Dr. Glawischnig-Piesczek gibt das Glockenzeichen.)

Der besondere Dank gilt aber den Gemeindemandataren vor Ort, die leisten die meiste Arbeit. Und dieser Finanzausgleich soll mithelfen, diese Arbeit ein wenig zu erleichtern. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.10


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. 7 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


11.10.19

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Finanzminis­ter! Herr Staatssekretär! Da ich nicht möchte, dass in den Wohnzimmern der Österreicherinnen und Österreicher die Fernsehapparate eventuell abgeschaltet wer­den (Abg. Ing. Westenthaler: Das wird spätestens jetzt passieren! Das wird jetzt passieren!), weil heute schon so viele pessimistische Aussagen zur Finanzsituation in unserem Land gemacht wurden, möchte ich mich in die Reihe der OptimistInnen ein­reihen und zum Finanzausgleich sehr positiv Stellung nehmen. (Abg. Ing. Westen­thaler: Spätestens jetzt haben alle abgedreht!)

Finanzausgleichsverhandlungen – Herr Kollege Westenthaler, Sie geben mir sicher recht – zählen zu den wichtigsten Verhandlungen in der Politik; normalerweise alle vier Jahre, jetzt vorgezogen. (Zwischenruf des Abg. Scheibner.) Große Projekte stehen an, große Projekte, die im Sinne der Menschen positiv erledigt und bewältigt werden sollen.

Das sind Projekte vor allem im Bereich der Bildung – ich hoffe, die Bildung ist Ihnen auch so ein Anliegen wie uns, Herr Kollege Scheibner (Abg. Scheibner: Sind es jetzt vier Jahre oder sechs Jahre?) – und der Betreuung unserer Kleinsten und der Schulkinder und Jugendlichen. (Abg. Ing. Westenthaler: Oder fünf Jahre?) Es sind wichtige Projekte im Bereich der Gesundheit (Abg. Scheibner: Wie lange dauert jetzt der Finanzausgleich? – Abg. Ing. Westenthaler: Vier Jahre oder sechs Jahre?), im Bereich des Sozialwesens, im Bereich der Pflege, im Bereich der Verwaltung, des Klimaschutzes, aber auch der Stärkung des ländlichen Raumes.

Und es wird Sie sicherlich nicht überraschen, liebe Kolleginnen und Kollegen (Abg. Scheibner: Sie wissen nicht einmal, wie lang der Finanzausgleich dauert!), dass ich sehr, sehr stolz sagen kann, dass viele sozialdemokratische Forderungen und Anlie­gen damit auch verwirklicht werden können (Abg. Scheibner: Aber Sie kennen nicht den Finanzausgleich!) – Schritt für Schritt, das ist mir bewusst, denn das Märchen vom „Tischlein, deck dich – Esel, streck dich!“ kennen wir alle (Abg. Scheibner: Aber nicht den Finanzausgleich!), aber so ist es in der Realität nicht. Daher müssen wir wirklich mit Zielbewusstsein und Augenmaß darauf schauen, dass das Geld in den Ländern, Gemeinden und Städten gut verteilt wird. (Abg. Strache: Und die Bürger dann noch im Wohnzimmer belästigen!)

Natürlich: Die Anforderungen der Länder und Gemeinden sind gestiegen. Daher ist es notwendig, dass diese Finanzausgleichsverhandlungen jetzt vorgezogen wurden und auch so positiv abgeschlossen werden konnten. Das Geld gehört nämlich dorthin, wo


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die Bürgerinnen und Bürger leben und wo sie arbeiten. Das ist sicherlich klar. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Mag. Rossmann.)

Wenn jemand jetzt meint, ich bin mit dem Ergebnis restlos zufrieden, dann ist das aber ein Irrtum. Ich möchte sehr kritisch anmerken, dass das der erste Schritt ist, das ist keine Frage. Und ich weiß auch, dass die Wunschlisten von SPÖ und ÖVP unter­schiedliche Prioritäten aufweisen, das ist klar. Aber mir ist wichtig, dass die Kern­themen der Sozialdemokratie hier angegangen werden. Es geht dabei um die Bildung und Betreuung unserer Kinder, und die muss uns doch allen ein Anliegen und wichtig sein. Und ich weiß, dass dieser Bundesregierung das ein Anliegen ist.

Es ist genauso wichtig, dass wir uns mit dem Thema befassen: Wie wirken sich dieses Budget und vor allem die nächsten Budgets auf die Situation von Männern und Frauen in diesem Land aus? – Wir hatten ein ExpertInnen-Hearing, wir haben Expertinnen und Experten eingeladen. Einige von uns haben noch gar nicht wirklich gewusst, was „Gender Budgeting“ eigentlich ist. Das ist eine Methode, das ist ein Weg, um zu dem Ziel zu kommen, dass es in Zukunft nicht mehr egal ist, ob mehr Geld für einen Golfplatz oder auch Geld für ein Frauenhaus ausgegeben wird, Herr Kollege Scheib­ner, denn ein Frauenhaus ist ein Ort, wohin Frauen flüchten können, wenn sie von Gewalt betroffen sind. (Zwischenrufe der Abgeordneten Scheibner und Dolinschek.)

Lassen Sie mich an dieser Stelle ganz kurz Folgendes erwähnen: Ich finde es wirklich wichtig und gut, dass viele der männlichen Kollegen in den letzten drei Tagen, während dieser Plenartage, dieses weiße Abzeichen tragen, dieses White Ribbon, durch das Männer zum Ausdruck bringen, dass sie von Gewalt von Männern an Frauen absolut nichts halten. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Wir halten von Gewalt generell nichts! Gewalt ist generell abzulehnen!)

Das Thema Kinderbetreuung, Kinderbildung ist mir sowieso ein großes Anliegen, weil es aus unserer Sicht nicht nur wichtig ist, dass sichergestellt wird, dass Kinder in unserem Land die besten Bildungsmöglichkeiten bekommen, es ist mir auch wichtig, dass Familien die Möglichkeit haben, Beruf und Familie gut zu vereinbaren. Daher ist die Flexibilisierung des Kindergeldes, dass man jetzt mehr Möglichkeiten hat, dieses Kindergeld in Anspruch zu nehmen, ein erster Schritt gewesen, dem ein zweiter folgen musste, nämlich dass wir es jetzt in den Finanzausgleichsverhandlungen geschafft haben, dass die Länder und die Gemeinden auch Geld zur Verfügung gestellt bekom­men, damit sie eben diese Kinderbetreuungsplätze ausbauen können.

Ich stehe nicht an zu sagen, dass es auch wichtig ist, dass die Ausbildung von Tages­müttern hier hineingenommen wurde, weil ich der Meinung bin, Wahlmöglichkeiten für junge Eltern sollten in jedem Fall gegeben sein. Und es kommt schließlich auch darauf an, wo man lebt (Beifall der Abg. Mag. Aubauer) und welche Möglichkeiten man hat, wenn gerade vielleicht kein Kindergarten zur Verfügung steht.

Daher halte ich es für essentiell wichtig, dass diese dreimal 20 Millionen € von den Bun­desländern verdoppelt werden und dass mit diesen insgesamt sicherlich mehr als 120 Millionen € wirklich zum ersten Mal seit sieben Jahren wieder frisches Geld vorhanden ist, mit dem wir in die Bildung und Ausbildung unserer Kleinsten investieren können – und auch unserer Schülerinnen und Schüler, nicht zu vergessen, denn 1 500 Lehrerinnen und Lehrer mehr in Österreich bedeuten sicherlich auch ein angeneh­meres Arbeiten – ich habe über 20 Jahre lang mit Kindern gearbeitet –, weil damit kleinere Klassen möglich sind und weil wir sicherstellen, dass auch die Schulen im ländlichen Raum nicht von Schließung bedroht sind.

Ich möchte abschließend festhalten, dass ich allen Landespolitikerinnen und Lan­despolitikern, allen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern wirklich viel Kraft und Erfolg dabei wünsche, mit diesem Geld, das nun zur Verfügung steht, in den nächsten


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sechs Jahren ihre Vorhaben schrittweise im Sinne der österreichischen Bevölkerung umzusetzen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

11.16


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. Ebenfalls 7 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Klubobmann.

 


11.16.25

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Meine Damen und Herren! Herr Vizekanzler! Wir bemühen uns alle immer, Bilder zu finden, Metaphern zu finden für das, was wir tun (Abg. Dr. Graf: Verschonen Sie die Österreicher damit!) – und manchmal glückt es, manchmal geht es daneben. Eines muss ich schon sagen: Sie haben gesagt: Meine Amtsstube – also Ihre, Herr Vizekanzler – ist das Wohnzimmer der Menschen in Österreich. (Abg. Strache: Nicht einmal dort lässt er die Bürger in Ruhe!)

Herr Vizekanzler! Herr Finanzminister! Das verbitte ich mir! Sie sind als Privatperson, als Person Willi Molterer in meinem Wohnzimmer jederzeit willkommen, aber Ihre Amtsstube – nein, das geht eindeutig zu weit! (Beifall bei den Grünen. – Vizekanzler Mag. Molterer: Was haben Sie dagegen, dass gearbeitet wird? – Abg. Öllinger: Wer weiß, wo er noch hingehen möchte?)

Zweite Vorbemerkung: Herr Kollege Auer, ich gratuliere! 31 Jahre Bürgermeister – das bringt so schnell nicht jemand zusammen in Österreich. (Ruf: Außer in Fischlham!) Einer „meiner“ Bürgermeister – unter Anführungszeichen – im Kaunertal in Tirol hat es auch auf ungefähr 30 Jahre gebracht; er ist mittlerweile in Ehren sozusagen ausge­schieden. (Abg. Grillitsch: War der auch von der ÖVP?) – Ja, ÖVP, natürlich. (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Kaunertal – ich bitte Sie, was denn sonst?

„Mein“ Bürgermeister – wieder unter Anführungszeichen – in Wörterberg ist übrigens um die 70 und hat die Direktwahl bei der letzten Kommunalwahl heuer gewonnen (Abg. Dr. Graf: Jetzt wird er schon aus Mitleid gewählt!), dazu gratuliere ich auch!

Da können Sie noch lange Bürgermeister bleiben, Herr Kollege Auer! Aber wenn Sie so lange Bürgermeister sind (Abg. Ing. Westenthaler: Könnt ihr euch das nicht draußen ausmachen? Muss das unbedingt vom Rednerpult aus sein?), dann kennen Sie doch die Diskussion im Rahmen des Finanzausgleichs über den vertikalen Finanz­ausgleich, über den horizontalen Finanzausgleich, das heißt, wie innerhalb der Gemeinden der Finanzausgleich ausschauen soll. Ich weiß nicht, warum Sie sich über den Kollegen Rossmann so echauffieren. Sie kennen doch die Diskussion um die Frage: Nach welchen Kriterien sollen welcher Gemeinde – ob klein, ob groß, ob mittelgroß – die Mittel zugeteilt werden? – Gibt es da zum Beispiel eine Bezirksverwal­tungsbehörde, in den Statutarstädten? Gibt es ein Theater, ja oder nein? (Abg. Dr. Graf: Das geht jetzt nach der Zwei-Säulen-Theorie! – Ironische Heiterkeit des Abg. Dr. Graf. – Ruf bei der FPÖ: Die fällt leicht um!) Gibt es übergeordnete Aufgaben für die Region, die speziell abgegolten werden müssen?

Und umgekehrt, bei den Klein- und Kleinstgemeinden am Berg: Gibt es besondere Kosten für den Wegebau et cetera? – Das ist sehr komplex! Da brauchen Sie sich gar nicht so zu echauffieren und so zu tun, als ob Bruno Rossmann oder ich oder sonst jemand von den Grünen die Kleingemeinden aushungern wollte. Das ist sicher nicht der Fall! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Jakob Auer.)

Aber dass das unsystematisch erfolgt, dass wir von jeder FAG-Periode zur nächsten über den abgestuften Bevölkerungsschlüssel diskutieren – kein Mensch weiß, was das ist (Abg. Sieber: Sie schon?); ich werde es jetzt auch nicht erklären – und dass die


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Reformen dann in winzigen Schritten erfolgen und nie irgendein größerer Wurf erfolgt, das wissen Sie genau wie ich. Der Finanzausgleich ist ein Musterbeispiel für etwas, wo man Reformen, Veränderungen nur dann erkennen kann, wenn man es über die Jahrzehnte betrachtet, weil jede einzelne Periode von Reformen betroffen ist, die in so minimalem Schneckentempo erfolgen, dass man sie mit freiem Auge kaum erkennt. Diesmal kommen auch welche vor! Und wenn man das FAG 2008 vergleicht mit dem des Jahres 1948, sieht man deutliche Änderungen (Abg. Dr. Graf: Das aber nur wegen der Zwei-Säulen-Theorie! – ironische Heiterkeit des Abg. Dr. Graf), und zum Teil echt effizienzerhöhende Änderungen.

Aber das Kernproblem, das Bruno Rossmann angesprochen hat, ist auch diesmal wieder nicht angegangen worden, nämlich das Auseinanderfallen von finanzieller Ver­antwortung im Rahmen der Einnahmen und finanzieller Verantwortung im Rahmen der Ausgaben. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Jakob Auer: Aber nur zwischen Ländern und Bund!) – Zwischen Ländern und Bund, in erster Linie zwischen Ländern und Bund.

Und das Verschulden für diese Entwicklung liegt auf beiden Seiten. Ich verfolge das jetzt schon sehr lange: Ende der siebziger Jahre hat es eine Initiative der Bun­desländer für stärkere, eigene Besteuerungsrechte gegeben. – Stellen Sie sich vor: Vor 30 Jahren hat es eine Initiative der damals schwarz, in der Regel schwarz, regierten Bundesländer gegeben, dass sie eigene Besteuerungsrechte haben wollen und diese auch politisch verantworten werden! – Das ist von der damaligen mono­coloren roten Bundesregierung abgestellt worden. Dieses Angebot ist nicht angenom­men worden, wenn Sie so wollen.

Mitte der neunziger Jahre – da war ich schon im Parlament – gab es eine originelle Initiative eines österreichischen Bundeslandes, nämlich Niederösterreichs, für eine eigene Landessteuer, nämlich Strommasten zu besteuern. Ich habe mir damals gdacht, ökonomisch gesehen ist es wahrscheinlich ein Blödsinn, aber politisch gesehen soll man dem Land Niederösterreich diese Möglichkeit eröffnen, endlich einmal eine eigene Abgabe einzuführen und zu verantworten gegenüber der eigenen Landesbevölkerung, gegenüber den eigenen Wählerinnen und Wählern! (Beifall bei den Grünen.)

Was geschah damals im zuständigen Ausschuss? – Meiner Erinnerung nach: ÖVP und Grüne für die Initiative des Landes Niederösterreich; abgewürgt von den Sozial­demokraten und der damaligen FPÖ. (Ruf bei der FPÖ: Und gut war das! Das war gut!) Und heute sind wir am gleichen Stand wie vor 50 Jahren. In diesem großen Bereich der Verantwortungsabgrenzung, Verantwortungstrennung, Verantwortungszuordnung pas­siert so gut wie nichts.

Ganz kurz zur Wohnbauförderung und zu den Schulen. – Herr Finanzminister Molterer und meine Damen und Herren von der SPÖ! Ich weiß nicht, ob Sie schon mitbe­kommen haben, dass heute die Steiermark nach einer Aussage von Landeshauptmann Voves komplett aus der Schulreform aussteigt. Modellregion Steiermark gestorben! (Abg. Heinisch-Hosek: Es geht ja um die Klassenschülerzahl!) Grund: Die Finan­zierung dieser neuen Mittelschule sei nach Ansicht des Landes Steiermark vollkommen ungesichert – im Übrigen auch nach unserer Ansicht. (Abg. Heinisch-Hosek: Es geht ja um die Anzahl der Kinder in den Klassen! Um die LehrerInnen! Das ist ein anderes Thema!) Die Finanzierung dieser neuen Mittelschule ist ungesichert! Das Land Steiermark, ein rotes Land – habe ich bisher gedacht –, steigt aus dem Modellversuch der roten Bildungsministerin, deren Initiativen wir immer sehr unterstützt haben, aus, weil die Mittel fehlen, die auch der Herr Finanzminister nicht zur Verfügung stellt. Das ist die Situation! (Beifall bei den Grünen.)


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Das ist jetzt nicht unmittelbar eine Sache des Finanzausgleiches, soweit es die weiter­führenden Schulen betrifft, aber im Pflichtschulsektor ist der Finanzausgleich maß­geblich, und da brüstet sich Herr Finanzminister Molterer heute in der „Presse“ mit der Aussage:

Die Länder haben keine Ausrede mehr, Reformen nicht angehen zu können, weil das Geld fehlt.

Herr Minister Molterer, im Schulbereich ist das ganz sicher nicht der Fall! Im Vorschulbereich ist das schon gar nicht der Fall – und mit „Vorschulbereich“ meine ich die Kindergärten und die Kinderkrippen. Wir können uns darüber streiten, ob 30 000, 50 000 oder 70 000 Kindergartenplätze in Österreich fehlen, klar ist aber eines: Die Länder sind zuständig für deren Finanzierung. Dass die Länder mit ihren Mitteln das nicht finanzieren können, steht ebenfalls außer Frage. Dass die 20 Millionen, die die Länder jetzt versprochen haben, und die 20 Millionen vom Bund mit Sicherheit nicht ausreichen werden, um zusätzliche Kinderbetreuung im ausreichenden Ausmaß zu schaffen, das kann ich Ihnen jederzeit schriftlich geben, und nicht nur ich, sondern auch der Kollege Auer und jeder in diesem Haus, der sich mit der Materie beschäftigt hat.

Ich sage Ihnen, wir reden hier von Größenordnungen – in der ersten Phase – von 200, 300, 400 Millionen € in diesem Bereich der Kindergärten und Kinderkrippen! – Das, was Sie hier machen, ist ein Tropfen auf den heißen Stein. (Beifall bei den Grünen. – Vizekanzler Mag. Molterer: Sie kritisieren doch, dass wir den Ländern zu viel gegeben haben im FAG!)

11.24


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Weinzinger zu Wort. Wiederum 7 Minuten Redezeit. – Sie haben das Wort, Herr Abgeordneter. (Abg. Lutz Weinzinger – auf den zwischen Rednerpult und Regie­rungsbank stehenden Abg. Van der Bellen, der mit Vizekanzler Mag. Molterer spricht, weisend –: Noch geht es nicht, Frau Präsidentin! – Abg. Ing. Westenthaler: Eine Kollision!)

Entschuldigung, könnten Sie (in Richtung Abg. Dr. Van der Bellen und Vizekanzler Mag. Molterer) das später fortsetzen? (Abg. Strache: Im Wohnzimmer!) – Herr Vize­kanzler, Herr Klubobmann, möchten Sie das vielleicht später im Wohnzimmer fort­setzen? (Heiterkeit. – Beifall bei Abgeordneten von Grünen und SPÖ.)

 


11.24.02

Abgeordneter Lutz Weinzinger (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Also diese Wohnzimmer­einlage, die ist wirklich hochinteressant. Aber es wurde davon schon ausreichend gesprochen.

Meine Damen und Herren! Finanzausgleich ist das Thema der heutigen Sitzung oder dieses Teils der Sitzung. Finanzausgleich, das heißt: Der Bund nimmt das Geld ein über die verschiedensten Steuern – und davon haben wir genug; ich darf Ihnen ein paar aufzählen, nur ganz wenige: Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, die Ver­mögen­steuer haben wir nicht mehr, zum Leidwesen der Grünen, Umsatzsteuer und was es sonst noch alles gibt an Abgaben und an Gebühren. Der Bund nimmt sie ein. (Ruf bei der ÖVP: Da gibt’s noch viel mehr!) Es gibt 111 insgesamt. Der Bund nimmt sie ein, und im Zuge des Finanzausgleiches wird dann festgelegt, wie viel die Länder und vor allem die Gemeinden bekommen.

Abgeordneter Stummvoll sagt: Dieser Finanzausgleich, von dem wir heute reden, ist ein Zukunftspaket! – Er muss es wissen, er ist der Obmann des Finanzausschusses.


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Herr Minister Molterer sagt: Das sind die richtigen Perspektiven! – Er muss es wissen, er ist der Finanzminister. (Vizekanzler Mag. Molterer: Genau!)

Abgeordneter Auer sagt: Es ist gut für die Gemeinden! – Er muss es wissen, denn er ist erstens der Obmann des Budgetausschusses und zweitens seit 31 Jahren erfolgreicher Bürgermeister in Oberösterreich. (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.)

Das ist alles sehr, sehr schön, muss ich sagen. Wenn ich das so höre, dann bin ich ja begeistert, dann sehe ich ja, welch großartige Sachen hier getrieben werden.

Meine Damen und Herren, es ist natürlich schon unangenehm, dass sogar regierungs­nahe Medien das etwas anders sehen. Man führe sich etwa den Kommentar von Frau Anneliese Rohrer zu Gemüte, in dem sie unter anderem Folgendes schreibt: „Finanz­ausgleich mit Geldsegen ohne jede Reform-Verpflichtung der Bundesländer“. – Das nur als Beispiel.

Es war ein Geldsegen (Vizekanzler Mag. Molterer: Ach, ist es jetzt zu viel?), aber eine Reform gab es nicht, nicht einmal ansatzweise. Auch wenn Van der Bellen gesagt hat, das sieht man erst nach zehn Jahren oder nach zwanzig Jahren, so sollte man doch wenigstens den Ansatz der Reform sehen! – Und den Ansatz der Reform sieht man nicht!

Man sieht nur eines: Die Klubobmänner haben einen Brief vom Gemeindebund be­kommen, in dem dieser sagte: keine Gebühren für die Kinder bis zum zweiten Lebensjahr! – Gut und recht, aber: Wer zahlt denn diese Leistung? Das wird einfach von der Regierung beschlossen, denn das schaut ja gut aus, das ist ja eine prächtige Werbeaktion – aber tatsächlich zahlen es die Gemeinden! (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.) Und die bekommen keinen Ausgleich dafür, absolut nichts! Die müssen jetzt ihre Leistungen umsonst erbringen! – Meine Damen und Herren! Das sind die Probleme, die hier einfach abgewälzt werden.

Und dann gibt es andere Probleme, die nicht nur nicht abgewälzt werden, weil sie gar nicht mehr abgewälzt zu werden brauchen, sondern die gar nicht erst aufgegriffen werden. Diese Probleme werden einfach übergangen. Unsere Gemeinden, die kleinen Gemeinden und die mittleren Gemeinden, haben schon fast keine Strukturen mehr! Was sie haben, sind Strukturprobleme: Sie haben keine Wirtschaft mehr, sie haben keine Kaufhäuser mehr, sie haben keinen Metzger oder Fleischhauer mehr, sie haben keinen Schuster und keinen Schneider – sie haben keine Struktur mehr! (Ruf bei der ÖVP: Aber Wirte haben wir!)

Sie haben gerade noch Wirte: Wirte, die stöhnen unter Auflagen, wofür sie alles zuständig sein sollten; Wirte, die darauf achten müssen, ob der Jüngling, der daher­kommt, jetzt 16 oder 18 ist, ob er überhaupt da sein darf oder nicht da sein darf – das muss der Wirt überprüfen!

Die Wirte werden es auch nicht mehr lange machen in den kleinen Gemeinden, und dann haben wir dort nur noch eine Wohnbevölkerung. Und wenn wir Glück haben, haben wir noch eine Kirche, die erhalten wird – einen Pfarrer haben wir ohnedies nicht mehr, denn der betreut bereits fünf oder sechs Gemeinden zusammen.

Das sind die Probleme (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Jakob Auer), die nicht zuletzt, meine sehr geehrten Damen und Herren, durch einen Finanzausgleich und durch entsprechende Reformen – das sind die Reformen, von denen wir hier reden sollten! – in irgendeiner Form zumindest angegriffen werden sollten, damit wir wenigs­tens einmal darüber nachdenken und – wie sagen Sie so schön in Politdeutsch? – damit wir es andenken! Aber wir denken es nicht an.


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Wissen Sie, wir machen sogar Anschläge (Abg. Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer: Was machen Sie für Anschläge?) – nein, nicht wir, ich gehöre zur Opposition, sondern Sie, die Regierung –, wir machen sogar Anschläge auf das Letzte, was wir noch haben: Wir haben die Trafiken, wir haben in den Gemeinden noch überall die kleinen Trafiken. Die kleinen Trafiken werden geführt von älteren Herrschaften oder auch von jüngeren, in einem ganz großen Ausmaß von Behinderten, denn das ist ein uraltes Recht, das noch auf die Zeit des Ersten Weltkriegs zurückgeht.

Diese Trafiken stehen jetzt vor dem Problem, dass durch die Entwicklung der EU und die ganzen Transitentwicklungen und die Entwicklungen an der Grenze und Schengen und was es da alles gibt, auf einmal alle wesentlich billigere Zigaretten im nahe­liegenden Ausland einkaufen können. Also hat die Regierung gesagt: Das Problem sehen wir ein, wir geben ihnen daher die Möglichkeit, dass sie ihre Spanne um 10 Pro­zent erhöhen.

Na was heißt denn das? – Das heißt, sie müssen ihre Zigaretten teurer verkaufen. Also erhöhen sie die Spanne um 10 Prozent, wir lassen das zu – und die Leute sagen, die Zigaretten werden noch teurer. 2 Prozent sagen, ich höre auf zu rauchen, und 98 Prozent sagen: Wo gibt es billigere Zigaretten?

Meine Damen und Herren, wie kommen Sie dazu, zu sagen, Sie hätten einen hervor­ragenden Finanzausgleich, wenn Sie diese Probleme, die Strukturprobleme der kleinen Gemeinden, die Strukturprobleme draußen am Land, die Strukturprobleme der kleinen Betriebe, völlig außer Acht lassen? Ich hätte hier noch in meinem Konzept die Nah­versorgungsbetriebe und was sie denen antun. Der Herr Finanzminister tut ihnen etwas an, sie bekommen nämlich einen anderen Status ab einem gewissen, relativ geringen Umsatz. Sie werden plötzlich §-5-Rechner statt wie bisher §-4 (1)-Rechner. Das versteht natürlich fast kein Mensch, was das bedeutet, aber die Betroffenen verstehen es, weil sie mehr Steuern zahlen müssen, meine Damen und Herren!

Das ist keine Lösung unserer Strukturprobleme! (Beifall bei der FPÖ.)

11.31


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Klubobmann Ing. Westenthaler. 7 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Klubobmann.

 


11.31.59

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Leider muss auch ich kurz Stellung nehmen zur Drohung des Herrn Finanzministers, seine Amtsstube in die Wohnzimmer der Menschen zu ver­legen. Ich muss das deshalb tun, weil wir haben bei uns im BZÖ-Klub unzählige Anrufe, die ich Ihnen berichten muss. (Abg. Strache: Es hat wieder ein Bürger ange­rufen!) Die Menschen bitten uns, zu sagen, dass sie sich dagegen verwahren, die­sen politischen Hausfriedensbruch zuzulassen, das heißt, dass Sie zu den Menschen gehen. Und ich habe Ihnen das jetzt hiermit mitgeteilt, Herr Molterer. (Beifall beim BZÖ.)

Aber ich werde etwas anderes vorschlagen. Ich werde in der nächsten Präsidiale die Anregung machen, dass wir eine mobile Kanzel hier errichten, denn es predigt sich besser von der Kanzel herunter, „Pater Willi“. Angesichts von so viel Weihrauch, der da heute heruntergekommen ist, wollen wir Ihnen auch den dazu passenden Glorien­schein verleihen, daher eine Kanzel fürs nächste Mal, denn dieser viele Weihrauch ist ziemlich unerträglich gewesen, weil die Realität ein bisschen anders ausschaut.

So hat die „Kronen Zeitung“ gestern geschrieben: Nächstes Jahr muss man noch tiefer ins Geldbörsel greifen, und zählt die ganzen Belastungen auf. Das in einer Zeit, wenige Wochen vor Weihnachten 2007. Das ist das erste Mal Weihnachten unter dieser


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großen Koalition, Weihnachten à la SPÖ und ÖVP. Es ist kein Fest der sozialen Wärme, das auf uns zukommt, wie der Bundeskanzler Gusenbauer uns noch am Beginn der Legislaturperiode bescheinigt hat: Jetzt ist die SPÖ in der Regierung, und jetzt gibt es soziale Wärme, hat er gesagt.

Ich frage Sie jetzt, liebe Kolleginnen und Kollegen der SPÖ, aber durchaus auch den Herrn Finanzminister und seinen roten Staatssekretär: Ist diese hohe Steuerbelastung, die wir jetzt haben, wobei Sie gleichzeitig die höchsten Steuereinnahmen haben, näm­lich über 3 Milliarden € mehr allein in diesem Jahr, ist das eigentlich wirklich die soziale Wärme, die die Menschen wollen? Ist es soziale Wärme, was derzeit im Gesund­heitssystem an Belastungen auf die Menschen zukommt? Die Krankenversicherungs­beiträge haben Sie erhöht, die Medikamente werden unglaublich teurer, obwohl wir schon die teuersten Medikamente in Europa haben. Das ist auch eine Maßnahme, wo ich mich frage: Ist das soziale Wärme? Die Rezeptgebühr steigt (Abg. Schopf: Wurde gedeckelt!), die Kosten für die Heilbehelfe steigen. Ist das soziale Wärme, liebe SPÖ, die Sie den Menschen so versprochen haben?

Ist es soziale Wärme, Herr Finanzminister Molterer, wenn Sie sich hier herstellen und stolz verkünden, dass Österreich international gut dasteht? (Ruf bei der ÖVP: Stimmt ja!) Ja, stimmt, haben Sie recht. Nur, glauben Sie, dass einer von den 250 000 Men­schen in diesem Land, bei denen die Heizung in diesem Winter kalt bleibt, weil sie sich das Heizen nicht mehr leisten können – eine Zahl der Armutskonferenz –, dass die etwas davon haben, dass Österreich international gut dasteht? Wäre es nicht vernünf­tiger, einen Heizkostenzuschuss zu beschließen, der auch diesen Menschen die Mög­lichkeit eröffnet, in diesem Winter ein bisschen Wärme zu erfahren und auch ein schönes Weihnachtsfest zu haben? Das ist unsere Forderung! Und daher heute auch der Fristsetzungsantrag zum Heizkostenzuschuss von 150 €. (Beifall beim BZÖ.)

Oder, Herr Finanzminister und meine Damen und Herren von der SPÖ: Ist das soziale Wärme, wenn man, bevor man überhaupt eine 24-Stunden-Pflegeleistung bekommt, verarmen muss, wenn eine Vermögensgrenze eingeführt wird, sodass man schon als junger Mensch weiß, man darf nicht mehr verdienen, oder man als älterer, wenn man vielleicht jahrelang etwas angespart hat und über dieser Grenze liegt, keine Pflegebetreuung, keine 24-Stunden-Pflegebetreuung bekommt?

Oder, Herr Finanzminister, wieder für Sie; Sie haben eine Gesundheitsministerin in Ihrer Partei: Ist das soziale Wärme, wenn man Familien das Kindergeld wieder weg­nimmt, das man ihnen gegeben hat? Und da sind viele soziale Grenzfälle dabei, nicht reiche Menschen, sondern Menschen, die aufgrund der Zuverdienstgrenze auch sozial verarmt sind und denen man jetzt zu Tausenden das Kindergeld wegnimmt. (Vize­kanzler Mag. Molterer: Beschlossen vom BZÖ!)

Oder, Herr Finanzminister: Ist es soziale Wärme, wenn es auch kalt für die österreichi­schen Familien wird? Wir haben das ganz genau anhand der Tarifsteigerungen ausgerechnet: Allein von Oktober bis März wird eine durchschnittliche Familie 750 € mehr an Heizkosten haben, 170 € mehr an Kosten für Strom, 80 € mehr an Kosten für Gas und ungefähr 100 € Mehrkosten, wenn sie ein Dieselauto hat und gependelt wer­den muss. Rund 1 100 € Mehrbelastung von Oktober bis März in diesem Winter! Frohe Weihnachten!, kann man da nur sagen.

Das ist nicht die soziale Wärme, die wir uns vorstellen! Sie haben die Verpflichtung, wenn Sie steuerliche Mehreinnahmen haben, dieses Geld nicht zu horten und eine Steuerreform nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag zu verschieben, sondern jetzt die Menschen zu entlasten und ihnen auch soziale Leistungen zu gewähren. Das ist die Aufgabe, die Sie haben, Herr Finanzminister! (Beifall beim BZÖ.)


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Deswegen sagen wir: Runter mit den Steuern! Wir haben ein Steuerkonzept vorgelegt. Runter vor allem mit der Lohnsteuer! Bundeskanzler Gusenbauer hat versprochen: 500 € Lohnsteuersenkung für jeden! Wo sind die? Das wird eine ähnliche Odyssee wie der „Ederer-Tausender“, den alle noch in Erinnerung haben. Ist nicht da!

Wir wollen auch, dass Sie endlich zur Kenntnis nehmen, dass es in dem Land fleißige Menschen gibt, die mehr Leistung erbringen. Warum gehen Sie nicht her und entsteuern endlich die Überstunden? Es darf nicht länger sein, dass Menschen, die mehr leisten, die Überstunden leisten, dafür auch noch bestraft werden, indem sie eine Besteuerung auf Überstunden haben. Geben Sie den fleißigen Menschen endlich eine wirkliche Belohnung, und schaffen Sie die Überstundenbesteuerung ab! (Beifall beim BZÖ.)

Wir wollen auch – das sind Sie den Menschen schuldig, und das könnten Sie auch finanzieren; das sind alles Vorschläge, die finanzierbar wären – einen Teuerungs­ausgleich für die hohen Preise, die wir jetzt im Energiebereich, im Lebensmittelbereich, bei den Lebenshaltungskosten, im Mietbereich haben. Deswegen haben wir auch einen Antrag eingebracht, dass Sie, anstatt an diese schlechte EU die Nettobeiträge zu bezahlen, dieses Geld in die Hand nehmen und den Menschen geben, denen es nicht so gut geht. Das wäre eine Ansage. Das wäre eine wirklich schöne Weihnachts­botschaft, wenn Sie sagen: Okay, wir von der Regierung gelten diese Teuerung ab. Wir stellen allen Haushalten mit einem Einkommen unter 3 000 € brutto – und das sind rund 85 Prozent der Haushalte, und das sind nicht alles Superverdiener – einen Scheck von 200 € zur Verfügung als Ausgleich für die Teuerung, als Inflations­abgel­tung, die durch Ihre Politik natürlich immer weiter angekurbelt wird. Das wäre eine Ansage.

Das wäre ein sozial warmes, ein schönes Weihnachtsgeschenk, das Sie den Men­schen machen könnten. Das wäre nicht nur ein Geschenk, sondern die Menschen haben sich das verdient, denn sie haben es sich aufgrund der Steuerleistung erar­beitet. Das wäre nur gerecht. (Beifall beim BZÖ.)

Daher sage ich, Herr Finanzminister und Kollegen von der SPÖ: Von sozialer Wärme keine Spur! Wir erleben das erste Weihnachten unter dieser großen Koalition, und der kalte Wind bläst den Menschen ins Gesicht, der sozial kalte Wind, den Familien, den Pensionisten, den vielen Frauen, Alleinverdienern, die keine Leistungen bekommen, den vielen Menschen, die in diesem Land unter der Sozialgrenze leben. Rund 500 000 bis 600 000 Menschen leben an der Armutsgrenze. Die vergessen Sie, Herr Finanz­minister.

Frohe Weihnachten wünsche ich Ihnen, und ich hoffe, dass die soziale Wärme endlich Einkehr in dieser Regierung hält. (Beifall beim BZÖ.)

11.39


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächster Redner: Herr Staatssekretär Dr. Matznetter. Ich bitte um Einhaltung der 8 Minuten. – Bitte, Herr Staatssekretär.

 


11.39.20

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Christoph Matznetter: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Wir haben die Materie Finanzausgleich auf der Tages­ordnung. Dennoch ist hier eine sehr breite Diskussion geführt worden, und ich möchte auf ein paar Dinge eingehen.

Vielleicht kurz, Herr Abgeordneter Westenthaler: Auch diese Frauen leisten etwas! Und wenn man sich anständig benimmt, dann heißt das eine ordentliche Pensionserhöhung und nicht nur Heizkostenzuschüsse. Genau das haben wir gemacht. Und das ist die


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richtige Politik für die Menschen in diesem Bereich. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: 1,7 Prozent!)

Kommen wir zu den Punkten, die heute Gegenstand der Diskussion waren.

Es gab den Vorwurf, wir hätten keine Bundesstaatsreform in den Finanzausgleich verpackt. Ja, meine Damen und Herren, die Bundesstaatsreform ist etwas, was zwar verknüpft ist mit der Frage der Finanzierung, was aber gar nicht gelöst werden soll und kann in einem Finanzausgleichsgesetz. Denn worum geht es dabei? Es geht darum, dass wir in Österreich ein föderales System haben, dass wir – und wir haben uns ja heute schon länger darüber unterhalten – ein hervorragendes System der Gesund­heitsbetreuung haben, eines der besten der Welt, dass wir ein System haben, das dafür sorgt, dass Sie in Österreich auch am Abend, in der Nacht auf die Straße gehen können und relativ sicher sein können, im Verhältnis zu anderen Ländern sehr sicher sein können, dass Sie Ihren Weg gehen können, ohne dem Risiko eines Diebstahls oder Raubes ausgesetzt zu sein. (Abg. Strache: Na ja! Bei der steigenden Krimi­nalität?!)

Österreich ist ein Land, in dem Sie ein gutes, ein hervorragendes Verkehrsnetz haben, ein Land, in dem Sie auch in der kleinsten Gemeinde sicher sein können, dass die Frage Ihres Kanalanschlusses, die Frage Ihres Wasseranschlusses zu vernünftigen Kosten gut gelöst wird.

All das funktioniert aber nur, wenn jede der Gebietskörperschaften über ausreichende finanzielle Mittel verfügt. Und die Voraussetzungen dafür müssen geschaffen werden aus der wirtschaftlichen Entwicklung, aus der Höhe der Steuereinnahmen und über die Verteilung aus dem Finanzausgleich.

Herr Abgeordneter Rossmann, da ist kein Platz, zu sagen, ich kürze der einen Gebiets­körperschaft das Geld, weil sie nicht brav ein paar Spitäler zusperrt – nur um bei den diversen Tipps zu bleiben, die es da zur Einsparung gibt. Da ist kein Platz, zu sagen, wenn ihr nicht folgende Bauordnung beschließt, dann gibt es künftig kein Geld mehr für eine erweiterte Wohnbauförderung. – Warum? Weil die Aufgabe der Finanzaus­gleichspartner die ist, sicherzustellen, dass wir weiter einen sozialen Wohnbau haben, sicherzustellen – und jetzt komme ich zu den Dingen, die wir vereinbart haben –, dass die Ärmsten und Allerärmsten im Lande eine gesicherte Existenz haben.

Wir haben mit diesem Finanzausgleich, und zwar als integraler Bestandteil dieses von allen – übrigens auch von Jörg Haider, Herr Abgeordneter Westenthaler – unter­schrie­benen Paktums, klar ausgemacht: Ab dem Jahr 2009 und 2010 im Vollausbau gibt es eine Mindestsicherung im gesamten Lande mit, jetzt nach Erhöhung der Ausgleichs­rate, 747 € 14 Mal. Wir benehmen uns anständig auch den Ärmsten gegenüber. Und wer Zweifel gehabt hat, ob die Länder und die Gemeinden mitmachen: Wir haben dies vereinbart. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Ing. Wes­tenthaler: 800 € Mindestlohn!)

Gut, dass Sie den Mindestlohn ansprechen. Hier haben wir 1 000 € mal 14 als Min­dest­lohn durch die Sozialpartner vereinbart. (Abg. Ing. Westenthaler: Der Mindestlohn ist nur 50 € darüber!) Danke übrigens an dieser Stelle den Sozialpartnern, danke, dass sie diesen Schritt vernünftig gesetzt haben! (Abg. Ing. Westenthaler: Wer hackelt, bekommt 50 € mehr!) Es ist ein guter Schritt und einer, der dazu führt, dass Menschen, die voll arbeiten, nicht unter der Armutsgrenze verdienen sollen. (Beifall bei der SPÖ.)

Kommen wir zu jenen Punkten, die noch vereinbart worden sind.

Wenn hier jemand unterstellt hätte, dass hier das Geld hergeschenkt worden wäre, dann sei er daran erinnert, dass mit diesem Finanzausgleich im Wesentlichen der Kon­solidierungsbeitrag, der in den letzten Jahren notwendig war wegen ausufernder Bun-


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desdefizite, zurückgegeben wird, und zwar in dem Ausmaß, das es ermöglicht, dass wir den Staatshaushalt in den nächsten Jahren sanieren können. Wir erreichen im Jahr 2010 einen Budgetüberschuss, und daher können wir diese vorübergehende Form des Abzugs bei den Gemeinden und bei den Ländern anständigerweise als Bund nicht mehr einbehalten. Den geben wir zurück.

Zusätzlich bekommen die nachgeordneten Gebietskörperschaften, die Länder, für die Spitalsfinanzierung 100 Millionen €. Man muss sich aber bewusst sein, dass der Anteil dessen, was aus Bundesmitteln für die Spitalsfinanzierung gekommen ist, seit dem Jahr 1997 gerechnet, um mehr als das Dreifache zurückgegangen ist.

Die Länder und auch die Kommunen, die ihre Umlagen dafür zahlen oder selbst Spitäler betreiben, tragen weiterhin enorme Lasten aus dieser Spitalsfinanzierung. Der Bund kann nicht sagen, wir schauen weg, und das haben wir auch nicht getan. Wir sichern diesen Bereich ab. Wir haben ihn mit Ertragsanteilen dynamisiert, weil wir dieses Gesundheitssystem aufrechterhalten wissen wollen und weil wir wollen, dass in jedem Winkel dieses Landes dieses Gesundheitssystem funktioniert. Und daher unterstützen wir diese Anstrengungen und werden dies auch weiter tun.

Auch haben wir beschlossen – weil Sie den Reformbedarf angesprochen haben –, dass wir über die Finanzierung der Gesundheitsreform ab sofort mit allen beteiligten Partnern, auch den Finanzausgleichspartnern, eine Arbeitsgruppe einrichten und eine nachhaltige Finanzierung der Gesundheit vereinbaren werden. (Abg. Mag. Rossmann: Das kennen wir schon, was dabei herauskommt!)

Wenn ich zur Pflege noch eine Anmerkung machen darf: Diesen Pakt haben alle unter­schrieben, und in diesem Pakt ist die 15a-Vereinbarung integraler Bestandteil des Textes. Dort haben wir vereinbart, dass es eine Vermögensgrenze beim Barvermögen gibt. Wir haben es deshalb gemacht, weil sie in den Heimen auch besteht. Wenn, dann muss man sie überall abschaffen. Aber dass die Heimbewohner nur noch 10 Prozent Taschengeld bekommen und die, die zu Hause die Pflege haben, das Vermögen behalten können, ist etwas, was in dieser Form nicht geht. Daher gibt es diese Vereinbarung; im Einzelfall gibt es Ausnahmen, Ausnahmen, die die Länder mit dem Bund vereinbaren können. Ich halte diese gemeinsame Vereinbarung für vernünftig und gebe den Damen und Herren Abgeordneten zu bedenken: Wenn wir das nicht wollen – was ich persönlich durchaus sympathisch finde – und sagen: Wer ein Pflegefall wird, soll in einem solidarischen System, sei es über Steuern, sei es über Beiträge finanziert, auch die notwendige Leistung bekommen, dann müssen wir ein Gesamtmodell schaffen, bei dem, unabhängig davon, ob die Kranken stationär betreut werden, durch Familienangehörige oder durch Pflegerinnen, für alle die gleichen Regeln gelten. (Abg. Haidlmayr: Das wollten wir ja! Das haben Sie abgelehnt!)

Wir haben jetzt das Problem gelöst: Legale Pflege ist möglich seit dem 1. Juli. Mit 1. Jänner gibt es eine Kostenteilung 60 : 40 – 60 der Bund, 40 die Länder –, und wir machen es möglich, die 24-Stunden-Betreuung entweder ganz offiziell angestellt oder selbständig vorzunehmen. Ich glaube, dass das eine gute Lösung ist, die wir vereinbart haben. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Da die Frage der Kinderbetreuung durchaus kritisch gesehen wurde: Ja, diese Bun­desregierung bemüht sich, ihren Beitrag dazu zu leisten, dass auch die vorschulische Betreuung verbessert wird. Und in diesem Parlament hören wir sehr oft die Frage: Was ist mit der Kindergartenmilliarde passiert, die es in den neunziger Jahren gab? – Meine Damen und Herren, ich darf daran erinnern: 1 Milliarde Schilling waren 75 Millionen €. Jetzt werden 120 Millionen € in drei Jahren mobilisiert, und gut ist es, weil es dem Land dient.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 67

Ein guter Finanzausgleich, ein gutes Ergebnis! – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.47


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Grillitsch. 6 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


11.47.56

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Herr Staats­sekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich verstehe ja das Spiel und die Rollen­verteilung hier, dass die Opposition versucht, das Haar in der Suppe zu finden, aber nicht findet, weil Sie zugeben müssen, dass das ein guter Finanzausgleich ist, ein gerechter Finanzausgleich ist, der unserem Finanzminister Willi Molterer gelungen ist, dem man eigentlich nur dazu gratulieren kann, gerade wir vom ländlichen Raum. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich werde versuchen, die wesentlichen Punkte für den ländlichen Raum heraus­zu­kehren.

Sechs Jahre statt vier Jahre für diesen neuen Finanzausgleich – das bedeutet mehr Planungssicherheit für die kleineren Gemeinden und für alle Gemeinden im ländlichen Raum, mehr Planungssicherheit und Kalkulierbarkeit. Die Länder erhalten 100 Mil­lionen € mehr für die Finanzierung der Landeskrankenhäuser. Das ist alles nur möglich, weil die letzten sieben Jahre gute Politik in diesem Lande gemacht worden ist, weil der Wirtschaftsstandort Österreich interessant geworden ist, weil wir in Richtung Vollbeschäftigung unterwegs sind, meine Damen und Herren. Insofern ist das eine nachhaltige Politik, die keine Schulden macht, eine Politik, die enkeltauglich ist.

Die Gemeinden, vor allem die kleinen Gemeinden unter 10 000 Einwohner, werden bis zum Jahr 2013 um sage und schreibe 153 Millionen € mehr in ihre Kassen bekommen. Das ist ein erstes Zeichen in Richtung gerechtere Aufteilung in diesem Finanz­aus­gleich, wo es darum geht, dass nicht nur die Großen von diesem Finanzausgleich profitieren, sondern sehr wohl auch die kleinen Gemeinden unter 10 000 Einwohner, aber vor allem auch die kleinen Gemeinden unter 2 500 Einwohner, wo in den letzten 15 Jahren die Kosten um 170 Prozent gestiegen sind.

Es ist auch wichtig, dass unsere wachsenden Gemeinden fair behandelt werden. Nicht mehr nach der Volkszählung, sondern nach dem zentralen Melderegister bekommt man in Zukunft mehr Geld.

Auch die Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden muss angesprochen werden. Im Zeitalter der Informationstechnologie muss es möglich sein, dass auch Gemeinden, Verwaltungseinheiten zusammenarbeiten.

Weiters lese ich in diesem Finanzausgleich: mehr Geld für die Dorfschulen! Es gibt 12 Millionen € mehr für die Einstellung von Lehrpersonal. Das ist genau der richtige Ansatz, wo wir sagen können: Die Lehrer zu den Schülern und nicht die Schüler zu den Lehrern! Das ist eine wichtige Aufrechterhaltung für den ländlichen Raum. (Beifall bei der ÖVP.)

Weiterer Punkt: unsere Natur und unsere Umwelt. Angesprochen sei an dieser Stelle insbesondere die Wohnbauförderung – in Richtung Sanierung, in Richtung Beschäf­tigung, mit heimischen Potentialen, in Richtung Einsatz erneuerbarer Energieträger. Da können wir heimische Potentiale nutzen, mit neuen Technologien. Wir haben in Wahr­heit hier das Trumpfass in der nachhaltigen Energieversorgung in der Hand. Wir sind unabhängig, wir schaffen Arbeit, und wir leisten gleichzeitig auch einen wesentlichen Schutz der Umwelt. Man denke nur an die Klimaveränderung, an die CO2-Reduktion, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)


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All diese Forderungen sind in diesem Finanzausgleich umgesetzt. Das sind For­derungen der Österreichischen Volkspartei, aber insbesondere auch des Österreichi­schen Bauernbundes. Dafür bin ich dankbar, weil sie den Menschen im ländlichen Raum Sicherheit bringen.

Wir haben sehr verunsichernde Diskussionen gehabt – das soll heute nicht unerwähnt bleiben –, und zwar gerade auch im Zusammenhang mit der EU-Agrarpolitik. Von Seiten der SPÖ hieß es in den letzten Jahrzehnten immer wieder: Weg mit den Geldern aus dem ländlichen Raum, hinein in die Ballungszentren! (Abg. Reheis: Das stimmt ja nicht!) 50 Prozent weniger für die Bauern oder den ländlichen Raum, was die EU-Gelder betrifft! (Abg. Mag. Gaßner: Herr Grillitsch, erzählen Sie keinen Schmäh!) Herr Kollege Gaßner, ich komme noch zu etwas Besonderem. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wir von der ÖVP waren es, die die Mittel für die Bäuerinnen und Bauern und für den ländlichen Raum gesichert haben, meine Damen und Herren! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

Abschließend komme ich noch zu einer sehr ernsten Sache: Unser Regierungs­partner – und das musste ich leider so vernehmen – hat sich in den letzten Tagen und Wochen sehr intensiv mit der Vergangenheit auseinandergesetzt und hat uns, die Bauern­vertreter, als Ständevertreter bezeichnet. (Abg. Mag. Gaßner: Wer?) Herr Kalina, seines Zeichens Bundesgeschäftsführer der SPÖ.

Meine Damen und Herren, wer uns in eine Zeit stellt, in der Bürgerkrieg vorgeherrscht hat, in der die Menschen aufeinander geschossen haben, der soll sich schleunigst entschuldigen! Ich erwarte mir vom Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei Österreichs Alfred Gusenbauer eine Entschuldigung für die 320 000 Bauern­bund­mitglieder, für die vielen hunderten Bürgermeister, für die vielen Persönlichkeiten, von Figl angefangen, die mitgeholfen haben, dieses Österreich aufzubauen und zu dem zu machen, was es heute ist, meine Damen und Herren! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

Ich warte auf diese Entschuldigung, denn ich möchte wissen, mit wem wir es zu tun haben: mit einer Partei, die Zwietracht sät, die Gräben aufreißt und Klassenkampf betreibt, oder mit einer Partei, die für Österreich arbeitet?! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

11.53


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Gaßner. 6 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


11.53.48

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Finanzminister! Herr Staatssekretär! Zu meinem Vorredner nur zwei Sätze: Bei uns im Klub hängt kein Bild eines Politikers des Ständestaates, kein Bild eines Politikers, der das Parlament in Österreich aufgelöst hat! – Erste Bemerkung. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Zweite Bemerkung: Herr Kollege Grillitsch, der ländliche Raum sind nicht nur Bäuerin­nen und Bauern. (Abg. Grillitsch: Das habe ich auch nie gesagt!) Das sind Bäuerinnen und Bauern und alle Menschen, die dort leben. – So viel zu Ihrer Aussage! (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

Ich bin eigentlich hier herausgekommen, um einmal festzustellen, dass es in dieser Regierung auch ohne Streit, ohne Zwist, ohne Nörgeln, ohne Herumpalavern geht. Ich habe nicht geglaubt, dass der Finanzausgleich in der kurzen Zeit, die zur Verfügung stand, so exakt und sauber ausverhandelt werden kann, wie das in diesem Fall gelun-


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gen ist. Ich gratuliere dazu allen – vom Finanzminister bis zu den Gemeindevertretern, vom Staatssekretär bis zu den Vertretern der Städte. (Beifall der Abg. Lentsch.) Das ist eine großartige Leistung, meine Damen und Herren – wenn auch nicht alles erfüllt werden kann! Das ist völlig klar.

Da sich Kollege Auer bedankt hat dafür, dass wir über seine Initiative schon im Vorfeld der Verhandlungen zum Finanzminister gegangen sind und einige unserer Probleme dort dargestellt haben, würde ich vorschlagen, Kollege Auer: Behalten wir diese Vor­gangsweise bei, schauen wir, dass wir uns mit dem Herrn Finanzminister und seinem Staatssekretär des Öfteren treffen – wir hätten ein paar gute Tipps! (Beifall bei der SPÖ. – Vizekanzler Mag. Molterer: Herzlich willkommen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es wurden schon die Vorteile erwähnt, wie zum Beispiel die Mindestsicherungen zur Armutsbekämpfung, all die Besserstellungen in den Bereichen Schule, Pflege, Kinderbetreuung und so weiter und so fort. Ich habe allerdings einen Posten gefunden, der mir etwas zu wenig hoch dotiert erscheint, das sind die 10 Millionen € im Bereich des Katastrophenfonds. Diese 10 Millionen € sind zweckgebunden nur für die Bundesstraßen, also für Straßen, die jetzt von den Ländern zu erhalten sind.

Ich meine, der Katastrophenfonds hätte es sich verdient, höher bewertet zu werden, weil wir alle Jahre wieder Katastrophen haben. Heuer haben wir zwar kein Hoch­wasser, aber dafür haben wir einen riesigen Erdrutsch in Gmunden. Auch dort wird einiges Geld in die Hand genommen werden müssen. Daher sollte man sich hier noch einiges überlegen.

Meine Damen und Herren, von den kleinen Gemeinden war schon die Rede, auch die Abflachung des abgestuften Bevölkerungsschlüssels wurde schon erwähnt. Was heißt das? – Die kleinen Gemeinden bekommen etwas mehr Geld, und Gott sei Dank – so gescheit wurde dieser Finanzausgleich gemacht – wurden auch finanzschwache größere Gemeinden mit über 10 000 Einwohnern in diesem Finanzausgleich berück­sichtigt, sodass endlich die Diskussion einmal zu Ende ist, wo die Großen gegen die Kleinen ausgespielt werden. Das ist eine unselige Diskussion gewesen, und diese ist nun mit diesem Finanzausgleich beendet.

Die sechs Jahre Gültigkeitsdauer des Finanzausgleiches sind zunächst einmal gut und für die Planung wichtig. Allerdings werden wir sehen, wie sich die Konjunktur ent­wickeln wird, denn davon hängt es im Wesentlichen ab.

Eine noch kaum erwähnte Neuerung: Ab 2009 werden die Gelder auf der Basis der aktuellen Bevölkerungszahlen verteilt, nicht mehr nach den Zahlen der alle zehn Jahre stattfindenden Volkszählung, sondern nach den Zahlen der laufenden Volkszählung. Da wird es auch Verlierer geben. Die Gewinner sind diejenigen, die steigende Ein­wohnerzahlen haben. Und die Verlierer sind jene Gemeinden, die sinkende Ein­wohnerzahlen haben.

Ich war etwas betroffen, als ich in der „Presse“ einen Artikel las, wo Reinhard Platzer, Generaldirektor der Kommunalkredit Austria, gesagt hat, Österreich liege bei den öffentlichen Investitionen an letzter Stelle in Europa. Da sind es gerade wieder die kleinen Gemeinden, die mit ihren Investitionen zurückfahren müssen.

Platzer sagt dann weiters, und das ist sehr deutlich:

„Vor allem Infrastrukturinvestitionen sind wichtig für die Standortqualität, werden sie stark reduziert, droht vor allem dem ländlichen Raum die Abwanderung der jüngeren Bevölkerung.“

Das sollten wir schon berücksichtigen!


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Wenn ich jetzt sage, der FAG ist gut, dann meine ich das etwas einschränkend, denn ich habe Bedenken insofern – die muss ich am Schluss noch sagen –, als zum Beispiel in meiner Gemeinde der Saldo negativ ist, weil die Pflichtausgaben mehr geworden sind. Ich könnte einige Beispiele hier nennen.

Ich vermute allerdings, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass zwar der Aus­gleich des Bundes ein relativ guter für uns Gemeinden ist, dass aber nicht das ganze Geld bei den Gemeinden ankommt. (Vizekanzler Mag. Molterer: Das müsst ihr euch mit den Ländern ausmachen!) – Herr Finanzminister, Sie haben völlig recht, wenn Sie sagen, dass wir uns das mit den Ländern ausmachen müssen! – Da gibt es einen Filter, der heißt Land. Daher müssen wir uns bei dieser Arbeitsgruppe des neuen Finanzausgleiches sehr genau anschauen, ob hier nicht doch zu viel Geld bei den Ländern hängenbleibt. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist nämlich nicht einzusehen, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass die Gemeinden und die Vertreter dort, die Bürgermeister, die Gemeinderätinnen und die Gemeinderäte, zu den Ländern um Gelder betteln gehen müssen, die ihnen eigentlich zustehen. Das gehen wir als Nächstes an! – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Vizekanzler Mag. Molterer: Der Bund ist doch ein guter Partner, gell?)

12.00


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zunächst eine Information für die Red­nerinnen und Redner der letzten Runde vor 13 Uhr: Die Redezeit wird voraussichtlich von 5 auf 8 Minuten erweitert werden.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kogler. Sie haben für 6 Minuten das Wort. – Bitte.

 


12.00.09

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Ein Wort zunächst zu der unseligen „Groß-Klein-Debatte“. Vorhin ist es schon ein bisschen vernünftig herübergekommen: Es geht eben gerade unter dem Blickwinkel der Thematik des Finanzausgleiches nicht um Groß oder Klein, sondern darum, welche Institution, welche Gebietskörperschaft welche Aufgaben zu erfüllen hat und was sie dazu an Basismitteln beizubringen selber in der Lage ist und was allenfalls die Lücke ist. Also, es geht um Finanzschwache und um andere, und zwar gemessen daran, welche Aufgaben dieser Gemeinde möglicherweise eine übergeordnete Einheit überstülpt. Aber vielleicht kann sie es sich als regionales Zentrum nicht einmal aus­suchen.

Wollen wir jetzt hergehen und die Idee der Bezirkshauptstädte hinterfragen, nur weil wir in unserem Wahn hier erklären wollen, da es so schön klingt, jeder Kopf sei gleich viel wert und die kleinen Gemeinden auch? Das ist doch absurd! Das ist nicht einmal gehobener, sondern eher simpler Populismus. Aber sei’s drum, es ist Ihnen vorbe­halten!

Das wäre alles nicht so schlimm, wenn man nicht die Prognose haben müsste, dass dieses ganze Theater noch Jahre und Jahrzehnte weitergeht. Das ist ja das Problem an dieser ganzen Geschichte! Es ist ja überhaupt nicht beruhigend, dass das jetzt sechs Jahre gilt, weil eben kaum irgendwo etwas weitergeht. Aber die Chancen, die ver­geben wurden, sind enorm, auch mit diesem sogenannten FAG – von einer Reform reden wir ja gar nicht –, jedenfalls mit diesem Finanzausgleichsgesetz.

Das gilt auch in Bezug auf die korrespondierenden Materien, die da hereinspielen. Und immer haben wir das gleiche Muster. Schauen wir uns das doch einmal an und seien wir ehrlich! Da müssen wir uns ja nicht gleich in den Haaren liegen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 71

Es geht sehr oft – und das liegt in der Natur der Sache – um das Faktum: Bund versus Länder. So weit, so gut, könnte man meinen. Da muss man halt einen Ausgleich verhandeln. So heißt es ja auch. Aber zunehmend macht sich Ärger breit, dass sich der Bund, gemessen an dem, was er sich eigentlich für Ziele setzt, immer weniger durchsetzt.

Nehmen wir einmal ein paar Materien heraus, wo Sie sich leichter etwas vorstellen können! Zum Beispiel: die Gesundheitspolitik – Spitäler oder so etwas wie die Sied­lungswasserwirtschaft, Wohnbau oder das schon erwähnte Schulsystem. Überall hapert und hängt es letztlich – gar nicht so sehr zwischen dem Herrn Vizekanzler und dem Herrn Staatssekretär; das glaube ich gar nicht – gegenüber den Ländervertretern, gegenüber den Landeshauptleuten.

Man darf sich überhaupt einmal, glaube ich, zur Feststellung verleiten lassen, dass die Landeshauptleutekonferenz ein Unglück für das Ganze ist – ein definitives Unglück sozusagen. Ein voller Waggon Reformverweigerer tut hier jährlich irgendwo herum, haltet seine Sitzungen ab ... (Zwischenbemerkung von Vizekanzler Mag. Molterer.)

Der Anschober sieht das auch so, der leidet genauso darunter. Zum Unterschied von euch traut er sich das wenigstens auszusprechen. Ihnen war es ja vorbehalten, das nicht als Match zwischen ÖVP und ÖVP-Landeshauptleuten zu deklarieren, sondern als Match zwischen Simmering gegen Kapfenberg. Ein ehrliches Wort, Herr Vize­kanzler! (Neuerliche Zwischenbemerkung von Vizekanzler Mag. Molterer.) Aber da muss man auch einmal hingreifen.

Ich stelle mir schon die Frage, auch dann, wenn ich mir die Vorgänge im Österreich-Konvent vor Augen führe: Wie lange wollen wir noch in dem verharren, dass wir sagen: Wir setzen uns halt nicht durch!?

Wir haben heute mehrere Materien zu behandeln. Sie haben im Übrigen in Ihrer Rede einige angesprochen, wo wir in den Ländern bei weitem nicht so weit kommen, wie wir auf Bundesebene schon voran sind – wie wir alle hier meinen, unisono, sonst würden wir das nächste große Reformpaket zum Bundeshaushaltsrecht ja nicht, wie ich doch hoffe, dann in dritter Lesung einstimmig verabschieden.

Aber wer steht denn dagegen? – Die Länder! Nicht einmal eine Kann-Bestimmung haben Sie akzeptieren wollen, dass sie sich vielleicht eingeladen fühlen, auch die von ihnen so gelobte Reform selber umzusetzen. Nein, die wollen das nicht! Die wollen in ihren eigenen Systemen verharren – und das vor dem Hintergrund der Globalisie­rung! –, dass wir in Vorarlberg etwas anderes brauchen, in Tirol und so weiter, bis zum Burgenland hinüber.

Und wissen Sie was? – Es hat sich überhaupt nichts geändert, seitdem wir jetzt drei rote Landeshauptleute oder zwei – ich weiß es gar nicht mehr genau – mehr haben. Es ist auch wurscht, weil sich nichts geändert hat. Das ist der tragische Befund, und da wäre es, glaube ich, schon einmal an der Zeit, dass wir uns überlegen, ob wir nicht einen anderen Verhandlungsstil mit den Ländern einschlagen! (Beifall bei den Grünen.)

Wir können uns nicht immer – ich greife jetzt ein konkretes Beispiel heraus – auf den Verweis, dass es Schwierigkeiten bei den Verhandlungen mit denen dort gibt, zurück­ziehen.

Was wird denn da nicht alles verschlafen? – Beispiel: Wohnbau. Nicht genug damit, dass in den letzten Jahren und Jahrzehnten die Wohnbaumittel, die vom Bund den Ländern quasi treugeberisch übertragen wurden, für andere Zwecke verwendet wurden – was haben denn die Treunehmer damit gemacht? Sie haben beispielsweise Straßen und Brücken in Kärnten gebaut –, haben sie es dann überhaupt verkauft. (Abg. Rädler: Und in der Steiermark?)


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In der Steiermark ist es nicht viel besser. Dort hat man Plätze ausgelegt mit schönen Platten und zu guter Letzt gar nicht so wenig Geld missbräuchlich dafür verwendet, um Golfplätze zu fördern, zu sanieren oder auszubauen. – Das kann nicht sein! Und dann kommt man noch her und erklärt uns, dass das so wichtig sei wegen des sozialen Wohnbaus.

Aber es kommt noch schlimmer! Selbst wenn die nächste Artikel-15a-Vereinbarung nur einigermaßen das hergeben sollte, was Sie uns hier versprechen, sind doch 15 Jahre verschlafen worden in dem System, das ich hier beschreibe, oder zumindest 10 Jahre.

Schon in den neunziger Jahren haben beispielsweise Professor Schleicher und andere in Studien darauf hingewiesen, was für ein Potential da in Richtung Klimaschutz drinnen liegt. Größte Effekte Richtung Arbeitsplatzschaffung, weil es ja ganz logisch ist! Denn: Wenn wir hier eine Million investieren, hat eben das Baunebengewerbe ent­sprechende Aufträge. Und wenn man da noch intelligente Produkte sozusagen hinein­vermischen würde, was ja längst notwendig wäre, würde das sogar einen Spillover bis in die Forschungs- und Entwicklungspolitik hinein erzeugen. (Beifall bei den Grünen.)

Das alles wird verschlafen, weil es Landeshauptleute gibt, die im Raumschiff „Mir san mir!“ unterwegs sind. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Schreien Sie nicht dazwischen! Erklären Sie in Ihrem Wahlkreis daheim, wie Sie von dieser „Mir san mir-Philosophie“ Abstand nehmen wollen! Immerhin werden Sie auf einer Bundesliste gewählt. (Beifall bei den Grünen. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Rädler.)

12.06


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abge­ord­neter Gradauer. 6 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.06.45

Abgeordneter Alois Gradauer (FPÖ): Hohes Präsidium! Herr Minister! Herr Staats­sekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es hat früher einmal geheißen: Der Finanzminister greift in die Taschen der Menschen! Heute ist es mehr als das: Er sitzt sogar in den Wohnzimmern dieser Menschen! Und ich kann mir nicht vorstellen, dass die Menschen sich das auch wünschen. (Abg. Lentsch: Das war aber nicht gut, oder?)

Einleitend ist festzustellen, dass Valorisierungen, wie zum Beispiel im Abgaben­sicherungsgesetz vorgesehen, nur zugunsten des Fiskus stattfinden. Valorisierungen zugunsten des Abgabenpflichtigen werden Jahre und Jahrzehnte nicht vorgenommen.

Durch dieses Abgabensicherungsgesetz holt sich der Finanzminister ein Körberlgeld von zirka 25 Millionen €.

Einige Beispiele, wo nicht valorisiert wird: Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter, Freibetrag für Betriebsaufgabe und Betriebsveräußerung, Steuerbegünstigung bei Kommunalsteuer und Dienstgeberbeitrag.

Es heißt immer wieder, die ÖVP sei die Mittelstands- und Wirtschaftspartei. (Richtig-Rufe sowie demonstrativer Beifall bei der ÖVP.)

Freuen Sie sich nicht zu früh! Ich bringe Ihnen jetzt drei Beispiele, warum das nicht der Fall ist. (Abg. Rädler: Nämlich!)

Erstens: Die Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften, die in den neunziger Jahren gegründet wurden, werden durch diese Gesetzesvorlage in ihrer Effektivität gewaltig beschnitten. Diese Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften sind für den Mittelstand äußerst wichtig, weil sie Wirtschaftswachstum und Beschäftigung speziell im kleinen und mittleren Betriebsbereich fördern.


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Dieses Gesetz wird nun zuungunsten der heimischen Wirtschaftsbetriebe massiv geändert, und das im vollen Bewusstsein des Umstands, dass sich die kleinen und mittleren Betriebe ohnedies bei der Finanzierung – ich verweise da auf „Basel II“, das eine große Hürde darstellt, und darauf, dass 60 Prozent der Klein- und Mittelbetriebe keine Gewinne mehr schreiben – sehr schwer tun.

Es erhebt sich die Frage: Wieso ändert man die gesetzlichen Voraussetzungen für die Mittel­standsfinanzierungsgesellschaften einfach ab, ohne über Alternativen nachzu­den­ken, die zum Beispiel in der gesetzlichen Anerkennung der Private-Equity-Gesell­schaften liegen könnten? In dieser Angelegenheit werden keine Bemühungen unternommen, um Änderungen zugunsten der heimischen KMUs zu erreichen.

Eine Zahl dazu: Im EU-Schnitt finanziert man mit Private-Equity-Gesellschaften bereits ungefähr 0,6 Prozent vom BIP, bei uns sind es nicht einmal 10 Prozent davon.

Als Beispiel: Im Bereich der Eigenverbrauchsbesteuerung bemüht sich der Finanz­minister sehr wohl, eine Verlängerung zu erreichen – obwohl sie gesetzwidrig ist – und so die Finanzeinnahmen zu sichern. Ich denke da an die Leasingmöglichkeiten von Autos in Deutschland.

Punkt zwei: Mehrwertsteuerrückvergütung im grenznahen Bereich. – Es war eine diesbezügliche Gesetzesänderung geplant, die unter Druck der Gewerbebetriebe zurückgezogen wurde. Die Mehrwertsteuerrückvergütungsgrenze sollte um mehr als 200 Prozent, nämlich von 75 € auf 175 € angehoben werden. Das wäre ein ganz massiver Einschnitt für die grenznahen Handelsbetriebe gewesen, die dadurch in ihrer Existenz massiv durch Umsatzrückgänge bedroht worden wären. (Vizekanzler Mag. Molterer: Was beschließen wir heute?!)

Allein der Ansatz dazu, auch wenn das jetzt zurückgezogen wurde, ist ein Armuts­zeugnis für die sogenannte Wirtschaftspartei ÖVP und der Beweis dafür, dass diese ÖVP in erster Linie die Großbetriebe unterstützt und die KMUs vergisst.

Dritter Fall – Herr Kollege Weinzinger hat schon davon gesprochen –: der kürzliche Abschluss des sogenannten Tabakpakets für die Trafikanten, welches als Paket der Vernunft bezeichnet wird, aber in Wahrheit ein Paket der Abhängigkeit geworden ist.

Wenn es unseren Trafikanten aufgrund des Wegfalls der 25-Stück-Regelung künftig durch Importkonkurrenz schlecht geht, dann können sie als Bittsteller beim Finanzamt vorstellig werden und hoffen, Unterstützung zu bekommen. Das ist reiner Zwang zur Bettelei und bei weitem keine Lösung. Vielmehr glauben wir, der Mindestpreis müsste abgeschafft werden und die Tabaksteuer müsste dementsprechend gesenkt werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Das Problem der massiven Preisunterschiede wurde trotzdem nicht gelöst. Die Be­günstigungen gelten vorerst nur für zwei Jahre. Das Problem des Wegfalls der 25-Stück-Regelung ist daher nicht behoben, sondern dessen Lösung nur verschoben. Andere EU-Länder haben da wesentlich besser verhandelt, wie zum Beispiel Schwe­den, Dänemark oder Finnland.

Es stellt sich wieder einmal heraus und auch die Frage dazu, warum Österreich nicht initiativ geworden ist, so wie die von mir genannten EU-Länder, und warum man in dieser Frage die Trafikanten dumm sterben lässt. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

12.13


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scheibner. 6 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 74

12.13.24

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Frau Präsidentin! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Wie sich die Zeiten ändern können: Es war jetzt heute wirklich schön, zu sehen, wie der Staatssekretär Matznetter heute als Staatssekretär die Republik Österreich gelobt hat – zu Recht –, wie gut sie dastehe, das beste Gesund­heitssystem Europas, ja fast der Welt, und die beste Infrastruktur habe. (Staatssekretär Dr. Matznetter: Ich habe sie immer gelobt!)

Immer haben Sie das gelobt, Herr Staatssekretär? – Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern (neuerliche Zwischenbemerkung von Staatssekretär Dr. Matznetter), wie ich hier die Leistungen auch gelobt habe, die Sie jetzt loben. All die Zahlen, die auch der Vizekanzler Molterer hier heute genannt hat, sind ja nicht von Ihnen, sondern die belegen die Leistung der letzten Bundesregierung zwischen 2000 und 2007. (Beifall bei BZÖ und ÖVP.) Das ist das, was Sie übernommen haben, was Sie aber krank­gejammert haben. (Abg. Dr. Cap: Infrastruktur! Kreisky!)

Ich kann mich noch erinnern: Sie sind damals als Abgeordneter in der vorletzten Reihe gesessen, Herr Staatssekretär Matznetter, und haben heruntergeschrien – man hat sich Sorgen gemacht, dass Sie heiser werden –, etwas von einem Pensionsraub haben Sie gesagt, alles sei furchtbar und katastrophal. (Staatssekretär Dr. Matznetter: Jetzt gibt es kein Kalorienzählen mehr!) – Was sagen Sie, Herr Staatssekretär? (Staatssekretär Dr. Matznetter: Jetzt gibt es kein Kalorienzählen mehr!) – Aha, jetzt gibt es keinen Pensionsraub! Das ist ja interessant: Jetzt, bei 1,7 Prozent Erhöhung der Kleinstpensionen ist es eine faire Politik und ist es ganz toll!

Damals, unter unserer Regierung, als wir die Pensionen um 4 und um 5 Prozent erhöht haben, war das ein Pensionsraub laut Herrn Kollegem Matznetter. Das ist halt der Unterschied, nicht? Opposition, Matznetter – alles katastrophal; jetzt Regierung – alles ist toll. Nun kam endlich die Erkenntnis, dass es wirklich eine tolle Zeit gewesen ist. (Staatssekretär Dr. Matznetter: Nein!) Hoffentlich verpfuschen Sie nicht die ganzen Erfolge, die wir damals für Österreich herausgearbeitet haben. Das ist ja das, wovor wir uns fürchten. (Beifall bei BZÖ und ÖVP. – Zwischenbemerkung von Staatssekretär Dr. Matznetter.)

Herr Staatssekretär Matznetter, wenn wir schon beim Gesundheitssystem sind: Sie gehen ja leider wieder zurück – Kollege Cap fürchtet sich schon vor all den Dingen, die der Staatssekretär Matznetter hier bringt. (Abg. Dr. Cap: Ich freue mich!) – Sie freuen sich. Na ja, wenn ich Sie so sehe, würde ich es nicht als Zeichen der Freude bringen, sondern Sie fürchten sich genauso wie wir, dass weitere Beiträge erhöht werden, um das Gesundheitssystem, das jetzt schon ein bisschen Probleme bekommt, zu sanie­ren. (Beifall des Abg. Ing. Westenthaler.  Abg. Krainer: Sie hatten sieben Jahre Zeit! Die Kranken haben Sie belastet! – Abg. Dr. Cap: Sieben magere Jahre! – Abg. Krai­ner: 2,5 erhöht, zweimal erhöht!)

Das wollen wir nicht! Wir wollen nicht die Sanierung über Beitragserhöhungen, sondern wir wollen Sanierung über Einsparungen und Sanierung über einen Philosophie­wechsel. Wir haben das hier schon oft eingebracht – leider ohne Reaktion –, dass man nicht das Kranksein finanziert, sondern in die Vorsorge investiert, dass die Leute gesund bleiben und dadurch auch das Gesundheitssystem entsprechend entlastet wird. (Beifall beim BZÖ.)

Die Mittel der Länder – das war ja sehr ehrlich vom ... (Abg. Krainer: Sie haben zwei Mal die Krankenkassenbeiträge erhöht! – Zwischenruf des Abg. Dr. Cap.) – Ja, haben wir auch in diese Richtung gegeben, Herr Kollege. Wir haben diese Erhöhungen verhindert, die damals auch unser Koalitionspartner haben wollte, Herr Kollege Cap. Na, Ihre Ankündigungen bezüglich Parlamentarismus, da sollte man ganz ruhig sein,


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man sieht ja die Realitäten. (Abg. Krainer: Sie haben zwei Mal die Krankenkassen­beiträge erhöht!)

Wenn es darum geht, die Länder hier entsprechend zu bedienen, selbstverständlich brauchen die Länder für ihre Aufgaben die notwendigen Mittel. Der Abgeordnete Gaßner hat aber schon auf eines hingewiesen: Da darf es keinen Filter geben, sondern das Geld muss wirklich dorthin kommen. Denn: Letztlich hebt es der Bund ein, mit all den Unannehmlichkeiten, die man dadurch hat, wenn man Steuern einhebt. Dann muss es aber auch dorthin kommen, wo es notwendig ist – natürlich in erster Linie bei den Gemeinden. Da sind die Länder auch gefordert.

Wir hätten vielleicht noch gerne etwas dazu gehört, Herr Vizekanzler und Herr Staats­sekretär, ob das auch Thema bei den Finanzausgleichsverhandlungen gewesen ist, dass auch dort Einsparungen vorgenommen werden, etwa bei den Pensionsprivilegien im Landesdienst. Auf der Bundesebene hat es alle möglichen Reformen gegeben, auf der Landesebene hat sich das nicht fortgesetzt.

Oder wenn es darum geht, auch über die Kompetenzen zu diskutieren. 19 Monate haben wir im Verfassungskonvent diskutiert, etwa über eine Vereinfachung der Kom­petenzen. Die Länder sind bis jetzt wenig bereit gewesen, diese Einsparungen einzu­bringen.

Letztlich, Herr Finanzminister, die Steuereinnahmen sprudeln; das hören wir überall. Die Wirtschaft boomt – wunderbar! Dann geben Sie aber auch einen Teil dieser Ein­nahmen wieder an die zurück, die das bezahlt haben, nämlich an die Steuerzahler (Beifall bei BZÖ und ÖVP), und zwar durch eine Steuerreform – aber nicht erst im Jahr 2010, in welchem Sie möglicherweise in Anbetracht der Streitereien gar nicht mehr in dieser Regierung sein werden, sondern jetzt! Jetzt geht es darum, auch die Kaufkraft weiter zu steigern und das Geld, das zusätzlich hereinkommt, auch wieder zurückzugeben. Eine Steuersenkung muss eine permanente Angelegenheit sein. (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Dr. Matznetter.)

Herr Matznetter, in unserer Zeit haben wir die größte steuerliche Entlastung in der Geschichte der Zweiten Republik gemacht und drei Konjunkturpakete gemacht, um die Wirtschaftskraft entsprechend zu steigern. Das war eine aktive Politik! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Krainer: Aber aufgefallen ist es niemandem, was Sie gemacht haben!) Na, Ihnen vielleicht nicht, aber den Steuer­zahlern schon! (Abg. Krainer: Aber warum haben Sie dann die Wahl verloren, wenn alles so super war? – Da muss etwas passiert sein! – Abg. Dr. Cap: Wo sind Ihre Wähler hingelaufen? Abg. Krainer: Da muss etwas passiert sein!) Die Gebühren- und Abgabenerhöhungen, die Sie trotz dieser guten Wirtschaftslage verordnen, die spüren die Menschen, meine Damen und Herren, und das wird sie auch noch beschäf­tigen. (Abg. Krainer: Wieso sind Sie nicht mehr Klubobmann? Was ist da passiert?)

Letzter Punkt, im Bereich der Sicherheit, Herr Vizekanzler, Herr Finanzminister: Das ist auch eine Sache für die Länder und für die Gemeinden. Katastrophenschutz ist ange­sprochen worden. Hier muss mehr getan werden, auch wenn es keine aktuellen Bedrohungen oder große Katastrophen gibt: den Katastrophenfonds stärker aufstocken und auch die Mittel, etwa für das Bundesheer, verbessern.

Durch die sechs Monate Grundwehrdienstsenkung sind Probleme entstanden. Jetzt, wo Sie dem Bundesheer einen Tschad-Einsatz verordnet haben, der vom Grundsatz her von mir nicht kritisiert wird – er ist richtig und notwendig (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Dr. Matznetter) –, den es selber bezahlen muss – 25 Millionen € im Jahr –, geht dieses Geld wieder dort ab, wo es notwendig ist, nämlich bei der Sicherheit in den Ländern und in den Gemeinden.


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Herr Vizekanzler, Herr Finanzminister! Da gehören noch die Prioritäten anders gesetzt. Aber jedenfalls haben Sie einiges an Überzeugungsarbeit zu leisten und schon geleis­tet, dass auch die SPÖ draufkommt, dass die letzten sieben Jahre der Regierung unter Gorbach, Riess-Passer und Haupt eine gute Zeit für Österreich gewesen sind. (Beifall beim BZÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

12.19


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Ich setze nun die Redezeit für die letzte Rednerrunde vor 13 Uhr mit 8 Minuten fest. Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Lentsch. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


12.20.06

Abgeordnete Edeltraud Lentsch (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler und Herr Finanzminister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause vor den Fernseh­schirmen!

Auch ich möchte unserem Finanzminister gratulieren, denn Minister Molterer setzt wirklich Maßstäbe. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Lutz Weinzinger: Jetzt kommt der Fanclub!) Zuerst wurde das Budget in einer Rekordzeit erstellt (Abg. Mag. Rossmann: Zwei Budgets sogar!), wie wir es heute schon des Öfteren gehört haben, und heute beschließen wir den ... (Abg. Mag. Rossmann: Zwei Budgets sogar!) – Sie kommen auch noch dran, Herr Rossmann! Heute beschließen wir den Finanzausgleich, der ebenfalls in einer Geschwindigkeit erstellt wurde, die eigentlich niemand von uns für möglich gehalten hätte. (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Dr. Matznetter.)

Geschätzte Damen und Herren! Es gibt kein Ressort in dieser Bundesregierung mit einer derartigen Leistungsbilanz. Dazu möchte ich sowohl unserem Finanzminister als auch dem Staatssekretär recht herzlich gratulieren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Pirklhuber: Wir würdigen ihn zu wenig! – Ruf bei der ÖVP: Er versteht ja nix davon!)

Dieser Finanzausgleich bringt endlich das, was wir von der ÖVP eigentlich permanent gefordert haben, nämlich mehr Geld für die kleinen Gemeinden, mehr Geld für den ländlichen Bereich, obwohl Herr Rossmann zum Finanzausgleich gemeint hat, dass wir viel zu viel Geld in den ländlichen Bereich pumpen. (Abg. Neugebauer: Das kann aber nicht wahr sein!) Und als dann ... (Zwischenruf des Abg. Mag. Rossmann.) – Ich war live dabei. – Und als dann der große Widerstand von der ÖVP kam, hat er bei seiner nächsten Wortmeldung diesen Ausspruch revidiert – und das ist gut so.

Der neue Finanzausgleich wird dieses Mal nicht wie bisher auf vier Jahre, sondern auf sechs Jahre beschlossen, wie wir heute schon gehört haben. Das bringt natürlich den Gemeinden mehr Planungssicherheit, wenn sie ihre Budgets erstellen.

Was ich besonders positiv finde ist, dass jetzt auch die Bundesländer die Pensions­reform, die wir ja auf Bundesebene schon im Jahr 2003 beschlossen haben, umsetzen werden beziehungsweise umsetzen müssen – vor allem natürlich die, die nicht mitgezogen sind.

Geschätzte Damen und Herren! Eine gute Politik für die Menschen braucht natürlich eine solide Finanzierung. Das ist eine Tatsache! Mit diesem Finanzausgleich schaffen wir die Sicherung einer optimalen Gesundheitsversorgung. Mit diesem Finanzausgleich schaffen wir Sicherheit im Alter, bei der Pflege und Betreuung zu Hause. Mit diesem Finanzausgleich und mit der bedarfsorientierten Mindestsicherung setzen wir ein sehr starkes Zeichen im Kampf gegen die Armut. Mit diesem Finanzausgleich schaffen wir eine gute Betreuung für unsere Kinder, mit dem Ausbau der Kinderbetreuung und mit der sprachlichen Frühförderung. (Beifall bei der ÖVP.)


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Geschätzte Damen und Herren! Mit dem Finanzausgleich wurde auch gleichzeitig sowohl mit den Ländern als auch mit den Gemeinden ein Stabilitätspakt geschlossen, denn wir wollen ja 2010 wieder ein ausgeglichenes Budget erreichen (Staatssekretär Dr. Matznetter: Einen Überschuss!), wir wollen 2010 ... Bitte? (Staatssekretär Dr. Matz­netter: Einen Überschuss!) – Einen Überschuss sogar, ich korrigiere mich (Abg. Scheibner: Wann kommt denn die Steuerreform?), denn es gibt ja in Wahrheit keine Alternative dazu. (Abg. Dr. Graf: Eine Steuerreform! Und eine neue Regierung!) Das ist eine Tatsache, die uns allen bewusst ist, denn erstens müssen wir die Stabilitätskriterien der EU erfüllen, zweitens hilft uns jetzt die gute Konjunktur. Und es ist immer leichter dann zu sparen, wenn es einem gut geht, wenn es viele Arbeitsplätze gibt und wenn die Wirtschaft boomt, was jetzt der Fall ist, geschätzte Damen und Herren.

Drittens haben wir allen Österreicherinnen und Österreichern eine große Steuerreform versprochen. (Abg. Scheibner: Wann kommt die?) Und ich bin felsenfest davon überzeugt, dass wir all diese Ziele auch erreichen werden, denn wir haben einen Finanzminister, der Wort hält, wir haben einen Finanzminister, der auf Kurs bleibt, und wir haben einen Staatssekretär, der ihn dabei unterstützt. (Abg. Heinisch-Hosek: Super!) – Jetzt habe ich Ihnen das Wort aus dem Mund genommen.

Abschließend, meine Damen und Herren, möchte ich sagen: Der heutige Tag ist ein guter Tag für die kleinen Gemeinden, der heutige Tag ist ein guter Tag (Abg. Öllinger: Und beginnt mit einem sanierten Budget! Blabla!) für den ländlichen Bereich – trotz aller Unkenrufe von den Grünen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ sowie von Vizekanzler Mag. Molterer.)

12.25


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rinner. 8 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.25.56

Abgeordnete Sylvia Rinner (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Verehrte Zuhörerinnen und Zuhörer auf der Besuchergalerie! Verehrte Zuseherinnen und Zuseher vor den Fernsehschirmen! Hohes Haus! Die Finanzaus­gleichs­verhandlungen zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden wurden erfolgreich abgeschlossen. Diese Bundesregierung unter Bundeskanzler Alfred Gusenbauer hat ein deutliches Signal gesetzt. (Abg. Öllinger: Was? – Abg. Heinisch-Hosek: Ja, sicher!) Mit den Bereichen Kinderbetreuung, Bildung, Gesundheit, 24-Stunden-Pflege und der bedarfsorientierten Mindestsicherung hat diese Koalition große Herausforderungen angenommen und bewiesen, dass sie die Sorgen und Nöte der Menschen sehr ernst nimmt. (Beifall bei der SPÖ.)

Die SPÖ und die ÖVP sichern gemeinsam im neuen Finanzausgleich die geldmäßigen Mittel für diese großen Projekte bis ins nächste Jahrzehnt und das bedeutet Sicherheit für alle Österreicherinnen und Österreicher. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren, ich spreche die 24-Stunden-Pflege an. Gerade dieses Thema betrifft ja uns alle, denn keiner weiß, wann er oder sie sich mit dieser Frage beschäftigen muss. Die demographische Entwicklung der Bevölkerung zeigt, dass wir immer älter werden. Die Zahl der über 80-Jährigen wird bis zum Jahr 2010 im Schnitt um 2 Prozent steigen. Aufgrund dieser Prognosen gewinnt die Absicherung für den Fall der Pflegebedürftigkeit immer mehr an Bedeutung. (Abg. Öllinger: Von welcher Absicherung reden Sie? Von den 225 € Zuschuss? – Das ist ein Scherz!)

Mehr als 80 Prozent aller pflegebedürftigen Menschen werden zu Hause von ihren Familien­angehörigen betreut. (Staatssekretär Dr. Matznetter: 800 €!) Diese pflegen-


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den Angehörigen leisten tagtäglich Übermenschliches. Gerade sie ermöglichen es, dass pflegebedürftige Menschen so lange wie möglich ein selbstbestimmtes und eigen­ständiges Leben zu Hause in ihrer vertrauten Umgebung führen können. (Abg. Öllin­ger: Das ist eine Propagandasendung!)

Seit 1. Juli dieses Jahres sind die Bestimmungen für die 24-Stunden-Pflege in Kraft. Dadurch werden einheitliche Qualitätsstandards und einheitliche Förderhöhen in den neun Bundesländern geschaffen, und die Position der pflegenden Angehörigen wird gestärkt. Mit dem Auslaufen der Amnestieregelung wird die letzte Unsicherheit be­seitigt und wird eine klare Rechtslage geschaffen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Zweytick.)

Sehr geehrte Damen und Herren, gestatten Sie mir noch ein paar Worte zum Thema Armut in Österreich. (Abg. Öllinger: Bitte!) Dieses Thema liegt mir wirklich sehr am Herzen. Die Reduktion von Armut in unserem Land stellt eine gesellschaftliche Verant­wortung dar (Abg. Dr. Bösch: Wo ist denn der Herr Finanzminister hin? Geflüchtet?), die nicht nur in der Vorweihnachtszeit eine Rolle spielen darf. Sie ist eine weitere große Aufgabe, die sich die Koalition vorgenommen hat und gemeinsam auch lösen wird.

In der letzten EU-weiten Erhebung zur Einkommens- und Lebenssituation wurde fest­gestellt, dass in unserem Land rund eine Million Menschen – das sind rund 12 Prozent der österreichischen Bevölkerung – armutsgefährdet ist. Die Einführung der bedarfs­orientierten Mindestsicherung soll den Österreicherinnen und Österreichern helfen, aus dieser Armutsfalle zu kommen. Die bedarfsorientierte Mindestsicherung soll genau dort helfen, wo Hilfe notwendig ist, und gleichzeitig die Menschen motivieren, den Weg zurück in die Arbeit zu finden. Daher werden Langzeitarbeitslose in gemeinnützige Arbeitsprojekte eingebunden und wird die Weiterbildung forciert, denn gerade Langzeitarbeitslosigkeit erhöht massiv das Risiko der Armutsgefährdung.

Noch ein Schritt, um gerade den Schwächsten zu helfen, ist die vor kurzem hier in diesem Haus beschlossene sozial gestaffelte Erhöhung der Pensionen. Das kommt gerade den Mindestpensionistinnen und Mindestpensionisten zugute. Deren Pension wird ab dem nächsten Jahr 747 € betragen.

Die Armutsbekämpfung ist ein zentrales Ziel aller hier im Hause vertretenen Parteien. Gehen wir es gemeinsam an! Setzen wir nach den Worten nun weitere Taten – für die Frauen, für die Männer und vor allem auch für die Jugend in unserem Land! (Beifall bei der SPÖ.)

12.31


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. 8 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.32.05

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren hier und zu Hause! Sie wissen alle, dass Heizen teurer wird. Sie wissen alle, dass Wohnen teurer wird. Sie merken alle, dass Mobilität teurer wird. Herr Finanzminister und Vizekanzler, der Finanzausgleich hat für all diese lebensnahen Fragen, für diese Lebenswirklichkeiten der Menschen keine Antwort. Er geht daran vorbei! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Schelling: Das ist auch nicht die Aufgabe des Finanzausgleichs!) – Ja, sicher! Da kann ich aus dem Vollen schöpfen, Herr Kollege.

Der Herr Finanzminister und Vizekanzler hätte es in der Hand gehabt, über diesen Finanzausgleich erstens dafür zu sorgen, dass die Menschen in Zukunft in thermisch besser sanierten Wohnungen leben können, sodass sie Heizkosten sparen könnten. Sie hätten von vornherein, Herr Vizekanzler, dafür Sorge tragen können, dass die


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Wohnbauförderung stark am Kyoto-Ziel orientiert ist, stark auf Klimaschutzziele ausgerichtet ist und stark den Menschen sparen hilft, nämlich bei den Heizkosten.

Aber was machen Sie? – Sie sagen, das sei dieselbe Summe, und wenn die Länder brav sind und eine Artikel-15a-Vereinbarung unterschreiben, dann werden die Wohn­bauförderungsgelder in Ertragsanteile umgewandelt. – Das sagen Sie! Aber Sie sagen nicht: Liebe Länder, jetzt müsst ihr aber sofort die Sanierungsrate von 1 Prozent auf 3 und 5 Prozent steigern (Abg. Rädler: Längst erfüllt in Österreich! Nur Negativ­bei­spiele!), damit endlich die Wohngebäude, die nach dem Krieg errichtet worden sind, einen zeitgemäßen und klimakonformen Standard haben! Das sagen Sie nicht, Herr Finanzminister, da setzen Sie sich mehr oder weniger auf Ihr Wohnzimmer-Fauteuil und lassen die Länder nach wie vor werken und Wohnbaugelder sogar in die falsche Richtung verwenden. (Abg. Rädler: Das stimmt überhaupt nicht! Realitätsverwei­gerung!) – Herr Finanzminister, das ist der erste schwere Vorwurf.

Ich könnte Ihnen dazu zum Beispiel noch ein paar Unterlagen für Ihre Amtsstube mitgeben – ich werde es dann auch machen –, nämlich eine sehr fundierte Studie, die das Wifo zusammen mit der Industriellenvereinigung erstellt hat. Das ist eine Studie, die genau nachweist, wo bei der Wohnbauförderung, bei der thermischen Sanierung dringend Handlungsbedarf besteht, und wo Sie wieder versagt haben. Ihr Artikel 15a-Vertrag ist wirklich eine Zukunftsmusik im Sinne von „Sound of Music“, wie Sie eingangs gesagt haben, aber er hilft den Leuten jetzt und hier nicht bei diesem etwas tiefere Temperaturen zeigenden Winter als voriges Jahr. (Abg. Dr. Schelling: Sagen Sie das dem Kollegen Anschober!)

Zweites Problem: Wohnen wird teurer. – Wir haben die Schwierigkeit, dass wir mit einer gedeckelten Wohnbauförderung, die jetzt immerhin auch Ertragsmittel umfasst oder in Ertragsanteile umgewandelt wird, die Aufgabe haben, nicht nur zu sanieren, sondern auch neuen Wohnraum zu schaffen, und zwar kostengünstigen neuen Wohnraum zu schaffen.

Viele junge Familien brauchen günstige Wohnungen, billige Wohnungen, Wohnungen, für die auch die Betriebskosten niedrig sind. Diese zwei Grundherausforderungen an die Wohnbauförderung werden mit dem Instrumentarium, das Sie jetzt wieder den Län­dern gegeben haben, nicht zu bewältigen sein, Herr Finanzminister. Da wäre mehr Mut notwendig gewesen, da wäre es notwendig gewesen, im Vorhinein diese Studie von Wifo und Industriellenvereinigung einmal genauer zu lesen.

Dritter Problembereich: Mobilität. – Am Dienstag konnten wir den Herrn Bundeskanzler hier hören, als er davon sprach, dass die Bundesregierung gerade dem Verkehrs­be­reich, dem Klimakiller Nummer eins – so hat er es selbst formuliert –, verstärkt Auf­merksamkeit schenkt. Sie, Herr Finanzminister, haben in diesem Finanzausgleich überhaupt nichts unternommen, um mehr Mittel in Richtung öffentlichen Verkehr auf Landesebene zu lenken.

Wo wird den Menschen in den einzelnen Wohnorten, in den einzelnen Gemeinden, in den kleinen Landgemeinden ein besseres öffentliches Verkehrsmittel angeboten? Wo werden mehr Taktverkehre gewährleistet? Wo ist dann insgesamt eine bessere Ver­netzung von Zubringerdiensten und ÖBB durch verbesserte Anforderungen an den öffentlichen Verkehr, durch bessere Dotierung des öffentlichen Verkehrs vorge­sehen? – Nichts!

Herr Finanzminister, Herr Vizekanzler, die Mineralölsteueranteile werden überwiesen. Da haben das Geld und das Entscheidungspouvoir die Länder. Sie haben nicht junktimiert. Wir fordern im Sinne eines besseren Klimaschutzes, im Sinne der Mobilitätssicherung für die Zukunft, damit sich die Menschen Mobilität wirklich noch leisten können, eine verstärkte Orientierung der MöSt-Mittel, die Ausgabe der MöSt-


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Mittel auf Landesebene in Richtung Ausweitung des Angebots des öffentlichen Ver­kehrs vor Ort. (Beifall bei den Grünen.)

Auch dazu, Herr Minister, gäbe es wertvolle Tipps und Hinweise in der bereits zitierten Studie von Wifo und Industriellenvereinigung mit dem Titel „Innovation & Klima: Inno­vative Klimastrategien für die österreichische Wirtschaft“. Sie können ja dann selbst nachschlagen; auf Seite 9 wird von einem „großen Potential“ gesprochen, der Realisierung von 15 Prozent dieses Potentials, um eine Verlagerung von Pkw-Fahr­leistungen auf den öffentlichen Verkehr, auf das Radfahren oder das Zu-Fuß-Gehen zu schaffen. Das wird in Diagrammform genau dargelegt.

Sie machen überhaupt nichts im Finanzausgleich in diese Richtung. Wir hätten uns erwartet, dass Sie auch hier ein Junktim mit den Ländern vereinbaren, ein Junktim herbeiführen; wenn schon Bundesgeld in Form von MöSt-Mitteln an die Bundesländer fließt, dann sollen die Länder dafür Sorge tragen, dass Landesverkehrspläne und auch Gemeindeverkehrspläne beschlossen werden, die dann wirklich diesen Verlagerungs­effekt unter fünf Kilometer herbeiführen, denn das Problem in der Verkehrspolitik ist die falsche Raumordnung. Das Problem in der Verkehrspolitik ist die falsche Verkehrs­politik auf Landes- und Gemeindeebene. Da haben Sie nicht die Reißleine gezogen und endlich einmal neue Weichen gestellt. (Beifall bei den Grünen.)

Uns fehlen insgesamt, Herr Vizekanzler und Herr Finanzminister, einfach die öko­logischen Leitplanken im Finanzausgleich. Es wird das Alte fortgeschrieben, es wird nicht innovativ, klimaorientiert, nachhaltig umgesteuert. Die Reform fehlt, das ist unser großer Vorwurf.

Von wegen kleine Gemeinden: Mein Kollege Rossmann hat sehr wohl gesagt, dass der ländliche Raum als solcher mit Schwerpunkteinrichtungen in zentralen Orten verstärkt unterstützt werden soll. Er hat nicht davon gesprochen, dass die kleinen Gemeinden mehr oder weniger massiv eingeschränkt werden sollen, sondern davon, dass sie ko­operieren sollen. Es sollen leistungsorientierte Zentren und Kooperationen von Gemeinden entstehen, denn das nützt allen vor Ort.

Zum Schluss noch, Herr Finanzminister: Wenn man den Finanzausgleich sozusagen auf die Klima-Waage legt, dann sieht man einen deutlichen Schiefstand zu Lasten des Klimas, zu Lasten des Klimaschutzes. Wir hätten uns vorgestellt, dass Sie aus ihrem klimapolitischen Tiefschlaf erwachen beziehungsweise dass Sie endlich die Klima­politik im Finanzausgleich aus dem Kellergeschoß heraufholen, damit die Leute zu ebener Erde endlich ordentliche Mobilitätsangebote haben und im ersten Stock in ordentlich wärmegedämmten, sanierten Wohnzimmern sitzen können, dort auch wirk­lich ein Leben führen können, das den heutigen Qualitätsstandards einer innovativen Wohnbausanierung entspricht.

Herr Finanzminister, diese Chance haben Sie leider verpasst! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Rädler: Verhaltener Applaus bei den Grünen!)

12.40


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Zanger. 8 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.40.25

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Grillitsch, der jetzt leider nicht an seinem Platz ist, hat behauptet, die Opposition suche das Haar in der Suppe und findet es nicht. – Das ist ja kein Wunder, denn da ist ja ein ganzes Haarbüschel drin! Das ist ja gar nicht möglich!


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Herr Vizekanzler, es freut mich, dass Sie heute in die Wohnzimmer der Österreicher kommen, denn heute ist der 6. Dezember, der Nikolaustag: Da schultern Sie also Ihren Sack, kommen mit dem Herrn Staatssekretär als Krampus in unsere Wohnzimmer und schütten einen tollen Finanzausgleich über uns aus. – Mich freut es, dass Sie unsere schönen österreichischen Tradition so hochhalten. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Vizekanzler Molterer und der Herr Staatssekretär Matznetter äußern sich sehr salbungsvoll, wortgewandt und wortreich und beweihräuchern den Finanzausgleich als tollen Wurf. Sie erzählen selbstgefällig über angebliche Unsummen, die sie in den nächsten Jahren vor allem in den kleinen Gemeinden ausschütten werden, aber sie sagen nicht dazu, dass es dazu ja schon allerhöchste Zeit ist, weil die kleinen Gemein­den schon seit Jahren jeden Euro zweimal umdrehen müssen, bevor sie ihn ausgeben. (Abg. Dr. Pirklhuber: Nicht nur die kleinen, auch die großen!)

Wir haben eine hervorragende Wirtschaftslage, für die Sie nichts können, aber Sie können etwas dafür, dass Sie keinen politischen Willen zu echten Strukturänderungen und echten Reformen zeigen, und zwar nicht nur im Gesundheits- und Verwaltungs­bereich, sondern – und das ist ein Riesenproblem – auch betreffend das Ungleich­gewicht zwischen den zentral-urbanen Bereichen und dem ländlichen Raum, dem daraus resultierenden demografischen Wandel, der zudem noch durch ständig sinken­de Geburtenzahlen, vor allem bei der eigenen Bevölkerung, verschärft wird. (Abg. Rädler: Zentral-urbanes Dorf!)

Ein vernünftiger, weitsichtiger Finanzausgleich würde diese Problematik berücksich­tigen, wie zum Beispiel die Abwanderung der Jugendlichen aus den ländlichen Räu­men mangels Bildungs- und Ausbildungsangebot, mangels Chancen und Perspektiven, was aber letztlich heißt: mangels vernünftiger Investitionen in diesen Regionen. Und dafür tragen Sie die Verantwortung, Herr Vizekanzler und Herr Staatssekretär! (Ruf bei der ÖVP: Mäßiger Applaus!)

Ein freiheitlicher Ansatz für einen verantwortungsvollen Finanzausgleich würde dem Credo „Chancen schaffen, Heimat stärken“ verpflichtet sein. (Beifall bei der FPÖ.) – Dieser wäre also nicht nur ein Finanzausgleich, ein bloßes Hin- und Herschieben von Geld, sondern auch ein Chancenausgleich. Das ist im Moment überhaupt nicht der Fall, und das zeigt, dass Ihnen die Jugend des ländlichen Raumes weniger wert und weniger wichtig ist als die Jugend in den Städten. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren! In der Region Aichfeld-Murboden sind die Eurofighter stationiert. (Abg. Dr. Cap: Oje!) – Die Bevölkerung dort lebt mit den Risken der Lärmbelästigung und der Umweltbelastung, aber weder Rot noch Schwarz haben es der Mühe wert gefunden, als Ausgleich dort auch Chancen anzubieten. Wo sind die mysteriösen Gegengeschäfte für diese Region? Wo sind die Betriebsansiedelungen, die Maßnahmen für die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Chancen auf Bildung und Ausbildung? – Dort nicht; maximal in der Umgebung von Graz!

Das bewirkt dort eine effektive Abwanderung, eine Aushöhlung und Aushungerung dieser Region! Und das nennen Sie einen ausgewogenen Finanzausgleich? – Also dafür fehlt mir wirklich jedes Verständnis, das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Dr. Schelling: Wenn man alles an den Haaren herbeizieht, ist es leicht, ein Haar in der Suppe zu finden!)

Der Geburtenrückgang tut ein Übriges: Chronologisch gesehen bedeuten immer weni­ger Kinder immer weniger Kindergärten, immer weniger Schulen, ein immer kleineres Angebot an Arbeitskräften und auch an Infrastruktur, was sich bei den Nahversorgern am deutlichsten zeigt. Abwanderung und Geburtenrückgang sind ein tödliches Ge­misch (Abg. Mandak: Deshalb brauchen wir Zuwanderung!): Es entstehen Leerräume, es entsteht ein Vakuum, und das wirkt wie ein Sog auf ausländische Zuwanderer. Es


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entstehen Ghettos, es kommt zu Bandenbildungen und gewalttätigen Übergriffen, speziell unter Jugendlichen. Das ist schon ein Problem, auch in den ländlichen Räu­men! Und da sollten Sie nicht wegschauen. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Was Sie jetzt machen, ist nichts anderes als eine finanzielle Ausgleichskosmetik, damit sich kleine Gemeinden wenigstens wieder Transferzahlungen leisten und gerade einmal einen Gehsteig ein Jahr früher als geplant bauen können.

An die Adresse von SPÖ und ÖVP gerichtet möchte ich sagen, dass das eine Verhöh­nung des ländlichen Raumes ist, der Ihnen – gerade Ihnen! – angeblich so wichtig ist, eine Verhöhnung der Wähler und eine Verhöhnung der Bürger dieses Landes. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wenn wir schon beim Finanzausgleich sind, dann reden wir auch einmal über einen anderen, längst fälligen Finanzausgleich, nämlich den für die Bevölkerung: Die extremen Teuerungen der letzten Monate bei den Nahrungsmitteln – insbesondere bei den Grundnahrungsmitteln wie Milchprodukte und Getreide –, bei der Haushaltsenergie, bei Benzin und anderen Treibstoffen und in vielen anderen Bereichen haben mittlerweile zu einer Inflation von 2,8 Prozent im November geführt. Das bereitet sogar dem Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank, Herrn Liebscher, Sorge. Aber Ihnen ist es egal.

Das Gebot der Stunde heißt: Eine Steuerreform jetzt!, also zum jetzigen Zeitpunkt, und nicht erst im Jahr 2010, so wie Sie es uns immer salbungsvoll erzählen. Dieses Märchen von der Steuerreform glaubt Ihnen niemand mehr. Sie versuchen, der Bevöl­kerung Sand in die Augen zu streuen! Machen Sie jetzt zumindest eine Teil-Rück­vergütung jenes Geldes, das Sie als Regierungsparteien mittels sprudelnder Steuern, wie Sie das ja selbst zugeben, der Bevölkerung aus der Tasche ziehen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir Freiheitlichen haben in den Ausschüssen genügend Initiativen ergriffen, um eine Entlastung der Bevölkerung – vor allem durch die Familienleistungen – herbeizuführen. Doch was machen Sie? – Es ist Ihnen nicht zu dumm, das von einem aufs andere Mal zu vertagen. So geht das nicht! So kann man nicht Politik für dieses Land, für Österreich und für seine Bevölkerung machen! – Aber wir Freiheitliche werden es Ihnen bald schon wieder zeigen, wie es funktioniert. (Beifall bei der FPÖ. – Vizekanzler Mag. Molterer: Müssen wir uns jetzt fürchten?! – Abg. Rädler: Da schau her!)

12.47


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schalle. 8 Minuten Redezeit. – Bitte. (Vizekanzler Mag. Molterer – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Schalle –: Müssen wir uns vor Ihnen auch so fürchten wie vor ...?! – Abg. Schalle: Mindestens!)

 


12.47.20

Abgeordneter Veit Schalle (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Aufgrund dieser rot-schwarzen Bundesregierung weht zu Weihnachten ein kalter Wind durch die österreichischen Wohnzimmer. Die rot-schwarze Bundesregierung weiß nicht mehr, wo die Bürger der Schuh drückt. Über 250 000 Haushalte können sich das Heizen nicht mehr leisten. (Abg. Mag. Kogler: ... dass der Haider kommt! Der bringt Stimmung mit!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Letzte Umfragen zeigen, dass die Hälfte der Bevölkerung mit dem Geld, das ihr zur Verfügung steht, nicht mehr auskommt. 50 Prozent aller Einkommensbezieher, die selbständig Erwerbstätigen mit eingeschlos-


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sen, kommen mit ihrem Einkommen nicht mehr aus, und das, obwohl unser Land zu den wohlhabendsten in Europa zählt.

Die Zahl der Privatkonkurse stieg allein im letzten Quartal um 1 000 auf über 10 000 an. – Erstmals ist auch der Mittelstand ganz massiv davon betroffen, und die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander. (Abg. Mag. Trunk: ... BZÖ-Regierung ...!) – Nein, schon Ihre! Darüber hinaus erhöht der Herr Vizekanzler, obwohl die Steuereinnahmen nur so sprudeln, permanent die Belastungen.

Mich wundert das eigentlich, denn gerade Sie von der SPÖ müssten eigentlich genau wissen, wie es Ihrer Klientel geht: Reden Sie einmal mit den Banken! Am 20. des Monats bekommt ein Drittel der Kunden kein Geld mehr, weil sie das Konto so überzogen haben! Sie brauchen sich nur einmal bei Ihren Sparkassen zu erkundigen!

Was macht die Bundesregierung? – Statt die Bürger zu entlasten, werden permanent neue Belastungen beschlossen. Auf die Teuerungswelle bei Lebensmitteln, Energie­preisen, bei Müll- und Kanalgebühren und bei den Mieten setzt die Regierung noch eines drauf: SPÖ und ÖVP beschließen ein Belastungspaket, das seinesgleichen sucht. Die Rezeptgebühr wird erhöht, die Selbstbehalte bei Heilbehelfen werden angehoben (Abg. Mag. Trunk: Wir haben das gedeckelt! Gestern haben wir ... beschlossen! Sie müssen wenigstens ...!), die Krankenversicherungsbeiträge werden erhöht, und das Krankenversicherungschaos wird nicht gelöst: Allein dort fehlen über 360 Millionen €.

Auch die Mineralölsteuer wird erhöht. In diesem Zusammenhang frage ich mich Folgen­des, Herr Vizekanzler – Sie sollten einmal diese Rechnung anstellen und sehen, dass zwar der Ölpreis auf 90 Dollar, aber in der Zwischenzeit auch der Euro gegenüber dem Dollar um 50 Prozent gestiegen ist –: Ich möchte wissen, wer die Differenz einsteckt. – Hier sollten Sie schon einmal die OMV und die anderen Ölgesellschaften überprüfen! Ich glaube, hier verdienen sich etliche krumm und blöd auf Kosten der Steuerzahler! (Beifall beim BZÖ. – Vizekanzler Mag. Molterer: Das Grund-Einmaleins der Ökonomie sagt etwas anderes!)

Die NoVA wird erhöht, die Zigarettenpreise werden um 10 Prozent erhöht – man glaubt, damit die Trafiken zu retten (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Dr. Matz­netter) –, Bahntickets und Wochenkarten werden um 3 Prozent teurer, und der ORF bekommt wahrscheinlich um 10 Prozent mehr, weil der dortige Herr Generaldirektor nicht fähig ist, ein gescheites Programm zu machen. – Das alles frisst die Gehalts- und Pensionserhöhungen auf.

Das Finanzamt mutiert immer mehr zu einer Gebühren-Eintreibungsmaschine. Strafen werden generell erhöht, meistens werden sie verdoppelt. Sie geben unkontrolliert mehr Geld aus, kaschieren die eigene Reformunfähigkeit und bauen ihre Machtzirkel aus – die Kammern werden in den Verfassungsrang erhoben, und rot-schwarze Manager werden in der verstaatlichten Industrie nach dem alten Proporzsystem eingesetzt –, anstatt die Verwaltungsreform voranzutreiben, wie es der Rechnungshof in seinen Vorschlägen eigentlich empfiehlt. Seine 207 Vorschläge allein würden über 4 Milliar­den € an Einsparungen bringen. – Hier sollten Sie ansetzen!

Meine Damen und Herren, ich kann Ihnen nur sagen: Die Steuerreform muss kom­men! – Und ich sagen Ihnen auch weshalb: weil die Not der Bevölkerung so groß ist, dass diese nicht bis 2010 warten kann und will.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, derzeit sind über 7 000 Lehrlinge ohne Job. Das sind nämlich die Facharbeiter von morgen, bezüglich der die Industrie permanent fordert, dass man sie aus dem Ausland importieren soll.


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Außer Lippenbekenntnissen ist seitens der Regierung nicht viel übrig geblieben. – Wir haben bereits unser Steuerreformkonzept eingebracht: Steuerreform war gestern, „Steuern senken. Jetzt!“

Von unserem Vorschlag würden 3 Millionen Lohn- und Einkommensteuerpflichtige mit durchschnittlich 765 € im Jahr profitieren. Allein der Fahrtkostenersatz für Pendler würde 262 € pro Person bringen. Es pendeln immerhin bereits 1,9 Millionen Mitarbeiter tagtäglich in die Arbeit. Und nur die Überstundenzuschläge – für die Fleißigen –steuerfrei zu stellen, das würde 400 Millionen € bringen.

Was aber haben Sie gemacht? – Sie haben alles vertagt, weil Sie nicht wissen, was Sie tun sollen. Die SPÖ will eine Vermögenssteuer und eine Wertschöpfungsabgabe einführen, und die ÖVP will ein Familiensplitting. Sie werden ewig streiten und nie auf einen gemeinsamen Nenner kommen, doch die Bevölkerung bleibt dabei voll auf der Strecke.

Sehr geehrter Herr Vizekanzler, helfen Sie der Bevölkerung! Setzen Sie Maßnahmen, die die Bevölkerung entlasten – und nicht permanent belasten! – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

12.53


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirklhuber. Die „Fernseh-Redezeit“ ist hiermit beendet; es gibt einen Schluss­kommentar. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.54.07

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Werte ZuhörerInnen hier im Hohen Haus! Es ist heute oft von „Klein“ und „Groß“ gesprochen worden, aber der Finanzausgleich ist keine Frage von Klein und Groß, sondern er ist eine Frage von Aufgaben, eine Frage von Leistungen. Und genau in diese Richtung, meine Damen und Herren, ist nichts geschehen. – Ein aufgabenorientierter Finanz­ausgleich wäre ein Gebot der Stunde, und das ist auch der Grund, warum wir dieser Finanzausgleichsgesetz-Novelle 2008 unsere Zustimmung nicht geben werden.

Ich möchte Ihnen noch einmal erklären, dass das natürlich auch für den ländlichen Raum gilt. Ich bin selbst im ländlichen Raum tätig, ich bin in einem Regionalforum und spreche dort viel mit Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern. Und es ist ganz klar, dass es keinen Sinn macht, wenn auf der einen Seite einer Gemeindegrenze ein Gewerbegebiet errichtet wird und auf der anderen Seite auch, sondern da geht es um Zusammenarbeit, um interkommunale Gewerbegebiete, um nur ein Beispiel zu nennen.

Das hat Sinn, weil dann der Verkehr besser organisiert werden kann, das hat Sinn, weil die Infrastruktur ganz einfach besser organisiert werden kann, und das hat auch Sinn, weil man eventuell vorhandenen öffentlichen Verkehr besser organisieren kann. – Das ist nur ein Beispiel. (Beifall bei den Grünen.)

Oder schauen wir uns den Fuhrpark, den Gemeinden anschaffen, an: Im Bereich des Fuhrparks gibt es Spitzenauslastungen, und daneben stehen die Fahrzeuge herum und müssen gewartet, müssen erhalten werden. – Das alles sind Dinge, die man unbedingt angehen müsste.

Ich möchte in meinem Statement jetzt auch noch auf eine der kommunalen Kern­aufgaben eingehen, nämlich die Bereitstellung von gesundem Trinkwasser und die Entsorgung der Abwässer: Sie, Herr Staatssekretär Matznetter, haben das zwar ange­sprochen, aber leider auch in diesem Bereich nichts betreffend Innovation vorgelegt.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 85

Wir novellieren hier ja auch das Umweltförderungsgesetz, und dabei müssen wir beden­ken, dass wir bereits einen Anschlussgrad von 90 Prozent haben. 90 Prozent der Haushalte sind zentral an Kanalisation angeschlossen! Und statt weiterhin Kanal-Autobahnen im dünn besiedelten ländlichen Raum zu errichten (Staatssekretär Dr. Matznetter: Machen wir die Sanierung!), ginge es jetzt darum, alternative, dezen­trale Lösungen voranzutreiben, Herr Staatssekretär! (Staatssekretär Dr. Matz­netter: Ja! Machen wir: Sanierung!) – Und das haben Sie leider weder vorgelegt noch in irgendeiner Form angedacht.

Die Kosten für die Gemeinden beziehungsweise deren Abwasserwirtschaftsverbände werden nämlich massiv steigen, das wissen wir. Ich sitze selbst seit Jahren in der Kommission für Siedlungswasserwirtschaft, und gemäß Finanzierungsvorschau nach der Barwertmethode werden die Rückzahlungskosten bis ins Jahr 2017 auf ihren höchsten Punkt steigen.

Die kostendämpfenden Potentiale bei Planung und Entwicklung werden nach wie vor nicht völlig ausgeschöpft, oder eben Anlagen im dezentralen Bereich wie Pflanzen­kläranlagen, die natürlich inzwischen auch schon akzeptiert werden, deren Einsatz aber in den meisten Bundesländern überhaupt nicht offensiv vorangetrieben wird. – Und das ist die Herausforderung!

Daher, meine Damen und Herren, wäre es sinnvoll gewesen, in diesem Bereich eine Umschichtung vorzunehmen, nämlich von der Siedlungswasserwirtschaft (Staats­sekretär Dr. Matznetter: Sanierung!) – ja, die Sanierung ist ein Teil! – hin zur Umwelt­förderung im Bereich Klimaschutzmaßnahmen. Das würde den Gemeinden sehr wohl helfen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

12.57

Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Schultes. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.57.46

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätz­ter Herr Vizekanzler! Geschätzter Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben heute eine sehr sonderbare Redeordnung: Zuerst haben wir lange geredet, jetzt reden wir kurz. Wissen Sie, warum das so ist? – Jetzt kommen nur mehr Redner der Volkspartei. Und offensichtlich war es notwendig, die Redezeit so einzuteilen, damit wir in der Fernsehzeit eben nicht mehr drankommen. (Abg. Dr. Stummvoll: Unerhört!) – Das ist eine etwas unangenehme Geschichte, aber wahrscheinlich muss das so sein. (Beifall bei der ÖVP. – Weitere Zwischenrufe.)

 


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Herr Kollege, ich korrigiere Sie: Wir haben die 8 Minuten verteilt, und die Fernsehübertragung wurde mit der Rede von Kollegem Veit Schalle beendet. (Abg. Sburny: ÖVP-Rednerinnen ...!)

 


Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (fortsetzend): Ich habe ja auch nicht die Frau Präsidentin zu kritisieren. Es ist schlichtweg so, dass die anderen Parteien offen­sichtlich nicht ausreichend Redner gemeldet hatten, sonst hätten wir auch noch ein zweites „Fünferradel“ zu 3 Minuten zusammengebracht. (Beifall bei der ÖVP. – Neuerliche Zwischenrufe.)

Jedenfalls, liebe Kolleginnen und Kollegen, will ich zum Thema reden, und das Thema ist der Finanzausgleich. Und wenn wir uns die Situation anschauen, ist es doch so, dass der größte Teil der Steuermittel vom Bund eingehoben und dann gemäß unseren Interessen verteilt wird: an die Europäische Union, an die Länder und an die Gemeinden.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 86

Aus der Sicht des Steuerzahlers betrachtet ist die Geschichte allerdings umgekehrt: Am wichtigsten ist den Menschen, dass es dort funktioniert, wo sie leben – bei den Gemeinden –, dass dort ausreichende Finanzmittel zur Verfügung stehen, um die Bedürfnisse des täglichen Lebens zu regeln. Darüber hinaus will der Bürger natürlich auch, dass seine Gemeinde stark bleibt, dass also eine Landesregierung da ist, die ihr hilft, und natürlich wollen wir alle, dass die gemeinsamen Aufgaben von einer guten Bundesregierung in einem starken Europa geregelt werden.

Wenn wir uns die Geschichte so anschauen, kann man fragen: Ist das gescheit? – Ja, das ist gescheit! Und zwar aus einem einfachen Grund: Unser Staat würde nicht so gut funktionieren, wenn nicht die vielen Freiwilligen, die vielen engagierten kleinen Funktionäre, die vielen Gemeinderäte, Bürgermeister, Feuerwehrkommandanten und so weiter ihre Kraft in unser Gemeinwesen investieren würden.

Es tut weh, wenn man hört, wie ein Herr Rossmann oder ein Herr Pirklhuber die Ge­meinden niedermachen und offensichtlich aus einen Zentralverwaltungsansatz heraus immer nur davon reden, dem ländlichen Raum das Geld wegzunehmen. (Abg. Dr. Pirklhuber: Mit keinem einzigen Wort habe ich das getan! – Abg. Mag. Ross­mann: Unglaublich diese Unterstellung!) Das ist unerhört, und ich möchte das in tiefster Empörung zurückweisen. (Abg. Dr. Van der Bellen: Da gibt es nichts, was zurückzuweisen wäre!) Ich habe das schon im Ausschuss getan und möchte das hier in aller Öffentlichkeit noch einmal machen. (Beifall bei der ÖVP.)

Die ländlichen Gemeinden sind diejenigen, die dem Bürger wirklich Leistungen bringen. Und bei uns in Niederösterreich ist es noch dazu so, dass die Landesregie­rung das auch massiv unterstützt, denn bei uns gilt das Motto: Weiter vorn, wo es um die wirtschaftlichen Bedingungen geht, und näher dran, wo es um die Bedürfnisse der Menschen geht. (Präsident Dr. Spindelegger übernimmt den Vorsitz.)

So halten wir es in Niederösterreich, und ich freue mich, dass der Finanzausgleich die Voraussetzungen dafür bietet. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP. – Rufe bei der ÖVP: Sehr gut!)

13.00


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Rossmann zu Wort gemeldet. Ich mache Sie auf die Bestim­mungen des § 58 der Geschäftsordnung aufmerksam. – Bitte.

 


13.00.50

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Frau Kollegin Lentsch hat gesagt, ich hätte behauptet, dass zu viel Geld in den ländlichen Raum fließe. (Abg. Lentsch: Da war ich live dabei!) – Tatsächlich habe ich gesagt, dass über die Abflachung des abgestuften Bevölkerungsschlüssels mehr Geld in die kleinen Gemeinden unter 10 000 Einwohnern fließt als in die Gemeinden mit über 10 000 Einwohnern, und wei­ters habe ich sehr wohl gesagt, dass die kleinen Zentren im Raum gefördert werden sollen.

Den Begriff „ländlicher Raum“ habe ich jedoch in meiner Ausführung nicht verwendet. (Beifall bei den Grünen.)

13.01


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Stad­ler. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


13.01.39

Abgeordnete Astrid Stadler (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! In meinem Wahlkreis im Westen Tirols habe ich über 90 Ge-


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mein­den, zwei Drittel davon sind Klein- und Kleinstgemeinden. Ich möchte am Beginn meiner Ausführungen unserem Finanzminister Willi Molterer herzlich danke sagen, der mit großer Selbstverständlichkeit ein Bekenntnis zum ländlichen Raum, zum dezen­tralen, regionalen Raum abgegeben hat. Danke, lieber Willi, dass du diese Gemeinden wirklich unterstützt. (Beifall bei der ÖVP.)

Wie unterstützt man diese Gemeinden? Die Verlängerung auf sechs Jahre bedeutet mehr Planungssicherheit, und in den ersten drei Jahren wird durch die etappenweise Abschaffung des Konsolidierungsbeitrages, der ja eine Anleihe an den Bund war, eine Erhöhung der Ertragsanteile für die Gemeinden zustande kommen. Zusätzlich werden 50 Millionen € von den Ländern zu den Gemeinden umgeschichtet.

All das bedeutet mehr Mittel für die Gemeindehaushalte, und die Gemeinden brauchen das auch. Sie brauchen es deshalb, weil die Aufgaben immer vielfältiger und immer mehr werden, und sie brauchen es auch, um Mehrausgaben gerade im Gesundheits- und Pflegebereich kompensieren zu können.

Die weitere Abflachung des abgestuften Bevölkerungsschlüssels ist für mich ein wichtiger Schritt. Restlos zufrieden werde ich als Abgeordnete erst dann sein, wenn es keine Abstufung und keinen Unterschied mehr gibt zwischen ländlicher Bevölkerung und städtischer Bevölkerung, aber steter Tropfen höhlt den Stein. Es ist das wieder ein großer Schritt zu mehr Gerechtigkeit.

Daher möchte ich mich, lieber Willi Molterer, im Namen vieler Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker bei dir nochmals bedanken. Du hast den Gemeinden das finanzielle Rückgrat gegeben, damit sie weiterhin selbständig sein können, damit sie weiterhin öffentliche Infrastruktur, öffentliche Dienstleistungen anbieten und damit den Menschen im ländlichen Raum Zukunft und Perspektive geben können. (Beifall bei der ÖVP.)

13.03


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Der vorläufig letzte Redner in dieser Debatte ist Herr Abgeordneter Zweytick. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


13.04.08

Abgeordneter Johannes Zweytick (ÖVP): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muss meiner Vorrednerin zustimmen, sie hat viel Richtiges gesagt. Wenn ich jetzt schon, wie es aussieht, zum letzten Redner avanciert bin, Herr Kollege (in Richtung des Abg. Dr. Van der Bellen), dann möchte ich gerade in Ihre Richtung schielen und auch ein Stückerl weiter oben an Herrn Rossmann appellieren.

Ich habe mich bei seinen Aussagen nicht ausgekannt. (Abg. Haidlmayr: Das heißt gar nichts, wenn Sie sich nicht auskennen!) Einmal war er für die kleinen Gemeinden, für den ländlichen Raum, dann war er wieder für zentralistische Zustände, kurz, ich habe mich da nicht ausgekannt. Nachdem ich jetzt den anderen Rednern und auch Ihrer Richtigstellung zugehört habe, meine ich, dass Sie sich auch noch nicht ganz aus­kennen. (Abg. Brosz: Sehr unwahrscheinlich, dass er sich da nicht auskennt! Sehr unwahrscheinlich!)

Ich kann aus der Praxis berichten und hier nur festhalten, dass ich mich darüber freue und unserem Finanzminister dazu gratulieren möchte, dass es in einer relativ raschen, sehr unspektakulären Art und Weise gelungen ist, die Finanzierbarkeit von Gemeinden wieder zu sichern, eine Finanzierbarkeit für sechs Jahre. Finanzierbarkeit von Gemein­den heißt auch, sie für die Bürger leistbar zu machen. Mit diesem Auftrag des Finanzausgleichs können wir in den Kommunen, in den Regionen, in den Gemeinden


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insbesondere auch die Abgaben der Menschen, der Bürgerinnen und Bürger wieder leistbar gestalten. Hier ist Spielraum drinnen, hier ist mehr als in der Vergangenheit drinnen, und dafür ist vor allem unserem Finanzminister Wilhelm Molterer herzlichst zu danken.

Dem Finanzausgleich heute, wie von den Oppositionsparteien angekündigt, nicht zustimmen zu wollen oder zu können, ist für mich schlichtweg verantwortungslos. Das ist schlichtweg verantwortungslos, weil Sie als legitimierte Partei, als gewählte Man­datare der Bevölkerung hier der gerechten Zuteilung von über 60 Milliarden € an Steuereinnahmen an die Regionen und die Bevölkerung in den nächsten sechs Jahren einfach nicht zustimmen. Das ist einfach unglaublich aus meiner Sicht, denn das kommt selbstverständlich nicht Ihnen, sondern den Menschen zugute.

Soweit müssten Sie ja auch damit einverstanden sein, dass der Finanzausgleich nun­mehr nach bestem Wissen und Gewissen wesentlich gerechter ist als die der Vergangenheit und auch einen Schritt in eine bessere Richtung bedeutet. (Abg. Mag. Rossmann: Lesen Sie doch einmal nach, was da steht!) Nicht zuzustimmen ist für mich einfach unverantwortlich, aber Sie tun es.

Meine letzte Anregung zum Schluss wäre die: Kleinkooperationen, Kleinregionen oder Gemeinden, die sich zu Kooperationen zusammenfinden, sollten verstärkt Prämienan­reize zugesprochen bekommen. Wenn man viele kleine Gemeinden zusammenlegt, gibt es viele Möglichkeiten, besonders auf der Ausgabenseite sehr viel an Einsparun­gen zu erzielen. Für diese Einsparungen sollte es unbedingt Prämienanreize geben, dann könnte ich mir vorstellen, dass in Zukunft noch mehr Spielraum für die kleinen Gemeinden und damit auch für die Bürgerinnen und Bürger zur Verfügung steht. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

13.07


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Dann darf ich alle Damen und Herren bitten, ihre Plätze einzunehmen, denn wir kommen nun zu den Abstimmungen.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Finanzausgleichsgesetz erlassen wird sowie das Zweckzuschussgesetz, das Katastrophenfondsgesetz und weitere Gesetze geändert werden, samt Titel und Eingang in 289 der Beilagen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf eine Verfassungsbestimmung enthält, stelle ich zunächst im Sinn des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeord­neten fest.

Ich bitte nun jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf zustimmen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mehr­heitlich angenommen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 89

Ausdrücklich stelle ich wiederum die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehr­heit fest.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluss der gegenständlichen Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über eine Weiterführung der stabilitätsorientierten Budgetpolitik ge­mäß Art. 15a Bundes-Verfassungsgesetz in 312 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

13.09.033. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (203 d.B.): Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Bundeshaushaltsgesetz geändert werden (372 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (204 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz geändert wird (395 d.B.)

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Wir gelangen nun zu den Punkten 3 und 4 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen daher in die Debatte ein.

Als erster Redner gelangt Herr Abgeordneter Gradauer zu Wort. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Kollege.

 


13.09.49

Abgeordneter Alois Gradauer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Besucher auf der Galerie! Liebe Jugend vor allen Dingen! Ich möchte nun zum Bundeshaushaltsgesetz sprechen.

Die vorliegende Reform des Haushaltsrechtes geht aus Sicht der Freiheitlichen Partei in die richtige Richtung. Meiner Meinung nach müsste es Ziel dieses geänderten Bun­deshaushaltsrechtes sein, ein weiteres Ansteigen der Staatsschulden zu stoppen und diese sogar abzubauen.

Ich darf nochmals in Erinnerung rufen – darum habe ich zuvor auch die Jugend auf der Galerie besonders begrüßt –, was bisher geschehen ist. Seit es die Zweite Republik gibt, haben wir nur ein Jahr gehabt, in dem die Staatsfinanzen positiv abgeschlossen wurden. Einmal haben wir ein Nulldefizit erreicht. Das ist klar dem Prinzip entgegen­gelaufen und ein Widerspruch dazu, dass man in wirtschaftlich schlechten Zeiten vom Staat her investieren soll und in guten Zeiten sparen muss.

Tatsache ist, dass wir zurzeit bei 158 Milliarden € Schulden stehen. Wenn man die außerbudgetären Schulden von ÖBB und ASFINAG dazunimmt, liegen wir sogar bei 190 Milliarden € Schulden. Damit man die Dimension erkennt, kann ich nur anführen, was dem als Gegenwert gegenübersteht: Es ist dies der Gegenwert von zirka 800 000 Einfamilienhäusern.

Nicht genug damit: Die Zinsen für diese Schulden betragen im Jahr 7,5 Milliarden €, ein unvorstellbarer Betrag, der in alter Währung 103 Milliarden Schilling ausmachen


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 90

würde. Schuld an dieser prekären Entwicklung tragen vor allem die heutigen Regie­rungsparteien SPÖ und ÖVP.

Auch für die Jahre 2007 und 2008 wird wieder mit Defiziten gerechnet trotz bester Konjunktur, trotz bester Wirtschaftslage, nämlich mit 4 Milliarden € beziehungsweise 3 Milliarden €. Dass das auch so eintreffen wird, beweist das Jahr 2006, in dem wir zum Ziel hatten, den Bundeshaushalt mit 1,1 Prozent Defizit abzuschließen. Erreicht hat man 1,7 Prozent.

Es gibt in Europa – Gott sei Dank – Staaten, die sehr wohl positiv budgetieren: Däne­mark, Schweden, Irland und Finnland. Wir sind es der Bevölkerung schuldig und ihr gegenüber auch verpflichtet und wir sind es den nachfolgenden Generationen schuldig und ihnen gegenüber verpflichtet, mit dem Schuldenaufbau Schluss zu machen.

Das Haushaltsrecht gefällt mir in einigen Punkten sehr, zum Beispiel hinsichtlich der Deckelung der Ausgaben, Rücklagenbildung statt Dezemberfieber sowie der Ober­grenzen für die personellen Stellenpläne.

Die Frage ist nur: Gelingt es, die Ziele der Budgetpolitik aufgrund der Prognosedaten richtig zu benennen, sie danach auszurichten, die Offenheit in der Budgetpolitik zu leben und auch den Rechnungshof in diese Offenheit und Beratungen einzubauen und vor allem auch für die Zweckbindung der Einnahmen eine Lösung zu finden?

Um auch die Abgabenquote zu limitieren, stellen wir folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gradauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abgabenquote

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage über ein Bundesverfassungsgesetz, vorzulegen die vorsieht, dass die Abgabenquote auf maximal 39 Prozent beschränkt wird.“

*****

Ich danke Ihnen. (Beifall bei der FPÖ.)

13.14


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Der von Herrn Abgeordnetem Gradauer einge­brachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gradauer, Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abga­benquote

eingebracht im Zuge der Debatte, Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (203 d.B.): Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfas­sungsgesetz und das Bundeshaushaltsgesetz geändert werden (372 d.B.) in der 42. Sitzung des Nationalrates am 06. Dezember 2007

Die Abgabenquote (Steuereinnahmen des Staates und tatsächlich gezahlte Sozialver­sicherungsbeiträge (ESVG-Codes: D2+D5+D611+D91-D995) einschließlich EU-Eigen-


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 91

mittel.) besagt, dass ein gewisser Anteil am Bruttoinlandsprodukt nicht unmittelbar und in direkter Form zur Verwendung zur Verfügung steht. Die Quote ist ein Indikator für die „Belastung“ der Bevölkerung durch den öffentlichen Sektor.

Die Senkung der Abgabenquote ist kein Selbstzweck, sondern eine ökonomische Notwendigkeit. Dabei geht es jedoch nicht allein um eine langfristige Verringerung der Belastungen, sondern auch um eine Neugestaltung der Einnahmen- und Ausgaben­programme des Staates um die wirtschaftliche Zukunft Österreichs bestmöglich zu sichern. Dies verlangt, dass man die Rolle des öffentlichen Sektors in einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft überdenkt und zu bestimmten Fragen eine verbindliche Stellungnahme abgibt.

Im EU-Vergleich liegt Österreich im „schlechten“ oberen Drittel (Durchschnitt der EU-25 von 39,3 %). Österreich muss somit, als Hochsteuerland, eine geringere Abgaben­quote fixieren um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Die Glaubwürdigkeit der Politik wird wesentlich gefördert, wenn die Regierung gezwungen ist explizite Ziele bekannt zu geben und ihre Budgetpolitik und Steuerpolitik danach auszurichten. Etwa, wenn verbindlich festgelegt wird, dass die Abgabenquote auf maximal 39 Prozent beschränkt wird.

Die FPÖ strebt in der Steuerpolitik eine Verringerung der Abgabenquote von derzeit 42,2 Prozent auf maximal 39 Prozent an, was durch eine Verfassungsbestimmung abgesichert werden soll.

Die FPÖ steht für Ausgabenkürzungen in Verbindung mit Abgabensenkungen, vor allem für das untere Einkommensdrittel!

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage über ein Bundesverfassungsgesetz, vorzulegen die vorsieht, dass die Abgabenquote auf maximal 39 Prozent beschränkt wird.“

*****

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Auer. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


13.14.23

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, mit dieser Vorlage der Haushaltsrechtsreform, so behaupte ich, machen wir heute einen großen Schritt, europäisch gesehen einen Schritt in die Premium-Liga, weil damit ein neues Kapitel aufgeschlagen wird, das her­zeigbar ist. Dieses neue Haushaltsrecht orientiert sich an den Prinzipien der Nach­haltigkeit, der Mehrjährigkeit, der Flexibilität und vor allem auch der Transparenz.

Die konstruktive Debatte im zuständigen Ausschuss ist erfreulich gewesen. Man könnte allerdings auch sagen: Gut Ding braucht Weile. Es hat nämlich lange gedauert. Drei Jahre in etwa diskutieren wir schon darüber. Die wesentlichen Eckpunkte und Vorbereitungen sind bereits in früheren Zusammensetzungen erarbeitet worden. Es war aber aus welchen Gründen auch immer schwierig, nicht machbar in der letzten Zeit. Jetzt ist es offensichtlich so weit. Wie auch immer, wir sollten uns darüber freuen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 92

Meine Damen und Herren, im Ausschuss haben wir in einem Entschließungsantrag auch beschlossen, dass das Bundesministerium für Finanzen ersucht wird, einen beratenden Beirat einzurichten, der zu beschicken ist, um in der Umsetzung der zweiten Etappe ... – und so weiter, und so fort.

Ich möchte nur der Ordnung halber ausdrücklich darauf eingehen und festhalten, dass der Rechnungshof bereits aufgrund der gesetzlichen Vorgaben zu diesen Veränderun­gen beizuziehen ist, und wir gehen selbstverständlich davon aus, dass dem auch so nachgekommen wird.

Meine Damen und Herren, diese Reform im Zusammenhang mit der inneröster­reichischen Stabilitätspolitik ist wichtig, aber das ist auch nicht so neu. (Der Redner hält eine Broschüre in die Höhe.) Die Gemeinden Oberösterreichs haben so etwas Ähnliches schon längere Zeit, nämlich eine mittelfristige Finanzplanung in den Gemeinden. Sie sind verpflichtet, für vier Jahre im Vorhinein die mittelfristige Finanz­planung festzulegen. Wir sind das also schon gewohnt, vielleicht nicht ganz mit der Konsequenz, wie sie jetzt dann auf Bundesebene vorgegeben ist, aber es ist nicht so etwas Neues.

Was sind denn die Eckpunkte dieser Haushaltsreform? – Erster Punkt oder erster Schritt: die bessere Planbarkeit, nämlich für vier Jahre verbindliche Ausgabenober­grenzen festzulegen, und dies unterteilt in fünf Rubriken. Ich möchte aufgrund der Zeitprobleme, die wir Parlamentarier der größeren Fraktionen in diesen Tagen haben, gar nicht genau darauf eingehen.

Wichtig ist es aber schon auch, Schwerpunktsetzungen durchführen zu können, die Personalplanung unabhängiger von der Legislaturperiode zu halten und klarzustellen, dass die Budgets wie bisher im Herbst festzulegen sind. Die konjunkturabhängigen Teile flexibler zu halten, der automatische Einbau von Stabilisatoren im Budget und der Strategiebericht unterstreichen die mittelfristige Ausrichtung.

Das alles mag in seiner Gesetzesfixierung richtig sein. Wichtiger wird aber vor allem sein, wie wir die Umsetzung leben. Was meine ich damit? – Es stellt sich die Frage, ob das bisherige Ritual des Budgetausschusses zur Budgetvorberatung und so weiter noch das Richtige ist, dass wir im Ritual beinahe zehn Tag lang die verschiedensten Punkte abfragen und die tatsächlichen Auswirkungen des Budgets, den Rechnungs­abschluss dann vielleicht um 22 Uhr, 23 Uhr abends in eineinhalb Stunden sozusagen auch noch erledigen in Zwei-, Drei- oder auch in Ein-Minuten-Reden, damit sich das in den Stricherllisten verschiedenster Zuordnung dann auch noch auswirkt. Ich frage mich tatsächlich, ob das das ist, was es sein soll. (Beifall bei ÖVP und BZÖ sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, ich wiederhole daher den Vorschlag, den ich als Vorsitzen­der des Budgetausschusses bereits bei der Budgetbeschlussfassung gemacht habe: Überlegen wir uns bei zukünftigen Budgets eine andere Art der Behandlung, eine bessere und umfangreichere Möglichkeit des Hearings, um uns von Fachleuten von außen den Blick schärfen zu lassen, die Rituale zu verkürzen, vielleicht eine inten­sivere Debatte auch hier im Haus und vor allem auch eine bessere und nachhaltigere Behandlung des Erfolges oder des Nichterfolges, sprich des Rechnungsabschlusses zu ermöglichen, denn das soll ja letztlich die Bilanz sein, um dabei nicht sozusagen mit dem Finger darauf zu zeigen, was alles negativ ist, sondern vielleicht daraus zu lernen, künftige Budgets besser, effizienter und nachhaltiger zu gestalten.

Dieser Reform stimme ich sehr gerne zu. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

13.19

 



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 93

Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Bucher zu Wort. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Kollege.

 


13.19.30

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Natürlich werden auch wir dem Bundes­haushaltsgesetz unsere Zustimmung geben, auch wenn das auf der Rednerliste nicht klar erkennbar ist.

Ich bedanke mich bei dieser Gelegenheit beim Bundesministerium für Finanzen, bei allen, die daran mitgewirkt haben, dass diese neuen Haushaltsregeln so transparent, so einfach, aber auch modern gestaltet sind und den Ansprüchen einer leistungs­orientierten modernen Wirtschaft auch gerecht werden. Wir haben in den letzten drei Jahren sehr viel darüber diskutiert. Herr Kollege Auer hat ja die wesentlichsten Inhalte schon kommentiert; dem ist nichts hinzuzufügen.

Ich glaube daher, dass wir mit diesen neuen Haushaltsregeln einen sehr weiten Schritt nach vorne gehen und dass es uns in Zukunft gelingen soll, auch die Länder und Gemeinden davon zu überzeugen, dass das ein guter und richtiger Weg ist. Ich verstehe auch sozusagen die Vorbehalte der Länder, wenn sie sagen: Na ja, im ersten Moment hört sich das alles immer sehr schön an, aber in der praktischen Umsetzung sind wir etwas geläutert aufgrund der Erfahrungen, die wir gemacht haben, und ein bisschen vorsichtig dabei, gleich allem euphorisch zuzustimmen.

Das muss man aufgrund der einzelnen Dinge, die in der Vergangenheit vorgefallen sind, auch verstehen. Aber wenn es gut ist, wenn es sich bewährt, dann – das nehme ich an, davon gehe ich aus – werden das auch alle umsetzen.

Kollege Auer! Du hast etwas angesprochen, was mich auch sehr bewegt. Es ist nicht nur die Planbarkeit, es ist nicht nur der überschaubare Rahmen und natürlich all das, was wir aus der Wirtschaft gewohnt sind und worüber wir, wenn wir uns mit der Materie beschäftigen, angesichts dieser anachronistischen Auslegung der Gesetze im ersten Moment erschrecken. Wir sollten uns auch überlegen – gerade weil uns in der vorhergehenden Debatte der ländliche Raum so sehr auf der Zunge brannte –, wie wir es schaffen, dass die kleinen Gemeinden, dass vor allem der ländliche Raum wirklich etwas von der Umverteilung der Steuermittel hat, und einmal darüber nachdenken, ob nicht die Kommunalabgabe, die Kommunalsteuer ein Hebel wäre.

Denn viele Bürgermeister, mit denen ich rede – auch ÖVP-Bürgermeister –, sagen zu mir: Hört auf mit dieser immer wieder geäußerten Phantasie vom interkommunalen Ausgleich; der funktioniert ja nicht, weil kein Bürgermeister irgendetwas hergibt! Denn der Bürgermeister von St. Veit, ein geschätzter Bürgermeister von der SPÖ (Zwi­schenruf des Abg. Dr. Mitterlehner) – er ist ja ein geschätzter Bürgermeister, der viel weiterbringt –, gibt der Umlandgemeinde keinen Cent! (Abg. Dr. Mitterlehner: Das stimmt ja nicht!) Er geht zum Landeshauptmann, wenn er einen Betrieb ansiedelt, und fordert dafür zusätzliche Arbeitsmarktmittel oder irgendwelche Förderungen. Die Umlandgemeinden bluten, sie wissen nicht, wie sie ihr Wegenetz finanzieren, et cetera. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Dr. Mitterlehner: In Kärnten vielleicht!)

Da sollte man vielleicht den Schritt wagen und die Kommunalabgabe zu einer Landes­abgabe machen, und die Länder sollten es in einer fairen Umverteilung in der Hand haben, dass sie den ländlichen Raum entsprechend stärken. Das wäre ein moderner Zugang, um diese Ungerechtigkeiten auszugleichen und sich nicht allein darauf zu stützen (Abg. Grillitsch: Mit einer Zweckbindung!), dass das Einsehen der Bürger­meister so weit geht, über den interkommunalen Ausgleich etwas zu erreichen. (Beifall


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 94

beim BZÖ. – Abg. Krainer – in Richtung des Abg. Grillitsch –: Eine Zweckbindung für die Landwirtschaft?)

13.23


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Krainer. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


13.23.16

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Reform des Bundeshaushalts­gesetzes: zweistufig; wir beschließen heute die erste Stufe. Die Eckpunkte sind schon genannt worden: mittelfristige Budgetplanung, jeweils auf vier Jahre; fixe Ausgaben­deckel einerseits, andererseits variable Budgetanteile für konjunkturabhängige Sachen, wodurch eine Art antizyklischer Budgeteffekt eingebaut wird; streng, sage ich jetzt einmal, in der Gesamthöhe für die einzelnen Ministerien, aber mehr Beweglichkeit innerhalb dieses Ausgabendeckels; Rücklagenfähigkeit et cetera.

Was meiner Ansicht nach auch fürs Parlament sehr wichtig ist, ist, dass wir hier gleichzeitig mehr Information und mehr Transparenz beschließen und bekommen; damit werden das Budget und der Budgetvollzug für das Parlament besser beobacht­bar, besser begleitbar und besser kontrollierbar. Es gehört ja auch zu den Aufgaben des Parlaments, die Regierung zu kontrollieren. Natürlich liegt darauf das Haupt­augen­merk der Oppositionsparteien, aber es ist auch eine der Kernaufgaben des Parlaments an und für sich, das zu machen.

Die zweite Stufe ist um nichts uninteressanter, sie ist aber, sage ich jetzt einmal, noch im Entwicklungsstadium. Klar sind aber auch jetzt schon die Eckpunkte: Es geht um Wirkungsorientierung, um die Frage im Vollausbau des so genannten Gender Budgeting, worüber wir die Diskussionen hatten: Was ist das überhaupt? Worum geht es da? – Da geht es im Wesentlichen darum, dass wir uns einfach nur anschauen, welche Wirkung die Budgetausgaben, unsere Ausgaben und unsere Einnahmen, auf die zwei Geschlechter haben. Ist diese oder jene Ausgabe eine, die tendenziell Frauen fördert oder benachteiligt, oder ist das eine Ausgabe, die tendenziell Männer benach­teiligt oder fördert?

Das ist im Prinzip noch relativ wertfrei. Das sorgt nur für Transparenz und ermöglicht es uns selbst, die Wirkung unserer Politik zu sehen und zu überprüfen sowie unsere Politik besser zu gestalten. Denn wenn jemand Frauen unbedingt benachteiligen will, dann kann er ja diese Förderung trotzdem noch immer politisch einsetzen, und wenn jemand Frauen fördern will, dann kann er eben die andere Maßnahme setzen. Es macht dies nur überprüfbarer und ermöglicht eine bessere Orientierung. Dabei ist das natürlich nicht auf die Wirkung auf die Geschlechter zu beschränken, sondern insgesamt auf die Wirkung der Politik bezogen.

Ich möchte auch noch unterstreichen, was Kollege Auer über den Beirat gesagt hat, der gemäß dem angehängten Entschließungsantrag die zweite Stufe begleiten soll. Ich glaube, dass es selbstverständlich ist, dass der Rechnungshof dabei sein sollte und auch sein wird, auch wenn er nicht explizit erwähnt ist, weil es jetzt im Prinzip um die Beteiligung des Parlaments gegangen ist und der Rechnungshof ohnehin in Veränderungen des Haushaltsrechtes gesetzlich eingebunden werden muss. Aber ich habe ja den Eindruck, dass hier die Zusammenarbeit seitens der Budgetsektion, seitens der Parlamentsfraktionen und auch der anderen Beteiligten eine sehr hervorra­gende ist.

Ich würde mich freuen, wenn wir das heute einstimmig beschlössen und hier auf jeden Fall auch die zweite Stufe gemeinsam begleiteten und unsere Ideen einbrächten, weil es, glaube ich, auch darum geht, die Struktur des Budgets politischer zu machen und


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damit auch politisch überschaubarer zu gestalten, auch kontrollierbarer zu gestalten. Eine politische Wirkung kann ich natürlich nur dann auch gut ablesen, wenn die Struktur dahinter dementsprechend ist, und das ist im Prinzip einer der wesentlichsten Punkte für die zweite Quote.

Zur Frage Schulden/Nulldefizit: Ich sage nur, Kreisky hat fünfmal ein Nulldefizit erreicht, nicht nur einmal. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Aber manche wollen es nicht hören, weil sie damals in der Opposition waren. (Ruf bei der ÖVP: Wann war das?) Ich warne auch vor dieser eindimensionalen Sicht von Schulden. Denn meistens ist es ja so: Wenn ich Geld für etwas ausgebe, dann muss ich das, wofür ich es ausgebe, genauso einrechnen. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das kommt auch durch die Haushaltsreform, und das macht das Ganze in Wirklichkeit transparenter und spannender. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Kollege, wann war das Nulldefizit? – Abg. Krainer – auf dem Weg zu seinem Sitzplatz –: ’70, ’71, ’72, ’73, ’74!)

13.27


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Rossmann zu Wort. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.27.44

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Ich begrüße diese Reform ausdrücklich, möchte aber doch darauf hinweisen, dass diese Reform eine große Chance für ein neues öffentliches Finanzmanagement bietet – jedoch zunächst einmal nicht mehr als eine Chance. Denn wir stehen hier zunächst an der Startlinie, und es wird darum gehen, diese Gesetze, die heute beschlossen werden sollen, erst mit Leben zu erfüllen. Diese Gesetze mit Leben zu erfüllen, das bedeutet einen kulturellen Wandel sowohl für die Politik als auch für die Beamten, für die Ministerien, für die Ressorts, aber auch für dieses Haus, das ja von diesen beiden Gesetzen so sehr betroffen sein wird.

In diesem Sinne bin ich eigentlich ein bisschen entsetzt darüber, wie wenige Abge­ordnete bei einer doch sehr wichtigen Materie gegenwärtig in diesem Plenum sitzen. (Abg. Lentsch: Sind die Grünen auch im Plenum ...? – Ruf bei der ÖVP: Zwei Grüne sind da! – Abg. Dr. Stummvoll: Alibi-Grüne sind da! – Weitere Zwischenrufe.)

Gemessen an dem, was sich im öffentlichen Finanzmanagement international vollzo­gen hat, sind wir Nachzügler; wir sind nicht Vorreiter, wir sind Nachzügler! Und gemessen an den Best Performern, den internationalen Benchmarks wie etwa der Schweiz oder Schweden, haben wir im B-VG, aber auch im BHG, denke ich, noch einiges nachzuholen.

Es gibt einige Schwächen, die ich sehe. Die Verhandlungen waren konstruktiv; ich habe versucht, diese Schwächen noch auszuräumen. Es ist mir nicht gelungen. Daher möchte ich sowohl zum B-VG als auch zum BHG jeweils einen Abänderungsantrag einbringen. Dieser Abänderungsantrag ist umfangreich; ich ersuche, diesen Abände­rungsantrag zu verteilen, und werde ihn im Folgenden erläutern.

Ich beginne mit dem B-VG; zunächst zur Staatszielbestimmung in Artikel 13 Abs. 2, zum gesamtwirtschaftlichen Gleichgewicht und zu den nachhaltig geordneten Haus­halten.

Es bringt wenig, das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht unverändert im B-VG zu belassen und so zu tun, als würde sich das mit Leben erfüllen. Bisher ist es totes Recht geblieben. Ergänzt wird es um eine Bestimmung zu nachhaltig geordneten Haushalten. Was mich hier stört, ist, dass wir – wenn auch nur in den Erläuterungen, aber doch – etwas festschreiben, was ich aus ökonomischer und auch rechtlicher Sicht für nicht


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sehr zweckmäßig halte. Es ist dies die Festschreibung des ausgeglichenen Haushalts über den Konjunkturzyklus. Ökonomen streiten darüber, wie lange ein Konjunktur­zyklus dauert und ob es einen solchen überhaupt gibt.

Es würde völlig ausreichen, wenn wir uns darauf verstehen könnten, unter einer nach­haltig geordneten Finanzpolitik eine solche zu verstehen, die nach einer stabilen Schul­denquote strebt. Unterstützung in dieser Hinsicht haben wir ja im Hearing erhalten, und zwar von Frau Dr. Margit Schratzenstaller, der stellvertretenden Leiterin des Öster­reichischen Wirtschaftsforschungsinstituts.

Zweiter Punkt: In diesem B-VG-Entwurf sind Doppelbudgets enthalten. Sie machen in einem Gesetz, das eine mittelfristige Planung vorsieht, schlicht keinen Sinn. Sie sind kontraproduktiv, auch wenn sie nur in Ausnahmefällen vorgesehen sind.

Dritter Punkt: Das Instrument der Evaluierung ist ein zentraler Bestandteil von Public Management. Wer zur ergebnisorientierten Budgetpolitik ja sagt, der muss auch ein klares Ja zu einer Festschreibung im B-VG geben und darf sich nicht damit begnügen, dass wir das in den Erläuternden Bemerkungen festhalten.

Schließlich und endlich fügen wir einen neuen Artikel 51e ein, der heute schon von Werner Kogler angesprochen worden ist. Es ist nämlich überhaupt nicht einsichtig, warum wir dieses neue Haushaltsrecht für den Bund beschließen und nicht auch die Länder und Gemeinden mit einbeziehen. Wir vergeben hier eine Jahrhundertchance für ein einheitliches Rechnungswesen für alle Gebietskörperschaften sowie für einheit­liche Budgetprinzipien in dieser Hinsicht.

Zum Abänderungsantrag BHG: Dort geht es im Wesentlichen um zwei Dinge, zum einen um das Gender Budgeting, das ja nach der Staatszielbestimmung in Artikel 13 Abs. 2 bereits 2009 in Kraft treten soll, nach dem BHG aber erst im Jahr 2013 umgesetzt werden soll. Wir sind hier ein bisschen in Sorge, dass das leicht totes Recht werden könnte. Daher haben wir in dem Abänderungsantrag Vorschläge gemacht, wie man das verhindern kann, und gleichzeitig versucht, das Berichtswesen zu dieser Frage eminent zu stärken.

Der zweite Punkt, der mir im BHG-Teil wesentlich zu sein scheint, ist der, dass wir im Artikel 51 Abs. 9 den Grundsatz der Transparenz als einen der vier Grundsätze der Budgetpolitik festschreiben. Wenn wir schauen, wie heute das Reporting Österreichs in Bezug auf Budgetzahlen aussieht, dann muss ich sagen: Wir befinden uns hier inter­national auf niedrigstem Niveau! Daten zum Budgetvollzug sind jeweils etwas, was man als Bittsteller erreichen kann.

Aber wir wollen nicht Bittsteller sein, wenn es um Informationen über öffentliche – ja, öffentliche! – Einnahmen und Ausgaben geht. (Beifall bei den Grünen.) Für einen demokratischen Staat wie Österreich ist es hoch an der Zeit und ein Recht der SteuerzahlerInnen, über die Einnahmen und Ausgaben des Staates genau, jedenfalls deutlich genauer als jetzt, Bescheid zu wissen. (Abg. Öllinger: So ist es!) Transparenz, nicht Herrschaftswissen muss vorherrschen!

Wenn wir diesen Grundsatz ernst nehmen, dann müssen wir ihn mit Leben erfüllen. Dann verstehe ich aber überhaupt nicht, warum die beiden Regierungsparteien nicht bereit sind, Mindeststandards für die Information von Daten an dieses Haus rechtlich im BHG zu verankern. Wir könnten uns ein Beispiel an anderen Ländern nehmen, etwa an der Bundesrepublik Deutschland, wo es einen monatlichen Bericht – schriftlich, 120 Seiten – über den Zustand der Bundesfinanzen sowie der Landes- und Gemeinde­finanzen gibt.

Was mich noch immer nicht überzeugt, ist der zweistufige Budgetprozess zur mittel­fristigen Budgetplanung. Unterstützung habe ich hier im dazugehörigen Hearing so-


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wohl von Professor Lehner als auch von Margit Schratzenstaller erhalten. Überzeugt bin ich deshalb nicht, weil es unter Umständen leicht sein kann, dass die strategische Diskussion über die Maßnahmen und Ziele der Budgetpolitik im Frühjahr leicht untergehen kann, wenn gleichzeitig die Obergrenzen für die Rubriken und die Ober­grenze für die Untergliederungen – das sind die alten Budgetkapitel – festgelegt werden sollen.

Zudem befürchte ich, dass wir zu wenig zeitnah sind. Denn wenn wir mit einer falschen Prognose starten, dann besteht schon eine beträchtliche Gefahr, dass die mittelfristige Finanzplanung relativ leicht aus dem Ruder geraten und der Budgetkorrekturbedarf sehr bald eintreten könnte. Schweden hat das ursprünglich gehabt, ist aber von diesem Prozess wieder abgegangen.

Erlauben Sie mir noch ein Schlusswort. Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass es eines Kulturwandels bedarf; das wird aber nicht genug sein, wenn wir in Österreich ein Finanzmanagement haben wollen, wie es in anderen Staaten schon längst umgesetzt ist. Es wird eine große Herausforderung werden, in der zweiten Etappe das umzu­setzen, was wir uns vorgenommen haben. Dazu brauchen wir Expertise, viel Expertise! Den Beirat begrüße ich ausdrücklich. Ich begrüße auch sehr – und schließe mich in dieser Hinsicht meinen Vorrednern an – die Einbeziehung des Rechnungshofes, das wird aber ein sehr, sehr schwieriges Unterfangen werden.

Ein dritter Schritt, den wir für ein modernes Finanzmanagement in Österreich schließ­lich noch brauchen, ist eine Bundesstaats- und Finanzverfassungsreform. Hier schließt sich der Kreis zum 1. und 2. Tagesordnungspunkt. – Danke sehr. (Beifall bei den Grünen.)

13.35


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Die soeben von Herrn Abgeordnetem Ross­mann eingebrachten Abänderungsanträge zu den Regierungsvorlagen 203 d.B. und 204 d.B. sind ausreichend unterstützt. Sie sind umfangreich, darum werde ich sie ver­teilen lassen; beide stehen mit in Verhandlung.

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

des Abgeordneten Rossmann, Kolleginnen und Kollegen zu dem Bericht des Verfas­sungsausschusses über die Regierungsvorlage (203 d.B.): Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Bundeshaushaltsgesetz geändert werden (372 d.B.)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (203 d.B.): Bun­des­verfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Bundeshaus­haltsgesetz geändert werden (372 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. In Ziffer 1 lautet Art. 13 Abs. 2:

„(2) Bei der Haushaltsführung von Bund, Ländern und Gemeinden gilt:

1. Bund, Länder und Gemeinden verpflichten sich zur Finanzpolitik als Mittel zur Sicherstellung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts und zur tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern. Diesen Erfordernissen ist durch Maßnahmen Rechnung zu tragen, die zu einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Wirtschafts­wachstum, der Teilnahme am Erwerbsleben, der Stabilität des Preisniveaus, der


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Verteilungsgerechtigkeit, insbesondere zwischen den Geschlechtern und Genera­tionen, und dem Schutz der Umwelt beitragen.

2. Bund, Länder und Gemeinden koordinieren im Rahmen der Erstellung und des Vollzugs ihrer Haushalte ihre finanz- und wirtschaftspolitischen Maßnahmen im Hin­blick auf diese Zielsetzungen. Die dafür erforderlichen Daten sind rechtzeitig zur Verfügung zu stellen.

3. Bund, Länder und Gemeinden sorgen dafür, dass ihre jeweilige Verschuldung im Verhältnis zu ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit mittelfristig einen vom Gesetz­geber festzulegenden Grenzwert nicht überschreitet. Eine Neuverschuldung bis zum Ausmaß der öffentlichen Investitionen ist zulässig. Die nachhaltige Entwicklung der jeweiligen Haushalte ist dabei zu gewährleisten.“

2. In Ziffer 4 entfällt in Artikel 51 Abs. 3 der letzte Satz

3. In Ziffer 4 entfällt Artikel 51 Abs. 4

4. In Ziffer 4 entfällt in Artikel 51 Abs. 6 der letzte Satz

5. In Ziffer 5 entfällt in Artikel 51 Abs. 3 der letzte Satz

6. In Ziffer 5 entfällt Artikel 51 Abs. 4

7. In Ziffer 5 entfällt in Artikel 51 Abs. 6 der letzte Satz

8. In Ziffer 5 wird in Art. 51 Abs. 9 folgende Ziffer 14 angefügt:

„14. die regelmäßige Evaluierung von Zielen.“

9. Nach der Ziffer 12 wird folgende Ziffer 12a neu eingefügt:

„12a. Artikel 51e lautet:

„Artikel 51e. Die in Art. 51 Abs. 8 genannten Grundsätze der Haushaltsführung gelten sinngemäß für Länder und Gemeinden.“

Begründung:

Zu Ziffer 1:

Zunächst wird auf die Bedeutung der öffentlichen Haushalte als Instrument zur Er­reichung eines gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts hingewiesen. Weiters werden Bund, Länder und Gemeinden zum Gender Budgeting (geschlechtergerechte Budget­politik) verpflichtet. Gleichzeitig wird in Anlehnung an H. Kramer (Kramer, H. Öko­nomische Aspekte der Bundesstaatsreform, März 2004) und § 2 Abs. 2 BHG eine Präzisierung des Begriffs des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts vorgenommen.

Es wird betont, dass der Bereitstellung der Daten durch die Gebietskörperschaften eine wichtige Voraussetzung im Rahmen der finanzpolitischen Koordination zwischen Bund, Ländern und Gemeinden zukommt. Sie erleichtern nicht nur die Koordination für die Erstellung der Haushalte, sie bilden in der Folge auch die wesentliche Grundlage für Evaluationen von Maßnahmen und Programmen im Hinblick auf die Erreichung der genannten Ziele.

Anstelle des unklaren Begriffs nachhaltig geordneter Haushalte wird die Schuldenquote als relevante Zielgröße für die Beurteilung der Nachhaltigkeit der Finanzpolitik fest­gelegt. Dadurch ist gewährleistet, dass der budgetäre Handlungsspielraum durch die Zinsenbelastung nicht zu stark eingeschränkt wird, gleichzeitig wird dem Aspekt einer fairen Verteilung der Lasten über die Generationen Rechnung getragen.


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Verankert wird auch die „goldene Regel“ des deutschen Grundgesetzes, die eine Neuverschuldung bis zum Ausmaß der öffentlichen Investitionen zulässt. Dabei ist davon auszugehen, dass neben Infrastrukturinvestitionen auch Investitionen in geis­tiges Kapital zu verstehen sind.

Zu Ziffer 2, 3, 4, 5, 6 und 7:

In Artikel 51 wird der Finanzrahmen als das zentrale Instrument für die mittelfristige Steuerung im Rahmen der Haushaltsführung festgelegt. Doppelbudgets stehen – selbst wenn sie auf Ausnahmefälle beschränkt bleiben – in Widerspruch zu einer rollierenden Finanzplanung und haben daher in einer an „best practice“ orientierten Budgetpolitik keinen Platz. Doppelbudgets sind aber auch demokratiepolitisch bedenklich.

Zu Ziffer 8:

Evaluierungen sind ein integraler Bestandteil der wirkungsorientierten Verwaltungs­führung und daher regelmäßig zur Beurteilung der Zielerreichung erforderlich.

Zu Ziffer 9:

Hier wird festgelegt, dass die Grundsätze der Haushaltsführung, wie sie in Art. 51 Abs. 8 formuliert werden, sinngemäß auch für Länder und Gemeinden gelten. Dies bedeutet nicht, dass Länder und Gemeinden aufgrund dieser Bestimmung vom Bund detaillierte Vorschriften für die Gestaltung ihres Haushaltsrechtes erhalten könnten. Vielmehr ist intendiert, dass die österreichischen Gebietskörperschaften zwar die Grundsätze der Haushaltsführung teilen, aber in der Umsetzung dieser Grundsätze frei sind und daher Raum besteht für die Berücksichtigung der jeweiligen spezifischen Erfordernisse.

*****

Abänderungsantrag

des Abgeordneten Rossmann, Kolleginnen und Kollegen zu dem Bericht des Bud­getausschusses über die Regierungsvorlage (204 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz geändert wird (395 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (204 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz geändert wird (395 der Beilagen) wird wie folgt geändert:

1. Ziffer 2 lautet:

„§2 Abs.1 lautet:

,(1) Die Haushaltsführung hat der Erfüllung der Aufgaben des Bundes durch die Ermittlung und Bereitstellung der hiefür benötigten Geldmittel unter Beachtung der Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu dienen, wobei die Erfordernisse des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichtes, der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern sowie die Verbundenheit der Finanzwirtschaft des Bundes, der Länder und der Gemeinden (Gemeindeverbände) zu berücksichtigen sind.‘“


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 100

2. In Ziffer 6 lautet § 12a Abs. 4:

„(4) In Bereichen, in denen die Ausgaben in einem Ausmaß von konjunkturellen Schwankungen oder von der Entwicklung des Abgabenaufkommens abhängig sind oder es sich um Ausgaben handelt, die von der EU refundiert werden, wobei jeweils eine betraglich fixe Vorausplanung nicht möglich ist, ist eine variable Ausgabengrenze vorzusehen. Die Festlegung der Bereiche, in denen variable Ausgabengrenzen zuläs­sig sind, und die Bestimmung der Parameter haben mit Verordnung des Bun­desministers für Finanzen – bei Festlegung der Parameter im Einvernehmen mit dem zuständigen haushaltsleitenden Organ – zu erfolgen. Variable Ausgabengrenzen sind in der gesetzlichen Pensionsversicherung und der gesetzlichen Arbeitslosen­versiche­rung vorzusehen.“

3. In Ziffer 6 lautet § 12g samt Überschrift:

„Strategiebericht

§ 12g. (1) Der Strategiebericht hat den Entwurf des Bundesfinanzrahmengesetzes und dessen Zielsetzungen zu erläutern. Soweit der Strategiebericht die Grundzüge des Personalplanes betrifft, ist er vom Bundeskanzler im Einvernehmen mit dem Bundes­minister für Finanzen, im Übrigen vom Bundesminister für Finanzen zu erstellen.

(2) Der Strategiebericht hat insbesondere zu enthalten:

1. einen Überblick über die wirtschaftliche Lage und deren voraussichtliche Entwick­lung;

2. die budget- und wirtschaftspolitischen Zielsetzungen sowie die daraus folgende bud­getpolitische Strategie;

3. die gleichstellungspolitischen Zielsetzungen sowie die daraus folgende budget­politi­sche Strategie;

4. die Erläuterungen zu den Obergrenzen der einzelnen Rubriken und Unterglie­derungen unter Darlegung der beabsichtigten Ausgabenschwerpunkte, wobei neben den Obergrenzen für die folgenden vier Finanzjahre vergleichbare Obergrenzen des laufenden Finanzjahres und die tatsächlichen Ausgaben des vorhergegangenen Finanzjahres anzugeben sowie die hieraus ersichtlichen wesentlichen Veränderungen zu begründen sind;

5. den Umfang und die Zusammensetzung der voraussichtlichen Einnahmen im Zeitraum der nächsten vier Jahre getrennt nach Jahresbeträgen, wobei zweckent­sprechende Zusammenfassungen vorgenommen werden können;

6. die Erläuterungen zur Entwicklung der Einnahmen;

7. eine Darstellung der voraussichtlichen Entwicklung wichtiger budgetpolitischer Kenn­zahlen sowie eine Erläuterung des Beitrages des Bundeshaushaltes zur Förderung von Wachstum, Beschäftigung und Klimaschutz;

8. die Annahmen und Parameter, die bei den variablen Ausgabengrenzen zugrunde gelegt wurden, sowie

9. die Erläuterungen zur Personalplanung.“

4. Nach der Ziffer 7 wird folgende Ziffer 7a angefügt:

„7a. §14a lautet:

,§ 14a. Jedem Entwurf für ein Bundesgesetz, jeder Verordnung sowie jeder Vereinba­rung gemäß Art. 15a B-VG sind – soweit Geschlechterinteressen betroffen – eine


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 101

Überprüfung der Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie Erläuterungen darüber, wie die Maßnahmen zur Förderung der tatsächlichen Gleichstellung zwischen Frauen und Männern beitragen (Gleichstellungsverträglichkeitsprüfung), anzuschließen.‘“

5. Ziffer 27 lautet:

„27. §34 Abs. 3 und 4 lauten:

,(3) Der Budgetbericht hat insbesondere zu enthalten:

1. einen Überblick über die wirtschaftliche Lage und voraussichtliche Entwicklung;

2. einen Überblick über die Fortschritte zur Erreichung der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern und die voraussichtliche Entwicklung;

3. einen Überblick über die budgetpolitischen Ziele und Schwerpunkte;

4. eine zusammenfassende Darstellung der Ausgaben und Einnahmen des Bun­des­haushaltes nach finanzwirtschaftlichen, ökonomischen und funktionellen Gesichts­punkten;

5. eine Gegenüberstellung mit den vergleichbaren Werten des jeweils geltenden Bundesfinanzrahmengesetzes sowie

6. eine Darstellung des Bundesvoranschlagsentwurfes im Rahmen der volkswirt­schaft­lichen Gesamtrechnung, insbesondere des öffentlichen Defizits und der öffent­lichen Verschuldung;

(4) Der Arbeitsbehelf hat insbesondere zu enthalten:

1. die Erläuterungen zu den einzelnen Untergliederungen sowie eine Gegenüber­stellung der bei jedem Titel veranschlagten Beträge mit den Voranschlagsbeträgen des laufenden Finanzjahres sowie mit den tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben des vorangegangenen Finanzjahres, eine Begründung für die hieraus ersichtlichen wesent­lichen Veränderungen, eine Darstellung der gesetzlichen Grundlagen der betreffenden Einnahmen und Ausgaben des Bundes und ausgewählte Ausgaben und Einnahmen je Untergliederung, die im Hinblick auf die damit verbundenen geschlechterspezifischen Auswirkungen zu analysieren sind, sowie

2. aussagekräftige Leistungskennzahlen für alle wesentlichen Aufgabenbereiche zur Unterstützung der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit der Haushalts­führung wobei nach Möglichkeit und Zweckmäßigkeit Vergleiche mit anderen Organi­sations­einheiten, Einrichtungen der Privatwirtschaft und anderen Staaten anzustellen sind.

3. Aussagekräftige Leistungskennzahlen im Hinblick auf die Gleichstellung von Frauen und Männern für alle wesentlichen Aufgabenbereiche.‘“

6. Ziffer 28 lautet:

„28. § 35 lautet:

,§ 35. Der Bundesminister für Finanzen hat zur Aufzeigung von Zusammenhängen und zum besseren Verständnis zusätzliche Übersichten zum Bundesfinanzgesetz zu ver­fassen und zeitgleich mit diesem dem Nationalrat zuzuleiten.

Diese Übersichten haben jedenfalls folgende Darstellungen zu enthalten:

1. budgetäre Eckwerte und ihre Entwicklung im Zeitvergleich;

2. Übersichten über die Personalkapazität und den Aufwand für Bedienstete des Bun­des einschließlich Pensionisten;


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3. Übersichten über die Personalkapazitäten (Bedienstete des Bundes) im Bereich Frauenförderung, Gender Mainstreaming und Gewaltschutz;

4. Transferzahlungen zwischen den Gebietskörperschaften;

5. EU-Gebarung im Bundeshaushalt;

6. Übersichten über die gleichstellungswirksamen Ausgaben des Bundes sowie die Mittel für Frauenförderung;

7. Übersichten über Programmschwerpunkte, darunter forschungswirksame Ausgaben des Bundes, Bildungsausgaben inklusive einer transparenten Darstellung der Finanzen der Universitäten, und Familienleistungen in Verknüpfung mit dem Familien­lasten­ausgleichsfonds;‘“

7. Ziffer 28a lautet:

„28a. Nach § 35 wird folgender § 35a eingefügt:

,§ 35a. Der Bundesminister für Finanzen hat bis zum Beginn der Beratungen über den Entwurf eines Bundesfinanzgesetzes in dem dafür zuständigen Ausschuss des Nationalrates diesem Ausschuss einen Bericht über Gesellschaften, an denen der Bund direkt und ausschließlich beteiligt ist, sowie über Rechtsträger gemäß § 15b Abs. 1 Z 2 (einschließlich der Universitäten) vorzulegen (Ausgliederungsbericht). Der Ausgliederungsbericht hat insbesondere Kennzahlen über die Beteiligungen des Bundes an anderen Rechtsträgern, darunter insbesondere die Zahlungsströme zu bzw. von ausgegliederten Unternehmen, relevante betriebswirtschaftliche Kennzahlen der ausgegliederten Unternehmen aus den Jahresabschlüssen, Informationen über Per­sonal­stände, Schuldenstände und Zinsendienst zu enthalten.‘“

8. In Ziffer 29a wird dem § 37b folgender § 37c angefügt:

„§37c. Der Bundesminister für Finanzen hat dem mit der Vorberatung von Bundes­finanzgesetzen betrauten Ausschuss des Nationalrates die Ergebnisse von Abgaben­schätzungen unter Angabe der zugrunde gelegten Annahmen spätestens vierzehn Tage nach der Erstellung und monatlich detaillierte Daten über den Budgetvollzug laufend, spätestens jedoch bis zum Ablauf des Folgemonats, zur Verfügung zu stellen.

Diese haben jedenfalls zu enthalten:

a. die detaillierten Monatsnachweisungen für die Untergliederung „Öffentliche Abga­ben“  und

b. zweckentsprechende Zusammenfassungen der Einnahmen und Ausgaben in ökonomischer Gliederung.“

9. In Ziffer 35 wird im § 53 folgender Absatz 8 neu hinzugefügt:

„(7) Der Bundesminister für Finanzen hat dem mit der Vorberatung von Bundes­finanzgesetzen betrauten Ausschuss des Nationalrates binnen einem Monat nach Ablauf jedes Quartals über die Dotierung, Auflösung und den Stand der Rücklagen aufgegliedert nach Ressorts und ergänzt um kurze Erläuterungen einen schriftlichen Bericht vorzulegen.“

Begründung:

Zu Ziffer 1:

Durch Hinzufügen der Wortfolge „der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern“ wird die Forcierung der Geschlechtergerechtigkeit auch explizit als ein weiteres gleichberechtigtes Ziel der Haushaltsführung gesetzlich verankert.


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Zu Ziffer 2:

Diese Regelung betrifft die Bestimmung der Obergrenzen für Rubriken und Unter­gliederungen des Finanzrahmengesetzes. Im ersten Satz wurde die Wortfolge „kann eine variable Ausgabengrenze vorgesehen werden“ durch die Wortfolge „ist eine variable Ausgabengrenze vorzusehen“ ersetzt. Auf diese Weise wird eine Kann-Bestimmung zu einer Muss-Bestimmung.

Zu Ziffer 3:

Die Inhalte des Strategieberichts werden ergänzt. So hat der Strategiebericht zusätz­lich insbesondere auch die gleichstellungspolitischen Zielsetzungen sowie die daraus folgende budgetpolitische Strategie, eine Darstellung der voraussichtlichen Entwick­lung wichtiger budgetpolitischer Kennzahlen sowie eine Erläuterung des Beitrages des Bundeshaushaltes zur Förderung von Wachstum, Beschäftigung und Klimaschutz, die Annahmen und Parameter, die bei den variablen Ausgabengrenzen zugrunde gelegt wurden und

Erläuterungen zur Personalplanung zu enthalten.

Zu Ziffer 4:

Diese Regelung soll mehr Transparenz in die Fortschritte der tatsächlichen Gleich­stellung zwischen Frauen und Männern bringen und die Sensibilität in der Verwaltung und Öffentlichkeit  für das Thema der Geschlechtergerechtigkeit steigern.

Zu Ziffer 5:

Der Inhalt des Budgetberichts wird durch einen Überblick über die Fortschritte zur Er­reichung der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern und die voraus­sichtliche Entwicklung ergänzt.

Der Inhalt des Arbeitsbehelfs wird durch  aussagekräftige Leistungskennzahlen im Hinblick auf die Gleichstellung von Frauen und Männern für alle wesentlichen Auf­gabenbereiche ergänzt.

Zu Ziffer 6:

Der Bundesminister für Finanzen hat das Bundesfinanzgesetz gleichzeitig mit den in diesem Paragraphen angeführten Übersichten an den Nationalrat zuzuleiten. Dadurch wird sichergestellt, dass die Abgeordneten für die Budgetdebatte im Nationalrat besser informiert sind.

Zusätzlich sind Übersichten über die Personalkapazitäten (Bedienstete des Bundes) im Bereich Frauenförderung, Gender Mainstreaming und Gewaltschutz, Übersichten über die gleichstellungswirksamen Ausgaben des Bundes sowie die Mittel für Frauen­förderung enthalten. Der Arbeitsbehelf enthält auch zusätzlich Übersichten über Programmschwerpunkte, darunter forschungswirksame Ausgaben des Bundes, Bil­dungsausgaben inklusive einer transparenten Darstellung der Finanzen der Univer­sitäten, und Familienleistungen in Verknüpfung mit dem Familienlasten­aus­gleichs­fonds.

Zu Ziffer 7:

Es wird zusätzlich ein Ausgliederungsbericht erstellt, der zumindest Kennzahlen über die Beteiligungen des Bundes an anderen Rechtsträgern, darunter insbesondere  die Zahlungsströme zu bzw. von ausgegliederten Unternehmen, aussagekräftige Infor­mationen über die wirtschaftliche Lage (betriebswirtschaftliche Eckdaten aus dem Jahresabschluss) des ausgegliederten Unternehmens und Informationen über Per­sonalstände, Schuldenstände und Zinsendienst enthält.


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Zur Ziffer 8:

Zur Stärkung des Prinzips der Transparenz hat der Bundesminister für Finanzen dem Budgetausschuss laufend für jedes Monat detaillierte Daten über den Budgetvollzug -spätestens jedoch bis zum Ablauf des Folgemonats vorzulegen. Inhalt dieser Auf­stellung sind zumindest detaillierte Monatsnachweisungen für die Untergliederung „Öffentliche Abgaben“ und  zweckentsprechende Zusammenfassungen der Einnahmen und Ausgaben in ökonomischer Gliederung.

Weiters sind dem Budgetausschuss die Ergebnisse von mittelfristigen Steuerschät­zungen zur Verfügung zu stellen.

Zu Ziffer 9:

Binnen einem Monat nach Ablauf jedes Quartals hat der Bundesminister für Finanzen dem Budgetausschuss über die Dotierung, Auflösung und den Stand der Rücklagen aufgegliedert nach Ressorts schriftlichen Bericht zu erstatten und ganz kurz auffällige Entwicklungen zu erläutern. Auf diese Weise ist der Nationalrat auch über Rücklagen­bewegungen, Rücklagenstände und allfällige Auffälligkeiten informiert.

*****

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Kollege.

 


13.36.22

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu meinem Kollegen Mag. Rossmann möch­te ich nur sagen, ich stimme ihm bei: Es ist sehr schwierig, es wird die zweite Etappe sehr schwierig sein. In solchen Situationen sage ich immer: Gott sei Dank ist es so! Denn wenn es einfach wäre, würde man uns ohnehin nicht brauchen, Herr Kollege Rossmann, dann könnten es andere machen. Insofern sind wir ja dankbar, wenn wir solche Herausforderungen haben.

Ich freue mich, dass wir heute diese Reform beschließen können, eine Reform, die in der Geschichte der Zweiten Republik unter mehreren Budgetreformen zweifellos die größte Reform des Bundeshaushaltsrechts ist.

Was ich besonders erwähnen möchte, ist die wirklich unglaublich professionelle Vorgangsweise, die zur heutigen Beschlussfassung geführt hat. Ich sage das deshalb, weil wir ja derzeit – ich habe heute schon einmal darüber gesprochen – unter der Kritik mancher Medien stehen: Na knapp vor Weihnachten wird alles durchgepeitscht! Das Bundeshaushaltsrecht ist wahrscheinlich das beste Gegenbeispiel dafür, dass da gar nichts durchgepeitscht wird, sondern wir haben drei Jahre lang – Herr Mag. Kogler nickt, er ist immer ein sehr konstruktiver Mitstreiter gewesen – sehr viel Arbeitszeit und sehr viel Gehirnschmalz in diese Materie investiert.

Wir haben neuerlich gesehen, dass es sehr klug ist, wenn wir informelle Aussprachen mit den Fraktionsführern machen, mit der Zielsetzung, einen möglichst breiten politi­schen Konsens zu erzielen. (Abg. Öllinger: Das ist immer gut!) Es ist auch immer meine Ambition, Herr Öllinger, als Obmann des Finanzausschusses möglichst viele informelle Gespräche zu führen, um einen möglichst breiten Konsens zu erzielen. (Abg. Öllinger: Es passiert nur viel zu selten!)

Ich darf mich auch recht herzlich bei Herrn Dr. Steger und seinem Stab bedanken, ohne deren Expertise, ohne deren Know-how, ohne deren Praxiserfahrung wir es wahrscheinlich nicht geschafft hätten. Aber natürlich wissen wir auch, dass Dr. Steger


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es nicht ganz uneigennützig gemacht hat, weil das Ganze eine Win-Win-Situation ist. Einerseits erreichen wir damit zweifellos mehr Budgetdisziplin – das ist und muss im Interesse des Finanzressorts sein –, andererseits ergibt sich mehr Flexibilität für die anderen Ressorts. Es ist also eine klassische Win-Win-Situation.

Was mich freut, ist, dass wir mit dieser Technik des neuen Bundeshaushaltsrechts meiner Ansicht nach eines der ganz wichtigen Ziele der Finanzpolitik entsprechend umsetzen können, nämlich die Stabilität im Staatshaushalt herzustellen. Das haben einige Vorredner schon betont. Ich glaube, ein stabiler Staatshaushalt ist für jeden Wirtschaftsstandort etwas unglaublich Essenzielles, und Wirtschaftsstandort heißt immer: Arbeitsplätze, Einkommenschancen und soziale Sicherheit.

Es freut mich auch, dass wir in der Schlussphase noch die Rechte des Parlaments entsprechend stärken konnten. Ich glaube, Herr Mag. Rossmann, man kann immer noch etwas verbessern. Noch einmal: Die Herausforderung ist noch nicht völlig gelöst, auch wenn wir das heute beschließen.

Aber ich sage es noch einmal, und ich habe unlängst auch mit dem Budgetexperten der Europäischen Kommission bei einer Tagung in Lissabon darüber gesprochen; er hat auch gesagt: Oh, was ihr da zusammengebracht habt, das ist beachtlich! – Wir sind in Europa durchaus herzeigbar. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Wahrscheinlich wird das ein Best-Practice-Modell für Europa werden, Herr Kollege Rossmann. Herr Finanz­minister, Herr Staatssekretär: Gratulation! (Beifall bei der ÖVP.)

13.39


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Witt­mann zu Wort. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Kol­lege.

 


13.39.27

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Zunächst einmal möchte ich festhalten, dass die Veränderung der Verfassung in diesem Bereich als einer jener Bausteine zu gelten hat, an denen sich zeigt, dass man hier bei den Reformen der Verfassung relativ weit gekommen ist. Um es noch einmal in Erinnerung zu rufen: Man hat das Wahlrecht verändert, man hat die Legislaturperiode verändert, man hat gestern ein ganz großes Verfassungspaket beschlossen, und man beschließt heute eigentlich, von den Auswirkungen her, wieder eine der größten Veränderungen im wirtschaftlichen Bereich, die die Verfassung beinhaltet.

Das heißt, man ist im Bereich der Verfassungsreformen auf einem guten Weg und arbeitet jene Bereiche, die im Konvent ausführlich behandelt wurden, kontinuierlich ab. Es hat im Konvent einen eigenen Ausschuss dafür gegeben. Das Ergebnis liegt heute vor und ist durchaus herzeigbar.

Lassen Sie mich nur auf die Staatszielbestimmungen etwas genauer eingehen, weil sie ja einen der wesentlichen Kernpunkte der Verfassung betreffen. Ich bin da anderer Ansicht als Kollege Rossmann. Ich glaube, dass die Staatszielbestimmung in Artikel 13 Abs. 2, das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht betreffend, nach wie vor ihre Berech­tigung hat, weil gerade daraus jene Ziele ableitbar sind, die wir auch in den letzten Jahren politisch verfolgt haben, nämlich Vollbeschäftigung, soziale Marktwirtschaft, ein ausgewogenes Wirtschaftswachstum. Das beinhaltet das Staatsziel des gesamtwirt­schaftlichen Gleichgewichtes.

Es wäre daher fatal gewesen, diese Ziele aus der Verfassung herauszunehmen; sie sind Gott sei Dank drinnen geblieben. Wir haben diesbezüglich schon eine kurze Auseinandersetzung im Ausschuss gehabt, aber ich akzeptiere, dass es natürlich auch andere Meinungen geben kann. Für mich ist es ein wesentliches Erfordernis gewesen,


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dass das drinnen bleibt. (Abg. Mag. Rossmann: Bitte lesen Sie den Abänderungs­antrag! Da steht die Festlegung der Ziele drinnen, nicht die Streichung!)

Aber im Ausschuss waren Sie der Meinung, dass man diesen Passus teilen könnte. (Abg. Mag. Rossmann: Nein, dort habe ich dieselben Anträge eingebracht!)

Weiters geht es um nachhaltig geordnete Haushalte. Auch dieses zweite Ziel der nach­haltig geordneten öffentlichen Haushalte ist darauf ausgerichtet, dass man hier ohne mittel- oder langfristige Gegensteuerungsmaßnahmen agieren kann – ich glaube, das ist eine sinnvolle Ergänzung des Bisherigen –, und dann ist da der Passus Haushalts­führung, der sowohl die Budgeterstellung, die Budgetplanung als auch die Exekution des Budgets beinhaltet. Auch das ist ein zeitgemäßer Begriff für diese zusammen­gefassten Bereiche.

Ganz wichtig ist mir natürlich der Artikel 13 Abs. 3: Bund, Länder und Gemeinden haben bei der Haushaltsführung die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Män­nern anzustreben. Das ist die verfassungsrechtliche Verankerung des Gender Bud­geting, und ich glaube, dass wir hier einen modernen Gleichberechtigungsansatz in die Verfassung aufgenommen haben, der längst fällig war.

Im Großen und Ganzen ist es ein sinnvolles Gesetz, das eine sinnvolle Erneuerung der Haushaltsplanung und der Haushaltsgestaltung ermöglicht und eine moderne Weiter­ent­wicklung unseres Landes sichert. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.43


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


13.43.18

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Ich möchte nur mehr wenige Aspekte anschneiden. Als Erstes stehe ich nicht an, damit einzuleiten – Sie mussten beim entsprechenden Hearing ja früher weggehen –, dass es mir damals – das ist ja nicht so lange her – sehr wohltuend aufgefallen ist, nunmehr einen Finanzminister zu haben, der relativ kompetent zur Sache spricht, abwägt, in Diskussion und Dialog eingetreten ist, während man beim Vorgänger, zumindest wenn eine Fernsehkamera dabei war, schon gemerkt hat, dass er von seinen eigenen NLP-Parolen geradezu überholt worden ist. Im Unterschied dazu war Ihr Verhalten sehr wohltuend, Herr Vizekanzler, aber wir konnten Ihnen das sozusagen nicht direkt übermitteln, daher habe ich es an dieser Stelle nachgeholt.

Aber: Ich habe heute am Vormittag meine Redezeit schlecht eingeteilt. Wäre es anders gewesen, hätte ich sagen müssen, heute Vormittag hat mir Ihr Auftreten nicht so gut gefallen. Sie waren so ein bisschen wie ein Heizdeckenverkäufer unterwegs, haben die ganze Tagesordnung verkauft und nichts zum Finanzausgleich gesagt. (Beifall bei den Grünen. – Vizekanzler Mag. Molterer: Das kann ich ja jetzt nachholen, nicht?) – Ja, natürlich, Sie werden sich schon helfen. – Aber Schwamm drüber.

In der Sache selber noch einmal der Punkt, der heute schon eine Rolle gespielt hat: Wenn das alles so gescheit ist, wie wir hier tun – und da stimmen zumindest SPÖ, ÖVP und Grüne überein; man kann es immer noch besser wollen, und das tun wir auch –, wenn das alles wahr ist, ist es schon mehr als ein Wermutstropfen, wie das gerne hier ausgedrückt wird, dass die Länder nicht mitziehen. Wir kommen auf diese Art und Weise immer wieder auf dieses Kernproblem des Reformstaus zu sprechen, und ich sage es fürs Protokoll: Es wäre durchaus vernünftig, wünschenswert und auch richtig, hätten wir das jetzt schon drinnen. Durchsetzen können wir es nicht mit einem Federstrich, das wissen wir schon, aber das fehlt, das ist ein Manko.


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Bei dieser Gelegenheit möchte ich darauf hinweisen, dass meines Erachtens der Reformbedarf in den Ländern ohnehin viel größer wäre als beim Bund. Bei aller Kritik und Streiterei muss doch anerkannt werden, dass in den letzten sieben Jahren da oder dort – für unsere Verhältnisse manchmal zu viel oder auch an der falschen Stelle vielleicht – grundsätzlich gespart wurde, dass zumindest bestimmte Effizienzkriterien angewendet worden sind, und ich vermisse das auf Länderebene in vergleichbarer Weise. Das heißt, nicht nur, dass die Länder diese Bestimmungen nicht wollen, sie sind auch die, die das aus meiner Sicht mehr brauchen würden als der Bund, und deshalb sind sie vielleicht auch dagegen – was weiß ich? Aber wir können uns das nicht so ohneweiters gefallen lassen.

Die Beispiele, die man hier anführen könnte, würden wirklich eigene Bücher füllen. Es geht ja nicht nur darum – und das wird deutlich, wenn man die österreichische Finanzstruktur näher betrachtet –, dass die Länder ja sogar noch weniger an Steuermitteln einheben als die Gemeinden, aber mit der vollen Hose fest stinken und uns auf die Nerven gehen. Das ist das Prinzip, und da erwarte ich mir einfach eine andere und eine schärfere Auseinandersetzung auch unsererseits gegenüber den Ländern. Es wird mittelfristig kein Weg daran vorbeiführen. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Stummvoll.)

13.46


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Von der Regierungsbank aus hat sich Herr Vizekanzler Mag. Molterer zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Vizekanzler.

 


13.46.51

Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Mag. Wilhelm Molterer: Keine Angst, Herr Kollege Kogler, wir werden die Finanzausgleichsdebatte jetzt nicht fortführen, obwohl es mir natürlich gefallen würde! Ich glaube tatsächlich, dass wir heute einen der weitestreichenden Beschlüsse fassen, die in der Geschichte der Zweiten Republik im Rahmen des Haushaltsrechts überhaupt gefasst worden sind.

Meine Damen und Herren! Dieser Schritt ist deswegen von so zentraler Bedeutung für die zukünftige Perspektive, weil die Frage stabiler und wachstumsorientierter Finanzen, die Qualität der öffentlichen Finanzen generell ein immer wichtigerer Standortfaktor wird. Warum? – Weil einfach auch die Grenzen offen sind, weil der Wettbewerb nicht nur zwischen Unternehmen, sondern vor allem auch zwischen Standorten erfolgt. Daher müssen wir diesen Schritt tun. Ich danke auch ausdrücklich dafür, dass er wahrscheinlich einstimmig erfolgt. Das ist, finde ich, ein ganz klares Signal auch der Verantwortung der Fraktionen hier im Haus, als Parlament dazu einen Beitrag zu leisten.

Ja, die erste Etappe ist wahrscheinlich die einfachere, obwohl uns auch sie schon viel abverlangen wird. Eine mehrjährige Budgetplanung zu machen ist keine Selbstver­ständlichkeit, und wir werden diesen vierjährigen Budgetplan nicht sozusagen aus Jux und Tollerei vorlegen, sondern er hat Rechtscharakter, er ist ja ein Gesetz und ver­pflichtet auch zur Einhaltung der mehrjährigen Perspektive. Er ist flexibel, weil er auf Konjunkturschwankungen reagieren kann, selbstverständlich mit den variablen Ausgabenblöcken. Er ist aus meiner Sicht durch diesen rechtlichen Rahmen, durch den Strategiebericht nicht nur in der Sache, sondern auch in der politischen Per­spektive mit einem höheren Grad an Verbindlichkeit ausgestattet. Er hat einen klaren Rahmen, und in diesem Rahmen gibt es mehr Flexibilität für die Ressorts. Das halte ich für fair, für einen wirklich fairen Deal zwischen den einzelnen Interessen.

Die zweite Etappe, da gebe ich dem Kollegen Rossmann durchaus recht, wird noch ein bisschen spannender. Es sagt sich leicht: wirkungsorientierte und leistungsorientierte


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Budgetierung. Aber dann sind wir tatsächlich da, was die Briten wie folgt bezeichnen würden: „The proof of the pudding is in the eating.“

Es geht dann nicht mehr nur um die Frage: Welche Ziffer steht im Budget drinnen?, sondern: Welche politischen Effekte sind damit verbunden? Das ist ja das wirklich Interessante auch für die Steuerzahler, weil wir dann auch klar sagen, was mit dem eingesetzten Steuer-Euro tatsächlich passiert, und zwar nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ.

Letzte Bemerkung: Ich denke, dass die Art und Weise, wie das zustande gekommen ist – und ich habe in meiner vorherigen Verantwortung als Klubobmann auch gesehen, dass wir ja eigentlich sehr weit gekommen sind in der letzten Legislaturperiode –, dass die Art und Weise, wie wir das zwischen Ministerium und Parlament gemacht haben, vorbildlich ist. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine Damen und Herren, ich halte es für durchaus spannend, dass wir diesen Geist, der hinter diesen Verhandlungen steht, nicht nur für die Planung und die Umsetzung der zweiten Etappe mitnehmen – klarerweise unter Einbeziehung der Expertise des Rechnungshofs –, sondern ich halte die Anregung des Kollegen Auer für sehr gut. Wir sollten uns in diesem Geist auch überlegen, wie wir Budgetdebatten abführen, weil dieses stärkere Miteinander, das hier jetzt verpflichtend vorgeschrieben ist in der Ver­antwortung der Verwaltung und des Parlaments, vielleicht auch in der Art und Weise der Budgetdebatten zum Ausdruck kommen sollte.

Vielleicht gelingt es uns, dieses doch manchmal etwas einfache, schwarz-weiß ge­strickte Muster der Budgetdebatten durch ein bunteres Bild zu ersetzen, und viel­leicht gelingt es uns, die Budgetdebatten und die Vorbereitung etwas effizienter zu gestalten, sodass nicht nur der Steuer-Euro effizient eingesetzt wird, sondern auch die Arbeitszeit von Ihnen, meine Damen und Herren, auch in der öffentlichen Wirkung effizienter zum Ausdruck kommt. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Abschließend ein Danke an Sie, meine Damen und Herren, und ich hätte gerne, dass wir nicht nur den Schwung, sondern auch den Geist mitnehmen. Danke auch an meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Ressort – das war eine Heidenarbeit, aber es ist erst die erste Hälfte getan. Die zweite Hälfte steht noch bevor. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

13.51


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Sonnberger. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


13.51.27

Abgeordneter Dr. Peter Sonnberger (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Vize­kanzler! Hohes Haus! „Oft habt ihr gehört, dass der Staat von zwei verschiedenen Lastern, der Habgier und der Verschwendungssucht, geplagt wird, zwei Seuchen, welche alle großen Reiche zugrunde gerichtet haben. – Der Satz stammt von? (Abg. Amon: Livius!) Oh! Ja, sehr gut, Werner Amon kennt Livius. Er war nicht umsonst Bildungssprecher in unserer Parlamentsfraktion! (Heiterkeit.)

Dieser Satz von Livius passt in die Zeit eines Vizekanzlers Wilhelm Molterer und seines Staatssekretärs sicher nicht! Sie haben im Frühjahr 2007 ein ambitioniertes Doppelbudget vorgelegt. Sie haben einen gerechten Finanzausgleich ausverhandelt und legen ein neues, modernes Haushaltsrecht vor, ein Haushaltsrecht, das Livius’ düstere Prognosen in weite Ferne rückt, da es vierjährige verbindliche Ausgaben­obergrenzen auf hohem Aggregationsniveau, aufgeteilt in fünf Rubriken, vorsieht, wobei konjunkturabhängige Teile entlang definierter Parameter flexibel gehalten wer­den können.


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Ein sorgsamer Umgang mit Steuergeldern ist nicht immer populär, aber er ist not­wendig, weil auch unsere Kinder und Enkel eine Chance verdient haben, dieses Land zu gestalten. Mit Steuergeldern muss sorgsam umgegangen werden, und daher gefällt mir auch sehr gut die Idee des flexiblen Umganges mit der effizienten Mittelver­wendung. Die volle Rücklagenfähigkeit und die freie Verwendungsmöglichkeit ermög­lichen den Ministern zwar einerseits mehr Spielraum und Gestaltungsmöglichkeit, aber es ist gleichzeitig durch die verbindlichen Auslagenobergrenzen auch mehr Budget­disziplin gefragt.

Es werden zeitgemäße, moderne Haushaltsregeln beschlossen, die, im Übrigen gemeinsam erarbeitet, in der Praxis mit Leben erfüllt werden müssen, und ich bin überzeugt, dass das sehr gut funktionieren wird. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

13.53


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Herr Abgeordneter Dkfm. Bauer ist der nächste Redner. 2 Minuten Redezeit haben Sie sich vorgenommen. – Bitte, Sie sind am Wort.

13.53.44

Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Geschätzte Damen und Herren! Dass es sich um ein wichtiges Gesetz handelt, kann man auch davon ableiten, wie viel an Jahren investiert wurde, um die Vorbereitungen zu treffen, und wie viel auch an Gegensätzen aufeinanderprallte. Ich glaube auch, dass es eine Ausgewogenheit zwischen der Gestaltungsmöglichkeit eines Abgeordneten und des Haushaltsrechtes, das dann relativ strenge Rahmen setzen wird, bringt.

Es ist auch wichtig, zu überlegen, ob der Planungshorizont vier oder fünf Jahre betragen soll, weil es besser ist, an die GP angepasst zu sein. Ich glaube auch, dass es wichtig ist, auf diese Veränderungen zu reagieren.

Zum Zweiten, zur Frage der Beweglichkeit. Ich halte das für eine der wesentlichen Fragen, um letztlich auch einen eigenen strukturierten Zugang zu einem Budget zu haben. Daher müsste auch die Budgeterstellung – das habe ich auch immer wieder aufgezeigt – völlig anders ablaufen. Zum Beispiel sollte bis Ende März die Beratung des vorläufigen Abschlusses, nämlich des Gebarungserfolges, erfolgen. Dann sollte man auf diesem Gebarungserfolg aufbauend weitergehen, um zu einem Rahmen des neuen Gesetzes zu kommen.

Im Herbst, wenn man dann das Gesetz verabschiedet hat, heißt das, dass man relativ gute Datengrundlagen hat und daher eine völlig neue Verteilung zwischen Budget und Rechnungsabschluss zu erfolgen hat. Denn es ist wirklich schändlich, dass man ein Jahr harter Arbeit in 15 Minuten hier im Hohen Haus abhandelt, während man ein Budget zwölf Tage zelebriert. Das ist ein Ungleichgewicht, das ausgeglichen gehört. Und ich glaube auch, dass man das langsam einführen wird.

Da das rote Licht am Rednerpult schon leuchtet, nur noch kurz Folgendes: Es ist die Festlegung der so genannten Abgabenquote von 39 Prozent eingebracht worden. Es wird niemanden überraschen, dass wir das nicht mittragen können, weil es an sich einen Unsinn darstellt. Die Festlegung einer bestimmten Größe bringt überhaupt nichts, sondern entscheidend ist, was mit dem Geld geschieht. Das ist das, was manche nicht unterscheiden können. Denn es ist auch nicht die Frage der Abgaben­quote die primäre Frage, sondern wie die Menschen innerhalb dieser Abgabenquote behandelt werden.

Die USA zum Beispiel haben in Wahrheit eine niedrige Abgabenquote, abgesehen vom Defizit – dazu will ich jetzt nicht Stellung nehmen. Viele Staatsbürger wären allerdings sehr viel glücklicher, wenn die Abgabenquote höher wäre, aber in der Folge auch die


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öffentliche Leistung für die Menschen größer und besser wäre. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.56


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Lentsch. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.56.56

Abgeordnete Edeltraud Lentsch (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Nach dem Budget, das wir in einer Rekordzeit erstellt haben, und dem Finanzausgleich, den wir vorhin beschlossen haben, kommt nun der dritte große Wurf, nämlich die Haushaltsrechtsreform.

Die erste Etappe dieser Reform beginnt schon 2009 mit der Einführung verbindlicher Finanzrahmen, und damit setzen wir die Forderung der OECD um, von starren Budgetbeträgen wegzugehen. Stattdessen soll es Rahmenbeträge geben, die über mehrere Jahre reichen und flexibler sind als das bisherige System.

Ich hoffe, damit hört sich dann auch die Tatsache auf, dass alle Beamten ab Oktober damit beschäftigt sind, Geld auszugeben, einfach um das Budget auszuschöpfen, und das nur deswegen, weil man Angst hat, dass man im nächsten Jahr weniger Budget­mittel zur Verfügung hat. Ab 2009 kommen Mittel, die nicht ausgeschöpft wurden, in die Rücklage. Dieses Geld trägt kein Mascherl und kann dort verwendet werden, wo es gebraucht wird.

Noch ein weiterer Punkt, der mich ganz besonders freut, ist, dass Gender Budgeting heute beschlossen wird, natürlich mit einem Wermutstropfen, weil es erst 2013 in Kraft tritt. Ich weiß, die Freiheitlichen meinen, mit diesem Beschluss schaffen wir die Geschlechter ab. – Das ist nicht der Fall. Es wird ein geschlechterneutrales Budget beschlossen, meine Herren von der Freiheitlichen Partei.

Ich möchte dem Finanzminister nicht nur zur technischen Leistung gratulieren, sondern auch zur politischen Leistung, denn auch diese Reform steht politisch weitgehend außer Streit, und ich glaube, nicht einmal Herr „Finanzprofessor“ Van der Bellen kann gegen diese Haushaltsrechtsreform etwas haben beziehungsweise dagegen stimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

13.59


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Hla­vac zu Wort. Ebenfalls 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.59.19

Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich kann gleich anschließen und ebenfalls auf einen Aspekt dieser großen Reform zu sprechen kommen, der mir besonders wichtig ist, nämlich auf die Frage des Gender Budgeting, also die Tatsache, dass Bund, Länder und Gemeinden bei der Haushaltsführung die tatsächliche Gleich­stellung von Frauen und Männern anzustreben haben. Das heißt, es geht hier darum, dass die Maßnahmen des Budgets darauf überprüft werden, wie sie auf Männer und Frauen wirken, denn das ist keineswegs so neutral, wie es vielleicht auf den ersten Blick aussieht, sondern von verschiedenen Maßnahmen haben unterschiedliche Grup­pen mehr oder weniger.

Beispiel: öffentlicher Verkehr. Wir wissen, dass mehr Frauen als Männer auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind, wenn sie ihren Arbeitsplatz erreichen wollen. Daher sind Maßnahmen zur Förderung des öffentlichen Verkehrs für Frauen besonders


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wichtig. Das ist eines jener Dinge, die man durch Gender Budgeting erfassen und dann auch entsprechend umsetzen kann.

Die Stadt Wien macht uns das bereits vor. Seit dem Budgetvoranschlag 2006 wird das in Wien praktiziert, dass sämtliche Budgetansätze nach dem Prinzip der Geschlech­tergerechtigkeit durchleuchtet werden, um klar zu erfassen, welche Leistungen wem zugute kommen. Mit diesem Gender Budgeting in Wien ist diese Stadt europaweit führend, worauf wir sehr stolz sind.

In Zukunft wird das für alle Gebietskörperschaften gelten, was ein großer Erfolg für uns ist. Auch wenn es erst 2013 umgesetzt wird, glaube ich doch, dass es bereits früher eine Wirkung haben wird. Die SPÖ-Frauen, vor allem auch Präsidentin Prammer, haben bereits 2004 im Rahmen des Konvents die Einführung des Gender Budgeting gefordert. Das wird jetzt umgesetzt, und ich freue mich sehr darüber. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.01


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Schelling. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.01.47

Abgeordneter Dr. Johann Georg Schelling (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staats­sekre­tär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es sind heute viele junge Menschen hier auf der Tribüne, und sie werden sich vielleicht fragen, worüber wir seit einer Stunde diskutieren. – Wir diskutieren hier über eine Regierungsvorlage für ein neues Haus­haltsrecht, das leicht erklärt vielleicht Folgendes darstellt: Ich nehme an, hoffe es zumindest, Sie alle bekommen Taschengeld. Und beim Taschengeld müssen Sie sich überlegen, was tue ich damit, wie gebe ich es aus, wann gebe ich es aus, was lege ich zurück, um dann in Zukunft auch größere Investitionen machen zu können. Und in einer größeren Dimension dargestellt sozusagen beschließen wir heute ein Gesetz, das den Staat auch dazu zwingt, Planung in das Haushaltsrecht einzubringen, aber gleichzeitig die Flexibilität herzustellen, um auf Konjunkturschwankungen reagieren zu können. Die Wirkungsweisen dieses Gesetzes wurden von den Vorrednern aus­reichend dargestellt.

In einem stimme ich mit dem Herrn Vizekanzler und Finanzminister völlig überein: Dieses Gesetz ist ein Meilenstein, und es ist ein Spagat gelungen, der sehr schwierig war, aber wenn man von einigen kleinen Wermutstropfen absieht, ist es tatsächlich ein großer Wurf.

Dieser große Wurf beruht aber auch darauf, dass es eine Stärkung des Parlamen­tarismus gibt, zum Beispiel zum Thema Strategiebericht, und ich hoffe, wenn wir den ersten Strategiebericht in diesem Hohen Haus diskutieren werden, dass mehr Abge­ordnete in diesem Haus anwesend sein werden, denn dort wird es wirklich darum gehen, dass wir unsere parlamentarischen Aufgaben wahrnehmen, nicht nur ein Bud­get, das in Zahlen gegossen ist, beschließen, sondern davor festlegen, in welche Richtung wir dieses Budget formen und gestalten.

Die Überlegungen, die hinter diesem neuen Haushaltsrecht stehen, sind eine deutliche Annäherung an eine Art von betriebswirtschaftlichem Rechnungswesen. Die wenigen Wermutstropfen, die ich sehe, haben einige Vorredner auch schon angesprochen, ich möchte sie aber auch unterstützen.

Zum einen zählt für mich dazu, dass die Parameter für die zweite Umsetzungsetappe noch völlig im Nebulosen liegen. Das heißt, hier wird viel Arbeit notwendig sein, um das vorzubereiten.


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Das Zweite sind die langen Fristen. Wir werden erst 2013 mit dem neuen Rech­nungswesen tatsächlich auf volle Kraft laufen können. Und – ich kritisiere das auch – es gibt keinen Anreiz, keine überzeugenden Argumente, offensichtlich auch keine Motivation, dass die Länder und Gemeinden diesem Haushaltsrecht beitreten. Das wäre wünschenswert und eine große Herausforderung für Sie, Herr Staatssekretär, und für den Herrn Finanzminister bei den Verhandlungen zum Finanzausgleich 2013.

In Summe eine sehr gute Vorlage. Ich wünsche bei der Umsetzung alles Gute und viel Erfolg. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.04


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abge­ordnete Hagenhofer zu Wort. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


14.04.40

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Liebe Besucherinnen und Besucher! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir die Regierungsvorlage für ein neues Haushaltsrecht heute beschließen, finalisieren wir eigentlich auch einen Kulturwandel, und zwar nicht nur für die Verwaltung, weil einfach in Zukunft ein ganz anderes Arbeiten erforderlich sein wird, sondern auch für uns Politiker, weil das Budget nach dem neuen Haushaltsrecht ganz einfach viel leichter lesbar wird, viel mehr Transparenz bietet und auch die Planbarkeit sehr gut nach­zuvollziehen sein wird. Wir werden sehen können, und zwar sehr rasch sehen können, wie viel Geld wofür, das heißt für welche Politikbereiche, eingesetzt wird, ob für Arbeit, für Soziales, für Bildung, für Wirtschaft oder für Infrastruktur, und in letzter Konsequenz dann auch, was tatsächlich ausgegeben wurde und wie sich das – das ist schon angesprochen worden – auf die einzelnen Geschlechter, also auf Männer und Frauen, auswirkt.

Der Anreiz, den das Gesetz auch gibt, ist die Flexibilisierung, das heißt die Rück­lagefähigkeit ersparten Geldes. Es muss nicht in etwas investiert werden, was nicht unbedingt dringend notwendig ist. Und ich möchte auch – der Herr Vizekanzler hat es angesprochen – den Herrn Staatssekretär bitten, darauf zu achten – das ist unbedingt erforderlich –, dass bei diesem Haushaltsrecht, das wir uns jetzt für den Bund geben, die Länder und Gemeinden nachziehen. Kein Unternehmen mit Filialen leistet sich ein dreifaches, vierfaches Buchhaltungssystem. Das kann es nicht sein, die Transparenz muss von oben nach unten gegeben sein.

Ich möchte abschließend Herrn Sektionschef Dr. Steger und seinem Team dazu gratulieren, dass er durch jahrelanges Bohren harter Bretter die Politikerinnen und Politiker und die Regierungschefs dazu gebracht hat, ein Bekenntnis zu einem modernen Finanzmanagement abzulegen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.06


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Tamandl. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


14.07.06

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Tribüne! Werte Kolleginnen und Kollegen! Vieles ist gesagt worden, was wir in diesem neuen Haus­haltsrecht vorfinden. Ich persönlich möchte mich gerne mit der Frage Gender Budgeting auseinandersetzen, weil ich die Erfahrung gemacht habe – und das habe ich jetzt bei dieser Diskussion auch gemerkt –, dass viele, die entweder dafür oder


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dagegen sind, gar nicht genau wissen, was Gender Budgeting überhaupt bedeutet. Und das ist auch der Grund dafür, warum sehr viele dagegen sind.

Ich habe heuer mit meinem Kollegen Kai Krainer in Genf einer Konferenz beigewohnt, wo es schwerpunktmäßig auch um Gender Budgeting gegangen ist, wo Experten – hauptsächlich Expertinnen – anwesend waren, die uns einzelne Budgetvollzüge in anderen Ländern vorgestellt haben, aber natürlich auch, wie diese Gender Budgeting in ihr Budget implementiert haben. Es war für mich sehr spannend.

Ich glaube auch – und da gebe ich dem Herrn Kollegen Krainer recht –, es muss in der Hand der Bundesregierung liegen, die Strategie für ihre Politik in ihrem Regierungs­programm festzulegen. Es muss gar nicht sein, dass es bei einem Budgetposten hundertprozentig gleichberechtigt, nämlich 50 zu 50 für Frauen und Männer, ausgeht. Wir müssen das, wie ich meine, wirklich seriös betrachten.

Ich gebe Ihnen recht, Frau Kollegin Hlavac, die Stadt Wien hat begonnen, Gender Budgeting zu machen. Allerdings glaube ich nicht – nicht, dass ich mir jetzt wieder Kritik einhandle, ich haue vielleicht auf die Stadt Wien hin –, dass es eine große Kunst ist, wenn wir bei Frauenförderprogrammen, bei Frauenförderstellen, bei „Gewalt gegen Frauen“ einen Anteil von hundert Prozent an Frauen haben, die von diesen Pro­grammen begünstigt sind. Wenn wir bei einem Budgetposten, bei dem wir augen­scheinlich nichts Spezielles für Frauen oder Männer tun, schauen, wie sich dies auf Frauen und Männer auswirkt, dann ist dies, wie ich meine, seriös und transparent. Das ist auch die Politik der ÖVP und die Politik unseres Finanzministers, und ich bin sicher, Herr Staatssekretär Matznetter – ich kenne ihn lange genug – wird ihn bei dieser Strategie unterstützen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.09


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Prähauser zu Wort. – Kollege Prähauser ist nicht im Saal.

Dann kommt als Nächste Frau Abgeordnete Stadler zu Wort. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


14.10.03

Abgeordnete Astrid Stadler (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Tausende Familien in Österreich müssen sehr strenge Haushaltspläne führen, damit Einnahmen und Ausgaben sich halbwegs die Waage halten und verfügbare Mittel effizient eingesetzt werden können.

So sollte es auch in einem großen Staatshaushalt sein. Unser Staatshaushalt wird durch das neue Bundeshaushaltsgesetz eine Verbesserung in vielen Bereichen erfah­ren. Ich bedanke mich beim Finanzminister und seinem Team, dass es gelungen ist, nach so langen Verhandlungen endlich auch dem Staatshaushalt Modernität und Flexibilität zu verleihen und somit die Mittel bestmöglich einzusetzen, und zwar ohne großen Reibungsverlust.

Der Strategiebericht ersetzt ein Budgetprogramm. Azyklische Budgetpolitik, ein neues Rücklagensystem, Zusammenführung der Entscheidungs- und Ressourcenverant­wor­tung und Flexibilisierung des Budgetvollzuges, das sind alles Maßnahmen, die moder­ne und zielorientierte Budgetpolitik unterstützen und vor allem auch die Mitarbeiter motivieren werden, effizienter denn je zu arbeiten.

Unser Finanzminister und Vizekanzler Willi Molterer hat ein Doppelbudget in Rekord­zeit abgeschlossen, hat in Rekordzeit einen Finanzausgleich verhandelt und ein neues Haushaltsgesetz nach mehr als dreijährigen Verhandlungen umgesetzt – eine ein-


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drucksvolle Bilanz. Das zeigt, dass er seinem Titel „Arbeitskanzler“ mehr als gerecht wird und alle Ehre macht. (Beifall bei der ÖVP.)

14.11


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Ing. Mag. Kuzdas zu Wort. Ebenfalls 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


14.11.58

Abgeordneter Ing. Mag. Hubert Kuzdas (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren auf der Galerie! An dieser Haushaltsreform, die wir heute beschließen, haben wir seit einigen Jahren gearbeitet, alle Fraktionen in diesem Haus, der Rechnungshof, der Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt und natürlich federführend das Bundes­ministerium für Finanzen.

Mit den Veränderungen tragen wir internationalen Erfahrungen und Empfehlungen Rechnung. Zahlreiche Verbesserungen und Veränderungen werden die Budgeterstel­lung grundlegend erneuern. Dazu einige Stichworte: Strategiebericht, Finanzrahmen­gesetz, Rücklagenfähigkeit, Erleichterung von Umschichtungen, geschlechterspezifi­sche Auswirkungen, automatische Stabilisatoren mit antizyklischer Wirkung; und Doppelbudgets werden künftighin nur mehr eine Ausnahme sein. Geradezu ein Para­digmenwechsel findet in der zweiten Etappe statt, wenn man von der Inputorientierung auf die Wirkungsorientierung umstellt. Letztendlich bedeutet diese Veränderung aber auch eine Neuordnung im parlamentarischen Prozess der Budgeterstellung. Es ist eine Chance für höhere Transparenz und bessere Kontrolle, die wir als selbstbewusstes Parlament auch nützen sollten.

Wir sollten auch diese endlosen Budgetausschuss-Sitzungen gründlich entrümpeln. Die Transparenz, die unterjährige Kontrolle und Information werden verstärkt. Wir sollten, meine sehr geehrten Damen und Herren – und das sind wir dem Steuerzahler, aber auch den engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Rechnungshof schul­dig –, uns wirklich gründlich Zeit nehmen, die Rechnungshofberichte ausreichend zu diskutieren, den Debatten darüber ausreichend Zeit einräumen und vor allem auch zu einer angemessenen Tages- und nicht Nachtzeit diskutieren.

Meine Damen und Herren! Insgesamt ein großer Wurf, ein richtiger Schritt in die richtige Richtung.

Ich möchte es nicht verabsäumen, dem Herrn Finanzminister, dem Herrn Staats­sek­retär und natürlich Herrn Sektionschef Gerhard Steger und seinem Team dazu zu gratulieren. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.14


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Eßl zu Wort. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


14.14.15

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine geschätzten Damen und Herren! Finanzminister Willi Molterer hat die Ziele der Finanz- und Budgetpolitik definiert. Es sind dies Stabilität, Sicherheit und Verläss­lichkeit. Ich bin auch der Meinung, dass stabile Finanzen ein wichtiges Anliegen der Republik sein müssen. Aus diesem Grunde kann ich es nicht ganz nachvollziehen, wenn Kollege Krainer die Finanzpolitik von Bruno Kreisky hier sehr gelobt hat.

Ich darf die tatsächlichen Zahlen bekanntgeben: Von 1971 auf 1972 sind die Finanz­schulden um 12,28 Prozent gestiegen, von 1972 auf 1973 um 12,56 Prozent, auf 1974


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um 19,15 Prozent und von 1974 auf 1975 um 63,47 Prozent. (Zwischenrufe der Abg. Hagenhofer.) Das soll nicht das Ziel für die Zukunft sein. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist vielmehr wichtig, dass wir mit der Reform des Bundeshaushaltsrechtes zukunfts­orientiert agieren. Es wird eine vierjährige verbindliche Ausgabenobergrenze geschaf­fen. Damit wird es Planbarkeit geben. Es wird Anreize zu einer effizienten Mittelver­wen­dung geben. Die volle Rücklagenfähigkeit ist bereits genannt worden, die freie Verwendung der Rücklagen, wodurch verhindert wird, dass man am Jahresende aus­gibt, was unter Umständen nicht notwendig ist und besser im nächsten Jahr eingesetzt werden kann.

In Summe darf ich noch einmal darauf verweisen, dass eine sehr stolze Bilanz des Finanzministers und seiner Mitarbeiter, Kolleginnen und Kollegen im Finanzministerium in dieser Regierungsperiode vorliegt. Es wurde ein Doppelbudget für 2007 und 2008 beschlossen, der Finanzausgleich in Rekordzeit beschlossen, Reform der Finanz­markt­aufsicht und ein Abgabensicherungspaket auf der Tagesordnung und heute eben diese Bundeshaushaltsreform. Ich bitte um Zustimmung zu dieser Gesetzesvorlage! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Pendl: Das war der beste Satz!)

14.16


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Pendl. Ebenfalls 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


14.16.38

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine ge­schätz­ten Damen und Herren! Hohes Haus! Geschätzte Besucherinnen und Besucher! Liebe Jugend! Ich glaube, bei einer der größten Reformen in der Geschichte des österreichischen Parlamentarismus – nur so viel, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, die Sie immer meinen, es würden so kleine Reförmchen gemacht: das ist eine der größten Reformen überhaupt, die wir hier machen! – ist Optimismus angesagt, ist Freude angesagt. Es liegt eine lange Verhandlungszeit hinter uns, und ich gratuliere allen, die zu diesem Gesetz einen Beitrag geleistet haben, das für unsere Zukunft ist, für unsere Kinder und Kindeskinder. An so einem Tag sollte man sich freuen und danke sagen.

Meine Damen und Herren, ich möchte aber auch auf einige Wortmeldungen replizie­ren. Es wird nicht besser, Herr Kollege Rossmann. Wir zwei sind schon im Verfas­sungsausschuss aneinander gekracht. Ich habe großes Verständnis, dass Demokratie, dass Formalismus, dass alles etwas kostet. Aber ich lehne es ab, wenn man am Altar der Ökonomie die Zusammenlegung von Gemeinden fordert, wie es im Ausschuss verlangt worden ist. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Es stimmt auch nicht, Herr Kollege Bucher. Ich würde einladen, reden wir einmal wirk­lich Tacheles darüber, wie viele Gemeinden finanziert sind, denn es ist ein Unter­schied, wie viele Ertragsanteile ich bekomme, ob ich überhaupt eine BZ bekomme. Es ist eben nicht möglich, so einfach ein Spielchen über die Kommunalsteuer zu spielen. Aber vielleicht können wir, nämlich all jene, die sich auskennen, uns einmal in einer Runde zusammensetzen und genau so wie bei dieser Reform auch über das reden.

Ich wünsche uns gemeinsam eine wunderbare Zukunft. Dieses neue Haushaltsrecht wird es uns ermöglichen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.18


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Vorläufig letzte Rednerin in dieser Debatte ist Frau Abgeordnete Grander. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 116

14.18.40

Abgeordnete Maria Grander (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekre­tär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Regierung hat uns eine umfassende Reform des Haushaltsrechts im Nationalrat vorgelegt. Sie teilt in fünf Politikbereiche mit Ausgabenobergrenzen, und es kommt ein neues System der Rücklagenbewirtschaftung. Die bisherigen Einschränkungen für die Verwendung von Rücklagen entfallen, und für die Haushaltsführung des Bundes, der Länder und Gemeinden gilt in Zukunft nicht mehr nur das Ziel des gesamt­wirtschaft­lichen Gleichgewichts.

Die Gebietskörperschaften werden dezidiert dazu angehalten, nachhaltig geordnete Haus­halte anzustreben. Ihre Haushaltsführung ist im Hinblick auf diese Ziele zu koordinieren. Ausdrücklich wird die Gleichstellung von Männern und Frauen, wie heute bereits angeklungen ist, bei der Haushaltsführung eingemahnt. Weiters Wirkungs­orien­tierung, Transparenz, Effizienz und möglichst genaue Darstellung der finanziellen Lage.

In den Erläuterungen ist nachzulesen, dass es positive Erfahrungen gibt. Durch die Zusammenführung der Entscheidungs- und Ressourcenverantwortung und vor allem durch die Einführung der Flexibilisierungsklausel beim Budgetvollzug wurden in der siebenjährigen Testung eine höhere Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und eine gesteigerte Leistungs- und Ergebnisorientierung festgestellt.

Einen ersten Anlauf zu einer umfassenden Reform des Haushaltsrechtes hat es ja bereits im Frühjahr 2006 unter Bundeskanzler Schüssel gegeben, und jetzt kommt der Beschluss. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.20


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Ich bitte alle Damen und Herren, ihre Plätze einzunehmen, wir kommen zu einer Reihe von Abstimmungen.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundes­verfas­sungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Bundeshaushalts­gesetz geändert werden, in 372 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Rossmann, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich lasse daher zunächst über die von diesem Zusatz- beziehungsweise Abänderungs­antrag betroffenen Teile des Gesetzentwurfes und anschließend über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes abstimmen.

Da sowohl der vorliegende Gesetzentwurf als auch der vorliegende Abänderungs­antrag eine Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes sowie der vorliegende Ge­setz­entwurf eine Verfassungsbestimmung enthalten, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwe­senheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Die Abgeordneten Mag. Rossmann, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abände­rungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel 1 Ziffern 1, 4 und 5 bezieht.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 117

Wer hiefür eintritt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist nicht die verfassungs­mäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit. Das ist somit abgelehnt.

Ich komme sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Weiters haben die Abgeordneten Mag. Rossmann, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz­antrag eingebracht, der sich auf die Einfügung einer neuen Z 12a in Artikel 1 bezieht.

Wer hiefür eintritt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist nicht die verfassungs­mäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit. Das ist somit abgelehnt.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahen­des Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist Einstim­migkeit.

Ausdrücklich stelle ich wiederum die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehr­heit fest.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Gradauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abgabenquote.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz geändert wird, in 395 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Rossmann, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich lasse daher zunächst über die von diesem Zusatz- beziehungsweise Abänderungs­antrag betroffenen Teile des Gesetzentwurfes, und zwar der Reihe nach, und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes abstimmen.

Die Abgeordneten Mag. Rossmann, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abände­rungsantrag betreffend die Ziffern 2 und 6 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Ich komme sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 118

Die Abgeordneten Mag. Rossmann, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz­antrag eingebracht, der sich auf die Einfügung einer Z 7a bezieht.

Jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür eintreten, ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Die Abgeordneten Mag. Rossmann, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abände­rungsantrag eingebracht, welcher sich auf die Ziffern 27, 28, 28a, 29a und 35 bezieht.

Wer hiefür ist, den ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Ich komme sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetz­entwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist Einstimmigkeit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Präsident Dr. Spindelegger gibt das Glockenzeichen.)

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 395 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist die Mehrheit. Angenommen. (E 55.)

14.26.245. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (313 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Sparkassengesetz, das Finanzmarkt­aufsichtsbehördengesetz, das Nationalbankgesetz 1984 und das Versicherungs­auf­sichtsgesetz geändert werden (386 d.B.)

6. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (286 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Börsegesetz, das Versicherungsauf­sichtsgesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 und das Pensionskassen­ge­setz geändert werden (387 d.B.)

7. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (269 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuer­gesetz 1988 und das Bundesgesetz über Sonderregelungen zur Mittelstands­finanzierung auf dem Gebiet der Gebühren sowie der Verkehrsteuern hinsichtlich


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 119

der Vorschriften über Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften geändert wer­den – Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften-Gesetz 2007 (MiFiG-Gesetz 2007) (388 d.B.)

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Wir gelangen nun zu den Punkten 5 bis 7 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen daher sogleich in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Rossmann. 5 Minuten freiwillige Redezeit­beschränkung. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


14.27.32

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Es war vor etwa einem Jahr, als uns Karl-Heinz Grasser, damals Finanzminister, im Ban­ken-Untersuchungsausschuss in NLP-Speech dargestellt hat, wie toll diese Finanzmarktaufsicht funktioniere. Ein Jahr später haben wir gestern ein Urteil des Landesgerichts für Strafsachen gehabt, in dem die Republik – noch nicht rechtskräftig, aber doch – verurteilt wird zur Schadensgutmachung, nämlich betreffend den Schaden der Anleger von AMIS, dessen Prozess im Übrigen in wenigen Tagen hier beginnen wird.

In diesem Urteil ist die Rede von einer nicht gehörigen Erfüllung der Aufsichts- und Prüfpflichten der Finanzmarktaufsicht. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das ist ja auch kein Wunder – wir haben das ja im Banken-Untersuchungsausschuss ganz klar vorher­gesehen. Das, was sich dort abgezeichnet hat, wird nun in der Realität nachge­zeichnet.

Die Finanzmarktaufsicht ist nicht etwas, was auf Basis von Freunderlwirtschaft funktionieren kann. Das hat schließlich auch die Rating-Agentur Moody’s vermutlich zum Anlass genommen, Österreich im Hinblick auf die Beurteilung der Finanzstärke im internationalen Vergleich nur an die 35. Stelle zu reihen – im Vergleich der EU-15 liegt Österreich dabei an letzter Stelle!

Und das, was wir in den letzten paar Monaten im Hinblick auf Meinl European Land erlebt haben, ist ja noch ein Übriges. – Verluste in Milliardenhöhe für Anlegerinnen und Anleger, und das alles vor den Augen einer nicht funktionierenden Finanzmarkt­aufsicht! (Beifall bei den Grünen.)

Was tut die Regierung in dieser Situation? (Zwischenruf des Abg. Mag. Ikrath.) – Die Regierung beschließt in dieser Situation eine Finanzmarktaufsicht, Herr Kollege Ikrath, aber das, was mit dieser Regierungsvorlage hier vorliegt, greift eindeutig zu kurz. Und weil dies zu kurz greift, bringe ich gemeinsam mit Werner Kogler einen Ent­schließungsantrag für eine echte, umfassende Reform der Finanzmarktaufsicht ein. Dieser Entschließungsantrag ist relativ lang, ich ersuche daher, ihn verteilen zu lassen und werde ihn in den folgenden Ausführungen begründen.

Das, was wir zur Beseitigung der Schnittstellenproblematik brauchen, ist ganz klar Folgendes: eine einzige Institution, die mit der Banken- und Versicherungsaufsicht betraut wird. (Beifall bei den Grünen.)

Das, was wir hier als Lösung vorfinden, ist eine halbe Sache, denn die Schnitt­stellenproblematik bleibt bestehen. Und wir haben im Untersuchungsausschuss am Beispiel des Prüfberichtes der OeNB ganz genau gesehen, was passiert, wenn zwei oder gar drei Institutionen für die Prüfung verantwortlich sind. Da kommt es zu Ungereimtheiten, da kommt es zu Interpretationsproblemen. Auch die hier vorliegende Reform der Finanzmarktaufsicht zeichnet so etwas vor, und es ist nicht auszu-


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 120

schließen, dass wir Skandale wie BAWAG, Amis und dergleichen auch in Zukunft haben werden, trotz dieser Reform.

Es spricht einiges dafür, diese Reform der OeNB und ausschließlich der OeNB zu übertragen – das entspricht im Übrigen einem internationalen Trend. Dann ist es aber notwendig, dringend notwendig (Abg. Mag. Ikrath: Der kennt sich überhaupt nicht aus! Sie kennen sich überhaupt nicht aus!), dass sich die Geprüften aus den Eigentums­anteilen der OeNB zurückziehen, Herr Kollege Ikrath! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Ikrath.) – Ja, zurückziehen, denn Österreich ist ja in dieser Hinsicht inter­national ein Unikum. Das ist doch ein klassischer Interessenkonflikt, der vorliegt, wenn der Geprüfte Eigentumsanteile an der Prüfungsinstitution hat. Das werden Sie wohl nicht leugnen können, Herr Kollege Ikrath!

Außerdem finden wir in diesen beiden Punkten auch die Zustimmung des Rech­nungshofes, der das in der Stellungnahme zum Ministerialentwurf sehr ausdrücklich und klar zum Ausdruck gebracht hat.

Weiters brauchen wir aber auch ein Rotationsprinzip bei den Bankprüfern – das räumt ihnen mehr Unabhängigkeit gegenüber den zu prüfenden Banken ein. Ebenso aber brauchen wir eine Cool-down-Phase für PrüferInnen in den Prüfbehörden, aber auch für die Wirtschaftsprüfer, denn es kann nicht sein, dass diese ungehindert ohne Cool-down-Phase in das geprüfte Unternehmen überwechseln.

Wenn wir diese Voraussetzungen erfüllen, können wir auf die Staatskommissäre verzichten, die brauchen wir dann nicht mehr.

Jetzt haben wir eine Lösung, wo es zu einer Anhebung der Bilanzsumme auf 1 Milliar­de € kommt als Voraussetzung für die Einsetzung eines Staatskommissärs. Aber das scheint lediglich eine Lex Raiffeisen zu sein und nicht mehr – und keine saubere Lösung.

Und was schließlich im Lichte von Amis überhaupt zur Gänze fehlt, ist die Sanierung der Anlegerentschädigung. Wir alle – auch Sie, Herr Kollege Stummvoll – haben im Untersuchungsausschuss festgestellt, dass die Anlegerentschädigung eine Fehlkons­truktion ist. Wo ist im Sinne der Anleger, des Anlegerschutzes eine Lösung für poten­ziell in Zukunft Geschädigte? – Ich habe das im Regierungsentwurf schlicht nicht gefunden. – Danke sehr. (Beifall bei den Grünen.)

14.32


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Der von Herrn Abgeordnetem Rossmann eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, wurde in seinen Eck­punkten erläutert, und ich werde ihn aufgrund seines Umfanges verteilen lassen. Er steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Rossmann, Kogler, Freundinnen und Freunde betreffend Reform Finanzmarktaufsicht; eingebracht im Zuge der Debatte über  Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Sparkassengesetz, das Finanzmarktaufsichts­behördenge­setz, das Nationalbankgesetz 1984 und das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert werden (313 d. B.)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 121

Begründung

Bereits im letzten Plenum vor dem Sommer haben die Grünen in einem Ent­schließungsantrag eine wirklich umfassende und tiefgreifende Reform der Finanz­markt- und Bankenaufsicht gefordert. Die Regierungsparteien ÖVP und SPÖ wurden dabei auch aufgefordert zügig eine entsprechende Reform umzusetzen, die sich nicht in SP-VP Scharmützeln nach dem Motto „a bisserl mehr FMA und weniger OENB“ bzw. „a bisserl mehr OeNB und weniger FMA sein“ – samt zugehörigem Posten­schacher Marke Altkoalition - gestalten darf. Die nun zur Beschlussfassung im Nationalrat vorliegende Regierungsvorlage über die Reform der Finanzmarktaufsicht entspricht nicht einmal den niedrigen Anforderungen, der von der SPÖ und der ÖVP selbst beschlossenen Entschließung zur Aufhebung der Doppelgleisigkeiten und Schnittstellenprobleme zwischen Nationalbank und Finanzmarktaufsicht. In der Regierungsvorlage werden zwar einige vom Banken-Untersuchungsausschuss aufge­zeigte Probleme angegangen, das zentrale Problem - die Schnittstellen­problematik zwischen OeNB und FMA - wird aber keineswegs behoben, sondern die Bankprüfung lediglich von der FMA zur OeNB verschoben. Außerdem bleiben die Banken weiterhin Teileigentümer der OeNB und sollen gleichzeitig von ihr geprüft werden. Das kann es nicht gewesen sein.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat unverzüglich eine Reform der Finanzmarktaufsicht zur Beschlussfassung vorzulegen und dabei im Sinne einer echten Lösung der Schnittstellenproblematik und einer umfassenden Reform insbeson­dere nachfolgend ausgeführte Punkte zu berücksichtigen:

1. Eine Institution– Keine Schnittstellen

Generelle Lösung der Schnittstellenproblematik FMA/OeNB und Beseitigung von Doppel­gleisigkeiten durch die Schaffung einer zentralen, bestimmenden und koordinie­renden Behörde.

Der für Vor-Ort Prüfungen aufgewendete Ressourcenteil sollte angehoben werden. Prüfungsfrequenzen der Vor-Ort Prüfungen bei Großbanken und den systemrelevanten Banken sollen erhöht und Follow-Up Prüfungen rechtlich verankert werden. Im Gegenzug werden Managementgespräche eingeschränkt. Die Nichtbeseitigung von Mängeln im Zuge von Vor-Ort Prüfungen - insbesondere im Zusammenhang mit der internen Revision und dem Risikomanagement - sollen scharfe Sanktionen nach sich ziehen.

Anreizorientierte Entlohnung der MitarbeiterInnen in dieser zentralen Behörde zur Steigerung der Motivation und zur längeren Bindung an das Unternehmen. Dadurch kann die derzeit hohe Fluktuationsrate von MitarbeiterInnen in der FMA gesenkt werden.

Sämtliche, mit Prüfungshandlungen beauftragten Organe einschließlich der Bank­prüferInnen müssen ihre Prüfberichte austauschen

2. Banken raus aus der Notenbank

Zur Vermeidung von Interessenskonflikten müssen alle Banken bestehende Eigen­tümeranteile an der OeNB abgeben, da sie von dieser geprüft werden.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 122

3. Abschaffung der Staatskommissäre

Unter der Voraussetzung der unten angeführten Rahmenbedingungen sollen die Staats­kommissärInnen abgeschafft werden. Die dadurch frei werdenden Mittel sollen für die Effizienzsteigerung des Bankenprüfwesens verwendet werden.

4. Einführung der  Rotation bei der Bestellung von WirtschaftsprüferInnen

Unbedingte externe Rotation bei WirtschaftsprüferInnen, mindestens alle fünf Jahre, sowie ein strenges Vier-Augen Prinzip einführen. Das führt zu einer Stärkung der Unabhängigkeit der BankprüferInnen gegenüber den zu überprüfenden Banken.

Schaffung eines Einspruchsrechts der Bankenaufsichtsbehörde bezüglich der Bestel­lung von natürlichen Personen als WirtschaftsprüferInnen durch Banken oder die Einrichtung eines Pools von berechtigten WirtschaftsprüferInnen durch die Prüfbe­hörden, wobei die Zuteilung durch Zufallsprinzip erfolgt.

Klare Funktionstrennung zwischen (Steuer)BeraterInnen und Wirtschafts-prüferInnen, insbesondere bei Finanzdienstleistern.

5. PrüferInnen dürfen nicht unmittelbar zu Geprüften wechseln

Verbot von unmittelbarem Wechsel von PrüferInnen zu einem von ihnen geprüften Unternehmen („Cool-Down-Phase“): das gilt insbesondere für PrüferInnen in den Bereichen Wirtschaftsprüfung, FMA und OeNB.

6. Aufsichtsrat

Anzahl der zulässigen Aufsichtsratsfunktionen auf maximal fünf reduzieren.

7. Reform der Anlegerentschädigung

Die bestehende Anlegerentschädigung für Wertpapierdienstleistungsunternehmen ist eine Fehlkonstruktion und bedarf einer umgehenden Sanierung.

8. Internationale Kooperation

Die Kooperation mit ausländischen Prüfbehörden (bezieht sich auch und besonders auf Verdachtsmomente der Geldwäsche und Geldwäschebekämpfung) ist durch die Sicherstellung einer verpflichtenden EU-weiten Kooperation der jeweiligen Prüf­behörden weiter zu verbessern

zur Bekämpfung der Geldwäsche

zur Offenlegung verschleierter Eigentümerschaften

der Bekämpfung von Anlegerschädigung und

zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung.

9.  Geldwäschebestimmungen

strenge Bestimmungen zur Bekämpfung der Geldwäsche und Offenlegung verdeckten Eigentums (Orientierung an den Best Performern).

Erleichterungen zur Aufhebung des Bankgeheimnisses bei Verdachtsfällen von Geld­wäsche sowie zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung.

*****

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Sie sind am Wort.

 



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 123

14.33.19

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nur ein paar Worte zu meinem Vorredner. – Herr Mag. Rossmann, ich glaube, keiner von uns sollte hier so tun, als wäre er das Obergscheiterl und wisse die perfekte Lösung. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenrufe bei den Grünen.)

Das Problem fängt schon damit an, dass wir in der gesamten EU kein Best-Practice-Modell haben. Wir haben alle Varianten mit einer Bandbreite vom holländischen System, wo alles bei der Notenbank ist (Abg. Öllinger: Die beste Rede des Tages!), bis zum britischen System, wo alles in einer eigenständigen Finanzmarktaufsicht ist. Tun wir also nicht so, als gäbe es irgendwo ein perfektes Modell; das wird es wahrscheinlich nie geben.

Das Zweite, Herr Mag. Rossmann: Mich stört immer wieder ein bisschen dieses Bes­serwissende. Sie haben immer sehr konstruktiv mitgearbeitet, aber wenn Sie hier ans Rednerpult treten, dann erwecken Sie den Eindruck, dass Sie alles besser wissen als alle anderen. – Bitte, lösen wir uns von diesen ... (Abg. Mag. Rossmann: Gemeinsam mit dem Rechnungshof! Gemeinsam mit dem Herrn Gouverneur Liebscher!)

Ich bin für das Stichwort „Rechnungshof“ sehr dankbar, weil der Rechnungshof in einer Untersuchung sehr klar festgestellt hat, dass die Schaffung der FMA per 1. April 2002 ein Fortschritt war gegenüber der früheren Regelung der Aufsicht im Finanz­minis­terium. Das steht eindeutig drinnen.

Richtig ist, dass wir damals schon gesagt haben – Sie können ja die Reden nach­lesen –, dass wir nach einigen Jahren eine Evaluierung machen werden müssen, denn bei einer großen Reform treten immer gewisse Anlaufschwierigkeiten, Kinderkrank­heiten et cetera auf, daher werden wir nach drei, vier Jahren eine Evaluierung machen und das Ganze überprüfen müssen.

Das ist jetzt geschehen, aber leider im Zusammentreffen mit dem BAWAG-Skandal, dem Amis-Skandal, mit Hypo Alpe-Adria und jetzt mit MEL. Das hat zweifellos Schaden für den Finanzplatz Österreich bewirkt, und daher ist diese Reform so notwendig.

Ich bekenne mich dazu, dass diese Reform im Grunde zweierlei aus der Grundsatz­entscheidung des Jahres 2002 festhält: einerseits eine unabhängige, weisungsfreie Behörde, andererseits aber ein Kooperationsmodell mit der Notenbank.

Ich glaube, dass wir hier genau das tun, was der Rechnungshof auch vermerkt hat, nämlich zu fragen: Wie können wir die Schnittstellenproblematik bereinigen? Wie können wir die Effizienz erhöhen? Wie können wir Doppelgleisigkeiten vermeiden?

Eines ist schon richtig: Wir können hier das schönste Modell, die schönste Struktur beschließen, letztlich kommt es aber darauf an, ob dann im Leben die entsprechenden Personen zusammenarbeiten und kooperieren können. Das ist schon richtig, das kann der Gesetzgeber nie perfekt lösen.

Noch einmal: Ich glaube, dass wir hier einen sehr wichtigen Schritt setzen, um die Finanzmarktaufsicht wieder mit mehr Biss, mit mehr Effizienz zu versehen.

Herr Kollege Rossmann, Sie haben hier auch gesagt, dass das Urteil des Zivillandes­gerichtes Wien vor wenigen Tagen ergangen ist und gleichsam nachweist, welcher Schaden der Republik durch die Finanzmarktaufsicht entstanden ist. Ich kann nur sagen, Sie haben offenbar die 107 Seiten nicht genau gelesen. (Abg. Öllinger: Na bitte!) In der Urteilsbegründung wird überhaupt nicht Bezug genommen auf ein Fehl­verhalten der FMA. – Lesen Sie das nach, Herr Kollege Öllinger, Sie haben das sicher


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nicht gelesen! Haben Sie das gelesen? (Abg. Öllinger: Ja, sicher! Ich kann die Seite 67 noch aufsagen!)

Da steht eindeutig drinnen, das Fehlverhalten war infolge der Vor-Ort-Prüfungen der Wertpapieraufsicht in den Jahren 1999 und 2000. Zur FMA ist überhaupt kein Fehl­verhalten nachgewiesen. Man muss schon bei den Daten und Fakten bleiben! (Abg. Mag. Trunk: Meinl! Hypo!)

Ich gebe zu, in diesen doch eher hektischen Parlamentstagen kann es sein, dass man 107 Seiten Urteil nicht so genau liest, wie das andere tun. – Herr Kollege Rossmann, lesen Sie noch einmal diese 107 Seiten, dann werden Sie sehen, dass wir recht haben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: Die beste Rede des Tages! Leider schlechter Inhalt!)

14.37


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Zanger. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Kollege, Sie sind am Wort. (Abg. Dr. Graf: Wir tauschen!) – Herr Abgeordneter Zanger, verzichten Sie auf Ihre Wortmeldung? (Abg. Dr. Graf: Wir tauschen!) Sie sind aufgerufen zu Ihrer Rede. Sie können auch gerne verzichten (Abg. Zanger: Nein, auf keinen Fall!), dann muss sich jemand anderer neuerlich melden. – Bitte, Herr Kollege, Sie sind am Wort.

 


14.37.19

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich finde es schon sehr mutig, Herr Stummvoll, wenn Sie sich hier heraus stellen und Kollegen als Oberlehrer bezeichnen. Zugegeben, ein bisschen einen wissen­schaftlichen Zugang hat Herr Kollege Rossmann schon. (Abg. Dr. Stummvoll: Wir sollten nicht so tun als ob, habe ich gesagt!) – Gut, dann soll er auch nicht so tun, meinetwegen. Aber die Abgehobenheit der ÖVP (Abg. Mag. Kogler: Ist unerreicht!) zeigt auch manchmal, dass es in eine andere Richtung geht. Ich bitte, auch vor der eigenen Tür zu kehren.

Aber jetzt zum Thema: Es geht in diesem Gesetz auch um die Entsendepraxis der Staatskommissäre. Es wurde im Zuge des Banken-Untersuchungsausschusses fest­gestellt, dass es grundsätzlich zwei Kulturen gegeben hat, einerseits die vor dem Jahr 2000, als unter sozialdemokratischen Finanzministern hauptsächlich Spitzen­beamte entsandt wurden, und andererseits jene in der Ära KHG, Karl-Heinz Grasser, als das geändert wurde und hauptsächlich Kabinettmitarbeiter mit Zusatzeinkünften bedacht wurden.

Im Zuge des Untersuchungsausschusses hat sich herausgestellt, dass sich die Staats­kommissäre im Wesentlichen als zahnloses Aufsichtsinstrument erwiesen haben.

Aus diesem Grund bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Graf, Zanger und weiterer Abgeordneter betreffend Entsende­praxis Staatskommissäre

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat schnellstmöglich eine Novel­lierung des Bankwesengesetzes zuzuleiten, die als zentrale Elemente folgende Eck­punkte beinhalten soll:

Verrechtlichung und Schaffung von Transparenzrichtlinien des Entsendevorgangs von Staatskommissären


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Erstellung eines Qualifikationsprofils für Staatskommissäre und Neuordnung der Pflich­ten

Festlegung von verpflichtender Aus- und Weiterbildung der Staatskommissäre

Schaffung von unbürokratischen Abberufungsmöglichkeiten sowie von Haftungs- und Strafbestimmungen bei Pflichtverstößen von Staatskommissären

Festlegung einer Rotationspflicht der Staatskommissäre; max. 3-jährige Dauer der Tätigkeit als Staatskommissär bei einem Institut“

*****

Ich ersuche um Ihre Zustimmung.

Nächster Punkt: Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften-Gesetz. Da geht es im We­sent­lichen um die Förderung von Risikokapitalinvestitionen in Klein- und Mittelbetrie­ben. Dieses Feld wurde bis dato von Banken beherrscht. Nunmehr ist es so, dass sich Private anschließen und sich in einen solchen Investitionsfonds einbringen können. Das ist unseres Erachtens ein sehr spannendes, interessantes, aber auch wichtiges Instrument, weil gerade Klein- und Mittelbetriebe mit Finanzierungen bei Banken ein großes Problem haben.

Der Grund dafür ist Basel II. Basel II hat Richtlinien zu Eigenkapitalausstattungen festgelegt, die die österreichische Klein- und Mittelbetriebswirtschaft de facto kaum erfüllen kann. Da gibt es Auflagen, die für Einpersonenunternehmen genauso gelten wie für größere Gesellschaften mit mehr Personal. Dabei kann ein Einpersonen­unter­nehmen niemals solche Kontrollinstrumente ausführen wie ein größerer Betrieb. Daher ist dieses System für Klein- und Mittelbetriebe nicht geeignet. Basel II gehört meiner Ansicht nach sowieso einmal besprochen, überdacht und eventuell neu geordnet. Faktum ist, dass die Klein- und Mittelbetriebswirtschaft ein Problem mit den Banken hat. Wir begrüßen diese Initiative als ersten Schritt und denken, dass das sicher noch ausbaufähig ist.

Ein weiterer Punkt, mit dem wir uns beschäftigen, betrifft die Geldwäscherei­bestim­mungen. Da stelle ich mir grundsätzlich einmal die Frage, wo das Ganze herkommt. Da scheinen auf europäischer oder internationaler Ebene irgendwelche Personen zusam­menzusitzen, die wahrscheinlich Experten sind, aber von der Praxis überhaupt keine Ahnung haben. Die Bestimmungen, die da beschlossen und in weiterer Folge weitergegeben werden, um in nationales Recht der einzelnen Staaten umgesetzt zu werden, sind praxisfern. Es ist eine richtige EU-Ramasuri, überhaupt nicht praxisnah, und das ist das Problem.

Ich würde ersuchen, dass Sie, wenn Sie schon die ganze Zeit in Brüssel herumtanzen, das dort einmal zum Thema machen und wirkliche Praktiker mit einbauen. Diese Bestimmungen sind nämlich unter wirtschaftlich realistischem Aufwand nicht erfüllbar.

Beispiel: Politisch exponierte Personen sind Parlamentarier und Politiker aus aller Herren Ländern. Zuerst muss der Bankangestellte dort prüfen, woher derjenige kommt, welches Dokument wirklich ein Dokument aus diesem Staat ist, und das ist oft wirklich nicht so einfach nachzuvollziehen.

Dann werden die Familienmitglieder überprüft. Aber woher soll ich wissen, wer mit wem verheiratet ist? Gerade heutzutage, da die Frau nicht mehr gleich heißen muss wie der Mann, ist das äußerst schwierig. Das heißt, ich muss als kleiner Bankmit­arbeiter Ahnenforschung betreiben. Dann kommt noch dazu, dass ich am besten die „Neue Post“, „Die Aktuelle“ oder Ähnliches lesen sollte, weil davon ja auch Menschen


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 126

betroffen sind, die zu diesen politisch exponierten Personen bekanntermaßen in Freundschaft stehen.

Da frage ich: Wie soll das gehen? – Natürlich gibt es ein Angebot. Im Entwurf dieser Vorlage wurde nämlich unterstellt, dass sich die Unternehmen das Programm World-Check aneignen sollen – ein Softwareprogramm, in dem man diese ganzen Daten praktisch abfragen kann. Das ist aber problematisch, weil man nicht weiß, woher diese Firma ihre Daten hat. Das ist sehr fragwürdig und meines Erachtens nicht umsetzbar. Deshalb wird es zu diesem Punkt nicht die Zustimmung meiner Fraktion geben. (Beifall bei der FPÖ.)

14.44


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Der von Herrn Abgeordnetem Zanger ein­gebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Graf, Zanger und weiterer Abgeordneter betreffend End­sende­praxis Staatskommissäre; eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Finanz­ausschusses über die Regierungsvorlage (313 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Sparkassengesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Nationalbankgesetz 1984 und das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert werden (386 d.B.), in der 42. Sitzung des Nationalrates am 06. Dezember 2007

Gemäß § 76 Abs. 1 Bankwesengesetz (BWG) hat der Bundesminister für Finanzen bei Kreditinstituten, deren Bilanzsumme € 375 Mio. übersteigt, einen Staatskommissär und dessen Stellvertreter für eine Funktionsperiode von längstens fünf Jahren zu bestellen.

Der Staatskommissär und sein Stellvertreter sind ein Organ der Bankenaufsicht und damit seit deren Aufnahme der operativen Tätigkeit mit 01.04.2002 ein Organ der Finanzmarktaufsichtsbehörde FMA. Sie handeln daher ausschließlich als Organe der unabhängigen und weisungsfreien Aufsichtsbehörde FMA und haben an sie zu berichten.

Der Staatskommissär ist kein Aufsichtsrat nach Aktiengesetz. Er ist zur Hauptver­sammlung, zu allen Aufsichtsratssitzungen sowie zu allen Sitzungen beschlussfähiger Ausschüsse des Aufsichtsrates einzuladen. Er darf sich nicht in die operative und strategische Geschäftsführung einmischen, die unternehmerische Verantwortung liegt allein beim Vorstand, dem Eigentümer und dessen Vertretern. Er stimmt daher auch in keinem der Gremien mit ab.

Der Staatskommissär hat aber gegen Beschlüsse Einspruch zu erheben, die gesetz­liche Bestimmungen, die von der FMA zu beaufsichtigen sind, verletzen. Dadurch wird dieser Beschluss sistiert bis die FMA innerhalb gesetzlicher Frist inhaltlich darüber entschieden hat. Derartige Einsprüche betreffen beispielsweise Geschäfte, die den Konzessionsumfang überschreiten, oder Beschlüsse, die gesetzliche Großveranla­gungs­grenzen verletzen. Er darf nicht inhaltlich über Kreditanträge und die Bonität des Kunden oder das Risiko von Veranlagungen befinden. Das liegt allein in der unter­nehmerischen Verantwortung des Vorstandes sowie der aufsichtlichen Verantwortung der Aufsichtsräte nach Aktienrecht.

Bei der Entsendepraxis der Staatskommissäre wurden, im Zuge des Untersuchungs­ausschusses betreffend Finanzmarktaufsicht, BAWAG, Hypo-Alpe-Adria und weitere


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Finanzdienstleister („Banken-Untersuchungsausschuss“), grundsätzlich zwei unter­schied­liche „Kulturen“ festgestellt:

Vor dem Jahr 2000 wurden unter den sozialdemokratischen Finanzministern haupt­sächlich Spitzenbeamte des Finanzministeriums mit Staatskommissärsposten belohnt (98 von 102).

Nach der Amtsübernahme durch Finanzminister Mag. Karl-Heinz Grasser wurde 2001 das Bankwesengesetz geändert und Kabinettsmitarbeiter wurden mit Zusatzeinkünften bedacht.

Faktum ist auch, dass die Staatskommissäre in keinem der untersuchten Fälle im Banken-Untersuchungsausschuss einen Beitrag zur Aufdeckung der Verluste und Malversationen leisten konnten. Dies zeigt, dass eine gesetzlich vorgesehene Kontroll­instanz de facto wirkungslos geblieben ist.

Die Staatskommissäre haben sich im Wesentlichen als zahnloses Aufsichtsinstrument erwiesen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat schnellstmöglich eine Novel­lierung des Bankwesengesetzes zuzuleiten, die als zentrale Elemente folgende Eck­punkte beinhalten soll:

Verrechtlichung und Schaffung von Transparenzrichtlinien des Entsendevorgangs von Staatskommissären

Erstellung eines Qualifikationsprofils für Staatskommissäre und Neuordnung der Pflichten

Festlegung von verpflichtender Aus- und Weiterbildung der Staatskommissäre

Schaffung von unbürokratischen Abberufungsmöglichkeiten sowie von Haftungs- und Strafbestimmungen bei Pflichtverstößen von Staatskommissären

Festlegung einer Rotationspflicht der Staatskommissäre; max. 3-jährige Dauer der Tätigkeit als Staatskommissär bei einem Institut“

*****

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Krainer. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.44.12

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Finanzmarktaufsichtsreform ist absolut notwendig. Wir haben spätestens im Unter­suchungsausschuss zur Finanzmarktaufsicht gemerkt, dass diese Behörde, nobel gesagt, nicht optimal funktioniert. Andere haben gesagt, sie funktioniere gar nicht.

Mir ist auch etwas unklar, Kollege Stummvoll, wer jetzt was gelesen hat: Es gibt zwei Urteile, das eine hat 107, das andere hat 117 Seiten, wobei ich Ihnen in beiden Urteilen ganze Seiten vorlesen kann, wo nur die FMA gemeint ist. (Abg. Dr. Stumm­voll: Lesen Sie die Urteilsbegründung vor! – Abg. Mag. Ikrath: Es geht um die Urteilsbegründung!)


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Zum Beispiel: Das Fehlverhalten der Finanzmarktaufsicht sei in diesem Zusam­menhang umso gravierender, weil – das und das nicht passiert ist. Es ist unver­ständlich, dass die Finanzmarktaufsicht nicht agiert hat. (Abg. Mag. Ikrath: Die Urteils­begründung!) – Entschuldigung, es steht hier überall, es strotzt hier nur so vor der FMA, sogar im Urteil selbst! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Ikrath.) – Das stimmt doch überhaupt nicht, dann haben Sie das nicht gelesen!

Da steht – nur damit es alle wissen –: Weiterer Pflichtverstoß der FMA, die FMA habe diesen Zusammenhang auch nicht geprüft, hätte die FMA erkennen müssen, die FMA hat dennoch elf Monate lang nicht reagiert, gleichzeitig habe die FMA offenkundige Interessenkonflikte schlichtweg übergangen, der Interessenkonflikt wäre aber evident gewesen, die von der FMA ungeprüft gebliebenen Verflechtungen  – Es ist ja sinnlos.

Ich lese Ihnen nur einen Absatz vor, der klar in der Urteilsbegründung enthalten ist: Die FMA habe daher durch die rechtswidrige und schuldhafte Unterlassung der erforder­lichen Aufsichts-, Prüf- und Kontrollmaßnahmen im Sinne des WAG jedenfalls den bei den Klägern eingetretenen Schaden in Gestalt eines Investitionsausfalls zu verant­worten. Die beklagte Partei habe als Rechtsträger für dieses Fehlverhalten einzu­stehen. – Wieso tun Sie so, als ginge dieses Urteil die FMA überhaupt nichts an? Wer da nicht lesen kann, erklärt sich wohl von selbst, wenn man sich das anschaut. (Beifall bei SPÖ und Grünen. – Abg. Dr. Stummvoll: Haben Sie eine Rede auch?) – Ent­schuldigung, natürlich habe ich eine Rede. Meine Rede wird jetzt sehr kurz und prägnant sein.

Ich glaube, ich habe zur Frage der Finanzmarktaufsicht schon oft genug Stellung genommen. Die Lösung besteht darin, dass wir dort bei der Frage der Analyse, der Prüfung vor Ort et cetera Profis heranlassen, nämlich die Oesterreichische National­bank. Sie ist goldrichtig. Das Bescheidschreiben soll nach wie vor in der FMA erfolgen.

Es ist ganz wesentlich, dass die beiden Behörden nicht nur miteinander kooperieren –ja, auch das ist wichtig –, sondern dass wir – die Politik, die Regierung – Menschen an die Spitze dieser Institutionen setzen, die eine Ahnung vom Geschäft haben. Wir haben nämlich erlebt, dass in der Finanzmarktaufsicht diese Entscheidungen, die in der Schüssel-Grasser-Zeit gefallen sind, den Anforderungen nicht entsprochen haben. Dort sind nämlich nicht Menschen gesessen, die eine Ahnung von ihrem Geschäft hatten – in der OeNB sehr wohl, in der FMA gar nicht. Es sind hier nicht nur die Strukturen, sondern auch die Personalentscheidungen sehr wichtig. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.47


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Bucher. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

 


14.47.28

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich würde mich nur wiederholen, wenn ich bemerke, dass die Stabilität wie­derhergestellt ist. – Ich meine den Dauerstreit der SPÖ gegen die ÖVP, der ÖVP gegen die SPÖ, so geht es den ganzen lieben Tag dahin, im Ausschuss und hier im Plenum. (Abg. Mag. Trunk: Und wo steht Bucher, immer noch in der alten Regierung? Jetzt bin ich gespannt!) Es ist ja abenteuerlich.

Aber die Stabilität hat ihren Dienst erfüllt. Die Roten bekommen ihre Notenbank, die Schwarzen bekommen die FMA und können dort schalten und walten, wie sie wollen, nur geht das insgesamt natürlich an der Erkenntnis des Banken-Untersuchungs­aus­schusses vorbei. Wir haben ja über acht Monate lang aus unseren Fragestellungen


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und Erkenntnissen im Rahmen dieses Ausschusses feststellen können, dass eine Allfinanzmarktaufsicht das idealste Instrument wäre, um sicherzustellen, dass diese komplizierten Finanzkonglomerate zukünftig einer optimalen Kontrolle unterzogen werden.

Ich glaube, es wurden uns viele Beispiele geliefert, die diese Maßnahmen unterstützen würden. Deshalb werden wir das auch nicht mittragen können. Wir stehen dazu, wir hätten das gerne so gelöst, wie es Kollege Rossmann in seinem Entschließungsantrag formuliert hat. Das ist ja keine Neuheit, wir haben das ja in unseren Ausschuss­fest­stellungen so deklariert und festgeschrieben. Wir wollen alles unter dem Dach der Notenbank verwaltet wissen, nämlich die gesamte Finanzmarktaufsicht.

Lassen Sie mich aber noch zu einem zweiten Teil kommen, der in § 25 Abs. 13 des BWG festgehalten ist, nämlich zur Liquiditätsreserve. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von FPÖ und SPÖ.) Da geht es darum, dass die Liquiditätsreserven der Primärbanken geregelt werden sollen.

Ich habe durchaus mit Erstaunen feststellen müssen, dass sich vor allem die Raiffeisenbanken-Chefs dagegen wehren, dass Primärbanken die Wahlfreiheit bekom­men, ihre Liquiditätsreserven selbst auf dem internationalen Kapitalmarkt zu veran­lagen, und nicht dem Zwang ausgesetzt sind, 14 Prozent ihrer Liquiditätsreserven ver­pflichtend bei der Landesbank zu veranlagen.

Das entspricht überhaupt nicht dem Liberalitätsgedanken und vor allem auch nicht dem europäischen Grundsatz des freien Kapitalverkehrs. Was haben wir alle uns nicht auf die Schulter geklopft, wie toll das ist: freier Kapitalverkehr kreuz und quer durch ganz Europa. Jede Bank kann ihre Krediteinlagen im Interesse der Anleger bestmöglich verzinsen. Eine tolle Sache! – Damit untergraben Sie diese Zielsetzung und werden dem nicht gerecht, was Sie ihren Anlegern versprechen.

Wir sind gegen diese Maßnahme und dafür, dass die Liberalität auch hier Einzug hält. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

14.50


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Von der Regierungsbank aus hat sich Herr Staatssekretär Dr. Matznetter zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Staatssekretär.

 


14.50.42

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Christoph Matznetter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieses Kapitel ist eines, das sehr viel Arbeitszeit ausgelöst hat für eine Vielzahl der Damen und Herren, die oft bis in die Nacht hinein jene Arbeit machen, die von Wählerinnen und Wählern oft nicht gesehen wird, nämlich die invisible work des Parlaments, das ja neben der Gesetzgebung auch eine aufklärerische Funktion und eine Kontrollfunktion hat.

Dieser Aufgabe hat sich der Nationalrat mit sehr großer Intensität gewidmet. Ich erin­nere an die Diskussion im Juli, ob man den Untersuchungsausschuss beendet oder fortsetzt. Ich habe damals von dieser Stelle aus gesagt, dass ich die investigative Lust, in den Ermittlungen weiter zu gehen, weitere Aspekte aufzuklären, verstehe und fast nachvollziehen kann. Es zeigt das Engagement der Abgeordneten. Aber ich habe gleichzeitig gesagt: Wenn man diese Vorfälle, so wie sie im Ausschuss sichtbar geworden sind, erkennt, wenn man einen Rechnungshofbericht hat, der eine so klare Sprache spricht, dann muss sofort gehandelt werden.

Damals gab es hier Zweifel – offen ausgedrückt –: Wird diese Regierung überhaupt eine substanzielle Reform zustande bringen? – Heute liegt diese substanzielle Reform auf dem Tisch dieses Hauses. (Beifall des Abg. Dr. Stummvoll. – Abg. Dr. Graf: Was ist da substanziell, bitte?) – Ich komme gleich dazu, Herr Kollege Graf.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 130

Ich habe im Ausschuss offen zugegeben, dass ich selbst noch in der Zeit, in der ich dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss angehört habe, sehr stark von der –heute sage ich – Fiktion getrieben war: Das Allerbeste ist, wenn alles in einem Haus ist.

Jener Rechnungshofbericht, der zum gleichen Schluss kommt – entweder alles Nationalbank oder alles FMA –, hat mich aber bereits bei der Beschreibung der Problematik, der Schnittstelle und der Doppelgleisigkeiten, nachdenklich gemacht.

Endgültig davon überzeugt, dass das nicht die richtige Lösung ist, hat mich die Kapitalmarktkrise des Sommers. Die unangenehmste Situation gab es in Europa in Großbritannien. Dort gibt es eine Allfinanzaufsicht – FSA –, die nicht bereit war zu erkennen, dass, wenn es kritisch ist für einzelne Institute, sofort Maßnahmen gesetzt werden müssen. Gleichzeitig gibt es eine völlig abgekoppelte Notenbank, die erst mühsam dazu gebracht werden musste, dem Bankinstitut Northern Rocks jene Hilfe angedeihen zu lassen, die notwendig ist, weil andernfalls der Schaden für die gesamte Volkswirtschaft zu groß wäre.

Im Rest der Welt, insbesondere im Bereich der Europäischen Zentralbank, wozu auch die Oesterreichische Nationalbank gehört, hat dies, genauso wie in den USA, sehr gut funktioniert. Diese Zusammenarbeit der betroffenen Institutionen ist gerade im Krisen­fall notwendig. Sie soll auch bei der Aufsicht die notwendige Stärke liefern.

Ich komme zur weiteren Überzeugung in der Frage: Wie stelle ich sicher, dass nicht der Prüfer der Notenbank – über die vorher schon die Kolleginnen und Kollegen richtig gesagt haben, dass sie nicht die mit der meisten Erfahrung sind – seine Zusam­menfassung schreibt, sie bei der FMA abgibt, und wenn man nachher fragt: Freunde, wie war denn das ein Jahr später? Wolltet ihr nicht eine Follow-up-Prüfung machen? Hätten wir nicht ausweiten müssen?, gesagt wird: Wir haben keinen Prüfungsauftrag gehabt! Dafür sind wir nicht zuständig! Wir prüfen nur auf Auftrag!

Der Nächste hat gesagt: Die FMA ist schuld, wo waren deren Prüfer? – Dann sind die Truppen gemeinsam dorthin marschiert, sind gemeinsam dort gewesen, aber beim Managementgespräch war wieder nur der andere dort.

Diese Doppelgleisigkeit beseitigen kann man, indem man alles in eine Behörde gibt oder indem man sehr klar die Verantwortlichkeiten feststellt. Genau das haben wir gemacht. Die gesamte laufende Banküberwachung, bestehend aus allen Prüfungs­hand­lungen, jährliche Prüfung, Follow-up-Prüfung, Geldwäschereiprüfung, System­prüfung, was das Risiko betrifft, der gesamte Prüfungsapparat wird ausschließlich und eindeutig bei der Oesterreichischen Nationalbank angesiedelt.

Punkt zwei: Die Nationalbank kann selbständig prüfen.

Punkt drei: der gesamte restliche Teil der laufenden Banküberwachung, bestehend aus dem laufenden Screening und der Analyse aller einzelnen Institute – das ist nichts anderes als in Wirklichkeit den Datenbestand parallel zu führen, jeden Vorgang, jede Meldung, die es gibt, jede Quartalsbilanz, jeden einzelnen Monatsbericht, ein Gesamt­screening vorzunehmen mit einer laufenden Bewertung, ob das Risiko für das Institut besteht, dass es nicht zahlen kann, dass es zu einer schwierigen Situation kommt, dass eine Verfehlung vorliegt.

Dann besteht eine gesetzliche Verpflichtung der Oesterreichischen Nationalbank, diese Meldung an die FMA zu machen. Das Ganze spielt sich in einer dokumentierten Schnittstelle ab, wo eines sicher ist: Jeder muss handeln. Niemand kann sagen: Dafür war ich nicht zuständig. Es ist aber klar getrennt zwischen dem, der untersucht, und dem, der am Ende entscheidet, was zu geschehen hat.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 131

Ich halte es aus rechtspolitischen Gründen auch für besser, wenn es kein inquisito­risches Prinzip gibt, dass einer ermittelt, einer den Staatsanwalt spielt und dann auch noch der Richter ist.

Es macht die Urteile und die Erkenntnisse der FMA mit Sicherheit auch schlagkräftiger. Denn wenn ich mich auf die Erkenntnisse eines Dritten beziehe und sage: Ich habe es jetzt geprüft, und ich bin der Meinung, hier liegt eine Verfehlung vor, dann wird dies in stärkerem Ausmaß wirken. (Abg. Dr. Graf: Aber das muss dann für den ganzen Verwaltungsbereich gelten!)

Ich halte diese Lösung daher für gut und darf an dieser Stelle auf die Frage, ob die Nationalbank rot, schwarz, grün oder sonst wie ist, festhalten: Die Farbe der National­bank ist weder rot noch schwarz, im Schriftzug ist sie ein bisschen so wie die BAWAG-Farbe früher war – das soll aber nichts Negatives sein, wir haben ja auch eine neue BAWAG.

Aber ganz ehrlich, meine Damen und Herren, vom Gouverneur abwärts, von der Zusammensetzung des Generalrats, von den Eigentümern, die dort sind – also ich kenne welche in der SPÖ, die würden sich wünschen, in viel stärkerem Ausmaß dort Freunde vorzufinden.

In diesem Sinne weise ich das zurück. Umgekehrt weiß ich nicht, was bei der FMA schwarz ist. Ich glaube, sie hat einen grauen Schriftzug auf dem Briefpapier. Mir ist das wurscht, Hauptsache, sie funktioniert in Zukunft, und das stellen wir mit dieser Rege­lung her. (Beifall bei der SPÖ.)

14.58


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Meine Damen und Herren! Wünscht Herr Abgeordneter Auer, der der nächste Redner wäre, jetzt zu sprechen? – Das ist nicht der Fall.

Dann unterbreche ich die Sitzung bis 15 Uhr, bis zum Aufruf der Dringlichen Anfrage.

Die Sitzung ist unterbrochen.

*****

14.58.24(Die Sitzung wird um 14.58 Uhr unterbrochen und um 15.01 Uhr wieder aufge­nommen.)

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer (den Vorsitz übernehmend): Meine Damen und Herren, ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Bevor wir zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage gelangen, möchte ich noch eine Erklärung abgeben.

Eine Reihe von Abgeordneten hat mich heute im Laufe der Sitzung empört auf die gestrigen Ausführungen des Herrn Abgeordneten Klement in der Debatte zum Dringlichen Antrag angesprochen. Ich habe mir daraufhin das Protokoll dieser Rede kommen lassen. Neben den äußerst fragwürdigen Zitaten aus der Pseudowissenschaft haben Sie, Herr Abgeordneter Klement, auch folgenden Satz gesagt: „Wer also für gleichgeschlechtliche Ehe und das Adoptionsrecht für homosexuelle Paare eintritt, macht sich indirekt des Kindesmissbrauchs schuldig.“

Aufgrund der Geschäftsordnung ist mir die Erteilung eines Ordnungsrufes an dieser Stelle nicht mehr möglich. Ich möchte Ihnen aber im Hinblick auf § 102 der Ge­schäfts-


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ordnung, was die Verletzung des Anstands oder der Würde des Nationalrates betrifft, aber auch beleidigende Äußerungen, eine Ermahnung erteilen, derartige Aussagen in Zukunft zu unterlassen. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

Zur Geschäftsordnung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Graf zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


15.03.19

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Wir nehmen das im Namen der freiheitlichen Fraktion so zur Kenntnis, sagen aber dazu – ein Antrag wird gleich gestellt –, dass im Umfeld der Zwischenrufe, insbesondere von Frau Kollegin Rudas, die offensichtlich nicht in die Betrachtungsweise einbezogen wurden, Kollege Klement permanent unflätig an seinem Rederecht gehindert und dann durcheinander gebracht wurde.

Ich beantrage, die gleiche Entscheidung auch in Richtung der Frau Kollegin Rudas zu treffen. (Beifall bei der FPÖ.)

15.03


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Graf, lesen Sie die gesamte Rede nach, Sie werden eine derart unflätige Bezeichnung nicht finden.

Herr Klubobmann Dr. Cap hat sich zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Das geht nicht! Das ist alles geschäftsordnungswidrig, was Sie hier machen! Spätestens um 15 Uhr muss die Dringliche Anfrage beginnen!)

 


15.04.12

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ich habe jetzt das Wort erteilt bekommen, und ich möchte das Wort auch ergreifen. Ich möchte dazu noch etwas hinzufügen.

Wenn hier steht: „Wer also für gleichgeschlechtliche Ehe und das Adoptionsrecht für homosexuelle Paare eintritt, macht sich indirekt des Kindesmissbrauchs schuldig.“, dann gilt auch der Vorwurf eines Straftatbestandes, und das ist absolut nicht akzep­tabel. Wir wissen, dass es bei uns eine Forderung ist, wir wissen, dass es bei der ÖVP und bei den Grünen eine Forderung ist, und das ist zugleich der Vorwurf, dass hier Fraktionen sitzen, die sich quasi bereit fänden, dass Straftatbestände erfüllt werden. Das ist nicht möglich.

Ich nehme es aber zur Kenntnis, wenn die FPÖ jetzt sagt, dass sie diese Abmahnung akzeptiert. Es wäre mir auch sehr recht, wenn Herr Abgeordneter Klement diese Äußerung zurückzieht, denn das ist wirklich nicht akzeptabel. Es ist ein ganz schwer­wiegender Vorwurf nicht nur gegen uns hier im Haus, sondern natürlich auch gegen viele, viele außerhalb dieses Hauses. – Danke für diese Abmahnung. (Beifall bei der SPÖ.)

15.05


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Öllinger hat sich zur Ge­schäfts­behandlung zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


15.05.18

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin! Ich möchte mich für Ihre Stellungnahme beziehungsweise für die Ermahnung aus­drücklich bedanken. (Abg. Ing. Westenthaler: Jetzt gibt es Dankeskundgebungen auch noch! Was ist das für eine Auslegung der Geschäftsordnung?) Ich ersuche ebenfalls Kollegen Klement beziehungsweise den Klubobmann der FPÖ, im Interesse seiner Person beziehungsweise des Klubs, an anderer Stelle diese Äußerungen


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zurückzunehmen, da sie eigentlich ungeheuerlich waren. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

15.05


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abge­ordneter Dr. Stummvoll zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


15.05.49

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin! Ich verstehe eigentlich die ganze Aufregung nicht. Ich glaube, eine Ermahnung ist bei solch einem Protokoll durchaus zulässig. Ich verstehe auch die Argumentation des Kollegen Graf, aber ich kann im Nachhinein einen Sachverhalt nur aufgrund des Protokolls beurteilen. Und das, Herr Dr. Graf, ist im Protokoll nicht ersichtlich. Es mag schon sein, dass das der Anlass war, aber letztlich kann man nur aufgrund des Protokolls eine Entscheidung treffen. – Ich halte die Ermahnung für durchaus gerechtfertigt. (Beifall bei der ÖVP.)

15.06

15.06.20Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler, Kollegin und Kollegen an die Bun­desministerin für Justiz betreffend Gewalt gegen Kinder – Stunde der Wahrheit für Berger (2597/J)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 2597/J.

Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Nach der Opfertabelle des Bundeskriminalamtes wurden im letzten Jahr mehr als 700 Verurteilungen von Straftaten an unter Zehnjährigen statistisch erfasst. Dabei waren allein knapp 200 Kinder unter sechs Jahren von Gewaltdelikten betroffen. In Wien gab es im selben Jahr genau 10.045 Meldungen über Kindesmisshandlungen an das Jugend­amt, in Oberösterreich gingen rund 5.000 Meldungen dieser Art bei den Behörden ein. Der größte Teil der Meldungen bezog sich auf Vernachlässigung und psychische Gewalt. Weiters leben nach Schätzungen österreichweit mindestens 8.000 verwahrloste Kinder.

Die insgesamt erschreckend hohe Anzahl von Vergehen und Verbrechen an Kindern muss dringender Auftrag an alle an der Verwaltung und Gesetzgebung Beteiligten sein, unsere Kinder besser zu schützen. Dies gilt erst recht, da Experten gerade bei kindlichen Opfern regelmäßig von einer erheblichen Dunkelziffer ausgehen. Auch der letzte Strafrechtsliberalisierer muss nun davon überzeugt sein, dass es dringlich und richtig ist, unsere Kinder umfassend zu schützen und Personen, die Straftaten an Kindern begehen, so lange wie möglich als Gefahrenquelle für weitere Kinderseelen von diesen fernzuhalten. Kinder sind unsere Zukunft!

Durch die mediale Berichterstattung in den vergangenen Tagen, Wochen und Monaten sind wieder schreckliche Gewaltverbrechen an Kindern und Kleinkindern einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden. Besonders der schockierende Fall des 17-monatigen Luca, der nach langem Martyrium qualvoll sterben musste, sowie der Vorfall in Wien, das so genannte Sex-Attentat am 13.09.2007 an einem sechsjährigen Mädchen auf der Toilette der Volksschule Kindermanngasse, und der fortgesetzte Missbrauch an mindestens sechs Mädchen durch einen 63-Jährigen in einem Vorarlberger Kinderdorf


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haben verdeutlicht, dass Kindern in unserer Gesellschaft ein zu geringer Wert beige­messen wird und sie zu wenig vor Rechtsbrechern geschützt werden. Gleichermaßen zeigt dies der Fall des Kinderschänders aus Innsbruck. Dieser hatte im vergangenen Jahr serienweise Mädchen sexuell missbraucht und war daraufhin lediglich zu zwei Jahren teilbedingter Haft verurteilt worden. Besondere Mahnung und Antrieb müssen die vier weiteren in der letzten Woche bekannt gewordenen Fälle von schwerer Kindes­misshandlung in Niederösterreich, Tirol und Vorarlberg sein.

Geradezu unerträglich ist die Tatsache, dass der schlimme Zustand des kleinen Luca den Behörden bekannt war - immer wieder wurde der Bub in Krankenhäuser in Tirol am Wohnort der Mutter und in Niederösterreich am Wohnort des Stiefvaters mit ge­brochenen Armen, Hämatomen am ganzen Körper und sichtbaren Narben eingeliefert. Obwohl die Krankenhäuser die Behörden über den Zustand des Kindes informiert hatten, sah man bei der zuständigen Bezirkshauptmannschaft in Schwaz offenbar keinen Grund, wirksame Maßnahmen zum Schutz des Kleinkindes einzuleiten.

Nach Aussage des Obmanns des Vereins Dialog für Kinder, Günther Tews, ist das Schicksal des Buben jedoch kein Einzelfall: Rund 90 Prozent der Fälle von Kindes­misshandlung mit letztlich tödlichem Ausgang waren dem Jugendamt vorher bekannt. Ein sträfliches Unterlassen, das ob seiner Verantwortungslosigkeit nicht zu begreifen ist.

Wenn nicht die eigenen Eltern für das Wohlergehen ihrer Kinder sorgen können, haben Kinder offenbar keine verlässlichen Vertreter ihrer Interessen. Dabei brauchen gerade Kinder Zu- und Fürsprache, erst recht, wenn die Eltern hierzu nicht in der Lage sind oder die Gefahr gar von diesen ausgeht. Darüber hinaus lässt die geschätzte Zahl von 8.000 verwahrlosten Kindern in Österreich größte Befürchtungen aufkommen - da stellt es sich als Skandal dar, dass das entsprechende Delikt vor Gericht kaum eine Rolle spielt: Lediglich 25 Verurteilungen wegen „Quälen oder Vernachlässigen unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen“ gab es laut gerichtlicher Kriminalstatistik im vorver­gangenen Jahr.

Allerdings kann die hohe Zahl von verwahrlosten Kindern, die niedrige Zahl der Verurteilungen und die erschreckend hohe Anzahl der Fälle, in denen die Behörden schlicht untätig bleiben, nicht besonders verwundern, da ein skandalöses Verhältnis von Personalressource und zugewiesenen Aufgaben in den Behörden der Jugend­wohlfahrt herrscht: Ein Sozialarbeiter hat zwischen 80 und 100 Kinder aus schwierigen Verhältnisses mit „Erziehungsmaßnahmen“ zu betreuen. Mehr als eine Alibifunktion kann mithin ob dieser Arbeitsbelastung schlicht nicht erfüllt werden. Hier muss eine massive Aufstockung des Personalbestandes erfolgen. Kinder müssen vom Staat geschützt werden!

All diese Geschehnisse haben zu Recht wegen der Abscheulichkeit der Taten, wegen der Untätigkeit der Behörden sowie wegen der viel zu geringen Strafdrohung und teilweise skandalös geringen Verurteilungen starke Empörung in der Bevölkerung und in den Medien ausgelöst. Erst letzte Woche wurde eine Frau, die ihr Kind nach der Geburt erstickt hat, nur zu einem Monat unbedingt und 17 Monaten bedingt verurteilt. Das AMS will diese Frau sogar als Kindergartenhelferin vermitteln!

Nichtsdestotrotz dürfen neben den Fällen in der Presse die alltäglichen kindlichen Opfer von Straftaten nicht vergessen werden. Gerade bei den weniger spektakulären Tatbegehungen an Kindern im Alltag herrscht generell ein geringes Problem­bewusst­sein. Damit geht die regelmäßig von Kriminalisten angeführte hohe Dunkelziffer einher. Das BZÖ kämpft nicht erst seit den aktuellen Vorfällen für die Rechte der Kinder und setzt sich für das Recht auf eine gewaltfreie Kindheit ein. Der Wert der Kinder für die


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Gesellschaft muss sich umfassend im Strafrecht widerspiegeln - nicht nur bei Gewalt gegenüber Kindern! Denn Kinder werden nicht nur Opfer von abscheulichen Gewalt- oder Sexualdelikten, sie werden auch Opfer ganz „alltäglicher“ Delikte wie Diebstahl, Raub oder Nötigung. In jedem Fall werden sie aber lebenslang traumatisiert. Deshalb muss – wie nach dem BZÖ-Initiativantrag 413/A – eine Strafrahmenverdopplung bei einer Tatbegehung an Kindern erfolgen!

Insgesamt muss eine wirksame Kontrolle zum Schutz der Kinder sichergestellt sein. Da Jugendschutz weitgehend Ländersache ist, gibt es österreichweit keine einheitliche Vorgangsweise bei einer Meldung an das Jugendamt. Wiens Kinderanwältin Monika Pinterits fordert im Kampf gegen Gewalt an Kindern daher zu recht eigene Kin­derschutz-Teams in Spitälern und eine bessere bundesweite Vernetzung aller Jugend­ämter. Gewalttätige Eltern wechseln erfahrungsgemäß oft Wohnsitz und Hausarzt, damit Gewaltexzesse nicht entdeckt werden. Außerdem bleibt Gewalt gegen Kinder in der Familie bis zum 6. Lebensjahr, also dem Beginn der Schulpflicht, oft unentdeckt. Weiters darf die Verjährung von Straftaten an Kindern erst mit deren Volljährigkeit beginnen, da diese frei sein müssen in der Entscheidung eine Strafverfolgung zu verlangen und nicht mit einer Verjährung der Delikte konfrontiert sein dürfen. Dies belegt der Fall der 54-jährigen Tirolerin, die am 14. Juni 2007 festgenommen wurde, nachdem Anfang Juni im Kellerabteil eines Innsbrucker Mehrparteienhauses drei Baby­leichen entdeckt worden waren. Zwar steht für die Staatsanwaltschaft Innsbruck fest, dass die Frau strafrechtlich relevante Schuld auf sich geladen hat und dies auch nicht leugnet. Dennoch kann sie dafür wegen der viel zu kurzen Verjährungsfrist des § 79 StGB nicht mehr belangt werden. Dem kann mit einer bundesweiten Erfassung von Meldungen, die Kinder betreffen, mit einer Anzeigepflicht, einer Verjährungshemmung und mit einer Untersuchungspflicht für Kinder entgegengewirkt werden.

Die Bundesregierung zeichnet sich jedoch trotz des dringenden Handlungsbedarfs durch Nichtstun aus. Lediglich die Bundesministerin für Justiz erklärte sich kurz und vernehmbar in der Kronenzeitung und gestern im Hohen Haus – leider zu wenig konsequent und zu allgemein. Ihre Kabinettskollegen scheinen sich erst gar nicht in ihrem Winterschlaf stören zu lassen – die große Novelle zur Jugendwohlfahrt der Bun­des­regierung lässt wie die Vereinheitlichung des Jugendschutzes auf Bundesebene weiter auf sich warten!

Daneben besteht Handlungs- und Verbesserungsbedarf vor allem bei folgenden Punkten:

Die Gewaltprävention muss zumindest bei bekannten Problemfällen schon vor der Geburt eines Kindes durch Stärkung der Erziehungs- und Konfliktlösungsfähigkeit der Eltern einsetzen.

Den Eltern muss die Wahrnehmung ihrer Pflichten konkret abverlangt werden können.

Eltern müssen aber bei Erziehungsnotstand auch durch eine intensive Betreuung durch Erziehungsfachleute besser bei der Erfüllung ihrer Aufgabe unterstützt werden.

Die Lebenssituation durch Gewalt erheblich gefährdeter Kinder muss durch eine Intensivbetreuung oder die Herausnahme aus der Familie so nachhaltig verbessert werden, dass eine weitere Gefährdung ausgeschlossen werden kann.

Wegen des skandalösen Zustandes des Kinderschutzes in Österreich und der schlicht unbegreiflichen Untätigkeit der Bundesregierung richten die unterzeichnenden Abge­ord­neten an die Frau Bundesministerin für Justiz nachstehende


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Anfrage:

1. Frau Ministerin, sind Kinder in Österreich ausreichend vor Vernachlässigung und Straftaten geschützt?

a) Wenn ja, wie erklären Sie dann das Schicksal des kleinen Luca?

b) Wenn nein, was werden Sie – abgesehen von den gestrigen äußerst allgemein und vage gehaltenen Ausführungen – konkret tun, um Kinder besser zu schützen? Bitte nennen Sie die konkret geplanten Maßnahmen, aber vor allem den geplanten Zeitraum des Inkrafttretens.

2. Wie beurteilen Sie als Mitglied des Kollegialorgans Bundesregierung das offen­sichtliche Behördenversagen im Fall des kleinen Luca in Österreich und in den 90 Prozent der Misshandlungsfälle mit tödlichem Ausgang, die den Behörden schon vorher bekannt waren?

3. Unterstützen Sie die zwingende Strafrahmenerhöhung bei Tatbegehung an Kindern nach dem BZÖ-Initiativantrag 413/A?

a) Wenn ja, wieso haben Sie diese Zustimmung in den Ausschussberatungen am 30.10.2007 nicht geäußert?

b) Wenn nein, wie rechtfertigen Sie dann den offensichtlichen Widerspruch zu Ihren Erklärungen in der Kronenzeitung vom 26.11.2007 und vor dem Hohen Haus am gestrigen Tag, Sie wollten härtere Strafen für Kinderquäler?

4. Wie sollen Straftaten an Kindern aufgeklärt werden, wenn die für den Jugendschutz zuständige Behörde offensichtliche Anhaltspunkte einer Straftat ignoriert?

5. Sind strafrechtliche Ermittlungen gegen die Beamten der Bezirkshauptmannschaft in Schwaz aufgenommen (wegen Amtsmissbrauchs durch Unterlassen o.ä.) worden?

a) Wenn ja, wie ist der Stand der Ermittlungen?

b) Wenn nein, werden strafrechtliche Ermittlungen gegen die Beamten der Bezirks­hauptmannschaft in Schwaz eingeleitet werden?

6. Wenn vorstehende Frage verneint wird, ist nach Ihrer dienstlichen Beurteilung ein Beamter der Jugendwohlfahrt nicht verantwortlich für das Wohlergehen eines Kindes, von dessen Schicksal er Kenntnis erlangt hat?

7. Wo liegt nach Ihrer dienstlichen Beurteilung die Schwelle zur Strafbarkeit bei Beam­ten, wenn diese notwendige Maßnahmen zum Schutz der Kinder unterlassen? Bitte nennen Sie ein Beispiel dafür, was dem Kind geschehen muss, damit sich ein Beamter der Jugendwohlfahrt bei Kenntnis des Sachverhalts strafbar macht.

8. Frau Ministerin, gestern haben Sie eine „einheitliche und strikte Anzeigepflicht" für alle jene Stellen, die mit Kindern arbeiten, angekündigt. Eine Arbeitsgruppe Ihres Ministeriums würde sich das derzeit anschauen. Wie ist der Sachstand der Arbeits­gruppe? Mit welchen ministeriellen Vorgaben wurde die Arbeitsgruppe beauftragt? Welches inhaltliche Ziel wurde dieser Arbeitsgruppe gesetzt? Werden Sie eine straf­bewährte allgemeine Anzeigepflicht für jedermann bei Kindesmisshandlung umsetzen?

a) Wenn nein, warum nicht? Ist es nicht das Gegenteil von „strikt“, keine allgemeine Anzeigepflicht für jedermann bei Verdacht einer Tatbegehung an Kindern sondern nur eine besondere Anzeigepflicht für bestimmte Stellen einzuführen?

b) Wenn ja, wann konkret?

9. Werden Sie sich im Ministerrat für eine Vereinheitlichung des Jugendschutzes auf Bundesebene einsetzen?


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a) Wenn nein, warum nicht?

b) Wenn ja, welche Vorschläge werden Sie im Ministerrat konkret machen?

10. Sollte es sich bewahrheiten, dass der Stiefvater des kleinen Luca für dessen Tod verantwortlich ist, wie rechtfertigen Sie es als für den Strafvollzug zuständige Ministerin dem leiblichen Vater des Buben und der Bevölkerung Österreichs gegenüber, dass der Stiefvater bei einer entsprechenden Verurteilung in den Genuss einer vorzeitigen Entlassung nach Ihrem Haftentlassungspaket kommen kann, obwohl er sich an dem wehrlosesten aller Opfer in der schändlichsten nur vorstellbaren Art und Weise vergangen hat?

11. Sollte sich der Tathergang nicht bewahrheiten, wie rechtfertigen Sie es der öster­reichischen Bevölkerung gegenüber, wenn künftig ein Täter bei entsprechend unter­stelltem Tathergang in den Genuss der vorzeitigen Entlassung nach Ihrem Haft­entlas­tungspaket kommen kann?

12. Wie viele Rechtsbrecher wurden seit dem 11.01.2007 insgesamt aus der Haft entlassen?

13. Wie viele Rechtsbrecher wurden seit dem 11.01.2007 bedingt aus der Haft entlassen?

14. Sehr geehrte Frau Ministerin, in der Anfragebeantwortung vom 17.10.2007 konnten Sie die Frage nach der Anzahl der im Jahr 2007 bedingt entlassenen Sexualstraftäter nicht mitteilen, haben aber angekündigt, dieser Fakten nachzureichen, was bis heute nicht geschehen ist. Nach nunmehr genau sieben Wochen daher nochmals die Frage: Wie viele Sexualstraftäter wurden 2007 bisher bedingt entlassen und gefährden derzeit unsere Kinder?

15. Wie viele vorzeitige Entlassungen - aufgegliedert nach den einzelnen Delikts­gruppen - erfolgten seit Beginn des Jahres 2007?

16. Wie viele Sexualstraftäter und Rechtsbrecher, die Gewalttaten an Kindern began­gen haben, werden aufgrund des Haftentlastungspaketes 2008 voraussichtlich vor­zeitig entlassen?

17. Weshalb halten Sie trotz der deutlich höheren Rückfallsquote eine bedingte Entlassung für Sexualstraftäter grundsätzlich für vertretbar?

18. Wie viele Freigänger im Durchschnitt, wie viele Freigänge insgesamt und wie viele Freigänge pro Tag gab es seit dem 11.01.2007?

19. Abgesehen von der vorzeitigen Haftentlassung von Ausländern: Wieso sehen Sie bei bedingten Entlassungen keine Differenzierung nach der Natur des Delikts vor?

20. Wieso sollen insbesondere auch Sexualstraftäter in den Genuss der erleichterten bedingten Entlassung kommen?

21. Frau Ministerin, sind Sie stolz auf Ihr Haftentlastungspaket?

22. Werden Sie – wie vom Innenminister gefordert – in Zusammenarbeit mit selbigem auch eine Gefährdungseinschätzung von allen Sexualstraftätern in einer Sexual­straftäterdatei aufnehmen?

a) Wenn nein, warum nicht?


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b) Wenn ja, wer wird Zugriff auf diese Datei erhalten und treten Sie dafür ein, diese Datei auch öffentlich zugänglich machen? Wenn nein, warum nicht?

23. Wann werden Sie einen Gesetzesentwurf zur Verschärfung der Strafdrohung für lang andauernde Freiheitsentziehung und Gewalt (Fall Kampusch) vorlegen?

24. Frau Ministerin, gestern verlautbarten Sie, Sie wollen einen eigenen Straftat­bestand für lang andauernde Gewaltbeziehungen schaffen. Wie wird diese Norm konkret ausgestaltet und wann soll sie in Kraft treten?

25. Weiters führten Sie aus, § 92 StGB sei dringend zu ändern. Eine Änderung des § 92 StGB wurde schon im Oktober vom BZÖ als Initiativantrag in das Plenum einge­bracht und wurde im Justizausschuss behandelt. Weshalb verschließen Sie sich den Änderungsvorschlägen nach dem Antrag 413/A? Was wollen Sie an § 92 StGB konkret ändern und worin unterscheiden sich Ihre Änderungen von den Änderungen des Initiativantrages 413/A in diesem Punkt?

26. Warum erscheint Ihnen z.B. für das gewaltsame und qualvolle Sterben eines Mädchens eine maximale Strafdrohung von zehn Jahren Freiheitsstrafe wie nach § 92 StGB angemessen?

27. Wie erklären Sie die Tatsache, dass es im Jahr 2005 österreichweit nur 25 Verur­teilungen wegen Quälens und Vernachlässigens unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen gab, obwohl laut Schätzung mindestens 8.000 Kinder in Österreich massiv von Verwahrlosung betroffen sind?

28. Werden Sie die BZÖ-Forderung auf ausschließlich lebenslange Freiheitsstrafen bei schweren Straftaten wie Vergewaltigung oder sexuellem Missbrauch von Unmündigen mit Todesfolge unterstützen?

29. Ist es nach Ihrer dienstlichen Beurteilung gerechtfertigt, dass ein Straftäter, der ein Mädchen sexuell missbraucht, dessen Tod verursacht und damit auf der tiefsten Stufe des Unrechts steht, nicht ausschließlich mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft wird?

a) Wenn nein, warum schlagen Sie keine entsprechende Gesetzesänderung vor?

b) Wenn ja, welche Tat rechtfertigt dann nach Ihren Vorstellungen eine lebenslange Verurteilung? Nennen Sie bitte ein Beispiel.

30. Unterstützen Sie die Mindeststrafe von 10 Jahren für Sexualstraftäter nach dem BZÖ-Initiativantrag 413/A? Wenn nein, warum nicht?

31. Wann werden Sie einen Gesetzesentwurf vorlegen, der – wie von allen Parteien im Justizausschuss am 20.09.2007 gefordert, SPÖ und Grüne ausdrücklich einge­schlos­sen - die eklatanten Ungleichgewichte bei den Strafen für Eigentumsdelikte im Ver­gleich zu Delikten gegen Leib und Leben oder gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung beseitigt und was werden Sie konkret vorschlagen?

32. Ist Ihnen bekannt, dass laut einer Studie des renommierten IMAS-Institutes vom Mai dieses Jahres zwei Drittel der Bevölkerung ganz vordringlich bei sexuellem Missbrauch von Kindern, Drogenhandel und Gewalt in der Familie strengere Strafen fordern? Werden Sie diesen Wunsch der Bevölkerung in bester Brodascher Manier weiter ignorieren?

33. Unterstützen Sie den Beschluss des Schweizer Nationalrats, dem Volkswillen in der Frage einer lebenslangen Verwahrung von extrem gefährlichen, nicht therapier­baren Gewalt- und Sexualtätern ohne Haftprüfung zu folgen?


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34. Wenn nein, warum lehnen Sie diese vom Schweizer Volk verlangte Änderung, die höchstwahrscheinlich auch der Meinung einer Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher entspricht, ab?

35. Der Opferhilfe ist im geltenden Regierungsprogramm ein eigenes Kapitel gewid­met; haben Sie Verständnis dafür, dass Opfer von Straftaten, die mit ansehen müssen, wie ihre Peiniger aufgrund Ihres Haftentlastungspaketes vorzeitig entlassen werden den Glauben an den Rechtsstaat verlieren? Wenn nein, warum nicht?

36. In der Anfragebeantwortung vom 17.10.2007 führten Sie aus, dass eine Sexual­straftat für die betroffene Familie „nicht lustig“ ist. Abgesehen von der merkwürdigen semantischen Beurteilung einer Tragödie, wie wollen Sie die Anzeigebereitschaft der Opfer steigern, wenn die Opfer wissen, dass ihr Peiniger mit höchster Wahrschein­lichkeit nicht seine gesamte Strafe verbüßen muss?

37. Ebenso führten Sie am 17.10.2007 aus, dass die Mittel zur psychosozialen Prozessbegleitung für das Jahr 2008 erhöht werden. Wieso gehen Sie nicht von dem hinlänglich bekannten und bewährten Ansatz „Vorsorge ist besser als Nachsorge“ – also Verhinderung der Straftat vor späterer Schadensbegrenzung – aus?

38. Frau Ministerin, gestern erklärten Sie, dass das Berufsverbot für Sexualstraftäter einer umfangreichen Prüfung unterzogen würde, obwohl auch Sie dem Parlament gegenüber seit Monaten bei der Umsetzung der Entschließung 19/E säumig sind. Weiters kündigten Sie konkrete Vorschläge an. Wie sehen die Vorschläge konkret aus und warum wurden sie noch nicht - knapp vier Monate nach Ablauf der vom Nationalrat gesetzten Frist - vorgestellt?

39. Frau Ministerin, in der Anfragebeantwortung am 17.10.2007 wurden Sie vom BZÖ mehrfach auf die Gefährdung von Kindern in Österreich hingewiesen. Noch vor sieben Wochen sahen Sie keinen Handlungsbedarf. Jetzt äußerten Sie sich kurz in der Kronenzeitung und gestern im Parlament. Warum musste der kleine Luca erst sterben, damit Sie dieses Thema beachten?

40. Befürworten Sie eine vierteljährliche, verpflichtende ärztliche Untersuchung jedes Kindes? Wenn nein, warum nicht?

41. Gestern führten Sie aus, Sie wollten keine Änderung des ABGB bezüglich der elterlichen Obsorge vornehmen, da sich die Eltern ohnehin in der Hälfte der Fälle auf eine gemeinsame Obsorge einigen. Was ist mit der anderen Hälfte der Fälle, in denen es die Eltern nicht schaffen sich freiwillig und einvernehmlich zu einigen? Sehen Sie gerade in diesen Fällen ob des Mangels der Fähigkeit zur Einigung nicht erst recht ein Bedürfnis zur gemeinsamen Obsorge als gesetzlichen Regelfall?

a) Wenn nein, warum nicht?

b) Wenn ja, wieso setzen Sie dies nicht gesetzlich um?

42. Frau Ministerin, wie stehen Sie zu dem Vorschlag, verpflichtend einen Beistand für Kinder in jedem Fall einer Missbrauchsmeldung zu installieren?

43. Sind nach Ihrer dienstlichen Beurteilung – immerhin geht es auch um strafrechtlich relevantes Verhalten – lapidare Erklärungen wie die Ihrer Kollegin Kdolsky am runden Tisch des ORF, die Ärzte hätten ihre Meldepflicht erfüllt, die Behörden gehandelt, zielführend in Bezug auf mehr Kinderschutz oder sind diese Ausdruck eines Desinter­esses am Schicksal hilfloser Kinder?


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44. Ist es nach Ihrer dienstlichen Beurteilung als Mitglied des Kollegialorgans Bundes­regierung zu verantworten, nach dem tragischen Tod des kleinen Luca dessen vier­jährigen Bruder bei der Mutter zu belassen?

45. Werden Sie künftig zumindest wichtige Tischvorlagen zum Ministerrat vor Be­schluss­fassung lesen?

In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage gemäß § 93 Abs. 2 GOG-NR dringlich zu behandeln.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Klubobmann Ing. Westenthaler als erstem Fragesteller zur Begründung der Anfrage, die gemäß § 93 Abs. 5 der Geschäftsordnung 20 Minuten nicht überschreiten darf, das Wort. – Bitte.

 


15.06.46

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich würde Sie ersuchen, Frau Präsidentin, künftig keine Ge­schäfts­ordnungsdebatten – bei aller Widerwärtigkeit und bei all der Ablehnung, die auch von uns bei dieser Aussage natürlich inhaltsmäßig gegeben ist – um 15 Uhr, also am Beginn einer Dringlichen Anfrage zu führen, da eine Dringliche Anfrage laut Ge­schäftsordnung bis spätestens 15 Uhr aufgerufen werden muss. Das erachte ich als deplatziert und nicht korrekt! Gestatten Sie mir diese Kritik, Frau Präsidentin. (Beifall beim BZÖ.)

Aber jetzt zu den Kollegen von der FPÖ, die gestern und heute schlechte Tage haben. Heute bereits diese Larmoyanz und Jammerei über die Nicht-Berichterstattung ihres gestrigen Dringlichen Antrages, dann kommt Herr Vilimsky raus, macht noch eine Aussendung mit irgendwelchen Dingen, mit Stimmen, die er hört, und dann sind sie nicht hier – weder Vilimsky noch Strache ist hier –, regen sich dann aber auf, wenn über sie nicht berichtet wird.

Gestern brachte die FPÖ einen Dringlichen Antrag ein, zu einem ach so dringlichen und wichtigen Thema – und das ist es bei Gott! –, und dann war derjenige, der ihn eingebracht hat, nämlich Klubobmann Strache, bei den entscheidenden Abstimmungen nicht einmal im Haus. Das ist Ignoranz und schadet dem Thema Kindesmissbrauch, das sage ich Ihnen ganz deutlich. (Beifall beim BZÖ.)

Den zweiten Teil Ihrer Kritik teile ich, jawohl. Es kann nicht genug über dieses Thema berichtet werden. (Abg. Dr. Bösch: Das ist doch peinlich! – Abg. Lutz Weinzinger: Lächerlich! Eine Lächerlichkeit ist das!)

Wenn ich heute eine APA-Aussendung lese von einem Redakteur der Austria Presse Agentur – übrigens im selben Jargon wie Herr Vilimsky –, der sagt: Heute versucht das BZÖ dieses Thema aufzukochen!, dann ist das schon ein starkes Stück. Und wenn manche Abgeordnete jammern, weil wir schon wieder einmal eine Dringliche Anfrage wegen des Themas Kindesmissbrauch im Parlament behandeln, dann ist das auch ein starkes Stück.

Wir haben einen anderen Zugang, werte Kolleginnen und Kollegen, auch an so man­chen Journalisten gerichtet: Wir sagen klipp und klar: Solange es in diesem Land Gewalt gegen Kinder, Kindesmissbrauch, Kindesmisshandlungen (Abg. Lutz Weinzin­ger: Kommen Sie zum Thema! Das haben wir alles gestern abgehandelt!), Sexual­straftäter gibt, und das in dieser Zahl, so lange kann es in diesem Hohen Haus nicht


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genügend Initiativen, Dringliche Anfragen, Anträge und Meinungen geben. (Beifall beim BZÖ.)

Daher lassen wir uns von unserem Weg auch nicht abbringen. Außerdem haben wir heute eine umfassende Dringliche Anfrage mit 45 sehr konkreten, direkten Fragen an die Frau Justizministerin eingebracht. – Ich freue mich sehr, dass ich den Herrn Sozial­minister hier begrüßen darf. Ich habe nicht gewusst, dass er jetzt Justizexperte der Regierung geworden ist und das Aushilfsorgan von Frau Justizministerin Berger, die uns erst vor wenigen Stunden mitgeteilt hat, dass sie an der heutigen Sitzung nicht teilnehmen kann. Auch das ist verwunderlich, aber über die Nominierungsgepflogen­heiten der Regierung haben wir schon in der Präsidiale diskutiert.

Zum Thema selbst wollen wir heute mit dieser Dringlichen Anfrage die Stunde der Wahrheit deshalb ausrufen, weil wir einerseits den Wahrheitsbeweis (Abg. Öllinger: Und das aus Ihrem Munde! – weitere Zwischenrufe) erbringen wollen, dass in Öster­reich immer erst etwas passieren muss, damit etwas passiert. Diesen Wahrheitsbeweis werden wir jetzt erbringen. Andererseits werden wir auch den Echtheits- und Ernstheitstest dieses Paketes, das gestern von der Frau Justizministerin präsentiert wurde, durchführen.

Das wollen wir heute machen. Deswegen ist auch diese Dringliche Anfrage äußerst interessant und wichtig, denn wir hatten schon einmal, nämlich am 17. Oktober dieses Jahres, eine dringliche Anfrage zu diesem Thema.

Wissen Sie, was damals war? Ich habe mir das Protokoll ganz genau durchgelesen, und ich empfehle auch Ihnen, das Protokoll von der damaligen Besprechung und Diskussion zu lesen. Damals war noch alles in Ordnung. Damals hat niemand davon gesprochen, dass man jetzt vielleicht Gesetze ändern sollte, dass man das Strafrecht ändern sollte, dass man vielleicht eine Anzeigepflicht einführen sollte. Damals war noch nichts, weil der öffentliche Druck noch nicht so groß war.

Nach dem 17. Oktober ist Folgendes passiert – fünf Fälle, die ich jetzt beispielhaft heranziehe; alles nach dem 17. Oktober –: Zum Beispiel wurde das Schütteltrauma zweier Tiroler Zwillinge – eine furchtbare Angelegenheit! – in den Medien berichtet. Zum Zweiten: die fürchterliche Tat an der kleinen Elma in Salzburg, die mit Ober­schenkelbruch und Misshandlungsmerkmalen in das Landeskrankenhaus eingeliefert worden ist. In Niederösterreich – und das ist der dritte Fall – wurden Vorerhebungen bekannt, nachdem eine Vierjährige vom Lebensgefährten der Mutter mit einem Bügel­eisen verbrannt worden war. Der vierte Fall – auch ein besonders unglaublicher – sind die drei Babymorde von Innsbruck. Es wurde bekannt, dass aufgrund der zu kurzen Verjährungsfrist nicht mehr verfolgt werden kann. Fünf Jahre Verjährungsfrist für einen dreifachen bewussten Babymord! Das wurde bekannt! (Zwischenruf des Abg. Lutz Weinzinger.)

Der fünfte Fall ist der Fall der 26-jährigen Mutter, die am 16. Juli 2007 ihr Kind mit bloßen Händen und einem Polster erstickt hat und dafür einen ganzen Monat Haft ausgefasst hat – einen Monat Haft! Dazu kommt, dass sie nach dem Monat Haft nicht nur nach Hause geht, wo sie die Betreuungspflicht für ein fünf- und ein dreijähriges Kind hat – sie kommt nach Hause zu den beiden Kindern! –, sondern sie hat auch über das AMS einen Kurs als Kindergartenhelferin vermittelt bekommen. (Zwischenruf der Abg. Mandak.)

Das ist Österreich, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das sind die Fälle, die aufgetaucht sind. Der Höhepunkt und wahrscheinlich auch der meistdiskutierte Fall war der Fall Luca, wo ein kleiner Bub so stark misshandelt und geschlagen wurde, dass er daran gestorben ist, und wo ein ganzes System, ein degeneriertes, abgehobenes, realitätsfernes System von Pseudoexperten, von so manchen Beamten, aber auch von


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so manchem falschen Beamten in der Jugendwohlfahrt versagt hat. Die Arroganz der Theoretiker haben wir in den Diskussionen gesehen, und so mancher Zynismus von Politikern ist uns auch nicht verborgen geblieben, sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene.

Daher sagen wir ganz klar: Der Kampf gegen die Gewalt an Kindern muss das wich­tigste Thema in der gegenwärtigen Auseinandersetzung sein, weil wir diese Fälle haben und weil wir sehr froh sind, dass wir also Opposition – auch als kleine Oppo­sitionspartei, als die kleinste – sehr viel bewirken können. Und dass wir das schon getan haben, werde ich Ihnen heute auch beweisen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ. – Zwischenruf des Abg. Lutz Weinzinger.)

Ich nehme jetzt das Protokoll der Dringlichen Anfrage vom Oktober her: Wissen Sie, was damals, am 17. Oktober 2007, als all diese Fälle noch nicht bekannt waren, als dieser Druck von uns auch noch nicht so groß war, die Frau Justizministerin zur Antwort gegeben hat, als wir sie gefragt haben: Warum werden die Strafrahmen nicht erhöht? – Ich zitiere Frau Bundesministerin Berger:

„Soweit diese Frage die Strafrahmen betrifft, glaube ich, dass das derzeit bestehende System des Strafgesetzbuches von einer langfristig gewachsenen, im Großen und Ganzen durchaus ausgewogenen Balance zwischen Vermögensdelikten und Delikten gegen Leib und Leben charakterisiert ist.“

Und sie hat dann weiters gesagt: „Ich glaube, insbesondere beim Strafgesetzbuch soll man nicht jedes Jahr großartige Änderungen vornehmen.“

Siehe da! Am 17. Oktober! Dann passieren die ganzen Fälle – es muss immer erst etwas passieren! –, dann haben wir dieses Thema ganz stark in der Öffentlichkeit dis­kutiert, und seit gestern sagt uns die Justizministerin: Ja, es soll neue Straftat­bestände geben – wunderbar! –, es soll zu einer Ausweitung etwa des § 92, der die abscheuliche Handlung des Quälens von Kindern betrifft, kommen. Auf einmal geht es, auf einmal wird etwas getan! (Zwischenruf des Abg. Lutz Weinzinger.) Das finden wir grund­sätzlich richtig, wir haben nur nicht das Vertrauen, dass das auch durchgesetzt und umgesetzt wird, weil das bisher eben nicht der Fall war. Das ist unsere Kritik, die wir üben, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall beim BZÖ.)

Denn es ist nicht zu akzeptieren, dass ein durchschnittlich – ich sage das jetzt sehr nonchalant – grausamer Vorsatzmord mit 20 Jahren Haft bestraft wird, dass ein Vermögensdelikt, Betrug, Finanzdelikt, was auch immer, mit 7 bis 8 Jahren Haft bestraft wird, dass aber auf der anderen Seite laut § 92 Quälen von minderjährigen, in Fürsorge befindlichen Menschen, auch kranken Menschen über eine lange Zeit mit Todesfolge derzeit nur mit maximal 10 Jahren Haftstrafe bestraft wird. Da stimmt die Balance nicht, da stimmt das Gleichgewicht nicht. Wenn in Österreich jemand zu Tode gequält wird, noch dazu ein Kind, dann muss das ganz gesondert behandelt werden, und da bin ich der Meinung, dass ein Täter bis zu lebenslang eingesperrt gehört, meine sehr geehrten Damen und Herren, und nicht mehr in der Öffentlichkeit herum­fuhrwerken darf! (Beifall beim BZÖ.)

Kommen wir zur Anzeigepflicht – auch das ist eine interessante Geschichte. Wie lange fordern wir jetzt schon die Anzeigepflicht? (Zwischenruf bei der FPÖ.) Ja, auch die FPÖ, richtig, auch schon in den neunziger Jahren. Es gab immer wieder diese Forderung der Anzeigepflicht. Ich freue mich wirklich, dass wir uns endlich durch­gesetzt haben, dass die Justizministerin endlich erkannt hat, dass es eine Anzeige­pflicht geben soll, eine ausgeweitete, vielleicht sogar eine generelle Anzeigepflicht, die wir sehr befürworten, weil das Wegschauen endlich ein Ende haben muss, weil es nicht sein kann, dass mehr weggeschaut als hingeschaut wird, weil auch die Balance zwischen angezeigten Fällen und sogenannten Fällen, die sich im verborgenen Befin-


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den, einfach nicht ausgewogen ist. 500 Anzeigen im Jahr stehen 10 000 Fällen im Jahr gegenüber. Da stimmt etwas nicht. Wir müssen daher die Menschen verpflichten, mehr anzuzeigen! Das ist richtig und dient dem Schutz unserer Kinder, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall beim BZÖ.)

Aber auch da ist es so: Ich glaube nicht daran, dass das kommt. Wissen Sie, warum? – Die Vorgängerregierung hat bereits eine Verschärfung der Anzeigepflicht durchgeführt; viele wissen das nicht mehr. Im Jahr 2001 gab es eine Verschärfung bei der Anzeige­pflicht von Ärzten. Wissen Sie, was damals geschehen ist? – Es gab einen Aufschrei der Sozialdemokratie. Ich zitiere Herrn Jarolim vom 22. Juni 2001: Das ist unverant­wortlicher Populismus auf dem Rücken der Kinder!, hat er zur Ausweitung der Anzeige­pflicht gesagt. Meinen Sie das heute auch, was die Justizministerin anlangt? Dann können wir uns auf etwas gefasst machen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.)

Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek hat damals auch die Anzeigepflicht bei Gewalt gegen Kinder kritisiert. Auch eine ganz hohe Politikerin der SPÖ, die auch heute sehr hoch sitzt, nämlich Frau Prammer, hat damals gesagt:

„Eine Verschärfung der Anzeigepflicht ist daher in höchstem Maße kontraproduktiv. Hier wird versucht, aus der Not der Kinder politisches Kleingeld zu machen.“

Meinen Sie das heute auch noch, Frau Präsidentin Prammer? Dann habe ich nämlich große Sorge, dass dieses Lippenbekenntnis der Frau Justizministerin zur Erweiterung der generellen Anzeigepflicht ein Lippenbekenntnis bleibt und nicht umgesetzt wird. Deswegen müssen wir wachsam sein und weitere Initiativen im Parlament setzen. Und wir werden das heute tun. (Beifall beim BZÖ.) Ich bin sehr gespannt darauf, was uns der Herr Sozialminister dazu zu sagen hat.

Zur Frage der Rückfallstatistik: Wie hat die Frau Justizministerin am 17. Oktober 2007 bei der Rückfallstatistik „herumgeeiert“. Zuerst hat sie Zahlen genannt, es seien ohnehin nur 5 Prozent. Gestern sagte sie uns, dass sie leider draufgekommen ist, dass es gar keine Erhebungen zur Rückfallstatistik gibt. – Es gibt keine gesicherten Zahlen zur Rückfallstatistik! Sie hat sogar gesagt, es gibt keine Studien.

Ich lese Ihnen eine Studie vor – eine sehr aktuelle –, die im „Standard“ vom 22. März 2007 veröffentlicht wurde, nämlich eine Studie der Johannes Kepler Universität, die die ganzen Strafanstalten analysiert hat. Und was ist passiert? – In St. Pölten wurden – das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen! – 70 Prozent der Sexual­täter bedingt entlassen! Und von diesen bedingt Entlassenen sind 38 Prozent wieder verurteilt worden. In der Strafanstalt Ried ist das Verhältnis 53 : 51, in Steyr 45 : 55, in Linz 37 : 48 Prozent. – Das sind Fakten, die von der Kepler Universität erhoben wurden. Ich glaube, das sind beeindruckende Zahlen.

Auch der Forscher und Experte Gratz, der sich im „Standard“ geäußert hat, hat gesagt, es gibt generell eine Rückfallsquote von bis zu 50 Prozent, und bei Sexualstraftätern bis zu 20 Prozent. Daher sind diese Rückfallsquoten zu hoch. Deswegen haben wir auch dieses Haftentlassungspaket kritisiert, weil wir der Meinung sind, wenn jetzt noch einmal 1 000 Menschen freigelassen werden zu den 2 000 Menschen, die schon früher freigelassen worden sind, sind es 3 000 Menschen.

Herr Minister, ich hoffe, das Justizministerium hat Ihnen endlich auch bei dieser erneu­ten Anfrage – wir haben das schon am 17. Oktober gefragt – die Zahlen mitgegeben. Wir wollen wissen, wie sich diese vorzeitig freigelassenen Häftlinge auf die Delikts­gruppen aufteilen, weil wir in großer Sorge sind, dass sich darunter auch Sexual­straftäter befinden, was die Justizministerin bisher nicht ausschließen konnte. Wir haben sie gestern wieder gefragt: Keine Antwort. Wir fragen daher heute noch einmal, weil uns die Justizministerin versprochen hat, dass sie uns diese Zahlen geben wird.


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Ich bitte das Justizministerium – vielleicht über Sie (in Richtung Bundesminister Dr. Buchinger), vielleicht haben Sie da mehr Einfluss –, uns diese Zahlen endlich zu nennen, weil auch für die Bevölkerung wichtig ist, wie viele da herumlaufen. Wir wollen das wissen, denn wir wollen die Menschen schützen und nicht verunsichern. Das ist ganz, ganz wichtig, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Die Frau Justizministerin hat außerdem auf die Frage, warum es zu wenige lebens­lange Freiheitsstrafen gibt, gesagt und sich auf den Standpunkt gestellt – auch dies zitiere ich aus der letzten Dringlichen Anfrage dazu –:

„Zur lebenslangen Freiheitsstrafe möchte ich festhalten, dass sie überall dort vorge­sehen ist, wo sie dem Sanktionsbedürfnis schwerster Straftaten entspricht. Auch hier entspricht es meiner Auffassung“ – nämlich der Auffassung der Frau Ministerin –, „dass jeder Mensch die Chance auf Einsicht verdient und daher die lebenslange Freiheits­strafe auf wenige Ausnahmefälle beschränkt bleiben soll.“

Nein! Hier gibt es Widerspruch, Frau Ministerin, sie soll nicht auf wenige Ausnahme­fälle beschränkt werden, sondern lebenslänglich soll jeder weggesperrt werden, der ein Verbrechen an Kindern in schwerer Art und Weise begeht, weil er kein Recht hat, in die Freiheit unserer Gesellschaft zu kommen und weil dieser Mensch versagt hat und daher lebenslänglich zum Schutze unserer Kinder weggesperrt werden soll!

Oder: Das Berufsverbot für Sexualstraftäter wurde am 3. Mai 2007 hier in diesem Hohen Haus von uns beantragt. Es wurde daraus – ich bin sehr froh, dankbar und glücklich – ein Vier-Parteien-Antrag – nur die Grünen wollen das wieder einmal nicht –, ein Vier-Parteien-Antrag für ein Berufsverbot für Sexualstraftäter. Am 3. Mai 2007 wurde beschlossen, dass die Regierung dem Parlament bis 1. September 2007 einen Bericht übermitteln soll. Was ist geschehen? – Es wurde kein Bericht übermittelt.

Dann fragten wir am 17. Oktober 2007 – und wir fragen das heute wieder – in der Dringlichen Anfrage: Wann kommt dieser Bericht? Wie wollen Sie das umsetzen? Wie schaffen wir es, dass Sexualstraftäter auch im Beruf nicht mehr in die Nähe von Kindern kommen? – Gestern bekamen wir plötzlich die Antwort: Da ist jetzt ein Arbeits­kreis gegründet worden, und irgendwann im nächsten Jahr werden wir das erfahren. Aber am 17. Oktober 2007 hat uns die Ministerin gesagt, da werde es eine Lösung bis spätestens Ende Oktober geben. Das ist Säumigkeit! Es wird immer verschoben, es wird nichts gemacht, und es wird weiter so sein, dass Sexualstraftäter auch in Berufen mit Kindern zusammenkommen. Das lehnen wir ab. – Sie sind hier säumig und müssen eine Lösung auf den Tisch legen! (Beifall beim BZÖ. – Abg. Öllinger: Wahl­kampfthema des BZÖ!)

Die Sexualstraftäterdatei – auch eine langjährige Forderung von uns – wird jetzt zumin­dest in einem ersten Schritt für die Exekutive umgesetzt. Wir – Sie wissen das – wollen einen Schritt weiter gehen. Wir wollen, dass diese Sexualstraftäterdatei, so wie das in manchen Bundesstaaten der USA der Fall ist, öffentlich zugänglich ist. Wir wollen, dass die Menschen wissen, wo sich Straftäter befinden, und dass es auch nicht möglich sein kann, dass sich Sexualstraftäter in der Nähe von Familien mit Kindern oder von Kinderspielplätzen oder von Kindereinrichtungen ansiedeln. (Abg. Öllinger: Ist das nicht Wahlkampfthema des BZÖ?) Das wollen wir nicht. Auch das dient dem Schutze der Kinder. (Zwischenruf der Abg. Mandak.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieses Thema macht betroffen. Wie viele Kinder tatsächlich von Gewalt betroffen sind, kann in Österreich niemand so genau sagen. Und allein das ist ja das Problem, dass sich hier niemand darum kümmert, wie viele es denn eigentlich wirklich sind, dass wir kein gesichertes Zahlenmaterial haben. Im EU-Raum gibt es dazu einige Studien. Zum Beispiel sagt die Statistik, dass in Deutschland auf einen belegten Fall von Kindesmissbrauch 150 Fälle passieren, von


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denen niemand erfährt. In Frankreich ist das Verhältnis 1 : 300, und in Österreich schätzt man, dass bis zu 20 Prozent der österreichischen Familien mit Gewalt und Gewalt an Kindern in Berührung gekommen sind.

Sogar eine andere Statistik lässt aufhorchen, nämlich dass auch Frauenhäuser immer stärker von Frauen mit Kindern frequentiert und aufgesucht werden. Im Jahre 2006 sind 565 Frauen mit 542 Kindern geflüchtet und in Frauenhäuser gekommen, sind dort untergekommen.

Es gibt erschreckende Gefährdungsmeldungen auch im Jugendamt Wien. In den letz­ten drei Jahren ist die Zahl der entsprechenden Meldungen – Anzeigepflicht gibt es ja keine – an die Jugendwohlfahrt in Wien von 6 000 auf 11 529 gestiegen. Das ist beachtlich, und da darf man nicht wegschauen. Deswegen wollen wir dieses Thema, wann immer es geht, mit Ihnen diskutieren und auch Lösungen vorschlagen.

Wir haben ein ganzes Bouquet an Lösungen vorgeschlagen, beispielsweise mit dem Initiativantrag 413/A. – Das ist auch der Unterschied zur FPÖ; auch wenn Sie jetzt gleich wieder schreien werden. (Abg. Dr. Haimbuchner: Herr Westenthaler schreit ...!) Es nützt nichts, irgendeinen Entschließungsantrag als dringlich zu bezeichnen, der dann Allgemeinformulierungen enthält, die leicht abgelehnt werden können – auch von den anderen Fraktionen. Sie müssen sich einmal die Mühe machen – Sie sind ja dreimal so stark wie wir, wir schaffen das mit unseren Abgeordneten und mit unserem kleinen Apparat –, einen umfassenden Initiativantrag einzubringen. (Abg. Öllinger: Sind Sie so schwach?) Wir haben einen Initiativantrag eingebracht, mit dem wir die Verdoppelung aller Strafen von Verbrechen an Kindern festsetzen wollen – die Strafrahmen müssen verdoppelt werden! (Beifall beim BZÖ) – und § 92 und § 207 reparieren wollen. (Abg. Strache: Und was haben wir gestern gemacht?) Machen Sie einen Initiativantrag, und dann werden Sie sehen, dass das gescheiter ist. (Abg. Strache: Sie sind eine billige Kopie, Herr Westenthaler!)

Wir sind der Meinung, dass im Strafgesetzbuch der gesellschaftliche Wert, ich sage sogar, die starke Zuneigung, die Liebe, die wir alle gegenüber unseren Kindern emp­finden – da kann man ja niemandem einen Vorwurf machen –, dass diese zu wenig ... (Abg. Öllinger: Mir kommen die Tränen!) – Das ist die typische Antwort. Herr Öllinger sagt: „Mir kommen die Tränen“ bei diesem Thema! (Abg. Öllinger: Nein! Bei Ihrer Rede!) Das ist zynisch. Sie sind wirklich ein erbärmlicher Zyniker, Herr Öllinger, der nicht einmal bei diesem Thema die Ernsthaftigkeit und die Dramatik erkennt! Schämen Sie sich dafür, Herr Öllinger! Das ist wirklich unglaublich. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Öllinger: Denken Sie an Ihr Wahlkampfthema! Gehen Sie in sich!)

Wir sind der Meinung, dass der Schutz des Kindes im Strafgesetzbuch eine absolute Sonderstellung erfahren soll, die mit unserem Initiativantrag auch gewährleistet wird. Wir werden heute weitere Anträge einbringen zur Abschaffung der Verjährungsfristen, zur Anzeigepflicht, aber auch zur Untersuchungspflicht – den Sie ja gestern von uns kopiert haben –, dass Kinder auch bei Ärzten untersucht werden müssen – jawohl! –, damit dann im Zusammenhang mit der Anzeigepflicht auch mehr Fälle aufgedeckt werden können und der Schutz für die Kinder gewährleistet ist.

Jedes einzelne Kind, das in diesem Land zu Schaden kommt, ist ein Kind zu viel. Daher kann es nicht genügend Diskussion, Debatte und Aufklärung geben. Daher muss es auch eine Diskussion über die Strafrahmen geben. (Zwischenruf des Abg. Lutz Weinzinger.)

Herr Sozialminister! Ich hoffe, Sie sind firm in der Materie, und ich hoffe, Sie machen uns jetzt gute Vorschläge – Sie werden sich ja sicher mit dem Justizministerium bera­ten haben –, wie wir dazu kommen, dass es keinen gelockerten Strafvollzug für


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Kinderschänder gibt, dass es schärfere Strafen gibt und dass das Kind ins Zentrum des Schutzes auch des österreichischen Strafrechts kommt.

Herr Minister, ich weiß, dass Sie sehr kinderliebend sind und dass Sie sehr gut mit Kindern umgehen können. Ich bin gespannt, wie Sie heute diese Anfrage beantworten, und hoffe auf gute Vorschläge. (Beifall beim BZÖ.)

15.27


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Beantwortung der Anfrage hat sich Herr Bundesminister Dr. Buchinger zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Bundesminister. (Abg. Dr. Jarolim: Charakterlos und hinterfotzig! – Abg. Öllinger: Ja, das stimmt!)

Herr Abgeordneter Jarolim, ich erteile Ihnen dafür jetzt einen Ordnungsruf. (Abg. Ing. Westenthaler: Ordnungsruf-Kaiser Jarolim! – Abg. Sburny: „Erbärmlicher Zyni­ker“ darf ...!)

Bitte, Herr Bundesminister.

 


15.27.19

Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz Dr. Erwin Buchinger: Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten des Hohen Hauses! Das Schicksal des kleinen Luca hat den Herrn Klubobmann Wes­tenthaler, das BZÖ, aber – wie ich denke – uns alle betroffen gemacht und viele Emotionen ausgelöst. Das unermessliche Leid, das dem kleinen Kind zugefügt wurde, soll und wird zum Anlass genommen werden für ein ehrliches Bemühen, Schwach­stellen beim Schutz der Kinder vor Gewalt zu suchen und konkrete weitere Verbes­serungen in Angriff zu nehmen.

Ich freue mich und bedanke mich auch dafür, dass in dieser Woche viele der Herren Abgeordneten im Hohen Haus – und ich heute auch wie einige von Ihnen – das „White Ribbon“ tragen, das auch ein sichtbares Zeichen ist, dass Männer Gewalt von Männern entgegentreten und dass sie mit in einer Reihe stehen, insbesondere Gewalt an Frauen und Kindern zu ächten.

Freilich gilt es zu klären, warum es trotz eines engmaschigen Betreuungsnetzes von Jugendwohlfahrtsträgern, Kindergärten, Schulen, der Gesundheitsverwaltung, privaten Einrichtungen, Sportvereinen und vielen gesellschaftlichen Einrichtungen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, immer wieder möglich ist, dass Gewalt an Kin­dern – schwere und schwerste Gewalt an Kindern – ohne Reaktion bleibt. Es gilt, dafür zu sorgen, dass diese Gewalt dort, wo sie stattfindet, rasch erkannt und beendet wird und auch der gerechten Strafe zugeführt wird.

Vor allzu schnellen Befunden und Verantwortungszuweisungen muss natürlich auch hier gewarnt werden, weil die Gefahr besteht, dass man versucht, ein richtiges Anliegen in die falsche Richtung zu lösen. Wichtig ist aber, dass alle Behörden und Stellen bemüht sind, ihre Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen zum Wohle der Kinder zu erbringen.

In diesem Gesamtzusammenhang und in diesem Geiste und dieser Haltung beant­worte ich in Vertretung der Frau Bundesministerin für Justiz die gestellten Fragen im Einzelnen wie folgt:

Ich beantworte zuerst die Fragen 1 bis 4, 8, 23 bis 27, 29, 30, 36, 37 und 39 in einem Zusammenhang, weil zwischen diesen Fragen ein enger inhaltlicher Zusammenhang besteht.

Selbstverständlich ist der gesamten Bundesregierung – ich denke und bin davon überzeugt, auch dem Hohen Haus – der Schutz von Kindern vor gewaltsamen Über-


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griffen ein sehr großes, ein prioritäres Anliegen. Ein derartiger Schutz erfordert ein Zusammenwirken, einen kooperativen Ansatz, wo Jugendwohlfahrt, Schulen, Kinder­gärten, Staatsanwaltschaften und Gerichte, aber auch die Zivilgesellschaft für die Erreichung dieses Zieles zusammenwirken. Wir haben eine Aufgabe, deren Erledigung Gott sei Dank nicht bei null beginnt, sondern es gibt bereits sehr gute und zielführende Wege der Verfolgung dieses kooperativen Ansatzes.

Es ist darauf hinzuweisen, dass die Möglichkeit, Kinder aus einem Umfeld, das ihr Wohl gefährdet, zu entfernen, selbstverständlich nach geltendem Recht bereits be­steht.

Auch die Polizei verfügt über entsprechende Befugnisse zur Gefahrenabwehr nach dem Sicherheitspolizeigesetz, etwa in Form des Betretungsverbotes, was auch sehr effektiv durchgesetzt wird.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jugendwohlfahrt können, meine sehr ge­schätz­ten Damen und Herren, bei Gefahr im Verzug schon nach geltendem Recht die erforderlichen Maßnahmen der Pflege und Erziehung vorläufig auch ohne Ein­schaltung des Gerichts in eigener Verantwortung setzen. In der Jugendwohlfahrt wird in etwa 20 000 Fällen im Jahr von dieser Form auch Gebrauch gemacht. Außerdem können sie einstweilige Verfügungen zum Schutz vor Gewalt in der Familie als Vertreter des Kindes bei Gericht beantragen oder deren Durchsetzung bei den Sicherheitsbehörden veranlassen.

Und schließlich haben die Gerichte die Möglichkeit, als Eilmaßnahme die Obsorge einstweilig – vor der endgültigen Beschlussfassung in dieser Sache – auf eine andere Person, etwa auch – und im Regelfall – auf die Jugendwohlfahrtsträger zu übertragen.

Dennoch muss zugestanden werden, dass Fälle wie jener des kleinen Luca nahelegen, dass es zu einer weiteren Verbesserung dieses Instrumentariums der Gewaltprä­ven­tion und auch der Verfolgung kommen muss. Auch hat die Frau Bundesministerin für Justiz gestern im Hohen Haus im Rahmen ihrer Stellungnahme zu einem von der FPÖ eingebrachten Dringlichen Antrag darauf hingewiesen, dass von jenen Instrumenten, die den Strafverfolgungsbehörden zu Gebote stehen, nur dann Gebrauch gemacht werden kann, wenn diese auch tatsächlich von einem Fall von Gewalt erfahren, und das ist in noch viel zu geringem Ausmaß der Fall.

Prinzipiell ist es verkehrt, sich primär mit jenen Fällen – mit jener geringeren Zahl an Fällen – zu beschäftigen, von denen die Strafjustiz erfährt. Dabei würde übersehen, dass die weitaus überwiegende Zahl von Gewaltbeziehungen heute gar nicht zur Kennt­nis von Polizei oder Strafverfolgungsbehörden und Strafjustiz kommt. Worauf es also neben der strengen Verfolgung der Delikte, die zur Anzeige gelangen, vor­nehmlich ankommt, ist die Verstärkung des Bereichs der Prävention und die Aufhellung der großen Dunkelziffer jener Fälle, die nicht zur Kenntnis gelangen.

Die Frau Bundesministerin für Justiz ist deshalb für eine Revision und Verein­heit­lichung der bestehenden gesetzlichen Anzeigeverpflichtungen eingetreten. Zudem kommt es darauf an, deutlich zu machen, dass eine moderne, auf die Würde und auf die Rechte von Straftatopfern reflektierende Strafjustiz nicht primär als eine Gefahr, sondern zumindest auch als eine Chance für die Opfer gesehen werden kann, insbesondere was die Rechte der Opfer auf Sicherheit und auf eine gerechte Reaktion auf das von ihnen erlittene Unrecht anlangt.

Dieser Gedanke war oftmals so formuliert worden, dass im Interesse der Opfer von einer Strafverfolgungs-, einer Anzeigepflicht Abstand genommen werden sollte, weil das unter Umständen die Bereitschaft der Opfer verhindern oder vermindern könnte, Zugang zu den Jugendwohlfahrtseinrichtungen oder zu anderen helfenden und unter-


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stützenden Einrichtungen zu schaffen. Aber die Frau Bundesministerin für Justiz macht deutlich, dass das nicht als Gefahr, sondern vielmehr als Chance verstanden werden muss, dass frühzeitig und vor der Gefahr der Wiederholung die Rechte der Opfer auch dadurch gestärkt werden, dass es zu einer Anzeigepflicht kommt. – Das ist also ganz genau zu prüfen, und eine entsprechende Revision und Vereinheitlichung sind der Frau Bundesministerin für Justiz ein großes Anliegen.

Sie hat darüber hinaus gestern einen ganz konkreten Plan zur Verbesserung beste­hender Mängel zur Diskussion gestellt:

Sie setzt sich für eine striktere Anzeigepflicht aller mit Kindern befassten Berufe beim Verdacht auf Gewalt an Kindern ein.

Sie will in der Strafprozessordnung die Möglichkeit schaffen, das Hauptverfahren auf­zuschieben, sofern damit das Kind vor weiterer Gewalt geschützt werden kann. Damit soll Raum für Maßnahmen geschaffen werden, die für eine sofortige und verlässliche Beendigung der Gewalt und, im Falle der Geständigkeit des Beschuldigten, auch für eine rasch einsetzende sozial-therapeutische Einwirkung sorgen. In der ersten Phase ist sicherlich der Schutz des Kindes vor weiterer Gewalt das primäre Ziel. Das Strafverfahren kann, von der notwendigen Sicherung von Beweismitteln abgesehen, zuwarten, soweit dies erforderlich ist, um das Opfer vor einer Fortsetzung der Gewalt und vor Überforderung zu schützen.

Auf gesetzlicher Grundlage soll weiters der Staatsanwalt unter gerichtlicher Kontrolle die Möglichkeit haben, für die Sicherung von Beweismitteln sowie für alle Maßnahmen der Kontrolle des Verdächtigen und der Sicherung des Opfers zu sorgen, die für eine verlässliche Beendigung der Gewaltbeziehung notwendig sind. Dazu zählen etwa Weisungen an den Gefährder, sich vom Wohnort des Opfers fernzuhalten, Kontroll­besuche – die wichtig sind – am Wohnort des Kindes, eine Beschränkung der Gele­genheitsverhältnisse – Kontakte mit Kindern –, die aus der Berufsausübung oder ande­ren regelmäßigen Tätigkeiten des Opfers resultieren. Und es soll auch der Staatsan­walt im Fall der Geständigkeit des Beschuldigten sozialtherapeutische Weisungen erteilen können.

Die Schaffung eines Tatbestands der länger dauernden Gewaltbeziehung – was eine Neuerung ist – ist bereits in Arbeit, im Bereich von qualifizierten Strafdrohungen werden bestimmte Formen der Gewalt an wehrlosen Personen, insbesondere an Kindern, erfasst sein.

Die Strafbestimmung des Quälens oder Vernachlässigens von Kindern und wehrlosen Personen – der von Ihnen, Herr Klubobmann, angesprochene § 92 StGB – soll aus­gebaut werden, insbesondere durch die Einbeziehung der Misshandlung als Form der Tatbegehung und durch die Ausdehnung des Kreises der Verpflichteten. Dabei sind auch die bestehenden Strafsätze für qualifizierte Begehungsformen zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen.

Bei allen großen Staatsanwaltschaften und Gerichten werden Sonderzuständigkeiten für den Bereich der Gewalt an Kindern – allenfalls für Gewalt in der Familie insge­samt – geschaffen.

Zur Unterstützung der Strafjustiz und der Familiengerichtsbarkeit wird die bewährte Einrichtung der Jugendgerichtshilfe zu einer bundesweiten und auch im Erwachsenen­strafrecht verfügbaren psychosozialen Justizhilfe ausgebaut.

Mit einer Novelle zum Richterdienstgesetz – auch das ist wichtig – wird im Rahmen der Regelung der Richterdienstprüfung die Wichtigkeit von Kenntnissen im Bereich der Gewaltprävention unterstrichen und werden damit diese Kenntnisse erweitert.


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Dem Opfer steht Wiedergutmachung zu. So weit wie möglich ist über Schaden­ersatzansprüche des Opfers bereits im Strafverfahren abzusprechen. Darüber hinaus werden jedoch die Rechte des Opfers im Zivilverfahren analog zu jenen im Straf­prozess ausgebaut, insbesondere was den Anspruch auf psychosoziale Prozessbe­gleitung, was den Anspruch auf Geheimhaltung der Wohnanschrift des Opfers und das Recht auf eine schonende Gestaltung der Einvernahme des Opfers anlangt.

Das zur Sicherung des Opfers mit dem Gewaltschutzgesetz geschaffene gewaltprä­ventive Instrumentarium von einstweiligen Verfügungen des Familiengerichts soll weiter ausgebaut werden, insbesondere im Sinne einer Ausdehnung der Geltungs­dauer derartiger Verfügungen.

Zu dem von Ihnen, Herr Klubobmann, erwähnten Initiativantrag 413/A meine ich, dass die punktuelle und auf Strafrahmen akzentuierte Diskussion, so verständlich sie ist, den entscheidenden Aspekt der Prävention nicht aus den Augen verlieren soll. Es geht in erster Linie um Maßnahmen, die auf die Vermeidung von Kindesmisshandlung abzielen, und dazu bedarf es eben eines breit gestreuten Maßnahmenpaketes, wie die Frau Bundesministerin für Justiz es gestern vorstellen konnte und wie auch ich es heute in ihrer Vertretung ausführen konnte.

Der konkrete Zeitplan wird in der Bundesregierung noch zu akkordieren sein, weil zum Beispiel eine Vereinheitlichung von Anzeigepflichten, wie angedeutet, in Berufsrechten nicht in die ausschließliche Zuständigkeit eines Ressorts, sondern in die Zuständigkeit mehrerer Ressorts fällt.

Was nun den Straftatbestand der lang andauernden Gewaltbeziehung betrifft, so ist es wichtig, festzuhalten, dass wir in Österreich ein Klima schaffen müssen – und das bestehende Klima weiter verstärken, ausbauen müssen –, das jede Form der kör­perlichen Gewaltausübung, von der Ohrfeige bis hin zu einer schweren Gewalthand­lung, ächtet. Mit der Ausübung von Gewalt wird eine Grenze überschritten, die in vielerlei Hinsicht eine ganz entscheidende Grenze ist, und das muss geächtet werden.

Der neue Tatbestand soll also Fälle erfassen, in denen in der Regel die besonders Schutzbedürftigen, nämlich Frauen und Kinder, gewaltsam und über längere Dauer beherrscht und damit in ihrer Lebensgestaltung massiv beeinträchtigt, ja gedemütigt werden. Ein Gesetzentwurf soll im Laufe des nächsten Jahres als Teil eines Gesamt­pakets zum Ausbau des Gewaltschutzes in Österreich vorgelegt werden. In diesem Rahmen soll auch die exakte Ausgestaltung des angesprochenen § 92 Strafgesetz­buch erfolgen.

Die Frau Justizministerin bekennt sich dazu, dass Strafrecht ein unverzichtbarer Bestandteil eines sinnvollen Schutzes von Kindern, natürlich auch von Frauen und generell vor Gewalt sein muss. Strafrecht kann und wird aber seine Aufgabe nur dann erfüllen, wenn auch die Rahmenbedingungen für eine menschenwürdige, Opferinter­essen berücksichtigende Strafverfolgung geschaffen werden. In diesem Bereich wurden mit der neuen Strafprozessordnung große Anstrengungen unternommen, um Opfer im Verfahren nicht nur mit der gebotenen Würde und dem entsprechenden Respekt zu behandeln, sondern ihnen auch Rechte einzuräumen, das erlittene Leid in das Verfahren in einer geschützten Atmosphäre einzubringen. Die Frau Justiz­ministerin erwartet sich durch dieses opferzentrierte Verfahren eine deutliche Auf­hellung des angesprochenen Dunkelfeldes, weil Opfer dann eher bereit sein sollten, sich an Strafverfolgungsbehörden zu wenden, und diese Schwelle wegfällt oder gerin­ger wird.

Zur Kritik der Anfragebeantwortung der Frau Bundesministerin für Justiz vom 17. Ok­tober 2007, die in der Frage 36 formuliert ist, möchte ich bemerken, dass es natürlich für eine Familie eine ganz extreme Ausnahmesituation darstellt, wenn bekannt wird,


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dass der Großvater, der eigene Vater oder eine Betreuungsperson, die mit dem Ver­trauen des Umfeldes und auch des Kindes ausgestattet ist, dieses Kind missbraucht. Wenn man sich mit dem Schicksal Betroffener auseinandersetzt, dann erfährt man, welch emotionaler Belastung missbrauchte Kinder in ihren Gefühlsschwankungen zwischen Liebe, Zorn und Unverständnis über das, was ihnen hier angetan wurde, ausgesetzt sind.

Zur Frage 37 ist noch anzuführen, dass es in diesem Zusammenhang wohl in erster Linie um die Förderung der Anzeigebereitschaft und Aussagefähigkeit gerade von Kin­dern geht und um die Frage, wie diese psychosoziale Betreuung und rechtliche Beratung zur Unterstützung erhalten können. Auch hier wäre eine Verbesserung wahrscheinlich in Richtung einer Aufhellung des Dunkelfeldes sehr sinnvoll und könnte auf dieser Basis auch die Strafverfolgung selbst eine präventive Wirkung entfalten.

Ich darf die Frage 5 dahin gehend beantworten, dass das Amt der Tiroler Landes­regierung der Staatsanwaltschaft Innsbruck die Bezug habenden Verwaltungsakten bereits übergeben hat und um strafrechtliche Prüfung des Sachverhaltes ersucht wurde. Die Anklagebehörde hat das Landeskriminalamt Tirol mit umfänglichen Erhe­bungen beauftragt. Diese sind noch nicht abgeschlossen, daher kann noch nicht genauer berichtet werden.

Zur Frage 7:

Dies ist vor dem Hintergrund des Tatbestandes des Missbrauchs der Amtsgewalt gemäß § 302 Strafgesetzbuch zu beantworten, wenn derartige Mängel vorliegen. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes kann, wenn die subjektive Tatseite entsprechend vorliegt, die Unterlassung einer Anzeige beziehungsweise Meldung an den Vorgesetzten diesen Tatbestand des Missbrauchs der Amtsgewalt erfüllen.

Zur Frage 9:

Jugendschutz im engeren Sinn fällt gemäß unserer Bundesverfassung in die Gesetz­gebungskompetenz des Landesgesetzgebers. Im Bereich der Jugendfürsorge besteht als bundeseinheitliches Grundsatzgesetz das Jugendwohlfahrtsgesetz 1989, für welches in der Legistik, in der Vorbereitung das Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend zuständig ist.

Zu den Fragen 10, 11 und 19 ist festzuhalten, dass es dem auf den Zweckgedanken der Strafe ausgerichteten Verständnis entspricht, dass Strafe auch zur Resozialisie­rung und Besserung des Täters beitragen soll. Grundsätzlich soll diese Zukunftsaus­sicht einer späteren Resozialisierung und Besserung niemandem verschlossen bleiben. An dieser Hoffnung, dieser Chance muss gearbeitet werden. Wesentlich ist aber, dass jede Entlassung gewissenhaft vorbereitet und durch geeignete Maß­nah­men, wie Bewährungshilfe und Weisungen, auch bestmöglich kontrolliert werden kann, um einer Gefährdung vorzubeugen.

Ich darf bei dieser Gelegenheit eine weltbekannte Vertreterin genau dieser Aspekte, die wir heute hier diskutieren, des Schutzes von Frauen und Kindern vor Gewalt, auf der Besuchergalerie begrüßen. Sie ist heute wegen einer anderen Initiative, nämlich zur Abschaffung der Streumunition, bei uns in Österreich und verfolgt die Debatte hier. Es ist Frau Bianca Jagger. – Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Die Chance auf bedingte Entlassung wird auch nicht erst durch das gestern vom Nationalrat verabschiedete Sanktionspaket eröffnet, sondern ist seit jeher Kernbestand unseres Strafrechts. Der Fokus liegt daher nicht auf einer Erleichterung der bedingten Entlassung, sondern auf einer besseren Beurteilung der individuellen Persönlichkeit des Verurteilten und einer stark ausgeweiteten Begleitung und Kontrolle des Lebens in Freiheit nach der Entlassung.


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Wesentlich ist, dass die vorzunehmende Prognose grundsätzlich nicht auf eine allge­meine Verkürzung der Dauer der Strafverbüßung ausgerichtet ist. Es soll vielmehr ganz konkret und personenbezogen beurteilt werden, wie sich der bisherige Vollzug auf die Persönlichkeit des Verurteilten ausgewirkt hat und ob durch Anordnung von Bewährungshilfe und Erteilung von Weisungen, etwa Fortsetzung einer begonnenen medizinischen Behandlung, begründete – begründete – Aussicht besteht, dass keine weiteren strafbaren Handlungen gesetzt werden. Zu betonen ist, dass die Gefahr jedweden Rückfalls hier angemessen zu berücksichtigen ist und nicht bloß eine Gefahr der Tatbegehung mit schweren Folgen. – Die Gefahr jedweden Rückfalls ist zu berücksichtigen!

Zu den Fragen 12 bis 15 und 18 führe ich aus, dass seit 11. Jänner 2007 11 800 Insassen entlassen wurden, davon 1 569 bedingt. Im selben Zeitraum wurden 88 Insassen bedingt entlassen, die eine einschlägige Verurteilung, Herr Klubobmann, nach dem Zehnten Abschnitt des Strafgesetzbuches aufweisen. – 88 im Zeitraum seit 11. Jänner 2007.

Seit 11. Jänner 2007 gab es insgesamt 2 165 Freigänger, wobei in diesem Zeitraum täglich durchschnittlich 12 Freigangstermine pro Justizanstalt durchgeführt werden, wobei zu beachten ist, dass darunter auch Mehrfachzählungen anfallen, weil ein In­sasse auch zwei bis drei Freigangstermine pro Tag haben kann.

Zur Aufgliederung nach Deliktsgruppen im Bereich der vorzeitigen Entlassung – bedingter Entlassung und Entlassung im Gnadenweg, beides gemeinsam – kann ich folgende Angaben machen:

Deliktsgruppe Körperverletzung: 368 bedingte Entlassungen und Entlassungen im Gnadenweg – das gilt jetzt auch für alle folgenden Rubriken –; schwere Körperverlet­zung: 198; Mord: 35; Vergewaltigung: 83; Raub: 185; Diebstahl: 893; Suchtmitteldelik­te: 435; alle anderen Delikte zusammen: 1 418.

In diesen Aufzählungen sind aber vielfach auch Mehrfachzählungen enthalten, weil ein Insasse mehrere Delikte zu verantworten haben kann und das System nicht auf Personen, sondern auf Delikte bezogen ist.

Zu den Fragen 16, 17, 20, 21 und 35, die Sie auch in Ihrer mündlichen Begründung sehr stark angesprochen haben:

Eine exakte Prognose über die Rückfallhäufigkeit lässt sich bedauerlicherweise, aber auch natur- und sachgemäß nicht anstellen. Das spezielle Rückfallrisiko liegt nach den übereinstimmenden wissenschaftlichen Erkenntnissen bei Sexualstraftätern zwischen 10 und 20 Prozent und ist eher geringer als in anderen Deliktsbereichen.

Die Justiz widmet sich auch mit besonderem Nachdruck einer verbesserten Beur­tei­lung von Sexualstraftätern. Die bereits etablierte und wissenschaftlich anerkannte Begutachtungsstelle für Sexualstraftäter wird zu einer Begutachtungs- und Evalu­ationsstelle für Gewalt- und Sexualstraftäter ausgebaut. Wichtig ist hier die Wahr­nehmung, dass bei Verurteilten, die bereits jetzt von dieser Stelle im Vollzug beob­achtet und behandelt werden, der Rückfall auf weniger als 5 Prozent gesenkt werden konnte. – Wenn das also ausgebaut wird, dann besteht doch begründete Hoffnung, dass insgesamt diese Rückfallhäufigkeit von den jetzigen 10 bis 20 Prozent gesenkt werden kann.

Nun machen wir noch einen weiteren Schritt, indem im Verfahren zur Entscheidung über eine bedingte Entlassung angeordnet wird, dass bei Sexualstraftätern zwingend eine Stellungnahme eben dieser Begutachtungsstelle eingeholt werden muss. Dadurch soll es möglich werden, genau abgestimmte, individuell treffsichere Maßnahmen zu


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ergreifen und Weisungen zu erteilen, die dem Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Straftätern dienen können. Künftig soll diese Begutachtungsstelle auch vor jeder Entscheidung über Schritte in Freiheit, wie Ausgang, Unterbrechung oder Freigang, angehört werden.

In Frage 35, Herr Klubobmann, kritisieren Sie das gestern hier beschlossene Sank­tionspaket unter dem Aspekt der Opferhilfe. Ja, richtig verstanden fügen sich die vorgesehenen Maßnahmen auch in die von der Frau Justizministerin geforderte Gesamtbetrachtung ein. Natürlich liegt der Schwerpunkt auf einer besseren Reso­zialisierung und auf einer stark verbesserten Vorbereitung und Kontrolle des Lebens in Freiheit und damit auch einer Vermeidung weiterer Taten.

Zur Frage 22:

Hier werden entsprechend der Zielsetzung des Regierungsprogramms derzeit unter der Leitung des BMI Gespräche auf Expertenebene mit Vertretern mehrerer Ressorts, BKA, Unterrichtsministerium, Gesundheitsministerium und auch Justizministerium, geführt, die im Wesentlichen die rechtlichen und praktischen Voraussetzungen für die Einführung einer solch speziellen Datei über solche Sexualstraftäter prüfen, welche als rückfallgefährdet eingestuft werden.

Die diesbezüglichen Gespräche sind bereits weit gediehen. Sobald sie abgeschlossen sind, können die zuständigen Ministerinnen und Minister gemeinsam entsprechende Schlussfolgerungen daraus ziehen und Handlungsanleitungen ableiten.

Zu den Fragen 28 und 31:

Was die angeblich eklatanten Ungleichgewichte bei den Strafen im Verhältnis zwi­schen Vermögensdelikten und Delikten gegen Leib und Leben betrifft, hat sich die Frau Justizministerin in der Antwort zur Dringlichen Anfrage am 17. Oktober bereits geäußert. Sie hat dabei unterschieden zwischen dem Strafrahmen des Strafgesetz­buches und den von den Gerichten tatsächlich verhängten Strafen.

Was den Strafrahmen betrifft, ist das derzeit bestehende System von einer langfristig gewachsenen und im Großen und Ganzen durchaus als ausgewogen bezeichenbaren Balance zwischen Vermögensdelikten und Delikten gegen Leib und Leben, darunter fallen ja auch Sexualdelikte, charakterisiert. Diese Strafrahmen sind auch absolut ge­sehen im Einklang mit den europarechtlichen Vorgaben, was die Mindest­höchst­strafen anlangt. Tatsächlich gehen die bestehenden Strafdrohungen bereits derzeit nicht unbe­trächtlich über diese europarechtlichen Vorgaben hinaus. Als Beispiel ist die inner­staatliche Umsetzung des EU-Rahmenbeschlusses zur Bekämpfung der sexuel­len Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornografie zu erwähnen, bei welcher die im Strafgesetzbuch vorgesehene Höchststrafe meist das Zwei- bis Dreifache der im Rahmenbeschluss vorgesehenen Mindesthöchststrafe beträgt.

Was die von den Gerichten tatsächlich verhängte Strafhöhe anlangt, so ist darauf hin­zuweisen, dass die Strafzumessung eine Sache der unabhängigen Recht­sprechung, auf die wir alle stolz sind, ist, die einzelfallbezogen erfolgt und dabei zahl­reiche Um­stände zu berücksichtigen hat, die sich einer mechanistisch-linear-oberfläch­lichen Betrachtungsweise weitgehend entziehen. Erschwerungs- und Milderungsgrün­de sind abzuwägen und haben damit maßgeblichen Einfluss auf die konkrete Straf­zumessung.

Bei den Vermögensdelikten sind es häufig die zahlreich einschlägigen Vorverur­teilun­gen, die bisweilen in der Öffentlichkeit den sachlich nicht zutreffenden Eindruck


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entstehen lassen, dass die Eigentumsdelikte im Verhältnis zu den Delikten gegen Leib und Leben viel höher bestraft seien.

In diesem Zusammenhang möchte ich ergänzend darauf hinweisen, dass das Justiz­ministerium im Rahmen einer Studie erkunden will, welche Strafen von den Gerichten bei Sexualdelikten konkret verhängt werden, auch unter Berücksichtigung der ent­sprechenden Gesetzesänderungen in den vergangenen Jahren. Schlussfolgerungen über das allfällige Erfordernis einer Änderung im System des Strafrahmens, Herr Klubobmann, werden erst nach Vorliegen dieser Evaluierung der Sanktionspraxis der Gerichte seriös gezogen werden können.

Zur Frage 32:

Die entsprechende Studie ist dem Ministerium nicht bekannt.

Zu den Fragen 33 und 34:

Die Europäische Menschenrechtskonvention steht in Österreich im Verfassungsrang; Artikel 5 Abs. 4 EMRK sieht das Recht auf Haftprüfung ausdrücklich vor. Das BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit sieht ja vor, dass im Fall der Anhaltung von unbestimmter Dauer deren Notwendigkeit durch ein unabhängiges Gericht in regel­mäßigen Abständen überprüft werden muss.

Zur Frage 38 ist festzuhalten, dass sich die an die Bundesregierung gerichtete Entschließung vom 3. Mai 2007 darauf bezogen hat zu prüfen, welche Möglichkeiten für die Einführung eines solchen Berufsverbotes bestehen. Und erst auf Basis dieses Berichtes über die Möglichkeiten einer Einführung kann die Umsetzung dieses Vor­habens bis zum 31. März 2008, das ist der Plan, erfolgen.

Soweit diese Entschließung die Zuständigkeit der Justiz berührt, hat das BMJ dazu sehr umfassende Überlegungen angestellt und diese im Oktober, wie von Ihnen auch angeführt, Herr Klubobmann, dem Bundeskanzleramt, das eine Gesamtantwort erstellen wird, übermittelt.

Zur Frage 40 ist grundsätzlich anzumerken, dass Vorkehrungen für regelmäßige Untersuchungen im Rahmen der öffentlichen Gesundheitsvorsorge bereits in Form des sogenannten Mutter-Kind-Passes getroffen sind. In diesem Rahmen sind regelmäßig bis zur Vollendung des fünften Lebensjahres Untersuchungen des Kindes vorgesehen. Die Missachtung dieser Vorgaben wird ja bekanntlich mit Einbußen im Bezug des Kinderbetreuungsgeldes sanktioniert. Darüber hinaus werden regelmäßig ärztliche Untersuchungen an Kindern in Kindergärten und Schulen durchgeführt.

Weiter gehende Verpflichtungen wie die hier angesprochene vierteljährliche Unter­suchung jedes Kindes in Österreich erscheinen eher als Ausdruck eines unange­messenen Misstrauens gegenüber allen Müttern und Vätern und deren Erziehungs­kompetenz. Eigentlich stellen sie einen gegen alle Eltern gerichteten Generalverdacht dar, sie seien potenzielle Gewalttäter an ihren eigenen Kindern, und das, Herr Klub­obmann, kann nicht unser Anliegen sein.

Zur Frage 41:

Im Falle der Trennung der Eltern ist es seit der nach dem Kindschaftsrechts-Ände­rungsgesetz 2001 geltenden Rechtslage unumgänglich, dass der hauptsächliche Aufenthaltsort des Kindes festgelegt wird. Jedes Kind benötigt für ein gedeihliches Heranwachsen ein von kinderpsychologischen Fachkreisen so genanntes „Heim erster Ordnung“, also eine erste Zugehörigkeit. Wenn sich die Eltern nicht einmal auf einen hauptsächlichen Aufenthaltsort des Kindes einigen können, so knüpft das öster­reichische Modell zur Gestaltung der Obsorge nach Trennung der Eltern daran die Konsequenz, dass nunmehr das Gericht die Zuweisung dieser alleinigen Obsorge an


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einen Elternteil vornehmen muss, da es nicht dem Kindeswohl entsprechen kann, beiden Elternteilen, die offensichtlich noch in einen gegenseitigen Paarkonflikt ver­strickt sind, die Obsorge zu überlassen.

Da diese Obsorge auch das Recht zur Bestimmung des Aufenthalts des Kindes beinhaltet, wäre es in solchen Fällen nicht einmal möglich, ein „Heim erster Ordnung“ für das Kind festzulegen. Aus Gründen der Wahrung und Förderung des Kindeswohls hält daher die Frau Bundesministerin für Justiz die derzeitige, auf elterlichem Ein­vernehmen basierende Gestaltung der Obsorge weiterhin für zweckmäßig. Eine Evaluationsstudie des BMJ aus dem Jahre 2005 bestätigt auch diese Einschätzung.

Ich komme nun zu den Fragen 42 und 43:

Es läuft derzeit an 28 österreichischen Bezirksgerichten das vom Bundesministerium für Justiz initiierte Modellprojekt „Kinderbeistand“. Im Rahmen dieses Projektes kann Kindern im Alter von 6 bis 18 Jahren in eskalierten Obsorge- oder Besuchs­rechts­streitigkeiten ein Beistand zur Seite gestellt werden. Diese Personen verfügen über Ausbildung und einschlägige Berufserfahrung in einem psychosozialen Quellenberuf. Es soll damit dem Kind in eskalierten Obsorge- oder Besuchsrechtsstreitigkeiten eine Stimme gegeben werden, die es in die Lage versetzt, seinen Willen und seine Wünsche sprachlich auszudrücken.

Dieses Projekt läuft bis Mitte 2008 und wird auch sozialwissenschaftlich beobachtet, begleitet und evaluiert. Und danach wird über die Einrichtung dieses Instituts des Kinder­beistands und gegebenenfalls über die Ausprägung in der Folge zu entscheiden sein.

Zu Frage 44, die suggeriert, dass der minderjährige Halbbruder in Obsorge der Mutter verblieben wäre:

Es hat eine Nachfrage beim zuständigen Pflegschaftsgericht ergeben, dass sich dieser minderjährige Halbbruder des verstorbenen Luca nicht bei deren gemeinsamen Mutter, sondern – nach Intervention der Jugendwohlfahrtsbehörde der BH Schwaz – kraft gerichtlichen Beschlusses bei den mütterlichen Großeltern in Pflege und Erziehung befindet.

Zur Frage 45:

Die Antwort ist einfach und klar: Ja. Auch Tischvorlagen, die kurzfristig vorgelegt werden, sind von einer Ministerin oder einem Minister zu lesen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner/keine Rednerin länger als 10 Minuten sprechen darf, wobei jedem Klub eine Gesamtredezeit von 25 Minuten zukommt.

Als Erster zum Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Darmann. 10 Minuten Rede­zeit. – Bitte.

 


15.58.58

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (BZÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Vorweg darf ich im Namen des BZÖ meinen Dank ausdrücken an den Herrn Sozialminister, und nicht nur an Sie, sondern auch an die Mitarbeiter des Bundesministeriums für Justiz, für diese wirklich bemühte Beantwortung unserer Dringlichen Anfrage. (Beifall beim BZÖ.)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 155

Anschließen möchte ich gleich unsere positive Aufnahme der Tatsache, dass nach dreimaligem unbeantwortet gebliebenem Anfragen nunmehr eine Antwort gegeben wurde, nämlich dass 88 Sexualstraftäter und 35 Mörder vorzeitig bedingt entlassen worden sind. Für uns erschreckende Zahlen, aber wichtige Zahlen, mit denen wir auch weiterhin, wenn wir uns mit diesem Thema bedingte Entlassung, vorzeitige Entlassung beschäftigen, arbeiten können. Nochmals vielen Dank für die bemühte Beantwortung.

Leider ist Frau Bianca Jagger nicht mehr hier, sonst hätte ich Sie auch noch auf Englisch begrüßt und ihr für ihr Erscheinen bei dieser dringlichen Debatte gedankt. (Abg. Broukal: Go ahead! Make my day!) – Go ahead? Sie können sich dann auch noch zu Wort melden. Diskutieren wir das dann im Nachhinein auf Englisch aus. (Abg. Öllinger: So eine Gorbach-Variante wieder!) – Es ist nämlich für uns wirklich eine Freude, dass eine international anerkannte Kämpferin gegen die häusliche Gewalt hier an diesem Tag bei einer Debatte zum Thema Gewalt gegen Kinder anwesend war. (Beifall beim BZÖ.)

Nun aber zum Thema. Es wurde bereits festgehalten, dass die erschreckend hohe Anzahl von Vergehen und Verbrechen gegen unsere Kinder wirklich ein dringlicher Auftrag an alle in der Verwaltung und in der Gesetzgebung tätigen Personen ist, ein Auftrag, unsere Kinder besser zu schützen. Und dies umso mehr, als wir alle wissen, dass die bekannten Fälle, die an die Öffentlichkeit gekommen sind, nur die Spitze des Eisberges sind und der Rest eine Dunkelziffer ist, eine erheblich größere Zahl, auf die es draufzukommen gilt.

Umso mehr möchte ich jetzt an alle hier anwesenden Abgeordneten von allen Frak­tionen eine Frage richten, und Sie haben dann in Ihren Wortmeldungen die Mög­lichkeit, auch darauf einzugehen: Ist es nicht so, dass nach den in den letzten Monaten bekannt gewordenen schändlichen Straftaten gegen Kinder auch der letzte Straf­rechtsliberalisierer davon überzeugt sein muss, dass unsere Kinder umfassend zu schützen sind und Personen, die Straftaten gegen unsere Kinder begehen, als Gefah­renquelle für unsere Kinder so lange wie möglich weggesperrt, ferngehalten werden müssen? Ich glaube, das ist eine berechtigte Frage. Und ich glaube auch, dass es berechtigt ist, von Ihnen allen hier eine Antwort einzufordern. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte aber auch festhalten, dass es unerträglich ist, in der heutigen Zeit fest­stellen zu müssen, dass es in Österreich Fälle wie die Gewaltanwendung an dem kleinen Luca gibt – den picke ich jetzt nur als Beispiel heraus, denn es gibt genug Fälle, welche an die Öffentlichkeit gekommen sind –, dass es ein schlimmer Zustand ist, dass diese Gewaltexzesse gegen diesen Jungen den Behörden bekannt waren, aber nichts getan worden ist.

Ich rufe in Erinnerung: Es ist Tatsache, dass der Bub in Krankenhäusern am Wohnort der Mutter war, in Krankenhäusern am Wohnort des Vaters war, diese Krankenhäuser mit den Behörden Kontakt aufgenommen haben, aber keine wirksamen Maßnahmen zum Schutz dieses Kindes gesetzt worden sind.

Das heißt, allein diese Information und auch die Tatsache, die noch viel schlimmer ist, nämlich dass 90 Prozent der Fälle von Kindesmisshandlung, die letztlich zu einem tödlichen Ausgang führen, bereits vorher dem Jugendamt bekannt waren, stimmen nachdenklich und zwingen zum Handeln, zu einem gesetzgeberischen Handeln. Es ist hier nicht mit einer Debatte in ein, zwei Sitzungen abgetan! Wir vom BZÖ setzen bereits seit einem ganzen Jahr hier vehement unzählige Initiativen zum Schutz der Kinder vor Misshandlung, zur Früherkennung von Misshandlung. Und wir werden heute und auch in Zukunft weitere Initiativen setzen, die den Kindern den nötigen Schutz geben. (Beifall beim BZÖ.)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 156

Zwei weitere Punkte möchte ich im Folgenden ansprechen. Zum einen wird es in diesem Hohen Haus sicher niemand bestreiten, dass eine wirksame Kontrolle zum Schutz unserer Kinder sichergestellt werden muss. Und jeder, der sich mit der Prob­lematik der Kontrolle auseinandergesetzt hat, weiß aber auch, dass gewalttätige Eltern versuchen, sich dieser Kontrolle geschickt zu entziehen, indem sie häufig den Wohn­sitz wechseln, häufig den Hausarzt wechseln, und somit ihre Gewaltexzesse unent­deckt bleiben. Das ist aber nicht die einzige Ursache, wieso es oft so lange dauert, bis man einen Misshandlungsvorwurf dingfest machen kann.

Das nächste Problem, das ich jetzt anspreche, mag vielleicht einfach klingen, aber hier eine Änderung vorzunehmen wäre sehr wichtig im Hinblick auf die Vermeidung von Misshandlungen von Kindern im frühesten Alter: Gewalt gegen Kinder in der Familie wird nur allzu oft bis zum Beginn der Schulpflicht, bis zum sechsten Lebensjahr des Kindes nicht erkannt, da erst ab diesem Zeitpunkt regelmäßige ärztliche Kontrollen stattfinden.

Aus diesem Grund bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler, Mag. Gernot Darmann, Herbert Scheibner, Kollegin und Kollegen betreffend vierteljährliche verpflichtende ärztliche Untersuchung von Kindern in Österreich

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen.

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, zum Schutze der Kinder in Österreich vor Gewalt einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der Eltern zu einer vierteljährlichen ärzt­lichen Untersuchung ihrer Kinder bis zum Schuleintrittsalter verpflichtet und die Familienleistungen wie Kinderbetreuungsgeld und Familienbeihilfe an die Einhaltung dieser Pflicht bindet.“

*****

Dies zum einen. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Öllinger: Ein Wahnsinn ist das!)

Zum anderen möchte ich auch den Punkt der Verjährung von Straftaten an Kindern ansprechen. (Abg. Öllinger: Geben Sie den Eltern auch die vier Tage Urlaub?) – Herr Kollege, melden Sie sich dann zu Wort bei diesem Thema! Schreien Sie nicht bei jeder einzelnen Wortmeldung heraus, auch wenn das Thema noch so sensibel ist! (Abg. Öllinger: Nein, nur bei Ihrer!) Das ist unglaublich, Herr Kollege Öllinger! Wirklich! Sie sind so lange hier im Haus und haben absolut kein Benehmen in der Diskussion. Bitte, melden Sie sich zu Wort! (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Dr. Schüssel. – Zwischenrufe bei den Grünen.)

Es ist gut, dass die Leute das mitbekommen, auch hier oben auf der Galerie, wie Sie sich mit dieser Thematik auseinandersetzen. – Melden Sie sich zu Wort, Herr Kollege, wenn Sie etwas zu sagen haben! Vielleicht ist es auch etwas Sinnvolles. (Abg. Öllinger: Könnte sein!)

Nun zur Thematik der Verjährung von Straftaten an Kindern. Auch hier muss es nach unserer Meinung ein Umdenken in der Strafrechtsgesetzgebung geben. Es ist nicht nur


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 157

die Meinung, sondern auch eine Forderung des BZÖ, dass eine Verjährung von Straf­taten an Kindern erst mit der Volljährigkeit dieser Kinder beginnen kann. Und zwar aus dem Grund, dass es nicht sein kann, wenn man dieses Beispiel heranzieht, dass ein Kind im Alter von sieben, von zehn Jahren gewalttätig misshandelt wird, ein Opfer von Gewalt wird und hier eine Verjährungsfrist von vielleicht drei Jahren, fünf Jahren besteht, das Kind aber keiner freien Willensentscheidung nachkommen kann, da es sich vielleicht auch noch unter Druck gesetzt fühlt und sich nicht frei dazu entschließen kann, dieser Straftat entsprechend entgegenzutreten. Aus diesem Grund darf die Verjährung einer Straftat, einer Gewalttat an Kindern erst ab der Volljährigkeit, ab dem vollendeten 18. Lebensjahr beginnen. (Beifall beim BZÖ.)

In diesem Zusammenhang darf ich einen weiteren Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Westenthaler, Mag. Darmann, Kollegin und Kollegen betreffend Verbrechen an Kindern dürfen nicht verjähren

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen.

„Die Bundesministerin für Justiz wird ersucht, dem Nationalrat bis 31. Jänner 2008 einen Gesetzesentwurf vorzulegen, nach dem die Verjährung von allen Straftaten an Kindern jedenfalls frühestens mit der Vollendung des 21. Lebensjahres des Kindes endet und nach dem die Verjährung von Delikten mit schwerer Dauerfolge sowie mit Todesfolge generell ausgeschlossen ist.“

*****

Ich bitte um Unterstützung unserer Anträge. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

16.08


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die beiden von Herrn Abgeordnetem Darmann eingebrachten Entschließungsanträge sind ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und stehen mit in Verhandlung.

Die beiden Entschließungsanträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler, Mag. Gernot Darmann, Herbert Scheibner, Kollegin und Kollegen betreffend vierteljährliche verpflichtende ärztliche Untersuchung von Kindern in Österreich

eingebracht im Zuge der Debatte zur Dringlichen Anfrage der Abgeordneten Ing. Wes­tenthaler, Scheibner, Kollegin und Kollegen „Gewalt gegen Kinder – Stunde der Wahrheit für Berger“ in der Nationalratssitzung am 06.12.2007

Angesichts der jüngsten Fälle von Kindesmisshandlungen in Österreich – wie der erschütternde Fall des 17-Monate alten Luca, der von seinen Eltern zu Tode gequält wurde – tritt einmal mehr das Versagen der Behörden, vor allem das der Jugend­wohlfahrt auf schmerzhafte und tragische Weise zu Tage. Diese Problematik, Gewalt an Kindern, hat in Österreich in den letzten Jahren in der Tat unfassbare Ausmaße angenommen: allein in Wien wurden im Vorjahr 640 Kinder von ihren überforderten


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 158

und daher gewalttätigen Eltern misshandelt – wobei dies nur die offizielle Ziffer ist, die Dunkelziffer liegt wahrscheinlich viel, viel höher – und mussten aus der Familie heraus­genommen werden.

Diesen Kindern konnte wenigstens noch geholfen werden, für den kleinen Luca kam jedoch jede Hilfe zu spät.

Das Tragische daran ist auch, dass 90% der Kindesmisshandlungen mit letztlich tödlichem Ausgang dem Jugendamt vorher bekannt waren – so wie der Fall des kleinen Luca – dieses jedoch nicht wirksam einschritt. Der Bub wurde in Kranken­häusern in Tirol (am Wohnort der Mutter) und in Niederösterreich (am Wohnort des Stiefvaters) mit gebrochenen Armen, zahlreichen Hämatomen am ganzen Körper und sichtbaren Narben eingeliefert und doch blieben die zuständigen Behörden untätig!

Kindern wird in Österreich Gewalt angetan, sie werden misshandelt und sogar getötet und die Behörden schauen zu beziehungsweise weg! Das muss ein Ende haben!

Dazu ist die Einführung eines wirksamen Kontrollinstrumentes in Österreich notwendig, in Form einer vierteljährlichen verpflichtenden ärztlichen Untersuchung von Kindern bis zum Schuleintrittsalter – ähnlich den ärztlichen Untersuchungen von Neugeborenen, die im Mutter-Kind-Pass vermerkt werden – die über die E-Card an ein zentrales Melderegister gelangen, um Misshandlungen durch die Eltern rechtzeitig erkennen und weitere Verletzungen verhindern zu können. Sollten zwei Termine ohne Angabe von Gründen versäumt werden, muss die Jugendwohlfahrt informiert und zum Einschreiten befugt werden. Darüber hinaus sollte der Bezug des Kinderbetreuungsgeldes und der Familienbeihilfe an die Durchführung dieser Untersuchungen gekoppelt werden.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, zum Schutze der Kinder in Österreich vor Gewalt einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der Eltern zu einer vierteljährlichen ärzt­lichen Untersuchung ihrer Kindern bis zum Schuleintrittsalter verpflichtet und die Familienleistungen wie Kinderbetreuungsgeld und Familienbeihilfe an die Einhaltung dieser Pflicht bindet.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Westenthaler, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Gewalt gegen Kinder – Stunde der Wahrheit für Berger

betreffend Verbrechen an Kindern dürfen nicht verjähren

Nach der Opfertabelle des Bundeskriminalamtes wurden im letzten Jahr mehr als 700 Verurteilungen von Straftaten an unter Zehnjährigen statistisch erfasst. Dabei waren allein knapp 200 Kinder unter sechs Jahren von Gewaltdelikten betroffen. In Wien gab es im selben Jahr genau 10.045 Meldungen über Kindesmisshandlungen an das Jugendamt, in Oberösterreich gingen rund 5.000 Meldungen dieser Art bei den Behörden ein. Der größte Teil der Meldungen bezog sich auf Vernachlässigung und psychische Gewalt. Weiters leben nach Schätzungen österreichweit mindestens 8.000 verwahrloste Kinder.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 159

Die insgesamt erschreckend hohe Anzahl von Vergehen und Verbrechen an Kindern muss dringender Auftrag an alle an der Verwaltung und Gesetzgebung Beteiligten sein, unsere Kinder besser zu schützen. Dies gilt erst recht, da Experten gerade bei kind­lichen Opfern regelmäßig von einer erheblichen Dunkelziffer ausgehen. Auch der letzte Strafrechtsliberalisierer muss nun davon überzeugt sein, dass es dringlich und richtig ist, unsere Kinder umfassend zu schützen und Personen, die Straftaten an Kindern begehen, so lange wie möglich als Gefahrenquelle für weitere Kinderseelen von diesen fernzuhalten. Kinder sind unsere Zukunft!

Durch die mediale Berichterstattung in den vergangenen Tagen, Wochen und Monaten sind wieder schreckliche Gewaltverbrechen an Kindern und Kleinkindern einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden. Besonders der schockierende Fall des 17-monatigen Luca, der nach langem Martyrium qualvoll sterben musste, sowie der Vorfall in Wien, das so genannte Sex-Attentat am 13.09.2007 an einem sechsjährigen Mädchen auf der Toilette der Volksschule Kindermanngasse, und der fortgesetzte Missbrauch an mindestens sechs Mädchen durch einen 63-Jährigen in einem Vorarlberger Kinderdorf haben verdeutlicht, dass Kindern in unserer Gesellschaft ein zu geringer Wert beige­messen wird und sie zu wenig vor Rechtsbrechern geschützt werden. Gleichermaßen zeigt dies der Fall des Kinderschänders aus Innsbruck. Dieser hatte im vergangenen Jahr serienweise Mädchen sexuell missbraucht und war daraufhin lediglich zu zwei Jahren teilbedingter Haft verurteilt worden. Besondere Mahnung und Antrieb müssen die vier weiteren in der letzten Woche bekannt gewordenen Fälle von schwerer Kindesmisshandlung in Niederösterreich, Tirol und Vorarlberg sein.

Geradezu unerträglich ist die Tatsache, dass der schlimme Zustand des kleinen Luca den Behörden bekannt war - immer wieder wurde der Bub in Krankenhäuser in Tirol am Wohnort der Mutter und in Niederösterreich am Wohnort des Stiefvaters mit gebrochenen Armen, Hämatomen am ganzen Körper und sichtbaren Narben einge­liefert. Obwohl die Krankenhäuser die Behörden über den Zustand des Kindes informiert hatten, sah man bei der zuständigen Bezirkshauptmannschaft in Schwaz offenbar keinen Grund, wirksame Maßnahmen zum Schutz des Kleinkindes einzu­leiten.

Nach Aussage des Obmanns des Vereins Dialog für Kinder, Günther Tews, ist das Schicksal des Buben jedoch kein Einzelfall: Rund 90 Prozent der Fälle von Kindes­misshandlung mit letztlich tödlichem Ausgang waren dem Jugendamt vorher bekannt. Ein sträfliches Unterlassen, das ob seiner Verantwortungslosigkeit nicht zu begreifen ist.

Wenn nicht die eigenen Eltern für das Wohlergehen ihrer Kinder sorgen können, haben Kinder offenbar keine verlässlichen Vertreter ihrer Interessen. Dabei brauchen gerade Kinder Zu- und Fürsprache, erst recht, wenn die Eltern hierzu nicht in der Lage sind oder die Gefahr gar von diesen ausgeht. Darüber hinaus lässt die geschätzte Zahl von 8.000 verwahrlosten Kindern in Österreich größte Befürchtungen aufkommen - da stellt es sich als Skandal dar, dass das entsprechende Delikt vor Gericht kaum eine Rolle spielt: Lediglich 25 Verurteilungen wegen "Quälen oder Vernachlässigen unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen" gab es laut gerichtlicher Kriminalstatistik im vorvergangenen Jahr.

Allerdings kann die hohe Zahl von verwahrlosten Kindern, die niedrige Zahl der Verurteilungen und die erschreckend hohe Anzahl der Fälle, in denen die Behörden schlicht untätig bleiben, nicht besonders verwundern, da ein skandalöses Verhältnis von Personalressource und zugewiesenen Aufgaben in den Behörden der Jugend­wohlfahrt herrscht: Ein Sozialarbeiter hat zwischen 80 und 100 Kinder aus schwierigen Verhältnisses mit „Erziehungsmaßnahmen“ zu betreuen. Mehr als eine Alibifunktion kann mithin ob dieser Arbeitsbelastung schlicht nicht erfüllt werden. Hier muss eine


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 160

massive Aufstockung des Personalbestandes erfolgen. Kinder müssen vom Staat geschützt werden!

All diese Geschehnisse haben zu Recht wegen der Abscheulichkeit der Taten, wegen der Untätigkeit der Behörden sowie wegen der viel zu geringen Strafdrohung und teilweise skandalös geringen Verurteilungen starke Empörung in der Bevölkerung und in den Medien ausgelöst. Erst letzte Woche wurde eine Frau, die ihr Kind nach der Geburt erstickt hat, nur zu einem Monat unbedingt und 17 Monaten bedingt verurteilt. Das AMS will diese Frau sogar als Kindergartenhelferin vermitteln!

Nichtsdestotrotz dürfen neben den Fällen in der Presse die alltäglichen kindlichen Opfer von Straftaten nicht vergessen werden. Gerade bei den weniger spektakulären Tatbegehungen an Kindern im Alltag herrscht generell ein geringes Problem­bewusst­sein. Damit geht die regelmäßig von Kriminalisten angeführte hohe Dunkel­ziffer einher. Das BZÖ kämpft nicht erst seit den aktuellen Vorfällen für die Rechte der Kinder und setzt sich für das Recht auf eine gewaltfreie Kindheit ein. Der Wert der Kinder für die Gesellschaft muss sich umfassend im Strafrecht widerspiegeln - nicht nur bei Gewalt gegenüber Kindern! Denn Kinder werden nicht nur Opfer von abscheulichen Gewalt- oder Sexualdelikten, sie werden auch Opfer ganz „alltäglicher“ Delikte wie Diebstahl, Raub oder Nötigung. In jedem Fall werden sie aber lebenslang traumatisiert. Deshalb muss – wie nach dem BZÖ-Initiativantrag 413/A – eine Strafrahmenverdopplung bei einer Tatbegehung an Kindern erfolgen!

Insgesamt muss eine wirksame Kontrolle zum Schutz der Kinder sichergestellt sein. Da Jugendschutz weitgehend Ländersache ist, gibt es österreichweit keine einheitliche Vorgangsweise bei einer Meldung an das Jugendamt. Wiens Kinderanwältin Monika Pinterits fordert im Kampf gegen Gewalt an Kindern daher zu recht eigene Kinder­schutz-Teams in Spitälern und eine bessere bundesweite Vernetzung aller Jugend­ämter. Gewalttätige Eltern wechseln erfahrungsgemäß oft Wohnsitz und Hausarzt, damit Gewaltexzesse nicht entdeckt werden. Außerdem bleibt Gewalt gegen Kinder in der Familie bis zum 6. Lebensjahr, also dem Beginn der Schulpflicht, oft unentdeckt. Weiters darf die Verjährung von Straftaten an Kindern erst mit deren Volljährigkeit beginnen, da diese frei sein müssen in der Entscheidung eine Strafverfolgung zu verlangen und nicht mit einer Verjährung der Delikte konfrontiert sein dürfen. Dies belegt der Fall der 54-jährigen Tirolerin, die am 14. Juni 2007 festgenommen wurde, nachdem Anfang Juni im Kellerabteil eines Innsbrucker Mehrparteienhauses drei Babyleichen entdeckt worden waren. Zwar steht für die Staatsanwaltschaft Innsbruck fest, dass die Frau strafrechtlich relevante Schuld auf sich geladen hat und dies auch nicht leugnet. Dennoch kann sie dafür wegen der viel zu kurzen Verjährungsfrist des § 79 StGB nicht mehr belangt werden. Dem kann mit einer bundesweiten Erfassung von Meldungen, die Kinder betreffen, mit einer Anzeigepflicht, einer Verjährungshemmung und mit einer Untersuchungspflicht für Kinder entgegengewirkt werden.

Wegen des skandalösen Zustandes des Kinderschutzes in Österreich und der schlicht unbegreiflichen Untätigkeit der Bundesregierung stellen die unterzeichnenden Abge­ord­neten nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen.

„Die Bundesministerin für Justiz wird ersucht, dem Nationalrat bis 31. Jänner 2008 einen Gesetzesentwurf vorzulegen, nach dem die Verjährung von allen Straftaten an Kindern jedenfalls frühestens mit der Vollendung des 21. Lebensjahres des Kindes


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endet und nach dem die Verjährung von Delikten mit schwerer Dauerfolge sowie mit Todesfolge generell ausgeschlossen ist.“

*****


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Oberhauser. 8 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


16.08.22

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste auf der Galerie! Einige von Ihnen wer­den es vielleicht wissen, ich bin Kinderärztin von Beruf und habe lange Zeit auch in verschiedenen Wiener Spitälern in den Kinderambulatorien und Kinderambulanzen meinen Dienst versehen. Und wenn ich über Kindesmisshandlung und Kindesmiss­brauch spreche, dann tue ich das nicht, indem ich in einer reißerischen Art und Weise, ohne den Schutz von Personen zu beachten, mit Copy und Paste eine Anfrage zusammenfüge, Namen von Kindern und Schicksale vermenge, zum Teil seriös, zum Teil weniger seriös, sondern dann tue ich das aus einer ganz, ganz tiefen Betroffenheit der persönlichen Erfahrung, was es heißt, wenn ein Kind in die Ambulanz kommt, dessen Arme über und über mit Brandwunden übersät sind, weil Eltern die Zigaretten darauf ausgedrückt haben, ein bewusstloser, komatöser Säugling, den die Eltern geschüttelt haben, zum Teil aus Verzweiflung, zum Teil aus Unwissenheit, zum Teil aus Brutalität. – Das macht betroffen!

Was mich betroffen gemacht hat, waren die Bilder. Jeder, der die Bilder in den letzten Wochen in den Zeitungen gesehen hat, hat es vor Augen: diese verzweifelten toten Augen von Kindern, die Schutz suchend, von Behörden im Stich gelassen – da gebe ich Ihnen völlig recht – den Eltern wieder mit nach Hause gegeben, ja ausgeliefert werden. – Das macht mich wirklich betroffen.

Mich macht betroffen, dass Behörden offensichtlich weggeschaut haben und nicht den Mut zu unbequemen Lösungen gefunden haben. Wir alle, die wir mit misshandelten Kindern zu tun hatten – und auch mit Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern –, wissen, wie schwer es oft fällt, die Entscheidung zu treffen, ein Kind aus einer Familie herauszunehmen.

Aus meiner tiefsten Überzeugung heraus sage ich: Ich glaube noch immer, dass es nicht mehr gelten kann, dass es besser ist, ein Kind in einer nicht intakten, gewalt­bereiten Familie zu lassen, sondern dass es besser ist, dieses Kind lieber einmal zu oft als einmal zu wenig aus dieser Familie herauszuholen (Beifall des Abg. Schalle), es zu Pflegefamilien zu geben oder es auch in staatlichen Institutionen – wie auch immer – unterzubringen.

Das heißt, man sollte lieber den Mut auch von den Sozialarbeitern verlangen, einmal mehr zu riskieren, dass man ein Kind zu viel herausholt, als ein Kind in einer Familie zu lassen, in der es nicht nur Risiko läuft, weiter gequält zu werden, sondern auch zu Tode kommen kann.

Was mich sehr betroffen macht, ist auch die Art und Weise, wie das Thema behandelt wird – vor allem nach der wirklich seriösen und guten Diskussion gestern, die aufgrund der Anfrage der FPÖ hier abgeführt wurde. Es gab von den vier Parteien (Ruf beim BZÖ: Fünf!) – nein, nur vier; ich weiß, dass es fünf Parteien hier gibt – wirklich seriöse, lösungsorientierte Redebeiträge. Es gab einen ganz klar vorgezeichneten Weg, den die Justizministerin Berger als Antwort auf die Anfrage dargestellt hat.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 162

Was das BZÖ hier macht – und das unterstelle ich Ihnen – ist billiger Populismus mit dem Schicksal von Kindern. (Beifall bei SPÖ und Grünen. Abg. Scheibner: Warum? Jetzt wegen dem Antrag? Ist das Ihr Ernst? Eine Dringliche Anfrage ist Populismus? Waren Sie in der letzten Periode schon da? Wissen Sie, wie viele Dringliche Anfragen Ihre Fraktion gemacht hat?)

Sie entlarven sich nämlich ganz einfach selber, wenn es Ihnen um eine seriöse Auf­arbeitung des Themas geht. Wissen Sie, wo Gewalt beginnt? – Gewalt beginnt mit Worten! (Beifall bei der SPÖ. Abg. Scheibner: Das darf ja nicht wahr sein! Eine Dringliche Anfrage ist Gewalt?) – Nein. Wenn Sie mich ausreden lassen, würden Sie es vielleicht hören. (Abg. Scheibner: Eine Dringliche Anfrage im Parlament, eine Dringliche Anfrage an die Justizministerin ist Gewalt? Wissen Sie, was Sie sagen? Eine Dringliche Anfrage ist Populismus?)

Sie entlarven sich und den Sinn Ihrer Anfrage – vor allem nach der gestrigen sehr seriösen Diskussion – einzig und allein durch die letzte Frage, die Sie an diese Anfrage, die sich mit dem Wohl des Kindes beschäftigt, drangehängt haben. (Abg. Scheibner: Das ist ungeheuerlich! Wir brauchen Sie nicht als Oberlehrerin!) Wenn man sich die letzte Frage ansieht, dann ist erkennbar, dass Sie die Anfrage in eine andere Richtung hätten stellen müssen. Benützen Sie nicht die Schicksale von Kindern, um derartige Fragen anzuhängen! (Beifall bei der SPÖ. Zwischenrufe beim BZÖ.)

Sie unterstellen mit Ihrer Art der Agitation, dass Sie offenbar die Einzigen sind, die sich um das Wohl von Kindern irgendwie Gedanken machen. Ich bin völlig davon über­zeugt, dass sich die meisten oder sogar alle der hier Sitzenden um das Wohl der Kinder sehr wohl Sorgen machen, und das auf eine weit seriösere und gewaltfreiere Art und Weise, als ich das jetzt hier von Ihnen höre. (Beifall bei der SPÖ.)

Was wir fordern – und ich glaube mich da im Einklang mit den meisten hier im Hohen Haus –, ist ein wirklich seriöser Umgang mit diesem Thema. (Abg. Großruck: Das fordern doch alle!) Gestern gab es den ersten Schritt mit einer seriösen Aus­einandersetzung, und auch an Hand des Dankes, den mein Vorredner an den Minister Buchinger gerichtet hat, sehen Sie, dass die Antwort auf Ihre Fragen eine seriöse und eine sehr gute war. (Abg. Scheibner: Ihre Rede war nicht sehr gut! Die Antwort schon, aber Ihre Rede war nicht seriös!)

Was wir fordern, ist Zivilcourage der einzelnen Menschen, von jedem von uns. Es sind meistens Frauen, die sich einmengen, wenn es zu Gewalt in der Öffentlichkeit gegen Kinder kommt. Männer tun das oft nicht. Und es sind Frauen, die es auch riskieren, angegriffen zu werden.

Zivilcourage von jedem, den unbequemen Weg zu gehen, sich mit Behörden aus­einanderzusetzen, sich mit den Eltern auseinanderzusetzen, das ist das, was wir for­dern. (Abg. Scheibner: Fangen Sie einmal an damit!) Wir fordern Zivilcourage und auch ein Amtsverständnis von Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern und von der Jugendwohlfahrt, dass diese Fälle auch zur Anzeige gebracht werden.

Und wir fordern natürlich Ärztinnen und Ärzte auf, das Netzwerk auszubauen. (Abg. Ing. Westenthaler: Warum machen Sie das nicht jetzt?... Sie können es umsetzen!) – Sie waren sieben Jahre lang in einer Regierung. Auch Sie hätten einige Dinge um­setzen können. Die derzeit geltende Rechtslage, die Sie jetzt ganz lautstark kritisieren, geht auf sieben Jahre Regierungszeit, in denen Sie stiller Teilhaber waren, zurück. (Zwischenrufe beim BZÖ. Abg. Scheibner: Nehmen Sie einmal Ihre parteipolitische Brille ab!)


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Wir fordern Vernetzung und Kommunikation. (Abg. Scheibner: Wieso fordern? Sie können es umsetzen!) Polemisierung alleine bringt uns nichts. Es muss ein Netzwerk geknüpft werden, und zwar von Beginn an: von den Nachbarn, von den Verwandten, von Ärztinnen und Ärzten, von SozialarbeiterInnen, von LehrerInnen und auch von Gerichten. (Abg. Riener: Auch in den Krankenhäusern!)

Wenn wir den Weg, den unsere Ministerin hier gestern angedacht hat, zu Ende den­ken, dann müssen wir uns sicher sein, dass einiges in diesen Strukturen umgebaut werden muss. (Abg. Scheibner: Aber das haben Sie ...! Setzen Sie es um!) Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass uns das Wohl unserer Kinder, nämlich Nach­denken und ordentliche Gesetze, wichtiger ist als Polemik. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Scheibner: Ihnen nicht, das haben wir heute gesehen!)

16.15


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Ra­singer zu Wort. 6 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


16.15.19

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehr­ter Herr Minister! Hohes Haus! Jawohl, das stimmt, der Fall Luca sollte zu Selbstkritik herausfordern. Aber genau der Fall Luca ist eigentlich für diese ganze Gesetzes­materie nicht der optimale Fall, denn im Fall Luca waren die Karten relativ klar am Tisch – sehr klar sogar. Das Krankenhaus Mödling hat ja ein Ausfolgeverbot angeregt.

Ich glaube, wenn man aus dem Fall Luca lernen will, dann muss man sagen, eigentlich war die Vernetzung der Behörden untereinander schlicht und einfach falsch. Es muss eigentlich die Hauptforderung sein, dass die Zusammenarbeit der Jugendwohlfahrt­behörde mit den Kinderschutzgruppen auf neue Beine gestellt wird.

Wenn ich zum Beispiel höre, dass in der Stadt Wien die Magistratsabteilung 11 unter­sagt hat, mit den Kinderschutzgruppen zusammenzuarbeiten, dann kann ich mich nur mehr wundern, denn das kann ja nur zu einer Doppelgleisigkeit und einer Verhin­derung der Information führen.

In der Fernsehsendung „Runder Tisch“ hat Professor Berger, der immerhin der Leiter einer Kinderpsychiatrie in Wien, einer Schwerpunktabteilung war, gesagt, früher seien die Sozialarbeiter ins Haus gekommen, aber jetzt kommen sie aus Personalmangel nicht mehr. Niemand hat zum Beispiel die Gemeinde Wien zu Kürzungen bei den Sozialarbeitern gezwungen. Kein Mensch hat sie gezwungen. Wenn man nun aus vorgeblicher Organisationsschwäche oder aus Personalmangel glaubt, die Sozial­arbeiter nicht mehr in die Spitäler schicken zu müssen, dann wundert mich überhaupt nicht, dass die eine Stelle etwas macht und die andere es nicht erfährt. Dann darf man sich nicht wundern, dass im einen oder anderen Fall etwas schiefgeht. (Abg. Par­nigoni: Waren die Vorfälle nur in Wien, oder waren die Vorfälle nicht in Innsbruck?)

Noch etwas: Professor Berger hat gesagt (Abg. Parnigoni: Alle Länder, Herr Rasinger, nicht nur Wien! Sie sprechen nur von Wien!) – kein Problem, überhaupt kein Prob­lem –, dass sich die Zahl der Meldungen an das Jugendamt in den letzten fünf Jahren verdoppelt hat, bei gleichem Personalstand. Er hat auch gesagt, er hat den Eindruck, dass eben oft Akte angelegt werden, dass man dem aber zu wenig nachgeht.

Genau die Jugendarbeit erfordert ja ein Herz, dass man dort wirklich reingeht. Wenn das Personal dort das Gefühl hat, erstens gibt es zu wenig Personal, zweitens steht der Arbeitgeber nicht hundertprozentig hinter ihnen, und drittens droht ihnen aus den Konsequenzen vielleicht selber eine Konsequenz, dann wird man eben eher bürokra­tisch einen Akt anlegen. Das ist der entscheidende Punkt: dass man wirklich mit Herz jedem Fall nachgehen soll und kann.


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Ich bin kein Kinderarzt, aber Arzt, und ich weiß: Es gibt gerade in den Gesundheits­berufen kein Null-Risiko. Wenn ich einen Drogensüchtigen betreue, dann bin ich des­wegen kein Dealer. Wenn ich einen Alkoholiker betreue, bin ich deswegen kein Alkoholiker. Ich weiß, in diesen Grenzen der Medizin, in diesen Grenzen der Psycho­logie gibt es ein Risiko, und das sollte möglichst klein sein, aber es wird nie null sein. Wenn man ein Null-Risiko fordert, dann wird es dazu führen, dass man sich nur mehr auf Absicherung verlässt: Man legt einen Akt an, man zeigt an – und Anzeige bewirkt per se noch gar nichts.

Mir haben Vertreter der Kinderschutzgruppen Folgendes gesagt – und wir haben den Fall ja schon 2001 durchgespielt –: Wenn man eine strikte Anzeigepflicht vorsieht, passiert Folgendes: Es kommen die Kinder gar nicht mehr. Das heißt, sie brauchen gar nicht mehr anzuzeigen, denn es ist niemand da. (Abg. Ing. Westenthaler: Deswegen: Untersuchungspflicht! Zweiter Schritt ...!)

Ich habe mir die Mühe gemacht, mir die Zahlen aus Tulln herauszusuchen. (Der Redner hält eine Statistik mit dem Titel „Kinderschutzgruppen – Verteilung der Diagno­sen“ in die Höhe.) Ich bin nicht der Oberprofi der Nation, ich bin nicht der Ober­kinderschützer, aber schauen Sie sich diese Zahlen an! Sie sehen: Rot sind die bewiesenen Kindesmisshandlungen, grün das, was sich als keine Kindesmisshandlung erwiesen hat, und grau ist die Kurve der Misshandlungen, die fraglich sind.

Was ist zum Beispiel fraglich? Wenn ein Kind mit einer Verbrennung kommt, dann kann es sein, dass eine Suppe drübergelaufen ist, das muss aber nicht sein. Wie wollen Sie das dann je herausfinden? – Sie sind auf die Kooperation der Eltern ange­wiesen. Das heißt, die Anzeige nützt uns sehr oft nichts, sondern wir müssen schauen, dass die Konsequenz richtig ist. Und es nützt auch nichts, das Ganze nur auf das Strafrecht aufzubauen. Ohne Vertrauen der Eltern und ohne Vertrauen, dass die Leute überhaupt zum Arzt oder in die Kinderschutzgruppe kommen, werden Sie das nicht erreichen.

Uns hat damals 2001 Professor Höllwarth beraten, und der hat uns händeringend beschworen, keine generelle Anzeigepflicht zu machen, da so die Kinder wegbleiben würden.

Herr Abgeordneter Westenthaler, wenn Sie sagen, man muss dann jedes Kind vierteljährlich untersuchen, dann verbessert das leider gar nichts. Es verbessert meiner Meinung nach auch der ständige Ruf nach dem Strafrecht nichts. Wir brauchen viel mehr Prävention. Sowohl die Helfer als auch die Familien sind sehr oft überfordert, und wir müssen in die Konfliktfähigkeit der Eltern hineingehen und die Überfor­derun­gen in den Familien abbauen. Da sind zum Beispiel die Familienbetreuung und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sehr wichtig.

Herr Abgeordneter Westenthaler hat gesagt, der Wert des Kindes muss sich im Straf­recht wiederfinden. – Okay, es muss auch Strafe geben, aber nur eine Strafe zu verhängen und sich dann zurückzulehnen und zu sagen, wir haben viel getan, ist zu wenig. Wir müssen uns mit dem gesellschaftlichen Phänomen auseinandersetzen, dass man hinschaut statt wegschaut. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.21


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser zu Wort. 4 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


16.21.44

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Da die Justizministerin bereits gestern zu diesem Thema gesprochen hat, wäre es


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 165

eigentlich heute angebracht gewesen, die Jugendministerin zu uns einzuladen. Dann hätten wir das Thema wenigstens unter einem anderen Aspekt diskutieren können. Wahrscheinlich ist aber auch die Bundesministerin Kdolsky nicht die richtige, wenn man den Fall Luca hernimmt, denn eigentlich müssten wir in den Landtagen debat­tieren, warum die personelle Ausstattung bei den Jugendämtern so schlecht ist. (Abg. Parnigoni: Das ist richtig, das kann man nur unterstützen!) Dort liegen möglicherweise die Versäumnisse, weil da an der falschen Stelle gespart wurde. Möglicherweise ist das hier eine Art Ersatzhandlung, weil Sie nicht in den Landtagen vertreten sind. Ziel­führend wäre es jedenfalls, das Ganze in den Landtagen zu besprechen. (Beifall bei den Grünen.)

Einziger Vorwurf an die Frau Justizministerin, der bleibt – der Kollege Buchinger muss ihn sich stellvertretend vom BZÖ anhören –: Die Justizministerin hat nicht alle Ver­säumnisse der drei orange-blauen Justizminister der letzten sieben Jahre innerhalb von zehn Monaten wettmachen können. – Okay, sie hat noch drei Jahre Zeit. Manche, die das in sieben Jahren nicht zusammenbringen, haben dann nachher den Anspruch, dass das in zehn Monaten erledigt wird. Das ist halt sehr hoch gegriffen.

Aber wenn die Kollegin Oberhauser sagt, dass das Populismus vom BZÖ ist, dann lässt sich diese etwas kühne Behauptung auch mit Zahlen untermauern. Dabei sollten Sie gut zuhören.

Sie sind gegen Freigänge. Gestern wurde wieder dagegen gewettert. Als Sie das Justizministerium hatten, als Sie die Ministerin oder den Minister stellten, hat sich die Zahl der Freigänge von 2002 bis 2006 verdoppelt, nämlich von 5 500 auf 11 000. (Rufe bei den Grünen: Hört, hört!) Sie wettern hier gegen bedingte Entlassungen. (Abg. Scheibner: Wir haben auch damals gewettert!) In den Jahren 2000 bis 2007 hat sich diese Zahl um 30 Prozent von 1 300 auf 1 700 erhöht. – So schauen die Zahlen aus!

Ich persönlich spreche mich für Freigänge und bedingte Entlassungen aus. Ich halte Ihnen nur die Zahlen vor, damit man die Doppelbödigkeit Ihrer Argumentation sieht. (Beifall bei den Grünen.)

Oder sagen wir es anders, und das zum Thema Populismus, angesprochen von Kolle­gin Oberhauser (Abg. Scheibner: Wissen Sie zum Thema auch etwas?): Sie sind offensichtlich selbst nicht von Ihren Forderungen überzeugt, sonst hätten Sie das umgesetzt. Das sind höchstens irgendwelche Forderungen, die Sie leichtfertig in der Opposition aufstellen, aber an die Sie selbst nicht glauben.

Inhaltlich möchte ich auf die gestrige Debatte verweisen und möchte unsere Positio­nierungen nur kurz anschneiden. Spät in der Nacht werden wir nämlich das Sicher­heitspolizeigesetz diskutieren, und ich glaube, es ist sinnvoll, dass wir diese Debatte zu einer halbwegs vernünftigen Zeit führen, daher sollten wir jetzt nur kurz debattieren.

Ausgesprochene Strafen gehören evaluiert, keine Frage – nicht, weil wir glauben, dass höhere Strafen irgendwelche Delikte verhindern können, nein. Ich habe es gestern schon gesagt: Wir müssen durch gesellschaftliche Wertungen klar zum Ausdruck brin­gen, dass Delikte an Kindern keine Kavaliersdelikte sind. Sollte sich also herausstellen, dass die realen Strafen tatsächlich zu niedrig waren – das habe ich schon gestern gesagt –, dann müssen wir überlegen, ob nicht die Begehung dieser Straftaten an Kindern als Erschwerungsgrund eingeführt wird.

Wir müssen über die Verjährungsfristen reden. Wir müssen schauen, dass die um­fassenden Meldepflichten an die Behörden eingehalten werden. Das Wichtigste wird die Aufstockung der Jugendämter sein, damit die zahlreich gemeldeten Fälle auch tatsächlich bearbeitet werden können. Wir brauchen Therapien und ein Antige­walt-


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training, um Rückfälle zu vermeiden. Und das Wichtigste ist: Wir müssen unsere Ge­sellschaft kinderfreundlicher gestalten. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

16.25


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Klubobmann Strache zu Wort. 8 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte, Herr Klubobmann.

 


16.25.29

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte eingangs nur eine kurze Anmerkung treffen: Es hat ja die Nationalratspräsidentin vorhin eine Ermahnung gegenüber dem Kollegen Karlheinz Klement zum Ausdruck gebracht. Wir können dafür keine Geschäftsordnungsgrundlage finden. Wir werden das daher in der Präsidiale dementsprechend thematisieren, und nicht heute. (Abg. Öllinger Teile eines Stenographischen Protokolls in die Höhe haltend : Sagen Sie etwas zu den unglaublichen Aussagen da!)

Einen zweiten Punkt, den ich anmerken möchte: Kollege Pilz hat während der ges­trigen Sitzung den freiheitlichen Parlamentsklub pauschal des Rassismusvorwurfs geziehen. (Abg. Brosz: Zum Kollegen Klement sagen Sie sonst nichts? Das ist alles, was Sie zum Klement zu sagen haben?) Wir haben auch da einen Ordnungsruf oder eine Ermahnung vermisst. Auch das werden wir in der Präsidiale, also dort, wo es hingehört, entsprechend diskutieren.

Ich möchte zum Thema kommen, weil es ein sehr wichtiges ist, und ich halte fest, dass man gar nicht oft genug über dieses Thema reden kann. Es ist wichtig, dass wir uns häufig, ja permanent damit auseinandersetzen. Ich bin auch froh darüber, dass unser gestriger Dringlicher Antrag offensichtlich einige aufgeweckt hat und dass das BZÖ nach unserer gestrigen dringlichen Initiative heute nochmals das Thema behandelt.

Das ist gut. Je mehr unseren Initiativen folgen und in dieser Frage auch tätig werden, desto besser. Man muss da sensibilisieren, und man muss darauf aufmerksam machen, dass man eben nicht zur Tagesordnung übergehen darf, bei all den Unglaublichkeiten, die wir in unserer Gesellschaft leider Gottes erleben müssen: Missbrauch an Kindern, Gewalt gegen Kinder, Quälereien von Kindern.

Ich habe das gestern sehr deutlich zum Ausdruck gebracht und bin auch ganz fest davon überzeugt, und das Thema hat auch mit Seriosität abgehandelt zu werden: Da nützen keine gegenseitigen Schuldzuweisungen, weil keiner der hier Sitzenden schuld daran ist, dass es eine so grausame Geschichte wie den Fall Luca und auch Fälle in anderen Bereichen gegeben hat. Wir müssen jedoch darüber nachdenken, wie wir so etwas verhindern können und wo mit Veränderungen anzusetzen ist, wie wir Behörden, die es gibt, evaluieren, verbessern, optimieren können. Und es geht darum, dass wir im Sinne dessen, was auch der Kollege der ÖVP angesprochen hat, die Zivilcourage in unserer Gesellschaft wieder ins Bewusstsein rufen, nicht wegzuschauen, sondern hinzuschauen, ganz genau hinzuschauen und nicht einfach zu denken, da könnte etwas passiert sein, aber lieber nicht auffallen, lieber nichts melden. (Beifall bei der FPÖ.)

Deswegen haben wir gestern eben die Anzeigepflicht mit konkreten Anträgen eingefordert. – Wir haben nicht einfach Fragen gestellt, sondern konkrete Anträge zu vielen notwendigen Maßnahmen eingebracht. Sie sind leider vom ORF gänzlich verschwiegen worden, während alle anderen Fraktionen in der „Zeit im Bild 1“ drangekommen sind. Das ist auch bezeichnend.

Es sind gestern Initiativen von uns, von den Freiheitlichen, eingebracht worden, und es war interessant zu erleben, dass die Frau Justizministerin die Anzeigepflicht positiv


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bewertet hat. Sie kommt in diesem Bereich durchaus einem Vorschlag der Frei­heitlichen Partei nach, und das ist durchaus erfreulich, dass sie das gestern auch positiv angesprochen und bewertet hat.

Wenn man nämlich nicht wegschaut, sondern hinschaut und die Gesellschaft auch auffordert, hinzuschauen, dann muss es natürlich für jene Behörden, die mit Kindern zu tun haben, wie Ärzte, wie Jugendwohlfahrt und andere Bereiche so sein, dass es mit einer Pflicht verbunden ist, es zur Anzeige zu bringen, wenn man erkennt, dass es Gewalt gegenüber Kindern gibt, anstatt einer Meldepflicht, einer saloppen Meldung, die halt nichts Konkretes in sich birgt.

Wir haben gestern auch festgemacht, dass man endlich auch eine Gutachter­verant­wortung gewährleisten sollte. Viele Gutachter sind in dem Bereich tätig und erstellen Gutachten, und dann kommt man leider Gottes darauf, dass manche Gutachten völlig verkehrt waren – eine dramatische Situation. Dann muss man aber auch darüber nachdenken, ob man so einen Gutachter überhaupt für kommende Fälle wieder heranzieht, wenn er ganz konkret bei Fällen versagt hat und seine Gutachten zu Fehlentscheidungen geführt haben – bei den Behörden oder letztlich vielleicht auch im gesetzlichen, juristischen Bereich.

Wir haben gestern Anträge eingebracht, die in vielen Richtungen Verbesserungen aufzeigen. Vor allem präventiv müssen wir tätig sein!

Natürlich ist die gesellschaftspolitische Frage eine ganz entscheidende. Da müssen wir uns die Frage stellen: Warum funktionieren immer weniger Familien? Warum ist die Familie in den letzten Jahrzehnten in eine Situation gebracht worden, dass sie nicht mehr so funktioniert wie früher, dass die traditionelle Familie, so wie es sie früher gab, beschädigt ist, vielleicht zerstört wurde, warum auch immer? – Diese Fragen müssen uns beschäftigen!

Warum gibt es eine immer größere Verwahrlosung und Verrohung in unserer Gesell­schaft? – Diesbezüglich gibt es in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom 5. De­zember 2007 einen sehr, sehr interessanten Artikel, in dem es heißt, dass auch die Zahl der armen Kinder in unserer Gesellschaft dramatisch steigt. Das wird am Beispiel Deutschlands aufgezeigt, und zwar heißt es da, dass in der Bundesrepublik im Jahr 1965 nur jedes 75. Kind unter 7 Jahren zeitweise oder dauerhaft auf Sozialhilfe angewiesen war, während das im Jahr 2006 in Gesamtdeutschland bereits jedes 6. Kind betraf. Das heißt: Im Jahr 1965 betraf dies 1,3 Prozent der Kinder, und jetzt betrifft es insgesamt 16 Prozent der Kinder.

Jetzt werden Sie wahrscheinlich sagen: Auf Österreich kann man das sicher nicht umlegen! Ich sage Ihnen: Das wird man wahrscheinlich grosso modo auf die gesamte Europäische Union umlegen können.

Das muss uns beschäftigen! – Immer mehr Kinder sind von materieller Armut betroffen. Es gibt immer mehr Kinderarmut und immer mehr Familien, die nicht funktionieren, wo beide Elternteile unter Stress stehen, gezwungen sind, Tag und Nacht zu arbeiten, gar keine Zeit mehr für ihre Kinder haben, wo die Kinder abgeschoben werden und letztlich seelisch darunter leiden. Die Folge davon sind Fehlentwicklungen in unserer Gesell­schaft, die immer häufiger festzustellen sind.

Das muss uns beschäftigen! Wir müssen uns trauen, darüber zu reden. Und wir müssen natürlich auch Strafverschärfungen andenken. Gewalt geht nicht nur von Männern, sondern leider auch von Frauen aus, auch Gewalt gegenüber Kindern. Es gibt leider in allen Bereichen Gewaltausübung. Männer üben Gewalt aus, und auch Frauen und Mütter üben gegen ihre Kinder oder Babys Gewalt aus, bringen Babys um. Und es darf nicht sein, dass dann diese Morde an Babys nach fünf Jahren verjähren.


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Da muss es einen anderen Strafrahmen geben. Es müssen Babys, Kinder, Minder­jährige selbstverständlich denselben Wert haben wie jeder andere Mensch in unserer Gesellschaft auch. Und da braucht es auch Strafverschärfungen.

Wir sagen: Opferhilfe ja, aber keine Gnade für Täter! Wenn sich jemand an den Schwächsten in unserer Gesellschaft vergreift, dann muss diese Tat so bestraft werden, dass das selbstverständlich dazu führt, dass solche Ungeheuer weggesperrt werden, die Gesellschaft nicht mehr bedrohen können und nicht mehr solche Taten an unseren Kindern begehen können. Das ist absolut notwendig! (Beifall bei der FPÖ.)

Es gibt einen hohen Prozentsatz an Wiederholungstätern, das wissen wir. Natürlich braucht es auch in der Strafanstalt Therapiemöglichkeiten. Natürlich macht es auch Sinn, den Trieb durch chemische Kastration dementsprechend wegzubekommen und zusätzlich auch eine Therapie angedeihen zu lassen. Keine Frage! Über alle diese Dinge haben wir gestern schon gesprochen und diese zu Recht eingefordert.

Es ist aber insgesamt wichtig, bei der Familie anzusetzen und zu sagen: Familien­förderung ist das Entscheidende! Familienfreundliche Gesellschaft, kinderfreundliche Gesellschaft – dort müssen wir beginnen! Das vermisse ich heute zum Großteil.

Ich vermisse auch konkrete Entscheidungen, die auch auf den Fall Luca zurück­zuführen sind, nämlich die gemeinsame Obsorge endlich sicherzustellen. Hätten wir nämlich die gemeinsame Obsorge verpflichtend in unserem Gesetz, dann hätte der Vater vom Luca Gelegenheit gehabt, aufgrund der gemeinsamen Obsorge sein Kind bei sich zu haben. Das Spital hätte sich auch beim Vater gemeldet, und dem Aus­folgeverbot wäre vielleicht nachgekommen worden, und der Vater hätte den Sohn übernommen, und es wäre der schreckliche Mord nicht passiert. (Beifall bei der FPÖ.)

Auch das ist notwendig! Wir werden daher heute konkrete Gesetzesinitiativen dazu mittels Antrag einbringen.

Noch ein paar kurze Bemerkungen zum Freigang. – Ein aktueller Fall aus der Justiz­anstalt Sonnleiten. Ein Freigänger, der die letzten eineinhalb Jahre bedingten Freigang hatte, hat, wie jetzt aktuell nachgewiesen wurde, in dieser Zeit sechs Straftaten begangen: schwere Raubüberfälle, Überfall auf Trafiken, bewaffneter Raub und so weiter.

Es gibt leider viele Beispiele, die zeigen, dass die bedingte Entlassung und der Frei­gang nicht unbedingt optimal verlaufen. Das muss man daher kritisch bewerten. Da muss man selbstverständlich auch festmachen: Was für eine Straftat hat jemand began­gen? Und bei schweren Straftaten, bei Kindesmissbrauch, bei Vergewaltigern, bei Menschen, die sich an Kindern vergreifen, darf es keine falsch verstandene Toleranz geben.

Wer kümmert sich denn um das Opfer – wenn es überhaupt überlebt –, das lebens­lang darunter leiden wird, wenn man es überhaupt noch so behandeln kann, dass es das jemals verarbeiten kann, was ihm passiert ist? Genau deshalb muss ein Täter ein Leben lang damit rechnen, dass seine Straftat nicht verjährt, dass er seine Strafe abbüßen muss und dass diese Strafe bis zu lebenslanger Haft – und zwar wirklich lebenslanger Haft! – reichen kann. (Beifall bei der FPÖ.)

16.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Scheibner zu Wort. 4 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


16.35.54

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich bin sehr froh darüber, dass auch Klubobmann Strache


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der Meinung ist, dass man nicht oft genug über die wirkliche Problematik der Verlet­zung der Kinderrechte und über den Schutz der Kinder vor Gewalt diskutieren kann. Vielleicht kann er auch jene Abgeordneten in seiner Fraktion davon überzeugen, die sich am Beginn dieser Debatte über diese Dringliche Anfrage lustig gemacht haben.

Es bringt überhaupt nichts, darüber zu streiten, wer was zuerst eingebracht hat und wer was von wem abgeschaut hat. (Abg. Strache: Es hat sich niemand lustig gemacht! Es hat sich einer lustig gemacht darüber, dass ihr permanent „Kopiermaschine“ spielt!) Da waren Sie noch nicht da, lieber Herr Klubobmann!

Ich sage es noch einmal: Das bringt überhaupt nichts! Jedenfalls: Für uns war das immer schon ein wichtiges Anliegen! Wir haben schon im Frühjahr einen Dringlichen Antrag zu diesem Thema eingebracht und am 17. Oktober eine Dringliche Anfrage – das wurde schon einige Male erwähnt –, wo die Frau Bundesministerin gesagt hat, es sei alles in Ordnung. Das war noch vor dem Fall Luca. Sie meinte, es gebe keinen Handlungsbedarf und man werde in mehreren Gremien einmal darüber diskutieren, ob man etwas verändern muss, aber es sei keine Dringlichkeit gegeben.

Aber leider – und ich bedauere das wirklich – braucht es immer wieder grauenhafte Anlässe, dass man tätig wird. Das ist nicht nur in der Justiz, sondern auch in anderen Bereichen so. Dann sind plötzlich wieder alle ganz aufgeregt, und erst dann wird eine Debatte in Gang gesetzt.

Ich hoffe sehr, meine Damen und Herren von der Regierung, dass man da nicht wieder mit der Vergessenskurve rechnet. Aber wir werden dafür sorgen, dass das nicht ver­gessen wird, denn wir wollen nicht bis zum nächsten grauenhaften Fall warten, sondern fordern wirklich konkrete Maßnahmen ein.

Eines möchte ich hier ganz offen sagen: Die Beantwortung der doch sehr umfas­senden Dringlichen Anfrage war hervorragend, und ich möchte mich dafür auch bedanken. Wir haben selten in der letzten Zeit – leider! – so eine umfassende, klare und detaillierte Anfragebeantwortung bekommen. Ich möchte das auch hier als Oppo­sitionsredner klar sagen. Damit kann man arbeiten. Ich hoffe, das ist nicht nur deshalb so, weil der Herr Bundesminister Buchinger diese Anfrage beantwortet hat und es keinen politischen Filter von der Frau Ministerin Berger gegeben hat. Aber noch einmal: Anerkennung! Diese Anfragebeantwortung war des Hohen Hauses wirklich würdig. (Beifall beim BZÖ.)

Weniger würdig war die Replik von Seiten der Sozialdemokratie. Ich habe wahr­scheinlich zu Recht den Namen der betreffenden Abgeordneten vergessen, von der sie gekommen ist. Aber hier zu sagen, dass man hier eine Dringliche Anfrage zu dem Thema „Kinderrechte und Gewalt an Kindern“ einbringt, das sei Polemik und unge­heuerlich und zeige das wahre Gesicht, lässt mich fragen, wo sie ihre Ausbildung in politischer Kunde und politischer Rhetorik gemacht hat. Da kann ich Ihnen, Frau Abgeordnete, nur raten: Verlangen Sie das Geld zurück, was Sie da in der Sektion oder im Renner-Institut gezahlt haben, und kommen Sie wieder auf den Boden der Tatsachen zurück!

Schauen Sie einmal in den Protokollen nach, was für Dringliche Anfragen Sie gestellt haben, als Sie in der Opposition gewesen sind! Es ist nicht nur das Recht der Oppo­sition, solche Anfragen zu stellen, sondern in diesem Fall sogar eine Notwendigkeit. (Beifall beim BZÖ.)

Hätten Sie sich mehr mit den Fakten beziehungsweise mit den Tatsachen auseinandergesetzt, so wie es das Justizministerium gemacht hat! Das wäre besser gewesen, als diesen Auftritt hier zu liefern, bei welchem Sie von einem Abgeordneten


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der Grünen, dessen Namen ich auch zu Recht vergessen habe, assistiert worden sind. (Abg. Broukal: Wissen Sie den eigenen Namen noch?)

Meine Damen und Herren! Aber eines hat er gesagt, der Abgeordnete von den Grünen, und zwar ... (Zwischenruf der Abg. Mandak.) Ja, danke für den Hinweis! Wir haben im Gegensatz zu dem, was da jetzt aufgezeigt wird, nicht gesagt, dass wir mit allem einverstanden sind, was von den Ministerien kommt. Es war auch meine Fraktion nicht mit allem einverstanden, was ich in meinem Ressort gemacht habe. Das ist eine andere Art von Politik als die, mit der wir jetzt konfrontiert sind. Wir waren immer sehr, sehr skeptisch bezüglich mancher Maßnahmen der Justizminister – aber natürlich auch anderer Minister –, vor allem waren wir skeptisch, was die Freigänge anlangt. In anderen Bereichen hat es aber auch wirklich Verschärfungen gegeben.

Eine berechtigte Kritik betraf die Frage der Jugendwohlfahrt als Kompetenz in den Landtagen. Nur kann man es nicht so flapsig machen, wie es der Abgeordnete von den Grünen getan hat, der meinte: Diskutieren Sie das lieber in den Landtagen! – Nein, denn es ist schon eine Frage des Nationalrates, warum in Vorarlberg Jugendfragen anders behandelt werden als im Burgenland! Das kann doch nicht wirklich der Fall sein! Das gehört bundeseinheitlich geregelt oder zumindest koordiniert. Darüber sollten wir hier diskutieren, anstatt sich hier in Polemik zu ergehen, wie Sie das tun!

Folgenden Punkt möchte ich hier auch noch anführen: Wir haben gesagt, „Gewalt an Kindern“ ist die Hauptproblematik. Aber wir müssen uns auch damit auseinander­setzen, dass oft auch Gewalt von Kindern gegen Kinder ausgeübt wird. Und dagegen gibt es viel zu wenig präventive Maßnahmen und auch Maßnahmen als Reaktion darauf.

Ich sage hier ganz offen: Man soll Kinder selbstverständlich nicht einsperren, wenn sie Straftaten oder Gewalttaten begehen, auch dann nicht, wenn sie gegen Kinder gerichtet sind, aber man muss signalisieren, dass es eine Reaktion darauf gibt, wie zum Beispiel in Form der Unterstützung, der Betreuung, der Behandlung, der Re­sozialisierung. Da darf die Reaktion nicht fehlen. Es haben schon zahlreiche Experten gesagt, wenn Kinder im Alter von 13 oder 13,5 Jahren Straftaten verüben, die keine Reaktion hervorrufen, dann sind diese die Ersten, die mit 14 oder 15 Jahren in den Strafanstalten sitzen. Genau das wollen wir vermeiden! Hier muss man früher ansetzen, meine Damen und Herren.

Natürlich ist es richtig, dass die Strafe allein, wie es Kollege Rasinger gesagt hat, zu wenig ist, aber ohne Strafe und ohne Strafandrohung geht es auch nicht. Der Rechts­staat muss schon auch glaubwürdig sein, und das auch in Hinblick auf bedingte Entlassungen oder Freigänge. Die kann man nicht flächendeckend durchführen, vor allem nicht bei Sexualdelikten. Das kann man nicht akzeptieren.

Im Sinne der besseren Vernetzung der Jugendwohlfahrtsbehörden und einer generel­len Anzeigepflicht und auch einer besseren finanziellen Dotierung der Jugendwohl­fahrts­behörden bringe ich nun zwei Entschließungsanträge der Abgeordneten Westenthaler, Darmann und Scheibner ein.

Erster Antrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, in Verhandlungen mit den Ländern eine deutlich bessere personelle und finanzielle Dotierung der Jugendwohlfahrt sicherzu-


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 171

stellen, um eine wirksame Hilfestellung bei Gewalt an Kindern, Vernachlässigung und Verwahrlosung zu gewährleisten.“

*****

Zweiter Antrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, Gesetzesentwürfe vorzulegen, die die Schaf­fung einer bundesweiten Vernetzung und Koordinierung der Jugendwohlfahrts­behör­den der Länder vorsehen, diesen ein wirksameres Eingreifen insbesondere in Fällen der Gefährdung von Kindern durch Gewalt auferlegen sowie eine generelle Anzeige­pflicht bei begründetem Verdacht auf Gewalttaten an Kindern vorsehen.“

*****

Meine Damen und Herren, Sie alle sind eingeladen, diese beiden Anträge zu unter­stützen, damit Sie dann auch in konkreten Gesetzen umgesetzt werden können. (Beifall beim BZÖ.)

16.43


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die beiden Entschließungsanträge, die soeben eingebracht wurden, sind ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und stehen daher mit in Verhandlung.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler, Mag. Gernot Darmann, Herbert Scheibner, Kollegin und Kollegen betreffend bessere personelle und finanzielle Dotierung der Jugendwohlfahrt

eingebracht im Zuge der Debatte zur Dringlichen Anfrage der Abgeordneten Ing. Westenthaler, Scheibner, Kollegin und Kollegen „Gewalt gegen Kinder – Stunde der Wahrheit für Berger“ in der Nationalratssitzung am 06.12.2007

Nach der Opfertabelle des Bundeskriminalamtes wurden im letzten Jahr mehr als 700 Verurteilungen von Straftaten an unter Zehnjährigen statistisch erfasst. Dabei waren allein knapp 200 Kinder unter sechs Jahren von Gewaltdelikten betroffen. In Wien gab es im selben Jahr genau 10.045 Meldungen über Kindesmisshandlungen an das Jugendamt, in Oberösterreich gingen rund 5.000 Meldungen dieser Art bei den Behörden ein. Der größte Teil der Meldungen bezog sich auf Vernachlässigung und psychische Gewalt. Weiters leben nach Schätzungen österreichweit mindestens 8.000 verwahrloste Kinder.

Diese Problematik, Gewalt an Kindern, hat in Österreich in den letzten Jahren in der Tat unfassbare Ausmaße angenommen und die Jugendämter sind offenbar nicht in der Lage hier wirksam einzuschreiten beziehungsweise schlicht überfordert. Ein Sozial­arbeiter hat zwischen 80 und 100 Kinder aus schwierigen Verhältnisses mit „Erzie­hungsmaßnahmen“ zu betreuen. Mehr als eine Alibifunktion kann mithin ob dieser Arbeitsbelastung schlicht nicht erfüllt werden. Hier muss eine massive Aufstockung des Personalbestandes erfolgen. Kinder müssen vom Staat geschützt werden!

Daher fordern die unterzeichneten Abgeordneten die sofortige Umsetzung folgenden


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Entschließungsantrages

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, in Verhandlungen mit den Ländern eine deutlich bessere personelle und finanzielle Dotierung der  Jugendwohlfahrt sicher­zustel­len, um eine wirksame Hilfestellung bei Gewalt an Kindern, Vernachlässigung und Verwahrlosung zu gewährleisten.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler, Mag. Gernot Darmann, Herbert Scheibner, Kollegin und Kollegen betreffend Einführung einer generellen Anzeigepflicht bei begründetem Verdacht auf Gewalttaten an Kindern

eingebracht im Zuge der Debatte zur Dringlichen Anfrage der Abgeordneten Ing. Westenthaler, Scheibner, Kollegin und Kollegen „Gewalt gegen Kinder – Stunde der Wahrheit für Berger“ in der Nationalratssitzung am 06.12.2007

Angesichts der jüngsten Fälle von Kindesmisshandlungen in Österreich – wie der erschütternde Fall des 17-Monate alten Luca, der von seinen Eltern zu Tode gequält wurde – tritt einmal mehr das Versagen der Behörden, vor allem das der Jugend­wohlfahrt auf schmerzhafte und tragische Weise zu Tage. Diese Problematik, Gewalt an Kindern, hat in Österreich in den letzten Jahren in der Tat unfassbare Ausmaße angenommen: Nach der Opfertabelle des Bundeskriminalamtes wurden im letzten Jahr mehr als 700 Verurteilung von Straftaten an unter Zehnjährigen statistisch erfasst.

Kindern wird in Österreich Gewalt angetan, sie werden misshandelt und sogar getötet und die Behörden schauen zu beziehungsweise weg! Das muss ein Ende haben!

Dazu ist es nötig, eine bundesweite Vernetzung und Koordinierung der Landesjugend­wohlfahrtstellen zu schaffen, diesen ein wirksameres Eingreifen insbesondere in Fällen der Gefährdung von Kindern durch Gewalt aufzuerlegen und eine einheitliche Vorgangsweise bei Meldungen an das Jugendamt diese Problematik betreffend sowie eine generelle Anzeigepflicht bei begründetem Verdacht auf Gewalttaten an Kindern einzuführen.

Daher fordern die unterzeichneten Abgeordneten die sofortige Umsetzung folgenden

Entschließungsantrages

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, Gesetzesentwürfe vorzulegen, die die Schaf­fung einer bundesweiten Vernetzung und Koordinierung der Jugendwohlfahrts­behör­den der Länder vorsehen, diesen ein wirksameres Eingreifen insbesondere in Fällen der Gefährdung von Kindern durch Gewalt auferlegen sowie eine generelle Anzeige­pflicht bei begründetem Verdacht auf Gewalttaten an Kindern vorsehen.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Pendl zu Wort. 4 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 173

16.43.20

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Hohes Haus! Geschätzte Zuhörerinnen und Zuhörer! Diese Dringliche Anfrage macht mich wirklich mehr als nachdenklich, vor allem der Grund sollte mehr als nachdenklich stimmen.

Kollege Scheibner, jetzt hast du doch einiges in die Breite diskutiert, denn nach dem, wie es begonnen hat, hätte ich auch gesagt, dass das Polemik ist. Ich erkläre gleich, warum.

Wir haben hier ein weites Feld von Problemen in der Gesellschaft vor uns, angefangen vom Zuhause bis hin zu den Betreuungseinrichtungen – und als letztes Glied der Kette steht das Strafrecht. (Abg. Scheibner: Das haben wir gesagt!) Ich habe das ja nur gesagt, jetzt ist das wenigstens ein bissel in die richtige Richtung diskutiert worden. Und ich glaube, so sollte man es auch sehen.

Meine geschätzten Damen und Herren! Ich meine, dass hier alle Staatsgewalten gefordert sind: Exekutive, Legislative und Gerichtsbarkeit. Es muss in die Köpfe hinein, dass wir gewisse Entwicklungen in den Familien, bei den Nachbarn, in den Kinder­betreuungseinrichtungen, in den Kindergärten, in den Schulen erkennen müssen, diese nicht nur anzeigen sollten, sondern auch versuchen müssen, bereits im Vorfeld die richtigen Entscheidungen im Interesse des Kindes zu treffen – und nicht zu warten und dann zu glauben, mit einem „Mordsstrafrecht“ das schon regeln zu können.

Dieser Fall, so traurig er ist, wäre auch trotz härtestem Strafrecht passiert. Jetzt müs­sen wir gemeinsam – alle Ebenen, alle Gebietskörperschaften – etwas unterneh­men. Für mich ist es indiskutabel beziehungsweise es interessiert mich nicht, ob Landes­behörden miteinander nicht reden. Es interessiert mich auch nicht, ob ein Spital, ob ein Arzt mit einer Behörde nicht redet. Das hat geklärt zu werden, und zwar rasch! Das ist unser aller Aufgabe!

Ich bin froh, dass der Herr Bundesminister diese Kette, von der ich gesprochen habe, in seiner Anfragebeantwortung aufgezeigt hat. Wir werden den Beitrag aller brauchen, meine geschätzten Damen und Herren, wenn wir es ernst nehmen. Und wir müssen es ernst nehmen. Darum kommen wir nicht umhin.

Was haben wir in den letzten Tagen hier nicht alles gehört! (Zwischenruf des Abg. Scheibner.) Das ist schon schön, Kollege Scheibner. Ich kenne die Diskussion, wo es seit Jahren heißt, dass wir überall zu viele Beamte haben. Das ist sogar im FAG enthalten: Die Länder, die Gemeinden, alle Verwaltungseinheiten sollen Beamte einsparen. Immer wieder heißt es: Die Verwaltung muss Personal einsparen, wir brauchen eine schlanke Verwaltung! Wir kennen diese Forderungen seit Jahren.

Schaut euch einmal an, wie viel Personal bei den Jugendwohlfahrtsbehörden abgebaut worden ist! Früher haben die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter die Zeit gehabt – so wie es der Professor Winkler gesagt hat –, sich bereits im Vorfeld in den Spitälern, bei den Ärzten einzubringen.

Das alles müssen wir gemeinsam diskutieren! Dann bin ich sicher, dass – ich sage jetzt einmal: aus menschlichen Gründen, aus wirklicher Nächstenliebe – solche Fälle nicht mehr passieren. Versuchen wir gemeinsam – ohne Polemik! –, all diese Fragen aufzuarbeiten! Dann werden wir am Ende des Tages glückliche Kinder haben – und die haben ein Recht darauf. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Graf: Man soll vielleicht weniger verwalten, sondern mehr betreuen!)

16.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Dr. Eder-Gitschthaler zu Wort. 3 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 174

16.47.25

Abgeordnete Dr. Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Be­sucherinnen und Besucher! Heute ist der Nikolaustag, ein Tag der Freude für unsere Kinder, zumindest für meine Kinder. Doch leider gibt es für manche Kinder kaum Freudentage. Die Beispiele dafür haben wir ja gestern und heute schon gehört, ich möchte sie hier nicht noch einmal anführen.

Als Mutter von zwei Kindern war und ist es mir ein Anliegen, alles zu tun, um unseren Kindern ein liebevolles, kindgerechtes, sorgendes Zuhause zu geben und sie vor Gewalt aller Art umfassend zu schützen. Wir haben heute auch schon viel über Prävention gehört.

70 Prozent der Gewalt und des Missbrauchs passiert im Kreise der Familie – das wissen wir –, also dort, wo Kinder eigentlich Geborgenheit, Liebe und Vertrauen finden sollten. Das macht betroffen! Mut ist da von allen von uns gefordert. Lieber einmal zu viel reagieren – wir haben das heute auch schon gehört: Man muss hinschauen! –, als zu wenig zu tun.

Dazu gibt es bereits bewundernswerte Initiativen. Ich möchte Ihnen da zum Beispiel die Aktivität des Vereines „Schau hin“ meines Kollegen Eisenschenk aus Tulln präsentieren. (Die Rednerin hält eine Broschüre mit dem Titel „Schau hin!“ in die Höhe.) Die Mitarbeiter dort engagieren sich schon seit 2004 sehr intensiv, um eben den Missbrauch hintanzuhalten und Prävention zu betreiben. (Beifall bei der ÖVP.)

Auch das Thema „Gewalt in der Schule“ darf meiner Meinung nach da nicht ausge­klammert werden. Dazu hat unser Vizekanzler und Finanzminister Willi Molterer eine tolle Initiative gestartet mit dem Manifest „Kampf gegen Gewalt an Schulen“. (Die Rednerin zeigt ein Schriftstück mit der Überschrift „Kampf gegen Gewalt an Schulen“.) Mit einer österreichweiten Plakatserie und Workshoptagen wird die Öster­reichische Schülerunion die Gewalt im Schulalltag thematisieren. Sie will aufrütteln, Bewusstsein schaffen, aufklären und informieren mit dem Ziel, die Gewalt aus dem Schulalltag hinauszubringen. Wir alle wollen, dass unsere Kinder gern, mit Freude und ohne Angst in die Schule gehen. (Beifall bei der ÖVP.)

Abschließend noch einige Anmerkungen zur diskutierten Anzeigepflicht. Meine Kollegin Barbara Riener und auch mein Kollege Erwin Rasinger haben das ja gestern schon grundsätzlich ausgeführt.

Eine lückenlose Anzeigepflicht gibt es bereits in den behördlichen Jugendwohlfahrts­einrichtungen. Unserer Meinung nach ist daher schon zu überlegen, ob es Sinn macht, alle Berufsgruppen, die mit Kindern zu tun haben, zusätzlich zu verpflichten, eine strafrechtliche Anzeige zu machen. Denn wir haben gehört, dass Experten befürchten, dass misshandelte Kinder dann nicht mehr ins Spital gebracht werden und damit überhaupt keine Hilfe mehr bekommen können.

Gerade die ganz kleinen Kinder sind ja in der Regel zu Hause, haben wenig Kontakt nach außen und sind damit total von ihren Eltern abhängig. Was gut gemeint ist, könnte sich damit zu einem Bumerang entwickeln. Das bitte ich Sie wirklich zu bedenken. Wir wollen ja alle das Gleiche: unsere Kinder umfassend schützen. Da sind wir alle im gleichen Boot. Hinsehen statt wegsehen ist das Gebot der Stunde, das geht uns alle an.

Abschließend möchte ich noch ein großes Dankeschön an die vielen engagierten Eltern in unserem Land sagen, die mit viel Liebe unseren Kindern, auch unter erheblichem persönlichen Verzicht, ein Nest geben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

16.51



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 175

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Man­dak. 6 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


16.51.26

Abgeordnete Sabine Mandak (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Herr Kollege Scheibner, Sie haben vorher gesagt, man kann nicht oft genug über Kinderrechte und den Schutz von Kindern reden. Gut, reden wir darüber. (Abg. Scheibner: Das ist Polemik, hat Ihre Kollegin gesagt!) – Also ich habe jetzt einen Satz gesagt, und Sie werfen mir vor, polemisch zu sein? Das halte ich für eine ziemliche Unterstellung. (Abg. Scheibner: Nicht Sie als Person! Ihre Kollegin macht nur Polemik! – Abg. Ing. Westenthaler: Er hat die Fraktion gemeint! – Abg. Dr. Graf: Er meint die Rede von gestern!) Wenn Sie mich bitte reden lassen würden, Sie können es ja zum Schluss dann vielleicht sagen.

In Ihrer Anfrage schreiben Sie einen Satz, der für mich sehr klar das ausdrückt, was Sie mit dieser Dringlichen Anfrage bezwecken und was dahintersteht. Sie schreiben, ich zitiere aus der Anfrage: „Der Wert der Kinder für die Gesellschaft muss sich umfassend im Strafrecht widerspiegeln.“

Herr Minister, Sie haben in Ihrer Anfragebeantwortung in diesem Zusammenhang auch gesagt, Strafrecht sei Schutz. – Das ist es aber nicht. Das Strafrecht ist kein Schutz mehr. Das Strafrecht kommt zu spät. Den Opfern nützt das Strafrecht herzlich wenig, weil die Tat dann schon begangen ist und sie ihre schrecklichen Erfahrungen bereits machen mussten. (Abg. Strache: Aber deshalb lassen wir die Täter jetzt frei? Deshalb lassen wir die Täter jetzt ungeschoren davonkommen?)

Deswegen geht es sehr stark darum, zu schauen, dass es eben nicht zu jenen Taten kommt, über die heute schon sehr viel gesprochen worden ist. Über das Vorfeld, über das Verhindern ist herzlich wenig gesprochen worden.

Wenn Sie davon sprechen, dass sich der Wert der Kinder im Strafrecht widerspiegeln muss, sage ich Ihnen: Der Wert unserer Kinder muss sich in der Frage, ob wir ihnen Raum geben, widerspiegeln. Wo geben wir heute unseren Kindern Raum? Wo dürfen Kinder Kinder sein? Wo dürfen die laufen, fetzen, Lärm machen? Wo? (Abg. Dr. Graf: Das ist ja alles kein Widerspruch!) Die Frage ist: Wo haben die Kinder den Wert in der Bildung? Wo haben wir die Chancen für die Kinder aller Eltern, unabhängig von ihrer Ausbildung, unabhängig von ihrem Einkommen, unabhängig davon, ob sie Deutsch als Muttersprache haben oder nicht? Hier wäre es notwendig, den Wert der Kinder widerzuspiegeln. (Beifall bei den Grünen.)

Den Wert der Kinder widerspiegeln könnten Sie auch in der finanziellen Absicherung der Kinder. Einerseits in Form einer Grundsicherung, andererseits in Form einer Sicherstellung zum Beispiel des Unterhalts, damit Familien nicht in diesen finanziellen Nöten sind, in denen sie heute oft sind, die einen enormen Druck auf die Familien machen.

Wert der Kinder heißt auch Zeit für Kinder. Wir sollten uns überlegen, was das mit Arbeitszeiten zu tun hat, was das mit Öffnungszeiten zu tun hat, was das mit der Frage zu tun hat, wo die Väter in unseren Familien sind. Oft wird in der Diskussion verschwiegen, dass es nicht um die Frage geht, dass die Mütter nicht da und präsent in den Familien sind. Die Väter fehlen den Kindern! Die Väter, die im Erwerbsprozess sind, die irgendwo sind, aber nicht bei den Kindern und sich nicht um die Kinder kümmern in dem Maße, in dem es wünschenswert wäre. (Abg. Rädler: Na bitte! Verallgemeinerungen!) – Sehr viele nicht, Herr Kollege.

Den Wert der Kinder könnten wir auch sehen in der Art der Unterstützung und Hilfe, die wir ihnen geben. Insofern werden wir dem Antrag des BZÖ auf mehr Ressourcen in der


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Jugendwohlfahrt zustimmen. Eine Forderung, die wir schon wiederholt eingebracht haben, und wir haben auch entsprechende Anträge in den Ländern gestellt. Leider werden die immer wieder abgelehnt. Auch wir sind der Überzeugung, dass es ein ganz wichtiger Punkt wäre, da anzusetzen, bevor etwas passiert und bevor es zu Gewalt gegen Kinder kommt. (Beifall bei den Grünen.)

Ein Vorwurf, den ich Ihnen im Zusammenhang mit Ihren Anfragen mache, ist der, dass Sie zum Teil völlig unausgereifte Forderungen in den Raum stellen, wie die Forderung nach Veröffentlichung des Namens von sexuellen Straftätern. (Abg. Dr. Graf: Aber das ist ja international schon üblich!) Überlegen Sie sich bitte im Sinne des Opferschutzes: Was heißt es für ein missbrauchtes Mädchen, den Namen seines Vaters als Täter veröffentlicht zu sehen? – Sie strafen damit nicht hauptsächlich den Vater. Sie strafen noch einmal und immer und immer wieder dieses Kind, das schon einmal missbraucht worden ist. Dessen sollten Sie sich bewusst sein. (Beifall bei den Grünen.)

Deswegen werden wir Ihrem zweiten Antrag nicht zustimmen, obwohl er Passagen enthält, die wir durchaus unterstützen, weil er die generelle Anzeigepflicht enthält. (Abg. Dr. Graf: Aber irgendwann wird es ja EU-Richtlinien geben!) Das klingt irrsinnig gut, es geht aber oft einmal am Interesse der Opfer vorbei (Abg. Scheibner: Das spekuliert ja auf den Täter!), das hat meine Vorrednerin bereits ausgeführt. Es ist unter Expertinnen und Experten nicht unumstritten, deswegen ist derzeit die Regelung eine andere. Da hat man hauptsächlich die Opfer im Blickfeld gehabt, die sich vielleicht an die Lehrerin, den Lehrer wenden, zu denen sie Gott sei Dank Vertrauen haben und die dann per Gesetz und unter Strafe verpflichtet wären, sofort Anzeige zu erstatten. Was das für ein Kind heißt, das gerade Vertrauen geschöpft hat, auf die Art und Weise enttäuscht zu werden, diese Überlegungen muss man auch mit hineinnehmen, wenn man solche Forderungen stellt.

Ich mache Ihnen – und auch Ihnen von der FPÖ – den Vorwurf, dass Sie zum Teil Forderungen erheben, die sich irrsinnig gut sozusagen am Biertisch verkaufen lassen. Die Realität ist eine sehr vernetzte. Die Realität ist oft eine sehr komplizierte. Sie merken es, wann immer Kolleginnen und Kollegen herauskommen, die direkt in der Feldarbeit sind, die direkt an den Beratungsstellen arbeiten: Die werden nie diese menschenverachtenden Ausdrücke verwenden – auch für Täter und Täterinnen –, wie Sie sie verwenden. (Abg. Dr. Graf: Die sind ja betriebsblind!) Und warum? – Weil sie sehen, dass immer Geschichten dahinterstehen, dass oft einmal die, die Sie als die ganz schrecklichen Täter anprangern, auch selbst Missbrauchte sind (Abg. Strache: Deshalb ist es so wichtig, mit den Betroffenen Gesetze zu machen!), Menschen, die selbst schwer sexuell missbraucht worden sind in ihrer Kindheit, in ihrer Jugend, die später zu Tätern werden.

Das entschuldigt ihre Tat nicht, und das nützt den Opfern nichts. Aber man muss es mit berücksichtigen und auch mit sehen und hat kein Recht, dann über diese Menschen so zu reden. Es mag eines der Opfer sein, das Sie heute in Schutz nehmen, das irgendwann einmal selbst auch ein Täter werden könnte, und dann würden Sie nicht mehr so reden. (Abg. Strache: Aber bei einer Tat dieser Dimension gibt es nichts zu entschuldigen! Es gibt nichts zu entschuldigen, wenn man sich an Kindern vergreift!) Ich bitte Sie, das zu berücksichtigen. Wir werden dem einen Antrag zustimmen, den anderen ablehnen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

16.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Klement. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 177

16.58.58

Abgeordneter Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, MAS (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! In der gestrigen Haussitzung habe ich mich beim Antrag der Freiheitlichen Partei zum Schutze unserer Kinder vor körperlicher Misshandlung, aber auch vor psychischer Misshandlung von Kindern geäußert. In diesem Redebeitrag habe ich unter anderem aus dem „Deutschen Ärzteblatt“ 2006 und aus einer Studie der Kirche über Kirche und Pädophilie aus dem Jahr 2002 zitiert. Mein Redebeitrag hat unter dem Eindruck zahlreicher vehementer Zwischenrufe mit der Äußerung geendet, dass jemand, der für gleichgeschlechtliche Ehe und das Adoptionsrecht für homo­sexuelle Paare eintritt, sich indirekt des Kindesmissbrauchs schuldig mache.

Dieser letzte Satz ist möglicherweise missverständlich ausgefallen. Ich habe mit die­sem Satz keinesfalls Abgeordnete dieses Hauses einer strafbaren Handlung geziehen. (Abg. Mandak: Ja – und andere Menschen?) Ich habe vielmehr zum Ausdruck bringen und auch sensibilisieren wollen, dass es keinerlei Toleranz gegen­über Pädophilie geben darf und man alle politischen Entscheidungen so zu treffen hat, dass sie dem Kindeswohl zuträglich sind. Das heißt auch, dass traditionelle Familien mit Mann und Frau, aus denen Kinder überhaupt erst entstehen können und auch aus staatlichem Interesse heraus entstehen sollen, zu fördern sind und eben nicht zerstört werden dürfen.

Kinder dürfen niemals pädophilen Bedrohungen ausgesetzt werden. Hier haben alle Abge­ordneten dieses Hauses eine besondere Verantwortung.

Mein Einsatz gilt dem Kampf gegen perverse Kinderschänder und gilt dem Schutz der Schwächsten unserer Gesellschaft, unseren Kindern. Davon lasse ich mich nicht abbringen, auch wenn Ihnen meine Wortwahl nicht gefällt oder wenn Sie diese miss­bräuchlich interpretieren. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Mandak: Sie müssen sich bei allen Menschen entschuldigen!)

17.01


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, es ist darum gegangen, klarzustellen, dass man hier von diesem Haus aus niemandem, der homosexuell ist, unterstellen kann, dass er gleichzeitig ein Kinderschänder wäre. Ich glaube, diese Klarstellung ist zu treffen.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


17.01.31

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Klubobmann Cap, Ihre Intervention bei der FPÖ, doch endlich eine Richtigstellung durchzuführen, damit ihr die Kontakte nicht abbrechen müsst, ist leider schiefgegangen. Denn das, was da jetzt passiert ist, war weder eine Ent­schul­digung noch eine Berichtigung, sondern das war eine Bestätigung von dem Schwachsinn, den Sie gestern verzapft haben, Herr Kollege Klement. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Sich hier im Hohen Haus zu verschanzen und zu sagen, wenn sich irgendjemand betroffen gefühlt hat, dann habe ich es nicht so gemeint, und für alle anderen Menschen gilt das weiterhin – Herr Klement, kommen Sie heraus und sagen Sie: Es war ein Unsinn, ich entschuldige mich und nehme es zurück! – Das hätte man von Ihnen erwartet. Das ist ja wirklich unglaublich, das ist ja zum Ärgern! (Beifall beim BZÖ. – Abg. Strache: Ja, jemand, der im Glashaus sitzt und mit Steinen wirft, das gefällt mir!)

Ich möchte mich beim Herrn Sozialminister für die korrekte Beantwortung der Dringlichen Anfrage bedanken. Man hat gesehen, wie wichtig sie war. Sie hat auch


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sehr interessante Neuigkeiten gebracht. Ich werde mich jetzt mit dem generellen Lob für die Beamten des Justizministeriums zurückhalten, obwohl ich es auch gerne machen würde, aber ich will niemandem schaden, deswegen mache ich es nicht. (Abg. Dr. Haimbuchner: Ihnen glaubt ja keiner irgendetwas, Herr Westenthaler, nicht einmal ein Lob!) Aber es war eine gute Arbeit, eine gute Beantwortung, eine ausführliche Beantwortung und auch eine Bestätigung für die Richtigkeit dieser Dringlichen Anfrage.

Vor allem war es auch interessant, weil wir heute – und wir haben lange darum gekämpft, seit vielen, vielen Wochen, seit Monaten – erstmals auch erfahren haben, nach welchen Deliktsgruppen sich die bedingt vorzeitig entlassenen Häftlinge aufglie­dern. (Ruf bei der FPÖ: Deine Redezeit ist gleich aus!) Und das ist schon etwas, was mich sehr bedenklich stimmt (Abg. Strache: Er fühlt sich betroffen, das ist klar!) und was auch ein Alarmsignal sein müsste, denn immerhin 88 einschlägig Verurteilte, das heißt Sexualstraftäter, sind bedingt vorzeitig entlassen worden.

Auch wenn wir jetzt die untere Grenze der kolportierten – es gibt ja keine wirklichen Zahlen – Rückfallsraten von 15 bis 20 Prozent heranziehen, sagen wir, 20 Prozent, dann würden wir – und das ist jetzt abgerundet – davon ausgehen müssen, dass es 17 von diesen 88 Sexualstraftätern wieder tun. Das möchte ich am Ende noch einmal dazusagen, weil das eine bedenkliche Zahl ist, weil wir neben den 35 Mördern und 893 nach Drogen- und Suchtgiftdelikten vorzeitig Entlassenen eben diese eine Gruppe von 88 Sexualstraftätern haben.

Deswegen verstehen Sie auch unsere Sorge und unsere Anträge und unseren Appell, bedingte vorzeitige Entlassungen und einen gelockerten Strafvollzug für Sexual­straf­täter und im Speziellen für Kinderschänder nicht zuzulassen und zu überdenken. Das ist, glaube ich, notwendig im Sinne des Schutzes unserer Kinder, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall beim BZÖ.)

Herr Kollege Rasinger, zur Anzeigepflicht und zu Ihrer Meinung, dass das nichts bringt, weil die Leute dann mit den Kindern nicht mehr hingehen: Ich erinnere Sie an das Jahr 2001, da haben wir gemeinsam in der Koalition eine Ausweitung der Anzeigepflicht für Ärzte beschlossen, da waren Sie dabei. Wir haben eine Ausweitung beschlossen, und ich meine, dass in Kombination mit der quartalsmäßigen Untersuchungspflicht, die ich für wirklich dringend erachte, die Anzeigepflicht völlig gerechtfertigt ist, weil jeder weiß, dass er zu dieser Pflichtuntersuchung mit seinem Kind gehen muss und dass, wenn er nicht hingeht, dann jemand dazu veranlasst ist – in dem Fall das Ministerium –, die Jugendwohlfahrt loszuschicken, um nachzusehen.

Ich denke schon, dass man hier präventiv den einen oder anderen Fall vielleicht ver­hindern kann. Darum geht es. Auch wenn wir nur einen Fall damit verhindern können, ist es eine gute Maßnahme. Das wäre unsere Idee zu diesen Fragen.

Und jetzt zum Schluss zur FPÖ und auch zum Kollegen Strache: Herr Kollege Strache, glauben Sie mir, mir ist das völlig egal, und ich trete da mit Ihnen in keinen Wettbewerb ein. (Abg. Strache: Wir sind eh in keinem Wettbewerb! Sie liegen bei einem unbedeutenden Prozent!) Wer zuerst welche Initiative wann eingebracht hat, das ist mir bei diesem Thema völlig egal. Ich freue mich über jede Initiative, die Sie ein­bringen.

Ich sage es noch einmal: Ich war auch Ihrem gestrigen Dringlichen Antrag gegenüber sehr positiv und gut eingestellt. Es war in Ordnung, das ist gut, wenn man hier Initiativen setzt, da kriegen Sie auch unsere Unterstützung. Nur eines kann man nicht machen: Man kann nicht nur so tun, als ob es wirklich ein Anliegen wäre. (Abg. Strache: Aber hören Sie doch auf! – Abg. Dr. Graf: Aber geh, Peter, du nimmst dich doch selbst nicht mehr ernst! – Abg. Strache: Kein Wunder, dass Sie bei 1 Prozent liegen! Sie nimmt ja keiner mehr ernst!)


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Herr Kollege Strache, wenn Sie als Antragsteller einen Dringlichen Antrag einbringen und dann nicht einmal bei Ihrer eigenen Abstimmung in diesem Haus anwesend sind (Zwischenrufe bei der FPÖ), so freuen Sie sich heute darüber, dass wir Ihnen die Chance geben, noch einmal hier anwesend zu sein und bei unseren Entschließungen mitzustimmen. (Abg. Strache: Das ist ja nicht ernst zu nehmen!) Das ist doch auch etwas Gutes.

Stimmen Sie zu bei der Anzeigepflicht! Stimmen Sie zu bei der Untersuchungspflicht, das ist ja alles wunderbar! Stimmen Sie zu bei der Abschaffung der Verjährung! Aber, Herr Kollege Strache, es gebietet auch der Anstand des Hauses, dass man seine eigenen dringlichen Initiativen ernst nimmt und bei der Abstimmung im Haus anwesend ist (Abg. Strache: Bei der Abstimmung bin ich anwesend!), das sollten Sie sich schon merken, Herr Kollege Strache. Darum würde ich bitten. (Beifall beim BZÖ.)

Ansonsten trete ich, wie gesagt, hier in keinen Wettbewerb bezüglich irgendwelcher Zeitpunkte ein, wer die Anzeigepflicht zuerst gefordert hat. Das haben wir schon Anfang der neunziger Jahre, vor vielen, vielen Jahren, gefordert. Der Jörg Haider, die Susanne Riess-Passer, die haben das alle gefordert. Das ist sinnlos. (Abg. Dr. Graf: Du warst damals schon dagegen, und jetzt sitzt du drauf!)

Versuchen wir gemeinsam Initiativen zu setzen, dort, wo es sinnvoll ist, durchaus auch gemeinsam abzustimmen und, wenn Abstimmungen sind, auch im Haus zu sein, Herr Kollege Strache, das wäre schön! (Beifall beim BZÖ. – Abg. Strache: Das darf ich Ihnen mitgeben, weil gestern haben Sie gefehlt! Gestern sind Sie ab 19 Uhr nicht mehr da gewesen! Ich bin bis 1.30 Uhr in der Früh da gewesen!)

17.07


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. 10 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


17.07.24

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Minister! Ich habe mich aufgrund des Debattenbeitrags des Herrn Abgeordneten Klement noch einmal zu Wort gemeldet. Sie haben zwar jetzt angeführt, dass Sie keineswegs irgendeinen oder -eine der Abgeordneten hier im Hohen Haus einer strafbaren Handlung bezichtigen wollten, als Sie gestern meinten, wer für die gleichgeschlechtliche Ehe und das Adop­tionsrecht für homosexuelle Paare eintritt, macht sich indirekt des Kindesmissbrauchs schuldig. – Na, großartig, dass Sie finden, zumindest strafrechtlich haben Sie das nicht gemeint. Aber Sie sind trotzdem bei Ihrer Haltung geblieben, dass Sie finden, dass lediglich die traditionelle Familie zu fördern sei und dass anscheinend lediglich dort Kinder gedeihen können. (Abg. Dr. Graf: Ja, das glauben wir, dazu stehen wir!)

Ich weiß nicht, ob Ihnen nicht bekannt ist, dass die meisten Fälle von Kindesmiss­brauch immer noch in der traditionellen Familie geschehen, dass das dort stattfindet und dass die meisten Fälle von Missbrauch von Kindern, von Gewalttätigkeiten von heterosexuellen Männern begangen werden und nicht von homosexuellen. (Abg. Dr. Graf: Und was machen wir jetzt? Müssen wir jetzt die traditionelle Familie ver­bieten?) – Das einmal, um das klarzustellen.

Und ein Zweites: Wenn Sie meinen, Kinder können nur in sogenannten traditionellen Familien zu – ich weiß nicht, was für eine Art von Menschen Sie jetzt meinen – guten Menschen erzogen werden, dann kann ich Ihnen nur sagen, es gibt genügend Kinder in Österreich – es sind laut Schätzungen zwischen 5 000 und 7 000, das wurde gestern bei einer Pressekonferenz der Beratungsstelle Courage festgestellt –, die mit gleich­geschlechtlichen Eltern leben, wo Mütter oder Väter diese Kinder aus früheren heterosexuellen Beziehungen haben oder sie adoptiert haben – einzelne Personen


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dürfen das – oder Pflegekinder genommen haben. Wissen Sie, diese Eltern müssen nämlich, gerade wenn sie Pflegeeltern werden, lange Kurse durchmachen, so wie auch heterosexuelle Eltern, die ein Pflegekind oder ein Adoptionskind aufnehmen wollen.

Die müssen sich das genau anschauen, die werden genau geprüft – vom Jugendamt, von diversen Behörden –, ob sie fähig, bereit, willig sind und genug Geld haben, um so ein Kind bei sich leben lassen zu können. Das heißt, die müssen sich ziemlich dafür anstrengen, dass das geht. Und für die ist es nicht leicht, und ich kenne einige davon, in einer Umgebung, die immer noch ziemlich homophob ist, wie wir hier auch gehört haben, zu sagen, ja, wir sind zwei Frauen, wir sind zwei Männer, und wir wollen einem Kind eine liebevolle Umgebung geben. Vielleicht können Sie sich das nicht vorstel­len. – Herr Klement ist gerade anderweitig beschäftigt und will sich das natürlich nicht anhören, was ich hier zu sagen habe. Solche Wahrheiten wollen Sie einfach nicht hören, mit solchen Menschen wollen Sie offenbar nichts zu tun haben.

Ich kann Ihnen nur sagen: Ihre abstrusen Vorstellungen, die Sie gestern an den Tag gelegt haben, sind wirklich das Letzte, was ich hier hören will und zu hören bekommen habe. (Beifall bei den Grünen.)

Noch etwas anderes möchte ich Ihnen sagen: Sie haben sich auch nicht von Aussagen dieser Studie distanziert, die Sie zitiert haben, einer Studie ... (Abg. Strache: Warum soll sich jemand von einer Studie distanzieren?!) – Moment, Herr Klubobmann! Ihr Kollege Klement hat die Studie „Kirche und Pädophilie“ aus dem Jahr 2002 zitiert, wahrscheinlich von irgendeiner seltsamen religiösen Sekte, die sich Kirche nennt. (Abg. Dipl.-Ing. Klement: Die katholische Kirche, Frau Lunacek!) – Dann war es die katholische Kirche. Auch die katholische Kirche hat manchmal sehr abstruse Formen (Abg. Strache: Das ist eine seltsame Sekte! – weitere Zwischenrufe bei der FPÖ), und Sie wissen genau, dass es gerade in der österreichischen katholischen Kirche unter dem Mantel eines Kardinals und anderer katholischer Würdenträger massive Fälle von Kindes- und Jugendlichenmissbrauch gegeben hat. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Neubauer: Frechheit! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Und wenn diese Kirche sagt: „Ähnlich wie die homosexuelle Neigung kann auch Pädo­philie geheilt werden“, dann sage ich Ihnen eines: Die WHO, die Weltgesund­heitsorganisation, hat, spät, aber doch, 1991 festgestellt – 1992 ist das in Kraft getreten –, dass Homosexualität nicht mehr im Code der Krankheiten geführt werden darf.

Ich fordere Sie auf, sich hierher zu stellen und festzuhalten, dass Homosexualität keine Krankheit ist und nicht geheilt werden muss. Denn sonst, das sage ich Ihnen, halten Sie damit mir und anderen möglicherweise lesbischen oder schwulen Abgeordneten dieses Hauses vor, sie seien krank und gehörten in die Psychiatrie. Das ist Verhet­zung! (Abg. Neubauer: Das ist eine Frechheit! – Abg. Dr. Graf: Geh, bitte!) – Ich möchte, dass Sie das zurücknehmen und nicht mehr behaupten, dass Homosexualität eine Krankheit und heilbar sei. Das haben Sie nämlich mit dieser Aussage, die Sie gestern hier getätigt haben, getan. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Graf: Sie sagen selbst, dass die Kirche ...! – Abg. Strache: Sie sagen selbst, dass die katholische Kirche ...!)

Welchen Teils der katholischen Kirche auch immer solche Studien sind: Wenn sie solche Aussagen zum Inhalt haben, sind sie nur als abstruse Hirngespinste irgend­welcher verklemmten Männer zu sehen – und nicht mehr. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dipl.-Ing. Klement: Ich bin nicht verklemmt!)

17.12


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Fichten­bauer. 6 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 181

17.12.42

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Es wäre ja schön, wenn es für komplizierte Dinge ein einfaches Rezept gäbe, aber, Kollege Rasinger wird mir recht geben, dem ist nicht so. (Abg. Neugebauer: Der stellt dir eines aus!) – Er stellt eines aus? Ich gebe ihm eh einen Krankenschein, das macht ja nichts.

Es ist Teil des menschlichen Strebens, dass komplexe Dinge nach vereinfachten Lösun­gen drängen, diese aber zufolge der Natur der Komplexität nicht anbietbar sind. Es ist daher ziemlich unrichtig, wenn von verschiedenen Herrschaften, die das gewiss gut meinen, ein einzelner Handlungsstrang herausgezupft wird und anhand dieses kurzen Fadens der Versuch unternommen wird, das zu widerlegen, was der Vorredner gesagt hat, oder zum Beispiel zu argumentieren, dass die Anzeigepflicht, die wir ausdrücklich unterstützen, nach Auffassung mancher Experten das Gegenteil dessen bewirkt, was sie bewirken soll, weil dann weniger angezeigt würde.

Das erinnert mich daran, dass, was nur allzu bekannt und unangenehm ist, wenn man in ein Spital eingeliefert wird und dort behandelt werden muss, man auch vom Spitals­virus befallen werden kann und dadurch eine andere Krankheit bekommen kann. – Aber kein Mensch kommt auf die Idee, deswegen, weil es dort das Spitalsvirus gibt, das Spital nicht aufzusuchen, wenn es erforderlich ist! (Beifall des Abg. Kickl.)

Aus diesem Grunde entspricht es einer inhaltlichen Logik – oder besser: einer Unlogik –, dass man, die Meinung mancher Experten aufgreifend, es könne durch die Anzeigepflicht am Ende nichts Gutes geschehen für das Kind, weil das Kind versteckt wird oder sonst etwas Böses daraus erwächst, die Anzeigepflicht besser nicht einführt, wodurch bei erkennbaren Misshandlungen eben nicht anzuzeigen ist. (Abg. Mandak: Das ist ja keine Theorie, das ist Erfahrung!)

Damit sind wir nämlich ganz genau beim Fall Luca, der ein Szenario hervorgebracht hat, das einem ja den Trauerfall, vermischt mit einem angemessenen Empörungs­impuls, vermitteln musste. Denn eines war sensationell, nämlich der Aufmarsch aller Beamteten von Mödling bis Tirol, die mit dieser Sache zu tun und unglaublich tolle Erklärungen dafür hatten, warum sie nichts tun konnten: Sie waren im konkreten Fall nicht zuständig, sie hatten von den schaurigen Fotos nichts gehört, und überhaupt wäre es eine Gemeinheit gewesen, dass man die Misshandlungsfotos gezeigt hat, und die, die es jetzt angegangen haben, haben von den Fotos wiederum nichts gewusst – und Endresultat war ein totes Kind.

Meine Herrschaften, das ist der Angelpunkt! Ich pfeife auf alle Philosophien und Expertenmeinungen, wenn am Ende tote Kinder zu verzeichnen sind! (Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt sagt Kollege Pendl, den ich sehr schätze, weil er ein ehrlicher und gerader Mann ist, das käme auf den Handlungsstrang an. – Das ist wohl richtig, aber Strafrecht ist natürlich nicht die Lösung dafür, dass es zuerst ein Unrechtshandeln gibt. Aber, Herr Kollege Pendl, das Haus dürfte sich in einem Erkenntnispunkt einig sein, nämlich dass das Strafrecht verpöntes Handeln als Tatbestandsmerkmale umschreibt.

Deshalb: Wenn wir morgen in der „Kronen Zeitung“ vom nächsten Raubüberfall lesen oder Mordberichte präsentiert bekommen, dann heißt das doch nicht, dass deswegen das Strafgesetzbuch umsonst ist. Wir alle sind uns doch in dem Punkt einig, dass wir dieses Handeln als verpönt erachten! – Aus diesem Grund ist es sinnvoll, pönalisierte Tatbestandsmerkmale zu implementieren, um handlungssteuernd zu wirken: ver­meidend oder gebietend.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 182

Wir sind der Meinung, und wir bringen heute einen diesbezüglichen Initiativantrag ein, wonach ein eigener Tatbestand nach § 302 als § 302a einzuführen sein wird: Wer aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Dienstverpflichtung, als Beamter oder Angestellter der Jugendwohlfahrt oder als sonstiger Beschäftigter in der Jugendwohlfahrt durch pflichtwidriges Verhalten eine Handlung oder Unterlassung begeht, sodass hieraus eine Körperverletzung – und zwar im Sinne des § 85, also eine schwere Körper­verletzung – folgt, ist mit einer Freiheitsstrafe von einem bis zu fünf Jahren und bei tödlichem Ausgang mit einer Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen.

Damit markiere ich ein Handlungsgebot, wonach sich Herrschaften künftig nicht mehr auf Unzuständigkeit, auf Experten und sonstige krause Theorien der Pädagogik ausreden können, um einem Kind in einer lebensbedrohlichen Situation nicht zu helfen, und darauf kommt es an! (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist zwar nicht die Lösung, aber vielleicht ist es die Hilfe, die es braucht, damit morgen ein Fall Luca – und wäre es nur ein einziges Mal, das würde schon genügen – nicht entsteht und nicht zu verzeichnen ist.

Darüber hinaus kündige ich einen Initiativantrag betreffend den Bereich an, den ich schon mehrmals erwähnt habe, da diese jahrelangen Entscheidungsverzögerungen auf dem Gebiet des Judizierens im Bereich der Obsorge und des Besuchsrechtes einen bestimmten, spezifischen Unrechtsgehalt gegenüber der Bevölkerung aufweisen. Das ist ein Versagen der Justiz und das ist ein Versagen der beschäftigten Sach­verständigen, und da muss mit einem radikalen Schnitt Schluss gemacht werden. Deswegen wird ein Initiativantrag eingebracht werden, wonach im außerstrafrecht­lichen Bereich ein unbedingtes Erledigungsende von sechs Monaten in der ersten Instanz einzuführen ist. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FPÖ.)

17.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ord­neten Ing. Westenthaler, Kollegin und Kollegen betreffend vierteljährliche verpflich­tende ärztliche Untersuchung von Kindern in Österreich.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 183

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ord­neten Ing. Westenthaler, Kollegin und Kollegen betreffend „Verbrechen an Kindern dürfen nicht verjähren“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Damit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Ing. Westenthaler, Kollegin und Kollegen betreffend bessere personelle und finanzielle Dotierung der Jugendwohlfahrt.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Ing. Westenthaler, Kollegin und Kollegen betreffend Einführung einer generel­len Anzeigepflicht bei begründetem Verdacht auf Gewalttaten an Kindern.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

17.20.39Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen jetzt zu einer kurzen Debatte. Diese betrifft den Antrag des Herrn Abgeordneten Ing. Westenthaler, Kollegin und Kollegen, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 435/A der Abgeordneten Ing. Westenthaler, Kollegin und Kollegen betreffend ein Heizkostenausgleichsfondsgesetz eine Frist bis zum 24. Dezember 2007 zu setzen.

Nach Schluss dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Frist­setzungsantrag stattfinden.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner/keine Rednerin länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei der Erstredner zur Begründung über eine Redezeit von 10 Minuten verfügt. Stellungnahmen von Mitglie­dern der Bundesregierung sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Zunächst erhält der Antragsteller das Wort, und das ist Herr Abgeordneter Klubobmann Ing. Westenthaler. 10 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


17.21.46

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es handelt sich dabei um eine klar nachvollziehbare Forderung: Wir haben am 17. Oktober einen Antrag eingebracht, den Menschen einen zusätz­lichen Heizkostenausgleich zu gewähren.

Warum haben wir das getan? – Weil wir, wie wir ja seit einigen Wochen wissen, rund 420 000 Menschen im Lande haben, die sich nicht durchgehendes beziehungsweise regelmäßiges Heizen leisten können, wobei bei 250 000 dieser 420 000 die Heizung in diesem Winter überhaupt kalt bleibt.

Das muss man sich einmal vorstellen: 250 000 Menschen, die überhaupt nicht heizen können, weil sie es sich nicht leisten können, und das – weil jetzt gleich der Einwand kommen wird: nun, es gibt ohnehin Heizkostenzuschüsse in den Ländern; ja, gerade auch deswegen! –, obwohl es in den Ländern Heizkostenzuschüsse für diese Haus­halte gibt. Trotzdem können sich 250 000 Menschen das Heizen nicht leisten! (Präsident Dr. Spindelegger übernimmt den Vorsitz.)

Daher sind wir der Meinung, die Bundesregierung beziehungsweise der Bund ist aufgefordert, hier etwas zu tun, gerade auch in der Vorweihnachtszeit, und wir haben heute wahrscheinlich überhaupt die letzte Möglichkeit dazu. Deswegen haben wir mit dem 24. Dezember auch dieses markante Datum der Fristsetzung gewählt: um ihre Herzen zu erwärmen, auch die Heizungen der Menschen zu erwärmen. Das wollen wir.

Daher haben wir einen recht vernünftigen Vorschlag gemacht, nämlich nicht, dass man irgendwie drüberfährt über die Landeszuschüsse, sondern wir sagen: Es gibt unter­schiedliche Landeszuschüsse; gleichen wir sie mit einem Heizkostenausgleichsfonds aus, indem wir vom Bund her diese Heizkostenzuschüsse verdoppeln, sie aber mit maximal 150 € deckeln. – Ich denke, das ist gerecht, das ist fair und das würde vielen Menschen helfen, über den Winter zu kommen.

Allein die Fristsetzung zeigt: Dies ist die letzte Möglichkeit dazu. – Es betrifft dies ungefähr 1,6 Millionen Haushalte, wenn man eine Deckelung bei 2 500 € einzieht; also


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die Haushalte, die unter 2 500 € Monatseinkommen liegen, sollen in den Genuss eines solchen Heizkostenzuschusses kommen.

Ich denke, das ist sinnvoll, das ist gerecht! Erwärmen Sie Ihr Herz dafür und stimmen Sie dem heute zu, damit wir zumindest noch in den schweren Jänner-, Februar- und März-Monaten, in denen es sicherlich noch einmal kalt wird, den Menschen helfen können! Das wäre wirklich soziale Wärme, die die Menschen brauchen – das sei insbesondere an die SPÖ gerichtet, die jetzt angestrengt wegschaut, diese Menschen sind ja auch ihre Klientel. Sie erwarten sich, dass wir ihnen helfen, dass wir ihnen beim Heizen unter die Arme greifen, damit sie, so wie wahrscheinlich jeder hier im Hohen Haus, auch im Winter durch Heizen Wärme in ihre Wohnungen bringen – eine soziale Wärme, die wir ihnen geben sollten. (Beifall beim BZÖ.)

17.24


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Ich mache darauf aufmerksam, dass die Rede­zeit der nunmehr zu Wort gemeldeten Abgeordneten 5 Minuten beträgt.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dobnigg. – Bitte.

 


17.24.42

Abgeordneter Karl Dobnigg (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Werte Kolleginnen! Werte Kollegen! Hohes Haus! Herr Westenthaler! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen vom BZÖ, es ist schon sehr interessant: Sie waren doch sieben Jahre lang in den Vorgängerregierungen und hätten während dieser Zeit sehr, sehr viel für die Menschen tun können, denen es finanziell nicht sehr gut gegangen ist. (Abg. Scheibner: Haben wir auch!)

Aber was ist geschehen? – Die Armut hat sich in dieser Zeit vergrößert, und leider immer mehr Menschen näherten sich der Armutsgrenze. Die Armut in Ihrer Regierungszeit ist deshalb zustandegekommen, weil Sie die Menschen finanziell belastet haben und die Pensionserhöhungen immer unter der Inflationsrate lagen. (Abg. Mag. Kukacka: ... den Blödsinn ...?!)

Gerade vor zwei Tagen – jetzt komme ich wirklich dazu, jetzt passt es ja – wurde eine sehr erfreuliche und großzügige Pensionserhöhung für unsere ältere Generation beschlossen. (Abg. Scheibner: ... das ist weniger!) Damit wird die Kaufkraft nicht nur gesichert, sondern sie wird steigen. Und was mir besonders wichtig ist, ist, dass damit auch Nachhaltigkeit erreicht wird, was bei den Einmalzahlungen zu Ihrer Zeit nicht der Fall war. (Abg. Ing. Westenthaler: Was hat das mit den Heizkosten zu tun?!)

Es muss auch sehr deutlich gesagt werden, dass, seit es die SPÖ in dieser Regierung gibt, die österreichischen Pensionistinnen und Pensionisten zweimal doch recht erfreu­liche Pensionserhöhungen bekommen haben. (Ruf: Weil wir den Finanzminister ...!) – Daran sieht man auch sehr deutlich, dass uns vor allem die ältere Generation wirklich sehr am Herzen liegt. (Abg. Ing. Westenthaler: Aber die Leute können sich das Heizen nicht leisten! Das hat ja nichts mit den Pensionen zu tun!)

Der Punkt dabei ist nur: Pensionen sind Bundessache, und dort, wo man zuständig ist, wurde und wird auch sozial gehandelt (Abg. Scheibner: Aber wir haben schon einen Bundeszuschuss auch gegeben!), der Heizkostenzuschuss aber ist Ländersache, wie Sie wissen – ich hoffe, Sie wissen es! –, und es wäre natürlich sehr schön, wenn alle Länder diesen in entsprechender Höhe gewähren würden, da sind wir uns einig.

Aber leider gibt es hier große Unterschiede: In meinem Bezirk Leoben zum Beispiel gibt es erfreulicherweise vonseiten des Sozialhilfeverbandes eine Unterstützung von 75 € für sozial Bedürftige (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist weniger!), und dazu kommen noch zusätzlich 120 € vonseiten des Landes bei Ölheizungen und 60 € bei anderen Formen von Heizungen. Daran kann man wirklich deutlich sehen, dass unter


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Landeshauptmann Mag. Franz Voves in der Steiermark sehr sozial gehandelt wird. Daher meine ich, dass jene Bundesländer, welche hier nachhinken, das steirische Modell als Vorbild nehmen sollten.

An dieser Stelle möchte ich doch eine sehr interessante Frage an Sie, Herr Westen­thaler, und an das BZÖ richten: Wissen Sie, wie es mit dem Heizkostenzuschuss in Kärnten aussieht? (Abg. Haubner: Ja! Wir sind Top 3! – Abg. Ing. Westenthaler: Top 3, vor der Steiermark!) – Das wissen Sie? Ja, vielleicht ist Ihnen bekannt, dass es diesen gibt, das ist auch gut. (Abg. Ing. Westenthaler: Top 3! Das ist eine der höchsten ...!) – Ja, das Interessante dabei ist nur, dass kürzlich Landeshauptmann-Stellvertreterin Gaby Schaunig namens der SPÖ einen Antrag auf Erhöhung dieses Heizkostenzuschusses eingebracht hat. Und wissen Sie auch, dass Ihr BZÖ-Lan­deshauptmann und das BZÖ Kärnten diesen Antrag abgelehnt haben? (Abg. Ing. Wes­tenthaler: Weil wir mehr wollten!) – Das ist soziale Wärme? (Abg. Ing. Westenthaler: Wir wollten einen höheren Zuschuss, nur haben sie das verhindert!) – Dieser Antrag wurde nur durchgebracht, weil sich auch die ÖVP hier zu sozialer Wärme bekannt hat.

Herr Westenthaler, Ihre Doppelzüngigkeit ist, wie man sieht, wirklich nicht mehr zu überbieten. Dies zeigt auch sehr deutlich, wer hier Wärme sowohl in die Wohnungen als auch in die Herzen der Menschen bringt. (Abg. Ing. Westenthaler: 250 000 Men­schen können sich das nicht leisten!)

Werte Kolleginnen und werte Kollegen, aufgrund des Umstandes, dass für den Heiz­kostenzuschuss die Länder zuständig sind, ist aus Sicht der SPÖ dieser Fristset­zungsantrag abzulehnen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Das ist soziale Kälte! Die rote soziale Kälte!)

17.28


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Sieber. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


17.28.28

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ja, auch wir von der ÖVP wissen natürlich, dass die Energiekosten hoch sind, und den Menschen, denen es nicht so gut geht, soll in dieser Frage geholfen werden. Und in den Ländern wird auch geholfen.

Vor allem aber ist es die Seniorenvertretung – denn oft sind es Senioren, die in diesem Zusammenhang Unterstützung brauchen –, die da Forderungen an uns stellt. So entnehme ich einer Aussendung von Andreas Khol namens des ÖVP-Seniorenbundes, dass er ganz klar fordert, als Richtlinie bei den Heizkostenzuschüssen das Land Vorarl­berg mit einem Heizkostenzuschuss von 208 € pro Jahr heranzuziehen. (Abg. Mandak: Aber ..., das ist das Problem! – Abg. Ing. Westenthaler: Das ist zu wenig!) – Andreas Khol fordert ganz klar, dass sich alle Bundesländer diesen Heizkosten­zuschuss als Vorbild nehmen sollen – und ich unterstütze Andreas Khol in diesem seinem Ansinnen, denn es gibt gewaltige Unterschiede bei den Heizkostenzuschüssen der Länder.

Nur, Herr Kollege Dobnigg, wenn wir uns die Liste der Bundesländer anschauen und Sie dabei auf Kärnten zeigen, dann wissen Sie, dass, wenn man auf etwas zeigt, vier Finger auf einen selbst zeigen. Schauen wir uns einmal an, wie das ausschaut:

Im Burgenland, da sind es 71 € – ich glaube, das Burgenland hätte hier einiges an Nachholbedarf. (Abg. Mag. Kukacka: Burgenland, was ist das für ein Landes­haupt­mann?)

Tirol hat ihn jetzt von 80 auf 120 € aufgestockt – ich glaube, auch in Tirol könnte noch etwas weitergehen.


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In Wien, wo der Bedarf eigentlich, ohne das falsch einschätzen zu wollen, aber wahrscheinlich am größten wäre, da sind es gerade einmal 100 €.

Herr Dobnigg, wenn ich mir die Homepage der Wiener anschaue, wo für Sozial­hilfeempfänger 480 € ausgewiesen werden, muss ich Ihnen sagen: Das ist wirklich doppelbödig und zeugt von einer gespaltenen Zunge, denn in allen Bundesländern werden den Sozialhilfeempfängern im Rahmen der Daseinsvorsorge auch für Heiz­kosten entsprechende Zuschläge gewährt. Selbstverständlich! Diesen Zuschlag bezie­hungsweise die sich daraus ergebenden 480 € separat auszuweisen, das empfinde ich persönlich als eher, na ja, sagen wir niederträchtig. Das machen alle anderen auch! Und sich mit solchen Angaben um eine Verantwortung herumzuschwindeln, das geht eigentlich so nicht. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich meine also, dass gerade in Wien ein entsprechender Aufholbedarf besteht.

In Salzburg sind es 150 €. Man möchte meinen, das ist nicht so schlecht. In Salzburg regiert ja bekanntlich die von uns geschätzte Landeshauptfrau Gabi ... (Ruf bei der ÖVP: Burgstaller!) Burgstaller, dass mir der Name einfällt!

Diese 150 € werden aber nur – meine Damen und Herren, hören Sie gut zu! – an Sozialhilfeempfänger ausgeteilt, und das sind dann in Salzburg gerade einmal 1 900 Emp­fänger. Das ist wirklich nicht gerade eine Ruhmesbilanz für die dort regierende Gabi Burgstaller. (Abg. Neugebauer: Bravo!)

Hier werden sicherlich die BZÖ-Abgeordneten im Landtag einen Antrag einbringen. – Doch halt! – Herr Westenthaler, in Salzburg gibt es ja kein BZÖ. Das ist wirklich sehr bedauerlich. (Heiterkeit bei der FPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Das kommt alles noch!)

Ich kann Ihnen aber garantieren, dass die ÖVP-Abgeordneten in Salzburg ganz sicher Druck machen und dafür sorgen werden, dass auch in Salzburg entsprechende Verga­beregeln angewandt werden.

In Summe sind wir alle miteinander aufgefordert, in unseren Bundesländern darauf zu schauen, dass wirklich Heizkostenzuschüsse in entsprechender Höhe vergeben werden. Wir in Vorarlberg – und ich denke, Frau Mandak, da sind wir einer Meinung – sind hier wirklich gut unterwegs. Die anderen Bundesländer sind aufgefordert, es uns nachzumachen. 208 € pro Heizsaison, das ist wirklich ein guter Wert. Und in diesem Sinne ist dieses Thema bei den Bundesländern gut aufgehoben, wenn wir uns an die Richtschnur Vorarlberg halten. (Abg. Mag. Kukacka: Nicht in den SPÖ-Bundes­ländern!) – Danke. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

17.32


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. 5 Minuten maximale Redezeit. – Bitte.

 


17.32.45

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine kleine Korrektur, Herr Abgeordneter Sieber, da dieses Bild heute von Ihnen verwendet wurde und es auch gestern schon verwendet worden ist: Probieren Sie es selbst einmal aus! Sie haben behauptet, wenn man mit einem Finger auf jemanden zeigt, dann zeigen vier Finger zurück. Probieren Sie es aus! Es sind nur drei Finger. – Das sei aber nur am Rande vermerkt. (Abg. Dr. Graf – mit dem Daumen zeigend –: Was ist, wenn man so zeigt?)

Es gibt natürlich wesentlich Wichtigeres, nämlich die Frage zu klären, wie wir mit dem Heiz­kostenzuschuss umgehen.


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Herr Abgeordneter Westenthaler, vielleicht wissen Sie das nicht, aber: Dieser Antrag wurde im Sozialausschuss schon mehrfach zerkaut. Und nach wie vor ist es so: Der Antrag wird nicht besser, auch wenn er zum vierten Mal eingebracht wird. Ich kann Ihnen auch kurz begründen, warum. Ich möchte das wirklich nicht allzu breit ausführen, denn diese Geschichte haben wir wirklich schon ausdiskutiert.

Es gab bereits einmal eine bundesweite Aktion zum Heizkostenzuschuss – aber Sie interessiert das ohnehin nicht, Sie machen ohnehin etwas anderes. Es gab also bereits einmal eine bundesweite Aktion zum Heizkostenzuschuss. Und die Volksanwaltschaft hat in einem sehr gründlichen Sonderbericht diese Heizkostenzuschussaktion, für die auch Sie, so glaube ich mich zu erinnern, noch als Klubobmann mit verantwortlich waren, evaluiert.

Dieser Bericht wurde dem Nationalrat zugeleitet. Die drei Volksanwälte wollten dazu auch vor dem Nationalrat sprechen, nur hat das die damalige Bundesregierung bezie­hungsweise die Koalitionsparteien nicht interessiert. Dieser Bericht wurde vom Nationalrat nicht zur Kenntnis genommen, weil nicht zugeleitet. So schaut es aus mit Ihrer Ernsthaftigkeit zum Thema Heizkostenzuschuss! (Beifall bei den Grünen.)

Ich kann Ihnen nur sagen, dass alle Kritikpunkte, die die Volksanwaltschaft damals mühselig bei den Bundesländern erhoben hat, richtig sind: Das Antragsprinzip ist völlig ungeeignet, um den Heizkostenzuschuss zu einem wirksamen Instrument werden zu lassen, weil nur ein geringer Prozentsatz der Betroffenen, also derer, die ihn brauchen würden, davon erfahren hat. Das heißt, dass je nach Bundesland nur 10 bis 20 oder 30 oder 40 oder manchmal auch 50 Prozent diese Hilfe in Anspruch genommen haben.

Es kommt aber noch viel schlimmer – und zwar auch in Ihrem Antrag, in dem alle Fehler des damaligen Zuschusses wiederholt werden –: Jedes Bundesland hat andere Richtlinien gehabt, wann der Antrag gestellt werden durfte. In einigen Bundesländern durfte er überhaupt nur einen Monat lang gestellt werden, und das Bundesland Salz­burg beispielsweise hat einen Heizkostenzuschuss nur dann gewährt, wenn das betreffende Heizmittel Heizöl war.

Das ist absurd, meine sehr geehrten Damen und Herren! Jedes Bundesland hat unterschiedliche Richtlinien. Ich will hier gar nicht auf ein Bundesland besonders losgehen, aber es wäre wirklich sinnvoll, diese Richtlinien zu akkordieren.

Eines sage ich Ihnen aber zum Abschluss schon noch, Herr Abgeordneter Westen­thaler: Kärnten ist in dieser Frage wirklich kein leuchtendes Vorbild. (Abg. Ursula Haubner: O ja!) – Ja, Frau Abgeordnete Haubner, dann erklären Sie mir das! Das klingt gut, wenn Sie sagen: O ja!, und das mit Ihrer Überzeugung und Begeisterung. Das klingt wunderbar (Abg. Ursula Haubner: Das kann ich auch erklären!), nur sage ich Ihnen auch: Kärnten ist das einzige Bundesland, in dem der Heizkostenzuschuss regresspflichtig ist. Das heißt: Jemand, der den Heizkostenzuschuss beansprucht, dessen Angehörige können dazu verpflichtet werden, diesen Heizkostenzuschuss wieder zurückzuzahlen – und das, mit Verlaub, ist absurd und absolut, völlig daneben!

So schaut es also in der Realität mit den Heizkostenzuschüssen aus, und der Antrag ist sicher keine Hilfestellung. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mandak: Oje!)

17.36


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kickl. 5 Minuten maximale Redezeit. – Bitte.

 


17.37.04

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehr­ten Damen und Herren! Wir haben heute am Vormittag seitens des Herrn Finanzminis­ters eine Art von Zwangsbeglückung sozusagen, ein zwanghaftes Eindringen in die


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österreichischen Wohnzimmer erlebt. Und da hätte ich schon einen guten Tipp, wenn er das wirklich vorhat, wo er denn mit dieser Wohnzimmer-Besuchstour beginnen könnte. Man könnte ihm vorschlagen, dass er zunächst einmal in die 2 000 Wiener Wohnungen geht – man darf nicht vergessen: im sozialistischen Paradies! –, dass er also diese 2 000 Wohnzimmer, Wohnungen besucht, die diesen Winter ohne Strom und ohne Gas auskommen müssen, wo es also wahrscheinlich nicht nur kalt ist, sondern auch noch finster. (Abg. Mayerhofer: Das ist eine gefährliche Drohung!) Das wäre einmal sozusagen die Stufe eins, die er wahrnehmen könnte.

Und dann kann er natürlich weitermachen und die 33 000 Wienerinnen und Wiener besuchen, die ihm dann erklären können, wie sie es machen, dass sie die alten Rückstände, die daraus erwachsen sind, dass sie die Energiekosten nicht bezahlen konnten, abstottern und wie sie ihre Ratenzahlungen aufbringen, weil sie anders dazu nicht mehr in der Lage sind.

Es wäre eine gute Sache, wenn der Herr Finanzminister auch den Herrn Bundes­kanzler mitnehmen würde. Alfred der Gütige heißt er für mich seit zwei Tagen, weil er mit dieser gigantischen Pensionserhöhung für die Niedrigstpensionisten von 1,7 Pro­zent wirklich alles dafür getan hat, sich diesen Namen zu verdienen. Das wäre einmal ein Vorschlag. (Abg. Murauer: Gute Vorschläge!)

Man könnte vielleicht wirklich bei diesem Projekt lehrreiche Erfahrungen machen, die dann darin münden würden, dass man hier herinnen weniger Lobhudeleien für Dinge hört, die dann in der Sache selbst überhaupt nicht zu begründen sind.

In Wahrheit ist es eigentlich eine Schande – das muss man schon sagen –, dass wir in Österreich überhaupt 450 000 Menschen haben, die auf einen Heizkostenzuschuss angewiesen sind. Das muss man sich einmal überlegen, was das bedeutet! Was bedeutet das? – Das sind Leute, die zwar ein Einkommen haben, sich das aber trotzdem nicht leisten können. 450 000 Menschen! (Abg. Öllinger: So ist es! Daher braucht es eine Grundsicherung!)

Die Grundsicherung ist ein anderes Kapitel, mit dem Sie das nicht lösen werden, sondern damit würden Sie einen schweren Fehler begehen. Sie wissen ohnehin, welchen Fehler Sie machen, ich brauche es Ihnen nicht noch einmal zu erzählen. (Abg. Brosz: O ja, wir wollen das von Ihnen schon einmal hören! – Abg. Dr. Pirklhuber: Welchen Fehler? Erklären Sie uns den!)

Wissen Sie, meine Damen und Herren, wir haben es mit Verteuerungen von etwa 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu tun. Das ist doch nicht nichts. 30 Prozent! Und das trifft in Wahrheit die Ärmsten der Armen.

Der Herr Finanzminister wird es nicht glauben, aber von seinem angestrebten Null­defizit wird die Wohnung der Menschen nicht warm werden. Es gibt also in Österreich Wohlstand – ja, den gibt es –, aber es gibt keine Verteilungsgerechtigkeit. Das ist das Problem an der ganzen Sache.

Deswegen hat man ein Zuschusswesen aufgebaut, das jedoch auch viele Leute aus­schließt, denn im Grunde genommen gibt es viele bürokratische Hürden, bürokratische Hindernisse. Wenn wir davon ausgehen, dass wir etwa 400 000 oder 450 000 Antrag­steller haben, dann können wir davon ausgehen, dass es in Wahrheit noch viel, viel mehr Leute brauchen würden, die diese Möglichkeit aber aufgrund des schwierigen Zuganges nicht nutzen können. Das ist also ein Problem der Verteilungsgerechtigkeit.

Schauen wir uns das System an: Wir haben ein einheitliches Tierschutzgesetz – das haben wir zustande gebracht, das ist auch sinnvoll –, im Bereich der Heizkosten­zuschüsse haben wir aber ein Drunter und ein Drüber: In einem Land so viel, im anderen Land so viel, dort dieses, dort jenes, also ein Kuddelmuddel allererster


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Ordnung, das im Grunde genommen nicht dazu dienen kann, den Leuten dieses elementare Recht zu gewähren.

Ich meine auch, dass – und da sind wir uns ja irgendwie auch alle einig – man dieses Defizit sozusagen beheben muss, und dieses Defizit wird man wahrscheinlich nur dann beheben können, wenn man bundesweit eine einheitliche Regelung dafür findet. So, meine Damen und Herren, mit diesem Drunter und Drüber, werden die Wohnungen nicht warm werden, da werden die Leute nichts davon haben. Das ist nicht das, was wir brauchen.

Ich darf Sie nur daran erinnern: Sie haben eine soziale Fürsorgepflicht. Ich darf Sie bitten, diese soziale Fürsorgepflicht in diesem Bereich auch entsprechend wahrzu­nehmen. (Beifall bei der FPÖ.)

17.41


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Haub­ner zu Wort. 5 Minuten maximale Redezeit. – Bitte. (Abg. Öllinger – in Richtung der sich zum Rednerpult begebenden Abg. Ursula Haubner –: Bitte, sagen Sie auch etwas zum Regress in Kärnten! – Abg. Ursula Haubner – lachend –: Ich habe das vorhin so herzlich gesagt, gell? – Allgemeine Heiterkeit.)

 


17.41.28

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Wortmeldungen haben gezeigt, dass bei allen, die hier am Rednerpult gestanden sind, zumindest ein Problembewusstsein vorhanden ist. Im Ausschuss habe ich manchmal nicht dieses Gefühl gehabt, denn im Ausschuss wurde von vielen Vertreterinnen und Vertretern ausschließlich die nachhaltige Lösung im Rahmen der Wohnbauförderung eingefordert.

Okay, dafür bin ich zu haben, nur ist das eine mittelfristige Lösung, aber das Problem haben wir jetzt. Wir haben jetzt das Problem, dass 250 000 Haushalte nicht heizen können, dass 250 000 Haushalte so arm sind, dass die entstehenden Heizkosten für sie eine ganz, ganz große Belastung sind. Dieses Problem muss gelöst werden. Dieses Problem kommt jedes Jahr wieder und ist heuer einerseits durch die hohe Teuerungsrate verstärkt und andererseits auch durch die großen Belastungen, die diese Regierung mit ihrer Mehrheit hier im Parlament beschlossen hat. (Beifall beim BZÖ.)

Dass es in den Ländern unterschiedliche Regelungen gibt, das haben wir auch schon x-mal diskutiert, und ich erwarte mir auch jetzt von dieser großen Koalition, dass sie wieder eine von ihren vielen Artikel-15a-Vereinbarungen macht. In dem Fall wäre eine einheitliche Lösung gut, denn wir haben eben unterschiedliche Heizkostenzuschüsse in den Bundesländern, wobei ich aber schon anmerken möchte: Die Top 3 sind Vorarl­berg, Oberösterreich und Kärnten, und am Ende liegen leider Gottes das Burgenland, Tirol und Wien, und damit also zwei sehr rot dominierte Länder.

Kärnten hat einen Heizkostenzuschuss in Höhe von 168 €, und Kärnten hat – und das haben Sie nicht gesagt – zusätzlich einen Teuerungsausgleich eingeführt, zusätzlich zum Heizkostenzuschuss, den die Frau Landesrätin Schaunig beantragt hat, Herr Kollege Dobnigg. Das ist okay. Es gibt also zusätzlich einen Teuerungsausgleich, und Kärnten ist das einzige Bundesland, das diesen hat. Auch hier könnte also eine Vorbildwirkung von Kärnten ausgehen, wenn man es nur will. (Abg. Lutz Weinzinger: Heißt es jetzt „BZÖ“ oder „BZK“?)

Und eines noch, Herr Kollege Öllinger: Ich nehme das, was die Volksanwaltschaft sagt, sehr ernst. In diesem Fall aber möchte ich es mit den Worten des derzeitigen Bun­deskanzlers halten: Den Heizkostenzuschuss machen wir nicht für die Volksanwalt-


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schaft, sondern für die Menschen. Daher braucht es hier Lösungen, Lösungen, die wir herbeiführen müssen. Daher haben wir auch einen Antrag eingebracht, jetzt einen Fristsetzungsantrag bis zum 24. Dezember.

Im Protokoll des Ausschusses lese ich, dass der Herr Sozialminister gesagt hat, dass er die Zeit nützen wird, um einen Lösungsvorschlag auszuarbeiten. Okay, das ist in Ordnung. Wir wollen ihn mit unserem Fristsetzungsantrag unterstützen, damit er bis zum 24. Dezember einen Lösungsvorschlag für die Bevölkerung in Österreich ausarbeiten kann, damit es einen einheitlichen, bundeseinheitlichen Heizkosten­zu­schuss gibt.

Dass wir damit in guter Gesellschaft sind, das wissen Sie ganz genau. Es sind Men­schen, die das Ohr am Volk haben, wie Caritas-Präsident Küberl, der einen bundes­einheitlichen Heizkostenzuschuss fordert. Herr Kollege Sieber! Wenn ich zum Beispiel in der Stellungnahme des Seniorenrates nachlese, dann ist es nicht nur der Senioren­bundobmann Andreas Khol, sondern auch der Obmann des Pensionistenverbandes Karl Blecha von der SPÖ, die einen bundeseinheitlichen, unbürokratischen Heiz­kostenzuschuss vor allem für die Bezieher kleiner Pensionen fordern.

Das ist richtig so, das ist gut so! Und ich sage: Nicht nur die Bezieher kleiner Pen­sionen sind es, sondern es sind auch sehr, sehr viele Familien mit Kindern, die genauso zu wenig Geld haben, als dass sie sich eine warme Wohnung, ein warmes Haus leisten könnten.

Daher hoffe ich, dass Sie diesem Fristsetzungsantrag zustimmen, denn es geht um ein Problem, das wir zu lösen haben, und um nichts anderes. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

17.46


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Ing. Wes­tenthaler, Kollegin und Kollegen, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Bericht­erstattung über den Antrag 435/A der Abgeordneten Ing. Westenthaler, Kollegin und Kollegen betreffend ein Heizkostenausgleichsfondsgesetz eine Frist bis 24. Dezember 2007 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Fristsetzungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und daher abgelehnt.

17.46.42Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Ich nehme die Verhandlungen über die Punkte 5 bis 7 der Tagesordnung wieder auf.

Als nächster Redner in dieser Debatte gelangt Herr Abgeordneter Auer zu Wort. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


17.46.56

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! – Der Herr Staatssekretär ist schon im Anmarsch. – Nach dieser doch auch wichtigen Besprechung der Dringlichen Anfrage wieder zurück zu den Finanzgesetzen. Zu zwei Punkten aus dem Bereich, den wir jetzt behandeln: Mittelstandsfinanzierung und Finanzmarktaufsicht.

Mittelstandsfinanzierung, MiFiG: Vielleicht ist den meisten gar nicht bewusst, wie wichtig die Klein- und Mittelbetriebe, die KMUs in Österreich sind. Von diesen Unter­nehmen wird immerhin eine gewaltige Wirtschaftsleistung erbracht, sie stellen rund


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99,7 Prozent der gewerblichen Wirtschaft insgesamt. Rund 1,3 Millionen unselbst­ständig Beschäftigte finden hier Arbeit und Brot, das sind 61 Prozent der in der gesamten gewerblichen Wirtschaft Beschäftigten und durchschnittlich 4,3 Arbeitneh­mer je Unternehmen. Sie erbringen immerhin 288 Milliarden € Umsatzerlös.

Mangels Zugang zum Börsekapital ist es für diese Unternehmen ganz besonders wichtig – weil hier nämlich eine Finanzierungslücke besteht, die besonders die Eigen­kapitalquoten der kleinen und neuen Unternehmen widerspiegeln –, dass ihnen eine Möglichkeit gegeben wird, die Eigenkapitalversorgung sicherzustellen. Wenn uns die Europäische Union schon aufgrund verschiedener Vorschriften diese Möglichkeiten gekippt hat, so bedanke ich mich ganz besonders bei allen Verantwortlichen im Finanz­ministerium, dass es hier doch noch eine Art Übergangslösung für einige Jahre gibt. Es ist gerade für den Mittelstand wichtig, dass die Möglichkeit besteht, die Finanzierung in der Anfangs- und Aufbauphase abzusichern. Es ist nämlich wichtig, zu wissen, dass es gerade in diesem Bereich ungeheuer viele Beschäftigte gibt.

Ein weiterer Punkt ist die Finanzmarktaufsicht, meine sehr verehrten Damen und Herren. Da heute so getan wurde, als könnte die neue Finanzmarktaufsicht alles garantieren, darf ich hier an einiges erinnern, weil man der FMA zu Grassers und der letzten Regierung Zeiten ganz bewusst alles Mögliche in die Schuhe schieben möchte. Wie hieß denn jene große Bank, die man in Österreich einmal sanieren musste? – Länderbank hieß sie. Wie hieß jene Bank, in der ein Experte, ja sogar ein Finanz­minister Aufsichtsratsvorsitzender war? – Riegerbank hieß sie. Da gab es noch nir­gends eine FMA. Da gab es eine Prüforganisation, da war wer auch immer zustän­dig, das Finanzministerium, aber keine Finanzmarktaufsicht, meine Damen und Herren.

Hinsichtlich der sogenannten Problematik mit AMIS hätte es auch eine Wertpapier­aufsicht gegeben, die früher schalten hätte müssen. Zu diesem Zeitpunkt – 1999 – gab es noch keine FMA.

Wenn dem so wäre, dass eine perfekte Finanzmarktaufsicht alles regeln könnte, dann frage ich mich, warum in den Zeitungen zu lesen ist: „Finanzkrise erfasst eine Bank nach der anderen“ – in Deutschland – oder warum ich heute lesen muss, dass der ameri­kanische Präsident den Hausbesitzern aufgrund der Immobilienkrise und der Bankenkrise unter die Arme greifen müsste.

Ich hoffe, dass die internen Kontrollmaßnahmen in den Banken funktionieren. Am besten funktioniert dies im Bereich der Sparkassen und Raiffeisenbanken, die einen eigenständigen Prüfungsverband haben. Denn wenn jemand – so traurig es ist, und gleich, welche Bank, gleich, welches Versicherungsunternehmen, gleich, wer immer – eine Gaunerei – Entschuldigung für diesen Ausdruck – machen will und Leute betrügen will, so wird meistens der Betrug vor der Lösung kommen.

Wir haben aber alles zu tun, um Lösungen zu finden und mögliche Unzulänglichkeiten zu verhindern – im Interesse einer geordneten Bankenwirtschaft. Letztlich ist ein funktionierender Bankenapparat der Blutkreislauf für eine funktionierende Wirtschaft. Daher begrüßen wir die neue FMA. Ich hoffe, dass sie das, was sie verspricht, auch halten wird. (Beifall bei der ÖVP.)

17.51


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Graf zu Wort. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


17.51.29

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ein bisschen scheint jetzt nach der Dring­lichen Anfrage die Luft aus dieser Thematik draußen zu sein. Ich versuche, wieder ein


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bisschen Luft hineinzublasen. (Abg. Rädler: Was heißt, Graf wird „hineinblasen“? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ein bisschen, ich möchte es probieren.

Wir haben acht Monate Untersuchungsausschuss hinter uns und haben dort zumindest eines erreicht – ich sage es hier an dieser Stelle, gerade auch an die Adresse des Herrn Kollegen Stummvoll, Sie werden das noch beobachten –: Dieser Ausschuss wird mehr Ergebnisse bringen als jeder der 15 anderen Untersuchungsausschüsse, die in diesem Hohen Haus abgehandelt wurden!

Es wird ja schon damit begonnen, einiges umzusetzen, man bleibt aber wieder auf halbem Weg stecken. Wir haben die historische Chance gehabt, nach einer breiten Sensibilisierung der Abgeordneten in diesem Hohen Haus, zur Neuregelung einer sehr trockenen Materie: Finanzmarktaufsichtsgesetzgebung. So viele Abgeordnete, wie zurzeit in diesem Hohen Haus in dieser Frage sensibilisiert sind, werden wir wahr­scheinlich nie wieder haben – und in der Vergangenheit hatten wir sie schon gar nicht, sonst hätten wir bessere Regelungen gehabt. Das ist also erreicht worden, und alle waren sich einig, dass es einer umfassenden Novellierung der Finanzmarktaufsichts­gesetzgebung im weitesten Sinne bedarf.

Was jetzt am Ende passiert ist beziehungsweise was uns von der großen Koalition vorgelegt wird, ist, muss man sagen, wahrscheinlich der Konsens auf Basis des kleinsten gemeinsamen Nenners. (Abg. Krainer: Oder es ist auch die Lösung, je nach­dem!) Allerdings wird es personalpolitisch sicher der Konsens auf größtem gemein­samem Nenner sein, das traue ich mich heute schon zu sagen.

Wenn wir es gewollt hätten, eine Finanzmarktaufsicht modern und zukunftsorientiert zu organisieren, dann hätten wir uns einige Dinge anders überlegen müssen. Was braucht es, um eine funktionierende Finanzmarktaufsicht zu haben?

Da schließe ich gleich auch an Kollegen Auer an, der dann sagt: Selbstverständlich werden wir Betrug, Irrtümer, Risikogeschäfte, die in die andere Richtung gehen, nie­mals mit einer Finanzmarktaufsichtsbehörde verhindern können. Was wir aber machen können, ist, dass wir bessere Voraussetzungen dafür schaffen, dass sich die Banken selbst mehr in die Pflicht nehmen bei Kontrollmaßnahmen, beim Risikomanagement und Ähnlichem mehr. Dazu bedarf es der entsprechenden Anreize. Die Republik Österreich, der Gesetzgeber, ist dazu aufgerufen, Anreize an die Banken zu geben, sich selbst in die Pflicht zu nehmen. Das ist unterlassen worden!

Was braucht es denn, um eine funktionierende Finanzmarktaufsicht zu haben? – Ich sage: organisatorische Unabhängigkeit und intellektuelle Unabhängigkeit. Die organi­satorische Unabhängigkeit manifestiert sich in drei Punkten – das sagt übrigens auch der Internationale Währungsfonds –, und das sind finanzielle Unabhängigkeit, struktu­relle Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit in allen Belangen; „politische Unabhängig­keit“ könnte man dazu auch sagen. Das ist mit der derzeitigen Lösung nicht wirklich ganz gegeben.

Die intellektuelle Freiheit oder Unabhängigkeit hätte man erreicht, indem man sich angesehen hätte, wo die Fachkompetenz zu Hause ist, um dort nur fachlich geeignete Personen in die Beschäftigung zu bringen. Daran hapert es nämlich massiv! Das können wir alle bestätigen, da wir die Herrschaften zum Teil kennen gelernt haben. Das Zweite heißt natürlich auch eine weitgehende Unabhängigkeit von Interessen­konflikten.

Wenn man sich dann die Lösung ansieht – Herr Staatssekretär, wenn Sie mir ein paar Minuten Ihr Ohr schenkten, wäre ich Ihnen sehr verbunden (Staatssekretär Dr. Matz­netter spricht mit der an der Regierungsbank stehenden Abg. Bayr); Herr Staats­sekretär, ein paar Minuten! (Staatssekretär Dr. Matznetter: Entschuldigung!); so lang


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ist meine Redezeit ohnehin nicht, es leuchtet schon das rote Licht am Rednerpult –, dann kommt man drauf, dass jetzt die Oesterreichische Nationalbank de jure mehr Kompetenz bekommt; de facto hatte sie diese Kompetenz schon immer. Sie hat immer geprüft, und jetzt kann sie eben von sich aus auch initiativ prüfen; vorher hatte sie den Umweg über die Finanzmarktaufsicht gehen müssen. Das ist nicht der epochal große Wurf. (Staatssekretär Dr. Matznetter: Sie konnte keinen Antrag stellen!)

Sie konnte keinen Antrag stellen, aber niemand hat der Nationalbank gesagt, sie muss den Mund halten. Niemand hat ihr das gesagt! Hätte die Nationalbank ihr Gewicht in manchen Fragen wirklich eingesetzt, hätte man sie schon gehört, und dann wäre vieles vielleicht nicht so gekommen. Das ist nicht gemacht worden. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

De jure hat die Nationalbank jetzt mehr Kompetenzen, de facto aber nicht. Das Problem ist aber weiterhin evident, dass auf der Eigentümerseite eine Verflechtung derjenigen, die geprüft werden sollen, nämlich der Banken, mit der Oesterreichischen Nationalbank nach wie vor besteht. Das ist der evidente Interessenkonflikt! Das werden Sie nicht abstreiten können, und das wird auch international so gesehen.

Wir haben die historische Chance gehabt, das anders zu regeln. Ich war immer eher ein Anhänger einer unabhängigen Behörde, die diese Voraussetzungen, die ich vorhin aufgezählt habe, manifestiert hätte. Ich glaube, das wäre modern gewesen.

Genau so, wie ich und viele andere dies vorgeschlagen haben, hat es jetzt im November die Schweiz gelöst. Die Schweiz ist immerhin der drittwichtigste Finanzplatz dieser Erde. Auch in Amerika versucht man jetzt, es anders zu lösen – und dort ist der wichtigste Finanzplatz zu Hause –, weil es dort auch Schwierigkeiten gegeben hat. In London wird es demnächst ebenfalls so gelöst werden, und das ist der zweitwichtigste Finanzplatz.

Wenn wir uns in Österreich schon immer an den Besten orientieren wollen, wieso dann gerade in dieser Frage nicht? Das frage ich Sie jetzt: Wollen wir nicht Weltspitze sein, wenn es darum geht? (Staatssekretär Dr. Matznetter: Die Schweizer wollen das ja wieder ändern!)

Die Schweizer wollen es nicht ändern, die haben es jetzt geändert. (Staatssekretär Dr. Matznetter: Nein, die haben gesagt ...!) Selbstverständlich haben sie es geändert! Das ist kein Prozess mehr, sondern sie haben es geändert, und es ist beschlossen worden. Lesen Sie es nach; Sie können es auch in den einschlägigen Zeitschriften nachlesen. (Neuerliche Zwischenbemerkung von Staatssekretär Dr. Matznetter.)

„Neue Zürcher Zeitung“, 16. November, da wird der Beschluss des Parlaments in der Schweiz ja bekannt gegeben. – Aber wenn wir auf dem Niveau diskutieren, kommen wir ohnehin nicht weiter. Sie lösen es in diese Richtung, und das ist das Entschei­dende.

Da haben wir in Wirklichkeit die historische Chance versäumt, es hier in einer sensi­bilisierten Gemeinschaft zu machen. (Abg. Dr. Stummvoll: Ein erster Schritt!) Wenn Sie mir jetzt sagen, wir müssen Schritt für Schritt vorgehen, bin ich schon dankbar. Ich glaube auch, dass der nächste Schritt in diese Richtung wird kommen müssen! (Abg. Dr. Stummvoll: Ja!) Aber wozu braucht es dann eine große Koalition, die große Probleme auf einmal löst? (Abg. Dr. Stummvoll: Weil das Problem an sich schwierig ist!)

Das Problem an sich ist schwierig – immer, wenn ein Problem schwierig ist, löst man es in der großen Koalition in kleinen Schritten. Wenn ein Problem ganz, ganz schwierig oder fast unmöglich ist, dann macht man es mit einem Initiativantrag und hat den


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anderen überhaupt keine Rechte mehr gegeben. Wir erleben es ja täglich, Herr Kollege Stummvoll, das ist das Betrübliche.

Nun noch zu zwei anderen Themen. Wir werden uns in den nächsten Monaten und Jahren diesbezüglich noch unterhalten. Damit das Leben in dieser Reform nicht aus­geht, damit sie weiter am Leben bleibt, bringe ich auch gleich einen Entschließungs­antrag ein, den wir selbstständig und unselbstständig einbringen, damit wir uns weiter zu diesem Thema unterhalten.

Wir haben noch viele Themen aufzuarbeiten. Was ist mit der Wertpapier­dienstleister­aufsicht? – Ein ungelöstes Problem! Die ist de facto pleite und kann keinen einzigen Schaden decken. Deswegen ist sie auch in Form einer Lex imperfecta geregelt. (Abg. Dr. Stummvoll: Das war sie schon vorher, Herr Kollege!)

Wissen Sie, was ich vorschlagen würde? – Die depotführenden Banken, alle Banken, die Depots führen, haben eine verstärkte Aufsichtspflicht. Die Banken sind auch nicht so arm, dass sie sich das nicht leisten könnten. Daher sollten diese vermehrt in die Pflicht genommen werden, und zwar in Form eines New Government. Das wäre eine Möglichkeit; diskutieren wir darüber!

Wir bringen daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Finanzmarktaufsicht

Der Nationalrat möge beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vorzu­legen, die die Zusammenlegung der Prüf- und Aufsichtsbehörden – Finanzminis­terium, FMA und OeNB – und Ausbau zu einer schlagkräftigen mit ausländischen Aufsichtsbehörden kooperierenden Finanzmarktpolizei, zur Folge hat.“

*****

Warum internationale Kooperation? – Auch in der Schweiz ist die Finanzmarktaufsicht, dort FINMA genannt, per Gesetz angehalten, in bilateralen Verträgen mit anderen Finanzmarktaufsichtsbehörden entsprechende Verträge zur Absicherung des Finanz­platzes abzuschließen. (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Dr. Matznetter.) Das haben wir nicht gemacht; das haben wir nur unzureichend gemacht. Wir werden sehen, was dabei herauskommt.

Ein letztes Thema, das mir wichtig ist, möchte ich jetzt noch anbringen. Wir alle wissen, dass der Geldapparat der Republik Österreich in den Konten nach wie vor letztlich von der BAWAG-P.S.K. als kontoführender Stelle verwaltet wird. Wir haben dazu schon unzählige Bedenken angebracht. Es hat sich etwas verändert, seit die BAWAG-P.S.K. verkauft wurde und nicht mehr in österreichischer Hand ist.

Ich habe schlussendlich zu wenig Vertrauen zu einem Eigentümer Cerberus – und andere ebenfalls –, und ich denke auch daran, dass es in Österreich ein Vergabe­gesetz gibt. Daher fordern wir nachdrücklich, dass die Staatskontenführung neu oder erstmalig ausgeschrieben wird, entsprechend den vergabegesetzlichen Vorschriften. Finanzdienstleistungen sind ausschreibungspflichtige Geschäfte, wenn sie vom Bund oder einem vom Rechnungshof kontrollierten Unternehmen vorgenommen werden. Warum nicht auch in diesen Bandbreiten?


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Ich glaube, es wäre höchst an der Zeit, dass wir das machen, und daher bringen wir wiederum einen entsprechenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neuausschreibung der Staatskontenführung,

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine Neuausschreibung der Staatskonten­führung innerhalb der nächsten sechs Monate durchzuführen.“

*****

Damit könnte vergaberechtlich der gesetzeskonforme Zustand herbeigeführt werden. Alle Banken hätten die Chance, sich darum zu bewerben; der Beste soll es werden. Es sollen auch die entsprechenden datenschutzrechtlichen, aber auch bankgeheimnis­mäßigen Verpflichtungen diesbezüglich geordnet werden. Ich glaube, dass es eine gute Sache wäre, hier tätig zu werden, und ich fordere den Herrn Staatssekretär sowie auch Herrn Bundesminister Molterer auf, den gesetzeskonformen Zustand im Sinne des Vergaberechtes endlich auch in dieser Frage herbeizuführen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.01


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Die beiden von Herrn Abgeordnetem Graf eingebrachten Entschließungsanträge sind ausreichend unterstützt und stehen daher mit in Verhandlung.

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Graf, Zanger und weiterer Abgeordneter betreffend Finanzmarkt­aufsicht,

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (313 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Sparkassengesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Nationalbankgesetz 1984 und das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert werden (386 d.B.), in der 42. Sitzung des Nationalrates am 06. Dezember 2007.

Die von den Regierungsparteien vorgestellte FMA-Reform beinhaltet wenige Anhalts­punkte einer substantiellen Verbesserung.

Die betrüblichen Erkenntnisse der Vergangenheit wurden nicht oder bestenfalls in Spurenelementen umgesetzt. Die im Rahmen des Bankenausschusses vielfach geforderte Zusammenführung von Kontrolle und damit Verantwortlichkeit, blieb aus unverständlichen Gründen unberücksichtigt.

Für den Finanzsektor ändert sich de facto nichts. Die große Koalition ist an struk­turellen Verbesserungen offenbar nicht interessiert.

Das Modell Prüf-, Kontroll- und Einforderungskompetenzen für verordnete Maßnahmen in einer dann allein verantwortlichen Behörde zusammenzuführen, wurde neuerlich einem undurchsichtigen System der Zersplitterung und Zuständigkeitswirrnisse ge­opfert. Entsprechend unbefriedigend ist die von der Bundesregierung vorgestellte


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Novelle und entsprechend unzureichend wird der Lenkungseffekt für den öster­reichischen Finanzmarkt sein.

Wichtig ist, aus Sicht der FPÖ, Doppelgleisigkeiten und Kompetenzstreitigkeiten zu vermeiden und die Schlagkraft in einer einzigen Prüfbehörde zu erhöhen.

So lange Banken und Versicherungen Eigentümer der Oesterreichischen Nationalbank sind - sich also selbst Prüfaufträge wünschen können -, verstößt eine Verlagerung der FMA-Agenden zur OeNB gegen elementare Corporate-Governance-Regeln. Aufgrund der teilweisen Übertragung der Kompetenzen an die OeNB müssen die Eigentümer­strukturen bereinigt werden. Da nach vorliegenden Informationen die Banken und Versicherungen aber nicht bereit sind, ihre Eigentümerstellung in der OeNB aufzu­geben, ist die vorgelegte FMA-Reform abzulehnen und eine Zusammenfassung der Kom­petenzen in eine unabhängige und schlagkräftige Finanzmarktbehörde umzu­setzen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat möge beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vorzulegen, die die Zusammenlegung der Prüf- und Aufsichtsbehörden – Finanz­ministerium, FMA und OeNB - und Ausbau zu einer schlagkräftigen mit ausländischen Aufsichtsbehörden kooperierenden Finanzmarktpolizei, zur Folge hat.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Graf, Zanger und weiterer Abgeordneter betreffend der Neu­ausschreibung der Staatskontenführung,

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (313 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Sparkassengesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Nationalbankgesetz 1984 und das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert werden (386 d.B.), in der 42. Sitzung des Nationalrates am 06. Dezember 2007

Die betrüblichen Erkenntnisse der Vergangenheit wurden nicht oder bestenfalls in Spurenelementen umgesetzt. Die im Rahmen des Bankenausschusses vielfach angeführten Kritikpunkte, blieben aus unverständlichen Gründen unberücksichtigt.

Derzeit wickelt die Republik Österreich Transaktionen in der Höhe von acht Milliarden Euro mit der vom US-Fonds Cerberus übernommenen ehemaligen Gewerkschaftsbank „BAWAG-PSK“ ab.

Aufgrund der Ereignisse rund um die Kontenauflösung kubanischer Staatsbürger, ist die Führung der Staatskonten durch die BAWAG-PSK zu überdenken.

Laut Verfassungsrechtsexperten widerspricht eine solche Aufkündigung von Konten den Menschenrechten, weil es verboten ist, Menschen auf Grund ihrer Rasse oder Nation zu benachteiligen.

Es muss seitens der Republik Österreich unmissverständlich klargestellt werden, dass für in Österreich tätige Banken grundsätzlich österreichisches bzw. europäischen


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Recht und in keinem Fall Rechtgrundlagen beispielsweise amerikanischer Herkunft zur Geltung kommen können. Der Helms-Burton-Act ist kein österreichisches Gesetz und hat somit keinerlei rechtliche Wirkung in Österreich.

Darüber hinaus muss man sich auf Grund der Übernahme der BAWAG-PSK durch den US Fonds Cerberus bewusst sein, dass der neue Eigentümer Einblick in wichtige Daten des Staates hat.

Auch andere BAWAG-PSK-Kunden, wie zum Beispiel Amnesty International, das Rote Kreuz und SOS Kinderdorf wollen ihre Geschäftsbeziehungen überdenken.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine Neuausschreibung der Staats­konten­führung innerhalb der nächsten sechs Monate durchzuführen.“

*****

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dkfm. Dr. Bauer. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


18.02.15

Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Ich glaube, wir alle, die wir im Unter­suchungsausschuss dabei waren, sind uns einig, dass wichtige Erkenntnisse gewon­nen wurden, dass darauf aufgebaut werden muss, um eine vernünftige Finanzmarkt­regelung zu treffen, und dass jetzt vor allem eine Lösung gefunden werden muss, die als erster Schritt zu betrachten ist, weil wir auf Dauer den Finanzmarkt Österreich nicht so behandeln können, als ob wir keine Lösungskompetenz hätten. Daher muss das jetzt gelöst werden. Diese Gesetze sollen so verabschiedet werden, wissend, dass natürlich noch vieles dazugehört.

Ich möchte Folgendes ganz klar sagen: Es ist ja nicht nur die Finanzmarktaufsicht und nicht nur die Nationalbank. Ich glaube, dass die Schnittstellenproblematik weitest­gehend ausgeräumt, zumindest wesentlich verbessert wurde. Ich glaube auch, dass dieses doppelte Prinzip nicht das schlechteste ist. (Abg. Dr. Graf: ... ein Schnitt­stellenproblem, das ist ja logisch!)

Aber worum es mir geht, ist, dass man auch darüber spricht, wie sich in Zukunft das Leben und das Zusammenarbeiten zum Beispiel mit den Wirtschaftsprüfern gestaltet. (Abg. Dr. Graf: Das ist es!) Es kann nicht sein, dass geprüft wird und jeder irgendeinen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk bekommt, der nach außen hin – ich weiß schon, bestätigt wird nur das, was geprüft wurde – ein Signal ist, dass das in Ordnung ist. Deshalb lässt man es ja prüfen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Graf.) Daher muss das einmal angesprochen werden.

Zum Zweiten – und ich habe das auch schon einige Male angeführt – halte ich die Struktur der internen Revision für eine wichtige Diskussionsmaterie. Denn wenn jemand, der prüft, von denen abhängig ist, die geprüft werden, was die Karriere betrifft, dann wird vielleicht nicht jeder so mutig sein, an seiner Karriere zu sägen und darauf zu verzichten. (Abg. Dr. Graf: Genau so ist es!) Nicht jeder ist sozusagen ein Held (Abg. Dr. Graf: Das ist ja menschlich!), und daher muss man auch über diese


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firmeninternen Prüfungen sprechen. Ich sage noch einmal, es ist nicht einfach, diese Unzahl von Finanzderivaten zu prüfen; das geht nicht durch einmaliges Nachschauen.

Zum Schluss möchte ich sagen, es liegt auch an dieser ganzen Atmosphäre, an einer Art Vornehmheit. Auch wenn man etwas weiß, macht man nicht davon Gebrauch. Alles wird ein bisschen auf Jahre hinausgeschoben. Da gibt es einen Prüfungsbericht der Nationalbank, der nicht angenehm ist, aber man hat drei Jahre Zeit, darüber zu reden und nichts zu machen. Das sind die Wurzeln, dass letztlich ein entsprechendes System entsteht: Es ist ohnehin nicht so arg, darüber reden wir einmal, und es ist in einigen Jahren auch noch Zeit dafür, über Probleme zu reden.

Ich glaube, es ist wichtig, einen guten Finanzmarkt in Österreich aufzubauen. Wir haben die Chance, eine Drehscheibe für Europa oder zumindest für einen Teil Europas zu werden. Das ist hier in Wien nicht nur interessant, was die Arbeitsplätze betrifft, sondern auch im Hinblick darauf, was die Bedeutung des Finanzmarktes Österreich für die Zukunft sein kann. – Danke. (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

18.05


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Bucher. Zweite Wortmeldung. 1 Minute freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


18.05.53

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte nur noch einmal auf meinen Redebeitrag von vorhin zurück­kommen, in dem ich angekündigt habe, dass wir uns eine Änderung des § 25 Abs. 13 des Bankwesengesetzes wünschen, und darf folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

des Abgeordneten Bucher, Kollegin und Kollegen


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Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage in der Fassung des Ausschussberichtes wird wie folgt geän­dert:

Artikel 1 Ziffer 14 lautet:

„14. § 25 Abs. 13 entfällt.“

*****

Danke.

18.06


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Der von Herrn Abgeordnetem Bucher einge­brachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhand­lung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

des Abgeordneten Bucher, Kollegin und Kollegen zum Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (313 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Sparkassengesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Nationalbank­gesetz 1984 und das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert werden (386 d.B.)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage in der Fassung des Ausschussberichtes wird wie folgt geändert:

Artikel 1 Ziffer 14 lautet:

„14. § 25 Abs. 13 entfällt.“

Begründung:

Aufgrund des § 25 Abs 13 BWG in der geltenden Fassung sind in Österreich bestimmte Kreditinstitute verpflichtet, bei ihrem „Zentralinstitut“ eine Liquiditätsreserve bis zu 14% aller Euro-Einlagen zu halten. Wegen der aus § 25 Abs 13 BWG resul­tierenden Benachteiligung der Primärbanken, erhob der Förderungsverein 2001 Beschwerde bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaften. Die Kommission erklärte am 19.10.2004 in einer Presseaussendung: „ [...] Nach Ansicht der Kom­mission stellt eine Bestimmung des österreichischen Bankgesetzes, nach der Primär­banken, die mit einem gemeinsamen Zentralinstitut verbunden sind, einen Teil ihrer Liquidität bei diesem halten müssen, eine unverhältnismäßige und ungerechtfertigte Beschränkung des freien Kapitalverkehrs dar.“ Wegen des Verstoßes gegen die Verpflichtung nach Artikel 56 Absatz 1 EG, hat die Kommission der Europäischen Gemeinschaften am 20.6.2006 Klage gegen die Republik Österreich eingereicht. Das Verfahren ist beim Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften anhängig (Rechts­sache C-270/06).

Diese nur in Österreich bestehende Behinderung des freien Kapitalverkehrs hat nicht nur negative Auswirkungen auf die betroffenen Primärbanken sondern zwangsläufig auch auf die möglichen Konditionen und damit auf die Bankkunden; sie soll daher entfallen.

*****

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Ikrath. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


18.06.50

Abgeordneter Mag. Peter Michael Ikrath (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Berechtigterweise hat Kollege Rossmann heute darauf verwiesen, dass Österreich in Moody’s „Financial Strength Rating“ auf einem abge­schlagenen Platz liegt. Die 35. Stelle ist die schlechteste Platzierung der alten EU-Staaten, hinter Staaten wie Mexiko, Brasilien, Estland und Jordanien. Einer der Gründe liegt darin, dass die Wirksamkeit der Finanzmarktaufsicht bezweifelt wurde.

Ich sage Ihnen jetzt Folgendes: Ein zweiter Grund dafür ist, dass wir Erkenntnisse, die wir bereits Ende 2006 hatten und die uns der Rechnungshof geliefert hatte, nicht sofort in die Verbesserung der Finanzaufsicht umgesetzt haben – wie wir seitens der ÖVP geraten haben –, sondern aufgrund Ihres Bestehens darauf noch ein halbes Jahr in einem Banken-Untersuchungsausschuss verplempert haben! (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das hat dazu geführt, dass wir für den Finanzstandort unserer Kreditwirtschaft unerfreuliche Ergebnisse wie dieses haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Was ist vom Banken-Untersuchungsausschuss übrig geblieben? – Die Denunziation erfolgreicher österreichischer Kreditunternehmen in Osteuropa – auf die alle anderen stolz wären –, dass sie Geldwäscherei betreiben würden! Damit arbeiten Sie unseren Mitbewerbern in die Hände. Wenn Kollege Kogler erst gestern oder vorgestern in


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seiner Rede die pauschale Anschuldigung der Geldwäscherei immer noch vertreten hat, muss ich Ihnen sagen: Ihnen sind offensichtlich die österreichischen Unternehmen wurscht, Ihnen sind die Arbeitsplätze, die wir in Österreich sichern – immerhin 70 000 –, wurscht; es ist Ihnen all das schnurzpiepegal. (Zwischenruf des Abg. Mag. Kogler.)

Uns ist es das nicht! Daher sind wir heute froh darüber, dass wir immerhin jetzt eine Aufsicht haben, die in der Kombination das Beste aus beiden Welten darstellt; der Herr Staatssekretär hat es eindrucksvoll geschildert. Da werden wir heute hoffentlich einen Konsens zustande bringen.

Abschließend: Kollege Graf, ich glaube schon, dass damals auch Sie oder jedenfalls Ihre Partei an der Beschlussfassung über die Finanzmarktaufsicht beteiligt waren. (Abg. Dr. Graf: Auch damals haben wir gesagt, das ist der erste Schritt!) Jetzt so zu tun, als wäre das alles schlecht gewesen, ist schon sehr billig; entschuldigen Sie! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.09


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Trunk. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Kollegin.

 


18.09.16

Abgeordnete Mag. Melitta Trunk (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Staats­sekretär! Kollege Ikrath verleitet mich dazu, Ihnen in der kurzen Zeit meines Rede­beitrags in aller Ruhe zu sagen: Schützen, Stützen, Zudecken und Mauern – dort, wo es um Fahrlässigkeiten geht, um kriminelle Aktionen (Zwischenrufe bei der ÖVP), um Fahrlässigkeiten gegen Kunden wie bei AMIS, Meinl, der BAWAG und anderen, da gilt es, nicht zu mauern und nichts unter den Teppich zu kehren! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Dafür gab es den Banken-Untersuchungsausschuss, und ich danke explizit allen Mitarbeitern im Team des Banken-Untersuchungsausschusses, auch denen von der ÖVP, da sie ja intern mitgearbeitet haben. Nur nach außen hin, in die Fernsehkameras, haben Sie immer wieder erklärt, dass dieser Bankenausschuss – so haben leider auch Sie argumentiert, Herr Kollege Stummvoll, so wie Sie, Herr Kollege Ikrath – zum Schaden des Finanzplatzes Österreich sei. (Rufe bei der ÖVP: Das ist er auch! Sicher!)

Das Gegenteil ist der Fall. Diese Reform und diese Novellierungen sind dringend notwendig und erforderlich, ich würde fast sagen, es ist Gefahr im Verzug.

Und wenn Kollege Stummvoll gesagt hat, dass Sie schon 2002 gewusst haben, was zu sanieren ist, und jetzt sagen Sie, 2006, und wir haben gewartet: Im Bankenbereich, in der Finanzmarktaufsicht hat man, wenn man weiß, dass Handlungsbedarf gegeben ist, unverzüglich zu handeln und nicht abzuwarten, denn das, was mittlerweile passiert ist, war zum Schaden des Finanzstandortes Österreich und der Reputation Österreichs. (Abg. Dr. Schüssel: An der BAWAG sind auch wir schuld! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sonst würden wir jetzt nicht nur von Amerika, sondern auch international mit einem sehr scharfen Blick beobachtet werden. (Abg. Mag. Ikrath: Gehen Sie in sich! Denken Sie nach!)

Sich heute noch nicht zu den Fehlleistungen zu bekennen – auch der FMA, von Schnittstellen, die einfach nicht kooperiert haben, von Teilen der ÖVP (Abg. Mag. Ikrath: Dafür hätten wir den Untersuchungsausschuss nicht gebraucht!) –, ist ein Beweis dafür, und das sage ich jetzt dem Kollegen Kogler und auch dem Kollegen Graf: Sie können sich vorstellen, wie schwierig es ist, in dieser Frage als Koalitions­partner zumindest die heute zur Beschlussfassung anstehenden Reformen und Ände-


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rungen durchzubringen! (Abg. Dr. Schüssel: An der BAWAG sind auch wir schuld! An der BAWAG und am „Konsum“ sind auch wir schuld!)

Ich baue auf Kollegen Staatssekretär Matznetter und auch auf den Finanzminister, dass sie wissen, dass wir alle auch nach der heutigen Novellierung sofort die Evaluie­rung dessen, was in Zukunft geschieht, mit wachsamem Auge beobachten werden. (Abg. Dr. Schüssel: An der BAWAG sind auch wir schuld!) – Danke, Herr Ex-Bun­deskanzler! Ich denke, Sie werden einsehen, was passiert ist. Sie haben zugesehen, dass Kollege Grasser, statt kompetente objektive Menschen als Staatskommissäre einzusetzen, seinen damaligen Pressesekretär Lepuschitz in die Meinl Bank geschickt hat; das ist derselbe Lepuschitz, der jetzt der Pressebetreuer der Gattin des Herrn Grasser ist. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das ist Freunderlwirtschaft. Die Worte „Kriminalität“ und „kriminelle Vorgänge“ sollen Gerichte prüfen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.12


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


18.12.29

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Abseits von diesen emotional geführten Debatten um diese Gesetzesnovelle (Abg. Dr. Schüssel: Wir erwehren uns schon ...! Nur keine Sorgen!) – ich mache mir da keine Sorgen, um Gottes Willen! – geht es auch darum, heute für Rückversicherungsaktivitäten, die mit Drittstaatenrückversicherern zur Unter­neh­mens­finanzierung abgeschlossen werden, in Österreich eine Erlaubnis für Finan­zierer und für Bankinstitute zu bekommen. Ich glaube, das ist sehr gut und sehr vernünftig, weil es ja in Zukunft notwendig sein wird, über die Basel-II-Problematik hier mehr Rückversicherungsfinanzierungen zu machen, für Mittelbetriebe, für KMUs, aber auch für starke österreichische Industrieunternehmen. Daher finde ich es sehr gut, dass wir hier eine Lösung anbieten, künftig zeitgemäße Unternehmensfinanzierungen auch über die Rückversicherungsmodelle zu machen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.13


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. 2 Minuten Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Kollege.

 


18.13.44

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Nur ein paar Bemerkungen zum Thema Geldwäsche. Mit den vorliegenden Änderungen zu den Gesetzen für Bankwesen, Börsen, Pensionskassen, Versicherungs- und Wertpapieraufsicht wird der Kampf gegen die Geldwäsche verschärft. Es gilt, mit geeigneten Mitteln zu verhindern, dass die Herkunft von Geldern verschleiert werden kann und dass Gelder aus unrechtmäßigen Quellen terroristischen Zwecken zugeführt werden können.

Die vorliegende Novelle bringt verstärkte Sorgfaltspflicht bei Kunden mit hohem Risiko, auch mehr Transparenz im Zahlungsverkehr und ermöglicht angemessene Verfahren zur Feststellung exponierter Personen. Gleichzeitig wird es aber auch Erleichterungen für Fälle mit objektiv geringem Risiko geben, wie auch Ausnahmen für Spenden an karitative Einrichtungen.

Neben dem Kampf gegen Geldwäsche beseitigt die Novelle auch, wie vorhin schon ausgeführt, Nachteile für inländische Rückversicherer und Ungleichbehandlungen der Geschlechter bei Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 202

Ich denke, in Summe sind das wirksame Verbesserungen, die den Finanzplatz Öster­reich stärken können, Verbesserungen, die wir gerne unterstützen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.15


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Vorläufig letzter Redner in dieser Debatte ist Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Sie sind am Wort. (Abg. Ing. Westenthaler – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Jarolim –: Der Weltmeister in Ordnungsrufen!)

 


18.15.38

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich glaube, ein wahres Ruhmesblatt ist diese Ent­wicklung nicht, man hätte das sicher weiter verbessern können. Was wir aus der FMA gelernt haben, ist ja wirklich sagenhaft, und das internationale Rating ist alles andere als gut. Da könnte man sicherlich noch das eine oder andere machen.

Ich möchte unabhängig davon einen Abänderungsantrag einbringen, nämlich den Abänderungsantrag der Abgeordneten Stummvoll, Krainer, Kolleginnen und Kollegen, und zwar im Zusammenhang mit dem AeW. Sie wissen ja, wir diskutieren bereits seit längerem die Auswirkungen der Probleme bei AMIS, und es konnte jetzt doch eine Lösung gefunden werden, die eine Entschädigung in der Höhe von 5 Millionen an die von AMIS Geschädigten sicherstellt, im Wege einer Treuhandhaftungsgesellschaft, die als GmbH eingerichtet wird und in welche die Mitglieder, die Wertpapierdienst­leistungs­gesellschaften, einzubezahlen haben.

Der Abänderungsantrag stellt auch sicher, dass die bilanziellen Rückstellungs­erfor­dernisse in der Form angepasst sind, dass das Unternehmen nicht, wie das sonst der Fall wäre, insolvenzgefährdet wäre, wodurch hier eine effiziente Verbesserung der Situation eingetreten ist.

Zuletzt kann man noch sagen: Im Zusammenhang mit dem MiFiG, dem Mittelstand­finanzierungsgesetz, haben wir eine Übergangslösung gefunden, die sicherlich nicht die optimalste war, die nach dem EU-Recht sichergestellt ist. Ein bisschen ambitio­nierter hätte man es wahrscheinlich noch machen können, weil gerade hier die Finanzierung von KMUs relativ bedeutsam ist. Umso wichtiger ist es, dass wir die Diskussion fortsetzen und bald ein gutes Regime schaffen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Stummvoll.)

18.17


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Der von Herrn Abgeordnetem Dr. Jarolim ein­gebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt. Er wurde in seinen Eck­punk­ten erläutert, und ich werde ihn zur Verteilung bringen lassen.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Jan Krainer zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Börsegesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 und das Pensions­kassengesetz geändert werden (286 der Beilagen) in der Fassung des Ausschuss­berichtes (387 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 203

Die Regierungsvorlage (286 der Beilagen) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Börsegesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Wert­papier­aufsichtsgesetz 2007 und das Pensionskassengesetz geändert werden, wird wie folgt geändert:

1. In Artikel 4 (Änderung des Wertpapieraufsichtsgesetzes 2007) werden nach der Z 3 folgende Z 3a bis 3c eingefügt:

„3a. § 75 Abs. 2 zweiter Satz lautet:

,Die Entschädigungseinrichtung ist in der Form einer Treuhand-Haftungsgesellschaft als juristische Person zu betreiben.‘

3b. Dem § 76 wird folgender Abs. 6 angefügt:

,(6) Die Entschädigungseinrichtung hat die Beitragseinhebung gemäß Abs. 3 und die Entschädigungsauszahlungen treuhändig abzuwickeln. Sie hat zu diesem Zweck jeweils ein Verzeichnis aller Anlegerforderungen (Abs. 4) und der zu leistenden Beiträge (Abs. 3) zu erstellen. Beiträge gemäß Abs. 3 und Forderungen gemäß Abs. 4 sind unter der Bilanz auszuweisen und hat die Entschädigungseinrichtung keine Rück­stellungen gemäß § 198 Abs. 8 UGB zu bilden. Eine Aufstellung des Treuhand­vermögens ist als Anhang zum Jahresabschluss auszuweisen.‘

3c. Im § 77 Abs. 1 Z 1 wird nach dem Wort ,Jahresabschlüsse‘ die Wortgruppe ,samt dem in § 76 Abs. 6 genannten Anhang“ eingefügt.‘“

2. In Artikel 4 (Änderung des Wertpapieraufsichtsgesetzes 2007) wird nach der Z 5 folgende Z 5a eingefügt:

„5a. Dem § 103 wird folgende Z 9 angefügt:

,9. (zu § 76 Abs. 6)

§ 76 Abs. 6 ist erstmals auf Bilanzstichtage ab dem 31. Dezember 2007 anzuwenden. Eine Entschädigungseinrichtung, die im vorangegangenen Jahresabschluss Anleger­forderungen, hierfür gebildete Rückstellungen oder Beitragsforderungen gemäß § 76 Abs. 3 und 4 bilanzwirksam verbucht hat, hat diese Bilanzpositionen im darauf folgen­den Jahresabschluss nicht erfolgswirksam aufzulösen und als Treuhandvermögen im Anhang gemäß § 76 Abs. 6 auszuweisen.‘“

Begründung:

Die Änderungen über den Jahresabschluss der Entschädigungseinrichtung tragen der Tatsache Rechnung, dass diese stets als Kapitalsammelstelle mit Verrechnungs­funktion für die Anleger einerseits und für die Beitragsleistenden andererseits gedacht war. Die Bilanzierung der Anlegeransprüche als eigene Verpflichtungen der Entschä­digungs­einrichtung, bzw. der zu leistenden Beiträge als Forderung, trägt wirtschaftlich nicht der eigentlich treuhändigen Funktion der Entschädigungseinrichtung Rechnung. Dies wird durch die Änderung klargestellt. In der rechtlichen oder wirtschaftlichen Stellung der Anleger treten hierdurch keinerlei Änderungen ein. Ihre Ansprüche sind wie bisher durch die gemäß § 76 Abs. 3 einzuhebenden Beiträge und die in § 76 Abs. 4 genannte Höchstgrenze von 20 000 Euro bestimmt.

Die Übergangsbestimmung stellt eine sachlich gerechtfertigte Sonderregelung gegen­über der Bilanzkontinuität dar; die bilanztechnische Überführung ins Treuhand­ver-


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 204

mögen soll erfolgsneutral erfolgen und daher auch keine steuerliche Wirksamkeit entfalten.

*****

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Mag. Kogler. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


18.18.11

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Dass wir die Vorgangsweise, dass der letzte Redner einen Abänderungsantrag einbringt, nur als mäßig elegant bezeichnen, wird Sie nicht weiter wundern. Es hat zwar vor kurzem einen Hinweis darauf gegeben, dass vielleicht ein Entschließungsantrag kommen könnte, aber wollen wir diese Sitten nicht einreißen lassen! – Es geht aber ohnehin um etwas ganz anderes.

Wenn Sie sich hier so aufregen, Kollege Ikrath, dann hätten wir halt wirklich auf den avisierten Kaffee gehen sollen, denn Sie haben es immer noch nicht ganz verstanden. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Auch wenn nur die Hälfte von dem stimmt, was der Banken-Untersuchungsausschuss zu Tage gefördert hat, einerseits an Missständen, die sehr wohl im Umfeld der Banken liegen – aber lassen wir das –, andererseits aber insbesondere beim Versagen der Aufsicht, denn das war ja der unmittelbare Unter­suchungsgegenstand, hätten wir immer noch genug zu tun, und dann ist dieser Schritt, der heute hier gesetzt wird zur Behebung oder vorgeblichen Behebung dieser Prob­leme, so mickrig, dass man in der Abwägung, ob irgendetwas auch nur andeutungs­weise in die richtige Richtung geht, trotzdem zu dem Schluss kommen muss, dass man das nach bestem Wissen und Gewissen nur ablehnen kann. Dieser Lösungsvorschlag, der jetzt vorliegt, verschleiert ja in Wirklichkeit den Blick darauf, was alles notwendig wäre, und zwar auf der Stelle! Ich gehe jetzt noch einmal kurz darauf ein.

Die Eigentümerstruktur der Notenbank ist nicht so unerheblich. Ich habe mir den europäischen Vergleich angeschaut: Das gibt es in vergleichbarer Weise nur in ganz, ganz wenigen Ländern, in Ländern vergleichbarer Größe oder ein bisschen größer als Österreich überhaupt nur in Italien. Und was das Schicksal der dortigen Notenbank und des dortigen ehemaligen Notenbankdirektors ist, führe ich hier nichts aus. Ich möchte ja nicht chauvinistisch sein, sonst hätte man sagen müssen, es liegt die italienische Lösung vor, denn der wird nämlich von einem Strafgericht nach dem anderen verfolgt. – Das kann ja nicht das Vorbild sein!

Es ist doch absurd, dass die Raiffeisen Zentralbank eine Eigentümerschaft bei der Notenbank hat, und gleichzeitig soll sie von der Notenbank geprüft werden! Das muss ja sogar Ihnen einleuchten. (Ruf bei den Grünen: Das ist unvereinbar!) Das ist unglaub­lich, dass Sie das jetzt auch noch hier abstreiten wollen, wo Sie doch vor eineinhalb Jahren mit Geheul ausgerückt sind, dass nicht nur der ÖGB aus der Notenbank heraus muss, meine Damen und Herren von der SPÖ, nein, auch die Bawag musste heraus! – Wir haben damals schon den Antrag gestellt, dass eigentlich alle heraus sollten, weil das ja so nicht einzusehen ist.

Dies auch vor dem Hintergrund – und das ist ja noch weniger witzig –, dass ein wesent­licher Vertreter des Raiffeisen-Konzerns, Herr Rothensteiner, am Tag nach der Beschlussfassung zur Einsetzung des Untersuchungsausschusses zur Überwachung der Umtriebe im Bankenwesen öffentlich ausgerückt ist und gesagt hat, man möge die Antragsteller gerichtlich verfolgen.

Als wir gefragt haben: Was ist jetzt los?, hat dann auch noch jener aus Nieder­österreich nachgelegt und gemeint: Wenn wir die schon nicht erwischen, dann sollten


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wir gleich alle erwischen, die zugestimmt haben, das Parlament. Das war der Zustand. Aber die haben das ernst gemeint! Normalerweise würden wir das ja auf den Faschingsdienstag zurückführen – es war aber der Weltspartag, der 31. Oktober! (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen.)

Erst Tage später haben die „zurückbuchstabiert“ und haben vor dem Hintergrund selbigen Weltspartages gesagt, bei diesen vielen Events, wo sie da waren, war die Geräuschkulisse so laut, dass die Journalisten das falsch verstanden haben. In Wirklichkeit haben sie eine chilenische Lösung vorgeschlagen, aber 1973, nämlich Abgeordnete von der Bank wegbekommen zu wollen mit dem Hinweis, dass Sie irgendetwas von der Exekutive untersuchen wollen. Das ist doch absurd!

Ähnlich ist es in allen weiteren Punkten. Die Staatskommissäre – da wird ja fast überhaupt nichts geändert! – gehören in dieser Form abgeschafft. Erinnern wir uns: In der Meinl Bank sind die besten Freunde Grassers Staatskommissäre geworden. Gratuliere! – Das Ergebnis ist bekannt. Das wollten Sie nie hören. Wir haben aber gleich gemerkt, wie es dort zugegangen ist – und manche kumulieren vier, fünf, sechs solche Posten einfach deshalb, damit sie ein anständiges Zubrot haben, weil sie offensichtlich in den Kabinetten zu wenig bezahlt bekommen. (Abg. Mag. Stadler: Eine davon war die Freundin ...!) – Kollege Stadler weiß das noch.

Sie wären auch überflüssig, wenn man endlich ein gescheites Prüfsystem durchsetzen würde. Die Wirtschaftsprüfer müssen rotieren! Die Wirtschaftsprüfer müssen zwingend per Gesetz nach ein paar Jahren ausscheiden, und andere müssen prüfen kommen.

Wie war denn das bei der BAWAG? – Der Wirtschaftsprüfer der BAWAG hat sich derart „verhabert“, dass er sich in den Flieger gesetzt hat, in den Schlaff-Flieger wohlgemerkt, und mitgejettet ist mit dem BAWAG-Vorstand nach Jericho und sich dort die Segnung der gemeinsamen Projekte vom Casino und von der BAWAG angeschaut hat. Der Wirtschaftsprüfer! Eine halbe „Lustreise“ mit allen möglichen Begleitpersonen!

Das ist doch der Zustand, und den könnte man vielleicht nicht ganz beheben, aber man kann mit vernünftigen Gesetzen die Selbstimmunisierungskraft des Prüfwesens stärken.

Letzter Punkt in diesem Zusammenhang: Es muss – und das ist auch bald schon ein Unikum in Österreich – Schluss damit sein, dass Prüfer und Prüferinnen, die von der FMA oder von der Notenbank Banken prüfen, kaum dass die Prüfung beendet ist, von der gleichen Bank, wo sie noch geprüft haben, ein super Angebot mit wesentlich höhe­rem Gehalt bekommen. Das kann man auch als „rauskaufen“ bezeichnen. Dass Sie nichts dabei finden – Kollege Stummvoll hat im Ausschuss im Übrigen schon etwas anderes gesagt; er ist offenbar nachdenklich geworden –, dass Prüfer, die soeben ein Institut überprüft haben, von selbigem abgeheuert werden können, das zeigt ja nur, in welcher Sphäre Sie sich bewegen, wenn es um diese Themen geht. Da sind diese Zwischenrufe geradezu selbstentlarvend, und Kollege Ikrath braucht sich nicht aufzuregen. Das Einzige, was am Kollegen Ikrath zu schätzen ist, ist, dass er bei der Gehaltsoffenlegung in die Offensive geht. Aber natürlich ist klar, dass er da für die Banken redet und nicht für irgendeinen Wahlkreis, denn das kann doch niemand wollen!

Ich zitiere noch aus dem Untersuchungsausschuss, dass die Fakten genau diese Dinge belegen und für diese geänderte Vorgangsweise sprechen, die Sie hier ver­weigern. – Es ging im Übrigen um den Geldwäschevorwurf:

Kogler: Frau Mag. Siegl, sie war für die RZB-Kontakte zuständig, wenn es um ver­schiedene Dinge ging, insbesondere um die Geldwäsche.


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Florkowski – die Auskunftsperson –: Frau Mag. Siegl war meines Wissens die zustän­dige Person.

Kogler: Sagen Sie, ist es bei Ihnen im Haus üblich – nämlich in der FMA –, dass man unmittelbar in die Bank wechselt, für die man zuständig war?

Florkowski: Es gibt im Gegensatz zu anderen Ländern in Österreich keinerlei Vorschrif­ten dazu.

Und das wird auch bedauert, auch vom Vorstand Traumüller, der eine ähnliche Aus­sage getätigt hat.

Wir müssen mit diesen Unsitten Schluss machen. Heute vergeben Sie Ihre große Chance, und Sie wollen das auch so. Aber Sie werden es verantworten müssen, denn die nächsten Skandale sind vorprogrammiert! (Beifall bei den Grünen.)

18.26


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Da ein kurzfristig eingebrachter Abänderungsantrag vorliegt, der eine umfassende Ände­rung des Croquis notwendig macht und eine kurze Unterbrechung der Sitzung nicht ausreicht, verlege ich die Abstimmung auf einen späteren Zeitpunkt.

Wir setzen in der Erledigung der Tagesordnung fort.

18.26.318. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (270 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuer­gesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, die Bundesabgabenordnung, das Finanzstrafgesetz, die Abgabenexekutionsord­nung, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Kommunalsteuer­ge­setz 1993 geändert werden (Abgabensicherungsgesetz 2007 – AbgSiG 2007) (391 d.B.)

9. Punkt

Bericht und Antrag des Finanzausschusses über den Entwurf eines Bundes­gesetzes, mit dem das Gebührengesetz 1957, das Abgabenverwaltungsorgani­sations­gesetz, das Tabaksteuergesetz 1995, das Tabakmonopolgesetz 1996 und das Tabakgesetz geändert werden (392 d.B.)

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Wir gelangen nun zu den Punkten 8 und 9 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen daher in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Weinzinger. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


18.27.20

Abgeordneter Lutz Weinzinger (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Staatssekretär! Kolleginnen und Kollegen! Ich darf mit einem Ein­druck beginnen, den ich im Zuge der Debatte über die Berichte des Finanz­ausschus-


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ses gewonnen habe. Der geschätzte Herr Finanzminister und zugleich Vizekanzler ist wirklich zu beglückwünschen: Er hat eindeutig einen Fanclub, der – er ist bekanntlich Oberösterreicher – vom Burgenland bis nach Tirol reicht. (Abg. Lentsch: Bis Vorarl­berg!) Und es ist immer schön mitzuerleben, wenn die entsprechenden Damen ans Rednerpult kommen, ihn anhimmeln und sich dafür bedanken, dass er so großartige Arbeit leistet. (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.) Das ist ein Erlebnis besonderer Art, und der Dank muss ihm natürlich auch gebühren. Ich nehme das voraus, gnädige Frau. Der Dank muss ihm auch gebühren für den Bericht des Finanzausschusses be­züg­lich des Abgabensicherungsgesetzes und der verschiedenen Änderungen und Erhöhungen von Gebühren und Abgaben.

Meine Damen und Herren! Beim Abgabensicherungsgesetz gibt es eine Art Motiven­bericht. „Um die Abgabenmoral zu heben“ – moralisch waren wir heute schon einige Male – „braucht es nicht nur Instrumente, die die Aufdeckung von Betrugsfällen erleich­tern, sondern auch solche, die Betrug verhindern können. Der vorliegende Gesetz­entwurf trägt dem Ziel der Stärkung von Tax Compliance Rechnung.“  – „Tax Compliance“ ist wieder so ein Ausdruck aus der Sprache des Kolonialherrn. Das verdanken wir unserer EU-Mitgliedschaft. (Beifall bei der FPÖ.)

„Nicht alle gesetzten Maßnahmen haben eine unmittelbar messbare Auswirkung auf den Abgabenerfolg.“ – No na! – „Im Interesse der Rechtssicherheit und im Sinne von Better Regulation“ – wir sind wieder im Bereich der Sprache des Kolonialherrn! – „sollen jedoch auch solche Maßnahmen gesetzt werden, die auf Grund gemein­schafts­rechtlicher Vorschriften erforderlich sind.“

Und dann geht es los, was wir alles ändern: im Einkommensteuergesetz, im Körper­schaftsteuergesetz, im Umgründungssteuergesetz, im Umsatzsteuergesetz. Und dort lesen wir etwas heraus, das uns nachdenklich stimmen sollte: „zielt auf die Bekämp­fung der Schwarzarbeit, insbesondere im Bereich der Bauwirtschaft, ab.“

Da sollte ein politisch mündiger und vor allem auch politisch verantwortungsvoller Mensch wirklich schön langsam zu denken beginnen. Wir wissen doch von der Schwarzarbeit. Wir alle wissen es. Wenn wir alle ganz ehrlich zu uns selbst sind, dann müssen wir zugeben, dass der eine oder andere in dem einen oder anderen Fall auch schon Schwarzarbeit in Anspruch genommen hat, sei es, dass einer gekommen ist und gesagt hat: Ich richte dir deinen Garten, denn du hast eh keine Zeit!, sei es, dass einer eine Mauer neu errichten will und keinen Baumeister findet. Dieser sagt: Geh, bitte schön, da borgst du dir von mir einen Arbeiter aus, der übers Wochenende kommt, der richtet dir das und den bezahlst du halt. – So läuft das.

Das betrifft aber auch ernstere Dinge, etwa dass eine Familie, die nicht allzu begütert ist, trotzdem ein Eigenheim errichten, also bauen will und selbstverständlich auf Nach­barschaftshilfe angewiesen ist, die, wenn man genau hinschaut, Schwarzarbeit ist.

Da fragt man sich: Warum ist das alles so? Da fragt man sich: Warum gibt es so viele kleine Gewerbetreibende, so viele kleine Handwerker, zu denen die Kundschaft kommt und sagt: Ich kaufe mir bei dir schon diesen Kasten, diesen Tisch, diesen Einrichtungs­gegenstand, aber du musst mit dem Preis runtergehen! Und wenn er es selbst erzeugt, dann wird er früher oder später, damit er eben zu dem Geschäft kommt, sagen: Na dann machen wir halt einen Teil schwarz!

Woran liegt das? – Das liegt nicht daran, dass die österreichische Bevölkerung von Natur aus gerne den Staat hintergeht und gerne Steuern hinterzieht – das Wort ist oft gar nicht bekannt –, sondern das liegt daran, dass wir eine viel zu hohe Abgabenquote haben, dort ist die Problematik zu suchen (Beifall bei der FPÖ), eine Abgabenquote, die zum Himmel schreit. Daran müssen wir arbeiten, Herr Finanzminister samt Fan­club! Arbeiten wir daran, dass wir die Abgabenquote in unserer schönen Heimat


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Österreich so weit herunterbringen, dass sie erträglich ist! Das ist mein Aufruf. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Broukal: „Fanclub“ war jetzt auch die Sprache des Kolonialherrn!)

18.32

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Tamandl. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


18.32.55

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir beschließen heute das Abgabensiche­rungsgesetz, also einen weiteren Schritt in Richtung Betrugsbekämpfung.

Herr Kollege Weinzinger, anstatt sich wirklich mit der Problematik zu beschäftigen, stellen Sie sich hier heraus, picken sich einen einzigen Punkt heraus und halten uns einen Vortrag über Schwarzarbeit, und dann sprechen Sie auch noch über die Nach­barschaftshilfe.

Worum geht es in diesem Fall konkret? – Es geht in erster Linie um die Eindämmung des Vorsteuer-Karussell-Betruges. Ich glaube nicht, dass es jemanden in unserem Haus gibt, der den Vorsteuer-Karussell-Betrug mit einer hohen Steuer- und Abgaben­quote in Verbindung bringt – gerade Sie nicht, der Sie ja Steuerberater sind. Ich verstehe daher überhaupt nicht, welchen Zugang Sie da haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Selbstverständlich verstehe ich die Ängste der Unternehmerinnen und Unternehmer, die fürchten, dass sie jetzt unter einen starken Kontrollaufgabendruck kommen werden, weil im Gesetz steht, dass der Unternehmer es wissen sollte, wenn quasi sein Lieferant die Umsatzsteuer nicht abführt, wo er sich die Vorsteuer holt. Ich kann Ihnen sagen, dass ich schon glaube, dass wir das verstehen sollten. Ich hoffe, dass der Herr Staats­sekretär das dann noch einmal konkret sagt. Ich glaube, wenn man die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes walten lässt, dann hat man genau das erfüllt, was der Gesetzgeber in diesem Fall wollte. Man sollte hier keine Panikmache betreiben. Bei aller Kritik, die man vielleicht an dem einen oder anderen Punkt anbringen kann, meine ich, dass das wirklich genügend an Sorgfaltspflichten für den Unternehmer ist.

Ich möchte aber noch eingehen auf den §-27-Antrag, der ja auch zu diesem Tages­ordnungspunkt gehört, zu dem sogenannten Trafikantenpaket. Es geht hier um eine Berufsgruppe, wo die Hälfte behindert ist, früher waren es ja fast alle. Diese Trafikan­ten schaffen oder erhalten mindestens einen Arbeitsplatz. Man musste ganz einfach darauf schauen, dass diese ihr Unternehmen und somit ihre Existenz erhalten können.

Aufgrund der kurzen zur Verfügung stehenden Redezeit nur ein paar Eckpunkte: Wir haben also unbefristete Maßnahmen wie beispielsweise die Werbung für Tabakwaren, die jetzt auch außerhalb des Geschäftes gemacht werden kann, oder auch die Erwei­terung der Zahl der Nebenartikel. Es ist auch gut, dass wir jetzt auf drei Jahre befristet diese Erhöhung um 10 Prozentpunkte bei der Handelsspanne haben, woraus dieser Solidaritätsfonds gespeist wird, der bei der Monopolverwaltung liegt. Weiters ist es meiner Meinung nach insgesamt auch gut, dass nur bis zu 200 Zigaretten eingeführt werden dürfen und dass auf den Packungen auch eine deutsche Aufschrift sein muss, und zwar aus Gesundheitsschutzgründen und als Konsumenteninformation.

Alles in allem, wie ich meine, ein weiterer Schritt zur Betrugsbekämpfung. Da sollten wir dafür sein, weil es nicht sein kann, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und alle fleißigen Unternehmer dieses Landes ihre Steuern ordentlich abführen, aber ein paar schwarze Schafe den Staat betrügen. Auf diese Steuereinnahmen wollen wir nicht verzichten, die wollen wir haben, und darum brauchen wir diese Gesetze. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.36



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 209

Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Bucher. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Kollege.

 


18.36.35

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Tamandl ist jetzt am Schluss auch auf das soge­nannte Trafikantenpaket eingegangen und hat es so begründet, wie es die Regierung vorschlägt. Wir haben einen anderen Zugang. Natürlich wollen wir dasselbe. Wir wollen, dass der Schmuggel eingedämmt wird, wir wollen, dass die Trafikanten über­leben und dass sie keine Ertragsnachteile haben. Überhaupt keine Frage.

Die Frage ist ja nur, wenn Sie jetzt in die Handelsspanne eingreifen und ihnen 10 Prozent wegnehmen ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Mitterlehner.– Herr Kollege Mitterlehner, wir sind ja nicht die Ersten, die hier eine Kalkulation machen. Bei jeder Kalkulation werden ja zusätzliche Aufwände einfließen. Ich glaube nicht, dass die Tabak­industrie – ich werde nicht für die Tabakindustrie sprechen –, wenn wir ihr 10 Prozent wegnehmen, diese10 Prozent nicht auf ihre Preise aufschlagen wird. (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Dr. Matznetter.)

Herr Staatssekretär, das glaube ich eben nicht, dass das der Wettbewerb an sich regeln wird, sondern die werden das auf den Zigarettenpreis aufschlagen und die Zigaretten werden teurer werden, ganz einfach. Das sind ja alles an der Börse notierte Unternehmen, die ihren Anlegern verpflichtet sind, höchstmögliche Rendite abzu­wer­fen. Ein ganz einfaches natürliches Gesetz. Das heißt, die Zigaretten werden teurer.

Dadurch, dass die Zigaretten teurer werden, löse ich das Problem nicht, weil der Schmuggel dadurch noch mehr angeheizt wird. Dieses Problem verlagert sich aus meiner Sicht und wird noch eklatanter, weil der Preisunterschied wächst. Ich weiß nicht, wie Sie sich das vorstellen. Sie haben im Ausschuss argumentiert, Herr Staats­sekretär, dass wir jetzt kurzfristig dadurch in diese Notsituation gekommen sind, dass eben die Nachbarländer nachgerückt sind, was die Tabaksteuer anlangt, dass durch die Tabaksteuerharmonisierung die Nachbarstaaten gleich viel Steuer aufschlagen wie Österreich, nämlich 74 Prozent. Wenn das wirklich der Fall wäre, gäbe es diesen Tabaktourismus nicht, gäbe es den Schmuggel nicht, denn dann würden die Zigaretten in den grenznahen Gebieten, in den benachteiligten Regionen entlang der Grenze in Kärnten, in der Steiermark und im Burgenland gleich viel kosten.

Ich bin der festen Überzeugung, mit diesem Solidarfonds, der ja eingerichtet wird, lösen wir das Problem nicht. Wir verlagern das Problem. Den Trafikanten ist nicht wirklich geholfen. Sie werden zu Förderungsempfängern. Wir sollten uns das noch einmal überlegen. (Beifall beim BZÖ.)

18.39


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Wim­mer zu Wort. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


18.39.27

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geschätzten Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich möchte ebenfalls in aller Kürze zum Abgabensicherungsgesetz Stellung nehmen.

Wie wir schon gehört haben, verfolgt diese Novelle im Wesentlichen zwei Ziele, es gibt sozusagen zwei Stoßrichtungen, die in diesem Gesetzesvorschlag umgesetzt werden sollen. Einmal geht es um Vorgaben der Europäischen Union, Vorgaben, die wir jetzt auf nationaler Ebene umzusetzen haben. Und die zweite Stoßrichtung hat das Ziel, den Betrug zu bekämpfen. Das ist enorm wichtig, und das wollen wir letztlich auch alle.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 210

Ich habe Kollegen Weinzinger nicht ganz verstanden. Meiner Ansicht nach hat er ge­meint, er verzichtet auf Betrugsbekämpfung; erst dann, wenn die Abgabenquote niedriger wird, kann er sich dieses Thema vorstellen. Ich verstehe das nicht ganz, aber es ist eben so.

Im Körperschaftsteuergesetz werden zum Beispiel Lücken bei der Gruppen­besteue­rung geschlossen – eine Maßnahme, die unbedingt notwendig ist. Im Umsatzsteuer­bereich soll die Bekämpfung der Schwarzarbeit vorangetrieben werden. Denn aufgrund der Verpflichtung, Rechnungen gegenüber privaten Eigentümern auszustellen, wird es in Zukunft eindeutig schwieriger werden, Abgaben zu hinterziehen, was wir letztlich auch wollen. Daher laden wir alle ein, dieser Vorlage zuzustimmen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.40


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Zanger. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Kollege.

 


18.41.05

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich möchte anfangs folgenden Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Belakowitsch-Jenewein, Vilimsky, Zanger, Dr. Graf und weiterer Abgeordneter betreffend Finanzierung von Raucher-Entwöhnungskuren aus den Mit­teln der Tabaksteuer

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vorzulegen, mit welcher ein Fonds aus den Mitteln der Tabaksteuer, zur Sicherstellung der Finanzierung von Raucher-Entwöhnungskuren, eingerichtet wird.“

*****

Das ist, wie ich meine, ein vernünftiger Antrag. Ich bin überzeugt davon, dass er Ihre Zustimmung finden wird.

Aber jetzt ganz kurz noch zu diesem Trafikanten-Paket. Ich komme aus der Steier­mark, und unsere Trafikanten an der Grenze haben ein gröberes Problem. Das Gleiche ist in unserem Nachbarland Kärnten der Fall. Herr Kollege Bucher hat das treffend ausgeführt. Wir sind genauso der Meinung, dass die Anhebung der Handelsspanne nur dazu führen wird, dass die Zigarettenpreise nach oben gehen werden. Der einzige Hebel, an dem man ansetzen kann, sind die Tabaksteuer und der Mindestpreis.

Im Jänner 2008 fallen die Schengen-Grenzen. Was glauben Sie, wer dann noch kon­trollieren wird, wie viele Zigaretten aus den angrenzenden Ländern über die Grenze geschmuggelt werden. – Kein Mensch wird das kontrollieren! Und den Trafikanten dort unten ist damit überhaupt nicht geholfen. (Ruf bei der ÖVP: Sondern? Was ist Ihr Vorschlag?) – Ich komme schon noch dazu, wir haben einen Vorschlag.

Aber einen Satz noch dazu: Das betrifft nicht nur die Trafiken an den Grenzen, sondern mittlerweile schon die Trafiken in der ganzen Steiermark und in ganz Kärnten, weil sich aufgrund der günstigeren Preise in den Nachbarländern ganze Kolonnen aufmachen, dort günstig einzukaufen. Und jetzt stellen Sie sich vor, wenn mit Jänner die Schengen-


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Grenzen weg sind: Dann wird die Zahl der Vereinsausflüge und der Sparvereins­aus­flüge nach Slowenien sprunghaft ansteigen.

Wir bringen deshalb folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Themessl, Graf, Weinzinger, Zanger und weiterer Abgeordneter be­treffend Aufhebung des Mindestpreises für Zigaretten und Absenkung der Tabaksteuer

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vor­zu­legen, die die Aufhebung des Mindestpreises für Zigaretten und die Absenkung der Tabaksteuer zur Folge hat.

*****

Das einzige vernünftige Mittel, um unseren Trafikanten in der Steiermark und in ganz Kärnten zu helfen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.43


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Die beiden von Herrn Abgeordnetem Zanger eingebrachten Entschließungsanträge sind ausreichend unterstützt und stehen daher mit in Verhandlung.

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Belakowitsch-Jenewein, Vilimsky, Zanger, Dr. Graf und weiterer Abgeordneter betreffend Finanzierung von Raucher-Entwöhnungskuren aus den Mitteln der Tabaksteuer; eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht und Antrag des Finanzausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Gebühren­gesetz 1957, das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz, das Tabaksteuer­gesetz 1995, das Tabakmonopolgesetz 1996 und das Tabakgesetz geändert werden (392 d.B.), in der 42. Sitzung des Nationalrates am 06. Dezember 2007

Statt Schritt für Schritt eine „politische Kriminalisierung“ von Rauchern herbeizuführen, ist vielmehr danach zu trachten, entwöhnungswilligen Rauchern von staatlicher Seite bestmöglich zu helfen, von diesem Laster wegzukommen. Raucher aus dem öffen­tlichen Leben zu „verbannen“ stellt keine effektive Motivation für ein rauchfreies Leben dar. In diesem Lichte ist auch das in Diskussion stehende, allgemeine Raucherverbot in Gastronomie-Betrieben abzulehnen.

Laut einer Studie der Welt-Gesundheits-Organisation (WHO) wollen mehr als die Hälfte der geschätzten 2,3 Mio. Raucher in Österreich mit dem Rauchen aufhören. Hohe Kosten für Ersatzprodukte sowie Entwöhnungskuren, die ja auch keinen Erfolg garantieren können, halten zahlreiche Raucher davon ab, den sicher nicht einfachen Weg zum Nichtraucher zu gehen. Nach dem Motto „Hilfe statt Verbote“ soll aus den Mitteln der Tabaksteuer ein eigener Fonds dotiert werden, welcher entwöhnungs­willigen Rauchern eine finanzielle Unterstützung bei der Finanzierung von Entwöh­nungskuren und Ersatzprodukten bietet.

Diese Entwöhnungskuren sind aus den Mitteln eines neu einzurichtenden Fonds zu finanzieren. Sinnvollerweise soll dazu auf die Einnahmen durch die Tabaksteuer zu-


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rück­gegriffen werden. Zumindest ein Teil dieser Einnahmen soll zweckgebundene Verwendung finden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vorzulegen, mit welcher ein Fonds aus den Mitteln der Tabaksteuer, zur Sicherstellung der Finanzierung von Raucher-Entwöhnungskuren, eingerichtet wird.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Themessl, Graf, Weinzinger, Zanger und weiterer Abgeordneter betreffend Aufhebung des Mindestpreises für Zigaretten und Absenkung der Tabak­steuer; eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht und Antrag des Finanzaus­schusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Gebührenge­setz 1957, das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz, das Tabaksteuerge­setz 1995, das Tabakmonopolgesetz 1996 und das Tabakgesetz geändert werden (392 d.B.), in der 42. Sitzung des Nationalrates am 06. Dezember 2007

Im Zusammenhang mit dem EU-Beitritt Sloweniens, Tschechiens, Ungarns und der Slowakei wurde – basierend auf EU-Recht – im Tabaksteuergesetz eine Übergangs­regel geschaffen, die die Einfuhr von im persönlichen Gepäck befindlichen Tabakwaren auf 25 Stück beschränkt. Diese Übergangsregel läuft gegenüber Tschechien mit 01.01.2008 und gegenüber der Slowakei und Ungarn mit 01.01.2009 aus. Durch das Erreichen der EU-Mindestverbrauchssteuer von 64 Euro je 1.000 Zigaretten mit 1. Juli 2007 in Slowenien fiel die 25 Stück-Regelung – in Slowenien – bereits im Juli 2007.

Dies führte in Kärnten und der Steiermark zu erheblichen wirtschaftlichen Problemen der dort ansässigen Betriebe. In grenznahen Gebieten verzeichnete man Einbußen von bis zu 67 Prozent und viele Trafiken mussten bereits Personal abbauen.

Der Wegfall der 25-Stück-Regelung ist aufgrund der massiven Preisunterschiede (eine Packung Marlboro kostet in Österreich 3,90 Euro, in Slowenien 2,50 Euro), nicht nur für steirische und kärntnerische Trafikanten in Grenznähe existenzbedrohend, sondern betrifft mittlerweile Trafikanten in der gesamten Steiermark bzw. gesamt Kärnten. Sie leiden unter Umsatzeinbußen von bis zu 60 Prozent

Es ist zu begrüßen, dass es jetzt einen Fonds gibt, wo man auch gewisse Ent­schädigungen bekommen kann oder einen gewissen Ausgleich für die Verluste, die die Trafikanten bisher erlitten haben. Auf Dauer gesehen bringt es den Trafikanten speziell im Grenzbereich aber wahrscheinlich wenig – die Leute werden trotzdem ihre Zigaret­ten im Ausland kaufen

Das Anheben der Trafikantenspanne um 10% bedeutet schlichtweg ein weiteres Drehen an der Preisspirale. Die Packungspreise müssen wohl um ca. 20 bis 30 Cent angehoben werden, um diese Erhöhung der Trafikantenspanne auszugleichen. Und das bei der Zielsetzung, die Preisschere zu den Nachbarländern nicht noch zu ver­größern. Das entbehrt aus Sicht der FPÖ jeder Logik. Denn alle Marktteilnehmer werden verlieren, weil der Anteil der in Österreich verkaufter und versteuerter Rauch­waren weiter sinken wird.


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Für die FPÖ ist die Rückkehr zur 25-Stück-Regelung bzw. wie die jetzt vorgesehene 200-Stück-Regelung keine Lösung. Da ab Jänner Slowenien Schengen-Land ist werden die Grenzkontrollen fallen und eine ausreichende Kontrolle wird ohnehin nicht möglich sein. Die FPÖ ist für die Aufhebung des erst im Vorjahr eingeführten Mindest­preises für Zigaretten – 3,25 Euro pro Packung – sowie für die Absenkung der Tabaksteuer.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vorzulegen, die die Aufhebung des Mindestpreises für Zigaretten und die Absenkung der Tabaksteuer, zur Folge hat.“

*****

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Eder-Gitschthaler. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Kolle­gin.

 


18.44.09

Abgeordnete Dr. Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte kurz über das sogenannte Baby-Paket, also die Änderung des Gebührengesetzes in § 35 reden. Wir haben heute schon einiges dazu von unserem Vizebürger..., Vize..., Vizekanzler – schauen Sie, so schwer fällt mir das einfach – Wilhelm Molterer gehört. Für mich sind Kinder immer eine Bereicherung. Daher sind wir alle aufgefordert, alles in unserer Macht Stehende zu tun, um ihnen und ihren Eltern eine kindergerechte und kinderfreundlichere Umgebung zu bieten. Und darum ist das heute zu beschließen. Das Baby-Paket ist für mich ein so wichtiger Schritt in diese Richtung. Uns von der ÖVP sind Kinder und die Unterstützung von Familien viel wert.

Die Gebühren, Stempelmarken et cetera in Gesamthöhe von bis zu rund 130 € pro Geburt werden ab Jänner 2008 entfallen. Wir wollen damit zeigen, dass jedes Kind willkommen ist, indem der Staat ein Zeichen setzt. Laut Information durch unseren Finanzminister Willi Molterer stehen auch die Verwaltungsbehörden in den Ländern geschlossen hinter diesem Vorhaben.

Der Wegfall der Gebühren bei der Geburt war ein Vorschlag der ÖVP-Perspek­tivengruppen, der bei der ÖVP-Klubklausur präzisiert wurde und jetzt in die Tat umgesetzt wird. Versprochen und gehalten! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich fasse zusammen: Heute ist ein guter Tag für Österreichs Kinder und Familien. Keine Gebühren mehr rund um die Geburt eines Kindes. Uns ÖVPlern sind Kinder und die Unterstützung von Familien viel wert. Daher kann ich Sie nur auffordern, dieser Änderung des Gebührengesetzes Ihre Zustimmung zu geben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.46


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Kollege.

 



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18.46.15

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Die ganze Vorgeschichte ist ja an Kapriolen nicht arm. Aber eines sei Ihnen schon ins Stammbuch geschrieben: Ob die ÖVP-Klubklausur etwas mit den seinerzeitigen Beitrittsverhandlungen der Länder Tschechien und Slowenien, weil das jetzt die akuten Brennpunkte sind, zu tun gehabt hat, wage ich zu bezweifeln. Schauen wir, was damals war.

Die ganze Sache, die heuer im Sommer abgegangen ist und jetzt in dieser Novelle, die via §-27-Antrag hier hereinkommt, ihren Ausguss findet, war aus meiner Sicht eine einzige Chuzpe. Die Trafikanten-Vertreter hätten doch längst wissen müssen, dass gesetzlich oder sonst wie nichts zu machen ist. Das Malheur – das muss man ja nachvollziehen dürfen, das gestehe ich ja zu, das ist objektiv betrachtet ein Malheur – ist eben schon durch die Beitrittsbestimmungen und Verhandlungsergebnisse ein­getreten. Worum ging es? – Um Mengenbeschränkungen, die einfach eklatant nach oben gegangen sind: von 25 auf 800 Stück. Das wissen wir alle.

Allerdings war es aus der Perspektive der Beitrittsverhandlungen, wenn man es schon kritisiert hat, falsch angelegt. Man hätte damals irgendetwas sagen müssen. Hat aber niemand! Dass das natürlich dann entsprechende Vertragsverpflichtungen von Österreich auslöst, ist klar. Und wenn Slowenien und Tschechien ihre Mindest­steuer­sätze so hoch angehoben haben, dass dann die Mengenbeschränkung automatisch auf 800 Stück geht, vertraglich vereinbart, mit Siegel der Republik Österreich, bitte schön, dann muss ich sagen, das ist damals verschlafen worden. – So weit zur Vor­geschichte.

Was ist aber im Sommer geschehen? – Da musste man einerseits auf das Finanz­ministerium grantig werden, andererseits auf die Trafikanten-Vertreter selbst. Die haben in Wirklichkeit drei Monate lang die Öffentlichkeit damit genarrt, dass man da noch etwas tun könnte. – Da war nichts zu tun! Die Demonstration hätte sich bis zum Schluss gegen die Mengenbeschränkung richten sollen. – Absurd! Was erreicht wurde, ist ein Paket, das heute hier vorliegt. Da sage ich, okay! Das hat nämlich einen Supercharakter, ich darf mir da das Copyright entlehnen, es ist irgendwie eine wirklich jugoslawische Lösung, die da für das Ganze gefunden wurde: Wenn die Handels­spanne zugunsten der Trafikanten aufgemacht wird, dann trägt das je nach Markt­verhältnis eher der Konsument, wenn ihm das quasi wurscht ist und sein Nach­frageverhalten so ausschaut, oder es geht eben nach unten zu Lasten der Tabakindustrie, wie auch immer, das verteilt sich. Das so Gewonnene soll dann verteilt werden unter allen, die Verluste haben. So weit, so gut. Sei es drum!

Aber dass Sie sich dann dazu versteigen und gegen diese vertraglichen Bestimmun­gen und gegen EU-Recht letztlich die Aufschriften auf den Zigarettenpackungen, die Warnhinweise auf den Packerln so gestalten wollen, dass das nur mitgenommen werden darf, wenn sie deutsche Aufschriften haben – das erkennt man ja selbst als Laie, und das hat uns keine Ruhe gelassen, und wir haben herumrecherchiert, des­wegen auch so spät unser Abänderungsantrag, in dem wir diese Passage korrigiert haben wollen, was rechtstechnisch ohnehin kompliziert genug ist, aber ich möchte in vier Jahren sagen können, da waren wir wenigstens zumindest im Ansatz nicht dabei und wir haben etwas versucht.

Ich mache Ihnen das Angebot und gebe Ihnen die Möglichkeit, dem folgenden Abän­derungsantrag, den ich hiermit einbringe, zuzustimmen:

Abänderungsantrag

des Abgeordneten Kogler, Freundinnen und Freunde


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 215

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Antrag des Finanzausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Gebührengesetz 1957, das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz, das Tabak­steuergesetz 1995, das Tabakmonopolgesetz 1996 und das Tabakgesetz geändert werden, in der Fassung des Berichtes des Finanzausschusses (392 d.B.) wird wie folgt geändert:

Nach Artikel 5 Z.2 wird folgende Z 2a eingefügt:

„2a. Nach § 7a wird folgender § 7b eingefügt:

,7b. §7a gilt mit der Maßgabe, dass die Warnhinweise nicht in deutscher Sprache verfasst sein müssen.‘“

*****

Es war uns nicht möglich, das einfacher zu formulieren, weil das Gesetz schon so verhaut ist, aber glauben Sie uns das, stimmen Sie zu, in vier Jahren sind Sie auf der richtigen Seite – außerdem provozieren Sie nur die EU. (Beifall bei den Grünen.)

18.50


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Der von Herrn Abgeordnetem Kogler einge­brachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhand­lung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

des Abgeordneten Kogler, Freundinnen und Freunde, zum Bericht des Finanz­ausschuss über den Bericht und Antrag des Finanzausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Gebührengesetz 1957, das Abgabenverwaltungs­organisationsgesetz, das Tabaksteuergesetz 1995, das Tabakmonopolgesetz 1996 und das Tabakgesetz geändert werden

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Antrag des Finanzausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Gebührengesetz 1957, das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz, das Tabak­steuergesetz 1995, das Tabakmonopolgesetz 1996 und das Tabakgesetz geändert werden, in der Fassung des Berichtes des Finanzausschusses (392 d.B.) wird wie folgt geändert:

Nach Artikel 5 Z.2 wird folgende Z 2a eingefügt:

„2a. Nach § 7a wird folgender § 7b eingefügt:

,7b. §7a gilt mit der Maßgabe, dass die Warnhinweise nicht in deutscher Sprache verfasst sein müssen.‘“


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 216

Begründung

Das Tabakgesetz legt fest, dass Warnhinweise auf Packungen von Tabakerzeugnissen in deutscher Sprache zu verfassen sind. Diese Einschränkung soll bei privater Einfuhr nicht als Kriterium für Einfuhrbeschränkungen herangezogen werden.

*****

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kirch­gatterer. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


18.51.05

Abgeordneter Franz Kirchgatterer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte so wie vor mir die Kollegen Kogler, Zanger und Bucher auf das Tabakpaket eingehen.

Es wurde zu Recht darauf hingewiesen, dass ein Großteil der Trafikantinnen und Trafikanten behinderte, beeinträchtigte Personen sind. Auch das Monopolgesetz, das Einzelhandels-Tabakmonopolgesetz, geht darauf ein. Zu Beginn der Zweiten Republik waren es Kriegs- und KZ-Opfer, die Trafiken bekamen, 1979 dann Zivilinvalide. Das zeigt schon, dass der soziale Aspekt im Tabakmonopolgesetz ganz besonders wichtig ist und dass die Trafiken besonderen Schutz brauchen.

Es wurde erwähnt, dass der Hintergrund dieser Novelle das Auslaufen der 25-Stück-Regelung ist. Ich sage – und das möchte ich ganz deutlich betonen –, dass es ein sehr mutiger und sehr weitsichtiger Finanzminister war, der die 25-Stück-Regelung durchgesetzt hat. Minister Rudolf Edlinger war ein Finanzminister, der sich wirklich für die Trafikanten eingesetzt hat. Im Nachhinein noch herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist richtig, dass Kärnten und die Steiermark schon seit Juni, also schon fast ein halbes Jahr lang, von ausländischen Zigaretten regelrecht überschwemmt werden. In kurzer Zeit wird dies auch in Wien, Niederösterreich, Oberösterreich und dem Burgen­land der Fall sein.

Diese Novelle kommt unverständlicherweise sehr spät. Schon im März habe ich Finanzminister Molterer auf diese Problematik hingewiesen. In der Beantwortung meiner parlamentarischen Anfrage im Mai hat er mitgeteilt, dass er keine Umsatz­einbrüche, keine Steuerverluste aus der Öffnung des Marktes erwartet. Diese Ein­schätzung hat sich jedoch als völlig falsch erwiesen. Und diese erschreckend falsche Einschätzung hat auch dazu geführt, dass sehr lange, allzu lange nichts geschehen ist.

Für die Kollegen aus der Steiermark und aus Kärnten war dies ein halbes Jahr mit existenzbedrohenden Umsatzverlusten, und auch in Niederösterreich, Oberösterreich und Wien herrschte der Gedanke an diese existenzbedrohende Situation vor.

Ich darf mit aller Deutlichkeit darauf hinweisen, dass es vor allem der SPÖ-Klub war, und da wieder insbesondere unsere Abgeordnete zum Nationalrat Christine Lapp, EU-Abgeordneter Herbert Bösch, und Staatssekretär Christoph Matznetter, aber auch die Plattform „Rettet die Trafik“, bei der ich auch mitwirken darf und die mit 6 000 Post­karten auf die Probleme aufmerksam gemacht hat, die Berufsvertretung, die Berufs­vereinigung, die hier sehr aktiv waren.

Das vorliegende Paket verhindert eine Zusperrwelle, sichert die Trafikanten im Grenz­bereich, aber auch im Zentralbereich ab. Die Nahversorgung wird damit gestärkt. Und positiv ist natürlich auch die gesundheitspolitische Ausrichtung des Maßnahmen­bündels.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 217

Zu den Reihen der Kritiker sage ich, man soll diese Lösung nicht schlechtreden, ich wäre froh gewesen, wenn sich in den Wochen und Monaten der Lösungssuche viele aus ihren Reihen daran beteiligt hätten.

Ich komme zum Schluss: Es wird wichtig sein, nach der Verlegung der Schengen-Grenze genügend, ausreichend Personal zur Bekämpfung vor allem des Großschmug­gels einzusetzen und bereitzustellen, auch und vor allem im Interesse der Finanzen unserer Republik, denn die Tabaksteuer hat immerhin 360 Millionen für den Staat gebracht.

Ich denke, dieser Tag ist ein guter Tag für die Trafikanten, es hat nur leider sehr, sehr lange gedauert. (Beifall bei der SPÖ.)

18.56


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wöginger. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Kollege.

 


18.56.20

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Familie ist, wo Kinder sind. – Auch ich beziehe mich auf Tagesordnungspunkt 9, der die Befreiung von allen abgabenrechtlichen Gebühren, die im Zusammenhang mit der Geburt eines Babys stehen, vorsieht. Diese Gebühren fallen mit 1. Jänner 2008 weg – das sogenannte Baby-Paket –, damit wird die Ent­lastung der Familien fortgesetzt.

Ja, Herr Kollege Rossmann, das ist für uns ein wichtiger Punkt, damit man wirklich die Familienentlastung weiter forciert und in Richtung Steuerreform die notwendigen Zwischenschritte setzt. (Abg. Mag. Rossmann: Ich habe ja gar nichts gesagt!)

Welche Gebühren sind das? – Mir als zweifachem Familienvater ist das schon wichtig. Vor Kurzem habe ich diese Behördengänge wieder gemacht und die Gebühr für die Geburtsurkunde entrichtet. Dies gilt auch, wenn man für die Kinder einen Staatsbürgerschaftsnachweis ausstellen, die Kinder in den Reisepass eintragen oder für sie einen eigenen Personalausweis ausstellen lässt, weil die Kinder nicht immer mit den Eltern reisen, sondern öfter auch mit den Großeltern unterwegs sind.

Wir halten diese Maßnahme für ganz entscheidend und wichtig, auch im Sinne der jungen Eltern und der Familien.

Der Dank gilt diesbezüglich unserem Finanzminister Wilhelm Molterer, der dieses Paket auf die Tagesordnung gebracht hat (Beifall bei der ÖVP) und der auch die Ver­handlungen mit den Ländern, mit allen Gebietskörperschaften aufgenommen hat. Es geht dabei ja nicht nur um Bundesabgaben, sondern es fallen auch Landesabgaben beziehungsweise Verwaltungsabgaben an, die die Gemeinden einheben. Für die Bürgerinnen und Bürger ist nicht entscheidend, ob es eine Bundes- oder Landes­abgabe ist, wichtig ist, dass es wirklich zur Gänze gratis ist, wenn man ein Dokument aufgrund der Geburt eines Kindes ausstellen lässt.

Diese Regelung wird mit diesem Gesetz vorgenommen, und wir bedanken uns bei allen, die hier mithelfen.

Landeshauptmann Pühringer aus Oberösterreich hat schon angekündigt, dass er dieses Paket unterstützt. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Herr Kollege Wimmer, es sind immerhin 340 000 €, die das Land Oberösterreich beisteuern muss. Auch die Gemeinden haben Zustimmung signalisiert.


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Dank noch einmal an den Finanzminister. Bei der Steuerreform werden wir diesen Weg fortsetzen mit einer weiteren steuerlichen Entlastung für Familien – wo Kinder sind. (Beifall bei der ÖVP.)

18.58


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Von der Regierungsbank aus hat sich Herr Staatssekretär Dr. Matznetter zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Staatssekretär.

 


18.58.51

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Christoph Matznetter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kollege Weinzinger ist leider nicht im Saal, aber ich möchte an dieser Stelle trotzdem das zurückweisen, was durchgeklungen ist, und betonen: Der weitaus überwiegende Teil unserer Unternehmerinnen und Unter­nehmer in Österreich, aber auch der Konsumentinnen und Konsumenten, die dort einkaufen, ist nicht interessiert an einem Schwarzumsatz beziehungsweise daran, eine Rechnung zu vermeiden. Das macht lediglich eine kleine Minderheit. (Präsidentin Dr. Glawischnig-Piesczek übernimmt den Vorsitz.)

Es ist richtig und gut, dass wir uns laufend bemühen, die Gesetze so zu gestalten, dass die schwarzen Schafe, die das dennoch machen, dies nicht weiter machen können. Damit stellen wir auch in der Marktwirtschaft sicher, dass jene, die sich an die Gesetze halten, nicht von einer Schmutzkonkurrenz, die sich die Steuer spart, in einer unfairen Art und Weise im Wettbewerb bedrängt werden.

Ich darf bei dieser Gelegenheit die von Kollegin Tamandl aufgeworfene Frage beant­worten, nämlich wie es mit der Bürokratie und den Lasten ausschaut: Es ist grundsätzlich so, dass wir mit der Umgestaltung des § 27 Abs. 9 statt einer Umsatz­steuerpflicht beim Betrugsfall den Vorsteuerabzug dann und nur dann verwehren, wenn der Unternehmer gewusst hat oder wissen musste um den Umsatzsteuerbetrug. Es gibt keine Beweislastumkehr. Die Finanzbehörde muss ihm nachweisen, dass er davon wissen musste. (Beifall des Abg. Hörl.) Nur zur Klarstellung: Das ist kein Problem für die Unternehmen. (Abg. Tamandl: Wie ist das mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns?)

Auch dort gilt: Wir haben diese Bestimmung, nämlich „gewusst hat oder wissen musste“, auch im Finanzstrafrecht in anderen Bereichen. Sie bedeutet nichts anderes, als dass man dort, wo es offensichtlich bekannt ist oder wo es jedem, der auch nur hingeschaut hätte, hätte auffallen müssen, nicht sagen kann: Ich habe nicht hingeschaut!

Ich denke, das ist eine faire Lösung. Es kann umgekehrt auch nicht sein, dass wir Reihenbetrügereien haben und Steuergelder in Millionenhöhe, die alle Österreicherin­nen und Österreicher dann aufbringen müssen, zu Unrecht kassiert werden für Lieferungen, die nie stattgefunden haben oder nicht den entsprechenden Wert hatten. Das können und dürfen wir nicht dulden!

Zum Trafikanten-Paket: Ich werde wirklich nicht schlau aus den Einwendungen, die aus den Reihen der Opposition kommen. Die einen sagen, dass das zu einer Erhö­hung der Preise führen wird und dass daher der Konsument jene 10 Prozent zusätzliche Spanne zahlt, die wir für die Solidaritätsaktion der betroffenen Trafiken brauchen. Gleichzeitig sagen andere: Heben wir doch die Mindestpreise auf, dadurch wird das Preisniveau sinken, und das wird dazu führen, dass der Abstand zu den Nachbarländern nicht mehr so groß ist.

Ganz offen gesagt: Dieses Parlament hat 2006 aus gesundheitspolitischen Gründen einen Mindestpreis von 3,25 € festgeschrieben. Davor waren die Preise zum Teil bis auf 2,70 € herunten – im normalen marktwirtschaftlichen Wettbewerb. Sie bekommen


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auch heute noch bestimmte Marken, und zwar durchaus auch bekannte internationale Marken, um genau diesen Mindestpreis von 3,25 €.

Diese gesundheitspolitische Maßnahme hat dazu geführt, dass die Gewinne sehr deutlich in die Höhe gegangen sind, ist klar. Wenn ich einen Mindestpreis verhänge, verhindere ich den Wettbewerb nach unten und stelle für den Hauptlieferanten oder für die, die die größte Marktposition haben, einen Schutz vor einer Marktanteilsgewinnung der anderen Konkurrenten her.

Wenn es jetzt wirklich so ist, dass wegen der 3 bis 5 Cent, die diese Solidaritätsaktion pro Packung Zigarette bedeutet, die Zigaretten um 10, 20 oder 30 Cent teurer werden, dann ist das aufgrund einer Absprache – dagegen werden wir uns zu wehren wissen, dagegen wird sich auch Brüssel zu wehren wissen –, oder aber jene, die bei 3,25 € sind und vorher eigentlich bis auf 2,80 € heruntergegangen sind, werden das nützen, um mehr Marktanteile zu haben.

In diesem Sinne ist das eine gute Maßnahme, die dazu führt, dass die wirklich Betrof­fenen, die Trafiken, die zum Teil bis zu 70 Prozent Einbrüche haben, überleben kön­nen. Ich glaube, dass eine Regierung, die sofort handelt, die das Problem an der Wurzel angeht, Existenzsicherung betreibt, die versucht, eine Regelung zu schaffen, die rasch und im Lichte der offenen Grenzen ab 21. Dezember Sicherheit verspricht für die Tausenden großteils behinderten Menschen, das Richtige tut.

Wir haben das Paket auf drei Jahre befristet. Wir hoffen, dass eine Preisangleichung durch eine Erhöhung der Tabaksteuer in den Nachbarländern danach diese Maß­nahme nicht mehr notwendig macht. Aber wir lassen diese Unternehmerinnen und Unternehmer nicht untergehen. Ich bitte dafür jene um Verständnis, die das kritisch sehen.

Zum Antrag der Grünen: Er ist natürlich eine europarechtlich zweifelsohne interessante und sympathische Form. Ich sage es an dieser Stelle aber ganz offen: Die Vertreter der Trafikantinnen und Trafikanten wollten diese Lösung mit der Aufschrift. Sie erhoffen sich eine psychologische Barriere, sodass es nicht schlagartig zu einem Anschwellen der Importe kommt. Das ist der Grund dafür, dass das in diesem Paket enthalten ist, und ich möchte es nicht einseitig aus diesem Paket herausgenommen wissen, denn sie erhoffen sich gerade durch diese psychologische Barriere einen geringeren Rück­gang bei ihrem Zigarettenverkauf. Lassen wir ihnen diese Chance! – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

19.05


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Danke, Herr Staatssekretär.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vorneh­me.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend Abgabensicherungs­gesetz 2007 samt Titel und Eingang in 391 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist wieder


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 220

mehrheitlich angenommen. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung ange­nommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Gebührengesetz, das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz, das Tabak­steuer­gesetz, das Tabakmonopolgesetz und das Tabakgesetz geändert werden, in 392 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Kogler, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz­antrag eingebracht.

Ferner liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Bucher vor.

Ich werde zunächst über die vom Zusatzantrag sowie vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile, der Reihe nach, und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über die Artikel 1 und 2 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Kogler, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die Einfügung einer neuen Ziffer 2a in Artikel 5 bezieht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein beja­hendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Finan­zierung von Raucher-Entwöhnungskuren aus den Mitteln der Tabaksteuer.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Themessl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufhebung des Mindestprei­ses für Zigaretten und Absenkung der Tabaksteuer.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist wiederum die Minderheit. Abgelehnt. (Abg. Dr. Graf: Zur Geschäftsordnung, Frau Präsidentin! – Was ist mit den noch nicht abgeführten Abstimmungen?)

Die Abstimmungen, die noch nicht durchgeführt wurden, werden nach dem nächsten Tagesordnungspunkt durchgeführt, weil dann bei beiden ein erhöhtes Quorum erforderlich ist. (Abg. Dr. Graf: Ich bin eh da! Die anderen sollen auch kommen!) Ja, machen wir schon. Keine Sorge, es wird nichts vergessen.


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19.08.2710. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (262 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Ausfuhrförderungsgesetz für eine österreichische Entwick­lungsbank und das Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schla­ges für das Jahr 2008 (Bundesfinanzgesetz 2008) geändert werden (393 d.B.)

11. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (264 d.B.): Abkom­men zwischen der Republik Österreich und der Hellenischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Ein­kommen und vom Vermögen samt Protokoll (394 d.B.)

 


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Wir gelangen nun zu den Punkten 10 und 11 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Rossmann. – Bitte.

 


19.10.01

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Nach den ursprünglichen Plänen sollte eine Entwicklungsbank nach dem Vorbild der European Development Finance Institutions eingerichtet werden, und zwar ursprünglich gedacht als Tochter der aws und nicht als Tochter der Entwicklungsbank, aber bereits im Regierungsprogramm von SPÖ und ÖVP rückte man von diesen Plänen ab und verwies auf die einschlägige Erfahrung der OeKB im Rahmen der Exportförderung, wohlgemerkt der Exportförderung, nicht der Entwick­lungshilfe.

Nunmehr ist es – und das wurde in Alpbach verkündet – der Wille der Regierung, eine solche Entwicklungsbank einzurichten – von der Idee her natürlich nicht abzulehnen –, aber als Tochter der OeKB, die – und das gebe ich zu bedenken – eine Bank im Besitz von privaten Geschäftsbanken ist.

Wenn diese Entwicklungsbank nun ihren Zielsetzungen gerecht werden soll, nämlich der Förderung nachhaltiger Entwicklung durch Projekte der Entwicklungs­zusammen­arbeit auf dem Privatsektor von Entwicklungsländern, wenn das garantiert werden soll und wenn die Gefahr minimiert werden soll, dass durch diese Entwicklungsbank als Tochter der Kontrollbank nicht Exportförderung unter dem Deckmantel der Entwick­lungs­hilfe sein soll, das heißt also, lediglich österreichische Investitionen gefördert werden, dann wäre eine Reihe von Änderungen dringend geboten. Und nur wenn diese Änderungen durchgeführt werden, könnten wir uns vorstellen, diesem Projekt zuzustimmen.

Erstens ist – und das ist das große Problem – der Vertrag, der zwischen dem Bundesministerium für Finanzen und der Entwicklungsbank abgeschlossen werden soll, dem Parlament beziehungsweise dem Finanzausschuss vorzulegen. Wir fordern hier eine voll transparente Vorgangsweise. (Beifall bei den Grünen.)

In diesem Zusammenhang ist aber nicht nur der Vertrag vorzulegen, sondern auch die Geschäftsordnung der Entwicklungsbank. Auch das muss noch Teil dieses Trans­parenz­paketes sein.

Zweiter Punkt: Eingerichtet wird ein Gremium „Wirtschaft und Entwicklung“. Es wäre wohl besser, dieses Gremium „Entwicklung und Wirtschaft“ zu nennen, der Zielsetzung


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entsprechend. Aber dieses Gremium wird eingerichtet, und ursprünglich war im Ministerialentwurf vorgesehen, dass dieses Gremium ein Vetorecht haben sollte. Dadurch hätte besser sichergestellt werden können, dass tatsächlich entwicklungs­politische Zielsetzungen gefördert werden und nicht Exportförderung alten Stils als Entwicklungshilfe verkauft wird. Meine Frage also: Warum ist dieses Vetorecht aus der Regierungsvorlage verschwunden?

Diesem Gremium – „Entwicklung und Wirtschaft“ sage ich weiterhin – sollten natürlich auch entwicklungspolitisch versierte Personen angehören, da es hier sehr darauf ankommt, abzuschätzen, ob hier wirklich das gefördert wird, was man fördern will.

Schließlich müsste die Transparenz durch eine erhöhte Berichtspflicht verbessert werden. Es hat zwar bereits Verbesserungen über die Exportförderung gegeben, aber eine weitere Verbesserung der Transparenz ist insofern geboten, als hier Risiko- und Haftungsfragen nicht vollständig geklärt sind, weil – zumindest aus meiner Sicht des Lesens dieser Regierungsvorlage – Unklarheiten über die Abwicklung dieser Projekte bestehen.

Nach wie vor fehlt die Verankerung der Verpflichtung zur Einhaltung internationaler Standards im Umweltbereich, in Umweltfragen, in Menschenrechtsfragen und in Sozialfragen im Rahmen der Exportförderung. Das ist deshalb dringend geboten, weil letztlich nicht das Gremium „Entwicklung und Wirtschaft“ über die Haftungsübernahme entscheidet, sondern der Ausfuhrförderungsbeirat, und gerade deshalb wäre das von so zentraler Bedeutung.

Auf einen letzten Punkt möchte ich noch zu sprechen kommen, weil ich darauf vom Herrn Staatssekretär im Finanzausschuss keine entsprechende Antwort bekommen habe. Mir ist nach Lesen dieser Regierungsvorlage noch immer nicht klar, welcher Teil an Entwicklungshilfe tatsächlich angerechnet wird. – Danke sehr. (Beifall bei den Grünen.)

19.14


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Glaser. 3 Minuten Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


19.14.34

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Geschätz­te Kolleginnen und Kollegen! Die Installierung einer Entwicklungsbank als Tochter­gesellschaft bei der Oesterreichischen Kontrollbank ist meines Erachtens eine gute Ergänzung zu den entwicklungspolitischen Instrumenten, die wir bis jetzt haben, denn, wie auch schon gesagt wurde, damit soll gerade der privatwirtschaftliche Sektor hier und auch in unseren Partnerländern animiert werden, zusätzliche Aktivitäten zu setzen.

Ganz besonders wichtig dabei ist eben, dass die Ziele der Entwicklungspolitik, wie sie in einem eigenen Gesetz festgeschrieben sind, für die Bank verpflichtend sind und die Bank nicht einfach tun und lassen kann, was sie will, also schon gebunden ist.

Ich glaube auch, dass die Einrichtung dieser Entwicklungsbank nach einer doch relativ intensiven Diskussion in den entsprechenden Kreisen relativ unbestritten ist. Einige Diskussionen hat es gegeben und gibt es noch immer über das Beratungsgremium, wobei ich aber der Meinung bin, dass hier wirklich eine fachkundig entsprechende entwicklungspolitische Expertise gewährleistet ist, und die ist zweifelsohne für die Bank auch notwendig. Es sind in diesem Beratungsgremium zum einen das Außenamt mit der entsprechenden Sektion und zum anderen die ADA, unsere entwicklungspolitische Trägerorganisation, vertreten, und es können jederzeit Experten dazugeladen werden. Ich glaube, dass das durchaus ein entsprechendes Gremium ist, und man weiß ja nicht, was sich in einigen Jahren als vernünftig herausstellt.


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Außerdem, Herr Kollege Rossmann: Durch die jährlichen Berichte der Bank an das Parlament beziehungsweise an den Hauptausschuss des Parlaments ist sicherlich gewährleistet, dass die Arbeit dieser Entwicklungsbank auch entsprechend überprü­fend begleitet werden kann. Außerdem leisten wir damit auch einen, wenn auch sehr kleinen, Beitrag zur Erreichung des angestrebten 0,51-Prozent-Zieles. Der Herr Staats­sekretär wird uns dann vielleicht noch erklären, wie hoch dieser Beitrag ist.

Alles in allem ist das für mich ein Beitrag zur Intensivierung und Professionalisierung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen Nord und Süd. Es ist für mich aber nicht nur das, sondern es ist darüber hinaus auch noch zusätzliche Beratung und Projektbegleitung – wozu die Bank nämlich verpflichtet ist – bei den Projekten vor Ort.

Letztlich: Alles in allem ist das eine gute Einrichtung, der wir gerne zustimmen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.17


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Bucher mit 3 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


19.17.27

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist kein Geheimnis, dass wir immer dafür eingetreten sind, dass auch die österreichische Wirtschaft profitiert, wenn wir für Entwicklungshilfe Geld in die Hand nehmen, in sinnvoller Weise in die Hand nehmen, und dass beispielsweise Wasser­aufbereitungsanlagen in Entwicklungsländern vom Know-how unserer Firmen profi­tieren und unsere Firmen in Österreich ein Geschäft machen. Mit der Installierung einer Entwicklungsbank wird dem auch Folge geleistet.

Das ist grundsätzlich eine vernünftige Regierungsvorlage, die wir begrüßen, allerdings verstehe ich eines nicht: dass man so ein großes Geheimnis daraus macht und so viele Fragen offen lässt, keine Geschäftsordnung erstellt und somit auch der Oppo­sition wichtige Informationen vorenthält.

Das hätte ich mir gewünscht, und es wäre wahrscheinlich im Interesse der Antrag­steller, der Regierungsparteien, eine einvernehmliche Lösung getroffen worden, weil dem nichts entgegensteht, wenn man die Entwicklungshilfe so gestaltet, dass die österreichischen Firmen etwas davon haben. Aber das erfolgt nicht, daher werden wir dem unsere Zustimmung nicht geben. (Beifall des Abg. Schalle.)

19.18


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Bayr. 3 Minuten Redezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


19.18.49

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Ich denke, im Sinne einer kohärenten Entwicklungspolitik ist es natürlich relativ schlüssig, sich auch im Wirtschaftsbereich zu engagieren. Ich habe – wie wir alle, denke ich mir – natürlich gewisse Ansprüche. Der oberste Anspruch ist ganz sicherlich der, mit diesem neuen, mit diesem zusätzlichen Instrument auch wirklich zur Entwicklung beizutragen.

Ich denke, dass man das in diesem Bereich auf mehreren Ebenen machen kann. Zum einen wird es darum gehen, Arbeit zu schaffen, und zwar Arbeit im Sinne von bezahlten Arbeitsplätzen, was auch für die individuelle Entwicklung vieler Menschen sehr, sehr wichtig ist, was gerade für Frauen, für eine ökonomische Selbständigkeit von Frauen, Unabhängigkeit von Frauen sehr, sehr unterstützungswürdig ist.

Es geht natürlich auch darum, wirklich vor Ort Wertschöpfung zu generieren und diese auch entsprechend zu verteilen, sodass viele Menschen etwas davon haben, dass es


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ein wirklicher Beitrag zur Armutsbekämpfung sein kann. Mir geht es auch sehr stark darum, Know-how zu transferieren und Menschen zu einer beruflichen Ausbildung zu verhelfen.

Es gibt in diesem Gesetz, wie gesagt, einen Bezug auf den Zielparagraphen des EZA-Gesetzes. Damit steht der entwicklungspolitische Charakter sicherlich im Vordergrund. Aus meiner Sicht, Kollege Bucher, geht es aber vor allem um den entwicklungs­politischen Charakter, nicht nur darum, dass heimische Betriebe dabei profitieren. Natürlich ist es auch fein, wenn es KMU-Förderungen gibt, aber ich denke mir, da gibt es ganz andere, zielgerichtetere Instrumente.

Was wir aber wirklich brauchen, ist, dass in diesem Gremium der Entwicklungsbank entwicklungspolitisches Know-how eingesetzt wird. Es ist – Kollege Glaser hat es schon gesagt – das Außenministerium dabei vertreten. Auch die ADA  ist vertreten. Ich persönlich hätte mir noch sehr gewünscht, dass auch ein Vertreter oder eine Ver­treterin des entwicklungspolitischen Beirats, wie er im EZA-Gesetz geregelt ist, in das Gremium des Beirats aufgenommen wird. Ich glaube, es wäre durchaus sinnvoll gewesen, WissenschafterInnen in dieses Gremium aufzunehmen sowie einen Vertreter beziehungsweise eine Vertreterin der entwicklungspolitisch engagierten Zivilgesell­schaft.

Es wäre auch möglich gewesen, den Menschen mit entwicklungspolitischem Know-how im Gremium selbst – zum Beispiel durch Vetomöglichkeiten – eine stärkere Rolle zuzugestehen. Es wäre auch möglich gewesen, im Gesetz zu verankern, dass dieses Gremium die Aufgabe hat, inhaltliche Leitlinien für ihre Arbeit zu entwickeln. Es gibt noch etwas, das mir leid tut. Ich hätte lieber gesehen, wenn wir uns im Gesetz auf eine Reihe von international anerkannten Normen zu den Themen „Umwelt“, „Men­schen­rechte“ sowie zu Fragen der Sozialstandards bezogen hätten, aber das war mit Minister Molterer leider nicht zu machen.

Was zu machen war, waren die Themen „Berichtspflicht“ sowie eine paritätischere Besetzung der Sozialpartner im Beirat. Gerade diese Berichtspflicht gegenüber dem Parlament wird uns sicher dabei helfen, zu beobachten, wie sich die Qualität der Projekte und der Arbeit der Entwicklungsbank entwickelt – ob die viel gepriesene Ownership auch wirklich eingehalten wird und ob Entwicklungsrelevanz wirklich gelebt werden kann.

Ich denke, wir sollten diesem Instrument eine Chance geben und es so bald wie möglich und notwendig weiterentwickeln. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.22


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort gelangt als Nächster Herr Abgeordneter Dr. Bösch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

 


19.22.21

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Meine Damen und Herren! Wir glauben, dass mit diesem Bundesgesetz, mit dem die Institution einer Entwicklungsbank als Tochtergesellschaft der Oesterreichi­schen Kontrollbank AG eingerichtet wird, in Richtung Entwicklungszusammenarbeit Österreichs ein vernünftiger Schritt gesetzt wird. Das System der österreichischen Ausfuhrförderung, die internationalen Kontakte der Kontrollbank sowie deren Erfahrung bei der Prüfung von EZA-, Umwelt-, und Sozialkriterien sollen für entwicklungs­politische Zwecke genutzt werden.

Wir halten das grundsätzlich für vernünftig und sind als Freiheitliche der Ansicht, dass man in den privatwirtschaftlichen Bereichen in Entwicklungsländern den Versuch star-


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ten muss, brauchbare wirtschaftliche und soziale Strukturen zu errichten, und zwar nach dem Prinzip der Hilfe zur Selbsthilfe. Wir sehen hier einen vernünftigen Schritt in diese Richtung, mit dem Ziel, in den Entwicklungsländern konkrete Projekte zu fördern, wobei es dabei nicht zu einer Budgethilfe im Rahmen der Entwicklungs­zusam­men­arbeit kommt, sondern die Republik Österreich im Wesentlichen in der Lage ist, alle wichtigen Projekte in den Entwicklungsländern selbst zu leiten und dort den Mittel­einsatz festzulegen.

Im Übrigen ist es durchaus willkommen, wenn auch österreichische Betriebe im Rahmen dieser Anstrengungen der Republik zum Zuge kommen und es auch ihnen gelingt, im Rahmen dieser Entwicklungsprojekte zu reüssieren. – Danke sehr. (Beifall bei der FPÖ.)

19.24


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort gelangt als Nächste Frau Abge­ordnete Hagenhofer. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.24.24

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! In den Medien wird immer wieder von Flücht­lingstragödien in Italien und Spanien berichtet: Italienische Flieger entdeckten tote Flüchtlinge im Mittelmeer, 243 Immigranten sind im August im Mittelmeer gestorben, das Mittelmeer ist voller Tote. Zuletzt berichtete der „Kurier“ wieder über neue Flücht­lingstragödien vor der italienischen Küste. – Ich möchte damit sagen, dass mit dieser Entwicklungsbank wieder ein Schritt gesetzt wurde, um diesen Menschen irgendwie zu helfen.

Diese Entwicklungsbank ist – und das wissen wir alle – ein Finanzierungsinstrument, ein Konstrukt, sozusagen eine Hilfestellung für die Menschen in den Entwicklungs­ländern. Es ist aber auch eine Hilfestellung für unsere kleinen und mittleren Unter­nehmen, die ihre Projekte in Entwicklungsländern auf Schiene stellen und/oder sogar für bestimmte Zeit auch betreiben, wie zum Beispiel Wasserkraftwerke. Das heißt, dass nachhaltige Investitionen, die sich positiv auswirken, sinnvoll sind und für die Menschen in den Entwicklungsländern – wenn auch nur in kleinen Schritten – eine entsprechende Perspektive sein können.

In diesem Sinne freut es mich, dass wir heute dieses Gesetz beschließen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.25


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort gelangt als Nächster Herr Abgeordneter Mag. Schieder. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.26.05

Abgeordneter Mag. Andreas Schieder (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe zwei Bemerkungen zu zwei dieser Vor­haben, zuerst zum Vorhaben der Entwicklungsbank:

Ich glaube, es ist dringend notwendig, ein Instrument zu schaffen, das wirtschaftliche Tragfähigkeit und Entwicklung in den Entwicklungsländern fördert sowie vor allem langfristige Finanzierungen zur Verfügung stellt. In diesem Sinn ist es, glaube ich, sehr zu begrüßen, dass heute hier die Entwicklungsbank geschaffen wird. Ich halte es auch für sinnvoll, sie an die Oesterreichische Kontrollbank anzubinden.

Ich hätte mir aber auch gewünscht und es für besser gehalten, wenn wir die Inter­essenvertretungen, EZA, Zivilgesellschaften und auch den entwicklungspolitischen Beirat in diesem Zusammenhang stärker eingebunden hätten, weil es ja gerade um


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dieses Zusammenspiel von ökonomischen und entwicklungspolitischen Anliegen geht. Aus meiner Sicht geht es auch darum, soziale und umweltpolitische Standards noch stärker zu verankern. Nichtsdestotrotz halte ich es für einen wichtigen Schritt, dass das heute so beschlossen wird.

Ich wollte aber als zweiten Punkt auch noch kurz auf das Doppel­besteuerungs­abkommen mit Griechenland eingehen, das wir heute ebenfalls beschließen. Seit 1994 gibt es dazu Bemühungen, und nach 13 Jahren ist es nun endlich erledigt. Ich glaube, es ist ein wichtiger Schritt, dass man hier entbürokratisiert. (Beifall bei der SPÖ.)

19.27


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort gelangt als Nächster Herr Abgeordneter Wimmer. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.27.32

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich möchte mich zum Doppelbesteue­rungs­abkommen zwischen Österreich und Griechenland äußern.

Das bestehende Abkommen, das ja bis zum heutigen Tage Gültigkeit hat, stammt aus dem Jahr 1970. Dieser Vertrag ist völlig überaltert. Man merkt, dass sich dieser Vertrag auf Österreich bis zum jetzigen Zeitpunkt sehr nachteilig auswirkt. Daher ist es wichtig und notwendig, dass dieses Konstrukt den neuen wirtschaftlichen Herausforderungen angepasst wird.

Seit mehr als 15 Jahren wurde nun verhandelt. Wahrscheinlich war es nicht immer einfach, mit den Griechen auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen – gut Ding braucht Weile –, aber jetzt ist es endlich soweit. Im Jahr 2005 gelang der Durchbruch, und heute liegt eine ausverhandelte Vorlage vor uns, die von großer Bedeutung für unsere Wirtschaft ist, gerade im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen.

Es ist auch ganz wichtig, dass dieses Übereinkommen den Musterabkommen der OECD entspricht. Das heißt, dieser Entwurf ist sinnvoll und lebensnotwendig für unsere Wirtschaft. Daher werden wir dieser Vorlage unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)

19.28


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Von der Regierungsbank aus hat sich Herr Staatssekretär Dr. Matznetter zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


19.28.56

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Christoph Matznetter: Frau Präsidentin! Zunächst einmal möchte ich meiner besonderen Freude darüber Ausdruck verleihen, der Beschlussfassung über dieses Gesetz heute beiwohnen zu können.

Ich erinnere daran, als die AFG-Novelle anstand. Damals haben wir uns zusam­mengesetzt – Kollege Mitterlehner und Kollegin Hagenhofer waren dabei – und uns gefragt: Was bräuchten wir zusätzlich für diese tollen österreichischen Firmen, die Leis­tungen erbringen, etwa im Bereich der Wasserversorgung, mit Projekten, bei denen die Frage der Energieeffizienz mit hohem technischem Einsatz gelöst wird, in Ländern, wo das Servicelevel nicht so gut ist und die Fachkräfte noch nicht so gut ausgebildet sind? Was brauchen wir für diese Firmen, deren Projekte viele Jahre laufen, ohne einen hohen technischen Renovierungsaufwand zu haben?

Wir haben dabei festgestellt, dass andere Länder unsere guten Firmen bei solchen Projekten am Ende nicht zum Zug kommen lassen, weil sie die Möglichkeit haben,


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durch der Entwicklungsbank vergleichbare Institutionen in ihren Ländern Angebote zu machen, die für die meist armen Zielländer einfach attraktiver sind.

Wir haben in diesen Verhandlungen – auch damals war es schon so; in diesem Sinne möchte ich den Kollegen Rossmann, der damals noch nicht bei uns war, leider ein bisschen korrigieren – von Anfang an gesagt: Es soll ein schlankes Instrument sein. Es soll eines sein, das bei der Oesterreichischen Kontrollbank, nämlich bei der beste­henden Ausfuhrförderung angesiedelt ist, und zwar aus einem ganz bestimmten Grund: nicht, um weniger kohärente Politik zu machen, nicht, um entwicklungs­politi­sche Ziele schlechter zu behandeln, sondern, um mit minimalem administrativem Aufwand und somit minimalen Kosten für den Steuerzahler möglichst rasch dieses Instrument zum Laufen zu bringen, zumal wir die Expertise für die Entwicklungs­zusammenarbeit ja ohnehin haben.

Wir haben nicht nur die ADA, die Austrian Development Agency, wir haben eine her­vorragend ausgebildete NGO-Szene in dem Bereich – organisiert in der AGEZ – mit hervorragender Kompetenz und Expertise, und wir sind in Österreich in der Lage, ohne eine komplizierte aufwändige Beamtenstruktur sehr, sehr gut und – ich sage einmal – mit ausreichender Teilnahme und sozusagen Mitschauen der betroffenen Gruppen das abzuwickeln.

Das war der Grund dafür, dass wir das in der Kontrollbank haben, und ich bitte um Verständnis für diese Maßnahme im Schutz des Steuerzahlers, dass jeder Euro, den wir einsetzen, möglichst für diesen Zweck eingeht. (Unruhe im Saal. – Präsidentin Dr. Glawischnig-Piesczek gibt das Glockenzeichen.)

Ganz kurz zu den aufgeworfenen Fragen: Die OECD hat Kriterien, nach denen die Gültigkeit der Anrechung auf die ODA-Quote festgelegt wird.

Weil wir, Herr Abgeordneter Rossmann, das so schlank halten, bleibt es bei 16 Mil­lionen € maximal nach derzeitiger Schätzung für technische Hilfe, Assistance-Leis­tungen, und es bleibt für den Fall, der hoffentlich nicht eintreten wird, beim Schadens­fall, dass wir Haftung übernehmen müssen und abschreiben müssen. Ansonsten trägt sich das Instrument hoffentlich in zwei bis drei Jahren zur Gänze selbst.

Was wir aber erreichen wollen, ist, gute wirtschaftliche Verbindungen der österreichi­schen Firmen, eine günstige Institution und eine Verbesserung der Zusammenarbeit gerade mit den ärmsten Ländern der Welt. – Das ist eine gute Maßnahme. Ich freue mich darüber. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

19.32


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme. (Unruhe im Saal. – Präsidentin Dr. Glawischnig-Piesczek gibt das Glocken­zeichen.)

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrförderungsgesetz für eine österreichische Entwicklungsbank geän­dert wird, samt Titel und Eingang in 393 der Beilagen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf eine Verfassungsbestimmung enthält, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Ziffer 1 der Geschäftsordnung die für die Abstim­mung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 228

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf zustimmen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen. Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mehr­heitlich angenommen.

Ausdrücklich stelle ich wiederum die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehr­heit fest.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Abkommen mit der Hellenischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll in 264 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

19.34.35Abstimmung zu den Tagesordnungspunkten 5 bis 7

 


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Wir gelangen zur Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 5 bis 7, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Sparkassengesetz, das Finanzmarkt­aufsichtsbehördengesetz, das Nationalbankgesetz 1984 geändert werden, in 386 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen einen Abände­rungsantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über den vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes abstimmen lassen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf Verfassungsbestimmungen enthält, stelle ich zu­nächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Ziffer 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeord­neten fest.

Die Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 1 Ziffer 14 eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen möchten, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen der Bejahung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 229

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Ausdrücklich stelle ich wiederum die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittel­mehr­heit fest.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 386 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist mehrheitlich angenommen. (E 56.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mag. Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reform der Finanz­marktaufsicht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für diesen Entschließungsantrag aus­sprechen wollen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ord­neten Dr. Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entsendepraxis der Staats­kommissäre.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für diesen Entschließungsantrag aus­sprechen wollen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Finanzmarktaufsicht.

Ich bitte auch hier jene Damen und Herren, die sich für den Entschließungsantrag aussprechen wollen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neuausschreibung der Staatskontenführung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesen Antrag bejahen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Börsegesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Wertpapier­aufsichts­gesetz 2007 und das Pensionskassengesetz geändert werden, in 387 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Stummvoll, Krainer, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatzantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über den erwähnten Zusatzantrag und schließlich über den Ge­setzentwurf in der Fassung des Ausschussberichtes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Dr. Stummvoll, Krainer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz­antrag eingebracht, der sich auf die Einfügung neuer Ziffern 3a bis 3c sowie 5a in Artikel 4 bezieht.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 230

Bei Zustimmung ersuche ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür ihre Zustimmung geben, um ein dies­bezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf aussprechen wollen, um ein Zeichen der Bejahung. – Das ist wiederum mehrheitlich angenommen. Damit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988 und das Bundesgesetz über Sonderregelungen zur Mittelstandsfinanzierung auf dem Gebiet der Gebühren sowie der Verkehrsteuern hinsichtlich der Vorschriften über Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften geändert werden, samt Titel und Eingang in 388 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen wollen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung dem vorliegenden Gesetz­entwurf ihre Zustimmung erteilen möchten, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen. Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung ange­nom­men.

19.40.0912. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (268 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2008 geändert wird (BFG-Novelle 2008) (396 d.B.)

13. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (267 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem Überschreitungen von Ausgabenansätzen der Anlage I des Bundesfinanzgesetzes 2007 bewilligt werden (Budgetüberschreitungsge­setz 2007 – BÜG 2007) (397 d.B.)

14. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (266 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem die Begründung weiterer Vorbelastungen durch den Bun­des­minister für Verkehr, Innovation und Technologie genehmigt und das Bundes­finanzgesetz 2007 geändert wird (398 d.B.)

 


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Wir gelangen damit zu den Punkten 12 bis 14 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 231

Als ersten Redner bitte ich Herrn Abgeordneten Mag. Rossmann zu Wort. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.41.03

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Ich möchte die Bundesfinanzgesetz-Novellen 2007 und 2008 herausgreifen – daraus natürlich nur bestimmte Punkte –, und zwar insbesondere den Klima- und Energiefonds einerseits und die ÖBB andererseits. Mit diesen beiden Novellen wird sichergestellt, dass jene Mittel des Klima- und Energiefonds, die heuer oder im kommenden Jahr nicht verbraucht werden, nicht verfallen, sondern dass sie zu einem späteren Zeitpunkt zur Verfügung stehen.

Für das Jahr 2007 hat es die Regierung offensichtlich nicht geschafft, geeignete Pro­jekte aus dem Klimafonds auf die Beine zu stellen, obwohl der Klimaschutz in Wirk­lichkeit unter den Nägeln brennt. Und für 2007 kann ich diesen Beschluss ja noch nachvollziehen, zumal die Gründung des Klima- und Energiefonds ja relativ spät im Jahresverlauf erfolgte. Warum aber ein Vorratsbeschluss für das Jahr 2008 gefasst wird, das ist mir nicht mehr ganz so klar. Dennoch bin ich dafür, dass die Mittel des Jahres 2007 und 2008 für Klimaschutzzwecke nicht verloren gehen, um das mit aller Deutlichkeit zu sagen.

Ich verstehe schon die Logik des Haushaltsrechts. Wir haben es hier immer noch mit der Kameralistik zu tun. Und nach der Kameralistik ist es derzeit nicht möglich, Rücklagen ins nächste Jahr mitzunehmen. Das wird sich ja bekanntlich mit dem Beschluss, den wir heute gefällt haben, ändern. Da wird es dann ohne Änderung der Bundesfinanzgesetz-Novelle möglich sein, Rücklagen zu bilden und diese zu einem späteren Zeitpunkt aufzulösen.

Nur: Das Problem mit der Auflösung der Rücklagen – und das habe ich ja in den Verhandlungen mehrmals thematisiert – ist jenes, dass letztlich der Finanzminister dieser Rücklagenauflösung zustimmen muss. Und unsere Forderung in den Verhand­lungen ist immer die gewesen, dass Rücklagenauflösungen dann zuzustimmen ist, wenn eine bestimmte Zeit vorher diese Rücklagenauflösungen beim Finanzminister ange­meldet werden. Das macht auch Sinn, denn der Finanzminister muss ja dafür Vorsorge treffen, dass die Liquidität zur Verfügung gestellt werden kann.

So viel zu den BFG-Novellen in Bezug auf den Klima- und Energiefonds.

Nun aber zu den ÖBB: Bevor ich auf diese Ermächtigung eingehe, die den Bundes­minister für Verkehr ermächtigt, Vorbelastungen in der Höhe von 1,91 Milliarden € einzugehen, möchte ich auf eine Meldung verweisen, die mir vor etwa einer Stunde zugegangen ist, und die eigentlich als skandalös zu bewerten ist – wenn sie stimmt! Und die Meldung lautete, dass die ÖBB bei Spekulationen in den USA 50 bis 60 Millionen € verloren haben. (Abg. Kickl: Nichts dazugelernt!) – Ja, dazugelernt von der BAWAG oder dazugelernt von Niederösterreich, wo Wohnbauförderungsmittel ver­spekuliert wurden. Also, es wäre nicht der erste Fall, wo öffentliche Einrichtungen Gelder verspekulieren. (Beifall bei den Grünen.)

Aber beginnen wir bei den ÖBB vielleicht am Anfang: Es ist ja so, dass das eigentlich eine unendliche Geschichte der Finanzierung ist, die ÖBB-Infrastruktur. Sie wurde in den letzten Jahren in Wirklichkeit finanziell ausgehungert. Es ist zwar so, dass hier mit dem neuen ÖBB-Gesetz eine Teilentschuldung stattgefunden hat, aber keine vollkom­mene Entschuldung. Und da die öffentliche Hand nicht ausreichend Mittel zur Verfügung gestellt hat, hat die ÖBB-Infrastruktur Bau AG in der Zwischenzeit natürlich wieder erhebliche Schulden aufgebaut. Die Lösung, die damals getroffen wurde mit den ÖBB neu, ist eine Lösung gewesen, die nicht dauerhaft war.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 232

Nun, mit dem Jahr 2007 sind ja neue, internationale Bilanzierungsvorschriften anzu­wenden – die sogenannten Bilanzierungsvorschriften IFRS, International Financial Reporting Standards. Und mit der Anwendung dieser Bilanzierungsvorschriften drohte ja – und darauf hatte auch der Rechnungshof hingewiesen – der ÖBB-Infrastruk­tur Bau AG die Insolvenz. Praktisch in letzter Sekunde wird hier eine Rettung mit dieser Ermächtigung vorgenommen.

Das ist natürlich grundsätzlich schon okay, würde ich sagen, aber was immer noch fehlt, ist wirklich ein mittel- bis langfristiges Finanzierungskonzept für den Infrastruktur­bereich der ÖBB.

Die jetzige Ermächtigung und die Flucht in die Verschuldung sind keine dauerhaften Lösungen, denn sie verschieben ja die Budgetbelastung letztlich wieder nur in die Zukunft. Und die Frage, die sich stellt, ist natürlich die: Wann werden wir endlich ein mittel- bis langfristig orientiertes Finanzierungspaket für die Infrastruktur im Bereich der Bahn bekommen? Und wann wird das mit der Finanzierung bei den ÖBB endlich ihr Ende finden? – Danke sehr. (Beifall bei den Grünen.)

19.46


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Haubner. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.46.44

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Grundsätzlich finde ich es hervorragend, dass in dem Klima- und Energiefonds die Mittel nicht verfallen, sondern auch weiter zur Verfügung stehen. Und es ist, glaube ich, sehr gut, dass wir das so geregelt haben, dass diese Mittel nicht verloren gehen. Rücklagen sind bekanntlich dann aufzulösen, wenn man sie braucht, und ich bin mir sicher, dass das auch zum richtigen Zeitpunkt geschehen wird.

Wir haben heute ja schon sehr viele, gute Entscheidungen getroffen, Entscheidungen, die sehr gut für die wirtschaftliche Entwicklung Österreichs sind. Wir haben heute auch schon eindrucksvolle Zahlen gehört: Österreich hat ein Wirtschaftswachstum von 3,4 Prozent, eine Arbeitslosenrate von 4,2 Prozent – die viertniedrigste in der EU – und eine Exportrate von über 60 Prozent – zweifelsohne eine Erfolgsgeschichte.

Und wenn ich schon bei der Geschichte bin, dann freut es mich, dass wir hier auch in diesem Kapitel für die finanzielle Bedeckung einer Ausstellung sorgen: „90 Jahre Republik Österreich“. Wer die Ausstellungen zum 60-jährigen Jubiläum Zweite Republik und zu 50 Jahren Staatsvertrag und zehn Jahren EU-Mitgliedschaft erleben durfte, wird sicher sein, dass hier diese wichtige Instanz der Dokumentation der österreichischen Geschichte ihre Fortsetzung findet.

Gerade die Ausstellungen im Belvedere und auf der Schallaburg, die von über einer halben Million Besuchern begeistert aufgenommen wurden, sind auch für diese im nächsten Jahr stattfindende Ausstellung zu „90 Jahre Republik Österreich“ ein erfolg­reicher Beitrag zur Dokumentation zur Geschichte Österreichs.

Darüber hinaus ist es natürlich auch ein wichtiger Impuls für die Tourismuswirtschaft, denn solche Ausstellungen ziehen Gäste an – und das ist das, was wir neben den sportlichen Ereignissen brauchen. In diesem Sinne freue ich mich auch auf diese „90 Jahre Republik“-Ausstellung in Österreich. (Beifall bei der ÖVP.)

19.48


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Weinzinger. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. (Abg. Lutz Weinzinger – auf dem Weg zum Rednerpult –: 2 Minuten!) – Bitte, 2 Minuten Redezeit.

 



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 233

19.48.51

Abgeordneter Lutz Weinzinger (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! 2 Minuten deswegen, weil es erstens in den letzten zwei Tagen ohnehin sehr lange wurde und weil es kurz zu sagen ist.

Wir haben das Budget 2007 und 2008 nicht besonders genossen. Wir haben ihm daher auch nach langen Diskussionen im Klub und in den Fachgruppen nicht zustimmen können.

Jetzt gibt es weitere Änderungen des Budgets, wobei es bei einigen Sachen etwas sonderbar klingt, dass man sie jetzt macht. Kollege Rossmann hat schon sehr eindeutig darauf hingewiesen, was da in den Klimaschutzfragen geschehen ist: Es wird nichts getan. Dann stellen wir sie halt zurück. Irgendwann werden wir schon etwas machen. – So klingt das.

Was die ÖBB-Geschichte betrifft, die uns jetzt gerade bekannt geworden ist: Wir haben Österreichische Bundesbahnen, die zwar auf der einen Seite unglaubliche Dinge bauen, wo es gar nicht notwendig ist, die aber auf der anderen Seite gigantische Schul­den haben – und dann jonglieren sie noch mit unglaublich viel Geld und verlieren es auch! – Ich meine, das Verlieren kann passieren: Wenn jemand genug Geld hat und damit spielt und glaubt, er kann es irgendwo einsetzen, um noch mehr zu haben, dann ist das seine Privatsache. Aber das ist, bitte, unser Geld! Das ist das Geld der Republik! (Beifall bei der FPÖ.)

Und dann sollen wir jetzt noch irgendwelche Budgetpositionen ändern, um wiederum Geld – sicher, für eine andere Sache, für den Brenner-Basistunnel (Abg. Dr. Moser: Nein, der ist ja noch gar nicht dabei!) – zuzuschießen?! Was diesen Tunnel betrifft, so bin ich auch gespannt, ob ich es noch erleben werde, dass dort endlich einmal durchstoßen wird. Ich glaube, ich werde es nicht mehr erleben.

Nein, meine Damen und Herren, dem können wir nicht zustimmen! (Beifall bei der FPÖ.)

19.50


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Steier mit einer Redezeit von 2 Minuten. – Bitte.

 


19.51.04

Abgeordneter Gerhard Steier (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine geschätzten Damen und Herren! Die Novellen zum Bundesfinanzgesetz 2007 und 2008 beinhalten budgetäre Vorsorgen für eine Reihe von Maßnahmen, unter anderem für Privatbahnen, was die Finanzierung geplanter Schieneninfrastrukturmaßnahmen betrifft, aber auch für Mehrausgaben bei der Austro Control, was die Bedeckung zusätzlicher Aufgaben, unter anderem zur Einhaltung internationaler Standards bei Pilotenlizenzen anlangt.

Außerdem müssen wir Vorsorge für den gestern beschlossenen Asylgerichtshof treffen. Ich darf dazu einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Jakob Auer, Krainer, Kolleginnen und Kollegen zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundes­ge­setz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2008 geändert wird (268 der Beilagen), in der Fassung des Ausschussberichtes (396 der Beilagen) einbringen. Dazu möge der Nationalrat in der zweiten Lesung eben auf der einen Seite die finanztechnische Be­deckung des Asylgerichtshofes, was sich für 2008 mit 11 430 000 € und für 2009 mit 18 921 000 € niederschlägt, und auf der anderen Seite die personaltechnische Aus­stattung des Asylgerichtshofes, was zirka 170 Personen insgesamt, verteilt auf meh­rere Ministerien beziehungsweise auf den Verwaltungsgerichtshof betrifft, beschließen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 234

Tatsache ist, dass wir im Zuge der Änderungen saldoneutrale Budgetumschichtungen und die Bereitstellung zusätzlicher Budgetmittel jeweils im Wege von zusätzlich eingefügten Überschreitungsermächtigungen durchführen.

Dazu, Frau Präsidentin, ersuche ich Sie, den Abänderungsantrag in die Berat­schla­gung hineinzunehmen. Gleichzeitig ersuche ich die Kolleginnen und Kollegen, dem Antrag zuzustimmen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.53


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Der Abänderungsantrag ist ordnungs­gemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht mit zur Verhandlung. Er wurde gemäß § 53 Abs. 4 GOG an die Abgeordneten verteilt.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Jakob Auer, Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2008 geändert wird (268 der Beilagen) in der Fassung des Ausschussberichtes (396 der Beilagen).

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2008 geändert wird (268 der Beilagen) in der Fassung des Ausschussberichtes (396 der Beilagen) wird wie folgt geändert:

1. Der Einleitungssatz in Ziffer 3 lautet:

„3. Im Artikel VI Abs. 1 wird der Punkt nach der Z 52 durch einen Strichpunkt ersetzt und werden folgende Z 53 bis 59 neu angefügt:“

2. In der Ziffer 3 wird der Punkt am Ende der Z 55 durch einen Strichpunkt ersetzt und werden folgende Z 56 bis 59 angefügt:

56. bei den Voranschlagsansätzen des Ermessens der Unterteilungen 3 und 8 des Kapitels 04 für Zahlungen im Zusammenhang mit der Errichtung des Asylgerichtshofes bis zu einem Betrag von insgesamt 0,295 Millionen Euro, wenn die Bedeckung durch Ausgabeneinsparungen und/oder durch Mehreinnahmen sichergestellt werden kann;

57. beim Voranschlagsansatz 1/10003 bis zu einem Betrag von 0,032 Millionen Euro, bei 1/10008 bis zu einem Betrag von 0,204 Millionen Euro sowie bei 1/10078 bis zu einem Betrag von 0,127 Millionen Euro jeweils für Zahlungen im Zusammenhang mit der Errichtung des Asylgerichtshofes, wenn die Bedeckung hinsichtlich eines Betrages von 0,185 Millionen Euro durch Ausgabeneinsparungen im Kapitel 11 und hinsichtlich eines Betrages von 0,178 Millionen Euro durch Ausgabeneinsparungen und/oder durch Mehreinnahmen sichergestellt werden kann;

58. bei den Voranschlagsansätzen 1/10133 und 1/10138 bis zu einem Betrag von insge­samt 5,314 Millionen Euro für Zahlungen im Zusammenhang mit der Errichtung des Asylgerichtshofes, wenn die Bedeckung hinsichtlich eines Betrages von 0,584 Millionen Euro durch Ausgabeneinsparungen im Kapitel 11 und hinsichtlich eines Betrages von 4,730 Millionen Euro durch Ausgabeneinsparungen und/oder durch Mehreinnahmen sichergestellt werden kann;

59. beim Voranschlagsansatz 1/20108 bis zu einem Betrag von 0,349 Millionen Euro für Zahlungen im Zusammenhang mit der Errichtung des Asylgerichtshofes, wenn die


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 235

Bedeckung durch Ausgabeneinsparungen und/oder durch Mehreinnahmen sicher­gestellt werden kann.“

3. In der Ziffer 7 werden in lit. a nach der Wortfolge „90 Jahre Republik“ folgender neuer Paragraf sowie folgende Voranschlagsansätze neu eingefügt:

„1/1013                            Asylgerichtshof:

1/10130/42                    Personalausgaben

1/10133/42                    Anlagen

1/10137                           Aufwendungen

                                           (Gesetzl. Verpflichtungen)

               22

               42

1/10138/42                    Aufwendungen“

4. In der Ziffer 7 werden in lit. b nach der Wortfolge „90 Jahre Republik“ folgender neuer Paragraf sowie  folgende Voranschlagsansätze neu eingefügt:

„2/1013                            Asylgerichtshof:

2/10134/42                    Erfolgswirksame Einnahmen

2/10137/42                    Bestandswirksame Einnahmen“

5. Nach der Ziffer 9 werden folgende Ziffern 10 bis 12 neu eingefügt:

„10. Teil II.A des Stellenplanes 2008 (Anlage II des Bundesfinanzgesetzes 2008) erhält jeweils mit Wirksamkeit ab 1. April 2008 in seinen Planstellenbereichen 04 ,Verwal­tungsgerichtshof‘, 1000 ,Zentralleitung‘, 1154 ,Unabhängiger Bundesasylsenat‘, 1170 ,Sicherheitsexekutive‘ sowie 2000 ,Zentralleitung und Vertretungsbehörden (2010)‘ die aus der Anlage ersichtliche Fassung.

11.Teil II.A des Stellenplanes 2008 (Anlage II des Bundesfinanzgesetzes 2008) wird jeweils mit Wirksamkeit ab 1. Juli 2008 wie folgt geändert:

a) der Planstellenbereich 1013 ,Asylgerichtshof‘ wird neu eingefügt und erhält die aus der Anlage ersichtliche Fassung;

b) die Planstellenbereiche 1100 ,Zentralleitung‘, 1152 ,Bundesasylamt‘ sowie 1170 ,Sicherheitsexekutive‘ erhalten jeweils die aus der Anlage  ersichtliche Fassung.

12. Im Teil II.A des Stellenplanes 2008 (Anlage II des Bundesfinanzgesetzes 2008) entfällt mit Ablauf des 30. Juni 2008 der Planstellenbereich 1154 ,Unabhängiger Bundesasylsenat‘ .

Begründung:

Der derzeit in parlamentarischer Behandlung befindliche Entwurf eines Bundes­ge­setzes über den Asylgerichtshof (371 d. B.) sieht die Einrichtung eines Asylgerichts­hofes als verwaltungsgerichtliche Beschwerdeinstanz in Asylsachen mit 1.7.2008 vor. Der Asylgerichtshof soll die Aufgaben des unabhängigen Bundesasylsenates über­nehmen. Durch die Schaffung eines Asylgerichtshofes soll der bestehende Rückstau an Verfahren bis 2010 abgebaut werden. Um dieses Ziel zu erreichen, soll das Personal der mit Asylfragen befassten Behörden kurzfristig aufgestockt werden.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 236

Im Bereich des Verwaltungsgerichtshofes sind 10 zusätzliche Planstellen erforderlich. Davon stehen 5 Planstellen im nichtrichterlichen Bereich befristet von 1.4.2008 bis 31.12.2011 zur Verfügung. Durch natürliche Abgänge im Rahmen von Pensionie­run­gen ist mit einer weiteren Reduktion von 5 Planstellen auch im richterlichen Bereich ab 2012 zu rechnen.

Im Bereich des Bundesministeriums für europäische und internationale Angele­genheiten sind 7 zusätzliche Planstellen erforderlich. Diese stehen befristet von 1.4.2008 bis 31.12.2010 zur Verfügung.

Der Bereich der Zentralleitung des Bundeskanzleramtes wird zusätzlich um 4 Plan­stellen erhöht, der Bereich des Asylgerichtshofes zusätzlich um 24 Richterplanstellen und um 34 Planstellen im nichtrichterlichen Bereich. Die 4 Planstellen werden zur Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes des Asylgerichtshofes auch über 2010 hinaus benötigt werden. Hinsichtlich des richterlichen Personals sei auf die Feststellung des Verfassungsausschusses vom 28.11.2007 (370 d. B.) verwiesen, wonach der Verfas­sungsausschuss davon ausgeht, dass zur Optimierung des Personaleinsatzes nach Abbau der offenen Asylverfahren die Richter des Asylgerichtshofes im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbarkeit des Bundes erster Instanz auch in anderen Rechtsmaterien verwendet werden können. Die 34 Planstellen im nichtrichterlichen Bereich stehen befristet bis 31.12.2010 zur Verfügung.

Im Bereich des Bundesasylamtes sind 54 zusätzliche Planstellen erforderlich. Diese stehen befristet von 1.7.2008 bis 31.12.2010 zur Verfügung.

Im Bereich der Zentralleitung des Bundesministeriums für Inneres, Fremdenpolizei, Aufenthaltswesen, Asyl und Betreuung sind insgesamt 16 zusätzliche Planstellen erforderlich, im Bereich Fremdenpolizei 35 zusätzliche Planstellen. Diese 51 Plan­stellen stehen befristet von 1.7.2008 bis 31.12.2010 zur Verfügung.

Auf Grund von Gesprächen mit den betroffenen Ressorts ergeben sich dadurch für die Jahre 2008 und 2009 - über die bestehenden Ausgaben für den unabhängigen Bundesasylsenat hinaus - nachstehend angeführte zusätzliche Ausgaben. Die Zurver­fügungstellung von Budgetmitteln für die Mehraufwendungen bei den gesetz­lichen Verpflichtungen erfolgt gemäß § 41 Abs. 3 Z. 1 BHG. Die für den Abbau von Ver­fahrensrückständen zusätzlichen Budgetmittel sind ebenfalls bis 31.12.2010 (im Bereich des Verwaltungsgerichtshofes bis 31.12.2011) befristet.

                                                                                       2008                  2009

                                                                                       Beträge in Mio. Euro

Verwaltungsgerichtshof (Kapitel 04):

Personalaufwand                                                    0,481                 0,641
Sachaufwand                                                            0,295                          0

                                                                                       0,776                 0,641

Bundeskanzleramt (Kapitel 10):

Personalaufwand                                                    1,758                 3,395
Sachaufwand                                                            3,341                  5,321

                                                                                       5,099                 8,716


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 237

BM für europäische und inter-
nationale Angelegenheiten (Kapitel 20):

Personalaufwand                                                    0,214                 0,291
Sachaufwand                                                            0,349                  0,474

                                                                                       0,563                 0,765

BM für Inneres (Kapitel 11):

Personalaufwand                                                    2,450                 4,694
Sachaufwand                                                            2,542                  4,105

                                                                                       4,992                 8,799

Zusatzausgaben gesamt                               11,430             18,921

*****

 


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Bucher mit einer Redezeit von 3 Minuten. – Bitte.

 


19.53.23

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese sogenannten budgetären Vorsorgen, die Sie, die Regierungsparteien, heute beschließen, sind ja überplanmäßige Zuführungen, unter anderem auch für das Verteidigungsministerium.

Wenn man sich das Budget ansieht, das hier für die Jahre 2007 und 2008 beschlossen wurde, dann sieht man, dass da ein sehr großer, beachtlicher Posten für das Ver­teidigungsministerium vorgesehen ist. Ich frage jetzt nur in Richtung ÖVP, weil Sie ja hinsichtlich der Reduzierung der Zahl der Eurofighter immer beklagt haben, dass Sie den Vertrag nicht kennen, und der Herr Verteidigungsminister sich brüstet und dafür gelobt wurde, dass er dem Staat Österreich 370 Millionen € erspart hat, ob das nicht naturgemäß bei Ihnen die Frage auslösen müsste: Wenn der Verteidigungsminister 370 Millionen € einspart, warum müssen wir jetzt bei ihm das Budget zusätzlich erhöhen?

Das sollte eigentlich auch der ÖVP zu denken geben, warum jetzt diese überplan­mäßige Zuführung überhaupt zum Tragen kommt.

Wir wissen, was wir zu tun haben: Wir werden dieser Regierungsvorlage natürlich nicht unsere Zustimmung erteilen. (Beifall beim BZÖ.)

19.54


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Schittenhelm mit einer Redezeit von 3 Minuten. – Bitte.

 


19.54.58

Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ganz kurz zum Kollegen Rossmann: Ich meine, er sollte sich zu Niederösterreich nicht äußern, wenn er sich nicht auskennt. Denn: Niederösterreich hat kein Wohnbaufördergeld verspekuliert! (Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger und Hradecsni. – Abg. Mag. Rossmann: Aber schlecht angelegt! Schlecht angelegt!) Im Gegenteil, wir haben 51 Prozent an Barwert erhalten, wir haben den Kapitalstock wesentlich vergrößert, und wir konnten von 2003 bis 2007 750 Millionen € aus dieser Veranlagung in das Budget fließen lassen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 238

Und deshalb können wir uns in Niederösterreich Dinge leisten, wie das andere nicht können (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP) – das steht einmal fest –, wie zum Beispiel vormittags einen kostenfreien Kindergarten; wie zum Beispiel eine Pflegelinie, die in anderen Bundesländern und vom Bund her nicht möglich ist; wie zum Beispiel, jetzt neu mit 1. Jänner, eine Öko-Pendlerhilfe – hier wird die Einkommensgrenze um 20 Pro­zent angehoben, und wer mit der Bahn, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fährt, bekommt einen Bonus von 60 Prozent –; und vieles, vieles mehr, wenn man sich die Investitionen im Bundesland Niederösterreich anschaut. – Im Land Nieder­öster­reich kann man von einer guten Wirtschaftspolitik reden und von einer voraus­schauenden, effizienten Finanzpolitik! (Abg. Mag. Rossmann: Die Steuereinnahmen, die der Herr Pröll nicht verantworten muss, ja!)

Ganz kurz zum Budgetüberschreitungsgesetz: Hier können wir uns nur freuen, dass wir dieses überhaupt machen können. Es ist ganz klar, dass bei der Budgeterstellung nicht alle Zahlen so auf dem Tisch liegen, dass das dann auch genau passt – das wissen wir auch, das wissen wir auch aus den Gemeinden.

Ich darf vielleicht nur einen Bereich herausnehmen, zum Beispiel die kriminal­polizeilichen Beratungsdienststellen, Opferschutzeinrichtungen, die ein Mehr von 279 000 € brauchen, weil der Bedarf gestiegen ist. Während es im Jahr 2001 noch 5 000 Menschen waren, die diese Interventionsstellen besucht und um Beratung und Hilfe ersucht haben, waren es im Jahr 2006 10 500 Frauen, die sich beraten haben lassen. Wir haben natürlich auch bei den Wegweisungen durch die Polizei und den Rückkehrverboten, bei all diesen Tätigkeiten, der verantwortungsvollen Arbeit der Polizei entsprechende Kosten zu tragen.

Wir freuen uns darüber, dass wir dieses Überschreitungsgesetz in dieser Form nicht nur beschließen können, sondern dass es auch bedeckt ist. Und es trägt auch diese finanzielle Maßnahme die Handschrift unseres Vizekanzlers und Finanzministers Willi Molterer. (Beifall bei der ÖVP.)

19.57


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser mit einer Redezeit von 3 Minuten. – Bitte.

 


19.57.29

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Sie alle wissen, die Spitzenmeldung der „Zeit im Bild“ war das Spekulationsdesaster der ÖBB. Und jetzt sollen wir hier beschließen, dass den ÖBB mittels Ermächtigung – diese soll hier beschlossen werden – 191 Millionen zur Verfügung gestellt werden, damit sie einigermaßen bilanzieren können aufgrund dieser neune IFRS-Standards. Die Diskrepanz kann nicht größer sein!

Die Verantwortung, die das Management, vor allem das Führungsmanagement zu tragen hat, ist eine gravierende. Dies vor allem deshalb, weil die ÖBB ja schon einen immensen Schuldenberg anhäufen mussten, aufgrund der Beschlüsse hier in diesem Haus, aufgrund Ihrer Beschlüsse – ich blicke da in Richtung ÖVP und in Richtung BZÖ – hinsichtlich Generalsverkehrsplan, der insgesamt Projekte beinhaltete, die nie und nimmer aus eigener Kraft vonseiten der ÖBB finanzierbar waren und die Sie nie budgetär bedeckt haben (Beifall bei den Grünen), für die Sie nie budgetäre Vorsorge getroffen haben, wo Ihr Verkehrsminister, Herr Verkehrsminister Gorbach, blind unter­schrieben hat – ein Tunnelprojekt ohne jegliche Deckung! (Beifall bei den Grünen.)

Bitte, der Rechnungshofbericht attestiert hier gröbste fahrlässige Krida, sowohl Herrn Ex-Finanzminister Grasser als auch Herrn Minister Gorbach!


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 239

Deshalb können wir diese Ermächtigung nur dann mittragen, wenn gewisse Bedingun­gen erfüllt sind, die wir in einem Antrag formuliert haben, den ich hiermit einbringe:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend verkehrs- und klimapolitisch sinnvolle Verwendung der zusätzlich für die ÖBB-Infrastruktur vor­gesehenen Gelder der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie sowie der Bundesminister für Finanzen werden aufgefordert, durch entsprechende Kriterien und entsprechende Wahrnehmung ihrer Rechte bei der Vereinbarung der mehrjährigen ÖBB-Infrastrukturrahmenpläne dafür Sorge zu tragen, dass die beträchtlichen nun zusätzlich für die ÖBB-Infrastruktur vorgesehenen Gelder der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler für verkehrs- und klimapolitisch sinnvolle“ – ich unterstreiche: sinnvolle! – „Infrastrukturmaßnahmen investiert werden, insbe­son­dere:

Beseitigung der mittlerweile hunderten Langsamfahrstellen im ÖBB-Netz,

Umgehendes Nachholen der an vielen Strecken (zum Beispiel Mariazellerbahn, Traisental, ...) gesetzwidrig von den ÖBB bis zum Verfall unterlassenen Erhaltungs­maßnahmen,

Maßnahmen für Vertaktung, Taktknotenausbau und Komfortsteigerung, die rasch Wirkung zugunsten der PendlerInnen zeigen,

Aufstocken der für Barrierefreiheit investierten Mittel,

Erhaltung beziehungsweise Revitalisierung und Attraktivierung der Regional-/„Ne­ben“bahnen,

Maßnahmen zur Attraktivierung von Bahnhöfen und Haltestellen,

Sicherung von Eisenbahnkreuzungen.“

*****

Dafür ist Geld notwendig, meine Damen und Herren, und nicht dafür, dass wir Prestigeprojekte vorantreiben!

Herr Kollege Weinzinger, ein Wort nur: Der Brenner-Basistunnel ist noch gar nicht in ein Finanzierungskonzept gegossen! Wir reden ja noch gar nicht von dem Finanzbedarf, der hier in Tirol notwendig ist. Wir sind ja derzeit nur (die Rednerin hält kurz ein Schriftstück in die Höhe) bei solchen Projekten! Der Schuldenberg steigt, die Bau AG geht in Richtung Insolvenz, und wir haben jetzt 191 Millionen € zu beschließen – „danke!“ –, und an der Börse, irgendwo bei Swapgeschäften, sind die 60 schon weggeronnen. Bitte, das ist ein Drittel! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

20.00


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Haberzettl mit einer Redezeit von 2 Minuten. – Bitte.

 


20.00.56

Abgeordneter Wilhelm Haberzettl (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Es mutet natürlich eigenartig an, dass wir


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 240

einerseits notwendige, lebensnotwendige Zuschüsse in der Gesamthöhe – bis 2013 – von 1,9 Milliarden € beschließen sollen und andererseits in den letzten Stunden mit Hiobsbotschaften aus dem Spekulationsbereich in der ÖBB-Chefetage konfrontiert werden. Ich glaube, wir sollten aber trotzdem kühlen Kopf bewahren und das eine vom anderen trennen.

Das eine sieht so aus, dass es unbedingt notwendig ist, weiter die Infrastruktur rasch auszubauen, weil einfach die Verkehrsentwicklung diese Maßnahmen erfordert und auch die zusätzliche Finanzierung notwendig ist.

Das Zweite ist: Man sollte in der Chefetage schon eindeutige Konsequenzen ziehen (Abg. Gahr: Aufsichtsrat ist auch Chefetage!), und ich fordere hier den Eigentümer­vertreter zu raschen personellen Maßnahmen auf, weil hier einfach ein Missbrauch mit Steuergeldern geschieht (Abg. Gahr: ... Aufsichtsräte?), der in dieser Form nicht geduldet werden kann, und Sie letztendlich auch – trotz Ihrer Zwischenrufe – hier mit Verantwortung tragen.

Ich ersuche Sie daher, diesen Gesetzentwurf zu unterstützen, weil er doch mehr Positives als Negatives bringt. (Beifall bei der SPÖ.)

20.02


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zunächst gebe ich bekannt, dass der Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen ordnungsgemäß eingebracht ist, ausreichend unterstützt ist und daher auch mit zur Verhandlung steht.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend verkehrs- und klimapolitisch sinnvolle Verwendung der zusätzlich für die ÖBB-Infrastruktur vorge­sehenen Gelder der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (266 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Begründung weiterer Vorbelastungen durch den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie genehmigt und das Bundesfinanzgesetz 2007 geändert wird (398 d.B.)

Zusätzliche, beträchtliche Steuermittel in Höhe von mehreren hundert Mio Euro pro Jahr für die ÖBB-Infrastruktur vorzusehen, ist alleine noch kein Garant dafür, dass dieses Geld in sinnvolle, verkehrs- und klimapolitisch wirksame Projekte investiert wird.

Nach dem teilweise unzumutbaren Herunterwirtschaften und Kaputtsparen weiter Teile des ÖBB-Netzes in den letzten Jahren sowie jahrelanger Pflanzerei der PendlerInnen und StammkundInnen mit einer steigenden Zahl an Langsamfahrstellen ist die Zuord­nung zusätzlicher Mittel zur ÖBB-Infrastruktur jedoch eine gute Gelegenheit, um die hinter diesen Problemen stehenden infrastrukturseitigen Missstände und falschen Prioritäten zu überdenken. Das Geld der SteuerzahlerInnen muss für Maßnahmen im Interesse der PendlerInnen und der Fahrgäste insgesamt verwendet werden und darf nicht die Interessen von Immobilien-, Bau- oder Finanzierungslobbies in den Vorder­grund stellen, da dies nicht nur klima- und verkehrspolitisch, sondern auch verteilungs­politisch kontraproduktiv wäre.

Eine entsprechende Willensäußerung des Nationalrats wäre ein wichtiges Korrektiv für die ÖBB und ihre Eigentümervertreter beim derzeit beschrittenen Weg der ÖBB zu einem „Bauunternehmen mit angeschlossenen Bahnbetrieb“.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 241

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie sowie der Bundesminister für Finanzen werden aufgefordert, durch entsprechende Kriterien und entsprechende Wahrnehmung ihrer Rechte bei der Vereinbarung der mehrjährigen ÖBB-Infrastrukturrahmenpläne dafür Sorge zu tragen, dass die beträchtlichen nun zusätzlich für die ÖBB-Infrastruktur vorgesehenen Gelder der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler für verkehrs- und klimapolitisch sinnvolle Infrastrukturmaßnahmen investiert werden, insbesondere:

Beseitigung der mittlerweile hunderten Langsamfahrstellen im ÖBB-Netz,

Umgehendes Nachholen der an vielen Strecken (zB Mariazellerbahn, Traisental, ...) gesetzwidrig von den ÖBB bis zum Verfall unterlassenen Erhaltungsmaßnahmen,

Maßnahmen für Vertaktung, Taktknotenausbau und Komfortsteigerung, die rasch Wirkung zugunsten der PendlerInnen zeigen,

Aufstocken der für Barrierefreiheit investierten Mittel,

Erhaltung bzw. Revitalisierung und Attraktivierung von Regional-/“Neben“bahnen,

Maßnahmen zur Attraktivierung von Bahnhöfen und Haltestellen,

Sicherung von Eisenbahnkreuzungen.

*****

 


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als nächsten Redner bitte ich nun Herrn Abgeordneten Dipl.-Ing. Klement ans Rednerpult. 3 Minuten. – Bitte.

20.02.39

Abgeordneter Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, MAS (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Werte Kollegen! Wir reden eigentlich nur über ein Budgetüberschrei­tungsgesetz, möchte man glauben. – Frau Kollegin Moser, es sind nicht 191 Millionen, es sind 1,9 Milliarden €! Das nur als Klarstellung.

Aufgrund dieser International Financial Reporting Standards müsste eigentlich jedes Land da mitziehen, und es gibt keine anderen Möglichkeiten. Es ist einfach eine EU-Vorschrift, und da müssen wir mitziehen. Das ist das Problem bei der Geschichte, und deswegen gibt es natürlich diese eine Seite, die nicht wegzuleugnen ist.

Aber die andere Seite ist sehr interessant, Herr Kollege Haberzettl, und die gibt Anlass zu großer Verwunderung: Sie stellen sich hier her, tun so, als ob nichts passiert wäre, und sagen, es ist alles in Ordnung. Sie haben also offenbar nichts gelernt aus den katastrophalen Ereignissen bei der BAWAG mit all den Spekulationen, die man dort betrieben hat. Und dann sagen Sie, Herr Kollege Haberzettl, hier heute, in der ÖBB-Chefetage mache sich Zockermentalität breit! Sie als SPÖ-Vertreter getrauen sich, überhaupt irgendetwas in diese Richtung zu sagen?! (Zwischenruf des Abg. Haber­zettl.)

Der größte Skandal in der Zweiten Republik – das war die BAWAG – ist Ihre Verantwortung in der SPÖ, Herr Kollege, und Sie wollen da etwas von Zocker­mentalität reden?! – Das ist ja unglaublich! (Beifall bei der FPÖ. – Neuerlicher Zwi­schenruf des Abg. Haberzettl.)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 242

Sie müssten einen roten Kopf bekommen, wenn Sie hier herauskommen! Sie müssten sich entschuldigen für Ihre Aussage! Und wenn Sie ein vernünftiges Konzept haben wollen, dann bringen Sie es! Aber es gibt bis dato kein Konzept, weder im Infra­strukturbereich noch im Klimabereich. Das ist Faktum. Das ist bei Ihnen so, und das ist bei den schwarzen Kollegen genauso. (Abg. Haberzettl: Jetzt reicht’s aber! – Abg. Strache: Künstliche Aufregung bei der SPÖ!)

Und wenn wir, lieber Herr Kollege Haberzettl, die großen Konzepte anschauen, die Sie bringen, dann ist blanke Leere gegeben. Es gibt kein einziges Infrastrukturkonzept quer durch Österreich, keine einzige Idee, wie es weitergehen soll, weder bei der Bahn noch bei der Energie. Das Beispiel Ökostromgesetz zeigt es ja, werte Kollegen von der schwarzen Reichshälfte! Herr Kollege Bartenstein hat alles andere als Konzepte. (Abg. Amon: Der hat exzellente Konzepte, immer wieder!) Ein Konzept ist da weit und breit nicht zu sehen. (Ruf bei der ÖVP: Haben Sie sie nicht gelesen?)

Das Nächste ist: Wasserversorgung und so weiter. – Das heißt, diese Regierung hat weit und breit kein Konzept, was die Infrastruktur anbelangt. Das ist Faktum, leider Gottes!

Und dann kommen diese großen Skandale dazu! Ich möchte gern wissen, wie Sie das den Bahnkunden verkaufen werden: dass der Bahnkunde mit schlechter Qualität leben muss – schlechte Züge, schlechte Waggons, schlechte Anbindungen, schlechte Zug­strukturen und so weiter. Und dann wollen Sie mir erklären, dass 50 bis 60 Millionen heuer und 20 Millionen im vorigen Jahr normal sind?! In Summe wird schon von 80 Millionen gesprochen, 80 Millionen Spekulationsverlust aufgrund dieser unglaub­lichen Geschichten! – Und daran, lieber Herr Kollege Haberzettl, sind auch Sie schuld! Und Sie haben kein Recht, hier irgendetwas dagegen zu sagen.

Der zweite Punkt, der schon von Kollegin Moser angesprochen wurde, ist auch ein ganz wesentlicher: Er betrifft den Brenner-Basistunnel. – Da wurde in den österreichi­schen Medien groß gejubelt, dass die EU bereit wäre, 786 Millionen € zum Bau dieses Brenner-Basistunnels zuzuschießen. Faktum ist, dass die offiziell geschätzten Kosten derzeit bei 6 Milliarden € liegen, wogegen sie in Wirklichkeit irgendwo bei 9 Milliarden liegen. Das heißt, es würde der Zuschuss seitens der EU ungefähr 8 Prozent betragen. Ein 8-prozentiger Zuschuss seitens der EU! – Profitieren werden von diesem Basis­tunnel nur Deutschland und die Benelux-Staaten, aber nicht die Österreicher! Und Sie wollen uns mit Ihrer Argumentation klarmachen, das sei ein großer Vorteil für Öster­reich, weil sich bei der Fahrt quer durch Tirol, nach Südtirol, die Österreicher 50 Minu­ten an Fahrzeit ersparen?! – Für 50 Minuten Zeitersparnis brauchen wir nicht 8 Milliarden, 9 Milliarden € auszugeben. Ein kompletter Unsinn!

Das Nächste ist, dass auch im Klima- und Energiefonds wieder typisch nach dem Muster der großen Koalition gearbeitet wird. Es zeigt sich ja auch, dass Sie im Bereich des Klimafonds kein langfristiges Konzept haben. Sie waren nicht in der Lage, die Mittel, die für heuer vorgesehen waren, vernünftig einzusetzen, und müssen aufgrund Ihrer Konzeptlosigkeit 5 Millionen € ins nächste Jahr transferieren.

Summa summarum: Kein Konzept in der Infrastruktur und kein Konzept im Klimafonds, das ist eine Bankrotterklärung dieser Regierung! (Beifall bei der FPÖ.)

20.06

Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Obernosterer. Gewünschte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


20.06.51

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Ich glaube, zu den Tagesordnungspunkten 12, 13 und 14 wurde schon alles gesagt.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 243

Ich möchte einfach noch kurz zusammenfassen. Hinsichtlich dieser 5 Millionen €, die wir ins nächste Jahr mitnehmen, und weshalb wir dieses Bundesfinanzierungsgesetz geändert haben: Das war deshalb notwendig – ich glaube, ich brauche es euch nicht zu erklären. Wir haben das am 1. Juli beschlossen, im Herbst wurde dieser Fonds ein­gerichtet, und damit hat sich dieses Geld einfach angesammelt, das nächstes Jahr sicherlich gut eingesetzt werden wird.

Das Bundesfinanzgesetz musste auch deshalb geändert werden, und zwar um die hohe Summe von 1,91 Milliarden € für die ÖBB-Infrastruktur, weil diese Mittel einfach einen Rahmen erreicht haben, wo es eine eigene gesetzliche Grundlage dafür braucht. Und ich glaube, das ist verständlich bei dieser Folge. Es war in der Vergangenheit nur einmal der Fall. Und wenn heute hier aufgrund dieser Finanzierung Kritik aufkommt und neue Konzepte hier auf den Tisch gelegt werden, so muss man eines schon ganz klar sagen: Ich glaube, den politisch Verantwortlichen muss man es wirklich auch zutrauen, mit unser aller Hilfe dieses Geld ordentlich anzulegen. Und seien wir froh, dass in die ÖBB so viel Geld investiert wird, weil das einer jahrelangen Forderung entspricht, nicht nur von uns, sondern auch von der Opposition! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

20.08


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vorneh­me.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2008 geändert wird, in 396 der Beilagen.

Hierzu haben die Abgeordneten Jakob Auer, Krainer, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Mag. Ross­mann, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde zunächst über die vom erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungs­antrag sowie vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile der Reihe nach und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetz­entwurfes abstimmen lassen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Ziffer 2 in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Die Abgeordneten Jakob Auer, Krainer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abän­de­rungsantrag eingebracht, der sich auf die Ziffer 3 bezieht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich für die Ziffer 3 in der Fassung des Aus­schussberichtes unter Berücksichtigung des eben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Jakob Auer, Krainer, Kolleginnen und Kollegen aussprechen, um ein Zeichen der Bejahung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen nun zur getrennten Abstimmung über Ziffer 4 in der Fassung des Aus­schuss­berichtes.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 244

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Die Abgeordneten Jakob Auer, Krainer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Ziffer 7 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für die Ziffer 7 in der Fassung des Ausschuss­berichtes unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Jakob Auer, Krainer, Kolleginnen und Kollegen eintreten, um ein Zeichen der Bejahung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Die Abgeordneten Jakob Auer, Krainer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz­antrag eingebracht, der sich auf die Anfügung neuer Ziffern 10 bis 12 bezieht.

Wer diesem Zusatzantrag seine Zustimmung erteilen möchte, den bitte ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 245

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist wiederum mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung dem vorliegenden Gesetz­entwurf ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein Zeichen der Bejahung. – Das ist wiederum mehrheitlich angenommen. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend Budgetüber­schreitungsgesetz 2007 samt Titel und Eingang in 397 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte auch hier jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben möchten, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem die Begründung weiterer Vorbelastungen durch den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie genehmigt und das Bundesfinanzgesetz 2007 geändert wird, in 398 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Mag. Ross­mann, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde zunächst über den vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetz­entwurfes abstimmen lassen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Artikel 2 Ziffer 2 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes aussprechen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dazu ihre Zustimmung geben wollen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen. Damit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ord­neten Dr. Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend verkehrs- und klimapolitisch sinnvolle Verwendung der zusätzlich für die ÖBB-Infrastruktur vorgesehenen Gelder der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für diesen Entschließungsantrag aus­sprechen wollen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

20.13.3715. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (260 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Umweltförderungsgesetz geändert wird (402 d.B.)

 


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Wir gelangen zum 15. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als erste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Lichtenecker. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.13.44

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die vorliegende Novelle hat de facto zwei Inhalte. Das eine ist, ein Förderprogramm zur Renaturierung von Fließ­gewässern einzuführen, mit einer Dotierung von 140 Millionen €, was summa summarum pro Jahr bis zum Jahre 2015 17 Millionen € ausmacht. Und das Zweite ist kurzfristig via Abänderungsantrag reingekommen und betrifft eines unserer Lieblings­kinder, das hier diskutiert wird, nämlich den Ankauf von CO2-Zertifikaten im Ausland, und das in einem sehr beträchtlichen Maße. Es geht nämlich um eine Erhöhung, weil man jetzt schon gemerkt hat, man kommt mit dem Geld nicht aus, man wird die Ziele nicht erreichen.

Aber einmal zu dem Ersten: Die Fördersäule, die jetzt bei der Umweltförderung für die Fließgewässer neu dazukommen soll, ist sicherlich ein Schritt, den wir begrüßen und in dieser Form auch unterstützen können. Letztendlich geht es darum, die Gewässer­struktur zu verbessern, die Abflussverhältnisse zu forcieren, die Durchgängigkeit der Fließgewässer in einer gewissen Weise auch dem natürlichen Bereich anzunähern.

Dennoch ist hier anzumerken, dass ein Bereich ganz deutlich fehlt, und das ist, dass man auch die Retentionsräume mitfinanzieren kann. Das vermissen wir, das stellen auch Länder in ihren Begutachtungen fest. Und das andere ist natürlich die Frage: Wem kommt das Geld zugute? (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Der Umwelt!) Erste Schätzungen sagen, es wird 50:50 sein: einerseits den Gemeinden, andererseits der


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E-Wirtschaft. Jetzt kann man natürlich sagen, auch die E-Wirtschaft hat ein Recht darauf, aber die Frage ist doch, Herr Minister: Wie effizient setzt man die Mittel ein? Wird es dort wirklich benötigt, oder sollte man nicht den Schwerpunkt bei diesen Mitteln woanders setzen, um die Wasserrahmenrichtlinie entsprechend zu erfüllen?

Wie ich schon gesagt habe: Es kostet im Jahr 17 Millionen – diese 17 Millionen, die bei der letzten Novelle des Ökostromgesetzes dafür zur Verfügung gestellt worden sind, um neue Anlagen zu genehmigen. Jetzt kann man sagen, eine kleine Summe, eine große Summe – je nach Blickwinkel. Meiner Meinung nach ist es, wenn man jetzt das Ökostromgesetz betrachtet, natürlich eine kleine Summe, die bei Weitem nicht ausreichend ist.

Herr Minister Pröll, Ihr Kollege Plank aus Niederösterreich lässt Ihnen das auch heute via APA-OTS ausrichten. Er sagt ganz klar, dass diese geplante Novelle des Ökostromgesetzes der Bundesregierung untauglich ist, um die Ziele im Energiebereich erreichen zu können. Plank betont das und fordert ein ordentliches Ökostromgesetz.

Aber noch zum Abänderungsantrag. Da wird mir nichts, dir nichts der Förderbetrag um 80 Millionen erhöht, in einem Bereich, der ins Ausland fließt, der uns nichts bringt. Herr Minister! Da gibt es heute in dem Zusammenhang eine doch bizarre APA-Meldung seitens des Klimafonds. Dieser sagt hier ganz klar: Die halbe Tonne an CO2, die mit den neu beschlossenen Projekten eingespart wird, aufgerechnet auf die Kyoto-Periode, wird demnach 50 bis 62 Millionen € einsparen. – 50 bis 62 Millionen! Herr Minister, Sie haben da schon Erklärungsbedarf. De facto rechnet der Klimafonds mit einer Summe an Kosten pro Tonne CO2 von 20 bis 25 €. Sie rechnen mit 8 €!

Abschließend: Wir haben damit zu rechnen, dass alle sechs Monate vom Herrn Minister ein Antrag kommt, wir müssen wieder die Summe erhöhen, denn wir können bei Gott das Kyoto-Ziel nicht erreichen mit den Tonnen, die wir angefordert haben. Herr Minister! Das wird so eintreffen, und wir werden in dieser Form nicht zustimmen. (Beifall bei den Grünen.)

20.18


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Kopf. 3 Minuten. – Bitte.

 


20.18.29

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Lichtenecker, Sie haben jetzt da ein paar inter­essante Rechnungen aufgestellt. Zum Ersten: Die 17 Millionen €, die hier bis 2015 jährlich verteilt werden, also in Summe 140 Millionen, die im Rahmen dieser wasser­wirtschaftlichen Maßnahme in der Umweltförderung im In- und Ausland zur Verfügung gestellt werden, gleichzusetzen mit den jährlich um 17 Millionen zu erhöhenden Förderungen beim Ökostrom, das ist eine interessante Arithmetik, die Sie da beieinan­der haben. Wie das zusammenpassen soll, dass diese zwei Dinge kongruent sein sollen!? Das müssen Sie mir einmal vorrechnen – aber das bei anderer Gelegenheit.

Das Gleiche gilt für die Nebelbomben, die Sie hier beim Klimaschutz versuchen zu werfen. Die Klimastrategie der Bundesregierung hat immer vorgesehen, dass wir neben all den anderen Maßnahmen im Inland bis zum Jahr 2012 45 Millionen Tonnen, also 9 Millionen Tonnen jährlich, durch das sogenannte JI/CDM-Programm beisteuern. Daran hat sich nichts geändert!

Faktum sind allerdings Preisveränderungen, aber es hat sich an der Zielsetzung nichts geändert. Sie haben das vorhin ganz bewusst vermischt, in einer ganz bewussten Unschärfe vermischt mit allfälligen Strafzahlungen. Sie haben da bewusst die Grenzen


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ein bisschen verwischt. Das hat damit überhaupt nichts zu tun! Es hat sich an den 9 Millionen pro Jahr überhaupt nichts geändert.

Das Budget, das wir damals beschlossen haben, ging halt von einem anderen Preis aus. Damals waren es 7 oder 8 €, jetzt sind wir ungefähr bei 10 €. Also malen Sie keine Horrorzahlen von 20 € oder anderen Einheitspreisen an die Wand! Wir liegen derzeit in der Kommission – und das wissen Sie – bei etwa 10 € pro Tonne, und es gelingt der Kommunalkredit AG absolut attraktiv und gut zu verhandeln. (Abg. Sburny: Dann kennt sich der Klimafonds nicht aus! Den hat die Regierung eingesetzt und nicht wir! Er distanziert sich vom Klimafonds, das ist interessant!)

Wenn Sie von einem überraschenden Antrag reden: Sie wissen genau, dass wir in der letzten Sitzung der Kommission, in der alle Parteien vertreten sind, bereits darüber gesprochen haben, dass wir an den Finanzminister mit der Bitte um eine Aufstockung der Mittel herantreten werden. Das ist Ihnen bekannt. Wenn jetzt diese damalige Ankündigung, von der Sie selbstverständlich gewusst haben, gesetzlich nachvollzogen wird, kann von Überraschung mit Sicherheit keine Rede sein. (Beifall bei der ÖVP.)

20.21


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Klement, und zwar für 7 Minuten. – Bitte.

 


20.21.47

Abgeordneter Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, MAS (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Wir sprechen über ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltförderungsgesetz geändert wird. Da geht es hauptsächlich um das Thema Wasser, und da gibt es natürlich eine Vielzahl an Punkten, die zu beleuchten sind. Wasserknappheit ist ja Gott sei Dank kein Thema bei uns in Österreich, außer in einigen Regionen des March­feldes. Österreich ist ein wasserreiches Land, und wir haben den Segen, selbst­versorgend sein zu können.

Die Wasserqualität war lange Jahre ein Problem. Wir haben deswegen einen Wasser­gütekataster, und wir haben in den siebziger Jahren die Wassergüte der Seen wirklich gut in den Griff bekommen – und damit auch den Tourismus gefördert –, ebenso die Verbauung um die Seen, und es ist uns gelungen, die kommunalen Abwässer abzuleiten. Das war ein großer Schritt, das war ein großer Vorteil. Zurückgeblieben sind aber viele Probleme im Bereich der Flüsse. Wir wissen, dass auch Pflanzen und Tierarten aufgrund der vielfältigen Verbauungen zurückgedrängt worden sind und die Selbstreinigungsfähigkeit des Wassers nicht in Ordnung ist.

Das ist vor allem dadurch zutage gekommen, dass wir die Messungen bei stark land­wirtschaftlich genutzten Flächen durchführen konnten. Angesichts der dabei nachge­wiesenen Nitrat- und Athrazinverseuchungen war es klar, dass wir eine Riesen­gefährdung im Grundwasser haben. Und das ist der Kern dieser Geschichte: Österreich hat seine Grundwasserversorgung hauptsächlich aus dem Bereich des Grundwassers, nämlich zu 99 Prozent. Deswegen ist dieses Umweltförderungsgesetz in dieser Hinsicht sehr gut und wird uns sicher weiterbringen.

Etwas, was ganz sicher wichtig zu beachten sein wird – Herr Minister, ich glaube, da sind wir einer Meinung –, ist, dass die Gewässerstruktur an sich ein großes Problem darstellt aufgrund der morphologischen und hydrologischen Veränderungen, die vor­handen sind. Wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass diese Begradigungen der Flüsse kein großer Vorteil waren, dass die Morphologie und die Mäandrierung der Flüsse nicht dazu geführt haben, dass wir Selbstreinigungseffekte haben, dass wir Vogelarten, Fischarten und so weiter wieder ansiedeln konnten. Aufgrund der


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Untersuchungen wissen wir auch, dass nur 6 Prozent aller Flussläufe in Österreich eine natürliche Struktur haben.

Viele Fehler sind auch im Bereich des Wohnbaus passiert. Wir wissen, dass auch in gelben und roten Zonen verbaut worden ist, das ist leider Gottes Faktum. Wir wissen, dass aufgrund dieses Problemkonglomerats viele Dinge passiert sind, die nicht gut waren – vielleicht auch ein Denkanstoß, was die Hochwasserkatastrophen anbelangt. Da müssen wir sicher vieles ins Lot bringen.

Eine wichtige Thematik in diesem Bereich ist natürlich auch die Zugriffsbegehrlichkeit auf unser österreichisches Wasser; das ist ein wichtiger Punkt, den wir hier auch beleuchten müssen. Wir sind seit dem EU-Beitritt mit dem Gewässerschutz an EU-Recht gebunden. Faktum ist aber auch, dass es seitens der EU große Begehrlichkeiten gibt, das Wasser in die Hände zu bekommen. Hier möchte ich auf ein Zitat von der Frau Plassnik eingehen, die gesagt hat, es gebe Klarheit beim Wasser. Ich zitiere ihre Aussage:

Beim Wasser bleibt es bei der Einstimmigkeit. Der Reformvertrag der EU, der am 13. Dezember in Lissabon unterzeichnet wird, stellt eindeutig klar, dass in der Zukunft die Nationalstaaten, inklusive Regionen und Gemeinden, für Dienstleistungen im öffentlichen Interesse zuständig sind. Darunter fallen die Wasserversorgung und das Management der Wasserressourcen jedes Landes. – Zitatende.

Ich kann mich gut daran erinnern, dass uns Herr Mock einmal erzählt hat, nach dem EU-Beitritt werde der Schilling bleiben, er verbürge sich dafür, es sei alles in Ord­nung. – Ich möchte das als Vergleich heranziehen und aufzeigen, dass es nicht immer so war, dass ÖVP-Versprechen eingehalten wurden.

Ein ganz wichtiger Punkt dabei ist der, dass Herr Professor Schachtschneider in einem Gutachten ganz klar zum Ausdruck bringt, dass das vereinfachte Änderungsverfahren jederzeit Möglichkeiten bieten würde, auch auf Wasserressourcen zuzugreifen, was ein Riesenproblem ist.

Herr Minister, ich sage Ihnen, das ist bereits geschehen. Wenn Sie sagen, das Wasser sei in sicherer Hand, dann gebe ich Ihnen zu bedenken, dass dieser große Konzern Veolia, den Sie vielleicht kennen, bereits Zugriff auf das Wasser in Österreich hat und dass bereits in Kärnten auf einige Bereiche unseres Wassers zugegriffen wurde. Die Stadtwerke in Klagenfurt haben einen großen Anteil von, glaube ich, knapp über 50 Prozent an diese Veolia verkauft, sodass die Wasserversorgung in Kärnten in wichtigen Bereichen bereits in den Händen der Großkonzerne ist und der Zugriff der Verwaltung und der Gemeinden nicht mehr gegeben ist. Das ist ein ganz wichtiger Punkt. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Aber nicht das Wasser, sondern die Dienst­leistung!)

Wenn Sie weiter gehen in dieser Überlegung, Herr Minister, und schauen, was bei den internationalen Dienstleistungsabkommen, im GATS, verhandelt wird und welche Konzerne hier bereits das Sagen haben, dann werden Sie nicht leugnen können, dass hier wiederum die Großkonzerne Veolia, RWE und Suez auf unser Wasser zugreifen wollen.

Herr Minister, es wäre von großer Bedeutung, wenn sich die Regierung wirklich einmal zu einem offenen Bekenntnis zur Wasserversorgung, zur Wasserhoheit in Österreich durchringen könnte und wenn die Regierung bereit wäre, ein wirklich verbindliches Konzept dafür vorzulegen. Ich glaube, Sie werden sich schwertun, weil diese großen Konzerne wirklich eine übergreifende Macht quer durch Europa haben, und Sie werden sich mit dem einhelligen Bekenntnis seitens der Regierung an die EU wenden müssen, um diese große Problematik der Wasserversorgung in den Griff zu bekommen.


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Wir reden immer davon, wir wollen kein Europa der Konzerne – beweisen Sie es, und machen Sie fest, dass die Wasserversorgung in unseren Händen bleiben darf! (Beifall bei der FPÖ.)

20.27


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Bayr. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.27.42

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Ankauf von JI/CDM-Zertifikaten kann aus meiner Sicht immer nur ein additives Instrument sein, um unseren Kyoto-Zielen und -Zahlen ein Stück näherzukommen. Erste Priorität muss in jedem Fall und immer die Tätigkeit im Inland haben aus dreierlei Gründen: Erstens, weil wir natürlich, wenn wir im Inland Maß­nahmen setzen, um klimaschädliche Gase zu senken, hier die Arbeitsplätze schaffen, und wir zweitens hier die Wertschöpfung haben, die wir dringend brauchen. Bei den Zertifikaten, die wir zukaufen, ist die inländische Wertschöpfung meistens sehr, sehr klein oder überhaupt nicht vorhanden. Und zum Dritten hilft natürlich das Senken von CO2 und -Äquivalenten im Inland, unsere Treibhausgas-Basis hier zu senken. Zugekaufte Zertifikate sind am Ende der Periode 2012 verpufft. Wenn wir die CO2-Basis in Österreich senken, haben wir langfristig und nachhaltig etwas davon. Es ist auf jeden Fall der sinnvollere Weg.

Ein zweiter Gedanke zu den Zertifikaten: Es ist letzte Woche eine Studie erschienen, die vor allem das CDM-Instrument unter die Lupe nimmt. Da wird sehr klar, dass in ungefähr 20 Prozent der Fälle – sagt diese Studie – nicht wirklich substituiert wird, sondern Projekte gefördert werden, die möglicherweise ohnehin gebaut worden wären, oder möglicherweise auch die Entwicklungseffekte, die Ownership-Effekte, die Effekte, die dazu führen, auch wirklich Know-how-Transfer in Entwicklungsländer zu bringen, nicht so sind, wie man sich das eigentlich gedacht hätte. Ich glaube auch, dass wir künftig auf die Qualität von CDM-, aber auch von JI-Projekten noch mehr schauen werden müssen, als wir das jetzt ohnehin schon tun. Ich bin auch der Meinung, dass da die Kommunalkredit eine von der Qualität her sehr gute Arbeit leistet.

Wie dem auch sei, mit dieser Änderung zum Umweltförderungsgesetz schaffen wir eine marktpreisrealistische Basis, die Zertifikate zukaufen zu können. Wie gesagt, es sind zusätzliche Maßnahmen, es war immer klar und immer geplant, dass wir die auch brauchen, um unsere Ziele zu erreichen. In dem Sinne werden wir dieses Gesetz auch unterstützen. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.29


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


20.30.11

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! In einem Punkt, Frau Kollegin Bayr, gebe ich Ihnen vollkommen recht: Es wäre klüger, etwas in Österreich zu machen. Das wäre positiv. Genauso sehen wir das auch, und das ist der Grund dafür, warum wir auch sehen, dass der Bauernbund endlich „gecheckt“ hat, dass Ihre Politik, die Sie bisher im Ökostrom-Bereich betrieben haben, völlig verfehlt war. (Beifall bei den Grünen.)

Nichts anderes ist es, wenn Landesrat Plank zu Recht behauptet, da gehört wirklich grundsätzlich eine neue Strategie her. Es stimmt auch, wenn das Ökosoziale Forum und sein Präsident Franz Fischler sagen, das, was bisher vorgelegt wurde, sei eine Katastrophe. Aber wer hat denn die letzte Novelle beschlossen? Wer hat sie denn


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positiv beurteilt und in den Himmel gehoben? – Der Kollege Grillitsch, der heute nicht da ist. Nur als Beispiel, aber gut, sei’s drum. Arbeiten wir daran, in Österreich etwas weiterzubringen! Wir warten auf diesen guten Vorschlag. – Ich bekräftige das auch in Richtung der Kollegin Bayr noch einmal. Wir erwarten uns da auch von der SPÖ den entsprechenden Ruck, und ich bin völlig Ihrer Meinung, wenn Sie sagen, weg mit der Deckelung beim Ökostrom.

Dänemark hat es nämlich gezeigt: Von 1990 bis heute ist dort eine Verzehnfachung des Stromanteils aus erneuerbaren Energien zu verzeichnen. Dänemark hat auf einem niedrigen Level begonnen, hat heute natürlich bei 29 Prozent immer noch weniger als Österreich, aber in Österreich produzieren wir heute weniger Strom aus erneuerbaren Energien als 1990. Das ist eigentlich die Herausforderung, wo man auch sieht, dass man im eigenen Land nicht das tut, was getan werden sollte und könnte. (Beifall bei den Grünen. Abg. Kopf: „Weniger“ stimmt sicher nicht! Abg. Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer: Das kann ja gar nicht sein! Der Vergleich hinkt!)

Herr Kollege Kopf, wenn Sie sagen, wir haben immer schon Zukäufe vorgehabt und geplant, dann müssen Sie immer dazusagen: Das sind – wenn überhaupt – nur supple­mentäre Maßnahmen. Sie können die wirklichen Maßnahmen nicht ersetzen, und 400 Millionen € kostet das jetzt schon. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Was kostet ...?)

Wenn wir die Ziele nicht erreichen, dann werden wir zusätzliche Zertifikate kaufen, und das haben wir ja in diesen Tagen auch schon ausreichend diskutiert.

Aber ich möchte jetzt auf das Umweltförderungsgesetz eingehen, zum zweiten Mal an diesem Tag, weil wir letztlich im Rahmen des Finanzausgleiches auch schon darüber diskutiert haben, dass da eine Änderung vorliegt, nämlich einerseits der Finanzrahmen für die Siedlungswasserwirtschaft neu dimensioniert wurde und zusätzlich die Sanie­rung von Abwasserentsorgungsanlagen und auch die Errichtung von Wasserleitungen gefördert werden soll. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Das ist gut!) – Das ist in der Sache richtig und gut, Herr Bundesminister, aber die Detailfragen sind nicht geklärt, zum Beispiel die Analyse des Sanierungspotentials.

Ich möchte auf diesen Punkt jetzt gar nicht eingehen, sondern auf die Verbesserung des ökologischen Zustandes der Gewässer, die jetzt auch in dieser Novelle ansteht. Meine Kollegin Lichtenecker hat dazu grundsätzlich schon einiges gesagt.

Herr Bundesminister, ich hätte nun gerne einige Fragen an Sie gerichtet. Einerseits ist Ihr Ministerium dafür zuständig, und für die Abwicklung die Kommunal Public Consul­ting. Meine Frage ist: Werden auch die Länder entsprechend in die Förderabwicklung eingebunden?

Im Gesetzentwurf ist es bisher nicht drinnen. Ich sitze selbst in der Siedlungswasser­wirtschaftskommission. Ich gehe davon aus, dass wir das bei der Gestaltung der Förderrichtlinien entsprechend berücksichtigen werden. Meine konkrete Frage geht auch in Richtung Renaturierungsmaßnahmen, denn das ist letztlich die Herausfor­derung.

Herr Bundesminister, wenn man das Gesetz liest, dann kann man sagen, die Maß­nahme zur Verbesserung des ökologischen Zustandes der Gewässer ist die Reduktion der hydromorphologischen Belastungen. Das ist ein sehr weit dehnbarer Begriff. (Bun­desminister Dipl.-Ing. Pröll: Aber ein guter!) – Ja, gut, dann erläutern Sie es bitte! – Wenn unter Punkt 1 steht, Maßnahmen zur Verbesserung der Durchgängigkeit, dann erwarte ich mir auch, dass Retentionsflächen eine solche Maßnahme sind, und ich bitte Sie, dazu Stellung zu nehmen.


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Wir werden trotz einiger Kritikpunkte in zweiter Lesung diesen Aspekten des Umwelt­förderungsgesetzes unsere Zustimmung geben. (Beifall bei den Grünen. Demons­trative Bravorufe bei der ÖVP.)

20.34


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schalle. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


20.34.47

Abgeordneter Veit Schalle (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Ich will mich kurz halten. Zum Bundesgesetz, mit dem das Umweltför­derungs­gesetz geändert wird, sei zuerst gesagt, dass es da um Verbesserungen der Durch­gängigkeit der Fließgewässer sowie um die längst notwendige Verbesserung der Abflussverhältnisse geht. Dazu werden künftig Fördermittel in der Höhe von rund 140 Millionen € zur Verfügung gestellt, was ich grundsätzlich begrüße. Die Laufzeit wird bis 2015 gehen, was eine meiner Vorrednerinnen schon erwähnt hat.

Problematisch ist aus meiner Sicht hierbei jedoch, dass mittels eines in letzter Sekunde im Umweltausschuss eingebrachten Abänderungsantrages die Mittel für den Ankauf von Emissionszertifikaten um insgesamt 80 Millionen € zusätzlich erhöht werden. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Korrekt eingebracht!) – Aber in letzter Sekunde!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich wiederhole mich ungern, aber wie ich schon gestern gesagt habe: China investiert 10 Milliarden US-Dollar in erneuerbare Energien. Was muss da Österreich noch zusätzlich in China Windräder fördern? Noch dazu ist China in der Zwischenzeit Weltmarktführer in Sonnenenergie und Wind­energie. Ich glaube, da sollte man schon einmal darüber nachdenken, ob man das Geld nicht anders einsetzt. (Beifall beim BZÖ.)

Wenn man schon wirklich in Zertifikate investieren muss, dann sollen auch öster­reichische Unternehmen davon profitieren. Auch dass wir die 75 Millionen €, die uns übrig geblieben sind, zusätzlich weiter als Fördermittel verwenden, finde ich gut. Auf­grund der Gesetzesänderung ist aus unserer Sicht auch eine Änderung der Förder­richtlinie notwendig. Dort müsste insbesondere die Höhe des Fördersatzes verankert werden, von dem die Höhe der erforderlichen Landesmittel abhängt. Daher hat Kärnten in einer Stellungnahme noch Aufklärungsbedarf beim Bund angemeldet. Aus unserer Sicht sollte für die Länder, aber auch für die Gemeinden der Fördersatz, der zurzeit mit 20 Prozent festgelegt ist, massiv erhöht werden.

Wir werden dem Antrag trotz allem zustimmen. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeord­neten der ÖVP.)

20.37


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Hofer. Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


20.37.31

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Das Umweltförderungsgesetz werden wir natürlich auch unterstützen, bis auf die Z 3a. Es werden 140 Millionen € an Förderungen für die Verbesserung der Qualität der heimischen Gewässer ausbezahlt. Damit wiederum werden Investitionen aus­gelöst – 400 bis 600 Millionen € werden investiert werden –, und damit wiederum werden etwa 7 000 neue Arbeitsplätze geschaffen. Es gibt also überhaupt keinen Grund, diesen sehr guten Entwurf nicht zu unterstützen – bis auf die Z 3a.


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Ich habe es Frau Kollegin Bayr im Ausschuss am Gesicht ablesen können, dass sie nicht sehr glücklich war, diesen Antrag einbringen zu müssen, weil auch sie eine Mandatarin ist, die diese Investitionen in Zertifikate sehr kritisch betrachtet.

Ich glaube, dass es notwendig ist, dass wir da auch eine volkswirtschaftliche Rechnung anstellen, weil wir ja wissen, dass die Zertifikate in Zukunft nicht billiger werden. – Davon können wir zumindest nicht ausgehen. Das heißt, wir müssen wissen, ab welchem Preis es Sinn macht, in Österreich zu investieren. (Abg. Kopf: Das ist schwer vorherzusagen!) – Das kann man rechnen. Natürlich hängt es davon ab, ob man in Windkraft, Wasserkraft, Photovoltaik, Geothermie oder Biomasse investiert. (Abg. Kopf: Und wie viel werden die Zertifikate kosten?)

Da löst ein Förder-Euro unterschiedliche Investitionen aus, und da muss ich wissen, was die Zertifikate kosten und ab welchem Preis es Sinn macht, statt in Zertifikate in CO2- Reduktionseinheiten im Inland zu investieren. – Das müssten wir nachrechnen, denn Investitionen oder Förderungen im Inland bedeuten ja auch Wertschöpfung, dass Arbeitsplätze geschaffen werden, dass Firmen Know-how bekommen, die dann mit diesem Know-how wiederum im Ausland reüssieren können. – All das ist zu berück­sichtigen.

Mehr Arbeitsplätze bedeuten auch sinkende Sozialausgaben, weil die Arbeitslosigkeit sinkt, wobei die Arbeitsplätze, die wir mit diesen Investitionen schaffen, auch hochwer­tige Arbeitsplätze sind. Und um einen Begriff aus der Forstwirtschaft zu verwenden: Wir investieren in Österreich nachhaltig.

Wir stimmen also diesem Umweltförderungsgesetz zu, werden aber die Ziffer 3a aus den Überlegungen, die ich vorhin genannt habe, ablehnen. (Beifall bei der FPÖ.)

20.39


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Auer mit 2 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


20.40.05

Abgeordneter Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Die Wasserqualität der österreichischen Gewässer ist sehr gut, und damit ist auch die Wasserwirtschaftspolitik der österreichischen Bundesregierung respektive des Herrn Bundesministers Josef Pröll seit Jahren eine ausgezeichnete, denn – so wie es bereits gesagt wurde – die Seen sind größtenteils in wirklich ausge­zeichnetem Zustand, das Grundwasser ist zu 96 Prozent ohne Risikogefährdung, und der ökologische Zustand der Fließgewässer ist ebenfalls ein recht guter. Es gibt lediglich bei einigen Fließwasserstrecken Nachbesserungsbedarf.

Wir brauchen dieses Wasser, wir brauchen diese Flüsse auch für unsere Energie­erzeugung. – Das ist ganz wichtig, und da darf ich schon dazusagen, weil das vorhin auch angesprochen wurde: Wir liegen, was die erneuerbare Energie anbelangt, im Spitzenfeld der Europäischen Union. Unter den EU-27 liegen wir nämlich an vierter Stelle.

Bei einem EU-Schnitt von 6,4 Prozent liegen wir bei 21 Prozent, das heißt bei einem nahezu viermal so hohen Wert, was den Energieverbrauch mit der erneuerbaren Energie anbelangt, und da steht natürlich die Wasserkraft entsprechend im Vorder­grund.

Das heißt, es braucht bei uns in Österreich keine Hysterie in Sachen Umweltschutz und Klimawandel zu geben. Wir sind top unterwegs, müssen uns allerdings auch global dafür einsetzen. Unser globaler Einsatz ist auch im Rahmen des JI/CDM-Programms gefragt.


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Was das Ökostromgesetz anbelangt, darf ich noch hinzufügen: Ja, ich glaube, es wird diese Verbesserung durch die Novelle geben, aber diese muss auch jemand bezahlen, und ich kann mir schon vorstellen, dass die Damen und Herren der Opposition dann wiederum die Ersten sind, die, wenn es zu einer Strompreiserhöhung kommt, wenn die Energiepreise höher werden, sagen: Um Gottes willen, da muss ein Ausgleich her! Und wer soll das alles berappen? – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

20.42


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Pfeffer. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.42.22

Abgeordnete Katharina Pfeffer (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Mit dieser Änderung des Umweltförderungsgesetzes reagiert man auf die Feststellung erheblicher Mängel beim ökologischen Zustand der heimischen Gewässer. Um nationalen und gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen bei Abfluss­verhältnissen, der Gewässerstruktur und der Durchgängigkeit gerecht zu werden, stehen in den Jahren 2007 bis 2015 aus dem Umwelt- und Wasserwirtschaftsfonds Förderungen von insgesamt 140 Millionen € zur Verfügung.

Damit sollen Durchgängigkeitshindernisse beseitigt, die Auswirkungen von Ausleitun­gen und Rückstau gemindert, Maßnahmen gegen Schwallauswirkungen gesetzt und morphologisch veränderte Fließgewässerstrecken restrukturiert werden.

Restrukturierungen sollen nach diesem Bundesgesetz aber nur dann förderungswürdig sein, wenn sie nicht mit Maßnahmen des Hochwasserschutzes kombiniert sind, weil dafür Förderungsmittel des Wasserbautenförderungsgesetzes zur Verfügung stehen.

Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung erwartet sich je nach Förderungs­nachfrage Investitionen zwischen 400 und 600 Millionen € und einen Arbeitsplatzeffekt von 4 800  bis 7 200 Arbeitsplätzen. – Meine Damen und Herren! Ein guter Weg für die Zukunft unseres Landes! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

20.43


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Steindl. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.44.02

Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Der effizienten und nachhaltigen Umweltpolitik der österreichi­schen Bundesregierung ist es letztlich zu verdanken, dass der allergrößte Teil unserer Seen und Gewässer mittlerweile Trinkwasserqualität aufweist.

Im ständigen Bemühen, diese hohen Standards zu erhalten und auch weiter zu verbessern, reagiert die Bundesregierung auf die Feststellung von Mängeln beim ökologischen Zustand der heimischen Fließgewässer.

Nationale und gemeinschaftsrechtliche Anforderungen sind die Grundlagen der tech­nischen Standards. Technisch verbessert werden sollten die Abflussverhältnisse, die Durchgängigkeit sowie die Gewässerstruktur insgesamt. Daher wird in der vorlie­genden Regierungsvorlage das Umweltfördergesetz geändert und eine zusätzliche Fördersumme von etwa 140 Millionen € im Zeitraum von 2007 bis 2015 beschlossen.

Restrukturierungen sollen nach diesem Bundesgesetz nur förderungsfähig sein, wenn sie nicht im Rahmen des Hochwasserschutzes bereits gefördert werden. – Die sind davon ausgenommen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 254

Sehr geehrte Damen und Herren von der grünen Fraktion! Wenn die Bundesregierung 140 Millionen € in die Hand nimmt, zusätzliche Umweltförderungen beschließt und damit 400 bis 600 Millionen € an Gesamtinvestitionen für die Umwelt auslöst und zusätzlich einen maßgeblichen Beitrag leistet, dann verstehe ich nicht, dass Sie dagegen stimmen. Das ist mir wirklich unerklärbar. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Dr. Lichtenecker: Wir unterstützen das ja!)

20.45


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Steier. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.45.50

Abgeordneter Gerhard Steier (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Ich glaube, wir sind uns alle darin einig, dass Wasser die wichtigste Ressource nicht nur für die Gegenwart, sondern auch für die Zukunft, für unsere Kinder darstellt. Daher sind alle Maßnahmen, die die natürliche Ressource Wasser schützen helfen, im Grunde genommen zu begrüßen.

Es ist die aktuelle Diskussion angesprochen worden, die auch in der Dienstleistungs­richtlinie verankert ist, dass viele in privatwirtschaftlicher Hinsicht den Zugriff auf unser Wasser setzen wollen. Das ist mit Sicherheit zu verhindern.

Wir gehen davon aus, dass diese 140 Millionen € bis 2015 eine Möglichkeit bieten, die in der Vergangenheit auch negativen Auswirkungen von Siedlungswirtschaft bezie­hungs­weise auch Eingriffen in unser Fluss- und Gewässersystem zu bereinigen. Da ist auch aufgrund der Klimadiskussion und der -veränderungen eine Notwendigkeit einge­treten, sich dieses Themas anzunehmen. Daher begrüßen wir – ich glaube, einhellig – den Schritt, den die Bundesregierung setzt, diese 140 Millionen € zu investieren.

Ich darf noch eine Anmerkung bezogen auf die JI/CDM-Programme machen: Wir stimmen der Änderung zu – sehen sie aber kritisch, weil wir grundsätzlich der Meinung sind, dass die Investitionen im Inland erfolgen sollten. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.47


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kainz. Ebenfalls 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.47.32

Abgeordneter Christoph Kainz (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsident! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Österreich kann stolz sein – und ist auch stolz – auf seine Seen und Flüsse mit hoher Wasserqualität – fast Trinkwasserqualität! –, die einerseits für den Tourismus, andererseits aber auch für die Daseinsvorsorge genutzt werden.

Mit diesem Bundesgesetz, in dem die Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie umgesetzt werden, sind einige Verbesserungspotenziale festgestellt worden: Abflussverhältnisse, Gewässerstruktur, aber auch die Durchgängigkeit von Fließgewässern.

Mit dieser Änderung des Umweltförderungsgesetzes reagiert die Bundesregierung, allen voran Bundesminister Josef Pröll, auf diese Situation und investiert 140 Mil­lionen € in die Verbesserung der Wasserqualität, aber auch der Durchflussmöglichkeit.

Ich denke, dass dieses Geld in die Sanierung, aber auch in die Renaturierung sehr gut investiert wird – im Sinne der Umwelt, aber auch im Sinne der Nachhaltigkeit –, und umso weniger verstehe ich, warum die grüne Fraktion, die sich ja immer rühmt, auch Ökopartei zu sein, diese Verbesserungsmaßnahmen nicht mitträgt. Das verstehe ich, ehrlich gesagt, nicht – und wahrscheinlich nicht nur ich, sondern auch sonst niemand in der Republik. (Abg. Dr. Lichtenecker: Sie haben das falsch verstanden!)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 255

Ich möchte aber, wenn wir schon vom Wasser reden, im Rahmen dieses Gesetzes auch wieder einmal Folgendes ansprechen: Es wird oft parteipolitisch die Keule geschwungen und behauptet, das Wasser werde verkauft. – Unser Wasser bleibt in Österreich rot-weiß-rot! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Riepl.)

20.49


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Eder-Gitschthaler. Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


20.49.17

Abgeordnete Dr. Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Den Letzten beißen heute sozusagen die Hunde, denn im Grunde ist zu diesem Thema alles gesagt worden. (Abg. Dr. Graf: Nur nicht von Ihnen!)

Mir ist es wichtig, dass die Wasserqualität in Österreich, wie wir schon festgestellt haben, wirklich eine hervorragende ist. 97 Prozent der Badeseen haben Badequalität, 89 Prozent aller Haushalte sind an das Kanalnetz angeschlossen. Wasser ist vorwiegend Quellwasser – bei uns in Salzburg kommt es zum Beispiel direkt vom Untersberg –, und 99 Prozent der Fließgewässer haben Güteklasse I und II.

Das ist natürlich erfreulich für uns und auch erfreulich für den Tourismus und damit auch für die Arbeitsplatzsituation.

Wir haben heute schon gesagt, dass es nun 140 Millionen € aus dem Umwelt- und Wasserwirtschaftsfonds gibt. Damit sollen Durchgängigkeitshindernisse beseitigt wer­den, die Auswirkungen von Ausleitungen und Rückstau gemindert werden, Maß­nahmen gegen Schwallauswirkungen gesetzt und morphologisch veränderte Fließge­wässerstrecken restrukturiert werden.

Mir ist es wichtig, dass mit diesen Investitionen von zwischen 400 und 600 Millionen € ein Arbeitsplatzeffekt von 4 800 bis 7 200 Arbeitsplätzen erwirkt wird. Das heißt, Klima­schutz und Umweltschutz sind nicht nur mit Kosten verbunden, sondern erzeugen auch eine Win-Win-Situation für Menschen in unserem Land. Wir schaffen damit Arbeits­plätze und sichern so Existenzen.

In diesem Sinne darf ich Sie ersuchen, dieser Gesetzesänderung Ihre Zustimmung zu geben. (Beifall bei der ÖVP.)

20.51


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 402 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Ing. Hofer, Kolleginnen und Kollegen ein Verlangen auf getrennte Abstimmung hinsichtlich der Ziffer 3a gestellt.

Weiters liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Dr. Lichten­ecker, Kolleginnen und Kollegen ebenfalls hinsichtlich der Ziffer 3a vor.

Ich werde daher zunächst über den von den erwähnten Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abge­stimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Ziffer 3a in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 256

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich ange­nommen. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

20.52.2416. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (271 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Altlastensanierungsgesetz geändert wird (ALSAG-Novelle 2008) (403 d.B.)

17. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 199/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die sukzessive Reduk­tion des Einsatzes von Tragetaschen aus nicht verrottbarem Kunststoff (404 d.B.)

 


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Wir gelangen nun zu den Punkten 16 und 17 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Lichtenecker mit 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.53.05

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Die Novellierung des Altlastensanierungsgesetzes beinhaltet im Wesent­lichen die Neuerung bei den Altlastenbeiträgen, einige Anpassungen zum EU-Recht und auch Anpassungen an die Deponieverordnung. Ein zentraler Punkt ist, dass Aus­nahmeregelungen gestrichen werden. Das heißt, in Zukunft wird für die Ablagerung und das Verbrennen von Altlastenmüll ein Beitrag zu leisten sein. Das ist durchaus in unserem Sinne. Daher werden wir das in dieser Form auch unterstützen und dem zustimmen.

Da heute betont wurde, wie wichtig denn Wasser für uns ist, für das Leben ist, für Österreich ist, ist es sicher auch wichtig, über Altlasten und Altlastensanierung zu reden. Altlasten stellen in der Regel immer ein großes Gefährdungspotenzial für die Was­serressourcen dar, und insofern muss man sich auch anschauen, was es da an Verbesserungsbedarf gibt.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch Bezug nehmen auf den vor Kurzem erschienenen Altlastensanierungsbericht, der ein Resümee über 17 Jahre Altlasten­vollzug zieht. Da heißt es: Es gibt eine Umsatzsumme von 1,1 Milliarden €. 350 Unter­nehmen waren an diesen Sanierungen beteiligt. Und eine durchaus stattliche Anzahl von Arbeitsplätzen wurde geschaffen. – Das ist die eine Seite der Medaille, Herr Minister.


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Die andere Seite der Medaille ist, dass dieser Aufwand in den nächsten Jahren eigentlich sehr, sehr groß sein wird und dafür enorme Mittel zur Verfügung gestellt werden müssen, nämlich rund 6 Milliarden €. Und wenn das in diesem Tempo so weitergeht, dann wird es geschlagene 120 Jahre dauern, bis bei uns diese Flächen auch saniert sind.

Man muss sich auch anschauen, was die Empfehlungen des Altlasten­sanierungs­be­rich­tes sind. Die Empfehlungen dieses Berichtes sind, die Ressourcen zu verstärken – insbesondere auch im personellen Bereich –, was die Erfassung und Begutachtung der Flächen betrifft.

Der andere Aspekt, der ganz dezidiert erwähnt wird, ist, dass die ökologischen Effekte erstmals erfasst wurden, was schon längst angestanden ist, und dass diese notwendigen Daten in Zukunft erfasst werden müssen, um eine bessere Beurteilung vornehmen zu können.

Herr Minister! Das alles sind Bereiche, die ernsthaft angegangen werden müssen (Bundes­minister Dipl.-Ing. Pröll: Mache ich!) – es freut mich, wenn Sie das so umgehend mitnehmen und dann machen –, um hier tatsächlich einen Fortschritt zu erreichen und auch im Sinne des Vorsorge- und Verursacherprinzips zu handeln.

Zum Antrag betreffend die Reduktion von Kunststofftaschen, den Ersatz mit verrott­baren Materialien (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Gute Idee!) möchte ich sagen: Das ist sicherlich ein Weg, der begangen werden wird. Herr Minister, wenn Sie sagen, das ist eine gute Idee, dann haben Sie aber noch viele Hausaufgaben zu leisten, denn wenn Sie in dieser Hinsicht Österreich mit Italien vergleichen, dann wissen Sie, dass wir da in der Entwicklung noch weit zurückliegen.

Es sind da viele, viele Punkte noch nicht geklärt, wie beispielsweise: Was bedeutet das im Konkreten für die Ressourcenbeschaffung? Was heißt das im Konkreten für Kom­postieranlagen? Sind die Anlagen so ausgerichtet, dass das aussortiert werden kann? Ist die Kompostierbarkeit in dieser Form gesichert? Aber auch so banale Fragen wie: Können die wiederverwendet werden?, sind zu klären, also all das, was bei der Produktentwicklung in diesen Bereichen berücksichtigt werden muss.

Also auch in diesem Bereich haben Sie, Herr Minister, noch viel vor sich, genauso wie im Bereich der Ressourcensicherung und des Klimaschutzes. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

20.57


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Hornek zu Wort. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.57.16

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ende der achtziger Jahre, Anfang der neunziger Jahre ist es in Bezug auf die Fischer-Deponie zu Ereig­nissen gekommen, die zum damaligen Zeitpunkt beachtlichen Handlungsbedarf her­vorgerufen haben, und daraus resultierend kam es zum sogenannten ALSAG, dem Altlastensanierungsgesetz. Es wurden beachtliche Fördermittel in die Hand genom­men, um kontaminierte Flächen entsprechend zu sanieren und unsere Grund­wasserkörper abzusichern. Ein sorgloser Umgang über beinahe drei Jahrzehnte hinweg beziehungsweise auch so manche kriminelle Machenschaften haben dazu geführt, dass enorm viel Geld in die Hand genommen werden musste, um diese Sanierungen vorzunehmen.

Wenn man sich das Umweltbudget genau ansieht, dann ist für einen klar ersichtlich, dass eine der größten Positionen in diesem Zusammenhang die Altlastensanierung


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ausmacht. Ich darf nur zwei Beispiele herausnehmen: Die Kosten für die Fischer-Deponie haben 130 Millionen € betragen, für die Berger-Deponie 108 Millionen €.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Altlastensanierung ist ein gutes Beispiel, um Umweltpolitik grundsätzlich zu betrachten. Ich sehe dies auch als ein Beispiel, wenn es um die gesamte Thematik der CO2-Situation, des Klimawandels und die Sicherstellung der Energieversorgung in allen Bereichen für die Zukunft geht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Ihnen nur ganz kurz eine Information geben. Versorgungssicherheit ist nämlich aus meiner Sicht eine der wichtigsten Dimen­sionen, wenn es um die Energieversorgung Österreichs in Zukunft geht. Ich darf Ihnen jene Länder nennen, aus welchen die Ölversorgung Österreichs kommt:

An erster Stelle steht Kasachstan, an zweiter Stelle Russland, an dritter Stelle Nigeria, an vierter Stelle Libyen, Saudi-Arabien, Syrien, Iran, Algerien, Aserbaidschan, Tune­sien und der Irak. In Anbetracht dessen sollten wir darüber nachdenken, wie wir Energiesicherheit in Österreich gewährleisten, und auch eine umfassende Betrachtung in Bezug auf die Energieversorgung im erneuerbaren Bereich vornehmen.

Da wird eine einäugige Betrachtung aus der Sicht so manches Ölversorgers nicht genügen, und da wird auch eine einäugige Betrachtung aus der Sicht so manches Papierindustriellen nicht genügen. Wir werden an diesem Problem gemeinsam arbeiten müssen! (Beifall bei der ÖVP.)

20.59


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Ing. Hofer zu Wort. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.59.55

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Die vorliegende Novelle des Altlastensanierungsgesetzes ist kostenneutral und bringt Verwaltungsvereinfachungen. Wir werden sie daher auch mittragen.

Interessant ist aber dabei, dass sie der Deponieverordnung folgt. Normalerweise folgt immer die Verordnung dem Gesetz. Da ist es umgekehrt: Da folgt das Gesetz der Verordnung.

Was die Plastiksackerln anlangt, habe ich den Antrag so formuliert, dass man tat­sächlich zustimmen kann, auch aus der Sicht der Wirtschaft. Ich habe hineinge­schrieben, dass der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Was­ser­wirtschaft in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftskammer einen Weg entwickeln soll, um sukzessive den Einsatz dieser Plastiksackerln zu reduzieren und biogene Kunststoffe zu verwenden. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Daher glaube ich, dass es möglich sein muss, diesem Antrag zuzustimmen. Ich weiß, dass man nicht zustimmen kann, dass Sie diesen Antrag also ablehnen werden. Ich darf Sie aber bitten, dann doch auch von sich aus diesen Weg zu gehen und alles zu tun, damit wir erstens Müllberge verhindern, zweitens unsere Landwirtschaft unter­stützen und drittens dafür Sorge tragen, dass wir unsere Abhängigkeit von fossilen Energieträgern – denn Plastik wird aus Öl hergestellt – reduzieren.

Erlauben Sie mir, diese Gelegenheit zu nützen, auch noch ganz kurz auf ein Gesetz einzugehen, das damit in einem Zusammenhang steht und das wir bald debattieren werden, nämlich das Umwelthaftungsgesetz. Da ist es so, dass ein Ministerialentwurf vorgelegt wurde, der von vielen Gruppen, auch von der SPÖ, begrüßt wurde, und dass es dann zu einer Änderung dieses Ministerialentwurfes kam, und zwar in die Richtung, dass jetzt nicht mehr der Verursacher haftet, sondern die öffentliche Hand, die die


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Genehmigungsauflagen erteilt. Das heißt, man verlangt eine Garantieübernahme mit der Genehmigung.

Wenn Sie sich ein Auto kaufen, und Sie bekommen ein Pickerl, und es bricht die Achse, dann wird auch nicht die Republik Österreich die Kosten für die Reparatur übernehmen, sondern, wenn es ein Materialschaden ist, der Hersteller. Hier gehen wir einen völlig anderen Weg. Und ich habe gehört, dass Frau Kollegin Bayr in einem Interview gesagt hat, sie wird dieser Regierungsvorlage in dieser Form nicht zustim­men, wenn es diese Haftungsausnahmen gibt. Ich bin gespannt, wie dann tatsächlich ihr Abstimmungsverhalten aussehen wird. (Beifall bei der FPÖ.)

21.02


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Stauber zu Wort. 2 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


21.02.46

Abgeordneter Peter Stauber (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! Diese Regierungsvorlage hat für mich einige sehr positive Elemente, und zwar stellt sie eine Verwaltungs­verein­fachung im Zusammenhang mit der Abfallentsorgung dar. Es werden hier unter anderem Gesetzespassagen, die mit der Deponieverordnung wortgenau im Einklang standen, zur Vereinfachung aus dem Gesetz entfernt.

Weiters werden die im § 6 Abs. 4 geregelten beitragspflichtigen Tatbestände verein­facht und zusammengefasst. All das bedeutet sowohl für die Gemeinden als auch für die Abfallwirtschaftsverbände eine Verbesserung.

Äußerst erfreulich ist auch der Umstand, dass im Gesetz nun klar geregelt ist, dass Rekultivierungsmaßnahmen oder temporäre Oberflächenabdeckungen, sofern sie im Einklang mit der Deponieverordnung stehen, auch weiterhin beitragsfrei sind.

Zum Abschluss hätte ich noch ein paar persönliche Anliegen. Aus den eingehobenen Altlastenbeiträgen sollten in Zukunft vermehrt auch Beiträge zur Finanzierung von Forschungsprojekten im Umweltbereich sowie im Abfallwirtschaftsbereich eingesetzt werden. Es sollten neue Wege gefunden werden, um den Zielen des Abfallwirtschafts­gesetzes vor allem im Bereich der stofflichen Wiederverwertung von Abfällen auch wirklich ein kleines Stück näher zu kommen.

Produzierter Abfall ist lediglich ein gebrauchtes Produkt, das aber vor dem Hintergrund, dass die weltweiten Rohstoffressourcen nicht in unbegrenzter Menge zur Verfügung stehen, immer wertvoller und bedeutender wird und vor allem auch finanziell sehr interessant ist. Daher soll auch hier die Aufforderung an die Kommunen und Abfallwirt­schaftsverbände gerichtet werden, den Restmüll entsprechend vorzusortieren, wieder­verwertbare Stoffe schon vor der Anlieferung in Verbrennungsanlagen herauszufiltern und die Erlöse daraus unseren Bürgerinnen und Bürgern im Wege einer Reduzierung der stets steigenden Müllgebühren zugute kommen zu lassen.

Ich denke, wenn das Geschäft die Müllverwerter und Rohstoffdiebsbanden machen können, dann können das auch die öffentlichen Kommunen machen und die Erlöse daraus den Bürgerinnen und Bürgern zugute kommen lassen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.04


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster kommt Herr Abgeordneter Schalle zu Wort. Gewünschte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 260

21.05.01

Abgeordneter Veit Schalle (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Diese Regierungsvorlage dient unter anderem der Anpassung an die De­ponie­verordnung 2008. Aber gerade die Deponieverordnung 2008 gibt es noch immer nicht. Seit über eineinhalb Jahren werden die Herren Bundesminister Pröll und Bartenstein nicht müde, darüber zu streiten. Mir ist nicht klar, wie man seriös über eine Regierungsvorlage debattieren soll, wenn es die entsprechende Grundlage dafür überhaupt noch nicht gibt und wenn sogar in den Erläuterungen zum Gesetzentwurf festgehalten wird, dass diese Novelle bei der Behandlung im Parlament nicht ohne Zusammenhang mit der Neufassung der Deponieverordnung gesehen werden kann. – Also ich denke, da brauchen wir nicht darüber zu diskutieren. Wir können dem folglich nicht zustimmen.

Zu dem Antrag betreffend die Plastiksackerln darf ich sagen: Es gibt ja in der Zwischenzeit bereits Produkte in der Entwicklung, die aus Maisstärke produziert werden. Ich weiß aus Erfahrung: Es gibt sie bereits im Handel, aber die Leute wollen sie zurzeit nicht. Aber auch die sogenannten Plastiksackerln verrotten. Die alten Sackerln sind ja alle schon verboten. Außerdem gibt es alternativ zu den Plastik­sackerln jede Menge Papiersackerln. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

21.06


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster ist Herr Abgeordneter  Mag. Kuz­das zu Wort gemeldet. 2 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


21.06.46

Abgeordneter Ing. Mag. Hubert Kuzdas (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Umweltschutz ist eine Chance und keine Last, die wir tragen müssen. Heute diskutieren wir über das Altlastensanierungsgesetz – ein Thema, das angesichts der hohen Zahl an bekannten Altlasten, aber auch angesichts der zahlreichen Verdachtsfälle nicht zu vernachlässigen ist.

Bis Ende 2006 wurden in Österreich 50 000 Altstandorte und Altablagerungen regis­triert. In den nächsten Jahren werden noch einige Standorte dazukommen. Einige wurden schon entsorgt und saniert, aber einiges ist auch noch zu tun.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Altlasten können wir nicht wegdiskutieren, da ist Handeln angesagt. Die Bundesregierung tut das. Und wenn das Tempo noch ein wenig erhöht wird, dann kann das auch kein Schaden sein.

Wir müssen uns aber auch überlegen, wie wir künftig mit unserem Müll umgehen, denn der beste Müll, meine Damen und Herren, ist der, den wir vermeiden. Wenn wir uns die Abfallmengen im europäischen Raum ansehen und auch den Mülltourismus dazu, dann müssen wir zugeben: Dieses Thema ist echt brisant! Mehr als 2 Milliarden Ton­nen Abfall werden in Europa jährlich erzeugt, und da ist der landwirtschaftliche Müll noch gar nicht mit eingerechnet. Das bedeutet pro Kopf 3,5 Tonnen Abfall pro Jahr. Diese Mengen sind beunruhigend, und der Mülltourismus ebenfalls. Wir wissen, dass Österreich beim Müll ein Importland ist. Die genaue Handelsbilanz beim Müll, Herr Bundesminister, würde uns auch interessieren, wie das bei den einzelnen Stoffen aussieht.

Grundsätzlich, meine Damen und Herren, muss das Prinzip der Abfallvermeidung gelten. Wir müssen uns genau anschauen, welche Abfälle tatsächlich exportiert und importiert werden müssen oder ob sich der Mülltourismus nur deshalb so lohnt, weil man mit billigen Lagerstätten gutes Geld machen kann.

Sehr geehrte Damen und Herren! In unserem Handeln müssen wir beachten, was auch schon das Europäische Parlament formuliert hat, nämlich: Wichtig ist zuallererst Müll-


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 261

vermeidung – vor Wiederverwendung, vor Recycling, vor Verwertung und vor Beseiti­gung, damit wir nicht von der Mülllawine erdrückt werden!

Hohes Haus! Es liegt in unserer Verantwortung, so zu handeln, dass unsere Kinder eine intakte und lebenswerte Umwelt vorfinden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

21.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Die Herren Berichterstatter wünschen kein Schlusswort.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Altlastensanierungsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 403 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Umweltausschusses, seinen Bericht 404 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und angenommen.

21.10.2918. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (296 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehalts­gesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landes­leh­rer-Dienstrechtsgesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Bundes-Gleichbehand­lungsgesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Pensionsgesetz 1965, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Poststrukturgesetz und das Staatsanwaltschaftsgesetz geändert werden (2. Dienstrechts-Novelle 2007) (367 d.B.)

19. Punkt

Bericht und Antrag des Verfassungsausschusses über den Entwurf eines Bun­desgesetzes, mit dem das Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz geändert wird (368 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 18 und 19 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen damit in die Debatte ein.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 262

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Neubauer. Gewünschte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


21.11.20

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Zu diesem Tagesordnungspunkt bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Neubauer, Dr. Graf und weiterer Abgeordneter betreffend Ein­sparungen im öffentlichen Bereich durch Umsetzung eines einheitlichen Pensions-, Besoldungs- und Dienstrechts sowie durch eine Verwaltungsreform

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat entsprechende Regierungs­vorlagen zuzuleiten, die eine Harmonisierung von Pensions- und Besoldungs- und Dienstrecht von Bund, Ländern und Gemeinden und eine umfassende Verwaltungs­reform, die die Verwaltung effektiver, kostengünstiger und wirtschaftlicher macht, zum Inhalt haben.“

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren, über die letzten Jahre hat es gerade im Pensions-, Besoldungs- und Dienstrecht ein Dickicht an Regelungen gegeben. Das hat sich einfach so über die Jahre entwickelt. Es ist für Außenstehende oft nicht nach­vollziehbar, in welcher Form und in welcher Transparenz hier teilweise gearbeitet wird. So sind auch in der Öffentlichkeit immer wieder Fragen aufgetaucht, die nicht unbe­dingt angenehm waren, die das gute Arbeitsniveau im Beamten- und im Verwaltungs­bereich insgesamt eigentlich immer in ein negatives, schiefes Licht rücken ließen, wie zum Beispiel, warum Beamte in Bundesländern verschieden, in Kommunen oft verschieden, bei gleichen Dienstjahren und Ausbildungsgleichheit und gleichen Auf­gaben trotzdem verschieden entlohnt werden. Das ist eine Tatsache, und das versteht heute niemand mehr.

Wir treten eben dafür ein, dass wir im selben Atemzug das fordern, was der Rech­nungshof verlangt hat, der nämlich die Optimierung der pensionsrechtlichen Bestim­mungen des Bundes für Länder und Gemeinden empfiehlt und sagt, dass durch die Übernahme der APG-Regelung des Bundes im 30-jährigen Übergangszeitraum allein bei den Bundesländern Salzburg und Burgenland 85 Millionen € eingespart werden können. Jetzt können Sie sich vorstellen und sich noch erinnern, als wir tage-, monate­lang über 100 Millionen € für die Pensionen diskutiert haben. So einfach wäre es, hier 100 Millionen, in dem Fall 85 Millionen, mit unserem entsprechenden Antrag einzu­sparen.

Als Zweites stelle ich folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Neubauer, Dr. Graf und weiterer Abgeordneter betreffend Erhöhung des Kilometergeldes

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 263

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine entsprechende Regie­rungsvorlage zuzuleiten, die eine Anhebung des Kilometergeldes zum Inhalt haben.“

*****

Sie wissen, meine Damen und Herren, es hat sich in den letzten Jahren alles massiv verteuert. Es ist so gewesen, dass das Kilometergeld 1997 und zuletzt 2005 erhöht wurde, aber nur geringfügig. Die massiven Teuerungen belasten auch die Pendler massiv – ich darf nur einige aufzählen: Reparaturen, Bahnfahrkarten, Vignette. Die Parkgebühren in Wien sind um 50 Prozent massiv erhöht worden, Tarife bei den Wiener Linien um 10 Prozent, das Parkpickerl um knapp 30 Prozent, auch Lebens­mittel, Mauten und Versicherungen wurden teurer. Selbst der ARBÖ verlangt in Aussendungen die Erhöhung des Kilometergeldes von 38 auf 45 Cent. Ich möchte noch darauf hinweisen, dass die Inflationsrate in den letzten Jahren seit der Ver­teuerung 3,4 Prozent betragen hat.

Wir gehen nicht unbedingt auf die Forderung des ARBÖ ein, uns ist es wichtig, eine adäquate Erhöhung zu bekommen. Das sollen die Gespräche zeigen. Ich ersuche alle hier noch Anwesenden, unseren beiden Anträgen ihre Zustimmung zu geben. (Beifall bei der FPÖ.)

21.15


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die beiden Entschließungsanträge, die Herr Abgeordneter Neubauer soeben eingebracht hat, sind ausreichend unterstützt, ord­nungsgemäß eingebracht und stehen mit in Verhandlung.

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Neubauer, Dr. Graf und weiterer Abgeordneter betreffend Ein­sparungen im öffentlichen Bereich durch Umsetzung eines einheitlichen Pensions- Besoldungs- und Dienstrecht sowie durch eine Verwaltungsreform

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht (367 d.B.) des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (296 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienst­rechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forst­wirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungs­gesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Bundes-Gleichbehand­lungsgesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Pensionsgesetz 1965, das Bun­desbahn-Pensionsgesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Poststrukturgesetz und das Staatsanwaltschaftsgesetz geändert werden (2. Dienstrechts-Novelle 2007)

Die meisten Beamten oder Vertragsbediensteten haben wegen einem Dickicht an Regelungen im Pensions-, Besoldungs- und Dienstrecht keinen Überblick über die Normen die sie betreffen. Insbesondere die unterschiedlichen Besoldungsregelungen in den Bundesländern führen oft zu Problemen. Denn es ist nicht einzusehen, warum ein Öffentlich Bediensteter in einem Bundesland mehr verdient als ein anderer in einem anderen Bundesland mit gleich vielen Dienstjahren, mit der gleichen Ausbildung und mit gleichen Aufgaben. Ein Ausmisten und eine Neuregelung, um Schäden von Beamten, Vertragsbediensteten und vom Staat abzuhalten, sind daher unumgänglich. Im Schriftstück „Positionen Reihe 2007/1“ nimmt der Rechungshof zu den nicht harmonisierten Pensions- und Personalrechten von Bund, Ländern und Gemeinden wie folgt Stellung: „Länder und Gemeinden haben die Pensionsreformen des Bundes


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 264

nur teilweise nachvollzogen. Der RH empfiehlt sowohl im Bereich der Länder als auch im Bereich der Gemeinden eine Orientierung an den pensionsrechtlichen Bestim­mungen des Bundes, um im Wege der damit verbundenen Einsparungen verstärkt zur Absicherung des Pensionssystems beizutragen. So würde eine Übernahme der APG-Regelungen des Bundes im 30-jährigen Übergangszeitraum allein in Salzburg und im Burgenland ein Einsparungspotenzial von insgesamt 85 Mill. EUR ermöglichen.

Die Dienst– und Besoldungsrechte des Bundes, der Länder und der Gemeinden haben sich mit der Aufgabe des Homogenitätsprinzips des B-VG auseinanderentwickelt. Damit bestehen nicht nur deutliche Unterschiede bei Dienstverhältnissen im öffent­lichen Bereich, sondern ein Wechsel zwischen den Gebietskörperschaften wird dadurch wesentlich erschwert. Eine Harmonisierung zu einem für alle Gebiets­körperschaften möglichst einheitlichen Dienst– und Besoldungsrecht wäre anzustreben.“

In der Wiener Zeitung vom Montag, 13. August 2007 schlägt Rechungshofpräsident Moser bezüglich einer Verwaltungsreform vor, dass in einzelnen Rechtsbereichen (z.B. bei den Bauordnungen, beim Jugendschutz, beim Wettbewerbs- und Kartellrecht) Gesetzesbestimmungen harmonisiert oder zusammengeführt werden sollten, Finan­zierungs-, Ausgaben- und Aufgabenverantwortung bei Landeslehrern, Kranken­anstal­ten, Sozial- und Pflegebereich, Wohnbauförderung, Siedlungswasserwirtschaft, Fa­milien­förderung, Verkehrsverbünden und Pensionsleistungen in einer Hand liegen sollten sowie eine Vereinfachung und transparentere Gestaltung des Finanzausgleichs so auch eine Vereinfachung des Abgabenrechts und Straffung des Steuersystems durchgeführt werden müsste und jedes Bundesministerium, so der Rechnungshof, für jedes Politikfeld jährlich ein Leistungsbericht mit steuerungsrelevanten Daten und Zielsetzungen dem Nationalrat vor zulegen hat.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat entsprechende Regierungs-vorlagen zuzuleiten, die eine Harmonisierung von Pensions- und Besoldungs- und Dienstrecht von Bund, Ländern und Gemeinden und eine umfassende Verwaltungs­reform, die die Verwaltung effektiver, kostengünstiger und wirtschaftlicher macht, zum Inhalt haben.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Neubauer, Dr. Graf und weiterer Abgeordneter betreffend Erhöhung des Kilometergeldes

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht (367 d.B.) des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (296 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienst­rechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forst­wirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungs­gesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Bundes-Gleichbehand­lungsgesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Pensionsgesetz 1965, das Bun-


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 265

desbahn-Pensionsgesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Poststrukturgesetz und das Staatsanwaltschaftsgesetz geändert werden (2. Dienstrechts-Novelle 2007)

Fahrzeugtype

Kurzsatz in EUR *

Langsatz in EUR *

PKW

0,38

0,376

Motorräder bis 250 ccm

0,12

0,119

Motorräder über 250 ccm

0,22

0,212

Mitfahrer

0,05

0,045

Fahrrad bzw. zu Fuß für die ersten 5 km

0,24

0,233

Fahrrad bzw. zu Fuß ab dem 6. km

0,47

0,465

Das amtliche Kilometergeld ist gemessen an den ständig steigenden Kosten (Benzin, Reparatur, Bahntickets, Vignette) nicht mehr tragbar! So kann eine Stunde Parken in Wien bis zu acht Euro kosten. In den letzten Monaten wurden die Wiener-Linien-Tarife um 10%, die Kurzparkscheine um 50% und das „Parkpickerl“ um 29% erhöht. Auch die zuletzt umgesetzte Erhöhung der Mineralölsteuer und die damit verbundenen Mehr­einnahmen im Bereich der Mehrwertsteuer sind für die Bürger nicht mehr zumutbar. Österreich hat eine der höchsten Kfz-Steuern der EU und eine wesentlich höhere Mautbelastung als beispielsweise unser Nachbar die Bundesrepublik Deutschland aufzuweisen.

Die Spekulationen auf dem Ölmarkt haben die Preise für Erdölprodukte in exorbitante Höhen steigen lassen. Die Leidtragenden sind die österreichischen Bürger. Die ohnehin schon rückläufigen Reallöhne dürfen nicht durch die Kostenexplosion auf dem Energiesektor weiter geschmälert werden. Die Vorgangsweise der Ölmultis und inter-nationalen Spekulanten ist Wegelagerei auf Kosten des Wirtschaftsstandortes, der Autofahrer und vor allem der Pendler. Neben den Ölkonzernen und Hedgefonds profitiert vor allem der Staat von den enormen Treibstoffpreisen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine entsprechende Regie­rungsvorlage zuzuleiten, die eine Anhebung des Kilometergeldes zum Inhalt haben.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Pendl. Gewünschte Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


21.16.11

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine geschätzten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich glaube, wir kennen die Diskussion sehr lange. Ich werde mir dann erlauben, Kollege Scheibner, auch auf den Ausschuss zu replizieren. Ich glaube aber immer und werde es immer wieder zum Ausdruck bringen, Fairness gehört einfach dazu.

Ich möchte mich gleich zu Beginn für die konstruktiven Verhandlungen bei der Frau Bundesministerin und bei den Gewerkschaften bedanken. Wir haben schlussendlich dann auch im Ausschuss die letzten Themen gemeinsam bearbeitet, und ich denke, die 2. Dienstrechts-Novelle ist am Ende des Tages ein gutes Werk. Ich möchte mich aber gleich zu Beginn persönlich, aber auch im Namen meiner Fraktion bei den


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 266

öffentlich Bediensteten unserer Republik sehr herzlich bedanken. Sie leisten ausge­zeichnete Arbeit, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Vor allem – heute ist ja, wenn es wahr ist, das letzte Plenum in diesem Jahr – möchte ich den besonderen Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Parlaments­direktion ausrichten. Sie haben es ja auch nicht leicht mit uns gehabt in den letzten Tagen, und wohl das ganze Jahr auch nicht. Ich meine, unsere Parlaments­mitar­beiterIn­nen haben sich einen Applaus verdient. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und FPÖ.)

Meine Damen und Herren! Die 2. Dienstrechts-Novelle ist natürlich von einigen sehr wichtigen Punkten – ich bin sicher, dass Kollege Neugebauer darauf eingehen wird; damit wir nicht alle dasselbe sagen zur vorgeschrittenen Stunde – geprägt, aber wir haben im Ausschuss die Diskussion geführt, ob es ein kleiner Schritt ist oder ob es ein großer Schritt ist. Kollege Scheibner hat gesagt, irgendwann gehört die große Rege­lung her, ein neues Dienstrecht. Ich habe trotzdem im Ausschuss gesagt, und ich sage es auch hier und sage es seit Jahren – ich war selbst sieben Jahre in der Regierung, ihr wisst ja, wie es war –: Ich glaube, bei allem Bekenntnis – und die Parteien haben es ja in der Hand –, wenn wir ein neues Dienstrecht mit einer neuen Besoldung schaffen, kippt man die Laufbahnen. Die jungen Menschen brauchen in Wirklichkeit ein höheres Einkommen. Wir tun uns zwar bei allem dann leichter, es weiß aber jeder Insider, dass das für einige Zeit mehr kosten wird.

Wir brauchen das nur politisch außer Streit zu stellen, dann kommen wir schnell zu einer Lösung. Aber es bringt nichts, wenn immer der eine oder der andere das fordert, und wenn es darum geht, dass wir es wirklich machen, dann ist es immer dasselbe Thema. Ich denke also, wir sollten das durchaus ernst nehmen, wir sollten durchaus an diese Frage herangehen, weil es auch eine Frage der Zeit ist.

Es ist schon lustig, hier vom Rednerpult aus zu sagen, wie mein Vorredner, es gehe um die Länder. Ich anerkenne, dass wir ein föderalistischer Staat sind. Ich habe das jahrelang erlebt. Probiert einmal, mit euren Ländervertretern die Diskussion zu führen, ob das so leicht von oben drüber geht! Wenn man Föderalismus ernst nimmt, dann muss man auch dort oder da versuchen, das zusammenzuführen.

Und was die Gemeinden betrifft, so gibt es das ja außer in den Städten oder Groß­städten in Wirklichkeit nirgends mehr, weil wir nirgends mehr Beamte im klassischen Sinne haben.

Ich darf nur in Erinnerung rufen: Es ist nicht allzu lange her, dass man das Homo­genitätsprinzip mit Muss aufgeben wollte. Als wir von der SPÖ gefordert haben, das soll man nicht aufgeben, weil Österreich ja nicht so groß ist, sind wir belächelt worden. Ich sage das jetzt hier in aller Deutlichkeit deshalb, um eine gewisse Sensibilität dafür zu wecken, dass das zwar leicht gesagt, es aber tatsächlich doch so ist, dass wir alle an den Verhandlungstisch bringen müssen: alle Bundesländer, die zuständigen Gre­mien und die Interessenvertreter. Und dann kann man vielleicht, wenn alle wollen, auch diese Frage lösen. Aber leicht, meine geschätzten Damen und Herren, wird das nicht sein.

Ich darf aber einen – nicht kleinen – Abänderungsantrag der Abgeordneten Pendl, Neuge­bauer, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Verfassungsausschusses (367 d.B.) einbringen, und zwar betreffend die Regierungsvorlage (296 d.B.) eines Bundesgesetzes, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Landes­lehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienst­rechts­gesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Land- und Forst­arbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, das Ausschrei­bungs­gesetz 1989, das Pensionsgesetz 1965, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, die


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Reisegebührenvorschrift 1955, das Poststrukturgesetz und das Staatsanwaltschafts­gesetz geändert werden (2. Dienstrechts-Novelle).

Im Zentrum dieses Abänderungsantrages steht der Gehaltsabschluss für 2008, der eine Laufzeit von einem Jahr hat. Vorgesehen ist eine 2,7-prozentige Erhöhung, mit einer sozialen Komponente von 175 € am 1. Mai 2008. Das bedeutet für das Jahr 2008 bei kleinen Einkommen 3,8 Prozent an Erhöhung und bei den höheren 2,8 Prozent; nachhaltig davon sind 2,7 Prozent.

Geschätzte Frau Präsidentin, da dieser Abänderungsantrag ziemlich umfangreich ist, ersuche ich Sie, diesen Antrag nicht nur in Verhandlung zu nehmen, sondern ihn auch an die Kolleginnen und Kollegen Abgeordneten verteilen zu lassen.

Ich lade Sie ein, einem erfolgreichen, einem fairen Gehaltsabschluss und einer Dienst­rechts-Novelle – im Interesse des Dienstgebers, aber auch der Dienstnehmer – Ihre Zustimmung zu geben. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.22


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Pendl hat soeben einen Abänderungsantrag eingebracht und diesen in seinen Kernpunkten erläutert. Ich lasse diesen Antrag nach § 53 Abs. 4 GOG zur Verteilung bringen.

Ich mache aber bereits jetzt darauf aufmerksam, dass irrtümlich die erste Seite falsch kopiert wurde, sodass die erste Seite in einem Austauschblatt gleich mitverteilt wird. Das heißt, die erste Seite ist im Originaltext das Austauschblatt auf der ersten Seite.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Pendl, Neugebauer und Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Verfassungsausschusses (367 d.B.) betreffend die Regierungsvorlage (296 d.B.) eines Bundesgesetzes, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Land- und Forst­arbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, das Ausschrei­bungs­gesetz 1989, das Pensionsgesetz 1965, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Poststrukturgesetz und das Staatsanwaltschafts­gesetz geändert werden (2. Dienstrechts-Novelle 2007)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die eingangs bezeichnete Vorlage wird wie folgt geändert:

1. In Art. 1 erhalten die Z 1 bis Z 45 die Ziffernbezeichnungen „2“ bis „51“. Folgende neue Z 1 wird eingefügt:

„1. An die Stelle des § 1 Abs. 2 treten folgende Bestimmungen:

„(2) Auf die im Art. I des Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetzes (RStDG), BGBl. Nr. 305/1961, angeführten Richteramtsanwärter und Richter ist dieses Bundes­gesetz nicht anzuwenden.

(3) Auf die im Art. IIa RStDG angeführten Staatsanwälte ist dieses Bundesgesetz nur anzuwenden, soweit dies ausdrücklich bestimmt wird.““

2. In Art. 1 werden nach der neuen Z 17 folgende Z 17a und Z 17b eingefügt:


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 268

„17a. § 153 lautet:

„§ 153. Dienstrechtliche Sonderbestimmungen für Staatsanwälte enthält das RStDG.“

17b. § 153a und § 153b sowie Anlage 1 Z 18 samt Überschrift entfallen.“

3. Die neue Z 27 lautet:

„27. Dem § 284 wird folgender Abs. 68 angefügt:

„(68) In der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/2007 treten in Kraft:

1. Anlage 1 Z 51.3 und 52.3 mit 1. Juli 2005,

2. § 1 Abs. 2 und 3, § 47a Z 1, § 48 Abs. 3, § 49 Abs. 5, § 102 Abs. 1a und 1b, § 105 Z 1, § 141 Abs. 3, § 141a Abs. 9, § 145b Abs. 8, § 152b Abs. 3, § 152c Abs. 11, § 153, § 230b samt Überschrift, § 281 Abs. 2 und alle sonstigen Änderungen der Anlage 1 sowie der Entfall des § 47a Z 2 lit. d, § 153a und § 153b mit 1. Jänner 2008,

3. Anlage 1 Z 12.3 sowie der Entfall der Z 1.3.6 lit. f mit 1. Juni 2008,

4. § 213 Abs. 2b mit 1. September 2008.

§ 49 Abs. 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/2007 ist auf ab 1. Jänner 2008 erbrachte zusätzliche Dienstleistungen nach § 23 Abs. 10 MSchG, nach § 10 Abs. 12 VKG und nach § 50c Abs. 3 dieses Bundesgesetzes anzuwenden. Die Stellung von Anträgen sowie die Erlassung von Bescheiden gemäß § 213 Abs. 2b in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/2007 ist bereits vor dem 1. Septem­ber 2008 zulässig, die Bescheide werden aber frühestens mit 1. September 2008 wirksam. § 230b gilt nur für Karenzurlaube, die nach dem 31. Dezember 2007 angetreten werden.““

4. In Art. 2 werden nach Z 1 folgende Z 1a und Z 1b eingefügt:

„1a. In § 10 Abs. 1 Z 3 wird das Zitat „§ 75a des Richterdienstgesetzes, BGBl. Nr. 305/1961,“ durch das Zitat „§ 75a des Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetzes (RStDG), BGBl. Nr. 305/1961,“ ersetzt.

1b. In den §§ 10 Abs. 4 Z 2 lit. b, 12b Abs. 3 Z 4 und 20c Abs. 3 Z 2 wird jeweils die Wortfolge „des Richterdienstgesetzes“ durch die Bezeichnung „RStDG“ ersetzt.“

5. In Art. 2 erhält Z 17a die Bezeichnung „Z 17d“. Nach Z 17 werden folgende Z 17a bis 17c eingefügt:

„17a. Die Tabelle in § 28 Abs. 1 erhält folgende Fassung:

17b. Die Tabelle in § 30 Abs. 1 erhält folgende Fassung:

17c. § 31 Abs. 2 lautet:

„(2) Das Fixgehalt beträgt für Beamte

1. in der Funktionsgruppe 7

a) für die ersten fünf Jahre     7 496,1 €,

b) ab dem sechsten Jahr       7 945,2 €,

2. in der Funktionsgruppe 8

a) für die ersten fünf Jahre     8 028,3 €,

b) ab dem sechsten Jahr       8 477,4 €,

3. in der Funktionsgruppe 9

a) für die ersten fünf Jahre     8 477,4 €,


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 269

b) ab dem sechsten Jahr       9 101,6 €.““

6. In Art. 2 werden nach Z 18 folgende Z 18a und 18b eingefügt:

„18a. In § 40a Abs. 1 wird der Betrag „88,9 €“ durch den Betrag „91,3 €“ ersetzt.

18b. In § 40b Abs. 2 werden ersetzt:

a) in Z 1 lit. a) der Betrag „9,1 €“ durch den Betrag „9,3 €“,

b) in Z 1 lit. b) der Betrag „18,0 €“ durch den Betrag „18,5 €“,

c) in Z 2 der Betrag „152,9 €“ durch den Betrag „157,0 €“,

d) in Z 3 der Betrag „260,7 €“ durch den Betrag „267,7 €“,

e) in Z 4 der Betrag „359,7 €“ durch den Betrag „369,4 €“,

f) in Z 5 der Betrag „337,1 €“ durch den Betrag „346,2 €“ und

g) in Z 6 der Betrag „283,3 €“ durch den Betrag „290,9 €“.“

7. In Art. 2 wird nach Z 19 folgende Z 19a eingefügt:

„19a. In § 40c Abs. 1 wird der Betrag „332,4 €“ durch den Betrag „341,4 €“ und der Betrag „454,4 €“ durch den Betrag „466,7 €“ ersetzt.“

8. In Art. 2 werden nach Z 20 folgende Z 20a bis Z 20h eingefügt:

„20a. In § 41 wird der Ausdruck „Richterdienstgesetz“ durch den Ausdruck „RStDG“ ersetzt.

20b. § 42 lautet:

„§ 42. Die besoldungsrechtlichen Sonderbestimmungen für Staatsanwälte sind im RStDG geregelt.“

20c. Die §§ 43 bis 47 sowie der Unterabschnitt H in Abschnitt XI mit den §§ 157 bis 163 entfallen samt Überschriften.

20d. Die Tabelle in § 48 Abs. 1 erhält folgende Fassung:

20e. Die Tabelle in § 48a Abs. 1 erhält folgende Fassung:

20f. In § 50 Abs. 4 wird der Betrag „634,5 €“ durch den Betrag „651,6 €“ ersetzt.

20g. In § 52 Abs. 1 wird der Betrag „341,0 €“ durch den Betrag „350,2 €“ ersetzt.

20h. In § 53b Abs. 1 wird der Betrag „332,4 €“ durch den Betrag „341,4 €“ und der der Betrag „454,4 €“ durch den Betrag „466,7 €“ ersetzt.“

9. In Art. 2 werden nach Z 21 folgende Z 21a bis 21v eingefügt:

„21a. Die Tabelle in § 55 Abs. 1 erhält folgende Fassung:

21b. § 57 Abs. 2 lautet:

„(2) Die Dienstzulage beträgt

a) für Leiter der Verwendungsgruppe L PH

b) für Leiter der Verwendungsgruppe L 1

c) für Leiter der Verwendungsgruppen L 2a 2

d) für Leiter der Verwendungsgruppen L 2a 1 und L 2b 1

e) für Leiter der Verwendungsgruppe L 3

21c. In § 58 Abs. 2 Z 2 wird der Betrag „559,6 €“ durch den Betrag „574,7 €“ ersetzt.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 270

21d. In § 58 Abs. 4 wird der Betrag „67,6 €“ durch den Betrag „69,4 €“ und der Betrag „123,8 €“ durch den Betrag „127,1 €“ ersetzt.

21e. § 58 Abs. 6 lautet:

„(6) Die im Abs. 5 angeführte Dienstzulage beträgt

In der Verwendungsgruppe L 3 erhöht sich diese Dienstzulage bei den im Abs. 5 Z 1 genannten Fremdsprachlehrern an Polytechnischen Schulen und bei den im Abs. 5 Z 3 genannten Lehrern für Werkerziehung an Polytechnischen Schulen um 38,1 €. In der Verwendungsgruppe L 2b 1 erhöht sich die im ersten Satz angeführte Dienstzulage bei den im Abs. 5 Z 3 genannten Lehrern für Werkerziehung an Polytechnischen Schulen um 11,4 €.

21f. In § 59 Abs. 2 wird der Betrag „500,0 €“ durch den Betrag „513,5 €“ ersetzt.

21g. In § 59a Abs. 1 werden ersetzt:

a) in Z 1 der Betrag „75,1 €“ durch den Betrag „77,1 €“,

b) in Z 2 der Betrag „113,7 €“ durch den Betrag „116,8 €“,

c) in Z 3 der Betrag „156,1 €“ durch den Betrag „160,3 €“.

21h. In § 59a Abs. 2 wird der Betrag „75,1 €“ durch den Betrag „77,1 €“ ersetzt.

21i. In § 59a Abs. 2a wird der Betrag „16,3 €“ durch den Betrag „16,7 €“ ersetzt.

21j. In § 59a Abs. 3 wird der Betrag „113,7 €“ durch den Betrag „116,8 €“ ersetzt.

21k. In § 59a Abs. 5a Z 2 wird der Betrag „90,3 €“ durch den Betrag „92,7 €“ ersetzt.

21l. In § 59b Abs. 1 werden ersetzt:

a) in Z 1 lit. a, Z 2 lit. a und Z 3 lit. a der Betrag „53,5 €“ durch den Betrag „54,9 €“,

b) in Z 1 lit. b, Z 2 lit. b, Z 2 lit. c und Z 3 lit. b der Betrag „66,6 €“ durch den Betrag „68,4 €“,

c) in Z 1 lit. c und Z 2 lit. d der Betrag „80,0 €“ durch den Betrag „82,2 €“ und

d) in Z 4 der Betrag „26,9 €“ durch den Betrag „27,6 €“.

21m. In § 59b Abs. 2 werden ersetzt:

a) in Z 1 lit. a, Z 2 lit. a und Z 3 lit. a der Betrag „53,5 €“ durch den Betrag „54,9 €“,

b) in Z 1 lit. b, Z 2 lit. b und Z 3 lit. b der Betrag „66,6 €“ durch den Betrag „68,4 €“,

c) in Z 1 lit. c und Z 3 lit. c der Betrag „73,6 €“ durch den Betrag „75,6 €“,

d) in Z 4 der Betrag „52,4 €“ durch den Betrag „53,8 €“ und

e) in Z 5 der Betrag „26,4 €“ durch den Betrag „27,1 €“.

21n. In § 59b Abs. 3 wird in Z 1 der Betrag „80,0 €“ durch den Betrag „82,2 €“ und in Z 2 der Betrag „94,0 €“ durch den Betrag „96,5 €“ ersetzt.

21o. In § 59b Abs. 4 wird der Betrag „104,7 €“ durch den Betrag „107,5 €“ ersetzt.

21p. In § 59b Abs. 5 wird der Betrag „34,3 €“ durch den Betrag „35,2 €“ ersetzt.

21q. In § 59b Abs. 6 wird der Betrag „104,7 €“ durch den Betrag „107,5 €“ ersetzt.

21r. Die Tabelle in § 60 Abs. 1 erhält folgende Fassung:

21s. In § 60 Abs. 3 wird der Betrag „44,2 €“ durch den Betrag „45,4 €“ und der Betrag „37,1 €“ durch den Betrag „38,1 €“ ersetzt.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 271

21t. In § 60 Abs 4 wird der Betrag „13,2 €“ durch den Betrag „13,6 €“ und der Betrag „11,1 €“ durch den Betrag „11,4 €“ ersetzt.

21u. Die Tabelle in §  60a Abs. 2 erhält folgende Fassung:

21v. In § 61 Abs. 8 werden ersetzt:

a) in Z 1 der Betrag „29,9 €“ durch den Betrag „30,7 €“,

b) in Z 2 der Betrag „25,9 €“ durch den Betrag „26,6 €“ und

c) im letzten Satz der Betrag „26,3 €“ durch den Betrag „27,0 €“ und der Betrag „22,6 €“ durch den Betrag „23,2 €“.“

10. In Art. 2 werden nach Z 24 folgende Z 24a bis 24m eingefügt:

„24a. In § 61a Abs. 1 werden ersetzt:

a) in Z 1 der Betrag „163,9 €“ durch den Betrag „168,3 €“ und

b) in Z 2 der Betrag „143,4 €“ durch den Betrag „147,3 €“.

24b. In § 61b Abs. 1 werden ersetzt:

a) in Z 1 lit. a der Betrag „131,1 €“ durch den Betrag „134,6 €“,

b) in Z 1 lit. b der Betrag „110,6 €“ durch den Betrag „113,6 €“,

c) in Z 2 lit. a der Betrag „102,4 €“ durch den Betrag „105,2, €“,

d) in Z 2 lit. b der Betrag „90,1 €“ durch den Betrag „92,5 €“,

e) in Z 3 lit. a der Betrag „90,1 €“ durch den Betrag „92,5 €“,

f) in Z 3 lit. b der Betrag „73,7 €“ durch den Betrag „75,7 €“,

g) in Z 4 lit. a der Betrag „45,1 €“ durch den Betrag „46,3 €“ und

h) in Z 4 lit. b der Betrag „36,8 €“ durch den Betrag „37,8 €“.

24c. In § 61c Abs. 1 werden ersetzt:

a) in Z 1 der Betrag „73,6 €“ durch den Betrag „75,6 €“ und

b) in Z 2 der Betrag „73,6 €“ durch den Betrag „75,6 € und.

c) in Z 3 der Betrag „122,9 €“ durch den Betrag „126,2 €“.

24d. In § 61d Abs. 1 wird der Betrag „45,1 €“ durch den Betrag „46,3 €“ ersetzt.

24e. In § 61e Abs. 1 werden ersetzt:

a) in Z 1 der Betrag „122,9 €“ durch den Betrag „126,2 €“,

b) in Z 2 der Betrag „45,1 €“ durch den Betrag „46,3 €“ und

c) in Z 3 der Betrag „90,1 €“ durch den Betrag „92,5 €“.

24f. In § 61e Abs. 2 werden ersetzt:

a) in Z 1 lit. a der Betrag „155,6 €“ durch den Betrag „159,8 €“,

b) in Z 1 lit. b der Betrag „139,3 €“ durch den Betrag „143,1 €“,

c) in Z 2 lit. f der Betrag „122,9 €“ durch den Betrag „126,2 €“ und der Betrag „106,4 €“ durch den Betrag „109,3 €“,

d) in Z 3 lit. c der Betrag „102,4 €“ durch den Betrag „105,2 €“ und der Betrag „90,1 €“ durch den Betrag „92,5 €“ und


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 272

e) in Z 4 der Betrag „102,4 €“ durch den Betrag „105,2 €“ und der Betrag „90,1 €“ durch den Betrag „92,5 €“.

24g. In § 62 Abs. 2 werden ersetzt:

a) in Z 1 der Betrag „9,4 €“ durch den Betrag „9,7 €“,

b) in Z 2 der Betrag „13,7 €“ durch den Betrag „14,1 €“,

c) in Z 3 der Betrag „17,9 €“ durch den Betrag „18,4 €“ und

d) in Z 4 der Betrag „20,0 €“ durch den Betrag „20,5 €“.

24h. In § 63b Abs. 1 werden ersetzt:

a) in Z 1 der Betrag „226,8 €“ durch den Betrag „232,9 €“ und

b) in Z 2 der Betrag „197,6 €“ durch den Betrag „202,9 €“.

24i. In § 63b Abs. 5 werden ersetzt:

a) in Z 1 der Betrag „29,1 €“ durch den Betrag „29,9 €“ und

b) in Z 2 der Betrag „25,4 €“ durch den Betrag „26,1 €“.

24j. Die Tabelle in § 65 Abs. 1 erhält folgende Fassung:

24k. Die Tabelle in § 72 Abs. 1 erhält folgende Fassung:

24l. Die Tabelle in § 74 Abs. 1 erhält folgende Fassung:

24m. In § 74a Abs. 1 wird der Betrag „7 299,0 €“ durch den Betrag „7 496,1 €“ und der Betrag „7 736,3 €“ durch den Betrag „7 945,2 €“ ersetzt.“

11. In Art. 2 erhält Z 27a die Bezeichnung „Z 27h“. Nach Z 27 werden folgende Z 27a bis 27g eingefügt:

„27a. Die Tabelle in § 81 Abs. 2 erhält folgende Fassung:

27b. In § 83 Abs. 1 wird der Betrag „92,7 €“ durch den Betrag „95,2 €“ ersetzt.

27c. Die Tabelle in § 85 Abs. 1 erhält folgende Fassung:

27d. § 87 Abs. 2 lautet:

„(2) Das Fixgehalt beträgt für Berufsmilitärpersonen

1. in der Funktionsgruppe 7

a) für die ersten fünf Jahre    7 496,1 €,

b) ab dem sechsten Jahr      7 945,2 €,

2. in der Funktionsgruppe 8

a) für die ersten fünf Jahre    8 028,3 €,

b) ab dem sechsten Jahr      8 477,4 €,

3. in der Funktionsgruppe 9

a) für die ersten fünf Jahre    8 477,4 €,

b) ab dem sechsten Jahr      9 101,6 €.“

27e. Die Tabelle in § 89 Abs. 1 erhält folgende Fassung:


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 273

27f. Die Tabelle in § 91 Abs. 1 erhält folgende Fassung:

27g. In § 98 Abs. 2 wird in Z 1 der Betrag „88,9 €“ durch den Betrag „91,3 €“ und in Z 2 der Betrag „45,0 €“ durch den Betrag „46,2 €“ ersetzt.“

12. In Art. 2 werden nach der neuen Z 27h folgende Z 27i und 27j eingefügt:

„27i. In § 101 Abs. 2 werden ersetzt:

a) in Z 2 der Betrag „62,8 €“ durch den Betrag „64,5 €“,

b) in Z 3 der Betrag „170,9 €“ durch den Betrag „175,5 €“,

c) in Z 4 der Betrag „269,8 €“ durch den Betrag „277,1 €“,

d) in Z 5 der Betrag „206,8 €“ durch den Betrag „212,4 €“ und

e) in Z 6 der Betrag „152,9 €“ durch den Betrag „157,0 €“.

27j. In § 101a Abs. 5 wird der Betrag „109,5 €“ durch den Betrag „112,5 €“ und der Betrag „219,0 €“ durch den Betrag „224,9 €“ ersetzt.“

13. In Art. 2 werden nach Z 28 folgende Z 28a bis 28c eingefügt:

„28a. Die Tabelle in § 109 Abs. 1 erhält folgende Fassung:

28b. In § 111 Abs. 2 werden ersetzt:

a) in Z 1 der Betrag „187,2 €“ durch den Betrag „192,3 €“,

b) in Z 2 der Betrag „240,9 €“ durch den Betrag „247,4 €“ und

c) in Z 3 der Betrag „294,3 €“ durch den Betrag „302,2 €“.

28c. In § 112 Abs. 1 wird in Z 1 der Betrag „138,1 €“ durch den Betrag „141,8 €“ und in Z 2 der Betrag „157,2 €“ durch den Betrag „161,4 €“ ersetzt.“

14. In Art. 2 werden nach Z 32a folgende Z 32b bis 32d eingefügt:

„32b. § 114 Abs. 2 Z 1 bis 5 lautet:

„1. Beamte der Allgemeinen Verwaltung, Wachebeamte und Berufsoffiziere

a) in den Verwendungsgruppen E und D

b) in den Verwendungsgruppen A, H 1, B, W 1, H 2, C und W 2

2. Beamte in handwerklicher Verwendung

3. Universitätsprofessoren

4. Lehrer

5. Beamte des Schulaufsichtsdienstes

32c. In § 114 Abs. 3 wird der Betrag „317,5 €“ durch den Betrag „326,1 €“ ersetzt.

32d. In § 115 Abs. 1 wird der Betrag „42,0 €“ durch den Betrag „43,1 €“ ersetzt.“

15. In Art. 2 erhalten die Z 34 bis 37 die Ziffernbezeichnungen „59“ bis „62“. Nach Z 33 werden folgende Z 34 bis 58 eingefügt:

„34. Die Tabelle in § 117a Abs. 2 erhält folgende Fassung:

35. Die Tabelle in § 117c Abs. 1 erhält folgende Fassung:

36. In § 117c Abs. 3 wird der Betrag „76,4 €“ durch den Betrag „78,5 €“ ersetzt.

37. Die Tabelle in § 118 Abs. 3 erhält folgende Fassung:


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 274

38. Die Tabelle in § 118 Abs. 4 erhält folgende Fassung:

39. Die Tabelle in § 118 Abs. 5 erhält folgende Fassung:

40. In § 120 Abs. 1 wird der Betrag „138,8 €“ durch den Betrag „142,5 €“ und der Betrag „176,2 €“ durch den Betrag „181,0 €“ ersetzt.

41. In § 123 Abs. 2 werden ersetzt:

a) in Z 1 der Betrag „47,8 €“ durch den Betrag „49,1 €“,

b) in Z 2 und Z 3 lit. a der Betrag „125,5 €“ durch den Betrag „128,9 €“ und

c) in Z 3 lit. b der Betrag „150,6 €“ durch den Betrag „154,7 €“.

42. In § 124 Abs. 2 werden ersetzt:

a) in Z 1 der Betrag „187,2 €“ durch den Betrag „192,3 €“,

b) in Z 2 der Betrag „240,9 €“ durch den Betrag „247,4 €“ und

c) in Z 3 der Betrag „294,3 €“ durch den Betrag „302,2 €“.

43. In § 130 wird der Betrag „66,1 €“ durch den Betrag „67,9 €“ ersetzt.

44. In § 131 Abs. 1 wird der Betrag „200,9 €“ durch den Betrag „206,3 €“ ersetzt.

45. In § 131 Abs. 2 Z 1 wird der Betrag „45,0 €“ durch den Betrag „46,2 €“ ersetzt.“

46. § 140 Abs. 1 lautet:

„(1) Dem Wachebeamten gebührt eine ruhegenussfähige Dienstzulage. Sie beträgt während der Dauer des provisorischen Dienstverhältnisses 27,7 € und im definitiven Dienstverhältnis

47. In § 140 Abs. 3 wird der Betrag „118,5 €“ durch den Betrag „121,7 €“ ersetzt.

48. In § 141 werden ersetzt:

a) der Betrag „95,1 €“ durch den Betrag „97,7 €“ und

b) der Betrag „112,9 €“ durch den Betrag „115,9 €“.

49. In § 142 Abs. 1 wird der Betrag „53,5 €“ durch den Betrag „54,9 €“ ersetzt.

50. Die Tabelle in § 143 Abs. 1 erhält folgende Fassung:

51. Die Tabelle in § 150 erhält folgende Fassung:

52. In § 151 Abs. 1 werden ersetzt:

a) in Z 1 der Betrag „106,9 €“ durch den Betrag „109,8 €“,

b) in Z 2 der Betrag „80,7 €“ durch den Betrag „82,9 €“ und

c) in Z 3 der Betrag „53,6 €“ durch den Betrag „55,0 €“.

53. In § 152 Abs. 1 wird der Betrag „88,9 €“ durch den Betrag „91,3 €“ ersetzt.

54. In § 153 Abs. 2 wird in Z 1 der Betrag „206,8 €“ durch den Betrag „212,4 €“ und in Z 2 der Betrag „152,9 €“ durch den Betrag „157,0 €“ ersetzt.

55. Die Tabelle in § 165 Abs. 1 erhält folgende Fassung:

56. In § 165 Abs. 3 wird der Betrag „127,9 €“ durch den Betrag „131,4 €“ und der Betrag „256,0 €“ durch den Betrag „262,9 €“ ersetzt.

57. In § 165 Abs. 4 wird der Betrag „150,1 €“ durch den Betrag „154,2 €“ ersetzt.“

58. Nach § 170 wird folgender § 170a samt Überschrift eingefügt:


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 275

„Einmalzahlung

§ 170a. (1) Dem Beamten des Dienststandes, der nicht gemäß § 17 Abs. 1a des Poststrukturgesetzes, BGBl. Nr. 201/1996, zugewiesen ist, gebührt im Monat Mai 2008 eine Einmalzahlung in Höhe von 175 €, wenn er am 1. Mai 2008 Anspruch auf Gehalt hat.

(2) Der im Abs. 1 genannte Betrag entspricht einem vollen Beschäftigungsausmaß und ist entsprechend dem Beschäftigungsausmaß, das der Beamte am 1. Mai 2008 hat, zu aliquotieren. Wenn die Beamtin am 1. Mai 2008 nach § 3 Abs. 1 bis 3 oder § 5 Abs. 1 MSchG 1979 nicht beschäftigt werden darf, ist von jenem Beschäftigungsausmaß auszugehen, das für die Beamtin unmittelbar vor Beginn des Beschäftigungsverbotes gegolten hat.““

16. In Art. 2 lautet die neue Z 61:

„61. Dem § 175 wird folgender Abs. 58 angefügt:

„(58) In der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/2007 treten in Kraft:

1. § 77a, § 112 Abs. 4 mit 1. Jänner 2007,

2. § 12a Abs. 4, § 12a Abs. 5, § 40 Abs. 3, § 102 Abs. 3, § 102 Abs. 4, § 112k samt Überschrift mit 1. Juli 2007,

3. § 12g Abs. 1 und die Aufhebung des § 12g Abs. 7 mit 1. September 2007,

4. § 116b Abs. 4 und Anlage 4 lit. A mit 1. Oktober 2007,

5. der Entfall der §§ 43 bis 47 sowie des Unterabschnitts H in Abschnitt XI samt Überschriften mit den §§ 157 bis 163 mit Ablauf des 31. Dezember 2007.“

6. § 6 Abs. 6, § 10 Abs. 1 Z 3, § 10 Abs. 4 Z 2 lit. b, § 42, § 12 Abs. 10 und 11, § 12b Abs. 3 Z 4, § 15 Abs. 5, § 15a Abs. 3, § 16, § 17 Abs. 2a und 6, § 20c Abs. 3 Z 2, § 20c Abs. 5, § 20b samt Überschrift, § 28 Abs. 1, § 30 Abs. 1, § 31 Abs. 2, § 36b Abs. 6, § 40a Abs. 1, § 40b Abs. 2 und 3, § 40c Abs. 1 und 2, § 41, § 42, § 48 Abs. 1, § 48a Abs. 1, § 50 Abs. 4, § 52 Abs. 1, § 53b Abs. 1 und 2, § 55 Abs. 1, § 57 Abs. 2, § 58 Abs. 2, 4 und 6, § 59 Abs. 2, § 59a, § 59b, § 60 Abs. 1, 3 und 4, § 60a Abs. 2, § 61 Abs. 8 und 12, § 61a Abs. 1, § 61b Abs. 1, § 61c Abs. 1, § 61d Abs. 1, § 61e Abs. 1 und 2, § 62 Abs. 2, § 63b Abs. 1 und 5, § 65 Abs. 1, § 72 Abs. 1, § 74 Abs. 1, § 74a Abs. 1, § 81 Abs. 2, § 83 Abs. 1, § 85 Abs. 1, § 87 Abs. 2, § 89 Abs. 1, § 91 Abs. 1, § 98 Abs. 2, § 100 Abs. 3 Z 2, § 101 Abs. 2, § 101a Abs. 5, § 109 Abs. 1, § 111 Abs. 2, § 112 Abs. 1 und 3, § 113h Abs. 6, § 113i samt Überschrift, § 114 Abs. 2 und 3, § 115 Abs. 1, § 117a Abs. 2, § 117c Abs. 1 und 3, § 118 Abs. 3, 4 und 5, § 120 Abs. 1, § 123 Abs. 2, § 124 Abs. 2, § 130, § 131 Abs. 1 und 2, § 140 Abs. 1 und 3, § 141, § 142 Abs. 1, § 143 Abs. 1, § 150, § 151 Abs. 1, § 152 Abs. 1, § 153 Abs. 2, § 165 Abs. 1, 3 und 4 und § 170a und die Aufhebung des § 15 Abs. 1 Z 12 und 13 mit 1. Jänner 2008,

7. § 61 Abs. 9 sowie der Entfall des § 61 Abs. 10 erster Satz mit 1. September 2008.

§ 16, § 17 Abs. 2a und § 61 Abs. 12 Z 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/2007 sind nur auf ab 1. Jänner 2008 erbrachte zusätzliche Dienstleistungen nach § 23 Abs. 10 MSchG, nach § 10 Abs. 12 VKG und nach § 50c Abs. 3 dieses Bundesgesetzes anzuwenden.““

17. Dem Art. 2 wird folgende Z 63 angefügt:

„63. Artikel IV der 31. Gehaltsgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 662/1977, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 166/2006, wird wie folgt geändert:

a) Die Tabelle im Abs. 3 erhält folgende Fassung:


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 276

b) Dem Art. IV wird folgender Abs. 18 angefügt:

„(18) Abs. 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2007 tritt mit 1. Jänner 2008 in Kraft.““

18. In Art. 3 werden nach Z 4 folgende Z 4a und 4b eingefügt:

„4a. Die Tabelle in § 11 Abs. 1 erhält folgende Fassung:

4b. Die Tabelle in § 14 Abs. 1 erhält folgende Fassung:

19. In Art. 3 wird nach Z 10 folgende Z 10a eingefügt:

„10a. In § 22 Abs. 2 wird in der Tabelle der Betrag „138,8 €“ durch den Betrag „142,5 €“ und der Betrag „176,2 €“ durch den Betrag „181,0 €“ ersetzt.“

20. In Art. 3 werden nach Z 14 folgende Z 14a bis 14o eingefügt:

„14a. Die Tabelle in § 41 Abs. 1 erhält folgende Fassung:

14b. Die Tabelle in § 44 erhält folgende Fassung:

14c. In § 44a Abs. 2 werden ersetzt:

a) der Betrag „53,4 €“ durch den Betrag „54,8 €“,

b) der Betrag „16,1 €“ durch den Betrag „16,5 €“,

c) der Betrag „19,4 €“ durch den Betrag „19,9 €“ und

d) der Betrag „5,7 €“ durch den Betrag „5,9 €“.

14d. In § 44a Abs. 3 und 4 werden ersetzt:

a) in Abs. 3 und Abs. 4 Z 1 und 2 der Betrag „35,8 €“ durch den Betrag „36,8 €“,

b) in Abs. 3 und Abs. 4 Z 3 der Betrag „65,5 €“ durch den Betrag „67,3 €“.

14e. In § 44a Abs. 5 werden ersetzt:

a) der Betrag „23,4 €“ durch den Betrag „24,0 €“,

b) der Betrag „19,4 €“ durch den Betrag „19,9 €“,

c) der Betrag „7,0 €“ durch den Betrag „7,2 €“ und

d) der Betrag „5,7 €“ durch den Betrag „5,9 €“.

14f. In § 44a Abs. 6 wird der Betrag „39,8 €“ durch den Betrag „40,9 €“ ersetzt.

14g. In § 44a Abs. 7 wird der Betrag „8,5 €“ durch den Betrag „8,7 €“ ersetzt.

14h. In § 44a Abs. 8 werden ersetzt:

a) in Z 1 der Betrag „38,8 €“ durch den Betrag „39,8 €“,

b) in Z 2 der Betrag „59,0 €“ durch den Betrag „60,6 €“ und

c) in Z 3 der Betrag „81,0 €“ durch den Betrag „83,2 €“.

14i. In § 44a Abs. 9 wird der Betrag „68,6 €“ durch den Betrag „70,5 €“ ersetzt.

14j. In § 44b werden ersetzt:

a) in Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 Z 1 der Betrag „639,2 €“ durch den Betrag „656,5 €“,

b) in Abs. 1 Z 2 und Abs. 2 Z 2 der Betrag „798,8 €“ durch den Betrag „820,4 €“,

c) in Abs. 1 Z 3 der Betrag „959,7 €“ durch den Betrag „985,6 €“ und

d) in Abs. 2 Z 3 der Betrag „882,8 €“ durch den Betrag „906,6 €“.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 277

14k. In § 44c Abs. 1 werden ersetzt:

a) der Betrag „3 828,0 €“ durch den Betrag „3 931,4 €“,

b) der Betrag „3 381,3 €“ durch den Betrag „3 472,6 €“,

c) der Betrag „2 810,9 €“ durch den Betrag „2 886,8 €“ und

d) der Betrag „2 111,3 €“ durch den Betrag „2 168,3 €“.

14l. In § 49q Abs. 1 und Abs. 1a werden ersetzt:

a) in Abs. 1 Z 1 lit. a der Betrag „41 246,3 €“ durch den Betrag „42 360,0 €“,

b) in Abs. 1 Z 1 lit. b der Betrag „49 437,6 €“ durch den Betrag „50 772,4 €“,

c) in Abs. 1 Z 2 lit. a der Betrag „45 342,0 €“ durch den Betrag „46 566,2 €“,

d) in Abs. 1 Z 2 lit. b der Betrag „53 533,2 €“ durch den Betrag „54 978,6 €“,

e) in Abs. 1 Z 3 lit. a der Betrag „49 437,6 €“ durch den Betrag „50 772,4 €“,

f) in Abs. 1 Z 3 lit. b der Betrag „57 629,0 €“ durch den Betrag „59 185,0 €“,

e) in Abs. 1a Z 1 der Betrag „50 900,3 €“ durch den Betrag „52 274,6 €“,

f) in Abs. 1a Z 2 der Betrag „59 091,7 €“ durch den Betrag „60 687,2 €“,

14m. Die Tabelle in § 49v Abs. 1 erhält folgende Fassung:

14n. Die Tabelle in § 54 erhält folgende Fassung:

14o. In § 54e Abs. 1 wird der Betrag „332,4 €“ durch den Betrag „341,4 €“ und der Betrag „454,4 €“ durch den Betrag „466,7 €“ ersetzt.“

21. In Art. 3 werden nach Z 15 folgende Z 15a bis 15c eingefügt:

„15a. Die Tabelle in § 56 erhält folgende Fassung:

15b. In § 56e Abs. 1 wird der Betrag „332,4 €“ durch den Betrag „341,4 €“ und der Betrag „454,4 €“ durch den Betrag „466,7 €“ ersetzt.

15c. Die Tabelle in § 61 Abs. 1 erhält folgende Fassung:

22. In Art. 3 werden nach Z 17a folgende Z 17b bis 17g eingefügt:

„17b. Die Tabelle in § 71 Abs. 1 erhält folgende Fassung:

17c. Die Tabelle in § 71 Abs. 2 erhält folgende Fassung:

17d. Die Tabelle in § 72 Abs. 1 erhält folgende Fassung:

17e. Die Tabelle in § 72 Abs. 2 erhält folgende Fassung:

17f. Die Tabelle in § 73 Abs. 2 erhält folgende Fassung:

17g. § 74 Abs. 2 lautet:

„(2) Das fixe Monatsentgelt beträgt für Vertragsbedienstete

1. in der Bewertungsgruppe v1/5

a) für die ersten fünf Jahre     7 089,6 €,

b) ab dem sechsten Jahr       7 485,8 €,

2. in der Bewertungsgruppe v1/6

a) für die ersten fünf Jahre     7 559,3 €,

b) ab dem sechsten Jahr       7 955,9 €,


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 278

3. in der Bewertungsgruppe v1/7

a) für die ersten fünf Jahre     7 955,9 €,

b) ab dem sechsten Jahr       8 506,5 €.““

23. In Art. 3 werden nach Z 20 folgende Z 20a und 20b eingefügt:

„20a. An die Stelle des § 95 Abs. 1 bis 3 treten folgende Bestimmungen:

„(1) Das monatliche Sonderentgelt (mit Ausnahme der Kinderzulage) jener Vertragsbediensteten, mit denen vor dem 1. Jänner 2008 gemäß § 36 ein Sondervertrag abgeschlossen worden ist, wird ab 1. Jänner 2008 um 2,7 % erhöht, sofern

1. sich diese Erhöhung nicht bereits aus dem Sondervertrag ergibt oder

2. im Sondervertrag die Erhöhung des Sonderentgeltes nicht an andere Anlassfälle als Bezugserhöhungen oder Teuerungsabgeltungen im öffentlichen Dienst geknüpft ist.“

20b. Nach § 95 wird folgender § 95a samt Überschrift eingefügt:

„Einmalzahlung

§ 95a. (1) Im Monat Mai 2008 gebührt eine Einmalzahlung von 175 €

1. dem Vertragsbediensteten, wenn er

a) am 1. Mai 2008 Anspruch auf Monatsentgelt hat und

b) sich der Anspruch auf diese Einmalzahlung nicht bereits aus einem Sondervertrag ergibt, und

2. dem Verwaltungspraktikanten, wenn er am 1. Mai 2008 Anspruch auf Aus­bil­dungsbeitrag hat.

(2) Der im Abs. 1 genannte Betrag entspricht einem vollen Beschäftigungsausmaß und ist entsprechend dem Beschäftigungsausmaß, das der Vertragsbedienstete am 1. Mai 2008 hat, zu aliquotieren. Wenn die Vertragsbedienstete am 1. Mai 2008 nach § 3 Abs. 1 bis 3 oder § 5 Abs. 1 MSchG 1979 nicht beschäftigt werden darf, ist von jenem Beschäftigungsausmaß auszugehen, das für die Vertragsbedienstete unmittelbar vor Beginn des Beschäftigungsverbotes gegolten hat.

(3) Kranken- oder Wochengeld ist dem Monatsentgelt oder Ausbildungsbeitrag gleichzuhalten.““

24. In Art. 3 lautet die Z 25:

„25. Dem § 100 wird folgender Abs. 48 angefügt:

„(48) In der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/2007 treten in Kraft:

1. § 2 mit 10. August 2002,

2. § 15 Abs. 4 und 5, § 67 Abs. 1, § 77 Abs. 3, § 80a samt Überschrift und § 100 Abs. 46 Z 3 mit 1. Juli 2007,

3. § 3b Abs. 1 und 2, § 11 Abs. 1, § 14 Abs. 1, § 17 Abs. 3, § 22 Abs. 1 und 2, § 26 Abs. 10 und 11, § 41 Abs. 1, § 44, § 44a, § 44b, § 44c Abs. 1, § 49q Abs. 1 und 1a, § 49v Abs. 1, § 54, § 54e Abs. 1 und 2, § 56, § 56e Abs. 1, § 61 Abs. 1, § 63 Abs. 2, § 68 Abs. 6, § 69 Abs. 7, § 71 Abs. 1 und Abs. 2, § 72 Abs. 1 und 2, § 73 Abs. 2, § 74 Abs. 2, § 86 Abs. 3, § 95 Abs. 1 und 1a, § 95a mit 1. Jänner 2008.““


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 279

25. In Art. 4 treten folgende Z 1 bis 23 an die Stelle der Z 1 und 2:

„1. Der Gesetzestitel lautet:

„Bundesgesetz über das Dienstverhältnis der Richterinnen und Richter, Staats­an­wältinnen und Staatsanwälte und Richteramtsanwärterinnen und Richteramtsanwärter (Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz - RStDG)“

2. Artikel I Abs. 1 lautet:

„(1) Dieses Bundesgesetz ist auf Richter, Staatsanwälte und Richteramtsanwärter anzuwenden.“

3. Nach Artikel II wird folgender Artikel IIa samt Überschrift eingefügt:

„Artikel IIa

Staatsanwälte

(1) Staatsanwälte im Sinne dieses Bundesgesetzes sind die in Art 90a des Bundes-Verfassungsgesetzes genannten Organe.

(2) Soweit dieses Bundesgesetz oder andere dienstrechtliche Bestimmungen nicht besondere Vorschriften für die Staatsanwälte enthalten, sind die für die Richter gelten­den Vorschriften auf die Staatsanwälte sinngemäß anzuwenden; besondere Vorschrif­ten für Staatsanwälte enthält insbesondere der 4. Teil dieses Bundesgesetzes. Nicht anzuwenden sind aus dem 1. Teil der III. Abschnitt mit Ausnahme der §§ 26 und 32b, der IV. Abschnitt, § 52, der VI. Abschnitt  mit Ausnahme des § 58a, der VII. Abschnitt  mit Ausnahme der §§ 68a, 72 und 76e bis 76g, der VIII. Abschnitt, § 111 sowie der 3. Teil mit Ausnahme des § 170b.“

4. § 2 Abs. 1 Z 4 lit. a lautet:

„a) der Abschluss eines Studiums des österreichischen Rechts (§ 2a) oder“

5. Nach § 2 wird folgender § 2a samt Überschrift eingefügt:

„Studium des österreichischen Rechts

§ 2a. (1) Das zur Aufnahme in den richterlichen Vorbereitungsdienst erforderliche Studium des österreichischen Rechts ist an einer Universität zurückzulegen und mit einem rechtswissenschaftlichen akademischen Grad abzuschließen, wobei diesem auch mehrere Studien (§§ 54 ff Universitätsgesetz 2002) zu Grunde liegen können. Die Studiendauer hat mindestens vier Jahre mit einem Arbeitsaufwand von zumindest 240 ECTS-Anrechnungspunkten (§ 51 Abs. 2 Z 26 Universitätsgesetz 2002) zu betragen.

(2) Im Rahmen des Studiums nach Abs. 1 sind nachweislich angemessene Kenntnisse über folgende Wissensgebiete zu erwerben:

1. österreichisches bürgerliches Recht und österreichisches Zivilverfahrensrecht,

2. österreichisches Straf- und Strafprozessrecht,

3. österreichisches Verfassungsrecht einschließlich der Grund- und Menschenrechte und österreichisches Verwaltungsrecht einschließlich des Verwaltungsverfahrens­rechts,

4. österreichisches Unternehmensrecht, österreichisches Arbeits- und Sozialrecht und österreichisches Steuerrecht,

5. Europarecht; allgemeines Völkerrecht,

6. erforderlichenfalls sonstige rechtswissenschaftliche Wissensgebiete und


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 280

7. Grundlagen des Rechts; wirtschaftswissenschaftliche Wissensgebiete; sonstige Wissensgebiete mit Bezug zum Recht.

Diese Wissensgebiete sind in einem zur Sicherstellung der für die Ausübung des Berufs des Richters erforderlichen rechtswissenschaftlichen Ausbildung angemes­senen Umfang vorzusehen. Der Arbeitsaufwand für diese Wissensgebiete hat insge­samt zumindest 200 ECTS-Anrechnungspunkte zu betragen, wobei auf rechtswis­senschaftliche Wissensgebiete zumindest 150 ECTS-Anrechnungspunkte zu entfallen haben. Der Nachweis der Kenntnisse ist durch positiv abgelegte Prüfungen und/oder positiv beurteilte schriftliche Arbeiten einschließlich der Arbeit nach Abs. 4 zu erbrin­gen, wobei der Gegenstand der Prüfung oder Arbeit jeweils auch mehreren Wissen­gebieten entnommen sein kann.

(3) Im Rahmen des Studiums ist auch eine schriftliche, positiv beurteilte Arbeit zu erstellen, deren inhaltlicher Schwerpunkt auf einem oder mehreren der in Abs. 2 genannten rechtswissenschaftlichen Wissensgebiete gelegen sein muss und die dem Nachweis der Fähigkeit zum selbständigen rechtswissenschaftlichen Arbeiten dient.

(4) Ein von einem österreichischen Staatsangehörigen an einer Universität zurück­gelegtes und mit einem rechtswissenschaftlichen akademischen Grad abgeschlos­senes anderes rechtswissenschaftliches Studium entspricht nur bei Gleichwertigkeit den Erfordernissen nach Abs. 1. Die Gleichwertigkeit der Ausbildung und ihrer Inhalte ist dann gegeben, wenn die Kenntnisse und Fähigkeiten des Studienabsolventen den durch Absolvierung eines Studiums des österreichischen Rechts nach den Abs. 2 und 3 bescheinigten Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechen. Die Prüfung der Gleich­wertigkeit, gegebenenfalls auch deren Herstellung bei nur teilweiser Entsprechung hat nach den Vorschriften des ersten Abschnittes des Ausbildungs- und Berufsprüfungs­anrechnungsgesetzes zu erfolgen.“

6. Dem § 3 wird folgender Abs. 4 angefügt:

„(4) Ist fraglich, ob das vom Aufnahmewerber abgeschlossene Studium des öster­reichischen Rechts den Voraussetzungen des § 2a entspricht, kann der Präsident des Oberlandesgerichtes als oder im Wege des Präses der gemäß § 5 Abs. 3 Ausbildungs- und Berufsprüfungs-Anrechnungsgesetz - ABAG, BGBl. I Nr. XXX/2007, zuständigen Ausbildungsprüfungskommission ein Gutachten eines oder mehrerer Prüfungskom­missäre aus dem Kreis der Universitätsprofessoren (§ 3 Abs. 2 ABAG) einholen.“

7. § 16 Abs. 4 lautet:

„(4) Folgende Gebiete der österreichischen Rechtsordnung – jeweils unter Berück­sichtigung bestehender europarechtlicher und internationaler Bezüge – sind insbe­sondere in ihrer praktischen Anwendung durch die Gerichte Gegenstände der münd­lichen Prüfung:

1. bürgerliches Recht einschließlich des Internationalen Privatrechts sowie das Arbeits- und Sozialrecht;

2. Unternehmensrecht einschließlich des Wechsel- und Scheckrechts, des Immaterial­güterrechts sowie des gewerblichen Rechtsschutzes;

3. Zivilverfahrensrecht einschließlich des Außerstreitverfahrens-, Exekutions-, Kon­kurs-, Ausgleichs- und Anfechtungsrechts;

4. Strafrecht und Strafverfahrensrecht einschließlich des Strafvollzugsrechts sowie der Grundzüge der Kriminologie;

5. Verfassung und innere Einrichtung der Gerichte einschließlich der wichtigsten Be­stimmungen der Geschäftsordnung für die Gerichte I. und II. Instanz;


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 281

6. Verfassungsrecht, die Grund- und Menschenrechte einschließlich des Gleich­behandlungs- und Antidiskriminierungsrechts, die Verfassungs- und die Verwaltungs­gerichtsbarkeit sowie die Grundzüge des Verwaltungs- und des Finanzrechts;

7. Dienstrecht der Richter und Staatsanwälte unter Berücksichtigung der Grundzüge des Dienstrechts der anderen Bundesbediensteten;

8. Verfahrensleitung und Verhandlungsführung durch den Richter einschließlich der Gestaltung richterlicher Entscheidungen und Verfügungen, die Besorgung der Auf­gaben der Staatsanwaltschaft, die Zusammenarbeit und Koordination zwischen Justiz- und Exekutivorganen sowie Opferschutzeinrichtungen und Interventionsstellen sowie die Gewaltprävention und das Gewaltschutzrecht.“

8. § 16 Abs. 6 entfällt.

9. § 54 Abs. 1 Z 1 lautet:

„1. Umfang und Aktualität der fachlichen Kenntnisse, insbesondere der zur Amtsführung notwendigen Vorschriften;“

10. In § 57 Abs. 1 wird nach der Wendung „zu widmen,“ die Wendung „sich fort­zubilden,“ eingefügt.

11. § 66 Abs. 1 lautet:

„(1) Das Gehalt des Richters wird durch die Gehaltsgruppe und in ihr durch die Gehaltsstufe bestimmt. Es beträgt:

Ein festes Gehalt gebührt:

1. dem Präsidenten des Oberlandesgerichtes im Ausmaß von 10 059,7 €,

2. dem Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes im Ausmaß von 10 023,5 €,

3. dem Präsidenten des Obersten Gerichtshofes im Ausmaß von 11 062,8 €.“

12. In § 67 wird in Z 1 der Betrag „2 072,1 €“ durch den Betrag „2 128,0 €“ und in Z 2 der Betrag „2 128,6 €“ durch den Betrag „2 186,1 €“ ersetzt:

13. In § 68 werden ersetzt:

a) in Z 1 der Betrag „127,8 €“ durch den Betrag „131,3 €“,

b) in Z 2 der Betrag „187,5 €“ durch den Betrag „192,6 €“,

c) in Z 3 der Betrag „289,7 €“ durch den Betrag „297,5 €“,

d) in Z 4 der Betrag „341,0 €“ durch den Betrag „350,2 €“,

e) in Z 5 der Betrag „434,7 €“ durch den Betrag „446,4 €“,

f) in Z 6 der Betrag „289,7 €“ durch den Betrag „297,5 €“,

g) in Z 7 der Betrag „801,0 €“ durch den Betrag „822,6 €“,

h) in Z 8 der Betrag „997,0 €“ durch den Betrag „1 023,9 €“ und

i) in Z 9 der Betrag „732,9 €“ durch den Betrag „752,7 €“.“

14. Dem § 72 wird folgender Abs. 8 angefügt:

„(8) Fällt während der Zeit des Erholungsurlaubes ein gesetzlicher Feiertag auf einen Samstag, so besteht Anspruch auf einen zusätzlichen Urlaub von acht Stunden. Dieser Anspruch besteht auch dann, wenn ein Samstagfeiertag an das Ende eines min­destens fünf Arbeitstage dauernden Erholungsurlaubes anschließt.“

15. Die Tabelle in § 168 Abs. 2 erhält folgende Fassung:


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 282

16. In § 168a Abs. 2 wird der Betrag „317,5 €“ durch den Betrag „326,1 €“ ersetzt.

17. In § 169a wird der Betrag „349,2 €“ durch den Betrag „358,6 €“ ersetzt.

18. § 170 Abs. 1 lautet:

„(1) Eine Leistungsstrukturzulage gebührt in folgendem Ausmaß:

1. den Richtern der Gehaltsgruppe I

In der Gehaltsstufe 10              109,3 €,

in der Gehaltsstufe 11              100,7 €,

in der Gehaltsstufe 12              91,9 €,

in der Gehaltsstufe 13              83,3 €,

in der Gehaltsstufe 14              74,6 €,

in der Gehaltsstufe 15              65,7 €,

in der Gehaltsstufe 16              56,8 €,

2. den Richtern der Gehaltsgruppe II

In der Gehaltsstufe 13              78,8 €,

in der Gehaltsstufe 14              70,2 €,

in der Gehaltsstufe 15              61,3 €,

in der Gehaltsstufe 16              52,6 €.““

19. Die Überschrift zum 3. Teil lautet:

„Übergangsvorschriften“

20. Nach § 172 werden folgende Bestimmungen eingefügt:

„4. Teil

Sonderbestimmungen für Staatsanwälte

Staatsanwälte

§ 173. Die bei den Staatsanwaltschaften ernannten und ständig tätigen Staatsanwälte sowie die in § 205 genannten Organe arbeiten selbständig und in eigener Verant­wortung im Rahmen der Weisungen ihrer Vorgesetzten. Die Staatsanwälte sind der Republik Österreich zur Treue verpflichtet und haben die in der Republik Österreich geltende Rechtsordnung unverbrüchlich zu beachten. Sie haben sich mit voller Kraft und allem Eifer dem Dienst zu widmen, sich fortzubilden, und die Pflichten ihres Amtes so rasch wie möglich, gewissenhaft, unparteiisch und uneigennützig zu erfüllen.

Ernennungserfordernisse

§ 174. (1) Zum Staatsanwalt kann nur ernannt werden, wer die Ernennungs­erfordernisse nach § 26 erfüllt und eine zumindest einjährige Praxis als Richter bei einem Gericht oder als Staatsanwalt aufweist.

(2) Die Nichterfüllung des Erfordernisses einer einjährigen Praxis gemäß Abs. 1 kann aus dienstlichen Gründen nachgesehen werden, wenn ein gleich geeigneter Bewerber, der allen Erfordernissen entspricht, nicht vorhanden ist.

Planstellen und Amtstitel


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 283

§ 175. (1) Für Staatsanwälte sind nachstehende Planstellen und Amtstitel vorgesehen:

Planstelle         Amtstitel

1. Staatsanwalt für den Sprengel der Oberstaatsanwaltschaft (Sprengelstaatsanwalt)     Staatsanwalt

2. Staatsanwalt             Staatsanwalt

3. Leiter einer staatsanwaltschaftlichen Gruppe (Gruppenleiter)     Staatsanwalt

4. Erster Stellvertreter des Leiters der Staatsanwaltschaft  Erster Staatsanwalt

5. Leiter der Staatsanwaltschaft         Leitender Staatsanwalt

6. Stellvertreter des Leiters der Oberstaatsanwaltschaft     Oberstaatsanwalt

7. Erster Stellvertreter des Leiters der                   Oberstaatsanwalt Erster Oberstaatsanwaltschaft

8. Leiter der Oberstaatsanwaltschaft              Leitender Oberstaatsanwalt

9. Stellvertreter des Leiters der Generalprokuratur  Generalanwalt

10. Erster Stellvertreter des Leiters der Generalprokuratur              Erster Generalanwalt

11. Leiter der Generalprokuratur        Generalprokurator

(2) Die Zahl der Sprengelstaatsanwälte darf 5 vH der bei der Oberstaatsanwaltschaft und den unterstellten Staatsanwaltschaften systemisierten Staatsanwaltsplanstellen nicht übersteigen. Die Verwendung der Sprengelstaatsanwälte ist vom Leiter der Oberstaatsanwaltschaft zu bestimmen; sie sind bei den unterstellten Staats­anwalt­schaften für folgende Aufgaben einzusetzen:

1. Vertretung von krankheits- oder unfallsbedingt abwesenden Staatsanwälten,

2. Entlastung von Staatsanwälten, in deren Referaten Rückstände bestehen oder zu entstehen drohen,

3. Vertretung von Staatsanwälten hinsichtlich jener Aufgaben, die sie wegen Bear­beitung von Akten ungewöhnlichen Umfangs nicht wahrnehmen können,

4. Vertretung von suspendierten Staatsanwälten.

(3) Ein Sprengelstaatsanwalt kann aus den im Abs. 2 angeführten Gründen mit Verfügung des Bundesministers für Justiz bis zu sechs Monate je Kalenderjahr einer Staatsanwaltschaft außerhalb des Oberstaatsanwaltschaftssprengels zur Dienst­leistung zugeteilt werden.

(4) § 38 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333, ist auf Staatsanwälte mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Versetzung nur zu einer anderen Staats­anwaltschaft zulässig ist.

Amtskleid

§ 176. (1) Dem bei einer Staatsanwaltschaft tätigen Staatsanwalt ist ein Amtskleid aus Bundesmitteln beizustellen. § 70 Abs. 2 und 3 gilt sinngemäß.

(2) Das Amtskleid besteht aus einem Talar und einem Barett. Es ist in fünf ver­schiedenen Ausstattungen vorzusehen, und zwar je eine für:

1. den Staatsanwalt der Gehaltsgruppe St 1 oder I mit Ausnahme des Leiters der Staatsanwaltschaft;

2. den Leiter der Staatsanwaltschaft und den Staatsanwalt der Gehaltsgruppe St 2 oder II mit Ausnahme des Leiters der Oberstaatsanwaltschaft;


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 284

3. den Leiter der Oberstaatsanwaltschaft;

4. den Staatsanwalt der Gehaltsgruppe St 3 oder III;

5. den Leiter der Generalprokuratur.

Ausschreibung der Planstellen

§ 177. (1) Alle Planstellen von Staatsanwälten sind vor ihrer Besetzung auszu­schreiben.

(2) Die Ausschreibung der Planstelle des Leiters der Generalprokuratur sowie die Ausschreibung der Planstellen der Leiter der Oberstaatsanwaltschaften hat das Bundesministerium für Justiz zu veranlassen.

(3) Mit Ermächtigung des Bundesministeriums für Justiz haben der Leiter der General­prokuratur die Ausschreibung der übrigen Planstellen bei der Generalprokuratur und der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft die Ausschreibung der übrigen Planstellen im Bereich der Oberstaatsanwaltschaft zu veranlassen.

§ 178. (1) Die Ausschreibung hat die staatsanwaltschaftliche Planstelle zu bezeichnen und den Hinweis zu enthalten, dass Bewerber die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ernennung zum Staatsanwalt erfüllen müssen.

(2) Die Ausschreibung hat möglichst drei Monate vor, spätestens jedoch innerhalb eines Monats nach Freiwerden der Planstelle zu erfolgen.

(3) Die Ausschreibung hat im Amtsblatt zur Wiener Zeitung zu erfolgen. Sie kann daneben auch auf andere geeignete Weise verlautbart werden.

(4) Für die Überreichung der Bewerbungsgesuche ist eine Frist zu setzen, die nicht weniger als einen Monat betragen soll.

(5) Sobald eine Staatsanwältin, die bei Justizbehörden in den Ländern, oder bei der Generalprokuratur verwendet wird, die beabsichtigte Inanspruchnahme einer Karenz nach dem MSchG meldet, kann die Ausschreibung der nach dem Allgemeinen Teil des jährlichen Stellenplans hiefür vorgesehenen Ersatzplanstelle erfolgen. Die Planstelle kann frühestens mit dem Beginn der mutterschutzbedingten Abwesenheit der Staatsanwältin besetzt werden.

Bewerbungsgesuche

§ 179. (1) Bewerbungsgesuche sind an jene Dienstbehörde zu richten, die die Aus­schreibung veranlasst hat. Staatsanwälte, Richter und Beamte des Dienststandes haben ihr Bewerbungsgesuch im Dienstweg einzubringen; die vorgesetzten Dienst­stellenleiter haben Äußerungen zur Eignung des Bewerbers abzugeben.

(2) Bewerber, die weder Staatsanwälte noch Richter oder Beamte des Bundes­ministeriums für Justiz sind, haben in ihrem Bewerbungsgesuch die Erfüllung der Erfordernisse für die Ernennung zum Staatsanwalt nachzuweisen.

(3) Die Dienstbehörde, von der die Ausschreibung veranlasst wurde, hat das Bewer­bungsgesuch an die nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zuständige Personalkommission zur Begutachtung der Eignung der Bewerber weiterzuleiten.

Personalkommissionen

§ 180. (1) Beim Bundesministerium für Justiz, bei der Generalprokuratur und bei den Oberstaatsanwaltschaften ist je eine Kommission einzurichten, die die eingelangten Bewerbungsgesuche zu prüfen und sich - soweit erforderlich, im Rahmen einer per­sönlichen Aussprache mit dem Bewerber - einen Eindruck von der Gesamt­per­sönlichkeit des Bewerbers zu verschaffen hat (Personalkommission).


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 285

(2) Die Personalkommission hat nach Durchführung der erforderlichen Erhebungen und unter Berücksichtigung von deren Ergebnissen der Bundesministerin für Justiz einen Vorschlag unter sinngemäßer Anwendung des § 33 zu erstatten.

(3) Unverzüglich nach Einlangen der Vorschläge sind auf der Internethomepage des Bundesministeriums für Justiz zu veröffentlichen:

1. geschlechterweise aufgeschlüsselt die Anzahl der für die Ausübung der ausge­schriebenen Funktion oder die Erfüllung der Aufgaben des ausgeschriebenen Arbeits­platzes als geeignet angesehenen Bewerberinnen und Bewerber und

2. die Namen der Mitglieder der Personalkommission, die an diesem Vorschlag mitge­wirkt haben.

(4) Das Bundesministerium für Justiz hat die Veröffentlichung gemäß Abs. 3 durch die Angabe des Namens derjenigen Person zu ergänzen, die mit der ausgeschriebenen Funktion oder dem ausgeschriebenen Arbeitsplatz betraut wurde. Beide Veröffent­lichungen haben gleichzeitig mindestens einen Monat auf der Internethomepage ersichtlich zu bleiben.

(5) Die Mitglieder der Personalkommissionen sind in Ausübung dieses Amtes selbständig und unabhängig.

§ 181. (1) Die Personalkommission beim Bundesministerium für Justiz ist mit Wirkung vom 1. Juli auf die Dauer von jeweils zwei Jahren einzurichten. Sie ist zur Erstattung des Vorschlages für die Besetzung der Planstellen des Leiters der Oberstaats­anwaltschaft und des Leiters der Generalprokuratur zuständig.

(2) Die Personalkommissionen bei der Generalprokuratur und bei der Oberstaats­anwaltschaft sind auf Dauer einzurichten.

(3) Die Personalkommission bei der Generalprokuratur ist zur Erstattung des Vor­schlages für die Besetzung der Planstellen bei der Generalprokuratur mit Ausnahme der Planstelle des Leiters der Generalprokuratur zuständig.

(4) Die Personalkommission bei der Oberstaatsanwaltschaft ist zur Erstattung des Vorschlages für die Besetzung der gemäß § 177 Abs. 3 vom Leiter der Oberstaats­anwaltschaft auszuschreibenden Planstellen zuständig.

§ 182. (1) Jede Personalkommission besteht aus vier Mitgliedern. Alle Mitglieder der Personalkommission müssen die Erfordernisse für die Ernennung zum Staatsanwalt erfüllen.

(2) Die Bundesministerin für Justiz hat in die Personalkommission beim Bundes­minis­terium für Justiz ein weibliches und ein männliches Mitglied zu entsenden und dabei eines dieser Mitglieder zum Vorsitzenden der Personalkommission zu bestimmen.

(3) Der Personalkommission bei der Generalprokuratur gehören der Leiter der Generalprokuratur und derjenige Erste Stellvertreter des Leiters der Generalprokuratur kraft Amtes als Mitglieder an, der die längste Dienstzeit auf dieser Planstelle aufweist; bei gleich langer Dauer dieser Dienstzeit entscheidet der für die besoldungsrechtliche Stellung maßgebliche Vorrückungsstichtag. Der Leiter der Generalprokuratur ist Vorsitzender der Personalkommission.

(4) Der Personalkommission bei der Oberstaatsanwaltschaft gehören der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft und derjenige Leiter einer Staatsanwaltschaft kraft Amtes als Mitglieder an, in deren Sprengel die zu besetzende Planstelle systemisiert ist, bei Besetzung der Planstellen eines Sprengelstaatsanwaltes, des Leiters einer Staats­anwaltschaft und eines Stellvertreters des Leiters der Oberstaatsanwaltschaft aber der Behördenleiter, der die längste Dienstzeit als Leiter der Staatsanwaltschaft aufweist;


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bei gleichlanger Dienstzeit als Leiter entscheidet die für die Vorrückung in höhere Bezüge maßgebende Dienstzeit. Der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft ist Vorsitzen­der der Personalkommission.

(5) Die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst hat je einen Staatsanwalt als Mitglied in jede Personalkommission zu entsenden.

(6) Je ein weiterer Staatsanwalt ist als Mitglied zu entsenden:

1. vom Zentralausschuss beim Bundesministerium für Justiz für die Staatsanwälte in die Personalkommission beim Bundesministerium für Justiz,

2. von dem bei der Generalprokuratur errichteten Organ der gesetzlichen Personal­vertretung der Staatsanwälte in die Personalkommission bei der Generalprokuratur und

3. von dem bei der Oberstaatsanwaltschaft errichteten Organ der gesetzlichen Personalvertretung der Staatsanwälte in die Personalkommission bei der Ober­staats­anwaltschaft.

§ 183. (1) Bedienstete, die außer Dienst gestellt wurden, ferner Bedienstete, gegen die ein Disziplinarverfahren eingeleitet wurde oder in deren Standesausweis eine nicht gelöschte Disziplinarstrafe eingetragen ist, dürfen nicht in die Personalkommission entsendet werden. Die Entsendung eines Mitgliedes in mehr als eine Personal­kommission ist zulässig.

(2) Die Mitgliedschaft zur Personalkommission ruht vom Zeitpunkt der Einleitung eines Disziplinarverfahrens bis zu dessen rechtskräftigem Abschluss, während der Zeit der Suspendierung, der Außerdienststellung, der Erteilung eines Urlaubes von mehr als drei Monaten und der Leistung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes.

(3) Die Mitgliedschaft zur Personalkommission endet mit dem Ablauf der im § 181 Abs. 1 erster Satz festgesetzten Funktionsdauer, ferner mit der rechtskräftigen Verhängung einer Disziplinarstrafe, mit dem Ausscheiden aus dem Dienststand sowie mit dem Ablauf der Funktionsdauer jenes Vertretungskörpers, der das Mitglied in die Personal­kommission entsendet hat; die Mitgliedschaft eines von der Gewerkschaft öffentlicher Dienst oder von der gesetzlichen Personalvertretung der Staatsanwälte entsendeten Mitgliedes endet überdies, sobald dieses Mitglied nicht mehr Staatsanwalt ist oder sich im Ruhestand befindet.

(4) Ein Mitglied der Personalkommission kann vom entsendenden Organ nur dann vorzeitig abberufen werden, wenn sich in der Person oder in der Zusammensetzung dieses Organs seit der Entsendung eine Änderung ergeben hat.

§ 184. (1) Ist der Leiter der Generalprokuratur als Vorsitzender der Personal­kommission bei der Generalprokuratur verhindert, so wird er durch den dienstältesten Ersten Stellvertreter des Leiters der Generalprokuratur (§ 182 Abs. 3) vertreten. In diesem Fall oder bei Verhinderung des dienstältesten Ersten Stellvertreters des Leiters der Generalprokuratur gehört als weiteres Mitglied kraft Amtes das in sinngemäßer Anwendung des § 182 Abs. 3 nächstberufene Mitglied der Generalprokuratur der Personalkommission an.

(2) Der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft als Vorsitzender der Personalkommission bei der Oberstaatsanwaltschaft wird im Verhinderungsfalle durch seinen Ersten Stell­vertreter, ist auch dieser verhindert, durch einen anderen Stellvertreter des Leiters der Oberstaatsanwaltschaft vertreten; unter mehreren für die Vertretung in Frage kom­menden Staatsanwälten entscheidet die nach § 182 Abs. 4 zu bestimmende Reihenfolge.


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(3) Von den der Personalkommission bei der Oberstaatsanwaltschaft kraft Amtes angehörenden Leitern einer Staatsanwaltschaft wird im Verhinderungsfalle der Leiter, in dessen Sprengel die zu besetzende Planstelle systemisiert ist, durch seinen Ersten Stellvertreter, der Leiter einer Staatsanwaltschaft mit der längsten Dienstzeit durch den in der Länge der Dienstzeit folgenden, nicht verhinderten Leiter einer Staatsanwalt­schaft vertreten.

§ 185. (1) Für jedes von der Bundesministerin für Justiz, von der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst und von der gesetzlichen Personalvertretung der Staatsanwälte in die Personalkommission entsendete Mitglied ist je ein Stellvertreter zu entsenden, der im Falle des Ruhens der Mitgliedschaft oder der sonstigen Verhinderung des Mitgliedes in die Kommission einzutreten hat. Die Vorschriften über die Entsendung der Mitglieder und deren Stellung gelten für die Stellvertreter sinngemäß.

(2) Im Bedarfsfall ist die Personalkommission durch Neuentsendung von Mitgliedern zu ergänzen.

§ 186. (1) Auf das Verfahren der Personalkommission sind die Bestimmungen der §§ 6 Abs. 1, 7, 13, 14 bis 16 sowie 18 bis 22, 32, 33, 45 und 46 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. Nr. 51/1991, sinngemäß anzuwenden.

(2) Die Sitzungen der Personalkommission sind von deren Vorsitzendem einzuberufen und vorzubereiten.

(3) Zur Beschlussfähigkeit der Personalkommission ist die Anwesenheit sämtlicher vier Mitglieder erforderlich.

(4) Die Personalkommission hat ihre Beschlüsse mit Stimmenmehrheit zu fassen. Eine Stimmenthaltung ist unzulässig. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden.

(5) Bei der Abstimmung haben als erstes das von der gesetzlichen Personalvertretung der Staatsanwälte entsendete Mitglied, sodann das von der Gewerkschaft entsendete Mitglied, zuletzt der Vorsitzende seine Stimme abzugeben.

(6) Die Personalkommission hat ihren Vorschlag innerhalb eines Monats nach Ablauf der Bewerbungsfrist dem Bundesminister für Justiz zu erstatten. Jedes Kommis­sionsmitglied, das bei der Abstimmung in der Minderheit geblieben ist, kann verlangen, dass auch seine Meinung samt Begründung im Vorschlag festgehalten werde.

(7) Steht der Bewerber in einem Dienstverhältnis zum Bund, so hat die Personal­kommission das Recht, in seinen Standesausweis (Personalakt) sowie in die ihn betreffenden Leistungsfeststellungen und Dienstbeschreibungen Einsicht zu nehmen.

§ 187. Für die Sacherfordernisse und die Besorgung der Verwaltungsgeschäfte, die mit der Tätigkeit der Personalkommission verbunden sind, ist bei der Dienstbehörde, bei der die Kommission eingerichtet ist, vorzusorgen.

§ 188. Dem Bewerber erwächst durch die Einbringung des Bewerbungsgesuches kein Rechtsanspruch auf Ernennung auf die von ihm angestrebte Planstelle. Er hat keine Parteistellung.

§ 189. Die Bewerbungsgesuche und deren Auswertung sind vertraulich zu behandeln. Über sie ist gegen jedermann, dem gegenüber keine Verpflichtung zu einer amtlichen Mitteilung besteht, Stillschweigen zu beobachten. Nicht untersagt ist jedoch die Bekanntgabe der Namen und einer Reihung der Bewerber.

Gehalt des Staatsanwaltes


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 288

§ 190. (1) Das Gehalt des Staatsanwaltes wird durch die Gehaltsgruppe und in ihr durch die Gehaltsstufe bestimmt. Es beträgt:

Ein festes Gehalt gebührt dem Leiter der Generalprokuratur im Ausmaß von 10 240,3 €.“

(2) Es haben Anspruch auf ein Gehalt der

1. Gehaltsgruppe St 1:

a) Staatsanwälte für den Sprengel der Oberstaatsanwaltschaft (Sprengelstaats­anwälte),

b) Staatsanwälte,

c) Leiter einer staatsanwaltschaftlichen Gruppe (Gruppenleiter),

d) Erste Stellvertreter des Leiters einer Staatsanwaltschaft,

e) Leiter einer Staatsanwaltschaft;

2. Gehaltsgruppe St 2:

a) Stellvertreter des Leiters einer Oberstaatsanwaltschaft,

b) Erste Stellvertreter des Leiters einer Oberstaatsanwaltschaft,

c) Leiter einer Oberstaatsanwaltschaft;

3. Gehaltsgruppe St 3:

a) Stellvertreter des Leiters der Generalprokuratur,

b) Erste Stellvertreter des Leiters der Generalprokuratur.

(3) Die Gehaltsstufe und der Vorrückungstermin bestimmen sich nach der für die Vorrückung in höhere Bezüge maßgebenden Dienstzeit; die Gehaltsstufe 2 fällt nach einer gemäß § 8 Abs. 2 GehG gerundeten Dienstzeit von acht Jahren an. Für die weiteren Vorrückungen ist § 8 Abs. 1 und 2 GehG mit der Maßgabe anzuwenden, dass anstelle eines zweijährigen Zeitraumes ein vierjähriger Zeitraum erforderlich ist.

(4) Mit dem Gehalt sind alle mengenmäßigen und zeitlichen Mehrleistungen abge­golten. Ausgenommen sind bei Staatsanwälten der Gehaltsgruppe St 1 Nebenge­bühren für Journaldienste, für Rufbereitschaft und für die Dienstleistungen auf Grund einer Inanspruchnahme im Rahmen der Rufbereitschaft.

(5) Durch die Ernennung eines Staatsanwaltes zum Staatsanwalt einer anderen Gehaltsgruppe ändern sich, sofern sich nicht aus Abs. 6 oder 7 anderes ergibt, die Gehaltsstufe und der Vorrückungstermin nicht.

(6) Abweichend vom Abs. 5 gebührt dem Staatsanwalt, der in eine höhere Gehalts­gruppe ernannt wird und die in dieser Gehaltsgruppe vorgesehene Anfangs­gehalts­stufe noch nicht erreicht hat, die Anfangsgehaltsstufe der neuen Gehaltsgruppe. Eine Vorrückung in die nächsthöhere Gehaltsstufe erfolgt in der Gehaltsgruppe St 2 nach Maßgabe des Abs. 3, in der Gehaltsgruppe St 3 nach Maßgabe des § 8 Abs. 2 GehG vier Jahre nach der Ernennung. Bei späterer Ernennung auf eine Planstelle der Gehaltsgruppe St 1 oder St 2 gebühren die Gehaltsstufe und der Vorrückungstermin, die sich aus Abs. 3 ergeben.

(7) Dem Leiter der Oberstaatsanwaltschaft, dem Ersten Stellvertreter des Leiters der Oberstaatsanwaltschaft und dem Leiter der Staatsanwaltschaft gebührt zumindest das Gehalt der Gehaltsstufe 7. Die Vorrückung in die Gehaltsstufe 8 erfolgt nach Maßgabe des Abs. 3. Bei einer Ernennung auf eine nicht in diesem Absatz genannte Planstelle


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der Gehaltsgruppen I bis III gebühren ihm die Gehaltsstufe und der Vorrückungstermin, die sich aus Abs. 3 ergeben.

Ergänzungszulage

§ 191. (1) Dem Leiter der Staatsanwaltschaft gebührt eine ruhegenussfähige Ergän­zungs­zulage im Ausmaß des Unterschiedsbetrages zwischen seinem Gehalt und dem Gehalt der gleichen Gehaltsstufe der Gehaltsgruppe St 2.

(2) Dem Leiter der Oberstaatsanwaltschaft gebührt eine ruhegenussfähige Ergän­zungszulage im Ausmaß des Unterschiedsbetrages zwischen seinem Gehalt und dem Gehalt der gleichen Gehaltsstufe der Gehaltsgruppe St 3.

Dienstzulage

§ 192. Eine ruhegenussfähige Dienstzulage gebührt folgenden Staatsanwälten in folgendem Ausmaß:

1. Leiter einer staatsanwaltschaftlichen Gruppe (Gruppenleiter)                   236,3 €,

2. Erster Stellvertreter des Leiters einer Staatsanwaltschaft                          297,5 €,

3. Leiter einer Staatsanwaltschaft, der nicht unter Z 4 oder 5 angeführt ist,                            621,3 €,

4. a) Leiter einer Staatsanwaltschaft am Sitz eines Oberlandesgerichtes, soweit er nicht unter Z 5 angeführt ist,

b) Leiter der Staatsanwaltschaft Klagenfurt,

c) Leiter der Staatsanwaltschaft Salzburg                   822,6 €,

5. Leiter der Staatsanwaltschaft Wien                          1 023,9 €,

6. Erster Stellvertreter des Leiters einer Oberstaatsanwaltschaft                  752,7 €,

7. Leiter einer Oberstaatsanwaltschaft                         96,4 €,

8. Erster Stellvertreter des Leiters der Generalprokuratur                271,5 €.

Aufwandsentschädigung

§ 193. Den Staatsanwälten gebührt eine Aufwandsentschädigung. Sie beträgt für

1. Staatsanwälte der Gehaltsgruppe St 1                    36,3 €,

2. alle übrigen Staatsanwälte                              45,1 €.

Ernennung eines Richters zum Staatsanwalt

§ 194. Wird ein Richter zum Staatsanwalt ernannt, so ändern sich seine Gehaltsstufe und sein nächster Vorrückungstermin nicht, sofern sich nicht aus § 190 Abs. 1 letzter Satz, Abs. 6 oder 7 anderes ergibt.

Überstellung

§ 195. Wird ein Beamter einer anderen Besoldungsgruppe zum  Staatsanwalt  ernannt, so bestimmen sich seine Gehaltsstufe und sein nächster Vorrückungstermin nach der Zeit, die für seine Vorrückung als  Staatsanwalt nach § 190 maßgebend gewesen wäre.

Staatsanwälte der Gehaltsgruppen I bis III

Überleitung in die Gehaltsgruppen St 1 bis St 3

§ 196. (1) Ein Staatsanwalt des Dienststandes, der einer der Gehaltsgruppen I bis III angehört, kann durch eine schriftliche Erklärung nach Maßgabe der in § 190 Abs. 2


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festgelegten Zuordnung seiner Planstelle seine Überleitung in die Gehaltsgruppen St 1 bis St 3 bewirken. Eine solche Erklärung ist rechtsunwirksam, wenn ihr der Staats­anwalt eine Bedingung beifügt.

(2) Wird die Erklärung bis zum Ablauf des Jahres 1999 abgegeben, wird die Überleitung mit 1. Jänner 1999 oder mit dem in der Erklärung angegebenen Monats­ersten des Jahres 1999 wirksam. Wird die Erklärung erst nach dem Jahr 1999 abgegeben, wird die Überleitung mit dem auf die Abgabe der Erklärung folgenden Monatsersten wirksam.

(3) Wird ein Staatsanwalt der Gehaltsgruppen I bis III gemäß Abs. 1 in eine der Gehaltsgruppen St 1 bis St 3 übergeleitet, so bestimmen sich seine Gehaltsstufe und sein nächster Vorrückungstermin nach der Zeit, die für seine Vorrückung nach § 190 Abs. 3 maßgebend gewesen wäre. Eine (allfällige) Dienstzulage steht dem über­geleiteten Staatsanwalt nur nach Maßgabe des § 192 und eine (allfällige) Ergän­zungszulage nur nach Maßgabe des § 191 zu. Die Aufwandsentschädigung des übergeleiteten Staatsanwaltes bestimmt sich nach § 193.

(4) Eine Ernennung auf eine Planstelle der Gehaltsgruppen I bis III mit einem nach dem 31. Jänner 1999 gelegenen Wirksamkeitstermin ist nur mehr für jene Personen zulässig, die am 31. Jänner 1999 auf eine Planstelle dieser Gehaltsgruppen ernannt sind.

Planstellen für Staatsanwälte der Gehaltsgruppen I bis III

§ 197. (1) Für die in den Gehaltsgruppen I bis III ernannten Staatsanwälte sind folgende Planstellen vorgesehen:

Gehaltsgruppe             Planstelle

I             Staatsanwalt für den Sprengel der Oberstaatsanwaltschaft (Sprengelstaats­          anwalt)

              Staatsanwalt

              Leiter einer staatsanwaltschaftlichen Gruppe (Gruppenleiter)

              Erster Stellvertreter des Leiters einer Staatsanwaltschaft

              Leiter einer Staatsanwaltschaft

II            Stellvertreter des Leiters einer Oberstaatsanwaltschaft

              Erster Stellvertreter des Leiters einer Oberstaatsanwaltschaft

              Leiter einer Oberstaatsanwaltschaft

III          Stellvertreter des Leiters der Generalprokuratur

              Erster Stellvertreter des Leiters der Generalprokuratur

(2) Das Gehalt der Staatsanwälte der Gehaltsgruppen I bis III wird durch die Gehaltsgruppe und in ihr durch die Gehaltsstufe bestimmt. Es beträgt:

(3) Die Gehaltsstufe und der Vorrückungstermin bestimmen sich nach der für die Vorrückung in höhere Bezüge maßgebenden Dienstzeit; die Gehaltsstufe 2 fällt nach einer gemäß § 8 Abs. 2 GehG gerundeten Dienstzeit von sechs Jahren an. Für die weiteren Vorrückungen ist § 8 Abs. 1 und 2 GehG anzuwenden.

(4) Durch die Ernennung eines Staatsanwalts zum Staatsanwalt einer anderen Gehaltsgruppe ändern sich, sofern sich nicht aus Abs. 5 oder 6 anderes ergibt, die Gehaltsstufe und der Vorrückungstermin nicht.


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(5) Abweichend vom Abs. 4 gebührt dem Staatsanwalt, der in eine höhere Gehaltsgruppe ernannt wird und die in dieser Gehaltsgruppe vorgesehene Anfangs­gehaltsstufe noch nicht erreicht hat, die Anfangsgehaltsstufe der neuen Gehaltsgruppe. Eine Vorrückung in die nächsthöhere Gehaltsstufe erfolgt in der Gehaltsgruppe II nach Maßgabe der gemäß Abs. 3 für die Vorrückung ermittelten Dienstzeit, in der Gehalts­gruppe III nach Maßgabe des § 8 Abs. 2 GehG zwei Jahre nach der Ernennung. Bei späterer Ernennung auf eine Planstelle der Gehaltsgruppe I oder II gebühren die Gehaltsstufe und der Vorrückungstermin, die sich aus Abs. 3 ergeben.

(6) Dem Leiter der Oberstaatsanwaltschaft, dem Ersten Stellvertreter des Leiters der Oberstaatsanwaltschaft und dem Leiter der Staatsanwaltschaft gebührt zumindest das Gehalt der Gehaltsstufe 13. Die Vorrückung in die Gehaltsstufe 14 erfolgt nach Maßgabe des Abs. 3. Bei einer Ernennung auf eine nicht in diesem Absatz genannte Staatsanwaltsplanstelle gebühren ihm die Gehaltsstufe und der Vorrückungstermin, die sich aus Abs. 3 ergeben.

(7) Dem Leiter der Staatsanwaltschaft gebührt eine ruhegenussfähige Ergänzungs­zulage im Ausmaß des Unterschiedsbetrages zwischen seinem Gehalt und dem Gehalt der gleichen Gehaltsstufe der Gehaltsgruppe II.

(8) Dem Leiter der Oberstaatsanwaltschaft gebührt eine ruhegenussfähige Ergän­zungszulage im Ausmaß des Unterschiedsbetrages zwischen seinem Gehalt und dem Gehalt der gleichen Gehaltsstufe der Gehaltsgruppe III.

Dienstalterszulage der Staatsanwälte der Gehaltsgruppen I bis III

§ 198. Den Staatsanwälten der Gehaltsgruppen I bis III, die vier Jahre in der Gehaltsstufe 16 verbracht haben, gebührt eine ruhegenussfähige Dienstalterszulage von 358,6 €. Die §§ 8 und 10 GehG sind sinngemäß anzuwenden.

Dienstzulage der Staatsanwälte der Gehaltsgruppen I bis III

§ 199. (1) Den Staatsanwälten der Gehaltsgruppen I bis III gebührt eine ruhegenuss­fähige Dienstzulage, mit der alle mengenmäßigen und zeitlichen Mehrleistungen abgegolten werden. Ausgenommen sind bei Staatsanwälten der Gehaltsgruppe I Nebengebühren für Journaldienste, für Rufbereitschaft und für Dienstleistungen auf Grund einer Inanspruchnahme im Rahmen der Rufbereitschaft. 45,36% dieser Dienstzulage gelten als Abgeltung für zeitliche Mehrleistungen.

(2) Die Dienstzulage beträgt in Hundertsätzen des Gehaltes eines Staatsanwaltes der Gehaltsstufe 1 der Gehaltsgruppe I:

              Hundertsatz

1. Staatsanwälte der Gehaltsgruppen I und II, soweit sie nicht unter Z 2 bis 5 angeführt sind       34,06

2. a) Leiter einer Staatsanwaltschaft, der nicht unter Z 3 oder 4 angeführt ist,

b) Stellvertreter des Leiters einer Oberstaatsanwaltschaft ab der Gehaltsstufe 13             40,64

3. a)Leiter einer Staatsanwaltschaft am Sitz eines Oberlandesgerichtes mit Ausnahme des Leiters der Staatsanwaltschaft Wien,

b) Leiter der Staatsanwaltschaft Klagenfurt,

c) Leiter der Staatsanwaltschaft Salzburg,

d) Erste Stellvertreter des Leiters einer Oberstaatsanwaltschaft    49,97

4. a) Leiter der Staatsanwaltschaft Wien,


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b) Leiter einer Oberstaatsanwaltschaft,

c) Stellvertreter des Leiters der Generalprokuratur 59,38

5. Erste Stellvertreter des Leiters der Generalprokuratur    68,71

(3) Staatsanwälten der Gehaltsgruppe I, die bei einer Justizbehörde in den Ländern verwendet werden, gebührt - beginnend mit der Gehaltsstufe 13 der Gehaltsgruppe I - ein Zuschlag zu ihrer Dienstzulage im Ausmaß von 8,58 v. H. des Gehaltes eines Staatsanwaltes der Gehaltsstufe 1 der Gehaltsgruppe I.

(4) Staatsanwälten der Gehaltsgruppe III gebührt zu ihrer Dienstzulage ein Zuschlag im Ausmaß von 10,07 vH des Gehaltes eines Staatsanwaltes der Gehaltsstufe 13 der Gehaltsgruppe III.

(5) Folgenden Staatsanwälten gebührt ein Zuschlag zur Dienstzulage gemäß Abs. 2 in Hundertsätzen des Gehaltes eines Staatsanwaltes der Gehaltsstufe 1 der Gehaltsgruppe I:

              Hundertsatz

1. Leiter einer staatsanwaltschaftlichen Gruppe (Gruppenleiter)     8,70

2. a) Erste Stellvertreter des Leiters einer Staatsanwaltschaft,

b) Erste Stellvertreter des Leiters einer Oberstaatsanwaltschaft    11,35

3. Leiter einer Staatsanwaltschaft     14,12

4. Leiter einer Oberstaatsanwaltschaft          28,24

Leistungsstrukturzulage für bestimmte Staatsanwälte der Gehaltsgruppen I und II

§ 200. (1) Eine Leistungsstrukturzulage gebührt in folgendem Ausmaß:

1. den Staatsanwälten der Gehaltsgruppe I

in den Gehaltsstufen 6 bis 10              109,3 €,

in der Gehaltsstufe 11              100,7 €,

in der Gehaltsstufe 12              91,9 €,

in der Gehaltsstufe 13              83,3 €,

in der Gehaltsstufe 14              74,6 €,

in der Gehaltsstufe 15              65,7 €,

in der Gehaltsstufe 16              56,8 €,

2. den Staatsanwälten der Gehaltsgruppe II

in den Gehaltsstufen 10 bis 13            78,8 €,

in der Gehaltsstufe 14              70,2 €,

in der Gehaltsstufe 15              61,3 €,

in der Gehaltsstufe 16              52,6 €.

(2) Steht dem Staatsanwalt die Dienstalterszulage zu, gebührt keine Leistungs­strukturzulage.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 293

Aufwandsentschädigung der Staatsanwälte der Gehaltsgruppen I bis III

§ 201. Den Staatsanwälten der Gehaltsgruppen I bis III gebührt eine Auf­wandsentschädigung; sie beträgt in Hundertsätzen des Gehaltes eines Staatsanwaltes der Gehaltsstufe 1 der Gehaltsgruppe I:

              Hundertsatz

1. Staatsanwälte der Gehaltsstufen 1 bis 3  1,37

2. Staatsanwälte der Gehaltsstufen 4 bis 6  1,64

3. alle übrigen Staatsanwälte der Gehaltsgruppen I bis III   2,50

Ernennung eines Richters der Gehaltsgruppen I bis III zum Staatsanwalt

§ 202. Wird ein Richter der Gehaltsgruppen I bis III zum Staatsanwalt ernannt, so ändern sich seine Gehaltsstufe und sein Vorrückungstermin nicht, sofern sich nicht aus § 190 Abs. 1 letzter Satz oder § 197 Abs. 5 oder 6 anderes ergibt.

Dienstbeschreibung

§ 203. (1) Die Staatsanwälte der Gehaltsgruppen St 1 und St 2 (I und II) mit Ausnahme der Ersten Stellvertreter der Leiter der Oberstaatsanwaltschaften und der Leiter der Staatsanwaltschaften sind für das zweite ihrer Ernennung folgende Kalenderjahr zu beschreiben. Im Übrigen gilt § 51 sinngemäß mit der Maßgabe, dass den Antrag auf Neubeschreibung eines Staatsanwalts im Falle des Vorliegens der Voraussetzungen (§ 51 Abs. 3) der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft (der Leiter der Staatsanwaltschaft) zu stellen hat.

(2) Für die Dienstbeschreibung der Staatsanwälte ist zuständig:

1. die Personalkommission bei der Oberstaatsanwaltschaft hinsichtlich der Staats­anwälte für den Sprengel der Oberstaatsanwaltschaft sowie der bei den unterstellten Staatsanwaltschaften und bei der Oberstaatsanwaltschaft verwendeten Staatsanwälte mit Ausnahme des Leiters und des (der) Ersten Stellvertreter des Leiters der Oberstaatsanwaltschaft;

2. die Personalkommission bei der Generalprokuratur hinsichtlich der Mitglieder der Generalprokuratur mit Ausnahme des Leiters und der Ersten Stellvertreter des Leiters der Generalprokuratur;

3. die Personalkommission beim Bundesministerium für Justiz hinsichtlich der Leiter und Ersten Stellvertreter der Leiter der Oberstaatsanwaltschaften, des Leiters und der Ersten Stellvertreter des Leiters der Generalprokuratur sowie der in § 205 genannten Staatsanwälte.

(3) § 53 gilt mit der Maßgabe, dass vor der Beschlussfassung über die Dienst­beschreibung der bei den Staatsanwaltschaften verwendeten Staatsanwälte eine Äußerung des Leiters der Staatsanwaltschaft einzuholen ist.

(4) Gegen die Gesamtbeurteilung in einer Dienstbeschreibung der Personalkom­mission bei einer Oberstaatsanwaltschaft kann der Staatsanwalt binnen zwei Wochen nach Zustellung der Mitteilung Beschwerde an die Personalkommission beim Bundes­ministerium für Justiz erheben.

(5) Die zum Standesausweis zu nehmende Ausfertigung der Dienstbeschreibung (§ 55 Abs. 4) ist vom Vorsitzenden der Personalkommission eigenhändig zu unterschreiben.

(6) Der Staatsanwalt, dessen Gesamtbeurteilung für zwei aufeinanderfolgende Kalen­der­jahre auf nicht entsprechend lautet, ist mit der Rechtskraft der zweiten Feststellung entlassen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 294

Disziplinarverfahren

§ 204. (1) Als Disziplinargericht ist zuständig:

1. das Oberlandesgericht Wien für alle im Sprengel der Oberstaatsanwaltschaft Graz ernannten Staatsanwälte mit Ausnahme des Leiters und des Ersten Stellvertreters des Leiters der Oberstaatsanwaltschaft,

2. das Oberlandesgericht Graz für alle im Sprengel der Oberstaatsanwaltschaft Wien ernannten Staatsanwälte mit Ausnahme des Leiters und des Ersten Stellvertreters des Leiters der Oberstaatsanwaltschaft,

3. das Oberlandesgericht Linz für alle im Sprengel der Oberstaatsanwaltschaft Inns­bruck ernannten Staatsanwälte mit Ausnahme des Leiters und des Ersten Stellvertreters des Leiters der Oberstaatsanwaltschaft,

4. das Oberlandesgericht Innsbruck für alle im Sprengel der Oberstaatsanwaltschaft Linz ernannten Staatsanwälte mit Ausnahme des Leiters und des Ersten Stellvertreters des Leiters der Oberstaatsanwaltschaft,

5. der Oberste Gerichtshof für die Mitglieder der Generalprokuratur und die Leiter sowie die Ersten Stellvertreter der Leiter der Oberstaatsanwaltschaften und die in § 205 genannten Staatsanwälte.

(2) § 120 gilt mit der Maßgabe, dass für einen Staatsanwalt auch ein Staatsanwalt des Dienst- oder Ruhestandes als Verteidiger beigezogen oder bestellt werden kann.

Staatsanwälte im Bundesministerium für Justiz

§ 205. (1) In der Zentralstelle des Bundesministeriums für Justiz können die Planstellen der Verwendungsgruppe A 1 nach Maßgabe der folgenden Zuordnung mit Staats­anwälten besetzt werden:

1. Funktionsgruppe 6: Leitender Staatsanwalt nach § 192 Z 4 oder nach § 199 Abs. 2 Z 3,

2. Funktionsgruppe 5: Leitender Staatsanwalt nach § 192 Z 3 oder nach § 199 Abs. 2 Z 2,

3. Funktionsgruppe 4: Oberstaatsanwalt,

4. Funktionsgruppe 3: Staatsanwalt,

5. Funktionsgruppe 2: Staatsanwalt.

(2) Auf die in Abs. 1 Z 4 genannten Staatsanwälte ist § 199 Abs. 3 mit Ausnahme der Wortfolgen ,,die bei einer Justizbehörde in den Ländern verwendet werden“ und ,,beginnend mit der Gehaltsstufe 13 der Gehaltsgruppe I“ anzuwenden.

(3) Auf die Ausschreibung der Planstellen nach Abs. 1 sind § 177 Abs. 1 und 2, § 178 Abs. 1 bis 4, § 179, § 180, § 181 Abs. 1, § 182 Abs. 1, 2, 5, 6 Z 1, § 183 und die §§ 185 bis 189 anzuwenden.

(4) Die Besetzung einer Planstelle in der Funktionsgruppe 4 mit einem Staatsanwalt hat zur Voraussetzung, dass der Betreffende eine achtjährige Praxis als Richter oder Staatsanwalt aufweist. Die Besetzung einer Planstelle in den Funktionsgruppen 2 und 3 mit einem Staatsanwalt hat zur Voraussetzung, dass der Betreffende eine einjährige Praxis als Richter bei einem Gericht oder als Staatsanwalt bei einer Staatsanwaltschaft und eine zweijährige Praxis in der Zentralleitung aufweist. Die Voraussetzung einer einjährigen Praxis als Richter bei einem Gericht oder als Staatsanwalt bei einer Staatsanwaltschaft entfällt für diejenigen Staatsanwälte und Beamten der Allgemeinen


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 295

Verwaltung in der Verwendungsgruppe A, die zumindest seit 1. Jänner 1992 ohne Unterbrechung in der Zentralstelle des Bundesministeriums für Justiz ernannt sind.

(5) Die für die Funktionsgruppen 2 bis 6 der Verwendungsgruppe A 1 in Betracht kommenden Bestimmungen der §§ 35 und 36 des GehG und der §§ 137 und 141a BDG 1979 sind auf die im Abs. 1 angeführten Staatsanwälte mit der Maßgabe anzu­wenden, dass Bezugnahmen auf die Funktionsgruppen 2, 3, 4, 5 oder 6 der Verwendungsgruppe A 1 auch die gemäß Abs. 1 der entsprechenden Funktionsgruppe zugeordneten Verwendungen umfassen.

(6) § 175 ist auf Staatsanwälte, die auf Planstellen im Bundesministerium für Justiz ernannt sind, nicht anzuwenden.

§ 206. Im Übrigen ist der Allgemeine Teil des BDG 1979 mit Ausnahme des 5. Unterabschnitts des 6. Abschnitts, des 7. und des 8. Abschnitts sinngemäß anzu­wenden. Nicht anzuwenden sind § 4, § 4a, § 22, § 65 und § 78e BDG 1979.“

21. § 173 erhält die Bezeichnung „§ 207“ und folgende Überschrift:

„5. Teil

In-Kraft-Treten und Vollziehung“

22. Dem nunmehrigen § 207 wird folgender Abs. XX angefügt:

 „(XX) In der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/2007 treten in Kraft:

1. Die Änderung des Titels, Artikel I Abs. 1, Artikel IIa samt Überschrift, § 16 Abs. 4, § 54 Abs. 1, § 57 Abs. 1, § 72 Abs. 8, die Bezeichnungsänderung des 3. Teils, die übrigen Bestimmungen des 4. Teils (§§ 173 bis 206), die Bezeichnungsänderung des bisherigen 4. Teils und der bisherigen §§ 173 und 174 sowie die Aufhebung des § 16 Abs. 6 mit 1. Jänner 2008. § 16 Abs. 4 und Abs. 6 bleiben jedoch auf jene Fälle weiterhin anwendbar, in denen ein Ansuchen auf Zulassung zur Richteramtsprüfung (§ 21 Abs. 1) bis zum 31. März 2008 gestellt wird. § 203 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass als Ernennung im Sinne dieser Bestimmungen nur Ernennungen mit Wirksamkeit ab 1. Jänner 2008 gelten. Zum 31. Dezember 2007 anhängige Disziplinarverfahren gegen Staatsanwälte auf Grund der Bestimmungen des BDG 1979 sind nach diesen Bestimmungen zu Ende zu führen.

2. Die Änderung des § 2 Abs. 1 Z 4 lit. a, § 2a und § 3 Abs. 4 mit 1. September 2009. Diese Bestimmungen sind erst auf rechtswissenschaftliche Studien anzuwenden, die nach dem 31. August 2009 begonnen werden, wobei die Fortsetzung des Studiums an einer anderen Universität keinen Einfluss auf den schon begonnenen Fristenlauf hat.“

23. § 174 erhält die Bezeichnung „§ 208“.

26. In Art. 5 wird nach Z 8 folgende Z 8a eingefügt:

„8a. Die Tabelle in § 106 Abs. 2 Z 9 erhält folgende Fassung:

27. In Art. 5 lautet die Z 9:

„9. Dem § 123 wird folgender Abs. 57 angefügt:

„(57) § 50 Abs. 6, § 106 Abs. 2 Z 9 und die Änderungen in der Anlage II in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/2007 treten mit 1. Jänner 2008 in Kraft. § 50 Abs. 6 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/2007 ist nur auf Überschreitungen ab diesem Tag anzuwenden.““

28. In Art. 15 treten folgende Bestimmungen an die Stelle der Z 1 und 2:

„1. In § 3 Abs. 2 entfallen der zweite, dritte und vierte Satz.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 296

2. In § 3 Abs. 3 entfällt der letzte Satz.

3. Abschnitt IV, hievon § 19 Abs. 4 und 5 und § 21 Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 53/2007, und Abschnitt IX entfallen samt Überschriften.

4. In § 42 Abs. 6 entfällt der letzte Satz.

5. § 42 Abs. 7 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 53/2007 entfällt.

6. Dem § 42 wird folgender Abs. XX angefügt:

„(XX) § 3, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/XXXX, § 42 Abs. 6 letzter Satz, der Entfall des § 42 Abs. 7 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 53/2007 und der Abschnitte IV und IX jeweils samt Überschrift treten mit 1. Jänner 2008 in Kraft.““

Begründung

Zu den Änderungen in den Art. 2, 3 und 5 (GehG, VBG und LDG 1984):

Die Verhandlungen zwischen dem Bund und den Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes über die Gehaltsregelung der Bundesbediensteten für 2008 brachten am 1. Dezember 2007 folgendes Ergebnis:

Ab 1. Jänner 2008 werden (bei einer Laufzeit bis 31. Dezember 2008)

a) die Gehälter der Beamten (soweit sie nicht gemäß § 17 PTSG zugewiesen sind), die Monatsentgelte der Vertragsbediensteten und der Bediensteten mit einem Sonder­vertrag, in dem keine andere Art der Valorisierung vorgesehen ist,

b) die Zulagen und Vergütungen, die im Gesetz in Eurobeträgen ausgedrückt sind mit Ausnahme der Kinderzulage

um 2,7 % erhöht.

Im Mai 2008 erhalten die Beamten des Dienststandes (soweit sie nicht gemäß § 17 PTSG zugewiesen sind), die Vertragsbediensteten, die Verwaltungspraktikanten und die Bediensteten mit einem Sondervertrag, in dem keine andere Art der Valorisierung vorgesehen ist, eine Einmalzahlung im Ausmaß von 175 Euro. Dieser Beträge der Einmalzahlung entspricht einem vollen Beschäftigungsausmaß und ist bei Teilbe­schäftigung nach dem Beschäftigungsausmaß zu aliquotieren.

Dieses Ergebnis wird durch den vorliegenden Änderungsantrag umgesetzt.

Die Erhöhung der Bezüge um 2,7% wird einen jährlichen Mehraufwand von ca. 274,1 Mio. € verursachen. Dazu kommen im Jahr 2008 die einmaligen Mehrkosten aufgrund der Einmalzahlung in Höhe von rd. 38,3 Mio. Euro.

Zu den Änderungen in den Art. 1, 4 und 15 (BDG, RStDG und StAG):

Die dienst- und besoldungsrechtlichen Sonderregelungen für die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sollen nunmehr im 4. Teil des gemeinsamen Dienstrechts für die Richter- und Staatsanwaltschaft zusammengefasst werden. Ergänzend gelten die Bestimmungen über das Dienstrecht der Richterinnen und Richter nach Maßgabe des Artikels IIa Abs. 2 RStDG sowie jene des Allgemeinen Teiles des BDG 1979 nach Maßgabe des § 206 RStDG.

Aus dem 1. Teil „Dienstrecht“ des RStDG demnach wegen anderslautender Regelun­gen für die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte nicht anwendbar sind:

- der III. Abschnitt „Ernennung zum Richter“ mit Ausnahme des schon derzeit gemäß § 12 StAG auch für die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte geltenden § 26 RStDG


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(Ernennungserfordernisse) und des § 32b RStDG (Rechte der Gleichbehand­lungs­beauftragten im Ernennungsverfahren), siehe stattdessen §§ 174 ff RStDG und des weiteren die Bestimmungen des Allgemeinen Teils des BDG 1979, soweit diese anwendbar bleiben;

- der IV. Abschnitt „Personalsenate“, die für die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte nicht eingerichtet sind und deren Funktionen zum Teil durch die Personal­kom­missionen übernommen werden (Besetzungsvorschläge, Dienstbeschreibung), siehe §§ 180 ff RStDG;

- aus dem im Übrigen iVm § 203 RStDG geltenden V. Abschnitt „Standesausweis und Dienstbeschreibung“ § 52, an dessen Stelle § 203 Abs. 2 RStDG tritt;

- der VI. Abschnitt „Pflichten“ mit Ausnahme des § 58a über die Pflicht zur Ausbildung von Richteramtsanwärtern und Rechtspraktikanten, siehe im übrigen stattdessen § 190 RStDG und des weiteren das BDG 1979;

- der VII. Abschnitt „Rechte“ mit Ausnahme des § 68a (Ernennung eines Staats­anwaltes zum Richter), des schon derzeit gemäß § 14 StAG auch für die Staatsanwälte geltenden § 72 (Urlaubsausmaß) und der Bedienstetenschutzbestimmungen der §§ 76e bis 76g, die derzeit gleichlautend durch die §§ 79a bis 79c BDG 1979 für die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte getroffen werden;

- der VIII. Abschnitt „Änderung der Verwendung, des Dienstverhältnisses und Auf­lösung des Dienstverhältnisses“.

Aus dem im Übrigen iVm § 204 RStDG geltenden 2. Teil „Disziplinarrecht“ ist § 111 nicht anzuwenden, an dessen Stelle § 204 Abs. 1 tritt.

Aus dem 3. Teil „Übergangsvorschriften“ ist lediglich die Überleitungsbestimmung des § 170b RStDG anwendbar (Ernennung eines Staatsanwaltes der Gehaltsgruppen I bis III zum Richter).

Zu Art. 4 (§ 2 Abs. 1 Z 4 lit. a und § 2a RStDG)

Die bestehende Regelung der für die Aufnahme in den richterlichen Vorbereitungs­dienst erforderlichen universitären Ausbildung trägt einerseits den studienrechtlichen Gegebenheiten durch das Universitätsgesetz 2002 und der damit einhergehende Universitätsautonomie nicht mehr ausreichend Rechnung und ist andererseits eine zu weitgehende Vorgabe des Studieninhalts geworden. Zugleich ist auf die im Zuge des sogenannten „Bologna-Prozesses“ erfolgende schrittweise Einführung von Bachelor- und Masterstudien an Stelle der bisherigen Magisterstudien Bedacht zu nehmen. Durch die parallel durch das Berufsrechtsänderungsgesetz 2008 auch für die Rechts­anwälte und Notare erfolgende Neuregelung – auf die ausführlichen Erläuterungen dazu wird hingewiesen - soll die für Berufsanwärter in den „klassischen“ Rechtsberufen erforderliche juristische „Basisausbildung“ in den justiziellen Fächern – und zwar für alle inhaltsgleich - gewährleistet werden.

Zu Art. 4 (§ 3 Abs. 4 RStDG)

Soweit die Präsidentin bzw. der Präsident des Oberlandesgerichtes, dem die Durch­führung des Aufnahmeverfahrens obliegt, Zweifel hat, ob ein vom Aufnahmewerber abgeschlossenes Studium des österreichischen Rechtes – für andere Studien soll unmittelbar das neue ABAG gelten - den Voraussetzungen des § 2a entspricht, kann amtswegig zur Klärung dieser Vorfrage der (weiteren) Funktion als Präses der zuständigen Ausbildungsprüfungskommission oder im Fall der Zuständigkeit einer bei einem anderen Oberlandesgericht eingerichteten Ausbildungsprüfungskommission im Wege der Amtshilfe durch deren Präses ein Gutachten eines oder mehrerer Prüfungs-


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kommissäre aus dem Kreis der Universitätsprofessorinnen und Universitätsprofessoren eingeholt werden.

Zu Art. 4 (§ 16 Abs. 4 RStDG)

Die auf Grund der geänderten Definition der erforderlichen universitären Vorbildung gebotene Neuformulierung der Prüfungsgegenstände der mündlichen Richteramts­anwärterprüfung soll zum Anlass genommen werden, einige bisher zwar umfasste und geprüfte, jedoch im Gesetz nicht ausdrücklich genannte Punkte in den Text auf­zunehmen; dazu zählen neben dem Dienstrecht der Staatsanwältinnen und Staats­anwälte und der Besorgung der Aufgaben der Staatsanwaltschaft insbesondere die Grundrechte sowie europarechtliche und internationale Zusammenhänge, weiters der Gewaltschutz sowie das Antidiskriminierungs- und Gleichbehandlungsrecht. Im Mittel­punkt der Berufsprüfung soll – als Gegenstück zur akademischen Vorbildung – die Rechtswirklichkeit, also die praktische Anwendung des Rechts im Alltag der Gerichte stehen.

Zu Art 4 (§ 54 Abs. 1 Z 1 und § 57 Abs. 1 RStDG)

Durch ausdrückliche Hervorhebung der selbstverständlich schon bisher inhaltlich umfassten Fortbildungspflicht innerhalb der Definition der allgemeinen Dienstpflichten wird der stetig wachsenden Bedeutung permanenter Fortbildung Rechnung getragen. Korrespondierend wird die nur dadurch zu erhaltende Aktualität der fachlichen Kennt­nisse im Rahmen der Gesamtbeurteilung betont, ohne einseitig auf eine - als äußerer Umstand zwar leichter prüfbare, die Möglichkeit persönlicher (nicht organi­sierter) Fortbildung aber missachtende – „Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen“ abzu­stellen. Eine allfällige Mitwirkung als Vortragende oder als Verfasser von Lehrbehelfen im Rahmen der (justizinternen) Aus- und Fortbildung wäre wohl – wie andere Formen eines besonderen, über die bloße Erfüllung der Dienstpflichten hinaus gehenden Engagements im Dienste der Justiz - auch ein „besonderer, für die Beurteilung entscheidender Umstand“ iS des § 54 Abs. 2.

Zu Art. 4 (4. Teil des RStDG, §§ 173 bis 206)

Hier werden in erster Linie die bisher im BDG 1979 (§§ 153, 153a und 153b), im GehG (§§ 42 bis 47) und im StAG (zweiter, dritter und vierter Satz des § 3 Abs. 2; Abschnitte IV und IX) enthaltenen Sonderbestimmungen für Staatsanwältinnen und Staatsanwälte zusammengefasst (in § 178, § 180 und § 182 handelt es sich um jene Fassungen der Bestimmungen aus dem StAG, wie sie durch die Dienstrechts-Novelle 2007 mit 1. Jänner 2008 in Geltung gesetzt werden sollten). An die Stelle der Regelungen über den Vorschlag (§ 19 Abs. 2 und 3 StAG) tritt der Verweis auf § 33 RStDG.

In § 173 neu aufgenommen wurden die in § 205 genannten Organe (Staatsanwälte im Bundesministerium für Justiz) sowie – analog zur Neufassung von § 57 Abs. 1 ausdrücklich die Fortbildungspflicht.

Der Verweis in § 176 Abs. 1 ermöglicht es, auf eine Übernahme inhaltsgleicher Bestim­mungen aus dem StAG (§ 15 Abs. 2 und 3) zu verzichten.

Nicht zuletzt im Hinblick auf die Übernahme der Systematik der Dienstbeschreibung an Stelle der Leistungsfeststellung wird auch die Form des von der Personalkommission zu erstattenden Vorschlages jenem des Besetzungsvorschlages gemäß § 33 durch dessen sinngemäße Anwendung angeglichen. Für eine (sinngemäße) Anwendung des für die Senatspräsidentinnen und Senatspräsidenten geltenden „Hausrangprinzips“ (§ 33 Abs. 2 letzter Satzteil) besteht dabei kein Raum.

Wie die funktionell entsprechenden Kommissionen nach dem Ausschreibungsgesetz (§ 7 Abs. 6, § 15e) und die richterlichen Personalsenate unmittelbar gemäß Art. 87 B-VG


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 299

sollen nunmehr auch die Personalkommissionen zur Sicherung einer objektiven Entscheidungsfindung weisungsfrei und unabhängig gestellt sein (§ 180 Abs. 5).

Die von der Vorgängerbestimmung des § 25 Abs. 1 StAG abweichende Neufassung des § 186 Abs. 1 folgt der aktuellen Fassung des § 11 AusG.

Durch § 203 wird das für die Richterinnen und Richter geltende System der Dienst­beschreibung mit den erforderlichen redaktionellen Anpassungen auf die Staats­anwältinnen und Staatsanwälte erstreckt und das System der Leistungsfeststellung nach dem BDG 1979 abgelöst, § 203 Abs. 6 übernimmt die Rechtsfolge des § 22 BDG 1979.

§ 204 passt das Disziplinar- und Disziplinarverfahrensrecht der Richterinnen und Richter für die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte an. Wie dort soll nicht jenes Oberlandesgericht als Disziplinargericht (bzw. jene Oberstaatsanwaltschaft als Disziplinaranwalt) zuständig sein, mit welchem laufend dienstlicher Kontakt besteht. Eine Staatsanwältinnen oder ein Staatsanwalt soll statt durch eine Richterinnen oder Richter auch durch einen Staatsanwalt des Dienst- oder Ruhestandes verteidigt werden können.

Da mit der vorliegenden Novelle keine vollständige Neufassung des Dienstrechts der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte erfolgt, bleibt gemäß § 206 RStG der Allgemeine Teil des BDG 1979 anwendbar. Von dieser Anwendbarkeit ausdrücklich ausgenommen sind jedoch:

- der 5. Unterabschnitt „Bedienstetenschutz“ des 6. Abschnitts, weil gleichlautende Bestimmungen bereits im RStDG enthalten sind (§§ 76e bis 76g);

- der 7. Abschnitt „Leistungsfeststellung“, an dessen Stelle die Dienstbeschreibung gemäß § 203 RStDG tritt;

- der 8. Abschnitt über das Disziplinarverfahren, an dessen Stelle das Disziplinar­verfahren gemäß § 204 RStDG tritt;

- die §§ 4 und 4a über die Ernennungserfordernisse und die Diplomanerkennung, da diese Materien durch die §§ 2 f und 26 RStDG abschließend geregelt sind;

- § 22 über die Entlassung wegen mangelnden Arbeitserfolges, dessen Inhalt in § 203 Abs. 6 RStDG sinngemäß übernommen wurde;

- § 65 über das Urlaubsausmaß, an dessen Stelle wie schon bisher (§ 14 StAG) § 72 RStDG tritt

- § 78e über das Sabbatical, das auch derzeit für Staatsanwältinnen und Staatsanwälte (und Richterinnen und Richter) keine Anwendung findet (§ 153 Abs. 3 BDG 1979 idF der Dienstrechts-Novelle 2007).

Zu Art 4 (§ 207 RStDG)

Zum Entfall der Anrechenbarkeit von Rigorosen auf die Richteramtsprüfung ist über­gangsrechtlich vorgesehen, dass für jene Richteramtsanwärterinnen und Richteramts­anwärter, die den frühestens sechs Monate vor Ablauf der vierjährigen Ausbildungszeit zu stellenden Antrag auf Zulassung zur Prüfung (§ 21 Abs. 1 RStDG) noch im laufenden Jahr gestellt haben, eine Anrechnung über den 31. Dezember 2007 hinaus in Frage kommt.

Um zu vermeiden, dass aufgrund des Systemwechsels von der Leistungsfeststellung nach dem BDG 1979 zur Dienstbeschreibung nach dem RStDG unmittelbar für sämtliche Staatsanwältinnen und Staatsanwälte Dienstbeschreibungen erfolgen bzw. nachgetragen müssen, soll eine Dienstbeschreibung aus Anlass einer Ernennung


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(unberührt bleiben Dienstbeschreibungen auf Antrag) nur erforderlich werden, wenn eine (Neu- oder Um-) Ernennung mit Wirksamkeit ab 1. Jänner 2008 erfolgt. Bis zu deren Vorliegen werden vorhandene oder gemäß § 81 Abs. 3 BDG 1979 als vorhanden fingierte Leistungsfeststellungen zugrunde zu legen sein.

Der im Bereich des Disziplinarrechtes vorgesehenen grundlegenden System­umstel­lung wird zur Vermeidung eines verlorenen Verfahrensaufwandes übergangsrechtlich dadurch Rechnung getragen, dass aufgrund der Bestimmungen des BDG 1979 zum 31. Dezember 2007 anhängige Disziplinarverfahren nach den Bestimmungen des BDG 1979 zu Ende zu führen sind.

Zu Art 15 (Änderungen des StAG)

Der Inhalt des § 3 Abs. 2 zweiter bis vierter Satz wird unter Berücksichtigung der neu aufgenommenen Fortbildungspflicht in § 173 RStDG übernommen. Ebenso werden die dienstrechtlichen Sonderbestimmungen des Abschnitts IV in das RStDG (§§ 174 bis 189) übernommen. Welche Bestimmungen für die auf Planstellen im Bundes­ministerium für Justiz ernannten Staatsanwältinnen und Staatsanwälte anwendbar sind (bisher § 39 StAG) ergibt sich – soweit eine Anwendung nicht schon aufgrund des Wortlauts der Bestimmung wie etwa jener über das Amtskleid von bei einer Staats­anwaltschaft tätigen Staatsanwältinnen und Staatsanwälte (§ 176) ausgeschlossen ist – aus Artikel IIa, § 205 und § 206 RStDG.

In den Art. 1 und 2 finden sich die entsprechenden Hinweise auf den neuen Regelungsort des Dienst- und Besoldungsrechts der Richter- und Staatsanwaltschaft, das RStDG.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe bekannt, dass Herr Abgeordneter Scheibner ein Verlangen auf getrennte Abstimmung gestellt hat.

Meine Damen und Herren, es ist derzeit nicht absehbar, ob wir bis zum Debattenende das Croquis bereits vorliegen haben. Es kann daher sein, dass wir erst nach TOP 20 bis 23 zur Abstimmung schreiten. Wir werden ja sehen, ob wir es schaffen.

Der Abänderungsantrag, den Herr Abgeordneter Pendl eingebracht hat, steht natürlich mit in Beratung.

Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Scheibner zu Wort. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


21.23.47

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es wäre einfacher, wenn diese Materien und diese Abän­derungswünsche rechtzeitig zugingen, denn dann könnte man im Ausschuss darüber diskutieren – und müsste jetzt nicht fünf Minuten vor der Abstimmung solche Probleme bereiten. Wenn man sich – berechtigterweise – bei den Bediensteten hier bedankt, dann, muss ich schon sagen, wäre auch das vorhin Gesagte im Interesse der Bediensteten hier, dass man ihnen nicht so einen Stress macht, dass sie jetzt schnell noch dieses Croquis fertig machen müssen.

Wir werden, wie ja bereits im Ausschuss angekündigt, in Teilbereichen zustimmen, anderes werden wir ablehnen, und wir werden etwas, wie es ja auch schon gesagt wurde, einmahnen. Und da schaue ich ganz, ganz intensiv – nein, Kollege Neu­gebauer, es sitzt niemand hinter dir – dich, Kollege Neugebauer, an. Ich hatte das Vergnügen, als Österreich noch eine sehr gute und zukunftsorientierte Regierung


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hatte, ... (Heiterkeit. – Abg. Parnigoni: Sieben dürre Jahre!) – Die Bevölkerung merkt jetzt schon, dass nichts Besseres nachkommt. Dieser Grundsatz bewahrheitet sich auch in der Politik.

Ich hatte jedenfalls das Vergnügen, mit dem Kollegen Neugebauer darüber einige Verhandlungen zu führen, und da hatten wir einiges vereinbart, aber offensichtlich hat sich Kollege Neugebauer gedacht: Warten wir einmal, denn Koalitionspartner kommen, Koalitionspartner gehen (Abg. Neugebauer: Die Beamten bleiben!) – die Beamten aber bleiben, und der Neugebauer bleibt auch! Und in diesem Fall hat es sich bewahr­heitet – und all das, was wir bereits besprochen hatten, ist dann nicht gekommen. Wir hoffen jedoch, es wird irgendwann einmal doch kommen, denn es wäre notwendig, ein modernes und zukunftorientiertes Dienst- und Besoldungssystem für den öffentlichen Dienst zu machen und auch dafür zu sorgen, dass gewisse Dinge – da hast du vollkommen recht, Kollege Neugebauer –, die bereits auf Bundesebene umgesetzt sind, sozusagen auch auf die Landesebene hinübergebracht werden.

Vieles vom schlechten Image der Beamten wird ja sozusagen nicht wegen der Bun­desbeamten erzeugt, sondern wegen anderer Bereiche, Bereiche, wo es noch Pensions- und Gehaltsprivilegien gibt.

Zu regeln wäre weiters: flexible Dienstrechte, etwa für die Exekutive oder das Bundes­heer; ebenso diese starren Schemata für die Beamten; das A/B/C/D-Schema, von dem wir wissen, dass es nicht mehr passt.

Jedes Mal bei einer Dienstrechts-Novelle versuchen Sie, das für einzelne Bereiche zu korrigieren, aber: Das gehört für alle neu geregelt, gerade auch in Bezug auf die Fachhochschul-Studienabgänger ist das notwendig.

Die Frage der Pragmatisierung ist immer wieder zu stellen; das ist einmal endgültig zu regeln.

Es gäbe in diesem Zusammenhang auch eine ganze Reihe von Vereinfachungen.

Wir werden, um das ein bisschen zu erleichtern und den Kollegen Neugebauer daran zu erinnern, was wir damals schon besprochen und vereinbart haben, einen Ent­schließungsantrag einbringen, in dem all diese Punkte enthalten sind.

Diesen Antrag bringe ich hiermit ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Scheibner, Westenthaler betreffend Neuregelung des Dienstrechts öffentlich Bediensteter

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundeskanzler wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend“ – umgehend, Herr Kollege – „eine Gesetzesvorlage zu übermitteln, in welcher das Dienstrecht der öffentlich Bediensteten unter Berücksichtigung der in der Begründung dieses Antrages“ – das können Sie dann alle nachlesen –„ausführlichst ausgeführten Eck­punkte neu geregelt wird.“

*****

Dieser Entschließungsantrag wird möglicherweise – das kennen wir ja schon – hier keine Zustimmung finden, aber vielleicht nehmen Sie ihn mit. Für die nächste Verhand­lungsrunde ist das sicherlich ein ganz gutes Croquis. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

21.27



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 302

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag des Herrn Abgeordneten Scheibner ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß ein­gebracht worden und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Scheibner, Westenthaler betreffend Neuregelung des Dienstrechts öffentlich Bediensteter

eingebracht im Zuge der Debatte über TOP 18 betreffend Bericht des Verfassungs­ausschusses über die Regierungsvorlage (296 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbediens­tetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Bun­des-Gleichbehandlungsgesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Pensionsgesetz 1965, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Poststrukturgesetz und das Staatsanwaltschaftsgesetz geändert werden (2. Dienst­rechts-Novelle 2007) (367 d.B.)

Im Zuge der Diskussion zur 2. Dienstrechtsnovelle 2007 muss festgehalten werden, dass die Vorarbeiten für ein einheitliches Dienstrecht der öffentlich Bediensteten bereits in der XXII. GP weit gediehen waren.

Weitgehende Übereinstimmung konnte zwischen den vormaligen Koalitionspartnern darüber erzielt werden, daß eine alleinige Neuregelung der Beschäftigung von künftigen Bundesmitarbeitern ohne gleichzeitige Harmonisierung der bestehenden drei Dienst- und Besoldungsrechte (Beamte, Vertragsbedienstete [alt], Vertragsbedienstete [neu]) nicht akzeptabel sei, da dies ein viertes, weitestgehend entkoppeltes Dienstrecht schaffen würde, das die bereits heute bestehenden Ungleichbehandlungen der Be­diensteten – vor allem zwischen Beamten und Vertragsbediensteten im Hinblick auf: Lebenseinkommen, Disziplinarrecht, Sozialrecht, Verwendungseinschränkungen, ge­ringe Durchlässigkeit, Fragen der Weiterbildung etc. – nicht nur nicht beseitigen, sondern auch noch verschärft hätte.

Klar war den vormaligen Partnern, dass ein solche Harmonisierung - einschließlich der Möglichkeit zur Option - nur durch finanzielle und sonstige Anreize geschaffen werden kann.

Es sollte daher eine Vereinheitlichung der öffentlichen Dienst-, Besoldungs- und Pensionsrechte sowie einer Harmonisierung der unterschiedlichen Lebensverdienst­summen in einem für alle Bundesmitarbeiter gleich geltenden Gesetz erreicht werden, welches die bisherigen Dienstrechte auf der Grundlage eines Optionsrechtes zusam­menführen sollte, aber auch die Möglichkeit „getrennter spartenspezifischer Dienst­rechte“ als Alternative aufweisen sollte. Auf dieser sonst einheitlichen gesetzlichen Grundlage sollte auch weiterhin ein gesetzeskonformer, objektiver und unabhängiger Gesetzesvollzug sichergestellt werden.

Insbesondere folgende Eckpunkte sollten in einer derartigen Regelung verankert werden:

1. Abschaffung der generellen Pragmatisierung und Definitivstellung

Speziellen Kündigungsschutz sollte künftig nur in folgenden Fällen geben:


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 303

funktionsbezogen in einzelnen Bereichen, in welchen es für die Erledigung heikler Aufgaben, um einer allfälligen externen (politischen) Einflussnahme vorbeugen zu können, unbedingt notwendig ist, sowie

bei Bundesmitarbeitern, die berechtigt sind unmittelbare behördliche Befehls- und Zwangsgewalt auszuüben (z.B. Exekutive)

2. Abschaffung der historisch entstandenen Ernennungserfordernisse

Abgehen von der „Tradition“ der Ernennung auf Planstellen. Bei der Besetzung von Arbeitsplätzen muss auf die persönlich erlangte Qualifikation des Bewerbers und nicht nur auf allgemeine Ausschreibungskriterien abgestellt werden, nicht nur die Jahre oder der akademische Titel alleine den Bewerber für den Arbeitsplatz befähigen. Dies unter Beibehaltung der Aufnahmeerfordernisse des § 3 VBG sowie der Geltung der gleichen Bedingungen für ein unbefristetes Dienstverhältnis wie in der Privatwirtschaft.

3. Flexibilisierung der Verwendungs- und Entlohnungsgruppen unter gleichzeitiger Berücksichtigung tatsächlich erworbener Qualifikationen

Die Bewertung der Arbeitsplätze erfolgt bisher anhand generell abstrakter mit dem Arbeitsplatz verbundener arbeitstechnischer Anforderungen und nicht nach spe­zifischen Anforderung zum Zeitpunkt der Besetzung sowie der Qualifikation der Bewerber. Aufnahme- und Verwendungsprinzip klaffen im Laufe der Beschäftigung aus­einander. Derzeit historisch gewachsene Laufbahnbilder entsprechen nicht mehr dem vergleichbaren Verlauf in der privaten Wirtschaft (ein Abteilungsleiter muss daher nicht zwingend Akademiker sein, ein Polizeijurist nicht unbedingt Polizist, ein Inten­danz- oder Fachoffizier aber Berufsmilitärperson). Die Ausbildungsbereiche unter­schiedlicher Exekutivdienstkörper sollten daher homogen sein.

Bei der Besetzung von leitenden Funktionen sollten unterschiedliche Qualifikationen, vor allem jene der persönlichen Leistungs- und Weiterbildungsbereitschaft, Berück­sichtigung finden. Ausnahmen sollen lediglich für Funktionen in jenen Bereichen bestehen, die spezielles Wissen erfordern, welches durch den Abschluss einer spe­zifischen Ausbildung nachzuweisen ist. (z.B. Leiter einer Rechtsabteilung muss Jurist sein.)

Die Bedachtnahme auf den Grundsatz der Objektivität sowie die Wahrung eines erforderlichen Rechtsschutzes muss jedenfalls Grundlage jeder Ausschreibung und Besetzung sein.

4. Besoldungs- und gehaltsrechtliche Reform

Im Sinne einer Beseitigung bestehender Benachteiligungen von Vertragsbediensteten und Beamten sind nachstehende Maßnahmen zu setzen:

a. Schaffung eines einheitlichen Gehaltsschemas von Vertragsbediensteten und Beamten

b. Beibehaltung der bisherigen Lebensverdienstsumme

c. Anhebung der Anfangsbezüge unter gleichzeitiger Abflachung der Gehaltskurve

d. Eindämmung des derzeitigen Zulagenwesens; insbesondere der leistungs­unabhängigen Zulagen (Aufwandentschädigungen, Erschwerniszulagen usw.). Zula­gen sollen künftig verstärkt durch Pauschalgehälter abgegolten werden. Ausgenom­men davon Funktionszulagen.

e. Funktionszulagen sollen als Belohnungssystem für erbrachte Leistungen dienen. Die Höhe soll sich nach der erbrachten Leistung des Bundesmitarbeiters im Vorjahres richten, wofür es bisher Belohnungen gab. Hierbei wäre auf ein zweistufiges Funktions-


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gruppenzulagensystem abzustellen. Daraus resultiert die Abschaffung der Funktions­stufen 1 – 4. Nur die unterschiedlichen Bedürfnisse der Bundesmitarbeiter der unter­schiedlichen Ressorts sollen in vereinzelten Ausnahmeregelungen Berücksich­tigung finden (z.B. für Bundesmitarbeiter im Außendienst bei der Exekutive).

f. Schaffung attraktiver Optierungs- und Überleitungsmöglichkeiten in das neue Modell.

g. Attraktivierung des öffentlichen Dienstes für hochqualifiziertes Personal aus der Privatwirtschaft

h. Um den Anreiz zum Umstieg von Spitzenkräften aus der Privatwirtschaft in den öffentlichen Dienst attraktiver zu gestalten, müssten die in der Privatwirtschaft erworbenen Dienstzeiten und Fähigkeiten angerechnet werden.

Der Vorteil einer derartigen Reform liegt auf der Hand: Gleiche Dienstleistung wird gleich entlohnt, doch sollen Verantwortung und erbrachte Leistungen unabhängig vom Dienstalter entlohnt werden. Dadurch kann die inflationäre Handhabung des Son­dervertragswesens im öffentlichen Dienst ebenso eingedämmt werden, wie man hoch qualifizierte Arbeitskräfte für den öffentlichen Dienst gewinnen und auch halten kann.

5. Regelungen aller Streitfälle vor dem Arbeits- und Sozialgericht

Künftig sollen diese Fragen einheitlich – wie derzeit schon für Vertragsbedienstete – von den Arbeits- und Sozialgericht geklärt werden. Dies brächte folgende Vorteile mit sich:

a) Beurteilung der Sachlage von einem unabhängigen Gericht. Richter bleiben auch nach einem Verfahren unabhängig, nicht so – denknotwendigerweise - ein Mitglied einer Disziplinarkommission

b) Erschwerte politische Einflussnahme auf Verfahren

c) Keine unterschiedlichen Verfahren (Verwaltung- und Gerichtsverfahren) von Bun­desbediensteten bei selben Vergehen oder Streitfällen,

d) Keine unterschiedlichen Rechtsfolgen hervorgerufen durch unterschiedliche Verfahrenserledigungen.

6. Verwaltungsvereinfachung speziell im Pensions- , Kranken- und Unfall­ver­siche­rungswesen

Für Bundesmitarbeiter solle nur eine einheitliche Unfalls-, Kranken- und Pensions­versicherungsregelung gelten. Eine Zusammenlegung und daher einheitliche Regelung in der B KUVA wäre bereits derzeit in versicherungsrechtlicher Hinsicht bezüglich der unterschiedlichen Vertragsbedienstetentypen im Sinne der Verwaltungsprinzipien der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit sinnvoll.

Auch hier zeigen sich eklatante Vorteile: Die bislang jeweils unterschiedlichen Um­fänge der Versicherungsleistungen würden vereinheitlicht werden, die Leistungen wären besser Vergleichbarkeit, die Leistungsverteilung wäre gerechter und der über­durchschnittlich hohe Verwaltungsaufwand könnte erheblich reduziert werden.

7. Berücksichtigung „spartenspezifischer Dienstrechte“ in speziell ressortbezogenen Kapitel

In „spartenspezifischen Dienstrechten“ von Verwaltungsorganen, welche zur Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt befugt sind (zB Exekutive und Soldaten) kann man mit den sonst geltenden allgemeinen Regelungen kein Auskommen finden, daher sollten die für sie geltenden besonderen Anforderungen durch Schaffung speziell ressortbezogener Kapitel berücksichtigt werden.


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In diesen könnte beispielsweise die Einbeziehung leistungsunabhängiger Zulagen in das Gehaltsschema wie auch unterschiedliche Laufbahnerfordernisse (zB ver­pflich­tender Auslandseinsatz) aufgenommen werden.

Um jedoch auch diese Bereiche möglichst systemkonform ins Gesamtsystem ein­zubinden, sollten jedenfalls auch Permeabilitätsbestimmungen vorgesehen werden, welche das Überwechseln zu den anderen, allgemeineren Verwaltungsbereichen erleichtern sollen. Denkmöglich wären in diesen Zusammenhang Bestimmungen, welche die bevorzugte Übernahme in andere Bereiche der allgemeinen öffentlichen Verwaltung (abweichend von den sonst geltenden allgemeinen Aufnahme­erforder­nisse) vorsehen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundeskanzler wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Gesetzes­vorlage zu übermitteln, in welcher das Dienstrecht der öffentlich Bediensteten unter Berücksichtung der in der Begründung dieses Antrages ausführlichst ausgeführten Eckpunkte neu geregelt wird.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Neugebauer zu Wort. Gewünschte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


21.27.43

Abgeordneter Fritz Neugebauer (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Selbstverständlich ist Dienstrechtsentwicklung im öffentlichen Dienst ein permanenter Prozess, und es ist selbstverständlich auch unser Interesse, dass sich die Dienst- und Besoldungs- und auch Pensionsrechte zwischen den Gebietskörperschaften Bund, Ländern und Gemeinden nicht weiter auseinanderentwickeln. – Das hat auch schon im Hinblick auf mögliche Übertritte einen nicht unerheblichen Stellenwert.

Diese Dienstrechts-Novelle ist ein weiterer Schritt in einigen Segmenten: so zum Beispiel die Adaptierung des Fahrtkostenzuschusses, dass wir teilzeitbeschäftigte Kolleginnen und Kollegen mit einem Überstundenzuschlag bedenken können.

Ein ganz wichtiger Punkt zum Beispiel, Kollege Murauer, ist die Frage Wache­bediensteten-Hilfeleistungsgesetz, dass wir unsere Pilotinnen und Piloten, alle, die in Militärmaschinen unterwegs sind – Gott soll abhüten, dass ihnen etwas passiert! –, jetzt privat versichert haben. Das ist auch ein psychologisch wichtiges Signal, dass sie in dieses Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz aufgenommen werden. Der Bund steht im Fall des Notfalles, der hoffentlich nie eintritt, für sie zu Verfügung. (Beifall bei der ÖVP.)

Kollege Otto Pendl hat ja in diesem Antrag auch noch eine ganz wichtige Frage, nämlich die Einbindung des Dienstrechtes der Staatsanwälte in das Dienstrecht der Richter argumentiert, nämlich dahin gehend, dass im Rahmen des strafprozessualen Vorverfahrens die Leitungsfunktion der Staatsanwälte von jener der bisherigen Untersuchungsrichter übernommen wird.


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Das „Rufzeichen“ dieses gesamten Pakets ist, wie angeführt, natürlich die Gehalts­runde; das hätten wir ganz gerne früher abgeschlossen, und die Kolleginnen und Kollegen sind schon ein bisschen ungeduldig geworden. Ich sage aber dazu: Was lange währt, wird endlich gut! Es ist das sozusagen eine traditionelle Auseinander­setzung, weil es dabei natürlich auch um eine Menge Geld geht. Wir bewegen immerhin für die öffentlich Bediensteten des Bundes und die Landeslehrer 315 Mil­lionen €.

Am Tisch mit dabei sitzen die Vertreter der Länder und Gemeinden, die erklärt haben, dass sie diesen Abschluss nachvollziehen werden.

Ich darf all jene hier, die Einflüsse auf Landtage haben, einladen, dazu beizutragen, dass das auch eingehalten wird, weil wir es nicht aushalten würden insgesamt, wenn jedes Bundesland nach eigener Kapazität in dessen Budget wesentlich andere und abweichende Zugeständnisse machen würde.

Wir haben aus diesem Volumen eine durchschnittliche Einkommenserhöhung von 3,3 Prozent für das kommende Kalenderjahr erreicht. Wir haben eine soziale Staf­felung in der Form vorgenommen, dass wir 2,7 Prozent anrechnen, und zwar in der Spreizung von 2,8 bis 3,8 Prozent, die Otto Pendl erwähnt hat – hier ist dieses soziale Element mit einer Einmalzahlung von 175 € dargestellt –, und die Sozialpartner auch der anderen Gebietskörperschaften haben sich bereit erklärt, das entsprechend über die Runden zu bringen.

Es waren keine einfachen Gespräche, und ich bedanke mich an dieser Stelle explizit bei dir, Frau Bundesministerin, für Verhandlungen, die, wie es auf Wienerisch so schön heißt, hart, aber herzlich waren.

Letztendlich zählt nur der Erfolg, und die Bundesbediensteten, die Landeslehrer und die öffentlich Bediensteten haben es sich nicht verdient, unter dem Wert der allgemeinen Einkommensentwicklung geschlagen zu werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Viele von Ihnen nehmen bei Ihren Reden von diesem Pult aus die Gelegenheit wahr, öffentlich Bedienstete zu loben. Das ist kein Almosen, sondern es ist ganz wichtig, deutlich zu machen, dass diese einen wichtigen Anteil an der Einkommensentwicklung haben, weil öffentlich Bedienstete mit der hohen Qualität ihrer Arbeit – ob sie beim Bund, den Ländern oder den Gemeinden ihre Dienstleistung vollbringen – ein wichtiger Parameter nicht nur für die Sicherheit des Rechtsstaates sind, sondern auch für unsere Volkswirtschaft. – Ich bitte Sie, dieser Vorlage zuzu­stimmen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

21.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Ross­mann. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


21.31.55

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich möchte mich in einem Punkt meinem Kollegen Scheibner anschließen, nämlich als dieser gemeint hat, dass die Vorlage des Abänderungsantrages schon reichlich spät gekommen ist, dieser sehr umfangreich ist und daher nicht ausreichend Zeit war, um all das zu studieren, was in diesem Abänderungsantrag geschrieben steht.

Aber diese Dienstrechts-Novelle bringt einige positive Elemente mit sich, darunter etwa die Übernahme des Mehrarbeitszuschlages für Teilzeitbedienstete in das Dienstrecht des Bundes; deshalb werden wir, indem wir dieser Novelle gewissermaßen einen Vertrauensvorschuss geben, dieser Novellierung des Dienstrechtes insgesamt zustim­men. – Das kann aber nur die Zustimmung für einen Schritt sein, dem weitere Schritte


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 307

folgen müssen, nämlich in Richtung einer weiteren Dienstrechts-Novelle, die eine Harmonisierung des Dienstrechtes von Bund, Ländern und Gemeinden umfasst.

Da Herr Kollege Pendl gemeint hat, das sei ein schwieriges Unterfangen, kann ich ihm recht geben. (Zwischenruf des Abg. Pendl.) Natürlich! Auch die Bundesstaatsreform ist ein schwieriges Unterfangen, aber Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, und Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, verfügen über eine so breite Regie­rungsmehrheit, dass es durchaus möglich sein müsste, auch schwierige Projekte endlich einer Lösung zuzuführen. Wofür haben wir denn sonst so breite Mehrheiten in diesem Haus? – Lösungen sind schwierig, aber dennoch anzustreben. (Beifall bei den Grünen.)

Erlauben Sie mir noch ein paar Worte zum Gehaltsabschluss, der ja ebenfalls Gegen­stand dieser Dienstrechts-Novelle ist! Die Latte wurde von Ihnen, Herr Kollege Neugebauer, mit 4 Prozent ja hoch gelegt. (Abg. Dr. Stummvoll: Der Buchinger hat sie hoch gelegt!) – Na ja, Kollege Neugebauer hätte ja nicht das machen müssen, was Minister Buchinger sagt. Ich denke, eine Automatik, dass man das machen muss, was andere sagen, gibt es ja nicht.

Gemessen an dieser Latte, gemessen auch an den Ergebnissen des Metallerabschlus­ses, selbst gemessen am Ergebnis des Abschlusses für Handelsangestellte ist dieses ein eher bescheidenes, aber, wie ich meine, ein dennoch und gerade noch akzeptables Ergebnis. (Abg. Neugebauer: Da kennen Sie unsere Kollegen nicht!) – Ich verstehe schon, die Kollegen wünschen sich natürlich immer mehr, das ist schon klar. (Abg. Neugebauer: Der beste Abschluss seit zwölf Jahren!) – Na ja, das Wachstum der Steuereinnahmen, das wissen wir, ist in diesen Zeiten auch höher, als es etwa in den Jahren von 2000 bis 2005 gewesen ist. (Abg. Neugebauer: 3,3 Prozent!) All das hätte es unter Umständen gerechtfertigt, nicht über Einmalzahlungen für das Jahr 2008, sondern doch über etwas zu verhandeln, was auch dauerhaft für die Kolleginnen und Kollegen des öffentlichen Dienstes gewirkt hätte.

Ich sehe natürlich, dass das, was jetzt am Tisch liegt, auf der einen Seite eine soziale Staffelung mit sich bringt – Sie haben es ja selbst gesagt, und auch Kollege Pendl hat es gesagt: zwischen 2,8 und 3,8 Prozent –, aber auf der anderen Seite muss man auch sehen, dass diese Einmalzahlungen natürlich nicht in die Basis für die Gehaltserhö­hungen des nächsten Jahres eingehen.

Ich hätte mir im Sinne eines fairen Gehaltsabschlusses schon gewünscht, eine Staffel einzuziehen, die von Dauer gewesen wäre, zum Beispiel über Sockelbeträge, ähnlich wie es sie etwa beim Abschluss der Handelsangestellten gegeben hat. Die hatten ja eine Erhöhung von 3,1 Prozent, mindestens jedoch um 45 €.

Fairness hätte also, gerade im Sinne der Ergebnisse des Einkommensberichtes, bedeutet, den unteren Einkommen etwas mehr zu geben, denn die Schere zwischen den unteren und den oberen Einkommen hat sich in den letzten Jahren – das hat ja dieser Einkommensbericht gezeigt – geöffnet. – Danke sehr. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Neugebauer – in Richtung des das Rednerpult verlassenden Abg. Mag. Ross­mann –: Weil das ... zu ändern ist! – Abg. Mag. Rossmann: Vereinheitlichung!)

21.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Bundesministerin Bures zu Wort. – Bitte.

21.36.13

 


Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst Doris Bures: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich freue mich, dass ich dem Hohen Haus eine


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 308

„Herbst-Dienstrechts-Novelle“ und einen Gehaltsabschluss präsentieren kann, die heute auch verabschiedet werden sollen.

Ich glaube tatsächlich, wie das auch einige Vorredner schon ausgeführt haben, dass das ganz wesentliche Element dieses Gehaltsabschlusses ist, dass es gelungen ist, einen fairen Gehaltsabschluss für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst auszu­verhandeln, dass er eine soziale Komponente hat und – was ganz wichtig war – dass dieser Gehaltsabschluss auch leist- und finanzierbar ist. Ich glaube, es ist wirklich gelungen, diese drei Elemente zu verbinden.

In aller Kürze: Diese Herbstnovelle ist die zweite Dienstrechts-Novelle, die ich als Beamtenministerin einbringen darf, es waren aber die ersten Gehaltsrunden, die unter meiner Führung verhandelt wurden. Herr Abgeordneter Neugebauer hat gesagt, diese waren nicht einfach, und hat sie mit „hart, aber herzlich“ beschrieben. Meine ersten Gehaltsverhandlungen waren also wirklich keine einfachen, und ich habe, obwohl ich schon sehr lange in der Politik bin, doch wieder neue Erfahrungen sammeln können.

Mir ist es heute wichtig festzuhalten, dass die Verhandlungen immer in gegenseitigem Respekt und mit großer Fairness geführt wurden, und dafür möchte ich mich beim Verhandlungspartner, bei Herrn Abgeordnetem Neugebauer und den Vertretern der Gewerkschaft öffentlicher Dienst, auch bedanken. Es waren harte Verhandlungen, sie waren aber fair und von gegenseitigem Respekt geprägt. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich möchte darüber hinaus, weil es die letzte Sitzung des Nationalrates in diesem Jahr ist, die Gelegenheit wahrnehmen und mich als Beamtenministerin bei allen Beschäf­tigten des öffentlichen Dienstes dafür bedanken, dass sie tagtäglich wirklich hervor­ragende Arbeit im Interesse der Österreicherinnen und Österreicher leisten. Wir werden gemeinsam – und das sehe ich auch als meine Aufgabe – jene Strukturen schaffen – ob es das Dienstrecht oder das Besoldungsrecht ist –, damit diese positive und wichtige Arbeit, die im öffentlichen Dienst geleistet wird, auch modernisiert, weiterentwickelt und in diesem Sinne fortgesetzt wird. – Ein herzliches Dankeschön an alle Beschäftigten des öffentlichen Dienstes! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

21.38


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Und um das zu untermauern, was die Frau Bundesministerin gerade gesagt hat, nämlich dass unsere Beamten brillant sind: Das Croquis ist fertig, und wir können mit der Abstimmung beginnen. Auch das verdient einen kräftigen Applaus. (Allgemeiner Beifall.)

Seitens des Berichterstatters wird kein Schlusswort gewünscht.

Wir gelangen daher zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend 2. Dienstrechts-Novelle 2007 in 367 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Pendl, Neugebauer, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ferner liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Scheibner, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde zunächst über die vom Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag sowie vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 309

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Artikel 1 Ziffern 15a (17 neu), 20 (22 neu), Artikel 2 Ziffern 1, 31 und 33 sowie Artikel 3 Ziffern 7 und 19 in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des Zusatz- beziehungsweise Abän­derungsantrages der Abgeordneten Pendl, Neugebauer, Kolleginnen und Kollegen.

Wer diesen Teilen des Gesetzentwurfes seine Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes unter Berücksichtigung des Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrages der Abgeordneten Pendl, Neugebauer, Kolleginnen und Kollegen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einsparungen im öffentlichen Bereich durch Umsetzung eines einheitlichen Pensions-, Besoldungs- und Dienstrechts sowie durch eine Verwaltungsreform.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem die Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Dieser Entschließungsantrag ist abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhöhung des Kilometer­geldes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem die Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Scheibner, Kollegin und Kollegen betreffend Neuregelung des Dienstrechts öffentlich Bediensteter.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Ferner kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 368 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist wieder mit Mehrheit angenommen. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung ange­nommen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 310

21.43.1620. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (169 d.B.): Kündigung des Übereinkommens (Nr. 45) über die Beschäftigung von Frauen bei Untertagearbeiten in Bergwerken jeder Art, 1935 (348 d.B.)

21. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (205 d.B.): Übereinkommen über die Rechtsstellung der Staatenlosen (349 d.B.)

22. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (232 d.B.): Bundesgesetz über das Verbot von Streumunition (350 d.B.)

23. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (233 d.B.): Bundesgesetz über die Anerkennung des Österreichischen Roten Kreuzes und den Schutz des Zeichens des Roten Kreuzes (Rotkreuzgesetz – RKG) (351 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 20 bis 23 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Bösch zu Wort. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


21.44.05

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich nehme zu den Tagesordnungspunkten 20 bis 22 Stellung.

Die FPÖ wird der Beilage 169 ihre Zustimmung geben, der Beilage 205 nicht – dabei geht es um die Rechtsstellung von Staatenlosen, festgehalten in einer internationalen Übereinkunft, die seit dem Jahre 1954 besteht und nunmehr auch von der Republik Österreich anerkannt werden soll.

Wir konnten im Ausschuss darüber reden, aber Sie, Herr Staatssekretär, konnten nach meinem Dafürhalten nicht ausreichend erklären, warum wir jetzt nach so langer Zeit diesem Übereinkommen beitreten müssen, um welche Personengruppe es bei diesen Staatenlosen in der heutigen eigentlich Zeit geht und in welcher Form diese Personengruppe Ansprüche im Sozial- und Familienleistungsbereich stellen kann.

Im Tagesordnungspunkt 22 geht es um das Bundesgesetz über das Verbot von Streu­munition. Wir werden diesem Gesetz unsere Zustimmung geben, wir haben allerdings nicht verstanden, warum im Gegensatz zum ersten Entwurf der Regierung in diesem Abänderungsantrag der Regierungskoalition die Suchzündermunition mit der Fähigkeit zur Zielerkennung nunmehr als eine Ausnahme aus diesem Gesetz herausgenommen werden soll.


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Immerhin ist diese Suchzündermunition eine der modernsten Munitionsarten und wird sowohl von Experten des Bundesheeres als auch auf der offiziellen Homepage des Landesverteidigungsministeriums als die zukunftsweisende Munition im Artillerie­be­reich anerkannt. Da sich Österreich jetzt dazu verpflichtet, auch die eigenen Streu­munitionsbestände zu vernichten, wird man im österreichischen Bundesheer im Sinne der Kompensation für diese fehlende Streumunition eine neue Art von Munition für unsere Artillerie in Betracht ziehen müssen, und dass wir wegen dieses Gesetzes auf die modernste Gattung im Bereich der Suchzündermunition nicht zurückgreifen können sollen, scheint uns nicht zielführend zu sein.

Wir haben deshalb getrennte Abstimmung verlangt und werden § 1 Abs. 1, wie ihn die Regierungsparteien vorschlagen, nicht zustimmen, dem Rest des Gesetzes aber schon. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Scheibner.)

21.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Großruck. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte. (Widerspruch des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Großruck.) – Hier steht 2 Minuten; ich stelle Ihnen auch eine andere Zeit ein, wenn Sie das wünschen.

 


21.46.58

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Die Frau Präsidentin hat vorhin die Themen vorgetragen, die wir heute unter diesem Tagesordnungspunkt zu behandeln haben. Die Öster­reichi­sche Volkspartei wird natürlich all diesen Punkten zustimmen, ob es die Kündigung des Abkommens über die Beschäftigung von Frauen bei Untertagearbeiten in Bergwerken ist – darauf werden andere Redner noch eingehen –, ob es die Rechtsstellung von Staatenlosen ist, dem Verbot von Streumunition oder auch dem Rotkreuzgesetz, mit dem gewährleistet wird, dass der Status des Roten Kreuzes auch international abge­sichert wird. – Ich darf hiezu die Vertreter des Roten Kreuzes auf der Besuchergalerie auch im Namen der Österreichischen Volkspartei herzlich begrüßen. Sie werden natürlich aufmerksam zuhören, wie das Gesetz, das für das Rote Kreuz sehr wichtig ist, beschlossen wird. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine Damen und Herren, in 2 Minuten Redezeit kann man inhaltlich nicht auf sehr viele Dinge eingehen, deswegen möchte ich nur Folgendes sagen – Kollege Murauer wird dann noch im Detail darüber sprechen –: Dieses Verbot von Streumunition – wir haben ja bereits die Streuminen beziehungsweise die Anti-Personen-Minen verboten – ist ein weiterer ganz wichtiger Schritt in Richtung „humaner“ – unter Anführungs­zeichen – Auseinandersetzung, denn was mit diesen Arten von Munition passiert ist, war grausig und verbrecherisch: In erster Linie sind Zivilisten ums Leben gekommen und Kinder sind beim Einsatz dieser Munition reihenweise gestorben – egal, ob es Anti-Personen-Minen waren oder auch diese Streuminen.

Eine logische Konsequenz ist, dass sich Österreich mit einigen anderen Ländern als Vorreiter zusammenschließt, wobei zu hoffen ist, dass diesem Beispiel viele andere folgen werden.

Meine Damen und Herren, Weihnachten naht und es gibt verschiedene Wünsche. Ich darf den Wunsch des ORF, nämlich eine Gebührenerhöhung, weil es heute gerade passt, noch kurz streifen. Plus 10 Prozent für die Gebührenzahler, ich glaube, das sieht niemand ein. Deshalb habe ich zum Schluss noch eine Empfehlung, die zu Weihnachten passt, an ORF-Generaldirektor Wrabetz in Form eines Vierzeilers:


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10 Prozent will Wrabetz mehr,

da bei ihm die Kassen leer.

Diesen Wunsch, tu’ ich empfehlen,

soll er an das Christkind stellen.

(Beifall bei der ÖVP.)

21.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scheib­ner. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


21.49.44

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Her­ren! Kollege Großruck, hoffentlich bleibt das auch so, dass dieser Wunsch wirklich nur ans Christkind gestellt und nicht von euch dann gemeinsam beschlossen wird! – Aber das werden wir uns ja noch genauer ansehen.

Zu den beiden unproblematischen Punkten: Die Kündigung des Übereinkommens über die Beschäftigung von Frauen bei Untertagearbeiten in Bergwerken wird von uns natürlich voll und ganz unterstützt ebenso wie der Schutz des Zeichens des Roten Kreuzes.

Heute sind wir ja wirklich gut geschützt (auf die Besuchergalerie weisend), aber ich hoffe, dass es heute keine großen emotionalen Debatten mehr geben wird, so wie das gestern spät nächtens noch der Fall war, sodass man vielleicht fürchten müsste, dass die Sanität erforderlich ist zur Betreuung des einen oder anderen Abgeordneten, der das noch sehr ernst nimmt um 1 Uhr oder 1.30 Uhr in der Früh.

Es gibt aber auch zwei Punkte, wo wir keine vollinhaltliche Zustimmung geben können: Zum einen ist dies das Übereinkommen über die Rechtsstellung von Staatenlosen. Herr Staatssekretär! Wir haben das schon im Ausschuss besprochen. 50 Jahre ist man ohne dieses Abkommen ausgekommen. Wir wissen auch, dass es kaum mehr Staatenlose gibt. Gott sei Dank! Warum man also jetzt dieses Abkommen abschließen oder annehmen und dann wieder innerstaatlich alle möglichen Richtlinien umsetzen muss, verstehen wir nicht, und deshalb werden wir das auch ablehnen.

Beim Bundesgesetz über das Verbot von Streumunition gehe ich mit meinem Vor­redner, dem Abgeordneten Bösch, konform. Wir sind grundsätzlich d’accord, dass diese Munition abzulehnen ist, vor allem dort, wo aufgrund der hohen Blindgängerraten Zivilisten nach Ende der Kampfhandlungen massiv gefährdet sind.

Man muss selbstverständlich auf der anderen Seite auch darauf hinweisen, dass Waffen an sich etwas Unangenehmes und grundsätzlich auch abzulehnen sind. Solange es aber sozusagen Böse gibt, die solche Waffen verwenden, müssen die Guten auch Waffen nehmen, um sich gegen diese Bösen verteidigen zu können. Das ist ganz einfach eine Realität, mit der wir uns auseinandersetzen müssen.

Vor diesem Hintergrund haben wir es nicht verstanden, dass man die ursprüngliche Vorlage zum Verbot der Streumunition noch abgeändert – und es war noch dazu ein Antrag der ÖVP – und damit auch die künftige Entwicklung von intelligenter Munition für Österreich verhindert hat.

Wir wissen alle, dass jene, die diese Munition verwenden, solche Abkommen meistens nicht abschließen. Also verstehe ich nicht, warum wir da noch mehr tun, als wirklich notwendig und sinnvoll ist. Deshalb werden wir hier eine getrennte Abstimmung vornehmen: Verbot der Streumunition – ja, aber kein Verbot für die Entwicklung von


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intelligenter Munition, die eben genau diese Unfälle bei den Zivilisten verhindern soll. (Beifall beim BZÖ.)

21.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Schieder zu Wort. Gewünschte Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


21.52.52

Abgeordneter Mag. Andreas Schieder (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Zu der einen Vorlage, zum Rotkreuzgesetz nur die Erwähnung, dass wir das heute auch deshalb beschließen, weil das Rote Kreuz einer völkerrechtlichen Tradition, nämlich den Genfer Protokollen und den Genfer Konventionen entspricht. Das passt insofern auch zum zweiten Beschluss, dem Streumunitionsverbot, weil das Rote Kreuz ja auch eine der Einrichtungen ist, die immer auf das humanitäre Völkerrecht eingewirkt haben.

1 204 Milliarden US-Dollar werden im heurigen Jahr weltweit für Militärzwecke ausge­geben. Das bedeutet eine Steigerung von beinahe 40 Prozent, nämlich 37 Prozent in den letzten zehn Jahren. Daran erkennen wir schon, dass der weltweite Abrüstungs­prozess mehr als nur im Stocken ist, nämlich fast zum Stillstand gekommen ist. Die Friedensdividende, von der wir noch 1989, 1990 gesprochen haben, gibt es schon lange nicht mehr, sondern die Rüstungsausgaben steigen wieder in unermessliche Höhen.

Nachdem es seit zehn Jahren das Landminenverbot gibt, sind wir als Österreicher so weit, die Clustermunition, die Streumunition zu verbieten. Fast jede vierte Streu­munition explodiert nicht, sondern liegt quasi im Feld herum und kommt oft erst Jahre später zur Explosion, wobei die Opfer oft Kinder sind, der Zivilbevölkerung angehören und Verstümmelungen, Verkrüppelungen und dergleichen davontragen. Daran sieht man, wie schrecklich und gefährlich diese Munition ist, und daher bin ich sehr froh, dass wir heute hier ein umfassendes Verbot beschließen, das Produktion, Handel und Besitz verbietet, aber auch die Vernichtung der Bestände vorsieht.

Ich finde es richtig und wichtig, dass wir auch insofern ein umfassendes Verbot etablieren, als wir auch die Smart-Munition vom Verbot nicht ausgenommen haben. Allein die Definition als „intelligente“ Munition ist schon mehr als hinterfragenswert. Ich kann das nicht glauben. Man hat das auch über die Streumunition gesagt, und spätestens seit dem Libanonkrieg wissen wir, was ihre negativen Folgen waren. Daher bin ich sehr stolz darauf, dass wir als Österreicher auch ein sehr umfassendes, eindeutiges und klares Verbot beschließen.

Wir sind weltweit das zweite Land nach Belgien. Wir hätten es fast schon in der letzten Periode beschließen können – es ist ein langjähriges Anliegen –, beschließen es aber zum Glück heute. Ich bin froh, dass gerade heute Frau Bianca Jagger, die eine internationale Botschafterin ist und auch eine Botschafterin des Europarats, diese Vorreiterrolle durch ihre Anwesenheit, den Besuch bei der Präsidentin und bei der Konferenz gewürdigt hat.

Allerdings – und das ist auch wichtig, zu betonen – reicht es nicht, wenn Österreich ein Verbot beschließt. Wir sind Vorreiter und wir müssen uns darum kümmern, dass es ein weltweites Verbot gibt, denn nur dann ist es sinnvoll. Ich bin froh, dass die Präsidentin im Rahmen der Interparlamentarischen Union und der Parlamentarierkonferenz die Parlamentarier als Vorkämpfer für dieses weltweite Verbot aktiviert, denn das Ziel ist nicht, dass das in einzelnen Ländern verboten ist, sondern weltweit. Nur wenn wir weltweit die Clustermunition verbieten, können wir zwar auch nicht sicher, aber ein


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gutes Stück sicherer sein, dass sie auch nicht zum Einsatz und daher auch die Leute nicht zu Schaden kommen werden. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Glaser.)

21.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Kurzmann zu Wort. 3 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


21.56.38

Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann (FPÖ): Frau Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Freiheitliche Partei wird der Regierungsvorlage Nummer 45, das ist die Kündigung des Übereinkommens über die Beschäftigung von Frauen bei Untertagearbeiten in Bergwerken zustimmen. Das ist ein Gesetz aus dem Jahre 1935, das überholt ist. Wir tragen damit den geänderten Welt- und Arbeits­bedingungen Rechnung, und wir sind natürlich davon überzeugt, dass morgen nicht gleich tausende Frauen unter Tag arbeiten werden wollen. Es ist schon richtig, dass die Benachteiligung, die früher durchaus auch ein Schutz für die Frauen war, weil der Untertagbau Schwerstarbeit war, jetzt beendet wird.

Nicht unterstützen, sondern ablehnen werden wir aber das Übereinkommen über die Rechtsstellung von Staatenlosen, wie Kollege Bösch das bereits angekündigt hat. Bis nicht klar ist, welche finanziellen Auswirkungen das für unseren Staat hat, bis nicht geklärt ist, welche Ansprüche aus Sozial- und Familienleistungen daraus zusätzlich für unseren Staat entstehen, wollen wir Freiheitliche dafür nicht die Verantwortung übernehmen. Wir wollen nicht, dass sich die Situation unserer sozialen Netze, die ohnedies durch die Zuwanderung der vergangenen Jahrzehnte genügend belastet sind und für die eigenen Leute kaum mehr bessere Sozialleistungen zulassen, noch weiter verschlechtert und unsere sozialen Netze noch stärker belastet werden.

Zustimmen werden wir dagegen dem Bundesgesetz über die Anerkennung des Roten Kreuzes.

Meine Damen und Herren, es war ein bahnbrechendes Ereignis im Sinne wahrer Humanität, als Henry Dunant nach der Schlacht von Solferino, also 1889, das Rote Kreuz gegründet hat. (Abg. Wöginger: 1859!) – Pardon: 1859. (Abg. Murauer: Jetzt kommen wir langsam hin!) Die Kriegsfolgen sind dadurch wesentlich gemildert worden, und man kann durchaus sagen, dass tausenden, wahrscheinlich zehntausenden Men­schen durch das Rote Kreuz das Leben gerettet worden ist, und zwar nicht nur Soldaten, sondern auch Zivilisten.

Das zu beschließende Rotkreuzgesetz regelt die Stellung des Roten Kreuzes, es regelt seine Aufgaben und es regelt auch die Zusammenarbeit zwischen dem Öster­reichischen Roten Kreuz und den österreichischen Behörden. Es regelt schließlich auch den Schutz des Österreichischen Roten Kreuzes gemäß dem Genfer Abkommen. Dem werden wir Freiheitlichen gerne zustimmen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

21.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Hradecsni zu Wort. Gewünschte Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


21.59.51

Abgeordnete Bettina Hradecsni (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin sehr froh, dass wir heute das Gesetz über das Verbot von Streumunition beschließen, und ich möchte ausführen, warum.

Österreich nimmt mit diesem Beschluss neben Belgien, das wurde schon erwähnt, eine internationale Vorreiterrolle ein. Passenderweise fällt die Verabschiedung dieses Ge-


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set­zes mit der zurzeit in Wien stattfindenden 3. Streumunitionskonferenz, an der sich 127 Staaten beteiligen, zusammen.

Die Konferenz steht im Rahmen des Oslo-Prozesses, der sich zum Ziel gesetzt hat, Streumunition international zu ächten. Im nächsten Jahr soll dazu ein völkerrechtlich verbindlicher Vertrag geschaffen werden. So wie Österreich im Oslo-Prozess mit dem Beschluss eine Vorreiterrolle übernommen hat, haben das auch die Grünen, allen voran meine Kollegin Ulrike Lunacek, die ich heute vertreten muss, da sie nach Brüssel fliegen musste. Ulrike Lunacek hat sich seit 2004 sehr darum bemüht und eine Vorreiterrolle übernommen, damit es zu dieser heutigen Beschlussfassung kommt. Sogar Frau Außenministerin Plassnik hat gesagt, dass sie und auch ihre Partei, die ÖVP, durch die Überzeugungsarbeit der Grünen zu diesem Thema geführt wurde, was uns natürlich sehr gefreut hat.

Das vorliegende Gesetz normiert ein lückenloses Verbot dieser gefährlichen Waffen­gattung, also auch von Streumunition mit geringer Blindgängerrate. Im Gegensatz zu Kollegem Bösch von der FPÖ begrüßen wir es sehr, dass das Verbot auch für Munition mit Suchzünder gilt. (Abg. Dr. Schelling: Jawohl!) Durch das Gesetz wird die Entwicklung, die Herstellung und die Beschaffung dieser Munition verboten.

Weiters erlaubt das Gesetz auch Österreichern im Ausland nicht, mit diesen Waffen zu handeln oder sie zu verwenden. Das ist ein ganz wichtiger Passus, den wir in letzter Minute noch hineinverhandeln konnten. Auch dem österreichischen Bundesheer ist es gemäß diesem Gesetz nicht mehr gestattet, Streumunition im Ausland zu verwenden. Auch das ist aus unserer Sicht eine sehr wichtige Verbesserung gegenüber der ursprünglichen Fassung.

Österreich besitzt ja noch ungefähr 10 000 Stück dieser unmenschlichen Waffen, die sehr zu meinem Erstaunen – ich habe das erst festgestellt, als ich mich mit diesem Thema auseinandergesetzt habe – erst 1998 um sagenhafte 20 Millionen € ange­schafft wurden. Aus meiner Sicht sind Streubomben Angriffswaffen. Weshalb wir als neutraler Staat Angriffswaffen brauchen, das ist mir nicht ganz klar.

Besonders betroffen hat mich das vor dem Hintergrund des massenhaften Einsatzes von Streubomben im Libanon gemacht. Dazu muss ich sagen, dass ich gerade zum Libanon aufgrund meiner persönlichen Geschichte ein besonderes Naheverhältnis habe. Streubomben sind Angriffswaffen mit 98 Prozent Trefferquote bei Zivilisten. Streubomben töten und verstümmeln. Und so, wie das bereits erwähnt wurde, sind da wie auch bei Landminen ganz besonders viele der Opfer Kinder.

Weiters machen Streubomben weite Landstriche unbenutzbar, Bauern können ihre Felder nicht mehr bestellen. Wie wir erst unlängst wieder einmal im Libanon gesehen haben, kann ein heftiges Gewitter mit Hagelschlag gleich mehrere Streubomben gleichzeitig zur Explosion bringen. Das erschwert der Zivilbevölkerung nach einem Krieg die Wiederaufnahme des Alltagslebens.

Ich erwarte mir von Frau Außenministerin Plassnik, dass sie sich dafür einsetzt, dass alle Staaten, die Streubomben produzieren, kaufen und einsetzen, einem inter­nationalen Verbot zustimmen. Am allerdringlichsten wäre das bei den anderen EU-Staaten, damit es bei gemeinsamen Militäreinsätzen nicht zum Einsatz von Streu­bomben kommen kann, denn österreichische Soldaten und Soldatinnen dürfen sich von nun an an keinen Aktionen mehr beteiligen, bei denen Streumunition verwendet wird.

Der Außenpolitische Ausschuss hat festgestellt, dass die Bundesregierung dem Nationalrat nach Ablauf einer Frist von drei Jahren ab Inkrafttreten des Gesetzes über die Vernichtung der in österreichischem Besitz befindlichen Streubomben berichten


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wird. Verteidigungsminister Darabos hat sich das ambitionierte Ziel gesetzt, die Vernichtung bereits in der Hälfte der Zeit zu erreichen, also in eineinhalb Jahren, und damit wäre aus unserer Sicht in Österreich diesen Leid bringenden Waffen der endgültige Schlusspunkt gesetzt. (Beifall bei den Grünen.)

22.05


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Murauer zu Wort. 2 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


22.05.53

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Über die Änderungen beim Roten Kreuz wird aus profundem Munde natürlich unser August Wöginger sprechen. Ich möchte mich in aller Kürze den Streubomben widmen.

Frau Kollegin Hradecsni, natürlich braucht das Bundesheer Waffen, und Sie dürfen sich nicht wundern, dass das Bundesheer Waffen und Munition besitzt, aber wir beschließen heute das Gesetz, dass Streubomben vernichtet werden, dass der Besitz, die Beschaffung, die Herstellung, der Verkauf, die Vermittlung und der Gebrauch verboten ist. Unsere Frau Außenministerin hat sich in den vergangenen Tagen mit anderen Staaten in einer Abrüstungskonferenz entsprechend dafür eingesetzt.

Nun, wir wissen, dass diese Streubomben die zivile Bevölkerung geschädigt haben, dass mit einer besonderen Nachhaltigkeit und Brutalität zu rechnen ist. Deswegen sind wir dafür, dass alle Staaten diese Art von Munition nicht mehr verwenden. Wir haben uns ja auch gegen die Anti-Personen-Minen ausgesprochen.

Weil von Vorrednern auch bedauert wurde, dass die modernere Entwicklung der soge­nannten intelligenteren Bomben hier ebenfalls mit eingeschlossen ist, möchte ich dazu sagen, dass man dies durchaus jetzt einmal mit einschließen sollte. Sollte das österreichische Bundesheer auf modernere Munition zurückgreifen wollen, wird man diesbezüglich darüber befinden können.

Ich denke, dass dieses Gesetz ein Beispiel ist für andere Staaten. Hier hat Österreich wieder einmal eine Vorreiterrolle übernommen, und wir können uns mit diesem Schritt in Europa und auf der Welt durchaus sehen lassen. (Beifall bei der ÖVP.)

22.07


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Mag. Muttonen zu Wort. 3 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


22.08.05

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Uns alle bewegt das Thema Streubomben sehr – und ich freue mich, dass wir heute das Bundesgesetz über das Verbot von Streumunition beschließen können. Dieses regelt nicht nur ein Verbot der Entwicklung, der Her­stellung, der Beschaffung, des Verkaufs, sondern auch der Vermittlung, der Ein-, Aus- und Durchfuhr, des Gebrauchs und des Besitzes von Streubomben.

Mit diesem Gesetzesbeschluss hier im Parlament, der übrigens, wie schon erwähnt wurde, gleichzeitig mit der internationalen Konferenz zur Ächtung von Streumunition hier in Wien stattfindet, übernehmen wir auch international eine wichtige Vorbild­funktion. Und ich denke, das kann nicht oft genug gesagt werden: Wir sind das zweite Land nach Belgien, das einen solchen Beschluss fasst.

Streubomben haben eine enorme zerstörerische Wirkung in einem sehr großen Radius. Es werden praktisch Bombenteppiche gelegt und große Landstriche bleiben oft über Jahre unbetretbar und verseucht. Streubomben sind so etwas wie stille Tötungs-


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maschinen. Sie sind so konstruiert, dass man mit dem Tod von Zivilisten rechnen, ja ihn quasi sogar in Kauf nehmen muss. Abgefeuerte, aber nicht explodierte Munition stellt noch lange nach Beendigung von Konflikten eine heimtückische Bedrohung für die Zivilbevölkerung dar. Meistens sind die Opfer Kinder und Frauen. Und die Entschärfung ist sehr schwierig und gefährlich.

Verteidigungsminister Darabos hat heute angekündigt, dass er diese rund 10 000 Stück, die es in Österreich gibt, in den nächsten eineinhalb Jahren vernichten und zerstören wird.

Meine Damen und Herren! Uns bleibt nur noch, die anderen Länder davon zu überzeugen, dass sie auch diesen wichtigen Schritt zum Verbot von Streumunition gehen sollen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.10


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Wöginger zu Wort. 2 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


22.10.31

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Als Mitarbeiter des Roten Kreuzes ist es mir ein Anliegen, noch kurz zum vorliegenden Rotkreuzgesetz Stellung zu beziehen. Ich darf ebenfalls die Delegation des Generalsekretariats hier in Wien ganz, ganz herzlich auf der Besuchergalerie willkommen heißen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Im Wesentlichen geht es bei diesem Gesetz – wie auch schon von einigen Vorrednern erwähnt – um die Anerkennung des Roten Kreuzes als nationale Rotkreuz-Gesell­schaft, um die Festlegung seiner Aufgaben und der Bedingungen für die Zusam­menarbeit zwischen den Behörden und dem Roten Kreuz, und es geht um den Schutz des nach den Genfer Abkommen und Zusatzprotokollen geschützten Zeichens in der Form des Roten Kreuzes, des Roten Halbmondes und zusätzlich auch des Roten Kristalls.

Insgesamt wird mit diesem Gesetz ein entsprechender Status zur Weiterentwicklung des humanitären Völkerrechtes auf Basis von Zusagen der Republik Österreich bei den Internationalen Rotkreuzkonferenzen geschaffen.

Ich möchte aber die Gelegenheit noch kurz dazu nutzen, mich bei den vielen Tausenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Roten Kreuzes zu bedanken, bei den freiwilligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die sich unentgeltlich in den Dienst des Nächsten stellen, aber auch bei allen hauptberuflichen Mitarbeitern, und auch bei den Zivildienern, die notwendig sind, um vor allem tagsüber unsere Aufgaben erfüllen zu können. Danke für die Leistungen, vor allem für den Einsatz im Dienste des Nächsten und der gesamten Bevölkerung! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

22.12


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Wöginger, ich möchte das gerne unterstreichen und mich jetzt – ausnahmsweise auch einmal vom Vorsitz aus – beim Roten Kreuz bedanken.

Wir haben gestern zum ersten Mal während einer Plenardebatte die Möglichkeit gehabt, Blut zu spenden; viele Abgeordnete haben davon Gebrauch gemacht. Ich werde mir erlauben, auch beim nächsten Blutspendetermin im Parlament wieder einen Plenarsitzungstag zu nehmen, sodass hoffentlich noch mehr Abgeordnete Blut spenden. Ich glaube, das ist auch ein wichtiges Signal, das wir in Richtung Rotes Kreuz geben können. Herzlichen Dank dafür, dass Sie auch immer wieder ins Parla-


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ment kommen und hier die Blutspendeaktion durchführen – vielen Dank! (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Bayr zu Wort. 3 Minuten freiwillige Redezeit­beschränkung. – Bitte.

 


22.13.18

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Kriege gehen einmal zu Ende; die Streumunition bleibt als töd­liches Erbe oft über Jahre, sie killt und verletzt noch Jahre später trotz diverser Sicherheitsgarantien der Hersteller. Sehr oft sind die Opfer spielende Kinder, die dann, sofern sie es überleben, ein Leben lang verkrüppelt und verstümmelt bleiben und mit der Stigmatisierung dieser Verstümmelung leben müssen.

Ich habe im Mai die Möglichkeit gehabt, ein Minenopfer-„Zentrum“ – „Zentrum“ unter Anführungszeichen – in der Westsahara zu besuchen, und habe gesehen, mit welchen unendlichen Bürden diese Menschen leben, wie schwer es ihnen fällt, sich an die Situation, die oft schon Jahre besteht, auch wirklich zu gewöhnen und ohne diese fehlenden Körperteile zu leben.

Die Behandlung und die Umsorgung von Minenopfern bindet auch sehr, sehr viel entwicklungspolitisches Geld – Geld, mit dem man durchaus andere Dinge tun könnte. Auch das Finden, das Entsorgen, das Entschärfen der Streumunition ist ausge­sprochen teuer. Das ist für sehr viele Entwicklungsländer nicht erschwinglich und daher nicht durchführbar.

Vom humanitären Standpunkt aus ist diese Waffe wirklich eine ganz besondere Katastrophe, weil Tausende von Quadratmetern oft noch Jahre nach den Kampf­handlungen unbrauchbar sind, da sie vermint sind und da bis zu 40 Prozent Blind­gänger dabei sind.

Als sich im vergangenen Feber 47 Staaten unter der Führung von Norwegen, Öster­reich, Irland, Mexiko, Neuseeland und Peru zusammengetan haben, um gemeinsam daran zu arbeiten, Streumunition international zu verbieten, war das ein guter Anfang. Diese Bewegung ist mittlerweile sehr stark gewachsen. Es sind über hundert Staaten – wir haben es gehört – dieser Tage in Wien zusammengekommen, um an diesem gemeinsamen Ziel zu arbeiten, um sich vorzunehmen, im Jahr 2008 ein internationales Abkommen abzuschließen.

Was ich an diesem Prozess ganz besonders begrüßenswert und erwähnenswert finde, ist, dass er einer ist, in dem sich offensichtlich kleine Staaten über große hinweg­setzen, sich über die Interessen großer Minen produzierender Staaten hinwegsetzen. Ich glaube, dass wir diesen Weg gerade in Menschenrechtsfragen durchaus öfter gehen sollten. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

22.15


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weiters hat sich Herr Staatssekretär Dr. Winkler zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Staatssekretär.

 


22.16.04

Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Ange­legenheiten Dr. Hans Winkler: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist – und das wurde in der bisherigen Diskussion auch zum Ausdruck gebracht – etwas, worauf wir Österreicher, so glaube ich, sehr stolz sein können, dass wir diese Initiative gemeinsam mit einigen anderen Staaten ergriffen haben und dass heute im Nationalrat ein Gesetz beschlossen werden wird, das das Verbot von Streumunition vorsieht. Es ist schon gesagt worden, wir sind weltweit das


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zweite Land. Wir sind aber das erste Land weltweit, das sich in dieser Vollständigkeit mit einem Verbot dieser wirklich entsetzlichen Schaden anrichtenden Munition be­schäftigt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit gestern – auch heute und morgen noch – findet eine internationale Konferenz in Wien statt. Ich muss zugeben, dass wir überwältigt davon sind, dass in der Tat 127 Staaten daran teilnehmen; wir hatten im besten Falle mit 70 bis 80 Staaten gerechnet. Dies zeigt, dass auch eine Initiative von kleinen Staaten, oder vielleicht gerade von kleinen Staaten, etwas bewirken kann.

Wir wollen im Laufe des nächsten Jahres eine völkerrechtlich verbindliche inter­nationale Konvention zum Verbot von Streumunition annehmen. (Beifall bei der ÖVP.) Es werden sicherlich nicht alle Staaten sogleich an dieser Konvention teilnehmen. Aber ich glaube, das Argument, dass wir etwas nicht tun sollen, nur weil vielleicht auch wichtige Staaten nicht daran teilnehmen, ist ein falsches Argument. Gerade wir Staaten, die wir an dieser Konvention interessiert sind, müssen auch die großen Staaten, die vielleicht zunächst nicht dabei sein wollen, von der Richtigkeit dieses Weges überzeugen.

Lassen Sie mich noch eines sagen zu der Ausnahme, die nun nicht mehr im Gesetz vorkommen soll! Es ist richtig, dass im ursprünglichen Entwurf eine Ausnahme für sogenannte intelligente Munition vorgesehen war. In der Tat hat uns aber die Reaktion – und zwar eine sehr intensive Reaktion – der Zivilgesellschaft davon über­zeugt, dass es wichtig ist, dass gerade wir, die wir dieses Gesetz, ein so vollständiges Gesetz, nunmehr verabschieden, mit gutem Beispiel vorangehen sollen. Ich glaube, dass es wichtig ist, dass Österreich hier ein Zeichen setzt, dass wir der Meinung sind, dass jede Munition, die diesen Schaden anrichten kann, verboten werden soll.

Ich bedanke mich also sehr herzlich dafür, dass das Gesetz insgesamt einstimmig angenommen werden wird, auch wenn die Ausnahmen vom BZÖ und von der FPÖ, wenn ich das richtig verstanden habe, nicht angenommen werden können.

Lassen Sie mich ein Wort noch zur Staatenlosen-Konvention sagen! Es ist richtig, dass dies ein Abkommen ist, das aus dem Jahr 1954 datiert. Aber ich glaube, Österreich hat eine gute Tradition in der Annahme und Ratifizierung von Menschenrechts­instrumen­ten insgesamt. Es ist dies ein Menschenrechtsinstrument; daher halte ich es für wichtig, dass diese Konvention, die keine wirkliche praktische Bedeutung hat, heute auch von Österreich angenommen und ratifiziert werden wird.

Sie betrifft ungefähr 500 Personen, und ich möchte ausdrücklich betonen, dass es sich nur um Staatenlose handelt, die sich zu Recht in Österreich befinden. Es wird dies daher auch keinerlei Kosten verursachen. Ich glaube, dass es einfach ein Symbol ist, ein gutes Zeichen dafür, dass Österreich allen internationalen Konventionen zum Schutze der Menschenrechte beitritt. Ich begrüße diese Ratifikation außerordentlich.

Lassen Sie mich schließlich und endlich als Völkerrechtler noch sagen, dass es mich besonders freut, dass wir heute ein Gesetz über das Rote Kreuz annehmen, das die Verpflichtungen Österreichs im Bereich des humanitären Völkerrechtes – und Österreich war immer ein großer Verfechter des humanitären Völkerrechtes – imple­mentiert. Ich freue mich auch darüber, dass Vertreter des Roten Kreuzes anwesend sind.

Die vier Genfer Konventionen und die zwei Zusatzprotokolle sind die wesentlichen Bestandteile des humanitären Völkerrechtes. Mit diesem heutigen Gesetz wird ein weiterer Schritt zur vollständigen Umsetzung unserer völkerrechtlichen Verpflichtungen


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im Bereich des humanitären Völkerrechtes gesetzt. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

22.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun hat sich Herr Abgeordneter Glaser zu Wort gemeldet. 2 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


22.20.37

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Österreich tritt mit dem heutigen Beschluss einem internationalen Überein­kommen über die Rechtsstellung der Staatenlosen bei. Herr Staatssekretär Winkler hat soeben gesagt, dass dies in den Auswirkungen nicht wirklich sehr großartig und eher ein symbolischer Akt ist. Dennoch ist es ein wichtiger Akt, denn dies regelt ganz einfach die Rechte Staatenloser dahin gehend, dass sie gegenüber anderen Auslän­dern gleichgestellt sind und teilweise auch Rechte wie eigene Staatsbürger haben.

Was besonders wichtig ist und vom Herrn Staatssekretär auch gesagt wurde, ist: Es gilt dies nur für rechtmäßig sich im Land Aufhaltende, nicht jedoch für illegal einge­reiste Staatenlose. Ich glaube, gerade diese Unterscheidung ist wichtig, weil damit unter anderem Folgendes geregelt wird: der Zugang zur Erwerbstätigkeit, der Zugang zu öffentlichen Unterstützungen, der Zugang zu Identitätsausweisen und Reise­dokumenten, der Zugang zur Möglichkeit der Einbürgerung.

Gerade deswegen ist dieser Akt, glaube ich, letztlich auch wichtig. Wir stimmen diesem Übereinkommen gerne zu. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

22.21


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Heinzl. 3 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


22.21.59

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass Streumunition eine besonders verwerfliche, hinter­hältige Waffe ist, darüber ist sich dieses Hohe Haus einig. Es freut mich wirklich aufrichtig, dass wir heute den Gesetzesbeschluss betreffend das Verbot der Streu­munition fassen.

Ich möchte Folgendes hervorheben und mich auch gleichzeitig bei unserer Frau Präsidentin Barbara Prammer dafür bedanken. Frau Präsidentin Barbara Prammer hat für diese Woche, auf ihre Initiative hin, im österreichischen Parlament ein erstes parlamentarisches Forum zum Totalverbot von Streumunition einberufen, und dieses hat nun stattgefunden. Das ist auch ein ganz wichtiger Beitrag zum Verbot dieser schrecklichen Waffe. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Schade ist nur, dass BZÖ und FPÖ den Abän­derungsantrag von SPÖ, ÖVP und Grünen, mit dem auch Suchzündermunition verboten werden soll, nicht unterstützen. Das finde ich wirklich sehr schade!

Es freut mich aufrichtig, dass unser Herr Verteidigungsminister Darabos angekündigt hat, alle Streumunitionsbestände des österreichischen Bundesheeres in den nächsten eineinhalb Jahren vernichten zu lassen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich halte diesen Schritt und das vorliegende Gesetz für ein richtungweisendes Zeichen Österreichs, dem hoffentlich noch sehr viele andere Staaten folgen werden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.23



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 321

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Kainz zu Wort. 2 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


22.23.56

Abgeordneter Christoph Kainz (ÖVP): Frau Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Zuerst möchte ich auch die Vertreter vom Generalsekretariat des Roten Kreuzes sehr herzlich begrüßen, die heute stellvertretend für Zigtausende freiwillige, aber auch hauptamtliche Helfer hier bei uns sind.

Dieses Bundesgesetz stellt eine innerstaatliche Regelung zum Schutz des Roten Kreuzes, zur Weiterentwicklung der humanitären Aufgaben dar. Der heutige Beschluss soll vor allem auch die Institution – und hier ganz besonders das Zeichen, das Symbol – des Roten Kreuzes stärken. Ich denke, der Gründer, Henry Dunant, der bei der Schlacht von Solferino aus einer Not heraus das Rote Kreuz gegründet hat, wäre froh und stolz darauf, wenn er heute die Entwicklung dieser Hilfsorganisation sehen könnte.

Im Roten Kreuz Österreich mit seinen Landesverbänden und seinen Bezirksorgani­sationen verrichten hoch motivierte, engagierte und perfekt ausgebildete Männer und Frauen ihren Dienst. Ich bin selbst Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr in Pfaffstätten und auch Bürgermeister, ich kenne daher aus der täglichen Arbeit die motivierten Mitarbeiter auch in meiner Bezirksstelle Baden.

Deswegen: Danke für den Einsatz! Alles, alles Gute auch für das kommende Jahr! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.25


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Hagen­hofer zu Wort. 3 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


22.25.36

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wie Herr Staatssekretär Winkler schon ausge­führt hat, ist Österreich noch nicht Vertragspartei der Vereinten Nationen in einem der klassischen internationalen Übereinkommen im Bereich der Menschenrechte, nämlich im Übereinkommen über die Rechtsstellung der Staatenlosen. Dieses Übereinkommen gibt es seitens der Vereinten Nationen seit 28. September 1954, wenn ich richtig infor­miert bin.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Bestimmungen des Staatenlosen-Überein­kom­mens sind größtenteils identisch mit den Bestimmungen der Genfer Flüchtlings­konvention oder diesen sogar nachgebildet, und die Genfer Flüchtlingskonvention hat Österreich schon mit 30. Jänner 1955 angenommen. Daher wird Österreich mit der heutigen Annahme dieses Übereinkommens im Bereich der Menschenrechte eine Lücke schließen, was uns international sicher gut ansteht. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.26


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Fuhrmann zu Wort. 2 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


22.27.00

Abgeordnete Silvia Fuhrmann (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Zur Diskussion steht auch die Kündigung eines Übereinkommens, das die Beschäftigung von Frauen bei Untertagearbeiten in Bergwerken zum Inhalt hat. Die Kündigung dieses Übereinkommens ist deshalb sinnvoll, weil es nicht mehr zeitgemäß ist, und zwar aus zweierlei Gründen:


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Erstens ist die Schutzbestimmung für Frauen aufgrund der veränderten Technologien nicht mehr aufrechtzuerhalten, sie stellt sich vielmehr als Diskriminierung dar. Zweitens verstößt die geltende Bestimmung gegen eine Richtlinie des Europäischen Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes betreffend Chancengleichheit zwischen Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen.

Die Kündigung dieses Übereinkommens vereinfacht weiters die Rechtslage. In der Folge können Frauen und Männer gleichermaßen im Untertagebergbau beschäftigt werden.

Ich denke, dass dies ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung Abschaffung von Dis­kriminierung von Männern und Frauen in der Arbeitswelt ist, und ersuche daher um Ihre Unterstützung. (Beifall bei der ÖVP.)

22.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Rada ist der Nächste, der zu Wort gelangt. 2 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


22.28.31

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Hohes Haus! Sehr geschätzter Herr Staats­sekretär! Frau Präsidentin! Es werden sich alle Vertreter des Roten Kreuzes freuen, dass sie heute Rosen gestreut bekommen haben, und diese wollen wir ihnen in der Tat auch streuen. Es gibt aber auch andere Vertreter, die genau die gleichen Aufgaben wahrnehmen und die auch für uns alle im humanitären Bereich tätig sind, aber es gibt nur ein einziges Österreichisches Jugendrotkreuz.

Dieses Österreichische Jugendrotkreuz ist seit über 60 Jahren in der Jugendaus­bildung tätig. Es lebt in der Schule, es lebt für die Schule, es lebt für uns alle im humanitären Bereich. (Abg. Dr. Mitterlehner: Und der Arbeiter-Samariter-Bund ist nichts, was man ...?) – Herr Abgeordneter, ich spreche vom Jugendrotkreuz; dieses Jugendrotkreuz lebt in der Schule, es lebt für die Schule. Es freut mich, dass Sie auch in dieser Richtung nachdenken.

Dieses Jugendrotkreuz hat eine gewichtige Aufgabe in all diesen Bereichen gelöst, und dieses Jugendrotkreuz kann man nicht oft genug vor den Vorhang heben. All das, was es getan hat, findet heute eine würdige Abschluss-Beschlussfassung, dass es auch gesetzlich so beschlossen und fixiert ist, wie es sich das verdient hat, Herr Abgeordneter. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

22.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Die Berichterstatterinnen beziehungsweise der Berichterstatter wünschen kein Schluss­wort.

Wir gelangen daher zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Aus­schusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Kündigung des Übereinkommens über die Beschäftigung von Frauen bei Untertagearbeiten in Bergwerken jeder Art, in 169 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschus­ses, dem Abschluss des vorliegenden Staatsvertrages: Übereinkommen über die


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Rechtsstellung der Staatenlosen, dessen Artikel 23 und 24 verfassungsändernd sind, in 205 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Mit Rücksicht auf die erwähnten verfassungsändernden Bestimmungen stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z. 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeord­neten fest.

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages die Genehmigung zu erteilen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Ich lasse jetzt über den Antrag des Ausschusses, wonach der vorliegende Staats­vertrag im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Ferner kommen wir zur Abstimmung über den Antrag im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG, dass die französische und spanische Sprachfassung dieses Staatsvertrages dadurch kundzumachen sind, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundes­ministerium für europäische und internationale Angelegenheiten aufliegen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz über das Verbot von Streumunition in 350 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Dr. Bösch hinsichtlich § 1 Ziffer 1 vor.

Weiters liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Scheibner ebenfalls hinsichtlich § 1 Ziffer 1 vor.

Ich lasse zunächst über den von den erwähnten Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über § 1 Ziffer 1 in der Fassung des Aus­schussberichtes.

Ich ersuche die Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür sind, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahen­des Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig ange­nommen. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.


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Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend Rotkreuzgesetz samt Titel und Eingang in 351 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist wieder einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

22.34.4624. Punkt

Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das Grenzkontrollgesetz und das Polizeikooperationsgesetz geändert werden (272 d.B.)

25. Punkt

Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz geän­dert wird (158 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 24 und 25 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz. Gewünschte Redezeit: 6 Minuten. – Bitte.

 


22.35.22

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Regierungsparteien wollten, dass das Sicherheitspolizeigesetz bei Nacht und Nebel diskutiert wird. (Abg. Dr. Mitterlehner: Nebel ist nicht!) Das mit der Nacht haben Sie geschafft, für den Nebel werden die Abgeordneten Parnigoni, Kößl – und wie ihre Kolleginnen und Kollegen alle heißen – sorgen.

Uns wurde ein Antrag zugeleitet, ein Abänderungsantrag der genannten Abgeord­neten, also Kößl und Parnigoni, dass in Zukunft nicht nur mit IMSI-Catchern ohne richterlichen Befehl Handys abgehört werden können, sondern gleich im Internet ohne richterlichen Befehl erste polizeiliche Handlungen gesetzt werden können. (Abg. Broukal: Abgehört?)

Wozu brauchen Sie ein Parlament? Warum gibt es keinen Innenausschuss? Warum gab es seit dem Frühjahr keinen Innenausschuss, der derartige wichtige Materien diskutiert? (Abg. Parnigoni: Weil ihn der Herr Pilz verhindert hat! Weil der Herr Pilz in Paris spazieren geht!) Warum sind Sie nicht in der Lage, so entscheidende Punkte wie die Frage, unter welchen Bedingungen, mit welchem Rechtsschutz und mit welcher richterlichen und parlamentarischen Kontrolle die Polizei ins Internet dürfen soll, zu den Menschen, die das Internet bis jetzt noch als relativ sichere Kommunikationsform angesehen haben, hier zu diskutieren? (Beifall bei den Grünen.)

Diese Fragen gehören nicht in ein Parlament? Diese Fragen gehören nicht in einen Innenausschuss? Ich frage Sie: Was brauchen wir überhaupt noch in einem Parlament? Fällt Ihnen auf, dass Sie sich im Prinzip nur noch wie Stimmvieh


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verhalten? (Abg. Lentsch: Schön sprechen!) Fällt Ihnen auf, dass Sie tagelang nur noch aufgestanden sind, sich niedergesetzt haben und dazwischen herumgesessen sind? Fällt Ihnen auf, dass Sie längst akzeptieren, dass eine Regierung mit diesem Parlament macht, was sie will? Warum ist es im österreichischen Parlament möglich, dass sich Abgeordnete wie Stimmvieh verhalten? Wäre es vielleicht ein sinnvoller Vorschlag, das Abstimmen durch gemeinsames mehrheitliches Muhen zu ersetzen? Das wäre auch eine Möglichkeit. Das wäre vielleicht Ihrem politischen Stil ange­messener. (Ruf bei der ÖVP: Für den grünen Klub!)

Aber vielleicht ist es möglich, einmal darüber zu reden, wo es eine Grenze gibt, wo ein Parlament schlicht und einfach seine Arbeit verweigert. Ist es wirklich notwendig, dass Abgeordnete der SPÖ, die heute in der Cafeteria am Abend noch diskutiert haben: Könnten wir diese Internetgeschichte nicht doch noch aus dem Abänderungsantrag herauskriegen?, letzten Endes heute zum Rednerpult gehen und sagen werden: Das ist wichtig für die öffentliche Sicherheit in Österreich, das brauchen wir!? (De­monstrativer Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) – Ja, ja, mit Nasenring applaudiert es sich leicht an den falschen Stellen. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen.)

Ich erinnere an eine durchaus vernünftige Stellungnahme von Josef Cap – ich zitiere –: Ich sehe das auch so, und ich glaube, dass die Vorgangsweise der Regierung, was die Terminplanung und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Arbeit des Parla­ments betrifft, sich ändern muss und dass das verbesserungsfähig ist, denn wir wollen hier in aller Ruhe diese Themen diskutieren. – Zitatende.

Josef Cap, aber wie, wenn es nicht einmal mehr Ausschüsse gibt, wenn es nicht einmal mehr die Möglichkeit gibt, irgendetwas vorzubehandeln, wenn das alles nicht mehr möglich ist, wenn die Regierung nur zweierlei kann, nämlich bis zur letzten Minute streiten und in der letzten Minute alles durchpeitschen? – Und an diesem Punkt sind wir. (Ruf bei der ÖVP: Sie haben die Regierungsverantwortung verweigert, Herr Pilz!)

Mit Ihnen Regierungsverantwortung? Mit Leuten Ihres Schlages: einem Wolfgang Schüssel, einem Herrn Neugebauer, einem Herrn Morak und so weiter, gibt es ja keine Regierungsverantwortung, denn das würde voraussetzen, dass es sowohl Regieren als auch Verantwortung gibt. (Beifall bei den Grünen.)

Sie reden von Regierungsverantwortungslosigkeit. Selbstverständlich haben wir uns der organisierten Regierungsverantwortlichkeit der Österreichischen Volkspartei ver­weigert, und das war nicht nur für die Grünen, sondern auch für das Parlament gut. (Beifall bei den Grünen.)

Worum geht es in diesem Gesetz? – Mit dem Abänderungsantrag – nur damit Sie sehen, wie so etwas funktioniert – wird gesetzlich verankert, dass mit IMSI-Catchern Personen geortet werden. Wissen Sie, was ein IMSI-Catcher ist? – Das ist ein Liefer­wagen, und da ist ein technisches Gerät drinnen, das eine Funkzelle nachahmt. Und Sie können ein Handy nur dann orten, wenn der IMSI-Catcher bereits in der Nähe des Handys ist. Das heißt, der IMSI-Catcher setzt voraus, dass die Ortung bereits statt­gefunden hat.

Wenn der IMSI-Catcher – er muss auf zirka 50 Meter an das Gerät herankommen – also aufgrund einer vollzogenen Ortung in die Nähe des Gerätes gekommen ist und funktioniert, wozu braucht man dann noch den IMSI-Catcher zu einer bereits voll­zogenen Ortung? – Ich sage es Ihnen: Weil der IMSI-Catcher eines kann: unbemerkt von den Providern, unbemerkt von den Telefonfirmen, unbemerkt von allen, die noch die Interessen der Konsumentinnen und Konsumenten vertreten, Gespräche abhören; Gespräche abhören, die nicht nur Angehörige der Polizei in ganz bestimmten Situationen interessieren dürften, und vor allem Gespräche ohne richterliche Kontrolle


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abhören. Genau darum geht es! Und niemand konnte erklären, was das mit Sicherheit zu tun hat!

Ich weiß, wie man Sicherheit schaffen könnte in der Republik: Durch eine funktionie­rende Terrorismusbekämpfung, durch ein ordentliches Verfassungsschutzamt, durch mehr Polizei in Wien, aber auch durch den Schutz von Grundrechten, weil Sicherheit nichts wert ist, wenn sich die Menschen vor den Behörden nicht mehr sicher fühlen. Und genau an diesem Punkt sind wir jetzt! (Beifall bei den Grünen.)

Herr Bundesminister Platter, von der Terrorismusbekämpfung bis zur Bespitzelung der Menschen an ihren Handys und Computern haben Sie nichts für Sicherheit getan, sondern immer nur etwas für das Sicherheitsgefühl. Sie erzeugen Angst und Unsicher­heit, weil Sie aus Unsicherheit politisches Kapital schlagen wollen!

Wenn wir heute hier diskutieren, sollten wir immer daran denken, was der Präsident des Verfassungsgerichtshofes gesagt hat: dass ihn einiges bereits an die DDR erin­nert. Und das ist leider nicht ganz falsch. Die Sicherheitspolitik, die Sie vertreten, ist die Sicherheitspolitik der „Österreich-Demokratischen Republik“. Und wenn Sie glauben, dass das Parlament in der Art einer Volkskammer all dem zustimmen wird, dann haben Sie leider die Rechnung mit der SPÖ gemacht. Und das ist das wirkliche Problem: dass eine Partei, die immer andere Grundsätze vertreten hat, beim leisesten schwar­zen Hauch umfällt, auf dem Boden liegt, kapituliert und überall mitmacht! Das ist das Problem, mit dem wir uns nicht nur hier, nicht nur einmal, nicht nur zweimal, sondern eine ganze Legislaturperiode hindurch auseinandersetzen müssen. (Beifall bei den Grünen.)

Das ist eines der schlechtesten Gesetze, die bis jetzt vorgelegt worden sind. Das ist eine besonders schäbige Art des Umgangs mit diesem Haus und mit der Würde dieses Hauses. Und das ist einer der ganz seltenen Momente, wo die Minderheit von Regierungsabgeordneten, die menschlich noch dazu in der Lage sind, sich schämen sollten. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

22.43


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Parnigoni zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, Sie kennen die Bestimmungen: 2 Minuten Redezeit; zunächst den zu berichtigenden, dann den berich­tigten Sachverhalt. – Bitte.

 


22.43.44

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Frau Präsidentin! Abgeordneter Pilz hat hier gesagt, dass das Abhören von Handys ohne richterliche Genehmigung aufgrund dieser vorliegenden Novelle und des Abänderungsantrages möglich ist.

Ich berichtige ihn tatsächlich: Das ist falsch! Das stimmt nicht, denn aufgrund dieser Novelle und auch der Abänderungsanträge ist es nicht möglich, inhaltlich Handys abzuhören. (Abg. Brosz: Das ist keine tatsächliche Berichtigung! Das ist eine Debatte zum Inhalt des Gesetzes!) Und ich möchte festhalten, dass das inhaltliche Abhören nur ...

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, das ist keine tatsächliche Berichtigung, sondern ein Debattenbeitrag! Aber ich lasse Sie diesen Satz noch zu Ende sagen.

 


Abgeordneter Rudolf Parnigoni (fortsetzend): Herr Pilz soll keine Unwahrheiten verbreiten! (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.44



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 327

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Kößl. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


22.44.49

Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundes­minis­ter! Meine Damen und Herren! Ich kann dem, was jetzt gesagt worden ist, nur zustimmen. Es hat eine totale Fehlinterpretation von Seiten des Kollegen Pilz hier stattgefunden. Das ist Verunsicherung pur. Das, was heute hier beschlossen wird, bezieht sich auf etwas, das mit Ende des Jahres ausläuft. Es wäre also gesetzlich nicht mehr fundiert, und darum ist es erforderlich, dass wir dieses Gesetz neu formieren.

Ich möchte nun einen Abänderungsantrag einbringen, den Herr Kollege Pilz bereits erwähnt hat, und zwar den Abänderungsantrag der Abgeordneten Kößl und Parnigoni zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sicherheits­polizeigesetz, das Grenzkontrollgesetz und das Polizeikooperationsgesetz geändert werden.

Bei den Abänderungen geht es darum – hören Sie bitte zu, Herr Pilz! –, den Emp­fehlungen des Datenschutzrates Rechnung zu tragen. Das geschieht durch eine Erweite­rung der Befugnisse des Rechtsschutzbeauftragten. – Also nicht weniger Rechte, sondern mehr Kontrolle.

Ferner soll durch den Abänderungsantrag der Terminologie beziehungsweise den Regelungen der Vorverfahrensreform, die mit 1. Jänner 2008 in Kraft tritt, Rechnung getragen werden.

Im Hinblick auf den Umfang des Abänderungsantrages, den ich hier in seinen Eck­punkten dargelegt habe, ersuche ich Sie, sehr geehrte Frau Präsidentin, diesen Antrag gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung verteilen zu lassen.

Es wird also ein Mehr an Sicherheit, ein Mehr an Kontrolle geben, und an und für sich geht es um ein Gesetz, das es bereits bisher ermöglicht hat, diese Exekutivarbeit im vollen Umfang zu leisten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der von Herrn Abgeordnetem Kößl einge­brachte Abänderungsantrag wurde in seinen Eckpunkten erläutert, ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung. Ich lasse den Antrag auch zur Verteilung bringen.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Kößl, Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen zur Regierungsvorlage (272 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das Grenzkontrollgesetz und das Polizeikooperationsgesetz geändert werden

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage (272 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das Grenzkontrollgesetz und das Polizeikooperationsgesetz geändert werden, wird wie folgt geändert:

1. In Art. 1 Z 2 (§ 15 b Abs. 1) lautet der zweite Satz:

„Dem Vorsitzenden und im Falle seiner Verhinderung seinem Vertreter gebührt für die Erfüllung ihrer Aufgaben eine Entschädigung, deren Höhe in der Verordnung gemäß § 15c Abs. 6 festgelegt wird.“


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 328

2. Nach Art. 1 Z 3 werden folgende Z 3a bis 3d eingefügt:

„3a. In § 23 Abs. 1 Z 2 wird das Zitat ,§ 25 StPO‘ durch das Zitat ,§ 5 Abs. 3 StPO‘ ersetzt.

3b. In § 39 Abs. 7 letzter Satz wird das Zitat ,§§ 141 Abs. 3 und 142 Abs. 1, 2 und 4 StPO‘ durch das Zitat ,§§ 121, 122 Abs. 2 und 3 und 96 StPO‘ ersetzt.

3c. In § 45 Abs. 2 entfallen die Wortfolge ,Vormundschafts- oder‘ und der Klammerausdruck.

3d. In § 53 Abs. 2 wird das Zitat ,§ 149i StPO‘ durch das Zitat ,§ 141 StPO‘ ersetzt.“

3. Art. 1 Z 4 lautet wie folgt:

„4. § 53 Abs. 3a lautet:

,(3a) Die Sicherheitsbehörden sind berechtigt, von Betreibern öffentlicher Telekom­munikationsdienste (§ 92 Abs. 3 Z 1 Telekommunikationsgesetz 2003 – TKG 2003, BGBl. I Nr. 70) und sonstigen Diensteanbietern (§ 3 Z 2 E-Commerce-Gesetz - ECG, BGBl. I Nr. 152/2001) Auskunft zu verlangen über

1. Namen, Anschrift und Teilnehmernummer eines bestimmten Anschlusses,

2. Internetprotokolladresse (IP-Adresse) zu einer bestimmten Nachricht und den Zeitpunkt ihrer Übermittlung sowie

3.  Namen und Anschrift eines Benutzers, dem eine IP-Adresse zu einem bestimmten Zeitpunkt zugewiesen war,

wenn bestimmte Tatsachen die Annahme einer konkrete Gefahrensituation rech­tfertigen und sie diese Daten als wesentliche Voraussetzung für die Erfüllung der ihnen nach diesem Bundesgesetz übertragenen Aufgaben benötigen. Die Bezeichnung eines Anschlusses nach Z 1 kann für die Erfüllung der ersten allgemeinen Hilfeleistungs­pflicht oder die Abwehr gefährlicher Angriffe auch durch Bezugnahme auf ein von diesem Anschluss geführtes Gespräch durch Bezeichnung eines möglichst genauen Zeitraumes und der passiven Teilnehmernummer erfolgen. Die ersuchte Stelle ist verpflichtet, die Auskunft unverzüglich und kostenlos zu erteilen.‘“

4. In Art. 1 Z 6 (§ 53 Abs. 3b neu) lautet der erste Satz:

„Ist auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass eine gegenwärtige Gefahr für das Leben oder die Gesundheit eines Menschen besteht, sind die Sicherheitsbehörden zur Hilfeleistung oder Abwehr dieser Gefahr berechtigt, von Betreibern öffentlicher Telekommunikationsdienste Auskunft über Standortdaten und die internationale Mobil­teilnehmerkennung (IMSI) der von dem gefährdeten Menschen mitgeführten Endeinrichtung zu verlangen sowie technische Mittel zu ihrer Lokalisierung zum Einsatz zu bringen.“

5. In Art. 1 Z 8 (§ 53a neu) wird in Abs 2 Z 4 vor der Wortfolge „Klärung der Beziehung zum Verdächtigen“ die Wortfolge „möglichst rasch vorzunehmenden“ eingefügt.

6. In Art. 1 Z 8 (§ 53a neu) lautet in Abs. 3 der vorletzte Satz:

„Die Daten von Opfern sind längstens nach einem Jahr zu löschen.“

7. In Art. 1 Z 8 (§ 53a neu) wird in Abs. 6 die Wortfolge „bis zur Klärung der Beziehung zum Verdächtigen“ durch die Wortfolge „bei Wegfall der ausreichenden Gründe für die Annahme nach dieser Ziffer“ ersetzt.

8. Nach Art. 1 Z 10 wird folgende Z 10a eingefügt:


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 329

„10a. In den §§ 55 Abs. 4 und 55a Abs. 2 Z 4 wird jeweils das Zitat ,§ 149d Abs. 1 Z 3 StPO‘ durch das Zitat ,§ 136 Abs. 1 Z 3 StPO‘ ersetzt.“

9. Nach Art. 1 Z 11 werden folgende Z 11a bis c eingefügt:

„11a. In § 55c wird das Zitat ,§ 149d Abs. 1 Z 3 StPO‘ durch das Zitat ,§ 136 Abs. 1 Z 3 StPO‘ und das Zitat ,§ 149i StPO‘ durch das Zitat ,§ 141 StPO‘ ersetzt.

11b. § 56 Abs. 1 Z 3 lautet:

„3. an geeignete Opferschutzeinrichtungen (§ 25 Abs. 3), soweit dies zum Schutz gefährdeter Menschen erforderlich ist, wobei personenbezogene Daten nur zu Gefähr­der und gefährdeten Personen sowie die Dokumentation (§ 38a Abs. 5) zu übermitteln sind;“

11c. In § 57 Abs. 1 Z 2 wird das Zitat „§ 177 Abs. 1 Z 2 StPO“ durch das Zitat „§ 171 Abs. 2 StPO“ ersetzt.“

10. In Art. 1 Z 16 (§ 58d) lautet Abs. 1 Z 3 wie folgt:

„3. zu Opfern die Datenarten Z 1.c) bis e), i) und j) sowie f) ohne Tür- bzw. Hausnummernbezeichnung, soweit diese Bezeichnungen nicht für den Zweck der Datenanwendung erforderlich sind.“

11. Art. 1 Z 18 lautet wie folgt:

„18. In § 65 Abs. 5 lautet der zweite Satz:

,In den Fällen des § 75 Abs. 1 letzter Satz ist der Betroffene über die Verarbeitung seiner Daten in einer den Umständen entsprechenden Weise in Kenntnis zu setzen.‘“

12. In Art. 1 Z 22 (§ 91c) lautet Abs. 1:

„(1) Die Sicherheitsbehörden sind verpflichtet, den Rechtsschutzbeauftragten von jeder Ermittlung personenbezogener Daten durch verdeckte Ermittlung (§ 54 Abs. 3), durch den verdeckten Einsatz von Bild- oder Tonaufzeichnungsgeräten (§ 54 Abs. 4), durch Verarbeiten von Daten, die andere mittels Einsatz von Bild- und Tonaufzeich­nungs­geräten er- und übermittelt haben (§ 53 Abs. 5) unter Angabe der für die Ermittlung wesentlichen Gründe in Kenntnis zu setzen. Für derartige Maßnahmen im Rahmen der erweiterten Gefahrenerforschung gilt Abs. 3. Darüber hinaus ist der Rechtsschutz­beauftragte über Auskunftsverlangen (§ 53 Abs. 3a Z 2 und 3, Abs. 3a zweiter Satz und 3b) sowie über den Einsatz von Kennzeichenerkennungsgeräten (§ 54 Abs. 4b) zu informieren.“

13. Art. 1 Z 24 lautet wie folgt:

„24. § 94 wird folgender Abs. 24 angefügt:

,(24) Die §§ 11 Abs. 2, 15b Abs. 1, 22 Abs. 3, 23 Abs. 1 Z 2, 39 Abs. 7, 45 Abs.  2, 53 Abs. 2, 3a, 3b und 3c, 53a samt Überschrift, 53b samt Überschrift, 54a Abs. 1 und 2, 55 Abs. 4, 55a Abs. 2 Z 4 und Abs. 4, 55c, 57 Abs. 1 Z 2 und 12 sowie Abs. 2, 58 Abs. 1 Z 8, 10 und 11, 58d samt Überschrift, 65 Abs. 1, 5 und 6, 75 Abs. 1, 91c Abs. 1 und 2, 96, sowie das Inhaltsverzeichnis in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/2007 treten mit 1. Jänner 2008 in Kraft.‘“

14. Art. 1 Z 25 lautet wie folgt:

„25. § 96 Abs. 2 und 6 entfallen und die Abs. 3 bis 5 erhalten die Absatzbezeichnungen ,(2) bis (4)‘.“


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Begründung

Durch diesen Abänderungsantrag soll den Bedenken des Datenschutzrates gegen Formulierungen und Regelungen der Regierungsvorlage Rechnung getragen werden.

Im Zusammenhang mit Z 4 (§ 53 Abs. 3a SPG) ist insbesondere auszuführen, dass die dort angeführten Daten den Sicherheitsbehörden zur Abwehr gefährlicher Angriffe oder zur Erfüllung der ersten allgemeinen Hilfeleistungspflicht bereits jetzt zugänglich ge­macht wurden. Nach den erhobenen Unterlagen handelt es sich dabei um Abfragen in der Größenordnung von etwa 1000 Anfragen pro Jahr. Es ist davon auszugehen, dass durch die nähere Umschreibung der den Sicherheitsbehörden im Sinne des § 53 Abs. 3a zur Verfügung zu stellenden Daten für die Betreiber öffentlicher Telekom­munikationsdienste  kein wesentlich gesteigerter Aufwand erwachsen wird.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Strache. Gewünschte Redezeit: 9 Minuten. – Bitte. (Abg. Steibl: Das darf nicht wahr sein! – Abg. Strache, auf dem Weg zum Rednerpult: Das werden Sie auch noch überleben!)

 


22.47.10

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrter Herr Innenminister! Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin! Beim Tagesordnungspunkt 24 werden wir getrennte Abstimmung einfordern. Wir werden bei der Sexualstraftäterdatei zustimmen, wir werden aber beim zweiten Punkt des Sicherheitspolizeigesetzes, der heute be­schlos­sen wird – und der scheint uns sehr wohl analysebedürftig zu sein, nämlich die Ausweitung der Überwachung von Mobiltelefonen – dagegen stimmen.

Der Datenschützer Hans Zeger von der ARGE Daten beispielsweise hat die unscharfe Formulierung des § 53 in dem Gesetz bereits deutlich kritisiert – ich zitiere ihn –: Da steht natürlich nicht ausdrücklich drinnen, dass die Polizei ohne richterlichen Befehl Handys überwachen kann. Das wäre auch ein Verfassungsbruch und absolut unmöglich. Aber es kann jeder aus dem Gesetz herauslesen, was er will. – Zitatende.

Genau das öffnet Tür und Tor auch für den Missbrauch. Und genau das kann es nicht sein, so kann man ein Gesetz nicht formulieren!

Auf der einen Seite erleben wir, dass dem österreichischen Bürger permanent Grund­rechte geraubt werden – ob das jetzt die Verfassungsfrage betrifft, wo man dem Bürger sein Recht auf Volksabstimmung nicht gewähren will –, auf der anderen Seite gehen Sie mit Hauruck-Aktionen her, wie auch heute bei diesem Gesetz, wo bezüglich Inter­net nicht einmal im Ausschuss eine Behandlung stattgefunden hat, sondern einfach mit einem Abänderungsantrag, aber nicht im Sinne von „Speed kills“; das ist, das sage ich jetzt ganz offen, einer Demokratie nicht würdig, wie Sie hier vorgehen!

Da gibt es einfach einen Abänderungsantrag, da wird nichts im Ausschuss debattiert und vorberaten, da hat die Opposition überhaupt keine Möglichkeit, irgendwo in den Ausschüssen eingebunden zu werden. Da wird drübergefahren, ja fast schon totalitär drübergefahren. Da geht man her, nimmt den Bürgern ihre Rechte weg (Beifall bei der FPÖ), geht mit Demokratie fahrlässigst um. (Abg. Parnigoni: Herr Strache, reißen Sie sich zusammen!) – Da müssen Sie sich zusammenreißen! Sie sollten sich zusam­menreißen und mit der Demokratie in diesem Haus nicht so fahrlässig umgehen. Sie sollten nicht so fahrlässig damit umgehen, dass man Bürger ihrer Rechte beraubt und im Sicherheitsbereich solch schwammige Gesetze in Richtung Überwachungsstaat ermöglicht.


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Das, was sich da abspielt, ist ein Weg in Richtung George Orwell. Das geht in die Richtung: der große Bruder, der dir überall über die Schulter schaut, der überall zuhö­ren kann, der sich überall einklinken kann, im Internet alles beobachten kann und in Zukunft sogar ohne richterlichen Beschluss Privatgespräche abhören kann, jeden beschatten kann, jeden orten kann. Das ist ein Skandal! Es ist ein Skandal, dass Sie hier so fahrlässig mit diesem Thema umgehen! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich persönlich frage mich ja, wofür der Herr Innenminister solche Handyortungs­möglichkeiten braucht. Ich frage mich wirklich, was er damit erreichen will. Denn wenn beispielsweise 28 Terrorverdächtige beim Bundeskanzler, beim Bundespräsidenten gemeinsam mit dem Wiener Bürgermeister ohne Probleme erscheinen können, dann kann ich mich nur mehr wundern, was alles sicherheitspolitisch in unserem Land mög­lich ist, wenn die ungehindert bei solch einer Veranstaltung auftauchen – und nieman­dem fällt es auf! 28 Terrorverdächtige, ein paar Leute, die auch im Fahndungsvisier des internationalen Terrorismus stehen – kein Problem, es fällt uns nicht auf. Aber wir brauchen eine Handyortung, während wir bei solchen Dingen nicht imstande und nicht fähig sind, die Spitzenrepräsentanten unserer Republik zu schützen. Da frage ich mich, wie Sie das rechtfertigen, Herr Innenminister.

Wahrscheinlich wird demnächst sogar Osama Bin Laden, denn das spricht sich ja auch bis zu ihm herum, zu uns kommen und wird bei der nächsten Feier wahrscheinlich auch noch Gast sein oder im Innenministerium im Keller sein Büro beziehen, denn das wird in Österreich wahrscheinlich auch keinem auffallen.

Bei dieser Unsicherheitspolitik, die ich da vorfinde, kann ich mich nur wundern. Das ist wirklich mehr als bedenklich. (Vizekanzler Mag. Molterer: ... beim Strache auf Besuch, der Osama Bin Laden!) – Bei Ihnen, sage ich, bei Ihnen wahrscheinlich, denn Sie sind ja nicht nur in jedem Wohnzimmer, ich weiß nicht, wo Sie sonst noch sind in Österreich, wie Sie heute gesagt haben, Herr Vizekanzler. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist auch ein Stichwort, das Sie mir gegeben haben: Lassen Sie die Bürger wenigstens im Wohnzimmer in Ruhe, und greifen Sie nicht dort auch noch in die Taschen der Bürger! Das wäre durchaus ratsam.

Aber auch in anderen Bereichen des Sicherheitspolizeigesetzes gibt es Dinge, die nicht das Gelbe vom Ei sind. Ich sage das ganz bewusst. Wir werden den präventiven Maßnahmen nach langer intensiver Diskussion in unserem Klub zustimmen. (Abg. Dipl.-Ing. Missethon: Das ist ja schon was!) Aber – ich sage, aber – wir müssen anmerken, dass es massive Kritikpunkte zur Vorbereitung des Herrn Innenministers auf die Europameisterschaft 2008 gibt – ich werde diese Kritikpunkte festmachen –, wo er bis dato äußerst fahrlässig agiert.

Es geht nämlich nicht nur um einen sportlichen Aspekt, sondern natürlich auch um einen sicherheitspolitischen Aspekt. Wir wissen aus der Erfahrung der Weltmeister­schaft in Deutschland, dass 60 000 Polizeibeamte in Deutschland nur für den Fan­bereich abgestellt wurden. Wenn man das jetzt auf Österreich umlegt, sollte man meinen, zehnmal kleineres Land, zumindest 6 000 Exekutivbeamte – zumindest 6 000! – sollten daher für die Fanbetreuung abgestellt werden. Sieht man dann die Vorbereitungskonzepte des Innenministers, kommt man drauf: 4 700 sind geplant, wobei nicht einmal die Krankenstände eingerechnet sind. Da kann ich mich nur wundern, wie leichtfertig man mit diesem gefährlichen Problem der gewalttätigen Fußballfans, nämlich der Hooligans, die keine Fußballfans sind, sondern ganz bewusst zwecks Gewalt solche Veranstaltungen aufsuchen, umgeht.

Wir werden damit rechnen müssen, dass wahrscheinlich nicht im Stadionbereich die Gewalt ausbrechen wird, sondern wenn, weit weg von den Stadien, in der Stadt


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vielleicht, wo die Fanmeilen aufgebaut werden, oder bei anderen Treffpunkten, wo diese Herrschaften sich etwas ausmachen. Das unterschätzen Sie völlig.

Es fehlen uns effiziente, umfassende und ausführliche Konzepte. Und ich werde von der Personalvertretung da ein paar ganz konkrete Dinge heute festmachen, die einfach notwendig sind. (Abg. Dr. Mitterlehner: Aber relativ rasch, bitte!) – Na ja, schauen Sie, für Sie nicht, Herr Mitterlehner. Vom hohen Ross, präpotent, wie Sie dort auf Ihrem Stuhl sitzen. (Beifall bei der FPÖ.)

Demokratie werden Sie aushalten. Wir leben nicht in einem Dollfuß-Regime, in dem Sie vorgeben, wie lange ich hier heraußen zu reden habe! Das möchte ich einmal feststellen, Herr Mitterlehner!

Ich sage Ihnen ganz klar und deutlich: Die Sicherheit und der Schutz unserer Bürger während der Europameisterschaft sind uns wichtig, aber vor allem auch die Sicherheit und der Schutz der Exekutivbeamten, die zum Einsatz kommen. Ich muss sagen, dass es da von vorne bis hinten bei den Konzepten hapert, angefangen von den Dienst­zeiten und Dienstplänen, wo bis heute kein Personaleinsatzkonzept vorgelegt wurde, bis heute keine Abstimmung der Dienstpläne beziehungsweise der Einsatzzeiten für die Polizisten erfolgt ist, bis heute nicht sichergestellt ist, wo die Polizeibeamten, die aus ganz Österreich in den Bereichen der Stadien zusammengefasst werden, über­nachten sollen, welche Ruhephasen sie haben, wie das mit der Familie akkordiert werden kann oder ob die dann die vier Wochen lang durchgehend zu arbeiten haben und ihre Familie gar nicht sehen.

Nichts ist geregelt, nicht einmal, dass man den Beamten für diese Leistung während der Europameisterschaft einen Zuschuss zuspricht, nichts dergleichen, bis hin zur Ausstattung und Ausrüstung. Es sind bis dato keinerlei zusätzliche Sonderbudgetmittel für den Bereich der Exekutive im Rahmen des Einsatzes bei der Fußballeuropa­meisterschaft freigemacht worden. Nichts dergleichen!

Wir haben beim Ankauf und bei der Ausstattung mit Einsatzhelmen die Situation, dass zu wenig Helme da sind, viele Helme kaputt sind und den Exekutivbeamten mitgeteilt wird: Es tut uns leid, wir haben das Geld nicht, wir können sie nicht kaufen! Vielleicht können wir uns noch ein paar Helme von Deutschland ausborgen!, wird dann in den Raum gestellt. Ein Ausscheiden von im Einsatz beschädigten Helmen wird abgelehnt. Da sagt man: Pickt sie mit Tixo zu! – So geht es in unserem Polizeiapparat zu, bis zu der Tatsache, dass wir Funkakustikprobleme haben bei den Helmen und man sagt: Es tut uns leid, dann funktioniert das Funkgerät halt nicht, dann müsst ihr euch notfalls persönlich unterhalten, wenn das Funkgerät nicht funktioniert!

Beschaffung und Ausgabe von schnitt- und stichfesten Schutzhandschuhen ... (Zwi­schenruf bei der ÖVP.) – Regen Sie sich nicht so auf! Ich verstehe schon, dass Sie sich jetzt hier aufregen, aber uns ist die Sicherheit der Polizeibeamten etwas wert, während Sie offenbar kein Interesse daran haben, die Polizisten ordnungsgemäß auszurüsten! (Beifall bei der FPÖ.)

Schutzhandschuhe fehlen an allen Ecken und Enden. Wir haben zu wenig flam­men­hemmende Overalls in dem Bereich. Der Ankauf dieser Vollkörperschutzanzüge ist bis dato nicht sichergestellt. Zu wenig Größen. Wir können doch unsere Exekutivbeamten während dieses Europameisterschaftseinsatzes nicht ungeschützt gegen Hooligans in Stellung bringen! Das ist einfach der Punkt.

Erste-Hilfe-Ausstattung fehlt an allen Ecken und Enden. Der Fuhrpark ist nicht aus­reichend vorhanden. Es gibt zu wenige Fahrzeuge, veraltete Fahrzeuge. Schutz­vorrich­tungen im Bereich der Fahrzeuge, was Gitterschutz und auch einschlagsichere Scheiben betrifft, fehlen. An nichts wurde bis dato gedacht. Der Herr Innenminister


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geht quasi blauäugig in das Abenteuer Europameisterschaft 2008 und sorgt nicht dafür, dass die Exekutivbeamten rechtzeitig ein Konzept vorgelegt bekommen, sodass sie wissen, dass sie gut versorgt werden und alles sichergestellt wird. Nichts bis heute vorhanden! (Rufe bei der FPÖ: Unerhört!) Das ist einfach fahrlässig – ein halbes Jahr vor diesem wichtigen Ereignis, welches zum Glück in Österreich stattfinden wird. Genau darum geht es.

Herr Innenminister, Sie haben bis dato in diesen Bereichen leider Gottes nichts Effizien­tes und Konkretes vorgelegt. Da sind Sie säumig. Ich fordere Sie auf, Herr Innenminister, in dieser Frage zum Schutz unserer Exekutivbeamten die Ausrüs­tungsgegenstände jetzt zu bestellen, ein Sonderbudget sicherzustellen, damit es nicht vorkommen kann, dass unsere Exekutivbeamten dort ungeschützt vielleicht Opfer von Gewalttätern werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Unsere Polizisten müssen die Sicherheit der Bevölkerung auch im Rahmen der Europameisterschaft gewährleisten, nämlich nicht nur der Europameisterschaft, sondern die Einheiten der Exekutivkräfte müssen natürlich auch die gestiegene Kriminalität bewältigen neben der Europameisterschaft. Das heißt, natürlich fordern wir auch ein, dass während der Europameisterschaft keine weiteren Veranstaltungen oder Demonstrationen zu genehmigen sind, weil die Exekutive ohnehin Tag und Nacht im Einsatz sein wird.

Ich sage Ihnen, wo das Problem liegt: dort, wo Sie einsparen auf Kosten der Sicherheit der Bürger in Österreich. Zu wenig Exekutivbeamte in Österreich, aber Sie haben im Regierungsabkommen festgemacht, weitere 400 Planstellen abzubauen. (Rufe bei der FPÖ: Ein Skandal!) Das ist unverantwortlich! Da können Sie nicht mehr sagen, dass Sie der Sicherheit das Wort reden. Das bedeutet Unsicherheit, mehr Unsicherheit für Österreich. Gestiegene Kriminalität mit Verbrechensraten und Kriminalitätsraten, die wir heute in Österreich vorfinden, bei denen einem schlecht werden muss, wenn man die Zahlen näher betrachtet.

Ich verstehe schon, Ihnen wird nicht schlecht dabei, denn Sie wohnen in Döbling, in Grinzing oder sonst wo und können es sich wahrscheinlich leisten, in Gegenden zu wohnen, wo solche Dinge seltener vorkommen.

Aber wenn ich mir die Zahlen der Kriminalitätsstatistik anschaue, dann stelle ich Folgendes fest: 494 480 Straftaten von Jänner bis Oktober in diesem Jahr in Österreich angezeigt, plus 2 Prozent. Das heißt, wir brauchen mehr Exekutivbeamte, um präventiv gegen die Kriminalität auch entsprechend tätig werden zu können. Mehr Exekutivbeamte auf der Straße bewirken auch Prävention.

Wenn man so wie Sie einspart, dann darf man sich nicht wundern, dass es nicht bessere Statistiken gibt, dann darf man sich nicht wundern, denn das empfinden Kriminelle ja als Einladung.

Ich komme jetzt zum Schluss – Sie freuen sich jetzt sicherlich, Herr Mitterlehner, dass ich endlich zum Schluss komme. Was auch die Polizeireform betrifft, die Reform dieses Selbstverwaltungsapparates der Exekutive, der heute vorhanden ist, der zu einem reinen Selbstverwaltungsapparat reduziert worden ist, mit den ganzen Aufgaben, die Exekutivbeamte aus dem kriminalpolizeilichen Bereich übernehmen mussten, ist zu sagen, die sind nur mehr mit Schreibarbeiten eingedeckt, die kommen gar nicht mehr auf die Straße, die können gar nicht mehr auf der Straße tätig sein.

Das ist genau der Punkt: Eine andere Sicherheitspolitik ist gefordert. Und da werden wir uns für unsere Exekutivbeamten in Österreich stark machen! (Beifall bei der FPÖ.)

23.01



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 334

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Klubobmann Strache, für den Ausdruck „präpotent“ erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Beifall bei der FPÖ.)

Es hat sich nun zu einer tatsächlichen Berichtigung Herr Abgeordneter Mag. Johann Maier zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, Sie kennen die GO-Bestimmungen. – Bitte.

 


23.01.19

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mein Vor­redner hat, genauso wie Kollege Pilz, behauptet, dass aufgrund dieses Gesetzes ohne richterlichen Beschluss Telefone abgehört werden können. (Abg. Dr. Pilz: Das ist wieder genau dasselbe!) – Das ist falsch! (Abg. Öllinger: Nein, nein, nein!)

Ich berichtige: Aufgrund dieses Gesetzes können keine Telefone abgehört werden. Im Gegenteil: Durch den Einsatz des Rechtschutzbeauftragten wurde ein Beitrag zu mehr Rechtssicherheit und Rechtsstaatlichkeit geleistet. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

23.02


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Parni­goni zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


23.02.10

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich bringe vorerst folgenden Antrag ein.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Kößl, Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage (158 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sicher­heits­polizeigesetz geändert wird

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage (158 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sicher­heitspolizeigesetz geändert wird, wird wie folgt geändert:

1. In Z 3 lautet § 49c Abs 1 Z 1 wie folgt:

„1. unter Anwendung von Gewalt einen gefährlichen Angriff gegen Leben, Gesundheit oder fremdes Eigentum begangen oder im Ausland einen vergleichbaren Sachverhalt verwirklicht hat, oder“

2. In Z 7 wird in § 94 Abs. 22 das Zitat „§ 96 Abs. 7“ durch das „Zitat „§ 96 Abs. 5“ ersetzt und es wird folgender Satz angefügt:

„Die §§ 36b und c samt Überschriften treten mit Ablauf des 31. Dezember 2007 außer Kraft.“

3. Die Z 8 lautet wie folgt:

„8. § 96 wird folgender neuer Abs. 5 angefügt:

,(5) Die nach § 36b in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. 158/2005 ausge­sprochenen Betretungsverbote gelten als nach diesem Bundesgesetz ausge­sprochen.‘“

4. In Z 9 lautet im dritten Teil des Inhaltsverzeichnisses die Überschrift zu § 49c wie folgt:


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 335

„§ 49c Präventive Maßnahmen: ,Meldeauflage, Belehrung, zwangsweise Vorführung und präventive Anhaltung.‘“

*****

Meine Damen und Herren, ich möchte festhalten, dieser Abänderungsantrag ist notwendig, damit wir die EURO 2008 als friedliche Spiele garantieren können (Abg. Öllinger: Ja, ja, das ist der 20. Antrag, der eingebracht wurde! Super „Qualität“! Huschpfusch!), damit die Menschen in Österreich den Fußballsport friedvoll erleben können und man gewaltbereite Fußballfans entsprechend aus dem Verkehr ziehen kann. (Präsident Dr. Spindelegger übernimmt den Vorsitz.)

Die Novelle dieses Gesetzes bringt auch die Sexualstraftäterdatei, wobei eine bessere Verfolgung von Triebtätern zum Schutz von Kindern und Frauen ermöglicht wird.

Zum Dritten bringt diese Novelle eine bessere Wegweisedatei, um ganz einfach poten­tielle Opfer von Gewalt in der Familie besser schützen zu können.

Und viertens: Diese Novelle bedeutet auch ein höheres Datenschutzniveau bei polizeilichen Datenbanken.

Meine Damen und Herren, zur Frage der Zuweisung von Nummern und Adressen zu einer Telefonnummer beziehungsweise einer IP-Adresse darf ich, wie schon vom Kolle­gen Maier ausgeführt wurde, klar festhalten, dass mit diesem Abänderungsantrag die bestehende Rechtslage deutlich verbessert wird.

Kollege Strache, ich gebe Ihnen recht: Wenn man nach der ursprünglichen Fassung vorgeht, dann ist das, was Zeger gesagt hat, zwar übertrieben, aber durchaus berechtigt. Dieser neue Abänderungsantrag verändert das allerdings ganz gravierend, und daher stimmt nicht, was Zeger sagt und was Sie dann übernommen haben. Diese Behauptung ist daher unrichtig. Es kann aufgrund dieser Novelle nicht abgehört werden. Es ist technisch einfach nicht möglich, und es gibt keine Rechtsgrundlage dafür.

Zur Frage der Standortfeststellung nach § 53/3b möchte ich festhalten: Auch das ist nur dann möglich, wenn die Gesundheit oder das Leben eines Menschen in Gefahr ist, wenn es etwa einen Bergunfall gibt oder wenn jemand einen Selbstmord ankündigt. Und ich glaube, es ist eine sinnvolle Maßnahme (Abg. Öllinger: Bitte! Wider besseres Wissen!), die man der Polizei an die Hand gibt, damit sie eben eingreifen kann, um Leben von Menschen zu schützen. Ich glaube daher, das soll auch berücksichtigt werden.

Ein letzter Punkt. Abgeordneter Pilz hat sich darüber beschwert, auch gestern im Fernsehen, dass es keinen Ausschuss gegeben hat. – Das ist auch mir nicht sehr angenehm, das können Sie mir glauben. (Abg. Strache: Das sagen Sie jetzt schon zum hundertsten Mal! Das passiert ja permanent! Was haben wir denn von den Entschuldigungen!) Moment, lassen Sie mich das erklären! Kollege Strache, lassen Sie mich das erklären!

Ich habe mich immer sehr darum bemüht, diesen Ausschuss zustande zu bringen. Ich kann Ihnen sagen, als etwa die beiden mutmaßlichen Terroristen festgenommen wurden, eben vor einigen Wochen oder Monaten, hat Bundesminister Platter innerhalb von drei Tagen einen Ausschusstermin angeboten, um uns zu informieren. Die Grünen haben drei Wochen lang verhindert, dass es zu einem Ausschuss gekommen ist. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Daher kam kein Ausschuss zustande.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 336

Als wir jetzt versucht haben, einen Ausschuss zustande zu bringen, noch am Montag war der Herr Pilz in Paris auf Reise, und daher kam auch dieser Ausschuss nicht zustande, das muss auch klargestellt werden, und zwar mit der Begründung, im grünen Klub sei niemand in der Lage, zu Sicherheitsfragen Stellung zu nehmen, außer der Herr Pilz. Die sind also sicherheitspolitisch beschränkt; dafür kann ich aber nichts. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Dann haben Sie mich aufgeklärt in dieser Frage! Ich nehme das zur Kenntnis, wenn es stimmt!) Es ist so.

Daher, meine Damen und Herren, werde ich dafür eintreten, dass wir in Zukunft der­artige Fragen natürlich in einem Ausschuss behandeln. Und ich darf Ihnen ankündigen: Wir haben uns jetzt schon bemüht, für 16. Jänner den nächsten Ausschusstermin zustande zu bringen. Leider hat uns heute wieder eine Absage, diesmal vom BZÖ, erreicht. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist das erste Mal!) Okay. Aber so ist das Leben. Okay, es ist das erste Mal; ist in Ordnung. Aber jetzt sind Sie es das erste Mal, das letzte Mal der Pilz.

Es ist für mich sehr schwierig, Ausschusstermine zustande zu bringen. Der Minister steht auch nicht immer zur Verfügung.

Ich bitte alle Parlamentsfraktionen, mitzuhelfen, dass wir uns ganz einfach in Zukunft bemühen, Ausschusstermine zustande zu bringen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)

23.08


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Der von Herrn Abgeordnetem Parnigoni einge­brachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhand­lung.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Pilz zu Wort gemel­det. Ich mache Sie auf die Bestimmungen des § 58 der Geschäftsordnung auf­merksam. – Bitte.

 


23.08.59

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Parnigoni hat behauptet, dass es an Abgeordneten der Opposition gelegen sei, dass es zu keiner Sitzung des Innenausschusses gekommen sei. – Das ist aus mehreren Gründen und Fakten, die ich jetzt aufzählen will, nachweislich falsch!

Erstens: Seit März verlangen Abgeordnete nicht nur der Grünen, sondern aller Oppositionsparteien die Einberufung eines Innenausschusses. Der Vorsitzende des Ausschusses hat sich nicht entsprechend bemüht und das nicht zustande gebracht. Am 5. November hat unser Klubobmann in der Präsidiale darauf hingewiesen, dass seit März kein Innenausschuss getagt hat, und er hat die Einberufung eines Innen­ausschusses verlangt. (Abg. Strache: Das ist richtig! Muss ich bestätigen!)

Nach langen, schwierigen Verhandlungen über einen Termin ist am 12. November von den Regierungsparteien der 21. November als Ausschusstermin vorgeschlagen wor­den. Die Oppositionsparteien haben zugestimmt. Der Streit der Regierungsparteien und die Unfähigkeit des Ausschussvorsitzenden haben dazu geführt, dass es nicht zu diesem Termin kommen konnte.

Das sind die Fakten: Wir hatten einen gemeinsamen Termin, und der Termin ist auf­grund des Streits von SPÖ und ÖVP geplatzt. (Abg. Strache – in Richtung des Abg. Parnigoni –: Aber dann haben Sie jetzt die Unwahrheit gesagt! Parnigoni, das war dann die Unwahrheit, was Sie gesagt haben!) Der Streit der Koalition und die Unfähigkeit des Ausschussvorsitzenden verhindern eine sorgfältige und entsprechende Arbeit des Nationalrates. (Beifall bei den Grünen.)

23.10



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 337

Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Wein­zinger. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


23.10.38

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Reden wir doch über das, was Sie wochenlang verhandelt haben und was angeblich einer der Gründe war, warum es nicht und nicht gelingen konnte, rechtzeitig einen Ausschusstermin zustande zu bringen. (Abg. Lentsch: Jetzt haben wir es eh schon gehört!) Reden wir über das, was jetzt nicht in diesem Gesetz steht, reden wir über Schutz von Frauen vor Gewalt – etwas, wozu Sie sich immer wortreich bekennen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Sehr lustig ist das! Wirklich lustig! Gewalt gegen Frauen finden Sie erheiternd – genau das ist das Dilemma! (Beifall bei den Grünen.)

Ich wollte schon sagen: etwas, wozu Sie sich wortreich bekennen, aber ich korrigiere: etwas, wozu sich einige von Ihnen zumindest bekennen und was in der Praxis oft genug halbherzig und im konkreten Fall überhaupt nicht stattfindet.

Das Hohe Haus hat bei einer anderen Materie festgehalten, dass Psychoterror eine Form von Gewalt ist; darüber brauchen wir nicht zu reden. Es ist höchstgerichtlich ausjudiziert, dass täglich Psychoterror vor Abtreibungskliniken in Österreich stattfindet, wo sich unsägliche Szenen abspielen von einer Handvoll militanter Aktivisten, die international organisiert sind und vor einer unglaublichen Bedrängung von Frauen in einer Notsituation nicht zurückschrecken – und Sie tun aber nichts dagegen! (Zwi­schenrufe bei den Grünen.)

Schutzzonen vor Abtreibungskliniken haben die Frauen der SPÖ immer wieder ange­kündigt, sie haben angekündigt, sie werden es in dieses Gesetz hineinschreiben, aber die Schutzzonen sind nicht da, wieder einmal nicht! Wie oft wollen Sie denn noch evaluieren im Zusammenhang mit Gewalt gegen Frauen vor Abtreibungskliniken? (Abg. Strache: Gibt es Gewalt gegen Frauen? – Abg. Heinisch-Hosek: Na sicher!) – Der Herr Klubobmann von der FPÖ ist im Jahr 2007 angekommen! Willkommen! Schauen Sie sich das einmal an! (Abg. Strache: Da muss die Polizei ja dann ein­schreiten! Wo ist die Polizei? Demonstrationsfreiheit gibt es doch, oder? – Gegenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

Ach Gott, okay, wir machen zu gegebener Zeit, wenn ich mehr Redezeit habe, eine Sonderaufklärungseinheit für den Klubobmann der ÖVP (Abg. Dr. Brinek: Der FPÖ!), dem Psychoterror als Gewalt vor Abtreibungskliniken noch immer nicht bekannt ist. Ein Armutszeugnis für diese Partei! (Beifall bei den Grünen. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Strache.)

Psychoterror ist eine Gewaltform, die nicht geahndet wird, einzig in Wien gibt es die Möglichkeit, die Leute wegzuschicken, 5 Minuten später sind sie aber wieder da, weil es keine Sanktionen gibt – im Unterschied zu anderen Ländern (Präsident Dr. Spin­delegger gibt das Glockenzeichen), wo zum Beispiel 30 000 € Strafe darauf stehen, Frauen moralisch oder psychisch unter Druck zu setzen, wenn sie sich einer Abtrei­bungsklinik nähern.

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Frau Kollegin, Ihre Redezeit ist erschöpft. Den Schlusssatz, bitte!

 


Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (fortsetzend): Ich darf einen Entschließungs­antrag einbringen.

23.13


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Das ist zu spät, das tut mir leid! Sie können nicht nach der Redezeit noch einen Entschließungsantrag einbringen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 338

(Beifall bei den Grünen für die das Rednerpult verlassende Abg. Mag. Weinzinger.)

Nächster Redner ist Herr Klubobmann Ing. Westenthaler. 5 Minuten freiwillige Rede­zeit­beschränkung. – Bitte.

 


23.13.38

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Auch Time-Management will gelernt sein (Heiterkeit bei BZÖ und ÖVP), nämlich dass man sich für wichtige Debatten ein bisschen Zeit aufhebt. Jetzt schauen Sie alle, jetzt können Sie nicht mehr mitreden!

Herr Innenminister Platter, Sie wissen, dass das BZÖ immer dafür eintritt, dass unserer Exekutive die besten, die wirkungsvollsten und modernsten Instrumente für Fahndung, für Sicherheit zur Verfügung gestellt werden, auch im elektronischen Sektor, auch im IT-Bereich. Deswegen sind wir grundsätzlich nicht gegen die vorliegenden Materien, aber wir haben etwas gegen die Vorgangsweise, und deswegen werden wir heute beim dritten Teil, das betrifft den Abänderungsantrag, der uns wieder einmal auf den Tisch geknallt wurde, nicht zustimmen, weil wir die Vorgangsweise nicht akzeptieren können. Und das zieht sich wie ein roter Faden durch alle drei Tage dieser National­ratssitzungen.

Das geht nicht, dass Sie so drüberfahren, dass Sie uns dumm sterben lassen wollen ohne Diskussion, dass Sie uns mit kurzfristigen Abänderungsanträgen überhäufen wollen, dass Sie keine Diskussion zulassen wollen, meine Damen und Herren von SPÖ und ÖVP! (Beifall beim BZÖ.) Das ist nicht nur antidemokratisch, sondern das ist des Hohen Hauses nicht würdig! Daher werden wir heute dieser Vorlage nicht zustim­men.

Herr Kollege Cap, ich schlage Ihnen etwas vor: Nehmen Sie überhaupt nie mehr wieder die Worte „Minderheitsrechte“ und „Oppositionsrechte“ in den Mund, denn Sie sind überhaupt ein ganz Ausgefuchster. Kollege Cap stellt sich bei jedem Interview, bei jedem öffentlichen Auftritt, im Fernsehen oder sonst wo, hin mit dem Augenaufschlag eines Labradors nach dem Aufstehen in der Früh und sagt: Ich bin eh immer für die Minderheitsrechte! Die Armen! Ich bin überhaupt ein Kämpfer, der Vorkämpfer für mehr Rechte im Parlament! – Aber wissen Sie, was in Wirklichkeit jeden Tag hier passiert, auch durch Sie? – Der Verrat an diesen Rechten – und das ist ein Skandal! Nehmen Sie daher das, was Sie da gesagt haben, nie mehr wieder in den Mund, denn es glaubt Ihnen niemand mehr! (Beifall beim BZÖ.)

Ich möchte noch zwei Sätze zum Herrn Kollegen Strache sagen. Wissen Sie, was mich bei Ihnen wundert? – Ihre ganze Rede war durchzogen von einer einzigen Furcht. Sie fürchten sich ständig. Wovor fürchten Sie sich? Wie Espenlaub stehen Sie hier. Sie fürchten sich jetzt sogar schon vor der Fußball-Europameisterschaft. Das ist ja sagen­haft! (Heiterkeit und Beifall bei BZÖ und ÖVP.)

Herr Strache, ich freue mich auf die Fußball-Europameisterschaft, ich fürchte mich nicht, denn das wird ein friedliches Fest werden, Sie werden sehen. Ich habe keine Sorge vor dieser Fußball-Europameisterschaft. (Abg. Strache: Vor Ihnen muss man schon Angst haben im Lokal, nicht?)

Ich war zwei Jahre lang auch Vorstand der österreichischen Bundesliga, und ich sage Ihnen auch etwas (Abg. Strache: Vor Ihnen muss man angeblich Angst haben im Lokal!): Wir haben damals auch mit den Sicherheitsbehörden zusammengearbeitet. Und unsere Exekutive hat das Problem Hooliganismus und Kampf gegen Gewalt am Fußballplatz sehr, sehr gut im Griff. Da brauchen sie keine Ratschläge von Ihnen, Herr Kollege Strache! Glauben Sie mir das! (Beifall bei BZÖ und ÖVP. – Abg. Strache: Es gibt auch Gewalt in Lokalen! – Zwischenruf des Abg. Dr. Haimbuchner.)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 339

Die fürchten sich nicht so wie Sie! – Vielleicht werden Sie auch nur zu Hause vor dem Fernseher sitzen, weil Sie sich nicht ins Stadion trauen und nicht zu den Free-TV-Plätzen schauen. All das ist Ihr Problem, aber das, was ich überhaupt nicht verstehe bei Ihrer Politik, ist Folgendes (Abg. Dr. Haimbuchner: Wenn Sie nichts verstehen, sagt das gar nichts aus!): Sie wollen immer der Kämpfer gegen Terrorismus, gegen Gewalt, für mehr Sicherheit in diesem Land sein, aber wenn es darauf ankommt, dass man unserer Exekutive die Instrumente dafür in die Hand gibt, dass sie besser ermitteln kann, dass sie für mehr Sicherheit sorgen kann, ziehen Sie den Schwanz ein, im wahrsten Sinne des Wortes, Herr Kollege Strache! (Abg. Strache: Bitte nicht, Westenthaler, bitte hören Sie auf mit solchen Geschichten, mit solchen sexistischen Geschichten!) Und das ist das eigentliche Problem. (Zwischenrufe bei der FPÖ. – Präsident Dr. Spindelegger gibt das Glockenzeichen.)

Daher sind Sie unglaubwürdig und ist die FPÖ schon lange keine Sicherheitspartei mehr, sondern eine Angsthasenpartei – das ist die Wahrheit, Herr Kollege Strache! (Beifall bei BZÖ und ÖVP.)

Sie fürchten sich von früh bis spät, vom Aufstehen bis zum Schlafengehen – wir fürchten uns nicht. Mit Ihnen fürchtet sich auch Herr Pilz, ein wunderbares Duo Strache und Pilz, Hand in Hand. (Zwischenruf des Abg. Dr. Haimbuchner.) Sie fürchten, dass sie abgehört werden – dann telefonieren Sie eben nicht mehr. Es ist eigentlich wirklich nicht zum Aushalten. Das, was Sie hier durchführen, ist so etwas von unglaubwürdig, daher sagen wir: Lassen Sie das lieber mit der Sicherheitspartei!

Wir haben vollstes Vertrauen in die österreichische Sicherheitsexekutive, und ich sage dazu, wir haben in diesem Fall auch Vertrauen in den Innenminister, der dafür sorgt, dass der Sicherheitsexekutive die entsprechende Ausstattung zur Verfügung gestellt wird. Daher sind wir inhaltlich dafür. (Beifall bei BZÖ und ÖVP.)

Daher werden Sie unsere Zustimmung bekommen, was die Euro-Vorbereitungen anlangt, auch die Zustimmung zur Analysedatei, aber haben Sie, Herr Innenminister, Verständnis dafür, dass wir beim dritten Punkt nicht zustimmen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Haimbuchner.) Wie gesagt, inhaltlich dafür, aber ich möchte auch einmal einen Protest gegen diese Vorgangsweise anbringen; daher werden wir dem nicht zustim­men.

Auch in meinen Augen ist es unerhört, dass seit März keine Sitzung des Innen­aus­schusses mehr stattgefunden hat. Herr Kollege Parnigoni, es war jetzt das erste Mal, dass wir – aus verständlichen Gründen – am 16. nicht können. Wir haben bei allen anderen Terminen immer zugesagt, weil für uns Parlamentarismus und die Ausschüs­se sehr wichtig sind und wir jederzeit daran teilnehmen. Das soll auch so sein, das möchte ich nur gesagt haben. (Beifall beim BZÖ.)

23.18


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Von der Regierungsbank aus hat sich Herr Bundesminister Platter zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

23.18.50

 


Bundesminister für Inneres Günther Platter: Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Strache, eine Frage an Sie (Abg. Strache: Bitte!): Von welchem Land haben Sie gesprochen? (Abg. Strache: Ich rede von den polnischen Hooligans!) Sind Sie sich sicher, dass Sie über Österreich geredet haben? Wissen Sie, was andere über Österreich sagen, was die Sicherheit betrifft? – Lesen Sie nach!

Das Institute for Management Development in Lausanne hat letztes Jahr 55 Indus­triestaaten weltweit bewertet. (Ruf: Weltrekord bei Tanküberfällen!) Das Ergebnis war,


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 340

dass Österreich im Bereich der Sicherheit weltweit an der ersten Stelle steht! (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)

Zum Zweiten, Herr Abgeordneter Strache: Ich habe mich sehr gefreut, dass ich bei der Bürgermeisterkonferenz dabei war, wo alle Bürgermeister Österreichs versammelt waren. Es wurde eine Befragung unter den Bürgermeistern durchgeführt, mit welchem Politikfeld sie am zufriedensten sind. Was war die Antwort? – Weit voraus war die Sicherheit. Und ich denke, dass die Bürgermeister, die vor Ort sind, am besten beurteilen können, wie wir im Bereich der Sicherheit aufgestellt sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Was die Fußball-Europameisterschaft betrifft: Uns ist es wichtig, dass wir auch inter­national bewertet werden. Wir haben seit 2005 unser Sicherheitskonzept fertig, und dieses wird jetzt ständig evaluiert. (Zwischenruf des Abg. Dr. Haimbuchner.) Der Sicherheitschef von Deutschland ist außerdem in diesem Evaluierungskomitee mit dabei. Wir lassen ganz genau überprüfen, ob wir da auf einem guten Weg sind.

Man hat uns ein exzellentes Zeugnis ausgestellt. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Haimbuchner.) Es war noch nie ein Land im Bereich der Sicherheit so weit wie Österreich und die Schweiz bei dieser Europameisterschaft. Deshalb bin ich der Überzeugung, dass wir das großartig meistern werden. (Demonstrativer Beifall des Abg. Hornek.)

Was die Ausrüstung betrifft: Ich habe erst jetzt wieder 7,2 Millionen € freigegeben, damit weitere Ausrüstungsgegenstände gekauft werden. – Entschuldigung, die Europa­meisterschaft ist im Juni und nicht schon jetzt im Dezember. Deshalb werden recht­zeitig alle Polizistinnen und Polizisten die beste Ausrüstung haben. Das ist mir ein großes Anliegen, und ich garantiere das letztlich auch. (Beifall bei ÖVP und BZÖ. – Bravoruf bei der ÖVP.)

Entscheidend für die Fußball-Europameisterschaft ist – es war ja erst die Auslosung beziehungsweise die Zuteilung der Mannschaften an die verschiedenen Orte, an denen gespielt wird – die internationale Kooperation. Ich bin derzeit dabei, mit allen Ländern ein Abkommen zu unterfertigen, mit den Anrainer-, Transit-, letztlich aber auch Teilnehmerstaaten, denn wir müssen danach trachten, dass Gewalttäter keine Chance haben, nach Österreich zu kommen.

Darüber hinaus wird eine Fan-Begleitung durchgeführt, dass also die jeweilige Polizei ihre Fans nach Österreich begleitet, und es werden zusätzlich noch szenekundige Beamte von allen Nationen anwesend sein, damit alles getan wird, dass Gewalttäter keine Chance haben, in die Stadien zu kommen.

Genauso aufgestellt sind wir in Österreich. Ich würde mich freuen, wenn wir breite Zustimmung für präventive Maßnahmen bekämen, denn es ist natürlich notwendig, wichtig und richtig, dass wir der Exekutive die Befugnisse geben, dass Gewalttäter, die bekannt sind, keine Chance haben, in die Stadien zu kommen, dass sie eine Meldeauflage bekommen, sich also zu einem bestimmten Zeitpunkt bei der Polizei zu melden haben, sodass sie keine Chance haben, beim Fußballspiel dabei zu sein. Wenn sie dieser Auflage nicht nachkommen, wird eine präventive Festnahme durch­geführt.

All jenen, die jetzt glauben, dass das eine unmögliche Vorgangsweise ist, möchte ich Folgendes sagen: In Deutschland gibt es diese Möglichkeit, und in der Schweiz wurde diese Möglichkeit geschaffen. In Deutschland wurden viele präventive Festnahmen durch­geführt. Und eines ist auch klar: Wenn wir während der Fußball-Europameister­schaft ein Problem hätten, wovon ich nicht ausgehe, und nicht eine ähnliche gesetz­liche Grundlage wie Deutschland und die Schweiz hätten, dann würden genau jene


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wieder hier auftreten und beklagen, dass wir nicht dieselbe Beschlussfassung durch­geführt haben. Das gibt es mit mir aber natürlich nicht! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Murauer: Sehr vorausschauend!)

Wir haben darüber hinaus eine hervorragende Kooperation mit Deutschland. Ich freue mich darüber, dass wir übereingekommen sind, dass uns 820 Polizistinnen und Polizis­ten aus Deutschland ebenfalls zur Verfügung stehen. Durch unseren exzellenten Staats­vertrag haben die deutschen Kolleginnen und Kollegen die Möglichkeit, die vollen Befugnisse zu haben, wie sie österreichische Polizisten haben. Wir haben da­mals bei der Weltmeisterschaft geholfen, bei der EURO hilft Deutschland uns. Das ist gelebte Partnerschaft innerhalb der Europäischen Union, was die Sicherheit betrifft. (Beifall bei der ÖVP.)

Ein Wort zu den Telefonstandortdaten – das wurde hier kritisiert. Ich sage Ihnen: Ich habe höchstes Interesse, wenn wir einen Vermissten haben oder wenn ein Entfüh­rungsopfer bekannt ist, dass wir die Möglichkeit haben, durch Telefonstandortdaten festzustellen, wo sich diese Menschen befinden, deren Leben oder Gesundheit durch unmittelbare Gefahr bedroht ist. (Abg. Rosenkranz: Gibt es ja längst!) Deshalb ist es wichtig, dass wir diese Möglichkeit haben.

Keine Angst vor Missbrauch, geschätzte Damen und Herren: Es handelt sich hiebei um einen kleinen, eingeschränkten, klar definierten Personenkreis.

Zum Zweiten werden ja nicht Gesprächsinhalte mitgeteilt, sondern nur die Stand­ortdaten.

Und zum Dritten ist ja wieder der Rechtsschutzbeauftragte mit eingebunden. Herr Abgeordneter Parnigoni hat ja schon gesagt, dass es sehr wichtig ist, dass wir dieses Instrument des Rechtsschutzbeauftragten haben. Da sind wir auch wieder innerhalb der Europäischen Union Vorbild, was den Rechtsschutz betrifft. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zum Schluss möchte ich Folgendes sagen: Es wird in der Debatte immer wieder gesagt, dass man der Exekutive neue Befugnisse gibt. – Meine Damen und Herren, die Technologie entwickelt sich doch weiter, und deshalb ist es natürlich notwendig, dass wir der Exekutive die entsprechenden Befugnisse geben, mit allen Kriterien, richterliche Beauftragung, Rechtsschutzbeauftragte, wie unser System gut funktioniert. Würden wir das nicht tun, dann könnten wir nicht Schritt halten, auch nicht mit dem Verbrechen, und das können wir selbstverständlich nicht tun.

Wir müssen darauf achten, dass der Opferschutz mehr zählt als der Täterschutz! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

23.25


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rosen­kranz. Die Restredezeit der Fraktion beträgt 9 Minuten. 5 Minuten stelle ich Ihnen ein, Frau Abgeordnete. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


23.25.56

Abgeordnete Barbara Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Herr Innenminister! Hohes Haus! Jetzt müssen Sie schon ein bisschen nachsitzen, denn diese Materie hätte sich wirklich eine Behandlung im Ausschuss verdient. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich muss bestätigen – der Wahrheit ist die Ehre zu geben –, es hat einen gemein­samen Termin für den 21. November gegeben, die Oppositionsparteien hätten ihn eingehalten, aber Sie haben ihn platzen lassen.

Dazu kommt noch, dass die Abänderung jetzt irgendwann gekommen ist. Aber da geht es schon um etwas, das ist ja kein Gesetz, das man so nebenbei am Schluss einer


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 342

Tagesordnung von drei Tagen durchpeitschen kann! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Dr. Pirklhuber: Undemokratisch ist das!) Da geht es um die ganz heikle Abwägung zwischen notwendigen Sicherheitsmaßnahmen und dem Respekt vor Grund-, Bürger- und Freiheitsrechten. Das ist uns Freiheitlichen schon sehr, sehr wichtig. (Abg. Hor­nek: Das ist aber neu!)

Die Ausgewogenheit zwischen diesen beiden Dingen ist oft nicht so leicht zu erreichen, aber Sie, Herr Innenminister, reden – es war ganz klar, dass das kommen wird – von den notwendigen technischen Neuerungen und den Befugnissen. (Zwischenruf des Abg. Murauer.) Schon, aber verpacken Sie bitte nicht unter diesem Vorwand ganz andere Dinge mit hinein! Das passiert hier aber – ich komme noch kurz darauf zu sprechen.

Herr Klubobmann Westenthaler – jetzt ist der husch weg (Abg. Ing. Westenthaler: Nein! Hier! Ich bin eh da!) –, genau das ist immer schon das Problem gewesen, als Sie auch noch in unserer Partei waren (Abg. Öllinger: Also doch eine gemeinsame Partei!): Sie haben keine Ahnung davon, wie man in unserem Lager denkt!

Wir Freiheitlichen sind die Erben der Bewegung von 1848. (Beifall bei der FPÖ.) Wir fühlen uns als die, die darauf achten müssen, dass die Rechte, die damals mit viel Blut erkämpft wurden, bleiben. – Und so sicher ist das nicht.

Heute lese ich zum Beispiel zu meinem tatsächlich beinahe Erschrecken, dass Frattini diesen unheimlich dummen Satz: Wer nichts zu verbergen hat, der kann da ruhig allem zustimmen!, tatsächlich gesagt hat. – Das wäre ein typischer Westenthaler-Satz.

Das ist ja überhaupt nicht die Haltung eines selbstbewussten demokratischen Bürgers! Das heißt doch, ich gebe sozusagen einen Blanko-Scheck gegenüber jeder Obrigkeit in aller Zukunft. Was ist denn das? Das ist überhaupt nicht der Satz, sondern der Bürger muss ganz klar darauf achten, dass die Befugnisse der Obrigkeit ihm gegen­über eingeschränkt sind.

Ich weiß, Sie sind nicht die, die diese Denkweise verstehen. Wir halten daran aber fest (Beifall bei der FPÖ) und werden uns auch dagegen wehren, dass das alles jetzt so einfach relativiert wird.

Zudem sind wir auch der Meinung, dass man auch ein bisschen analysieren soll, bevor man eine Maßnahme vorschlägt.

Herr Innenminister, die Kriminalität ist gestiegen, und zwar eklatant in den letzten 15 Jahren. Sie rufen ja nach mehr Befugnis für die Polizei, aber warum eigentlich? – Schon Ihre Vorgänger – der Begriff ist damals von Strasser geprägt worden – haben festgestellt – als Innenminister muss man ja manchmal der Realität Rechnung tra­gen –, dass es sich um eine „importierte Kriminalität“ handelt.

Welchen Sinn soll denn das ergeben? – Ich stelle fest, die organisierte Kriminalität aus dem zusammengebrochenen Ostblock überrennt uns, man öffnet aber weiter Grenzen, läßt die alle unkontrolliert herein und fängt an, die österreichischen Staatsbürger bes­ser zu überwachen. – Das ist sicher nicht der Weg, den wir gehen wollen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ein starker Staat nach außen, der sein Land unter Kontrolle hat und weiß, wer sich hier aufhält, und eine liberale, großzügige Gebarung nach innen – das ist das, was wir uns vorstellen, nicht aber, die Grenzen auf und polizeistaatliche Methoden im Inneren gegen die eigenen Bürger.

Was diese beiden Maßnahmen betrifft: Die Sache mit dem Mobilfunkbereich ist sehr wohl so, Sie wissen es. Das ist im Begutachtungsverfahren auch ganz deutlich aufge­zeigt worden.

Diese neue technische Methode eignet sich wenig zur Standort-


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bestimmung, sie ist sehr gut dazu geeignet, die Telefongespräche auch abzuhören. Das ist so; das hat der Verfassungsdienst so festgestellt, das sagen Techniker – Sie wissen, dass es so ist. Deshalb können wir auch diesen Punkten nicht unsere Zustim­mung geben, ebenso wenig dem Paragraphen 53a, in dem über die Ver­arbeitung von Daten gesprochen wird, die unserer Meinung nach viel zu weitgehend ist. Wir haben – unser Klubobmann hat es schon angekündigt – getrennte Abstimmung verlangt, weil wir vor allem dem Punkt bezüglich Sexualstraftäterdatei zustimmen werden.

Zum Schluss und abschließend: Wir sehen uns als diejenigen – und das finden nicht wir allein, auch andere sensible Leute haben da mittlerweile Bedenken –, die mit Ärger und mit zunehmender Sorge sehen, wie die Bürger- und Freiheitsrechte unter jeweils einem anderen Vorwand eingeschränkt werden, und wir sehen uns aber auch als die Erben dieser Freiheitsbewegung.

Wir werden mit aller Entschiedenheit darauf hinweisen und dagegen ankämpfen, dass der Überwachungsstaat immer weiter ausgebaut wird. Für uns ist die Jahreszahl 1848 bestimmend – und nicht 1984. (Beifall bei der FPÖ.)

23.31


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Freund zu Wort. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Kollege.

 


23.31.32

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Die Fußball-Europameisterschaft im kommenden Jahr stellt zweifelsohne eine große Herausforderung für unsere Sicherheitsexekutive dar. Unsere Pflicht als Gesetzgeber ist es, den Exekutivbeamten ihre Arbeit soweit wie möglich zu erleichtern, um erfolgreich zu gestalten, indem wir ihnen durch ent­sprechende Gesetze die notwendigen Instrumente in die Hand geben – Instrumente, die einen reibungslosen Verlauf von Fußballveranstaltungen sicherstellen sollen, beziehungsweise Instrumente, die das Eingreifen in Notfällen erleichtern. (Beifall bei der ÖVP.)

Herrn Bundesminister Platter kann man ruhig schon jetzt dafür danken, dass er sich so vorsorglich um einen Erfahrungsaustausch und um die Zusammenarbeit mit unseren Nachbarländern bemüht hat. (Abg. Neugebauer: Sehr vorausschauend!)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Das Sicherheitspolizeigesetz beinhaltet die ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung für die Verwendung von personen­bezo­genen Daten durch die Sicherheitsbehörden, allerdings ausschließlich für Zwecke der Vorbeugung, Verhinderung oder Verfolgung von Straftaten. Hier wird also ein Grau­bereich endlich rechtlich abgesichert.

Die Überwachung von Handys wird auch in Zukunft nur mit richterlichem Beschluss möglich sein. Ich weiß, dass es an dieser Neuregelung Kritik aufgrund datenschutz­rechtlicher Bedenken gibt. Dazu kann ich sagen: Der Datenschutzrat hat sich drei Mal intensiv mit diesem Thema beschäftigt, und es wurde mehrheitlich für gut befunden, vor allem auch deshalb, weil die Einrichtung eines Rechtsschutzbeauftragten in das Gesetz aufgenommen wurde.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren, diese Gesetzesnovelle – das ist mir sehr wichtig –, ist sinnvoll zur Vorbeugung, Verhinderung beziehungsweise Verfolgung von Straftaten. Bei einer Großveranstaltung wie der EURO 2008 ist eine erhöhte Aufmerk­samkeit der Exekutive notwendig, und mit diesem Gesetz können wir dem Rechnung tragen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

23.33



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 344

Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mayer­hofer. 3 Minuten Restredezeit für Ihre Fraktion. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Dr. Mit­terlehner.)

 


23.34.12

Abgeordneter Leopold Mayerhofer (FPÖ): Sei nicht vorlaut, Herr Kollege, sondern höre zu, denn du verstehst von der Sicherheit sehr wenig, Herr Mitterlehner! Du fällst schon auf.

Selbstverständlich werden wir diesen Maßnahmen, dieser Adaptierung des Sicher­heits­polizeigesetzes zustimmen, und ich fasse wie folgt zusammen – aufgrund der knappen Zeit –:

Viele Polizisten vertrauen Ihnen nicht mehr. Ich sage Ihnen, es ist anders, als Sie glauben beziehungsweise es Ihnen erzählt wird. Sie vergessen, dass während der EURO auch das Tagesgeschäft erledigt werden muss, sonst könnten Sie nicht sagen, dass 27 000 Polizisten in den Stadien sitzen; so hat das die Bevölkerung verstanden, und so haben Sie das auch rüberbringen wollen. Das ist schlicht und ergreifend nicht die Wahrheit!

Wir haben zu wenig Gerät, wir haben geliehenes Gerät, verschwitzte Helme irgendwo aus dem Ausland her, et cetera, und das wird alles zu wenig sein. Ich bringe dazu nur einen kleinen Vergleich aus Berlin: Bei der WM 2006 in Deutschland wurde ursprünglich der Spreebogenpark gegenüber dem Berliner Hauptbahnhof als Standort für die Fan-Meile vorgesehen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Wenn Sie ein bisschen aufpassen, wissen auch Sie, wovon Sie sprechen! – Die Kapazität war etwa für 25 000 Personen ausgelegt. Aufgrund von Sicherheitsbedenken nahm der Senat von diesem Vorhaben Abstand, und man wählte die Straße des 17. Juni als Schauplatz. Man erwartete bis zu 100 000 Personen. Fazit: In Wirklichkeit waren dann 750 000 dort.

Also wie wir das mit ein paar tausend Polizisten in Österreich bewältigen sollen, weiß niemand – Sie wahrscheinlich auch nicht. Sie hoffen, dass nichts passiert. Ich sage Ihnen nur eines: dass Sie als Minister eine Fürsorgepflicht haben. Die Polizis­ten/Polizistinnen sind auch Familienväter/-mütter, sie haben Verantwortung für ihre Familien. (Beifall bei der FPÖ.) Sie als Angehörige der Familienpartei vernachlässigen die Belange der Polizei auf das Gröblichste, wie das schon lange nicht der Fall war. (Beifall bei der FPÖ.)

23.36


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


23.36.24

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Die Sexualstraftäterdatei ist im Regierungsübereinkommen festgeschrieben und kommt jetzt. In Absprache mit Einrichtungen, die auch Opfer betreuen, sind parallel dazu jetzt Opferdateien festgeschrieben, welche nach einem Jahr gelöscht werden und welche bei Wegweisungen wirksam werden, aber auch bei Sexualstraftaten.

Nicht im Regierungsübereinkommen festgeschrieben war die Einrichtung bundesweiter Schutzzonen. In der 29. Ministerratssitzung wurde in Bezug auf die Einrichtung der bundesweiten Schutzzonen in einer Protokollanmerkung darüber befunden, dass man möglichst bis zum Ausschuss zu einer gemeinsamen Lösung kommen soll. Eine Lösung ist jetzt nicht in Sicht, aber festgeschrieben mit einer Frist von einem halben Jahr maximal, festgeschrieben in sieben Punkten.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 345

Der Herr Bundesminister – dafür bedanke ich mich – hat auch zugesagt, verstärkte Polizeipräsenz vor Kliniken, die Abtreibungen durchführen, im Rahmen der gesetz­lichen Möglichkeiten vorzusehen. Wir werden verfassungsrechtlich klären, wie es mit der Rede- und Versammlungsfreiheit genau aussieht. Der Bundesminister hat auch zugesagt, bis Ende Mai genügend Daten und Fakten zu sammeln, damit wir über die Lage der belästigten Frauen vor diesen Kliniken Bescheid wissen. Dann werden wir – bis spätestens Ende Juni – zu einer Lösung kommen. Ich bin davon überzeugt, dass auch die ÖVP-Frauen, nicht nur die grünen Frauen, auch die SPÖ-Frauen – von den anderen weiß ich es nicht – hier an einer gemeinsamen Lösung interessiert sind, sodass wir das gemeinsam auch schaffen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

23.38


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Haub­ner. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Kollege.

 


23.38.08

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Die Fußball-EURO steht vor der Tür, und wir haben sicherheitstechnisch bereits drei Volltreffer gelandet.

1 : 0: Durch dieses Gesetz – durch die Gefährderansprache – werden wir weniger Gewalt bei der Fußball-EURO haben, weil wir damit dieser Gewalt vorbeugen. Das bedeutet mehr Freude beim Besuch der Spiele für die Fans, die Gäste und die Familien. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

2 : 0: Die Kooperationen auf internationaler Ebene stehen vor dem Abschluss. Mit dem Mitveranstalter Schweiz ist alles klar. Die Deutschen sind auch bereits bestens in unsere Kooperation eingebunden; die internationalen Experten stellen uns bestes Zeugnis aus. Das bedeutet, den Spaß am Sport sicher erleben zu können. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

3 : 0: Unsere Exekutive ist bestens vorbereitet; davon konnten wir uns ganz aktuell in Salzburg bei einer großen Evakuierung – innerhalb von drei Minuten wurde das Stadion mit 10 000 Zuschauern evakuiert – ein Bild machen.

1 : 0 Platter, 2 : 0 Platter, 3 : 0 Platter – ein klassischer Hattrick, meine Damen und Herren! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

Wenn Josef Hickersberger mit seinem Team ebenso gut vorbereitet ist wie Günther Platter mit der Exekutive, dann werden wir sicher Europameister! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

23.39


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Stadl­bauer. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


23.39.44

Abgeordnete Bettina Stadlbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Ich begrüße die politische Vereinbarung mit der ÖVP bezüglich der Schutzzonen. Ich begrüße die Annäherung der ÖVP an dieses Thema und dass sie sich diese Proble­matik bewusst macht; allerdings ist meiner Überzeugung nach die vorliegende Vereinbarung nur ein erster Schritt. Ich bin überzeugt davon, dass mehr notwendig ist.

Aus medizinischen Gründen notwendig ist es, dass wir Frauen einen ungehinderten Zugang zu Kliniken und Ärzten/Ärztinnen ermöglichen. Es gibt eine Studie, die besagt, dass die gesundheitlichen Schäden enorm sind, wenn die Frauen dem Psychoterror ausgeliefert sind – psychisch ohnehin –, und es werden dann auch mehr Medikamente für den Eingriff benötigt.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 346

Das ist demokratiepolitisch wichtig und notwendig, weil Frauen in dieser Situation nicht die Stärksten sind. Sie sind in einer Ausnahmesituation, und sie stehen wahrscheinlich vor dem schwersten Schritt ihres Lebens. Unsere Aufgabe ist es, sie vor Belästigung zu schützen. Es ist einfach unzumutbar, was da passiert. Eine starke Demokratie erkennt man daran, wie sie mit den Schwachen umgeht und wie sie sie schützt.

Es geht nicht um eine Beschränkung der Meinungsfreiheit. Natürlich sind wir dafür, dass Pro und Contra betreffend Abtreibung diskutiert werden, und ich denke, dass die Veranstaltungen und Demonstrationen von Abtreibungsgegnern überall stattfinden können, aber nicht dort, wo die betroffenen Frauen sind. Wir müssen das Recht auf Entscheidungsfreiheit dieser Frauen einfach akzeptieren.

Herr Bundesminister Platter, ich begrüße es, dass es jetzt zu einer Vereinbarung gekommen ist. Die ÖVP will sich jetzt ein Bild von der Situation machen; ich kann das verstehen, Sie haben sich noch nicht so intensiv damit beschäftigt. Ich bin aber überzeugt davon: Wenn Sie sich dieses Bild gemacht haben, wenn Sie dieses Bild in Ihrem Kopf fertig haben, dann werden auch Sie den Handlungsbedarf erkennen, dann werden auch Sie erkennen, dass dieser Psychoterror eine Form von Gewalt ist, die es zu verhindern gilt. Dann wird es ein echtes Gesetz sein – wir werden die Frauen nicht im Regen stehen lassen –, im Sinne der Betroffenen ein Gesetz, auf das sie sich auch verlassen können. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

23.42


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Kapeller. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Kollege.

 


23.42.08

Abgeordneter Ing. Norbert Kapeller (ÖVP): Herr Klubobmann Strache! Frau Kollegin Rosenkranz! Vor allem lieber Polizeikollege Leopold Mayerhofer! Meine Anmerkungen sind leider Gottes eine reine tatsächliche Berichtigung, denn es wurde von Ihnen allen so viel Unwahres gesprochen, und zwar sowohl zum eigentlichen Thema als auch zur Euro 2008. Sie von der FPÖ sind als Sicherheitspartei wahrlich gescheitert. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Strache: Die Exekutivbeamten werden sich bei Ihnen bedanken!)

Herr Strache, Sie haben gesagt, für die Euro 2008 stehen 4 600 Beamte zur Verfü­gung. (Abg. Strache: Für die Fan-Betreuung!) – Wahr ist, dass bei der Euro 2008 alle meiner 27 000 Kolleginnen und Kollegen im Dienst sein werden (Abg. Strache: Fan-Betreuung! Sie haben nicht zugehört!) und für die Sicherheit bei der EURO, für die Sicherheit im täglichen Geschäft und für die Sicherheit der Fans sorgen werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Sie haben gesagt, die Ausrüstung sei nicht gut, vieles sei eigentlich reparaturbedürftig, es solle Nachbeschaffungen geben. – Wahr ist, es gibt beste neue Uniformen, es gibt beste neue Fahrzeuge: auf Initiative unseres Sicherheitsministers. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Sie haben gesagt, Prämien sollen im Vorhinein ausgeschüttet werden. – Ich sage Ihnen, Herr Klubobmann Strache: Dank eines Fritz Neugebauer, dank eines Vize­kanzlers Willi Molterer erhalten die Beamten, meine Kolleginnen und Kollegen 2,7 Prozent mehr; auch die Einmalzahlung gilt für alle, die in diesem Segment für die Sicherheit – auch für Ihre – Sorge tragen. (Beifall bei der ÖVP.)

Besonders freut mich, dass auch Ihre Partei einem Punkt doch zustimmt, der notwendig ist, damit die EURO 2008 auch sicher ablaufen kann, nämlich der Erweiterung des Gesetzes um die Gefährderansprache. Wir sind sogar dankbar dafür, dass Sie zustimmen, somit werden in Zukunft Großveranstaltungen für Fans und Besucher friedlich und auch sicher ablaufen können. Sie kennen die Einteilung in die


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 347

Fangruppen A, B und C, und für die Fangruppe C müssen besondere Vorkehrungen getroffen werden.

Herr Strache, verunsichern Sie doch nicht ständig sich selbst und auch nicht die Öster­reicherinnen und Österreicher – überlassen Sie das doch den Grünen! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)

23.44


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Klubobmann Strache zu Wort gemeldet. – Herr Abgeordneter, Sie kennen die GO-Bestimmungen.

 


23.44.38

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Herr Kollege Kapeller hat unwahr behauptet, ich hätte gesagt, dass 4 600 Beamte insgesamt im Einsatz sein werden. – Das ist unrichtig!

Richtig ist, dass ich gesagt habe, das 4 600 Beamte für den Bereich Fan-Betreuung abgestellt werden, und das sind im internationalen Vergleich eindeutig um über 1 300 Beamte zu wenig.

Das wollte ich richtigstellen. (Beifall bei der FPÖ.)

23.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Hakl. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


23.45.12

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Lustig ist es schon, heute kommt es mir so vor wie einmal Kasperltheater mit verdrehten Rollen. Herr Strache fürchtet sich vor den Kriminellen. Anstatt ihnen einmal ein bisserl Einhalt gebieten zu wollen, damit auch wir Frauen uns nicht fürchten bei der EM – wir tun das im Unterschied zu Ihnen nicht –, haben Sie heute Ihren milden Tag erfunden. Aber das ist ja ganz nett. Ich gehe einmal davon aus, dass die Öster­reiche­rinnen und Österreicher mit einer gut funktionierenden Polizei und dem entsprechen­den Rüstzeug aus dieser Europameisterschaft ein großes Fest machen werden, und ich glaube, jeder Einzelne von uns hat auch einen Beitrag dazu zu leisten. Ich freue mich drauf.

Herr Abgeordneter Pilz, ich würde Ihnen eines empfehlen und Sie darum ersuchen: Nicht alles, was im Chat auf „futurezone.orf.at“ am Nachmittag geschrieben wurde, ist ohne Fehl. In diesem Gesetz – ich möchte das noch einmal ganz ausdrücklich betonen – wird keinesfalls ein Zugriff auf irgendwelche Internet-Chatdaten, auf irgendwelche E-Mails oder deren Inhalte in irgendeiner Form, Art oder Weise gewährt.

Für den gesamten Anwendungsbereich des Sicherheitspolizeigesetzes galt schon im­mer, dass die Stammdaten – das heißt Name, Anschrift eines Teilnehmers – weiter­gegeben werden; zunächst einmal über Telefon und – irgendwann hat es halt auch Internet gegeben – dann auch über Internet, und dazu zählt auch die IP-Adresse, und natürlich völlig ohne Inhalt. Jetzt stellen Sie sich einmal folgende Situation vor: Sie sitzen mit Ihren Kindern zu Hause, Ihr Kind sagt Ihnen, da ist ein Mitschüler von mir – ich weiß nicht, wo er ist –, der da jetzt seinen Selbstmord ankündigt. Wenn das am Telefon passiert, dann schicken Sie einen Polizisten zu der Wohnung hin. Wenn das im Internet passiert und Sie nicht wissen, vor welchem Computer dieses Kind sitzt – wie soll dann die Polizei an diesen Ort kommen können? – Genau dafür brauchen wir diese Vorschriften. (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 348

Weil das aber auch sensible Daten sind und es nicht um die Inhalte geht – ich wiederhole das noch einmal –, haben wir hier im Vergleich zum Ist-Zustand dieses Gesetzes den Anwendungsbereich auch weiter eingeschränkt: Nicht mehr – wie bisher – der gesamte Anwendungsbereich des Sicherheitspolizeigesetzes rechtfertigt den Zugriff auf diese Daten, sondern nur dann, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme einer konkreten Gefahrensituation rechtfertigen und man diese Daten als wesentliche Voraussetzung für die Erfüllung der Pflichten braucht.

Ich glaube, dass das eine sehr angemessene Anwendungsart ist, dass damit die Forderungen des Datenschutzrates mehr als nur erfüllt sind und dass dies ein gutes Gesetz ist, das der Polizei die Möglichkeiten gibt, die sie braucht, und die wirklich berechtigte Sorge der Bürger vor Schnüffelei absolut nicht zutreffen lässt.

Im Übrigen hoffe auch ich, Herr Ausschussvorsitzender Parnigoni, dass wir in Zukunft Ausschusstermine für sämtliche Angelegenheiten festsetzen können, und ich denke, dass derartige Aufregungen dann gar nicht mehr nötig sind. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

23.48


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Neuerlich zu Wort gemeldet hat sich Herr Klubobmann Strache. Herr Klubobmann, Sie haben 1 Minute Restredezeit. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler  in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Strache –: Nicht Luft holen!)

 


23.49.02

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Herr Westenthaler, ich fürchte mich nicht vor der Europameisterschaft, ich freue mich auf die Europameisterschaft, aber ich fürchte mich vor Ihrer Sicherheitspolitik. (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.) Da müssen sich die Österreicher fürchten. Ich würde auch verstehen, wenn sich immer mehr Österreicher davor fürchten würden, mit Ihnen zufällig in irgendeinem Gasthaus zusammenzutreffen, denn was da passieren kann, wissen wir auch. (Beifall bei der FPÖ.)

Dass Sie, Herr Westenthaler, der Schildknappe der ÖVP sind – zuerst haben Sie den Schildknappen vom Haider gespielt, dann den vom Khol, dann von Schüssel und jetzt von Platter –, das sei Ihnen unbenommen, aber wenn Sie von einem „Schwanz­vergleich“ sprechen, dann möchte ich Sie bitten, behalten Sie das bei sich, das hat hier nichts verloren, und wir sind auch nicht neugierig darauf. Das wollte ich nur festhalten, denn ich glaube, mit Ihren Vergleichen, die immer so unglaublich tief sind, wollen die Menschen in unserem Land wenig zu tun haben.

Ich sage Ihnen auch: Wenn Sie während der Fußball-Europameisterschaft beim VIP-Buffet sitzen – so richtig beim fetten Buffet, schön auf warmen Sesseln –, dann glaube ich schon, dass Ihnen das gefallen wird. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glocken­zeichen.)

Die Bürger haben aber ein Recht darauf, vor den Menschen beschützt zu werden, die diese Fußball-Europameisterschaft leider Gottes gewalttätig missbrauchen wollen. Vor diesen wollen wir die Menschen, aber auch die Polizisten mit Ausrüstung beschützen.

23.50

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Obmann wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 349

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den in der Regierungsvorlage 272 der Beilagen enthaltenen Gesetzentwurf.

Hiezu haben die Abgeordnete Kößl, Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Rosenkranz vor.

Ich werde zunächst über die vom Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag sowie vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Artikel 1 Z. 16 in der Fassung der Regierungsvorlage unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeord­neten Kößl, Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungs­vorlage unter Berücksichtigung des Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrages der Abgeordneten Kößl, Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den in der Regierungsvorlage 158 der Beilagen enthaltenen Gesetzentwurf.

Hiezu haben die Abgeordneten Kößl, Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen einen Abän­derungsantrag eingebracht.

Da nur dieser eine Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage unter Berücksichtigung des eben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Kößl, Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahen­des Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 350

23.53.16Einlauf

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 526/A bis 546/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 2597/J bis 2639/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 23.53 Uhr ein; das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung.

Diese Sitzung ist geschlossen.

23.53.49Schluss der Sitzung: 23.53 Uhr

 

 

 

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