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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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45. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXIV. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 18. November 2009

 

 


Stenographisches Protokoll

45. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIV. Gesetzgebungsperiode     Mittwoch, 18. November 2009

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 18. November 2009: 9.06 –23.44 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Wahl einer Schriftführerin/eines Schriftführers

2. Punkt: Bericht über das Volksbegehren „Stopp dem Postraub“

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Postmarktgesetz erlassen und das KommAustria-Gesetz geändert wird

4. Punkt: Bericht über den Antrag 60/A(E) der Abgeordneten Josef Bucher, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend qualitativ hochwertige flächendeckende Versorgung mit Postdienstleistungen

5. Punkt: Bericht über den Antrag 66/A(E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kol­leginnen und Kollegen betreffend umgehende Ausarbeitung eines Postmarktgesetzes

6. Punkt: Bericht über den Antrag 68/A(E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Ja zur flächendeckenden Versorgung der Bevölke­rung mit Post-Dienstleistungen – Nein zu weiteren Postamts-Zusperrkonzerten – um­gehende, umfassende Verschärfung der Post-Universaldienstverordnung

7. Punkt: Bericht über den Antrag 332/A(E) der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend eine qualitativ hochwertige, flächendeckende und all­gemein erschwingliche Versorgung mit Postdienstleistungen

8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Patentgesetz 1970, das Patentverträge-Einfüh­rungsgesetz, das Gebrauchsmustergesetz, das Markenschutzgesetz 1970, das Patent­anwaltsgesetz und das Patentamtsgebührengesetz geändert werden

9. Punkt: Bericht über den Antrag 837/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brun­ner, Petra Bayr, Ing. Hermann Schultes, Carmen Gartelgruber, Ing. Robert Lugar, Kol­leginnen und Kollegen betreffend: Atomenergie darf keine Klimaschutzmaßnahme sein

10. Punkt: Bericht über den Antrag 817/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brun­ner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verhandlungsposition der Bundesregierung bei der Klimaschutzkonferenz in Kopenhagen

11. Punkt: Bericht über den Antrag 765/A(E) der Abgeordneten Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Kostenübernahme von Katastrophenschutz­übungen bei AKW-Betreibern


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12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Bundes­gesetz über den Umweltsenat geändert werden (USG-Novelle 2009)

13. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Umweltinformationsgesetz geändert wird

14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz geän­dert wird (GuKG-Novelle 2009)

15. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kur­anstalten geändert wird

16. Punkt: Bericht über den Antrag 193/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erstellung einer Studie über ein Case Manage­ment an Österreichs Krankenhäusern und Rehabilitationsanstalten

17. Punkt: Bericht über den Antrag 184/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Bela­kowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wiedereinführung der finan­ziellen Zuwendungen für die Erfüllung des Mutter-Kind-Passes und verpflichtende ärzt­liche Vorschuluntersuchungen

18. Punkt: Bericht über den Antrag 174/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belako­witsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausweitung der Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen bis zum 10. Lebensjahr

19. Punkt: Bericht über den Antrag 612/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Übernahme der Kosten der vorgeburtlichen Unter­suchungen des „combined-Tests“ im Rahmen des Mutter-Kind-Passes

20. Punkt: Bericht über den Antrag 361/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belako­witsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung klarer Strukturen für die Pränataldiagnostik

21. Punkt: Bericht über den Antrag 385/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aktionsplan für gesunde Ernährung und Bewegung

22. Punkt: Bericht über den Antrag 631/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Schulgesundheitsprogramm

23. Punkt: Bericht über den Antrag 538/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend österreichweite Arzneimittel-Hotline für Blinde

24. Punkt: Bericht über den Antrag 638/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verstärkung der Kontrollen gemäß „Bundesgesetz über den Transport von Tieren und damit zusammenhängenden Vorgängen“ und Erhö­hung des Strafausmaßes für illegale Transporte

25. Punkt: Bericht über den Antrag 839/A(E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Gabriele Tamandl, Wolfgang Zanger, Sigisbert Dolinschek, Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Kennzeichnung von Lebensmitteln, über den

Antrag 137/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kennzeichnungspflicht für verarbeitete Eier, über den

Antrag 698/A(E) der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Lebensmittelkennzeichnungspflicht in der Gastronomie, über den

Antrag 613/A(E) der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen betref­fend eindeutige Kennzeichnung von Speiseeisersatzstoffen, über den

Antrag 614/A(E) der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen betref­fend eindeutige Kennzeichnung von Kunstkäse, über den


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Antrag 697/A(E) der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen be­treffend eindeutige Kennzeichnung von Schinkenimitaten und über den

Antrag 718/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Reform der Gütezeichenverordnung

26. Punkt: Bericht über den Antrag 367/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine konsequente Herkunftskenn­zeichnung bei Lebensmitteln

27. Punkt: Bericht über den Antrag 706/A(E) der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Verbot der Herstellung und des Verkaufs von „Schummelschinken“

28. Punkt: Bericht über den Antrag 653/A(E) der Abgeordneten Harald Jannach, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Überprüfung der Vielzahl der Gütezeichen und einer Reduktion auf für Konsumenten überschaubare Güte- und Qualitätszeichen

29. Punkt: Bericht über den Antrag 231/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kennzeichnung von Fleisch mit dem A-Stempel

30. Punkt: Bericht über den Antrag 723/A(E) der Abgeordneten Gabriele Tamandl, Mag. Johann Maier, Sigisbert Dolinschek, Wolfgang Zanger, Mag. Birgit Schatz, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Verbot der Benutzung von UV-Bestrahlungsgeräten durch Kinder und Jugendliche in Solarien (Sonnenstudios)

31. Punkt: Bericht über den Antrag 582/A(E) der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend allumfassendes Konsumentenschutzpaket

32. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kol­legen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pensionskassengesetz geändert wird (709/A)

33. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Alois Gradauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 16. Juni 1948 über den Rechnungshof (Rechnungshofgesetz – R.H.G. – 1948), BGBl. Nr. 144/1948, geändert wird (734/A)

34. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kol­legen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsord­nung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) und die Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (Anlage zum Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates) geändert werden (836/A)

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Inhalt

Nationalrat

1. Punkt: Wahl einer Schriftführerin/eines Schriftführers .............................................. 50

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 23

Ordnungsruf ................................................................................................................... 34


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Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen, dem Familienausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 598/A(E) der Abgeord­neten Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend bundeseinheitli­ches Grundsatzgesetz für Kinderbetreuung gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäfts­ordnung eine Frist bis 28. Jänner 2010 zu setzen ......................................................... 49

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kur­zen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................................... 49

Redner/RednerInnen:

Mag. Daniela Musiol ................................................................................................... 180

Gabriele Binder-Maier ............................................................................................... 182

Ridi Maria Steibl ......................................................................................................... 184

Edith Mühlberghuber ................................................................................................. 185

Ursula Haubner ....................................................................................................... ... 185

Dr. Harald Walser .................................................................................................... ... 187

Ablehnung des Fristsetzungsantrages ........................................................................ 188

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 49

Antrag der Abgeordneten Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen, die Regierungsvorlage über ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsge­setz und das Bundesgesetz über den Umweltsenat geändert werden (USG-No­velle 2009), 395 d.B., in der Fassung des Ausschussberichtes 423 d.B., gemäß § 53 Abs. 6 der Geschäftsordnung an den Umweltausschuss rückzuverweisen – Ablehnung      188, 192

Verlesung der vorgesehenen Fassung eines Teiles des Amtlichen Protokolls die­ser Sitzung durch Präsidenten Fritz Neugebauer .................................................................................. 284

Genehmigung des verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls ............................... 284

Aktuelle Stunde (10.)

Thema: „Österreich – Europas Schlusslicht beim Klimaschutz: Dringender Handlungsbedarf der Bundesregierung vor dem Kopenhagen-Gipfel“ ................................................... 23

Redner/Rednerinnen:

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .............................................................................. ..... 23

Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................ ..... 26

Petra Bayr ................................................................................................................ ..... 29

Ing. Hermann Schultes ........................................................................................... ..... 31

Ing. Norbert Hofer ................................................................................................... ..... 33

Ing. Robert Lugar ......................................................................................................... 34

Mag. Christiane Brunner ............................................................................................. 36

Mag. Josef Auer ...................................................................................................... ..... 37

Peter Mayer ............................................................................................................. ..... 39

Werner Neubauer .................................................................................................... ..... 40

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................ ..... 42

Mag. Judith Schwentner ........................................................................................ ..... 43

Gerhard Huber ........................................................................................................ ..... 45

Ausschüsse

Zuweisungen .........................................................................  47, 224, 233, 277, 281, 283


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Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend das völlige Versagen Faymanns in der aktuellen EU-Politik (3733/J) ................................. 132

Begründung: Heinz-Christian Strache ....................................................................... 135

Bundeskanzler Werner Faymann ............................................................................. 141

Debatte:

Dr. Johannes Hübner ............................................................................................. ... 144

Dr. Josef Cap ........................................................................................................... ... 147

Karlheinz Kopf ........................................................................................................ ... 150

Josef Bucher ........................................................................................................... ... 152

Dr. Alexander Van der Bellen ................................................................................ ... 154

Anneliese Kitzmüller .............................................................................................. ... 157

Mag. Christine Muttonen ....................................................................................... ... 159

Dr. Wolfgang Schüssel .......................................................................................... ... 161

Herbert Scheibner .................................................................................................. ... 163

Mag. Judith Schwentner ........................................................................................ ... 165

Dr. Gerhard Kurzmann .......................................................................................... ... 167

Mag. Gisela Wurm .................................................................................................. ... 169

Mag. Ewald Stadler ................................................................................................. ... 171

Dr. Kurt Grünewald ................................................................................................ ... 174

Hannes Weninger ................................................................................................... ... 175

Stefan Petzner ......................................................................................................... ... 177

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................ ... 178

Entschließungsantrag der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wiedergutmachung für Opfer der tschechischen Vertrei­bungsverbrechen und Beseitigung der Beneš-Dekrete – Ablehnung ...........................................................................................  159, 179

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen betreffend öffentliche Ausschreibung für die Besetzung des öster­reichischen Mitgliedes der Europäischen Kommission – Ablehnung ............................................................................................................  169, 180

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend rasche Einführung einer EU-weiten Spekulationssteuer – Ableh­nung ............................  173, 180

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über das Volksbegehren (343 d.B.) „Stopp dem Postraub“ (458 d.B.) ........................................................................................................................ 50

3. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (319 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Postmarktgesetz erlassen und das KommAustria-Ge­setz geändert wird (459 d.B.)                50

4. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 60/A(E) der Abge­ordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend qualitativ hochwer­tige flächendeckende Versorgung mit Postdienstleistungen (460 d.B.) ..................................................................................... 50

5. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 66/A(E) der Abge­ordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend umgehende Ausarbeitung eines Postmarktgesetzes (461 d.B.)     ............................................................................................................................... 50


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6. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 68/A(E) der Abge­ordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ja zur flä­chendeckenden Versorgung der Bevölkerung mit Post-Dienstleistungen – Nein zu weiteren Postamts-Zusperrkonzerten – umgehende, umfassende Verschär­fung der Post-Universaldienstverordnung (462 d.B.) ............................................................. 50

7. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 332/A(E) der Abge­ordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine qualitativ hochwertige, flächendeckende und allgemein erschwingliche Versorgung mit Postdienstleistungen (463 d.B.) .................................. 51

Redner/Rednerinnen:

Heinz-Christian Strache .............................................................................................. 51

Anton Heinzl ............................................................................................................ ..... 53

Christoph Hagen ..................................................................................................... ..... 55

Dr. Ferdinand Maier ................................................................................................ ..... 58

Dr. Gabriela Moser ................................................................................................. ..... 59

Bundesministerin Doris Bures ............................................................................. ..... 62

Harald Vilimsky ....................................................................................................... ..... 64

Dr. Günther Kräuter ............................................................................................... ..... 65

Erich Tadler ............................................................................................................. ..... 67

Ing. Hermann Schultes ........................................................................................... ..... 68

Mag. Birgit Schatz .................................................................................................. ..... 70

Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner ......................................................... ..... 71

DDr. Werner Königshofer ...................................................................................... ..... 73

Gabriele Binder-Maier ............................................................................................ ..... 74

Maximilian Linder ................................................................................................... ..... 75

Johann Rädler ......................................................................................................... ..... 77

Karl Öllinger ............................................................................................................ ..... 77

Mag. Rosa Lohfeyer ..................................................................................................... 78

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ........................................................................................... 79

Peter Haubner ............................................................................................................... 80

Josef Jury ...................................................................................................................... 81

Ing. Mag. Hubert Kuzdas ............................................................................................. 83

Dr. Ruperta Lichtenecker ....................................................................................... ..... 84

Mag. Silvia Fuhrmann ............................................................................................ ..... 85

Mario Kunasek ........................................................................................................ ..... 86

Mag. Josef Auer ...................................................................................................... ..... 89

Gerald Grosz ........................................................................................................... ..... 89

Hermann Gahr ........................................................................................................ ..... 90

Dr. Harald Walser .................................................................................................... ..... 91

Peter Stauber .......................................................................................................... ..... 92

Johann Hell .............................................................................................................. ..... 92

Entschließungsantrag der Abgeordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Festlegung einer ausreichenden Öffnungszeit von Post-Ge­schäftsstellen – Ablehnung  82, 93

Entschließungsantrag der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung Post-Volksbegehren – Ablehnung ...........................................................................  87, 93

Kenntnisnahme der fünf Ausschussberichte 458, 460, 461, 462 und 463 d.B. ............ 93

Annahme des Gesetzentwurfes in 459 d.B. .................................................................. 93

8. Punkt: Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Technologie über die Regierungsvorlage (393 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Patentge-


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setz 1970, das Patentverträge-Einführungsgesetz, das Gebrauchsmustergesetz, das Markenschutzgesetz 1970, das Patentanwaltsgesetz und das Patentamtsge­bührengesetz geändert werden (421 d.B.) .................................................................... 94

Redner/Rednerinnen:

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ........................................................................................... 94

Ing. Kurt Gartlehner ................................................................................................ ..... 95

Dr. Martin Strutz ..................................................................................................... ..... 98

Mag. Karin Hakl ....................................................................................................... ..... 99

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................ ... 102

Bundesministerin Doris Bures ............................................................................. ... 104

Heidrun Silhavy ....................................................................................................... ... 106

Dr. Andreas Karlsböck ........................................................................................... ... 107

Dr. Martin Bartenstein ............................................................................................ ... 108

Franz Kirchgatterer ................................................................................................ ... 108

Anna Franz .............................................................................................................. ... 109

Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher ............................................................................... ... 110

Elmar Mayer ............................................................................................................ ... 110

Mag. Josef Auer ...................................................................................................... ... 111

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Kurt Gartlehner, Mag. Karin Hakl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Prüfung von Vor- und Nachteilen eines möglichen Beitritts Österreichs zum „Londoner Übereinkommen“ – Annahme (E 55) ....................................................................  96, 112

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 111

Gemeinsame Beratung über

9. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 837/A(E) der Abge­ordneten Mag. Christiane Brunner, Petra Bayr, Ing. Hermann Schultes, Carmen Gartelgruber, Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Atomener­gie darf keine Klimaschutzmaßnahme sein (425 d.B.)                     112

10. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 817/A(E) der Abge­ordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ver­handlungsposition der Bundesregierung bei der Klimaschutzkonferenz in Kopen­hagen (426 d.B.) ....................................................... 113

11. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 765/A(E) der Abge­ordneten Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Kos­tenübernahme von Katastrophenschutzübungen bei AKW-Betreibern (427 d.B.)                                                                                                                  113

Redner/Rednerinnen:

Erich Tadler ............................................................................................................. ... 113

Ing. Hermann Schultes ........................................................................................... ... 114

Mag. Christiane Brunner ........................................................................................... 114

Petra Bayr ................................................................................................................... 116

Ing. Norbert Hofer ................................................................................................... ... 117

Erwin Hornek .......................................................................................................... ... 118

Mag. Ruth Becher ................................................................................................... ... 120

Nikolaus Prinz ......................................................................................................... ... 120

Mag. Josef Auer ...................................................................................................... ... 121

Carmen Gartelgruber ............................................................................................. ... 121

Walter Schopf .......................................................................................................... ... 123

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Halbierung der Mehrwertsteuer auf Energie aus erneuer­baren heimischen Ressourcen – Ablehnung     118, 124


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 8

Entschließungsantrag der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausstieg Österreichs aus dem EURATOM-Vertrag – Ableh­nung .....................................  123, 124

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 425 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend: Atomenergie darf keine Klimaschutzmaßnahme sein (E 56) ...................................... 124

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 426 und 427 d.B. .............................. 124

12. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (395 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Bundesgesetz über den Umweltsenat geändert werden (USG-Novelle 2009) (423 d.B.) ............................................................................................... 125

Redner/Rednerinnen:

Mag. Ewald Stadler ...........................................................................................  125, 188

Werner Amon, MBA (tatsächliche Berichtigung) ...................................................... 127

Franz Hörl ................................................................................................................ ... 127

Petra Bayr ................................................................................................................... 129

Dr. Susanne Winter .................................................................................................... 129

Mag. Christiane Brunner ....................................................................................... ... 130

Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................ ... 131

Konrad Steindl ........................................................................................................ ... 190

Rudolf Plessl ........................................................................................................... ... 190

Dieter Brosz ............................................................................................................. ... 191

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 192

13. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (396 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Umweltinformationsgesetz geändert wird (424 d.B.) ............................................ 193

Berichterstatterin: Petra Bayr ...................................................................................... 193

Redner/Rednerinnen:

Ing. Norbert Hofer ................................................................................................... ... 193

Peter Mayer ............................................................................................................. ... 195

Andrea Gessl-Ranftl ............................................................................................... ... 195

Erich Tadler ............................................................................................................. ... 196

Mag. Christiane Brunner ....................................................................................... ... 197

Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................ ... 198

Peter Stauber .......................................................................................................... ... 198

Gerhard Steier ......................................................................................................... ... 199

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer Meldepflicht bei Lagerung oder Weiterverar­beitung gefährlicher Abfälle – Ablehnung    194, 209

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 209

14. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (316 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz geändert wird (GuKG-Novelle 2009) (403 d.B.)           ............................................................................................................................. 200

Redner/Rednerinnen:

Dr. Sabine Oberhauser, MAS ................................................................................ ... 200

Dr. Erwin Rasinger ................................................................................................. ... 201

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .................................................................... ... 201

Ursula Haubner ....................................................................................................... ... 202


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 9

Dr. Kurt Grünewald ................................................................................................ ... 204

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ............................................................... ... 205

Johann Hechtl ......................................................................................................... ... 206

August Wöginger .................................................................................................... ... 206

Dr. Andreas Karlsböck ........................................................................................... ... 207

Oswald Klikovits ..................................................................................................... ... 208

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kolle­gen betreffend Lehrberuf für Pflege und Betreuung – Ablehnung .....................................................................  204, 209

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 208

Gemeinsame Beratung über

15. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (237 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten geändert wird (404 d.B.)                        209

16. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 193/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erstellung einer Studie über ein Case Management an Österreichs Krankenhäusern und Rehabilitationsanstalten (405 d.B.) ............................................ 210

Redner/Rednerinnen:

Ing. Norbert Hofer ................................................................................................... ... 210

Erwin Spindelberger .............................................................................................. ... 211

Ursula Haubner ....................................................................................................... ... 211

Karl Donabauer ....................................................................................................... ... 212

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ............................................................... ... 214

Dr. Andreas Karlsböck ........................................................................................... ... 214

Dr. Kurt Grünewald ................................................................................................ ... 216

Johann Höfinger ..................................................................................................... ... 217

August Wöginger .................................................................................................... ... 218

Annahme des Gesetzentwurfes in 404 d.B. ................................................................ 218

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 405 d.B. ..................................................... 218

Gemeinsame Beratung über

17. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 184/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Wiedereinführung der finanziellen Zuwendungen für die Erfüllung des Mut­ter-Kind-Passes und verpflichtende ärztliche Vorschuluntersuchungen (406 d.B.)        ............................................................................................................................. 219

18. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 174/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Ausweitung der Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen bis zum 10. Lebens­jahr (407 d.B.) ................................................... 219

19. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 612/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Über­nahme der Kosten der vorgeburtlichen Untersuchungen des „combined-Tests“ im Rahmen des Mutter-Kind-Passes (408 d.B.) ..................... 219

20. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 361/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Schaffung klarer Strukturen für die Pränataldiagnostik (409 d.B.) ....................................................................................... 219


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 10

Redner/Rednerinnen:

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .................................................................... ... 219

Renate Csörgits ...................................................................................................... ... 220

Dr. Wolfgang Spadiut ............................................................................................. ... 221

Ridi Maria Steibl ...................................................................................................... ... 222

Dr. Kurt Grünewald ................................................................................................ ... 223

Ing. Erwin Kaipel ..................................................................................................... ... 224

Kenntnisnahme der vier Ausschussberichte 406, 407, 408 und 409 d.B. ................... 224

Zuweisung des Antrages 184/A(E) an den Familienausschuss .................................. 224

Gemeinsame Beratung über

21. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 385/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Aktionsplan für gesunde Ernährung und Bewegung (410 d.B.) .................................................................................................... 225

22. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 631/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Schulgesundheitsprogramm (411 d.B.)                            225

Redner/Rednerinnen:

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .................................................................... ... 225

Mag. Johann Maier ................................................................................................. ... 226

Ing. Robert Lugar .................................................................................................... ... 227

Dr. Erwin Rasinger ................................................................................................. ... 228

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................ ... 229

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ............................................................... ... 231

Dr. Andreas Karlsböck ........................................................................................... ... 232

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 410 und 411 d.B. .............................. 233

Zuweisung des Antrages 631/A(E) an den Unterrichtsausschuss .............................. 233

23. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 538/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend öster­reichweite Arzneimittel-Hotline für Blinde (412 d.B.)     ............................................................................................................................. 233

Redner/Rednerinnen:

Ulrike Königsberger-Ludwig ................................................................................. ... 233

Mag. Gertrude Aubauer ......................................................................................... ... 234

Ing. Norbert Hofer ................................................................................................... ... 234

Dr. Wolfgang Spadiut ............................................................................................. ... 235

Mag. Helene Jarmer ............................................................................................... ... 235

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 412 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend österreichweite Arzneimittel-Hotline für Blinde (E 57) .................................................. 236

24. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 638/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ver­stärkung der Kontrollen gemäß „Bundesgesetz über den Transport von Tieren und damit zusammenhängenden Vorgängen“ und Erhöhung des Strafausmaßes für illegale Transporte (413 d.B.) ....................................................................................... 236

Redner/Rednerinnen:

Bernhard Vock ........................................................................................................ ... 236

Dietmar Keck ........................................................................................................... ... 237

Dr. Wolfgang Spadiut ............................................................................................. ... 238

Franz Eßl .................................................................................................................. ... 240

Mag. Christiane Brunner ....................................................................................... ... 240


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 11

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend verstärkte Kontrollen gemäß Tiertransportgesetz – Ab­lehnung .........................  239, 244

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zum Schutz von Tieren beim Trans­port – Ablehnung ...................  242, 244

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 413 d.B. ..................................................... 244

Gemeinsame Beratung über

25. Punkt: Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den An­trag 839/A(E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Gabriele Tamandl, Wolf­gang Zanger, Sigisbert Dolinschek, Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kollegin­nen und Kollegen betreffend die Kennzeichnung von Lebensmitteln, über den

Antrag 137/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Kennzeichnungspflicht für verarbeitete Eier, über den

Antrag 698/A(E) der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Lebensmittelkennzeichnungspflicht in der Gastronomie, über den

Antrag 613/A(E) der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen betreffend eindeutige Kennzeichnung von Speiseeisersatzstoffen, über den

Antrag 614/A(E) der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen betreffend eindeutige Kennzeichnung von Kunstkäse, über den

Antrag 697/A(E) der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend eindeutige Kennzeichnung von Schinkenimitaten und über den

Antrag 718/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reform der Gütezeichenverordnung (414 d.B.) .............................................................................. 244

26. Punkt: Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den An­trag 367/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine konsequente Herkunftskennzeichnung bei Lebens­mitteln (416 d.B.) ............................................... 244

27. Punkt: Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den An­trag 706/A(E) der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot der Herstellung und des Verkaufs von „Schummelschinken“ (417 d.B.) .................................................................................. 244

28. Punkt: Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den An­trag 653/A(E) der Abgeordneten Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Überprüfung der Vielzahl der Gütezeichen und einer Reduktion auf für Konsumenten überschaubare Güte- und Qualitätszeichen (418 d.B.)                245

Redner/Rednerinnen:

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ..................................................................................... ... 245

Mag. Johann Maier ................................................................................................. ... 246

Martina Schenk ....................................................................................................... ... 247

Gabriele Tamandl ................................................................................................... ... 248

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................ ... 249

Hermann Lipitsch ................................................................................................... ... 250

Wolfgang Zanger .................................................................................................... ... 251


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 12

Gabriel Obernosterer ............................................................................................. ... 252

Dr. Wolfgang Spadiut ............................................................................................. ... 253

Mag. Johann Maier (tatsächliche Berichtigung) ........................................................ 253

Mag. Kurt Gaßner ................................................................................................... ... 253

Harald Jannach ....................................................................................................... ... 254

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 414 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend die Kennzeichnung von Lebensmitteln (E 58) ................................................................... 255

Kenntnisnahme der drei Ausschussberichte 416, 417 und 418 d.B. .......................... 255

29. Punkt: Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den An­trag 231/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kennzeichnung von Fleisch mit dem A-Stempel (415 d.B.) ...................................................................................................................... 256

Redner/Rednerinnen:

Ing. Norbert Hofer ................................................................................................... ... 256

Johann Hell .............................................................................................................. ... 256

Dr. Wolfgang Spadiut ............................................................................................. ... 257

Anna Höllerer .......................................................................................................... ... 258

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................ ... 259

Bernhard Vock ........................................................................................................ ... 260

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 415 d.B. ..................................................... 260

30. Punkt: Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den An­trag 723/A(E) der Abgeordneten Gabriele Tamandl, Mag. Johann Maier, Sigisbert Dolinschek, Wolfgang Zanger, Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Verbot der Benutzung von UV-Bestrahlungsgeräten durch Kinder und Ju­gendliche in Solarien (Sonnenstudios) (468 d.B.) ........................................................ 260

Redner/Rednerinnen:

Ing. Erwin Kaipel ..................................................................................................... ... 261

Anna Höllerer .......................................................................................................... ... 262

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ..................................................................................... ... 263

Martina Schenk ....................................................................................................... ... 263

Mag. Birgit Schatz .................................................................................................. ... 264

Gerhard Steier ......................................................................................................... ... 264

Christian Faul .......................................................................................................... ... 265

Stefan Petzner ......................................................................................................... ... 266

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 468 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Verbot der Benutzung von UV-Bestrahlungsgeräten durch Kinder und Jugendliche in Solarien (Sonnenstudios) (E 59) ....................................................................................................................................... 267

31. Punkt: Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den An­trag 582/A(E) der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend allumfassendes Konsumentenschutzpaket (469 d.B.) ...................................................................................................................... 267

Redner/Rednerinnen:

Sigisbert Dolinschek .............................................................................................. ... 267

Erwin Spindelberger .............................................................................................. ... 268

Johann Rädler ......................................................................................................... ... 269

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ..................................................................................... ... 270

Mag. Birgit Schatz .................................................................................................. ... 271

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 469 d.B. ..................................................... 271

32. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pensionskassengesetz geändert wird (709/A) ............. 271


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 13

Redner/Rednerinnen:

Karl Öllinger ............................................................................................................ ... 272

Kai Jan Krainer ....................................................................................................... ... 272

Gabriele Tamandl ................................................................................................... ... 273

Werner Neubauer .................................................................................................... ... 274

Ing. Robert Lugar .................................................................................................... ... 275

Herbert Scheibner .................................................................................................. ... 276

Dr. Christoph Matznetter ....................................................................................... ... 277

Zuweisung des Antrages 709/A an den Finanzausschuss .......................................... 277

33. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Alois Gradauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 16. Juni 1948 über den Rechnungshof (Rechnungshofgesetz – R.H.G. – 1948), BGBl. Nr. 144/1948, geändert wird (734/A)                       277

Redner/Rednerinnen:

Alois Gradauer ........................................................................................................ ... 277

Kai Jan Krainer ....................................................................................................... ... 278

Mag. Josef Lettenbichler ....................................................................................... ... 278

Dr. Martin Strutz ..................................................................................................... ... 279

Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ... 279

Zuweisung des Antrages 734/A an den Budgetausschuss ......................................... 281

34. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) und die Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (Anlage zum Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates) geändert wer­den (836/A) .............................................................................................. 281

Redner/Rednerinnen:

Dieter Brosz ............................................................................................................. ... 281

Otto Pendl ................................................................................................................... 282

Mag. Dr. Beatrix Karl .............................................................................................. ... 282

Herbert Scheibner .................................................................................................. ... 283

Zuweisung des Antrages 836/A an den Geschäftsordnungsausschuss ..................... 283

Eingebracht wurden

Petition .......................................................................................................................... 47

Petition betreffend „GentechnikFREIE Futtermittel“ (Ordnungsnummer 41) (über­reicht vom Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber)

Bürgerinitiative ............................................................................................................ 47

Bürgerinitiative betreffend „Reichensteuer jetzt!“ (Ordnungsnummer 15)

Regierungsvorlagen ................................................................................................... 46

441: Protokoll zur Abänderung des am 18. Oktober 1962 in Luxemburg unter­zeichneten Abkommens zwischen der Republik Österreich und dem Großherzog­tum Luxemburg zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Notenwechsel

442: Protokoll zwischen der Republik Österreich und dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland und Zusatzprotokoll zur Abänderung des am


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30. April 1969 in London unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Dop­pelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen in der Fassung des am 17. November 1977 in London unterzeichneten Protokolls und des am 18. Mai 1993 in London unterzeichneten Protokolls

443: Protokoll zur Abänderung des Abkommens zwischen der Regierung der Re­publik Österreich und der Regierung der Republik Singapur zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen samt Notenwechsel

444: Protokoll zur Abänderung des Abkommens zwischen der Republik Öster­reich und den Vereinigten Mexikanischen Staaten zur Vermeidung der Doppelbe­steuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steu­ern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll

445: Protokoll zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Belgien und Zusatzprotokoll zur Abänderung des am 29. Dezember 1971 in Wien unterzeich­neten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Regelung bestimmter anderer Fragen auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen einschließlich der Gewerbesteuern und der Grundsteuern

446: Protokoll zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Dänemark und Zusatzprotokoll zur Abänderung des am 25. Mai 2007 in Wien unterzeich­neten Abkommens auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Ver­mögen

447: Abkommen zwischen der Republik Österreich und St. Vincent und den Gre­nadinen über den Informationsaustausch in Steuersachen

448: Protokoll zwischen der Republik Österreich und dem Königreich der Nieder­lande und Zusatzprotokoll zur weiteren Abänderung des am 1. September 1970 in Wien unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Schlussprotokoll in der Fassung des am 18. Dezember 1989 in Den Haag unter­zeichneten Protokolls, des am 26. November 2001 in Den Haag unterzeichneten Protokolls und des am 8. Oktober 2008 in Wien unterzeichneten Protokolls

449: Protokoll und Zusatzprotokoll zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Norwegen zur Abänderung des am 28. November 1995 in Wien unter­zeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhin­derung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen in der Fassung des am 14. November 2005 unterzeichneten Pro­tokolls samt Zusatzprotokoll

450: Abkommen zwischen der Republik Österreich und Gibraltar über den Infor­mationsaustausch in Steuersachen

451: Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Andorra über den Auskunftsaustausch in Steuersachen

452: Protokoll zur Abänderung des am 30. Januar 1974 in Wien unterzeichneten Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidge­nossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steu­ern vom Einkommen und vom Vermögen samt Notenwechsel

453: Protokoll zwischen der Republik Österreich und der Republik San Marino und Zusatzprotokoll zur Abänderung des am 24. November 2004 in Wien unter-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 15

zeichneten Abkommens auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen

454: Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Monaco über den Informationsaustausch in Steuersachen

464: Bundesgesetz, mit dem das IVF-Fonds-Gesetz geändert wird (IVF-Fonds-Gesetz-Novelle 2010)

465: Bundesgesetz, mit dem das Apothekerkammergesetz 2001 geändert wird

466: Bundesgesetz, mit dem das Medizinproduktegesetz und das Arzneimittelge­setz geändert werden

467: 13. Ärztegesetz-Novelle

471: Bundesgesetz, mit dem das KommAustria-Gesetz geändert wird

472: Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Datenschutz­gesetz 2000 und das Sicherheitspolizeigesetz geändert werden (DSG-Novel­le 2010)

473: Bundesgesetz über Produkte, deren Ein- und Ausfuhr sowie Inverkehrbrin­gen aus Tierschutzgründen verboten ist

474: Bundesgesetz, mit dem das Energie-Regulierungsbehördengesetz geändert wird

475: Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994, das Wirtschaftstreu­handberufsgesetz und das Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetz geän­dert werden

476: 4. Sozialrechts-Änderungsgesetz 2009 – 4. SRÄG 2009

490: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsinspektionsgesetz 1993, das Arbeitsver­tragsrechts-Anpassungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Bundesgesetz über die Verkehrs-Arbeitsinspektion geändert werden

491: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz, das Arbeitsruhegesetz und das Kraftfahrgesetz 1967 geändert werden

Bericht ........................................................................................................................... 47

Vorlage 27 BA: Monatserfolg Oktober 2009; BM f. Finanzen

Anträge der Abgeordneten

Dr. Peter Wittmann, Mag. Wilhelm Molterer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern (859/A)

Dr. Günther Kräuter, Hermann Gahr, Kolleginnen und Kollegen betreffend Richtlinien für staatliche Informations- und Werbemaßnahmen (860/A)(E)

Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verankerung des Tier­schutzes in der Verfassung (861/A)(E)

Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kontrolle illegaler Tier­transporte an den alten Grenzübergängen (862/A)(E)

Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Lehrberuf für Pflege und Betreuung (863/A)(E)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 16

Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Aufhebung des 10-Prozent-Limits bei Modellversuchen der „Neuen Mittelschule“ sowie Überführung der Schulversuche ins Regelschulwesen (864/A)(E)

Mag. Johann Maier, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Natio­nalen Aktionsplan Ernährung – NAP.E (865/A)(E)

Mag. Wilhelm Molterer, Dr. Peter Wittmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Europawahlordnung, das Europa-Wählerevidenzgesetz, das Wählerevidenzgesetz 1973, das Volksabstimmungsgesetz 1972, das Volksbefra­gungsgesetz 1989, die Nationalrats-Wahlordnung 1992, das Bundespräsidentenwahl­gesetz 1971 und das Volksbegehrengesetz 1973 geändert werden (Wahlrechtsände­rungsgesetz 2010) (866/A)

Stefan Petzner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz geändert wird (867/A)

Kurt List, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wiedereröffnung eines Polizeipostens in Bärnbach (868/A)(E)

Mag. Heribert Donnerbauer, Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Urheberrechtsgesetz und Artikel III der Urhe­berrechtsgesetz-Novelle 2005 geändert werden (Urheberrechtsgesetz-Novelle 2009 – UrhG-Nov 2009) (869/A)

Zurückgezogen wurde der Antrag der Abgeordneten

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, und ein Bundesgesetz, mit dem das Rechnungs­hofgesetz 1948 geändert wird (768/A) (Zu 768/A)

Anfragen der Abgeordneten

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Milchproduktion nur noch von Kü­hen, welche mit gentechnikfreiem Futter gefüttert werden“ (3684/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Förderung von Glücksspiel durch die Republik Ös­terreich in Lienz (3685/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Förderung von Glücksspiel durch die Republik Österreich in Lienz (3686/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend Förderung von Glücksspiel durch die Republik Österreich in Lienz (3687/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Förderung von Glücksspiel durch die Republik Österreich in Lienz (3688/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend „Post stellte nicht zu: Patient ohne Medizin“ (3689/J)

Peter Haubner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend massive Probleme bei wichtigen Ausbildungsvorhaben von Salzburger Verbänden nach der Schließung des Truppenübungsplatzes AUALM (3690/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Kaprun – Klärung der Ursache (3691/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 17

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Kaprun – Klärung der Ursache (3692/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Wahrnehmungen und Berichte eines Staats­kommissärs und die Sinnhaftigkeit dieser Funktion (3693/J)

Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Schuldenmanagement der ÖBFA (3694/J)

Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Österreichische Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA) und Restrukturie­rungsgeschäfte a la Kommunalkredit? (3695/J)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Hausgeburten (3696/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Baumängel in der Justizanstalt Graz-Karlau (3697/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend öffentliche Desinformation durch Staatsanwälte (3698/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Kaprun – Klärung der Ursache (3699/J)

Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend vorzeitige Abberufung von Dr. Andreas Unterberger als Chefredakteur der „Wiener Zei­tung“ – Teil 2 (3700/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Gesamtkosten für die Umbenennung (3701/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Inseratenkampagne oder „Sed-Karte“ der Bundesministerin für Inneres? (3702/J)

Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend ärztliche Kunstfehler und deren überlange Verfahren vor Gericht (3703/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf die Sicherheitslage (3704/J)

Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ge­sundheit betreffend Pestizidbelastung von Kräutern und Gewürzen (3705/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesvertei­digung und Sport betreffend in Libyen entstandene Schäden an Instrumenten der Mili­tärmusik Tirol (3706/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Erlass vom 25.03.2008 (3707/J)

Dr. Gerhard Kurzmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäi­sche und internationale Angelegenheiten betreffend die Rehabilitierung von Verurteil­ten sowjetischer Militärgerichte nach 1945 (3708/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Fi­nanzen betreffend Einkaufskonditionen der Bundesbeschaffungs GmbH (3709/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Verbleib einer Festplatte aus dem Kabinett des ehemaligen Bundesminis­ters für Inneres Ernst Strasser (3710/J)


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Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend möglichen Afghanistaneinsatz des österrei­chischen Bundesheeres (3711/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend möglichen Afghanistaneinsatz des österreichischen Bundes­heeres (3712/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Quelle (3713/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend möglichen Afghanistaneinsatz von österreichischen Exekutivbeamten (3714/J)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft, Familie und Jugend betreffend die geplante Bodenaustauschdeponie (Schotter­grube) Unterperfuss (3715/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Sozialleistungen ausländischer Arbeitnehmer (3716/J)

Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend mögliche verbotene Preisabsprachen und Umgehung von Baukartellverfahren (3717/J)

Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend mögliche verbotene Preisabsprachen und Umge­hung von Baukartellverfahren (3718/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Entwicklung der Besucherzahlen in Schloss Hof/March­feldschlösser (3719/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Entwicklung der Besucherzahlen im Tiergarten Schön­brunn (3720/J)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Asylheim „Bürglkopf“ Fieberbrunn (3721/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Sicherheitsrisiko in der Justizanstalt Leoben (3722/J)

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Ausgaben für Personal in ausgelagerten Gesellschaften des BMF (3723/J)

Dr. Gerhard Kurzmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Ausschreitungen bei der Demonstration gegen die EU-Wahlkundgebung in Graz 2 (3724/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Erfolg des Assistenzeinsatzes an der österreichischen Grenze 2009 (3725/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 19

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Verwendung von Strafgeldern (3726/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend die Ausarbeitung von Gesetzentwürfen (3727/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend die Ausarbeitung von Gesetzentwürfen (3728/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Infrastrukturbenützungsabgabe (3729/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend offensichtlich geplante Privatisierung der Post (3730/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend „Geldzahlungen von ,Ratiopharm‘ an Ärzte – Korruption im Gesundheitswe­sen“ (3731/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und in­ternationale Angelegenheiten betreffend Verankerung eines Internationalen Gedenkta­ges gegen weibliche Genitalverstümmelung (3732/J)

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend das völlige Versagen Faymanns in der aktuellen EU-Politik (3733/J)

Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Herkunft der in Öster­reich geschlachteten Rinder, Schweine und Pferde (3734/J)

Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesund-heit betreffend 2010 – Beitragserhöhungen im Gesundheitsbereich (3735/J)

Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Biozide in Grünfutter­mitteln (3736/J)

Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Verhinderung von Dreharbeiten in Osttirol aufgrund restriktiver Visapolitik (3737/J)

Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Verhinderung von Dreharbeiten in Osttirol aufgrund restrik­tiver Visapolitik (3738/J)

Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend unzulässige Beeinflussung von Gerichtsverfahren durch Vertreter des Abwehr­amtes (3739/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Mehrwertsteuerbegünstigung für Pferde – Verfahren gegen Österreich (3740/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Spekulationsgewinne aus Aktienverkäufen – Graubereich Versteuerung (3741/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Mehrwertsteuerbegünstigung für Pferde – Verfahren gegen Österreich (3742/J)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend „Kosten von Asylverfahren“ (3743/J)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend völliges Versagen des Gesundheitsministers im Umgang mit der „Schweine­grippe“ (3744/J)

Zurückgezogen wurden die Anfragen der Abgeordneten

Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäi­sche und internationale Angelegenheiten betreffend jahrelange Nichtbeachtung der


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 20

Empfehlungen des Rechnungshofs in Zusammenhang mit „Frachtkosten bei Übersied­lungen“ (3168/J) (Zu 3168/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Europaregion (3574/J) (Zu 3574/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Euro­paregion (3575/J) (Zu 3575/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen (2975/AB zu 3012/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (2976/AB zu 3017/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (2977/AB zu 3018/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (2978/AB zu 3019/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (2979/AB zu 3020/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (2980/AB zu 3021/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (2981/AB zu 3022/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (2982/AB zu 3023/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (2983/AB zu 3024/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (2984/AB zu 3025/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen (2985/AB zu 3170/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Christian Höbart, Kolleginnen und Kollegen (2986/AB zu 3027/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Chris­tiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen (2987/AB zu 2974/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Chris­tiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen (2988/AB zu 2977/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen (2989/AB zu 2978/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 21

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Albert Stein­hauser, Kolleginnen und Kollegen (2990/AB zu 2979/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Albert Stein­hauser, Kolleginnen und Kollegen (2991/AB zu 2980/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Albert Stein­hauser, Kolleginnen und Kollegen (2992/AB zu 2981/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen (2993/AB zu 2998/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Ing. Christian Höbart, Kolleginnen und Kollegen (2994/AB zu 3034/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2995/AB zu 3059/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Kolleginnen und Kollegen (2996/AB zu 2989/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (2997/AB zu 2984/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (2998/AB zu 2985/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen (2999/AB zu 3087/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen (3000/AB zu 3089/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen (3001/AB zu 3090/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen (3002/AB zu 3183/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Jochen Pack, Kolleginnen und Kollegen (3003/AB zu 2988/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen (3004/AB zu 2993/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen (3005/AB zu 2982/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Albert Stein­hauser, Kolleginnen und Kollegen (3006/AB zu 2992/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen (3007/AB zu 2997/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Carmen Gartelgru­ber, Kolleginnen und Kollegen (3008/AB zu 3007/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 22

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen (3009/AB zu 3013/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Christian Hö­bart, Kolleginnen und Kollegen (3010/AB zu 3031/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3011/AB zu 3058/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen (3012/AB zu 3062/J)


09.06.03


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 23

Beginn der Sitzung: 9.06 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Fritz Neuge­bauer, Dritter Präsident Mag. Dr. Martin Graf.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Die Sitzung ist eröffnet.

Das Amtliche Protokoll der 44. Sitzung vom 12. November 2009 ist in der Parlaments­direktion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Muchitsch, Großruck und Praßl.

09.06.29Aktuelle Stunde

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

Österreich – Europas Schlusslicht beim Klimaschutz: Dringender Handlungsbedarf der Bundesregierung vor dem Kopenhagen-Gipfel“

Die Sitzung wird vom ORF bis 13 Uhr live übertragen.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig-Piesczek. 10 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


9.06.58

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Herr Präsident! Einen schönen guten Morgen, Herr Umweltminister! Geschätzte Kolleginnen und Kolleginnen – Kolle­ginnen und Kollegen! Das ist ein typischer Versprecher. Viele sagen: Liebe Österrei­cher und Österreicher! Ich sage halt einmal: Liebe Kolleginnen und Kolleginnen! (Bei­fall bei den Grünen.)

Herr Umweltminister Berlakovich, Sie könnten heute die Debatte etwas untypisch be­ginnen. Sie könnten nicht wie sonst immer bei diesen Diskussionen um Klimaschutz­versäumnisse der österreichischen Bundesregierung Zahlenwerke präsentieren, mit denen Sie die Situation beschönigen und Hoffnung zum Ausdruck bringen, dass es sich doch noch ausgeht, sondern Sie könnten heute ganz untypisch sagen: Ja, wir ha­ben es nicht geschafft! Ja, ich als Umweltminister habe versagt! – Das wäre einmal et­was ganz Neues! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Es wäre – wie ich meine – befreiend, nicht nur für uns Grüne, sondern für viele, die diese Diskussion seit Jahren beobachten.

Warum gibt es heute diese Aktuelle Stunde? – Ich meine, es ist jetzt amtlich genug, dass Österreich im Vergleich mit den EU-15 – das sind die Staaten, die sich seinerzeit verpflichtet haben, im Rahmen des Kyoto-Burden-Sharings bestimmte Ziele zu errei­chen – als einziges Land sein Kyoto-Ziel nicht erreichen wird. Das ist jetzt amtlich von der Europäischen Umweltagentur.

Es steht im krassen Widerspruch zu dem, was Sie und Ihre Amtsvorgänger in den letz­ten Jahren immer wieder gesagt haben: Österreich wird die ambitionierten Ziele errei­chen! – Das war noch Kollege Molterer, der jetzt sehr interessiert „Die Presse“ liest, der das gesagt hat.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 24

Es besteht überhaupt kein Grund, daran zu zweifeln, dass wir dieses Ziel erreichen werden! – Auch das war noch Kollege Molterer im Jahre 2000. Da brannte schon der Hut, um es so auszudrücken.

Dann sein Nachfolger, Kollege Pröll: „Wenn alle, die für die Umsetzung der Klimastra­tegie Verantwortung tragen, ihr Bestes geben“, dann werden wir das Ziel erreichen.

Ein paar Monate später: Selbstverständlich werden wir dieses Ziel erreichen. – So geht es weiter, bis vor ein paar Monaten.

Ich meine, es ist an der Zeit, einzugestehen, dass Sie es nicht erreicht haben, und die Frage der Konsequenzen politisch und finanziell einmal ordentlich und ehrlich zu disku­tieren.

Es gab einen Experten – Professor Schleicher von der Universität Graz –, der vor zwei Jahren sehr engagiert darauf hingewiesen hat, dass Österreich Milliarden an Zertifika­ten wird nachkaufen müssen, wenn das Ziel nicht erreicht wird.

Ihre Reaktion damals – das war die Reaktion von Umweltminister Pröll – war eine typi­sche ÖVP-Reaktion: Der Überbringer der schlechten Nachricht wird „geköpft“. Kollege Schleicher wurde als Experte, der fehl am Platz sei, bezeichnet, er wurde dann aus dem Klimabeirat „entfernt“ – in Anführungszeichen –, und er wurde öffentlich mit Aus­einandersetzungen bedacht, wie es jemand, der engagiert auf die Nichterreichung von Zielen hinweist, eigentlich nicht verdient.

Sie könnten auch diesbezüglich etwas Untypisches tun: Sie könnten sich bei Kollegem Schleicher entschuldigen, der Österreich vor Schaden bewahren wollte. (Beifall bei den Grünen.)

Wer wird jetzt für diese Milliarde Euro, die Österreich zusätzlich an Zertifikaten zukau­fen muss, geradestehen? Vielleicht hat die ÖVP in ihrer Parteikasse 1 Milliarde € üb­rig?! (Abg. Grillitsch: Wir sparen auf die Zweite, mit der Ersten sind wir nicht fertig ge­worden!) Wenn Sie sich die Namen der Personen anschauen, die in der Vergangenheit dafür verantwortlich waren, fällt Ihnen vielleicht etwas auf: Rauch-Kallat, Bartenstein, Molterer, Pröll, Berlakovich, Farnleitner, Mitterlehner. Was haben diese Personen ge­meinsam? – Sie sind alle von der ÖVP. Da nickt Kollege Grillitsch zufrieden! (Abg. Grillitsch: Sehr gute Leute!)

Diese Minister sind alle gemeinsam dafür verantwortlich, dass wir im Jahr 2012 1 Mil­liarde € an Strafzahlungen haben werden – und das zusätzlich zur angespannten Bud­getsituation, wo wir um jeden Kindergartenplatz und um jeden Studienplatz „bangen“ – in Anführungszeichen – müssen – und dass wir insgesamt fast 1,5 Milliarden € werden zahlen müssen.

Sie brauchen jetzt nicht so glücklich und zufrieden dreinzuschauen! (Abg. Amon: Sie schauen ja auch glücklich!) Es ist ein ÖVP-Versäumnis, zu dem Sie stehen sollten und woraus wir heute die Konsequenzen ziehen wollen. Für uns ist das eine ganz klare Konsequenz: Der ÖVP muss man das Umweltministerium und die Energiekompetenz wegnehmen! (Beifall bei den Grünen. – Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.)

Der ÖVP-Vizekanzler spricht so gerne von Leistungsträgern, Leistungsbilanz und Leistungsverantwortlichen. – Die ÖVP-Bilanz im Klimaschutz ist desaströs und ver­heerend. Sie müssen für diese 1,5 Milliarden € dem Steuerzahler erklären, warum Sie es all die letzten Jahre nicht geschafft haben, was alle anderen EU-15 sehr wohl ge­schafft haben! Kommen Sie nicht mit dem Argument, unsere Ziele wären zu hoch ge­steckt! – Das ist die typische Ausrede.

Reden wir einmal kurz darüber  das ist die Ausrede Nummer eins –: Österreich hat sich so ein hohes Ziel gesetzt, nämlich minus 13 Prozent. – Die EU-15 schaffen mehr als Ihre 8 Prozent, die EU-15 schaffen nämlich gemeinsam minus 13 Prozent. (Ruf bei der ÖVP: Von welcher Basis?)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 25

Sie brauchen sich nicht auf den Errungenschaften der fünfziger und sechziger Jahre, auf den Wasserkraftbauten et cetera auszuruhen und auf der Staumauer zu sitzen und den Kopf in das Wasser zu stecken (Zwischenruf des Abg. Wöginger), sondern Sie sollten ein bisschen in die Zukunft schauen und jetzt den Klimaschutz ernst nehmen! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Hornek: Die Wasserkraft habt ihr verhindert!)

Ich weiß nicht, warum Sie sich so aufregen! Die Bilanz ist einfach ernüchternd und ver­heerend. Und das ist nicht die einzige schlechte Umweltschutzbilanz: permanente Missachtung von europäischen Gesetzen, von Feinstaubrichtlinien zum Beispiel, Luft­belastung. Das Versagen in der Luftbelastung ist im Übrigen auch gerade für Kinder extrem belastend. (Abg. Hornek: Sagen Sie etwas zur Wasserkraft!)

Sie haben es in diesen 20 Jahren ÖVP-Umweltpolitik tatsächlich geschafft, ein Land mit einem sehr hohen Umweltbewusstsein vom Vorreiter-Musterland zur Schlusslicht-Laterne Europas zu machen. Das ist ÖVP-Umweltpolitik gewesen. (Beifall bei den Grünen.)

Offensichtlich regt es Sie schon selbst sehr auf! Sie sind Bürgermeister, Herr Kollege Hornek, und Sie wissen auch sehr genau, wie viele Möglichkeiten es gerade in Zeiten wie Wirtschaftskrise und hoher Arbeitslosigkeit gäbe, im Bereich Klimaschutz neue Ar­beitsplätze zu schaffen. (Abg. Grillitsch: Ausbau der Wasserkraft!) Das ist ein Ver­säumnis, das insbesondere jetzt und heute besonders anzukreiden ist, weil viele Men­schen nächstes Jahr keinen Arbeitsplatz mehr haben werden. Wenn Sie das Geld, das wir jetzt ins Ausland für Zertifikate abfließen lassen, in Österreich für Öko-Arbeitsplätze investiert hätten, dann hätten wir einerseits eine positivere Bilanz, hätten zweitens zu­kunftssichere Arbeitsplätze im Land und müssten uns drittens nicht mit einem EU-Ver­fahren herumschlagen. (Abg. Grillitsch: Wann beenden Sie den Widerstand gegen die Wasserkraft?)

Kollege Grillitsch möchte gerne über die Wasserkraft reden, das können wir auch noch tun. Sie vonseiten der ÖVP sollten endlich den Widerstand gegen den Klimaschutz be­enden! Das ist der Punkt. (Beifall bei den Grünen.)

Wir stehen vor einer der größten und wichtigsten internationalen Konferenzen, die die Zukunft nicht nur Österreichs und Europas, sondern weltweit angeht. Herr Minister Ber­lakovich, Sie haben letzte Woche gemeint, es ist wahrscheinlich nicht notwendig, dass der Bundeskanzler nach Kopenhagen fährt. Ich kann das jetzt nur so deuten, dass Sie immer noch nicht die Wichtigkeit dieser Konferenz erkannt haben. Es geht hier um ein sehr kurzes Zeitfenster: Bis zum Jahr 2015 muss die Trendwende geschafft sein, sonst haben wir irreversible Auswirkungen auf das Ökosystem weltweit, aber vor allem auch auf Österreich. Wenn Sie glauben, dass der Klimawandel in Österreich keine auch wirt­schaftlich extrem nachteiligen Folgen haben wird, dann sind Sie nicht genug aufgeklärt.

Wir sind extrem verletzlich mit unserer alpinen Situation. Ich persönlich möchte, dass meine Kinder und Enkelkinder auch noch Gletscher sehen können, dass sie auch noch diese Schönheit erleben können, und ich persönlich möchte auch, dass Sie sich einer internationalen Verantwortung bewusst sind, die wir gegenüber anderen Ländern ha­ben, nämlich vor allem Entwicklungs- und Schwellenländern, die bei Weitem noch nicht den gleichen Lebensstandard haben, aber sehr viel stärker von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sein werden.

Die Pressekonferenz der maledivischen Regierung im Tauchanzug, die darauf hin­weist, dass ihr das Wasser schon buchstäblich mehr als bis zum Hals steht, sollte Ih­nen auch nicht entgangen sein. Da geht es auch um eine internationale Verantwortung.

Es ist eine der wichtigsten Konferenzen. Österreich fährt mit leeren Händen hin. Öster­reich ist das einzige Land, das es nicht geschafft hat, seine Klimaziele zu erreichen und wird mindestens 1,5 Milliarden € an Strafzahlungen leisten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 26

Herr Umweltminister, für uns ist das ein Punkt, an dem wir sagen: Die ÖVP darf in die­sem Bereich nicht mehr weitermachen! Wir brauchen ein unabhängiges Ressort. Wir brauchen jemanden, der das ernst nimmt, der ernsthaft Engagement zeigt und der sich nicht von Industriellenvereinigung und Wirtschaftskammer über Jahre hinweg die Eisen­kugeln anhängen lässt und damit verantwortungslos unsere Zukunft verspielt. (Beifall bei den Grünen.)

9.16


Präsident Fritz Neugebauer: Zu einer einleitenden Stellungnahme gelangt Herr Bun­desminister Dipl.-Ing. Berlakovich zu Wort. Herr Bundesminister, Ihre Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte.

 


9.16.26

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Eine Zeitung schreibt heute: Kühle Brise zwi­schen Obama und Hu Jintao. – Zwei Stunden haben die mächtigsten Männer der Welt ohne Ergebnis verhandelt. Es ging dabei um die Wirtschafts- und Finanzbeziehungen zwischen den USA und China. (Abg. Dr. Pirklhuber: Jetzt sind alle anderen schuld!) Es ging um die Menschenrechte in China, aber es ging auch um den Klimaschutz. (Ruf bei den Grünen: Aber Sie sind ja weder Obama noch Hu Jintao!)

Daran sieht man die Wichtigkeit und die Bedeutung des Themas, wenn die zwei größ­ten Emittenten der Welt – die USA und China – nicht auf einen gemeinsamen Weg fin­den – und das 18 Tage vor dem Kopenhagen-Gipfel. Es handelt sich um eine schwie­rige Situation. Auch das Ringen jedes einzelnen Staates, auch Österreichs zeigt, wie schwierig es ist, derartige Ziele zu erreichen.

Weiters möchte ich bemerken – und damit komme ich zum Thema des Kyoto-Proto­kolls –, dass weder die USA noch China Verpflichtungen aus dem Kyoto-Protokoll ha­ben. Sie sind nie Verpflichtungen eingegangen. Wir Österreicher und ein paar wenige Staaten der Welt haben das getan. – Das nur, um das Bild so zurechtzurücken, wie es wirklich ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Tatsache ist, dass die Europäische Umweltagentur diesen Bericht geliefert hat. Er ist unerfreulich. Das ist aber nicht überraschend. Wir haben immer gesagt, dass die Ziele, die Österreich eingegangen ist, sehr ambitioniert sind und dass wir diese nicht erreicht haben. (Abg. Dr. Moser: Ja, eh nicht!) Es hat niemand versucht, diese Ziele zu be­schönigen, sondern klar ist, dass wir sie um 11 Prozent überschreiten – also mehr emittieren, als vorgesehen wäre – und dass wir, wenn wir alles inklusive des Emis­sionszertifikatehandels und so weiter berücksichtigen, um zirka 8 Millionen Tonnen CO2 über unserem Ziel liegen.

Manche sagen in der Situation, Österreich habe ehrliche Zahlen geliefert, und wundern sich darüber. Im Gegensatz zu anderen europäischen Staaten hätten wir ehrliche Zah­len geliefert. Ich stehe auch dazu. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Die anderen ha­ben unehrliche Zahlen geliefert?!) Es hat keinen Sinn, wenn wir irgendetwas beschöni­gen oder spekulieren. Die Europäische Union hat sich nämlich in ihrem Bericht – falls Sie ihn gelesen haben! – darüber gewundert, dass Österreich ehrliche Wirtschaftsent­wicklungen annimmt. Das ist aber in Ordnung so. (Beifall bei der ÖVP.)

Was wäre, wenn wir etwas beschönigt hätten und in zehn Monaten käme dann die Wahrheit zutage und die Situation wäre eine ganz andere? – Dann wären wir beim Kir­schenstehlen ertappt, und das tun wir nicht. (Abg. Dr. Pirklhuber: Was haben Sie für ein Verständnis von Politik?)

Zu Ihrer Beruhigung, weil Sie sich hier riesig aufregen: Es beschönigt niemand etwas, und es hält jeder fest, dass wir die Ziele nicht erreichen. Das ist ja so.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 27

Man muss aber auch sagen, wie die Situation ist. Die osteuropäischen Staaten und auch Deutschland haben einfach aus der politischen Entwicklung die Situation gehabt, dass die Schwerindustrie, die Stahlindustrie und die Kohleindustrie zusammengebro­chen sind und sie deswegen ihre Ziele erreichen. Das ist Faktum. (Abg. Dr. Glawisch­nig-Piesczek: Das stimmt ja schon lange nicht mehr!) Faktum ist auch, dass Frank­reich die Ziele erreicht, weil es massiv auf Kernenergie setzt, was wir nicht tun und auch nicht wollen. Und Tatsache ist ferner, ohne etwas zu beschönigen, dass wir – Ös­terreich – im Durchschnitt der Emissionen aller europäischer Staaten liegen.

Ich darf Ihnen diese Tafel zum Vergleich zeigen (der Redner zeigt eine Graphik mit der Aufschrift „Treibhausgasemissionen/Kopf in Europa“): Da sind die Pro-Kopf-Emis­sionen aller 27 EU-Staaten ersichtlich (Abg. Neubauer: Wir sind Letzte!) – ja, das ist die Zielerreichung! –, nämlich was ein Bürger in Österreich pro Kopf emittiert. Hier se­hen Sie Lettland, dann Luxemburg mit 26 Tonnen pro Kopf.

Österreich emittiert 10,6 Tonnen pro Kopf und Jahr, Deutschland 11,6 und Polen 10,5. Österreich liegt also im Durchschnitt der europäischen Länder, was die Pro-Kopf-Emis­sionen anlangt. (Beifall des Abg. Dr. Bartenstein.) Ich sage das, ohne etwas beschöni­gen zu wollen, aber dass Sie hier den Untergang des Abendlandes prophezeien und sagen, das Umweltmusterland Österreich werde zu Grabe getragen, das stimmt ein­fach nicht, ist nicht wahr. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist bedauerlich, dass Sie hier Horrorszenarien zeichnen, die so nicht eintreten, und damit die Bemühungen weiter Teile der Bevölkerung in Österreich zunichte machen.

Es ist richtig – noch einmal: ohne Beschönigung –, wir müssen uns hier mehr anstren­gen. Es ist erfreulich, dass wir im Zuständigkeitsbereich meiner Person und der Um­weltminister vor mir, die Sie erwähnt haben, die alle von der ÖVP gewesen sind, die Klimaschutzziele erreichen. Wir erreichen heute die Kyoto-Ziele in der Landwirtschaft, wir erreichen heute die Kyoto-Ziele in der Abfallwirtschaft, und wir erreichen heute die Kyoto-Ziele bei den fluorierten Gasen. Faktum, ist nachweisbar. Also in unserem Zu­ständigkeitsbereich schaffen wir es. Wir erreichen die Ziele in anderen Bereichen nicht.

Sie wissen ganz genau, dass der Verkehr einer der Hauptemittenten ist. Dieser trägt in etwa zu 30 Prozent der Treibhausgasemissionen in Österreich bei und hat eine enorm steigende Tendenz: Von 1990 bis heute gab es hier eine Steigerung um 73 Prozent. In diesem Bereich ist zu wenig passiert, aber das ist nicht die Zuständigkeit des Umwelt­ministers. Es war ja bisher immer das Problem in der ganzen Debatte, dass der Um­weltminister dafür herhalten muss, dass andere im Staate, im Bund, aber auch in den Ländern zu wenig gemacht haben. Das ist eindeutig. Hier ist es absolut notwendig, dass es zu einer nationalen Kraftanstrengung kommt, um diese Ziele noch zu errei­chen. Und es sind hier alle gefordert: im Bund, in den Ländern, überall, wo es Möglich­keiten dazu gibt, bis hin zum Bürger, der weitaus – das muss man wirklich sagen – bereiter ist, für den Klimaschutz etwas zu tun als manche andere Institutionen.

Tatsache ist auch, dass wir, die österreichische Bundesregierung, im Jahr 2007 eine Klimastrategie mit einer Reihe von Maßnahmen beschlossen haben. Da sind alle Maß­nahmen aufgelistet, was die Umweltminister, die vor mir in Funktion waren, damals ge­macht haben. Das ist ein riesiger Maßnahmenkatalog für alle Sektoren in Österreich. Es liegt alles vor, nur: Tatsache ist, dass diese Maßnahmen in vielen Sektoren nicht umgesetzt wurden. Der Verkehr sei hier nochmals erwähnt.

Wenn die ÖBB heute sagen, dass sie den gesamten Gütertransport von der Schiene auf die Straße verlagern wollen und damit in etwa 14 000 Lkw mehr auf der Straße fah­ren werden, dann ist das eindeutig eine Niederlage für den Klimaschutz und unterstützt unsere Ziele nicht. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Pirklhuber: Wer ist denn in der Re­gierung?)


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Es hat schon mein Amtsvorgänger Josef Pröll bei der Erreichung eines Bundesklima­schutzgesetzes zu kämpfen gehabt. Hier sind alle, wie gesagt, gefordert, und wir ver­handeln das seit Monaten. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Seit Jahren verhandeln Sie das! Wie lange brauchen Sie noch?) Und ich nutze die Gelegenheit hier, an die Be­reitschaft aller zu appellieren, bei diesem Klimaschutzgesetz mitzutun. Da müssen Rechte und Pflichten verteilt werden, weil es aufgrund der Verfassung eben unter­schiedliche Zuständigkeiten für den Verkehr, für die Raumwärme, für die Industrie und verschiedene andere Sektoren gibt. Ich hoffe, dass jetzt dieser Bericht alle dazu bringt, dass wir dieses Klimaschutzgesetz beschließen. Meiner Meinung nach eines der wich­tigsten, wenn nicht das wichtigste Projekt dieser Bundesregierung, weil es darum geht, Lebensqualität heute und vor allem für kommende Generationen abzusichern. (Beifall bei der ÖVP.)

Tatsache ist auch, dass ja niemand sagt: Wir nehmen jetzt diesen Bericht zur Kenntnis und tun nichts. Klar ist, dass wir kämpfen müssen, dass der Kampf noch nicht vorbei ist. Abgepfiffen wird zum Schluss, wenn das Match zu Ende ist, und der Kampf um Kli­maschutz in Österreich ist noch nicht zu Ende, auch nicht 2012, sondern geht mit Si­cherheit weiter, und wir müssen uns jetzt auch noch, ab heute anstrengen. Dazu rufe ich alle auf, die hier bereit sind, ihren Beitrag zu leisten, damit wir eben nicht dann, wenn die Kyoto-Periode 2012 zu Ende geht, Zahlungen zu leisten haben.

Wenn hier Horrorszenarien von 1,5 Milliarden € gezeichnet werden: Sie wissen ganz genau, das ist doch reine Spekulation! (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das sind kei­ne Horrorszenarien!) Sie wissen nicht, wie hoch 2012 die Emissionen sein werden, Sie wissen nicht, wie viel die Tonne CO2 dann kostet. Sie verbreiten hier Horrorzahlen, die so nicht stimmen, und ich weiß nicht, warum Sie das tun. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das sind keine Horrorzahlen!) Ihnen geht es offensichtlich nur um Funktionen irgendwelcher Minister und nicht um die konkrete Arbeit.

Tatsache ist – und deswegen brauchen wir ein Klimaschutzgesetz, und deswegen müssen wir Anstrengungen unternehmen –, dass mein Ziel ist, und das muss unser al­ler Ziel werden, dass wir bis zum Jahr 2012 noch möglichst viel Treibhausgase redu­zieren, damit wir dann keine Emissionszertifikate zukaufen müssen. Daher gilt es, sich ab heute sofort anzustrengen. Das sei an die Adresse all jener gesagt, die bisher in Österreich zum Klimaschutz noch nichts beigetragen haben.

Weil Sie hier sagen, dass Umweltmusterland Österreich werde hier sozusagen zu Gra­be getragen, gibt es nicht mehr, darf ich schon ein paar Beispiele erwähnen, wo wir da­rauf stolz sein können, was wir in der Umweltschutzpolitik erreicht haben:

Wir verwenden zum Beispiel nach wie vor keine Atomenergie, keine Kernenergie, und da gibt es genug, die sagen, wir sollten das auch in Österreich tun – machen wir nicht! (Abg. Dr. Pirklhuber: Wer sagt, dass wir das tun sollen?)

Zweiter Punkt: Österreich ist als einer der wenigen Staaten in Europa und in der Welt gentechnikfrei im Anbau, und wir kämpfen darum, dass wir gentechnikfrei im Anbau bleiben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Nächste Punkte: Österreich belegt den ersten Platz bei der biologischen Landwirtschaft mit einer Fläche von 17,5 Prozent. 90 Prozent der agrarischen Fläche werden umwelt­freundlich bewirtschaftet. Wir haben einen Spitzenplatz in Europa bei der Abwasserent­sorgung, bei der Kanalisation – und haben damit Trinkwasserqualität unserer Seen. Wir nehmen bei der Beimischung von Biokraftstoffen in Europa den dritten Platz ein und bei der Verwendung von erneuerbaren Energieträgern den vierten Platz in Europa.

Also so schlecht ist Österreich im Umweltbereich nicht aufgestellt. Mir geht es, noch einmal, nicht darum, etwas zu beschönigen, sondern darum, die Leistungen meiner


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Vorgänger und vieler Frauen und Männer, die im Umweltschutz erfolgreich waren, zu würdigen – was es wiegt, das hat’s – und vor die Bühne zu bitten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Tatsache ist auch, dass der Klimawandel und der Klimaschutz eine Riesenchance und keine Belastung sind (Abg. Mag. Brunner: Aber da muss man etwas tun!), und darum geht es mir, seit ich Minister bin, das darzustellen, nämlich dass wir sogar Ökonomie und Ökologie vereinbaren können. Und ich bin stolz darauf, dass mir das beim Umwelt­verträglichkeitsprüfungsgesetz gelungen ist, einer extrem sensiblen Materie, wo es mir darum gegangen ist, Ökonomie und Ökologie in Ausgleich zu bringen und zu sagen, ja, wir wollen die Wasserkraft als einen erneuerbaren Energieträger nutzen, aber gleich­zeitig auch die Bürgerrechte wahren, Natur- und Umweltschutz und Wasserschutz wahren. Das ist gelungen, auch dank Ihres Beschlusses dann im Nationalrat. So ver­stehe ich Klimaschutzpolitik und Umweltpolitik in Verbindung mit Ökologie und Ökono­mie. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir arbeiten mit Hochdruck nicht nur am Klimaschutz in Österreich, sondern beispiels­weise auch an der Energiestrategie für Österreich, Kollege Mitterlehner und ich, wie wir das erste Zwischenziel 34 Prozent erneuerbare Energie in Österreich bis 2020 errei­chen. Hier sind wir auf einem guten Weg, wir werden das präsentieren, und das ist un­ser Beitrag zum Klimaschutz in Österreich.

Ich bin im Übrigen dafür, ein energieautarkes Österreich zu haben, dass wir sämtliche Energie im eigenen Land erzeugen. Ich weiß, dass das nicht von heute auf morgen geht, aber es ist eine Perspektive, die wir haben, die uns in Österreich Green Jobs schafft, gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Und ich trete an, diese Perspektive zu nutzen.

Zu Kopenhagen. Der Unterschied zu den USA ist: Die USA haben bisher noch keiner­lei Verpflichtungen – Österreich hat diese Verpflichtungen, und Österreich wird das Ky­oto-Protokoll, so gut es geht, einhalten und erfüllen. Pacta sunt servanda! Wir sind ein­gebunden im europäischen Kreis der Staaten und haben als einzige Region der Welt ein Angebot für Kopenhagen, nämlich dass wir bis 2020 Treibhausgase reduzieren und mehr erneuerbare Energie erzeugen. Andere Regionen der Welt tun das nicht.

Ich hoffe, und darum kämpfe ich auch mit meinen Kollegen in Kopenhagen, dass wir ein Weltklimaschutzabkommen erreichen, wo auch Österreich seinen Teil dazu bei­trägt. Daher rufe ich Sie hier im Hohen Haus auf, ja fordere Sie auf, dass wir gemein­sam in einem Schulterschluss für den Klimaschutz kämpfen und uns nicht gegenseitig anagitieren, dass wir gemeinsam und geschlossen auftreten, um in Kopenhagen einen Erfolg zu haben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

9.28


Präsident Fritz Neugebauer: Die Redezeit aller weiteren Redner in der Aktuellen Stunde beträgt je 5 Minuten.

Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte.

 


9.28.47

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben diese Erde, auf der wir wohnen, nur ein Mal, und wir le­ben nicht in der Generalprobe, sondern im Ernst, und es gibt auch keinen Reset-Knopf, um neu starten zu können. Darum ist eine engagierte Klimapolitik auf jeden Fall not­wendig, und das natürlich auch – ich möchte dort anschließen, wo Sie aufgehört ha­ben, Herr Minister – auf europäischer Ebene. Ich glaube, dass wir die letzten paar Ta­ge, die wir noch haben, bis die COP in Kopenhagen beginnt, alles unternehmen müs­sen, dass wir wirklich zu einem verbindlichen, einem rechtsverbindlichen Vertrag kom-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 30

men und nicht zu politischen Absichtserklärungen und nicht zu einem prinzipiellen Zeit­rahmen. So weit waren wir in Bali vor zwei Jahren schon einmal, und wir haben einfach keine Zeit mehr zu verlieren.

Wir haben wirklich Nägel mit Köpfen zu machen. Wir haben darauf zu schauen, dass wir die Treibhausgase senken. Ja, das wird Geld kosten, aber nur dann werden wir es schaffen, den Temperaturanstieg im Schnitt auf zwei Grad Celsius zu beschränken, nur dann werden wir nicht mit Auswirkungen zu kämpfen haben, von denen wir jetzt noch gar nicht träumen können, glaube ich. Wenn wir jetzt nichts tun, wird sich am En­de dieses Jahrhunderts möglicherweise das, was wir momentan als Krise bezeichnen, in der Relation als „Krislein“ herausstellen.

Ich möchte jetzt aber zu Österreich kommen und möchte einerseits über die Frage von Seriosität und andererseits über die Frage von aktiver Klimapolitik sprechen. Lassen Sie mich mit dem beginnen, was nicht seriös ist!

Ich zitiere eine Presseaussendung vom 3. November, und zwar vom Abgeordneten Hofer von der FPÖ:

„Der geplanten Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen in der Höhe von 35 Milliar­den € für Entwicklungsländer steht der freiheitliche Umweltsprecher NAbg. Norbert Ho­fer sehr ablehnend gegenüber und spricht in diesem Zusammenhang schlichtweg von Wahnsinn (...).“

Lassen Sie mich auch das BZÖ zitieren; am 9. November Klubobmann Bucher:

„Schwere Kritik übt Bucher aber an den Plänen der europäischen Staaten, den Ent­wicklungsländern jährlich 100 Milliarden € für Klimaschutzmaßnahmen zu überweisen. (...) Das ist inakzeptabel.“

(Abg. Scheibner: Haben Sie nichts selber zum Sagen, müssen Sie da jetzt vorlesen?)

Am 4. November hat hier in diesem Saal eine Veranstaltung zum Thema Klimaschutz stattgefunden. Im Zuge dessen ist ein Antrag im Umweltausschuss eingebracht wor­den, am Nachmittag desselben Tages, wo genau jener Punkt enthalten ist, nämlich dass man einen internationalen Lastenausgleich betreibt und dass die Länder, die den Klimawandel verursacht haben, jenen Ländern, die jetzt am meisten darunter leiden, fi­nanziell unter die Arme greifen, was Anpassungsmaßnahmen betrifft.

Die Abgeordneten von BZÖ und FPÖ stehen hier und sagen, ja, natürlich, die Anlie­gen der jungen Menschen sind uns total wichtig, natürlich stimmen wir diesen Anträgen zu – und tun das am Nachmittag in der Tat auch und stimmen damit genau dem zu, was die FPÖ am Vortag als „Wahnsinn“ bezeichnet hat und das BZÖ – die brauchen immer ein bisschen länger – eine Woche später als „inakzeptabel“ bezeichnen wird. (Rufe bei der SPÖ: Hört! Hört!)

Ich bin Ihnen wirklich dankbar für diese unglaubliche Vorführung, wie wenig ernst Sie zum Ersten junge Menschen nehmen (Abg. Scheibner: Hauptsache Sie!), wie wenig ernst Sie wirklich Inhalte nehmen. Es geht Ihnen nicht um Inhalte, Sie haben überhaupt keine Inhalte, es geht Ihnen immer nur rein um Populismus. Dieses peinliche Schau­spiel entlarvt Sie, das ist wunderbar. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Einzige, was Sie in der Lage sind zu tun, ist, Menschen gegeneinander auszuspie­len, sei es in Österreich oder sei es auf internationaler Ebene, im globalen Kontext. Sonst können Sie nichts! Dann werfen Sie ein paar neurolinguistische Nebelgranaten hinterher, vermixen ein paar Begriffe, verwechseln JI/CDM mit internationalen Maßnahmen und Entwicklungspolitik und glauben, es merkt niemand. (Ruf bei der FPÖ: Wir werfen keine Granaten!)


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Was Sie tun, ist, die Leute für dumm zu verkaufen. Aber die Leute sind nicht dumm! Die Leute wissen, was Sie tun. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Ih­re Reaktion zeigt, wie recht ich mit meiner Analyse habe. Ich bin Ihnen wirklich, wirklich dankbar. – So weit zur Seriosität.

Zur Frage der aktiven Klimapolitik. Wir von der SPÖ bekennen uns natürlich zu einem internationalen Lastenausgleich und dazu, dass die Verursacher auch bei der Bewälti­gung der Schäden mitzahlen. Natürlich bekennen wir uns dazu, dass es ein Bundeskli­maschutzgesetz geben muss, aber bitte eines, das nicht den Auftrag zur Diskussion er­teilt, sondern eines, wo es einen klaren Zeitplan, klare Maßnahmen und eine klare Rol­lenverteilung zwischen Bund, Ministerien, Ländern, Gemeinden und anderen gibt und das nicht wieder alles auf die lange Bank schiebt.

Wir brauchen dringendst ein Energieeffizienzgesetz. Das Sparen von Energie ist un­ser größtes potentielles Kraftwerk, das wir haben. Wir brauchen endlich ein neues Ökostromgesetz, das die Technologien fördert, und wir brauchen eine Senkung von Treibhausgasen hier im Inland mit vielfältigen Maßnahmen. Das schafft Arbeit, das schafft Wertschöpfung, das hebt die Lebensqualität, und es hilft uns wirklich, hier unse­re Treibhausgase zu senken.

Abschließend: Herr Umweltminister, ich würde mir erwarten, dass Sie dem nachkom­men, was wir in der Koalitionsvereinbarung festgeschrieben haben, nämlich dass es mehr Geld geben soll für die Förderung der sehr vielen Anträge in Sachen Klima­schutz, Geld, um diesen Rucksack an Anträgen abzubauen, Geld, um Maßnahmen in Österreich zu setzen, und ich würde Sie bitten, dieses Geld endlich vom Finanzminister lockerzumachen. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

9.34


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Schultes. – Bitte.

 


9.34.41

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzter Herr Bundesminister! Geschätztes Hohes Haus! Wir alle miteinander disku­tieren engagiert das Thema Kopenhagen und haben dabei die große Hoffnung, dass die Regierungschefs dieser Welt zu einem gemeinsamen Ergebnis kommen, dass letztendlich unsere Anstrengungen zu einem sinnvollen Ergebnis führen. Denn wenn wir uns alleine anstrengen und sonst niemand etwas tut, dann – und das wissen wir ganz genau – werden wir diese Erde nicht retten können.

Für uns ist es wichtig, dass wir das, was wir tun, ernsthaft machen und so zu guten Er­gebnissen kommen. Vor Jahren hat Umweltminister Martin Bartenstein, 1990, für Ös­terreich ein Ziel von 13 Prozent Reduktion akzeptiert – zu einer Zeit, als viele, die da­mals in diesem Hohen Haus gesessen sind, gesagt haben, diese Zahlen sind ein abso­luter Wahnsinn, das geht doch nicht, das werden wir nie erreichen. Mag sein, einige davon haben vielleicht recht gehabt, es ist nicht gelungen, das Ziel zu erreichen, aber es ist gelungen, damit wichtige Entwicklungen auszulösen und in Gang zu setzen. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Die anderen haben 13 Prozent geschafft, übererfüllt!)

Wir haben seither in vielen Bereichen die Ziele, die wir uns gesetzt haben, erreicht. Die gemachten Vorgaben wurden von der Industrie erfüllt, das wissen Sie. Die Vorgaben wurden von der Energiewirtschaft erfüllt, soweit das möglich war. Die Landwirtschaft hat die Ziele erreicht. Wir wissen, dass die Abfallwirtschaft die Ziele erreicht hat.

Wenn wir uns jetzt die ressortmäßige Zuordnung anschauen, liebe Frau Glawischnig: Sie wissen ganz genau, dass die Ressorts, die erfolgreich waren, jene Ressorts waren, wo Umweltminister der Österreichischen Volkspartei das Sagen gehabt haben. Geben Sie es zu! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei den Grünen.)


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Wir wissen heute, dass wir diese Themen viel ernster betrachten müssen als vielleicht vor 15 oder 20 Jahren, weil wir wissen, dass die Vorhersagen der Auswirkungen tat­sächlich eintreffen könnten. Die Vorhersagen werden immer mehr ernst genommen, und daher sind sie für mich und für viele andere Menschen bindend.

Wir wissen aber auch, dass es unendlich teuer ist, das Klima zu verändern, denn wir tun es dadurch, dass wir Öl kaufen, Gas kaufen, Kohle kaufen, Brennstoffe kaufen, aus Ländern, von denen wir relativ wenig Freundschaft erwarten können. Oder glauben Sie, dass uns Kasachstan helfen wird, wenn wir ein Arbeitsplatzproblem haben? – Nein, das ist nicht der Fall. Und daher ist der wichtige zweite Aspekt unserer Bemühun­gen: weg vom Öl, weg von der Kohle, weg vom Gas hin zu den erneuerbaren Energie­quellen. Vergessen wir die Energieträger, die man nur einmal anbrennen kann und die dann für immer verloren sind! Wenden wir uns den Energiequellen zu, die wiederkeh­ren! (Abg. Mag. Brunner: Sie beschließen ein Ökostrom-Verhinderungsgesetz!)

Und da sind wir bei einem Punkt angelangt, bei dem es sehr spannend wird, wo es nämlich um die Frage geht: Wer hat uns beim Ausbau der Wasserkraft geholfen? – Al­so die Grünen waren es ganz sicher nicht. (Beifall bei der ÖVP.)

Liebe Frau Glawischnig, reden wir da nicht herum: Wenn es ein Projekt gibt, dann steht sicher ein Grüner dort, der sagt: Aufhören, aufhören, aufhören!, und nicht: Jawohl, das Projekt wollen wir, wir wollen mithelfen, dass es zustande kommt! (Abg. Dr. Glawisch­nig-Piesczek: Sie verhindern neue Kraftwerke! Wir kämpfen für neue Kraftwerke! Sie verhindern sie!) Die Parlamentsgrünen wissen ganz genau, was sie wollen: Sie wollen ein Spektakel, aber nicht die Lösung! (Beifall bei der ÖVP.)

Nächstes Thema. Wir wissen, dass wir das größte Problem mit dem Verkehr haben. Was hat im Verkehr eine echte wirksame Verbesserung gebracht? Das waren Biosprit und Biodiesel. Wir haben damit rund 1,5 Millionen Tonnen CO2 in diesem Bereich ein­gespart. Wer ist dagegen? – Natürlich die Grünen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhu­ber.) Wer ist dagegen? – Auch die Konsumentenschützer. Das ist eine Frage, die wir in Österreich diskutieren müssen, wenn wir hier weiterkommen wollen, denn ich meine, man muss auch positive Ergebnisse gelten lassen.

Ein anderer Bereich: Ökostromgesetz. Wer ist dagegen? – Die Konsumentenschützer bis hinauf nach Brüssel. Haben uns die Grünen dabei geholfen? – Nein, sie haben nur Forderungen gestellt, die jenseits der Wirklichkeit sind. (Abg. Mag. Brunner: Sie ma­chen ein Ökostrom-Verhinderungsgesetz!)

Wenn man sich die Gegebenheiten in der Realität anschaut, muss ich sagen, wir ha­ben genug Möglichkeiten beim Einsparen, wir haben genug Möglichkeiten in der Ver­sorgung, und vor allem haben wir genug Möglichkeiten, mit dem Ausbau erneuerbarer Energieträger in Österreich nachhaltig und dauerhaft Arbeitsplätze zu schaffen und si­cherzustellen, dass das Geld, das dafür ausgegeben wird, unseren Menschen in Öster­reich zugute kommt.

Können Sie sich vorstellen, was bei einer Heizkessel-Aktion, die im Hintergrund von der OMV finanziert worden ist, im letzten Jahr abgegangen ist?

Über 800 000 Menschen haben noch Heizkessel, die Öl verbrennen, im Keller. 5 700 Heiz­kessel wurden mit einer Förderung von 1 000 € getauscht, die aus der Ölwirtschaft fi­nanziert wurde. Damit hat man 5 700 Haushalte auf die nächsten 15 Jahre an die Öl­wirtschaft angehängt! (Zwischenruf der Abg. Mag. Brunner.) Das Öl, das dort ver­brannt wird, wird uns zwischen 13 und 14 Millionen € an Strafzahlung kosten. Da frage ich Sie: Wo sind die Konsumentenschützer, wo sind die Grünen, um das aufzuzeigen? (Abg. Dr. Pirklhuber: Ändern, nicht jammern!) Wir haben noch genug Arbeit für die Welt, aber noch mehr für Österreich. (Beifall bei der ÖVP.)

9.40



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 33

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Hofer. – Bitte.

 


9.40.28

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Bayr, das hat Sie also wirklich bewegt, dass ich die­sem Antrag, der im Zuge der Veranstaltung „Jugend.Klima.Parlament“ im Umweltaus­schuss eingebracht worden ist, zugestimmt habe. (Zwischenruf der Abg. Bayr.) Ich ha­be Ihnen im Ausschuss schon erklärt, warum ich zugestimmt habe, aber Sie haben es nicht verstanden, Sie haben wieder Ihre Erregung öffentlich dargelegt.

Noch einmal, Frau Kollegin Bayr: Sie gehören einer Partei an, der SPÖ (Abg. Bayr: Ein-35-Millionen-€-Spagat! Gratuliere!), die, glaube ich, den Chef der OMV stellt, den Herrn Scholten. (Abg. Krainer: Der Herr Scholten hat mit der OMV überhaupt nichts zu tun!) Und wissen Sie, warum wir im Bereich des Klimaschutzes in Österreich nichts weiterbringen? (Abg. Krainer: Was hat der Scholten damit zu tun?!) Weil es diese en­ge Verflechtung zwischen der SPÖ und den Energieversorgungsunternehmen gibt, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Bayr.– Der Herr Kollege Ruttenstorfer ist es, danke für die Korrektur.

Und so gibt es eben viele tolle Positionen, die von den Ihrigen, von Ihren Parteigängern eingenommen werden, und genau das ist der Grund, warum im Klimaschutz nichts weitergeht. Fragen Sie den Herrn Ruttenstorfer! (Abg. Bayr: Reden Sie doch einmal über Inhalte!) – Frau Kollegin Bayr, da hilft das ganze modische Outfit nichts, man kann nicht überdecken, dass man von der Sache einfach keine Ahnung hat, und das ist bei Ihnen einfach so. Das ist einfach so! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten des BZÖ. Zwischenrufe bei der SPÖ. Abg. Ing. Westenthaler: Es ist ja heute Pho­totermin!)

Meine Damen und Herren, jetzt aber zur Sache! (Ruf bei der SPÖ: Das ist sexis­tisch!) – Nein, das ist nicht sexistisch. Das ist nicht sexistisch, nein, nein, nein! (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Frau Kollegin Bayr hat von dieser Materie einfach keine Ahnung, und wenn sie ein Mann wäre und Herr Bayr heißen würde, hätte sie auch keine Ahnung. Das macht überhaupt keinen Unterschied, meine Damen und Herren! (Abg. Silhavy: Sie sind peinlich bis zum Geht-nicht-Mehr!)

So, jetzt aber zum Klimagipfel in Kopenhagen. Meine Damen und Herren, Kopenhagen ist in Wirklichkeit heute schon gescheitert. Das ist eine Tatsache, die wir einem ehema­ligen Hoffnungsträger verdanken. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Jetzt hö­ren Sie doch auf, immer hereinzukeifen! Man versteht ja das eigene Wort nicht mehr. Ein bisserl leiser sein, sich ein bisserl weniger erregen, und schauen Sie nicht so böse, Frau Kollegin – nicht so böse schauen! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten des BZÖ. Zwischenrufe bei der SPÖ. Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Meine Damen und Herren, Kopenhagen ist in Wirklichkeit gescheitert, das ist eine Tat­sache, und das verdanken wir einem ehemaligen Hoffnungsträger der Politik, dem Herrn Barack Hussein Obama, der beschlossen hat, mit asiatischen Freunden den gesamten Klimagipfel einfach scheitern zu lassen. Eine große Enttäuschung, dieser Präsident der Vereinigten Staaten, der angetreten ist, um die Welt ... (Ruf bei der SPÖ: ... rassis­tisch!) – Das ist doch nicht rassistisch! Wenn der Herr Obama ein Chinese wäre oder ein Weißer oder was auch immer, wäre er genauso gescheitert. Ich kann nichts dafür, dass der Herr Obama „Hussein“ heißt! Er heißt einfach so, Frau Kollegin! Er heißt so.

Meine Damen und Herren, dieser Klimagipfel von Kopenhagen wurde also von Obama und seinen asiatischen Freunden im Vorfeld abgedreht. Tatsache ist nun, dass uns die gesamte Kyoto-Sache bisher 600 Milliarden € gekostet hat – 600 Milliarden €, meine


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Damen und Herren! –, und jetzt bleiben wir auf halbem Wege stehen und machen ein­fach nicht weiter.

Sie werden vielleicht auch bei Podiumsdiskussionen oft hören, dass gesagt wird, der Mensch habe ja kaum Einfluss auf den Klimawandel. Da gibt es zwei Meinungen in der Wissenschaft. Ich bin der Meinung, der Mensch hat Einfluss auf den Klimawandel, aber ich unterstreiche auch immer, dass sich Österreich unabhängig davon, wie groß der Einfluss des Menschen ist, selbst entscheiden muss, seine eigenen erneuerbaren Ressourcen zu nutzen. Und wenn wir das tun, meine Damen und Herren, dann stellt sich das Problem des Klimaschutzes gar nicht, weil alle erneuerbaren heimischen Res­sourcen, die wir haben, auch CO2-neutral sind.

Daher müssen wir hier diesen mutigen Schritt setzen und uns endlich von allem freima­chen, was uns in eine Abhängigkeit treibt, vom „fossilen Tropf“, aber auch von der Kernkraft, denn erneuerbares Uran steht uns nur begrenzt zur Verfügung, meine Da­men und Herren, und wenn wir heute neue Atomkraftwerke bauen, dann müssen wir wissen, dass in 45 Jahren erneuerbares Uran einfach nicht mehr zur Verfügung steht.

Wenn die Grünen nun einfordern, dass wir eine CO2-Steuer in Österreich einführen, dann möchte ich darauf hinweisen, dass es ein falscher Weg ist, zu bestrafen. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Eine Umstellung des Energiesteuersystems auf CO2-Steuer!)

Wir müssen einen anderen Weg gehen – das haben wir auch beantragt –, nämlich je­nen, eine Änderung der Mehrwertsteuerrichtlinie umzusetzen, die sicherstellt, dass Energie aus heimischen Ressourcen, aus erneuerbaren Ressourcen anders besteuert wird als Energie aus Ressourcen, die endlich sind. Das heißt, unsere Wasserkraft – ich weiß, die Grünen sind nicht für die Wasserkraft; ich hingegen bin sehr dafür –, Wind­kraft, Photovoltaik, Geothermie, Biomasse, all das muss niedriger besteuert sein als Gas, Öl oder Kernkraft. Das wollen wir umgesetzt wissen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten des BZÖ.)

Erlauben Sie mir noch, einen Satz zur Glaubwürdigkeit der Politik in dieser Frage zu sagen. Wenn Frau Abgeordnete Bayr gerne mit dem Motorrad fährt, ist das auch nicht sehr klimafreundlich. Wenn Frau Abgeordnete Glawischnig gerne Golf spielt, ist das nicht ressourcen... (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek die sogenannte Scheibenwi­scherbewegung machend : Sie sind ein bisserl wo ang’rennt!) – Bitte wiederholen Sie, was Sie gesagt haben! Wer ist „an’grennt“?! Wer ist „an’grennt“, Frau Glawischnig?! (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Werden Sie endlich aufhören, immer private Sachen hineinzubringen?!) – Das ist Ihr Niveau, Frau Glawischnig: Sie haben einfach keines! (Beifall bei der FPÖ.)

Sie spielen gerne Golf, das braucht eine große Fläche. Sie fahren einen schönen BMW – ein tolles Auto –, Sie heizen mit Gas, Frau Glawischnig, das heißt, Sie sind ein­fach nicht glaubwürdig. Sie sind nicht glaubwürdig! (Beifall bei der FPÖ. Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Sie verbreiten Lügen, den ganzen Tag! Weitere Zwi­schenrufe bei den Grünen.)

9.46


09.46.10

Präsident Fritz Neugebauer: Frau Abgeordnete Glawischnig, hielten Sie eine Ent­schuldigung für angebracht? (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Nein! Er soll nicht über mein Privatleben ...!) – Dann erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Beifall bei der FPÖ. Abg. Dr. Jarolim: Das war aber eine erschreckende Rede! Eine erschreckende Rede war das!)

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Lugar. – Bitte.

 


9.46.25

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (BZÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Das Waldsterben, die Überbevölkerung – alles nicht eingetreten. Auch der Klimawan-


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del: Wer weiß, wird das überhaupt passieren? Vielleicht ist alles halb so schlimm, viel­leicht wird ja alles nicht so heiß gegessen wie gekocht. – Es gibt hier in diesem Haus genug Politiker, die das wirklich glauben. Es gibt weltweit genug Politiker, die wirklich glauben, dass das alles halb so schlimm wird. (Beifall beim BZÖ.)

Im Gegensatz dazu gibt es 2 500 – ich wiederhole: 2 500! – Wissenschafter, die sich sechs Jahre lang mit diesem Thema beschäftigt haben – sechs Jahre lang! – und zu dem Schluss gekommen sind, dass das sehr wohl so heiß gegessen wird wie gekocht, dass es sehr wohl gewaltige Probleme für die Menschheit geben wird. Das zu leugnen, ist anscheinend nur mehr bei einigen Politikern möglich, denn die Menschen draußen haben es schon begriffen – nur die Politiker noch nicht. Dass das so ist, sieht man da­ran, dass wir in Österreich ganz einfach nicht bereit sind, unsere Hausaufgaben zu ma­chen. (Beifall beim BZÖ.)

Der Herr Minister stellt sich heute hierher und sagt, die anderen seien schuld, denn wir waren so edel und haben uns ein Ziel gesetzt – okay, wir haben es nicht erreicht, aber wir haben uns zumindest ein Ziel gesetzt; die anderen haben das nicht einmal getan und deshalb sind die anderen schuld. – Es gibt auch keine Klimastrategie! (Bundes­minister Dipl.-Ing. Berlakovich: Das stimmt ja nicht! Es gibt eine Klimastrategie! 2007 beschlossen!)

Herr Minister Berlakovich stellt sich hierher und spricht von Energieautarkie. Der Herr Minister hat uns am Anfang dieses Jahres eine Klimastrategie versprochen (Bundes­minister Dipl.-Ing. Berlakovich: Es gibt sie! 2007 beschlossen! Ruf bei der FPÖ: Die kennt nur er!) – er hat sie versprochen und ist sie bis heute schuldig geblieben –, in der steht, wie wir das Kyoto-Ziel erreichen können und wie wir darüber hinaus noch weiter CO2 einsparen können.

Herr Minister, wenn Sie sich hierherstellen und behaupten, die Chinesen seien schuld, weil die Chinesen nicht so einsichtig seien, dann kann ich Ihnen nur sagen: Herr Mi­nister, die Chinesen emittieren 3,5 Tonnen pro Kopf an CO2. Wir emittieren das Dreifa­che, Herr Minister! Jetzt stellen Sie sich vor die Chinesen hin uns sagen: Ihr müsst eure Hausaufgaben machen! – Und ich sage Ihnen: Nein, Herr Minister, wir müssen unsere Hausaufgaben machen, wir müssen runter mit dieser CO2-Emission! (Beifall beim BZÖ. Abg. Ing. Westenthaler: Der Arnie wird schon helfen! Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Wenn man weiß, dass 2,5 Tonnen pro Mensch auf diesem Planeten pro Jahr das Ma­ximum an Ausstoß sind, was dieser Planet vertragen kann (Abg. Hörl: Fahrradl fahr’n!), und dass wir in etwa beim Fünffachen liegen, andere Länder beim 30-fachen, dann wissen wir, dass wir gewaltigen Handlungsbedarf haben. Es ist möglich, Herr Mi­nister, wir haben das vorgerechnet: Wir können energieautark werden – nicht erst 2030, sondern schon viel früher –, wir können bis zu 80 Prozent des CO2 einsparen, und wir können auch diese 2,5 Tonnen erreichen. Ich weiß, es ist nicht leicht, aber es ist möglich.

Jetzt stellt sich für einen normalsterblichen Bürger die Frage: Warum geht da nichts weiter? Wir haben heute schon gehört, dass die ÖVP-Minister dafür verantwortlich sind. Wir hatten ja in den letzten Jahrzehnten nur ÖVP-Minister, die hiefür verantwort­lich gezeichnet haben, und es ist nichts weitergegangen.

Und jetzt frage ich mich: Warum ist das so? Wenn ich im Ausschuss mit den ÖVP-Ab­geordneten spreche, habe ich das Gefühl, wir sind ohnehin alle auf einer Linie. Es gibt doch niemanden, der sich getraut, zu sagen: Es kann alles bleiben, wie es ist, es ist al­les in Ordnung. So jemanden gibt es ja gar nicht!

Aber trotzdem geht speziell bei der ÖVP nichts weiter. Warum ist das so? Ich kann Ih­nen ganz einfach sagen, warum das so ist: Weil die Energielobby – jene, die unwahr-


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scheinlich viel Geld damit verdienen, dass alles so bleibt, wie es ist – der ÖVP jeden Tag einflüstern, erneuerbare Energien funktionieren so nicht, das sei viel zu teuer, das sei nicht umsetzbar. – Und deshalb geht da nichts weiter.

Das heißt, die ÖVP muss sich endlich von der Energielobby, die ihr solche Dinge ein­flüstert, und vom Gängelband der Energiekonzerne befreien, die letztlich nur daran in­teressiert sind, dass alles so bleibt, wie es ist.

Noch etwas zu den Kosten: Erneuerbare Energien sind nicht teuer, und wir können uns auch nicht aussuchen, ob wir sie wollen oder nicht, weil wir sie brauchen werden. Des­halb, liebe ÖVP, sind wir bereit zu einem nationalen Schulterschluss. Wir sind bereit, allen Vorschlägen, die Sie hier bringen und die in die richtige Richtung gehen, zuzu­stimmen.

Packen wir es daher an, und packen wir es gemeinsam an! Nur dann können wir etwas Positives für Österreich erreichen. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

9.51


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Brunner. – Bitte.

 


9.52.03

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Herr Landwirt­schaftsminister! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Herr Landwirtschafts­minister, ich habe es, ehrlich gesagt, satt, hier immer wieder Ausreden zu hören: China tut nichts, die USA tun nichts, deswegen müssen wir auch nichts tun. (Beifall bei den Grünen.)

Ich habe es auch satt, Schlagworte wie Green Jobs und Klimaschutzgesetz zu hören, wenn gar nichts dahintersteht. Herr Bundesminister, Sie haben keine konkreten Vor­schläge gemacht. Schauen wir uns jetzt einmal konkret an, was Sie und die ÖVP in der Klimaschutzpolitik tatsächlich gemacht haben! (Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich: ... zugehört! Das ist das Problem!)

Herr Minister Berlakovich, Sie sind Landwirtschaftsminister und eigentlich auch für die Umwelt zuständig. Sie haben aber die Umweltverträglichkeitsprüfung der fossilen Wirt­schaft überlassen. Sie haben das Ökostromgesetz nach der fossilen Wirtschaft ausge­richtet, und die Klimapolitik machen Sie jetzt auch mit der fossilen Wirtschaft, und das ist untragbar. (Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich: Das stimmt ja nicht! Es werden alle eingebunden! NGOs werden eingebunden! Das stimmt ja nicht!)

Sie machen das ganz eindeutig. Im Umweltbudget sehen Sie heuer 52 Millionen € als Förderung für den CO2-Ausstoß vor und im nächsten Jahr 72 Millionen €. Ich ersuche Sie, uns zu erklären, welche Umweltpolitik das in diesen Zeiten ist, CO2-Ausstoß zu för­dern! Für Photovoltaik haben Sie kein Geld. (Beifall bei den Grünen. – Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich: Wovon reden Sie?!) Von Ihrem Umweltbudget rede ich!

Sie machen Klimaschutzpolitik mit der fossilen Wirtschaft aber auch im Geheimen, denn Österreichs Position für die entscheidende Klimakonferenz haben Sie geheim mit der fossilen Wirtschaft verhandelt. (Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich: Das stimmt ja nicht ...!)

Trotz mehrmaliger Aufforderung unsererseits um Klarstellung haben Sie dieses Papier dem Hohen Haus, dem Parlament bis heute nicht vorgelegt. Ich finde, das ist in der Kli­mapolitik ein Skandal. (Beifall bei den Grünen.)

Deshalb wundert mich unsere schlechte Klimabilanz auch überhaupt nicht, denn Ihre Politik und die Politik Ihrer Vorgänger schlagen eben jetzt einmal durch. Wir sind EU-weit Schlusslicht, und da von ambitionierten Zielen zu reden ist ja völlig widersinnig, denn wir haben kein Minus erreicht, sondern ein fettes Plus.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 37

Wir hätten 13 Prozent einsparen sollen, liegen jetzt aber fast schon bei 13 Prozent plus. Im Gegensatz zu anderen EU-Staaten, von denen Sie jetzt behaupten, dass sie die Zahlen nicht korrekt angegeben haben – nebenbei bemerkt: Sie behaupten da, dass andere Staaten lügen! –, sind wir ja nicht einmal in der Position, noch irgendwas zu beschönigen, weil unsere Bilanz einfach so katastrophal ist. (Beifall bei den Grü­nen. Abg. Neubauer ein Schriftstück, auf dem ein Balkendiagramm abgebildet ist, in die Höhe haltend : Die Wahrheit!)

Schauen wir uns unsere „ambitionierten“ Ziele einmal etwas genauer an! Wenn man sich nämlich unser Ziel von 1990, das Kyoto-Ziel bis 2012, und jetzt die neuen Ziele bis 2020, die auf Basis von 2005 berechnet werden, anschaut, dann kommt man insge­samt zu einem Ergebnis von 3 Prozent CO2-Einsparung. Die Österreicherinnen und Österreicher sollen auch einmal wissen, dass der Landwirtschaftsminister für das ehe­malige Umweltmusterland Österreich nur minus 3 Prozent in drei Jahrzehnten vorsieht. Das ist unglaublich! (Beifall bei den Grünen. Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich: Was behaupten Sie da schon wieder? Sie machen da Zahlenspielereien, die überhaupt nicht stimmen!) Nein, das können Sie nachrechnen. Wir rechnen Ihnen das gerne vor. (Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich: Das ist eine Märchenstunde!)

Ihre Klimapolitik und die Bilanz, das Ergebnis jetzt, sind traurig, denn man muss sagen, Sie haben den Ernst der Lage nicht erkannt. Es gibt bereits 300 000 Opfer des Klima­wandels. Das übersehen Sie völlig, auch den Ernst der Lage in Österreich – und das gerade als Landwirtschaftsminister! Ich denke, mit 4 Grad Erwärmung wird die Land­wirtschaft massive Probleme haben. Sie haben aber auch die Chancen nicht erkannt, sprich: erneuerbare Energie. Ganz abgesehen davon ist unsere internationale Bilanz einfach auch peinlich. Ich sehe eigentlich nicht ein, dass wir als Österreicherinnen und Österreicher uns international genieren müssen.

Ich denke da an die 10 000 Leute, die eine Photovoltaik-Förderung haben wollten – für die hatten Sie kein Geld –, ich denke an die Jugendlichen, die sehr engagiert sind und vor Kurzem hier bei uns im Haus waren. Wie kommen die dazu, sich international ge­nieren zu müssen? Die Österreicherinnen und Österreicher sind sehr umweltbewusst, und ich möchte an alle appellieren, weiterzumachen. Irgendwann werden auch die Bundesregierung und der Landwirtschaftsminister wieder Umweltpolitik machen. (Bei­fall bei den Grünen. Abg. Mag. Kogler: Aufwachen!)

Wenn Sie jetzt sagen, wir erreichen unsere Kyoto-Ziele doch, dann bedeutet das, dass uns das 1 Milliarde € kosten wird. Das können wir auch vorrechnen: Wir sind 20 Millio­nen Tonnen drüber, das sind 100 Millionen Tonnen in der ganzen Periode, mit einem durchschnittlichem Preis von 10 € sind das 1 Milliarde €. Sie haben auch nicht erklärt, wie Sie das aufbringen werden und wie Sie das machen werden. (Präsident Neuge­bauer gibt das Glockenzeichen.)

Die Umweltpolitik in Österreich hat versagt. Ich fordere die ÖVP auf, das Umweltminis­terium freizugeben, damit wir Klimaschutzpolitik machen können. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich bekräftige: Österreich braucht ein unabhängiges, starkes und engagiertes Umweltministerium. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

9.57


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Auer. – Bitte.

 


9.57.34

Abgeordneter Mag. Josef Auer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn ich mir anschaue, wie wenig Leute auf der Galerie Platz genommen haben, muss ich sagen, das ist eigentlich trau­rig und ein Spiegelbild dessen, dass das Thema Klimaschutz relativ wenig Interesse hervorruft. (Abg. Scheibner: Da müssen Sie bessere Redner runterschicken! Die Men­schen sind nach der Rede von Frau Abgeordneter Bayr aus dem Saal geflohen!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 38

Wenn ich mir die erste Reihe bei der FPÖ anschaue: Klubobmann Strache war nur ein paar Minuten hier und dann schon wieder weg. (Rufe bei der FPÖ: Wo ist Ihr Klubob­mann? Wo ist Cap? Wo ist die Frau Präsidentin?) Das ist ein Spiegelbild dessen, dass dieses Thema offensichtlich nicht so wichtig ist.

Ich möchte auf ein paar Fakten eingehen. Klimaschutz ist auf alle Fälle eine Frage der Energie, nämlich ob wir Energie verbrauchen, ob wir wenig oder viel verbrauchen, und eine Frage der Energieerzeugung.

Von 1950 bis ins Jahr 2000 ist der Weltenergieverbrauch um sage und schreibe 1 000 Prozent gestiegen. Der Wohlstand, wie wir ihn in unserer westlichen Welt ge­wohnt sind, ist eindeutig eine Frage der Energie. Das sieht man auch bei der Vertei­lung der Energieressourcen. Ein Sechstel der Weltbevölkerung, die Industrieländer, verbrauchen 50 Prozent der Energie. (Abg. Neubauer: Wo ist der Herr Cap?!) Unsere Zukunft – sowohl die des Klimas als auch die wirtschaftliche Entwicklung – hängt von der Lösung des Energieproblems ab.

Eine kurze politische Bewertung – aber ohne parteipolitisches Hickhack, ich möchte nur ein paar Fakten aufzeigen –: Es war ein bisschen Hü-Hott, wenn ich das so sagen darf. Das Klimaschutzgesetz wurde ja schon vom jetzigen Finanzminister, vom damali­gen Umweltminister Pröll versprochen. Auch Sie, Herr Minister Berlakovich, haben ge­sagt – das haben Sie auch heute wieder erneuert –, wir brauchen ein Klimaschutzge­setz. Wir von der SPÖ sind auf alle Fälle bereit dazu und werden Sie mit voller Tatkraft dabei unterstützen.

Im März 2005 hat sich der damalige Umweltminister Pröll gemeinsam mit den europäi­schen Ministerkollegen eindeutig für eine Reduktion der Treibhausgase ausgespro­chen, aber dann hat ihn der damalige Kanzler Schüssel wieder zurückgepfiffen, was si­cher nicht gut war.

Was können wir insgesamt machen? – Ich glaube, es braucht da mehrere Säulen, es braucht da einen Mix an Maßnahmen.

An dieser Stelle möchte ich nun auch ein bisschen auf die Umweltpolitik der Grünen eingehen und Folgendes festhalten: Wir brauchen da, wie gesagt, viele Säulen, wir brauchen eine intelligente und sparsame Nutzung von Energie, und zwar sowohl im privaten Bereich als auch ganz stark vonseiten der Wirtschaft. Aber – und da schaue ich in Richtung ÖVP – wir dürfen natürlich die Wirtschaft nicht knebeln, weil wir letzten Endes alle Teil der Wirtschaft sind.

Es braucht eine deutliche Verbesserung bei der Energieeffizienz. Es braucht einen Ausbau bei den erneuerbaren Energieformen. Zum Beispiel müssen Fernkälte und Fernwärme in den städtischen Bereichen noch mehr ausgebaut werden. Vor allem müssen weitere Verkehrsmaßnahmen gesetzt werden. Insbesondere der öffentliche Verkehr muss noch stark ausgebaut werden.

Der Fraktion der Grünen möchte ich – auch als Tiroler – sagen: Die Wasserkraft müs­sen wir in Zukunft verstärkt ausbauen (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP); das ist heu­te schon angeschnitten worden. Beim Ausbau der Wasserkraft werden wir aber leider von der grünen Fraktion nicht unterstützt. In Graz sind die Grünen, Herr Kogler, vehe­ment gegen den Ausbau der Wasserkraft. Bei uns in Tirol verhält es sich genauso; das weiß ich noch aus meiner Zeit als Landtagsabgeordneter. Das halte ich für nicht gut.

Das naturwissenschaftliche Denken – das möchte ich auch als Lehrer sagen – muss eindeutig gestärkt werden. Damit hängt auch zusammen, dass der Bevölkerung gar nicht bewusst ist, wie schwierig die Situation im Energiebereich ist und wie viel an Energie wir sparen könnten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 39

Nur ein Beispiel: Wenn ich jetzt fragen würde: Braucht es viel Energie, um einen Liter Wasser um 1 Grad zu erwärmen?, dann würde jeder sagen: Dazu braucht man nicht viel Energie! Wenn ich aber einen Liter Wasser zum Kochen bringe, dann brauche ich neunzig Mal so viel. Und um einen Liter Wasser nur um 1 Grad zu erwärmen, brauche ich gleich viel Energie, wie ich brauche, um 1 Kilogramm Wasser auf eine Höhe von 420 Meter zu schießen oder auf eine Geschwindigkeit von 330 km/h zu beschleunigen. Dann sagt natürlich jeder: Oh, das ist aber sehr viel Energie!

Genau das müssen wir den Leuten noch viel, viel stärker bewusst machen! Denn: Nur dann – dies sei vor allem an die Adresse der Grünen gerichtet –, wenn der Bevölke­rung bewusst ist, was alles wir im Energiebereich einsparen können, was da an Ener­giesparpotenzial möglich ist, werden wir auch die nötigen Schritte dazu setzen können, weil wir das nur gemeinsam mit der Bevölkerung und nicht gegen sie machen können. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Unsere Maßnahmen müssen von der Bevölkerung getragen werden – und da sollten Sie von den Grünen nicht ständig sozusagen dagegenschießen. (Abg. Mag. Kogler: Fragen Sie doch Ihre Lobbyisten von der OMV!) Leider machen Sie das allzu oft. Damit machen Sie eigentlich auch Lobbying für den Atomstrom, wenn Sie den Ausbau der Wasserkraft zu verhindern versuchen. (Abg. Mag. Kogler: Sie baden ja im Öl! Was re­den Sie denn da?! Das ist ja unglaublich, diese Rede! – Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

An den Minister gerichtet: Ich hoffe, dass wir gemeinsam – Sie an der Front, Herr Mi­nister – ein neues Klimaschutzgesetz zustande bringen. Wir von der SPÖ sind bereit, daran kräftig mitzuarbeiten. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

10.03


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mayer. – Bitte.

 


10.03.19

Abgeordneter Peter Mayer (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister Niki Berlakovich! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Klimaschutz ist ohne Zweifel ein Thema, das uns alle bewegt – und uns alle bewegen sollte. Es ist auch eine gute Sache, wenn hier eine Aktuelle Stunde zu diesem Thema stattfindet. Nur: Wenn dieses Thema, das von den Grünen aufgegriffen wurde, so wichtig ist, dann frage ich mich: Wo ist eigentlich jetzt die Fraktionsobfrau der Grünen? Sie ist nämlich hier im Saal nicht anwesend. (Oh-Rufe bei der ÖVP.)

Ja, wir müssen der Realität ins Auge sehen: Wir hinken hinterher, was die Klima­schutzziele betrifft. Aber warum sind wir da Schlusslicht im Vergleich zu anderen Mit­gliedstaaten der EU?

Erstens: Andere Länder, die besser sind als wir, verwenden Atomstrom – was wir in Österreich nicht wollen, denn Kernenergie ist keine nachhaltige Energieform.

Zweitens: Wir haben große Probleme, was den Verkehrsbereich betrifft. So haben wir zum Beispiel einen Tanktourismus, der immerhin für 30 Prozent der Emissionen in die­sem Bereich verantwortlich ist. (Abg. Dr. Moser: Was tun Sie dagegen?) Ich komme aus dem Innviertel, wo ich an der Grenze zu Bayern fast tagtäglich lange Autoschlan­gen vor den Tankstellen erlebe, und darunter sind viele Autos mit deutschem Kennzei­chen. Dem Finanzminister gereicht das natürlich zur Freude – es gibt selten einen Nachteil ohne einen Vorteil –, denn der lukriert dadurch 1,5 Milliarden € aus der Mine­ralölsteuer. (Abg. Dr. Moser: Das ist nur eine Frage der Entscheidung von Pröll!)

Drittens: Wir haben Handlungsbedarf, was die thermische Sanierung und den Heizkes­seltausch betrifft. Mein Vorredner Hermann Schultes hat es bereits erwähnt: Es wurden heuer wieder 5 700 Ölheizkessel in den Haushalten angeschafft, und daher fordere ich, nur mehr erneuerbare Energieträger im Heizungsbereich zu fördern. (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 40

Damit bin ich beim nächsten Thema: Ökostrom und erneuerbare Energieträger. – Wir erlebten zwei Jahre Stillstand, was die diesbezügliche Novelle betrifft, und zwar nicht nur deshalb, weil vonseiten der Industrie da eventuell gebremst wurde, sondern auch deswegen, weil es auch andere Begleitmusik gab, nämlich Neiddebatten seitens der Konsumentenschützer, die sagten, es ginge beim Ökostromgesetz nur um eine ver­steckte Agrarförderung und wir bräuchten sozial verträgliche Ökostromtarife.

Aber was ist sozialer: wenn ich Heizölkessel fördere oder wenn ich fördere, dass Heiz­kessel mit erneuerbarer Energie betrieben werden, die weit zukunftssicherer sind? (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Allein das Ökostromgesetz bringt – ohne Wasserkraft – 1,5 Millionen Tonnen CO2-Ein­sparung. Und was die Wasserkraft betrifft, so gibt es eine Studie, die besagt, dass noch 13 Terawattstunden machbar sind, was immerhin 5,8 Millionen Tonnen CO2-Aus­stoß vermeiden würde.

Gerade dieses Potenzial sollte Berücksichtigung finden in der aktuellen Diskussion zum Nationalen Gewässerbewirtschaftungssplan. Da wird, glaube ich, am meisten der Zwiespalt, in dem sich die Grünen befinden, sichtbar: Einerseits erleben wir hier von­seiten der Grünen Forderungen, hohe Ambitionen bei den Zielen, aber andererseits wissen die Grünen nicht, wann, wo und wie wir diese Ziele erreichen können. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich halte aber auch viel von regionalen Projekten im Bereich erneuerbarer Energie. So betreiben wir in unserer Heimatgemeinde eine Windkraftanlage mit einer Leistung in der Größenordnung von 2 Megawatt. Durchschnittliche Jahresstromproduktion: 4 Mil­lionen Kilowattstunden, was dem Verbrauch von 1 000 Haushalten entspricht. 120 Ge­meindebürger haben sich mit ihrem Eigenkapital daran beteiligt und ernten stabile und solide Erträge aus dieser Investition. So bleibt die Wertschöpfung in der Region – und ist nicht irgendwo in einem Wüstenstaat, der sich eine Schianlage oder eine Eishalle leistet als Luxus, was sicherlich nicht sehr klimafreundlich ist.

Der Wunsch der Bevölkerung, in ähnliche Projekte zu investieren, ist groß. Das merkt man auch bei der Photovoltaikanlagen-Förderung im Rahmen des Klima- und Energie­fonds für Klein-Photovoltaikanlagen, wo es, wie wir alle wissen, eine extrem große Nachfrage gibt.

Bei uns in Lohnsburg ist angedacht, unsere Windkraftanlage zu erweitern, aber leider Gottes hat sich eine Bürgerinitiative gebildet, die sich dagegen ausspricht. Und die Grünen als notorische Unterstützer von Bürgerinitiativen wissen jetzt bei diesem The­ma auch wieder nicht, ob sie dafür oder dagegen sein sollen. Aber mit einem „Jein“ zu diesem Thema werden wir hier nicht weiterkommen. (Beifall bei der ÖVP.)

Nun noch kurz zur Landwirtschaft: Wir haben von unserem Landwirtschaftsminister vernommen, dass die Landwirtschaft einer der wenigen Sektoren ist, die das Ziel er­reicht haben. Und so schließe ich mit dem Satz: Halten wir unser Klima rein, kaufen wir Produkte unserer Bauern ein! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

10.08


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Neubauer. – Bitte.

 


10.08.47

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Das, was alle Politiker in der Umsetzung ihrer politischen Tätig­keit grundsätzlich bewegt, ist natürlich das, was der gesamten Öffentlichkeit vorgestellt wird, nämlich das Regierungsprogramm von ÖVP und SPÖ. Und in diesem Regie­rungsprogramm wurde zur Klimapolitik festgeschrieben, es werde eine Strategie zur Anpassung an den Klimawandel in Österreich ausgearbeitet.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 41

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das heißt in Wirklichkeit gar nichts! Das ist die Kapitulation vor einem wichtigen Thema, das einerseits vom Herrn Bundesminister erkannt wird, indem er inseriert und das dabei dezidiert so anspricht, wo aber anderer­seits die notwendigen ernsten Ansätze fehlen, dieses Thema auch wirklich anzugehen. Denn wie sonst ist es zu erklären, dass es zum Beispiel bei der Förderung der Photo­voltaik eine fünffache Überbuchung gibt, die Bundesregierung da jedoch nichts unter­nimmt?

Wie sonst ist es zu erklären, dass der Klima- und Energiefonds acht Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat und davon zwei Gesellschafter parteipolitisch besetzt sind?

Das muss man einmal auf der Zunge zergehen lassen! Das ist Klimapolitik in Öster­reich, meine sehr geehrten Damen und Herren – und so wird es nicht weitergehen kön­nen, da werden wir scheitern!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Österreich ist in der Klimapolitik – und das hat vor drei Tagen die EU eindeutig festgestellt – bei der Erreichung der Ziele Schluss­licht in der EU. Österreich ist da (der Redner hält ein Schriftstück, auf dem eine Grafik dargestellt ist, in die Höhe) ganz eindeutig, und zwar mit Abstand, das letzte Land un­ter den EU-15. Das ist eine Schande für unser Land – für uns, die wir bei jeder Kleinig­keit immer Vorreiter sein wollen!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich werde Ihnen auch kurz erläutern, wa­rum. – Da das Thema „Klima“ immer parteipolitisch besetzt war: Wir hatten doch noch nie einen Minister, der wirklich unterscheiden konnte zwischen Wirtschaft und Umwelt. Immer war er am Gängelband der Wirtschaft, ob das Minister Bartenstein, Minister Molterer oder Minister Pröll war. Und auch der jetzige Minister ist am Gängelband der Industriellenlobby. (Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich: Wie kommen Sie darauf? – Abg. Grillitsch: Er ist ein Minister für Nachhaltigkeit! Kennen Sie das Prinzip „Nachhal­tigkeit“ als Wirtschaftsprinzip?) Und deshalb geht in diesem Bereich nichts weiter. All jene, die am Gängelband waren, sind in dieser Republik etwas geworden, weil sie im Bereich der Umwelt immer den Mund gehalten haben.

Meine Damen und Herren, wir wollen nicht mehr länger schweigen, sondern der Öf­fentlichkeit endlich sagen, dass es in dieser Form nicht mehr weitergehen kann! (Beifall bei der FPÖ.)

Klimaschutz braucht in Österreich eine verbindliche Verteilung der Rechte und der Pflichten; das steht in einem Papier, das wir zu Kopenhagen ausgearbeitet haben. Nur: Es hält sich niemand daran.

Herr Bundesminister Berlakovich, Sie haben großflächig inseriert, Sie haben der Bevöl­kerung mitgeteilt: „Auf der Weltklima-Uhr ist es 5 vor 12.“ (Der Redner hält die Kopie einer Anzeige in die Höhe.) Sie sagen, es geht um sehr viel, um Gesundheit, um den Wohlstand unserer Gesellschaft, um eine lebenswerte Zukunft auch für unsere Kinder. Und Sie sagen, die Auswirkungen in dieser Welt sind so groß, dass Arten aussterben, dass Flüsse über das Ufer treten, dass auf den Malediven Minister sogar unter dem Meer bereits Pressekonferenzen abhalten müssen, weil diese Inseln zu versinken drohen.

Doch nun, drei Wochen vor dem Klimagipfel in Kopenhagen, heißt es, statt der seit Jahren von Wissenschaftern, Politikern und Umweltschützern immer eindringlicher ver­langten rechtlich bindenden Einigung auf drastische Reduzierungen bei den Treibhaus­gasen soll es im Dezember in Kopenhagen nur noch eine politische Einigung für weite­re Gespräche geben.

Herr Bundesminister, wenn Sie mit dieser Einstellung nach Kopenhagen fliegen, dann tun Sie etwas für den Klimaschutz: Sparen Sie den Flug ein, bleiben Sie in Österreich! (Beifall bei der FPÖ.)

10.13



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 42

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Widmann. – Bitte.

 


10.13.48

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Zunächst eine Bemerkung zu den Ausführungen des Kollegen Peter Mayer von der ÖVP: Es wäre besser gewesen, Kollege Mayer von der ÖVP hätte sein Heizkessel­tausch-Programm, seinen Vorschlag, Heizkessel nicht auszutauschen, sondern den Einsatz erneuerbarer Energie zu betreiben, in die entgegengesetzte Richtung gemacht, denn hinter dem Rednerpult sitzt nämlich der zuständige Umweltminister. – Das zum Ersten.

Zum Zweiten: Klimapolitik ist eng verbunden mit Energiepolitik, und Energiepolitik ist – das wissen wir auch – eng verbunden mit Friedenspolitik. Und ich habe den Verdacht, dass Österreich, wie bereits gesagt worden ist, in diesem Bereich nicht nur Schlusslicht ist in Europa, sondern dass wir da in wesentlichen Bereichen krass versagen.

Wenn man bedenkt, dass zwischen 2003 und 2007 die Importe im Bereich fossiler Energie um 94 Prozent gestiegen sind, sich fast verdoppelt haben, dann muss man sa­gen: Das ist schlicht und einfach Wahnsinn! Wir zahlen 9,9 Milliarden € für fossile Energieträger, die wir wesentlich besser in Österreich investieren könnten und damit auch Arbeitsplätze schaffen könnten. (Beifall beim BZÖ.)

Man bedenke: 9,9 Milliarden € für fossile Energieträger beziehungsweise eine Steige­rung der Energieimporte um 70 Prozent – und diese Bundesregierung ist drauf und dran, die Abhängigkeit weiter auszubauen; Stichwort: Nabucco. Wir sind bereits jetzt Gas-Junkie mit rund 70 Prozent Abhängigkeit vom Ausland und bauen das noch weiter aus! Da frage ich mich: Welchen Worten von dieser Regierungsbank aus darf man zur Klimaschutzpolitik noch Glauben schenken? (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich.)

Wir brauchen ein vernünftiges, nachhaltiges Energiekonzept, Herr Minister. Ich darf Ih­nen diesbezüglich etwas überreichen. Das BZÖ hat nämlich bereits ein Energiekonzept in den Grundsätzen ausgearbeitet, wo es darum geht, Österreich energieautark zu ma­chen. Auf 90 Seiten finden Sie hier (der Redner hält ein Buch in die Höhe) Anleitungen, Wege, konkrete Rezepte, wie Sie Österreich mittelfristig energieautark machen kön­nen. Ich darf Ihnen das übergeben. (Beifall beim BZÖ. – Der Redner überreicht Bun­desminister Dipl.-Ing. Berlakovich das erwähnte Buch.)

Ich würde mich freuen, Herr Minister, wenn Sie mit Ihrer Energiestrategie ... (Zwischen­rufe bei der ÖVP.) Lieber Kollege Auer von der ÖVP, hören Sie zu! – Ich würde mich freuen, wenn Sie von der ÖVP endlich auch das, was Kollege Pröll gestern via Fernse­hen gesagt hat, Wirklichkeit werden ließen, nämlich: Leistung muss sich wieder lohnen! (Ruf bei der ÖVP: Genau!) Genau! Daher: Legen Sie endlich ein Energiekonzept die­sem Parlament vor, damit in diesem Bereich etwas weitergeht! Denn: Leistung muss sich lohnen – auch im Energiebereich! (Beifall beim BZÖ.)

Es ist eingefordert worden, endlich die Hausaufgaben zu machen, etwa die thermische Sanierung voranzutreiben. Dafür geben wir Peanuts aus: nur 100 Millionen, aber wir bräuchten Milliarden! Mit 100 Millionen könnten Sie 3 Milliarden Kreditvolumen finan­zieren, und damit könnten Sie Tausende Häuser sanieren und rund 33 000 Arbeits­plätze schaffen. Aber Sie tun es leider nicht.

Kollege Mitterlehner sagt, im Winter könne man keine Gebäude sanieren. Das ist rich­tig – außen nicht, innen schon! Aber man kann auch weitere Sanierungsprogramme vorbereiten. Auch dafür fehlen Ansätze. Gerade das wäre aber ein echter Konjunktur­impuls. (Beifall beim BZÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 43

Das Einzige, was Sie erreicht haben, ist, dass Sie das Geld zweimal ausgegeben ha­ben. Sie haben das Geld aus dem KLI.EN herausgenommen, und zwar 50 Millionen für die Gebäudesanierung, und das fehlt jetzt bei anderen Projekten. Es ist eine Schande, wenn man den Klimafonds ausräumt, das Geld ein zweites Mal sozusagen populistisch öffentlich verkauft und dann den Fonds nicht mehr auffüllt. Sie sollten auch darüber nachdenken, ob in diesem Fonds nicht noch mehr Gelder notwendig wären.

Wir müssen Strom sparen, ist gesagt worden, sowohl in der Industrie als auch bei den Haushaltsgeräten; Stichwort: „Smart Metering“. Aber auch das Aus für den Stand-by-Betrieb ist erwähnt worden.

Was wir aber auch brauchen, ist ein Nachhaltigkeitskonzept für die Mobilität. Und da ist die Situation ganz krass. Wenn ich daran denke, dass diese Bundesregierung unter Mi­nisterin Bures darüber nachdenkt, den Verkehr weg von der Schiene auf die Straße zu verlagern, und dass allein in der Steiermark – Kollege Grosz, das wird dich nicht freu­en – dadurch 20 000 Lkws mehr auf der Straße unterwegs sein werden, dann frage ich mich: Ist das die nachhaltige Energie- und Klimapolitik dieser Bundesregierung? – Das kann es nicht sein! (Beifall beim BZÖ.)

Dass wir erneuerbare Energieträger ausbauen müssen, versteht sich von selbst, aber zur Atomenergie sei Folgendes gesagt: Wissen Sie eigentlich, dass wir in Zukunft mit unserem Steuergeld teuer Zertifikate kaufen müssen von Ländern, die Atomstrom pro­duzieren? Oder, einfacher ausgedrückt: Unser Steuergeld werden wir verwenden müs­sen, um der Tschechischen Republik „sauberen“ Atomstrom abkaufen zu dürfen. – Das ist doch Perversion schlechthin!

Wir wollen eine Energiepolitik, die ohne Atomkraft in Europa auskommt. Dafür müssen wir uns einsetzen! (Beifall beim BZÖ.)

Abschließend darf ich noch sagen, dass ich im Ausschuss nicht für den Antrag der Grünen und der Freiheitlichen war, dass Österreich im Rahmen des Programms, dass man in den Schutz der Regenwälder 35 Milliarden investiert und in Klimawandel-Pro­jekte 110 Milliarden, 800 Millionen jährlich zahlen sollte. Da sage ich ganz klar: Machen wir unsere Hausaufgaben in Österreich! Verwenden wir unser Steuergeld in unserem Land, machen wir Klimapolitik in Österreich – dann bleiben die Arbeitsplätze in Öster­reich und dann sind wir weniger energieabhängig vom Ausland. Dann schaffen wir Wertschöpfung hier bei uns und helfen den Menschen in Österreich zu sparen. (Präsi­dent Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Letzter Satz: Klimaschutz darf keine Ausrede für einen Export unserer Steuergelder sein, indem wir unser Steuergeld auf die ganze Welt verteilen mit dem Ankauf von Zer­tifikaten oder mit der Beteiligung an irgendwelchen Klimaschutzprojekten, wo wir nicht wissen, wo die Gelder landen. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

10.19


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Schwent­ner. – Bitte.

 


10.19.42

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolle­ginnen und Kollegen! Liebe Besucherinnen und Besucher! Es erscheint fast wie ein Treppenwitz dieser Regierung, dass die Absetzbarkeit der Spenden an Umweltorgani­sationen nicht möglich ist. Gerade jetzt, zur Weihnachtszeit, wo sehr viel gespendet wird, werden wahrscheinlich viele Umweltorganisationen leer oder mit weniger Spen­den auskommen müssen, weil die Spender eben diese Spenden nicht absetzen können.

Sie werden fragen: Was hat Umweltschutz mit Klimaschutz und was hat Klimaschutz mit Entwicklungspolitik zu tun? – Leider sind diese Fragen bislang viel zu wenig behan-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 44

delt worden! Wie Sie wissen, wird in Kopenhagen die Rolle der Entwicklungsländer sehr wichtig sein. Heute war sie jedoch viel zu gering. Engagement gegen Armut be­deutet eben auch Klimaschutz, denn die Länder, die schon jetzt von den Folgen des Klimawandels betroffen sind, nämlich von den Folgen von Dürre, von Umweltkatastro­phen, von Fluten und von Stürmen, haben am wenigsten zu dem jetzt schon vorhande­nen CO2-Haushalt beigetragen, und das gilt auch für die Zukunftsprognosen, wenn wir so wie bisher weitermachen. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Minister Berlakovich, Sie waren vorige Woche bei einer Tagung, haben sich dann relativ früh verabschiedet und dabei sehr salopp in den Raum gestellt: Der Klimawan­del ist bei mir angekommen! – Diesen Eindruck habe ich leider nicht!

Bei dieser Tagung ging es um die Folgen des Klimawandels auf die Entwicklungslän­der. Es wäre gut gewesen, wenn Sie nicht nur zur Begrüßung dageblieben wären, son­dern sich die Beiträge angehört hätten, etwa einen Vortrag von Frau Kromp-Kolb, die die Dramatik des Zustands gerade in Bezug auf die Folgen für die Entwicklungsländer geschildert hat. Wenn Sie das gehört hätten, würden Sie vermutlich mehr Dampf ma­chen und nicht jetzt schon stolz sein auf Maßnahmen, auf die wir gar nicht stolz sein können.

Zur Veranschaulichung: Es war jetzt immer wieder von China die Rede. Die 11 Tonnen pro Österreicherin und Österreicher sind das Doppelte des CO2-Ausstoßes jeder Chi­nesin und jedes Chinesen und das Siebenfache einer Inderin und eines Inders. – Das nur zur Veranschaulichung der Beteiligung der Länder des Südens, aber auch der um­strittenen Schwellenländer im Zusammenhang mit den Ergebnissen der Klimakonfe­renz in Kopenhagen. Die großen Verursacher sind wir. Ich verstehe daher diesen „Win­delwandelkurs“ in Bezug auf verursachergerechte Beiträge der österreichischen Regie­rung ganz und gar nicht!

Es ist uns ein Positionspapier der Regierung glücklicherweise schon vorab zugekom­men, in welchem steht, dass Klimaschutz und Entwicklungszusammenarbeit eng ver­flochten sind. Da gebe ich Ihnen Recht, damit bin ich sehr einverstanden! Wenn da aber steht, dass zusätzliche öffentliche Beiträge der Industrieländer an die Entwick­lungsländer nicht anrechenbar sein sollen, dann ist das geradezu fahrlässig! Das ge­fährdet nämlich die ohnehin schon zu geringen Ausgaben. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Strache.)

Das steht auch krass im Widerspruch zu den Aussagen Ihres Kollegen Spindelegger im außenpolitischen Ausschuss, wo er gesagt hat, dass die zusätzlichen Gelder nicht für Entwicklungszusammenarbeit und Entwicklungshilfe ausgegeben werden. – Ich wä­re also schon sehr gespannt auf die offizielle Regierungsposition in Bezug auf Entwick­lungsgelder und Klimaschutzmaßnahmen! Ich bitte um eine diesbezügliche Stellungnahme!

Ich möchte auch etwas zum Kollegen Hofer betreffend Unglaubwürdigkeit in Bezug auf die Entwicklungsländer sagen: Unglaubwürdigkeit haben Sie bewiesen, wenn Sie Kol­legin Glawischnig vorwerfen, dass sie mit einem BMW fährt, dass sie Golf spielt und eine Gasheizung hat. Keiner der drei Vorwürfe stimmt! Vielleicht wollen Sie kurz ... (Zwi­schenruf des Abg. Strache.) Das stimmt nicht! Sie spielt nicht Golf, sie fährt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, und sie hat eine Solaranlage. (Abg. Grosz: Das ist keine Solaranlage, sondern ein Solarium!)

Das zeigt, wie schnell Sie Urteile fällen und wie unglaubwürdig Sie sind! Das haben Sie auch bei der Anrechenbarkeit von Entwicklungsgeldern hinsichtlich Klimaschutz bewie­sen, wenn Sie vor Jugendlichen behaupten, dass das nicht in die ODA hineingerechnet werden dürfe, und andererseits ... (Zwischenruf des Abg. Strache.) Die Wahrheit ist unangenehm! Ja, offensichtlich für Sie! (Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 45

Es kann nicht sein, dass die künftige Entwicklungspolitik nach dem Motto „Windräder statt Schulen“ funktioniert, sondern es müssen Windräder und Schulen gebaut werden. (Beifall bei den Grünen.) Es muss Know-how in Sachen Klimaschutz und demokrati­sche Unterstützung geben.

Ich bitte darum, dass Sie auch bei der Vertretung Österreichs in Kopenhagen die Rolle der Entwicklungsländer berücksichtigen und bedenken, dass vor allem die Industrielän­der und auch Österreich massive Verantwortung tragen. Auch wenn es größere Länder als Österreich gibt, können wir uns nicht vor der Verantwortung verstecken! Wir brau­chen ein Ökostromgesetz, das seinen Namen verdient, und dazu auch eine CO2-Steuer. Ich bitte Sie, dass Sie das ernst nehmen! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

10.25


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Huber. – Bitte.

 


10.25.00

Abgeordneter Gerhard Huber (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Geschätzter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Jetzt haben wir sehr viele Lip­penbekenntnisse dazu gehört, wie man Klimapolitik richtig betreiben könnte. Ich bin aber der Meinung, man müsste endlich eine einfache Politik für die Bevölkerung ma­chen, und zwar mit den Füßen auf dem Boden und mit Herz und Hausverstand, denn wir sehen die Lage, in der wir diesbezüglich jetzt sind: Wir sind das absolute Schluss­licht in der Europäischen Union. Das wäre aber nicht notwendig!

Österreich muss energieautark werden; das muss das Ziel aller fünf Parteien sein. Ich glaube, es wäre an der Zeit, dass der Herr Bundesminister, statt um Millionen Inserate zu schalten, endlich dafür sorgen würde, dass man die Photovoltaik umsetzen kann und in diesem Bereich wirklich Arbeitsplätze schafft. Die Landwirtschaft ist in der Krise. Tausende Bauern sind in der Krise und werden irgendwann auch entweder zum AMS gehen müssen oder Sozialhilfe bekommen müssen. Das werden enorme Kosten für den Staat und für uns alle, für die Steuerzahler sein!

Dabei wäre es so einfach! Allein in Tirol haben wir 25 000 landwirtschaftliche Scheu­nen, Ställe, Betriebe. Man könnte doch daran gehen, die Vision hinsichtlich Photovol­taik ähnlich wie in Deutschland umzusetzen, indem man in diesem Bereich investiert. Dann wären wir energieautark, die Klimabilanz würde positiv werden, und vor allem sind keine wahnsinnigen Förderungen notwendig. Wir brauchen nur ein dem deut­schen ähnliches Ökostromgesetz, das uns den Einspeisestrompreis auf 20 Jahre ga­rantiert. Damit werden sofort massive Investitionen ausgelöst.

Es gibt zum Beispiel in Tirol auch eine Firma Solon, die 200 beste Mitarbeiter im Sektor der Solarenergie hat. In dieser Firma gibt es das beste Know-how weltweit, von dieser wurden die größten Photovoltaik-Anlagen weltweit gebaut.

Da müssen wir ansetzen! Das ist eine einfache Politik, bei welcher die Gewinne nicht mehr nur die Stromkonzerne machen, sondern bei der die gesamte Bevölkerung profi­tiert!

Es wird auch die Elektromobilität zunehmen müssen. Davon hört man hier überhaupt nichts! Dazu brauchen wir Stromtankstellen, welche natürlich aus Sonnenenergie ge­speist werden. Das ist ganz einfach zu realisieren! Man muss sich nur ansehen, was diesbezüglich in Deutschland geschieht. Und das Argument, dass alles zu teuer ist und wir uns das nicht leisten können, kann man nicht gelten lassen. Man kann nämlich heu­te schon mit 20 Cent Produktionskosten eine Photovoltaik-Anlage im Kraftwerksbereich realisieren.

Schauen wir das deutsche Modell kurz an: Dort wurde ein Einspeisetarif von 50 Cent auf 20 Jahre garantiert. In Österreich sind es 29 Cent, und dann kommt der Deckel –


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das geht einfach nicht, all das hängt! Wenn man aber das Ökostromgesetz tatsächlich seinem Namen angleicht, dann werden sofort 10 000 Arbeitsplätze geschaffen und In­vestitionen von mindestens 2,2 Milliarden € jährlich ausgelöst, wobei allein für das Bud­get und somit für unseren Herrn Finanzminister 440 Millionen € an Mehrwertsteuer her­einkommen.

Wenn man sich die Situation in Deutschland oder in Spanien ansieht, kann man nur sagen: Österreich ist dank der Politik seit 2006 in die Sonnenfinsternis gekommen! Man könnte die Photovoltaik-Sonnenhänge etwa in Osttirol sofort ausbauen. Dagegen hätte Osttirol als stärkste Tourismus-Sommerregion Tirols sicherlich nichts! Das könnte man auch in den Fremdenverkehr einbeziehen. Dazu braucht es nur ein bisschen Phantasie! Ohne Komplikationen könnten so, wie gesagt, Arbeitsplätze geschaffen werden, und die gesamte Bevölkerung könnte davon profitieren.

Abschließend möchte ich noch dazu sagen, dass es ganz wichtig ist, dass diese Bun­desregierung wirklich Schritte setzt, von den Lippenbekenntnissen abgeht und endlich eine Politik fernab der Förderung der Gewinne der Stromgesellschaften macht, eine Politik, mit der die Kaufkraft gestärkt wird und von der die Wirtschaft und die Österrei­cher und Österreicherinnen etwas haben. (Beifall beim BZÖ.)

10.29


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

10.29.39Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Fritz Neugebauer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 3684/J bis 3732/J;

Zurückziehungen: 3168/J, 3574/J und 3575/J;

2. Anfragebeantwortungen: 2975/AB bis 3012/AB;

3. Initiativanträge:

Zurückziehung des Verlangens auf erste Lesung binnen drei Monaten: 768/A;

4. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das IVF-Fonds-Gesetz geändert wird (IVF-Fonds-Gesetz-No­velle 2010) (464 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Apothekerkammergesetz 2001 geändert wird (465 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Medizinproduktegesetz und das Arzneimittelgesetz geän­dert werden (466 d.B.),

13. Ärztegesetz-Novelle (467 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das KommAustria-Gesetz geändert wird (471 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Datenschutzgesetz 2000 und das Sicherheitspolizeigesetz geändert werden (DSG-Novelle 2010) (472 d.B.),

Bundesgesetz über Produkte, deren Ein- und Ausfuhr sowie Inverkehrbringen aus Tier­schutzgründen verboten ist (473 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Energie-Regulierungsbehördengesetz geändert wird (474 d.B.),


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Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994, das Wirtschaftstreuhandberufsge­setz und das Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetz geändert werden (475 d.B.),

4. Sozialrechts-Änderungsgesetz 2009 – 4. SRÄG 2009 (476 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsinspektionsgesetz 1993, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Bundesgesetz über die Verkehrs-Arbeitsinspektion geändert werden (490 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz, das Arbeitsruhegesetz und das Kraft­fahrgesetz 1967 geändert werden (491 d.B.).

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Budgetausschuss:

Monatserfolg Oktober 2009, vorgelegt vom Bundesminister für Finanzen (Vorlage 27 BA);

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 41 betreffend „GentechnikFREIE Futtermittel“, überreicht vom Abgeordne­ten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber,

Bürgerinitiative Nr. 15 betreffend „Reichensteuer jetzt!“;

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Finanzausschuss:

Protokoll zur Abänderung des am 18. Oktober 1962 in Luxemburg unterzeichneten Ab­kommens zwischen der Republik Österreich und dem Großherzogtum Luxemburg zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Notenwechsel (441 d.B.),

Protokoll zwischen der Republik Österreich und dem Vereinigten Königreich von Groß­britannien und Nordirland und Zusatzprotokoll zur Abänderung des am 30. April 1969 in London unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen in der Fassung des am 17. November 1977 in London unterzeichneten Protokolls und des am 18. Mai 1993 in London unterzeichneten Protokolls (442 d.B.),

Protokoll zur Abänderung des Abkommens zwischen der Regierung der Republik Ös­terreich und der Regierung der Republik Singapur zur Vermeidung der Doppelbesteue­rung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen samt Notenwechsel (443 d.B.),

Protokoll zur Abänderung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Mexikanischen Staaten zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (444 d.B.),

Protokoll zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Belgien und Zusatz­protokoll zur Abänderung des am 29. Dezember 1971 in Wien unterzeichneten Abkom­mens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Regelung bestimmter anderer Fragen auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen einschließ­lich der Gewerbesteuern und der Grundsteuern (445 d.B.),

Protokoll zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Dänemark und Zu­satzprotokoll zur Abänderung des am 25. Mai 2007 in Wien unterzeichneten Abkom­mens auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (446 d.B.),


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Abkommen zwischen der Republik Österreich und St. Vincent und den Grenadinen über den Informationsaustausch in Steuersachen (447 d.B.),

Protokoll zwischen der Republik Österreich und dem Königreich der Niederlande und Zusatzprotokoll zur weiteren Abänderung des am 1. September 1970 in Wien unter­zeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Schlussprotokoll in der Fassung des am 18. Dezember 1989 in Den Haag unterzeichneten Protokolls, des am 26. No­vember 2001 in Den Haag unterzeichneten Protokolls und des am 8. Oktober 2008 in Wien unterzeichneten Protokolls (448 d.B.),

Protokoll und Zusatzprotokoll zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Norwegen zur Abänderung des am 28. November 1995 in Wien unterzeichneten Ab­kommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuer­umgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen in der Fassung des am 14. November 2005 unterzeichneten Protokolls samt Zusatzprotokoll (449 d.B.),

Abkommen zwischen der Republik Österreich und Gibraltar über den Informationsaus­tausch in Steuersachen (450 d.B.),

Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Andorra über den Auskunftsaustausch in Steuersachen (451 d.B.),

Protokoll zur Abänderung des am 30. Januar 1974 in Wien unterzeichneten Abkom­mens zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkom­men und vom Vermögen samt Notenwechsel (452 d.B.),

Protokoll zwischen der Republik Österreich und der Republik San Marino und Zusatz­protokoll zur Abänderung des am 24. November 2004 in Wien unterzeichneten Abkom­mens auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (453 d.B.),

Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Monaco über den Informationsaustausch in Steuersachen (454 d.B.);

Rechnungshofausschuss:

Antrag 768/A der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, und ein Bundes­gesetz, mit dem das Rechnungshofgesetz 1948 geändert wird;

Verkehrsausschuss:

Antrag 853/A(E) der Abgeordneten Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zulassung von Tragschraubern als Ultraleichtflugzeuge in Österreich;

Wissenschaftsausschuss:

Antrag 854/A(E) der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „UNI-Bonus“ und „UNI-Card“ - Akutprogramm für die Universitäten,

Antrag 856/A(E) der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Kostenübernahme für die Infrastruktur für barrierefreies Studieren,

Antrag 857/A(E) der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Einrichtung einer zentralen Servicestelle für Studierende mit Behinderung,

Antrag 858/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Nationalen Kraftakt, 12-Punkte-Plan für Österreichs Universitäten.

*****


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10.29.48Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

 


Präsident Fritz Neugebauer: Der freiheitliche Parlamentsklub hat gemäß § 93 Abs. 2 der Geschäftsordnung das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tagesordnung eingebrachte schriftliche Anfrage 3733/J der Abgeordneten Strache, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend das völlige Versagen Faymanns in der ak­tuellen EU-Politik dringlich zu behandeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird die Dringliche Anfrage um 15 Uhr behandelt werden.

10.30.16Ankündigung eines Fristsetzungsantrages

 


Präsident Fritz Neugebauer: Weiters teile ich vor Eingang in die Tagesordnung mit, dass Frau Abgeordnete Mag. Musiol beantragt hat, dem Familienausschuss zur Be­richterstattung über den Antrag 598/A(E) der Abgeordneten Mag. Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend bundeseinheitliches Grundsatzgesetz für Kinderbetreuung eine Frist bis 28. Jänner 2010 zu setzen.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung ge­stellte Verlangen vor, eine kurze Debatte über diesen Fristsetzungsantrag durchzuführen.

Da für die heutige Sitzung die dringliche Behandlung einer schriftlichen Anfrage ver­langt wurde, wir die kurze Debatte im Anschluss an diese stattfinden.

Die Abstimmung über den Fristsetzungsantrag wird nach Schluss dieser Kurzdebatte erfolgen.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Fritz Neugebauer: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 2 bis 7, 9 bis 11, 15 und 16, 17 bis 20, 21 und 22 sowie 25 bis 28 unserer Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsident Fritz Neugebauer: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dau­er der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 9 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 122 Minuten, Freiheitliche 108 sowie BZÖ und Grüne je 95 Minuten.

Für die Dauer der Fernsehdirektübertragung durch den Österreichischen Rundfunk Fernsehen nach der Aktuellen Stunde von 10.25 Uhr bis 13.00 Uhr wurde folgende Re­deordnung vereinbart: eine Rednerrunde mit je 8 Minuten, ein Regierungsmitglied SPÖ 10 Minuten, eine Rednerrunde mit je 5 Minuten, weiters ein Regierungsmitglied ÖVP 10 Minuten, an Redezeit pro Fraktion 14 Minuten, ohne Beschränkung der Redezahlen nach dem Prinzip Kontra und Pro, somit insgesamt 155 Minuten.

Die vorsitzführende Präsidentin beziehungsweise der vorsitzführende Präsident vertei­len nach der Wortmeldung des ÖVP-Regierungsmitgliedes die verbleibende Zeit in der Weise, dass noch alle Fraktionen in der Fernsehzeit gleichmäßig zu Wort kommen.

Weiters besteht Einvernehmen, dass tatsächliche Berichtungen erst nach der Fernseh­übertragung aufgerufen werden.

Ich komme zur Abstimmung.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein diesbezüg­liches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

10.32.411. Punkt

Wahl einer Schriftführerin/eines Schriftführers

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Aufgrund des Ausscheidens von Dr. Manfred Haimbuchner aus dem Nationalrat ist die Wahl eines Schriftführers vorzunehmen.

Der Vorschlag des freiheitlichen Parlamentsklubs für den zu wählenden Schriftführer lautet auf Herrn Abgeordneten Wolfgang Zanger.

Da nur dieser eine Wahlvorschlag vorliegt, wird hierüber nicht mit Stimmzettel, sondern durch Erheben von den Sitzen abgestimmt.

Einwendungen zur Vorgangsweise werden nicht erhoben.

Wir kommen nun zur Wahl.

Wer sich für den Vorschlag, Herrn Abgeordneten Wolfgang Zanger zum Schriftführer zu wählen, ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist angenommen.

Ich frage den Gewählten, ob er die Wahl annimmt. (Abg. Zanger nimmt die Wahl an.)

Damit ist dieser Tagesordnungspunkt erledigt.

10.33.322. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über das Volksbegehren (343 d.B.) „Stopp dem Postraub“ (458 d.B.)

3. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (319 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem ein Postmarktgesetz erlassen und das KommAustria-Gesetz geändert wird (459 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 60/A(E) der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend qualitativ hochwertige flä­chendeckende Versorgung mit Postdienstleistungen (460 d.B.)

5. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 66/A(E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend umgehende Ausarbei­tung eines Postmarktgesetzes (461 d.B.)

6. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 68/A(E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ja zur flächendecken-


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den Versorgung der Bevölkerung mit Post-Dienstleistungen – Nein zu weiteren Postamts-Zusperrkonzerten – umgehende, umfassende Verschärfung der Post-Universaldienstverordnung (462 d.B.)

7. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 332/A(E) der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine qualitativ hochwerti­ge, flächendeckende und allgemein erschwingliche Versorgung mit Postdienst­leistungen (463 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zu den Punkten 2 bis 7 der Tagesord­nung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Strache. – Bitte.

 


10.34.54

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie so oft, wenn aus dem Eck der Europäischen Union, aus Brüssel, etwas zu uns kommt, bringt uns Österreicher das durchaus in Schwierigkeiten, und mit dieser unsäglichen EU-Richtlinie betreffend Postmarktliberalisierung, die jetzt wiederum aus Brüssel vorgegeben wird, ist den Brüsseler Bürokraten wieder ein echter Schildbürgerstreich gelungen! Nur weil irgendwelche Liberalisierungsfetischisten aus Brüssel uns mit einer Wahnvorstellung etwas vorgeben, sollten wir Österreicher aber nicht gleich springen und hier Hunderte Postämter zusperren, wie das von dieser Bundesregierung wieder einmal vorgelebt wird. (Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Ich sage: Nein, das ist nicht in unserem Interesse! Dagegen sollten auch die Mitglieder der österreichischen Bundesregierung halten! Die schwarz-rote Bundesregierung setzt jedoch auf das, was aus Brüssel vorgegeben wird, noch etwas darauf. Es ist ja nicht so, dass hier nur all das, was von Brüssel gewünscht wird, umgesetzt wird. Ganz im Gegenteil! Die Regierung setzt in vorauseilendem Gehorsam gegenüber Brüssel noch etwas darauf, wie man es schon in vielen Punkten erlebt hat.

Wir peitschen heute ein völlig unausgegorenes Gesetz durch, das zu viel Kritik geführt hat und mehr Probleme aufwirft, als es löst. Statt sich mit der Umsetzung so lange Zeit zu lassen, bis wir in diesem Bereich auch die Versorgung für alle Österreicher sicher­gestellt haben, gehen Sie es als Musterschüler gleich wieder einmal hurtig an und be­gehen einen Fehler nach dem anderen. Dazu kann man nur sagen: Bravo, Herr Bun­deskanzler Werner Faymann! Bravo, Herr Vizekanzler Josef Pröll! Sie haben es letzt­lich wieder einmal geschafft, uns in einer ganz wichtigen Frage an Brüssel zu verkau­fen! (Beifall bei der FPÖ.)

Es haben ja nicht einmal die 140 000 Unterschriften, die es im Zuge des Volksbegeh­rens für die flächendeckende Versorgung mit Postämtern in Österreich gegeben hat, ir­gendeinen Eindruck auf Sie gemacht! Mir zeigt diese Unterstützung des Volksbegeh­rens aber, dass die Österreicher durchaus Interesse an dieser flächendeckenden Ver­sorgung haben, die Sie jetzt zunichte machen wollen. Daher danke ich an dieser Stelle all jenen, die das Volksbegehren unterschrieben haben, denn sie haben damit ein Zei­chen gesetzt, dass sie sich nicht all das, was von Brüssel zentralistisch vorgegeben wird, gefallen lassen wollen! Das ist ein wichtiges Zeichen, aber dazu braucht es auch den politischen Willen, sich einmal auf die Hinterfüße zu stellen und nicht wie diese Bundesregierung allem stattzugeben, was an Unsinnigkeiten aus der Europäischen Union vorgegeben wird.


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Ich weiß nicht, was Sie sich dabei denken, Frau Minister! Glauben Sie im Ernst, dass es für alte und gebrechliche Menschen, die ihr Leben lang hart gearbeitet haben, ein Vergnügen ist, dass sie, wenn es nach Ihren Sperrplänen geht und zahlreiche Postäm­ter, wie Sie das vorsehen, zugesperrt haben werden haben, in Zukunft 20 Kilometer fahren müssen, um ihre Pension abzuholen? Das ist nicht die soziale Verantwortung, wie ich sie mir vorstelle! (Beifall bei der FPÖ.)

Es zeugt nicht von sozialer Wärme, wenn man in dieser Frage so agiert und hunderte Postämter zusperrt und es letztlich zu solchen Zuständen kommen wird! (Zwischenruf des Abg. Mag. Auer.) Ich weiß schon, dass Sie jetzt natürlich aufgeregt gackern! Ich verstehe das! Ich verstehe das schon, keine Frage! Aber Sie haben auch allen Grund dazu, wenn Sie solche Unsinnigkeiten zum Besten geben! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Auer.)

Wir sagen klar und deutlich: Stoppt den Postraub, den diese Regierung jetzt vorneh­men wird! Eine flächendeckende Grundversorgung der österreichischen Bevölkerung mit Postdienstleistungen ist einfach notwendig, und da nützt es nichts, wenn Sie so agieren, wie Sie das tun. Wir wollen die Aufrechterhaltung der Infrastruktur und da­durch die Sicherung von Postdienstleistungen zu gleichen Bedingungen für die gesam­te Bevölkerung! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Schopf.)

Wir fordern eine Novellierung des Postgesetzes und dessen Erhebung in den Verfas­sungsrang, weil das einfach notwendig ist. Von den vorgesehenen 1 650 Poststellen, die es heute gibt, müssen mindestens 1 000 als Postfilialen fixiert und erhalten bleiben, die auch durch die Post AG zu führen sind.

Wir wollen die Schaffung von rechtlichen Rahmenbedingungen, die auch nach der Li­beralisierung einen fairen Wettbewerb sicherstellen. Mit den Postpartnern, die Sie pla­nen, werden weder die Qualität noch die Dichte der Versorgung sichergestellt werden können. Die Postämter bieten eine bessere diesbezügliche Versorgung, und es ist ein durchaus schwerwiegender Eingriff, den Sie in die Infrastruktur vornehmen und natür­lich herunterzuspielen versuchen: Dieser wird uns noch sehr viele Probleme bereiten. Ich möchte jetzt zum Beispiel das Briefgeheimnis als einen Punkt herausgreifen: Das Briefgeheimnis wird, wenn in Zukunft private Unternehmen die Briefe zustellen, natür­lich nicht gewährleistet werden.

Es ist nicht gut, wenn es in Zukunft solche problematischen Entwicklungen im Bereich des Datenschutzes geben könnte, dass dann beim Greißler ums Eck die eingeschrie­benen Briefe ankommen, man sich diese dort abholen kann und schon anhand des Ab­senders vielleicht etwas ablesen könnte. – Das ist nicht gut im Sinne des Briefgeheim­nisses und im Sinne des Datenschutzes, und damit kann leider Gottes auch Schindlu­der getrieben werden, was wir nicht wollen.

Das Briefgeheimnis ist nicht der einzige Punkt, der hier kritisch zu beleuchten ist und bei dem bei diesem Gesetz schwer gepfuscht wird, sondern natürlich sind es auch die Hausbrieffachanlagen. Diese Frage ist so, wie Sie es formuliert haben, nicht deutlich geklärt.

Die Tatsache, dass die Post AG als Universaldienstbetreiber im Gesetz festgeschrie­ben ist, ist grundsätzlich zu begrüßen – das ist durchaus ein positiver Punkt –, aber der Umfang des Universaldienstes – wie Massensendungen, Bekanntgabe der Tarife und andere Bereiche – ist nach wie vor unklar. Deshalb sollte da nachgebessert werden. Das haben sogar diverse Abgeordnete vonseiten der SPÖ und der ÖVP in den Aus­schüssen eingewendet. (Abg. Rädler: Da waren Sie aber nicht dabei!) Ich bin ge­spannt, ob diese heute hier trotzdem mit einem Hurra!-Geschrei zustimmen werden, obwohl sie dem Ministerialentwurf sehr kritisch begegnet sind. (Abg. Rädler: Wer hat Ihnen das gesagt?!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 53

Von der Vorlage des Ministerialentwurfs bis zu seiner Behandlung im Verkehrsaus­schuss haben auch zahlreiche Experten immer wieder die Europarechts- und Verfas­sungswidrigkeit des geplanten Gesetzes kritisiert, ohne dass dies im nun vorliegenden Entwurf Berücksichtigung gefunden hätte. Man muss daher davon ausgehen, dass die­ses Gesetz, das Sie heute beschließen, vielleicht auch nicht halten wird (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Rädler) und wir dann die nächste Peinlichkeit in der Europäi­schen Union erleben müssen, die einfach nicht gut ist, wenn es um ein Vertragsverlet­zungsverfahren gegen Österreich geht, das durchaus eingeleitet werden könnte.

Das Gesetz verfehlt ganz klar sein Ziel, nämlich Rechtssicherheit für alle beteiligten Kunden, alternative Anbieter, aber auch die Österreichische Post AG zu schaffen; und bedarf daher der Überarbeitung. Wir können auch wegen der berechtigten Anliegen, die uns die Unterzeichner des Volksbegehrens mit auf den Weg gegeben haben und die hier leider Gottes keine Berücksichtigung gefunden haben, diesem Gesetz keine Zustimmung erteilen.

Es ist leider Gottes ein Gesetzespfusch, durch den noch viele Probleme, die ich heute aufgezeigt habe, auf uns zukommen werden. Ich bin schon gespannt, wie Sie diese dann wieder begründen und herunterreden werden. (Beifall bei der FPÖ.)

10.42


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Heinzl. – Bitte.

 


10.42.49

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Werter Herr Strache, sagen Sie, haben Sie wirklich vergessen, dass es gerade Ihre Parteifreundinnen und Parteifreunde hier im Hohen Haus von 2002 bis 2005 wa­ren, die dafür gesorgt haben – Stichwort: Ausdünnung des ländlichen Raumes –, dass von seinerzeit 2 300 Postämtern 1 000 geschlossen worden sind? Haben Sie das wirk­lich vergessen, dass das Ihre Infrastrukturministerinnen und Infrastrukturminister wa­ren? (Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Die waren alle nicht von der FPÖ?! Hat es da die FPÖ nicht gegeben?! Waren das nicht Ihre Parteifreunde, die brutal darübergefahren sind, die sich nicht um die Bevölkerung gekümmert haben? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Haben Sie mit den Postbeamten gesprochen? Haben Sie mit den Ge­werkschaften gesprochen? – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Das haben Sie scheinbar alles vergessen! – Lesen Sie die Protokolle nach oder erin­nern Sie sich vielleicht daran! Ich sage es Ihnen: Sie waren es, Ihre Partei war es, die die ländliche Bevölkerung ausgehungert hat, ausgebeutet hat (Abg. Strache: Das ha­ben Sie!) und sich um nichts „gepfiffen“ hat. – Das schreibe ich Ihnen einmal ins Stammbuch, Herr Strache. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren, das heute zu beschließende Postmarktgesetz ist wirklich ein großer Erfolg für unsere Bundesministerin Doris Bures und ihr Team. Erst­mals wird die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Postdienstleistungen gesetzlich vorgeschrieben – erstmals! (Beifall bei der SPÖ.)

Mit diesem Gesetz, sehr geehrte Damen und Herren, werden zentrale Anforderungen, die durch die EU-Richtlinien zur Postmarktliberalisierung (Zwischenruf des Abg. Dr. Königshofer) und das Regierungsprogramm gestellt sind, erfüllt. (Abg. Strache: Durch die Schließung von Postämtern?! „Gratuliere“! „Gratuliere“!) Was besonders wichtig ist: Das Anbot wird nicht reduziert – Herr Strache, passen Sie auf, Sie verges­sen es sonst wieder! –, sondern in gleicher Qualität aufrechterhalten und sogar erwei­tert, Herr Strache. Lesen Sie nach, schauen Sie sich das an (Abg. Vilimsky: Sie haben das nicht gelesen!), beurteilen Sie das fair und ohne die parteipolitische Brille der FPÖ: Sie werden mir dann recht geben!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 54

Sehr geehrte Damen und Herren, die Post ist – das wissen wir alle – ein wesentlicher Teil der Infrastruktur eines Landes, und es ist eben unsere Aufgabe als Gesetzgeber, dafür zu sorgen, dass die Post für die Liberalisierung des Marktes 2011 fit ist.

Noch einmal, weil es mir besonders wichtig ist: Die Ausdünnung der Infrastruktur im ländlichen Raum hat lange genug gedauert (Abg. Strache: Die nehmen Sie jetzt vor! Sie nehmen jetzt die Ausdünnung vor! Das ist Ihre Verantwortung!), ich wiederhole es, von 2002 bis 2005. – Herr Strache, die Wahrheit tut manchmal weh, Ihnen besonders. Passen Sie jetzt noch einmal auf! (Beifall bei der SPÖ.)

In den Jahren 2002 bis 2005 wurden in Österreich 1 000 Postämter von insgesamt 2 300 geschlossen, und das waren Ihre Parteifreundinnen und Parteifreunde als Abge­ordnete und Minister. (Abg. Strache: Sie schließen jetzt weitere über 600! Das ist ja absurd! Das ist ja absurd, was Sie ...!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Nach dieser Postamtschließungsorgie sorgt nunmehr – das ist wichtig und darüber freuen wir uns – unsere Bundesministerin Bures für die flächendeckende Versorgung der Österreicherinnen und Österreicher mit Postdienstleistungen: Das gilt auf dem Land genauso wie in den Ballungszentren.

Bundesministerin Bures verhindert bereits seit Monaten Versorgungslücken durch das drohende ersatzlose Zusperren von weiteren 300 Postfilialen. (Beifall bei der SPÖ.) Der Verfassungsgerichtshof, sehr geehrte Damen und Herren, hat diese Bescheide von Bundesministerin Bures – die ja, wie Sie wissen, vehement auch von der Österrei­chischen Post bekämpft wurden – für verfassungskonform erklärt. Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes unterstreicht das berechtigte und das große Interesse der Bevölkerung an einer funktionierenden Versorgung. Im Urteil heißt es dazu – ich zitiere –:

„Postdienstleistungen machen einen wesentlichen Teil der Infrastruktur eines Landes aus.“

Da sind wir einer Meinung, Herr Strache. (Beifall bei der SPÖ.)

Im neuen Gesetz wird erstmals – erstmals! – auch eine Mindestanzahl an Poststellen vorgeschrieben, nämlich 1 650, und das bedeutet sogar eine Steigerung um 150 Post­geschäftsstellen gemessen am heute bestehenden Filialnetz. Das bedeutet weiterhin eine flächendeckende Versorgung auf sehr hohem Niveau – das ist gut für die Bevöl­kerung und ist auch gut für den Wirtschaftsstandort Österreich.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Darüber hinaus darf es, das ist auch besonders wichtig, keine Qualitätsunterschiede geben – egal, ob es sich um ein klassi­sches Postamt oder um einen Postpartner handelt. Besonders wichtig ist auch, dass kein Postamt geschlossen wird, ohne dass es dafür einen adäquaten Ersatz gibt.

Ich möchte an dieser Stelle, sehr geehrte Damen und Herren, Hohes Haus, ein paar Worte zum Post-Volksbegehren sagen, das wir heute ja auch mitdiskutieren: Das Volksbegehren „Stopp dem Postraub“ wurde, wie wir wissen, von zirka 140 000 Menschen österreichweit unterschrieben – von 140 000 Menschen, die sich Sorgen um die Versorgung vor allem im ländlichen Raum machen. (Abg. Neubauer: Und was hat die SPÖ damit gemacht?)

Dieses Volksbegehren und das Postmarktgesetz haben ein gemeinsames Ziel, und dieses Ziel ist die flächendeckende Versorgung der österreichischen Bevölkerung mit Postdienstleistungen, die man sich auch leisten kann. – Dieses Ziel wird mit dem neu­en Postmarktgesetz erreicht werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Post ist ein erfolgreiches – darauf können wir stolz sein –, ein börsenorientiertes Unternehmen und wird zukünftig noch stärkerem Wettbewerb von privaten Anbietern ausgesetzt sein. Ziel für uns als Gesetzgeber ist


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es, für die Post vernünftige, zukunftsorientierte Rahmenbedingungen zu schaffen und die Post nicht in starre Rahmenbedingungen zu pressen; andererseits muss die flä­chendeckende Versorgung der Menschen sichergestellt werden. Das neue Gesetz tut genau das und garantiert, wie ich schon gesagt habe, 1 650 Postfilialen – das sind exakt um 350 mehr, als im Post-Volksbegehren gefordert werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Als Sozialdemokratinnen und Sozialde­mokraten ist es uns natürlich auch besonders wichtig und ein Anliegen, dass faire Ar­beitsbedingungen für die Beschäftigten der Postdienstleister geschaffen werden: Es darf kein Lohndumping, kein Untergraben von sozialen Standards geben. (Abg. Mag. Schatz: Aber wie? – Abg. Öllinger: Wie?) Mit dem neuen Postmarktgesetz wird sichergestellt, dass es für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Postdienst­leistern einen Kollektivvertrag geben wird. Das ist uns als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten besonders wichtig! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe der Abge­ordneten Dr. Moser und Strache.)

Sehr geehrte Damen und Herren, weiters ist es auch wichtig, zu sagen, dass es nicht sein kann, dass sich private Anbieter nur die Rosinen herauspicken! (Abg. Strache: Das sind ja lauter Unwahrheiten!) Es kann nicht sein, dass ein privates Unternehmen seine Zustelldienste nur auf große Ballungsräume wie etwa Wien, Graz und vielleicht noch Linz konzentriert – alles andere ist ihm egal – und dort die Post mit Dumpingprei­sen unterboten wird, während der Universaldienstleister auf höheren Zustellkosten im Land sitzen bleibt. Der Universaldienstfonds ist ein probates Mittel für den Ausgleich dieser finanziellen Nachteile.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich fasse zusammen: Mit diesem aus­gewogenen Gesetz stellen wir sicher, dass auch der ländliche Raum mit Postdienst­leistungen versorgt ist, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer abgesichert sind – das ist uns besonders wichtig – und dass die Post rechtzeitig auf die vollständi­ge Liberalisierung des Marktes 2011 vorbereitet ist.

Ein wirklich schöner Erfolg, sehr geehrte Damen und Herren, Hohes Haus, unserer Bundesministerin Doris Bures, und ich gratuliere aufrichtig zu diesem Gesetz! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe des Abg. Neubauer.)

10.51


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


10.51.02

Abgeordneter Christoph Hagen (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Herr Minister! Hohes Haus! Als ich vorhin Abgeordnetem Heinzl zugehört habe, hatte ich den Eindruck, er hat keine rote Brille, sondern eine rosarote Brille auf, denn was Sie hier – entschuldigen Sie den Ausdruck – „verzapft“ haben, das glauben Sie doch selbst nicht! (Beifall beim BZÖ. – Ruf bei der SPÖ: O ja! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, apropos rosarot: Ich habe heute extra eine rosarote Krawat­te umgebunden, damit auch die Frau Minister ihre rosarote Brille absetzt, die ihr Herr Faymann aufgesetzt hat, denn dieses Gesetz hier ist untauglich. Sie sehen vielleicht schärfer, wenn Sie diese Brille abnehmen – das wäre notwendig, Frau Minister! (Zwi­schenruf der Abg. Schönpass.)

Dieses Volksbegehren „Stopp dem Postraub“ sollte eigentlich heißen: Stopp die Minis­ter Bures, Faymann und Co.! – Das ist Fakt, meine Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ. – Abg. Mag. Wurm: Na bitte! – Abg. Dr. Cap: Dein Applaus! Dein Applaus!) Chaos und Ruckzuck-Aktionen, die deswegen entstanden sind, weil der damalige Herr Verkehrsminister und heutige Bundeskanzler Faymann das alles verschlafen hat. (Abg. Mag. Wurm: Gorbach! Gorbach!) – Nein, nein, das war schon Herr Faymann!


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Ich blende zurück: Obwohl 2007 der damalige Herr Verkehrsminister Faymann dem EU-Post-Liberalisierungsgesetz bis 2011 zugestimmt hat (Zwischenruf des Abg. Dr. Cap) – er hat es mitgetragen –, war zwei Jahre lang Stillstand unter Herrn Fay­mann. Er hat weder die Post AG noch die privaten Anbieter darauf vorbereitet, er hat sie einfach im Stich gelassen. (Abg. Mag. Johann Maier: War das nicht der Herr Gor­bach?! Das war doch der Herr Gorbach!) Und wenn ich beim Herrn Faymann bin: Er war sehr beschäftigt ... – Wir kommen schon noch darauf zurück! Ich komme noch auf die Geschichte zurück – Herr Heinzl hat hier einiges etwas falsch dargestellt, und ich werde das noch berichtigen. (Abg. Dr. Cap: ... Gorbach!)

Herr Faymann war scheinbar viel zu sehr damit beschäftigt, am Stuhl des damaligen Kanzlers Gusenbauer zu sägen, und hat vor lauter Beschäftigung damit vergessen, dass er eigentlich noch Arbeit als Minister hätte. – Und jetzt möchte ich darauf zurück­kommen: Herr Faymann hat eine Alibi-Verordnung gemacht im November 2008 – da­mals war er noch Verkehrsminister, der damalige Bundeskanzler in spe ... (Abg. Dr. Cap: Das war der Gorbach!) – 2008 war das Faymann.

Erinnern Sie sich: Da ist es um die Postamtsschließungen gegangen. – Herr Faymann hat im ORF-„Morgenjournal“ großmundig verkündet: Ich werde es nicht zulassen, dass jemand 200 oder noch mehr Postfilialen zusperrt. – Dieser Jemand sitzt jetzt hinter mir.

Frau Minister Bures, Sie sperren jetzt 300 Postfilialen zu – und Herr Faymann?! Wo ist er? – Nicht da! Er lässt es zu. (Abg. Neubauer: Das ist seine Stärke!) – Das ist seine Stärke, genau, so ist es! Herr Faymann ist jemand, der heute so und morgen anders redet. Das muss auch einmal gesagt werden, meine Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ. – Zwischenruf des Abg. Strache.)

Dummerweise hatte Herr Faymann das im Februar 2009 vergessen – das ist vielleicht eine vorübergehende Amnesie gewesen –, denn er hat dann davon gesprochen, dass man nicht darum herumkommen wird, 300 Postämter zu schließen.

Aber die Vergesslichkeit dürfte in der SPÖ so ein bisschen als ein kleines Gespenst herumgehen – so eine kleine Grippe der Vergesslichkeit –, denn Herr Gusenbauer hat kürzlich auch gegen die Studiengebühren gewettert: Er hat damals versprochen, dass er sie abschafft – abgeschafft hat er sie nicht! Und dann steht er mit den Studenten dort (Abg. Dr. Jarolim: Das ist ja Kraut und Rüben, was Sie da herumreden!) und macht einen schönen Aktionismus gegen die Studiengebühren mit diesen linksextre­men Audimax-Chaoten, die da drinnen sind. – Das ist Ihre Klientel. (Abg. Strache: Vom Postamt direkt ins Audimax! – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Eines möchte ich schon sagen: Herr Faymann ändert ja seine Meinung stündlich – das ist nichts Neues.

Jetzt möchte ich aber noch zurückkommen zum Kollegen von der SPÖ da oben. (Abg. Mag. Johann Maier: ... Gorbach!) – Sie haben gesagt, Herr Gorbach war es. Wissen Sie, wann das Ganze begonnen hat? – Das hat am 30. April 1996 begonnen – und da war noch kein Herr Gorbach in der Regierung –, da ist nämlich die Post- und Telegra­phenverwaltung gesprengt worden, das heißt getrennt worden, und das war der Beginn des Ganzen. (Abg. Mag. Kuzdas: Das stimmt ja nicht! Lernen Sie Geschichte!) – Selbst­verständlich! So ist es, meine Damen und Herren, so schaut es aus! (Abg. Dr. Matz­netter: Wer schreibt Ihnen ...?!)

Interessant ist auch, Frau Minister, dass Sie angekündigt haben, Sie werden 1 650 Post­stellen einrichten. – Derzeit sind von den 1 300 Postfilialen, die es gegeben hat, nur mehr 1 139 übrig. (Abg. Mag. Johann Maier: Den Rest hat der Herr Gorbach ...!) 440 Postpartner sind dazugekommen, ergibt gemäß meiner Rechnung nach Adam Riese 1 549, also fehlen 101 Poststellen, meine Damen und Herren. Von flächende­ckender Postversorgung ist nicht die Rede!


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Dann steht auch in diesem Postmarktgesetz, dass ab 10 000 Einwohnern oder in allen Bezirkshauptstädten gewährleistet sein muss, dass für mehr als 90 Prozent der Ein­wohner eine Postgeschäftsstelle in maximal zwei Kilometer Entfernung oder Postge­schäftsstellen in maximal zehn Kilometer Entfernung beziehungsweise in zehn Minuten Fahrzeit vorhanden sind. – Sie alle kennen die Stellungnahmen der Tiroler Landesre­gierung, der Vorarlberger Landesregierung: In Vorarlberg sind es lediglich neun der 96 Gemeinden, wo das erfüllt wird. Meine Damen und Herren, so schaut es aus, und da ist von Ihnen nichts geändert worden! (Beifall beim BZÖ. – Abg. Mag. Kuzdas: Kol­lege, Sie sind relativ ahnungslos!) – Ich habe schon Ahnung!

Als Postgeschäftsstellen gelten auch solche fremdbetriebenen Postgeschäftsstellen, zum Beispiel im Gemeindeamt, die bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Re­gelung weniger als 20 Wochenstunden oder fünf Werktage pro Woche geöffnet haben. Die Gesamtzahl der Postgeschäftsstellen mit weniger als 20 Wochenstunden darf aber 165 nicht übersteigen.

Ich habe dann im Ausschuss bei Ihnen nachgefragt – ich habe bis heute keine Antwort bekommen –, wie viele dieser Poststellen darunter liegen. Auch hier sind Sie säumig. Ich habe Ihnen eine schriftliche Anfrage gestellt; vielleicht werden Sie diese beantwor­ten. (Zwischenruf der Abg. Schönpass.)

Frau Minister Bures, sorgen Sie für eine qualitativ hochwertige, flächendeckende Ver­sorgung mit Postdienstleistungen und für faire Verhältnisse! Es liegt auch ein Antrag vom BZÖ vor, der zur Beratung steht – ich ersuche Sie, diesem zuzustimmen.

Ich sehe das Problem der Ausdünnung von Postdienststellen am Land. Da darf es nicht passieren, dass die Post nur die unattraktiven Bereiche übernehmen muss, das heißt, die Kosten dort decken muss, wo es nicht interessant ist – und dort, wo es finan­ziell interessant ist, die privaten Anbieter den Markt überlaufen. Da muss Gerechtigkeit, muss Fairness her – darauf muss man achten!

Ein weiterer Punkt ist die Fairness beim Personal: Jetzt werden bei der Post sehr viele Beamte in irgendwelche „Auffanglager“ gesteckt – Pools nennt man das. Dort sind sie zum Nichtstun verurteilt, und schlussendlich werden Leasing-Arbeiter oder billige Ar­beitskräfte eingestellt. – Das kann es nicht sein! Schauen Sie auf die Leute, lassen Sie die Beamten nicht im Stich! Diese haben das nicht verdient, sie sind unter anderen Verhältnissen in diese Arbeit hineingegangen. (Beifall beim BZÖ.)

Ein weiteres Problem ist die Überstellung der Postbediensteten zur Polizei: Das liegt nicht ganz in Ihrem Bereich, aber hier ist die Ausbildung mangelhaft; sie sollte verstärkt werden. Diese Beamten haben dort auch kein leichtes Leben: Wenn sie nur einen 08/15-Kurs bekommen, dann wird ihnen die Arbeit keine Freude machen, und dann sind sie keine wirkliche Entlastung für die Polizei. Hier ist auch Handlungsbedarf ange­zeigt.

Alles in allem kann ich feststellen, dass Herr Bundeskanzler Faymann wieder einmal seine Hände im Spiel gehabt hat: Überall, wo er seine Hände im Spiel hatte, liegen Scherben herum, und Sie dürfen sie zusammenkehren und dann zusammenkleben. – Leider ist hier etwas durcheinandergekommen. (Präsident Neugebauer gibt das Glo­ckenzeichen.)

Schlusssatz: Das BZÖ wird diesem Postmarktgesetz wegen unzureichender Sicher­stellung einer qualitativ hochwertigen flächendeckenden Versorgung mit Postdienstleis­tungen nicht zustimmen. (Beifall beim BZÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.)

10.59


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Maier. – Bitte.

 



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11.00.01

Abgeordneter Dr. Ferdinand Maier (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe es an dieser Stelle schon einmal gesagt, dass dieses Gesetz nicht unbedingt unter einem guten Stern steht. Ich habe auch damals schon darauf hingewiesen, dass der erste Entwurf von einer gewissen Orientierungslosigkeit geprägt war, und auch diese ganze weitere Vorgangsweise, würde ich meinen, zeigt ein gewisses Defizit im politischen Manage­ment auf. Das habe ich einmal schon an dieser Stelle gesagt. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Grosz: Seine eigenen Abgeordneten klatschen nicht, und er sagt das, was Öster­reich denkt!)

Ich erinnere auch daran, dass es für uns unverständlich war, dass am 17. April dieser Gesetzentwurf in die Begutachtung gegangen ist und am 28. Mai völlig neu wieder auf den Tisch des Hauses gekommen ist, und ich habe damals schon darauf hingewiesen, dass es nicht ganz verständlich ist, dass es diesen Zeitdruck gibt. Aus dem Kabinett der Frau Bundesminister wurde uns nämlich erklärt, dass es da einen so großen Zeit­druck gibt.

Das war alles im Vorfeld des oberösterreichischen Landtagswahlkampfes, und ich hat­te auch den Eindruck, dass die Frau Bundesministerin ein wenig eine Getriebene war durch den damaligen Vorsitzenden der SPÖ Oberösterreich. – Ich glaube, er hat Hai­der geheißen. (Abg. Ursula Haubner: Genau!)

Angesichts des Wahlergebnisses in Oberösterreich weiß man, dass es eine Fehlein­schätzung war, dass man hier mit diesem Zeitdruck versucht hat, irgendwelche Dinge zu beeinflussen, denn das SPÖ-Wahlergebnis hat ja ohnehin eine deutliche Sprache gesprochen. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)

Ich glaube aber, dass wir durchaus auch über die Schließung der Postämter reden soll­ten; ich komme dann auch noch darauf zu sprechen. Ich möchte aber vorerst den Ini­tiatoren und jenen, die das Volksbegehren unterschrieben haben, sagen, dass wir sei­tens der Österreichischen Volkspartei in dieser Diskussion drei Grundsätze einge­bracht haben: Die flächendeckende Versorgung mit Postdienstleistungen muss unbe­dingt sichergestellt sein, die Zukunft der Post und ihrer Mitarbeiter darf nicht aufs Spiel gesetzt werden, die Post darf nicht zur AUA werden. – Ich ergänze das jetzt noch und sage: Die Post darf nicht zum „Konsum“ werden. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Und es müssen die Rahmenbedingungen für einen fairen Wettbewerb auf einem liberalisierten Postmarkt geschaffen werden.

Meine Damen und Herren, wir haben daher im Ausschuss auch eine Ausschussfest­stellung getroffen, nämlich insofern, dass die Unterzeichner des Volksbegehrens wis­sen, dass hinsichtlich der Postgeschäftsstellen ein adäquates Verhältnis von Postfilia­len und Postpartnern bestehen bleibt und dass der Einsatz von Postpartnern an jenen Standorten, die sich nicht mehr rechnen, sichergestellt ist und so auch die 1 650 Post­stellen gesichert sind.

Frau Bundesministerin Bures hat einen Bescheid bezüglich einer Schließung der Post­ämter erlassen. Wir haben damals aufgezeigt, dass das natürlich ein gewisses Hinein­regieren in ein Unternehmen ist, das ein börsennotiertes Unternehmen ist. Und ich glaube auch, dass wir hier ein wenig in Erinnerung rufen müssten, was tatsächlich bei der Frage der Struktur der Postämter sichergestellt werden muss.

Wenn ich davon gesprochen habe, dass die Post nicht zum „Konsum“ werden darf (Abg. Grosz: Und auch nicht zur BAWAG!), dann möchte ich manche auch noch daran erinnern, dass es da um eine Handelsorganisation geht, die 100 Jahre alt war, die von der SPÖ geführt wurde und die aufgrund einer schlechten Standortpolitik, einer schlechten Filialstruktur Mitte der neunziger Jahre den wirtschaftlichen Kollaps erlitten hat. (Zwischenrufe der Abg. Hagenhofer.)


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Liebe Frau Kollegin, lernen Sie vom „Konsum“ Folgendes: Wenn Sie Standorte auf­rechterhalten, die sich nicht rechnen, die Verluste machen, wird es irgendjemand be­zahlen müssen. Und ich schreibe Ihnen ins Stammbuch, Frau Kollegin: Sie können aus einer Kassa nur so viel herausnehmen, wie drinnen ist. Und wenn Sie Verluste ma­chen, müssen Sie nachdenken, wer sie abdeckt.

Wenn Kosten entstehen, so wie sie beim „Konsum“ entstanden sind, entstehen sie auch bei Postfilialen. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Da müssen Sie nachfragen: Ist es fair, ist es gerecht, dass diese Verluste abgedeckt werden, und wer deckt sie ab? Daher ist das System, das hinsichtlich der Postpartner vorgeschlagen wird, ein richti­ges, vernünftiges System, das auch gewährleistet, dass die Nahversorgung in diesen Gebieten sichergestellt ist.

Ich glaube daher, meine Damen und Herren, dass wir, wenn wir heute dieses Gesetz verabschieden, auch darauf hinweisen müssen, dass es leider nicht gelungen ist, eine Gleichbehandlung jener, die eine Zeitungszustellung in diesem Land organisieren, si­cherzustellen. Wir haben versucht, hier auch eine verfassungsrechtliche Stellungnah­me zu erhalten – die haben wir nicht bekommen.

Natürlich gibt es, und es wurde schon darauf hingewiesen, das eine oder andere an Bedenken in Richtung des EU-Rechts beziehungsweise auch verfassungsrechtliche Bedenken. Ich habe im Ausschuss darauf hingewiesen. Sollte es dazu kommen, liegt das in der alleinigen Verantwortung der Frau Bundesministerin. Wir haben versucht, in den Beratungen ein wenig auf sie einzuwirken, dass es zu einer Änderung kommt – es ist uns leider nicht gelungen. (Abg. Ing. Westenthaler: Könnte ein Redner von uns sein!)

Lassen Sie mich daher zusammenfassend Folgendes sagen: Wir sehen im Zuge die­ses Gesetzes die Möglichkeit, die flächendeckende Versorgung sicherzustellen, und wir glauben auch, dass die Frage der Postpartner der richtige Weg ist. Die Schlie­ßung von Postämtern hat ja aufgezeigt, dass hier Postdienststellen geschlossen wer­den, in denen am Tag fünf Briefe oder sieben Pakete aufgegeben werden; und hier eine andere Organisation zu suchen im Wege dieser Postpartner, die auch eine andere Öffnungszeit anbieten und somit konsumentenfreundlicher sind, scheint der richtige Weg zu sein, ein Weg, den wir auch unterstützen. Und ich glaube auch, dass die Aus­schussfeststellung im Zusammenhang mit den Unterzeichnern des Volksbegehrens dem Rechnung trägt.

Die Bedenken, die wir haben, insbesondere was die verfassungsrechtliche Behandlung anbelangt – ist gleich Gleichstellung der Zulieferer, was Zeitungen angeht –, halte ich aufrecht. Ich hoffe aber trotzdem, dass dieses Gesetz so gelebt wird, dass auch sei­tens des Postmanagements alles getan wird, dass die Mitarbeiter jene Entwicklung nehmen, die wir erhoffen, nämlich das, was an Umschulungen und dergleichen begon­nen wurde, fortzusetzen, damit es hier eine vernünftige wirtschaftliche Entwicklung sei­tens der Post gibt. (Beifall bei der ÖVP sowie beim BZÖ.)

11.06


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Dr. Moser zu Wort. 8 Minuten. – Bitte.

 


11.06.35

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Minis­terin! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Maier, ich verstehe nicht, warum Sie noch in derselben Regierung verharren, wenn Sie jetzt hier öffentlich derar­tige Kritik äußern, aber im Vorfeld nicht in der Lage waren, die Kritikpunkte konstruktiv einzubringen. Das verstehe ich nicht. (Beifall bei den Grünen.)

Aber gerade Ihren Ausführungen ist ja zu entnehmen, dass die jetzige Situation, die jetzige Art und Weise des Postmarktgesetzes von vorne und hinten betrachtet ein völli-


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ger Murks ist. Es wird nicht den Erfordernissen gerecht, weder den einen noch den an­deren. Es ist ein großkoalitionäres Zwitterwesen, das vor allem nicht die Sünden der Vergangenheit aufarbeitet.

Ich darf Ihnen ganz kurz einmal die Situation schildern. Es ist ja schon angesprochen worden: Wie soll in Zukunft eine Pensionistin, ein Pensionist, die/der im ländlichen Raum lebt, ihre/seine Rente abholen? Ihr Gesetz sieht vor: Zehn Kilometer bis zur nächsten Postgeschäftsstelle, und da ist noch nicht garantiert, dass diese Postge­schäftsstelle auch wirklich alle Finanzdienstleistungen bietet, die ein Postamt anbietet. Und diese Pensionistin, dieser Pensionist soll sich dann die Rente abholen!

Zehn Kilometer auf dem Land heißt also Auto fahren. Ihre Rechnung lautet: 10 Minu­ten für 10 Kilometer. Das stimmt hinten und vorne nicht – Sie kennen die Topographie Österreichs nicht! Sagen Sie mir, welche Pensionistin/welcher Pensionist wirklich noch im hohen Alter fähig ist, Auto zu fahren? Das ist das Resultat ihrer Entfernungs- und Zeitrechnung für die flächendeckende Versorgung auf dem Land. Das ist ein Murks, sage ich! (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte Ihnen noch einmal die Vergangenheit zeigen. (Die Rednerin stellt eine Schautafel, auf der Österreich dargestellt ist und in verschiedenen Farben bereits auf­gelassene beziehungsweise noch bestehende Postämter eingezeichnet sind, vor sich auf das Rednerpult.) Es ist ja heute schon davon gesprochen worden: Wir haben in der Zeit von Schwarz-Blau eine völlige Ausdünnung der Versorgung in der Fläche gehabt. (Abg. Ing. Westenthaler: Das sieht man nicht! Zu klein!) Schauen Sie sich die weißen Flecken an: Die weißen Flecken zeigen die nicht mehr versorgten Gebiete. Schauen Sie sich die hellbraunen Flecken an: Dort gibt es nur eine einzige Postdienststelle. Und schauen Sie sich die roten und grünen Punkte an: Die bedeuten, dass es hier Postersatzstellen, dass es hier Postgeschäftsstellen gibt, Servicepartner et cetera.

Schauen Sie sich das an: In der Steiermark weiße Flecken vorne und hinten! Auch die Ersatzrate war in der Steiermark schlecht. Die geringsten Ersatzraten haben wir beim Zusperrkonzept in Niederösterreich und Oberösterreich gehabt; nur 41 Prozent betrug die Ersatzrate. Postämter sind zugesperrt worden, für nicht einmal die Hälfte ist dann wieder eine Postservicestelle eröffnet worden; ebenso in Oberösterreich.

Bitte, das ist die Politik von Blau, von Braun gewesen, und das war vor allem die Ver­sorgung des ländlichen Raumes durch Schwarz! Ihre schwarze Politik führte zu diesen weißen Flecken. Und heute haben wir die Situation, dass dieses Postmarktgesetz das wieder rückgängig machen soll, aber das geht nach der Ausrichtung dieses Gesetzes leider nicht. Wir würden es verlangen!

Frau Ministerin, 140 000 Österreicherinnen und Österreicher haben verlangt, dass es wieder eine flächendeckende Versorgung gibt. – Aber nein, Sie machen das nicht mit einem Gesetz, sondern sagen nur, insgesamt muss es 1 650 Postservicestellen, Geschäftsstellen geben – und definieren nicht, wie viele Postämter es geben soll! Voll­versorgung ist nicht gegeben durch Postservicestellen; ein Postamt bietet mehr. Und Sie definieren auch nicht genau den Versorgungsgrad, Frau Bundesministerin. Diese zehn Kilometer, die ich genannt habe, sind eine Daumen-mal-Pi-Rechnung; in den Bal­lungszentren sind es jedenfalls auch zwei Kilometer.

Schauen Sie sich doch einmal die reale Situation an, wenn Sie beispielsweise Brief­marken kaufen wollen, denn Trafiken bieten diese nicht mehr an. Weiters: Wo soll man Briefe einwerfen, wenn Postkästen abmontiert werden?! Und wenn man zu Hause in den Postkasten schaut: Ich finde dort oft falsch adressierte beziehungsweise über­haupt nicht an mich adressierte Briefe. Fazit: Das ist das Resultat des Personaldrucks bei der Post AG, wo teilweise jetzt schon Personal in Untergesellschaften, in Subge­sellschaften eingesetzt wird und nicht mehr die vorher gegebene Qualifikation aufweist,


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wobei es da vor allem auch so ist, dass diese Menschen zu Dumping-Löhnen mit Post­sendungen in die Straßen und Gassen geschickt werden – und dann kommt es natür­lich aufgrund enormen Zeitdrucks zu Fehleinwürfen. – So geht das doch nicht weiter, Frau Ministerin! (Beifall bei den Grünen.)

Ja, die EU hat auch da Liberalisierung vorgeschrieben, aber wir Grünen haben immer gesagt: Die Liberalisierungspolitik der EU in diesem Bereich ist völlig kontraproduktiv, und in diesem Feld lehnen wir die EU-Politik als sozial- und versorgungskontraproduk­tiv ab und werden da nach wie vor unseren EU-kritischen Ansatz immer wieder anspre­chen.

Was, Frau Bundesministerin Bures, tat Ihr Vorgänger, nämlich Herr Faymann? – Er reihte sich ein in die Liste jener Regierungsminister, die zur Umsetzung der EU-Richtli­nie das Jahr 2011 als frühen Zeitpunkt anpeilten, obwohl da das Jahr 2013 auch noch möglich gewesen wäre. Aber nein, Österreich musste da unter den „frühen Ländern“ sein. EU-Beitrittsländer sollen länger Zeit haben, Österreich müsse da früher dran sein, war Ihre Argumentation im Ausschuss, nur: Die stimmt leider nicht.

Uns Durchschnittskunden und -kundinnen bringt diese EU-Liberalisierung beträchtliche Nachteile. Schauen Sie sich doch das Postmarktgesetz an! Erstens: KundInnen haben keinerlei Recht darauf, dass es Konsequenzen gibt, wenn man Beschwerden vorbringt. Zweitens: Für die KundInnen ist keine Vertretung im Postgeschäftsbeirat vorgesehen. Und drittens: Wenn ein Postamt geschlossen wird, kann sich die betreffende Gemein­de nicht mehr an den Verwaltungsgerichtshof wenden. Wenn ein Postamt geschlossen wird, kann es geschlossen werden, weil die Regulierungsbehörde nicht mehr tätig wird. Und wenn diese nicht tätig wird, wird ein Postamt eben geschlossen. Das ist doch ge­radezu ein Freibrief für die Post AG!

Und, Frau Ministerin, in diesem Gesetz sind auch keine Strafbestimmungen vorgese­hen, wenn es zu Verstößen gegen den Datenschutz kommt. Das ist doch alles Murks! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf bei der SPÖ.) – Ja, im Detail.

Schauen Sie sich auf der anderen Seite die Aushöhlung des Universaldienstes an, wenn es, um ein Beispiel zu bringen, um kostenlose Qualitätskriterien geht, die geleis­tet werden müssen: Am Land sind teilweise teurere Tarife zu befürchten; Zeit und Tarif der Zustellung werden verändert, wenn Sendungen bei Verteilerzentren eingereicht werden oder wenn man Retourpakete beispielsweise wieder an den Versandhandel zurückschickt.

165 Postdienstgeschäftsstellen brauchen gar nicht den normalen und umfassenden Universaldienst zu bieten. Was die Briefkästen betrifft, gibt es keine Wochenendentlee­rung mehr; das wird ersatzlos gestrichen. Und weiters – stellen Sie sich das vor, meine Damen und Herren –: Einen Beitrag zum Universaldienst müssen nur neue Teilnehmer am Postmarkt leisten, wenn sie über 1 Million € Umsatz haben. Daher also nichts leich­ter, als das in Subfirmen zu gliedern, damit eben der Umsatz unter 1 Million € bleibt – und den Universaldienst hat dann allein die Post AG zu erbringen. Und was macht die Post AG? – Sie dünnt weiter aus. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist Murks, Frau Mi­nisterin, und deswegen lehnen wir Ihr Gesetz ab! (Beifall bei den Grünen.)

Auf die verschiedenen Gummiparagraphen, was die Zeitungszustellung betrifft, die teil­weise EU-rechtswidrig, ja sogar verfassungswidrig sind, hat mein Kollege Maier schon hingewiesen (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen), und auf die Be­schäftigungsverhältnisse, wobei dieses Postmarktgesetz ein Sozial- und Lohn-Dum­ping nach sich ziehen wird, werden meine KollegInnen noch hinweisen. (Präsidentin Mag. Prammer gibt neuerlich das Glockenzeichen.)

Frau Ministerin Bures, das war nicht Ihr Gesellenstück! (Beifall bei den Grünen.)

11.14



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 62

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Bundesministerin Bu­res. 10 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


11.15.08

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Sehr ge­ehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Postmarktgesetz, das jetzt zur Diskussion steht, ist nach monatelangen und sehr inten­siven Verhandlungen, die geführt wurden, das Ergebnis für eine klare zukünftige Rege­lung, was Postdienstleistungen in ganz Österreich betrifft.

Ich habe mir jetzt sehr aufmerksam wieder einmal die Positionen aller Parteien hiezu angehört, und ich möchte jetzt auch die Gelegenheit dazu nutzen, noch einmal meinen Standpunkt dazu klar darzulegen, warum ich glaube, dass es so wichtig ist, ein neues Postmarktgesetz mit klaren Regelungen zu beschließen und dieses der Bevölkerung sozusagen zur Verfügung zu stellen.

Postdienstleistungen nimmt ja jeder von uns in Anspruch: Die einen holen Packerln von der Post ab, die anderen schreiben noch Ansichtskarten, und Menschen erledigen auch Bankgeschäfte in der Post. Und jeder/jede von uns sperrt, wenn er/sie nach Hau­se kommt, das Postkastl auf und schaut, was so alles gekommen ist. Das ist ein Be­weis dafür, dass es da eben um eine Dienstleistung geht, die wir tagtäglich in Anspruch nehmen und die so etwas wie eine Selbstverständlichkeit geworden ist, und zwar für alle Menschen, und auch für die Wirtschaft, für Unternehmen, für Betriebe ist diese Dienstleistung gar nicht wegzudenken.

Und weil das so ist, verstehe ich, dass es Unmut in der Bevölkerung gibt, verstehe ich, dass es Menschen gibt, die gesagt haben: Wir wollen mit einem Volksbegehren diese Sorge, die wir haben, zum Ausdruck bringen! Diese Sorge ist natürlich eine berechtig­te, gerade auch nach dem, was da in den letzten Jahren alles passiert ist. Mehrmals ist ja heute schon erwähnt worden, dass in Österreich in den Jahren 2002 bis 2005 800 Postämter, und zwar ohne irgendeinen Ersatz, geschlossen worden sind. (Zwi­schenrufe bei der FPÖ.) In unzähligen kleinen Gemeinden gibt es seither keinen Post­dienstleister mehr, wird in kleinen Gemeinden diese Dienstleistung nicht erfüllt.

Deshalb habe ich gesagt: Ich schaue da nicht länger zu, wir müssen handeln!, weil eben Anfang dieses Jahres die Post-Manager wieder angekündigt haben, 300 Postäm­ter zusperren zu wollen, worauf ich gesagt habe: Wenn es keinen Ersatz gibt, dann stimme ich dem nicht zu; ich stoppe diese Post-Schließungswelle der Vergangenheit! (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren, gerade Ihnen als gewählte VolksvertreterInnen brau­che ich wohl nicht zu sagen, dass es dazu in der Bevölkerung wirklich viele Diskussio­nen gegeben hat. Ich habe unzählige Schreiben von Bürgermeisterinnen und Bürger­meistern bekommen, die in Sorge darüber waren, dass diese Dienstleistung verloren­zugehen droht, und sie waren natürlich ganz massiv betroffen, was die Infrastruktur ih­rer Gemeinden betrifft.

Daher habe ich diese Schließungswelle gestoppt, indem ich einen Bescheid erlassen habe, dass es ohne Ersatzmöglichkeiten zu keinen Postamt-Schließungen kommen darf, obwohl es da einige gegeben hat, die gesagt haben: Na, das schauen wir uns an; da geht die Ministerin doch ein bisschen zu weit!

Es hat auch den Versuch gegeben, meine Bemühungen zunichte zu machen, indem man den Verfassungsgerichtshof angerufen hat. – Meine Entscheidung, diese Post­amt-Schließungen zu stoppen, war richtig; vor fünf Wochen hat mir der Verfassungsge­richtshof recht gegeben; das heißt: keine Schließungen mehr ohne Ersatz. (Beifall bei der SPÖ.)


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Wir können uns ja die Gemeinden ansehen, die ohne meinen Bescheid zum Stopp der Schließungen heute kein Postamt mehr hätten; das sind wirklich sehr viele Gemein­den, und zwar von Waldzell über Bürmoos, Niederalm, Fuschl am See, Rauris und so weiter: in jedem Bundesland finden sich Gemeinden, die diese Dienstleistung weiterhin und zu Recht haben wollten.

Aber weil ein Bescheid natürlich keine Rechtssicherheit garantiert, war es für mich kei­ne Frage, dass ich mit großem Elan und großem Engagement an einer klaren gesetzli­chen neuen Regelung arbeiten muss, und ich habe daher einen Gesetzentwurf vorge­legt, der eben diese klaren Regelungen auch für die Zukunft vorsieht, um das, was da in der Vergangenheit an Unerfreulichem passiert ist, in Zukunft auszuschließen.

Ich habe vier Ziele klar definiert, die ein neues, gutes Postmarktgesetz haben muss. Das erste ist: Es wird eine Mindestanzahl von 1 650 Poststellen gesetzlich – erstmals gesetzlich – in ganz Österreich garantiert. Das sind um 150 Dienstleister mehr als in der Vergangenheit.

Zweitens: Das Gesetz sichert faire Löhne für die Menschen, die dort beschäftigt sind. (Abg. Dr. Moser: Wie?) Es wird eine verpflichtende Anwendung eines Kollektivvertrags vorgesehen, weil es mir wichtig ist, gegen Lohn- und Sozialdumping aufzutreten. Daher wird ein Kollektivvertrag anzuwenden sein, wenn es um die Beschäftigten bei den Postdienstleistern geht. (Abg. Mag. Schatz: Welche?) Das ist soziale Sicherheit. (Bei­fall bei SPÖ und ÖVP.)

Drittens – auch das kam in der Diskussion –: Es gibt natürlich immer die Sorge, die Pri­vaten picken sich die Rosinen aus dem Kuchen; das berühmte Rosinenpicken. Und das wird durch dieses Gesetz ausgeschlossen: Nicht nur in den Ballungszentren, nicht nur in den Städten in Österreich, auch im ländlichen Raum, wo wir diese Dienstleistung haben wollen, wo es aber keine Gewinnchancen gibt, wird sie gewährleistet sein. Die Menschen brauchen sie dort, der Wirtschaftsstandort braucht sie dort. Auch dort muss diese Dienstleistung erbracht werden. Rosinenpicken ist durch dieses Gesetz ausge­schlossen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Der vierte Eckpfeiler dieses neuen Gesetzes, der mir ganz wichtig war, ist, dass es nun auch nach einem Entscheid des Verfassungsgerichtshofs für etwas, was seit Jahren im Unklaren ist, nämlich wer wofür die Kosten trägt, eine Klarstellung gibt. Das Gesetz stellt nämlich klar, dass die Hausbriefanlagen weder die Mieter noch die Wohnungs­eigentümer, noch die Hauseigentümer etwas kosten dürfen. Ihnen werden die Kosten für die neuen Hausbriefanlagen nicht überwälzt. Auch das habe ich im Gesetz vorge­schlagen und formuliert. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mein Ressort ist für den gesetzlichen Rah­men zuständig. Wie gesagt: die flächendeckende Versorgung, kein Lohndumping, kein Rosinenpicken, kein Kostenüberwälzen auf die Menschen dieses Landes, die diese wichtige Dienstleistung brauchen. Das ist meiner Auffassung nach ein gutes Ergebnis, auch wenn man da oder dort noch diskutieren möchte, aber das ist in der Gesamtbe­trachtung ein wirklich sehr gutes Ergebnis.

Dieses Gesetz führt auch dazu, dass die Verunsicherung, der Unmut, die Sorge der Bevölkerung, der Wirtschaft, aber auch der 23 000 Menschen, die bei der österreichi­schen Post beschäftigt sind, ein Ende haben werden, dass es wieder so etwas wie Zu­versicht, auch was ihren Arbeitsplatz betrifft, geben wird. Daher ist das ein gutes Er­gebnis. Ich mache kein Hehl daraus, dieses gute Ergebnis war nur deshalb möglich, weil in den monatelangen Verhandlungen so viele Leute positiv daran mitgearbeitet ha­ben. Sie haben dabei mitgeholfen.

Bei diesen möchte ich mich bedanken: Es war die Wirtschaftskammer, es war die Ar­beiterkammer, es war der Österreichische Gewerkschaftsbund, es war die Industriel-


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lenvereinigung (Abg. Weinzinger: Jawohl!), es war auch der Städte- und Gemeinde­bund mit den vielen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern, und es waren natürlich an der Spitze alle Expertinnen und Experten und BeamtInnen meines Hauses. Ein herzliches Dankeschön! Es ist ein gutes Gesetz, das jetzt viel an Verunsicherung der Vergangenheit beenden wird. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abge­ordneten der ÖVP.)

11.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun kommt Herr Abgeordneter Vilimsky zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


11.24.19

Abgeordneter Harald Vilimsky (FPÖ): Frau Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesmi­nister! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Lassen Sie mich dem Schönreden der Frau Minister ein bisschen Faktisches entgegenhalten! Wir befinden uns in der Berichterstattung der vergangenen Tage in Schwechat (in Richtung SPÖ), der ehemaligen Heimatgemeinde Ihres Hohen Vorsitzenden Klima, der jetzt in Argentinien tätig ist.

Da wird berichtet: Wegen Platzmangels in der Apotheke ist die Abholung hinterlegter Pakete in Zwölfaxing erfolgt. Eine Maßnahme der Post hat Freitag und Montag für Är­ger und Tumulte gesorgt, mit massiven Protesten des ÖVP-Bürgermeisters, denn die nicht in Empfang genommenen Briefsendungen mit Zustellnachweis und Pakete wur­den nicht beim Rannersdorfer Postpartner, nämlich der Wallhof-Apotheke oder im Postamt Schwechat deponiert (Heiterkeit der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein), son­dern sie mussten beim Postpartner in Zwölfaxing, und zwar beim Autohaus Keglovits behoben werden. (Heiterkeit bei Abgeordneten der FPÖ.)

Genau das sind die „segensreichen“ Wirkungen Ihrer Schließung von Postämtern und der Eröffnung von Postpartnern! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich weiß ja persönlich nicht, Frau Minister, wie das funktionieren, und zwar gut funktio­nieren soll. Wenn ich zum Greißler gehe und mir zwei Extrawurstsemmeln, einen hal­ben Liter Milch und vielleicht ein Kantwurstsemmerl kaufe, kann ich jetzt zusätzlich noch zwischendurch irgendeinen Einschreibvorgang erledigen.

Oder ich bin im Autohaus in Zwölfaxing, wo ich dem Verkäufer sage: Gehen S’, geben S’ mir einen Autoschlüssel! Ich mache eine Probefahrt, und inzwischen suchen Sie mir den Einschreibbrief mit der Nummer sowieso raus.

Das ist natürlich ein massives Absacken der Qualität, die wir sonst von den Postämtern gewohnt sind. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir wollen den Betreibern dieses Volksbegehrens zu dem hervorragenden Ergebnis gratulieren. Sie haben es geschafft, dieses Thema in das breite Bewusstsein zu brin­gen und auch vor unsäglichen Entwicklungen in diesem Bereich zu warnen. Das Inter­essante dabei ist: Der oberste Betreiber dieses Volksbegehrens ist ein ÖVP-Perso­nalvertreter. – Wir haben da ein sehr gutes Angebot, das an sich in erster Linie für die Sozialdemokraten gedacht ist, das wir aber auch auf die ÖVP erweitern können. Wir haben so etwas wie ein Aussteiger-Telefon für unzufriedene Personen aus der ÖVP oder auch der SPÖ. Da ruft man ganz einfach an, wir erledigen wie bei einer Bank sämtliche Formalitäten, checken den Anrufer quasi aus seiner Ursprungspartei Rot oder Schwarz aus und checken ihn quasi bei uns ein. Das ist eine Sache, die sich ho­her Beliebtheit erfreut. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.)

Man darf nicht vergessen, wo die Ursache dafür liegt. Die liegt in der Europäischen Union und den Notwendigkeiten, alles liberalisieren zu wollen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich behaupte, dass die Postämter ein heiliges Gut sind und auch zur basalen


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Versorgung eines Staates gehören müssen, weil man es nicht einfach so machen kann, dass man den Greißler, den Apotheker, vielleicht den Wirten oder den Tankstel­lenpächter dazu anhält, dass er das Postgeschäft erledigt.

Wissen Sie, wie lange die Ausbildungszeit dieser Postpartner ist? – Drei Tage! Sie wol­len den Tankwart, den Apotheker und den Greißler innerhalb von drei Tagen zu einem Postlerersatz machen? Das wird nicht funktionieren!

Die Betreiber des Post-Volksbegehrens haben es Ihnen auch gesagt: Mit diesem Ge­setz, das Sie heute beschließen, wird es in zehn Jahren kein Postamt mehr in Öster­reich geben, sondern das Geschäft wird nur noch über den Greißler, über die Tankstel­le oder sonst jemanden abgewickelt.

Natürlich hat unser Parteiobmann recht, wenn er sagt, das Briefgeheimnis wird nicht mehr das sein, was es einmal war, wenn die Post vielleicht beim Wirten liegt und die­ser sich dafür interessiert, was der Poldi Maier – nennen wir ihn so – für Briefe be­kommt, und der Wirt wird vielleicht einmal in den Brief reinschauen; oder es interessiert sich sonst jemand dafür, während der Wirt gerade die Biergläser auswäscht.

Zu diesen Hausbrieffachanlagen – auch eine „segensreiche“ Wirkung der Liberalisie­rung – sage ich Ihnen auch etwas: Ich war eines der ersten Opfer dieser Entwicklung. In meiner Wohnanlage wurden diese „tollen“ neuen Kasteln montiert. (Abg. Csörgits: Hubert Gorbach!) Und ich war so nachlässig und habe die Schlüssel verlegt. Da habe ich mir gedacht: Mist, jetzt kommst du nicht an deine Post ran! – Das war überhaupt kein Problem. Ich habe die ersten drei Monate einfach hineingegriffen und mir die gan­ze Post geholt! Sie wissen alle, es kommen Kontoauszüge, medizinische Befunde und vertrauliche Sachen an die Heimadresse. Das alles wird es nicht mehr geben, vor al­lem wenn es den Postler nicht mehr gibt, sondern die Turnpatschen-Brigaden irgendwo aus Afghanistan oder Indien dann die Briefe zustellen.

Wissen Sie, wie die Kriminellen heute agieren? – Indem sie zum Beispiel die Mistkübel durchstöbern und schauen, was drinnen ist, ob das eher jemand ist, der mehr Geld hat oder weniger Geld hat, ob er Garnelen isst oder die Hofer-Pizza isst. Daraus ziehen sie Rückschlüsse, welche kommerziellen Möglichkeiten diese Person hat, und nehmen dann gezielt ihre Einbrüche vor.

Jetzt schaut es so aus: Man greift einfach in das Briefkastel hinein, nimmt sich den Kontoauszug und weiß ganz gezielt, wo man einbrechen wird. Das kann es nicht sein! Und mit Ihrem Gesetz haben Sie nur die neuen Hausbrieffachanlagen einbruchsicher gemacht, nicht aber die alten – und 40 Prozent sind schon gewechselt worden. Das genau ist der Nachteil. (Beifall bei der FPÖ. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glo­ckenzeichen.)

Ich appelliere an Sie: Stimmen Sie dem nicht zu! Sie erlegen den österreichischen Postfuchs. Und eines sage ich Ihnen auch noch, Kollege Heinzl: Von dieser FPÖ hier hat niemand ein Postamt geschlossen. (Abg. Heinzl: Na, wer denn?!) Kein einziges! Da wenden Sie sich an eine andere Partei! (Beifall bei der FPÖ.)

11.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Kräuter gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


11.29.57

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bun­desministerin! Herr Minister! Herr Kollege „Opfer“ Vilimsky, Sie sollten Ihre Krokodils­tränen flott trocknen. (Abg. Vilimsky: Wer hat was zugesperrt?)

Ja, glauben Sie denn, dass die Bevölkerung so ein kurzes Gedächtnis hat? – Minister Schmid, Ministerin Forstinger, Minister Reichhold, Minister Gorbach; das ist ja die blau-


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orange-gestreifte Truppe, die letztendlich die Österreichische Post gefährdet und bei­nahe ruiniert hat. Das sollten Sie eingestehen und in Demut diesem neuen Gesetz zu­stimmen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Hagen: Am 30. April 1996 habt ihr angefangen! Nicht Kindesweglegung betreiben!)

Werfen wir den Blick zurück in die Jahre 2000 bis 2006! Die Bevölkerung ist ja zu Recht empört: Tausende Schließungen sind erfolgt. Und die Postbediensteten sind zu Recht frustriert: niemals Anerkennung, immer nur mehr Stress und Druck.

An dieser Stelle ist es wirklich einmal angebracht, meine Damen und Herren: Unter widrigsten Umständen haben die Damen und Herren von der Post ihre Arbeit ge­leistet. Ein herzliches Dankeschön dafür! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Oder: eine sinnvolle Infrastrukturpolitik im Interesse der ländlichen Bevölkerung. Schwarz-Blau-Orange, wie war eigentlich Ihre Politik? – Da hat es geheißen: Macht einfach, Unternehmen! Laisser-faire, liberale Wirtschaftspolitik, an die Börse! Zusper­ren – auf Teufel komm raus! Personalabbau – kein Problem! Die Damen und Herren Bürgermeister brauchen wir nicht zu fragen.

Das ist ja die Situation, die letztlich die SPÖ vorgefunden hat. Und es war Werner Fay­mann – und darauf sei hingewiesen –, der gesagt hat: Stopp! So kann es nicht weiter­gehen. Er hat dieses Sechs-Monate-Moratorium in Wirklichkeit erst in die Wege geleitet.

Herzlichen Glückwunsch, Frau Bundesministerin Bures! Sie haben es dann ermöglicht, dass ein modernes Postmarktgesetz entwickelt wird, das erstmals die flächendeckende Versorgung garantiert.

Unterstützung aus dem Unternehmen, von der Post AG? – Na, ganz im Gegenteil! „Last minute“ hätten noch hunderte Postämter geschlossen werden sollen. Und im Zu­sammenhang mit dem Bescheid, der das untersagt, ist ja hochinteressant, was der Verfassungsgerichtshof hiezu bemerkenswerterweise dem Unternehmen ausrichtet: Der Postmarkt besteht nicht nur aus Postbetreibern, sondern auch aus Kunden.

Es ist schon kurios und tragisch-komisch, dass einem Unternehmen vom Verfassungs­gerichtshof ausgerichtet werden muss, dass es auch auf Kunden Rücksicht nehmen soll.

Und der Koalitionspartner, die ÖVP, war natürlich immer voll zuständig. Die ÖIAG steht zu 52 Prozent unter der Verantwortung des Finanzministers. Wer ist der verlängerte Arm? – Da kommen wir wieder zum unsäglichen Herrn Dr. Michaelis. Was hat er denn im Zusammenhang mit der Post geleistet? Er hat sich etwas geleistet, denn das Einzi­ge, was von ihm gekommen ist, ist der Versuch gewesen, die Österreichische Post AG nach Deutschland zu verscherbeln – übrigens ohne Regierungsauftrag.

Sonst hat er überhaupt nichts getan. Jetzt frage ich mich einmal mehr, wozu die ÖIAG da ist: für die Telekom, für die OMV, wo wir wissen, dass alle aus diesen Unterneh­mungen einen weiten Bogen um Michaelis und die ÖIAG machen. Da wird eine völlig sinnlose Struktur aufrechterhalten.

Das „Transferkonto ÖIAG“ wäre vielleicht einmal ein lohnendes Klausurthema und die Frage: Warum muss der Steuerzahler, die Steuerzahlerin nach wie vor Millionen an diese sinnlose ÖIAG transferieren? – Damit sollten sich die Damen und Herren von der ÖVP beschäftigen, denn die Bevölkerung erwartet, dass dieser Spuk Anfang 2010 be­endet wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Kollege Ferdinand Maier – ich sehe ihn jetzt nicht, aber er wird wohl in den Kata­komben des Hauses zuschauen –: Sie haben von Orientierungslosigkeit gesprochen. – Das ist schon kühn. Am 10. November 2009 haben Sie Folgendes ausgesendet – ich darf zitieren –: „Maier: Postmarktgesetz sorgt für faire Wettbewerbsbedingungen“.


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Derselbe Maier sagt am 11. November 2009: „Postmarktgesetz – ÖVP-Infrastruktur­sprecher Maier befürchtet Wettbewerbsverzerrung“. (Abg. Hagen: Das ist fast wie „Bei Faymann“!)

In Wirklichkeit kann man nur sagen: Mensch Maier, 11.11., Faschingsbeginn! Merken Sie eigentlich, wie lächerlich Sie sich machen?! (Abg. Grosz: Das ist schon euer eige­ner Koalitionspartner?!)

Und es hat ja heute ein Dacapo und eine Draufgabe gegeben. Da stellt sich der Herr Maier her und kritisiert ein Gesetz in Grund und Boden, das er in gut einer Stunde hier beschließen wird. (Abg. Grosz: Könnt ihr das nicht im Koalitionsausschuss machen? In der Gruppenmediation?)

Die Motive dafür finde ich ganz woanders. Das dürfte wohl eine persönliche Frustration sein. Diese aber bitte nicht hier im Parlament abzubauen, sondern dort, wo sie hinge­hört, nämlich in der Wiener ÖVP-Landespartei! (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Herzlichen Glückwunsch! Es ist wirklich ein sehr gelungenes Gesetzeswerk, das wir heute hier beschließen werden: Garantie für flä­chendeckende Postdienstleistungen, Mitsprache der Gemeindevertretungen, faire Be­dingungen im Wettbewerb, gesicherte Kollektivverträge – das ist besonders wichtig, dass es keine Dumpinglöhne gibt –, und die Kosten für die Hausbrieffachanlagen wer­den nicht den Hauseigentümern oder den Mietern zur Last fallen.

Das ist, so glaube ich, eine große Errungenschaft. Herzlichen Glückwunsch! (Beifall bei der SPÖ.)

11.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Tadler zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


11.35.17

Abgeordneter Erich Tadler (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Minister! Herr Minister! Hohes Haus! Herr Kräuter, die Postzerschlagung begann 1996, Sie können es nachlesen. Aber es freut mich, der Fasching ist in der großen Koalition ausgebrochen. Sie verstehen sich ja bestens. Der eine befindet sich in den Kata­komben und der andere doch noch im Plenum. (Heiterkeit und Beifall beim BZÖ.)

Zur Sache. Mein letzter echter Salzburger Postler, sprich Packerlzusteller, feierte ges­tern seinen 60. Geburtstag. – Gratulation von dieser Stelle aus und noch viel Gesund­heit! Sechzigjähriger Postler!

Morgen gehe ich in Pension, teilte er mir mit. Nochmals gratulierte ich. Ergo wird dich das neue Postgesetz wahrscheinlich nicht einmal mehr peripherst interessieren, sagte ich ihm. Wahrscheinlich wird eh alles privatisiert und die Privaten nehmen alles, war sein lakonischer Kommentar.

Nun zum Ausschuss. Dort ist es zwischen den Regierungsparteien ungefähr auch so zugegangen wie jetzt. Die Proponenten des Volksbegehrens „Stopp dem Postraub“ waren ja geladen. „Mehr Mensch – weniger Partei“ hat es da vonseiten der Fraktion Christlicher Gewerkschafter geheißen. Mehr Mensch! In Salzburg war es übrigens mit 4,67 Prozent das beste Ergebnis des Volksbegehrens. Gratulation!

Der ÖVP waren die gesamten 140 582 Stimmen eine Ausschussfeststellung wert. – Danke an die Unterschreiber, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Ab 2011, statt 2013 wie in anderen EU-Ländern, wird nun der Postmarkt völlig liberali­siert. Wir sind ja wie immer die EU-Musterschüler. – Danke, Herr Bundeskanzler Fay­mann. Das lag ja noch in seiner Verantwortung, damals war er noch Infrastrukturminister.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 68

Für Manfred Wiedner, den Zustellungsbevollmächtigten des Volksbegehrens, waren die Zuständigkeiten für das Postmarktgesetz in der Regierung mit einem großen Fra­gezeichen versehen. Es wird der Ball wieder hin- und hergeschoben, Herr Bürgermeis­ter – Sie waren ja auch im Ausschuss –, und ich sage, in einer atemberaubenden Ge­schwindigkeit sind die Bälle im Ausschuss hin- und hergeschossen worden. Herr Wied­ner hat gesagt, 1 650 Postservicestellen dürfen Sie hinschreiben. Der Schließung der Postämter ist Tür und Tor geöffnet.

Und noch etwas, Frau Bundesminister: Wir vom BZÖ wollen volle Klarheit darüber, welche Postämter noch zugesperrt werden sollen.

So geschehen zum Beispiel in einer kleinen Pongauer Gemeinde, wo die Brief- bezie­hungsweise die Postpaketstatistik automatisch einer anderen Gemeinde zugerechnet worden ist. So kann es nicht gehen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Öffnungszeiten werden auf 20 Stunden gekürzt. Das funktioniert nicht mit 10 dag Wurst und Semmeln und mit Finanzdienstleistungen, diese zu verkaufen. Das geht auch nicht mit einer, wie schon Kollege Vilimsky gesagt hat, Drei-Tage-Einschulung. Das wird wohl ein bisschen zu wenig sein. Österreich ist eben nicht die Niederlande, Frau Minis­ter, nachdem von Ihnen festgeschrieben worden ist, dass es eine flächendeckende Versorgung geben soll.

Wir vom BZÖ fordern eine qualitativ hochwertige Versorgung mit Postdienstleistun­gen – das wird in unserem Antrag gefordert –, natürlich im Interesse der Bevölkerung und auch der Wirtschaft.

Laut Herrn Andreas Schieder – Sie kennen vielleicht noch den ehemaligen SPÖ-Abge­ordneten – soll es noch 130 000 Postmitarbeiter geben. Sie sollen echte Postler blei­ben, wie mein neuer Postpensionist einer war, der die Treppe quasi rauf- und runterge­flogen ist, meistens in den dritten Stock und mit vielen Paketen in der Hand.

Meine Kollegen und ich haben im Ausschuss viele interessante Fragen gestellt. Da gibt es meistens wenige Antworten von der Frau Minister. Wie viele Postämter werden noch geschlossen? – Sie haben 800 gesagt. (Zwischenruf des Abg. Dr. Cap.) Wir brauchen keine Versorgungslücken wie jetzt. Wegen der grassierenden Schweinegrip­pe kam es in einem Salzburger Stadtteil schon zu solchen Versorgungslücken, Herr Cap, dass keine Briefe mehr zugestellt werden konnten.

Wir wollen eine kundenorientierte Versorgungssicherheit und nicht nur Gewinnmaxi­mierungen. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Dr. Cap: Von wem ist dieser Text?) – Von mir, Herr Cap, Sie Vollhumorist!

Wir werden der Gesetzesvorlage natürlich nicht zustimmen. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

11.40


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Schul­tes. – Bitte.

 


11.40.34

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzte Frau Bundesminister! Geschätzter Herr Bundesminister! Geschätzte Kollegen im Hohen Haus! Wir diskutieren heute das Post-Volksbegehren. Ich freue mich sehr, dass wir bei diesem Thema auch die Kollegen von der Personalvertretung der Post hier haben. Ich kann nur sagen, ich habe im Ausschuss noch selten so eine qualifizier­te Diskussion erlebt wie jene mit Manfred Wiedner, der das eingebracht hat. Er hat für seine Sache gut argumentiert. Die Sitzung des Ausschusses war auf einem Niveau, das durchaus in Ordnung war. (Beifall bei der ÖVP.)


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Wir haben mit der Reform unseres Postmarktgesetzes einige Punkte aufgelöst, wo sich in der letzten Zeit gezeigt hat, dass sie bei den letzten Reformen vielleicht nicht ganz gut durchdacht waren. Aber eines ist auch ganz klar herausgekommen: Die 2 300 Post­filialen, die es einmal gegeben hat, will auch Frau Minister Bures nicht wieder haben, weil wir wissen, dass die Post heute in einer Wettbewerbssituation steht, in einem sehr veränderten Umfeld. Es geht uns darum, die Post auf Dauer wettbewerbsfähig zu hal­ten und damit einen der wichtigsten Dienstleister in unserem Infrastrukturwesen so auf dem Markt zu halten, dass die Menschen wirklich etwas davon haben, und zwar auf der einen Seite jene Menschen, die in der Post arbeiten, und auf der anderen Seite die Menschen, die diese Dienstleistungen in Anspruch nehmen. Gerade die Post ist eine Serviceorganisation, die von der großen Wirtschaft über die Logistik, über die Finanz­wirtschaft bis zu meinen Leuten auf dem Land, bis zur, sage ich einmal, Oma, die auf die Rente wartet, alle zu bedienen hat, und das zeigt mir, dass wir mit der Post sehr differenziert umgehen müssen.

Es ist so, dass die Post auf der einen Seite im knallharten Wettbewerb steht, auf der anderen Seite aber auch im Wettbewerb der Freundlichkeit, wenn ich es so sagen darf, denn heute ist es eben so, dass es die Postdienststellen gibt, aber auch die Postpart­ner. Daran sehen wir, dass dieselbe Dienstleistung in unterschiedlichstem Umfeld er­bracht werden kann und auch mit dem Aspekt der Freundlichkeit.

Seien wir ehrlich, nicht jedes Postamt ist ganz optimal unterwegs gewesen, nicht jeder Postpartner hat es ganz gut gemacht, aber wir sehen jetzt, dass jene erfolgreich sind, die die Zeichen der Zeit erkannt haben und die heute die Kunden als Kunden sehen und sich wirklich um die Kunden bemühen.

Die neuen Spielregeln geben uns da wirklich eine gute Anleitung dafür. Mit dem neuen Gesetz ist, glaube ich, sichergestellt, dass es erstens einmal eine klare Anweisung für das Postmanagement gibt, wie man in Zukunft vorzugehen hat. Auf der anderen Seite wissen wir, dass die Postpartner, die Dienstleister, die im Rahmen anderer Tätigkeiten der Bevölkerung Postdienstleistungen anbieten, mit fairen Verhältnissen auch seitens der Post rechnen können.

Es geht darum, dass die Postmitarbeiter wissen, dass sie mit fairen Verhältnissen rech­nen können. Ganz ehrlich, mein Briefträger daheim liegt mir am Herzen und soll wis­sen, dass es mir wichtig ist, dass dieses Gesetz ein ordentliches Gesetz ist, das ihm auch die Möglichkeit gibt, seine Arbeit so zu machen, wie sie Leute eben machen, die in einem ordentlichen Rechtssystem mit einem guten Kollektivvertrag arbeiten. Und ich will, dass in diesem Bereich Kollektivverträge gelten, und bin daher sehr froh über das gemeinsame Verhandlungsergebnis.

Auch für die Postkunden ist sichergestellt, dass die Versorgung in guter Qualität mög­lich ist. Man soll nicht vergessen, es geht nicht nur darum, dass es sie gibt, sondern auch darum, dass die Versorgung in guter Qualität erfolgt, denn der Wettbewerb ist of­fen und ab kommendem Jahr in allen Bereichen offen. Da brauchen wir uns nichts vor­zumachen: Wer da nicht gut ist, bleibt übrig. So stark kann die Post gar nicht sein, dass es daneben nicht andere geben wird, die die eine oder andere Leistung anbieten wer­den und vielleicht auch Erfolg haben werden.

Deswegen: Es ist wichtig, dass wir alle miteinander, die dieses System gestalten, vom Management bis zu den Mitarbeitern und den Postpartnern gemeinsam daran arbeiten, dass die Qualität so ist, dass die Österreicher damit zufrieden sein können, und die Si­cherheit auf der einen Seite, aber auch der wirtschaftliche Erfolg auf der anderen Seite gewährleistet ist. Es geht um die bestmögliche Infrastruktur. Das ist ein wichtiger Stand­ortfaktor und ein Faktor der Lebensqualität.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 70

Deshalb bin ich sehr froh darüber, dass wir dieses Gesetz auf die Reihe bringen, und bedanke mich sehr bei der Personalvertretung dafür, dass sie so wichtige Diskussions­beiträge gebracht hat, dass es letztendlich zu einem guten Ergebnis gekommen ist. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Mag. Schatz gelangt nun zu Wort. 5 Minuten. – Bitte.

 


11.45.37

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Her­ren! Der neue liberalisierte Postmarkt ist auch ein neuer Arbeitsmarkt mit völlig neuen Arbeitsbedingungen, und darauf möchte ich gerne Ihre Aufmerksamkeit lenken.

Lassen Sie mich bitte kurz zurückschauen und auch etwas klarstellen: Sie alle hier, ÖVP, BZÖ, FPÖ und SPÖ, waren und sind in den verantwortlichen Regierungen des letzten Jahrzehnts dafür zuständig. Sie alle haben es geschafft und zustande gebracht, einen ganzen Sektor mit guten Arbeitsplätzen, was den Versicherungsschutz betrifft, was auch eine faire Entlohnung betrifft – und ich spreche hier von bescheidener Ent­lohnung, wenn man sich die Zahlen anschaut –, Arbeitsplätzen mit einer guten Struktur von Interessenvertretung und auch mit einer guten Frauengleichstellungspolitik, wie sie eben im öffentlichen Sektor, im Unterschied zum privaten, eher möglich ist, Sie haben es geschafft, diesen guten Arbeitsmarkt sukzessive zu demontieren und die Qualität der Arbeitsplätze zu ruinieren. (Abg. Mag. Kuzdas: Die Grünen haben keine Verant­wortung! – Zwischenruf des Abg. Dr. Kräuter.) Das ist Ihre Verantwortung aufgrund Ih­rer Privatisierungs- und Liberalisierungspolitik. (Beifall bei den Grünen.) Nein, Herr Kol­lege Kräuter, es war die SPÖ, die die Privatisierung der Post eingeleitet hat. Wir ken­nen Geschichte, Sie hoffentlich auch. (Beifall bei den Grünen.)

So, und wie schaut es jetzt auf dem Arbeitsplatz Postmarkt aus? Sie alle kennen sie, die Männer, die aus ihrem Auto hüpfen, zur Haustüre laufen, das Paket abgeben, den Zettel abgeben, und so schnell, wie sie gekommen sind, sind sie auch schon wieder weg. Das sind Zusteller privater Zustellungsfirmen. Frau Ministerin, 90 Prozent dieser Zusteller sind Selbständige, Scheinselbständige, sage ich eher, denn sie haben nicht ihr eigenes kleines Unternehmen, sondern sie werden einfach nur dann bezahlt, wenn sie auch wirklich arbeiten. Das heißt, sie werden nicht bezahlt, wenn sie krank sind, sie werden nicht bezahlt, wenn sie im Urlaub sind, das heißt, sie haben keinen Ur­laubsanspruch. Und was verdienen diese Leute? – Mit ihren Tages- oder auch Stück­honoraren kommen sie – und Studien belegen das – auf 800 bis 900 € im Monat, und dafür müssen sie sich dann noch selbst versichern.

Meine Damen und Herren, so schaut es aus, so schaut der neue liberalisierte Post­markt aus: prekäre Arbeitsverhältnisse, überwiegend Beschäftigung ohne Versiche­rungsschutz und mieseste Bezahlung. Ich möchte klarstellen, wir Grüne halten diese Situation für völlig inakzeptabel. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren, ich habe sowohl den früheren Infrastrukturminister Fay­mann als auch die jetzige Frau Ministerin Bures immer wieder aufgefordert, da einzu­greifen, aber wir alle wurden vertröstet, wir sollten warten auf das, was jetzt vorliegt, das neue Postmarktgesetz.

Es wurde uns so viel versprochen. Ich zitiere Sie, Frau Ministerin, heute sagen Sie es wieder: Das Postmarktgesetz ist eine klare Absage an Lohn- und Sozialdumping. – Aber, meine Damen und Herren, ich sage Ihnen, dieses Versprechen ist falsch. Das ist ein Täuschungsmanöver. In diesem Gesetz steht absolut nichts, das verhindern wird, dass der jetzt zu privatisierende Briefmarkt ähnlich miese Beschäftigungsbedingungen bekommen wird, wie das im privaten Paketzustellungsbereich bereits der Fall ist. Die­ses Versprechen ist falsch, es ist ein Täuschungsmanöver.


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Täuschung Nummer eins: Sie sprechen von anzuwendenden Kollektivverträgen. – Da­zu brauchen Sie kein Gesetz und vor allem: Die anzuwendenden Kollektivverträge kann sich der Arbeitgeber aussuchen, wobei die Mindestlöhne in keinem davon höher als 1 200 € brutto sind. Vor allem haben die 90 Prozent Scheinselbständigen von die­sen Kollektivverträgen absolut nichts.

Meine Damen und Herren! Der Postmarkt ist heute ein Niedriglohnsektor mit unge­schützten prekären Arbeitsverhältnissen. Ihr Postmarktgesetz ändert daran ganz ge­nau gar nichts. Frau Ministerin Bures, Sie haben es verweigert, mit uns über einen ge­setzlichen Branchenmindestlohn zu reden. Sie haben es verweigert, festzulegen, dass private Postdienstleister ihre Dienstleistungen über unselbständige Beschäftigungsver­hältnisse erbringen müssen. Das alles haben Sie verweigert.

Meine Damen und Herren, mit diesem Postmarktgesetz lässt die Regierung alle Be­schäftigten auf dem Postmarkt im Stich!

Wir Grüne tun das nicht, und deshalb werden wir diesem Gesetz keinesfalls zustim­men. (Beifall bei den Grünen.)

11.50


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Bundesminister Dr. Mit­terlehner. 10 Minuten. – Bitte.

 


11.50.53

Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Kollegin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf von unserer Regierungsseite in Vertretung des verhinderten Staatssekretärs Reinhold Lopatka feststellen, dass es sich um ein durchaus herzeigbares und vertret­bares Ergebnis handelt, zu dem wir selbstverständlich stehen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Öllinger: Da sind Sie arm dran!)

Meine Damen und Herren, ich glaube auch nicht, dass Anlass und Inhalt des heutigen Gesetzes unbedingt der Stoff für irgendwelche Heldensagas sein können und für eine Abrechnung mit dem System nach dem Motto Gut und Böse geeignet sind. Ich darf an dem anknüpfen, was Herr Strache gesagt hat: Da ist die böse EU, gegenüber der wir uns immer als Musterschüler zeigen und alles nachmachen müssen, zitiert worden und der Anlass für diese Regelung. Es stimmt, aber der Anlass geht noch einen Schritt wei­ter: Er hat ganz simpel und einfach damit zu tun, dass das Postmonopol im Jahr 2011 eben auslaufen wird und somit eine Neuregelung zwingend notwendig ist. Und die Neuregelung hat Klarheit zu bringen und auch Orientierung, nicht nur für die Post, son­dern möglicherweise auch für andere Anbieter im Wettbewerb.

Wenn Sie jetzt das alles, diese jetzt vorliegende Gesetzesinitiative dafür haftbar ma­chen, dass eine bestimmte Entwicklung da ist, dann, muss ich sagen, kann dies nicht ganz zusammenpassen, denn diese Entwicklung – das haben ja mehrere von Ihnen angesprochen – gibt es seit rund 15 Jahren, und zwar deswegen, weil mit dieser Orga­nisationsstruktur und bei einer Kundenbesuchsfrequenz von einem Besucher pro Tag einfach nicht kostendeckend zu arbeiten ist, dem Kosten-Nutzen-Prinzip nicht entspro­chen werden kann, auf welcher Gesetzesgrundlage auch immer. Daher hat es diese Tendenz zu Schließungen gegeben, weil das marktmäßig nicht anders durchzuführen war.

Wenn hier und heute ein Gesetz vorliegt, dann ist es wenigstens eines, das diese Unsi­cherheit dahin gehend, was noch alles an Schließungen, an Änderungen kommen wird, ganz klar beendet. Das ist auch unser Ansatz: Es gibt Sicherheit, es gibt Klarheit. Vor allem ein Ansatzpunkt ist ganz wichtig, er gibt Sicherheit für die Bevölkerung: Es ist die flächendeckende Versorgung mit Postdienstleistungen gewährleistet. Das gilt nicht nur für den Großstadtbereich, sondern das gilt auch für den Landbereich.


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Da Sie gerade dort ansprechen, dass eben die Post nach wie vor der Universaldienst­leister ist, ist, muss ich sagen, auch die Problematik, dass etwa Rentner zehn Kilo­meter nicht bewältigen können, eine künstliche Problematik, denn genau dort ist eben diese Abdeckung vorhanden. (Abg. Öllinger: Nein!) Daher ist das nicht das wirkliche Problem. Das ist der eine Ansatzpunkt: flächendeckende Abdeckung, die durch die Post und ihre Postpartner gewährleistet ist.

Ich muss Ihnen aber aus meiner Sicht auch eines sagen: Es ist ein tolles Modell, das sich da unseren Betrieben, den Unternehmungen anbietet. Sie haben teilweise bis zu 15 000 € zusätzliche Umsätze. (Rufe: Wo?) Aber es ist natürlich die eine Überlegung möglich, dass ich sage, das ist ein tolles Franchise-Konzept, das da die Post anbietet. Auf der anderen Seite muss sich der Anbieter, nämlich die Post, selbst fragen, ob er in der richtigen Organisations-, in der richtigen Kostenstruktur anbietet, denn Wirtschaft ist Bedürfnisabdeckung. Und wer es selbst nicht erbringen kann, sondern möglicher­weise nur andere braucht, benötigt dringend ein entsprechendes Reorganisationskon­zept. Das ist aber offensichtlich auf dieser Basis jetzt möglich, weil Klarheit besteht, weil Sicherheit besteht.

Zum Zweiten ist natürlich der Ansatzpunkt, den Sie wahrscheinlich in den Medien mit verfolgt haben, nicht nur die flächendeckende Sicherheit für die Konsumenten, sondern auch die Frage nach dem Wettbewerbszugang. Und da gibt es auch noch andere im Wettbewerb, nicht nur die Post, die ebenfalls die Leistung erbringen wollen. Und die sagen: Ist es wirklich notwendig gewesen, ein Konzessionssystem aufzustellen? Wäre es nicht möglich gewesen, ein Anmeldesystem in der Form zu realisieren und somit auch den Zugang zu eröffnen?

Ich sage Ihnen, ich stehe zum Konzessionssystem. Es ist nicht einerlei, wer da anbie­tet, es ist eine bestimmte Qualität notwendig. Das ist mit unserer Umsetzung gewähr­leistet, aber diese ermöglicht auch anderen den Zugang. Und gerade die Versorgung von entlegenen Gebieten, auch dieses Umsatzmodell, wo eine Art Fondslösung ge­schaffen wird über 1 Million, sind ja eigentlich von der Kostentragung genau derjenigen dann zu sehen, die auch die Umsätze haben. Also da sind der Universaldienst, die flä­chendeckende Versorgung und Wettbewerbsgegebenheiten durchaus gut umgesetzt.

Daher: Wir haben hier einerseits Sicherheit. Wir haben auf der zweiten Seite auch die Orientierung. Und das Dritte – was Frau Schatz angesprochen hat – ist auch die Mitar­beitersituation. Wir haben den Kollektivvertrag. Der Kollektivvertrag gilt für diejenigen, die jetzt im System sind, der gilt aber auch für alle zukünftigen Mitarbeiter. (Zwischen­ruf der Abg. Mag. Schatz.) Wenn Sie Verantwortung so definieren, Frau Kollegin, dass Sie nie Verantwortung haben, weil Sie nie in einer Regierung waren, dann, muss ich sagen, werden Sie niemals Verantwortung haben. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

Sie können ja Verantwortung wahrnehmen nach dem Motto, was gut und was schlecht ist, nach sachlichen Gegebenheiten. Das wäre vielleicht ein Ansatzpunkt, der ganz an­ders und nicht nach politischem Kleingeld ausgerichtet ist. Das ist der Hintergrund für diese Maßnahme: Kollektivvertragspartner können selbstverständlich auch erhöhen.

Jetzt sage ich Ihnen auch noch Folgendes, was die Zufriedenheit der Kunden anbe­langt, weil Sie die immer zitieren: Wir haben eine Untersuchung von Frau Karmasin aus dem Oktober des Jahres 2009, also von vor einem Monat. Danach ist die Zufrie­denheit der Kunden mit den Leistungen der Postpartner bei über 80 Prozent. Und wis­sen Sie, was besonders gelobt wird? – Gelobt werden vor allem die Erreichbarkeit am Mittwoch – nämlich länger als 18 Uhr – und genauso das Offenhalten am Samstag.

Ich gebe zu, man kann in dem einen oder anderen Punkt das System noch verbessern, gerade was eingeschriebene Briefe und dergleichen anbelangt. Aber es ist ein gutes


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System, das möglicherweise auch den Hauptanbieter anregen wird, vielleicht die Ser­vicebedingungen auch nach dem auszurichten, was der Kunde will.

Meine Damen und Herren, damit bin ich auch schon bei der Zusammenfassung: Das ist eine Umsetzung, die sehr realitätsbezogen erfolgt ist, die im Prinzip dem Konsu­menten Sicherheit gibt, die der Wirtschaft entsprechende Wettbewerbsvoraussetzun­gen ermöglicht, nämlich sich zu beteiligen, aber auch die Versorgung mit Postdienst­leistungen.

Glauben Sie mir eines: Es wäre das Allerschlechteste, wenn heute jemand hier stünde und sagen könnte oder eine Aussendung machen könnte, er habe mit seinen Inter­essen gesiegt, die Interessen seien ungefiltert zum Durchbruch gekommen. Das gilt auch für die Zeitungsherausgeber und alle, die durchaus ordentliche Ausnahmegeneh­migungen haben, die auch das Zustellen ermöglichen. Aber würde heute ungefilterte Interessenvertretung feststellbar sein, dann wäre es eigentlich keine gute Regelung, denn diese Regelung setzt einen Balanceakt aller Interessen voraus. Dieser ist durch diese Umsetzung gewährleistet, und zu der stehen wir. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

11.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Meine Damen und Herren, entsprechend der beschlossenen Redeordnung gebe ich bekannt, dass die Gesamtredezeit bis 13 Uhr pro Fraktion nicht 14, sondern 12 Minuten beträgt.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Königshofer. Ich stelle die Uhr auf 4 Minu­ten. – Bitte.

 


11.58.51

Abgeordneter DDr. Werner Königshofer (FPÖ): Frau Präsident! Frau Bundesminis­ter! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Bundesminister Mitterlehner, die Botschaft hör’ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube! (Demonstrativer Beifall des Abg. Tadler.) Und ich werde Ihnen jetzt sagen, warum.

Es herrschen Wut und Verzweiflung über das neue Postmarktgesetz – so schreibt das eine Zeitung. Und sie hat recht damit, denn die Menschen in diesem Lande spü­ren, dass mit der herkömmlichen Post, mit dem herkömmlichen Postsystem ein wichti­ges Infrastrukturelement in unserem Lande, in unserem Staate zerstört wird.

Wo eine Post ist, dort sind Menschen, dort sind Räumlichkeiten, dort sind Kommunika­tionseinrichtungen, dort sind Fahrzeuge, dort sind mehr Einrichtungen, als Sie in jedem Postpartnerinstitut – was immer das sein mag – finden werden. Und das wird mit die­sem Postmarktgesetz zerstört.

Ich bringe Ihnen jetzt ein Zitat eines ÖVP-Politikers, der sagt:

Diese EU-Richtlinie muss umgesetzt werden, egal, ob es für unser Land sinnvoll und richtig ist oder nicht. – Das sagt der Tiroler Arbeiterkammerpräsident Erwin Zangerl, bekanntermaßen ein ÖVP-Mann, und er hat damit nicht unrecht.

Ich bin auch neugierig darauf, was der SPÖ-Nationalratsabgeordnete und zugleich Bürgermeister heute hier sagen wird, der im Ausschuss erklärt hat, dass es für ihn ein schmerzliches Erlebnis war, als zwei Postämter in seiner Gemeinde geschlossen wer­den mussten. Ich sage ganz bewusst „Postämter“, weil das einen anderen Stellenwert hat als Poststellen oder sonst etwas. (Zwischenruf des Abg. Mag. Josef Auer.)

Meine Damen und Herren, wir sollten uns die Frage stellen, wie nach diesem Gesetz die Post in zehn Jahren aussehen wird. Das ist hier die Frage – nicht nur nach Shakes­peare, sondern auch im österreichischen Parlament.

Laut diesem Gesetz soll es 1 650 Poststellen geben. Aber unter diesen „Poststellen“ sind nicht Postfilialen oder Postämter gemeint, sondern Postämter und Postpartner. Es ist egal, ob es solche oder solche sind, so viele soll es insgesamt geben.


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Die Initiatoren des Volksbegehrens haben im Ausschuss gesagt, nach diesem Gesetz werde sich die Gewichtung ganz gewaltig in Richtung Postpartner verschieben und in zehn Jahren werde es in Österreich kaum noch ein richtiges Postamt geben. – Das wollen wir nicht, meine Damen und Herren! Wir wollen nicht nur Tankstellen, Imbissbu­den und so weiter als Poststellen haben, so nach dem Motto: Postversand am Kebab-Stand! Das wollen wir nicht, deshalb lehnen wir dieses Gesetz ab. (Beifall bei der FPÖ.)

Nun zur Briefzustellung: Es haben ja auch meine Vorredner Strache und Vilimsky schon gefragt: Wie wird sich die Briefzustellung in Zukunft abspielen? – Da werden sich bei irgendwelchen Postunternehmen – redmail, yellowmail, greenmail, bluemail, wie sie alle heißen mögen; eine englische Bezeichnung natürlich – sogenannte Turn­patschenbrigaden einfinden und die Postzustellung vornehmen, so nach dem Motto: Hast du von Nike einen Patschen, darfst du für die redmail hatschen! – Meine Damen und Herren, auch das ist nicht erstrebenswert.

Wenn Sie heute oder morgen viele Ausländer bei diesen Verteilungsdiensten einstel­len, besteht die Gefahr, dass sehr viele Adressaten nicht gefunden und Poststücke im Mistkübel verschwinden werden.

Meine Damen und Herren, abschließend möchte ich auf die neueste Entwicklung in Ja­pan hinweisen. Die neue Regierung der Demokratischen Partei hat in Japan die einge­leitete Postmarktliberalisierung abgeblasen.

Ich darf zitieren: „Die Privatisierung der japanischen Post war eigentlich beschlossene Sache.“ – Von der Liberaldemokratischen Partei, die abgewählt wurde. – „Doch die neue japanische Regierung unter ... Hatoyama beschloss einen Privatisierungsstopp, deren erstes Opfer nun der Chef der Japan Post Holdings“, Nishikawa, „ist. Weitere Vorstände werden zum Ende des Monats folgen.“

Grund dafür: „Die neue japanische Regierung unter Führung der Demokratischen Par­tei Japans (DPJ) begründet ihre Kehrtwende nun mit dem Erhalt der Postämter in den Dörfern auf dem Land. Viele ältere Japaner holen am Postschalter ihre Rente ab. Eine Einschränkung der Dienste habe zu einer ungleichen Entwicklung zwischen Land und Stadt beigetragen, argumentiert die Regierung des neuen Ministerpräsidenten Yukio Hatoyama. Nun wird nach dem Willen der DPJ die Post wieder umstrukturiert. So sol­len einheitliche Dienstleistungen im Post-, Bank- und Versicherungsgeschäft angebo­ten werden.“ – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Darüber sollten wir auch in Öster­reich einmal nachdenken, und deshalb lehnen wir diese Gesetzesvorlage ab und wün­schen uns eine neue Nachdenkphase. (Beifall bei der FPÖ.)

12.04


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bevor ich nun Frau Abgeordneter Binder-Maier das Wort erteile, mache ich darauf aufmerksam, dass ich bei dieser freiwillig einge­stellten Redezeit nicht „abläute“, sondern erst beim Letzten/bei der Letzten, wenn die 12 Minuten aufgebraucht sind.

Frau Abgeordnete Binder-Maier, ich stelle die Uhr auf 2 Minuten. – Bitte.

 


12.04.30

Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Zuseherinnen und Zuseher! Die Gel­be Post, der Postfuchs ist ein Stück Identität der Menschen in Österreich; dazu stehen wir auch. Es bedurfte jedoch einiger Aufräumarbeiten, damit die Frau Ministerin das heutige Postmarktgesetz vorlegen konnte, welches garantiert, dass die Versorgung mit Postdienstleistungen auch in Österreich fortgesetzt wird.


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Herr Dr. Königshofer, die Privatisierung wurde 2006 eingeleitet, sie ist Bestandteil die­ses Gesetzes. (Abg. Dr. Königshofer: In Japan auch!) Die Frau Ministerin war sehr bemüht, all die offenen Fragen in diesem Gesetz neu zu organisieren, zu regeln und das Bestmögliche als politischen Kompromiss zu erreichen. (Abg. Dr. Königshofer: Das ist das Schlechteste!)

Ich denke, es geht nicht darum – das hat auch Herr Minister Mitterlehner schon ge­sagt –, Unsicherheit zu verbreiten, sondern darum, Sicherheit zu garantieren.

Ich wiederhole vier wesentliche Punkte, die im Gesetz beinhaltet und der Frau Ministe­rin sehr, sehr wesentlich sind:

erster Punkt: flächendeckende Versorgung mit der Post und anderen Postgeschäfts­stellen;

zweiter Punkt: fairer Wettbewerb;

dritter Punkt: faire Dienstverträge – ich weise auf § 27 in der Regierungsvorlage hin, wo eindeutig festgelegt ist, dass der Kollektivvertrag anzuwenden ist –, und

vierter Punkt: die Kosten für die Hausbriefanlagen sind nicht von den Mieterinnen und Mietern zu tragen.

Wichtig ist, dass Standorte erhalten werden, dass die Versorgung gewährleistet ist, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ordentliche Beschäftigungsverhältnisse vor­finden und dass die Kundinnen und Kunden weiterhin zufrieden sind, ihre Post erhalten und umgekehrt auch Leistungen der Post in Anspruch nehmen können. (Beifall bei der SPÖ.)

12.06


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Linder zu Wort. Ich stelle die Uhr auf 5 Minuten. – Bitte.

 


12.06.58

Abgeordneter Maximilian Linder (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Frau Minister! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen! Geschätzte Kollegen! Vor allem aber liebe Freunde aus meiner Heimatgemeinde Afritz am See! (Demonstrativer Beifall des Abg. Prinz.) Liebe Kollegen von der SPÖ, wenn ich heute hier im Plenum höre, dass euch die ÖVP permanent ausrichtet, dass ihr vom Wirtschaften keine Ahnung habt, verstehe ich das noch. Wenn sie euch aber auch ausrichten kann, dass ihr schlechte Perso­nalvertreter seid, ist eure Leidensfähigkeit sehr groß und eure Angstschwelle schon sehr niedrig. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) – Das ist wirklich lustig, Frau Kollegin!

Wenn wir uns heute über das Thema Postmarktgesetz unterhalten, so müssen wir be­rücksichtigen, dass die EU, das wissen wir, für eine freie Marktwirtschaft eintritt, dass es der EU wichtig ist, dass es möglichst wenig Regeln und möglichst freien Markt gibt – deshalb will sie auch keine Monopole habe. Andererseits sagt sie aber auch, dass es sehr wichtig ist, dass die Regionen und die ländlichen Gebiete erhalten bleiben.

Ich denke, es ist wichtig, dass die Regierung und der Staat Begleitmaßnahmen setzen, dass die Regionen erhalten bleiben, dass für die Bürger die Lebensqualität im ländli­chen Raum erhalten bleibt.

Im Jahr 2007 wurde der Beschluss gefasst, den Postmarkt zu liberalisieren, und es ist schade, dass er damalige Infrastrukturminister Faymann überhaupt nichts getan hat, überhaupt nichts unternommen hat. Im Gegenteil, er hat noch gesagt, dass er dafür nicht zuständig ist, obwohl ein Kahlschlag der Infrastruktur gedroht hat, obwohl die Post damals angedroht hat, 9 000 Mitarbeiter zu entlassen, obwohl die Post angedroht hat, weitere 1 000 Postämter zu schließen. Erst Frau Minister Bures hat mit einer Ver-


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ordnung Einhalt geboten und gesagt: Stopp, Schluss mit der Schließungsorgie! Leider war es dann aber so, dass die betroffenen Postämter die Öffnungszeiten reduziert ha­ben, teilweise zugesperrt haben und heute teilweise nicht einmal mehr 20 Stunden ge­öffnet haben.

Was erwartet uns jetzt mit diesem neuen Postmarktgesetz? – Die 1 650 Postmarkt­stellen sind leider nicht regional zugeordnet und festgeschrieben. Ich glaube, dass wie­der wir im ländlichen Gebiet jene sein werden, die verlieren. Es ist aber auch so, dass die Regelung mit den 10 Kilometern und den 10 Minuten Fahrzeit, die festgeschrieben sind, leider heute schon teilweise nicht mehr einzuhalten ist und es schon heute viele ältere Menschen in dieser Zeit nicht mehr schaffen, zu den Postämtern zu kommen. Es wird noch schlimmer werden: Die Leute werden keine Chance mehr haben, ihre Pen­sion abzuholen, und viele Menschen werden die Post nicht mehr innerhalb jener Zeit bekommen, in der sie sie erhalten sollten. Deshalb sollten wir, liebe Frau Minister, die­ses Postgesetz noch einmal überdenken.

Auch die Öffnungszeiten sind im neuen Postmarktgesetz nicht geregelt. Wir wissen nicht, wie lange die privaten Betreiber offen haben werden, welche Öffnungszeiten sie anbieten werden und wie die privaten Betreiber mit der Situation umgehen werden, wenn sie finanziell nicht mehr über die Runden kommen und dann zusperren müssen.

Liebe Kollegen, wir alle wissen, dass Private in vielen Bereichen vielleicht sogar besse­res und mehr Service bieten können, aber, liebe Frau Minister, es ist nicht geregelt, was geschieht, wenn ein Privater in die Situation kommt, sich den Postbetrieb nicht mehr leisten zu können oder das eine oder andere Geschäft, die eine oder andere Tra­fik zusperrt. – Ich hoffe, dass es dann ein Postamt geben wird, das wieder aufsperrt.

Sehr oft wird an uns Bürgermeister die Forderung gestellt, dass die Gemeinden das übernehmen sollen. Sie sollen zur Postservicestelle werden. Aber, liebe Bürgermeister­kollegen, Sie wissen, dass es aufgrund unserer finanziellen Situation nicht möglich ist, dieses Service anzubieten. (Abg. Gahr: Traurig!) – Ich glaube, gerade ihr Tiroler wart diejenigen, die den Vorschlag der Frau Minister abgelehnt haben. Seid ehrlich und steht auch dazu! (Abg. Gahr: Wir haben aber Gemeinden, die funktionieren!) Mag sein, dass ihr es euch finanziell leisten könnt.

Wir vom BZÖ fordern deshalb, alles daranzusetzen, dass die Infrastruktur in den Län­dern, im ländlichen Raum aufrechterhalten bleibt, dass den Menschen im ländlichen Raum Lebensqualität geboten und Infrastruktur zur Verfügung gestellt wird und dass Solidarität zwischen Stadt und Land hergestellt wird. Wir am Land bieten nämlich vie­len Menschen aus den Städten Erholungsraum, intakte Natur, und auch für den Touris­mus leisten wir, glaube ich, sehr viel. (Beifall beim BZÖ.)

Von der Regierung fordern wir das Zurverfügungstellen von Infrastrukturmitteln, damit wir entweder den öffentlichen Verkehr aufrechterhalten können oder aber adäquate Verkehrsmittel anbieten können. Ich verweise hier auf das sehr erfolgreiche Modell des GO-MOBILs in Kärnten.

Weiters werden wir irgendetwas brauchen, damit die Leute bei uns im ländlichen Raum zu den Postämtern kommen. Oder aber wir bekommen finanzielle Mittel, um die Post­stellen in den Gemeindeämtern einrichten und vor allem betreiben zu können. Auf alle Fälle muss die ländliche Infrastruktur aufrechterhalten bleiben, damit die Menschen weiterhin gerne bei uns am Land bleiben. (Beifall beim BZÖ.)

12.12


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Rädler. Ich stelle die Uhr auf 4 Minuten. – Bitte.

 



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12.12.50

Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Frau Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesmi­nister! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben jetzt ein brei­tes Spektrum – sowohl der Ablehnung als auch der Zustimmung – zu diesem neuen Postmarktgesetz gehört.

Ich habe Respekt vor den Personalvertretern, die sich im Sinne ihrer Kolleginnen und Kollegen dieses Themas angenommen haben und es auch auf breiter Basis in den Ausschuss eingebracht haben. (Beifall bei der ÖVP.)

In der Demokratie und durch die demokratischen Spielregeln muss es nicht immer sein, dass das erfüllt wird, was man sich vorgenommen hat, sondern es zählt, was das Ergebnis ist. Ich glaube, dass sich dieses Ergebnis in jene Zielsetzungen einordnet, die auf europäischer Ebene ab 2011 notwendig sein werden, um der Post und den Post­dienstleistungen und damit auch der Versorgung im ländlichen Raum eine Überlebens­chance zu geben.

Ich sehe absolut nicht ein, dass man, wenn man mehrere Zugänge hat, jenen wählt, bei dem man polemisch auftritt und so nach dem Motto: war dabei, war nicht dabei – bin schon weg, bin schon wieder da, hat es früher geheißen –, handelt; jetzt heißt es: war dabei, war nicht dabei – bei dieser Beschlussfassung, durch die 800 Postämter zu­gesperrt wurden.

Ich gebe aber auch zu, es hat Lösungsansätze gegeben, und zwar sehr positive. Ein Beispiel dafür ist eine Gemeinde in meinem Wahlkreis – da zeigt sich schon, dass das keine Frage der Aushöhlung des ländlichen Raumes oder der Vernachlässigung der kleinen Gemeinden ist. Diese Gemeinde mit 4 000 Einwohnern hat bereits 2003 die Möglichkeit genützt, das Angebot durch einen Postpartner, einen Trafikanten, aufrecht­zuerhalten. Das war notwendig, da die Post zugesperrt hat, weil es sich bei 4 000 Ein­wohnern nicht gerechnet hatte. Daher kann man jetzt nicht sagen, dass das eine Aus­höhlung des ländlichen Raums ist.

Ich bin überzeugt davon, dass mit dieser Möglichkeit, die wir anbieten, die Angebots­leistung, die man von einer funktionierenden Post erwartet, auch in Zukunft im ländli­chen Raum vertreten sein wird – ob das jetzt eine Postgeschäftsstelle oder ein Post­partner ist; es gibt genug funktionierende Beispiele.

Wir haben heute gehört, dass laut der Oktober-Umfrage 80 Prozent der Kunden zufrie­den sind, und 80 Prozent der Postgeschäftsstellen in unserem Nachbarland Deutsch­land sind Postpartner. Also nicht negativ, sondern positiv denken – für die Kunden und für den ländlichen Raum. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.15


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Öllin­ger zu Wort. Ich stelle die Uhr auf 4 Minuten. – Bitte.

 


12.16.05

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, wir haben schon vieles gehört. Mich interessiert allerdings eine Frage: Ist es mit der vorgeschlagenen Liberalisierung möglich, eine funktionierende Versor­gung mit Postdienstleistungen sicherzustellen: ja oder nein? (Rufe bei SPÖ und ÖVP: Ja!)

Sie beantworten die Frage ganz eindeutig, schon fast reflexmäßig mit Ja. Ich sage Ih­nen nur – es wurde in der Debatte auch schon darauf hingewiesen –, dass Japan und Neuseeland ihre Postprivatisierung rückgängig machen. Ausgerechnet das Erzland des Kapitalismus, die USA, haben zwar eine Post mit einer privaten Organisationsform, aber auch ein staatliches Monopol für die Post – die USA.


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Die Labour-Regierung in Großbritannien möchte gerne private Anteile in die Royal Mail hineinnehmen. Es gibt einen erbitterten Arbeitskampf in Großbritannien. Das Ergebnis ist voraussehbar: Wahrscheinlich wird sich kein privater Anteilseigner an der Royal Mail beteiligen können. Auch die Royal Mail bleibt alleiniger monopolistischer Anbieter.

Und Sie sagen: Okay, ja, nein – bei uns läuft es super mit der Liberalisierung. Ich frage Sie: Ist es wirklich so super, wenn Sie sich die Pakete, anstatt wie bis vor einigen Jah­ren üblich beim Postamt, jetzt bei sechs oder sieben verschiedenen Dienstleistern ab­holen müssen, die quer durch Ihren Ort oder durch Nachbarorte oder in Wien im gan­zen Bezirk verstreut sind? Wobei Sie oft von einem Monat auf den anderen nicht wis­sen, ob die Annahmestelle eines privaten Dienstleisters noch dort ist oder nicht schon drei Straßen weitergewandert ist. Ist das super?

Ist es super, wenn diese Dienstleistungen von sechs verschiedenen Lkws erbracht werden, die im Falle von privaten Dienstleistern von Scheinselbständigen gesteuert werden, die mit ihrem Job nicht einmal das Auslangen finden können und die, obwohl sie von früh bis spät arbeiten müssen, 800 oder 900 € verdienen? – Und dann sagen Sie: Wir haben eine funktionierende Versorgung!?

Ich nenne Ihnen noch ein Beispiel aus meinem Heimatort, aus dem Innviertel. Ich habe mir das jetzt auch auf der Liste angesehen. Im Umkreis von Altheim sind alle Post­ämter geschlossen worden: in Polling, in Weng, in Mining, in Mühlheim, was weiß ich, wo sonst noch.

Wenn ein Bewohner von Weng oder Polling jetzt bei der Post sein Geschäftsstück, sei­nen Brief abholen möchte, wie kommt er dann nach Altheim? Öffentliche Verkehrsmit­tel gibt es dort nicht. Nichts, absolut nichts. (Ruf bei der ÖVP: Postbus!) – Kommen Sie mir nicht mit dem Postbus, es gibt keinen! Sie wissen das doch. Sie sollten das eigent­lich wissen. Oder wenn ein Postbus fährt, dann einmal am Tag. Eine funktionierende Versorgung ist also mitnichten gewährleistet.

Es wurde vom Herrn Minister schon gesagt, es gebe die Liberalisierung jetzt schon etli­che Jahre und wir sollten das eigentlich zum Anlass nehmen, uns auch anzuschauen, ob sie funktioniert. – Ich würde behaupten, sie funktioniert nicht. Sie funktioniert nicht, die Liberalisierung! Das Konzept, das man damit verfolgt hat, war, nicht nur die Qualität zu erhöhen – das stimmt sicher nicht –, sondern auch die Preise zu senken – auch das stimmt sicher nicht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, nehmen Sie das daher zum Anlass und ver­abschieden Sie sich rechtzeitig von einem Konzept der Liberalisierung, das mit Sicher­heit nicht die Qualität der Postdienstleistungen erhöhen, sondern weiterhin senken wird! (Beifall bei den Grünen.)

12.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Mag. Lohfeyer zu Wort. 2 Mi­nuten. – Bitte. (Abg. Rädler: „Weniger privat, mehr Staat!“)

 


12.20.36

Abgeordnete Mag. Rosa Lohfeyer (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Frau Mi­nisterin! Meine Damen und Herren! Mit der Liberalisierung des Postmarktes bis 1. Jän­ner 2011 werden geeignete Rahmenbedingungen erforderlich. Diesen entspricht das vorliegende Gesetz, das die flächendeckende Grundversorgung mit Dienstleistungen in ausreichender Qualität und zu leistbaren Preisen sicherstellen soll. Es beinhaltet auch detaillierte Bestimmungen für die Schließung von Postämtern und verpflichtet die Post, Universaldienste durch Verträge mit anderen Partnern aufrechtzuhalten.

Es war unter der schwarz-blauen Regierung, als vor allem in strukturschwachen Regio­nen durch die Postamtschließungen die Ausdünnung des ländlichen Raumes fortge-


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setzt wurde. Ich erinnere mich gut an die besorgten Anrufe von Bürgermeistern und in den Kommunen Verantwortlichen und die zahlreichen Protestkundgebungen in vielen Gemeinden in den Jahren 2006 und 2007. In Salzburg wurden von 134 Postämtern 47 geschlossen. (Abg. Neubauer: Reden Sie von der Zukunft, Frau Kollegin! Die Zukunft macht uns reich!) Rund die Hälfte davon konnte durch Postpartner, Servicestellen be­ziehungsweise mobile Ämter ersetzt werden.

Mit den Bescheiden von Ministerin Bures vom Juni und August 2009 wurde die Schlie­ßung von über 300 Postämtern in Österreich erfolgreich untersagt und dies auch vom Verfassungsgerichtshof bestätigt. Ministerin Bures hat alle rechtlichen Instrumente aus­geschöpft, um eine weitere Ausdünnung der Postleistungen zu verhindern, und es ist positiv, dass erstmals eine gesetzliche Verpflichtung zur flächendeckenden Versorgung mit Postdienstleistungen festgeschrieben wurde.

Herr Kollege Linder, bezüglich der Öffnungszeiten möchte ich Folgendes festhalten: dass es jetzt in allen Postämtern möglich ist, die Öffnungszeit zu kürzen, und dies auch in sehr vielen Postämtern geschehen ist. Nach dem neuen Gesetz wird es nur mehr in 10 Prozent aller Postgeschäftsstellen möglich sein, die Öffnungszeiten zu kürzen.

Studien und Berichte zeigen, dass die bisherigen Erfahrungen mit Postpartnern und Servicestellen durchaus unterschiedlich sind. Ich meine, die Sorgen und kritischen Be­wertungen müssen ernst genommen werden. Der Erfolg des Postmarktgesetzes wird auch vom Engagement und von der Gewissenhaftigkeit aller an der Umsetzung Betei­ligten abhängen.

Zum Stopp weiterer Privatisierungen und rücksichtslosen Gewinnstrebens auf Kosten der Menschen und der Lebensqualität im ländlichen Raum setzen wir heute ein deutli­ches Zeichen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.23


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Dei­mek zu Wort. Ich stelle die Uhr auf 3 Minuten. – Bitte.

 


12.23.30

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wenn man den Kollegen Maier und Kräuter zuhört, dann sind das ja nicht mehr Szenen einer Ehe, das sind ja schon fast Szenen einer Scheidung. Trotzdem, von einer Meisterleistung kann man da nicht sprechen – nicht von einer Meisterleistung im Sinne der Gesetzgebung, vielleicht von einer Meisterleistung im Sinne von Abwarten oder Verschließen der Augen.

Wenn Frau Bundesministerin Bures sagt, Verunsicherungen der Vergangenheit wer­den jetzt beendet, dann erlaube ich mir nachzufragen: Woher kommt denn diese Ver­unsicherung? – Aus den achtziger und neunziger Jahren nämlich, in denen die Grund­steine der Privatisierung gelegt wurden, mit der Umwandlung – das ist heute schon einmal erwähnt worden – der ehemaligen Post- und Telegraphenverwaltung. Und als am 16. Mai 2006 der Börsegang stattfand, sozusagen der Schlussstrich der Privatisie­rung – na ja, ich weiß schon, dass den Kollegen von den Regierungsfraktionen die Farbunterscheidung Blau/Orange manchmal nicht gelingt, aber eben immer nur dann, wenn es ihnen taktisch ins Spiel passt –, war zu diesem Zeitpunkt kein Freiheitlicher im Finanzministerium und auch nicht im Infrastrukturministerium. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn heute von Rot und Schwarz immer wieder gesagt wird, das Land muss leben, darf ich darauf hinweisen: Dieses Gesetz ist eigentlich nur eine Festschreibung der Ausdünnung der ländlichen Infrastruktur – nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Kommen wir zum Postamt als Dienstleister. – Es ist heute schon von der Absicherung durch Kollektivverträge für die Bediensteten gesprochen worden. Ich glaube, das ist


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nicht einmal das Papier wert, auf dem es steht, wenn wir davon sprechen, dass Scheinselbständige einen Wurfdienst an den Haustüren erbringen sollen.

Selbiges gilt für die Hausbrieffächer: Das Gesetz tritt mit 2011 in Kraft, der Austausch ist bis 2013 vorgesehen. Wie funktioniert das von 2011 bis 2013 mit den alternativen Postanbietern? – Das ist derzeit noch nicht geregelt. (Abg. Weinzinger: ... die neu ein­geführten Hausmeister dann!)

Dann kommen wir zum Punkt Korruption. Auch dieser spielt heute eine Rolle, und es ist nicht von ungefähr, dass Österreich, wie heute in der „Presse“ zu lesen ist, im Kor­ruptionsindex von Platz 11 im Ranking auf Platz 16 abgerutscht ist. Ich rede jetzt nicht von Korruption im Zusammenhang damit, dass irgendein Ministerium ein Inserat in einer Zeitung schaltet, sondern ich rede davon, dass Unternehmen Inserate schalten und ein paar Seiten vorher, auf Seite 1 und 2, im selben Medium eine positive Bericht­erstattung stattfindet. Hier haben wir es auch mit so etwas Ähnlichem zu tun, nämlich mit der „Lex Mediaprint“, durch die es der Mediaprint als Alleineigentümerin eines Zu­stellers als Einziger legal möglich ist, weiterhin ihre Produkte zuzustellen. „Lex Media­print“ ist aus meiner Sicht ein Punkt von Korruptionsschutz.

Umfang und Dauer des Universaldienstes sind genauso nicht eindeutig. Während Kol­lege Maier von der ÖVP noch überlegt, ob Massensendungen, die beim Verteilzentrum aufgegeben werden, nicht unter das Universaldienstgesetz fallen und was das für Al­ternativanbieter für Folgen hat, überlegen andere schon ganz klar, was es heißt, wenn in fünf Jahren vielleicht die Post nicht mehr der Universaldienstleister ist.

Wir brauchen hochwertige, flächendeckende und erschwingliche Postversorgung und keine Turnschuhbrigaden im städtischen Bereich, die einen Wurfdienst erledigen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

12.27


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Haubner. Ich stelle die Uhr auf 4 Minuten. – Bitte.

 


12.27.09

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Minister! Wir haben die dritte EU-Postrichtlinie um­zusetzen, und ich glaube, dass das wichtig ist. Wir begrüßen das auch vonseiten der Wirtschaft, denn mit dieser Liberalisierung – und das ist ja wesentlich, der Herr Minister hat es auch schon angeschnitten – geben wir Sicherheit. Diese brauchen wir, und wir brauchen auch einen Wettbewerb. Dieser Wettbewerb ist gut für die Post, er ist gut für die Unternehmerinnen und Unternehmer, und er ist auch gut für die Kunden. Wenn wir das Beispiel der Telekommunikationsbranche hernehmen, dann können wir feststellen, dass wir davon profitiert haben: Es hat der Wirtschaftsstandort profitiert, es haben die Kundinnen und Kunden profitiert, und es hat Österreich profitiert. Und das ist für den Wirtschaftsstandort von hoher Wichtigkeit! (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn wir heute dieses Postmarktgesetz beschließen, dann müssen wir vonseiten der Wirtschaft natürlich auch sagen, dass nicht alle Forderungen erfüllt sind, aber es ist ein Kompromiss. Es ist ein Kompromiss, mit dem wir leben können, und es ist vor allem ein Kompromiss, der die flächendeckende Abdeckung des Postmarktes sicherstellt. Ich möchte da in Richtung vor allem der Freiheitlichen Partei, was die Postpartner betrifft, schon eines dazu sagen: Ich glaube, diese despektierliche Behandlung haben diese Unternehmen nicht verdient, die mit viel Einsatz die Postpartnerschaft und die Post­dienstleistungen in diesem Lande sichern, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Es sind nämlich die Unternehmer, die gerade auch jetzt in dieser schwierigen Zeit das Rückgrat der Wirtschaft sind, und deshalb ist es ganz wichtig, dass wir in einer Part-


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nerschaft zwischen der Post AG und diesen Postpartnern die flächendeckende Post­leistung sicherstellen. Und ich sage noch einmal: Die Unternehmer machen das nicht zwischen irgendwelchen Wurstsemmeln, sondern die nehmen ihre unternehmerische Verantwortung wahr! (Abg. Weinzinger: Aber sie müssen Wurstsemmeln auch ver­kaufen! Davon leben sie ja!) Diese nehmen sie wahr in ihrem täglichen Betrieb bei den Arbeitsplätzen, und sie nehmen sie wahr, Herr Kollege, beim Erbringen der Postdienst­leistung.

Ich weiß das auch aus meiner Region. Zum Beispiel hat mir auch die Bürgermeisterin der Gemeinde Stuhlfelden in Salzburg, Sonja Ottenbacher, eine sehr engagierte Bür­germeisterin in dieser Region, berichtet, dass sie hochzufrieden ist mit dieser Post­dienstleistung. Dort bietet nämlich ein kleiner Wirtschaftsbetrieb, die Familie Altenber­ger, diese Postdienstleistung an, und das führt – das hat sie auch in der Gemeinde festgestellt – zu einer hohen Zufriedenheit der Kundinnen und Kunden, der Bevölke­rung, zu einer hohen Zufriedenheit aber auch des Unternehmers, der dadurch eine Frequenzsteigerung und natürlich auch einen besseren Umsatz hat. Das ist erfreulich, denn es ist das eine Win-win-Situation sowohl für die Bevölkerung als auch für den Un­ternehmer.

Ich denke, meine Damen und Herren, wir sollten uns einfach eines zu Herzen nehmen: Es geht nur miteinander, auf der einen Seite mit dem Partner Post und auf der anderen Seite mit den Unternehmerinnen und Unternehmern Österreichs – dann wird die Post auch weiterhin allen was bringen! (Beifall bei der ÖVP.)

12.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun spricht Herr Abgeordneter Jury. Ich stelle die Uhr auf 4 Minuten. – Bitte.

 


12.30.16

Abgeordneter Josef Jury (BZÖ): Frau Präsidentin! Sehr verehrte Frau Ministerin! Herr Minister! Ich als Bürgermeister der Kultur- und Künstlerstadt Gmünd mit insge­samt 2 750 Einwohnern werde diesem Postmarktgesetz nicht zustimmen. (Beifall beim BZÖ.) Ich werde diesem Postmarktgesetz deswegen nicht zustimmen, weil gerade Ih­re Vertreter auch der ÖVP, Ihre Gewerkschafter, die Proponenten des „Stopp dem Postraub“-Volksbegehrens die Aussage machen, dass es, wenn diese Vorlage in die­ser Form heute beschlossen wird, in zehn Jahren in Österreich kein einziges Postamt mehr geben wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ob solcher Aussagen läuten und schrillen bei mir die Alarmglocken. Der ländliche Raum wird massiv ausgedünnt, die Politik der Kon­zerne unserer EU plant mit diesem Postmarktgesetz und mit dieser Liberalisierung des Postmarktes im Jahr 2011 einen massiven Anschlag auf unser Österreich. Der ländli­che Raum wird in Zukunft nicht mehr lebensfähig sein. (Beifall beim BZÖ.)

Zuerst ist es auf Kosten der Sicherheit gegangen, da sind die Polizeistellen verschwun­den – jetzt verschwinden die Postämter. Was verschwindet denn noch? Der kleinstruk­turierte Handel verschwindet, der Kleingewerbetreibende verschwindet. Meine Damen und Herren von ÖVP und SPÖ, meine Damen und Herren von den Regierungspar­teien, sehen Sie nicht die Alarmglocken für unser Österreich, für das ländliche Öster­reich? (Abg. Neubauer: Sehen tun wir sie nicht, aber hören! Wir hören sie! – Abg. Heinzl: Hören, nicht sehen!)

Herr Abgeordneter Heinzl! Sie haben sich ja im Ausschuss als wunderbarer Vertreter Ihrer Zunft herausgestellt. Es zieht sich durch wie ein roter Faden: Überall, wo Gewerk­schafter am Werk sind, werden Betriebe in den Boden gefahren (Beifall beim BZÖ): „Konsum“, ÖBB, BAWAG – jetzt ist die Post dran. Ich weiß nicht, wer in Zukunft noch dran sein wird. (Beifall beim BZÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 82

Wir vom BZÖ bringen zu diesem Postmarktgesetz, das wir nicht mit beschließen und dem wir nicht die Zustimmung erteilen werden, folgenden Entschließungsantrag ein:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, zur Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen Versorgung mit Postdienstleistungen eine Erhöhung der wöchentlichen Mindestöff­nungszeit von weit über 20 Stunden bei den Post-Geschäftsstellen im Interesse der Bevölkerung und der Wirtschaft durchzuführen und dadurch beizutragen, dass die Ar­beitsplätze im Postbereich nicht gefährdet werden“ – und dadurch auch der ländliche Raum in Zukunft Überlebenschancen hat.

*****

(Beifall beim BZÖ. – Abg. Mag. Gaßner: Was heißt „weit über 20“?)

12.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der Antrag ist eingebracht und steht mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Hagen, Dolinschek, Tadler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Festlegung einer ausreichenden Öffnungszeit von Post-Geschäftsstellen

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (319 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Postmarktgesetz erlassen und das KommAustria-Gesetz geändert wird (459 d.B.)

Die Schließung der Postämter und die Reduktion der Öffnungszeiten der Post-Ge­schäftsstellen haben zu großer Verunsicherung bei der Bevölkerung geführt. Eine mas­sive Verschlechterung der Qualität der Versorgung mit Postdienstleistungen ist zu be­fürchten. Daher haben auch über 140.000 Personen das Volksbegehren „Stopp dem Postraub“ unterstützt, dass vom 27. Juli bis 3. August 2009 stattfand. Die Umsetzung der Forderungen der Initiatoren des Volksbegehrens ist aber ausgeblieben.

Mit dem geplanten Postmarktgesetz kann aber die Aufrechterhaltung der Infrastruktur und die Sicherung von Postdienstleistungen zu gleichen Bedingungen für die gesamte Be­völkerung nicht garantiert werden. Es wurde zwar festgelegt, dass mindestens 1.650 Post-Geschäftsstellen zur Verfügung stehen müssen, jedoch wurde keine Mindestanzahl von eigenbetriebenen Post-Geschäftsstellen (Postämtern) gemacht, die ein funktionie­rendes Geschäftsstellennetz gewährleisten sollten. Denn unklar bleibt, ob eine flächen­deckende Versorgung der Post-Geschäftsstellen für die derzeitigen Standortgemein­den und mit dem derzeitigen Dienstleistungsangebot weiterhin zur Verfügung stehen wird.

Überdies sind auch die Regelungen über die Öffnungszeiten der Post-Geschäftsstellen unzureichend gelöst. Denn der Österreichischen Post AG wurden als Universaldienst­betreiber keine klaren Vorgaben über die Öffnungszeiten gemacht, damit eine qualitativ hochwertige Versorgung mit Postdienstleistungen sichergestellt werden kann. Anstatt die wöchentlichen Öffnungszeiten auszudehnen wurde lediglich an der Regelung der wöchentlichen Mindestöffnungszeit von 20 Wochenstunden festgehalten, obwohl be­kannt ist, dass in den letzen Monaten das Post-Management bei vielen Postämtern die Öffnungszeiten auf 20 Wochenstunden reduziert haben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 83

Um eine weitere Ausdünnung des Versorgungsgrades der Bevölkerung mit Postdienst­leistungen zu verhindern muss die vorgesehene Mindestöffnungszeit von 20 Wochen­stunden, bezogen auf eine 5-Tagewoche, dringend erhöht werden. Denn Post-Ge­schäftsstellen können nur dann attraktiv sein, wenn der Bevölkerung ausreichende Öff­nungszeiten zur Verfügung stehen.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, zur Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen Versorgung mit Postdienstleistungen eine Erhöhung der wöchentlichen Mindestöff­nungszeit von weit über 20 Stunden bei den Post-Geschäftsstellen im Interesse der Bevölkerung und der Wirtschaft durchzuführen und dadurch beizutragen, dass die Ar­beitsplätze im Postbereich nicht gefährdet werden.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun spricht Herr Abgeordneter Mag. Kuzdas. 2 Minuten. – Bitte.

 


12.34.01

Abgeordneter Ing. Mag. Hubert Kuzdas (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminis­terin! Herr Bundesminister! Herr Kollege Jury! Die Hypo Alpe-Adria haben Sie in der Aufzählung vergessen. (Abg. Petzner: Die gehört aber den Bayern, Herr Kollege! – Die BAWAG gehört euch!)

Wir diskutieren heute die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Post­dienstleistungen, das Postmarktgesetz und die Initiative „Stopp dem Postraub“ – und ich gratuliere den Kollegen von der Postgewerkschaft zu dieser Initiative.

Wenn man den Ist-Zustand betrachtet, dann ist auch ein kleiner Blick in den Rückspie­gel notwendig, und ich denke, da haben einige, auch Frau Schatz, etwas von sich ge­geben, wobei sie besser recherchieren hätten sollen. Die Ausgliederung der Post- und Telegraphenverwaltung erfolgte mit 1. Mai 1996, die Herauslösung der Telekom mit 1. Jän­ner 1998. Bis 2006 war die Post AG zu 100 Prozent im Eigentum des Staates, und erst 2006 wurde sie an die Börse herangeführt. Diesem sogenannten Fitness-Programm sind über 300 Postämter in Niederösterreich und 1 000 in ganz Österreich zum Opfer gefallen. Das waren die Jahre der erfolglosen Minister Schmid, Forstinger, die mehr durch den Minirock-Erlass als durch Verkehrspolitik aufgefallen ist, gefolgt vom Kurzmi­nister Reichhold, dem Raumfahrtexperten von Frank Stronach, und letztendlich vom „The world in Vorarlberg is too small“-Minister Hubert Gorbach. (Abg. Ursula Haubner: Weil euch sonst nichts einfällt!) Auch der wird uns in Erinnerung bleiben – allerdings mit seinem Blaulichtwunsch für das Dienstfahrzeug und seinen Bemühungen um das Tempo 160 auf den Autobahnen.

Aber auch jener Minister, der Eigentümervertreter war, Karl-Heinz Grasser, der zum Kristallgatten aufgestiegen ist, wollte sogar Teile der Post an die Deutsche Post ver­scherbeln! Das hat dazu geführt, dass ein erfolgreicher ÖVP-naher Postvorstandsdi­rektor das Handtuch geworfen hat, weil er das nicht eingesehen hat.

Und da stellen sich jetzt Oppositionspolitiker heraus – euch von den Grünen kann ich jetzt gar nicht kritisieren, denn ihr verweigert ja regelmäßig jegliche Verantwortung, aber die anderen Oppositionspolitiker – und sagen: Wir haben doch in der Vergangen-


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heit überhaupt nichts damit zu tun gehabt! (Abg. Neubauer: Das hat doch kein Mensch gesagt!) – Kollege Strache ist einer, der sowieso ein Mann ohne Vergangenheit ist. – Und das kann man nicht auf sich sitzen lassen. (Abg. Neubauer: Wachen Sie
doch auf! Das hat doch kein Mensch gesagt! – Sie haben ja keine Ahnung! Keine Ah­nung! ... nur Blödsinn!) –
Geben Sie Ruhe! – Die einzige Ministerin, die wirksam gegen die Schließung ankämpft und für die Sicherung der Post in diesem Land arbeitet, ist Verkehrsministerin Doris Bures. Sie hat per Bescheid über 300 Postämter vor der Schließung gerettet, und das hat auch vor dem Verfassungsgerichtshof standgehalten. Das, glaube ich, ist ein ganz, ganz wichtiger Schritt. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein Wort noch zum Kollegen Maier – er ist heute nicht da. Wenn der Kollege Maier als Lobbyist von Raiffeisen unterwegs ist, dann hat er kläglich versagt, denn sein Ziel ist es wahrscheinlich, dass mehr Gelddienstleistungen von der BAWAG-P.S.K. zu Raiff­eisen gehen. Mit diesem Postmarktgesetz wird das nicht der Fall sein. Das ist ja fast ein Kündigungsgrund bei Raiffeisen, Herr Kollege Maier. Nehmen Sie sich ein Beispiel an Bundesminister Mitterlehner, der das Postmarktgesetz verteidigt und für gut hält! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Das war eine peinliche Rede! – Abg. Mag. Gaßner: Das ist eine Frage des Standpunktes!)

12.37


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun spricht Frau Abgeordnete Dr. Lichtenecker. Ich stelle die Uhr auf 4 Minuten. – Bitte.

 


12.37.22

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Herr Minister! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Bezüglich eines Punktes waren heute alle Fraktionen in Einigkeit einander verbunden, nämlich, dass die Post und die Postdienstleistungen eine wichtige Infrastruktur darstellen. Aber die Frage ist: Wird dieses Postmarktgesetz diesen Herausforderungen, diesen Anforderun­gen auch gerecht? – Ich denke, es wird diesen in keiner Weise gerecht. Und wenn Sie von flächendeckender Versorgung reden und wir uns die Schließungslisten ansehen, beispielsweise in Oberösterreich, dann müssen wir feststellen, dass das nicht mehr Postämter in Gemeinden sind, wo am Tag eine Briefmarke umgesetzt wird, wie der Herr Minister das formuliert hat, sondern das sind schon große Gemeinden wie Pa­sching, Steyregg, Unterweißenbach, Schwertberg, Thalheim – und das ist nur ein klei­ner Auszug aus einer Liste von über 60 Gemeinden.

Wenn Sie jetzt glauben, dass diese Gemeinden in Oberösterreich flächendeckend ver­sorgt sind, dann sind Sie schon längst auf dem Holzweg. Von 444 Gemeinden haben 184 zum heutigen Tag Postfilialen – und eine erkleckliche Anzahl an Schließungen steht noch bevor. Diese wichtige Infrastruktur wird also weiter ausgehöhlt.

Wenn heute die Postpartner so sehr gelobt und in den Himmel gehoben wurden, dann stellt sich schon auch die Frage: Wie sind denn die Rahmenbedingungen? Wie sind die Grundsätze? Wie attraktiv ist es denn überhaupt, Postpartner zu werden? – In Ober­österreich finden sich für 30 Postfilialen keine Postpartner! (Abg. Mag. Molterer: Da wird es einen Grund geben dafür!) Was wird denn da in der Folge passieren? – Was passiert ist, das haben wir in den letzten Tagen erfahren: Die Öffnungszeit ist weiter eingeschränkt worden. Die Öffnungszeit ist nämlich reduziert worden auf 12 Uhr mit­tags. – So wollen Sie tatsächlich die Infrastruktur im ländlichen Raum sichern? So wird das nicht möglich sein! (Abg. Neubauer: Die Sozialisten bringen alles um!)

Die ländlichen Regionen haben jetzt schon zu kämpfen mit geringeren Einkommen, hö­herer Arbeitslosigkeit, schlechterer Infrastruktur; die Leute müssen weiter auspendeln. Da ist es natürlich schon ein Riesenproblem, wenn man dann noch hergeht und Postfi­lialen schließt, denn die Vielfalt des Angebotes macht auch die Qualität und die Leben-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 85

digkeit von Ortskernen aus. Wenn es keine Post und keine Postdienstleistungen mehr im Ort gibt, dann fehlen die Kunden. Fehlen die Kunden, dann sterben die Geschäfte. Und sterben die Geschäfte, dann – das wissen Sie genau – veröden die Ortskerne; et­was, mit dem wir in vielen ländlichen Regionen massiv zu kämpfen haben. Und genau dieses Postmarktgesetz wird diesen Trend verstärken.

Ich sage Ihnen, wenn die Ortskerne so weit verloren gehen – als Lebensraum, als Le­bensqualität, als Wirtschaftsraum (Zwischenruf des Abg. Hornek) –, dann wird die Fol­ge sein, dass die Jungen abwandern, und es wird einen weiteren Abwärtstrend in den ländlichen Regionen geben.

Wenn heute zitiert wird, dass 80 Prozent mit den Postpartnern zufrieden sind, dann schaue ich mir an, was in der „Tiroler Tageszeitung“ vom Wochenende festgehalten wurde: Die Hälfte der Postpartner habe nicht einmal Briefmarken, steht in der Zeitung. Sie hätten Probleme mit den Überweisungen und Geldanweisungen, das sei keine Sel­tenheit. Insgesamt würden die Postpartner höchstens die Hälfte der Aufgaben einer normalen Filiale übernehmen.

Das alles ist nicht etwas, das Qualität sichert, meine Damen und Herren! Grundsätzlich müssen in diesem Bereich zumindest einige Punkte für die nächsten Monate und Jahre sichergestellt sein: Das sind die Erreichbarkeit für die Kunden und die Qualitätskrite­rien, um die Leistung und das Service für die Kundinnen und Kunden sicherzustellen. Die Postpartner müssen attraktive Rahmenbedingungen haben, wenn sie so etwas übernehmen. Zudem braucht es eine umfassende Evaluierung.

Frau Ministerin, das Vorliegende ist bei Weitem zu wenig. Es geht in die falsche Rich­tung. Ärmel aufkrempeln und zurück an den Start! (Beifall bei den Grünen.)

12.41


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Fuhrmann. Ich stelle die Uhr auf 3 Minuten. – Bitte.

 


12.41.49

Abgeordnete Mag. Silvia Fuhrmann (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Kollegin Lichtenecker, Sie haben gesagt, junge Menschen würden aus den Regionen und Gemeinden abwandern, wenn es nur mehr Postpartner gäbe. (Abg. Dr. Lichtenecker: Das habe ich nicht gesagt! Wenn die Aus­dünnung so weitergeht!) Also ich glaube, ob ein junger Mensch sich dafür entscheidet, in der ländlichen Region beheimatet zu bleiben, hängt nicht damit zusammen, ob es eine eigenständige Postfiliale oder einen Postpartner gibt. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Weinzinger: Das ist ein Teil davon!) Dafür gibt es andere Gründe, und das wissen Sie. Es ist ein bisschen lächerlich, das hier als Argument vorzubringen.

Aber ich möchte ohnehin auf einen ganz anderen Punkt hinaus, wenn es um das Post­wesen geht. Das Postwesen ist – so wie andere Infrastrukturleistungen auch (Zwi­schenruf des Abg. Weinzinger), ich denke an Verkehr, Telekommunikation oder im Kulturbereich an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk – ein bedeutender Teil der Da­seinsvorsorge.

Die Liberalisierung des Postmarktes fußt bekanntermaßen auf einer Richtlinie der Europäischen Union, in der es um wesentliche marktbezogene Tätigkeiten geht, die wir im Interesse der Allgemeinheit sehen wollen. Der Abbau von Wettbewerbsbehinde­rungen oder -verzerrungen ist dabei ein wesentlicher Aspekt. Darüber möchte ich heu­te sprechen.

Klar ist, dass mit der Europäisierung des Wirtschaftsrechtes viele Staatsunternehmen mit privaten Anbietern konkurrieren müssen. Im Fall der Post ist das möglicherweise zukünftig auch im Briefbereich der Fall. So ist es eben notwendig, dass manche Dienstleistungen der Daseinsvorsorge auch von Privaten wahrgenommen werden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 86

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die ÖVP bekennt sich zu einem fairen Wett­bewerb und zu fairen Chancen für alle Anbieter. Wenngleich wir der Überzeugung sind, dass man sich beim vorliegenden Postmarktgesetz mehr hätte trauen können, werden wir aufgrund des beschriebenen Arguments der Daseinsvorsorge, vor allem für den ländlichen Raum, unsere Zustimmung geben.

Lassen Sie mich aber auch eines festhalten: Die Ressortverantwortlichkeit für dieses Gesetz liegt beim BMVIT, und der ÖVP-Klub hat sich bereits sehr früh – auch unter Einbeziehung von Experten – mit dieser Gesetzesmaterie auseinandergesetzt. Die Be­denken, Frau Bundesminister, sind Ihnen bekannt. Es gibt verfassungsrechtliche und europarechtliche Bedenken, von Postdienstleistern, von der Post selbst, und dem Ver­nehmen nach scheint es auch Vorbehalte der Europäischen Kommission zu geben.

Auch wenn es heute zu einer gemeinsamen Beschlussfassung kommen wird, möchte ich Sie ersuchen, die Bedenken ernst zu nehmen. Ich möchte besonders auf einen Punkt hinweisen, der am Schluss Gegenstand der Verhandlungen gewesen ist, und zwar ist das § 2 des Gesetzes, der Geltungsbereich. Dieser normiert, dass Zeitungszu­stellunternehmen, sofern sie zur Gänze im Eigentum von Verlagsunternehmen stehen, vom Postmarktgesetz ausgenommen sind. (Zwischenruf der Abg. Dr. Moser.) Ich glau­be – und die ÖVP hat auch mehrfach auf diesen Umstand hingewiesen –, dass das Abstellen auf Beteiligungsverhältnisse und nicht bloß auf die Art der Tätigkeit in ver­schiedener Hinsicht problematisch ist.

Laut Vertretern der Printindustrie ist die Zeitungszustellung zahlreicher österreichischer Titel in Zukunft nicht mehr gesichert. Ich denke, dass es hier in jedem Fall zu einer be­friedigenden Lösung kommen muss. Tages- und Wochenzeitungen haben eine wich­tige demokratiepolitische Funktion. Das sollten Sie, Frau Bundesministerin, wissen, weil Sie gerade in der jüngsten Vergangenheit sehr zahlreich inseriert haben.

Ich wünsche mir jedenfalls, dass es im Interesse der österreichischen Bürgerinnen und Bürger, aber vor allem der Steuerzahler zu einem gesunden und fairen Wettbewerb auf dem Postmarkt kommt, damit der Konsument – und darum geht es letztendlich – die freie Wahl zwischen verschiedenen qualitativen Services hat.

Vielleicht ist das ein frommer Wunsch, aber Weihnachten kommt ja bald: Möge er in Erfüllung gehen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Stauber: Fröhliche Weihnachten!)

12.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die letzte Runde: SPÖ 4 Minuten, ÖVP 2 Minu­ten, alle anderen 3 Minuten.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Kunasek; genau 3 Minuten. – Bitte.

 


12.46.17

Abgeordneter Mario Kunasek (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesmi­nisterin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich denke, die Diskussion heute hat ge­zeigt, dass dieses Postmarktgesetz durchaus nicht unumstritten ist und selbst die Re­gierungsparteien sich in einigen Bereichen wirklich nicht einig sind. Ich möchte die letz­ten Tage und Wochen ein bisschen Revue passieren lassen – auch für die Bürgerin­nen und Bürger –, um aufzuzeigen, wie hier teilweise seitens der Regierung Politik ge­macht wird.

Frau Bundesministerin Bures sagt, dieses Gesetz schaffe endlich Klarheit, und es sei eigentlich alles wunderbar. Wir kommen in einen Ausschuss, in dem dann die ÖVP sagt, die Verantwortung für dieses Gesetz, liebe Frau Bundesministerin, trügen Sie. Man distanziert sich quasi von diesem Gesetz und will eigentlich gar nicht im gleichen Boot sitzen – um dann aber im Ausschuss doch zuzustimmen und einen Tag später anzumerken, man solle durchaus noch über den einen oder anderen Punkt sprechen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 87

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP, das ist ein Zickzackkurs, den wirklich niemand versteht – weder jemand hier in diesem Haus, noch die Österreiche­rinnen und Österreicher! (Beifall bei der FPÖ.)

Auch die Positionen der SPÖ sind durchaus widersprüchlich. Einerseits gibt es den Verkehrssprecher Anton Heinzl, den ich sonst sehr schätze, der keine Gelegenheit auslässt, Frau Bundesministerin Bures Rosen zu streuen und zu sagen, wie toll das Gesetz sei. Andererseits gibt es aber auch Bürgermeister – und es freut mich, dass es hier in diesem Haus auch engagierte Bürgermeister gibt –, die durchaus Probleme er­kennen, wie das im Ausschuss seitens der SPÖ geschehen ist. Trotzdem stimmt man seitens der SPÖ diesem Gesetz widerstandslos zu und streut der Frau Bundesministe­rin entsprechend Rosen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein Satz noch zu den Postpartnern und zu den Postämtern. Wir, unsere Fraktion, halten ganz klar fest, dass ein Postpartner nicht die gleichen Leistungen erbringen kann wie die Postämter. Ich glaube, hier gibt es durchaus auch parteiübergreifend Meinungen, die das bestätigen. Und zum Kollegen Haubner, der gemeint hat, man solle die Postpartner nicht schlechtmachen: Nein, ganz im Gegenteil, es gibt genug Beispiele von Postpartnern, die mit den Rahmenbedingun­gen nicht zufrieden sind!

Ein letzter Satz zum Volksbegehren „Stopp dem Postraub“ mit 140 000 Unterschriften: Ich darf sehr herzlich gratulieren, darf aber auch – weil das hier in diesem Haus noch nicht wirklich angekommen ist – folgenden Antrag einbringen.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Vilimsky, Herbert und weiterer Abgeordneter betreffend Umsetzung Postvolksbegehren

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie wird ersucht, ehebal­digst Gespräche mit den Betreibern des Post-Volksbegehrens und der Österreichi­schen Post AG aufzunehmen, um eine Umsetzung der Forderungen des Post-Volksbe­gehrens insbesondere im Sinne der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Österreichi­schen Post AG sowie einer qualitativ hochwertigen, flächendeckenden Versorgung mit Postdienstleitungen vor allem im ländlichen Bereich sicherzustellen.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich fordere Sie wirklich eindringlich auf: Un­terstützen Sie diesen Antrag, sorgen wir gemeinsam dafür, dass mehr als 140 000 Un­terschriften nicht wertlos an diesem Haus vorbeigehen! Nehmen wir die Ängste und Sorgen dieser Menschen ernst! (Beifall bei der FPÖ.)

12.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der Antrag ist eingebracht und steht mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Vilimsky, Herbert und weiterer Abgeordneter betreffend Umsetzung Postvolksbegehren


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 88

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 2, Bericht des Verkehrsausschusses über das Volksbegehren (343 d.B.) "Stopp dem Postraub" (458 d.B.) in der 45. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 18. November 2009

Mit 1.1.2011 muss der österreichische Postmarkt gemäß der 3. Postrichtlinie (Richtli-
nie 2008/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Februar 2008 zur Änderung der Richtlinie 97/67/EG über die Vollendung des Binnenmarktes für Post­dienste) völlig liberalisiert werden. Das dadurch notwendig gewordene neue Postmarkt­gesetz regelt unter anderem den Universaldienst, der künftig von der Österreichischen Post AG geleistet wird. Die Tatsache, dass der Universaldienst künftig von der Öster­reichischen Post AG geleistet wird, wird grundsätzlich unterstützt.

Im Postmarktgesetz wird zwar erstmals eine Mindestzahl der durch den Universal­dienstbetreiber einzurichtenden Postgeschäftsstellen, 1.650, vorgeschrieben. Als Post­geschäftsstellen gelten dabei aber nicht nur die herkömmlichen und von der Bevölke­rung äußerst geschätzten Postämter sondern auch Postpartner, die nur einen Teil der Leitungen eines Postamtes erbringen und dies zudem durch nichtposteigene Mitarbei­ter, deren Ausbildung sich auf 3 Tage Schulung beschränkt.

Auch wenn in Einzelfällen Postpartnern die ideale Lösung sein mögen, so sollte dies doch auf Einzelfälle beschränkt bleiben. Denn es ist dringend nötig, den Universal­dienst mit den gut ausgebildeten und qualifizierten posteigenen Mitarbeitern zu leisten, die in das Unternehmen Österreichische Post AG eingebunden sind.

Verschiedene Bestimmungen im neuen Postmarktgesetz sowie angekündigte Spar­maßnahmen wie beispielsweise großangelegte Postamtsschließungen und ein massi­ver Personalabbau lassen die Befürchtung zu, dass die Österreichische Post AG den Universaldienst in der Regel nicht mit dem posteigenen Mitarbeitern leisten will, son­dern die Postämter weiter reduziert werden sollen und verstärkt postfremde Personen die Erbringung des Universaldienstes übernehmen sollen.

Die Anliegen des Postvolksbegehrens, welches unter anderem die Aufrechterhaltung der Infrastruktur und dadurch die Sicherung von Postdienstleistungen zu gleichen Be­dingungen für die gesamte Bevölkerung, die Fixierung von mindestens 1300 Post­filialen im Postgesetz, welche durch die Post AG zu führen sind und die Schaffung von rechtlichen Rahmenbedingungen, die auch nach der Liberalisierung Brief einen fairen Wettbewerb sicherstellen, gefordert hat, wurde seitens der Regierungsfraktionen, in keinster Weise umgesetzt.

Im Sinne von 140.582 Österreicherinnen und Österreichern stellen die unterfertigten Abgeordneten daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie wird ersucht, ehebal­digst Gespräche mit den Betreibern des Postvolksbegehrens und der Österreichischen Post AG aufzunehmen, um eine Umsetzung der Forderungen des Postvolksbegehrens insbesondere im Sinne der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Österreichischen Post AG sowie einer qualitativ hochwertigen, flächendeckenden Versorgung mit Postdienstleis­tungen vor allem im ländlichen Bereich sicherzustellen.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Auer. 2 Minuten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 89

12.49.28

Abgeordneter Mag. Josef Auer (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Vertreter der Regierung auf der Regierungsbank! Herr Mitterlehner, Sie haben mir heu­te ein Stichwort gegeben. Sie haben über Gut und Böse gesprochen im Zusammen­hang mit den Freiheitlichen und mit der EU-Politik, die sie betreiben.

Ich möchte noch einen Begriff draufsetzen: Sie propagieren immer die Anständigkeit – für die wir alle, wie ich glaube, im Parlament vertretenen Parteien natürlich eintreten –, aber wenn man immer von Anständigkeit spricht, dann soll man auch bei der Wahrheit bleiben!

Kollegem Strache, der leider schon wieder nicht anwesend ist (Abg. Ing. Hofer: Wo ist der Herr Cap?), muss ich schon sagen: Das, was er heute gesagt hat, entspricht nicht seinen eigenen Anforderungen! Er hat zum Beispiel einerseits gesagt, dieses Gesetz werde vor der EU nicht halten, andererseits wollte er aber, dass die Zahl der eigen­betriebenen Poststellen, sozusagen Postämter, in der Verfassung niedergeschrieben werden soll. Er weiß aber genau, dass das sehr wohl EU-problematisch wäre und von der EU auch zurückgewiesen werden würde. (Abg. Dr. Rosenkranz: Blödsinn!)

Sie machen also nur Schwarz-Weiß-Politik, Sie betreiben Panikmache, Herr Abgeord­neter Jury, wenn ich mich an Ihre Ausführungen zurückerinnere! Das ist nur Schwarz-Weiß-Politik, das bringt uns nicht weiter!

Wir müssen bei der Wahrheit bleiben, das ist anständig, meine Damen und Herren! (Abg. Dr. Rosenkranz: Eben! Also in den Spiegel schauen!) Wenn man von Tatsachen spricht, dann muss man sagen, dass unsere Ministerin, Frau Ministerin Bures, den Schließungsschnellzug, der natürlich auch von den Freiheitlichen in Form eines Fahr­dienstleiters betrieben worden ist, endlich gestoppt hat. Wir haben heute schon gehört, wie viele es waren, die Sie (in Richtung FPÖ) damals geschlossen haben, und bei wie vielen Frau Ministerin Bures heuer eine Schließung verhindert hat.

Fakt ist: Viele Punkte des Volksbegehrens werden im Gesetz umgesetzt (Abg. Neu­bauer: Die schwächste Rede von allen!), ja, einige Punkte im Gesetz gehen sogar da­rüber hinaus. – Das war also nicht umsonst. Wir machen, glaube ich, eine gute Politik für unsere Bevölkerung! – Danke, Frau Minister! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neu­bauer: Sie glauben es! Das ist es! Sie glauben es!)

12.51


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Grosz. 3 Minuten. – Bitte.

 


12.51.47

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesmi­nisterin! Ganz zu Beginn: Wissen Sie, was mich wirklich ärgert und was 140 000 Unter­zeichnerinnen und Unterzeichner ärgert, eingedenk der Tatsache, dass ein Klubob­mann der SPÖ wie Josef Cap von neuem Parlamentarismus und von Demokratie in diesem Land spricht? – 140 000 Menschen unterstützen das Post-Volksbegehren – und hier in diesem Haus wird es nicht einmal negiert! Das ist keine Umgangsform mit den Interessen der Menschen in unserem Land, schon gar nicht, wenn sich Menschen dazu entschließen, mittels Volksbegehren an der direkten Demokratie auch teilzuneh­men. (Beifall beim BZÖ.)

Wir reden hier ständig von der Stärkung und der Selbstbestimmtheit unserer Bürgerin­nen und Bürger, davon, dass wir sie begeistern wollen für die Demokratie, und dann unterzeichnen sie ein Post-Volksbegehren – ich selbst habe es auch unterzeichnet, am Magistrat Graz –, und hier in diesem Haus wird es schubladisiert und nicht einmal ne­giert! Das, was uns die Verkehrsministerin heute vorlegt, ist das genaue Gegenteil von dem, was die Unterstützerinnen und Unterstützer des Post-Volksbegehrens wollten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 90

Das, was heute und hier passiert, ist ein weiterer Anschlag auf den ländlichen Raum in Österreich, in unseren Bezirken, in unseren Gemeinden, in unseren Bundesländern. (Beifall beim BZÖ.) Das steht in direkter Konkurrenz zu den Sonntagsreden der ÖVP und auch der SPÖ, die ständig von der Stärkung des ländlichen Raums sprechen, wenn Sie gerade in diesem Bereich Hunderte von Postämtern flächendeckend zusperren!

Der Schmäh mit den Postpartnern ist ja auch leicht durchschaubar. Das Postamt sollte sicher sein. Das Postamt, das Sie jetzt sperren, war sicher, war die sichere Daseins­vorsorge unserer Bürgerinnen und Bürger. Was die Postpartner betrifft, so wünsche ich Ihnen viel Spaß, wenn der eine oder andere Postpartner in wirtschaftliche Schwierig­keiten kommt und mit ihm dann auch das Postamt und die Serviceleistungen, die das Postamt zu erbringen gehabt hätte in einer Gemeinde, in einer Region, in den steiri­schen Gemeinden, etwa dort, woher ich komme, gänzlich dem Erdboden gleichge­macht werden.

Da machen wir nicht mit, daher haben auch wir einen Entschließungsantrag einge­bracht, der ganz klar gegen diese Tendenzen arbeitet. Jawohl, wir sind für Effizienz, ja­wohl, wir sind für Sparsamkeit und auch für einen Leistungsgedanken, wenn Steuer­geld im Spiel ist und mit Steuergeld die Daseinsvorsorge finanziert wird, aber damit wird die Daseinsvorsorge der Bürgerinnen und Bürger zutiefst geschwächt, denn die Post hat einen Versorgungsauftrag, der wichtig ist.

Wir lehnen aber nicht nur das ab, was heute hier auf dem Tisch liegt, sondern über­haupt diese Unart, wie diese Regierung mit den Ländern, mit dem ländlichen Raum umgeht. Beispiel Steiermark: Sie streichen die Finanzierung für den Koralmtunnel, Sie streichen die Postämter quer durch die Steiermark – und was bekommen wir? Wir be­kommen Schubhaftzentren und Asylerstaufnahmezentren.

Das kann es nicht sein: dass der Wasserkopf Wien den ländlichen Raum ausräuchert und wir in den Gemeinden in den Ländern dann die Krot dafür zu schlucken haben, dass Sie in der Regierung nicht wirtschaften können! – Ich danke Ihnen. (Beifall beim BZÖ.)

12.54


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gahr. 2 Minuten. – Bitte.

 


12.55.00

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Kollege Brosz hat soeben wieder bewiesen (Abg. Grosz: Grosz, nicht Brosz! Der sitzt dort drüben!), wie man mit Populismus Menschen verunsichert, Unsicherheit bei den Menschen schürt. Herr Kol­lege Brosz (Abg. Grosz: Grosz, nicht Brosz!), Sie übertreiben, Sie übermitteln Bot­schaften an die Menschen, die einfach nicht stimmen! Das Post-Volksbegehren wurde eingearbeitet, wurde im Ausschuss diskutiert. Es wurde heute hier berichtet, dass viele eingebunden wurden, dass manche aber einfach die Fakten und die Realität nicht er­kennen wollen. Der Markt hat sich verändert, der Paketmarkt, der Briefzustellmarkt und der Telekommunikationsmarkt, die Ansprüche und die Anforderungen steigen, und eines ist ganz klar: Wir befinden uns im Wettbewerb!

Mit dem Postmarktgesetz geben wir, glaube ich, Antworten für diesen Wettbewerb. Es gibt einen Mix an Postämtern und an Postpartnerstellen. Und ich möchte ganz klar sa­gen: Die Postpartner bemühen sich, aber auch die Postämter bemühen sich. Ich glau­be, dieser Wettbewerb insgesamt und untereinander soll dazu beitragen, dass die Ser­vicequalität und die Daseinsvorsorge gesichert werden. (Abg. Grosz: Das sind sie ja nicht! Sie glauben nicht einmal das, was Sie sagen! Das stimmt ja nicht! Warum spre­chen Sie die Unwahrheit?)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 91

Kollege Grosz, Sie sollen nicht hier herausgehen, verunsichern und Garantien einfor­dern, die es ganz einfach nicht mehr spielt in dieser Zeit! Sie reden an der Realität vor­bei und vergleichen das mit anderen Dingen, die absolut nicht angebracht sind!

Für die Zukunft ist wichtig: Wir brauchen gute Modelle, die die Postversorgung garan­tieren! Wir haben heute Landbriefzusteller, die wirklich Qualität garantieren, die auf die Menschen zugehen und Dienstleistung sicherstellen. Wir brauchen eine konkurrenzfä­hige Post und Infrastruktureinrichtungen.

Man hört, die Post schreibe schlechte Zahlen. – Es ist nicht so leicht, Dinge zu fordern und zu behaupten, wenn man auf der anderen Seite das Ganze finanzieren muss.

Die Post ist ein öffentliches, börsenorientiertes Unternehmen, das bisher ordentlich ge­wirtschaftet hat und auch in Zukunft einen großen Auftrag hat. Daher stimmen wir dem Postmarktgesetz zu. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

12.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Wal­ser. 3 Minuten. – Bitte.

 


12.56.47

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Herr Mi­nister! Der heutige Vormittag ist ein Musterbeispiel für die Doppelbödigkeit der Regie­rungsparteien, insbesondere aufseiten der ÖVP. Wir hören von Ihnen eigentlich haupt­sächlich Einwände; ich habe mir angehört, was Frau Kollegin Fuhrmann hier dargelegt hat. Sie hat haufenweise Argumente gegen dieses Gesetz gebracht – die ÖVP wird dennoch zustimmen.

Interessant ist auch, dass Abgeordnete aus den Ländern, aus bestimmten Tälern, die sonst immer wieder darauf pochen, dass die ländliche Situation gestärkt werden muss, dagegenstimmen werden. Ich erinnere an die Stellungnahme der Vorarlberger Landes­regierung, die ganz klar sagt – und ich hoffe, es haben alle gelesen, auch die Abgeord­neten aus dem Bregenzer Wald –, dass die Sicherstellung der flächendeckenden Ver­sorgung des ländlichen Raums mit Postgeschäftsstellen nicht ausreichend gesichert ist. – Das, bitte, sagt die Vorarlberger Landesregierung.

Ich bin gespannt, wie die ÖVP-Nationalratsabgeordneten aus Vorarlberg handeln wer­den, denn: Geändert haben Sie an dieser Situation nichts! Sie lassen genau jene Re­gionen im Stich, die Sie am Sonntag jeweils beim Stammtisch oder sonst irgendwo zu sichern vorgeben. – Also das ist ein wirkliches Musterbeispiel für Demagogie.

Meine Damen und Herren, es geht in diesem Zusammenhang um ein grundsätzliches Problem, das wir in Österreich seit den neunziger Jahren haben: Wir glauben, jedem Irrweg nachgehen zu müssen, den wir international vorgesetzt bekommen. Wir haben zwar international auch schon wieder gesehen, dass überall zurückgerudert wird, aber wir machen jetzt die Fehler beziehungsweise wollen unbedingt die Fehler machen, die man in anderen Ländern bereits erkannt hat. Wollen wir die Leidtragenden dieser Si­tuation – die Kundinnen und Kunden, die ArbeitnehmerInnen, die künftig mit sogenann­ten McJobs mit 900 € ihr Auslangen finden werden – wirklich allein lassen? (Beifall bei den Grünen.)

Die Bevölkerung will das nicht, meine Damen und Herren! Die 140 000 Unterschriften haben das ganz deutlich gezeigt, obwohl man das Volksbegehren bewusst in der Som­merzeit gestartet hat, damit möglichst wenig Menschen unterschreiben können. Die Bevölkerung wird sich wehren, so wie das jetzt schon die Studentinnen und Studenten im Bereich der Bildung tun; am Samstag wird eine weitere große Demonstration hier in Wien stattfinden, KindergärtnerInnen und LehrerInnen werden demonstrieren.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 92

Sie werden die Ernte einfahren, die Sie verdienen, nämlich den Protest der Bevölke­rung gegen die Maßnahmen, die Sie hier fortlaufend beschließen. Wir werden zeigen, dass wir auf der Seite jener stehen, die gegen diesen Irrweg sind, dass wir nicht bereit sind, alles dem Profit unterzuordnen! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Stauber. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 2 Minuten. – Bitte.

 


13.00.02

Abgeordneter Peter Stauber (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher! Die Materie des Postmarktgesetzes ist für uns alle eine sehr wichtige, aber ganz besonders für den ländlichen Raum. Ein Bürgermeister, der selber vom Zusperren von zwei Postämtern in den letzten Jahren betroffen ist, kann sehr richtig von dieser Situation berichten. (Präsi­dent Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Herr Kollege Königshofer, ich stehe selbstverständlich auch heute noch zu meinen Aussagen im Ausschuss. – Herr Kollege Rädler, es ist einfach eine Aushöhlung des ländlichen Raumes, eine Schwächung des ländlichen Raumes, wenn wir zusätzliche Postämter zusperren! (Demonstrativer Beifall beim BZÖ.) Dazu stehe ich, das ist nun einmal so. (Abg. Grosz: Genau so ist es!)

Liebe Frau Kollegin Fuhrmann, ich glaube, Sie haben keine Ahnung von den Zustän­den im ländlichen Raum. Denn wenn Sie sagen, dass dann, wenn keine bestehende Infrastruktur vorhanden ist, wenn keine Arbeitsplätze vor Ort vorhanden sind, die Ju­gend trotzdem in diesen Räumen bleiben wird, dann irren Sie sich! (Zwischenrufe bei ÖVP und BZÖ.)

Das sind nämlich die Gründe, warum die Jugend wegziehen muss, warum die Jugend in die Ballungsräume gehen muss, dass keine entsprechenden Infrastrukturen mehr vorhanden sind. Das gilt es zu verhindern, meine geschätzten Kolleginnen und Kolle­gen! (Neuerlicher demonstrativer Beifall beim BZÖ.)

Ich möchte aber trotzdem unserer Frau Ministerin für dieses Gesetz sehr herzlich dan­ken, denn unter den gegebenen Umständen war es noch immer das beste Ergebnis, das sie erzielen konnte, dass wenigstens ein Mindestmaß an Absicherung für den ländlichen Raum gegeben ist. Danke schön, und kämpfen wir weiter für die Verbesse­rung des ländlichen Raumes! (Beifall bei SPÖ und BZÖ.)

13.01


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner hiezu zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hell. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


13.01.44

Abgeordneter Johann Hell (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bun­desminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Nach dieser sehr kontrover­siellen Diskussion der letzten zweieinhalb Stunden stelle ich mir noch einmal die Fra­ge: Was erwarten eigentlich die Menschen in Österreich von einer Versorgung mit Postdienstleistungen? – Die Menschen wollen eine flächendeckende Versorgung, Zu­verlässigkeit in der Qualitätserbringung und leistbare Preise.

Ich glaube, das Postmarktgesetz, das heute zur Beschlussfassung vorliegt, erfüllt diese Erwartungen. Die wesentlichen Eckpunkte dieses Gesetzes wurden von meinen Vor­rednern bereits angesprochen: garantierte Mindestanzahl an Postgeschäftsstellen, kein Zusperren ohne Ersatz, strenger Schließungsmechanismus unter Einbindung der Ge­meinden und unter der Aufsicht der Regulierungsbehörde.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 93

Eine besonders wichtige Gesetzesvorschreibung befindet sich in diesem Gesetz im § 27. Da geht es um die Konzessionsvergaben, und darin ist festgelegt, dass Beschäftigte in diesen Unternehmen nach den geltenden arbeitsrechtlichen Bestimmungen angestellt werden müssen. Damit soll eine soziale Benachteiligung und eine Entlohnung unter dem üblichen Niveau bei neuen Postdienstanbietern verhindert werden.

Da heute hier der Vorwurf gekommen ist, dass nach diesen Kollektivverträgen die Löh­ne sehr niedrig sind, würde ich alle Damen und Herren, die hier in Verantwortung sind, ersuchen, mit den Gewerkschaften Verträge mit höheren Löhnen auszuverhandeln. Ich glaube, die Beschäftigten, die nach diesen Kollektivverträgen bezahlt werden, würden sich über ihre Unterstützung freuen.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren, wir leben in einer sehr schnelllebigen Zeit. Das Kommunikationsverhalten der Menschen ändert sich ständig, und ich denke, dass auch das Postmarktgesetz sich weiteren Änderungen nicht verschließen kann. Ich glaube aber trotzdem, dass heute ein wichtiger Schritt gesetzt wird, dass das Unter­nehmen Post gestärkt wird und dass vor allem die Bevölkerung weiter mit entsprechen­den Postdienstleistungen versorgt werden kann. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.03

13.03.30

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, sei­nen Bericht 458 der Beilagen betreffend Volksbegehren „Stopp dem Postraub“ zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Postmarktgesetz erlassen und das KommAustria-Gesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 319 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Auch das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung. (Abg. Grosz: Stauber, was ist? Klubzwang? Auch kein Held! Helden schauen anders aus, und Sieger schauen anders aus!)

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehr­heit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Festlegung einer ausreichenden Öffnungszeit von Post-Geschäftsstellen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Somit abgelehnt.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordne­ten Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung Post-Volksbegehren.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Auch das ist die Minderheit. Somit abgelehnt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 94

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, sei­nen Bericht 460 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Somit angenommen.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, seinen Bericht 461 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist ebenfalls die Mehrheit. Somit angenommen.

Wir kommen ferner zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, sei­nen Bericht 462 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Somit angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, seinen Bericht 463 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Auch das ist mit Mehrheit angenommen.

13.07.158. Punkt

Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Technologie über die Regierungsvorlage (393 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Patentgesetz 1970, das Patentverträge-Einführungsgesetz, das Gebrauchsmustergesetz, das Mar­kenschutzgesetz 1970, das Patentanwaltsgesetz und das Patentamtsgebühren­gesetz geändert werden (421 d. B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen zum 8. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Deimek. Wunschgemäß einge­stellte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


13.07.54

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Lassen Sie mich das Patentgesetz einmal aus der Sicht der Unterneh­men, und zwar derjenigen, die Innovationen machen, die F & E betreiben, beleuchten. Da ist zunächst etwas Positives festzuhalten, nämlich die Vereinfachung des Wider­spruchsverfahrens beim Markenschutz. Das unterscheidet uns noch immer und wird uns auch in Zukunft von den USA unterscheiden, wo beim Anmelden zuerst nichts pas­siert, wo aber sehr wohl im Nachgang, wenn die Verfahren schon laufen und produziert wird, Einsprüche kommen können und nur teure Verfahren herauskommen.

Das zum Positiven; dann wird es schon ein bisschen kritischer. Positiv wäre noch das Londoner Abkommen, wonach man bewusst auf die Übersetzung von Patenten und Anmeldungen verzichtet. Diejenigen, die sich mit Innovationen beschäftigen, wissen sehr wohl, wie sie zu diesem Know-how aus den fremden Patentschriften kommen. Aber offensichtlich haben jetzt die Damen und Herren von den Regierungsfraktionen Angst vor der eigenen Courage bekommen, und so ist uns gestern Abend noch ein Ab­änderungsantrag ins Haus geflattert.

Das Nächste wäre die Gebührenstruktur. Der Sinn wäre der, dass sich Klein- und Mit­telunternehmen, die im Patentwesen bisher ein bisschen benachteiligt waren, auch


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 95

mehr mit Innovationen beschäftigen und patentieren. Daher sollen auf junge Patente in den ersten fünf Jahren keine Gebühren anfallen. Aber – und jetzt kommt das große Aber – teuer sind die Patente nicht in den ersten fünf Jahren, sondern teuer sind sie am Anfang, beim Anmelden, und da gibt es keine Einschränkungen für die Patentan­wälte. Es gibt auch keine Vorgaben an die Kammer der Patentanwälte. Das hätten wir uns erwartet. Vor allem dort, wo Patente wirklich teuer sind – nämlich dann, wenn sie länger dauern –, gibt es auch wieder keine Einschränkung bei den Gebühren.

Wenn ich aber von Gebühren spreche, dann sind wir gleich im Bereich der Monarchie: Da gibt es die Schriftgebühren nach Bogen und Ähnliches. Da hätten wir uns erwartet, dass der Zugang zur Materie ein bisschen moderner gewesen wäre. (Beifall bei der FPÖ.)

Die „Krone“ in dieser Gesetzgebung ist aber, dass es während der Plenarsitzungen An­träge geben soll, dass es Abänderungsanträge am Abend geben soll, damit man nicht draufkommt, dass wir zum Beispiel das Biopatent-Monitoring, mit dem wir endlich eine Berichterstattung von 1 Prozent gesteigert auf fast alle Patente, die diesen Bereich be­kommen sollen, bekommen hätten. Das wird wieder auf das ursprüngliche Ausmaß von 1 Prozent der Patente aus Österreich reduziert, und das Ganze mit der faden­scheinigen Begründung, dass die EU-Kommission ohnehin bereits „monitort“. Das ist dieselbe EU-Kommission, die die GVOs anstandslos durchlässt und nichts in diese Richtung unternimmt. (Abg. Dr. Bartenstein: Das ist nicht fadenscheinig, Herr Kollege!)

Unser Appell ist: Beenden wir das Gebühren-Mittelalter, beenden wir undemokratische Zustände, und beenden wir eine Nicht-Information des Parlaments! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.11


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.11.11

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In diesem Zusammenhang ist auch etwas über die Innovationskraft Österreichs anzubringen. Ich möchte schon be­merken, Österreich liegt auch aufgrund einer relativ guten Patentbilanz in Europa an sechster Stelle als „Innovation Follower“. Wir wissen auch aus Studien des WIFO, dass zwei Drittel der Wirtschaftswachstumspotenziale aus dem technologischen Fortschritt stammen.

Patente spielen hier natürlich eine große Rolle, Patente von Österreicherinnen und Ös­terreichern, aber auch von Ausländern, die in Österreich Patente anmelden – in sehr hoher Anzahl, was auch wieder dafür spricht, dass der Wirtschaftsstandort Österreich doch für viele ein wichtiger und interessanter Markt ist. Das Patengesetz ist ein nor­mativer Rahmen dafür. Es gibt natürlich einen permanenten Reformbedarf, und ich glaube, dass wir mit dieser Novelle einige ganz wesentliche Adaptierungen vornehmen.

Kollege Deimek hat schon gesagt, dass eine Patentanmeldung kostenpflichtig ist. Die Patentgebühren, an denen die meisten Patentrealisierungen scheitern, weil ja am Be­ginn der ersten Jahre nicht absehbar ist, ob es ein wirtschaftlicher Erfolg wird oder nicht, werden jetzt für fünf Jahre gestundet. Das ist, glaube ich, schon ein großer Vor­teil. Der Patentinhaber kann wirklich nach fünf Jahren entscheiden: Rechnet es sich, ist es vernünftig, auf diesem Patent zu beharren, ja oder nein? – Ebenso ist das bei Ge­brauchsmusterschutz oder Markenschutz-Geschichten möglich, wofür dann drei Jahre kostenfrei sind.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 96

Es gibt noch einige andere Punkte – etwa Recherchen über TRF-Geschichten, oder für das Biopatent Monitoring Komitee soll eine gesetzliche Grundlage geschaffen wer­den –, die in Summe eine gute Sache sind.

Ich möchte abschließend zum Thema „Londoner Übereinkommen“ folgenden Ent­schließungsantrag einbringen:

„Die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert, in Form einer Studie bis Jahresende 2010 zu erheben, welche Vor- und Nachteile sich durch den Beitritt zum ‚Londoner Übereinkommen‘ für Österreich und die Nutzer des Patentsystems ergeben.“

*****

Es wird noch Weiteres über konkrete Punkte ausgeführt, die diese Studie beinhalten soll. Der Entschließungsantrag ist, glaube ich, allen zugegangen. Ich ersuche um Ihre Unterstützung. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.13


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, wurde in seinen Grundzügen erläutert und gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung bereits an die Abgeordneten verteilt und steht daher mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Kurt Gartlehner, Mag. Hakl, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Prüfung von Vor- und Nachteilen eines möglichen Beitritts Österreichs zum „Lon­doner Übereinkommen“

eingebracht im Rahmen der Debatte zum Bericht des Ausschusses für Forschung, In­novation und Technologie über die Regierungsvorlage (393 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Patentgesetz 1970, das Patentverträge-Einführungsgesetz, das Gebrauchs­mustergesetz, das Markenschutzgesetz 1970, das Patentanwaltsgesetz und das Pa­tentamtsgebührengesetz geändert werden (421 d.B.)

Das Übereinkommen über die Anwendung des Artikels 65 EPÜ - das sogenannte „Lon­doner Übereinkommen“ - ist ein fakultatives Übereinkommen, das auf eine Senkung der Übersetzungskosten für europäische Patente abzielt.

Ein vom Europäischen Patentamt (EPA) erteiltes Patent wird im nationalen Recht be­handelt wie mehrere in verschiedenen Ländern erteilte nationale Patente. Mit anderen Worten wird ein europäisches Patent als ein ganzes Bündel von Patenten angesehen.

Um in einem bestimmten Land Gültigkeit zu erlangen, musste die gesamte Patent­schrift in die Landessprache übersetzt werden. Dadurch entstehen erhebliche Kosten. Je nachdem, um welches technische Gebiet es sich handelt, wie umfangreich das Pa­tent ist und in welche Sprachen es übersetzt werden muss, steigen diese Kosten natur­gemäß weiter an.

Einige der größeren EPÜ-Vertragsstaaten haben am 17. Oktober 2000 das „Londoner Über­einkommen“ abgeschlossen. In Kraft getreten ist das Übereinkommen am 1. Mai 2008, nachdem die Beitritts- und Ratifikationsverfahren in einigen nationalen Parlamenten beendet waren. Derzeit ist das Abkommen in 15 Mitgliedstaaten der Europäischen Pa­tentorganisation in Kraft, nämlich Deutschland, Schweiz, Vereinigtes Königreich, Frank­reich, Dänemark, Niederlande, Luxemburg, Schweden, Liechtenstein, Slowenien, Li­tauen, Lettland, Kroatien, Island, Monaco.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 97

Das „Londoner Übereinkommen“ zielt darauf ab, die Kosten zu senken, indem eine kostengünstige Übersetzungsregelung für alle erteilten europäischen Patente einge­führt werden soll. Zu diesem Zweck haben die Vertragsstaaten des Übereinkommens vereinbart, auf die Einreichung von Übersetzungen bereits erteilter Patente in ihrer Landessprache ganz oder weitgehend zu verzichten.

Staaten, die eine Landessprache mit einer der Amtssprachen des EPA (Deutsch, Eng­lisch und Französisch) gemein haben - wie Deutschland, Frankreich, die Schweiz und das Vereinigte Königreich - verzichten vollständig auf die Übersetzungserfordernisse, wenn das Patent in einer dieser Sprachen erteilt wurde. Dies würde im Falle eines Bei­tritts zum „Londoner Übereinkommen“ auch für Österreich zutreffen.

Für europäische Patente, die in englischer oder französischer Sprache erteilt werden, ist nach der derzeitigen Rechtslage beim österreichischen Patentamt eine Übersetzung der Patentansprüche und der Patentbeschreibung vorzulegen und eine Veröffentli­chungsgebühr zu zahlen. Derzeit ist diese Übersetzung hinsichtlich des Schutzumfan­ges des Patents rechtsverbindlich. Durch den Wegfall des Übersetzungserfordernisses beim Beitritt zum „Londoner Übereinkommen“ gäbe es z. T. keine verbindlichen deut­schen Patentbeschreibungen oder Patentansprüche mehr.

Österreichs Beitritt zum „Londoner Übereinkommen“ hätte demnach auch auf österrei­chische Patente Auswirkungen. Auf Grund des erst kürzlich in Kraft getretenen „Lon­doner Übereinkommens“ scheint eine Studie über die Auswirkungen notwendig, bevor ein allfälliger Beitritt Österreichs vorgenommen wird.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden Entschlie­ßungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert, in Form einer Studie bis Jahresende 2010 zu erheben, welche Vor- und Nachteile sich durch den Beitritt zum „Londoner Übereinkommen“ für Österreich und die Nutzer des Patentsystems ergeben.

Die Studie soll auf jeden Fall über folgende Punkte Aufschluss geben:

1) Welche Vorteile und welche Nachteile haben österreichische Firmen vom Beitritt Ös­terreichs zum „Londoner Übereinkommen“?

2) Gibt es entsprechende Kennzahlen oder sind entsprechende Experteninterviews möglich, die belegen, dass in jenen Ländern, in denen das „Londoner Übereinkommen“ bereits in Kraft getreten ist, der Zugang europäischer Firmen, insbesondere von KMUs, zum Patentsystem erleichtert oder verbessert wurde?

3) Wie hat sich das „Londoner Übereinkommen“ an Hand von vorhandenen Kennzah­len in den Ländern ausgewirkt, in denen es bereits in Kraft getreten ist (Der Fokus soll hierbei insbesondere auf denjenigen Staaten liegen, die eine Sprache des Europäi­schen Patentamts als Amtssprache haben)? Welche Auswirkungen zeigen sich in den vorhandenen Kennzahlen in den Ländern, die bisher dem „Londoner Übereinkommen“ nicht beigetreten sind?

4) Welche Gründe werden von denjenigen EPÜ-Ländern angeführt, die dem „Londoner Übereinkommen“ nicht beitreten?

5) Ist ein Beitritt Österreichs zum „Londoner Übereinkommen“ in Hinblick auf die Sprachfassungen von Patentansprüchen und -beschreibungen mit Art. 8 der Bundes­verfassung vereinbar, wonach die deutsche Sprache die Staatssprache der Republik Österreich ist?


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 98

6) Hat sich und allenfalls wie hat sich die Gebührenstruktur im Patentbereich in jenen Ländern, die dem „Londoner Übereinkommen“ beigetreten sind, sowie in den Ländern, die dem „Londoner Übereinkommen“ nicht beigetreten sind, insbesondere in Hinblick auf die „Patent-Jahresgebühren“ verändert?

7) Wie hat sich die Zahl der aufrechterhaltenen Patente in den dem „Londoner Über­einkommen“ beigetretenen Ländern gegenüber vorher, bzw. gegenüber den nicht bei­getretenen Ländern verändert? Welche Veränderungen gab es hinsichtlich der heimi­schen, europäischen und außereuropäischen Anmelder? Gibt es entsprechende Kenn­zahlen, die darauf schließen lassen, dass sich die Zahl der Nutzer des Patentsystems verändert hat?

8) Gibt es entsprechende Kennzahlen oder sind entsprechende Experteninterviews möglich, die Aufschluss darüber geben, wie sich das „Londoner Übereinkommen“ auf die „passiven Nutzer“, d.h. diejenigen, die selbst keine Patente anmelden, sich aber darum bemühen, nicht unter die Patente Dritter zu fallen, auswirkt bzw. ausgewirkt hat?“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Strutz. Wunschgemäß eingestellte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


13.14.23

Abgeordneter Dr. Martin Strutz (BZÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Die Vorgangsweise zur Novellierung des Patentgesetzes ist wieder einmal Beispiel da­für, wie die Koalitionsparteien mit teilweise berechtigten Einwendungen und Vorschlä­gen der Oppositionsparteien umgehen. Auch wir haben unter Hinweis auf einen drin­gend Anpassungs- und Veränderungsbedarf diesem Gesetz im Ausschuss zugestimmt. Das wird lapidar beiseite gewischt, und dann werden fünf Minuten vor zwölf, bevor die Gesetze hier auch das Hohe Haus zu passieren haben, jene Argumente, die von den Oppositionsparteien gekommen sind, als eigenständige Abänderungs- und Erweite­rungsanträge eingebracht.

Zum Gesetz selbst möchte ich feststellen, dass die Gentechnologie heute über 20 Jah­re alt und ein wesentlicher Bestandteil der biologischen und medizinischen Forschung ist. Einige Produkte ihrer Anwendung sind bereits auf dem Markt, und die weitere Zu­nahme ist absehbar.

Durch mögliche Anwendungen wie insbesondere die gentechnischen Veränderungen von Nahrungsmitteln ist jeder von uns auch direkt betroffen. Die heftige Kontroverse darüber führt aber selten zu weiteren Markierungen als Positionen. Neue Formen eines gesellschaftlichen Diskurses über die Anwendung und die Bewertung, aber vor allem die Auswirkung der Zulassung dieser neuen und jungen Technologien sind aus meiner Sicht notwendig und sehr wünschenswert.

Für die Technikentwicklung im Allgemeinen und für die Gentechnologie im Speziellen ist es von großer Bedeutung, dass nicht nur die technikinhärenten Risiken überprüft werden, sondern dass vor allem auch die Zielsetzung von Anwendungen überprüft wird. Aus diesem Grund ist es auch als positiv zu bewerten, dass das Biopa­tent Monitoring Komitee mit diesem Gesetz ihre gesetzliche Basis und Grundlage findet.

Was jedoch wichtig ist, ist, dass einzelne Mitglieder dieses Komitees die Möglichkeit haben, Experten mit der Begutachtung zu beauftragen beziehungsweise Gutachten er­stellen und in Auftrag geben zu können, um auch die Technikfolgenabschätzung zu prüfen. Wir sind der Meinung, dass zumindest zwei Mitglieder dieser Kommission diese Möglichkeit haben sollten, und haben das auch als Abänderungsantrag im Ausschuss eingebracht. Leider ist auf diese Einwendungen nicht eingegangen worden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 99

Im Großen und Ganzen ist es ein Gesetz, das positiv ist. Es wurden jedoch die Ergän­zungsvorschläge der Opposition nicht eingearbeitet. Deshalb werden wir auch nicht zu­stimmen. (Beifall beim BZÖ.)

13.17


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abge­ordnete Mag. Hakl. Wunschgemäß eingestellte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


13.17.47

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Bundes­minister! Ich glaube, geschätzter Herr Kollege Deimek, dass wir bei der Patentgesetz-Novelle doch sehr gute Fortschritte gemacht haben. Zum einen hat jetzt das Biopa­tent Monitoring Komitee erstmals überhaupt eine gesetzliche Grundlage.

Im Abänderungsantrag wird nur darauf abgestellt, dass es die Kapazitäten des Komitees zweifellos bei Weitem übersteigt, wenn es nunmehr alle 40 000 seit dem Jahr 2000 er­lassene Biopatente auf europäischer Ebene überprüfen müsste. Ich glaube, das kann in der entsprechenden Qualität, wie wir sie uns vorstellen, und auch mit der notwendi­gen Sorgfalt, wie dies in Österreich erfolgen soll, nicht bewältigt werden. Aus diesem Grund soll das Biopatent Monitoring Komitee nur für die national erteilten Patente zu­ständig sein. Auf europäischer Ebene ist ja erfreulicherweise ein ähnliches Monitoring bereits in Kraft, damit ist ein lückenloses Monitoring gewährleistet.

Zum Zweiten ist unser Abänderungsantrag ganz kurz und leicht verständlich und wäre, so glaube ich, von Ihnen sehr gut mitzutragen gewesen.

Ich bringe diesen Abänderungsantrag der Abgeordneten Ing. Gartlehner und Mag. Hakl ein, der Ihnen allen vorliegt – „zur Regierungsvorlage 393 d.B. in der Fassung des Aus­schussberichtes 421 d.B. betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Patentgesetz 1970, das Patentverträge-Einführungsgesetz, das Gebrauchsmustergesetz, das Marken­schutzgesetz 1970, das Patentanwaltsgesetz und das Patentamtsgebührengesetz ge­ändert werden“ –, und darf diesen Abänderungsantrag in weiterer Folge auch erläutern.

Zum einen wird in Zukunft im Patentrecht auch das Patentamt in der Teilrechtsfähigkeit tätig werden dürfen. Dabei ist nicht beabsichtigt, neue öffentliche Konkurrenz für priva­te Unternehmen und Unternehmer herzustellen, sondern es gibt einfach Dinge, die das Patentamt gut und besser als andere kann. Im Abänderungsantrag sollen die Befugnis­se entsprechend eng gehalten werden, damit klar ist, dass keine Patentbewertungen und Gutachten über Patentbewertungen als Ganzes in der Teilrechtsfähigkeit vom Pa­tentamt gemacht werden sollen, sondern dass eigentlich automatisierte Verfahren, die vorliegen, vonseiten des Patentamtes den Nutzern des Patentsystems gegen Entgelt zur Verfügung gestellt werden können.

Im von Ihnen auch als erfreulich dargestellten, nunmehr möglichen Widerspruchsver­fahren kommt eine weitere Erleichterung für die Nutzer des Patentsystems zum Tra­gen, indem nämlich im vorliegenden Abänderungsantrag der Instanzenzug vereinfacht wird, und zwar hin zum Obersten Patent- und Markengericht und zum OGH, damit nicht ein drittes Höchstgericht möglicherweise widersprüchlich konkurrierende Ent­scheidungen trifft. Der Verwaltungsgerichtshof als dritte Letztinstanz ist hier wohl eher versehentlich hineingerutscht, zumal er ohnehin überlastet ist und erst entsprechende Kompetenz aufbauen müsste.

Das sind alle Änderungen, die mit diesem Abänderungsantrag vorgenommen werden. Ich glaube also, dass auch Sie diesen Abänderungsantrag durchaus mittragen könnten und würde mich darüber freuen. Es ist wichtig, dass wir in Summe durch die Erleich­terungen bei den Gebühren, durch eine vernünftige gesetzliche Grundlage und die Grundlage dafür, dass das Biopatent Monitoring Komitee auch qualitätsvoll arbeiten


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 100

kann, einen Meilenstein in diesem wichtigen und innovationsfördernden Gesetzesbe­reich geschafft haben. Ich hoffe, Herr Kollege Deimek, dass auch Sie uns dabei unter­stützen werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dipl.-Ing. Deimek: 1 Prozent der Patente ist einfach zu wenig!)

13.21


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und wurde in seinen wesentlichen Kernpunkten erläutert. In Anbetracht des Umfangs des Antrages werden wir diesen gemäß § 53 Abs. 6 der Ge­schäftsordnung zur Verteilung bringen. Der Antrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Ing. Gartlehner, Mag. Karin Hakl, Kolleginnen und Kollegen zur Re­gierungsvorlage 393 d.B. in der Fassung des Ausschussberichtes 421 d.B. betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Patentgesetz 1970, das Patentverträge-Einführungs­gesetz, das Gebrauchsmustergesetz, das Markenschutzgesetz 1970, das Patentan­waltsgesetz und das Patentamtsgebührengesetz geändert werden

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

1. In Artikel I Ziffer 2 wird in § 58a Abs. 1 Z 4 wird die Wortfolge „Erstattung von Schutzrechtsrecherchen und von Beratungsleistungen im Zusammenhang mit Patent­bewertungen, insbesondere unter Heranziehung anerkannter Evaluierungsstandards“ durch die Wortfolge „Erstattung von Schutzrechtsrecherchen und von Beratungsleis­tungen im Zusammenhang mit Patentbewertungen unter Heranziehung anerkannter Evaluierungsstandards“ ersetzt.

2. In Artikel I Ziffer 8 Abschnitt V BIOPATENT MONITORING KOMITEE wird in 166 Abs. 1 die Wortfolge „über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen, ABl. Nr. L 213 vom 30. Juli 1998, S. 13, im Hinblick auf relevante mit Schutzwirkung für die Republik Österreich erteilte Patente und Gebrauchsmuster“ durch die Wortfolge über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen, ABl. Nr. L 213 vom 30. Juli 1998, S.13, in österreichisches Recht im Hinblick auf relevante mit Schutzwirkung für die Re­publik Österreich erteilte nationale Patente und Gebrauchsmuster“ ersetzt.

3. In Artikel I Abschnitt V Ziffer 8 BIOPATENT MONITORING KOMITEE wird in § 166 Abs. 2 Z 2 die Wortfolge „Überprüfung der Erteilungs- und Spruchpraxis“ durch die Wortfolge „Überprüfung der nationalen Erteilungs- und Spruchpraxis“ ersetzt.

4. In Artikel IV wird nach Ziffer 1 folgende Ziffer 1a eingefügt:

„1a. In § 22 entfällt Abs. 2.“

5. In Artikel IV wird nach Ziffer 3 folgende Ziffer 3a eingefügt:

„3a. In § 36 wird der Satz „Gegen die Entscheidung der Beschwerdeabteilung ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig“ durch die Wortfolge „Der Partei, die sich durch eine Endentscheidung der Rechtsmittelabteilung beschwert erachtet, steht die Beschwerde an den Obersten Patent- und Markensenat offen. §§ 145a und 145b Patentgesetz 1970 sind sinngemäß anzuwenden“ ersetzt.“

6. In Artikel IV lautet Ziffer 6 wie folgt:

„6. Nach § 77a wird folgender § 77 b eingefügt:

§77b. (1) Widerspruch kann nur gegen Marken erhoben werden, deren Veröffentli­chung (§ 29a Abs.1 oder Abs. 2) nicht vor dem 1. Julia 2010 erfolgt ist.


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(2) Auf bis zum 1. Jänner 2010 bei der Beschwerdeabteilung anhängige Beschwerden ist § 36 in der bis zum 31. Dezember 2009 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden.“

7. In Artikel IV Ziffer 7 lauten § 81a Abs. 4 und 5 wie folgt:

„(4) §§ 22, 36 und 77b Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2009 treten am 1. Jänner 2010 in Kraft. Gleichzeitig tritt § 20 Abs. 2 letzter Satz außer Kraft.

(5) § 29 Abs. 1, §§ 29a bis 29c, 41 Abs. 2 und 3, § 42 Abs. 1 und § 77b Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2009 treten am 1. Juli 2010 in Kraft.“

Begründung

Zu Art. I (Änderung des Patentgesetzes 1970):

Zu Art. I Z 2 (§ 58a Abs. 1 Z 4):

Die Änderung dient lediglich der Klarstellung, dass die Teilrechtsfähigkeit keine umfas­senden Patentbewertungen vornimmt, sondern lediglich Beratungsleistungen im Zu­sammenhang mit Patentbewertungen unter Heranziehung anerkannter Evaluierungs­standards anbieten soll.

Zu Art. I Z 8 (§ 166 Abs. 1 und Abs. 2 Z 4):

In der derzeitigen Zusammensetzung und Ressourcenausstattung des Komitees ist ein Durcharbeiten aller mit Rechtswirksamkeit für Österreich erteilten Patente völlig unrea­listisch und somit nicht durchführbar (zwischen 2000 und 2009 wurden knapp 40.000 euro­päische Biopatente für Österreich erteilt). Daher muss ein Belassen des Fokus auf die nationale Entscheidungs- und Spruchpraxis – wie in der seinerzeitigen Entschließung des NR auch festgehalten – angestrebt werden und nur dadurch können Doppelgleisig­keit beim Monitoring der Auswirkungen der Biopatent-Richtlinie (RL 98/44/EG) vermie­den werden – die Europäische Kommission monitort bereits mit Berichtspflicht zum Thema Biopatente.

Zu Art. IV (Änderung des Markenschutzgesetzes 1970):

Zu Art. IV Z 1a (§ 22):

Im Hinblick auf die dreimonatige Widerspruchsfrist soll die Möglichkeit geschaffen wer­den, das Monitoring gemäß § 22 flexibler zu gestalten und in kürzeren, den Kunden­wünschen entsprechenden Intervallen durchführen zu können.

Zu Art. IV Z 3a (§ 36):

Durch diese Änderung wird der Instanzenzug bei der Beurteilung der Ähnlichkeit und rechtserhaltenden Benutzung von Marken vereinheitlicht. Bliebe § 36 gemäß Regie­rungsvorlage unverändert, würden zwei verschiedene oberste Instanzen (VwGH und OPM) auch über die verwechselbare Ähnlichkeit und die ausreichende Benutzung ab­sprechen. Da darüber hinaus auch der OGH bei Markenverletzungen diese beiden wichtigen Kriterien prüft, wären dann drei (!) höchstgerichtliche Instanzen vorgesehen, die endgültig über diese Kriterien entscheiden.

Während beim OGH und beim OPM aufgrund der großen Erfahrung beider Gerichte und der Tatsache, dass beiden Höchstinstanzen üblicherweise derselbe Höchstrichter vorsitzt, nicht mit Problemen zu rechnen ist, wäre dies beim VwGH nicht zu erwarten (aufgrund der mangelnden Erfahrung in streitigen Markenangelegenheiten).

Divergierende Entscheidungen wären in erhöhtem Maße unvermeidlich und schwer­wiegend, insbesondere, weil (gemäß EB) mit jährlich 500 Widersprüchen gerechnet wird. Da eine solche zusätzliche Belastung des VwGH sicher nicht wünschenswert ist


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 102

und überdies viel aufwändiger als eine Befassung des Oberster Patent- und Markense­nat wäre, ist es dringend erforderlich, analog zu § 70 Abs. 2 Patentgesetz nunmehr auch in § 36 2. Satz den Rechtszug an den OPM zu ermöglichen.

Natürlich sollten hierbei §§ 145a und 145b Patentgesetz ebenfalls zur Anwendung kommen, um für solche Rechtsmittel gegen Beschwerdeentscheidungen nur ein ver­einfachtes Verfahren vorzusehen. Dabei ist es sachgerecht, dies nicht nur auf das Wi­derspruchsverfahren zu beschränken, sondern auch gleichzeitig die Zweigleisigkeit beim Absprechen über absolute Schutzversagungsgründe zu beenden. Konform mit TRIPS und der MRK wäre dies ohnehin.

Zu Art IV Z 6 (§ 77b):

Die Übergangsregelung des Abs. 2 stellt aus Gründen der Rechtssicherheit klar, dass in laufenden Verfahren keine Änderung im Instanzenzug eintreten soll und der bisheri­ge § 36 für den Fall, dass die Entscheidung der Beschwerdeabteilung vor dem In-Kraft-Treten der neuen Bestimmung gefasst wurde, weiterhin anzuwenden ist.

Zu Art IV Z 7 (§ 81a Abs. 4 und 5):

Aufgrund der im Abänderungsantrag vorgenommenen Ergänzungen sind die Bestim­mungen über das In-Kraft-Treten anzupassen.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.22.09

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Hakl, Sie haben das Biopatent Monitoring Komitee angesprochen, was für ein toller Erfolg das sei, dass das jetzt institutionalisiert wird. – Also wirklich: Die Erfolgsgeschichte des Gentechnik-Volksbegehrens war die Basis für die Einrichtung dieser Kommission auf Druck der Grünen.

Ein wesentlicher Teil dieses Komitees, das ja vorwiegend aus Vertretern der Ministe­rien besteht – das muss man auch einmal klar sagen, das sind ja Vertreter aus den einzelnen Fachressorts –, waren Wissenschafter, freie Wissenschafter aus dem öster­reichischen Gentechnik-Volksbegehren. 1,2 Millionen Österreicherinnen und Österrei­cher haben das damals unterschrieben, unterzeichnet und haben sich eben für gen­technikfreie Lebensmittel ausgesprochen und gegen das Recht auf Patente auf Leben.

Das war das Thema! Patente auf Leben wollte die Bevölkerung nicht und will sie nicht, und genau diesen Teil, meine Damen und Herren, haben Sie jetzt mit der Abänderung mit Füßen getreten. Sie wollen ja gar nicht, dass das Komitee die Entwicklung kritisch kommentieren kann, weil in Österreich in diesem Bereich, im Gentechnikbereich keine Patente angemeldet sind. Die werden im europäischen Bereich angemeldet, in ande­ren Mitgliedstaaten. Jetzt kann dieses Komitee jenen Bereich auch gar nicht kritisch beleuchten, den die Bevölkerung aber kritisch beleuchtet haben will und den die Ver­treter und Vertreterinnen des Volksbegehrens entsprechend beleuchten wollten.

Wir bringen deshalb folgenden Abänderungsantrag ein:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage wird wie folgt geändert:

1. Art. I Z 8, § 167 Abs. 1 Z 18 lautet:

„18. drei Vertreter des Ökobüro – Koordinationsstelle österreichischer Umweltorganisa­tionen.“


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 103

2. Art. I Z 8, § 167 Abs. 5 lautet:

 „(5) Dem Vorsitzenden des Komitees obliegt die Vertretung des Komitees nach außen. Die Tätigkeit der Mitglieder des Komitees laut Abs. 1 Z 1-17 ist ein unbesoldetes Eh­renamt, die Tätigkeit der Mitglieder laut Abs. 1 Z 18 ist in voller Höhe abzugelten.“

*****

Meine Damen und Herren, diese Formulierung des Abänderungsantrags scheint etwas technisch zu sein, aber worum geht es: Dass genau jene VertreterInnen der Zivilgesell­schaft, die daran aus unserer Sicht teilnehmen sollen, derzeit keinen Cent Abgeltung für diese kritische FachexpertInnen-Tätigkeit bekommen. Sie wollen, dass Studien ge­macht werden von außen, von externen Experten, aber jene kritischen VertreterInnen, die in der Kommission drinnen, die beim Monitoring dabei sein müssen, bekommen keinen Cent. Alle anderen sind VertreterInnen der Ministerien, also BeamtInnen, die bezahlt sind, und die Zeit dort in der Kommission verbringen können, ohne dass sie ir­gendwo anders „abgehen“.

Das zum einen. Es ist völlig unverständlich, wie man hier die Zivilgesellschaft aus­schließt, wie man das Monitoring kritischer Produkte ausschließt, es nicht mehr ermög­licht, dass die Entwicklungen im Gentechnik-, im Agro-Gentechnikbereich kritisch wahr­genommen werden. Der Bericht ist in Zukunft gar nichts mehr wert! Das sage ich Ihnen.

Und noch eines zum Patentrecht: Kollege Gartlehner hat zu Recht einige Verbesserun­gen angesprochen, aber ich sage Ihnen, und das ist auch der Grund, warum wir nicht zustimmen können: Wenn Sie selbst feststellen, dass Sie dem Londoner Übereinkom­men beitreten wollen und gleichzeitig eine Entschließung einbringen, dass das Ministe­rium prüfen soll, welche Auswirkungen das auf die Wirtschaft hat, so ist das ja völlig absurd, meine Damen und Herren.

Wenn Sie ein Gesetz so unsolide konstruieren, dass Sie gar nicht wissen, welche Aus­wirkungen es auf die Wirtschaft hat und das erst nachträglich prüfen wollen, so ist das doch Unsinn par excellence. Wir werden trotzdem dieser Entschließung unsere Zustim­mung geben. Ja selbstverständlich muss man das prüfen, aber vor der Gesetzwer­dung und nicht erst im Nachhinein. Daher werden wir der Entschließung zustimmen, dem Gesetz unsere Zustimmung aber nicht geben. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

13.26


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen zur Regierungsvorlage (393 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Patentgesetz 1970, das Patentverträge-Ein­führungsgesetz, das Gebrauchsmustergesetz, das Markenschutzgesetz 1970, das Pa­tentanwaltsgesetz und das Patentamtsgebührengesetz geändert werden in der Fassung des Berichts des Ausschusses für Forschung, Innovation und Technologie (421 d.B.)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage wird wie folgt geändert:

1. Art. I Z 8, § 167 Abs. 1 Z 18 lautet:

„18. drei Vertreter des Ökobüro – Koordinationsstelle österreichischer Umweltorganisa­tionen.“


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 104

2. Art. I Z 8, § 167 Abs. 5 lautet:

„(5) Dem Vorsitzenden des Komitees obliegt die Vertretung des Komitees nach außen. Die Tätigkeit der Mitglieder des Komitees laut Abs. 1 Z 1-17 ist ein unbesoldetes Eh­renamt, die Tätigkeit der Mitglieder laut Abs. 1 Z 18 ist in voller Höhe abzugelten.“

Begründung:

Das Gentechnik-Volksbegehren, das über 1,2 Millionen Menschen unterzeichnet ha­ben, hat wesentlich dazu beigetragen, dass das Gentechnik Monitoring-Komitee einge­richtet wurde. Hauptaufgabe des Komitees war und ist die Überprüfung der Auswirkun­gen der in Umsetzung der EU-Biopatent-Richtlinie erlassenen Rechtsvorschriften auf Menschenrechte, Tiere, Pflanzen und ökologische Systeme nach folgenden Grundsät­zen: keine Patente auf Verfahren zum Klonen von Menschen und zur Veränderung der menschlichen Keimbahn; kein Patentschutz für Verfahren, in denen menschliche Em­bryonen verwendet werden, und für Embryonen selbst; keine weitere Einschränkung der „Tierschutzklausel“; Wahrung des Viehzüchter- und Landwirteprivilegs und der Ver­pflichtungen aus dem Übereinkommen über die biologische Vielfalt.

Aufgrund der essentiellen und für die Zukunft sehr entscheidenden Aufgabenstellungen sollten daher aus dem Bereich der Zivilgesellschaft, nicht nur ein/e, sondern drei Ex­pertInnen ernannt werden können. Das Ökobüro dessen Mitgliedsorganisationen breit gestreut in diesen Aufgabenbereichen tätig sind, sollte daher ermächtigt werden, drei Mitglieder bzw. einschlägige ExpertInnen zu entsenden. Dies wird allerdings nur dann möglich sein, wenn für NGO’s die Tätigkeit in diesem und für dieses Gremium voll ab­gegolten wird. Demgegenüber verfügen die Bundesministerien und Interessensvertre­tungen sowie jene Institutionen, die ein wirtschaftliches Interesse an der Patentierung haben, über ausreichende Ressourcen, diese Tätigkeit ehrenamtlich wahrnehmen zu können.

Dass die Frage der Ressourcen für die Teilnahme an diesem Gremium entscheidend ist, ist auch dem zweiten Bericht des Biopatent Monitoring Komitees (III-74 der Beila­gen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP S. 4) zu entneh­men: „Allerdings haben sich die Bundesarbeitskammer im Frühjahr 2007 und der VKI (Anm. Verein für Konsumentenschutz) im Herbst 2007 unter Hinweis auf fehlende Res­sourcen aus dem Komitee zurückgezogen. Ohne eine derartige förmliche Mitteilung haben die Vertreter des Gentechnik-Volksbegehrens – welche mitentscheidend für die Errichtung des Biopatent Monitoring Komitees war – weder an den Sitzungen des Ko­mitees noch an der Erstellung des vorliegenden Berichtes mitgewirkt.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundesminis­terin Bures zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.26.43

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Sehr ge­ehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die OECD-Berichte zeigen uns, dass es zwei entscheidende Faktoren für ein Land gibt, um Beschäftigung zu sichern, um Wachstum zu generieren und damit Wohlstand in einem Land abzusi­chern. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten kommt dem natürlich eine ganz besonders große Bedeutung zu. Die beiden Faktoren sind Investitionen in eine moderne ökologi­sche Infrastruktur – da arbeiten wir auf Hochdruck – und Maßnahmen für einen Innova­tionsschub, nämlich Investitionen in Forschung, Entwicklung und Technologie. Das,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 105

was wir heute hier beschließen, mag nur ein kleiner Mosaikstein sein, weil es im Be­reich Investitionen in Forschung und Technologie gerade in meinem Haus aufgrund der wirtschaftlichen Situation ganz besonders große Anstrengungen gegeben hat in den letzten Monaten.

Ich möchte nur ein Beispiel nennen: Ich habe in Alpbach eine neue Initiative präsen­tiert, um gerade Klein- und Mittelbetriebe zu stützen, damit sie nicht aus kleinen For­schungsprojekten aussteigen, sondern drinnen bleiben. Mit diesem „Quick Start“-Mo­dell fördern wir nicht wie in der Vergangenheit nur ein Viertel der Investitionen für F & E, sondern fast die Hälfte, also bis zu 45 Prozent. Wir fördern die Aktivitäten von Klein- und Mittelbetrieben in Forschung und Entwicklung. Das zeigt auch Wirkung. Mit der Beschlussfassung heute wollen wir diesen Weg fortsetzen und noch einmal stärken.

Das zeigt Wirkung! Wenn wir uns ansehen, welche Länder viele Innovationen haben, bemisst sich das natürlich auch daran, wie viele Anmeldungen es beim Patentamt gibt, also wie viel geistiges Eigentum sozusagen geschützt wird. Da ist es in Österreich ent­gegen dem internationalen Trend – die Patentanmeldungen sind international zwischen 5 und 15 Prozent rückläufig, in Deutschland minus 7 Prozent – gelungen, einen An­stieg von plus 1 Prozent zu erzielen. Das zeigt, dass diese Stützung der Wirtschaft in schwierigen Zeiten auch wirklich greift. Sie müssen sparen, sollen das aber nicht am falschen Platz bei Forschung und Entwicklung tun.

Daher bin ich froh darüber, dass wir heute mit dieser Novelle noch einmal eine finan­zielle Erleichterung schaffen und umsetzen wollen. Wir wollen Unternehmen entlasten, die in Innovationen investieren. Wir ermöglichen bei Patenten die ersten fünf Jahre eine Gebührenfreistellung, bei Gebrauchsmustern innerhalb der ersten drei Jahre.

Das ist etwas ganz Besonderes. Sie wissen ja, wir haben sonst jedes Mal darüber zu diskutieren, wie wir die Gebühren zumindest gegen Inflation absichern können, weil die öffentlichen Haushalte natürlich auch von der wirtschaftlichen Situation betroffen sind. In diesem Fall werden wir eine völlige Gebührenbefreiung für den Schutz von geisti­gem Eigentum haben, weil wir davon überzeugt sind, dass wir uns einen Innovations­stopp in Österreich jetzt auch gar nicht leisten wollen.

Der zweite Punkt, den ich kurz anschneiden möchte, betrifft das Biopatent Monitoring Komitee. Wir erweitern das. – Es so darzustellen, als wäre es eine Verschlechterung gegenüber den zwei Berichten, die wir ja auch im Nationalrat diskutiert haben, stimmt nicht. Das Ergebnis dieser Berichte war, dass wir die Möglichkeiten der Kommission erweitert haben, nämlich dahin gehend, dass der Tätigkeitsbereich auch auf alle mit Schutzwirkung für Österreich erteilten Patente und Gebrauchsmuster ausgedehnt wird. Man kann natürlich sagen, man möchte den Wirkungskreis noch erweitern, aber es so darzustellen, als wäre es eine Verschlechterung, entspricht nicht den Tatsachen. Der Tätigkeitsbereich für das Biopatent Monitoring Komitee wird erweitert. (Abg. Dr. Pirkl­huber: Stimmt nicht!)

Einen Punkt möchte ich noch kurz ansprechen, weil das auch ein Wunsch der Wirt­schaft war. Die haben gesagt, sie bräuchten eigentlich immer stärker ein flexibles und maßgeschneidertes Rechercheprogramm. Sie haben das auch bei den Experten im Patentamt immer stärker nachgefragt. Durch die Teilrechtsfähigkeit, die wir heute er­möglichen, soll es auch geschafft werden, dass diese maßgeschneiderten Recherchen vorgenommen werden können. Für uns ist klar, dass das natürlich transparent sein muss, dass es geteilte Leistungsabrechnungen geben muss, dass wir auch einen Leis­tungskatalog klar definieren müssen, um diese Abgrenzungen bei der Teilrechtsfä­higkeit sicherzustellen. Wir werden damit rasch und flexibel auf die Wünsche der Kun­den und damit der Wirtschaft eingehen können.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 106

Es geht uns ja gemeinsam darum, den Innovations- und Forschungsstandort Öster­reich zu stärken. Ein kleiner Mosaikstein ist diese Novelle, und ich ersuche Sie um Ihre Zustimmung. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.32


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abge­ordnete Silhavy. Eingestellte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


13.32.21

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Wir dis­kutieren heute ein ganzes Gesetzespaket. Es beinhaltet das Patentgesetz, das Patent­verträge-Einführungsgesetz, das Gebrauchsmustergesetz, das Markenschutzgesetz, das Patentanwaltsgesetz und das Patentamtsgebührengesetz.

Herr Kollege Pirklhuber, das Wesentliche ist vorerst einmal, dass für das Monitoring Komitee Rechtssicherheit geschaffen wird. Da werden wir zwei hoffentlich einer Mei­nung sein.

Der zweite Punkt, der mir wichtig erscheint: Ich glaube, dass es ganz kritisch ist, wenn man unterschiedliche Mitglieder des Komitees hat, nämlich die einen, die ehrenamtlich tätig sind, und die anderen, die bezahlt bekommen. Das ist eine Frage, die man nicht so einfach lösen kann, wie Sie das jetzt mit Ihrem Abänderungsantrag dargestellt ha­ben, weil das eine sehr sensible Materie ist. Ich bin schon Ihrer Meinung, dass man sich sehr wohl anschauen muss, wie auch jene Menschen im Komitee arbeiten kön­nen, die das wirklich unentgeltlich machen, weil sie für diese Zeit kein Geld von einer Dienststelle bekommen. Die Lösung, die Sie vorschlagen, ist jedoch nicht wirklich ein brauchbares Modell, vor allem, was die Bewertung der Tätigkeit anbelangt. Davor möchte ich warnen.

Frau Bundesministerin Bures hat viele Fakten bereits angesprochen: Ein ganz wichti­ger Punkt, und das ist überhaupt das Positive an dieser Novelle, ist die Innovations­freudigkeit, was die Gebührenordnung anbelangt, nämlich die Freistellung für die ers­ten fünf Jahre im Bereich der Anmeldung der Patente beziehungsweise auch der Mar­ken für die ersten drei Jahre.

Gerade im Zusammenhang mit dem „Quick Start“-Modell gibt es eine echte Chance, vor allem für kleinere und mittlere Betriebe, wirklich einen Fortschritt durch Innovations­freudigkeit zu machen. Damit können letzten Endes auch Arbeitsplätze und Wert­schöpfung für Österreich geschaffen werden. Dies kommt nicht nur den einzelnen Un­ternehmen, sondern uns allen zugute und stärkt damit unser Gemeinwohl. Daher ist das ein ganz wichtiger Punkt.

Ich hoffe, dass auch die Befürchtungen, die in der Ausschussdiskussion angesprochen worden sind, was die Teilrechtsfähigkeit anbelangt, durch diesen Abänderungsantrag und die Bestimmungen, die diesen Bereich jetzt doch sehr eingrenzen und einengen, auch für Sie aus der Welt geschafft werden konnten.

Was mir noch wichtig erscheint, sind vier Schwerpunkte, die der Entschließungsantrag anspricht, nämlich diese Studie betreffend das Londoner Übereinkommen und was ein Beitritt dazu bedeutet. Die Frage, welche Vorteile und Nachteile österreichische Firmen vom Beitritt Österreichs zum Londoner Übereinkommen haben, ist eine wesentliche Frage, die letzten Endes uns alle interessieren muss.

Die Frage, ob es Kennzahlen gibt, die belegen, dass in jenen Ländern, in denen das Übereinkommen bereits in Kraft getreten ist, der Zugang zu europäischen Firmen, ins­besondere der KMUs zum Patentsystem erleichtert und verbessert wurde oder nicht, ist auch ein wichtiger Punkt. Ebenso die Frage nach der Gebührenentwicklung, die ja auch damit zu tun hat.


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Der letzte Punkt, auf den ich noch eingehen möchte, ist die Frage der Veränderungen hinsichtlich der Anmeldungen heimischer, europäischer und außereuropäischer Anmel­der. Auch das hat damit zu tun, wie konkurrenzfähig vor allem unsere Klein- und Mittel­betriebe sind, wie konkurrenzfähig wir insgesamt im Wettbewerb sind. Deshalb ist die Studie notwendig.

Insgesamt darf ich für meine Fraktion feststellen: Wir stimmen dieser Novelle gerne zu. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.35


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Karlsböck. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.35.55

Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Ur­sprünglich wollten wir ja zu dieser Gesetzesmaterie die Aufwertung des Patentamts, die Modernisierung des Patentamtes diskutieren. Wir wollten über die gesetzlichen Grundlagen zum Biopatent Monitoring Komitee, die Rechtssicherheit sprechen.

Wir haben den ursprünglichen Antrag vor der letzten Ausschusssitzung mit unterstützt. Allerdings sind in der Zwischenzeit mehrere Anträge eingelangt, sodass wir uns nicht imstande sehen, diese in einer sorgsamen Art und Weise ordentlich zu bearbeiten. Wir haben vor dem letzten Technologieausschuss die erste Änderung bekommen. Wir ha­ben gestern die zweite Änderung bekommen, und wir haben während der laufenden Plenarsitzung heute die dritte Änderung bekommen. Das ist ein ständiges Hin und Her, bei dem unsere Vorschläge in keiner Weise eingearbeitet werden. Obwohl hier einige wirklich gute Dinge drinnen stehen, können wir diesem Antrag und dieser Gesetzesno­velle nicht zustimmen, wie das auch schon vorher erwähnt worden ist.

Ich hätte die Diskussion über eine Intention des Biopatent Monitoring Komitees, einen Inhalt seines Aktionskreises, nämlich die Beurteilung von bestimmten Patentauswirkun­gen viel lieber in einem anderen Licht erörtert, und zwar im Rahmen einer Debatte über einen wissenschaftlichen parlamentarischen Dienst.

Die entwickelten Parlamente in der westlichen Welt leisten sich alle einen wissen­schaftlichen Dienst. Sie leisten sich, auf Deutsch gesagt, so etwas wie eine Institution der Technologiefolgenabschätzung. – Wir in Österreich tun das nicht. Wir verlagern diese wichtige Tätigkeit, die ja im Grunde nichts anderes heißt, als dass Wissen aufbe­reitet wird, dass über Gefahren aber auch Chancen von Gesetzesanträgen oder -vorla­gen befunden wird, Empfehlungen für Entscheidungsträger abgeliefert werden, die dann auch in den entsprechenden Ausschüssen diskutiert werden, nach außen. Deutsch­land zum Beispiel hat ein solches Technologiefolgenabschätzungsbüro seit 1990 und auch in England – haben wir uns im Ausschuss sagen lassen – gibt es das schon seit geraumer Zeit.

Anstatt über solche grundlegenden, zukunftsorientierten Themen zu sprechen, müssen wir uns mit der Verkomplizierung von eigentlich gut gehenden und vereinfachten Struk­turen beschäftigen, die im Großen und Ganzen leider wieder einmal nur zur Stärkung von parteipolitischen Interessen dient.

Aus diesem Grund und weil unsere Vorschläge nicht eingearbeitet wurden, können wir von der FPÖ dieser Novelle leider nicht zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

13.38


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Bartenstein. Eingestellte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 108

13.39.06

Abgeordneter Dr. Martin Bartenstein (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Karin Hakl hat für unsere Fraktion schon ausführlich dargestellt, was an dieser Patentgesetz-Novelle und den anderen Gesetzen an Positivem dran ist, und das unterstreiche ich sehr gerne.

Ich möchte allerdings einen Aspekt ansprechen, der aus meiner Sicht dann auch in einem Appell an die Frau Ministerin münden wird. Ein Thema in Sachen Patente in Europa sind die Sprachen und der damit verbundene Mehraufwand. Das bringt uns im Vergleich zu den USA einen Mehraufwand von mindestens einer Verdoppelung, wenn nicht eine Vervielfachung der Kosten. Kosten zur Ausweitung von Patenten sind rele­vant, vor allem für innovative Unternehmungen.

Das Allerbeste wäre zweifellos, aus dem Europäischen Patentübereinkommen irgend­wann einmal in Richtung Gemeinschaftspatent zu kommen. Davon sind wir aber leider Gottes noch ein Stück entfernt. Das wird seit mehr als zehn Jahren diskutiert, und ein Erfolg ist letztlich aufgrund des Sprachenstreits nicht in Sicht; mal sind es die Spanier, mal sind es die Deutschen.

Die zweitbeste Lösung ist, beim Europäischen Patentübereinkommen weiterzukom­men. Das wollen wir gerne tun, und da ist dieses Londoner Übereinkommen ein Schritt dazu. Wir zäumen allerdings das Pferd ein bisschen von hinten auf, wenn wir jetzt die gesetzlichen Vorbereitungen für einen Beitritt und eine nachfolgende Ratifizierung ge­stalten. Üblicherweise tritt man bei, dann ratifiziert man und gleichzeitig oder später macht man die begleitenden Gesetze.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es mag schon sein, dass im Bundeskanzler­amt die einen sagen, das mit der Sprache, mit dem Deutsch und verfassungsmäßige Fragen müssen wir prüfen, es mag schon sein, dass andere auf die KMU-Struktur Ös­terreichs hinweisen und darauf, ob man nicht doch unbedingt bei der deutschen Über­setzung bleiben sollte, auch von englischen Patenten, aber ich füge hinzu, es wird schon einen Grund haben, warum die Hälfte der EPÜ-Unterzeichnerstaaten bereits ra­tifiziert hat, es wird schon einen Grund haben, warum die Deutschen unterzeichnet und ratifiziert haben. Dort gilt das Ganze schon. Die sind mindestens so deutsch wie wir, und die sind mindestens so mittelständisch strukturiert wie wir.

Ein Land, das für mich in Fragen der Sprachen immer besonders sensibel ist, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist Frankreich, denn dort geht ja über die Lingua franca bekanntlich überhaupt nichts. Doch selbst die Franzosen sind mittlerweile ein­verstanden damit, dass auch ein englisch oder deutsch formuliertes Patent in Frank­reich automatisch gilt – ohne französische Übersetzung.

Daher mein Appell an Sie, Frau Bundesministerin: Österreich sollte dem Londoner Übereinkommen so bald wie möglich beitreten, es dann auch ratifizieren. Die gesetz­lichen Voraussetzungen schaffen wir interessanterweise gerade heute mit dieser Ab­stimmung. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

13.41


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kirchgatterer. Ebenfalls 3 Minuten eingestellte Redezeit. – Bitte.

 


13.42.07

Abgeordneter Franz Kirchgatterer (SPÖ): Herr Präsident! Werte Frau Bundesminis­terin! Werte Damen und Herren! Hohes Haus! Wohl eine der wichtigsten Aufgaben der aktiven Wirtschaftspolitik ist es, beste Voraussetzungen für zukunftssichere Arbeitsplät­ze zu bieten und damit die Basis für breiten Wohlstand in unserem Land zu schaffen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 109

Diesem Anspruch wird die vorliegende Patentrechtsnovelle gerecht. Sie wird auch dem Ziel gerecht, den Aufholprozess der österreichischen Volkswirtschaft fortzusetzen. Ös­terreich – das ist heute schon erwähnt worden – liegt auf dem sechsten Platz der inno­vativsten europäischen Volkswirtschaften. Dieser Aufholprozess soll weiter verstärkt werden hin zu einem absoluten europäischen Spitzenplatz.

Vor allem den Klein- und Mittelbetrieben, den KMUs, bringt die Neuregelung des Pa­tentrechts entscheidende Vorteile durch die Befreiung von den Jahresgebühren in den ersten fünf Jahren bei den Patenten und für die ersten drei Jahre bei den Gebrauchs­mustern. Dies entlastet finanziell, gibt zusätzliche Impulse und ist Anreiz für neue Inno­vationen. Wie bei der vorgezogenen Steuerreform dieses Jahres mit dem Innovations­scheck für Klein- und Mittelbetriebe bis zu 5 000 € beweist diese Bundesregierung auch hier ein weiteres Mal ihr Engagement für den Mittelstand, für die Klein- und Mittel­betriebe. Im Gegensatz zu anderen handelt die SPÖ, setzt die SPÖ um, stärkt die SPÖ wirkungsvoll den Mittelstand, die Klein- und Mittelbetriebe.

Etwas darf ich noch erwähnen, und zwar die letztes Wochenende stattgefundene „Lange Nacht der Forschung“. Diese fand in vielen Städten unserer Republik an 99 Standorten statt, 570 Projekte wurden präsentiert. Ich habe mir in Linz ein Bild da­von machen und feststellen können, wie viele Junge sich sehr interessiert zeigten, und besonders beeindruckt hat mich die große Begeisterung der an diesen Projekten Betei­ligten.

Abschließend, meine Damen und Herren: Forschung und Entwicklung hat den Men­schen zu dienen. Ich bin sehr froh, dass sich auch das Institut des Lern- und Gedenk­ortes Hartheim diesen Fragen stellt, aktuell in der Zweiten Internationalen Hartheim Konferenz. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.45


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeord­nete Franz. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.45.15

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Ho­hes Haus! Der vorliegende Gesetzesvorschlag beinhaltet wichtige Änderungen im In­teresse der Rechtssicherheit. Gerade für das Biopatent Monitoring Komitee soll, wie wir schon gehört haben, eine gesetzliches Grundlage geschaffen, aber auch die Mög­lichkeiten sollen erweitert werden. Sollte Österreich dem Londoner Übereinkommen beitreten – und das ist ja beabsichtigt –, wird dafür die gesetzliche Vorsorge getroffen, die mit dem Wirksamwerden dieses Beitritts auch in Kraft treten soll. Ich bin überzeugt davon, dass es wichtig ist, diesem Abkommen beizutreten, wie Herr Kollege Barten­stein auch schon erwähnt hat.

Die Gebührenstruktur soll an die Erfordernisse der Wirtschaft angepasst werden, gleichzeitig aber auch kostensparend und innovationsfördernd wirken. Das geschieht dadurch, dass zu Beginn eine längere Gebührenfreistellung für Patente und Ge­brauchsmuster gewährt wird, und zwar bei Patenten fünf Jahre, bei Gebrauchsmustern die ersten drei Jahre. In Zukunft können Recherchen und Gutachten zur Gänze über die Teilrechtsfähigkeit angeboten werden. Das ist ein wichtiger Beitrag, um noch fle­xibler auf die Wünsche der innovativen Wirtschaft eingehen zu können.

Der vorliegende Gesetzentwurf hat positive Auswirkungen auf unseren Arbeitsmarkt und auf die Beschäftigung, und er trägt maßgeblich zur Stärkung des Wirtschaftsstand­ortes Österreich bei. Deshalb ist es empfohlen, hier zuzustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

13.47


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Ab­geordnete Mag. Steßl-Mühlbacher. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 110

13.47.09

Abgeordnete Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Die Verbesserungen beziehungsweise Än­derungen sind ja neben der Schaffung des gesetzlichen Grundlage für das Biopatent Monitoring Komitee unter anderem auch die kostengünstige und rasche Rechtsdurch­setzungsmöglichkeit im Markenverfahren. Weiters wird auch die Gebührenstruktur ver­ändert. Für Patente entfallen in den ersten fünf Jahren, für Marken in den ersten drei Jahren die Gebühren. Dies gilt auch weiterhin als innovationsfördernde Maßnahme.

Innovation fördern bringt mich zu einem weiteren Thema, und zwar zum COMET-Pro­gramm. Mich als steirische Abgeordnete freut es besonders, dass unter anderem ein K2-Zentrum, das ACIB in Graz, und auch das PCCL in Leoben entstehen. Vor allem für Leoben ist das auch eine Standortsicherung. In der Steiermark haben wir somit drei der fünf österreichischen K2-Zentren. Mit diesem Programm beweisen die Steiermark und Österreich unter anderem, wie Forschung und Entwicklung gefördert werden und wie wichtig uns Forschung und Technologie sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gerade auch in Zeiten der Krise ist es wich­tig, die Forschungsausgaben nicht zu kürzen (Abg. Dr. Pirklhuber: Ja, das wäre tat­sächlich wichtig!), sondern, wie es Bundesministerin Bures eindeutig beweist, For­schung und Technologie zu stärken, in weiterer Folge auch die Arbeitsplätze für die Menschen in unserem Land zu sichern und auszubauen und uns als Spitzenland der Forschung zu etablieren. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.48


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mayer. 2 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


13.48.55

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Ein erteiltes Patent räumt dem Inhaber eine Viel­zahl von rechtlichen Möglichkeiten zum Schutz seiner Erfindung ein. Dies umfasst so­wohl die Möglichkeit, Behörden zum Einschreiten zu bewegen als auch auf zivilrechtli­chem Wege seine Forderungen durchzusetzen.

Ich begrüße daher ausdrücklich den heute vorgelegten Entschließungsantrag zu einer Studie über die Vor- und Nachteile für Österreich und die Nutzer des Patentsystems durch den Beitritt zum Londoner Übereinkommen. Es ist in der Tat so – wie Frau Bun­desministerin Bures bereits eindrucksvoll dargelegt hat –, dass Forschung, Entwicklung und Investitionen miteinander einhergehen wie kaum ein anderer Bereich in der Wirt­schaft.

Ich möchte daher diese Gelegenheit auch dazu nützen, auf ein Problem hinzuweisen, das etwas über den europäischen Bereich, der ja recht gut geregelt ist, hinausgeht, nämlich auf den Missbrauch des Patentrechtes durch sogenannte Patent-Racketeers am Beispiel des Marktes Russland, ein Wachstumsmarkt ohne Frage, insbesondere im Hinblick auf den Baubereich. Hier gibt es Firmen, die an uns herangetreten sind, die dort recht gute Investitionsmöglichkeiten sehen, aber eben deshalb, weil sie mit Erfin­dungen dort auf dem Markt aufgetreten sind, große Investitionshemmnisse vorfinden, nämlich in der Form, dass ihre Erfindungen kopiert werden und dann als eigene Paten­te quasi als Auflagen den Firmen vorgelegt werden. Das heißt, sie haben dort große Probleme, selbst ihre eigenen Produkte zu vertreiben. Es fehlen hier rechtliche Voraus­setzungen.

Ich meine, es ist wichtig, dass wir hier Möglichkeiten schaffen. Den Investoren wird dort erklärt, sie setzen sich zivilrechtlichen Schadenersatzansprüchen aus. Ferner wird ih­nen gesagt, sie haben mit strafrechtlichen Sanktionen zu rechnen, wenn sie nicht so-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 111

fort die entsprechenden Beträge bezahlen, und sie haben mit dem Einschreiten der Mi­liz und der Staatsanwaltschaft zu rechnen.

Um die Schwierigkeiten darzulegen, die ein Patentannullierungsverfahren nach sich zieht, fehlt mir leider die Zeit, aber ich meine, es wäre wichtig, dass sich auch die Poli­tik dieser Problematik annimmt und hier den Firmen unterstützend zur Seite steht. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.51


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner hiezu zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Auer. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.51.41

Abgeordneter Mag. Josef Auer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Als letzter Redner zu diesem Konglomerat von Gesetzen – meine Kol­legin hat ja schon darauf hingewiesen, es sind eigentlich sechs Gesetzesmaterien, die von uns beschlossen werden müssen, dürfen und auch wollen – darf ich vielleicht doch noch einen kleinen Überblick darüber geben, warum wir insgesamt dafür sind und war­um wir auch die Oppositionsparteien natürlich schon auffordern, dass sie sich anschlie­ßen und vielleicht auch zustimmen mögen.

Wenn ich dem Herrn Dr. Karlsböck zugehorcht habe, dann hat er mehr oder weniger wortwörtlich gesagt: Obwohl gute Dinge drinnen stehen, können wir nicht zustimmen. – Das ist also für meinen ganz normalen biederen Tiroler Hausverstand nicht ganz nach­vollziehbar.

Ein paar Punkte: Das Patentrecht – das haben wir ja gehört – ist sehr wichtig für die In­novationen in Österreich. Innovationen schaffen Arbeit, und da sind wir auf einem gu­ten Weg. Die Frau Ministerin hat es uns ja eben auch schon gesagt. Es ist bei uns nicht so, dass wir einen Einbruch an Patentanmeldungen haben, sondern wir haben sogar einen leichten Zuwachs gehabt. Im Gegensatz dazu haben andere an und für sich sehr führende Wirtschafts- und Technologienationen einen Einbruch zu verzeich­nen, und das, glaube ich, zeigt doch schon, wie stark wir unter unserer Führung unter­wegs sind.

Zum Biopatent Monitoring Komitee möchte ich sagen, dass es die Auswirkungen der Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen beobachtet und bewertet. Eine entsprechende rechtliche Grundlage wird heute geschaffen. Und warum freut mich das? – Weil dieses Komitee auf eine Entschließung des Nationalrates zu­rückgeht, und deshalb können wir wirklich mit Fug und Recht sagen, dass das wichtig ist, was heute beschlossen wird.

Ich möchte auch nicht in den Chor jener einstimmen, die da sagen, dass die Gebüh­renreduzierung viel zu niedrig ist. Ich habe mir das angeschaut. 370 € bei den Paten­ten, 160 € bei den Gebrauchsmustern sind nicht vernachlässigbar.

Insgesamt noch einmal mein Appell: Stimmen Sie doch zu! Springen Sie über Ihren verschiedenfarbigen Schatten! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.54

13.54.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 421 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen einen Abän­derungsantrag eingebracht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 112

Ferner haben die Abgeordneten Ing. Gartlehner, Mag. Hakl einen Zusatz- beziehungs­weise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abände­rungsanträgen betroffenen Teile der Reihe nach und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Ing. Gartlehner, Mag. Hakl, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel I Z 2 und Z 8 § 166 bezieht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen, der sich auf Artikel I Z 8 § 167 bezieht.

Wer diesem Abänderungsantrag beitritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über Artikel I Z 8 § 167 in der Fassung des Aus­schussberichtes.

Wer diesen Bestimmungen seine Zustimmung erteilt, den ersuche ich um ein Zei­chen. – Das ist die Mehrheit und somit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Zusatzantrag der Abgeordneten Ing. Gart­lehner, Mag. Hakl betreffend die Einführung neuer Ziffern 1a und 3a in Artikel IV.

Wer für diesen Zusatzantrag ist, den ersuche ich um ein Zeichen der Bejahung. – Auch das ist mit Mehrheit angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Ing. Gartlehner, Mag. Hakl betreffend Artikel IV Z 6 und 7.

Wer diesen Abänderungen beitritt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein bejahendes Zeichen. – Auch das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetz­entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Ing. Gartlehner, Mag. Hakl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Prüfung von Vor- und Nachteilen eines möglichen Beitritts Österreichs zum „Londoner Übereinkom­men“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und somit angenommen. (E 55.)

13.57.289. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 837/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Petra Bayr, Ing. Hermann Schultes, Carmen Gartelgru-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 113

ber, Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Atomenergie darf keine Klimaschutzmaßnahme sein (425 d.B.)

10. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 817/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verhandlungspo­sition der Bundesregierung bei der Klimaschutzkonferenz in Kopenhagen (426 d.B.)

11. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 765/A(E) der Abgeordneten Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Kostenübernah­me von Katastrophenschutzübungen bei AKW-Betreibern (427 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 9 bis 11 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Tadler. Eingestellte Redezeit: 3 Minu­ten. – Bitte.

 


13.58.52

Abgeordneter Erich Tadler (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Öster­reich ist atomfrei und bekennt sich auch dazu, auch wenn laut E-Control-Bericht eine Verbundtochter Billigstrom mit einem nicht unbedeutenden Atomstromanteil verkauft. Wie das zusammenpasst, soll mir der Herr Wirtschaftsminister – er ist nicht hier (Ruf: Dort steht er!); doch! – irgendwann einmal erklären.

Atomstrom hat ja kein Mascherl, genauso wenig macht eine atomare Wolke halt vor den Staatsgrenzen, was mich auch schon zu unserem Antrag bringt, den wir – die Ab­geordneten Widmann, Tadler, Kolleginnen und Kollegen – eingebracht haben.

Gemäß dem Verursacherprinzip wollen wir die Atomkraftwerksbetreiber zur Verantwor­tung ziehen. Für uns ist es unverständlich, dass die Sicherheit und die Gesundheit von Österreichern, die sich mehrheitlich gegen die Atomkraft – jawohl, gegen die Atom­kraft – aussprechen, von Schrottreaktoren und einer geldgierigen Atomlobby gefährdet werden.

Die Kosten für das Wappnen für den Ernstfall und für Katastrophenschutzübungen sol­len natürlich vom Verursacher getragen werden, denn wir wollen die Bevölkerung mit dieser potenziellen Gefährdung nicht allein lassen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Leider kommt diesbezüglich fast keine Unterstützung von der Bundesregierung. Gera­de wenn man nach Temelín blickt, zeigt sich deutlich, dass sich die Bundesregierung gegenüber der Atomlobby nicht durchsetzen kann und sich an der Nase – im wahrsten Sinn des Wortes – herumführen lässt.

Die Geschichte des Melker Protokolls dürfte mittlerweile jedem bekannt sein. Ich frage mich, wann Sie, Herr Bundesminister – wo ist er? –, endlich aktiv werden! – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

14.00


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Bundesminister Berlakovich steht jetzt in den Abgeordneten-Reihen.

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Schultes. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 114

14.01.13

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Frau Bundesminister! Geschätzter Herr Bundesminister! Geschätztes Hohes Haus! Wir haben einen Antrag vorliegen, mit dem wir uns dazu bekennen, dass wir die Atomkraft nicht als Lösungsansatz in der Klimaschutzfrage sehen wollen und das auch in Kopenhagen beziehungsweise in den internationalen Abkommen verankern wollen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Mag. Brunner.)

Das ist für uns eine wichtige Sache. Es zeigt, dass es in diesem Haus in wichtigen Fra­gen durchaus noch einen grundsätzlichen Konsens gibt. Die Initiative zu diesem Antrag ist von Frau Kollegin Brunner gekommen. Für mich war es eine Selbstverständlichkeit, dass das so ist. Wir sind sehr gerne diesem Antrag beigetreten, jedenfalls haben wir diese Frage, wie ich meine, schnell ausdiskutiert.

Die spannende Frage wird dann allerdings sein: Wie kann man die Klimaschutzziele tatsächlich erreichen? Wie kann man diese Ziele dann tatsächlich in Österreich, in den umliegenden Ländern und weltweit erreichen? Die Aufgabe, die vor uns liegt, ist keine kleine.

Wenn die Vereinigten Staaten 22 Tonnen, 23 Tonnen CO2 pro Staatsbürger emittieren und dies benötigen, um ihren Wohlstand zu schaffen, wir in Österreich vielleicht 11 Ton­nen oder 12 Tonnen CO2 brauchen, um unseren Wohlstand zu schaffen, und Länder wie China noch bei 3 Tonnen oder 4 Tonnen CO2 sind, um ihren Wohlstand zu schaf­fen, so können wir davon ausgehen, dass es doch das Ziel sein muss, Wohlstand auf der ganzen Welt zu ermöglichen. Gleichzeitig wissen wir aber, dass mehr als 4 Tonnen oder 5 Tonnen CO2-Ausstoß pro Kopf der Bevölkerung für die ganze Welt eine Kata­strophe darstellen.

Das heißt, dass wir wissen, dass der Pfad zu einer vernünftigen Low-Carbon-Wirt­schaft, zu einer vernünftigen Energiezukunft einer sein muss, der tatsächlich eine mas­sive Reduktion in allen Ländern bedeutet. Die Diskussion, wie diese Reduktion zu er­reichen ist, ist eine Frage der Effizienz, ist eine Frage der neuen Technologien und ist auch eine Frage des Wissenstransfers.

Wir werden daher in Kopenhagen nicht nur darüber reden müssen, wie wir es selbst machen, sondern auch, wie wir miteinander auf der Welt in diesen Fragen umgehen. Es wird in späterer Folge notwendig sein, dass man den Gedanken der gegenseitigen Hilfe nicht so sehr als Entwicklungshilfe sieht. Denn: Werden die Vereinigten Staaten von uns Entwicklungshilfe annehmen? – Ich glaube nicht. Man wird ihnen aber sehr dabei helfen müssen, in der Effizienz der Energieverwendung dorthin zu kommen, wo­hin auch wir noch kommen müssen. Unser Ross ist etwas weniger hoch als das der Amerikaner, aber auch wir werden absteigen müssen.

Daher ist ein solch grundsätzlicher Beschluss, auf Atomkraft zu verzichten, ein Be­schluss, der andere Beschluss ist: Wie gehen wir den Weg weiter? Diesbezüglich wer­den wir in diesem Haus noch sehr viel miteinander zu diskutieren haben, aber auch auf diese Diskussion freue ich mich sehr. (Beifall bei der ÖVP.)

14.04


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Brunner. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.04.28

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Die dramatische Situation in der österreichischen Klimabilanz haben wir am heutigen Vormittag schon diskutiert. Wir sind Schlusslicht in der Europäischen Union und verfehlen unsere Ziele bei Weitem.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 115

Die Bundesregierung und der Landwirtschaftsminister haben das leider noch nicht so erkannt, sehr wohl erkannt haben das aber sehr viele Schülerinnen und Schüler und Jugendliche, die vor Kurzem hier im Haus waren und uns ganz engagiert ihre Forde­rungen und ihr Anliegen – ich möchte sagen, sie waren sehr informiert – dargelegt ha­ben. Ich möchte mich bei allen Schülerinnen und Schülern und überhaupt bei allen Schulen, die an dieser Aktion teilgenommen haben, bedanken und auch einen Appell an alle richten, weiterzumachen und weiter für den Klimaschutz zu kämpfen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Der Antrag, den wir dann im Namen der Schülerinnen und Schüler eingebracht haben, wird heute aber leider abgelehnt werden. Was haben diese so Unrealistisches gefor­dert? – Sie haben gefordert, dass wir unsere CO2-Emissionen bis zum Jahr 2020 um 40 Prozent reduzieren, sie haben den Schutz des Regenwaldes gefordert, sie haben gefordert, dass Österreich einen gerechten Beitrag für Klimaschutzmaßnahmen in Ent­wicklungsländern zahlt – zusätzlich zu bestehenden Verpflichtungen –, und sie haben gefordert, dass Atomkraft keine Rolle im Klimaschutz spielen darf.

All das sind Maßnahmen, die nicht utopisch sind, all das sind Maßnahmen, die realis­tisch und notwendig sind – das wird von allen Klimaexperten bestätigt –, wenn wir den Klimawandel in den Griff bekommen wollen.

Durch Ihre heutige Ablehnung – das muss ich sagen! – lehnen Sie Ihre Verantwortung dafür, dass auch diese Generation in einem Klima leben kann, das für Menschen ver­träglich ist, leider ab.

Ein Punkt aus diesem Antrag – da möchte ich bei meinem Vorredner anschließen – wird heute allerdings verwirklicht, zumindest in einem ersten Ansatz. Es hat eine Eini­gung aller fünf Parteien gegeben, dass Atomkraft keine Klimaschutzmaßnahme sein kann. Ich möchte mich an dieser Stelle bei allen Umweltsprecherinnen und Umwelt­sprechern der anderen Parteien dafür bedanken, dass wir da einen gemeinsamen An­trag zustande gebracht haben und diesen heute hier beschließen können. (Beifall bei den Grünen.)

Für Sie, Herr Landwirtschaftsminister, ist das auch ein klarer Auftrag für Kopenhagen, dort das genau so zu fordern, nämlich dass Atomkraft keine Rolle spielen darf in den JI/CDM-Projekten, beim Ankauf von Zertifikaten oder in sonstigen Klimaschutzmecha­nismen. Es wird hier im Haus als eine Selbstverständlichkeit angesehen, aber ich den­ke, es sollte für uns, für Österreich dann auch eine Selbstverständlichkeit sein, dass wir uns auch unabhängig von den Verhandlungen in Kopenhagen daran halten.

Derzeit ist es noch nicht so. Wir haben ja gehört, wir erreichen unsere Kyoto-Ziele nicht, daher müssen wir Emissionszertifikate kaufen. Österreich kauft Emissionszertifi­kate auch aus Ländern, in denen Atomkraft gang und gäbe ist. Sie, Herr Landwirt­schaftsminister, haben erst kürzlich einen Deal mit der Tschechischen Republik dazu abgeschlossen. Im UVP-Bericht des Atomkraftwerks Temelín steht zum Beispiel auch drinnen, dass die Betreiber dort sehr wohl damit rechnen, aus dem CO2-Zertifikate-Handel Geld zu bekommen. Wenn Österreich aus solchen Ländern Zertifikate ankauft, ist das leider nichts anderes als eine indirekte Förderung der Atomkraft.

Es gibt angeblich den österreichischen Anti-Atom-Konsens, in der Bevölkerung gibt es ihn auf jeden Fall. Ich freue mich, dass wir den Antrag heute beschließen, aber ich er­warte mir auch, dass Österreich und die österreichische Bundesregierung und Sie, Herr Landwirtschaftsminister, dann auch entsprechend handeln. (Beifall bei den Grünen.)

In der Frage Atomkraft sind wir ohnehin ein bisschen scheinheilig, denn durch die schlechte Förderung der erneuerbaren Energien steigt ja auch der Atomstrom-Import nach Österreich. Es wurde vorher die Frage gestellt: Wie können wir die Klimaschutz-


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ziele erreichen? – Wenn wir sie erreichen wollen, ohne auf Atomkraft zu setzen, dann ist ganz klar: Wir müssen auf erneuerbare Energien setzen.

Wir Grüne haben ganz konkrete Vorschläge, wie wir aus dieser Klimakrise herauskom­men. Wir stellen Ihnen diese gerne zur Verfügung. Wir brauchen ein ökologischeres Steuermodell, wir brauchen endlich ein Ökostromförderungsgesetz, das seinen Namen verdient, und wir brauchen ein Klimaschutzgesetz, aber nicht nur als Schlagwort, son­dern eines mit ganz verbindlichen Zielen und konkreten Maßnahmen, die bei Verfeh­lung auch sanktionierbar sind.

Noch einmal: Damit wir das in Österreich durchsetzen können, braucht Österreich ein eigenständiges, starkes und engagiertes Umweltministerium. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.09


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Bayr. 3 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


14.10.02

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Herr Präsident! Ich finde es auch sehr wichtig, dass wir diesen Fünf-Parteien-Antrag heute beschließen können, mit dem klargestellt wird, dass Atomenergie für uns keine Klimaschutzmaßnahme sein kann. Wir alle wissen um die Problematik der Endlagerung, um die Problematik der Unsicherheit der Technolo­gie Bescheid.

Ich möchte auch sagen, dass es mir wichtig ist, dass wir nicht nur übereingekommen sind, diesen Antrag zu beschließen, der feststellt, dass Österreich in den kommenden Verhandlungen in Kopenhagen nicht damit einverstanden ist, dass Kernkraft zum Bei-spiel in den flexiblen Mechanismen wie JI/CDM oder im Emissionszertifikatehandel eine Rolle spielen kann, sondern wir haben auch gesagt: Das ist für uns ein wichtiger Bestandteil einer konsequenten weiteren Anti-Atom-Politik Österreichs sowohl auf europäischer als auch auf internationaler Ebene, wissend, dass wir gerade bei den ent­wickelten Ländern eine Minderheitsposition einnehmen. Es ist aber trotzdem wert, da­für zu kämpfen, gar keine Frage!

Wir haben auch vereinbart – auch wenn das jetzt nicht Gegenstand des Antrages ist, aber ich halte es politisch für ein wichtiges Package –, dass wir nach dem Gipfel in Ko­penhagen, sofern es ein rechtsverbindliches Abkommen geben wird, oder wenn es das womöglich nicht gibt, dann wahrscheinlich nach Zustandekommen dieses rechtsver­bindlichen Abkommens, also zu einem Zeitpunkt, zu dem klar sein wird, welche Me­chanismen ein Post-Kyoto-Regime vorsieht, falls es trotzdem dazu kommt, dass gegen den Willen Österreichs Kernkraft irgendeine Rolle spielt, einen zweiten Fünf-Parteien-Antrag einbringen werden, wo wir uns auch darauf „komitten“ werden, dass solche Zer­tifikate Österreich jedenfalls nicht kaufen wird, nicht von diesen Projekten Gebrauch machen wird und so konsequent dranbleiben wird, Atomkraft auch nicht im Ausland durch Projekte zu stützen.

Zum Antrag der Frau Abgeordneten Brunner bezüglich der Positionierung der Bundes­regierung bei der Klimaschutzkonferenz in Kopenhagen möchte ich auch unsere Ab­lehnung begründen. Ich kann sehr gut mit den Punkten 2, 3 und 4 leben, diese sind überhaupt nicht das Problem, womit ich allerdings ein Problem habe, ist der Punkt 1, wo ein bisschen so getan wird, als ob es auch nur ansatzweise realistisch wäre, dass wir zwei Wochen vor der Konferenz in Kopenhagen hergehen und – schwupp! – die Position der EU ändern und sagen: Okay, nicht 20 Prozent Treibhausgas-Reduzierung bis zum Jahr 2020 oder 30 Prozent, wenn noch andere bedeutende Industrieländer mitgehen, sondern wir machen jetzt einfach 40 Prozent daraus!


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Wir alle wissen, dass diese 20-20-20-Regelung über Jahre hinweg verhandelt wurde und über Jahre hinweg auch das Burden Sharing heiß debattiert wurde. Ich komme selbst aus einer Jugendorganisation. Mir ist es sehr wichtig, junge Menschen wirklich ernst zu nehmen, aber jungen Menschen zu vermitteln: Das machen wir schon!, wis­send, dass es unmöglich ist, halte ich nicht für einen Weg, diese ernst zu nehmen, son­dern das halte ich eher für ein Anbiedern. Darum wird es diesen Antrag mit uns als SPÖ nicht geben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.12


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Hofer. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.13.04

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich bin auch sehr froh darüber, dass wir diesen gemeinsamen Ent­schließungsantrag auf Schiene bringen konnten, weil das ein sehr deutliches Zeichen ist. Ich möchte ein paar Zahlen präsentieren, die die Kernenergie betreffen. Weil auch immer wieder davon die Rede ist, wie teuer erneuerbare Energie ist, werde ich Ihnen nicht nur die Zahlen aus dem Bereich der Kernenergie vortragen, sondern auch jene aus dem Bereich der fossilen Energieträger; das geht ganz schnell.

Es gibt eine Studie über externe Kosten fossiler und atomarer Energie. Aus dieser Stu­die geht hervor, dass im Bereich von Gas die externen Kosten 4,9 Cent pro Kilowatt­stunde ausmachen, im Bereich der Braunkohle 13,7 Cent, der Steinkohle 11,5 Cent und bei der Kernkraft 180 Cent pro Kilowattstunde. Das heißt, dass Kernkraft in Wirk­lichkeit, wenn man das im großen Zusammenhang sieht, eine sehr teure Form der Energiegewinnung ist.

Es wurden, wenn wir uns die Zahlen aus Deutschland näher ansehen, für den Bau von Forschungsreaktoren 20 Milliarden € ausgegeben, für die Stilllegung und den Rückbau kerntechnischer Anlagen 2,5 Milliarden €, für Betrieb und Stilllegung des Endlagers Morsleben 1,2 Milliarden €, an öffentlichem Finanzierungsanteil an gescheiterten Pro­jekten 9 Milliarden €, für die Wismut-Sanierung 6,6 Milliarden €, für Abriss/Endlagerung Greifswald 3,7 Milliarden €. Der Verlust von Steuereinnahmen aufgrund nicht ver­steuerter Rückstellungen betrug 20 Milliarden €. Und die Staatshaftungen sind nicht einmal quantifiziert, weil man, wenn es wirklich Unfälle gibt, tatsächlich auch für die Kosten in Vorlage treten müsste, weil die Kernkraftwerke nicht in dem Ausmaß versi­chert sind, wie wir uns das vorstellen. Erst vor Kurzem wurde die Haftungssumme für Kernkraftwerke in Deutschland von 15 Millionen € auf 700 Millionen € pro Kernkraft­werk erhöht. Man muss sich das vorstellen: 15 Millionen €, das ist sehr, sehr wenig, eigentlich gar nichts!

Um zu erreichen, dass erneuerbare Energieträger auch wirklich häufiger genützt wer­den und konkurrenzfähig sind, schlage ich vor, dass wir eine Änderung der EU-Mehr­wertsteuerrichtlinie anstreben und uns auch dafür auf europäischer Ebene einsetzen, damit erneuerbare Energiequellen für den Endverbraucher günstiger werden. Davon würden auch die heimischen Firmen profitieren, weil jene Unternehmen, die in Öster­reich tätig sind, vornehmlich erneuerbare Energie produzieren.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Halbierung der Mehrwertsteuer auf Energie aus erneuerbaren heimischen Ressourcen

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 118

 „Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vor­zulegen, die einen Mehrwertsteuersatz für alle aus erneuerbaren Ressourcen stam­menden Energien von 10 Prozent sicherstellt.“

*****

Diese Maßnahme wäre ein Vorteil für den Endverbraucher, vor allem für die heimische Wirtschaft, und letztendlich würde das auch einen Beitrag dazu leisten, dass wir weni­ger Kernkraft, weniger Atomstrom als bisher importieren. Sie müssen wissen: Heute importieren wir wesentlich mehr Atomstrom, als Zwentendorf jemals produziert hätte! (Beifall bei der FPÖ.)

14.16


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Halbierung der Mehrwertsteuer auf Energie aus erneuerbaren heimischen Ressourcen, eingebracht in der 45. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 18. November 2009 im Zuge der Be­handlung von TOP 9, Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 837/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Petra Bayr, Ing. Hermann Schultes, Carmen Gartelgruber, Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen betreffend Atomenergie darf keine Klimaschutzmaßnahme sein (425 d.B.)

Die Vergangenheit hat gezeigt, dass eine rasante Ölpreissteigerung jeder Zeit möglich und mit Ablauf der Wirtschaftskrise zu erwarten ist.

Nicht zuletzt aus Anlass der letzten Gaskrise ist es an der Zeit, eine Wende hin zu er­neuerbaren, heimischen Energien zu realisieren.

Ziel ist, dass Energie leistbar bleibt. Die Energiepreise dürfen nicht weiter steigen. Op­fer wären hier vor allem Pensionisten und Familien.

Deshalb ist eine Reduktion der Mehrwertsteuer für Energien aus erneuerbaren Quellen vorzunehmen. Das stärkt auch die Wettbewerbsfähigkeit heimischer Betriebe in der E-Wirtschaft. Strom aus Wasserkraft und Windkraft wird günstiger.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vor­zulegen, die einen Mehrwertsteuersatz für alle aus erneuerbaren Ressourcen stam­menden Energien von 10 Prozent sicherstellt."

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hornek. 3 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


14.16.45

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Abgeordnete! Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Grundsätzlich freut es mich, dass es gelungen ist, in Form eines Fünf-Parteien-Antra-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 119

ges klar zum Ausdruck zu bringen, dass für Österreich Kernenergie kein Thema ist, und dass wir in diesem Zusammenhang einen klaren gemeinsamen Standpunkt ver­treten.

Kernenergie ist – wie das bereits von meinen Vorrednern zum Ausdruck gebracht wur­de – eine sehr gefährliche Technologie im Betrieb, die Endlagerung von gewissen Ab­fallstoffen ist über Jahrhunderte hinweg nicht gelöst, sehr kostenintensiv, und Uran ist einer der knappsten Rohstoffe und Energieträger der Welt. Daher ist es für uns in Ös­terreich wichtig, eine klare gemeinsame Vorgangsweise auch bezüglich der Konferenz in Kopenhagen zu haben und zu sagen: Wir haben überhaupt kein Interesse daran, dass diese Technologie einen Aufschwung, eine Renaissance erfährt! Wir sehen keine sinnhafte Zukunft für diesen Technologiebereich!

Aber: Es muss uns natürlich klar sein, dass, wenn wir eine Sache ablehnen, Alternati­ven dazu notwendig sind. Dazu bedarf es einer umfassenden und ganzheitlichen Dis­kussion.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am Vormittag wurde intensiv über die Errei­chung des Kyoto-Zieles diskutiert. Ich darf dazu Hintergrundinformation bieten. Die Europäische Union hat sich auf eine Reduktion von im Durchschnitt 8 Prozent geeinigt. Es muss festgehalten werden, dass es Länder wie Portugal gibt, die plus 27 Prozent erreichen werden, Griechenland plus 25 Prozent, Spanien plus 15 Prozent, Irland plus 13 Prozent, Schweden plus 4 Prozent, Frankreich eine Null, Finnland eine Null – also keine Reduktion! –, die Niederlande 6 Prozent, Italien minus 6,5 Prozent, Belgien mi­nus 7,5 Prozent, Großbritannien minus 12,5 Prozent und Österreich minus 13 Prozent!

Wenn man sich dann vergegenwärtigt, wer seine Ziele schon erreicht hat, dann muss man etwa festhalten, dass das in erster Linie jene Länder sind, in denen in der Vergan­genheit bereits massiv Atomstrom zur Geltung gekommen ist, wie das in Frankreich der Fall ist, und Schweden – und das ist positiv und erfreulich – sich massiv mit der Wasserkraft auseinandersetzt. Dies ist natürlich auch lehrreich für uns, zu fragen: Wo sind unsere Chancen in Österreich? Das heißt für mich, das Augenmerk klar und deut­lich auf jene Bereiche zu richten, wo es auf der einen Seite um Einsparpotenziale, aber auf der anderen Seite auch um Ausbaupotenziale im erneuerbaren Bereich, sprich im Bereich der Wasserkraft geht. Da muss man sich dann entscheiden: Stehe ich für Wasserkraft und halte ich es ehrlich mit den Zielen der erneuerbaren Energie, oder se­he ich es populistisch? (Zwischenruf der Abg. Mag. Brunner.)

Wenn gerade Sie, Frau Brunner, sich zu Wort melden, dann ist interessant, dass mir Kollege Kogler den Rücken zuwendet, er hat nämlich auch der Wasserkraft seinen Rü­cken zugewendet. (Beifall bei der ÖVP.) Bei einem Projekt in der Steiermark hat er sich klar und deutlich gegen Wasserkraft ausgesprochen. Man hat ihn seitens eines Maga­zins um einen Rückruf gebeten, um von ihm eine Alternative zu dieser Vorgangsweise zu hören – dieser ist leider nie gekommen. (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Keine Antworten, geschätzte Frau Kollegin Brunner, das ist zu wenig! Es sind hier pragmatische Antworten notwendig.

Es gibt in Österreich Bereiche, in denen die Ziele erreicht wurden. Das ist die Landwirt­schaft, das ist der Abfallbereich – ein klares Häkchen darunter.

Wir müssen uns objektiv mit der Thematik des Verkehrs auseinandersetzen – ein Drit­tel ist Tanktourismus. Antworten sind gefragt.

Nächster Punkt: klare Ansätze im Bereich der Raumwärme. Mein Ansatz und meine Antwort sind klar: Strom ist zum Heizen ungeeignet, weil technologisch zu hochwertig, in Wirklichkeit viel zu teuer. Aber Heizöl hat in einem Ofen auch nichts verloren. (Beifall bei der ÖVP.)

14.21



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 120

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Becher. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.21.19

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Ich möchte auch noch ein paar Anmerkungen zum Bericht der EU-Kommission hinsichtlich des Kyoto-Ziels machen, der ja für Österreich nicht sehr erfreulich ist. Wir haben unsere selbst gesteckten Ziele nicht erreicht.

In diesem Zusammenhang möchte ich den Klimaschutzbericht hervorheben, in dem ja alle Verursacher aufgelistet werden. Ein Segment ist die Raumwärme; sie macht insge­samt 13 Prozent aus. Da haben wir im Jahr 2007 einen Rückgang zu verzeichnen, und das ist doch sehr erfreulich. Das ist der einzige Parameter, der diesen Rückgang aus­weist.

Ein bedeutendes Instrument für Effizienzverbesserung, das in diesem Bericht hervor­gehoben wird, im Wohnungs-, Gebäudebestand ist die Wohnbauförderung, die das ermöglicht. Im Bereich Raumwärme gibt es noch große Einsparungspotenziale, und im Bereich der thermischen Sanierung wird in Zukunft auf zusätzliche Mittel nicht verzich­tet werden können.

Abschließend zum Entschließungsantrag: Ich finde es natürlich auch sehr erfreulich, dass es hier einen Fünf-Parteien-Antrag gibt, wo wir uns auf einen klaren Anti-Atom-Konsens verständigt haben. Ich bin überzeugt davon, dass die Delegation mit unserem Umweltminister in Kopenhagen in geeigneter Weise diesen Entschließungsantrag ver­treten wird und sich dafür einsetzen wird, dass Kernenergie in einem Kyoto-Nachfolge­regime nicht als Strategie zur Treibhausgasevermeidung vorgesehen wird.

Es wird nicht nur im internationalen Rahmen nicht einfach sein, sondern auch innerhalb der EU werden wir für unsere Anti-Atompolitik sehr viel Überzeugungsarbeit zu leisten haben, daher ist dieser Konsens in Österreich umso wichtiger. In diesem Sinne wün­sche ich Ihnen, Herr Minister, und der Delegation sehr viel Erfolg bei den Verhandlun­gen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.23


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Prinz. 2 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


14.23.37

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Dass Atomenergie keine Klimaschutzmaß­nahme darstellt, muss nicht mehr näher ausgeführt werden, es wurde ja auch am Vor­mittag im Rahmen der Aktuellen Stunde ausführlich darüber diskutiert.

Die Anstrengungen für den Klimaschutz sind in Österreich sehr ambitioniert, aber noch nicht genug. Ausgehend von den Veröffentlichungen der Europäischen Umweltagentur ist noch Aufholbedarf in Österreich gegeben. Das heißt, es müssen alle an einem Strang ziehen. Das gilt einerseits für den Bund, die Länder, aber auch für Bereiche wie Verkehr und Wirtschaft. Ein wirksames Instrument dafür ist ein klar definiertes Bundes­klimaschutzgesetz.

Klimaschutzmaßnahmen stellen einen Mix aus einerseits Energieeffizienz und anderer­seits der Verwendung von erneuerbarer Energie dar. Mit Hilfe der thermischen Sanie­rung für Altbauten ist ein wichtiger Schritt im Bereich der Energieeffizienz gesetzt wor­den. Diesen gilt es in der Zukunft auch entsprechend fortzusetzen. Aber auch jeder Einzelne von uns ist gefordert, mit Energie sorgsam umzugehen.

Erneuerbare Energie ist zur Erreichung von Klimazielen von enormer Bedeutung. Das bestätigen viele Studien. Ob es sich um Ökostrom, Biomasse, Solarenergie, Windkraft und so weiter handelt, all das leistet einen wichtigen Beitrag. Aber auch aus strategi-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 121

scher Sicht ist erneuerbare Energie von enormer Bedeutung, bleiben doch damit Wert­schöpfung und auch Arbeitsplätze im Land, anstatt für Formen von fossiler Energie ex­portiert zu werden. Jedoch auch im Hinblick auf das Säbelrasseln, das Russland im-
mer wieder in Richtung Versorgung mit Gas veranstaltet, ist dieser Bereich für uns sehr wichtig.

Das Thema Energie, Energieversorgung und Energiestrategie ist bei den beiden Bun­desministern Berlakovich und Mitterlehner in kompetenter Hand. (Beifall bei der ÖVP.)

14.25


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Mag. Auer. 2 Minuten Redezeit. – Bitte. (Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Mag. Auer –: Im Dauerein­satz! – Abg. Mag. Auer: Dauereinsatz – ja, das passt zu Auer, von der Silbe her!)

 


14.25.33

Abgeordneter Mag. Josef Auer (SPÖ): Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Her­ren! Zu diesem Fünf-Parteien-Antrag ist, glaube ich, nicht mehr viel zu sagen, denn da­zu ist schon viel gesagt worden. Dieser freut uns alle natürlich sehr, und er hat auch seine Berechtigung.

Zum Antrag von Frau Mag. Brunner: Frau Mag. Brunner, es ist Ihnen ja schon von mei­ner Kollegin, von Petra Bayr, die Begründung gegeben worden, warum wir ihn leider sozusagen in den Brunnen fallen lassen müssen. Da können wir nichts machen. Es ist alles erklärt, und ich glaube, Sie haben die Argumentation verstanden, wenn Sie guten Willen zeigen. Tut mir leid.

Ich habe mir angesehen, in wie vielen Ländern auf der ganzen Erde Kernenergie zur Energienutzung verwendet wird. Es sind sage und schreibe 31 Länder. Das ist sehr viel. 438 Kernkraftwerke sind derzeit in Betrieb. Im Dezember 2008 waren sogar weite­re 80 Kernkraftwerke in der konkreten Planung für die Zukunft.

Was mich sehr besorgt macht, ist der Einsatz in England. England setzt weiterhin ganz verstärkt auf die Kernkraft, und das macht mich schon sehr besorgt, überhaupt wenn man weiß – das möchte ich jetzt nicht politisch werten –, dass jedes zivile Nuklearpro­gramm natürlich per se auch dazu neigt, dass ein Waffenprogramm dahinter verborgen wird. Das sage nicht ich, sondern das sagt ein führender Atomenergieexperte. Wir alle wissen ja um die Problematik im Iran, wie schwierig es ist, das international zu verhan­deln.

Die Argumentation der Atombefürworter ist sehr fadenscheinig. Das ist ja auch der Grund dafür, dass wir jetzt verlangen, dass Kernkraftwerke als nicht-CO2-reduzierend gewertet werden. Die Atomenergiebefürworter sagen ja immer, Kernkraftwerke wären mehr oder weniger CO2-neutral beziehungsweise hätten keinen CO2-Ausstoß. Aber das stimmt nicht, da für den Bau und so weiter sehr viel CO2 aufgewendet werden muss.

Insgesamt müssen wir also sagen, dass wir mit diesem Beschluss heute sicher etwas Sinnvolles für unser Land machen. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

14.28


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gartelgruber. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.28.10

Abgeordnete Carmen Gartelgruber (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Mit dem vorliegenden Fünf-Parteien-Antrag drücken wir auch unsere Bedenken über die Nutzung der Kernenergie in Europa aus. Die führenden Nationen wie Deutschland oder Frankreich zögern den Atomausstieg


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 122

immer wieder weiter hinaus. Italien will seine stillgelegten Kernkraftwerke wieder akti­vieren, und auch Schweden hat heuer im Februar den Wiedereinstieg in die Kernkraft überlegt.

Der Anteil der Atomkraftwerke an der Stromerzeugung liegt weltweit bei 17 Prozent und europaweit bei 31 Prozent. In Europa werden derzeit 13 neue Kernkraftwerke ge­baut, für drei weitere gibt es konkrete Planungen. Zwischenfälle wie in der Vergangen­heit hinsichtlich der russischen Gaslieferungen durch die ukrainischen Pipelines veran­lassen vor allem ost- und mittelosteuropäische Staaten zur Überlegung, neue Kern­kraftwerke zu bauen. Auch der Kampf gegen den Klimawandel verleiht der Nuklear­energie in Europa wieder neuen Aufwind. An der Speerspitze der Befürworter steht Frankreich.

Sehr geehrte Damen und Herren, der Preis für diese sogenannte klimafreundliche Energiegewinnung ist hoch. Bereits bei der Uranförderung werden hochgradig gesund­heitsgefährdende radioaktive Stoffe in großem Maße freigesetzt. Kleinere Störfälle, bei denen teilweise Radioaktivität freigesetzt wird, sind verhältnismäßig häufig. Auch der störungsfreie Normalbetrieb von Kernkraftwerken hat negative Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit. Studien zeigen deutlich erhöhte Leukämieraten bei Kindern in der Nähe von Kernkraftwerken.

Darüber hinaus stellt sich die Frage der Entsorgung der hoch radioaktiven Brennele­menteteile, da diese sehr lange Halbwertszeiten haben. Die meisten europäischen Kernkraftwerke haben zudem nicht einmal eine Haftpflichtversicherung für einen nicht beherrschbaren Störfall. Das Fehlen einer solchen Versicherung und auch das Nicht­berücksichtigen der Folgekosten sind ein Grund für die günstigen Strompreise.

Es muss daher endlich eine energiepolitische Wende einkehren. Strom aus erneuerba­ren Energieträgern muss endlich konkurrenzfähig werden, und man muss den Men­schen klarmachen, dass die meisten Billiganbieter einen hohen Atomstromanteil auf­weisen, wie auch dem Stromkennzeichnungsbericht 2009 der unabhängigen Behörde E-Control zu entnehmen ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt keinen anderen Weg, den wir unse­ren Kindern und Kindeskindern gegenüber verantworten könnten, als den eines kom­promisslosen Neins zur Kernenergie. Dieses Nein beinhaltet auch den Ausstieg aus dem EURATOM-Vertrag.

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Neubauer, Kolleginnen und Kollegen

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, alle Maßnahmen zu setzen, die erforderlich sind, um aus dem EURATOM-Vertrag auszusteigen.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

14.31



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 123

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausstieg Österreich aus dem EURATOM-Vertrag

eingebracht in der 45. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 18. November 2009 im Zu­ge der Behandlung von TOP 9, Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 837/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Petra Bayr, Ing. Hermann Schultes, Car­men Gartelgruber, Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen betreffend Atomener­gie darf keine Klimaschutzmaßnahme sein (425 d.B.)

Im Jahr 1956 wurde die Österreichische Studiengesellschaft für Kernenergie gegrün­det. Die Aktivitäten dieser Gesellschaft führten zum Beschluss der Bundesregierung über einen Energieplan, der drei Kernkraftwerke in Österreich vorsah. Das erste davon sollte in Zwentendorf gebaut werden. Am 5. November 1978 haben sich die Österrei­cher im Rahmen einer Volksabstimmung klar gegen die Nutzung von Kernkraft ausge­sprochen. Zwentendorf wurde nicht in Betrieb genommen.

Unabhängig davon fließen beträchtliche finanzielle Mittel - jährlich 40 Millionen Euro - aus dem österreichischen Staatshaushalt an EURATOM. Damit finanziert Österreich über diesen Umweg die europäische Atomenergie. Ein Ausstieg aus dem EURATOM-Vertrag und die Verwendung der dafür bisher gebundenen finanziellen Mittel für den Bereich Forschung und Entwicklung wären daher ein Gebot der Stunde. Im Geiste des Ergebnisses der Volksabstimmung über Zwentendorf und des Mitspracherechts der Österreicher in essentiellen Fragen wäre eine Volksabstimmung über den Ausstieg Ös­terreichs aus dem EURATOM-Vertrag zielführend.

Der Salzburger Völkerrechtsexperte Univ.-Prof. Michael Geistlinger hat den bedeu­tungsvollen Hinweis geliefert, dass es "Kraft des Völkergewohnheitsrechts, das durch Art. 56 der Wiener Vertragskonvention (WKV) kodifiziert wurde" möglich ist, aus dem EURATOM-Vertrag auszusteigen ohne die EU-Mitgliedschaft in Frage zu stellen. Ein Umstand, der andersmeinende Gutachten obsolet werden lässt.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesregierung wird ersucht, alle Maßnahmen zu setzen, die erforderlich sind, um aus dem EURATOM-Vertrag auszusteigen.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner hiezu hat sich Herr Abge­ordneter Schopf zu Wort gemeldet. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.31.40

Abgeordneter Walter Schopf (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kollegin­nen! Liebe Kollegen! Ich möchte ebenfalls ein paar Punkte insbesondere zu der sehr wichtigen Konferenz in Kopenhagen sagen. Es ist ja schon erwähnt worden, und ich möchte das unterstreichen, weil es mir wichtig ist: Klimaschutzpolitik darf sicher nicht


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 124

auf Maßnahmen beruhen, bei denen Kernenergie eine Rolle spielt. Herr Minister, viel­leicht ist es Ihnen möglich, mit Kolleginnen und Kollegen anderer Länder gerade zu diesem Punkt zu konferieren und, wenn möglich, auch quasi ein Protokoll diesbezüg­lich zu erstellen.

Meine Damen und Herren! Wir alle wissen, dass Klimaschutz, dass Energieeffizienz­maßnahmen sehr viel Geld kosten. Und ich denke, es wäre eine Überlegung, wenn wir uns auf EU-Ebene dazu durchringen könnten, eine eigene Abgabe, eine eigene Steuer einzuführen, und zwar eine Abgabe auf jene Energien, die in Atomkraftwerken produ­ziert werden. Die finanziellen Mittel, die uns dann zur Verfügung stünden, könnten wir für diese Dinge, die ich erwähnt habe, verwenden.

Anti-Atompolitik und vor allem der Kampf gegen Atomkraftwerke sind mir wichtig, und daher ersuche ich Sie, Herr Minister, auch Gespräche mit den Vertretern der Tschechi­schen Republik insbesondere bezüglich Temelín noch einmal zu führen. Wir alle wis­sen, dass wir im Melker Vertrag geregelt haben, dass sämtliche Sicherheitsprobleme, Sicherheitsmängel, die nicht von der Politik, sondern von Expertinnen und Experten festgestellt worden sind, beseitigt werden. Wenn wir uns die jetzige Situation von Te­melín ansehen, so müssen wir leider feststellen, dass zum Ersten die Mängel nicht be­seitigt worden sind und zum Zweiten eigentlich ständig Störfälle in Temelín auf der Ta­gesordnung stehen.

Meine Damen und Herren! Die Menschen nicht nur rund um Temelín, sondern auch in unserem Bundesland Oberösterreich, an der Grenze sind durch diese Störfälle massiv verunsichert. Wir wissen, dass vor kurzer Zeit wieder der erste Block abgeschaltet wor­den ist. Wir wissen, dass es Probleme bei den Ölleitungen gibt. Wir wissen, dass noch immer kein Zeitplan existiert, wann und wie diese Ölleitungen repariert werden. Und wir wissen auch, dass anscheinend mit diesen Turbinen ein störungsfreier Dauerbetrieb in Temelín nicht möglich ist.

Herr Minister, es ist viel zu tun! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.34

14.34.30

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schlie­ße daher die Debatte.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 425 der Beila­gen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 56.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Ing. Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Halbierung der Mehrwert­steuer auf Energie aus erneuerbaren heimischen Ressourcen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausstieg Österreich aus dem EURATOM-Vertrag.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Umweltausschusses, sei­nen Bericht 426 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 125

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Umweltausschusses, seinen Bericht 427 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Auch das ist mit Mehrheit angenommen.

14.36.1212. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (395 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Bundesgesetz über den Umweltsenat geändert werden (USG-Novelle 2009) (423 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 12. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Stadler. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.36.50

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Bundes­minister! Wir werden dieser Gesetzesvorlage nicht zustimmen, aber wir werden derzeit generell Gesetzen mit erforderlichen Zweidrittelmehrheiten keine Zustimmung leisten. (Beifall beim BZÖ.)

Die Fraktionen der Oppositionsparteien sind im Untersuchungsausschuss, der derzeit läuft, bemüht, Minister zu laden. Die Österreichische Volkspartei mit Unterstützung der SPÖ – jetzt gehe ich nicht einmal auf eine Qualifikation der SPÖ in diesem Zusammen­hang ein – glaubt, die Opposition in ihrer Kontrolltätigkeit an der Nase herumführen zu können. Man ist wild entschlossen, den Untersuchungsausschuss mit spätestens De­zember unter den Tisch zu stimmen. (Abg. Dr. Bartenstein: Das war mit euch verein­bart!)

Nein, nein, das war nicht vereinbart! Vereinbart war, Herr Kollege Bartenstein – es ist gut, dass Sie das Wort „vereinbart“ in den Mund nehmen –, dass nach jedem Kapitel, wenn eines abgeschlossen ist, die jeweiligen Minister in den Ausschuss geladen wer­den. Das war vereinbart, meine Damen und Herren! (Abg. Amon: Nein, das war nicht vereinbart!) Und diese Vereinbarung hat die Österreichische Volkspartei sofort gebro­chen, und zwar bei der ersten Gelegenheit! (Beifall beim BZÖ.)

Vereinbart war, dass Ex-Minister Strasser in den Ausschuss geladen wird. (Abg. Amon: Unter den Oppositionsfraktionen vielleicht! Das habt ihr mit den Blauen ausge­macht, nicht mit uns!) Die Österreichische Volkspartei fürchtet derzeit nichts so sehr wie ein Auftreten des Herrn Ernst Strasser vor dem Untersuchungsausschuss; ich sage Ihnen auch gleich, warum.

Meine Damen und Herren! Ernst Strasser ist der Erfinder des BIA, des Spitzelinstitutes Büro für Interne Angelegenheiten, das sich bei der Staatsanwaltschaft Ermittlungen ge­gen missliebige Oppositionsabgeordnete bestellt hat.

Strasser ist der, der mit unbewiesenen Behauptungen Ermittlungstätigkeiten gegen den Kollegen Pilz über die Staatsanwaltschaft in Gang gesetzt hat, ohne dass es dafür einen Indizienbeweis gab. Die bloße Behauptung des Herrn Strasser hat genügt. (Abg. Kopf: Sag wenigstens ab und zu „Umweltsenat“! Einmal zumindest!)

Strasser ist der, der die parteipolitische ...

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Abgeordneter Stadler, es ist zwar Ihr gutes Recht, die Begründung zu liefern, warum Sie Gesetzen, die eine Zweidrittelmehrheit


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 126

erfordern, Ihre Zustimmung verwehren, aber es sollte doch auch immer wieder ein Be­zug zur Sache hergestellt werden. Ich darf Sie bitten, dies zu beachten.

Bitte, setzen Sie fort!

 


Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (fortsetzend): Herr Präsident! Der Konnex zum Umweltsenat ist ganz einfach: Wir stellen den Antrag, diese Vorlage an den Umwelt­ausschuss rückzuverweisen, um sie dort neuerlich zu beraten.

Wir sehen einen engen Zusammenhang zwischen dem, was verfassungsrechtlich hier geändert oder verlängert werden soll, und dem, was derzeit – von der Österreichischen Volkspartei ausgehend – verfassungsrechtlich gebrochen wird, meine Damen und Her­ren! (Beifall beim BZÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Natürlich, Sie hebeln mit Ihrer Weigerung, Minister in den Ausschuss zu laden, Verfas­sungsprinzipien aus! Und eines der tragenden Verfassungsprinzipien ist das Prinzip der Checks and Balances, nämlich Kontrolle und Regierungsmacht. Und Sie nützen Ih­re Regierungsmacht mit Unterstützung durch die sozialdemokratische Fraktion – was peinlich genug ist – dazu aus, der Regierung die Räuberleiter zu machen, Kontrolle durch das Parlament zu verhindern. Das, meine Damen und Herren, ist der Konnex zur anstehenden Verfassungsmaterie. (Beifall beim BZÖ.)

Wir werden nicht zulassen, dass Sie probieren, dort, wo es in die Nähe der Österreichi­schen Volkspartei, in die Nähe der Verantwortung von ÖVP-Ministern geht, dort, wo die Dinge im Rahmen und im Umfeld der Österreichischen Volkspartei aufgeklärt werden sollen, dort, wo auch Kabinettssekretäre tätig waren  Herr Kloibmüller, der für die ge­samten Postenumfärbungen zuständig war, oder der nunmehrige Chef von Red Car­pet, einem hochinteressanten Unternehmen in diesem Zusammenhang –, die Aufklä­rung zu verhindern. All diese Dinge wollen Sie nicht aufklären. Sie wollen Aufklärung verhindern, wir hingegen wollen Aufklärung in diesem Haus erzwingen, meine Damen und Herren, und wir werden sie erzwingen! (Zwischenruf des Abg. Dr. Bartenstein.  Ruf bei der ÖVP: Hör auf!)

Deswegen sind wir auch nicht bereit, der Koalition für eine Zweidrittelmaterie unsere Unterstützung zu geben. Ich hoffe, dass die gesamte Opposition dieses Gesetz heute ablehnt. Wir haben Verständnis dafür, dass der Herr Bundesminister versucht, den Umweltsenat als Berufungsinstanz zu verlängern, aber wenn Sie das heute nicht durchbringen, Herr Bundesminister Berlakovich, dann bedanken Sie sich bei der Kon­trolle verhindernden Österreichischen Volkspartei! Es ist Ihre eigene Partei, die das verhindert. Ihre eigene Partei nötigt die Opposition, zu diesen Mitteln zu greifen, um verfassungsmäßige Rechte zu wahren. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich.Bitte, Herr Bundesminister, haben Sie einen Beitrag zu leis­ten?

Sie haben Aufklärungsbedarf nicht bei mir und nicht bei der Opposition, sondern in Ih­ren eigenen Reihen! Bringen Sie Ihrer eigenen Partei einmal bei, dass sie dieses Haus nicht um die Kontrollrechte bringen kann! (Beifall beim BZÖ.)

Bringen Sie Ihrer Partei einmal bei, dass Ressortverantwortung auch bedeutet, vor einem Untersuchungsausschuss Rede und Antwort zu stehen!

Bringen Sie Ihrer eigenen Fraktion einmal bei, dass sich auch Ministersekretäre nicht aus der Verantwortung für die größten parteipolitischen Umfärbeaktionen, die im Be­reich des Strafrechtes anzusiedeln sind, davonstehlen können!

All das sollten Sie einmal Ihrer eigenen Fraktion beibringen, meine Damen und Herren, und dann können Sie mit der Opposition wieder darüber reden, ob Sie eine Zweidrittel­mehrheit mit Unterstützung der Opposition zustande bringen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 127

Hohes Haus! Ich weiß, dass das politisch eine nicht alltägliche Situation ist, aber die Wählerinnen und Wähler und die Zuseherinnen und Zuseher vor den Fernsehschirmen sollten wissen, dass es ausschließlich Ihre Partei ist, Herr Bundesminister – aus­schließlich Ihre Partei! –, die die Kontrolle in diesem Haus in dem Moment verhindert, in dem man in die Nähe eines schwarzen Ministers oder eines schwarzen Kabinettsse­kretärs kommt. Das ist Fakt! (Beifall beim BZÖ.)

Daher brauchen Sie, Herr Bundesminister, derzeit bei der Opposition nicht anzuklop­fen, wenn Sie dem Haus eine Materie, die einer Zweidrittelmehrheit bedarf, zuleiten. Das Gleiche gilt übrigens auch für das ORF-Gesetz – machen Sie sich da gar nichts vor, wir werden auch da keine Bereitschaft zeigen, der Koalition aus der Bredouille zu helfen! – und auch für jede andere Zweidrittelmaterie. Wenn Sie glauben, dass Sie die Opposition am Nasenring durch das Haus führen können, dann täuschen Sie sich. Das können Sie derzeit nur mit den Sozialdemokraten machen! (Beifall beim BZÖ.)

14.43


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Amon, und zwar zu einer tatsächlichen Berichtigung. Ich verweise auf die einschlägi­gen Bestimmungen der Geschäftsordnung und erteile ihm das Wort.

 


14.43.29

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Stadler hat behauptet, es sei vereinbart gewesen, dass nach jedem The­ma im Untersuchungsausschuss die zuständigen Regierungsmitglieder zu laden seien. (Abg. Mag. Stadler: So war es!)

Wahr ist vielmehr, dass vereinbart wurde, nach jedem Kapitel eine Beurteilung vorzu­nehmen, ob es notwendig ist, die Regierungsmitglieder zu laden. (Beifall bei der ÖVP.  Abg. Mag. Stadler: Aber woher denn! Ruf bei der ÖVP: Genau so ist es!)

14.43


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Abgeordneter Amon, das war an der Grenze einer wirklichen tatsächlichen Berichtigung (Abg. Amon: Wieso? Zwischenrufe bei der ÖVP), weil es da widerstreitende Ansichten gibt, die ja schon sehr oft in diesem Hohen Haus behandelt wurden. (Abg. Amon: ... Auslegung der Geschäftsordnung durch Sie! Das war völlig korrekt! Ruf bei der ÖVP: Es gibt eine Geschäftsordnung!)

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Hörl. Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


14.44.00

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Seit 15 Jahren entscheidet der Umweltsenat mit hoher Akzeptanz und Qualität über Berufungen der Bescheide der Landesregierungen zu Umweltverträglichkeitsprüfun-gen. Von den rund 230 Verfahren, die seit seinem Bestehen behandelt wurden, kam es lediglich in drei Fällen zu einer Korrektur durch den Verwaltungsgerichtshof. Das haben Sie, Herr Bundesminister, in Ihrer Presseaussendung anlässlich des 15-jährigen Jubi­läums des Umweltsenates gesagt. Ich stimme in diesem Punkt vollkommen mit Ihnen überein. Dr. Baumgartner als Geschäftsführer und auch die stellvertretende Sektions­chefin Dr. Petek leisten mit ihren Mitarbeitern hervorragende und engagierte Arbeit.

Sie sagen auch, dass der hohe Standard des Umweltschutzes nicht nur von der Quali­tät der einschlägigen Gesetze abhängt, sondern auch wesentlich von jener des Vollzu­ges. Auch da haben Sie natürlich recht, Herr Bundesminister – in diesem Punkt sogar ganz besonders!

Wenn wir heute, wie im Umweltausschuss beschlossen, nunmehr die unbefristete Ver­längerung des Umweltsenates beschließen, dann freut das sicher viele. Es gibt auch


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gute Gründe dafür: Rechtssicherheit, einheitliche Rechtsprechung in der zweiten Ins­tanz, hohes Fachwissen der erfahrenen und wiederholt befassten Senate. Allerdings bin ich neugierig, wie wir diesen Rechtsbereich dann regeln, wenn die von mir unge­liebten Landesverwaltungsgerichtshöfe kommen sollen. Den Ländern die Gerichtsbar­keit zu übertragen, den Umweltbereich aber als zu komplex und zu kompliziert für die Landesgerichtshöfe darzustellen, entspricht einer gewissen Arroganz der Hauptstadt Wien. (Demonstrativer Beifall des Abg. Dr. Königshofer.) Da dürfte es dann doch zu interessanten Diskussionen kommen.

Wenn ich mir die Debattenbeiträge zum UVP-Gesetz vom 1. Juli 1994 und zu den zahl­reichen Novellierungen anschaue, muss ich sagen: Da wurden neben der verbesserten Bürgerbeteiligung und dem verstärkten Umweltschutz eine massive Verwaltungsver­einfachung sowie Straffung und Konzentration der Verfahren versprochen. Diesbezüg­lich liegt in dieser Materie aber ein Totalversagen vor.

In meiner Heimat läuft derzeit ein UVP-Verfahren für einen Golfplatz, der auf intensiven landwirtschaftlichen Böden errichtet werden soll. Der durchfließende Bach wurde be­gradigt, jeder noch so kleine Sumpf wurde von den Bauern in den letzten Jahren er­folgreich trockengelegt. Die höchste Erhebung ist ein Maulwurfshügel, und es befinden sich auf 60 Hektar ungefähr drei Bäume. Der Betreiber muss über 30 Grundeigentümer unter Vertrag bringen, dem Golfplatzkonzept des Landes entsprechen, und vor einein­halb Jahren gab es die erste UVP-Besprechung, an der 48 Personen teilgenommen haben: der Betreiber, einige Juristen, ein paar Bürgermeister, der Rest waren Planer und Sachverständige.

Das Ergebnis der Arbeit in 20 Fachbereichen liegt nunmehr seit Monaten vor. Man möchte meinen, die Behörde ist dabei, eine Entscheidung in Bescheidform zusammen­zufassen und den Bescheid zu erstellen. – Mitnichten! Der Behörde ist nunmehr der Umfang der erarbeiteten 20 Fachbereiche zu viel! Was machen Bürokraten, wenn ih­nen die ermittelten Erfahrungsergebnisse zu umfangreich werden? Sie konzentrie­ren? – Nein, natürlich nicht! Sie bauen eine weitere bürokratische Ebene ein, nämlich den Verfahrenskoordinator, der alles zusammenfasst, die Befindlichkeit und die Allüren der einzelnen Sachverständigen pflegt und der Behörde eine konzentrierte Zusammen­fassung für die Bescheiderteilung vorlegt. Dieser kostet übrigens 14 000 € – bei den angefallenen Kosten von bisher 380 000 € vergleichsweise billig. – So geht das nicht!

Es ist für einen Projektbetreiber, der willens, geduldig, reich und vermögend ist, auch nicht möglich, ein UVP-Verfahren über ein bestimmtes Vorhaben zu beantragen bezie­hungsweise durchführen zu lassen, denn er muss durch eine Einzelfallprüfung. Diese wurde ursprünglich als Grobprüfung dem eigentlichen UVP-Verfahren vorgeschaltet. Eigentlich eine gute Idee: Der Projektwerber erfährt in angemessener Zeit bei vertret­baren Kosten und Projektkosten, ob etwas machbar ist oder nicht. Dieser Filter wird aber inzwischen so gehandhabt wie eine UVP: Die Unterlagen werden in dieser hohen und teuren Qualität verlangt, und diese Verfahren dauern ohnehin schon über ein Jahr. Wozu also diese Praxis? Im besten Fall weiß der Projektbetreiber nach einem Jahr, dass er eine UVP durchführen muss. Großzügigerweise dürfen dafür die ausführlichen Unterlagen verwendet werden.

Wir prüfen also mehrfach, und das muss abgestellt werden! Ich fordere also die ver­sprochene Verfahrensbeschleunigung. Wir haben das im Juli in die richtige Richtung gelenkt, aber es muss nachgebessert werden. Doppel- und Dreifachprüfungen sind ab­zustellen. Dem Projektwerber muss es möglich sein, direkt in eine UVP einzusteigen – das würde Zeit sparen. Wir werden das in der letzten UVP-Novelle beschlossene Moni­toring sehr genau anschauen und überprüfen, ob die Beschleunigung der Verfahrens­dauer damit erreicht wird. Auch brauchen wir wahrscheinlich eine Durchführungsver­ordnung, damit im Bundesgebiet einheitliche Verfahren durchgeführt werden.


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Die Zahl der Gutachten muss auf die notwendigen beschränkt werden – es gibt da zahlreiche Auswüchse –, wie ich überhaupt Hausverstand und Augenmaß einmahne. Wir sind Vorzugsschüler in der Umsetzung von Richtlinien. Ich fordere Sie alle auf, an­gesichts der steigenden Arbeitslosigkeit im Sinne der wirtschaftlichen Entwicklung um­zudenken: Die Schaffung neuer Investitionen ist nicht zum Feindbild zu erklären, son­dern Investitionen sind als Grundlage einer wirtschaftlichen Fortentwicklung und damit als Sicherung der Arbeitsplätze und des Standortes zu sehen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Königshofer.)

14.49


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abge­ordnete Bayr. Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


14.49.46

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Das Umweltse­natsgesetz wird, wenn wir es heute beschließen – und wir werden es beschließen, das finde ich sehr fein –, die Befristung des Umweltsenats aufheben und ihn unbefristet einsetzen. Der Umweltsenat ist ja eine ganz wichtige, nicht wegzudenkende Instanz in der Vollziehung des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes und ist allgemein aner­kannt wegen der sehr hohen Qualität seiner Sprüche.

Deswegen ist es nicht nur ein erfreulicher Tag für die Umwelt, für umweltbewegte Men­schen und für umweltbewegte Parteien in diesem Land, sondern es freut mich auch sehr, dass es gelungen ist, eine weitere Regelung mit einzubauen, nämlich was die Al­tersgrenze von Bestellungen oder Wiederbestellungen in diesen Senat betrifft. Diese wird künftig mit 65 Jahren festgeschrieben, was heißt, dass auch viele junge Juristin­nen und Juristen, die im Umweltbereich tätig sind, künftig die Möglichkeit haben wer­den, in diesem wichtigen Gremium mitzuwirken und dafür zu sorgen, dass auch wirk­lich der State of the Art in der Umweltgesetzgebung, in der Wissenschaft, in der Juris­terei umgesetzt wird. Das halte ich für das Heben beziehungsweise das weitere Hoch­halten der Qualität im Umweltsenat für sehr wichtig. Ich bin mir sicher, dass der Um­weltsenat gerade als unbefristet eingerichtete Institution der Umweltgesetzvollziehung ein wirklicher Meilenstein in der Geschichte ist. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.51


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Winter. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.51.37

Abgeordnete Dr. Susanne Winter (FPÖ): Herr Präsident! Werter Herr Minister! Werte Kollegen! Werte Zuseher auf der Besuchergalerie, ich muss Ihnen ein Kompliment aus­sprechen, denn Sie sind zahlenmäßig sicher mehr als wir Abgeordnete hier herunten. (Abg. Steibl: Frau Kollegin! In Ihren eigenen Reihen ...!) Das ist ein Zeichen dafür, dass Ihnen die Umweltpolitik offenbar wesentlich wichtiger ist als uns hier herunten – und dann reden wir noch über ein Scheitern in Kopenhagen?! (Beifall bei der FPÖ. Ruf bei der ÖVP: Sie machen sich lächerlich!)

Herr Kollege Stadler, noch ein Wort zu Ihnen. Gerade Sie als Paradejurist des BZÖ müssten doch wissen, dass Ihre Rede rein polemisch und eine Wortmeldung in eigener Sache war. Das ist für mich ein Zeichen dafür, dass dem BZÖ die Umwelt absolut nicht wichtig ist, denn was würde passieren, wenn es keinen Umweltsenat gäbe? Es würden Projekte stehen bleiben – zum Beispiel Bauprojekte –, es könnte keine zweite Instanz im UVP-Verfahren geben – und das in einer Zeit der Wirtschaftskrise!

Grundsätzlich zum Gesetz: Wir von der FPÖ werden dieser Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes und des Bundesgesetzes über den Umweltsenat unsere Zustim-


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mung geben, denn der Umweltsenat als Berufungsbehörde ist einfach wichtig. Die Mit­glieder üben ihre Tätigkeit – das muss man auch einmal erwähnen –nebenberuflich aus, sie sind unabhängig und weisungsfrei und im Augenblick noch auf sechs Jahre befristet von der Landesregierung beziehungsweise von den zuständigen Bundesmi­nistern und dem Bundespräsidenten ernannt worden.

Die Änderungen, die angedacht sind, nämlich diesen Umweltsenat zu einer dauerhaf­ten Einrichtung zu machen, entsprechen absolut einer Harmonisierung der organisier­ten Rechtsprechung und sind in der Sache und auch für die Umwelt einfach eine Not­wendigkeit.

Wenn man das Vorblatt und die Erläuterungen zu diesem Gesetz liest, muss man sa­gen, es gibt selten ein Gesetz, das so wenige negative Auswirkungen auf andere Mate­rien hat wie dieses. Es gibt keine negativen finanziellen Auswirkungen, es gibt keine Auswirkungen auf die Beschäftigungspolitik, es gibt keine Auswirkungen auf die Ver­waltungslasten für die Unternehmen – das ist sehr wichtig –, und es gibt – und das möchte ich jetzt für alle sogenannten genderwütigen in diesem Raum beziehungsweise für jene Leute, die dem Gendergedankengut sehr verhaftet sind, einbringen – auch kei­nerlei geschlechtsspezifische Auswirkungen durch diesen Senat. Das heißt, ein Abge­ordneter, der für die Umwelt steht, ein Abgeordneter, der in diesem System einfach für unsere Zukunft arbeiten will, muss diesem Gesetz zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

14.54


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Brunner. Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


14.54.36

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Es ist schon angesprochen worden: Der Umwelt­senat ist die zweite Prüfinstanz beim Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren. Und der Umweltsenat ist die Instanz in Österreich, die Umweltinteressen und BürgerInnen- und AnrainerInneninteressen auch wirklich unabhängig prüft.

Wenn wir dieses Gesetz heute nicht beschlössen, würde das bedeuten, dass der Um­weltsenat mit Ende dieses Jahres ausliefe, wegfiele, und das wäre eine Katastrophe für die österreichische Umweltpolitik. Wir werden daher zustimmen – dem Abände­rungsantrag aber nicht, da dieser erst vor Kurzem gekommen ist und wir daher die Vor­gangsweise kritisieren.

Ich habe schon erwähnt, Österreich hat kein eigenständiges Umweltministerium. Die erste Instanz im Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren sind die Landesregierungen, und wie unabhängig die entscheiden, das erleben wir ja, zum Beispiel bei den vielen Bürgerinitiativen. Da gibt es oft Naheverhältnisse zu Projektwerbern, zu Industriellen, und die Entscheidungen laufen dort alles andere als unabhängig ab. Daher brauchen wir unbedingt eine unabhängige Prüfinstanz im UVP-Verfahren. (Beifall bei den Grünen.)

Die Umweltverträglichkeitsprüfung selbst heißt Umweltverträglichkeitsprüfung, ist aber so ausgestattet, dass die Wirtschaft ganz eindeutig im Vorteil ist. Wir erleben es in Ös­terreich: Es gibt einen Wildwuchs von Müllverbrennungsanlagen, obwohl wir gar nicht alle brauchen.

Es wird in der Steiermark in Voitsberg ein Kohlekraftwerk gebaut (Abg. Grosz: Das gibt es schon!), noch einmal in Betrieb genommen – in einem Feinstaubsanierungsgebiet, sodass unsere ohnehin desaströse Klimabilanz weiter verschlechtert wird! Da brau­chen wir eine unabhängige Behörde, die solche Projekte genau prüft. (Beifall bei den Grünen. Abg. Grosz: Vom Herrn Hirschmann von der ÖVP! ... ÖDK! Der macht das jetzt!)


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So, wie das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz jetzt gestaltet ist, ist nicht nur die Umwelt gegenüber der Wirtschaft benachteiligt, sondern es sind überhaupt Umwelt­interessen, AnrainerInnen, BürgerInneninitiativen und NGOs benachteiligt, wenn es da­rum geht, ihre Rechte auch in den Verfahren geltend zu machen. Der Umweltsenat ist oft die einzige Hoffnung für diese Menschen, dass dort ihre Interessen auch wirklich wahrgenommen und tatsächlich ernsthaft geprüft werden.

Daher brauchen wir diesen Umweltsenat unbedingt. Er darf nicht auslaufen und muss verlängert beziehungsweise endlich auf Dauer in Österreich gesichert werden.

Für österreichische Umweltpolitik, für mehr Umweltschutz in Österreich muss der Um­weltsenat dauerhaft eingerichtet und muss das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz insgesamt verbessert werden. Ich möchte mich noch einmal wiederholen: Österreich braucht auch unbedingt ein eigenständiges, starkes und engagiertes Umweltministe­rium. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.57


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Bevor ich jetzt dem Herrn Bundesminister das Wort erteile, mache ich ausdrücklich darauf aufmerksam, dass wir diese Debatte um 15 Uhr zum Aufruf der Dringlichen Anfrage unterbrechen werden. – Bitte.

 


14.57.57

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Herr Präsident! Hohes Haus! Herzlichen Dank für Ih­re Beiträge und dafür, dass fast alle Fraktionen der Novelle dieses Gesetzes zustim­men. Wenn Sie vom BZÖ das nicht tun und das benutzen, um die Diskussion betref­fend den Untersuchungsausschuss damit zu verquicken, dann sei Ihnen das unbenom­men, es ist jedoch schade, weil sich der Umweltsenat in der Sache – das haben viele Redner und Rednerinnen erwähnt – bewährt hat, nämlich als ein Gremium, das wei­sungsfrei ist, das einen richterlichen Einschlag hat und das hohes Ansehen genießt – und das schon seit 15 Jahren.

Ich möchte daran erinnern, dass die Debatte darüber ja nicht einfach war, als das Um­weltverträglichkeitsprüfungsgesetz 1993 beschlossen wurde, widersprüchliche Inter­essen unter einen Hut gebracht wurden und dabei begleitend der Umweltsenat einge­führt wurde.

Wir feiern heuer 15 Jahre Umweltsenat und haben vor Kurzem im Rahmen einer Feier­stunde dieser Einrichtung gedacht, die sich bewährt hat, weil sie eben 25 Verfahren im Jahr abwickelt und es gelingt, die verschiedensten Interessen, die es seitens der Wirt­schaft, aber eben auch seitens der Bürger, der Bürgerinitiativen oder auch der Länder und der Gemeinden gibt, unter einen Hut zu bringen. Der Umweltsenat ist eine Instanz, die hohes Ansehen genießt, und das sollte auch in Zukunft so sein. Daher ist es wich­tig, dass wir aus Gründen der Rechtssicherheit den Umweltsenat verlängern. Zweimal ist es ja bereits geschehen, das dritte Mal erfolgt eben jetzt, um eine begleitende Kon­trolle zu haben und dem Umweltschutz zum Durchbruch zu verhelfen.

Ich möchte in diesem Zusammenhang erwähnen, dass die Novelle des Umweltverträg­lichkeitsprüfungsgesetzes wichtig war, mit der wir den Versuch unternommen haben, ökologische Interessen mit ökonomischen Interessen zu vereinen. Das ist gelungen, weil wir einerseits nicht nur beispielsweise bei der Wasserkraft, sondern auch bei an­deren Infrastruktureinrichtungen Fortschritt brauchen, aber andererseits unser hohes Niveau im Bereich des Umweltschutzes, des Wasserschutzes und der Bürgerrechte wahren wollen.

Die UVP-Gesetz-Novelle war notwendig, die Verlängerung des Umweltsenats eben­falls, weil sich hier eines ins andere fügt und weil es wichtig ist, hier die Kontinuität zu wahren.


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Zur Diskussion von vorhin und auch zur Diskussion um die Standpunkte Österreichs in Kopenhagen: In 18 Tagen beginnt die UNO-Weltklimakonferenz. Klar ist, dass für Ös­terreich die Kernenergie keine Option ist – auch keine Option in die Richtung, damit Kli­maschutzziele zu erreichen, wiewohl beispielsweise Frankreich sehr stark davon profi­tiert, und zwar gerade jetzt beim Erreichen der Kyoto-Ziele, weil Frankreich sehr stark auf Kernenergie setzt. Für uns bleibt jedoch die friedliche Nutzung der Kernenergie auch weiterhin keine Option. Klar ist auch, dass wir als Europäische Union gemeinsam auftreten, um in Kopenhagen ein erfolgreiches Klimaschutzabkommen zu erzielen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

15.00


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich unterbreche nunmehr die Verhandlung über den Punkt 12 der Tagesordnung, damit die verlangte Behandlung einer Dringlichen Anfrage gemäß der Geschäftsordnung um 15 Uhr stattfinden kann.

15.00.59Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend das völlige Versagen Faymanns in der aktuellen EU-Politik (3733/J)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 3733/J.

Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich dessen Verle­sung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

In den letzten Wochen haben mehrere Entscheidungen des Bundeskanzlers in Sachen EU-Politik für Aufsehen im negativen Sinne gesorgt. Angefangen bei der Frage des ös­terreichischen Mitglieds der EU-Kommission, ebenso wie in Sachen Vertrag von Lissa­bon bis hin zu der – finanziell für Österreich wichtigen – Frage der EU-Steuern, lässt Bundeskanzler Werner Faymann derzeit keine Gelegenheit aus seine Überforderung unter Beweis zu stellen.

So ist mit der Nominierung von Johannes Hahn durch die Bundesregierung für den ös­terreichischen Kommissionsposten ein monatelanges Hickhack in der rot-schwarzen Koalition mit einem Kompromiss zu Ende gegangen. Ein Kompromiss, der nichts Gutes zu verheißen mag, zumal Hahn als Wissenschaftsminister als gescheitert zu betrach­ten ist, sieht man sich die derzeitige Situation auf den österreichischen Universitäten an. Die Richtigkeit der Forderung der Opposition, v.a. der FPÖ, die Besetzung der Kommission zu objektivieren, wurde durch diese Vorgänge unterstrichen.

Selbst in der ÖVP wird die Entscheidungsfindung durch SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann und seinen ÖVP-Vizekanzler Josef Pröll, sowie das Auftreten von Johannes Hahn als „nicht optimal“ bezeichnet (Ex-ÖVP-Vizekanzler Erhard Busek). Man ist der Meinung, dass man sich vor dem interkoalitionärem Streit über Personen überlegen hätte müssen, welche Bereiche für Österreich wichtig sind. So droht jetzt die Gefahr, dass Österreich eines der kleinen Ressorts zufällt, wie beispielsweise das Bildungs­ressort. Die Berufung von Hahn zum EU-Kommissar dürfte also eine nachhaltige Be­schädigung österreichischer Interessen zur Folge haben, zumal anderen Österrei­chern, wie zum Beispiel Wilhelm Molterer, Wolfgang Schüssel oder Alfred Gusenbauer deutlich bessere Chancen auf deutlich wichtigere Funktionen zugeschrieben werden.

Negativ aufgefallen ist auch das Schweigen des Kanzlers zur Frage der Einführung einer eigenen EU-Steuer. Anfang November berichtete die „Frankfurter Allgemeine Zei­tung“, die Kommission schlage vor, der EU direkte, eigene Einnahmen zu verschaffen, sprich: eine eigene Steuer einzuführen, die direkt an Brüssel geht. Ein adäquater Bei-


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trag des Bundeskanzlers, der deutlich erkennen ließe, dass Steuererhöhungen den Österreicherinnen und Österreichern nicht mehr zumutbar sind ist ebenso ausgeblie­ben wie eine Klarstellung, dass eine solche EU-Steuer – vor dem Hintergrund der Net­tozahlereigenschaft Österreichs – generell nicht in Frage kommen darf.

Wohl als schwerwiegendstes Unvermögen aber ist der Kurs des Kanzlers in Sachen Vertrag von Lissabon zu bezeichnen. Nachdem die SPÖ gemeinsam mit der ÖVP in Österreich eine Volksabstimmung über dessen Ratifizierung verhindert hat, und der Vertrag zwischenzeitlich in Irland gescheitert ist, sahen die Staats- und Regierungs­chefs der Mitgliedstaaten der Europäischen Union – unter ihnen eben auch der öster­reichische SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann – den Reformprozess als nicht been­det an und waren bemüht, den Vertrag von Lissabon trotz der Ablehnung durch die Iren durchzusetzen, was zumindest insofern gelungen ist, als dass die Iren bekanntlich in einem neuerlichen Volksentscheid am 2. Oktober 2009, unter massivem Druck durch das EU-Establishment, einer EU-Propaganda-Show der Sonderklasse und nach ver­schiedenen Zugeständnissen, doch mehrheitlich mit „Ja“ für den Vertrag von Lissabon votierten.

Doch war das für das Vertragswerk nicht die letzte Hürde, behielt sich doch der tsche­chische Präsident Vaclav Klaus vor, den Vertrag mit seiner Unterschrift auch für die Republik Tschechien endgültig zu ratifizieren. Das lag zum einen daran, dass in Tsche­chien erst am 3. November 2009 über die weitere Behandlung einer Klage gegen den Vertrag von Lissabon entschieden wurde, zum anderen daran, dass Klaus das Ver­tragswerk grundlegend für „nicht gut“ hält, zumal die tschechischen Benes-Dekrete durch ein Inkrafttreten des Vertrages Lissabon gefährdet erschienen und Restitutions­forderungen von Vertriebenen drohten. Daher forderte der tschechische Präsident eine Garantieerklärung, bzw. Sonderklausel für die Republik Tschechien, die die Erhaltung der Benes-Dekrete gewährleistet.

Die Benes-Dekrete, mit denen nach Kriegsende Millionen Sudetendeutsche, aber auch Hunderttausende Ungarn in der damaligen Tschechoslowakei enteignet, entrechtet und vertrieben worden waren, sind und bleiben aber ein Unrecht, welches unabhängig vom Vertrag von Lissabon aufgearbeitet und wieder gut gemacht werden muss.

Mittlerweile wurde der Vertrag von Lissabon vom tschechischen Präsidenten Vaclav Klaus unterschrieben. Einerseits, weil am 3. November 2009 eine Klage gegen den Vertrag in Tschechien abgewiesen wurde, andererseits, weil der Europäische Rat (bei dem Österreich von SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann und ÖVP-Außenminister Michael Spindelegger vertreten wird) der Republik Tschechien eine Ausnahmeklausel für die Grundrechtecharta garantiert hat, die indirekt die Benes-Dekrete sanktioniert. Damit wird der Vertrag von Lissabon wohl am 1. Dezember 2009 in Kraft treten.

Das hat doppelte Brisanz, weil SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann und ÖVP-Außenminister Michael Spindelegger im Vorfeld des Europäischen Rates – im Rahmen des EU-Hauptausschusses – zusagten, dass aus ihrer Sicht eine Änderung des vorlie­genden Vertragstextes und ein neuer Ratifizierungsprozess auszuschließen sind und eine Sanktionierung der Benes-Dekrete für Österreich eine unüberwindbare Hürde dar­stellt.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundes­kanzler daher folgende

Dringliche Anfrage

1) Ist es richtig, dass Sie der ÖVP das Recht zur Nominierung eines, von Österreich vorzuschlagenden EU-Kommissars im Tausch für den Zugriff auf den ORF-Chef zuge­sagt haben?


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2) Warum ist für Sie ausgerechnet Johannes Hahn die derzeit bestqualifizierte Person für das österreichische Mitglied in der EU-Kommission?

3) Warum ist für Sie Wilhelm Molterer als EU-Kommissar weniger geeignet als Johan­nes Hahn, zumal Hahns Versagen als Wissenschaftsminister gerade in den Tagen sei­ner Nominierung offenkundig wurde?

4) Wurde durch die Nominierung Hahns die Chance eines Kommissars aus Österreich auf ein wichtiges Ressort, wie z.B. das Landwirtschaftressort, leichtfertig von Ihnen ver­spielt, wie von EU- Insidern behauptet wird?

5) Ist es richtig, dass EU-Kommissions-Präsident José Emanuel Barroso Österreich das Agrarressort zugesichert, bzw. sehr konkret in Aussicht gestellt hat?

6) Warum wurde, insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen Milchbauernkrise, das Angebot José Emanuel Barrosos ausgeschlagen und nicht Wilhelm Molterer – auf Grund seiner unbestrittenen Qualifikation im Landwirtschaftsbereich – nominiert?

7) Können Sie dezidiert ausschließen, dass Johannes Hahn „Ihr Mann für Brüssel“ nur deshalb ist, weil Sie der Wiener ÖVP vor der Wiener Landtagswahl eine Obmann-De­batte aufbürden wollten?

8) Wurde bereits über mögliche Ressorts für das österreichische Mitglied der EU-Kom­mission auf europäischer Ebene verhandelt?

9) Welchen Inhalt genau hatten Verhandlungen über das österreichische Ressort in der EU-Kommission?

10) Ist es richtig, dass – wie das Wochenmagazin „profil“ 47/2009 berichtete – Ihnen das Ressort für Regionalförderung „nicht besonders erstrebenswert“ erscheint?

11) Ist es richtig, dass Sie hinsichtlich der zwei neu zu besetzenden Spitzenpositionen, nämlich jener des EU-Ratspräsidenten und jener des Hohen Beauftragten für die ge­meinsame Außen- und Sicherheitspolitik, die Namen Wolfgang Schüssel und Alfred Gusenbauer „nur in Österreich gehört“ haben?

12) Was haben Sie konkret unternommen, um eine dieser beiden Spitzenpositionen einem Kandidaten aus Österreich zu ermöglichen?

13) Wie beurteilen Sie den Umstand, dass Alfred Gusenbauer von der Financial Times ebenso intakte Chancen auf die Funktion des Hohen Beauftragten eingeräumt werden wie von der Sprecherin des SPE–Chefs, Poul Nyrup Rasmussen, Silke Thomson und der Sprecherin von Javier Solana, Cristina Gallach?

14) Warum fällt es Ihnen so schwer, andere österreichische Politiker auf europäischer Ebene zu unterstützen?

15) Welcher Ihrer Termine war wichtiger, als die Anwesenheit bei der Eröffnung des Europahauses in Wien?

16) Wie ist der Verhandlungsstand in Sachen EU-Steuern?

17) Welche Arten von EU-Steuern sollten – Ihrer Meinung nach – eingeführt werden?

18) Gibt es eine Garantie, dass EU-Steuern Österreichs Nettobeitrag zur Europäischen Union deutlich senken würden?

19) Können Sie ausschließen, dass es – im Falle der Einführung einer EU-Steuer – zu einer Mehrbelastung für die österreichischen Steuerzahler kommt?

20) Sind Sie für die Vereinheitlichung der Umsatzsteuer auf europäischer Ebene?

21) Sind Sie dafür, dass der EU das Besteuerungsrecht übertragen wird?


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22) Sind Sie für die Einführung einer europaweiten Transaktionssteuer?

23) Wie soll nach Ihrer Meinung diese Transaktionssteuer ausgestaltet werden?

24) Wann wird der Vertrag von Lissabon genau in Kraft treten?

25) Warum haben Sie zusätzlichen Protokollen und Zugeständnissen – also Änderun­gen des Vertrages von Lissabon – für andere EU-Mitgliedsstaaten zugestimmt, und da­bei die Chance verpasst, im Zuge einer neuerlichen Ratifizierung Ihr Versprechen ein­zulösen, eine Volksabstimmung in Österreich über grundlegende EU-Verträge durch­zuführen?

26) Wie stehen Sie zu der Frage des Beitrittes der Türkei zur Europäischen Union und einer Volksabstimmung in Österreich zu dieser Frage?

27) Warum haben Sie am Europäischen Rat vom 29. und 30. Oktober 2009 einer Aus­nahmeregelung in Sachen Grundrechtecharta für Tschechien zugestimmt – im Wissen, dass es dabei um eine indirekte Sanktionierung der menschenverachtenden Benes-Dekrete geht?

28) Wie rechtfertigen Sie diese Zustimmung im Lichte des Versprechens ihres Außen­ministers Michael Spindelegger und Ihrer eigenen Person, dass es bei den Benes-De­kreten keine Zugeständnisse an Tschechien geben darf?

29) Wie genau sieht die Ausnahmeregelung in Sachen Grundrechtecharta aus?

30) Welche Möglichkeiten werden die Opfer der tschechischen Vertreibungsverbre­chen nach Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon haben, um eine Wiedergutma­chung des erlittenen Unrechtes zu erhalten?

31) Werden Sie sich für eine solche Wiedergutmachung einsetzen?

32) Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die Benes-Dekrete abgeschafft werden?

In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage im Sinne des § 93 Abs. 2 GOG dring­lich zu behandeln und dem Erstanfragesteller die Gelegenheit zur mündlichen Begrün­dung zu geben.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Strache als erstem Fragesteller zur Begründung der Anfrage, die gemäß § 93 Abs. 5 der Geschäftsord­nung 20 Minuten nicht überschreiten darf, das Wort. – Bitte.

 


15.01.28

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Leere Regierungsbank! Ich frage mich, wo der Herr Bundeskanzler heute ist. (Abg. Ing. Wes­tenthaler: Vielleicht kann ihn jemand herzitieren!) Wahrscheinlich hat er verschlafen, wie das auch in EU-Fragen schon öfters vorgekommen ist. Aber wenn man sich die ... (Bun­deskanzler Faymann – den Sitzungssaal betretend –: Hier!) Ah, Sie sind da! Sie haben es doch noch geschafft. Na, ich freue mich. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Wenn man sich die unerträgliche und unsägliche Vorstellung vor Augen führt, die die Bundesregierung – vor allen Dingen der verantwortliche Bundeskanzler – in den letzten Wochen und Monaten zu verschiedensten Bereichen und EU-Themen gegeben hat, dann kann man eigentlich nur mehr an folgenden Satz von Friedrich Schiller, dessen 250. Geburtstag vor Kurzem gefeiert wurde, denken, der da lautet: „Da wendet sich der Gast mit Grausen.“


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Dieser Satz fällt einem ein, wenn man die Politik betrachtet, die Sie zu EU-Themen be­treiben. Gerade Sie, Herr Bundeskanzler Werner Faymann, haben in Bezug auf Fra­gen der Europäischen Union einige Böcke abgeschossen und gehöriges Aufsehen – im negativen Sinn – erregt.

Allein mit der Art und Weise, wie man in den letzten Wochen und Monaten die Frage der Besetzung des EU-Kommissars diskutiert hat und wie man da vorgegangen ist, hat man sich in der Öffentlichkeit lächerlich gemacht, und zwar über Landesgrenzen hinaus.

Was den Vertrag von Lissabon und die angedachten EU-Steuern betrifft, vermissen wir eine klare Position von Ihnen: dass wir nämlich keine neuen Steuern wollen, schon gar nicht eine EU-weite Steuer für unser Land! (Beifall bei der FPÖ.)

Da sind Sie, Herr Bundeskanzler, wahrscheinlich überfordert, denke ich, und werden keine Gelegenheit auslassen, die österreichischen Interessen nicht zu vertreten, wobei man sich natürlich schon die Frage stellen muss: Ist es Überforderung, ist es Böswillig­keit oder ist es bloß reine Gleichgültigkeit, die Sie in diesen Fragen an den Tag legen? Deshalb haben wir heute diese Dringliche Anfrage an Sie gerichtet, weil wir ein paar Fragen geklärt haben wollen.

Wir wollen absurde, fragwürdige Entscheidungen geklärt wissen, die in den vergangen Wochen zustande gekommen sind. Wir möchten auch wissen, was Sie eigentlich mehr interessiert: Parteipolitik und parteipolitische Anliegen oder ein starker rot-weiß-roter Auftritt Österreichs innerhalb der Europäischen Union.

Schauen wir uns einmal das ganze Theater um die Nominierung des österreichischen EU-Kommissars an, die Art und Weise, wie das von österreichischer Seite beschlossen wurde!

Da hat es ein monatelanges Hickhack, ein parteipolitisches Gezänk zwischen ÖVP und SPÖ gegeben. Damit haben wir uns auch international lächerlich gemacht. Und das Er­gebnis dieses absurden Theaters war, dass jetzt als österreichischer Kommissar Wis­senschaftsminister Hahn entsendet werden soll, jener Mann, der im wissenschaftspoli­tischen Bereich, aber auch als ÖVP-Landesparteiobmann Wiens eigentlich nicht unbe­dingt erfolgreich war. Also man hat den Eindruck, dass das eine Notlösung gewesen ist. Dabei hätte es durchaus andere Möglichkeiten, andere Lösungen gegeben. Da zeigt sich einmal mehr, dass unsere Forderung durchaus berechtigt war, auch in dieser Frage ein objektives Verfahren durchzuführen, im Rahmen dessen wir zuerst debat­tieren, welche Positionen wir besetzen können – es sind ja durchaus hohe EU-Positionen im Gespräch gewesen, ja, sind nach wie vor im Gespräch –, und erst dann darüber entscheiden, welche Personen dafür die geeignetsten wären. (Beifall bei der FPÖ.)

Dieser unserer Forderung ist man leider nicht nachgekommen. Selbst Ihr Koalitions­partner, die Österreichische Volkspartei, hat hinter vorgehaltener Hand kundgetan – aber auch in der Öffentlichkeit ist es durchgedrungen –, dass die Entscheidungsfin­dung nicht wirklich optimal gelaufen ist. Man hat den Eindruck, dass Sie, Herr Bundes­kanzler, da ganz bewusst aus parteipolitischem Kalkül versucht haben, der ÖVP ein Haxl zu stellen, denn es wurde eigentlich die Vereinbarung getroffen, dass die ÖVP den Kommissar bestimmt, sie aber dafür im ORF fuhrwerken können, wie Sie wollen. Offenbar funktionierte diese Vereinbarung nicht ganz. Das ist der Hintergrund, warum man jetzt versucht, sich gegenseitig ein Haxl zu stellen.

Unsere Hauptkritikpunkte sind der innerkoalitionäre Streit über Personen, wobei man leider nicht vorher überlegt hat, welche Funktionen man in der EU erreichen kann, und erst dann entschieden hat, welche Personen dafür in Frage kommen. Das Resultat dieser Ihrer Vorgangsweise ist jetzt, dass wir Gefahr laufen, ein unbedeutendes Res-


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sort, ein Miniressort – man kann auch „Micky-Maus-Ressort“ dazu sagen – in der Euro­päischen Union zu erhalten, obwohl ganz andere Möglichkeiten bestanden haben, nämlich unter anderem die Möglichkeit, dass wir sehr wohl ... (Abg. Grosz: Ich kriege ein Ressort – ein Miniressort!) Es ist ja schön, wenn man so einen Spitznamen hat; da kann man wirklich „stolz“ sein, gell?!

Es sind ja auch andere Personen in der Europäischen Union genannt worden, wie et­wa der ehemalige Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, aber auch der ehemalige Bun­deskanzler Gusenbauer. Es sind auch durchaus interessante Positionen im Gespräch, nämlich die des EU-Ratspräsidenten oder die des Hohen Beauftragten für die Gemein­same Außen- und Sicherheitspolitik. Das sind also durchaus sehr interessante Berei­che, und da sollte der Bundeskanzler eigentlich keine parteipolitischen Interessen ver­folgen, sondern solch hohe Funktionen in der Europäischen Union anstreben und über Parteigrenzen hinweg die Entscheidung fällen, welche Persönlichkeiten diese Positionen am besten ausfüllen können.

Selbst wenn diese beiden Positionen nicht in Frage kämen, wäre vielleicht noch das Landwirtschaftsressort zu bekommen, wofür sicherlich der ehemalige Vizekanzler Mol­terer geeignet wäre. Das ist keine Frage! Das hätte man auch überlegen können.

Aber nach der Vorgangsweise zu schließen, die Sie, Herr Bundeskanzler, gewählt ha­ben, haben Sie Interesse daran, allen ein Haxl zu stellen – bis hin zu Ihrem ehemaligen Parteifreund Gusenbauer, den Sie als Parteivorsitzenden demontiert haben. Das ist ein sehr trauriger Umstand, wie Sie da vorgegangen sind. (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist aber auch traurig, wie Sie jetzt vorgehen, denn Sie sagen, dass Sie die Vorschlä­ge nur in Österreich gehört hätten, dass diese nur in Österreich zur Debatte gestanden seien. Das verwundert, denn sogar in der „Financial Times“ hat es Berichte gegeben, wonach sehr wohl intakte Chancen für die Funktion des Hohen Beauftragen bestehen würden. Sogar die Sprecherin von SPE-Chef Rasmussen, Frau Thomson, und die Sprecherin von Javier Solana, Frau Christina Gallach, haben das bestätigt. Also nicht nur in Österreich wurden diese Vorschläge diskutiert, sondern weit über die österrei­chischen Grenzen hinaus. Das zeigt, dass Sie das bewusst herunterzuspielen ver­suchen, weil Sie persönliche Interessen verfolgen – und nicht österreichische Inter­essen!

Das alles ist sehr bezeichnend für Ihr gesamtes Politikverständnis, denn als Bundes­kanzler sollte man in solchen Fragen über parteipolitische Grenzen hinweg entschei­den. Sie aber betreiben hier leider parteipolitische Agitation – und nehmen nicht die Vertretung der Interessen Österreichs wahr, indem Sie die Chancen nützen, die vor­handen sind und die in aller Öffentlichkeit diskutiert werden.

Ich möchte heute von Ihnen auch eine klare Antwort auf die Frage, ob es richtig ist, dass Sie der ÖVP das Recht auf die Nominierung eines von Österreich vorzuschlagen­den EU-Kommissars im Tausch für den Zugriff auf den ORF-Generaldirektor gegeben haben. Das alles sind nämlich Themenbereiche, die sehr offen in der österreichischen Medienlandschaft diskutiert wurden, und es wäre besonders verantwortungslos und in­akzeptabel, wenn man mit der Mitgestaltung innerhalb der Europäischen Union so um­gehen würde, dass man solch einen Deal macht.

Was das Mitgestalten in einer modernen Europäischen Union betrifft, haben Sie, Herr Faymann, Ihre Lektion auch in puncto demokratischer Mitbestimmung der österreichi­schen Bevölkerung noch lange nicht gelernt. Ich meine damit, dass Sie den Österrei­chern – und ich spreche hier von Arroganz – bis dato eine Volksabstimmung über den EU-Verfassungsvertrag, über den Vertrag von Lissabon verweigern. Wir haben hier in diesem Hohen Haus insgesamt sieben Anträge auf eine verbindliche Volksabstimmung in Österreich eingebracht. Leider sind all diese sieben Anträge von allen anderen Frak­tionen dieses Hauses abgelehnt worden, was ein sehr trauriger Umstand war.


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Sie haben in der Frage der Volksabstimmung Ihr Wort gegeben, Herr Bundeskanzler! Sie haben sogar einen offenen Brief an die größte Tageszeitung Österreichs gesandt, und zwar vor einer großen Wahlentscheidung, und in diesem Brief haben Sie den Ös­terreichern versprochen, dass diese Volksabstimmung stattfinden wird, sollte es zu Än­derungen des Vertrages von Lissabon kommen. (Abg. Kickl – in Richtung Bundes­kanzler Faymann –: Nicht lachen!) Klar, da kommt wieder die „Bundeskanzler-Grinse­katze“ hinter mir. Ich habe das Lachen auch gehört, ich muss es nicht unbedingt se­hen. Aber das Lachen wird Ihnen noch vergehen, wenn Sie Versprechungen, die Sie machen, nicht einhalten, Herr Bundeskanzler. Das kann ich Ihnen von diesem Pult aus versichern.

Natürlich hat sich am Vertrag von Lissabon etwas verändert. Mittlerweile wurde der Vertrag von Lissabon vom tschechischen Präsidenten Vaclav Klaus unterschrieben, und zwar einerseits deshalb, weil am 3. November 2009 die Klage gegen den Vertrag in Tschechien abgewiesen wurde, und andererseits deswegen, weil der Europäische Rat der Republik Tschechien eine Ausnahmeklausel für die Grundrechtecharta garan­tiert hat, die indirekt die Beneš-Dekrete sanktioniert. Und das ist ja genau der Skandal, um den es geht!

Im Hauptausschuss haben alle Regierungsvertreter, vom Bundeskanzler bis zum Außenminister, noch gesagt, das werden Sie nicht zulassen, da darf es zu keinen Ver­änderungen kommen. Und dann haben Sie in dieser wichtigen Frage geschlafen bezie­hungsweise wieder beide Augen – und auch die Hühneraugen – zugedrückt.

Das ist wirklich eine Sauerei, denn da geht es um menschenrechtswidrige Dekrete, die abgeschafft gehören! Da erwarte ich von Ihnen, dass Sie endlich einmal wirklich auf den Tisch hauen, anstatt nur zuzusehen. (Beifall bei der FPÖ.)

Genau aufgrund einer so ungeheuerlichen Vorgangsweise stehen wir heute vor der Si­tuation, dass der Vertrag von Lissabon am 1. Dezember 2009 in Kraft treten soll. Wir haben allerdings eine Verfassungsklage für den Fall vorbereitet, dass dies wirklich ein­tritt.

Die Beneš-Dekrete, mit denen nach Kriegsende 3,5 Millionen Sudetendeutsche vertrie­ben, enteignet und entrechtet und Hunderttausende ermordet worden sind – auch hun­derttausende Ungarn waren davon betroffen –, sind und bleiben ein himmelschreien­des Unrecht, und da kann man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, sondern da muss man – auch unabhängig vom Vertrag von Lissabon – endlich dafür Sorge tragen, dass dieses Unrecht aufgearbeitet wird, wieder gutgemacht wird. Solche menschen­rechtswidrigen und verbrecherischen Bestimmungen wie die Beneš-Dekrete haben in einer Europäischen Union nichts verloren, denn das würde Verbrechen gegen die Menschlichkeit rechtfertigen – und das kann es nicht sein! (Beifall bei der FPÖ.)

Daher erwarte ich mir von Ihnen andere Verhaltensmuster als die, die Sie jetzt wieder an den Tag gelegt haben.

Ich darf Sie noch einmal daran erinnern, dass wir im Vorfeld des Europäischen Rates, im EU-Hauptausschuss darüber gesprochen und Sie in dessen Rahmen zugesagt ha­ben, dass aus Ihrer Sicht eine Änderung des vorliegenden Vertragstextes auszuschlie­ßen ist und eine Sanktionierung der Beneš-Dekrete für Österreich eine unüberwindba­re Hürde darstellt.

Genau das waren Ihre Worte! Aber auf einmal wollen Sie von all dem nichts mehr wis­sen? Das sind die Versprechen, die diese Bundesregierung macht? Und wenn dann das eintritt, was man angenommen hat, dann geht man ganz einfach zur Tagesord­nung über und tut so, als hätte man nie etwas zugesagt beziehungsweise versprochen.

Das ist nicht die Art, wie man Politik machen sollte! Wenn Sie etwas zusagen, dann erwarten die Bürger, dass Sie dazu auch stehen und das auch konsequent weiterver-


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folgen. Das ist aber bei Ihnen leider nicht der Fall. Da frage ich mich schon, ob Sie sich da überhaupt noch in den Spiegel schauen können, wenn Sie so vorgehen. (Beifall bei der FPÖ.)

Werden Sie diesbezüglich noch irgendetwas unternehmen, Herr Bundeskanzler? Wel­che Möglichkeiten werden die Opfer der tschechischen Vertreibungsverbrechen nach Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon haben, um eine Wiedergutmachung des erlit­tenen Unrechts zu erhalten? Oder sind Ihnen diese Menschen wirklich gleichgültig?

Ich will von Ihnen heute eine klare Antwort haben, ob Sie sich für die Abschaffung die­ser menschenrechtswidrigen und verbrecherischen Beneš-Dekrete wirklich einsetzen werden – und eben nicht einfach zur Tagesordnung übergehen werden.

Ein weiterer Punkt, von dem es unserer Auffassung nach wichtig ist, dass er beleuchtet wird, weil er sehr bedenklich stimmt und äußerst negativ aufgefallen ist, ist Ihr Schwei­gen, Herr Bundeskanzler, zur aktuellen Frage der Einführung von EU-weiten Steuern, über die derzeit debattiert wird.

Anfang November berichtete die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ bereits darüber. Da hieß es: Die Kommission schlägt vor, der EU direkte eigene Einnahmen zu verschaf­fen, sprich: eine eigene EU-Steuer einzuführen, die direkt an Brüssel gehen soll.

Ich frage Sie, Herr Bundeskanzler: Wie ist Ihre Position dazu? Wir sind Nettozahler. Wir zahlen an die Europäischen Union jährlich Milliarden an Nettobeiträgen. Wir wollen nicht zusätzlich auch noch EU-Steuern abführen müssen. (Abg. Amon: Wie viel ist denn das genau?) Da muss man doch endlich einmal darüber nachdenken und sehen, dass wir selbst genügend Probleme im eigenen Land haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Bezüglich dieser EU-Nettobeiträge, dieser Milliarden, die da von Österreich nach Brüs­sel fließen und irgendwo in dunklen Kanälen versickern, sollten wir doch darüber nach­denken, zumindest eine 50-prozentige Reduzierung durchzusetzen (Beifall bei der FPÖ), und nicht einfach nach dem Motto vorgehen: Darf es ein bisschen mehr sein? Die österreichischen Steuerzahler kann man ohnehin ausnehmen und aussackeln, die sind schon bereit, dass wir sie belasten!

Das ist Ihr Denken! Unser Denken ist das nicht. Ich denke, dass eine Reduktion der Nettobeiträge notwendig wäre, weil wir bei der Arbeitslosigkeit, die in der letzen Zeit dramatisch angestiegen ist, und bei den sozialen Problemen, die wir haben, jeden Cent im eigenen Land brauchen und nicht noch über zusätzliche EU-weite Steuern nach­denken sollten. Das ist sicherlich der falsche Weg! (Beifall bei der FPÖ.)

Wir verlangen heute von Ihnen auf diese Frage eine klare Antwort – kein Herumge­rede, man werde vielleicht einmal überlegen und einen Arbeitskreis gründen, so nach dem Motto: Wenn man nicht mehr weiterweiß, gründet man einen Arbeitskreis. – Das sind ja immer die Botschaften, die wir von Ihnen vernehmen.

Wir wollen heute von Ihnen eine konkrete Antwort auf die Frage, wie der Verhand­lungsstand in Sachen EU-weite Steuer derzeit aussieht. Von der Freiheitlichen Partei kommt dazu jedenfalls ein klares Nein. Ich verlange von der österreichischen Bundes­regierung die gleiche Positionierung, in der man diesen EU-Plänen eine deutliche Ab­sage erteilt. Allerdings ist zu befürchten, dass Sie auch diesbezüglich wieder eine an­dere Position einnehmen. Ich habe bisher noch nie erlebt, dass diese Bundesregierung einmal anders gehandelt hätte, als von der EU-Zentrale vorgegeben wurde. Da sind wir immer absolute Musterschüler, da kann man mit uns machen, was man will. Es kann der größte Unsinn sein, wir hoppeln immer sofort hinterher. Und das ist genau die Vor­gangsweise, wie man es nicht machen sollte.

Ich glaube, die österreichische Bevölkerung hat ein Recht darauf, dass Sie mit mehr Selbstbewusstsein in all diesen Fragen auftreten und die rot-weiß-roten Interessen in den Vordergrund stellen. Das sollte die Aufgabe der Bundesregierung sein!


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Ich fordere deshalb von Ihnen, Herr Bundeskanzler Werner Faymann, aber natürlich genauso auch vom Vizekanzler Josef Faymann dazu eine unverzügliche Stellungnah­me. (Abg. Grosz: Pröll!) Ah, Pröll! Jetzt haben wir schon eine Doppelbesetzung, gell? Im Grunde genommen muss man es ja umdrehen: Der heimliche Bundeskanzler heißt ja eigentlich Josef Pröll, muss man sagen. (Abg. Grosz: „Werner Pröll“!) „Werner Pröll“ wahrscheinlich, ja. Aber der Vizekanzler Josef Pröll ist eigentlich heute der heimliche Bundeskanzler, wenn man seine Aktivitäten betrachtet. Bei der Art und Weise, wie er Politik in der Öffentlichkeit darstellt und kommuniziert, hat man eigentlich den Eindruck, dass Sie, Herr Faymann, eigentlich gar nicht mehr Bundeskanzler sind.

In den kommenden Jahren wird Österreich – weil das vorhin vonseiten der ÖVP ge­fragt wurde – durchschnittlich 0,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes netto nach Brüs­sel abliefern müssen. Der geschätzte Nettobeitrag in den Jahren 2007 bis 2013 beträgt 6,02 Milliarden €. Weil Sie es genau wissen wollten, rechne ich es um: In alter Wäh­rung sind das 83 Milliarden Schilling. Na, gute Nacht! 83 Milliarden Schilling müssen wir an Brüssel überweisen, und die versickern teilweise in irgendwelchen Olivenplan­tagen oder sonst wo, wo man im Nachhinein gar nicht weiß, wer da in Wirklichkeit das Handerl aufgehalten hat. Der Bruttobeitrag, den wir im Zeitraum von 2007 bis 2013 zahlen müssen, beträgt 16,1 Milliarden €. Das entspricht in alter Währung sage und schreibe 220 Milliarden Schilling.

Das sind wahrscheinlich Peanuts für Sie – für die österreichische Bevölkerung sind das keine Peanuts, und an der putzt man sich sozusagen in der Frage ab. In Wirklichkeit sind das enorme Beträge!

Vor nicht allzu langer Zeit mussten wir erleben, dass man bereit war, für Bankenpakete 15 Milliarden € in die Hand zu nehmen. Demnächst steht die Hypo Alpe Adria wieder vor der Tür, um eine weitere Milliarde zu beantragen. Die eigene Bevölkerung soll da immer herhalten, die wird sozusagen in die Zange genommen, wenn es darum geht, dass wer dafür geradestehen muss. Aber wenn es um Entlastungen für die eigene Be­völkerung geht, dann hat man kein Geld, weil man eben dieses Geld für andere Kanäle benötigt. Das ist der falsche Weg, den wollen wir nicht mittragen!

Anstatt über eine EU-weite Steuer zu sinnieren, müssen daher endlich Österreichs Nettobeiträge zumindest um 50 Prozent gesenkt und muss das sauer verdiente Steuer­geld der Österreicher auch hier im Land eingesetzt werden. – Da ist viel zu tun! Da ha­ben wir viel Arbeitsaufwand in unserem eigenen Land, und da brauchen wir diese Gel­der nicht weiter in irgendwelchen dubiosen EU-Kanälen versickern zu lassen.

Wir brauchen dieses Geld in Österreich! – Ich habe es heute im Bereich der Massenar­beitslosigkeit, die wir leider zurzeit erleiden müssen, erwähnt: Es gibt manche Exper­ten, die bereits davon sprechen, dass wir befürchten müssen, von den 320 000 Ar­beitslosen, die wir heute schon haben, noch einen Anstieg auf bis zu 400 000 zu erle­ben. – Das heißt, wir müssen alle Kraftanstrengungen unternehmen, das abzuwenden und hier, im eigenen Land, mit Investitionsprogrammen dagegenhalten. Deshalb braucht es da einfach ein Umdenken!

Was diese Regierung in dieser Frage betreibt, ist meiner Meinung nach aber leider nicht verantwortungsbewusst, sondern teilweise sogar gemeingefährlich: Man macht einfach weiter wie bisher, ist nicht bereit, umzudenken, und betreibt eine Politik, die in diesen Fragen nicht unbedingt zum Vorteil Österreichs ist. Wir werden Sie daher dies­bezüglich auch nicht aus der Ziehung lassen.

Für uns steht eines fest: Selbstverständlich hat eine österreichische Bundesregierung die österreichischen Interessen zuerst zu betreuen und dann auch gerne über andere und darüber hinausgehende politische Initiativen nachzudenken – aber genau dieses Prinzip sollten Sie endlich zu leben beginnen, Herr Bundeskanzler! (Beifall bei der FPÖ.)

15.21



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Beantwortung der Anfrage hat sich Herr Bundeskanzler Faymann zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht über­schreiten. – Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


15.21.47

Bundeskanzler Werner Faymann: Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Mit­glieder der Regierung! Sehr verehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ihnen Herrn Strache vorzustellen, ist nicht notwendig; Ihnen zwei oder drei Zitate von Herrn Strache in Erinnerung zu rufen – das, was er über die Europäische Union gesagt hat –, finde ich, ist für die Diskussion nicht uninteressant, da ihm ja das Auftreten von Rot-Weiß-Rot innerhalb der Europäischen Union ein so großes Anliegen ist.

Zitat Strache: „Achtzig Jahre nach ihrer Gründung höre die Republik Österreich dann auf zu existieren und werde genauso ausgelöscht wie 1938“ – im Zusammenhang mit dem Lissabon-Vertrag. (Abg. Strache: Genau!)

„Es drohe der Untergang Europas.“

„Österreich werde an eine diktatorische EU-Struktur angeschlossen.“

Sehen Sie, das alles ist nicht unsere Haltung: Unser rot-weiß-roter Auftritt in der Euro­päischen Union sieht anders aus! (Beifall bei der SPÖ. – Die Abgeordneten Dr. Rosen­kranz und Dr. Königshofer: Leider!)

Zu Ihren Fragen: Natürlich gibt es bei der Frage des Kommissars, wie bei allen Perso­nalfragen, verschiedene Meinungen, verschiedene Wertungen über einen Menschen und dessen Qualifikation, dessen Fähigkeit, dessen persönliche Geschichte. Ich stehe nicht an, nochmals zu betonen, dass ich Dr. Johannes Hahn für einen ausgezeich­neten Vorschlag für die Funktion eines Kommissars halte und dass seine Tätigkeit in der Privatwirtschaft, seine Eignung (Zwischenrufe bei der FPÖ), seine nachvollzieh­bare politische Tätigkeit in Wien, aber auch auf Bundesebene und seine Tätigkeit als Minister das aus meiner Sicht unterstreichen. (Abg. Weinzinger: ... 5, Bereich Politik in Wien: 5, ... 5!)

Es gab von der ÖVP kein Nominierungsrecht – der Unterschied zwischen einem Vor­schlag und einem Nominierungsrecht ist Ihnen, glaube ich, bekannt, wie Sie wahr­scheinlich überhaupt bei vielen Ihrer Fragen die Antwort aus den öffentlichen Diskus­sionen genauso gut kennen wie ich. Es ist Ihnen trotzdem unbenommen, die längst öf­fentlich geklärten Fragen ein weiteres Mal zu stellen; Sie werden es aber als konse­quent erachten, dass ich daher die längst öffentlich getroffenen Klarstellungen hier ein weiteres Mal vornehme.

Es ist von Kommissionspräsident Barroso in keiner Weise ein Ressort, ein Portfolio an­geboten worden – weder indirekt, halb oder viertel noch konkret. (Zwischenruf des Abg. Dr. Königshofer.) – Im Gegenteil: Die öffentlichen Klarstellungen des Kommis­sionspräsidenten – in aller Öffentlichkeit! –, auch seine Aussendungen, auch seine In­terviews, die er in Österreich gegeben hat, haben sehr deutlich gezeigt, dass keinem Land in Europa, auch Österreich nicht, irgendein bestimmtes Ressort in Aussicht ge­stellt oder gar angeboten wurde. (Abg. Weinzinger: Warum ...?) – Sie müssten we­nigsten Ihre eigenen Fragen lesen, dann wüssten Sie, was Sie gefragt haben. (Abg. Dr. Graf: Für das Protokoll: Die ÖVP schüttelt ...! – Abg. Grillitsch: Das ist wichtig festzuhalten!) Auch mich wundert das eine oder andere, weil das längst geklärt ist, aber Sie müssen sich wenigstens diese Mühe machen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Krainer: Das ist aber eh aufgeteilt worden! – Abg. Kickl: Politischer Restlverwerter!)

Zur Frage, ob es für die Österreicherinnen und Österreicher eine Chance gegeben hat oder ob es eine Chance gibt, ob jemand zum engeren Kreis der Kandidaten gehört – ich rede nicht von Zeitungsartikeln, ich rede von Diskussionen, sehr vielen politischen


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Diskussionen, die ich in den letzten Tagen geführt habe, die ich auch heute führe und die ich morgen führen werde: Ich kann Ihnen sagen, dass die Personen, die zum enge­ren Kreis der Kandidatinnen und Kandidaten gehören, zum heutigen Zeitpunkt keinen Vorschlag österreichischer Politikerinnen/Politiker oder ehemaliger österreichischer Po­litikerinnen/Politiker enthalten. (Abg. Vilimsky: Das haben Sie erfolgreich verhindert!)

Dass in der Aufzählung von Regierungschefs und ehemaligen Regierungschefs, von Politikerinnen und Politikern, die Funktionen innehatten oder innehaben (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Vilimsky), aber auch in der Berichterstattung allerlei genannt wird, wissen Sie und haben Sie zum Teil auch zitiert. Eine Person haben Sie aller­dings – unabsichtlich, nehme ich an – zitiert, und zwar die Presseverantwortliche des SPE-Chefs und derzeitigen EU-Präsidenten Rasmussen: Dieser hat jedoch längst öf­fentlich klargestellt, dass es nie eine Kandidatenliste gegeben hat, auf der ein Name eines Österreichers zu finden war. Da das sogar in der „Zeit im Bild“ wiedergegeben wurde – vielleicht haben Sie das nicht gesehen, aber die öffentliche Erklärung war über die APA (Abg. Kickl: Na dann!) –, haben Sie ihn ganz bewusst noch einmal falsch ge­nannt.

Es ist aber auch gleichgültig, wen Sie alles nennen, ich sage Ihnen noch einmal: Hätte ein Österreicher oder eine Österreicherin – das gilt auch für die Diskussion, die morgen zu erwarten ist –, hat ein Österreicher oder eine Österreicherin eine Chance, dann gilt selbstverständlich, dass wir jede Kandidatin oder jeden Kandidaten, wenn sich diese Chance ergibt, voll unterstützen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Graf: Da wird morgen ganz überraschend ...!)

Frage 15 betrifft die Eröffnung des Europahauses: Tatsächlich habe ich einige Wochen vorher, bei der Vorausplanung, mit dem Herrn Bundespräsidenten darüber gespro­chen, ob er an dieser Veranstaltung teilnimmt. – Nachdem er gesagt hat, er nimmt an dieser Veranstaltung teil, habe ich unsere Staatsspitze gut vertreten gesehen. Ich habe unsere Staatsspitze auch insgesamt gut vertreten gesehen durch viele andere Politike­rinnen und Politiker dieses Hauses, der Regierung, die dort vertreten waren. – Wenn neuerlich eine derartige Veranstaltung stattfindet, werden Sie mich zusätzlich dort finden.

Zu den Fragen 16 bis 23 – europäische Steuern, Finanztransaktionssteuer, Umsatz­steuer –: Es gibt eine Fünf-Parteien-Einigung in diesem Haus darüber, dass wir eine Finanztransaktionssteuer wollen; da es eine Fünf-Parteien-Einigung ist, hängt das auch mit Ihnen zusammen. Also geht es darum, dass ich – und ich darf sagen, das gilt in gleicher Weise für den Finanzminister, in gleicher Weise für den Herrn Außenminis­ter und andere Vertreter der Regierung – bei allen Diskussionen auf europäischer Ebe­ne den Inhalt dieses Fünf-Parteien-Antrages vertrete, nämlich die Einführung einer Fi­nanztransaktionssteuer auf europäischer Ebene – ja, darüber hinaus wäre die Einfüh­rung auf internationaler Ebene wünschenswert.

Wir waren diesbezüglich am Anfang fast alleine: Frankreich hat eine ähnliche Überle­gung in den Raum gestellt, aber es gab kaum andere Länder, die sich in dieser Weise geäußert haben. – Obwohl wir wissen, dass die inhaltliche Frage zu beantworten ist, wer zum Schluss einen Teil jener zusätzlichen Schulden bezahlt, die in Europa aufge­nommen werden, um gegen diese Krise anzukämpfen, obwohl wir wissen, dass es noch mehr Länder werden, die sich dieser Idee anschließen werden, kann ich Ihnen zur Stunde nicht ernsthaft sagen, ob, und schon gar nicht, in welcher Form eine derarti­ge Steuereinnahme damit – auf europäischer Ebene – für die jeweiligen Länder in Europa eingeführt werden kann.

Das Wie ist daher eine Diskussion, die derzeit gar nicht stattfindet, die Frage, ob eine derartige Finanztransaktionssteuer möglichst gleichzeitig, abgesprochen, koordiniert – wie auch bei den Konjunkturpaketen, die wir gemeinsam geschaffen haben – kommt,


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schon. – Es gibt immer mehr Länder, die sich dieser unserer gemeinsamen Meinung anschließen, und wir werden auch weiterhin alles unternehmen, um diesen Vorschlag, der im österreichischen Parlament immerhin von fünf Parteien gleichzeitig gewünscht wird, auch dementsprechend engagiert auf europäischer Ebene zu vertreten.

Frage 24: „Wann wird der Vertrag von Lissabon genau in Kraft treten?“ – Der Vertrag von Lissabon tritt, wie Sie eigentlich auch wissen müssten, am 1. Dezember in Kraft; falls Sie die Uhrzeit meinen: 0.00 Uhr, falls Sie wissen wollen, welche Zeitzone: Mittel­europäische Zeit. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Vilimsky: Bravo! So stellt man sich einen Bundeskanzler vor!)

Frage 25: Der Vorteil eines Leserbriefes – glauben Sie mir, ich kenne auch die Nach­teile – ist, man kann immer wieder genau zitieren, was darin steht: Sollten zukünftige Vertragsänderungen wesentliche österreichische Interessen berühren, sollte dies eine Volksabstimmung in Österreich und so weiter und so weiter. – Dazu stehe ich hundert­prozentig. (Abg. Strache: Aber das ist doch ...! – Zwischenruf des Abg. Dr. Graf.)

Damit komme ich gleich zu diesen Änderungen, zuerst ordnungsgemäß zur Türkei, da das Ihre Frage 26 ist: Sollten die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei – Sie kennen ja unsere Meinung betreffend die privilegierte Partnerschaft, das ist ja eine fiktive Diskus­sion – zu einem Ende kommen, das einen Beitritt bedeuten könnte, wird dazu in Öster­reich selbstverständlich eine Volksabstimmung abgehalten. (Abg. Weinzinger: ... Lis­sabon-Vertrag!)

Fragen 27 bis 31, die vor allem die Frage der Beneš-Dekrete beinhalten. Da muss ich Ihnen gleich im Zusammenhang auch mit der Frage 32 Folgendes sagen: Theore­tisch – ich betone: theoretisch, weil es gar nicht meine Meinung wäre – waren natürlich die Verhandlungen 2002, als übrigens Sie in der Regierung waren, im Dialog mit den Tschechen eine realistische Möglichkeit, auch über die Beseitigung der Beneš-Dekrete zu verhandeln.

Ich selbst würde auch im Nachhinein, so wie wenn mich damals jemand befragt hätte, sagen, das ist kein Grund, einen Beitritt zu verhindern. Ich will nur feststellen: Sie wa­ren damals in der Regierung, es wurde verhandelt ... (Abg. Strache: Ich war nicht in der Regierung! – In Richtung BZÖ zeigend –: Die dort drüben ...!) – Ihre Partei; ich weiß, dass Sie gerne die Vergangenheit vergessen machen wollen. (Abg. Krainer: Ihr Sitznachbar!) – Der Sitznachbar also, bitte.

Andere Ihrer Freunde und Sie selbst, politisch engagiert in derselben Partei, haben da­mals diese – ich betone: theoretische! – Gelegenheit nicht zum Anlass genommen, in den Verhandlungen besonders die Abschaffung der Beneš-Dekrete über einen gewis­sen Punkt voranzutreiben.

Dieses Mal, bei jener Vereinbarung, die Sie ja kennen – Sie fordern zwar von mir ein, dass ich Ihnen den genauen Text übermittle, der Text ist aber auf der Homepage, falls Sie schon einmal Gelegenheit hatten, nachzuschauen, www.europa.eu genauestens nachzulesen –, handelt es sich um keine Änderung des Lissabonvertrages, dieser tritt nämlich am 1. Dezember 2009 unverändert in Kraft. (Abg. Strache: ... rechtliche Un­verbindlichkeit!)

Die Vereinbarung, die Sie meinen, betrifft nicht den 1. Dezember – ich hoffe, Sie wis­sen das auch und es ist nur Teil Ihrer Gesamtstrategie, das noch einmal zu fragen. Die Frage, ob wir bei einem etwaigen nächsten EU-Beitritt, etwa jenem Kroatiens oder Is­lands, dann eine Ausnahme von der EU-Grundrechtscharta genehmigen, so wie es eine Ausnahme von dieser Klausel, von der EU-Grundrechtscharta für zwei andere Länder gibt – für die Briten und die Polen, die das wollten, haben wir das bereits jetzt so im Vertrag vorgesehen –, ob also dann bei einem möglichen Beitritt eines weiteren


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Landes zur EU diese Änderung erfolgt, ändert aus unserer Sicht nicht den Vertrag von Lissabon – sonst hätten ja die zwei bisherigen Ausnahmen auch den Vertrag von Lis­sabon geändert – und hat aus unserer Sicht und auch aus jener all unserer juristischen Dienste – ich möchte darüber hinaus jene auf europäischer Ebene nennen, die Klar­stellung der Präsidentschaft der Europäischen Union, aber natürlich auch unsere eige­nen Verfassungsdienste – schon gar keinen Zusammenhang und daher auch keine Verschlechterung in der Frage der Beneš-Dekrete oder gar der Rechte von Vertriebenen.

Es ist also für mich selbstverständlich, dass wir uns dafür einsetzen, dass die Ansprü­che von Vertriebenen nicht geschmälert werden, es ist für mich daher – um auch diese Frage zu beantworten – selbstverständlich, dass wir alle Gespräche auf offizieller und auf informeller Ebene weiterhin dazu nutzen, diese Unrechtsdekrete klar anzusprechen und für deren Beseitigung einzutreten und dass wir die Rechte, sollte das auch weitere konkrete Schritte notwendig machen, von Vertriebenen mit allem Engagement und al­ler Kraft vertreten. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Welche konkreten Gespräche haben Sie schon geführt, seit Sie im Amt sind?) – Ich habe schon viele Gespräche geführt und Gelegenheiten gehabt, dieses Thema so anzusprechen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte daher abschließend Folgendes festhalten: Tatsächlich gilt es morgen im Zusammenhang mit der Auswahl von zwei Personen für die Vertretung der Europäi­schen Union – einerseits für die Vorsitzführung im Europäischen Rat, andererseits für die Funktion des Vizepräsidenten der Kommission gemeinsam mit dem Aufgabenge­biet Außenpolitik, also den Hohen Repräsentanten – Menschen auszuwählen, wobei im Vordergrund dieser Auswahl – und das ist mir auch wichtig an dieser Personaldis­kussion –, nicht irgendeine rein personelle Diskussion stehen soll, sondern in deren Vordergrund die inhaltlichen Anliegen der Arbeit im gemeinsamen Europa stehen müssen.

Daher werden wir bei der Auswahl dieser Kandidatinnen und Kandidaten auch sehr ge­nau darauf achten und großen Wert darauf legen, ob die Personen sich unserer An­sicht des gemeinsamen Kampfes gegen die Krise in der heutigen Zeit, unserer Ansicht eines stärkeren sozialen Ausgleichs in Europa, unserer Ansicht, rasch wieder das Wirt­schaftswachstum anzukurbeln, unserer Ansicht, dass nicht die Falschen die Rechnung für die Krise bezahlen, unserer Ansicht für einen sozialen Zusammenhalt in Europa, unserer Ansicht, dass wir für umwelt- und klimagerechtes Handeln und Sicherheit in Europa eintreten, ob sie sich diesen Zielsetzungen verpflichtet fühlen. Das ist für mich ein vorrangiges Kriterium, damit ich als österreichischer Regierungschef dann zustim­men werde. (Beifall bei der SPÖ.)

15.37


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner/keine Rednerin länger als 10 Minuten sprechen darf. Jedem Klub kommt eine Gesamtrede­zeit von 25 Minuten zu.

Als Erster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Hübner zu Wort. 10 Minuten Redezeit. – Bit­te. (Abg. Grosz – in Richtung Bundeskanzler Faymann –: Sie haben Frage 3 nicht be­antwortet! Die hätte ich gerne extra ...! – Abg. Dr. Graf: ... und morgen überraschend kommt dann eine Personalentscheidung ...! ... überall dabei und dann weiß er nichts!)

 


15.38.15

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Damen und Herren Kollegen! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Herr Außenmi­nister! Liebe Zuschauer! Ich habe nicht die Zeit, hier ein Co-Referat zum Herrn Bun-


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deskanzler zu halten, um jetzt all die Antworten, die er auf berechtigte, klare und alle interessierende Fragen nicht gegeben hat, aufzuzeigen, aber ich will ein paar Höhe­punkte oder ein paar Glanzlichter herauspicken. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Gehen wir etwa zur Finanztransaktionssteuer: Da hat uns der Herr Bundeskanzler ge­sagt, es gibt einen Fünf-Parteien-Konsens betreffend diese Steuer. – Richtig, das war aber nicht die Frage. Die Frage war, ob Sie für die Einführung von EU-Steuern sind – sprich: ob die SPÖ und der österreichische Bundeskanzler für eine Steuerhoheit der EU zu haben sind.

Darauf habe ich keine Antwort gehört. (Zwischenruf des Abg. Kickl.) – Es ist wohl ein Unterschied, ob eine Transaktionssteuer auf nationaler Grundlage geschaffen wird, na­tionale Steuerbehörden und nationale Staaten eine Steuer einheben, oder ob dies die EU tut. (Beifall bei der FPÖ.)

Das vor allem dann, wenn wir uns vergegenwärtigen, in welcher Geschwindigkeit die „Hydra“ der EU – die Bürokratie der EU – wächst. Heute haben wir einen Ausgaben­rahmen für die Grundkosten der EU von etwa 120 Milliarden € – da sind diverse Fonds gar nicht einberechnet. Davon sind alleine etwa 6,7 Milliarden € für den sogenannten Außenauftritt der EU, also die Repräsentation der EU nach außen. Dazu kommen jetzt, wie wir allen Zeitungen heute und gestern schon entnehmen konnten, mindestens 7 000 weitere Beamte für den sogenannten Hohen Repräsentanten – Mitarbeiter, also das Wort „Beamte“ nehme ich zurück; ich sage einmal: Mitarbeiter auf EU-Ebene.

Wenn wir das hochrechnen: 7 000 sind es ungefähr. Es ist nicht schwierig, die Größen­ordnungen dieser Kostenausweitung zu sehen.

Es ist daher für uns besonders problematisch und mit „Fahrlässigkeit“ nicht ausrei­chend zu umschreiben, wenn die österreichische Bundesregierung hier auch nur einen Finger zur Schaffung von EU-Steuerkompetenzen hergibt. Wenn die EU in der Lage ist, einmal Steuern an sich zu generieren, dann wird es beim Ausgabenrahmen über­haupt kein Halten mehr geben. Wenn wir da einmal die Pforte öffnen, dann wird das Wachstum nicht mehr zu begrenzen sein. Das ist für jeden österreichischen Politiker, der für das Volk, für den Steuerzahler, für den einzelnen Bürger eintritt, eine Selbstver­ständlichkeit, bei einer Sache Nein zu sagen, und zwar bei den EU-Steuern. (Beifall bei der FPÖ.)

Selbstverständlich ist das, was da in der EU geschieht, von extrem großem Interesse für jeden Einzelnen. Die SPÖ ist jetzt zwar bereit, wie wir den Medien entnommen ha­ben, die Wiener Bevölkerung über die Zukunft des Hausbesorgers und ähnliche Dinge zu befragen (Heiterkeit bei der FPÖ) – das mag zwar regional durchaus wichtig sein, aber sobald es um essenzielle Teile geht, um Dinge, die den Kern unserer Zukunft, den Kern unserer demokratischen Selbstbestimmung betreffen, da wird das vehement und mit allen Mitteln verweigert, und das nicht nur in Österreich, sondern in der ganzen EU, wie wir ja gesehen haben, mit Ausnahme von Irland.

Wenn es darum geht, dass Österreich einem fremden Rechtssystem unterstellt wird, nämlich dem der EU durch den Lissabon-Vertrag – und da können wir reden und tun, wie wir wollen, das ist ausdrücklich im Vertrag drinnen, dass das Gemeinschaftsrecht gilt, das heißt, das Recht nicht mehr vom Volke ausgeht, sondern vom EuGH –, wenn es so eine Entscheidung zu treffen gilt, wo es ja selbstverständlich wäre, unabhängig von verfassungsjuristischen Spielereien, das Volk zu fragen – egal, ob wir jetzt eine Volksabstimmung machen oder eine Volksbefragung –, da wird gemauert, das ist un­denkbar! Nicht nur Sie, Herr Bundeskanzler Faymann, sondern auch der Koalitions­partner und zumindest eine der Oppositionsparteien finden sich ja da in wohlverstande­ner Gemeinschaft.


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Gehen wir zu den Fragen der Grundrechte, zu den Beneš-Dekreten. Sowohl die öster­reichischen Stellungnahmen in europäischen Angelegenheiten als auch das Stock­holm-Programm sind ja voll von schönen Worten über Geschichtsbewusstsein, Erinnerungs­kultur, Antidiskriminierung, Antirassismus und dergleichen. Die Grundrechte sprechen davon. Wenn es aber darum geht, über konkret bestehende Diskriminierungen, konkret bestehenden Rassismus, konkret bestehende Geschichtsverweigerung und konkret bestehende Erinnerungsfälschung oder Erinnerungsverweigerung zu sprechen, da wird abgebogen. Da haben wir heute gehört: Na ja, wir haben ja die Beneš-Dekrete nicht wirklich anerkannt, sondern wir haben die Sache irgendwie auf die lange Bank gescho­ben, wir haben ja nicht Ja und nicht Nein gesagt, wir haben gesagt, zu­künftig können sie vielleicht austreten.

Tatsache ist, bei den Verhandlungen vom – ich glaube – 6. November im Rat ist es da­rum gegangen, dass die tschechische Regierung beziehungsweise der tschechische Präsident verlangt hat, aus Schutz vor einer Aushöhlung oder Aufhebung der Beneš-Dekrete – und ausschließlich deshalb! – eine Ausnahmeregelung vom europäischen Grundwertekatalog zu bekommen – ausschließlich deshalb! Das ist nicht vergleichbar mit dem, was für England oder für Polen gewährt wurde, wo die Hintergründe ganz an­dere waren, von der Abtreibung angefangen. Hier ist es ausschließlich darum gegan­gen, die Beneš-Dekrete abzusichern – ausschließlich!

Da hat es, zumindest in der Öffentlichkeit, keinen Widerstand gegeben. Heinz-Christian Strache hat ja schon ausgeführt, dass noch am Tag davor sowohl der Außenminister als auch der Bundeskanzler klargestellt haben: Alles, was die Beneš-Dekrete einze­mentiert, ist für uns eine rote Linie. – Und jetzt kommt ein Staat und sagt: Damit die Be­neš-Dekrete einzementiert sind, wollen wir die Grundrechte nicht auf die Tschechische Republik angewendet wissen! Und was passiert? – Es wird ein Opting-out, wie das so schön heißt, gegeben, das heißt es wird der Tschechischen Republik die Möglichkeit eingeräumt, beim Beitritt des nächsten Landes zu erklären, dass sie die Grundrechte nicht anwendet. Die Tschechische Republik kann sich also die Entwicklung anschauen, und wenn sie sieht, die Grundrechte sind für die Beneš-Dekrete gefährlich, da gibt es vielleicht anhängige Verfahren beim EuGH oder wo auch immer, dann können sie „out-opten“, um diese Gefahr zu beenden.

Schauen wir uns vielleicht bei dieser Gelegenheit die Beneš-Dekrete an – wir reden in diesem Haus ja sehr viel von Erinnerung und Erinnerungskultur, und das sollte auch in diesem Zusammenhang so sein.

§ 2 Abs. 1 des sogenannten Dekretes des Präsidenten der Tschechischen Republik vom 19. Mai 1945, der sogenannten Beneš-Dekrete:

§ 2 (1): „Das im Gebiet der Tschechoslowakischen Republik befindliche Vermögen der staatlich unzuverlässigen Personen wird gemäß den weiteren Bestimmungen dieses Dekretes unter nationale Verwaltung gestellt ...“.

Unter „nationaler Verwaltung“ zu verstehen war ein entschädigungsloser Raub, also keine Entschädigung, wie wir das in unseren Rechtssystemen kennen, sondern ein An-sich-Bringen ohne Recht auf Entschädigung, auf Vererbung oder irgendetwas Ähnli­ches.

Was sind „unzuverlässige Personen“?

§ 4 des Beneš-Dekrets: „Als unzuverlässige Personen sind anzusehen:

a) Personen deutscher oder magyarischer (=ungarischer) Nationalität ...“. – Es gibt dann noch b) und c), da kommen andere; das sind diese antifaschistischen Dinge, die


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jene betreffen, die nicht Widerstand geleistet haben oder mit einem Deutschen ein Bier getrunken haben und Ähnliches.

Was sind jetzt Personen magyarischer oder deutscher Nationalität?

§ 6: „Als Personen deutscher oder magyarischer Nationalität sind Personen anzuse­hen, die sich bei irgendeiner“ – bei irgendeiner „Volkszählung seit dem Jahre 1929 zur deutschen oder magyarischen Nationalität bekannt haben oder Mitglieder natio­naler Gruppen, Formationen oder politischer Parteien“ – dieser Völker – „geworden sind (....).“

Gibt es einen nackteren Rassismus? Gibt es eine nacktere Diskriminierung? Gibt es eine nacktere Willkür als diese Dekrete? – Nein! Und trotzdem hat sich die Bundesre­gierung – und ich sage das mit aller Härte! – hier zum Komplizen der anderen euro­päischen Länder gemacht – denn wir sind ja hier bei Weitem nicht alleine gewesen –, dem Staat, der diese Gesetze, die wir jetzt angesprochen haben, als Bestand seiner Rechtsordnung ansieht und erhalten haben will, alle Möglichkeiten zu geben, um sie auch in Zukunft abzusichern.

Das würde ich gerne einmal mit anderen Worten erklärt haben, als sie der Herr Bun­deskanzler verwendet hat, und mit anderen Worten, als sie auch der Herr Außenminis­ter im letzten Außenpolitischen Ausschuss verwendet hat, mit anderen Worten als: Ja, wir haben es ja nicht ausdrücklich genehmigt.

Ich möchte den Herrn Außenminister, wenn wir von der EU und ihren Grundwerten und Grundwertekatalogen sprechen, auch an etwas erinnern, was sich im Februar 2000 er­eignet hat. Wenn Sie sich zurückerinnern: Im Februar 2000 ist die damalige ÖVP/FPÖ-Regierung gebildet worden, und die EU hat damals im Gefolge dieser Stockholm-Holo­caust-Konferenz darauf reagiert, dass sie eine diplomatische Quarantäne über Öster­reich verhängt hat, weil diese Regierungsbildung nicht im allgemeinen Konsens gele­gen ist.

Das ist nur ein Teil der Erinnerungskultur und sollte uns ein bisschen helfen, die EU besser zu verstehen und auch zu verstehen, was unter Grundrechten, was unter Anti­diskriminierung, was unter Antirassismus und Ähnlichem wirklich gemeint ist.

Zum Letzten: Zurück zum Fall Hahn. – Ich glaube, auch der Herr Bundeskanzler hat uns nicht wirklich klarmachen können, warum der Herr Dr. Hahn die beste Wahl Öster­reichs gewesen ist. Warum es zu Hahn gekommen ist, wissen wir – wir können es zu­mindest aus den Meldungen ahnen, aus Medien und von Freunden, die wir in den an­deren Parteien haben. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Wir ha­ben uns daher entschlossen, einen Entschließungsantrag einzubringen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, ich ersuche, dass ein nach­folgender Redner den Entschließungsantrag einbringt, weil Ihre 10 Minuten bereits ver­braucht sind.

 


Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (fortsetzend): Dann macht es der Nächste. – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Riepl: Ihre Zeit ist abgelaufen! – Heiterkeit.)

15.48


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Klubobmann Dr. Cap. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 8 Minuten. – Bitte.

 


15.48.45

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Beim Durchlesen dieser Dringlichen Anfrage stellt man sich schlicht und einfach die Frage: Wer schreibt bei Ihnen im Klub eigentlich so etwas? Haben Sie den denkbar uninformiertesten Ty-


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pen, den Sie bei sich angestellt haben, dafür verwendet, dass er diese Anfrage schreibt? (Abg. Neubauer: Wie reden Sie denn über unsere Klubmitarbeiter?!) Allein, was nicht in dieser Dringlichen Anfrage steht, ist schon beachtenswert, denn wir ste­hen jetzt vor dem Klimagipfel in Kopenhagen. Wieso kommt dazu keine Frage vor? Das ist ganz wichtig, die ganze Welt – und heute auch hier das Hohe Haus – diskutiert darüber – ob das Obama ist (Abg. Grosz: Nicht schon wieder Obama! Sie schaden dem Obama!), ob das der dänische Ministerpräsident ist, ob es um die Frage der Un­terstützung für die Entwicklungsländer geht, dass sie in diesem Bereich auch einen Beitrag leisten können. Jeder diskutiert – Sie nicht! An Ihnen geht einen Tag vor dem Europäischen Rat der Klimagipfel in Kopenhagen spurlos vorüber.

Energiesicherheit – etwas, was die Menschen in den Haushalten in Österreich inter­essiert – geht an Ihrer Dringlichen spurlos vorüber. Der Herr Bundeskanzler war in Russland, der Herr Bundeskanzler hat sich um Energiesicherheit bemüht, es hat Ge­spräche mit Putin gegeben, es wurde etwas in diesem Bereich getan. – Für Sie kommt Energiesicherheit in dieser Dringlichen Anfrage einfach nicht vor. (Abg. Grosz: War Staatssekretär Ostermayer auch mit in Moskau?)

Wo sind die Fragen zur Bewältigung der Wirtschaftskrise? – Kommt in dieser Anfrage nicht vor.

Herr Neubauer, ich glaube langsam, Sie haben das geschrieben, denn Sie schauen momentan am empörtesten drein! Ich kann Ihnen für diese Anfrage ein dickes „Nicht­genügend“ geben, das ist eine ganz schwache Angelegenheit! (Abg. Strache: Haben Sie in der Aktuellen Stunde heute geschlafen?) Wo kommt die Wirtschaftskrise vor? Wo kommen die Maßnahmen vor, die man hier anstrebt oder auf europäischer Ebene noch anzustreben hat? Wo ist das?

Nächster Punkt: Bewältigung der Finanzmarktkrise, neue Regulierungen. – Da gehöre ich sogar zu denen, die Kritik anzubringen haben. Wo ist die europäische Finanzmarkt­aufsicht? Wie ist das mit dem Wettbewerb bei den Rating-Agenturen und der Transpa­renz dort? Wie können wir die Kontrolle der Hedge-Fonds verbessern? Da habe ich auch Kritik anzubringen. Bei Ihnen kommt das in der Dringlichen Anfrage einfach nicht vor!

Das ist ein Trauerspiel! Ich habe so eine Anfrage schon lange nicht mehr erlebt. Ich glaube, der Job von dem, der das in Ihrem Klub geschrieben hat, der wackelt ab heute, denn ich sage Ihnen: Es ist mutig, so eine Anfrage hier im Haus in dieser Situation ein­zubringen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Aber nun komme ich zu jenen Punkten, die wirklich in der Dringlichen Anfrage ange­sprochen sind. (Abg. Neubauer: Wollen Sie uns die Anfragen zensurieren? – Abg. Strache: In Zukunft werden wir Sie fragen, wie wir die Anfragen formulieren sollen!) – Seien Sie nicht so beleidigt, Sie werden doch auch ein bisschen Kritik aushalten können!

Die ersten 16 Fragen hake ich einmal ab, denn das ist eine Mischung aus Tratsch, Halbwahrheiten und Unwahrheiten. Es ist schon hundertmal in der Öffentlichkeit klar­gestellt worden, dass Präsident Barroso kein Ressort vorgeschlagen hat. Man sagt immer wieder, er hat es nicht vorgeschlagen, und wieder wird die Frage gestellt, und wieder wird es behauptet. Also, die ersten 16 Fragen haken wir einmal ab, die sind, glaube ich, kein Beitrag zu einer seriösen Diskussion. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Die Fragen 16 bis 23 befassen sich mit Steuerthemen. Da muss ich sagen, es ist schon mehrfach in öffentlichen Diskussionen und auch hier im Haus gesagt worden: Steuerharmonisierung, gegen Steuerdumping, Sicherung des Wirtschaftsstandortes Österreich und Europa in der globalen Konkurrenz, die es da gibt. – Nein, Sie stellen schon wieder die Frage: „Sind Sie für die Vereinheitlichung der Umsatzsteuer auf euro-


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päischer Ebene?“ – Als ob das niemand vorhätte, dass diesem Steuerdumping und diesem Steuerwettbewerb entgegengetreten werden soll!

Sie selbst stimmen einer Fünf-Parteien-Regelung über die EU-Transaktionssteuer zu –und grade, dass Sie hier nicht fragen: Was ist die EU-Transaktionssteuer? Wann sind wir auf die Welt gekommen, haben wir das wirklich hier beschlossen? Was ist das für eine Frage?! Wir haben das hier im Haus beschlossen, wir wollen, dass es die EU-Transaktionssteuer gibt. Sie ist nicht nur eine Einnahmequelle, sie ist auch der Ver­such, diesen Spekulationen entgegenzuwirken. (Abg. Grosz: Wir hätten gern eine Ant­wort auf die Frage 3!) Es gibt mittlerweile schon Regierungen, die das unterstützen, bis zu den G20 hat sich das herumgesprochen, dass das ein Ziel wäre, und die österrei­chische Bundesregierung vertritt das auch. Daher verstehe ich nicht, was Sie da fra­gen. (Abg. Strache: Das hat Ihnen grade der Abgeordnete Hübner erklärt!)

Sie wissen ganz genau, dass die EU-Transaktionssteuer entweder eine national koor­dinierte Steuer ist, und sollte es eine EU-Transaktionssteuer sein, als Neueinführung, führt das natürlich bei den Nettozahlerbeträgen zu Reduktionen. Das wissen Sie doch ohnehin! Warum schreiben Sie nicht einfach: Ich weiß das ohnehin, daher stelle ich die Frage nicht. Das wäre vielleicht einfacher, dann hätten Sie statt 27 oder 28 Fragen we­niger Fragen. Aber es hilft nicht weiter, was Sie da in Wirklichkeit tun! (Abg. Grosz: Zur Frage 3, bitte!)

Den Nettobeitrag Österreichs sprechen Sie an. Sie wissen, dass sich der mittlerweile halbiert hat. Das können Sie auf allen Homepages, überall nachlesen: Er hat sich hal­biert – weil wir so viel herausbekommen, weil wir einfach schlauer sind (ironische Hei­terkeit bei der FPÖ), weil wir viel mehr Geld in Bewegung bringen. Daher ist der Netto­beitrag Österreichs in diesem Sinn geringer.

Zu Lissabon. (Abg. Grosz: Frage 3?!) – Sie können ohnehin nachher etwas sagen. – Lissabon ist Ihnen exakt zwei Fragen wert. Die beste Frage ist: „Wann wird der Vertrag von Lissabon genau in Kraft treten?“ – Das ist ein Entlassungsgrund! Wenn ich bei meinem Klub jemanden habe, der bei einer Dringlichen Anfrage hineinschreibt: Und wann kommt der Lissabon-Vertrag?, sage ich: Weißt du was, ich glaube, du hast den falschen Arbeitsplatz, denn das musst du ja wissen!

Jeder von uns hier weiß das – nur Sie wissen es nicht. Das heißt, Sie wissen, Sie wis­sen, Sie wissen (der Reihe nach zur ÖVP, zum BZÖ, zu den Grünen gewandt) – und Sie (zur FPÖ gewandt) sind der Sektor der Nichtwissenden. Das verstehe ich nicht! Warum Sie das auch noch öffentlich darstellen, ist mir ein Rätsel. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grosz: Herr Klubobmann, Frage 3, bitte!)

Also, jedenfalls abgehakt ist Frage 25. Es wäre viel interessanter, einmal zu diskutie­ren: Was müssen wir aufgrund des Lissabon-Vertrages alles zur Stärkung der nationa­len Parlamente  sprich: des österreichischen Parlamentes  tun? Was ist die Umset­zung, damit wir die Möglichkeiten wahrnehmen, mehr Demokratie zu verwirklichen und mitzureden? Das sind die entscheidenden Fragen, die kommen aber hier nicht vor!

Europäische Bürgerinitiative – kommt hier nicht vor, sollten wir aber bereits konkret umsetzen.

Der Türkei-Beitritt ist Ihnen eine einzige Frage wert – eine einzige! Auch das ist eine Frage, die ich nicht verstehe, denn im Regierungsübereinkommen steht es ganz klar drinnen: Es gibt eine Volksabstimmung. Wenn Sie mich persönlich fragen: Ich bin ge­gen den Beitritt der Türkei – das wissen Sie, das habe ich hier schon ein paar Mal ge­sagt –, aus vielen, vielen Gründen, weil ich glaube, dass die EU nicht dazu imstande ist, das wirtschaftlich, finanziell, in welcher Form auch immer, zu verkraften.

Das ist eine andere Diskussion, aber das ist Ihnen genau eine einzige Frage wert. (Abg. Grosz: Zur Frage 3!)


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Dann kommen die Beneš-Dekrete; die sind Ihnen fünf Fragen wert. Das haben wir oh­nehin im Hauptausschuss diskutiert. Dass wir die verurteilen, dass die menschen­rechtswidrig sind, ist unbestritten. Ich sage, es wird einen politischen Aufstand der tschechischen Bevölkerung geben, nämlich gegen diese Ausnahmeregelung zur sozia­len Grundrechtscharta, denn das ist unsozial. Das schränkt nämlich Arbeitnehmerrech­te ein, und das ist der wahre Skandal. Das muss sich die tschechische Regierung und der Herr Václav Klaus mit seiner Bevölkerung ausmachen, aber das hat jedenfalls nicht die Auswirkung einer Legitimation. Das wurde schon hundert Mal in der Öffent­lichkeit dargestellt!

Das ist eine Dringliche Anfrage mit gezählten 32 Fragen. 16 am Anfang haben wir ab­gehakt, die wirklich wichtigen Fragen haben Sie bedauerlicherweise nicht angeschnit­ten. Ich muss ehrlich sagen, vor dem Hintergrund des Klimagipfels in Kopenhagen, vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise, vor dem Hintergrund, dass wir neue Regelungen für die Finanzmärkte entwickeln müssen, vor dem Hintergrund, dass wir Beschäfti­gungsinitiativen setzen müssen, vor all diesen Hintergründen 32 solche Fragen zu stel­len, das ist wirklich bescheiden! Das muss ich Ihnen ehrlich sagen. Und daher, glaube ich, werden Sie heute damit keinen echten Treffer landen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

15.57


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Kopf. Re­dezeit: 10 Minuten. – Bitte. (Abg. Grosz: Vielleicht kann er uns was zur Frage 3 sa­gen? – Abg. Kopf – auf dem Weg zum Rednerpult –: Warum sollte ich?)

 


15.57.21

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Herr Außenminister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Es waren wahrl­ich große Staatsmänner, die in der unmittelbaren Nachkriegszeit Verantwortung über­nommen haben, die weit über den Tellerrand ihrer Länder hinausschauend Verantwor­tung gezeigt haben und dafür verantwortlich sind, dass wir in Europa seit über 60 Jah­ren Frieden haben und vor allem eine Wohlstandsentwicklung, die atemberaubend ist.

Diese Staatsmänner sind auch verantwortlich dafür, dass es inzwischen 27 Länder sind, die dort, wo es notwendig ist – in manchen Beitrittsländern –, gemeinsam Demo­kratiestandards angleichen und anheben, die gemeinsam Menschenrechtsstandards anheben, die gemeinsam Wettbewerbsregeln zum Wohle der Wirtschaft und damit im Sinne unseres Wohlstandes vereinheitlichen, die Lebensbedingungen verbessern, die auch die Rechtsdurchsetzung verbessern und der Rechtsstaatlichkeit zunehmend in al­len Ländern, auch dort, wo es noch nicht so der Fall ist, zum Durchbruch verhelfen.

Also, wie ich schon gesagt habe, eine atemberaubende Entwicklung!

Eine kleine Fußnote am Rande: Ich persönlich bin ein bisschen stolz darauf, dass ich vor genau 15 Jahren, als ich in dieses Hohe Haus gekommen bin, meine Jungfernrede zum Beitrittsvertrag Österreichs zur Europäischen Union halten durfte. Österreichs Mit­gliedschaft in der Europäischen Union ist vom Beginn bis heute eine Erfolgsgeschichte, wir profitieren nur davon! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine Damen und Herren, was mich aber weniger freut, das ist so manche Diskussion, die wir hier herinnen führen – und ich sage durchaus dazu: eine erbärmliche Diskus­sion in manchen Fällen –, aber auch auf europäischer Ebene, auch in manchen Me­dien. Es ist erbärmlich, wie hier das Thema Europa und diese große Friedensge­schichte, dieses große Friedensprojekt abgehandelt wird. Das Thema Solidarität wird schlechtgemacht, allein mit der Keule Nettozahler.

Liebe Freunde, schauen wir uns doch einmal die Zahlen an! (Abg. Neubauer: Ihr schickt die Schwächsten nach Europa und beschwert euch dann!) Sie kritisieren stän-


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dig den österreichischen Zahlerbetrag. Schauen Sie einmal den Saldo Österreichs an! Das sind unterm Strich gerade einmal 356 Millionen €. Deutschland hat einen negati­ven Saldo in Höhe des 25-Fachen Österreichs. (Abg. Ing. Westenthaler: Was ist das schon?!) Also da brauchen wir uns wirklich nicht zu verstecken.

Eines gehört dazu: Solidarität in einer Gemeinschaft, die sich als Gemeinschaft entwi­ckeln muss, ist notwendig. (Abg. Bucher: Wo ist die Solidarität der SPÖ, die gelebte?) Seien wir doch froh, dass wir eine Volkswirtschaft sind, die Nettozahler ist, denn das resultiert ja nur daraus, dass es uns besser geht als anderen Ländern! (Zwischenruf des Abg. Strache.)

Liebe Freunde, dasselbe gilt für das Thema Souveränität, dasselbe gilt für das Thema Spielregeln. (Abg. Strache: „Einbahn-Solidarität“ nennt man so etwas!) Da bin ich schon beim Vertrag von Lissabon. Liebe Freunde, eine Gemeinschaft, die so groß ist wie die Europäische Union, braucht Spielregeln, und der Lissabon-Vertrag ist eine Wei­terentwicklung von Spielregeln, die zu einer Zeit gemacht wurden, als die Union noch deutlich kleiner war. Wir brauchen diese veränderten Spielregeln. (Abg. Bucher: Was sind das für Spielregeln, wo das Volk ausgeschlossen ist?)

Wir müssen aber auch zur Kenntnis nehmen und akzeptieren, dass es, wenn wir diese Union funktionsfähig halten wollen, dann auch notwendig ist, da oder dort das eine oder andere Souveränitätsrecht gegen – zum Beispiel – Mehrheitsentscheidungen ab­zutauschen, denn sonst kann diese Union und diese Gemeinschaft einfach nicht funk­tionieren. Das ist notwendig, das müssen vernünftige Menschen, die am Funktionieren dieser Gemeinschaft interessiert sind, auch akzeptieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, in diesem Zusammenhang zu den Beneš-Dekreten. Diese Ausnahme, die mit Tschechien, was die Grundrechte-Charta betrifft, vereinbart wurde, wirkt nicht jetzt (Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler), ändert den Vertrag in keiner Weise. Es ist deswegen im Prinzip wirklich zum Greifen, was Sie hier beabsichtigen. Es ist weder dem Herrn Bundeskanzler, noch dem Herrn Außenminister vorzuwerfen, dass sie hier wortbrüchig geworden wären.

Ganz im Gegenteil: Sie haben sich strikt an das gehalten, was wir im Hauptausschuss miteinander besprochen haben. Deswegen ist jeder Vorwurf in dieser Hinsicht völlig ins Leere gehend und Ihrerseits lächerlich. (Abg. Neubauer: Das sehen die Tschechen anders!) – Sie sagen es, aber das ändert nichts an der Rechtslage.

Zur Finanzierung. Ich glaube, eine Gemeinschaft, die etwas auf ihr Selbstbewusstsein, auf ihr Selbstverständnis hält, muss danach trachten, im Laufe der Zeit auch eine Eigenfinanzierung zustande zu bringen. (Ah-Ruf des Abg. Kickl. – Abg. Bucher: Aber nicht hier herinnen!) Die Finanztransaktionssteuer, zu der wir uns alle hier in diesem Hohen Haus bekannt haben, ist geradezu ein ideales Instrument, um das aus der Net­tozahlerposition besonders zu begründen. Wir wären ja permanent die „G’schnaps­ten“ – auf Deutsch gesagt –, wenn wir das weitertreiben wollten. Das heißt, es ist doch auch aus der Nettozahlerposition im besonderen Maße zu begrüßen, eine solche Eigenfinanzierungsmöglichkeit der Union voranzutreiben. Das muss noch lange nicht heißen, dass es deswegen gesamthaft zu einer Erhöhung der Steuer- und Abgabenlast kommt.

Als Nächstes zur Personalfrage und zur Personalfindung. Es ist wohl unbestritten eine sehr diffizile Aufgabe für einen Kommissionspräsidenten, für einen Vorsitzenden des Rates, 27 Länder unter einen Hut zu bringen, 27 Ressorts zu besetzen, Personen da­für zu finden, Länder, Parteien zufriedenzustellen, die Geschlechterfrage, die Fach­kompetenzfrage befriedigend zu lösen, dazu noch vier hochrangige Funktionen zu be­setzen – von denen zwei inzwischen besetzt sind, nämlich Parlamentspräsident und Kommissionspräsident, die beiden anderen aber noch offen sind.


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Zugegeben: Da ist es deutlich einfacher, in jedem einzelnen Mitgliedsland ein Kommis­sionsmitglied zu finden und zu benennen. Trotzdem ist es auf der europäischen Ebe­ne – und ich sage auch durchaus dazu; auch auf der österreichischen Ebene – kein Ruhmesblatt und keine Erfolgsgeschichte, wie diese Entscheidungsfindung auf euro­päischer Ebene nach wie vor abläuft und auf österreichischer Ebene abgelaufen ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Das hat nichts damit zu tun, dass Johannes Hahn selbstverständlich ein hervorra­gender Kommissar sein wird, aber der Rest der Geschichte ist kein Ruhmesblatt für uns.

Noch eine abschließende Bemerkung zur Zukunft, sowohl in Österreich als auch in der Europäischen Union. Das gilt sowohl für die Regierungsparteien als auch für die Oppo­sition, meine Damen und Herren. Wir haben es in der Hand, ob wir uns beim Thema Europa in Zukunft staatsmännisch verhalten im Sinne einer Weiterentwicklung der Europäischen Union, die uns dann allen nützen wird, oder ob wir uns hier und auch auf europäischer Ebene kleinkariert verhalten wollen (Abg. Petzner: Das sagen gerade Sie?), Partikularinteressen vertreten wollen, dem einen oder anderen Kleinformat damit gefallen wollen – aber zum Schaden des Ganzen.

Meine Damen und Herren, wir haben es in der Hand! Wir haben die Wahl, wie wir uns verhalten. (Beifall bei der ÖVP.)

16.05


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Klubobmann Bucher zu Wort. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 7 Minuten. – Bitte.

 


16.05.44

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Zum Kollegen Cap: Sie strapazieren bei jeder Gelegenheit die demokratischen Rechte und auch die Oppositionsrechte hier in unserem Haus. (Abg. Dr. Cap: Lissabon-Vertrag!) – Nein, Sie melden sich auch immer sehr leiden­schaftlich zu Wort, wenn es darum geht, die Oppositionsrechte zu wahren, aber dann kritisieren Sie die Dringliche Anfrage der FPÖ und deren Inhalt. (Abg. Strache: Das passt dem Herrn Klubobmann nicht!)

Ich meine, jede Fraktion des Hauses hat ein Anrecht darauf, eine Dringliche Anfrage zu stellen und die Fragen so zu formulieren, wie sie es für richtig hält. Es steht Ihnen nicht zu, zu kritisieren, wer welche Wortwahl in diesem Haus trifft. Nehmen Sie das endlich einmal zur Kenntnis! Da herrscht grundsätzlich Einvernehmen über alle Fraktionsgren­zen hinweg. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Dass das ein Bestellungsdrama allererster Güte war, das der Regierungschef Fay­mann an den Tag gelegt hat, das kommt ja nicht von uns, das kommt ja nicht vom BZÖ, von der FPÖ oder von den Grünen. Das lesen wir in den internationalen Zeitun­gen. Sie haben wohl bei Ihrer Aufmerksamkeit auch nicht im Pressespiegel, den Sie täglich vor Augen geführt bekommen, übersehen, dass diesbezüglich andere Kommen­tatoren in Brüssel etwas völlig anderes gehört haben.

Herr Bundeskanzler Faymann, Sie sprechen immer davon, Sie haben keine Stimmen gehört. – Ich bin beruhigt, wenn Sie keine Stimmen hören (Heiterkeit und Beifall bei BZÖ, FPÖ und Grünen), aber es hat schon einmal einen Amtsvorgänger gegeben, der sich vehement dagegen gewehrt hat, irgendwelche Visionen zu haben.

Aber darum geht es gar nicht. Mir geht es nur darum, Herr Bundeskanzler Faymann, dass Sie hier völlig klar eine politische Aktion gesetzt haben, indem Sie dem Herrn Kol­legen Molterer nicht den Vorzug gegeben haben, wie ursprünglich vereinbart, sondern den Herrn Hahn als EU-Kommissar nominiert haben. Das war eine rein parteipolitische


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Aktion – und nichts anderes! Da haben Sie nicht die Interessen Österreichs in den Vordergrund gestellt, sondern Ihren eigenen parteipolitischen Interessen den Vorzug gegeben, nur um den Wiener Wahlkampf mitzubeeinflussen. Das ist doch die Wahr­heit. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Herr Bundeskanzler, Sie haben den Wissenschaftsminister gerade in einer sehr sensi­blen Phase abgezogen, da auf den Universitäten ein riesiges Chaos herrscht und nie­mand weiß, wie es weitergehen soll; Forderungen über Forderungen, unerfüllbar et ce­tera. Aber Sie sind jetzt Regierungschef dieser Regierung und haben es in der Hand, indem Sie den Wissenschaftsminister abgezogen haben, dort für Ordnung zu sorgen. Sorgen Sie dafür, dass die fleißigen Studenten auf den Universitäten zu ihrem Recht kommen, dort studieren dürfen und studieren können und nicht von irgendwelchen linkslinken Anarchisten behindert werden, die ihnen den Zugang in die Hörsäle unmög­lich machen! (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Wir haben uns immer zu einem Prinzip bekannt, und das hören wir in allen Reden, die wir in unserem Land verfolgen – ob das im Zuge des EU-Wahlkampfes oder bei ähnli­chen Veranstaltungen ist –: Schicken wir doch die besten Köpfe nach Brüssel! Völlig klar, da gibt es eine Übereinstimmung aller Fraktionen hier im Hohen Haus, weil uns selbst bewusst ist, dass über 60 Prozent der Gesetze, die wir hier behandeln, aus Brüssel kommen, 60 Prozent EU-Richtlinien sind, die wir verabschieden, durchwinken, mit einem Kommentar versehen; mehr dürfen wir nicht mehr machen, vielleicht noch mit Gold Plating eines draufsetzen, aber im Grunde genommen findet die Vorarbeit in Brüssel statt.

Was machen wir? – Wir schicken ausrangierte Politiker nach Brüssel. Das ist nicht nur etwas, das wir in Österreich kritisieren. Das ist etwas, das in der gesamten Europäi­schen Union stattfindet: Dass man nämlich überall die ausrangierten, nicht mehr ge­liebten Politiker nach Brüssel schickt, weil man sie im eigenen Land nicht mehr haben möchte. Und dann wundern wir uns in Österreich über den Mist, der da oft von Brüssel hergeschickt wird, was da alles in Brüssel an Gesetzen zustande kommt, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Gehen wir doch den umgekehrten Weg! Schicken wir die besten Köpfe – wirklich die besten Köpfe! – nach Brüssel, dann werden wir uns auch in der Argumentation leichter tun! Dann werden wir auch die Bürger in die Europäische Union mitnehmen und sie für einen europäischen Standpunkt gewinnen können. (Beifall beim BZÖ.)

Daher ist es für mich völlig unverständlich, Herr Bundeskanzler, wie Sie leugnen kön­nen, dass sich der Herr Barroso verwundert darüber gezeigt hat, dass Sie nicht den Herrn Molterer nominiert haben, dem eigentlich das Agrarressort zugekommen wäre – einen hervorragender Agrarier, der sich in der Vergangenheit schon als Experte ausge­wiesen hat. Sie zeigen sich verwundert darüber und haben angeblich keine Stimmen gehört. (Beifall bei BZÖ und ÖVP.)

Ich hoffe, es liegt nicht an fehlenden Englischkenntnissen, dass Sie nicht in der Lage sind, zu vernehmen, was da auf europäischer Ebene gesprochen wird. (Heiterkeit bei Abgeordneten der FPÖ.) Aber bitte nehmen Sie das ernst, dass ein Agrarressort – eines der wichtigsten Ressorts auf europäischer Ebene – Österreich zum Vorteil ge­reicht hätte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wesentlich ist, dass wir mehr Patriotismus an den Tag legen sollen, wenn es um europäische Themen geht. Es geht darum, dass wir, wenn wir eines haben wollen, nämlich Österreich quasi als EU-Schläfer von der Schlusslichtposition wegzubekommen, auch eine ehrliche EU-Politik machen müssen. Da können wir uns nicht so verhalten, dass wir alles Schlechte nach Brüssel schicken und in Österreich Forderungen aufstellen wie beispielsweise die Einführung einer Spe-


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kulationssteuer – hier in diesem Haus ein Fünf-Parteien-Antrag. Alle wollen das, aber wenn dann unsere Minister und unser Regierungschef nach Brüssel fahren, dann weiß Letzterer nichts mehr davon. Dann ist er nicht mutig genug, nicht selbstbewusst genug, dort auch ganz klar die österreichische Haltung und Position einzunehmen. Und das fordern wir von unseren Repräsentanten in Brüssel! (Beifall beim BZÖ.)

Das fordern wir ja nicht von einem EU-Kommissar, aber das fordern wir vom Regie­rungschef, das fordern wir auch vom Finanzminister, dass er selbstbewusst und stark in Brüssel im Interesse Österreichs auftritt und endlich einmal klarstellt, dass wir eine EU-Transaktionssteuer haben wollen. Es gehört eben zum notwendigen Mut, all diese Positionen klar und deutlich zu vertreten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch was die Haushaltsfinanzierung anlangt, ist zu sagen: Wir werden uns alle in Zukunft schwer tun, wie wir die Haushalte sanie­ren. Das ist aber nicht ein Problem Österreichs, sondern eines aller 27 Länder.

Deswegen fordere ich Sie auf, Herr Bundeskanzler, in Zukunft mehr Selbstbewusstsein an den Tag zu legen und ganz klar in Brüssel zu sagen, was Sache ist, was die öster­reichische Haltung ist! Sie brauchen sich nicht zu verstecken. Österreich ist Nettozah­ler, Österreich kann ruhig etwas dafür verlangen. Die Polen führen uns jedes Mal vor, sie sind Nettoempfänger, stellen jedes Mal eine Latte an Forderungen auf und sind auch im eigenen Land geachtet. Sie sind jetzt gefordert, endlich einmal die österreichi­schen Positionen in Brüssel zu vertreten. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Ing. Westentha­ler – in Richtung von Bundeskanzler Faymann –: Sonst wird der „Onkel Hans“ böse, wenn Sie das nicht machen!)

16.12


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen zu Wort. 10 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


16.12.58

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Frau Präsidentin! Ich muss ge­stehen, dass ich auf der einen Seite der FPÖ dankbar für die Gelegenheit bin, die un­sägliche europäische Personalpolitik der Bundesregierung wieder einmal durch den Kakao zu ziehen. Das ist ja nicht die erste Gelegenheit, war aber noch nie in diesem Forum der Fall.

Auf der anderen Seite frage ich: Warum echauffieren sich die Kollegen und Kollegin­nen von der FPÖ so? Das ist mir ehrlich gesagt schleierhaft. Sie wollen doch eine zahnlose EU, und die Bundesregierung tut alles, um dieses Bild zu befördern. Sie wol­len doch gar keine starke Europäische Union. (Abg. Neubauer: Woher wissen Sie das?) Sie wollen doch gar keinen starken Kommissar, der in der Lage ist – der oder die, muss man in dem Fall sagen –, multinationalen Konzernen die Stirn zu bieten, wie das Nellie Kroes oder Viviane Reding zum Beispiel getan haben. Es fällt mir natürlich schon auf, dass es zwei Frauen sind, die da Microsoft und den Internetfirmen die Stirn bieten. (Abg. Strache: ...! Da haben Sie recht!) Das wollen Sie doch alles nicht.

Sie wollen ja, dass die EU nichts kostet. Sie wollen doch, dass das Budget der EU un­gefähr ausreicht, um – was weiß ich – den Gemeinderat von Gramatneusiedl ausrei­chend zu finanzieren. Das ist doch Ihr Ziel. Warum Sie nur 50 Prozent sagen, war mir, ehrlich gesagt, rätselhaft. Warum sagen Sie nicht 90 oder 99 Prozent? Sie wollen ja die ganze EU auflösen. Also warum so wenig populistisch, Herr Strache? (Abg. Strache: Nein, das ist nicht richtig, Herr Van der Bellen! Wir wollen ein föderales, nicht ein zen­tralistisches Europa!) Wenn Sie hier ein bisschen radikaler wären, hätten Sie sicher den einen oder anderen Leserbrief in der „Kronen Zeitung“ erhalten. (Abg. Strache: Ih­re Unwahrheiten werden dadurch nicht wahrer!)


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Das heißt, Sie wollen ja die politische Verzwergung Österreichs, die wir leider in der letzten Zeit beobachten, auf der europäischen Ebene fortsetzen. Und die Bundesregie­rung tut ihr Bestes in der Personalpolitik (Abg. Strache: Wir wollen ein föderales Euro­pa!), dieses Ziel zu befördern, Herr Strache. (Beifall bei den Grünen.)

Aber kurz zu den Beneš-Dekreten. Sie haben ja in einem Punkt recht: Die Beneš-De­krete – ein Teil der Beneš-Dekrete, muss man sagen –, ein Teil ist eindeutig men­schenrechtswidrig und grundrechtswidrig. (Ruf bei der FPÖ: Danke!) Meiner Meinung nach – und ich glaube, ich bin mit dieser Meinung nicht allein – hebt der Lissabon-Ver­trag die Beneš-Dekrete auch in diesem Teil nicht auf, aber er heißt sie auch nicht gut. Mit anderen Worten: Er ist neutral.

Nur: Ein Punkt interessiert mich schon, Herr Strache. Wenn Sie der Meinung sind, Sie, dass die Grundrechts-Charta im Rahmen des Lissabon-Vertrages eine große Bedeu­tung als Hebel für die Aufhebung der Beneš-Dekrete hätte, dann frage ich mich echt: Wieso haben Sie dem Lissabon-Vertrag nicht zugestimmt, wenn Ihnen das so wichtig ist? (Abg. Strache: Wir bringen eine Verfassungsklage ein! Eine Verfassungsklage wird eingebracht!) Das wäre doch dann der Hebel. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Noch etwas, Herr Strache: Ab 1. Dezember ist der Lissabon-Vertrag in Kraft! Die Grundrechts-Charta gilt in diesem noch unbestimmten, aber langen Zeitfenster auch für Tschechien. Probieren Sie es vor dem EuGH! Jetzt gilt der Lissabon-Vertrag. (Abg. Strache: Wir bringen eine Verfassungsklage ein!) – Ja, das ist in Ordnung. In Tschechien, oder wo? (Heiterkeit bei der ÖVP.) Vor dem EuGH? In Österreich wollen Sie die Beneš-Dekrete bekämpfen? Na, bitte! (Heiterkeit. – Abg. Strache: Gegen den Lissabon-Vertrag, Herr Van der Bellen! Eine Volksabstimmung wurde verweigert! Das ist verfassungswidrig!)

Den Lissabon-Vertrag, der Ihrer Meinung nach angeblich einen Hebel gegen die Be­neš-Dekrete bietet, den wollen Sie in Österreich bekämpfen?! Das erklären Sie einmal einem einigermaßen logisch begabten Menschen. (Abg. Strache: ... das noch immer nicht ...! Das ist österreichische ...!)

So: Jetzt komme ich zur ÖVP, zur Österreichischen Volkspartei. (Abg. Strache: Sie können doch nicht alle herunterdodeln, Herr Professor, mit Ihrer abgehobenen Art und Weise, die Sie wählen! Das nehmen Sie doch einmal zur Kenntnis, dass die Vorgangs­weise des Vertrages von Lissabon ...!) – Wenn ich Sie anschaue, Herr Strache – ent­schuldigen Sie, wenn ich das sage –, bleibt mir gar nichts anderes übrig, als abgeho­ben zu wirken. Sorry! (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP. – Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Ich danke für den Applaus, auch in den Reihen der Volkspartei, aber jetzt ziehe ich über die Volkspartei her. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.)

Schauen Sie: Sie haben in Ihren Reihen einen ehemaligen Bundeskanzler, der auch ehemaliger Außenminister und ehemaliger Wirtschaftsminister und was weiß ich was noch war. Kommt er als Kommissar in Frage? Spielte er in diesem Spiel eine Rolle? – Nein!

Sie haben in Ihren Reihen einen Vizekanzler a. D., der Umwelt- und Landwirtschafts­minister war, der Finanzminister war. Wurde er als Kommissar benannt? – Nein!

Sie haben in Ihren Reihen eine ehemalige Außenministerin, die jetzt EU-Kommissarin für Außenbeziehungen ist, und eine weitere ehemalige Außenministerin, die ohne wei­teres in Frage gekommen wäre. Werden sie als Kommissarinnen benannt? – Nein.

Benannt wird ein profilloser und erfolgloser Wissenschaftsminister. Das ist die Perver­tierung des Gedankens, den ich von Ihrer Seite immer wieder höre: Leistung muss sich


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lohnen, oder: Leistung muss sich wieder lohnen. Hier wird der Leistungslose mit einem Karrieresprung nach Brüssel belohnt. Das müssen Sie einmal in Ihrer Partei erklären. (Beifall bei den Grünen.)

Aus irgendwelchen Gründen, die mir nicht näher bekannt sind, hat Vizekanzler Pröll in diesen Gesprächen und Verhandlungen irgendwann das Handtuch geworfen. Ob das notwendig war zu diesem Zeitpunkt? – Wir waren ja noch immer nicht das letzte Land, das die möglichen Kandidaten für die Kommission benannt hat.

Ich kann mir schon vorstellen, dass jetzt ziemlich viele in der ÖVP sauer sind. Die Bauern, aber nicht nur; die betroffenen Personen, die ohne eigenes Verschulden be­schädigt worden sind, et cetera, et cetera.

Und unser Bundeskanzler Faymann – was hat der gewonnen? Hat der bei irgendje­mandem zusätzlichen Respekt durch diese Blockade von Molterer und anderen Perso­nen gewonnen? Bei irgendjemandem? (Abg. Kickl: Was heißt „zusätzlich“?) – Ich kann natürlich nicht ausschließen, dass es Hinterwäldler in der SPÖ gibt, die sagen: Super, jetzt hat er es denen wieder einmal gezeigt! (Abg. Ing. Westenthaler: Wo nichts ist, da ist nichts!)

Das ist europäische Politik? Echt? – Die Politik von Zwergen ist das, die Zwerge blei­ben wollen! (Beifall bei Grünen und BZÖ.)

Aber leider ist das ja nur ein Spiegelbild der allgemeinen EU-Misere. Im Lissabon-Ver­trag – es wurde schon erwähnt – gibt es auch zwei neue Funktionen, den Präsidenten des Europäischen Rates und den – nennen wir ihn einmal kurz – Außenminister der Kommission. Die Kompetenzen dieser Personen, auch in diesem Beziehungsgeflecht zum Präsidenten des EU-Parlaments, zum Präsidenten der Europäischen Kommission, sind im Lissabon-Vertrag nicht geregelt. Das ist eine Schwäche des Lissabon-Vertra­ges. Aber umso mehr kommt es auf die Personen, auf die Persönlichkeiten an, die die­se Positionen künftig einnehmen werden.

Zwei prominente Gesichter – das war die ursprüngliche Idee –, zwei Gesichter, die Europa auf bestimmte Zeit verkörpern, die sich sozusagen auf Augenhöhe mit den Staatschefs der Welt, mit Putin, Obama und wie sie alle heißen mögen, verständigen können.

Also mir persönlich hätte zum Beispiel gefallen ein Gespann von, wenn es zum Bei­spiel zwei Männer wären, das würde mich noch nicht so stören, aber ich komme dann gleich auf zwei Frauen zu sprechen, Tony Blair und Joschka Fischer. Das wäre ein tol­les Gespann gewesen, hätte mir gefallen. (Ironische Heiterkeit. – Abg. Mag. Ikrath: Um Gottes willen!) Oder umgekehrt: Christine Lagarde, die französische Finanzminis­terin, die gerade in der „Financial Times“ eine seitenlange Würdigung erfahren hat, und Ursula Plassnik. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Die eine als Präsidentin, die an­dere als Außenministerin der Europäischen Union. (Abg. Ing. Westenthaler: Cohn-Bendit als Pressesprecher, oder was?)

Ihnen gefällt das nicht, weil Sie immer auf die „Kronen Zeitung“ schielen, aber ich bin immer noch beeindruckt vom Schlussgruß, den Ursula Plassnik seinerzeit unbeein­druckt dem Herrn Dichand von der „Kronen Zeitung“ geschrieben hat. (Beifall bei Grü­nen und ÖVP.)

Wir brauchen in diesen Positionen unbeeindruckte, unbeeindruckbare Personen, die europäische Interessen vertreten, nebenbei gesagt, und nicht österreichische.

Im Hauptausschuss habe ich schon wieder dieses Töpfergewerbegeschwafel gehört: der österreichische Kommissar als Drehscheibe zwischen österreichischen und euro­päischen Interessen. Die sind nicht im Töpfergewerbe, die sind keine Drehscheiben,


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sondern die haben einzig und allein europäische Interessen zu vertreten, den Vertrag zu beachten, wenn sie einmal Kommissar sind. Vielleicht regen wir uns ohnehin zu früh auf. Die Kommission steht noch nicht, und die Frauen im Europäischen Parlament re­gen sich mit Recht auf. (Abg. Mag. Wurm: Richtig, ja!) Das Europäische Parlament muss nämlich die Kommission gutheißen, akzeptieren. Und wenn drei von 27 mögli­chen Kommissaren und Kommissarinnen Frauen sind, dann muss ich sagen, das schlägt ja wohl dem Fass den Boden aus. Ich hoffe, dass das Europäische Parlament diese Kiste aufmacht. Drei Frauen von 27 – Leute, das geht nicht!

Das Europäische Parlament soll diesen Vorschlag für eine Kommission, wenn er von Barroso so kommt, ablehnen. Und dann haben wir eine weitere Chance, über diese Dinge noch einmal zu diskutieren, und dann werden alte, neue Namen wieder auftau­chen. Ich würde mich freuen, wenn auch in Österreich diese Kiste wieder geöffnet wür­de. – Danke schön. (Beifall bei Grünen, ÖVP und BZÖ.)

16.22


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun ist Frau Abgeordnete Kitzmüller zu Wort gemeldet. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 7 Minuten. – Bitte sehr.

 


16.22.49

Abgeordnete Anneliese Kitzmüller (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr geehr­ter Herr Bundeskanzler! Hohes Haus! Ich beginne mit dem Antrag, den wir stellen wer­den. Dieser lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller und weiterer Abgeordneter betreffend Wieder­gutmachung für Opfer der tschechischen Vertreibungsverbrechen und Beseitigung der Beneš-Dekrete

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, auf bilateraler österreichisch-tschechischer, euro­päischer und internationaler Ebene dafür Sorge zu tragen, dass in der Republik Tsche­chien ein menschenrechtskonformer rechtlicher Zustand hergestellt wird und die Be­neš-Dekrete beseitigt werden.

Darüber hinaus wird die Bundesregierung ersucht, alle erforderlichen Maßnahmen zu setzen, dass die Opfer der tschechischen Vertreibungsverbrechen eine Wiedergutma­chung des erlittenen Unrechts durch die Republik Tschechien erhalten.“

*****

Meine Damen und Herren, der EU-Vertrag von Lissabon hat den schlechtesten Start gehabt, den man sich vorstellen kann. Er kam durch einen eklatanten Bruch der Men­schenrechte zustande, und die Spitze der österreichischen Regierung hat diesen Bruch der Menschenrechte mit zu verantworten, meine Damen und Herren, weil Sie zuge­stimmt haben, dass Tschechien eine Ausnahme von der EU-Grundrechtscharta ge­währt wurde. Den Tschechen wurde erlaubt, die Beneš-Dekrete beizubehalten, um so zu verhindern, dass weitere Klagen auf Entschädigung durch die Heimatvertriebenen eingebracht werden.

Unser Bundeskanzler, unser Außenminister haben, wie wir es von der österreichischen Regierung ja schon weithin gewohnt sind, in Brüssel geschwiegen, und zwar geschwie­gen, als es darum ging, die Vertretung der eigenen Bevölkerung wahrzunehmen. Sie haben den Auftrag des Parlaments nicht berücksichtigt und sind wortbrüchig gewor-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 158

den. Sie haben sich dort feige angebiedert, Sie haben den Applaus hingenommen und mit Champagner mit anderen Staatschefs auf den Verrat an der österreichischen Be­völkerung angestoßen.

Sie haben keinen Augenblick auch nur daran gedacht, dass dadurch die Interessen von Hunderttausenden Heimatvertriebenen verraten wurden. Wie ahnungslos, meine Damen und Herren, muss ein Bundeskanzler sein, wenn er über die Geschichte des Landes, das er regiert, nichts weiß und die Interessen der österreichischen Staatsbür­ger, die nach der Vertreibung hier Zuflucht gefunden haben, am Aufbau Österreichs beteiligt waren und auch daran, Österreich zu dem zu machen, was es heute ist, mit Füßen getreten werden und nur das gemacht wird, was in Brüssel verlangt wird. (Bei­fall bei der FPÖ.)

Wie weit abgehoben, meine Damen und Herren, in den Höhen der Eurokratie, Herr Außenminister, muss man schweben, wenn man diesen Menschenverrat auch noch als Verhandlungserfolg bezeichnet?! Diskussionen, wie sie Herr Cap vorhin geführt hat, werden von unserer Seite als menschenverachtend gewertet. Und das, Herr Cap, ist der SPÖ nicht würdig.

Nur weil die Beneš-Dekrete jetzt nicht mehr als solche bezeichnet werden, wodurch et­was vielleicht einfacher durchzubringen ist, und durch den Begriff „Verwaltungsnor­men“ ersetzt wurden, ist noch lange nicht gesagt, dass die Beneš-Dekrete nicht weiter­leben und weiter besprochen werden.

Wie weit muss man sich geistig und emotional von seinen Landsleuten schon entfernt haben, wenn eben genau diese Verwaltungsnormen als Erfolg gefeiert werden – dies angesichts jener, die ihr Hab und Gut verloren haben!

Frau Frauenministerin! Haben Sie jemals mit vertriebenen Frauen gesprochen, die ihre Heimat verlassen mussten, deren Ehemann vielleicht ermordet wurde, die mit kleinen Kindern über die Grenze geflüchtet sind und auf dem Weg zu uns nicht gewusst ha­ben, wie sie ihre Kinder ernähren, wo sie das Essen hernehmen sollen, und unter schwierigsten Bedingungen hier wieder eine Existenz aufgebaut haben? Auch für diese Frauen, Frau Minister, sind Sie zuständig (Beifall bei der FPÖ) – und nicht nur für lesbi­sche Frauen, die auf ein angebliches Recht auf eine schöne Zeremonie am Standes­amt pochen. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

Herr Wirtschaftsminister – natürlich auch nicht da –, haben Sie sich jemals informiert, welch großartige Arbeiten unsere Leute, die Vertriebenen in Österreich für den Wieder­aufbau geleistet haben, nicht nur mit Geld, sondern vor allem mit ihrem Wissen, mit ih­rem Können und ihrem Engagement?

Mit Tschechien ist es ja noch nicht erledigt, meine Damen und Herren, als Nächstes wird Kroatien kommen, und dann wird das Gleiche wieder neu losgehen mit den AVNOJ-Dekreten. Und da bin ich neugierig, ob Sie dann für die österreichische Bevöl­kerung etwas tun werden oder ob Sie sich dann wieder hinlegen und sagen, ich kann nichts tun. Dann biete ich Ihnen an: Lassen Sie das Volk entscheiden! Stehen Sie zu Ihrer Entscheidung, einen Volksentscheid herbeizuführen, eine Volksbefragung zu ma­chen! Dann werden Sie sehen, wie die Bevölkerung entscheidet und wie sehr unsere Heimatvertriebenen unter dieser Regierung verraten und verloren sind. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Scheibner: Sind Sie gegen den Beitritt Kroatiens?)

16.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der Entschließungsantrag, der soeben einge­bracht wurde, steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 159

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller und weiterer Abgeordneter betreffend Wieder­gutmachung für Opfer der tschechischen Vertreibungsverbrechen und Beseitigung der Beneš-Dekrete

eingebracht im Zuge der Debatte zur Dringlichen Anfrage gemäß § 93 Abs. 2 GOG-NR des Abgeordneten KO Heinz-Christian Strache und weiterer Abgeordneter an den Bun­deskanzler betreffend das völlige Versagen Faymanns in der aktuellen EU-Politik in der 45. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP., am 18. November 2009

Am 08. Mai 2007 hat in Prag eine Demonstration der Tschechischen Nationalpartei (Narodni strana, kurz „NS“) unter dem volksverhetzenden Thema „Der Abschub war richtig“ stattgefunden. Diese die vertriebenen wie heimatverbliebenen Sudetendeut­sche diskriminierende Aktion wird auf der Heimseite der „NS“ (www.narodni-strana.cz) auch ganz offen in englischer und tschechischer Sprache veröffentlicht.

Neben den klaren menschrechtsverletzenden Aktionen solcher Art bietet in der Repu­blik Tschechien aber vor allem die nach wie vor bestehende Gültigkeit der „Benes-De­krete“, die ganz klar menschen- und völkerrechtswidrig sind, offensichtlich Grundlage genug, die deutschen Minderheiten zu diskriminieren.

Vor dem Beitritt der Republik Tschechien zur Europäischen Union wurde die Abschaf­fung der Dekrete gefordert, maßgebliche politische Kräfte in Österreich und Deutsch­land stellten allerdings im Zuge dessen in Aussicht, die Abschaffung der Dekrete erst zu fordern, wenn Tschechien Mitglied sei.

Bis dato ist allerdings nichts passiert, was auf eine Abschaffung hindeutet, im Gegen­teil: Im Zuge der Ratifizierung des Vertrages von Lissabon wurde der Republik Tsche­chien auf Verlangen durch eben diese durch den Europäischen Rat eine Ausnahme­klausel für die Grundrechtecharta zugestanden, um damit indirekt die Benes-Dekrete zu sanktionieren. Ungeheuerlich dabei ist, dass der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und sein Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) im Vor­feld beteuert haben, keinerlei direkte oder indirekte Sanktionierung der Benes-Dekrete durch die EU zuzulassen, und dann sehr wohl einer solchen zugestimmt haben.

Daher stellen die unterzeichnenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, auf bilateraler österreichisch-tschechischer, euro­päischer und internationaler Ebene dafür Sorge zu tragen, dass in der Republik Tsche­chien ein menschenrechtskonformer rechtlicher Zustand hergestellt wird und die Be­nes-Dekrete beseitigt werden.

Darüber hinaus wird die Bundesregierung ersucht, alle erforderlichen Maßnahmen zu setzen, dass die Opfer der tschechischen Vertreibungsverbrechen eine Wiedergutma­chung des erlittenen Unrechts durch die Republik Tschechien erhalten.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Mut­tonen. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


16.29.10

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanz­ler! Meine Damen und Herren! Frau Kitzmüller, dass die Grundrechtscharta in drei von


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 160

27 Mitgliedstaaten keine Anwendung finden soll und den Bürgern dieser Mitgliedstaa­ten damit auch Grundrechte vorenthalten werden, ist sicher kritisch zu sehen. Der Vor­wurf ist aber an die jeweiligen Regierungen zu richten und nicht an die österreichische Bundesregierung. (Abg. Neubauer: So einfach kann man es sich nicht machen!)

Meine Damen und Herren, die tiefe Abneigung, die von Seiten der FPÖ gegenüber einem Miteinander innerhalb der EU zu spüren ist, ist eine Art Realitätsverweigerung und nichts anderes als ein populistischer Versuch, auf einer populistischen Welle zu schwimmen. Sie argumentieren mit Weltuntergang, Untergang Europas und derglei­chen. Panikmache, das ist Ihre Methode.

Dort, wo es wirklich brennt, schauen Sie ja nicht hin, da verweigern Sie den Blick. Sie schauen nicht dort hin, wo es die wirklichen Probleme innerhalb der EU gibt. Mit diesen Problemen sind alle Mitgliedsländer konfrontiert. Sie schauen nicht auf die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise. Sie schauen nicht auf die Arbeitslosenquoten, die immer höher werden. Sie schauen aber auch nicht auf die gravierenden sozialen Folgen im Bereich der sozialen Sicherheit und des sozialen Zusammenhalts.

Meine Damen und Herren, es ist unsere Aufgabe, Sorge dafür zu tragen, dass die so­zialen Mindeststandards weiterentwickelt werden. (Zwischenruf des Abg. Weinzinger.) Es geht nicht um den Untergang, sondern um die Weiterentwicklung Europas.

Sie von der FPÖ stellen auch nicht die Frage nach einer effizienten Kontrolle der Fi­nanzmärkte. Auch Themen wie Energiesicherheit und Klimawandel werden von Ihnen nicht angesprochen, obwohl der Klimawandel mit all seinen Konsequenzen auf die Menschen in Europa, ja der ganzen Welt große Auswirkungen hat. So hat unter den Hauptakteuren im Klimaweltwettlauf, dazu gehören die USA, China, Brasilien und Indi­en, die EU sicher eine Vorreiterrolle. Aber das können wir nur gemeinsam tun.

Nicht zuletzt schauen Sie auch nicht auf die Frage der inneren Sicherheit in der EU und die Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität. Da ist Zusammenarbeit gefordert. Sie sprechen von ganz anderen Themen. Sie wollen sich nicht mit den grundlegenden Problemen der EU beschäftigen. (Beifall bei der SPÖ.)

Zu all diesen Problemen gilt es Antworten und Lösungsstrategien zu entwickeln, und zwar nicht isoliert, sondern auf gemeinsamer und tragfähiger Ebene.

Mit dem Vertrag von Lissabon, der in Kraft treten wird, wird die EU auf eine neue Grundlage gestellt werden. Die Handlungsfähigkeit der EU und das demokratische Prinzip werden gestärkt. Angesichts der Tatsache, dass es sich nicht mehr um eine EU der 15, sondern um eine Union der 27 handelt, sind andere Mechanismen notwendig, damit die Entscheidungsprozesse funktionieren. Ein wichtiger zukunftsweisender Schritt also.

Der Vertrag von Lissabon stärkt die soziale Verantwortung innerhalb der EU. Es geht dabei um die Bekämpfung von sozialer Ausgrenzung und Diskriminierung, um die För­derung sozialer Gerechtigkeit, die Gleichstellung von Männern und Frauen, die Solida­rität zwischen den Generationen und auch um die Wahrung der Rechte des Kindes.

Das ist ein großer Schritt in Richtung eines sozialeren Europas, das aber auf Basis der neuen Grundlagen Schritt für Schritt erkämpft werden muss. Das sollte Sie interessie­ren, Herr Strache.

Es gibt aber durch diesen Vertrag von Lissabon auch mehr Rechte und Kontrollmög­lichkeiten für die nationalen Parlamente. Warum interessiert Sie das nicht? Warum sprechen Sie das nicht an? Diese werden wir zu nutzen wissen. Wir müssen einfach daran arbeiten, damit die EU nicht über ihre Kompetenzen hinaus tätig wird.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 161

Daher, meine Damen und Herren: Der Vertrag von Lissabon ist für Europa wichtig und notwendig. Mit dieser Reform wird die Handlungsfähigkeit der EU gewährleistet. Nur so können wir im Spiel der Global Player mitmischen. Nur so können wir Ländern wie Chi­na oder den USA gegenübertreten.

Wenn Sie sich aktuelle Umfragen anschauen, dann werden Sie feststellen, dass die EU bei den jungen Bürgern und Bürgerinnen schon längst angekommen ist. Eine Um­frage der Gesellschaft für Europapolitik besagt, dass 75 Prozent der Schüler und Schü­lerinnen für einen Verbleib in der EU sind, denn laut einer anderen Umfrage gibt die EU in Zeiten von Krisen auch Sicherheit und Schutz. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.34


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Schüssel zu Wort. 10 Minuten. – Bitte.

 


16.34.54

Abgeordneter Dr. Wolfgang Schüssel (ÖVP): Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich schließe gleich bei den Ausführungen der Frau Abgeordneten Muttonen an: Sie hat völlig recht, der Vertrag von Lissabon ist natürlich besser für Europa, aber er ist auch besser für Österreich. Die Österreicher bekommen etwa zwei Sitze mehr im Euro­päischen Parlament als heute. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Na gut, das ist nicht un­interessant.

Für die Kommission ist zum Beispiel der Vertrag von Lissabon ganz entscheidend, weil er uns die Möglichkeit gibt, dass auch in Zukunft jedes Mitgliedsland einen Kommissar stellt. Nach dem Vertrag von Nizza wäre das nicht der Fall. Da war ja sogar von einem Absinken bis auf zwei Drittel der Mitgliedsländer die Rede.

Das Parlament wird ein vollberechtigtes Mitentscheidungsgremium, etwa 95 Prozent der Entscheidungen werden vom Parlament gleichberechtigt getroffen. Es wird viel ein­facher: Statt zwei Dutzend Entscheidungsverfahren wird es drei Verfahren geben. Die Charta gilt für alle Bürger, ausgenommen Polen, Großbritannien und jetzt die Tschechi­sche Republik, was für diese Länder mit Nachteilen verbunden ist, denn die Charta verpflichtet ja die Institutionen der Europäischen Union auf die Charta, und jeder Bür­ger kann diese Institutionen damit einklagen. Das ist nämlich der interessante Punkt. Ehrlich gesagt, die drei Länder verstehe ich nicht, die auf diese Möglichkeit für ihre Bürger verzichten wollen. (Beifall bei der ÖVP.)

Dazu kommen ein europäisches Volksbegehren, wofür die Modalitäten jetzt gerade entwickelt werden, Klima- und Energiepolitik als neue Aufgaben, ganz zentral und wich­tig, und natürlich auch die institutionellen Fragen wie Präsident und Außenminister.

Meine Damen und Herren, Lissabon hat mit Beneš überhaupt nichts zu tun, und zwar aus einem sehr einfachen Grund: Der Vertrag gilt ab dem 1. Dezember für die Zukunft und nicht rückwirkend. Das ist ganz ein wichtiger Punkt. Ich bin ehrlich gesagt ein biss­chen neidig, weil mir Professor Van der Bellen in seiner köstlichen Rede die Pointe weggenommen hat. Wäre das so, wie Sie glauben, dass Lissabon die Möglichkeit ge­geben hätte, dass man all das Unrecht berechtigterweise beim Europäischen Gerichts­hof einklagen hätte können, dann frage ich Sie: Warum haben Sie dann dagegen ge­stimmt? (Abg. Dr. Graf: Aber Sie haben versprochen ...!) Da hätten Sie ja gegen Ihr eigenes Anliegen gestimmt. Und das müssten Sie ja beim Europäischen Gerichtshof einklagen, nicht beim österreichischen Verfassungsgerichtshof, damit wir einander rich­tig verstehen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Ehrlich gesagt, unser Argument, dass Lissabon mit Beneš nichts zu tun hat, wird ja auch sehr klar dadurch gestützt, dass sich zum Beispiel die Slowakei, die ja damals Teil der Tschechoslowakischen Republik gewesen ist, nicht der Tschechischen Repu­blik in der Ausnahme, im Opting Out angeschlossen hat.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 162

Also lassen wir die Geschichte. Wir sind inhaltlich der gleichen Meinung, das sind men­schenrechtswidrige Dekrete, um die es geht, aber das hat mit Lissabon nichts zu tun. (Abg. Dr. Graf: Das kann man nicht so stehen lassen!)

Jetzt zu den Personalia. Es ist ein ehernes Gesetz seit unserem Beitritt vor fast 15 Jah­ren, dass wir die besten Köpfe, die besten Persönlichkeiten in die europäischen Institu­tionen schicken müssen. Wir haben das gemacht, bitte, mit Franz Fischler, zwei Perio­den Landwirtschaft und Fischerei, ein erstklassiger, großartiger Kommissar, der wirk­lich etwas bewegt hat, genauso wie Benita Ferrero-Waldner in der Außenpolitik. Gar keine Frage. (Zwischenrufe beim BZÖ.)

Und etwas sage ich schon dazu: Wir, das waren auch meine Vorgänger und ich, haben das immer unabhängig von der parteipolitischen Färbung gesehen. Wir haben uns ganz massiv eingesetzt etwa für Gertrude Tumpel-Gugerell als Vizepräsidentin der Europäischen Zentralbank, eine großartige Entscheidung. Sie hat das in sie gesetzte Vertrauen absolut gerechtfertigt. Oder Peter Jann, der drei Perioden im Europäischen Gerichtshof war, zuletzt quasi Vizepräsident als einer der beiden Senatsvorsitzenden im Europäischen Gerichtshof. Oder Hubert Weber, drei Jahre lang Präsident des Euro­päischen Gerichtshofs. Oder Edith Kitzmantel, die erste Generaldirektorin, die für das gesamte Budget der Union verantwortlich war. Oder Heinz Zourek – vielen gerade auf der linken Seite sind die Namen nicht unbekannt –, der heute noch Generaldirektor für die Unternehmen und die Industrie ist.

Also: Die Besten gehören in die Toppositionen, ganz gleich, wo sie herkommen, ob sie eine Parteifarbe haben oder unabhängig sind. Das war und ist und muss das Prinzip sein. (Beifall bei der ÖVP.)

Für die jetzige Kommissarsbestellung – da hat Herr Professor Van der Bellen völlig recht – gab es Topkandidaten, die jedenfalls in Frage gekommen wären, einen Willi Molterer, eine Ursula Plassnik oder einen Martin Bartenstein. Das sind Profis, die man dort jederzeit einsetzen kann.

Ehrlich gesagt, das Echo, das das in den Medien gefunden hat, brauche ich nicht zu kommentieren. Ich will das wirklich unabhängig von den Personen jetzt hier so stehen lassen.

Denken Sie, Herr Bundeskanzler, nur daran, was ich hier an diesem Pult vor einigen Monaten geraten habe. Im Jahr 2004 haben wir mehrere Namen vorgeschlagen. Ich habe damals vier vorgeschlagen, man hätte drei bis vier Namen vorschlagen können, darunter natürlich auch eine Frau, und man hätte die Möglichkeit gehabt, quasi in inter­nen und vertraulichen Verhandlungen ein wichtiges Topressort für uns herauszuver­handeln und auch dem Kommissionspräsidenten die Flexibilität zu geben, seine Kom­mission nach fachlichen und auch nach genderspezifischen Gegebenheiten zusam­menzustellen.

Bei manchen – ich habe ja sehr erfreut zugehört – unserer Kandidaten ist es ja Liebe auf den zweiten Blick; wie man weiß, ist die Liebe auf den zweiten Blick oft haltbarer als die Liebe auf den ersten Blick. Es freut mich, dass Sie so wie Professor Van der Bellen oder auch andere durchaus die Qualität mancher Vorschläge erkannt haben. Man hätte das ohne Kontroversen genauso über die Bühne bringen können wie etwa den Vorschlag der Maria Berger für den Europäischen Gerichtshof. (Zwischenruf des Abg. Weinzinger.)

Wir wissen, dass gerade die für die Österreicher und Österreicherinnen wichtigsten Entscheidungen – Sie haben es ja selbst erwähnt, vom Klimawandel bis zur Außenpoli­tik, von der Energie bis zur Finanzvorschau und zur Zukunft des ländlichen Raums und der Nahrungsmittelsicherheit für unsere Konsumenten, ein strategisches Anliegen – heute nicht mehr national hier im Parlament oder in der Regierung fallen, sondern ge­meinsam mit den anderen 26 innerhalb der Europäischen Union.


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Nun haben Sie morgen, Herr Bundeskanzler, die nächste Entscheidung zu treffen und große Verantwortung zu übernehmen. Ich sage Ihnen auch sehr offen – ich formuliere das natürlich jetzt auch vorsichtig und hoffentlich nicht verletzend –, dass sich nie­mand, der Österreich liebt und Europa ernst nimmt, vorstellen kann und will, dass Sie Österreicherinnen und Österreicher nicht in voller Verantwortung für europäische Top­positionen einbringen, ganz gleich, ob es eine Maria Berger oder eine Ursula Plassnik, ein Willi Molterer oder ein Alfred Gusenbauer ist. Da darf es keinen Unterschied geben. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Bucher.)

Niemand, meine Damen und Herren, der ein aktives Österreich in einer starken Union will, kann und will sich vorstellen, dass ein österreichischer Bundeskanzler darauf war­tet, welche Namen woanders genannt werden, und sich nicht selbst aktiv in die Diskus­sion einbringt, netzwerkt, wirbt und Argumente sammelt.

Nur ein Hinweis: Es gibt einige Namen, gerade in der heutigen Zeit, die in der interna­tionalen Presse, nicht in Österreich – von „Le Monde“ über die „Financial Times“ bis zum „Guardian“ und heute in der „Süddeutschen Zeitung“ –, genannt werden, wie etwa Vike-Freiberga oder unsere Ursula Plassnik. Und ich glaube, es ist doch selbstver­ständlich, dass ein Regierungschef positiv und der Zukunft zugewandt auf diese Dinge zugeht und sich nicht fürchtet, sondern sich freut, wenn wir solche Chancen und Mög­lichkeiten haben. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Van der Bellen.)

Ehrlich gesagt, niemand – auch ich nicht –, der eine österreichische Stimme in einem europäischen Orchester glaubhaft hören will, kann und will sich vorstellen, dass wir eine bedeutendere Aufgabe nicht annehmen und lieber irgendetwas Unbedeutenderes nehmen, nur weil der Boulevard gegen bestens qualifizierte Kandidaten schießt.

Dazu, was der Boulevard, die Zuneigung des Boulevards wert ist – ich nenne es jetzt nicht –, kann ich nur sagen: Lesen Sie den heutigen Leitartikel eines Herrn, der Ihnen nicht unbekannt ist! Das Lob von dieser Seite ist sehr kurzfristig. Daher mein Rat: Ma­chen Sie gleich das, was richtig ist und was Sie vor Ihrem Gewissen und vor der öster­reichischen Öffentlichkeit verantworten können!

Niemand, meine Damen und Herren – und das sage ich auch sehr ernst –, der ein Ös­terreich in einer handlungsfähigen Union will, kann und darf sich vorstellen, dass ein österreichischer Bundeskanzler im gleichen Boot wie etwa die britischen Konservativen sitzen möchte (Abg. Dr. Plassnik: Ja!), die gegen den Vertrag von Lissabon agitiert haben, die Volksabstimmungen auch für die künftigen Verträge wollen und gegen einen starken Kandidaten aus dem eigenen Land, Tony Blair, sind, nur weil er von einer anderen Partei ist. Ich glaube nicht, dass Sie das können und dass Sie das wol­len. Ich glaube, niemand kann sich das ernstlich vorstellen. Ich wünsche Ihnen für mor­gen eine gute Entscheidung! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Van der Bellen.)

16.44


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Scheibner zu Wort. Ich stelle die Uhr auf 7 Minuten. – Bitte.

 


16.44.26

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Mei­ne Damen und Herren! Es ist schon schwierig mit dieser Europäischen Union. Da dis­kutiert man jahrelang über die Strukturen, über die Verfassung, dann über den Vertrag von Lissabon und bringt ihn gerade noch so hin – und dann hofft man eigentlich, dass jetzt Schluss ist mit diesen Debatten um Nebensächlichkeiten, die sie in Wirklichkeit sind, und dass man sich auch auf der Ebene der Europäischen Union mit den wirklich wichtigen Dingen beschäftigt, was auch die Menschen von dieser Union verlangen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 164

Man sollte sich mit Fragen beschäftigen wie etwa einer gemeinsamen Außen- und Si­cherheitspolitik, einer gemeinsamen Finanzpolitik, damit mit diesen Spekulanten Schluss gemacht wird, einer gemeinsamen Energiepolitik, damit man in der Europäi­schen Union nicht erpressbar ist aufgrund von Machtbestrebungen irgendwelcher Großmächte im Osten, oder einer gemeinsamen Wirtschaftspolitik, damit man die He­rausforderung der Globalisierung gegenüber den asiatischen Märkten auch wahrneh­men kann.

Das ist doch die Hoffnung, die man als Europabefürworter in ein gemeinsames und ge­eintes Europa setzen sollte – aber nein! (Beifall beim BZÖ.) Jetzt hat man diese Struk­turen, und es wird schon wieder über Personen gefeilscht und diskutiert und intrigiert und ein Hickhack sondergleichen veranstaltet.

Österreich ist diesbezüglich wieder besonders europäisch und zeigt vor, wie man das in Europa anscheinend macht. Besonders europäisch, denn es gab ja schon, noch be­vor der Lissabon-Vertrag beschlossen wurde, eine Vorentscheidung in einem politi­schen Agreement zwischen SPÖ und ÖVP, dass der Kommissar der ÖVP gehört.

Das ist auch interessant, denn wenn man immer sagt, wir sollten die besten Köpfe nach Europa schicken, dann haben anscheinend nur SPÖ und ÖVP die Macht der In­telligenz und der Dynamik in ihren Reihen gepachtet. (Abg. Amon: Nicht immer, aber in dem Fall schon!) Sonst gibt es in diesem Land keine Persönlichkeiten mehr, von de­nen man sagen könnte, das sind Europäer, die könnte man auch entsenden. Das Par­lament will man damit auch nicht beschäftigen, sondern man macht sich das in den Parteistuben aus.

Die ÖVP hat – anscheinend, um interne Diskussionen zu kalmieren – Willi Molterer no­miniert, wahrscheinlich zu früh, und dieser ist gleich in einer öffentlichen Diskussion de­montiert worden; er habe keine Erfahrungen, keine internationale Reputation und das sei eine schlechte Entscheidung.

Der Bundeskanzler hat ja schon gesagt, warum er Willi Molterer nicht unterstützt: weil Willi Molterer die Koalition aufgekündigt hat! Das ist schon eine interessante Argumen­tation. (Abg. Dr. Plassnik: Ja, das ist richtig!) Das ist durchaus ehrlich, Herr Bundes­kanzler, aber ich sage Ihnen, das ist auch nicht das, was wir uns als Entscheidungs­grundlage für diese wichtige Position erwarten. Wenn man sagt: Er kann es nicht, er hat keine Erfahrung, es gibt Bessere!, okay, dann kann man darüber diskutieren. Aber aus rein parteipolitischen Gründen – egal, wen es trifft – eine Person von solch einer Funktion auszuschließen, das ist reines parteipolitisches Machtstreben, aber keine sachgerechte Entscheidung! (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren von der ÖVP, ich habe das Gefühl, dass das auch bei Ihnen, in Ihrer Führung ein ähnliches Kalkül gewesen ist, dass man sagt: Willi Molterer ist einer von der anderen Gruppe, genauso wie Wolfgang Schüssel oder Ursula Plassnik, für die setzen wir uns auch nicht so hundertprozentig ein! (Abg. Ing. Westenthaler: Welchen Teil der ÖVP meinst du jetzt?) Das ist es uns auch nicht wert, dass wir da hart bleiben, da geben wir dem Bundeskanzler schon nach mit seiner Parteipolitik und nominieren eben den Herrn Wissenschaftsminister.

Interessanterweise wendet sich dann die öffentliche Beurteilung des Willi Molterer so­fort um 180 Grad, und er ist plötzlich der perfekte Kandidat, und da hätten wir das Agrarressort bekommen, und alles wäre super gewesen. Das ist durchaus auch eine Erfahrung wert, aber dem internationalen Ansehen Österreichs, dem Ansehen der ös­terreichischen Politik und auch der Europapolitik hat das großen Schaden zugefügt. Daran schuld sind aus meiner Sicht der Bundeskanzler, aber auch der Vizekanzler, die aus parteipolitischer, aus innerparteilicher Räson oder auch aus einer Beleidigtheit her­aus diese Entscheidung nicht nach sachgerechter, sondern nach parteipolitischer Ma­nier getroffen haben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 165

Herr Bundeskanzler! Sie sagen, es habe niemand Herrn Gusenbauer – Ihren Vorgän­ger, von dem mittlerweile viele sagen, dass er gar nicht so schlecht war – dafür ge­nannt, dieses wichtige Amt zu übernehmen. (Abg. Bucher: Der Herr Bundeskanzler hat es nur nicht gehört!) Wenn Sie das sagen, klingt es fast so, als wären Sie froh dar­über, dass niemand in Europa Wolfgang Schüssel oder Alfred Gusenbauer für diese wichtige Funktion nominieren möchte. (Abg. Bucher: Man könnte ihn ja ernennen!)

Wir wären schon froh, wenn man in den wichtigen Funktionen fähige Österreicher – egal, welcher Couleur – einsetzen würde, und das würden wir uns auch von einem Bundeskanzler so erwarten (Beifall beim BZÖ sowie der Abg. Schittenhelm), denn der Ratspräsident ist eine wichtige Funktion. Es ist das eine positive Einrichtung, dass nicht so wie in der Vergangenheit alle sechs Monate ein neuer Ratspräsident nach Moskau, nach Washington und nach Peking fährt, um sich vorzustellen, und dort meis­tens genau das Gegenteil dessen vertritt, was sein Vorgänger gesagt hat, und damit die Europäische Union, die gemeinsame Linie der Europäischen Union völlig der Lä­cherlichkeit preisgibt. Also das wäre durchaus interessant, aber für die österreichische Politik ist das anscheinend kein Thema.

Ich sage Ihnen, Herr Bundeskanzler, jeder Ihrer Bürgermeister hat ein weiteres Den­ken, was das Wohl seiner Gemeinde anlangt, als die österreichische Bundesregierung da für das Wohl Österreichs an den Tag legt! Das ist beschämend und traurig. (Beifall beim BZÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Graf.)

Es wundert mich nicht, dass man über Beneš-Dekrete nicht so viel diskutiert. Meine Damen und Herren, das ist keine Frage des Lissabon-Vertrages, das ist schon richtig, aber es ist eine Frage der Grundwerte dieser Union. Wenn die Europäische Union eine Grundwertegemeinschaft sein möchte, dann könnte es – konsequent ausgelegt – keine Zustimmung zur Aufrechterhaltung dieser Unrechtsbestände, die die Rechtsgrundlage für die Ermordung von 300 000 Menschen war, geben, dann könnte es gar keine Dis­kussion über Beitrittsverhandlungen mit der Türkei geben, da die Türkei diese Grund­werte nicht unterstützt und auch die Anforderungen für die Aufnahme von Beitrittsver­handlungen nicht erfüllt. (Zwischenruf des Abg. Dr. Graf.)

Aber daran sieht man, wie man diese Grundwerte aus politischen Gründen biegt und bricht. Und solange das der Fall ist und solange die österreichische Regierung da nicht offensiver auftritt, braucht man sich nicht zu wundern, wenn die Bevölkerung zumindest skeptisch ist, ob dieses gemeinsame Europa auch die Anliegen der Bevölkerung vertritt und die Werte, die es vorgibt zu vertreten, in die Realität umsetzt.

Dieses Beispiel, das Sie im Zusammenhang mit der Personalbesetzung des österrei­chischen Kommissars geliefert haben, ist ein schlechtes. Es hat dem Ansehen Öster­reichs geschadet und dem Ansehen Europas in Österreich auch keinen guten Dienst erwiesen. (Beifall beim BZÖ.)

16.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Mag. Schwent­ner zu Wort. Ich stelle die Uhr auf 5 Minuten. – Bitte.

 


16.52.01

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanz­ler! Hohes Haus! Ich weiß schon, dass Ihnen die Frauenpolitik und die Förderung von Frauen in der Politik nicht unbedingt unter den Nägeln brennen, sehr geehrte Kollegin­nen und Kollegen von der FPÖ (Abg. Dr. Graf: Das hat der Van der Bellen zugegeben hier am Podium!), und es wundert mich auch nicht, dass das nicht Bestandteil Ihrer Dringlichen Anfrage ist – sollte es aber sein. (Abg. Dr. Graf: Das hat der Van der Bel­len gesagt, dass es kein Anliegen ist!) – Ich weiß, dass Ihnen das kein Anliegen und kein Thema bei Ihnen ist. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 166

Warum sollte es auch in Brüssel anders sein als in Österreich? Aber es ist schon be­schämend, dass nur 3 von 27 EU-Mitgliedstaaten eine Frau für die neue Kommission, für die EU-Ratspräsidentschaft und die neue Funktion des Außenministers vorgeschla­gen haben – ich verwende da bewusst die männlichen Formen, da keine Frau für die Position der Ratspräsidentin oder der Außenministerin vorgeschlagen wurde. Man kann davon offenkundig nur träumen.

Das ist schon beschämend, da die Kommission einen Fahrplan zur Gleichstellung von Frauen und Männern bis 2010 vorgeschlagen und festgelegt hat und allen Mitglied­staaten empfohlen hat, einen Schwerpunkt auf Frauen in Entscheidungspositionen zu legen. Dass jetzt aber, wenn es um die sprichwörtliche Wurst geht, um die Spitzenjobs, wieder die Männer die Schnelleren in der EU sind – das ist offensichtlich überall der Fall –, ist kein Wunder, denn vor lauter Gier vergessen dann alle – auch großen – Fe­ministen in der EU auf die Frauen, auf die Nominierung von Frauen. Kein Wunder.

Aber es kann nicht sein, dass die EU von ihren Staaten mehr Beteiligung von Frauen an der Politik verlangt, sie aber selbst nicht forciert. (Beifall bei den Grünen.) Daher wä­re es im Zusammenhang mit Spitzenjobs in der EU ganz wichtig, endlich Frauen zu no­minieren und das auch zum Thema zu machen.

Es wurde ja heute auch zum Thema gemacht. Und erfreulicherweise fand gestern – in Übereinstimmung aller Fraktionen – im Europaparlament eine Pressekonferenz statt mit Mitgliedern aller Fraktionen, vor allem Frauen – heute auch eine Aktion vor dem Parlament –, Frauen, die fordern, dass es eben diesbezüglich noch Änderungen geben muss, beziehungsweise die auch schon ankündigen, dass sie der vorgeschlagenen Kommission, wenn sie tatsächlich schlechter ausschaut als die bisherige – nur 8 von 27 Mitgliedern Frauen, und jetzt kündigt sich ein viel, viel schlechteres Ergebnis an –, nicht zustimmen werden. Das ist sehr positiv und zu begrüßen.

Im Zusammenhang mit Spitzenjobs wird ja auch oft erwähnt, dass es nicht genügend Frauen gäbe und sich keine entsprechenden Frauen beworben hätten. Wir wissen aber, dass es gerade in diesem Fall genügend Spitzenfrauen gibt, nämlich hervorra­gend qualifizierte Frauen.

Es wurde in diesem Zusammenhang Mary Robinson, die irische Ex-Präsidentin und Hohe Kommissarin für Menschenrechte, erwähnt, aber auch Vike-Freiberga wurde schon genannt, die absolut in der Lage war, dieses Amt zu führen. Aus unseren eige­nen Reihen wäre aber auch Kollegin Plassnik absolut geeignet, EU-Außenministerin zu werden. Das heißt, es gäbe genug Möglichkeiten, Frauen zu nominieren. Die Liste lie­ße sich im Übrigen fortsetzen.

Was uns das EU-Parlament voraus hat, ist offensichtlich die große Übereinkunft und auch die Übereinkunft darüber, dass man sich das nicht gefallen lässt, nicht nur als Frauen, sondern auch als Europaparlament, und dass da Maßnahmen gesetzt werden und man nicht nur Lippenbekenntnisse abgibt. Bei uns fand zwar eine Enquete statt, die sehr positiv und sehr interessant war, aber seither sind eigentlich keine ernst zu nehmenden Vorschläge gekommen oder Maßnahmen gesetzt worden, dass wir in Zu­kunft an der Frauenquote im Parlament irgendetwas ändern.

Das neue Europa ist offensichtlich kurz vor Inkrafttreten des Lissabon-Vertrages dort angelangt, noch immer kein neues Europa zu sein, sondern regiert zu sein von natio­nalem Kleingeist und nicht von der supranationalen Weisheit. Das, was sich im Zusam­menhang mit der Nominierung eines Kommissars/einer Kommissarin von Österreichs Seite an Eitelkeiten und Beleidigtheiten am Karussell von Eigeninteressen abgespielt hat, war geradezu jämmerlich.

Es gäbe Möglichkeiten: Man könnte einen Zweier-Vorschlag machen. Man könnte mit gutem Beispiel vorangehen und eine Frau und einen Mann nominieren. Die Grünen ha-


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ben auch im EU-Hauptausschuss einen Vorschlag gemacht, nämlich eine Dreier-Nomi­nierung, und da mindestens eine Frau zu nominieren. Das heißt, es gäbe Möglichkei­ten, mit gutem Beispiel voranzugehen. Ich bedauere sehr, dass das nicht gemacht wur­de. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Mag. Wurm und Schit­tenhelm.)

16.57


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Kurzmann zu Wort. Ich stelle die Uhr auf 7 Minuten, und im Übrigen mache ich darauf aufmerk­sam, dass die Gesamtrestredezeit 9 Minuten beträgt. – Bitte.

 


16.57.09

Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte zunächst den von Dr. Hübner angekündigten Entschließungsantrag einbringen:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, alle erforderlichen rechtlichen Schritte zu set­zen, dass das österreichische Mitglied der Europäischen Kommission durch eine öf­fentliche Ausschreibung mit einem anschließenden Hearing vor dem Hauptausschuss des Nationalrates ermittelt wird, um dann von diesem per Mehrheitsbeschluss nomi­niert zu werden.“

*****

Meine Damen und Herren, ich halte das nicht nur als Abgeordneter für wichtig, sondern auch persönlich, damit wir Österreich – also uns – in Kürze eine Diskussion ersparen, die vielleicht in Brüssel ausbrechen wird über die Doktorarbeit des Dr. Hahn – das ha­ben wir ja schon im Hauptausschuss erörtert –, von der ein Gutachter gesagt hat, sie sei seitenweise abgeschrieben, sie sei schlampig zitiert und vieles andere mehr. Wenn das also die „Visitenkarte“ ist, die Österreich in Zukunft in Brüssel vertreten soll, na dann, gute Nacht!

Meine Damen und Herren, zu einem anderen Thema: Mit Staunen hat die österreichi­sche Öffentlichkeit vor etlichen Wochen erfahren, dass die Tschechische Republik eine Ausnahmeregelung von der EU-Grundrechtecharta erhält. Der Grund dafür ist bekannt, wir haben das den Zeitungen entnommen: Es war die Weigerung des tschechischen Staatspräsidenten, den Vertrag von Lissabon zu unterzeichnen.

Václav Klaus hat seine Ablehnung mit der Behauptung begründet, die vertriebenen Su­detendeutschen könnten ja die Tschechische Republik auf Wiedergutmachung klagen, wenn er keine Ausnahmeregelung für sein Land bei der EU durchsetzen würde.

Das Nachgeben aller maßgeblichen EU-Politiker gegenüber dieser tschechischen Er­pressung – ich sage das ganz bewusst – hat aus freiheitlicher Sicht zweierlei sehr deutlich gemacht.

Erstens: Der Vertrag von Lissabon sollte um jeden Preis durchgepeitscht werden, auch wenn dabei die Menschenrechte auf der Strecke geblieben sind.

Zweitens: Die sogenannte Wertegemeinschaft, die die Europäische Union angeblich darstellt oder die europäischen Staaten angeblich darstellen, ist nichts als eine hohle Phrase für Leichtgläubige, die einer kritischen Prüfung keineswegs standhält. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren! Die Beneš-Dekrete, und das gilt gleichermaßen auch für die Tito-kommunistischen AVNOJ-Gesetze – das heutige Slowenien wird meist verges-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 168

sen –, sind mit den Menschenrechten – wenigstens darin besteht Übereinstimmung – absolut unvereinbar.

Die Beneš-Dekrete bildeten die rechtliche Grundlage für den Völkermord an 3,5 Millio­nen Sudeten- und Karpatendeutschen. Universitätsprofessor Felix Ermacora, den viel­leicht der eine oder andere innerhalb der ÖVP noch kennen dürfte, hat die Ermordung, Vertreibung und Entrechtung der Sudetendeutschen zu Recht als Genozid bewertet. Und dieser Genozid wird nun von dieser Europäischen Union, von dieser sogenannten Wertegemeinschaft im Nachhinein sanktioniert. Es werden in augenzwinkernder Kum­panei Verbrechen gegen die Menschlichkeit einfach unter den Tisch gekehrt. (Abg. Dr. Graf: Zum wiederholten Mal!)

Meine Damen und Herren! Das ist wirklich ein Skandal. Es ist bedauerlich, dass die ös­terreichische Bundesregierung, dass Regierungsvertreter dieses Spiel mitspielen und sich nicht energisch für die Heimatvertriebenen und ihre berechtigten Interessen ein­setzen.

Von tschechischer Seite, meine Damen und Herren, wird immer wieder darauf hinge­wiesen, dass die Beneš-Dekrete konstitutiv seien. Dazu gehören aber dann auch folgen­de Bestimmungen – Dr. Hübner hat ja ein paar Beispiele genannt, und ich möchte eini­ge weitere hinzufügen –: das Dekret des tschechischen Präsidenten vom 19. Mai 1945, das die ersatzlose Enteignung von Tschechen, die sozusagen als Verräter und Kolla­boranten gebrandmarkt worden sind, aber auch von Deutschen und Ungarn grundge­legt hat. Hier heißt es wörtlich – ich zitiere –:

„... geleitet ... von dem Streben, ein für allemal tschechischen und slowakischen Boden aus den Händen fremdartiger deutscher und ungarischer Landgutinhaber wie auch aus den Händen der Verräter der Republik zu nehmen und in die Hände der tschechischen und slowakischen Bauernschaft und der Landbesitzlosen zu geben, bestimme ich auf Vorschlag der Regierung:“ – und dann kommen die Enteignungsdekrete, eines nach dem anderen.

Es hat dann auch am 19. September 1945 weitere Gesetze gegeben, sogar eine Ge­neralamnestie für Tschechen, die sich ärgster Verbrechen schuldig gemacht haben.

Meine Damen und Herren, ich kann mich noch genau erinnern, dass der frühere Bun­deskanzler Schüssel gesagt hat: Wenn die Tschechen erst in dieser Europäischen Uni­on sind, dann werden sie den Bestand dieser Beneš-Dekrete nicht sicherstellen kön­nen. – Herr Abgeordneter, Sie haben sich einmal mehr getäuscht!

Besonders skandalös finde ich, dass Bundeskanzler Faymann entgegen seinen An­kündigungen im EU-Hauptausschuss nur zwei Tage vor dem Gipfeltreffen in Brüssel wieder einmal umgefallen ist und der Ausnahmeregelung für Tschechien zugestimmt hat. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Herr Bundeskanzler, wir fragen uns natürlich als Freiheitliche auch: Wie lange dauert Ihre Halbwertszeit? Denn: Wenn man sozialdemokratische Medien liest, und die Zei­tung „Der Funke“ ist sozialistisch, dann steht hier schon, dass bald das Ende sozusa­gen Ihrer Obmannschaft erfolgen wird. Da steht:

„Aus der Krise mit links

Die Parteispitze will trotz historischer Wahlniederlagen an ihrem Kurs beibehalten. Ge­rade deshalb ist der Aufbau einer sichtbaren und lautstarken SPÖ-Linken heute dring­licher denn je.“

Meine Damen und Herren, es geht dann weiter im Text, dass sich schon eine Gruppe gefunden habe, die diese neue Linke gründen will. – Möglicherweise haben wir eine


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Entwicklung vor uns, wie wir sie in der Bundesrepublik Deutschland mit der politischen Linken gesehen haben. Das wäre dann wirklich der Todesstoß für die Sozialdemo­kratie, die sich nicht mehr auf ihre früheren Tugenden besinnt. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

17.03


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Entschließungsantrag steht in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Hübner und weiterer Abgeordneter betreffend öffentliche Aus­schreibung für die Besetzung des österreichischen Mitgliedes der Europäischen Kom­mission

eingebracht im Zuge der Debatte zur Dringlichen Anfrage gemäß § 93 Abs. 2 GOG-NR des Abgeordneten KO Heinz-Christian Strache und weiterer Abgeordneter an den Bun­deskanzler betreffend „Völliges Versagen in Sachen EU-Politik“ in der 45. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP., am 18. November 2009

Nach einem monatelangen Streit und einer teilweise peinlichen öffentlichen Diskussion über die Frage, wer Österreich in der Europäischen Kommission vertreten wird, darf man nicht nur feststellen, dass sich Österreich mit diesem peinlichen Diskurs zur „Lachnummer“ in Europa gemacht hat, sondern auch, dass ein so gewichtiger Posten wie der des österreichischen EU-Kommissar nicht nach parteipolitischer Willkür besetzt werden kann und darf, sondern nach objektiveren Gesichtspunkten vergeben werden muss.

Gerade die (derzeitige) Nominierung von Johannes Hahn stellt einen absoluten Tief­punkt hinsichtlich fachlicher Performance und auch persönlicher Integrität dar, eine Entscheidung, die gleichzeitig besser qualifizierte Persönlichkeiten wie Ex-Bundes­kanzler Alfred Gusenbauer, Ex-Vizekanzler Wilhelm Molterer oder Ex-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel außer Acht lässt, und damit auch die Interessen der Republik Ös­terreich beschädigt.

Daher stellen die unterzeichnenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, alle erforderlichen rechtlichen Schritte zu set­zen, dass das österreichische Mitglied der Europäischen Kommission durch eine öf­fentliche Ausschreibung mit einem anschließenden Hearing vor dem Hauptausschuss des Nationalrates ermittelt wird, um dann von diesem per Mehrheitsbeschluss nomi­niert zu werden.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

 


17.04.10

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundes­kanzler! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Kurzmann!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 170

Dass Sie sich um die SPÖ so große Sorgen machen – das brauchen Sie nicht. Unsere Probleme regeln wir uns selbst, und Totgesagte leben länger! Keine Sorge! Wir machen uns wirklich keine Sorgen um unsere Befindlichkeiten. (Heiterkeit des Abg. Scheibner. – Abg. Scheibner: Das ist gut: „Totgesagte leben länger“! – Das haben wir noch gar nicht gewusst, dass Sie schon totgesagt sind!)

Jetzt möchte ich aber auch noch einmal darauf zurückkommen – Kollegin Schwentner hat es schon gesagt –, dass Sie in Ihrem Antrag nicht einmal die Frage der Geschlech­tergerechtigkeit eingefordert haben. Nicht ein Mal steht da: Wie ist es mit der Ge­schlechtergerechtigkeit? Wie schaut es innerhalb der EU aus mit der Gerechtigkeit ge­genüber der Hälfte der Bevölkerung? – Nichts! Das interessiert Sie offensichtlich nicht. (Abg. Dr. Graf: Wir wollten den Kanzler nicht noch mehr dupieren! Was hat der Kanzler für Geschlechtergerechtigkeit gemacht? ...! – Euch kann man nicht mehr helfen, das ist das Problem!)

Status quo in der EU: 31 Prozent der Mitglieder des Europäischen Parlaments waren bis zum Jahr 2009 weiblich, jetzt sind es 35 Prozent – immerhin, aber noch immer zu wenig. – Gut.

Europäischer Gerichtshof: Wir haben als Österreicher eine Frau nominiert. Das werden Sie vielleicht auch bemerkt haben. Sie waren ja nicht so begeistert, soweit ich mich er­innern kann. Aber ich sage: Wir haben dafür gesorgt, dass jetzt von den 35 Mitgliedern immerhin sieben Frauen sind, das sind 20 Prozent. Es ist also ein bisschen weiblicher geworden – das ist ein Vorteil. (Ruf bei der ÖVP: Wo denn? – Abg. Dr. Graf: Wann kommt denn endlich eine Kanzlerin? – Aber in der SPÖ haben alle bedeutenden Posi­tionen Männer!)

Als Nächstes: 19 Männer, acht Frauen bei der Europäischen Kommission bisher. Und wenn jetzt bei den Nominierungen erst vier Frauen genannt wurden und sich die Frau­en aller Mitgliedstaaten des Europäischen Parlaments zusammengetan haben und ge­sagt haben: Da können wir hier so nicht mitmachen, da gehören mehr Frauen nomi­niert!, dann ist das gut, dann ist das parteiübergreifend. Und das haben auch wir mit unserer Enquete versucht: entsprechend dafür zu sorgen, dass mehr Frauen hier im Parlament vertreten sind. (Zwischenruf der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein.) – Da hätten Sie einen großen Handlungsbedarf, Frau Belakowitsch, Herr Graf, wenn ich mir die Prozentzahlen Ihrer Fraktion anschaue, wie es da ausschaut bei den Frauen. Schlecht schaut es aus bei der FPÖ, sehr schlecht! (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen. – Abg. Dr. Graf: Schauen Sie einmal auf die Regierungsbank! Wo sind die Frauen? Da sind nur Männer!)

Ja, da sind nur Männer. Die Präsidentin des Nationalrates ist eine Frau – nur zur Ihrer Erinnerung! (Abg. Dr. Graf: Eure Frauen gibt’s gar nicht! Lauter Männer auf der Regie­rungsbank!)

Jetzt sage ich Ihnen noch etwas: Wenn jetzt Widerstand angekündigt wird, Widerstand von der Vizepräsidentin, einer Liberalen, Margot Wallström, wenn Widerstand ange­kündigt wird von einer ÖVP-Politikerin – oder EPP, wie immer man das bezeichnet (Abg. Dr. Graf: Wir werden es gemeinsam im Europäischen Parlament kippen!) –, wenn auch die Sozialdemokraten sagen, hier muss mehr gemacht werden für die Ge­schlechtergerechtigkeit (Abg. Dr. Graf: Miteinander haben wir eh eine Mehrheit im Par­lament! Kippen wir es!), dann ist das ernst zu nehmen! Österreich hat schon einmal einen Beitrag geleistet: Ferrero-Waldner, bitte, war eine Frau! Wir haben schon einmal eine Frau nominiert. Auch Maria Berger ist eine Frau. Auch sie haben wir nominiert – nur zu Ihrer Erinnerung. Wo ist denn hier Ihr Beitrag geblieben?

Nun sage ich Ihnen noch etwas, zum Beispiel was den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte betrifft. Herr Dr. Graf, Sie sind Mitglied der Europäischen Versamm­lung. Sie wissen, wie dort das Auswahlkriterium gestaltet wird, damit dieser eher män-


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nerdominierte Gerichtshof ein bisschen weiblicher wird: Wenn von einem Land eine Vorschlagsliste erstellt wird, dann müssen drei Kandidaten nominiert werden, und die­se dürfen nicht vom gleichen Geschlecht sein. Und das ist gut so. Auch hier hat Öster­reich zum Beispiel eine Frau nominiert, nämlich Elisabeth Steiner. Und auch das ist gut so.

Es ist sehr wichtig, dass von den 46 oder derzeit 47 Mitgliedern 17 Mitglieder weiblich sind. (Abg. Dr. Graf: Aber in Malta hält sich niemand dran! Was ist mit Malta?) Malta haben wir selbstverständlich zurückgewiesen – denn auch das ist möglich, dass wir zu­rückweisen. Malta hat daher über ein Jahr lang keinen Richter, keine Richterin gehabt. Jetzt hat Malta auf einmal eine Frau gefunden! Gut so! Auch da ist Margot Wallström der Auffassung, wie auch sehr viele andere Frauen im Europäischen Parlament, dass es genügend Frauen gibt – qualitativ, quantitativ.

Wir haben sie, und wir werden dafür kämpfen – und ich hoffe, über Parteigrenzen hin­weg –, dass mehr Frauen in der Europäischen Union ihren Platz finden. (Beifall bei der SPÖ.)

17.09


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stadler. – Bitte.

 


17.09.08

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Zunächst bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Bucher, Mag. Stadler, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betref­fend rasche Einführung einer EU-weiten Spekulationssteuer

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Finanzen werden er­sucht, sich auf europäischer Ebene mit Nachdruck für die Einführung einer europawei­ten Spekulationssteuer bei gleichzeitiger Senkung der Mitgliedsbeiträge nicht zuletzt im Sinne eines Beitrages zur Stabilisierung der internationalen Finanzmärkte, der Stär­kung der Eigenfinanzierung der Europäischen Union einzusetzen.“

*****

Nun zum Thema selbst. Herr Bundeskanzler, Sie haben die spannendste Frage, näm­lich die Frage 3, nicht beantwortet. (Abg. Bucher: Das haben wir im Hauptausschuss auch schon festgestellt!) Ich habe die ganze Zeit gewartet und habe gedacht: Jetzt bin ich gespannt, was Werner Faymann zur Frage 3 sagen wird! – Frage 3 hat gelautet: „Warum ist für Sie Wilhelm Molterer als EU-Kommissar weniger geeignet als Johannes Hahn, ...?“

Nun wage ich, statt dem Herrn Bundeskanzler diese Frage zu beantworten.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich beantworte diese Frage wie folgt:

Johannes Hahn ist für mich für alles Mögliche geeignet, solange das Dossier oder Port­folio möglichst unwichtig ist.

Willi Molterer ist für mich für gar nichts geeignet, weil er am 7. Juli 2008 gesagt hat (Abg. Bucher: „Es reicht!“): „Es reicht!“, und die Koalition gekündigt hat. – Ferner ist Willi Molterer für mich nicht geeignet, weil er nicht Wilhelmine Molterer heißt.


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Eines nämlich, meine Damen und Herren, kann man dem Herrn Bundeskanzler nicht vorwerfen: dass er nämlich eine Frau für den Kommissionsposten vorgeschlagen hat! – Frau Kollegin, das hätten Sie erwähnen sollen: Ihr Bundeskanzler hat tatsächlich eine Frau vorgeschlagen – Frau Dr. Ferrero-Waldner, ja, das ist objektivierbar – und hat da­mit natürlich genüsslich an der Schraube der Bruchlinien innerhalb der Österreichi­schen Volkspartei herumgedreht. (Abg. Ing. Westenthaler: Welcher Volkspartei?) Das ist die berechtigte Frage: Welcher Volkspartei? – Das ist völlig richtig, man muss zu­nächst klären, welcher Volkspartei: War es die Schüssel-Volkspartei? War es die Jo­sef-Pröll-Volkspartei? War es die Christian-Konrad-Volkspartei? Oder war es die Rest-Volkspartei?

Es war die Rest-Volkspartei, denn die Frau Ferrero-Waldner hat niemanden gehabt, der sie unterstützt hat. (Abg. Hörl: Das ist eine Märchenstunde!) Ja, ich weiß nicht – ich rede von deiner Partei. Ich habe sie analysiert, und daher sage ich noch einmal:

Wenn ich Bundeskanzler gewesen wäre, könnte ich sagen: Ich als Bundeskanzler Werner Faymann habe eine Frau der Österreichischen Volkspartei nominiert, nämlich Frau Dr. Ferrero-Waldner, aber diese wurde von der Rest-Volkspartei unterstützt und sonst von niemandem. – Das ist die Antwort auf Frage 3. (Beifall beim BZÖ.)

Herr Bundeskanzler! Sie müssen sich schon gefallen lassen, dass diese Art und Weise der Bestellung eines Kommissars letztlich und unterm Strich – und nun zum Ernst der Sache! – zu Lasten der österreichischen Interessen gegangen ist. Denn es ist nicht möglich, dass sich eine ganze Reihe von Zeitungen irrt, die alle geschrieben haben, dass der Herr Barroso gesagt habe, hätte Österreich Wilhelm Molterer nominiert, hät­ten wir das nicht unerhebliche Agrarressort bekommen.

Nun bekommen wir in Wirklichkeit das Unwichtigste vom Unwichtigen, und es ist noch gar nicht sicher, ob das überhaupt das ist, was wir bekommen – denn niemand weiß, wofür Johannes Hahn überhaupt geeignet ist. Ich sage: Für alles Mögliche, aber am meisten für nichts! (Abg. Bucher: Schlüsseldienst! – Abg. Ing. Westenthaler: Portier ...!)

Das Problem der Österreichischen Volkspartei ist damit zu einem Staatsproblem ge­worden – und, Herr Bundeskanzler, das haben Sie leider zugelassen. Ich verstehe, dass Sie Ihren Genuss dabei hatten – den hätte ich als sozialistischer Parteivorsitzen­der auch gehabt. Als Parteichef sitzen Sie aber auch auf dem Sessel des Bundeskanz­lers, und wenn Sie Bundeskanzler sind, dann können für Sie die Flügelkämpfe der Ös­terreichischen Volkspartei in Wirklichkeit nachrangig sein, oder müssten nachrangig sein. Sie hätten das österreichische Interesse sehen müssen. Und das österreichische Interesse hätte darin bestanden, einen möglichst wichtigen Kommissarposten zu be­kommen, das heißt, ein möglichst wichtiges Portfolio/Dossier zu bekommen.

Kollege Donabauer hat auch in der Ausschusssitzung bestätigt, dass Barroso diese Aussage getätigt hat, eine ganze Reihe von Zeitungen sagt das Gleiche, und daher ist davon auszugehen, dass diese Zeitungen sich nicht irren.

Herr Bundeskanzler, ich habe mich gewundert, mit welcher Präzision Sie gleichzeitig auch Ihre eigenen Parteigenossen schlecht behandeln. Denn: Zu warten, bis aus dem Ausland der Zuruf kommt, dass Alfred Gusenbauer eine wichtige Position, etwa jene des Hohen Vertreters für Außen- und Sicherheitspolitik, bekommen soll, das ist ein bisschen absurd. Jeder Regierungschef bringt seine eigenen Kandidaten aus dem eigenen Land in Position. Sie sind der Einzige gewesen, der gesagt hat: Ich habe das noch von niemand anderem gehört! Mir hat noch kein Malteser und kein Grieche und kein Schwede gesagt, ich soll den Alfred Gusenbauer, meinen Parteivorgänger und meinen Parteigenossen, nominieren! Und solange mir das niemand aus dem Ausland sagt, mache ich das auch nicht! – Daher ist Alfred Gusenbauer für Sie kein Kommissar gewesen.


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Aber absurd war die Begründung! Der Herr Bundeskanzler hat wörtlich gesagt – ich zi­tiere –: Gusenbauer ist definitiv kein Kandidat, weil er ja kein Kommissarsamt hat, das Voraussetzung wäre.

Herr Bundeskanzler, zunächst – erste Klarstellung –: Ein Kommissarsamt hat derzeit nur Frau Benita Ferrero-Waldner. Und da haben wir schon gesagt: Die wird nur von der Rest-ÖVP unterstützt, und damit im Grunde überhaupt nicht.

Ad zwei: Es ist nicht Voraussetzung, dass man ein Kommissarsamt hat, um Hoher Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik zu werden, sondern es ist umgekehrt: Wenn man zum Hohen Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik wird, dann ist man auto­matisch in der Kommission, und zwar als stellvertretender Kommissionsvorsitzender. – Das heißt, Ihre Aussage ist gleich doppelt falsch.

Ich habe nur den Verdacht, Herr Bundeskanzler, dass Sie das schon gewusst haben. Sie haben nur geglaubt, Sie müssen Ihren eigenen Genossen eine plausible Ausrede dafür liefern (Abg. Ing. Westenthaler: Er ist ein bisschen ein Schlitzohr, der Herr Bun­deskanzler!), dass Sie es einfach nicht übers Herz gebracht haben, Ihren Parteigenos­sen Alfred Gusenbauer doch noch in eine wichtige Position zu hieven.

Das lässt tief blicken auf die Liebe innerhalb der Genossenschaft. Aber das ist alles nicht im Interesse der Republik! Ich will Ihre parteiinternen Liebschaften als Bundes­kanzler weder kommentieren noch in irgendeiner Weise kritisieren, aber wenn es um das Interesse der Republik geht, müssen Sie diese hintanstellen, auch wenn Sie den Alfred Gusenbauer noch so gerne mögen.

Wenn Sie die Österreichische Volkspartei und ihre Flügelkämpfe vor Augen haben, dann ist das die eine Sache, aber wenn es darum geht, das Agrarressort für Österreich herauszuholen, dann hätten Sie auch die Pflicht gehabt, für Willi Molterer einzutreten. (Abg. Bucher: Jawohl!) Mich verbindet mit Willi Molterer auch kein besonders inniges Verhältnis, aber ich hätte mir ihn als Kommissar sehr gut vorstellen können (Abg. Dr. Graf: Das sagst du jetzt?) – und ich bin überzeugt, er hätte das Landwirtschafts­kommissariat bekommen. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Dr. Graf: Das sagt er jetzt!)

17.16


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Entschließungsantrag steht mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Bucher, Mag. Stadler, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betref­fend rasche Einführung einer EU-weiten Spekulationssteuer

eingebracht im Zuge der Debatte zur Dringlichen Anfrage des Abgeordneten Heinz-Christian Strache und weiterer Abgeordneter an den Bundeskanzler betreffend das völ­lige Versagen Faymanns in der aktuellen EU-Politik in der 45. Sitzung des Nationalra­tes am 18. November 2009

Die gegenwärtige weltweite Finanzkrise, die nicht zuletzt auf skrupellose Spekulanten und Spekulationsgeschäfte zurückzuführen ist, erfordert ein diesbezügliches EU-weites Vorgehen. In diesem Sinne fordern wir die Einführung einer EU-weiten Spekulations­steuer, mit der die kurzfristige Spekulation eingedämmt wird und die Wechselkurse von Handelspapieren wieder stärker die langfristigen realwirtschaftlichen Phänomene als die kurzfristigen spekulativen Erwartungen widerspiegeln. Diese EU-Steuer soll die Beiträge der EU-Mitgliedstaaten kompensieren und somit auch den österreichischen Budgethaushalt und damit den österreichischen Steuerzahler spürbar entlasten. Allein


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mit einem Steuersatz von 0,01 % auf den Transaktionswert wären über 80 Mrd Euro jährlich zu erzielen, was zwei Drittel des derzeitigen EU-Budgets entspricht. In Folge des Zusammenbruchs von ausschließlich auf Gewinnmaximierung und Profit ausge­richteten Teilen der Wirtschaft sprechen wir uns weiters für eine möglichst international geltende Regulierung der Finanzmärkte und die Wiederbelebung der Grundsätze der sozialen Marktwirtschaft innerhalb Europas aus, wobei ein Schwerpunkt auf Schutz und Förderung der kleinen und mittelständischen Wirtschaft zu legen ist.

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Finanzen werden er­sucht, sich auf Europäischer Ebene mit Nachdruck für die Einführung einer europawei­ten Spekulationssteuer bei gleichzeitiger Senkung der Mitgliedsbeiträge nicht zuletzt im Sinne eines Beitrages zur Stabilisierung der internationalen Finanzmärkte, der Stär­kung der Eigenfinanzierung der Europäischen Union einzusetzen.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. – Bitte.

 


17.16.19

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wir haben gehört, Hahn war und ist die Liebe auf den zweiten Blick der ÖVP. Ich bin erstaunt, wie beseelt und durchdrungen die ÖVP von der zweiten Liebe ist. Man sollte wirklich überlegen, ob man das vielleicht vor einer Be­zirksverwaltungsbehörde bestätigen und prüfen lassen sollte.

Die EU selbst definiert sich als der wissensbasierteste Raum. Das kann aber nur funk­tionieren, wenn jeder Nationalstaat, wenn jeder Mitgliedstaat auch versucht, höhere Bil­dung breiteren Bevölkerungsschichten zugänglich zu machen. Das ist nicht der Fall. Und wenn wir schauen, wo Österreich innerhalb der EU, in allen internationalen Stan­dard- und Bildungsrankings rangiert, stellt sich wirklich die Frage – und das hat mit der EU schon etwas zu tun –: Schicken wir wirklich den mit dem meisten Wissen Gesegne­ten, den Kompetentesten nach Brüssel – ja oder nein?

Herr Bundeskanzler! An Ihrer Rede hat mir die subtile Selbstironie irgendwo gefallen. Was Ihr Urteil über Hahn als den Besten und Geeignetsten betrifft, so darf ich anmer­ken: Sie haben ja auch Jus studiert, und da sollten Urteile richtig sein. Bei Ihrem Urteil würde ich mir in der zweiten Instanz beste Chancen ausrechnen, dass es aufgehoben wird. (Beifall bei den Grünen.)

Hahn hat nicht Jus studiert, sondern Philosophie, und Philosophie heißt so etwa sinn­gemäß: die Liebe zur Wahrheit. Die würde ich mir von einem Wissenschaftsminister er­warten, weil auch Wissenschaft etwas mit Liebe zur Wahrheit zu tun hat, und zwar: die Realität so zu beschreiben, wie sie ist, und nicht anders.

Darin ist Hahn kein Weltmeister! – Alle internationalen Standards und Regeln, die auch mit Österreich akkordiert worden sind, alle Methoden der Statistik, die zu Resultaten führen, die Hahn und der Bundesregierung nicht gefallen, werden reflexhaft beantwor­tet mit: Das stimmt einfach nicht!


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Jetzt kann man sagen: Hahn hat bei der Philosophie die Schule des Skeptizismus ver­treten, die ihn zu Zweifeln an internationalen Standards bringt. – Das ist es aber nicht, sondern es ist der Drang nach Darstellung, nach Beschönigung, nach Tarnen und Täu­schen.

Wenn die EU-Kommissarin und die OECD Österreich mahnen, die Anstrengungen zu vermehren und mehr Leuten im tertiären Bildungssektor eine Chance zu geben, wenn sie mahnen, dass die österreichischen Universitätsbudgets zu niedrig sind, um krisen­haften Situationen wie jetzt zu begegnen, und ich höre dann: Das stimmt nicht, für Ös­terreich gelten andere Maßstäbe!, dann möchte ich das nachvollziehen können und würde mir von einem Wissenschaftsminister erwarten, dass seine Argumente nachvoll­ziehbar sind.

Hahn liest etwa bei der OECD, wir haben schlimme – oder sagen wir: schlechte – Be­treuungsrelationen. Was trudelt Wochen darauf ein? – Eine Studie des Joanneum Re­search, wo wir plötzlich vier Studierende auf einen Wissenschafter, auf eine Wissen­schafterin haben! Vier! – Ich habe dann nachgerechnet: Da müssten die Uni-Bediens­teten inklusive Hausmeister, Sekretäre, anderer Bediensteter, einschließlich sämtlicher Kanarienvögel aller zoologischen Universitätsinstitute, im Unterricht tätig werden, um diese Quote zu erfüllen.

Das heißt, das ist grottenschlecht. Das ist eine falsche Studie, und mit falschen Studien hat man kein gutes Entree in der EU, weil falsche Studien dazu bewegen, träge zu sein und sich nicht anzustrengen.

Einige der wenigen Persönlichkeiten, die wirklich versuchen, über den Tellerrand und ihre eigenen Interessen hinauszuschauen, sind jene Studierenden, die sich nicht nur den liebsten, nettesten und – von mir aus – kommodesten Prüfer aussuchen wollen, die nicht nur gegen Studiengebühren und gegen Zulassungsbeschränkungen Argu­mente ins Treffen führen, sondern über Bildung, Wert und Strategie in einer Uni-Politik reden, die es in Österreich gar nicht gibt. Wenn im Ministerium und bei Minister Hahn selbst nur ein Teil dieser Courage vorhanden wäre, der Wahrheit und der Realität ins Auge zu schauen, würden das Ministerium, Österreich und die Studentenschaft und al­le Forscherinnen und Forscher besser ausschauen.

Wenn man glaubt, durch ein Renommierprojekt in Gugging, das im Endausbau mit 84 Millionen € budgetiert ist – was in etwa dem Budget der gesamten Uni Salzburg oder der gesamten Uni Linz entspricht –, von der wahren Misere und den Defiziten der Universitäten abzulenken, dann ist das auch keine Uni- und Forschungspolitik. Man muss die Unis besser finanzieren, wie alle Daten zeigen. Daher hat Herr Bundeskanz­ler Faymann – leider – nicht nur ein Fehlurteil getroffen, sondern Österreich wahr­scheinlich keinen guten Dienst erwiesen, Hahn nach Brüssel zu schicken. Das richtet sich nicht persönlich gegen ihn, aber es ist eine Fehlentscheidung, und das ist immer schlecht. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

17.22


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Weninger. – Bitte.

 


17.22.02

Abgeordneter Hannes Weninger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­kanzler! Herr Staatssekretär! Die aktuellen inhaltlichen, sozialen, demokratiepolitischen Probleme der Europäischen Union auf eine Personaldebatte zu reduzieren, wie das die FPÖ in ihrem heutigen Antrag gemacht hat, ist nicht nur zu einfach, sondern das geht auch an den tatsächlichen Interessen der Bürgerinnen und Bürger in Österreich und in Europa vorbei. (Zwischenruf bei der FPÖ.)


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Im Juni wurde das Europäische Parlament neu gewählt, und mit 1. Dezember wird der Vertrag von Lissabon in Kraft treten. Der dadurch notwendige Konstituierungsprozess der EU-Institutionen ist auch mit personalpolitischen Entscheidungen verbunden.

Klubobmann Cap hat zu Beginn der Debatte gefragt, wer im FPÖ-Klub diese eher pein­liche Anfrage formuliert hat. Ich glaube, dass es Herr Strache selbst war. Ich habe mir einige Notizen von seiner Rede gemacht, nur Schlagwörter. Herr Strache, Sie müssen sich einmal selbst beim Reden zuhören: „unerträglich“, „unsäglich“, „lächerlich“, „unge­heuerlich“, „überfordert“, „böswillig“, „absurd“, „traurig“, „Hühneraugen“ und „Sauerei“ – das ist der Wortschatz des Herrn Strache, seine Rede kurz zusammengefasst. Herr Strache, auf diesem Niveau kann man weder über Österreich noch über Europa debat­tieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Wesentlich wohltuender war die Rede des Herrn Kollegen Van der Bellen, der mit fei­ner Klinge versucht hat, Salz in die Wunden der ÖVP zu streuen, weiterhin die Mär auf­rechtzuerhalten, wonach es ein agrarpolitisches Dossier für Österreich gegeben habe. (Abg. Dr. Graf: In der Zeitung steht’s anders!) Aber was mich beim Kollegen Van der Bellen inhaltlich wundert: kein Wort zum Umweltschutz, kein Wort zum Klimaschutz – ganz im Gegenteil: Kollege Van der Bellen redet der NATO-Achse das Wort, indem er Tony Blair und Joschka Fischer als die zukünftigen Protagonisten der Europäischen Union nominiert. Ich glaube, da ist auch einiges an inhaltlicher Debatte innerhalb der Grünen notwendig.

Meine Damen und Herren, was vonseiten der Opposition heute diskutiert wurde, geht an den Interessen der Österreicherinnen und Österreicher, an den Interessen der Europäerinnen und Europäer spurlos vorbei. Diese personalpolitische Debatte interes­siert einige wenige Kolumnisten (Zwischenruf bei der FPÖ), das sind einige Medienbe­richte, die eher ins „Goldene Blatt“ und andere Zeitungen passen. Tatsächlich sind die Diskussion über die Bewältigung der Wirtschaftskrise, die Anstrengungen Österreichs und der Europäischen Union, Antworten zu finden, damit aus der Finanz- und Wirt­schaftskrise keine Sozialkrise wird, die Fragen, die die Österreicherinnen und Österrei­cher und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in ganz Europa interessieren.

Glaubt irgendjemand, dass die Wirtschaftskrise, die Arbeitslosigkeit, der soziale Zu­sammenhang in unserer Gesellschaft in oder nach dieser Wirtschaftskrise alleine leich­ter bewältigbar wären als in der Gemeinschaft der 27? Glaubt irgendjemand, dass die Antworten, die auf die Probleme an den Finanzmärkten, auf Fragen der Regulierungs­mechanismen gegeben werden müssen, ein Nationalstaat allein besser bewältigen könnte als die Gemeinschaft der 27? Glaubt irgendjemand, dass die Energiesicherheit in Europa – wie der Bundeskanzler sie vor wenigen Tagen in Russland verhandelt hat – eine national lösbare Frage wäre oder dass die internationale Zusammenarbeit auch den Österreicherinnen und Österreichern ein Mehr an Energiesicherheit garantie­ren kann? Das Gleiche gilt beim Klimaschutz. Gemeinsames Auftreten, gemeinsame Interessen werden uns ebenso in der Frage der inneren Sicherheit oder bei der Be­kämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität voranbringen.

Zugegeben, die Europäische Union ist ein Prozess, der lebt, der sich weiterentwickelt. Der Vertrag von Lissabon ist ein wesentlicher Meilenstein, der dem österreichischen Parlament und dem Europäischen Parlament ein Mehr an Mitspracherecht und den europäischen Bürgerinnen und Bürgern ein Mehr an Beteiligungsmöglichkeit bringt.

Trotzdem gibt es konkrete Vorschläge, wie man es das nächste Mal besser machen kann: Poollösungen, mehrere Kandidatinnen und Kandidaten vorschlagen, damit der Kommissionspräsident eine Wahlmöglichkeit hat. Ich stelle auch zur Diskussion, ob im Prozedere der Ratifikationsprozesse die Debatten über Ausnahmebestimmungen tat­sächlich sinnvoll sind, weil schlussendlich immer diejenigen die Dummen sind, die rati-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 177

fizieren, ohne für das eigene Land irgendwelche Ausnahmebestimmungen herauszu­holen, und sich dann fragen lassen müssen, warum sie Paradeeuropäer seien.

All das kann in neuen Verträgen neu diskutiert, neu bestimmt werden, aber in der jetzi­gen Situation, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind wir froh – nach dieser heutigen Diskussion –, dass die österreichische EU- und Außenpolitik bei Bundeskanz­ler Werner Faymann und Außenminister Michael Spindelegger in guten Händen ist. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.27


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Petzner. Restre­dezeit Ihrer Fraktion: 4 Minuten. – Bitte.

 


17.27.58

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zwei Anmerkungen zur Österreichischen Volkspartei. Es hat heute geheißen – das glaubt Ihnen ohnehin niemand, aber ich will auch den konkreten Gegenbeweis antreten –, dass es der ÖVP auch in Sachen EU immer nur um die besten Köpfe gehe und nicht um die parteipolitische Färbung, wie Herr Kollege Schüssel erklärt hat.

Ein Mitglied der sogenannten Schüssel-Junta – es ist jetzt auch in den Medien be­kannt, dass es auch diese Abspaltung innerhalb des ÖVP-Klubs gibt –, nämlich Martin Bartenstein, erklärt im morgigen „News“ das genaue Gegenteil von Herrn Schüssel. Er sagt nämlich, vereinbart sei gewesen: ein SPÖ-Ticket für den Europäischen Ge­richtshof, nämlich Maria Berger, und ein ÖVP-Ticket für den Kommissar, nämlich Willi Molterer. (Abg. Neubauer: Parteiproporz der schlimmsten Sorte ist das!)

Das ist die Politik von ÖVP und SPÖ, nämlich Postenschacher. (Beifall beim BZÖ.) Die Aussage des Herrn Kollegen Schüssel, es gehe Ihnen nie um die parteipolitische Fär­bung, ist völlig falsch.

Im Zusammenhang mit EU und Europa komme ich zu einem zweiten Thema, das ich ansprechen möchte – in der Folge der EU-Wahl –, nämlich zur Frage der Wahlkampf­kostenrückerstattung. Auch das ist ein wichtiges Thema. Alle Parteien haben sich ein Körberlgeld genehmigt.

Warum? – Es wurde vereinbart, dass es eine Wahlkampfkostenrückerstattung in der Höhe von 12,4 Millionen € für diesen EU-Wahlkampf geben wird. Man hat damals ge­wusst, dass der Vertrag von Lissabon in Kraft treten und damit auch das BZÖ sein Wahlziel erreichen wird, nämlich einen Mandatar in das EU-Parlament zu entsenden, und dass damit auch dem BZÖ ein Rechtsanspruch auf Wahlkampfkostenrückerstat­tung zusteht. Dennoch haben die Parteien SPÖ, ÖVP, Grüne, FPÖ und auch Hans-Peter Martin gesagt, das interessiere sie nicht, das werde nicht angepasst, sondern ha­ben das Geld von allen gemeinsam einkassiert – für das BZÖ-Geld solle dann der Steuerzahler zusätzlich aufkommen. – So, meine Damen und Herren, geht das bitte nicht! (Beifall beim BZÖ.)

Wir fordern Sie auch von dieser Stelle aus auf, das Körberlgeld, das Sie zu Unrecht kassiert haben, zurückzuzahlen! Das heißt konkret für die ÖVP, Herr Kopf – zum Mit­schreiben –, wir bekommen von Ihnen 200 000 €, wir bekommen von der SPÖ, Herr Cap, 150 000 €, Hans Peter Martin hat 100 000 € an uns zu zahlen, die FPÖ 70 000 € und die Grünen 60 000 € – und nicht der Steuerzahler! Sie haben zu Unrecht Körberl­geld kassiert. Zahlen Sie das zurück und gewähren Sie auch dem BZÖ den Rechtsan­spruch auf Wahlkampfkostenrückerstattung, der uns zusteht!

Zum Schluss noch eine zweite Anmerkung zu Kollegem Schüssel. Zum Vertrag von Lissabon hat er erklärt – und das ist unrichtig, da muss ich ihn korrigieren –, dass die­ser sicherstellt, dass auch in Zukunft Österreich immer einen EU-Kommissar haben


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wird. – Herr Kollege Schüssel ist jetzt leider nicht anwesend, aber vielleicht kann man es ihm ausrichten: Das genaue Gegenteil ist der Fall! Der Vertrag von Lissabon sagt ausdrücklich, dass uns ab dem Jahr 2014 nicht mehr automatisch ein Kommissar zu­steht, dass nicht mehr jedem Land ein Kommissar zusteht, dass diese Regelung, die derzeit noch in Kraft ist, nur bis 2014 gültig ist.

Das heißt, ab 2014 wird es auch mit einem Kommissar für Österreich schwierig. Wenn man sich die Postenschacherpartie hier anschaut, dass jetzt einer der schlechtesten Minister, nämlich Minister Hahn, nach Brüssel geschickt wird, dann kommt man teilwei­se auch zu der Mutmaßung: Vielleicht ist das gar nicht so schlecht, damit auch der Postenschacher da einmal zu Ende ist. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

17.31


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber. – Bitte.

 


17.31.37

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Herr Bun­deskanzler! Meine Damen und Herren! Das Thema war durchaus aktuell und interes­sant – vielleicht nicht so, wie Sie von der FPÖ es angelegt haben, aber so, wie sich die Diskussion dann doch entwickelt hat –, aber eines auch von unserer Seite: Keine Fra­ge, Unrecht bleibt Unrecht, das muss auch unabhängig von politischen Motiven gelten, aber – und das (in Richtung FPÖ) an Ihre Adresse –: Der Zweck heiligt eben nicht die Mittel! Das ist das Problem.

Sie haben eines gemeinsam mit dem tschechischen Präsidenten Klaus: Sie instrumen­talisieren die Beneš-Dekrete in einer anderen Form – auch Präsident Klaus, und das ist sehr umstritten in den kritischen Kreisen der tschechischen Republik. Ich habe in den letzten Monaten auch dazu einige persönliche Gespräche mit tschechischen Abgeord­neten bei verschiedenen Anlässen geführt, und ich kann sagen, sie goutieren das überhaupt nicht. Das ist kein demokratisches Verhalten, das der tschechische Präsi­dent hier auch gegenüber den tschechischen Institutionen gezeigt hat.

Es war ein sehr schwieriger Moment für die Europäische Union, da eine Lösung zu er­reichen. Diese Lösung ist Gott sei Dank gelungen, meine ich, und ist eine Chance für Europa, weil der Lissabon-Vertrag und die Verbesserungen des Lissabon-Vertrages damit in Kraft treten können. Die Stärkung des Europäischen Parlaments zum Beispiel ist ein Punkt daraus, die Stärkung der BürgerInnen-Beteiligung, die Möglichkeit von europäischen Volksbegehren ist eröffnet. – Das ist die Chance, die der Lissabon-Ver­trag bietet, und die müssen wir nutzen.

Aber nun zu den Argumenten, die Sie, Kollege Kopf, Kollege Cap, gebracht haben. Kollege Kopf hat fast weinerlich gemeint, die Medien würden so unmögliche Dinge schreiben. Kollege Cap hat zu Recht gefragt, wo die wichtigen Themen seien, die wir heute diskutieren müssen. – Zu Recht, wir haben das in der Früh in der Aktuellen Stun­de ja bewiesen, Kollege Cap! Es geht um Herausforderungen, vor denen wir konkret stehen.

Eines zu Ihnen (in Richtung ÖVP): Wer hat denn die Performance in den Medien zu verantworten, wenn nicht die Bundesregierung? Im Scharmützel zwischen den ver­schiedenen Strategien geht es um diese/n oder jene/n Kandidatin oder Kandidaten.

Eines, Herr Bundeskanzler, ist, glaube ich, in der österreichischen Bevölkerung wirklich wahrgenommen worden: dass Sie die notwendige Leadership nicht wahrnehmen. Lea­dership in diesem Fall würde bedeuten, sich nicht von der Europapolitik zu verabschie­den und dann hinterherzuhoppeln und zu versuchen, irgendwelche Entscheidungen auf eine durchaus obskure Art und Weise zu hinterfragen. Es wäre Ihnen angestanden,


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einen eigenen politischen Kandidaten anzubieten. Wenn Sie schon der Meinung sind, dass es notwendig und richtig ist, dann hätten Sie zu Ihrem Amtsvorgänger, zum Kolle­gen Gusenbauer, ein klares Wort sprechen können. – Das haben Sie nicht getan. Aus genderpolitischen Gründen haben wir auch nicht negativ argumentiert und beurteilt, dass Sie über längere Zeit hinweg Frau Kollegin Ferrero-Waldner aufs Podest gehoben haben. Aber ehrlich gesagt, die Bevölkerung hat sich schon gefragt, was denn da für ein Spiel in Gang sei.

Was wird denn da gespielt, Herr Bundeskanzler? – Das ist die eigentliche Herausforde­rung: Wir wollen nicht einzelne Persönlichkeiten diskreditieren, sondern wir müssen versuchen, die Chance wahrzunehmen und auch auf Themen zu reagieren.

Ich werde jetzt versuchen, aufzuzeigen – es ist von einigen in der Diskussion ange­sprochen worden –: Welche Reputation hat Kommissar Fischler gehabt, als er das En­de seiner Amtszeit erreicht hatte? (Abg. Dr. Bartenstein: Eine sehr gute!) – Eine aus­gezeichnete, und ich sage Ihnen auch, warum, Kollege Bartenstein! – Weil er die Be­reitschaft und die Fähigkeit hatte, europäische Interessen über nationale zu stellen. In einigen Punkten ist es ihm gelungen, einzelne Positionen, weitreichend basierend auch auf österreichischen Erfahrungen – das sage ich schon dazu –, auf Europaebene zu heben.

Stichwort: intensivere Umweltpolitik im Bereich des Agrarsektors; das war ein Punkt. Er hat zum Beispiel den europäischen Bio-Aktionsplan initiiert. Sie haben ihn vielleicht nicht wahrgenommen, aber er wurde in vielen Ländern kopiert und hat einen wesentli­chen Impuls für eine Verbesserung in einem ganz spezifischen Sektor gesetzt.

Herr Bundeskanzler, Sie hätten die Chance gehabt, die KandidatInnen einzuladen. Wenn Sie schon keinen eigenen Kandidaten auf die Bühne holen wollen, dann hätten Sie sagen können: Gut, die ÖVP hat ein Vorschlagsrecht, aber ich will auch ein öffentli­ches Hearing. Ich will wissen, wo sich die Kandidaten, in welchem Politikfeld, mit wel­chen Themen innerhalb der Kommission, innerhalb der Europapolitik spezifisch mit Herz, Verstand und eigener Erfahrung einbringen wollen. – Das ist leider versäumt worden, und das ist sehr schade. Kollege Van der Bellen hat ausführlich argumentiert, wie wichtig das wäre, und auch Kollege Grünewald hat klargemacht, wie traurig es ist, dass wir einen Kandidaten haben und sich die ganze österreichische Bevölkerung fragt, wieso wir gerade ihn nach Europa schicken. Gibt es nicht zurzeit ein Riesen­problem an den Universitäten? Warum streiken denn die Studenten? – Das ist doch kein Zufall, das ist ein Versäumnis in der Bildungspolitik, und dies ist gravierend.

Meine Damen und Herren! Die Herausforderungen hinsichtlich Klimaschutz wären es wert gewesen, ausführlicher darüber zu diskutieren, und wir erwarten, dass Sie, Herr Bundeskanzler, federführend auch in Kopenhagen mit dabei sein werden. Wir erwar­ten, dass Sie nicht wieder kneifen, sondern es zu einem politischen Thema machen und als Bundeskanzler diesbezüglich in Kopenhagen aktiv werden.

Zum EU-Kommissar und zu dem Schauspiel dazu: Wir hoffen, dass morgen trotz allem eine gute Entscheidung für Österreich fallen wird! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

17.37

17.37.25Abstimmung

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zu den Abstimmungen.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Kitzmüller, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Wiedergutmachung für Opfer der tschechischen Vertrei­bungsverbrechen und Beseitigung der Beneš-Dekrete.


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Wenn Sie für diesen Entschließungsantrag sind, bitte ich um ein Zeichen. – Der Antrag findet keine Mehrheit und ist abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Hübner, Kollegin­nen und Kollegen betreffend öffentliche Ausschreibung für die Besetzung des österrei­chischen Mitgliedes der Europäischen Kommission.

Wenn Sie für diesen Entschließungsantrag sind, bitte ich Sie um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, der Antrag ist abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend rasche Einführung einer EU-weiten Spekulationssteuer.

Wenn Sie für diesen Entschließungsantrag sind, bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, der Antrag ist abgelehnt.

17.38.31Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zur Durchführung einer kurzen Debatte. Diese kurze Debatte betrifft den Antrag der Abgeordneten Mag. Musiol, dem Familien­ausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 598/A(E) der Abgeordneten Mag. Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend bundeseinheitliches Grundsatzge­setz für Kinderbetreuung eine Frist bis zum 28. Jänner 2010 zu setzen.

Nach Schluss dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Frist­setzungsantrag stattfinden.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass der/die Erstredner/in zur Begründung über eine Redezeit von 10 Minuten verfügt, Mitglieder der Bundesregierung beziehungsweise Staatssekretäre nicht länger als 10 Minuten sprechen sollen.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Musiol. – Bitte.

 


17.39.27

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Herr Staatssekretär Ostermayer, schade, dass Sie sich aufmachen, zu gehen, denn in dieser wichtigen Debatte jetzt geht es um unser Bil­dungssystem in Österreich. Wie schon öfter gefordert, wäre das durchaus eine Debat­te, in die sich unsere Staatsspitzen, der Bundeskanzler und der Finanzminister, mehr­fach einbringen sollten, denn hier geht es durchaus um Mängel aufgrund nicht vorhan­dener finanzieller Möglichkeiten. – Schade, dass Sie gehen! Wir werden die Debatte ohne Sie weiterführen und Ihnen vielleicht dann das Protokoll zukommen lassen.

Die Uni brennt – nicht nur die Uni, auch im Kinderbetreuungsbereich gibt es seit Mona­ten Proteste! Was haben diese beiden Proteste, diese demokratischen „Aufstöhner“ verschiedener Personen, nun gemeinsam? – Es handelt sich um Bildungseinrichtun­gen. Die Kinderbetreuungseinrichtungen, Kindergärten, elternverwalteten Kindergrup­pen, Privatkindergärten sind die erste Bildungseinrichtung, in die unsere Kleinsten und Kleinen gehen; die Universitäten sind hoffentlich nicht die letzten Bildungseinrichtun­gen, aber zumindest solche, die in fortgeschrittenem Alter besucht werden; und in bei­den Bereichen gibt es massive Probleme.

Seit Monaten wehren sich KindergartenpädagogInnen und Eltern gegen die zuneh­mend verschärften Rahmenbedingungen, die in unserer Kinderbetreuungslandschaft herrschen. Die Qualität in den Bildungseinrichtungen hat massiv gelitten, vor allem seit der Einführung des Gratis-Kindergartens, aber auch des verpflichtenden Kindergarten-


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jahres. Es gibt zu wenige Plätze, es gibt zu wenige KindergartenpädagogInnen, und von qualitativer Kinderbetreuung kann man nicht mehr sprechen.

Genau darum geht es den PädagogInnen! Qualität in unseren Bildungseinrichtungen ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass individuelle Förderung überhaupt möglich ist, dass Kinder von Beginn an Chancen haben. Derzeit ist es in Österreich aber so, dass es vom Geldbörsel abhängt, von der Postleitzahl abhängt und von der Weltan­schauung von Bürgermeistern abhängt, welche Chancen Kinder in Österreich vorfinden.

Wir haben im Mai einen Antrag zu einem Bildungsrahmengesetz für Kinderbetreuung eingebracht und im Familienausschuss debattiert. Dieser wurde – wie viele oppositio­nelle Anträge, bei denen sich die Regierungsparteien nicht entscheiden wollen – ver­tagt.

Staatssekretärin Marek hat gesagt, sie wäre ja für so ein Bundesrahmengesetz, aber das geht nicht. Sie hat uns nicht erklärt, was denn da nicht geht, wir können es nur ver­muten. Als gelernte Österreicherin, als gelernte Beobachterin der ÖVP gehe ich einmal davon aus: Es geht nicht, dass ein Bundesregierungsmitglied davon ausgeht, dass es sich gegen die Betonfraktionen in den Ländern durchsetzen kann, und weil man an­nimmt, dass das nicht geht, probiert man es gar nicht.

Spannend ist jetzt natürlich die Kür von Staatssekretärin Marek zur Spitzenkandidatin in Wien, denn jetzt hat sie hier zwei multiple Funktionen: Sie hat eine Landesfunktion und eine Bundesfunktion. Es wird sehr spannend sein, wie sie als zuständige Staats­sekretärin diesen Spagat lösen wird, denn ihre Landtagsfraktion fordert auch schon seit langem ein solches Bundesrahmengesetz.

Auf wessen Rücken passiert denn diese Vertagungspolitik? – Sie passiert auf dem Rü­cken der Kinder, sie passiert auf dem Rücken der Eltern, sie passiert auf dem Rücken der PädagogInnen.

In Wien beispielsweise haben wir seit dem Gratis-Kindergarten-Wahlzuckerl prekäre Situationen, haben wir übervolle Gruppen, werden die Gruppengrößen überstrapaziert. Es mangelt an KindergartenpädagogInnen, wir haben seit Wochen einen massiven Ausfall an KindergartenpädagogInnen aufgrund von Burnout und untragbaren Rah­menbedingungen in der Kinderbetreuungseinrichtung. Gleichzeitig schließen in Wien, in Niederösterreich, in anderen Bundesländern Kindergruppen, Kindergärten, weil die­se Einrichtungen, obwohl sie jahrelang qualitativ hochwertige Arbeit geleistet haben, unter diesen Rahmenbedingungen nicht mehr arbeiten können. Das führt natürlich da­zu, dass wir noch weniger Plätze haben.

Es gibt chaotische Zustände an Ländergrenzen, beispielsweise Perchtoldsdorf/Wien, wo Kinder, deren Eltern in Wien arbeiten, mit ihren Eltern nach Wien fahren, um dort in eine Kinderbetreuungseinrichtung zu gehen. Dann gibt es dort die Ungleichbehand­lung, dass die Wiener Kinder und die Wiener Eltern beitragsfrei sind, die niederöster­reichischen Kinder aber nicht beitragsfrei sind. Das kann doch, bitte, nicht im Sinne des Bundes sein! Es kann nicht im Sinne der österreichischen Bundesregierung sein, dass es von der Postleitzahl und von der Frage des Arbeitsortes der Eltern abhängt, ob für die Kinderbetreuung gezahlt werden muss oder nicht. (Beifall bei den Grünen.)

Aber es sind nicht nur die Gruppengrößen überstrapaziert, sondern es ist die gesamte Situation überstrapaziert. Sie haben zu spät gehandelt, denn was wir jetzt haben, sind KindergartenpädagogInnen, die sich erstmals in ihrer Geschichte zur Wehr setzen, sich mit unserer Unterstützung zur Wehr setzen und auf die Straße gehen.

Am 17. Oktober hat als erste Protestaktion eine Demonstration stattgefunden, bei wel­cher sich 3 500 Personen eingefunden haben, zahlreiche KindergartenpädagogInnen, Assistentinnen, aber auch Eltern. Wenn man KindergartenpädagogInnen und die Rah-


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menbedingungen, unter denen sie arbeiten, kennt, dann weiß man, dass das eine Be­rufsgruppe ist, die nicht so schnell auf die Straße geht und für ihre eigenen Interessen eintritt, sondern zuerst einmal auf die Kinder und auf die Eltern schaut, bevor sie auf sich selbst schaut.

Es wird einen weiteren Protesttag geben, nämlich den kommenden Samstag, den 21. November. Da wird nicht nur in Wien, sondern in ganz Österreich protestiert wer­den. Wir werden sehen, wie viele KindergartenpädagogInnen und Eltern von diesem demokratischen Recht Gebrauch machen werden. Wir Grüne werden sie jedenfalls un­terstützen und nicht, wie das beim letzten Protesttag andere Parteien getan haben, hier ihre Anliegen entweder ins Lächerliche ziehen oder Ankündigungspolitik betreiben.

Zu dieser Ankündigungspolitik möchte ich Ihnen einige Zitate liefern. Ich habe schon berichtet, dass wir dieses Bundesrahmengesetz im Familienausschuss hatten und dass die Regierungsparteien es vertagt haben. Wir wissen, wer die Regierungsparteien sind: SPÖ und ÖVP. Nun lese ich Ihnen einige Zitate von SPÖ- und ÖVP-PolitikerIn­nen vor, welche diese seit dieser Vertagung getätigt haben.

17. Oktober 2009, am Tag der letzten Kindergartenproteste, Frauenministerin Hei­nisch-Hosek – ich zitiere –:

„Wir setzen uns dafür ein, dass es österreichweit gleiche Standards in allen pädagogi­schen Einrichtungen für die unter 6-Jährigen gibt. Das lässt sich nur mit einem bundes­einheitlichen Rahmengesetz für die Kinderbetreuung regeln.“

17. Oktober 2009, Stadtrat Oxonitsch, zuständiger Stadtrat in Wien: „Es sei nun an der Zeit, ,österreichweit einheitliche Standards festzuschreiben‘.“

13. Oktober 2009, Sie, Frau Kollegin Wurm, von der SPÖ: „Ein bundeseinheitliches Rahmengesetz für Kinderbetreuungseinrichtungen mit Mindeststandards betreffend Gruppengröße, Betreuungsschlüssel und Ausbildung würde die Situation für alle Betei­ligten verbessern. Es würde sich positiv auf die Arbeitsbedingungen der Kindergarten­pädagogInnen und vor allem auf die Situation der Kinder auswirken.“

22. Oktober 2009, Staatssekretärin Marek von der ÖVP: „Ich stünde“ – die Betonung liegt auf dem Konjunktiv – „einem Bundesrahmengesetz positiv gegenüber“.

20. Oktober 2009, FSG-Bundesfrauen – der SPÖ ja nicht unnahe –: „Überfällig sind auch ein Bundesrahmengesetz mit einheitlichen Qualitätsstandards ...“

Ja, längst überfällig! Das ist unsere Meinung, daher dieser Fristsetzungsantrag: eine Frist bis zum Plenum im Jänner.

Ich bin schon sehr gespannt, wie Sie sich heute hier verteidigen werden. Ich bin schon sehr gespannt, ob Sie wirklich mit uns gemeinsam Nägel mit Köpfen machen werden und ob Sie die Versprechen – diese Ankündigungen, die Sie medial tätigen – auch in die Tat umsetzen, zum Wohle der Kinder in unserem Land, zum Wohle der Eltern und vor allem zum Wohle der Beschäftigten in diesem Bereich! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

17.48


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Binder-Maier. – Bitte.

 


17.48.32

Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Her­ren! Eine vorausschickende Bemerkung, Frau Kollegin Musiol: Das Thema Kinderbe­treuung ist dem Bundeskanzler wichtig. Nur denke ich, Zuständigkeiten und Kompe­tenzen sollen dort angesiedelt sein, wo sie auch hingehören. In diesem Fall gibt es kla­re Aufgabenteilungen.


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Zum anderen, Frau Kollegin Musiol: Sie schlagen heute eine Fristsetzung vor, indem im Familienausschuss eine Forderung von Ihnen, nämlich die Änderung der verfas­sungsrechtlichen Kompetenzbestimmungen und die Schaffung eines bundeseinheitli­chen Grundsatzgesetzes, beschlossen und umgesetzt wird, und die Länder haben dies dann zu tun. Nur, Frau Kollegin Musiol, es ist nicht so einfach! Sie wissen sicherlich auch, dass Politik nicht so einfach funktioniert.

Wir von der SPÖ-Fraktion haben 2006 einen Antrag betreffend ein Bundesrahmenge­setz für Kindereinrichtungen eingebracht. Ja, das ist schon einige Jahre her! So ge­sehen ist aber Ihre Forderung, die Sie heute aufstellen, symbolisch gesprochen ja nicht ein Erfinden des Rades neu. Wir wollen Ihnen in dieser Thematik ganz sicher nicht die Redlichkeit absprechen, nur, meine Damen und Herren, wir stehen dafür, dass wir Schritt für Schritt, Maßnahme für Maßnahme, Aktivität für Aktivität umsetzen, seriös, wie es uns für eine ordentliche Politik für die Menschen wichtig zu sein scheint.

Meine Damen und Herren, wir haben im letzten Jahr schon sehr, sehr vieles auf den Weg gebracht, angefangen von der öffentlichen und auch politischen Akzeptanz der Kinderbetreuungseinrichtungen, der Kindergärten, der Bildungsgärten. Das ist keine Selbstverständlichkeit! Wir haben das kostenlose verpflichtende letzte Kindergartenjahr vor Schuleintritt auf den Weg gebracht, und wir haben den ersten bundesländerüber­greifenden Bildungsplan für alle Kindergärten in Österreich, federführend durch Minis­terin Schmied, mit einbezogen die Mitarbeit vieler Expertinnen und Experten und auch des Charlotte-Bühler-Instituts. Ich denke, das sind Maßnahmen, das sind Punkte, auf die wir stolz sein können und die uns wichtig und notwendig erscheinen.

Dazu kommen natürlich noch die unterschiedlichen Leistungen der einzelnen Bundes­länder und der Gemeinden, die man auch nicht außer Acht lassen kann. Wir wissen, dass dieser Bildungsplan ein wichtiges Instrument dafür ist, dass Kinder die besten Startbedingungen in ihr zukünftiges Leben haben und diese dadurch garantiert werden. Das heißt auch, dass wir mit dem Bildungsplan auf dem richtigen Weg sind.

Aber, Frau Kollegin Musiol, ich gebe Ihnen natürlich Recht: Um dieses Bildungspro­gramm, diesen Bildungsplan qualitativ und qualitätsvoll umsetzen zu können, bedarf es natürlich eines klar definierten Strukturplanes. Derzeit – und das wissen Sie genau – sind die Bundesländer zuständig, vielfach auch die Gemeinden, und großteils wird die­ser Qualitätsanspruch, den wir alle haben, sehr engagiert, sehr selbstverständlich und auch mit hohem finanziellen Aufwand umgesetzt.

Frau Kollegin Musiol (Abg. Mag. Musiol: Aber wie erklären Sie sich dann, dass am Samstag ...?), seriöse politische Arbeit bedeutet für uns eben Schritt für Schritt, eines nach dem anderen. (Abg. Mag. Musiol: Der Ausschuss ist ein halbes Jahr her!) Ich verstehe Ihre Ungeduld, ich verstehe meine Ungeduld, nur müssen wir natürlich einen Schritt nach dem anderen machen (Abg. Mag. Musiol: Wie erklären Sie es, dass am Samstag Tausende ...?), meine Damen und Herren, damit am Ende auch das heraus­kommt, was uns wichtig ist, nämlich dass die Kinder profitieren.

Eines, Frau Kollegin Musiol, möchte ich aber schon noch betonen: Der Respekt und die Anerkennung gebühren den Kinderbetreuungspädagoginnen und -pädagogen, den Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen. Wir haben aber noch Lücken bei der Be­treuung der Unter-Dreijährigen – keine Frage, das will ich nicht verschweigen –, wir ha­ben Nachholbedarf bei den Strukturen, Öffnungszeiten, Gruppengrößen, bei Ausstat­tung, Mitarbeiterinnenausbildung. Das ist nichts Neues, wir wissen es. (Abg. Mag. Mu­siol: Bezahlung!) Bezahlung, Entlohnung, ganz genau; unterschiedliche Regelungen, neun Bundesländerregelungen.

Wir haben noch viel zu tun, wir werden weiterarbeiten, und ich bitte Sie um Ihre Mitar­beit. Aber Fristen werden uns nichts nützen bei der Umsetzung eines qualitativ hoch-


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wertigen Kinderbetreuungsgesetzes, das für alle Gültigkeit hat (Abg. Öllinger: Eine Frist wäre ja ein kleiner Schritt!) und von dem die Kinder profitieren. (Beifall bei der SPÖ.)

17.53


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Steibl. – Bitte.

 


17.53.54

Abgeordnete Ridi Maria Steibl (ÖVP): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kolle­gen! Wenn Kollegin Musiol sagt, dass es seit Monaten Proteste seitens der Kindergar­tenpädagoginnen und -pädagogen gibt, dann muss man schon sagen: Ja, es gibt sie, aber sie sind verstärkt in Wien, sie sind hier in Wien auch gut organisiert. (Abg. Öllin­ger: In ganz Österreich!) Man muss auch wissen, dass das, speziell von der Bezah­lung her, von vielem mehr, auch von der Auslastung her, ein spezielles Problem sei­tens Wiens und der Umgebung ist.

Ich möchte aber jetzt auch Folgendes anmerken. Wir alle kennen und sollten wirklich ein Danke aussprechen für die Arbeit der Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen. Sie leisten immens viel, gerade jetzt, da wir immer mehr in die Richtung gehen, dass beide Elternteile berufstätig sind, was notwendig und in vielen Bereichen auch gut so ist. Aber man sollte die Eltern auch dabei unterstützen, zu sehen, dass auch sie einen Auftrag haben, nämlich ihren Kindern Bildung, Lebensbildung weiterzugeben.

Wenn Sie von einem verpflichtenden Kindergarten ab dem ersten Lebensjahr spre­chen, dann würde ich das gut überdenken. (Abg. Mag. Musiol: Rechtsanspruch ab dem ersten Jahr!) Ich denke, wir haben heuer im Sommer einen großen Schritt damit gemacht: Kinderbetreuung gratis, in einigen Bundesländern ab dem dritten Lebensjahr beziehungsweise verpflichtend ab dem fünften Lebensjahr.

Eines möchte ich Ihnen auch sagen: Möglicherweise kennen Sie die Situation in den ländlichen Regionen nicht. (Abg. Mag. Musiol: Doch!) In Kleinstgemeinden ist es um vieles anders, manchmal viel familiärer, und es wird auch sehr bewusst darauf hingear­beitet, weil Kleinstgemeinden wissen, wie wichtig Kinder sind, nicht nur, weil die nächs­te Volkszählung kommt, sondern auch, weil das unsere Zukunft ist, weil das die Zu­kunft von Gemeinden ist. Da gibt es schon die altersübergreifenden Gruppen, da gibt es Gemeinden, die sich verstärkt in Richtung Betriebskindergärten Gedanken machen und mit Betrieben zusammenarbeiten. Da gibt es auch die verstärkte qualitative Tages­mütterausbildung. (Abg. Mag. Musiol: Gibt es auch Öffnungszeiten, dass beide Eltern berufstätig sein können?)

Da gebe ich Ihnen auch Recht: Natürlich müssen wir weiterarbeiten. Aber man soll auch den Bedarf anschauen und natürlich den Bedarf abdecken.

Auch ich möchte noch einmal darauf hinweisen: Es ist unter Staatssekretärin Christine Marek und unserem Familienminister, Wirtschaftsminister Mitterlehner, wirklich gelun­gen, mit der Regierungspartner-Partei das verpflichtende Kindergartenjahr einzuführen. Oder Sie vergessen auch, dass wir jährlich 700 000 € an Sonderbudget für innovative Kinderbetreuungsprojekte zur Verfügung stellen. Oder Sie vergessen auch die Verein­barung zwischen Bund und Ländern, wonach es jetzt eine massive Unterstützung bei der Sprachfrühförderung gibt. Aufbauend auf diesem Bildungsplan wird zusätzlich ein integriertes Modell für Fünfjährige bis Juni 2010 erarbeitet. Wir haben also in dem einen Regierungsjahr in der Familienpolitik und im Bereich zum Wohl des Kindes sehr, sehr viel gemacht. (Beifall bei der ÖVP.)

Wie schon gesagt: Ein bundeseinheitliches Grundsatzgesetz für Kinderbetreuung zu diskutieren, ist natürlich legitim. Es stellt sich aber auch die Frage: Wie legitim ist es,


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alles zentral zu regeln? Kann man nicht das eine oder andere auch dort regeln (Abg. Mag. Musiol: Mindeststandards!), wo Entscheidungen getroffen werden, wo das Ange­bot erbracht wird?

Insbesondere bei den Kindergärten sind Gemeinden und Länder zuständig. Das heißt nicht, die Verantwortung des Bundes nicht einzufordern, aber die Verantwortung des Bundes wurde mit den ersten Schritten, auch mit einer massiven Förderung eingelöst. Das heißt auch, die Frage einer allfälligen Kompetenzverschiebung ist zulässig, und Grundsatzgesetzgebung Bund sowie Ausführungsgesetzgebung und Vollziehung Län­der müsste aus unserer Sicht im Kontext einer generellen Verfassungs- und Verwal­tungsreform diskutiert werden. (Beifall bei der ÖVP.)

17.58


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mühlberghuber. – Bitte.

 


17.58.24

Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Geschätzte Damen und Herren von den Grünen, wir werden der Fristsetzung zustimmen, den zugrunde liegenden Antrag lehnen wir jedoch entschieden ab. (Abg. Mag. Molterer: Das ist eine Logik!) Wir sind der Ansicht, dass Themen dort behandelt werden sollten, wo sie am besten behandelt werden können. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler.) Da es einen großen Unterschied in den Betreuungserfordernissen gibt, beispielsweise in Wien und im Bregenzer Wald, ist hier die Kompetenz beim Land si­cher richtig verankert.

Weiters vertreten wir die Meinung, dass der Föderalismus wichtig ist und dass mit Kompetenzänderungen prinzipiell behutsam umgegangen werden muss. (Beifall bei der FPÖ.) Ohne Einbindung der Länder, die in Ihrer Entschließung mit keinem Wort er­wähnt werden, sollten Kompetenzveränderungen grundsätzlich nicht durchgeführt wer­den. Die von Ihnen vorgeschlagenen Regelungsbereiche gehen über die Grundsatzge­setzgebung weit hinaus, und es bliebe nur sehr wenig Raum für den Landesgesetzge­ber übrig.

Da die FPÖ für die Wahlfreiheit und die Autonomie der Familien eintritt, können wir mit einem verpflichtenden Kindergartenbesuch ab vier Jahren und der Fremdbetreuung von einjährigen Kleinkindern nur wenig anfangen. Wir lehnen solche ideologisch moti­vierte Bestrebungen ab, die darauf hinauslaufen sollen, dass die Kinder keine Bindung und keinen Bezug mehr zu den eigenen Eltern haben. (Abg. Öllinger: Mein Gott!) Es geht in der Familienpolitik nicht um die Wünsche und Begehrlichkeiten von Politikern, Frauenorganisationen oder linken Ideologen, sondern um die Bedürfnisse, um Wün­sche der Familien. (Beifall bei der FPÖ.)

Wie schon gesagt, wir lehnen diesen Entschließungsantrag ab, sind aber bereit, mittels der Unterstützung der Fristsetzung dafür zu sorgen, dass es einen negativen Aus­schussbericht im neuen Jahr geben wird. Dazu werden wir Ihnen gerne verhelfen. (Bei­fall bei der FPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Das ist die neue Logik der FPÖ!)

18.01


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haubner. – Bitte.

 


18.01.05

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kollegin­nen und Kollegen! Ich bedanke mich bei Frau Kollegin Binder-Maier, dass es, wie schon im Ausschuss, die Erklärung gibt, dass das Thema sehr wichtig ist, dass aber auch alles sehr kompliziert ist. Dass alles sehr kompliziert ist, hat der ehemalige Bun­deskanzler Sinowatz schon gesagt. Mir ist schon klar, dass vieles nicht einfach zu lö­sen ist, aber ich frage mich: Wann, wenn nicht jetzt, gehen wir endlich die großen Bil-


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dungs- und Schulreformen an? Wir haben keine Zeit mehr zu warten! In der Verwal­tung haben wir Doppelgleisigkeiten, Mehrgleisigkeiten, Kompetenzzersplitterungen, auch parteipolitische Mehrgleisigkeiten in der Schulaufsicht, bei den Landesschulräten, bei den Bezirksschulräten.

Daher haben wir vom BZÖ ein sogenanntes Konjunkturpaket für Schulreform und Bil­dungsreform eingebracht, wo wir gesagt haben, dass wir eine radikale Kompetenzver­einfachung in dem Sinn brauchen, dass bei der Gesetzgebung, bei der Rahmengesetz­gebung der Bund zuständig ist und die Länder die Vollziehung übernehmen. Das kann man ohne Weiteres auch für die Kinderbetreuung, für die vorschulische Kinderbetreu­ung umsetzen.

Dass das kompliziert ist, zeigt auch das Kompetenzwirrwarr beim Jugendschutzgesetz, bei dem die Länder seit Jahren blockieren und es nicht möglich ist, etwas umzusetzen. Oder als ein zweites Beispiel ein einheitliches Dienst- und Besoldungsrecht für die Leh­rer. Es versteht niemand mehr, warum wir neun verschiedene Landeslehrer-Dienst­rechte haben, warum wir ein Bundeslehrer-Dienstrecht haben. Bei der Vereinheitli­chung im Dienstrecht, bei der Vereinheitlichung in der Ausbildung sollten wir auch die Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen mit einbinden, denn wir werden keine Schulreform machen können ohne Einbeziehung des vorschulischen Bereichs, ohne Einbeziehung der frühkindlichen Pädagogik. Nur so wird es funktionieren!

Frau Kollegin Musiol hat ganz richtig gesagt, dass das Gratiskindergartenjahr, die Gra­tiskindergartenjahre, das verpflichtende Kindergartenjahr vor dem Schuleintritt sehr rasch eingeführt worden sind. Da aber gibt es Probleme. Man muss diese Dinge auch richtig planen, und dafür hätten Sie schon Zeit gehabt, statt das nur als Wahlzuckerl speziell in Wien umzusetzen.

Wir vom BZÖ werden diese Fristsetzung unterstützen. Wir stehen auch hinter vielen Forderungen, die in diesem Fristsetzungsantrag drinnen sind, weil sie sich mit unseren Forderungen überschneiden, nicht alle, aber ein paar wichtige, wie zum Beispiel der Bildungsplan, den es jetzt angeblich seit zwei Wochen gibt. (Abg. Mag. Stadler: Nur kennt ihn keiner!) Es wäre auch interessant, den jetzt einmal in einem Familienaus­schuss oder in einem Unterrichtsausschuss zu sehen und zu überprüfen, ob er auch praktikabel ist. Wie sind die Rahmenbedingungen, wie kann man das umsetzen? Bis­her hat es nur drei Bundesländer gegeben, die einen Bildungsplan hatten, das waren Vorarlberg, Wien und Kärnten.

Uns ist auch die Ausbildung der Tageseltern sehr wichtig. Wir haben auch einen ent­sprechenden Antrag eingebracht zur einheitlichen Regelung von Ausbildung, Berufsde­finition und Besoldung von Tageseltern, denn wir haben in dem Bereich eine Situation, die wirklich untragbar ist. Es sind nicht nur neun verschiedene Bundesländer am Werk mit ihren entsprechenden Angeboten, sondern in den Bundesländern gibt es wiederum Vereine, einen roten Verein und einen schwarzen Verein, und jeder macht es wieder anders. Auch in diesem Bereich bedarf es also einheitlicher Verbesserungen, um die Chancen unserer Kinder zu wahren.

Daher werden wir, wie gesagt, dieser Fristsetzung zustimmen, vor allem im Sinne einer raschen Verwaltungsreform und gleicher Ausbildungs- und Betreuungschancen unse­rer Kinder. Wir werden vor allem auch darauf achten, dass die grundlegende Bildungs­einrichtung im vorschulischen Bereich in der nächsten Zeit auch ein Schwerpunkt in diesem Hohen Haus sein wird. Je länger wir die Reformen verschieben, desto rascher und desto mehr verspielen wir die Chancen unserer Kinder in der Zukunft. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

18.05


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Walser. – Bitte.

 



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18.05.56

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Herr Präsident! Leider nicht anwesende Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Der Kindergarten ist eine Bildungseinrichtung, das hat sich leider noch nicht in alle Fraktionen herumgesprochen. Er ist nicht nur eine Betreuungseinrichtung. Von daher ist das, was wir heute besprechen, ein extrem wich­tiges Thema für die Zukunft Österreichs. Der Kindergarten ist der zentrale Punkt. Es ist jener Bereich, wo wir am effektivsten Geldmittel einsetzen können.

Ich möchte dazu nur das Forschungsinstitut für Bildung in Köln zitieren. Dieses spricht von einer Bildungsrendite von 7,5 Prozent – das ist in Zeiten wie diesen doch recht res­pektabel –, und zwar auf 35 Jahre. Das heißt, Bildungsökonomie, Pädagogik, alle die­se Bereiche weisen in dieselbe Richtung.

Frau Kollegin Steibl, eine große Korrektur: Wir fordern nicht den verpflichtenden Kin­dergarten ab dem ersten Lebensjahr, sondern wir fordern den Anspruch darauf, dass Eltern ihre Kinder in den Kindergarten geben können. Das ist wohl ein nicht unwesentli­cher Unterschied!

Wenn ich mir die Debatte so anhöre, muss ich sagen, die Position des BZÖ ist sehr er­freulich. Bei den Sozialdemokraten höre ich auch heraus, dass man prinzipiell dafür ist. Man traut sich nur wieder einmal nicht, auch konsequent dazu zu stehen. Sogar die fortschrittlicheren Teile in der ÖVP sagen ja, sie stünden dem Ganzen, wie Frau Staatssekretärin Marek, positiv gegenüber. Dem gelernten Lehrer graut es allerdings, wenn er den Konjunktiv II, den er hier als Konjunktiv Irrealis interpretieren muss, sieht, denn in Wirklichkeit tun Sie natürlich überhaupt nichts in diese Richtung. Sie verwei­gern diese notwendige Reform, Sie verweigern sich heute auch der Fristsetzung, ob­wohl Sie wissen, wie zentral diese Angelegenheit für uns wäre. (Abg. Donabauer: Für euch, ja!)

Nur ein Beispiel: Die Sprachstandsfeststellung hat ergeben, dass sich für Kinder, die Sprachprobleme haben, diese Probleme rasant reduzieren, wenn sie ein Jahr im Kin­dergarten sind. Wenn die Kinder zwei Jahre im Kindergarten sind, dann halbiert sich der Anteil jener Kinder, die Förderbedarf haben. Er halbiert sich! Und was besonders erfreulich ist: Bei jenen Kindern, die die größten Probleme haben, die also bei dieser Sprachstandsfeststellung – da gibt es 30 Punkte – 10 Punkte oder weniger erhalten, reduziert sich der Anteil der Kinder mit Förderbedarf von 46 Prozent auf 18 Prozent. Das wäre eben genau jene zielgerichtete Förderung, die wir dringend brauchen in Ös­terreich. (Beifall bei den Grünen.)

Wir müssen uns also dieser Aufgabe stellen, und wir bekommen dafür ja auch Unter­stützung. Der Europäische Rat hat im Jahr 2002 und im Jahr 2007 die sogenannten Barcelona-Ziele festgelegt. Da geht es nicht nur um die Hochschule, sondern da geht es auch darum, dass wir nationale Bildungs- und Erziehungsziele festlegen, also ge­nau das, was wir wollen. Und ich muss auch dazusagen, dass Sie da erste Schritte ge­macht haben. Der verpflichtende Kindergarten ab dem fünften Lebensjahr ist ja durch­aus als kleiner Schritt in die richtige Richtung zu verstehen.

Was wir wollen, ist eine qualitative Diskussion, eine Diskussion darüber, was den Kin­dern im Kindergarten beigebracht werden soll und wie es beigebracht werden soll. Um auch das ganz deutlich zu sagen: Wir wollen keine Verschulung des Kindergartens, sondern wir wollen den Kindern im Kindergarten jene Chancen geben, die sie brau­chen. Das betrifft vor allem die zunehmende Zahl von Kindern mit Sprachproblemen.

Noch einmal die Sprachstandsfeststellung: Wir haben inzwischen in Österreich das Problem, dass ein Drittel jener Kinder, die Förderbedarf haben, Kinder ohne migranti­schen Hintergrund sind. Sprachprobleme sind nicht mehr reduzierbar auf Kinder aus migrantischen Familien, und von daher müssen wir uns diesbezüglich wirklich Gedan-


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ken und große Sorgen machen und schauen, wie wir das verbessern können. Wie müssen wir die Ausbildung der KindergartenpädagogInnen gestalten? Wo müssen wir ansetzen, damit diese Kinder gezielt gefördert werden können?

In diesem Sinne ersuche ich Sie heute um Zustimmung zu diesem Fristsetzungsan­trag. Wir brauchen umgehend ein Bundesrahmengesetz für Kindergärtnerinnen und Kindergärtner. Bitte, stellen Sie sich dieser Aufgabe! Unterstützen Sie uns in diesem Punkt! (Beifall bei den Grünen.)

18.11

18.11.30

 


Präsident Fritz Neugebauer: Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Musiol, Kolleginnen und Kollegen, dem Familienausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 598/A(E) der Abgeordneten Mag. Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend bundeseinheitliches Grundsatzgesetz für Kinderbetreuung eine Frist bis zum 28. Jänner 2010 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein Zeichen. – Der An­trag findet keine Mehrheit und ist daher abgelehnt.

18.12.05Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich nehme die Verhandlungen über den Punkt 12 der Tagesordnung wieder auf.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Stadler. – Bitte.

 


18.12.15

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Kollegin Winter ist im Verlauf der Debatte zu diesem Gesetz in einer gewissen Verkennung der Vorgänge hier herausgegangen und hat uns vorgeworfen, dass uns die Umweltpolitik überhaupt kein Anliegen sei, weil wir für eine Zurückverweisung der Materie in den Umweltausschuss seien.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein – und erkläre Ihnen gleich auch dessen Ge­nesis –:

Antrag

des Abgeordneten Mag. Stadler

betreffend Rückverweisung gemäß § 53 Abs. 6 GOG-NR

Der unterfertigte Abgeordnete stellt gemäß § 53 Abs. 6 GOG-NR folgenden

Antrag

„Der Nationalrat wolle beschließen, die Regierungsvorlage über ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Bundesgesetz über den Umweltsenat geändert werden (USG-Novelle 2009) (395 d.B.), in der Fassung des Ausschussbe­richtes 423 d.B. zur weiteren Behandlung an den Umweltausschuss rückzuverweisen.“

*****

Diesen Antrag, Frau Kollegin Winter, hat Ihr Fraktionskollege Norbert Hofer vor drei Stunden noch mit unterzeichnet gehabt. Ah, jetzt auf einmal! Haben Sie ihn auch or-


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dentlich zur Rede gestellt? Dem Abgeordneten Hofer ist die Umweltpolitik überhaupt kein Anliegen! Na, haben Sie nicht? – Sie haben es einfach nicht gewusst. Sie sind nicht auf der Höhe der Zeit. Ich weiß, dass Ihnen das hin und wieder passiert, das soll bei Ihnen vorkommen. Bleiben Sie bei den Koransuren und schütten Sie nicht das BZÖ an! Da sind Sie kompetenter!

Ich sage Ihnen in aller Form: Heute wird eine Nagelprobe sein. Es wird die Nagelprobe sein, ob die Opposition bei der ersten Zweidrittelmehrheit, die die Koalition braucht, diese Zweidrittelmehrheit liefert oder ob man sagt, unabhängig – so war nämlich auch die Absprache – von der Bedeutung der Materie wird keine Zweidrittelzustimmung ge­leistet, solange die Koalition, insbesondere die Österreichische Volkspartei die Minister nicht in den Untersuchungsausschuss lädt. (Beifall beim BZÖ.)

Das ist die Abmachung gewesen! Nun kommen die Grünen daher – das ist eine in­teressante Entwicklung! – und sagen: Nein, wir brauchen unbedingt ein paar Posten für grüne Funktionäre und grüne Aktivisten aus den Umweltverbänden, daher können wir dieser Materie unmöglich unsere Zustimmung verweigern. (Zwischenrufe bei den Grü­nen.) – Aber natürlich! Ihnen geht es nur um ein paar Posten der grünen Umweltver­bände, und sonst um gar nichts. Die Kontrolle ist Ihnen vergleichsweise egal. (Beifall beim BZÖ.)

Kaum ist Kollege Pilz im Krankenhaus, einmal nicht hier, bricht bei den Grünen das Chaos aus. Pilz ist nämlich offensichtlich der Einzige bei Ihnen, der sich auskennt, mei­ne Damen und Herren. (Beifall beim BZÖ.)

Sie höhnen die Grünen zu Recht. Die Koalition konnte sich darauf verlassen. Für ein paar Posten sind die Grünen sofort bereit, die Tätigkeit des Untersuchungsausschus­ses weit hinten anzureihen.

Meine Damen und Herren von den Grünen, wenn Ihnen die Aufklärung der Vorgänge rund um Knittelfeld und das Heeresabwehramt egal ist, mir ist es kein Anliegen, aber ich weiß, dass es Ihrem Kollegen Pilz ein Anliegen war. Wenn Ihnen das also kein An­liegen ist, dann sage ich Ihnen: Nächste Woche müssten im Rahmen von drei Aus­schusstagen des Untersuchungsausschusses die entsprechenden Ladungsbeschlüsse gefasst werden. Glauben Sie wirklich, dass im Lichte dieser heutigen Entscheidung die Koalition noch daran denkt, diese Ladungsbeschlüsse zu fassen? – Dann sind Sie auf der falschen Veranstaltung, wie Frau Winter!

Nächster Punkt. Die FPÖ sagt: Weil die Grünen mitgehen, müssen sie jetzt auch mit­gehen. – Das ist überhaupt das „Größte“! Das ist für mich überhaupt das größte Myste­rium. Deswegen kam Frau Winter da heraus und hat das BZÖ beschimpft. Weil die Grünen mitgehen, hat Herr Hofer seine Unterschrift zurückgezogen und das Original des Antrages gleich zerrissen. Wir haben eine Kopie davon, Gott sei Dank! Wir haben es uns zur Gewohnheit gemacht, Unterschriften, die die FPÖ leistet, gleich einmal zu kopieren, denn es ist ja nicht so, wie Herr Strache sagt. Herr Strache hat heute dem Herrn Bundeskanzler vollmundig vorgeworfen: Politische Vereinbarungen sind einzu­halten; der Bürger hat ein Recht darauf!

Jedoch: Die politischen Vereinbarungen, die die FPÖ unterschreibt, halten keine vier Stunden; nach vier Stunden sind sie schon obsolet. Bei Ihnen ist es schneller gegan­gen. Eine unterschriebene Vereinbarung, ein von Abgeordnetem Hofer unterschriebe­ner Antrag!

So, und nun sage ich Ihnen, was die Konsequenz daraus ist: Heute ist also die Nagel­probe. Wir werden sehen, wie die Abstimmung ausgeht. Wenn sie so ausgeht, wie die beiden anderen Oppositionsparteien angekündigt haben, dann sage ich Ihnen in aller Form, dann ist der Untersuchungsausschuss zu Grabe getragen. Das Kalkül der Koali­tion ist aufgegangen.


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Bei uns brauchen Sie nicht mehr anzuklopfen. Wissen Sie, wir sind nicht dazu da, für Sie (in Richtung Grüne) oder für Sie (in Richtung FPÖ) das politische Rückgrat zu er­zeugen. Das machen Sie gefälligst selber! Wir vom BZÖ haben eines, wir halten uns an diese Vereinbarung. Wir halten uns an das, was auch Kollege Pilz vor laufender Ka­mera erklärt hat, nämlich: ab sofort keine Zustimmung mehr! (Abg. Ing. Westenthaler: Eigentlich war das seine Idee!) – Es war seine Idee im Ausschuss, das ist protokolliert. Pilz selber hat den Umweltsenat wortwörtlich genannt, das ist im Protokoll nachlesbar, meine Damen und Herren von den Grünen. Nachlesbar!

Peter Pilz hat angekündigt: Keine Zustimmung zu Zweidrittelmaterien, bis die Koalition die Minister lädt.

Was ist die Konsequenz daraus? – Kaum ist Pilz im Krankenhaus, gehen die Grünen für ein paar Posten auf Koalitionslinie.

Ich sage Ihnen schon, wann der nächste Posten verhandelt wird – schüttle nicht den Kopf, Kollege Öllinger! –: Der nächste Posten wird der des Herrn Pius Strobl sein. Wenn es um die Medienbehörde geht, dann ist mit der Zweidrittelmehrheit der Öster­reichischen Volkspartei, der Koalition mit Unterstützung der Grünen genauso zu rech­nen, weil es um Herrn Pius Strobl im ORF geht.

Meine Damen und Herren, so werden Sie keine Kontrolle für dieses Haus erzwingen können. So zeigen Sie nur, dass Sie bereit sind, sich sofort vor der Koalition zu prosti­tuieren. (Beifall beim BZÖ.)

18.17


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Steindl. – Bitte.

 


18.18.04

Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Gott sei Dank dreht sich nicht die gesamte Politik um den Untersuchungsausschuss. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten haben wir als Politiker die Verantwortung, effiziente Sachpolitik zu betreiben. (Beifall bei der ÖVP.)

Dieser Umweltsenat hat sich in den Umweltverfahren bestens bewährt. Deswegen ist es auch wichtig, dass wir den Umweltsenat verlängern. Er war ja befristet mit En­de 2009. Es besteht wirklich auch eine entsprechende sachliche Notwendigkeit, diesen zu verlängern.

Der Instanzenweg wird damit nicht beeinträchtigt. Er kann wie bisher weiter verfolgt werden. Es ist jedoch notwendig geworden, dass wir eine entsprechende Altersgrenze für die Richterschaft einführen, da der Umweltsenat jetzt unbefristet ist. Ein Richter kann bei der Bestellung bis zu 65 Jahre alt sein. Mit einem höheren Alter wird er nicht mehr bestellt werden.

Im Übrigen werden wir damit auch einer Vorlage der Europäischen Union entsprechen. Ich glaube, dass hiemit der Sachpolitik ein guter Dienst erwiesen worden ist. – Besten Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

18.19


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Plessl. – Bitte.

 


18.20.02

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Beschluss der vorliegenden Regierungsvorlage wird die Befris­tung des Unabhängigen Umweltsenates, dessen Wirken mit Ende 2009 beendet wer­den würde, aufgehoben. Damit wird diese wirklich erfolgreich arbeitende Berufungsins­tanz für Verfahren nach dem Umweltverträglichkeitsgesetz auch in Zukunft für alle Be­troffenen verfügbar bleiben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 191

Der Umweltsenat wird immer dann tätig, wenn eine Berufung gegen einen erlassenen UVP-Bescheid von der Landesregierung oder einer Bezirksverwaltungsbehörde einge­bracht wurde. Im Sinne der Vereinheitlichung beschließen wir eine Altersgrenze beim Umweltsenat analog jener beim Verwaltungsgerichtshof und beim Verfassungsge­richtshof.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, heute wird eine sinnvolle Adaptierung und Stärkung des Unabhängigen Umweltsenates beschlossen. Bezüglich der Verfassungs­bestimmung bei dieser Gesetzesmaterie appelliere ich an alle Kollegen, und hier spe­ziell an das BZÖ, keine Verhinderungspolitik zu Lasten unserer Bevölkerung zu betrei­ben, sondern entsprechend dem Auftrag unserer Wählerinnen und Wähler zum Wohle unserer Republik zu handeln. Unterstützen Sie diese Regierungsvorlage mit Ihrer Stim­me! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.21


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte. (Abg. Mag. Stadler: Jetzt kommt die Erklärung, warum der Pilz nicht da ist!)

 


18.21.29

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kurz zum Inhalt dieser Gesetzesnovelle. Kollege Stadler hat wieder einmal in bewährter Art und Weise über die Möglichkeit von parteipolitischen Vergünstigungen gesprochen. Hier geht es darum, dass der Umweltsenat, der jetzt eine befristete gesetzliche Regelung hatte, über das Jahresende hinaus verlängert werden kann. (Abg. Mag. Stadler: Und damit haben die Grünen überhaupt nichts zu tun!) Die unabhängigen Richter, die dort bestellt sind, werden nicht von Parteien benannt, sondern werden auf Vorschlag der Bundesregierung ernannt. Das ist im Umweltbereich eine ganz wichtige rechtliche Instanz gewesen, sodass, glaube ich, niemand von uns inhaltlich bestritten hat – das hat ja nicht einmal die eigene Fraktion gemacht –, dass diese Verlängerung oder Un­befristetstellung sinnvoll ist.

Dann kommen wir noch zu den Vorgängen im Untersuchungsausschuss. Kollege Pilz hat in den letzten Tagen mehrfach wiederholt und nachlesbar immer wieder klarge­macht, dass es bei einer konkreten Materie bislang, nämlich beim Dienstleistungsge­setz, von den Grünen eine Erklärung gegeben hat, dass die Verhandlungen gestoppt werden.

Ich war im letzten Ausschuss auch dabei, ich habe auch die Presseerklärungen gehört, ich habe mir die APA angeschaut – Sie werden das sicher ebenfalls gemacht haben, Herr Kollege Stadler –, und dort steht explizit drinnen, dass über die Vorgänge im Un­tersuchungsausschuss in den Fraktionen – nämlich auch in Ihrer, auch Sie haben das im Ausschuss gesagt – beraten wird und die weitere Vorgangsweise akkordiert werden sollte. Dazu stehe ich auch, und das ist auch an den Kollegen Cap und an den Kolle­gen Kopf gerichtet.

Wenn nämlich die Regierungsparteien glauben, dass die jetzige Vorgangsweise im Un­tersuchungsausschuss (Zwischenrufe beim BZÖ) – zuhören ist schwierig – mit dem vermuteten Umgang mit dem Untersuchungsausschuss als Minderheitenrecht, wozu es eine klare Vereinbarung gegeben hat, dazu führen kann, dass eine Aufkündigung durch die Regierungsparteien stattfindet, dann wird es klare und harte Konsequenzen der Opposition geben. Dazu stehen wir. (Abg. Mag. Stadler: Uns kann man zu nichts zwingen!) Wenn der Kollege Stadler jetzt der Meinung ist, dass das nicht mehr notwen­dig ist, ist das auch seine Angelegenheit.

Nur eines sage ich auch dazu: In dieser Materie hat es eine Ausschussverhandlung gegeben, in dieser Materie hat es im Ausschuss eine Abstimmung gegeben. Da hat die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 192

FPÖ zugestimmt, da haben auch die Grünen zugestimmt, und Ihr Kollege Umweltspre­cher war der Meinung, dass es inhaltlich notwendig ist. Wir haben damals auch klarge­macht, dass wir einen Zeitpunkt vereinbaren sollten – und dazu stehen wir auch –, ab dem diese Konsequenzen durchgesetzt werden. (Abg. Mag. Stadler: Von der gesam­ten Opposition war die Rede!)

Wenn Sie vom BZÖ, Herr Kollege Stadler, zur FPÖ gehen – wir haben das jetzt nach­recherchiert, als es gekommen ist – und der FPÖ erklären, die Grünen haben schon zugestimmt und es gibt quasi eine akkordierte Vorgangsweise, und dann gehen Sie mit dem Zettel hin, um unterschreiben zu lassen, wo Sie bewusst Falschmeldungen in der Opposition verteilen, dann wird das eine schwierige Zusammenarbeit werden. (Rufe bei der SPÖ: Hört! Hört!)

Insofern finde ich es auch richtig, dass die FPÖ gesagt hat, in dieser Materie nicht, be­vor abgesprochen ist, dass es hier eine klare Vorgangsweise der Opposition gibt, zu der wir hoffentlich morgen kommen werden und auf die sich dann auch die Regie­rungsparteien einstellen können, dass das also bis zu dem Zeitpunkt, wo es ausgeru­fen wird, auch durchgezogen wird und dass das hält. (Abg. Mag. Stadler: Uns brauchst du gar nicht mehr anzusprechen! Ende der Durchsage!) Mit Ihnen ist es nicht ganz einfach, Kollege Stadler, das wissen wir auch. (Abg. Mag. Stadler: Ende der Durchsage! Erledigt!) – „Ende der Durchsage“ ist okay. Wenn das BZÖ der Meinung ist, dass es keine gemeinsame Vorgangsweise der Opposition braucht, werden wir das auch zur Kenntnis nehmen. (Abg. Mag. Stadler: Erledigt!)

Wir werden uns weder von Ihnen noch von den Regierungsparteien erpressen lassen, und in dieser Form sind wir der Meinung, dass die Zustimmung zum Gesetz notwendig ist, dass sie sinnvoll ist. Deswegen werden wir dieser Zweidrittelmaterie heute zustim­men. (Beifall bei den Grünen.)

18.24

18.24.20

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Abgeordneten Mag. Stadler, den Gegenstand an den Umweltausschuss rückzuverweisen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, um ein Zeichen. – Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 395 der Beilagen.

Der Gesetzentwurf enthält Änderungen des Bundes-Verfassungsgesetzes. Ich stelle daher die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorge­sehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf zustimmen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Entwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Ausdrücklich stelle ich wiederum die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehr­heit fest.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 193

18.26.08 13. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (396 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Umweltinformationsgesetz geändert wird (424 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 13. Punkt der Tagesordnung.

Zum Vorbringen einer Druckfehlerberichtigung zu Punkt 13 erteile ich der Berichterstat­terin, Frau Abgeordneter Bayr, das Wort. – Bitte.

 


18.26.40

Berichterstatterin Petra Bayr: Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte Sie von folgender Druckfehlerberichtigung zum Ausschussbericht 424 der Beilagen in Kennt­nis setzen:

Der im Ausschussbericht erwähnte angenommene Abänderungsantrag wurde von den Abgeordneten Ing. Hermann Schultes und Petra Bayr und nicht von den Abgeordneten Ing. Hermann Schultes und Mag. Christiane Brunner eingebracht. – Danke sehr.

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich danke der Berichterstatterin für die Ausführungen.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Hofer. – Bitte.

 


18.27.22

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir werden dem vorliegenden Entwurf nicht zustimmen, und ich darf auch ausführen, warum das der Fall sein wird.

Es werden Jahr für Jahr viele Tonnen gefährlicher Abfälle nach Österreich importiert, und das große Problem dabei ist, dass die Gemeinden, die Bürgermeister im Regelfall nicht informiert sind, ob in ihrer Gemeinde gefährliche Abfälle verarbeitet werden. Unter dem Deckmantel des Datenschutzes wird also weiterhin geheim gehalten, wo diese gefährlichen Abfälle verarbeitet werden.

Wir haben bei diesen genehmigten Importen auch gefährliche Abfälle mit infektiösen und krebserregenden Eigenschaften, wir haben chronisch toxische Abfälle, die impor­tiert werden, Asbestabfälle, Lösemittelabfälle, Pflanzenschutzmittel und Pharmazeuti­kaabfälle.

Einige Zahlen aus dem ersten Halbjahr 2007, weil ich damals eine Anfrage gestellt ha­be: Da waren zum Beispiel 95 Tonnen Stäube, Aschen und Krätzen aus Schmelzpro­zessen, 144 Tonnen ölverunreinigter Böden, 28,7 Tonnen Arzneimittelabfälle, 1 228 Ton­nen Lösemittel halogeniert und 13,85 Tonnen medizinischer Abfälle.

Jetzt verstehen wir natürlich, dass man keine Panikmache betreiben und nicht öffent­lich bekanntgeben will, in welchem Betrieb in Österreich welche Abfälle verarbeitet werden, weil ja auch unterstrichen werden muss, dass die Betriebe mit diesen gefährli­chen Abfällen sehr, sehr vorsichtig umgehen. Wir sind aber der Meinung, dass zumin­dest die Bürgermeister, die ja in vielen anderen Bereichen auch dem Amtsgeheimnis unterliegen, sehr wohl informiert sein sollten, welche gefährlichen Abfälle in ihrer Ge­meinde verarbeitet werden.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Hofer und weiterer Abgeordneter betreffend Einführung einer Meldepflicht bei Lagerung oder Weiterverarbeitung gefährlicher Abfälle

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, alle erforderlichen Schritte zu setzen, um eine jährliche Meldepflicht des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 194

und Wasserwirtschaft umzusetzen, aufgrund derer Bürgermeister und Gemeinderat über Art und Menge des in die betreffende Gemeinde verbrachten gefährlichen Abfalls informiert werden.“

*****

Mir ist sehr wohl bewusst, dass natürlich derartige Oppositionsanträge von den Regie­rungsparteien im Laufe eines Plenartages nicht ad hoc beschlossen werden. Ich bitte Sie aber sehr, sich das sehr genau anzusehen und Ihre eigenen Bürgermeister – Sie haben ja viele Bürgermeister in Ihren Reihen – zu unterstützen. (Beifall bei der FPÖ.)

18.29


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Entschließungsantrag steht mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Ing. Hofer und weiterer Abgeordneter betreffend Einführung einer Meldepflicht bei Lagerung oder Weiterverarbeitung gefährlicher Abfälle

eingebracht in der 45. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 18. November 2009 im Zuge der Behandlung von TOP 13, Bericht des Umweltausschusses über die Regie­rungsvorlage (396 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltinforma­tionsgesetz geändert wird (424 d.B.)

Jedes Jahr werden tausende Tonnen gefährlicher Abfälle nach Österreich importiert, die dann entweder thermisch entsorgt oder durch stoffliche oder thermische Verwer­tung zur Herstellung von Rohstoffen und Produkten verwendet werden. Eine Endlage­rung gefährlicher Abfälle in Österreich findet nicht statt, weil diese verboten ist.

Unter dem Deckmantel des Datenschutzes wird geheim gehalten, wo in Österreich welche Abfälle verbrannt oder verarbeitet werden. Nicht nur die betroffene Bevölke­rung, auch der Bürgermeister, der Gemeinderat und allfällig bestellte Umweltgemein­deräte werden in Unwissenheit gehalten.

Um zumindest den verantwortlichen Politikern in den Gemeinden wichtige Informatio­nen nicht vorzuenthalten, sollen im Rahmen einer Meldepflicht des Umweltministeri­ums künftig Bürgermeister und Gemeinderat der betroffenen Gemeinde über die Ver­bringung gefährlicher Abfalle informiert werden. Die Mitglieder des Gemeinderates sind verpflichtet, das Amtsgeheimnis zu wahren, sofern ein solches im Zusammenhang mit der Verbringung von gefährlichen Abfällen in eine Gemeinde tatsächlich besteht.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, alle erforderlichen Schritte zu setzen, um eine jährliche Meldepflicht des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft umzusetzen, aufgrund derer Bürgermeister und Gemeinderat über Art und Menge des in die betreffende Gemeinde verbrachten gefährlichen Abfalls informiert werden.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mayer. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 195

18.30.30

Abgeordneter Peter Mayer (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Transparenz und Information für die allgemeine Öffentlichkeit sind wichtige Schlagwörter, im Besonderen dann, wenn wichtige Ent­scheidungen zu fällen sind, zu denen man Daten braucht, die messbar sind.

In der politischen Diskussion in der Vergangenheit hatten wir zum Beispiel in der Land­wirtschaft vor einem Jahr die Debatte um die Transparenz der EU-Agrarzahlungen. Und es war auch für uns Landwirte nicht leicht, diese Diskussion zu führen, aber, im Nachhinein gesehen, war es nicht schlecht, hier Informationsleistungen für die breite Öffentlichkeit zu geben, wer wann wofür EU-Gelder für den Agrarbereich bekommt. Man kann sich hier auch schnell einen Überblick verschaffen, welche weiterverarbei­tende Firma oder Exportfirma Geld aus dem EU-Agrartopf bezieht. Und ich glaube, es ist hiemit sicherlich eine gute Aufklärungsarbeit geleistet worden.

Auch im Sozialbereich, wo jetzt das Transferkonto diskutiert wird, haben wir eine ähnli­che Chance, mehr Transparenz zu schaffen. Ich glaube, das würde auch einen Beitrag leisten, um die Treffsicherheit so mancher Transferzahlungen zu überprüfen.

Im Umweltschutzbereich ist nun Ähnliches angedacht. Mit einer Online-Datenbank, die ab 2010 abrufbar sein soll, kann sich jeder schnell einen Überblick darüber verschaf­fen, wie und in welcher Art und Weise Betriebseinrichtungen in der Nachbarschaft ar­beiten, wenn Umweltdaten vorhanden sind.

Die Daten werden jährlich aktualisiert und dienen auch den Behörden und den Ent­scheidungsträgern auf allen Ebenen bis hin zu den Bürgermeistern und Gemeinderä­ten als Verantwortungsträger vor Ort zur Information.

In diesem Schadstofffreisetzungs- und -verbringungsregister sind über 86 Schadstoffe zu registrieren. Ich glaube, es wird so sein, dass gerade diese Transparenz dazu bei­tragen wird, dass Betriebseinrichtungen ihre Umweltleistungen verbessern werden.

Besonderer Wert wird in diesem Zusammenhang auch auf den Informantenschutz ge­legt. Ein Betreiber darf Betriebsangehörige nicht bestrafen, wenn diese den zuständi­gen Behörden Verstöße und Unregelmäßigkeiten in diesem Bereich melden.

Mit dieser Novelle zum Umweltinformationsgesetz wird ein weiterer Schritt zur Verbes­serung der Transparenz in diesem wichtigen und sensiblen Bereich geschaffen. (Beifall bei der ÖVP.)

18.33


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gessl-Ranftl. – Bitte.

 


18.33.10

Abgeordnete Andrea Gessl-Ranftl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Hohes Haus! Das PRTR ist ein im Internet verfügbares Register, welches über die Emissionen von Schadstoffen sowie die Verbringung von Abfällen von Betrieben informiert. Für bestimmte Industriebetriebe besteht die PRTR-Berichts­pflicht, was ich auch für sehr gut halte.

Um der Öffentlichkeit leichter, unbürokratischer und kostenlos den Zugang zu den vor­handenen Informationen zu ermöglichen, ist die Erweiterung beziehungsweise auch die Ergänzung des Umweltinformationsgesetzes unerlässlich.

Obwohl durch dieses Register die Umweltverschmutzung nicht vermieden wird, wird sehr wohl eine wesentliche Verringerung der Verschmutzungswerte erwartet. Gleich­zeitig soll diese Information auch Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern Vergleichsdaten liefern und umweltpolitische Entscheidungen erleichtern.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 196

Die nationalen Daten werden geprüft und an die EU-Kommission zur Veröffentlichung übermittelt, was wiederum bedeutet, dass ein europäischer Vergleich bezüglich Schad­stoffemissionen, Abfallverbringungen, Freisetzungen aus diffusen Quellen und derglei­chen jederzeit gebührenfrei erstellt werden kann.

Besondere Beachtung gilt auch dem Informantenschutz, welcher Betriebsangehörige, die eben konkrete Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen die europäische PRTR-Be­gleitverordnung anzeigen, gegenüber dem Betreiber schützt. Gleichzeitig dürfen auch Informanten, die einer zuständigen Behörde einen konkreten Verstoß anzeigen, von dieser nicht bestraft, verfolgt oder auch belästigt werden. Eine solche Vorgangsweise wäre sicherlich kontraproduktiv und würde zu Verschleierungstaktiken beitragen.

In diesem Zusammenhang bringe ich nun folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Hermann Schultes, Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen zur Regie­rungsvorlage 396 d.B. in der Fassung des Ausschussberichtes 424 d.B. betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltinformationsgesetz geändert wird

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

„Die im Titel bezeichnete Gesetzesvorlage wird wie folgt geändert:

In Z 1 lautet § 9b Absatz 2:

„(2) Eine Behörde darf bei der Ausübung ihrer Zuständigkeiten niemanden wegen einer Anzeige, mit welcher ihr konkrete Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen die E-PRTR-Begleitverordnung oder die EG-PRTR-V mitgeteilt werden, bestrafen, verfolgen oder belästigen.“

*****

Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.36


Präsident Fritz Neugebauer: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Tadler. – Bitte.

 


18.36.21

Abgeordneter Erich Tadler (BZÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Bereits im Jahre 2003 hat die Republik Österreich das Protokoll über das Schadstofffreisetzungs- und -verbringungsregister unterzeichnet. Das ist dann am 8. Oktober in Kraft getreten.

Worum geht es? – Der öffentliche Zugang zu den Daten über Schadstoffemissionen und Abfälle aus den Betriebseinrichtungen soll verbessert werden. Nicht dass derartige Daten nicht bereits erhoben würden – ein Schadstoffemissionsregister gibt es bereits –, doch dient die vorliegende Gesetzesvorlage zur Weiterentwicklung dieses Registers.

Ein anderer wichtiger Punkt, meine sehr geehrten Damen und Herren, der durch diese Novelle geregelt wird, ist, wie wir schon gehört haben, der Informantenschutz für Be­triebsangehörige, die den Betreiber ans Messer liefern, dem eine saftige Strafe droht; bis zu 14 500 € im Wiederholungsfall.

Der verantwortliche Minister sind Sie, Herr Umweltminister, der sich ja im Einverneh­men mit dem Wirtschaftsminister um die Errichtung dieses Registers kümmern muss.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 197

Wenn die Ressorts Umwelt und Wirtschaft aufeinanderprallen, finde ich es immer recht spannend, denn ein Zusammenspiel steht oft unter einem Interessenkonflikt. Da es sich aber um zwei ÖVP-Ressorts handelt, glaube ich, dass letztlich die Ökonomie über die Ökologie, wie immer, siegen wird. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

18.37


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Brunner. – Bitte.

 


18.38.00

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Herr Landwirt­schaftsminister! Hohes Haus! Im Umweltinformationsgesetz geht es darum, dass Be­triebe Daten übermitteln müssen, Daten bezüglich Schadstoffemissionen und auch an­fallender Abfälle. Wir finden das positiv, dass es durch dieses Gesetz mehr Informatio­nen über Umweltauswirkungen auch für Anrainerinnen und Anrainer geben wird und einfach auch mehr Transparenz, was Umweltauswirkungen angeht.

Ich sage es daher gleich jetzt: Wir Grüne werden zustimmen, wir stimmen aber nicht ganz vorbehaltlos zu, sondern sehr kritisch, weil wir schon noch einige Anmerkungen haben.

Ich möchte auch anmerken, dass wir dem Abänderungsantrag, was ich ein bisschen voreilig schon beim vorigen Tagesordnungspunkt angekündigt habe, wegen der Kurz­fristigkeit nicht zustimmen werden.

Wie gesagt, Zustimmung zu diesem Gesetz, aber kritisch. Unsere Kritik haben wir auch schon im Ausschuss zum Ausdruck gebracht. Ein bisschen etwas hat sich in der Zwi­schenzeit aufgeklärt, daher wird es unsere Zustimmung geben. Unsere Kritik bleibt aber aufrecht, was sozusagen das Nichthinausgehen über EU-Niveau angeht. Mit un­serem Umweltinformationsgesetz werden nicht mehr Betriebe oder Anlagen zur Über­mittlung von Daten verpflichtet als in der EU-Verordnung aufgelistet, obwohl die Ver­ordnung ausdrücklich vorsehen würde, dass Mitgliedstaaten hier durchaus auch mehr machen könnten. Aber wir kennen das ja: Österreich tut leider nicht mehr, als uns von der EU vorgeschrieben wird. Daher ist das für uns ein kritischer Punkt. In Österreich werden daher leider nur 250 Anlagen unter dieses Umweltinformationsgesetz fallen.

Sehr kritisch zu sehen ist, dass Daten, die übermittelt werden, quasi erst 18 Monate nach dem Betriebsjahr nach Brüssel geschickt werden müssen und erst 21 Monate da­nach veröffentlicht werden. Daten aus dem Jahre 2007 sind erst im Oktober 2009 ein­sehbar. Das ist, denke ich, für ordentliche Umweltinformation schon ein bisschen spät.

Was wir generell positiv finden, ist, dass die Daten im öffentlichen Register beim Um­weltbundesamt in aggregierter Form gesammelt werden. Dazu hatten wir die Frage: Kann man dann eigentlich noch sehen, woher das kommt? Wird das auch verursacher­gerecht dargestellt? – Aus unserer Sicht ist das jetzt der Fall. Wo allerdings schon noch ein Fragezeichen dahinter steht, ist: Wie aussagekräftig oder wie wackelig sind diese Daten dann tatsächlich, wenn sie von den Betrieben selbst kommen?

Zusammengefasst: Grüne Umweltinformation würde anders ausschauen, würde mehr Schritte beinhalten, aber es ist ein positiver Schritt in die richtige Richtung. Ich denke, Anrainerinnen und Anrainer müssen gerade in Zeiten, in denen wir immer mehr mit Umweltauswirkungen zu kämpfen haben, besser informiert werden. Es ist aber ganz klar, dass hier noch weit mehr zu tun ist. Ich stelle wieder fest: Österreich braucht ein unabhängiges, starkes und engagiertes Umweltministerium! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.41


Präsident Fritz Neugebauer: Nun erteile ich Herrn Bundesminister Dipl.-Ing. Berlako­vich das Wort. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 198

18.41.50

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich woll­te zur vorigen Abstimmung noch einmal sagen, dass ich mich bei Ihnen bedanke, dass Sie das Umweltsenatsgesetz beschlossen haben. Die Konsequenz eines heutigen Nicht-Beschlusses oder einer Vertagung wäre gewesen, dass der Umweltsenat sozu­sagen aufgehört hätte, eine Rechtsbasis zu haben. Das wäre schade in der Sache, denn der Umweltsenat – wir haben es vorher diskutiert – ist als weisungsfreie Institu­tion zweiter Instanz im UVP-Verfahren anerkannt.

Wenn wir heute nicht das Gesetz beschlossen und eine Verlängerung selbigen Um­weltsenats erreicht hätten, hätten alle Verfahren an den Verwaltungsgerichtshof gehen müssen. Der große Unterschied ist: Der Umweltsenat entscheidet in der Sache, der Verwaltungsgerichtshof kann nicht in der Sache entscheiden und verweist an die erste Instanz wieder zurück. Das hieße, ein UVP-Verfahren auf Landesebene würde an den Umweltsenat, an die zweite Instanz verwiesen werden. Wenn es den nicht gibt, geht es an den Verwaltungsgerichtshof, und weil dieser nicht entscheiden darf, geht es wieder zurück an die erste Instanz, an die UVP-Behörde Land.

Das wäre unsinnig. Daher war es wichtig, dass Sie diesem Gesetz zugestimmt und den Umweltsenat verlängert haben, weil er einfach eine anerkannte Institution ist und auch in der Sache absolut notwendig ist und ein Nicht-Beschluss nur unnötige Verzö­gerungen bei vielen Verfahren bedeutet hätte. Das war absolut richtig.

Zum vorliegenden Umweltinformationsgesetz: Es gibt das UN/ECE PRTR-Protokoll zum Århus-Übereinkommen – ein Zungenbrecher –, das nichts anderes bedeutet, als dass der überwiegende Teil dieses Protokolls auch für die EU-Mitgliedstaaten unmittel­bar anzuwenden ist. Was auf der EU-Ebene nicht geregelt werden kann, ist die Einrich­tung eines – wie schon zitiert wurde – nationalen Schadstofffreisetzungs- und –verbrin­gungsregisters, eben eines sogenannten nationalen PRTR und damit in Verbindung eines besseren Informantenschutzes. Wenn es jemanden gibt, der Missstände auf­zeigt, dann soll diese Person einen entsprechenden Schutz haben.

Ich kann Ihnen berichten, dass dieses Europäische Schadstofffreisetzungs- und -ver­bringungs­register am 9. November dieses Jahres online gegangen ist. Das österreichi­sche Register soll zu Jahresbeginn 2010 folgen. Es wird auf „www.prtr.at“ zugänglich sein. Es bedeutet, dass jährlich dann die Daten aktualisiert werden. 250 derartige Be­triebseinrichtungen müssen berichten.

Es ist insofern wichtig, als die Öffentlichkeit dadurch besser über den Schadstoffaus­stoß von Betrieben informiert wird, welche Jahresfrachten beispielsweise beim NOx, beim Staub oder bei Wasserschadstoffen an einem Standort einer Anlage emittiert werden. Das kann ein Wärmekraftwerk sein, eine Abwasserbehandlungsanlage und vieles andere mehr.

Das ist ein Punkt in Richtung mehr Transparenz, Bürgerbeteiligung – wie es immer wieder gefordert wird –, um im Sinne eines effizienten Umwelt- und auch Klima­schutzes voranzugehen. – Daher: herzlichen Dank für Ihre Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.45


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Stauber. – Bitte.

 


18.45.08

Abgeordneter Peter Stauber (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminis­ter! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Das bestehende Umweltinformationsgesetz ist wegen der internationalen Verpflichtungen, die Österreich mit der Unterzeichnung des


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 199

Protokolls über Schadstofffreisetzungs- und -verbringungsregister am 21. Mai 2003 eingegangen ist und das mit 8. Oktober 2009 in Kraft getreten ist, zu novellieren.

Um das Protokoll auf dem ersten Treffen der Vertragsparteien im ersten Halbjahr 2010 auch ratifizieren zu können, müssen wir heute mit dieser Novelle die vertraglich not­wendigen Umsetzungsmaßnahmen vorbereiten. Als Kernpunkt sieht die Novelle eben die Errichtung eines nationalen Schadstofffreisetzungs- und -verbringungsregisters, kurz PRTR vor.

Ich bin überzeugt davon, dass dieses nationale Register den öffentlichen Zugang zu Daten über Schadstoffemissionen und Abfallverbringung aus Betriebseinrichtungen deutlich verbessern wird. Das ist ein großer Vorteil. Die Öffentlichkeit wird mit diesem Schadstoffregister die Möglichkeit besitzen, sich einfach und schnell über Umweltdaten eines Betriebes etwa aus der Nachbarschaft zu informieren. Das Register deckt dabei die Freisetzungen und Transfers von mindestens 86 Schadstoffen – zum Beispiel Treibhausgase, die Ozonschicht zerstörende Substanzen, Schwermetalle und be­stimmte karzinogene Stoffe – ab. Diese Transparenz soll letztlich auch dazu beitragen, dass vielleicht Betriebe ihre Umweltleistung verbessern. Das kommt ja dann uns allen wieder zugute.

Alles im allem ist dieses eine sehr positive Angelegenheit. Um dieses verbesserte Um­weltinformationsgesetz gemeinsam mit dem Koalitionspartner novellieren zu können, haben wir auch zugestimmt, dass für Betriebsbetreiber das Prinzip „Beratung statt Strafe“ sinngemäß angewandt wird.

Nachdem wir im letzten Verkehrsausschuss die Kritik der Opposition hoffentlich beseiti­gen konnten, dass bei der Verarbeitung gefährlicher Abfälle zu wenig Transparenz vor­handen sei, hoffe ich auf die Zustimmung aller Parlamentsparteien zu diesem vorlie­genden Gesetz. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.47


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Steier. – Bitte.

 


18.47.27

Abgeordneter Gerhard Steier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine ge­schätzten Damen und Herren! Wie bereits meine VorrednerInnen ausgesprochen und angesprochen haben, haben wir mit der Änderung des Umweltinformationsgesetzes ein nationales Schadstofffreisetzungs- und -verbringungsregister – kurz: nationales PRTR – eingerichtet. Dadurch soll unter dem Stichwort Schadstoffe in der Nachbar­schaft der öffentliche Zugang zu Daten über Schadstoffemissionen und Abfallverbrin­gungen aus Betrieben verbessert werden. Ein vergleichbares Register existierte bisher in Form des Europäischen Schadstoffemissionsregisters, kurz EPER. Auf der Home­page des Umweltbundesamtes kann abgerufen werden, welche industriellen Betriebs­einrichtungen in der Umgebung existieren und welche Schadstoffe von diesen in Luft und Wasser freigesetzt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, fest steht: Das nationale PRTR stellt eine Weiterentwicklung des EPER dar. Zusätzliche betriebliche Tätigkeiten und zusätzliche Schadstoffe, die Freisetzung in den Boden, aber auch Schadstoffe aus Quellen wie Landwirtschaft, Verkehr und Haushalten werden darin erfasst und abrufbar.

Von der Konzeption her ist das nationale PRTR dadurch näher am Anspruch einer Ge­samtbeschreibung. Es soll im Jahr 2010 online verfügbar sein und ist mit dem Europäi­schen Schadstofffreisetzungs- und -verbringungsregister vernetzt. Dieses wird auf Ba­sis der Europäischen PRTR-Verordnung 2006 mit entsprechenden Daten aus Indus­triebetrieben der 27 europäischen Mitgliedstaaten gespeist.

Meine geschätzten Damen und Herren, zusammengefasst heißt das, mehr Information, die Erfassung weiterer Industriezweige und die einfache und direkte Verfügbarkeit wer-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 200

den dazu führen, dass die Öffentlichkeit in ihrem Anspruch auf freien Zugang zu um­fassenden Umweltinformationen unterstützt wird. Mehr Transparenz führt in letzter Konsequenz auch dazu, dass die Umweltleistung von Unternehmen besser wird. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.49


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Aufgrund eines kurzfristig eingebrachten Verlangens auf getrennte Abstimmung verle­ge ich im Sinne des § 65 Abs. 1 der Geschäftsordnung die Abstimmungen zu Tages­ordnungspunkt 13. Diese Abstimmungen werden nach Erledigung des Tagesordnungs­punktes 14 vorgenommen werden.

18.50.1214. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (316 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz geändert wird (GuKG-Novelle 2009) (403 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir gelangen nun zum 14. Punkt der Tagesordnung.

Eine Berichterstattung wird nicht gewünscht.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Oberhauser. – Bitte.

 


18.50.36

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die heute hier zu beschließende Än­derung des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes beinhaltet einige Verbesserun­gen im Bereich sowohl der Ausbildungsqualität als auch des Tätigkeitsbereiches von PflegehelferInnen in den Krankenhäusern. Es wird dem Rechnung getragen, dass sich die Berufsbilder immer weiterentwickeln und dass es vor allem so ist, dass die Pflege­helferinnen und Pflegehelfer mit ihrer bereits jetzt hervorragenden Tätigkeit einiges mehr gemacht haben, als das Gesetz zugelassen hat.

Wir haben uns im Gesundheitsausschuss einstimmig dafür entschieden, zu sagen: Ja, wir sind dafür, dass Pflegehelferinnen und Pflegehelfer mehr machen dürfen, allerdings nur dann, wenn auch die Fortbildung dahingehend adaptiert wird!

Eine weitere Änderung in diesem Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das eine sehr lange Geschichte hat – diese Vorlage wurde bereits in der letzten GP von Andrea Kdolsky eingebracht und wird jetzt von Minister Stöger sozusagen finalisiert –, ist, dass es für Menschen, die in Behindertenbetreuungseinrichtungen arbeiten, die Möglichkeit geben wird, am Basismodul der Grundversorgung teilzunehmen, das heißt, dieses zu absolvieren und damit in den Behinderteneinrichtungen für die behinderten Menschen ein bisschen mehr an Normalität in ihren Alltag zu bringen.

Lassen Sie mich mit einem Zitat von Caritas-Präsidenten Küberl enden, das – wie ich meine – sehr gut beschreibt, was uns hier gelungen ist. Caritas-Präsident Küberl sagt in einer Aussendung, dass wir einen kleinen Schritt für den Gesetzgeber, aber einen großen Schritt in Richtung mehr Normalität in den Wohn- und Lebensräumen von Men­schen mit Behinderungen geschaffen haben. Präsident Küberl sagt, es sei ein echter Durchbruch gelungen und diese Neuregelung bringe Menschen mit Behinderung mehr Lebensqualität.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 201

In diesem Sinne freue ich mich, dass es einstimmig ist, und bedanke mich auch beim Ministerium für die gute Vorarbeit. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

18.52


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. – Bitte.

 


18.52.52

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Minister! Hohes Haus! Ich meine, nur wer mit dem Herzen sieht, sieht richtig. Ich glaube diese Novelle sieht richtig.

Ich meine, dieses Gesetz ist ein klassisches Gesetz, wo man sagen kann, man stellt Gesetzestexte hinter den Menschen und nicht vor den Menschen. Es ist uns gelun­gen, für die Behinderten etwas zu tun, was der täglichen Realität näherkommt.

In einer kleinen Behinderten-Wohngemeinschaft ist es oft eben nicht möglich, dass eine Schwester da ist. Es ist oft notwendig, jemanden einfache pflegerische Tätigkeiten angedeihen zu lassen. Wir können es als Politiker nicht zulassen, dass wir ständig sa­gen: Das Gesetz und diverse Abgrenzungen sind wichtiger als das, was die Behinder­ten in ihrem täglichen Leben brauchen und erleben. (Beifall bei der ÖVP.)

Es hat mich eigentlich sehr gewundert, dass so ein logischer Schritt bezüglich der Möglichkeit für Tätigkeiten in Behinderten-Wohngemeinschaften, dass die dort Tätigen eben geschult werden dürfen und dass man nicht wegen jeder Kleinigkeit extrem quali­fiziertes Personal holen muss, so positive Resonanz gefunden hat, denn ich habe ge­dacht, das ist eigentlich selbstverständlich. Wir machen ja Gesetze für die Bürger und nicht umgekehrt!

Auf der anderen Seite verstehe ich natürlich die Bedenken von diplomiertem Pflegeper­sonal, das sagt: Wo bleibt die Qualität? Und wo ist dann die Abgrenzung? Ich glaube, es ist uns hier eine Gratwanderung geglückt. Aus der Reaktion der Betroffenen sehe ich, dass beide Seiten damit leben können.

Wir wollen nicht, dass ein Tischler Krankenschwester spielt, auf der anderen Seite ist es nutzlos, zu sagen: Wir brauchen ein diplomiertes Pflegepersonal für eine Minimaltä­tigkeit! – Diese müsste jedes Mal kommen. Bis die Tätigkeit vollendet ist, braucht der Patient diese wahrscheinlich nicht mehr.

Für mich ist das Herz und Vernunft zugleich. Das sollte uns bei all diesen gesundheits­politischen Regelungen begleiten. Ich sehe es ja tagtäglich, wie schwierig die Abgren­zung vor lauter Gesetzen ist: Das darf der Arzt machen, das darf die Schwester ma­chen, das darf der Pflegehelfer machen!, und am Schluss wird dokumentiert, dass es letztendlich keiner macht.

In einem zweiten Teil des Gesetzes haben wir auch die Kompetenz des Pflegehelfers ausgeweitet. Ich sage Ihnen jetzt als Arzt: Das ist dringend notwendig, denn es ist eine Binsenweisheit, wir werden im Durchschnitt alle immer älter und wir werden mehr Pfle­geleistungen benötigen. Diese Schrebergärten: Der darf das, der darf das, der darf das!, das können wir uns finanziell nicht leisten. Zweitens: Wir sollen es uns auch nicht leisten, Zeit zu verschleudern, denn Zeit kostet Geld. Die Pflege soll beim Bürger an­kommen und darf nicht in der Dokumentation versickern. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.56


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Bitte.

 


18.56.47

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Gesundheits- und Kranken-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 202

pflegegesetz wird auch von uns unterstützt, weil wir begrüßen, dass es da zu einer Schaffung bundeseinheitlicher Regelungen kommt und auch weil es vor allem eine Aufwertung für die Pflegehelfer ist. Was uns besonders gefällt, sind auch die Fortbil­dungsqualifizierungen, wobei man hier schon insoweit auch einschränken muss, dass selbst die Vertreter der Koalitionsparteien im Ausschuss schon gesagt haben, dass das evaluiert werden muss. Das heißt, es ist wahrscheinlich hier schon ein bisschen noch ein Verbesserungsbedarf gegeben. Wir alle wissen – Sie wissen das genauso gut wie ich –, dass die Pflegeberufe Berufe der Zukunft sind und dass wir in der Zukunft noch einen viel, viel höheren Bedarf haben werden, als wir ihn jetzt haben.

Genau da zeigt sich aber sehr wohl ein Mangel bei den Pflegeberufen. Wenn Sie zum Beispiel auf der Homepage des AMS nachschauen, dann werden Sie sehen, dass in ganz wenigen Bundesländern überhaupt Kurse angeboten werden, die eine Ausbil­dung in diesem Bereich anbieten. Beim AMS Burgenland beispielsweise gibt es im nächsten Jahr einen einzigen Kurs für Heimhilfe in Jennersdorf. Da gibt es überhaupt nichts für Pflegehilfe. Da zeigt sich dann schon, dass wir gerade im Pflegebereich drin­gend eine Ausbildungsoffensive brauchen, und wir brauchen auch Möglichkeiten der Fortbildung. Wir begrüßen, dass das festgeschrieben ist, wir wollen aber auch gerne, dass Möglichkeiten zur Weiterbildung und Fortbildung auch wirklich gegeben werden.

Ein Punkt dabei sollte nicht vergessen werden, nämlich dass es sehr viele Frauen sind, die im Pflegebereich arbeiten. Genau darauf sollte Rücksicht genommen werden, näm­lich, dass die Fortbildungsmöglichkeiten, die Ausbildungsmöglichkeiten so gestaltet werden, dass auch Frauen die Möglichkeit haben, daran teilzunehmen, das Ganze viel­leicht auch noch optimal neben einer Familie.

Wir sagen: Es ist ein Schritt in die richtige Richtung, daher werden wir diesem Gesetz zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

18.58


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haubner. – Bitte.

 


18.58.47

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wie schon von meinen VorrednerInnen ange­klungen, beinhaltet diese Gesetzesnovelle Anpassungen und Regelungen, die auch den Erfordernissen des praktischen Pflege- und Betreuungsalltages entsprechen. Es sind Anpassungen und Regelungen, denen auch wir zustimmen werden, weil sie drin­gend notwendig geworden sind.

Sie wissen ja, dass im Jahr 2004 erstmals die Harmonisierung der Sozialbetreuungs­berufe in diesem Parlament beschlossen wurde, im Jahr 2007 dann von allen Bundes­ländern ratifiziert wurde und hier eigentlich die richtigen Voraussetzungen auch für die pflegerischen Tätigkeiten, im Besonderen der Pflegehelfer geschaffen wurden.

Wir begrüßen es auch sehr, dass jene, die im Bereich der Behindertenarbeit tätig sind, nun auch gewisse Dinge in der Basisversorgung machen können und machen dürfen, aber dass alle eine qualifizierte Fortbildung verpflichtend machen müssen, damit auch wirklich die Qualität gesichert ist.

Wie gesagt, wir geben diesem Gesetz unsere Zustimmung, weil es fachlich richtig ist, weil es den praktischen Gegebenheiten entspricht. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Ich möchte diese Debatte aber auch dazu zum Anlass nehmen, hier festzustellen, dass es nach wie vor keine nachhaltigen Antworten darauf gibt, dass wir mehr Lebenszeit zur Verfügung haben werden und dadurch auch Bedarf an mehr Betreuungspersonal,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 203

an mehr Pflegepersonal in dieser Zeit gegeben sein wird. Wir vermissen, sehr geehrter Herr Bundesminister, nach wie vor ein Gesamtkonzept der Pflege. Ich weiß, es ist nicht unmittelbar Ihr Bereich, sondern ist im Bereich des Sozialministeriums angesiedelt.

Gerade vor Wahlen wird immer geschrieen: Wir haben einen Pflegenotstand, wir brau­chen so und so viele Pflegekräfte!, und nach den Wahlen ist wieder absolute Ruhe. Wir dürfen die Augen nicht davor verschließen, dass wir nach wie vor einen eklatanten Pflegekräftemangel haben, und wir dürfen uns auch nicht darauf ausruhen, dass wir sagen, wir haben sehr viele ausländische Fachkräfte, das wird schon irgendwie funktio­nieren.

Sich nur darauf zu beschränken, wäre für die Zukunft verantwortungslos. Daher schla­gen wir auch vor, mehr neue Angebote für junge Menschen zu schaffen, denn gerade im Gesundheitsbereich, im Pflegebereich gibt es Jobs. Es heißt ja immer, dieser Be­reich enthält sehr viele Zukunftschancen gerade für junge Menschen. Und dass junge Leute motiviert sind, sieht man ja immer wieder bei freiwilligen Tätigkeiten, bei ehren­amtlichen Tätigkeiten, beim freiwilligen sozialen Jahr, wo sich die jungen Menschen beruflich orientieren wollen und orientieren können. Nach wie vor ist auch für das frei­willige soziale Jahr die leidige Frage des Anspruchs auf Familienbeihilfe nicht geregelt. Uns geht es darum, dass dieses Jahr auch als ein Berufsorientierungsjahr akzeptiert wird.

Andere Länder, im Speziellen die Schweiz, zeigen es uns vor, welche neuen Möglich­keiten es gibt, dass man innovativ sein kann, dass man neue Ideen zulassen kann, wie zum Beispiel einen Lehrberuf im Bereich der Pflege und Betreuung. Das wäre gerade auch hier bei uns in Österreich ein gutes Bindeglied zwischen dem Pflegehelfer und dem fachlich qualifizierten Kranken- und Pflegepersonal.

Daher bringe ich einen dementsprechenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Haubner, Markowitz betreffend Lehrberuf für Pflege und Betreuung

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, die Umsetzung der Schaffung eines Lehrberufes für Pflege und Betreuung schnellstmöglich vorzubereiten und dem Nationalrat einen entsprechenden Gesetzesvorschlag zu übermitteln.“

*****

Die Diskussion über einen Lehrberuf ist ja schon längere Zeit im Laufen. Es stehen auch Organisationen wie die Volkshilfe oder der Dachverband der Heimleiter absolut positiv dieser Ausbildung gegenüber. Ich denke, es muss uns bewusst sein: Wir brau­chen eine österreichische Lösung, wir brauchen eine Lösung, in der wir Neues zulas­sen und nicht nur Bewährtes stärken, und wir brauchen auch Job-Chancen für junge Menschen, aber vor allem brauchen wir für die Zukunft Verlässlichkeit und Sicherheit in der Pflege und in der Betreuung, unabhängig vom sozialen Umfeld und von der sozia­len Situation! Ich bitte Sie daher, unserem Entschließungsantrag Ihre Zustimmung zu geben. (Beifall beim BZÖ.)

19.03


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 204

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Lehrberuf für Pflege und Betreuung

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (316 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Kran­kenpflegegesetz geändert wird (GuKG-Novelle 2009)

Bereits bei der Nationalratswahl 2006 wurde von Seiten der Bundesregierung ange­kündigt, dass man dem drohenden Pflegekräftemangel, durch eine entsprechende Ausbildung und eine Aufwertung des Pflegeberufes an sich, entgegenwirken möchte.

Bei dieser Ankündigung ist es jedoch geblieben. Die Wahrheit ist, dass das Pflegesys­tem vor dem Kollaps steht und in Österreich ein gefährlicher Mangel an Pflege- und Betreuungspersonal herrscht, da die Österreicherinnen und Österreicher immer älter werden.

Gerade der Pflege- und Betreuungsbereich bietet jedoch große Berufs- und Zukunfts­chancen für junge Menschen und kann hier viele wertvolle Lehr- und Ausbildungs­plätze bieten.

Das Ignorieren der demographische Entwicklung einerseits und der Erfordernisse der Wirtschaft und des Arbeitsmarktes andererseits, kann hier nur als „Nicht-Ziel“ jeglicher politischer Arbeit und Motivation definiert werden.

Um die Lücke zwischen Pflegehelfern und dem gehobenem medizinischen Kranken­pflegepersonal zu schließen, soll daher ein Lehrberuf „Pflege und Gesundheit“ einge­richtet werden, der es einerseits ermöglicht, in Österreich ein neues und wertvolles Be­rufsbild zu schaffen und andererseits die Pflege unserer immer älter werdenden Bür­ger, als zentrales Problem der Zukunft, qualitativ hochwertig absichert.

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, die Umsetzung der Schaffung eines Lehrberufes für Pflege und Betreuung schnellstmöglich vorzubereiten und dem Nationalrat einen entsprechenden Gesetzesvorschlag zu übermitteln.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. Eingestellte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


19.04.07

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ho­hes Haus! Ja, es ist, wenn man länger nachdenkt, ein sehr spannendes Gesetz, gleich­zeitig, wie Rasinger sagt, eine Art Gratwanderung und deshalb ein kritisches Gesetz, trotzdem unterm Strich ein notwendiges Gesetz.

Wenn jetzt Pflegehelferinnen und Pflegehelfern Kompetenzen zugemutet oder übertra­gen werden, die früher dem diplomierten Personal vorbehalten waren, macht das Sinn, um den Alltag in Pflege und Betreuung zu bewältigen. Es macht auch Sinn, dass der Gesetzgeber gedacht hat an Fortbildung, an Kontrolle, an Draufsicht, an Aufsicht. Trotzdem wird es für die betreffenden Personen eine schwierige Phase, denn wenn


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 205

man nicht mehr an Ausbildung hat – und das wird nicht zu machen sein in wenigen Jahren –, dann wird man im Alltag vor viele Entscheidungen gestellt: Kann ich das, kann ich das nicht? Frage ich jemanden, frage ich nicht? – So etwas kann man im Ge­setz nicht definieren, aber ein Evaluieren kann möglicherweise dabei helfen, rechtzeitig gegenzusteuern.

Auffallend ist nur, dass neben der Fortbildung auch ein neuer Berufszugang für Pfle­gehelferInnen angedacht oder gefunden wurde, und zwar an mittleren und höheren be­rufsbildenden Schulen. Ich muss jetzt die Frage stellen, ob sich da etwas geändert hat. Ich lese vom Bundesministerium für Finanzen hier ein klares und eindeutiges Veto, es könne diesem Gesetz nicht zustimmen, weil es einem Konsultationsmechanismus be­dürfte. Und da wird es schon spannend, denn wenn dieses Gesetz nicht in Kraft treten sollte, was ist dann? Wird es dann billiger für den Finanzminister? Ich sage: Nein! Und das sollten wir uns auch einmal anschauen.

Was ich gerne anschneiden möchte: Wenn man spannende, kritische Gesetze sozusa­gen auf einem Grat macht, dann muss man sich fragen: Was ist der Hintergrund? Und der Hintergrund ist immer noch, dass es einen Pflegenotstand gibt, dass es Probleme in der Finanzierung der Pflege gibt – beides Begriffe, die in der Politik nicht schick sind, die man nicht gern hört, die man nicht gern ausspricht.

Die Bundesregierung hat de facto in einem kleinen Bereich der Pflege und Betreuung, der 24-Stunden-Betreuung, Gott sei Dank einige Maßnahmen gesetzt, die den Men­schen diese Periode physisch, psychisch, finanziell halbwegs erleichtern. Da hat es Maßnahmen gegeben, die sind okay. Davon sind aber nur 3 bis 4 Prozent der gesam­ten Pflegebedürftigen betroffen. Was ist mit den anderen 97 Prozent? Was ist mit de­nen? Hier ist de facto nichts geschehen.

Es gibt einen Mangel an Pflegeberufen, das wurde angedeutet. Finnland hat eine ähnli­che Ärztedichte wie Österreich, aber im Bereich der pflegenden Personen das Zweifa­che, manche skandinavische Staaten das Dreifache an Angeboten. Größere Kranken­anstalten – das muss man auch föderalismuskritisch anmerken – „produzieren“ nur für den Eigenbedarf, weil ihnen das andere zu teuer kommt. Da gibt es kein überregiona­les Denken. Da gibt es keine überregionale Planung.

Ich weiß, alles ist mühsam, wie ein Sägen dicker Bretter, sagt man. Es müssen kleine Schritte gesetzt werden. Aber ich frage mich: Sollten wir nicht einmal den Mut in der Regierung haben, einmal einen großen Schritt zumindest anzudenken?

Betreuende, pflegende Frauen leisten informell eine Arbeit im Wert von 3 Milliarden €. Das ist das gesamte Bundes- und Landesgeld, das in die Pflege gesteckt wird. Da muss etwas passieren, und ich bitte Sie darum, Herr Minister, haben Sie keine Angst vor großen Schritten! (Beifall bei den Grünen.)

19.08


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminis­ter Stöger zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


19.08.27

Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Auch zu dieser späteren Stunde denke ich, darlegen zu können, dass dieses Gesetz eine Richtungsweisung darstellt, weil wir im Bereich der Pflege praktikable Lösungen suchen. Wir suchen Lösungen für Men­schen in der Pflege, wir suchen auch Lösungen für Ausbildungsmöglichkeiten, die im Alltag auch funktionieren. Ich denke, wir gehen einen neuen Schritt. Wir haben bisher in der Qualität der Gesundheitsberufe immer Strukturvorgaben als Kriterium gehabt, und wir gehen jetzt den nächsten Schritt, nämlich auch Ergebnisqualitäten zu überprü-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 206

fen. Wir haben den Versuch gestartet, für den Bereich der Pflege diesbezüglich einen ersten Schritt zu gehen und auch Erfahrungen zu sammeln.

Ich denke, dass das ein gutes Gesetz ist. Wir müssen aber sehr darauf achten, dass die Qualität gesichert bleibt und auch in Zukunft erhalten bleibt.

Wir brauchen praktikable Lösungen. Es geht um die Menschen, es geht darum, dass wir den Pflegebedarf sichern können, und es geht darum, dass gerade Frauen eine Chance haben, Fortbildungsangebote wahrnehmen zu können und Berufe zu haben, in denen auch eine Qualifikation vorgesehen ist und diese auch erreichbar ist.

Ich danke den Mitgliedern des Ausschusses für die Bereitschaft, das gemeinsam mit­zutragen. Es hat ein Einvernehmen gegeben, und das gefällt mir, weil ich zutiefst da­von überzeugt bin, dass gerade in der Gesundheitspolitik Einvernehmen ein guter Weg ist, die Dinge umzusetzen. Ein guter Schritt für die Menschen, die der Pflege bedürfen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.10


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hechtl. Einge­stellte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


19.10.53

Abgeordneter Johann Hechtl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätztes Hohes Haus! Mit dieser Änderung des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes wird ein weiterer Schritt in der Qualität des Pflegeberei­ches, des Gesundheitswesens gesetzt. Mit dieser Änderung wird der Tätigkeitsbereich der Pflegehilfe den harmonisierten Regelungen der Sozialberufe, den neu geschaffe­nen Regelungen betreffend die 24-Stunden-Betreuung und, wie schon öfters erwähnt, den aktuellen Anforderungen des praktischen und täglichen Pflegealltags angepasst.

Um den wachsenden Anforderungen an die Pflegehilfe gerecht zu werden, bedarf es immer wieder einer entsprechenden Ausbildung und Fortbildung. Mit dieser im Gesetz vorgesehenen Fortbildungsverpflichtung im Ausmaß von 40 Stunden innerhalb von fünf Jahren wurde ein Beitrag zur Qualitätssicherung in der Pflegehilfe geleistet.

Durch die Anpassung an das Gemeinschaftsrecht werden Berufsqualifikationen, die in Drittstaaten erworben wurden, für den gehobenen Dienst den diplomierten Kranken­schwestern und Krankenpflegern in größerem Ausmaß anerkannt. Durch diese Ände­rung wird auch ein Mehr an Sicherheit sowohl für das Pflegepersonal bei der Ausübung ihrer Tätigkeit wie auch für die betroffenen Betreuungspersonen geschaffen.

Mit dem erweiterten Zugang zum Ausbildungsmodul, der unterstützten Basisausbil­dung für die Betreuung von behinderten Personen wird ein weiterer Schritt bei der He­bung der Qualität in der Pflege eingeleitet. Eine gute Pflegehilfe bedarf einer stetigen Aus- und Fortbildung, und zwar in allen Bereichen der Pflege.

Die beste medizinische Versorgung, geschätzte Damen und Herren, braucht die beste Pflege und die beste Pflegehilfe, um erfolgreich sein zu können. – Danke.

19.12


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Wö­ginger. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.12.55

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Ziel dieser GuKG-Novelle ist, den Tätigkeitsbereich der Pflegehilfe an neu geschaffene Regelungen wie zum Beispiel bei der 24-Stunden-Betreuung sowie an die aktuellen Anforderungen des Pflegealltags anzupassen, auch was die Gruppenbetreuung im Bereich behinderter Menschen be­trifft.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 207

Zum einen geht es um die Aufsicht und Kontrolle sowie die Festschreibung einer Fort­bildungsverpflichtung im Bereich der Pflegehilfe. Für die professionelle Durchführung von Pflegemaßnahmen ist natürlich der gehobene Dienst für Gesundheits- und Kran­kenpflege, aber unter Aufsicht auch die Pflegehilfe verantwortlich. Es soll damit insge­samt ein flexiblerer Einsatz im Rahmen des jeweiligen Berufsbildes ermöglicht wer­den – das ist der Wunsch der Institutionen, auch der Organisationen, die in diesen Be­reichen tätig sind, vor allem im mobilen Bereich –, ohne – und das muss man dazusa­gen – den hohen Qualitätsstandard zu verringern.

PflegehelferInnen können derzeit nur unter Aufsicht von diplomiertem Personal bezie­hungsweise Ärzten Tätigkeiten durchführen. Eine begleitende, in regelmäßigen Inter­vallen auszuübende Kontrolle bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen ist meiner Meinung nach praxisnäher und wird mit dieser Novelle geschaffen.

Was sind diese Voraussetzungen und diese Rahmenbedingungen? – Erstens: der ent­sprechende Gesundheitszustand der zu pflegenden Person. Zweitens: eine begleiten­de Kontrolle, die ausschließlich schriftlich zu erfolgen hat und zu dokumentieren ist; weiters ein schriftlicher Pflegeplan durch den gehobenen Dienst; und ein Dienstverhält­nis ist natürlich auch Voraussetzung.

Zur Fortbildungsverpflichtung noch ganz kurz: Innerhalb von fünf Jahren sind 40 Stun­den Fortbildung über die neuesten Entwicklungen in der Pflege sowie eine Vertiefung der in der Ausbildung erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten zu absolvieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aus meiner Sicht insgesamt eine Vereinfa­chung und Erleichterung in der Praxis für die Pflegehilfe, vor allem im Sinne der betrof­fenen Menschen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.15


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.15.07

Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Endlich ein Gesetz, dem man mit gutem Gewissen ohne Vorbehalte zustimmen kann. Die No­velle zum Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, die wir jetzt besprechen, ist eindeu­tig ein Durchbruch bei der Betreuung von Menschen mit Behinderungen. Bis dato war es ja so, dass die Menschen, die in der Krankenbetreuung gearbeitet haben, beinahe mit einem Fuß im Kriminal waren.

In der Realität wird sich wahrscheinlich – das muss man ehrlich sagen – nicht viel än­dern, denn die Menschen, die heute, jetzt schon die Kranken betreuen unter Anleitung und Kontrolle eines qualifizierten Pflegedienstes, tun das ohne Rechtssicherheit und ohne Rechtskontrolle. Mit dem heutigen Gesetz schaffen wir hier eindeutig Rechtssi­cherheit.

Es ist vernünftig und tragfähig, diesen Beschluss zu fassen. Gesagt muss in diesem Zusammenhang auch einmal werden, dass Menschen, die sich für andere einsetzen, für bedürftige Mitmenschen einsetzen, dies oft unter einer wirklichen Bürde tun. Sie stellen ihre eigenen Bedürfnisse hintan. Diese Tatsache kann nicht hoch genug be­dankt werden. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Allerdings möchte ich noch eine Kleinigkeit doch kritisch einmahnen: Es ist in keinster Weise am Horizont der Gesundheitsreform ein Gesamtkonzept für Pflege ersichtlich. Wir haben jetzt mit diesem Gesetz einen kleinen Mosaikstein in der großen Materie, aber ein Gesamtkonzept betreffend Pflege ist nicht vorhanden. Wir blenden vollkom­men die demographischen Probleme der Zukunft aus, nämlich dass wir älter werden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 208

Wir haben dazu nur den einen oder anderen Expertenentwurf vorliegen, aber keine konkrete, wie auch immer geartete Rechtsgrundlage.

Wie gesagt, ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, den wir gerne mittragen. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.17


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig Letzter hiezu zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Klikovits. Eingestellte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


19.17.34

Abgeordneter Oswald Klikovits (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Als einer, der tagtäglich mit diesem GuKG seine Arbeit verbringt, möchte ich mich zuerst einmal bei allen Frak­tionen bedanken, dass mit dieser Gesetzesnovelle wieder ein richtiger Schritt gesetzt wurde, hin zu mehr Praxisnähe und Absicherung von Qualität in der Pflege, die wir na­türlich ganz besonders hoch schätzen.

Ich teile fast alle Meinungen meiner Vorredner, was die Frage der zusätzlichen Ausbil­dungsmöglichkeiten für qualifiziertes Fachpersonal betrifft. Es fehlt uns tatsächlich das diplomierte Pflegepersonal. Umso wichtiger ist es, dass wir jetzt nicht die Tätigkeiten des diplomierten Pflegepersonals abwerten, indem wir die Tätigkeiten der Pflegehelfe­rInnen aufwerten, sondern wir schaffen sozusagen einen realistischen Zugang zu den tagtäglichen Gegebenheiten, die sich in der mobilen Hauskrankenpflege und in der Pflege insgesamt abspielen.

Auch im Behindertenbereich – er wurde schon angesprochen – kommen wir mit die­sem Gesetz der Realität relativ nahe.

Ich bin froh, dass wir mit dieser Novelle des GuKG, wie gesagt, mehr Rechtssicherheit für eine praxisnahe Pflege schaffen, die derzeit in Österreich, glaube ich, hervorragend organisiert und gehandhabt wird.

Was wir sicherlich brauchen, um mehr Menschen für diesen Beruf zu gewinnen, ist, den Pflegeberuf positiv zu bewerben, vor allem auch dadurch, dass wir zusätzliche An­reize für das Pflegepersonal schaffen. Denn nur mit Dank allein werden wir wenige mo­tivieren, diesen Beruf, in weiterer Folge eigentlich diese Berufung anzunehmen.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, dass wir vor allem mit dieser Kom­petenzausweitung der PflegehelferInnen ein bisschen mehr Sicherheit und mehr Quali­tät für die Pflege in der Zukunft geschaffen haben.

19.19


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 403 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. (Rufe bei der ÖVP in Richtung FPÖ, deren Abgeordnete sich zunächst nicht von ihren Plätzen erheben –: Einstimmig! Wir haben gesagt, einstim­mig! Abg. Strache sowie in Folge die restlichen Abgeordneten der FPÖ erheben sich zur Abstimmung. Demonstrativer Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.) – Das ist ein­stimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 209

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. Das ist ebenfalls einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Lehrberuf für Pflege und Betreuung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Somit abgelehnt.

19.21.24Abstimmung zu Tagesordnungspunkt 13

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zur verlegten Abstimmung über den Gesetzentwurf in 424 der Beilagen, Tagesordnungspunkt 13.

Hiezu haben die Abgeordneten Schultes, Bayr, Kolleginnen und Kollegen einen Abän­derungsantrag eingebracht.

Weiters liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung hinsichtlich des eben erwähnten Abänderungsantrages vor.

Ich werde daher zunächst – dem Verlangen auf getrennte Abstimmung entsprechend – über den Abänderungsantrag und schließlich über die restlichen, noch nicht abge­stimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen. (Abg. Dr. Matznetter: Wo ist denn der Westenthaler schon wieder? Fußball schauen? Abg. Riepl: Westenthaler fehlt! Schon wieder am Fußballplatz? Ruf bei der SPÖ: ... U-Bahn fahren! Abg. Krainer: Ist er mit dem Auto unterwegs? Oje! Abg. Ursula Haubner: Und wo ist der Herr Pendl?)

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeord­neten Schultes, Bayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend Z 1 § 9b Abs. 2.

Wer diesem Abänderungsantrag beitritt, den ersuche ich um ein diesbezügliches Zei­chen. Das ist die Mehrheit und somit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahen­des Zeichen. Das ist die Mehrheit. Somit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. Das ist die Mehrheit. Der Gesetz­entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Ing. Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer Meldepflicht bei Lagerung oder Weiterverarbeitung gefährlicher Abfälle.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Somit abgelehnt.

19.23.4115. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (237 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuran­stalten geändert wird (404 d.B.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 210

16. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 193/A(E) der Abgeordne­ten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erstellung einer Stu­die über ein Case Management an Österreichs Krankenhäusern und Rehabilita­tionsanstalten (405 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen zu den Punkten 15 und 16 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Hofer. Eingestellte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.24.27

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Gesundheitsminister zu sein und eine Gesundheitsreform durch­führen zu müssen, ist eine nicht ganz einfache Aufgabe, und zwar ganz einfach deswe­gen, weil man sich mit den Landeshauptleuten und anderen Interessensgruppen eini­gen muss, um eine Gesundheitsreform auch zuwege zu bringen.

Ich habe bereits einmal gesagt, die Opposition ist sehr wohl bereit, die notwendige Zweidrittelmehrheit bereitzustellen, wenn es darum geht, eine Gesundheitsreform auf Schiene zu setzen, aber die Entscheidungen werden ja in Wirklichkeit woanders getrof­fen, nämlich in den Parteivorständen, wo auch die Vertreter der Länder und die Lan­deshauptleute vertreten sind.

Daher ist es ein ganz wesentlicher Punkt im Rahmen einer Reform, zu erkennen, dass viele Leistungen in Österreich am Bedarf vorbeigehen und auch sehr viel Geld kosten. So sind beispielsweise sehr viele Akutbetten, die sehr teuer sind, mit pflegebedürftigen Menschen belegt, und das auch nur deswegen, weil es für diese pflegebedürftigen Menschen keine geeignete Betreuung gibt. Viele bleiben nur im Krankenhaus, weil man zuhause nicht weiß, wie man den zu Pflegenden dann wirklich zu betreuen hat.

Da gibt es sehr gute Beispiele – Best Practice-Beispiele, wie das jetzt heißt – quer durch ganz Österreich. Ich nenne eine Rehabilitationsanstalt in Klosterneuburg, die eine Übungswohnung eingerichtet hat. Da gibt es querschnittgelähmte Patienten, Pa­tienten mit Schädel-Hirn-Trauma, mit Verbrennungen und so weiter, und dort haben die Angehörigen die Möglichkeit, zu lernen, wie man mit den Patienten, mit den zu pflegen­den, den zu betreuenden Personen auch zuhause umgehen kann.

Das ist alles gar nicht so einfach, wenn man als Angehöriger plötzlich damit konfron­tiert ist, weil das alles völlig neu ist. Wie kann ich meinen Angehörigen, wenn er aus dem Rollstuhl in die Badewanne muss, am besten angreifen und bewegen? Wie kann ich helfen, wenn einmal ein Katheter zu setzen ist? Worauf muss ich beim Sitzen im Rollstuhl achten, damit es keinen Dekubitus gibt?

All diese Dinge kann man dort in der Übungswohnung lernen, und es gibt auch fliegen­de Teams, die unterwegs sind und dann daheim aufzeigen beziehungsweise den An­gehörigen beibringen, wie man die zu pflegende Person auch in den eigenen vier Wän­den am besten betreuen kann. Das, meine Damen und Herren, ist Case Management!

Ich glaube, dass sich der Steuerzahler sehr viel Geld ersparen würde, wenn es uns ge­länge, dieses Case Management österreichweit flächendeckend umzusetzen. Da gibt es nur Gewinner: Gewinner ist der Patient, der bestmöglich betreut wird, Gewinner ist der Angehörige, der lernt, wie man das Familienmitglied, den Freund, den Bekannten am besten zu Hause betreut, und Gewinner ist die öffentliche Hand, die sich sehr viel Geld erspart, wenn zu pflegende Personen nicht in Akutbetten landen.


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Meine Damen und Herren, ich bitte Sie daher sehr, auch wenn Sie heute den Antrag zum Case Management nicht unterstützen werden, sich doch zu überlegen, wie man diese wirklich wichtige Maßnahme österreichweit flächendeckend umsetzen kann. (Beifall bei der FPÖ.)

19.27


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Spindelberger. 3 Minuten eingestellte Redezeit. – Bitte.

 


19.27.47

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Her­ren! Ich möchte in der mir zur Verfügung stehenden Zeit sowohl auf den Tagesord­nungspunkt 15 als auch auf den Tagesordnungspunkt 16 eingehen, also einerseits auf die Änderung des Bundesgesetzes für Krankenanstalten und Kuranstalten sowie an­dererseits auf die Erstellung einer Studie über ein Case Management, die gerade Herr Kollege Hofer angeschnitten hat.

Im heute zu beschließenden Bundesgesetz über die Kranken- und Kuranstalten wird im Zusammenhang mit den Aufgaben der Ethikkommission nunmehr klargestellt, dass diese künftig auch Pflegestudien sowie neue Pflegekonzepte und -methoden nach ethischen Gesichtspunkten beurteilen soll. Darüber hinaus gehen aber auch andere wesentliche Punkte mit dieser Beschlussfassung einher wie zum Beispiel die neue Zu­sammensetzung der Ethikkommission sowie die berufsrechtliche Trennung zwischen Ärzten und Zahnärzten. Zukünftig muss in Schwerpunktkrankenanstalten je nach Be­darf entweder eine Einrichtung für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie oder eine Be­treuung durch Konsiliarärzte der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie sichergestellt werden.

Weiters muss auch klargestellt werden, dass die Leitung selbständiger zahnärztlicher Ambulatorien je nach Leistungsspektrum durch einen Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie oder einen fachlich geeigneten Zahnarzt zu erfolgen hat.

Was meiner Meinung nach ebenfalls wichtig ist, ist die Änderung des sogenannten Ärz­tebriefes in einen Entlassungsbrief. – Das klingt zwar relativ nichtssagend, ist es aber nicht, denn mit der namentlichen Änderung geht auch einher, dass der bisherige medi­zinische und pflegerische Inhalt wie etwa die Diagnose, der Behandlungsverlauf oder die Medikation um Empfehlungen beziehungsweise Anordnungen zur weiteren Betreu­ung der betreffenden Patientinnen und Patienten wie zum Beispiel Physiotherapie, Heilmassagen oder zahnmedizinische Therapie erweitert wird. Ich glaube, das ist gut und zum Wohle der unzähligen betroffenen Patientinnen und Patienten.

Nun noch ganz kurz zum Antrag in Tagesordnungspunkt 16, in dem Herr Kollege Hofer eine Machbarkeitsstudie für die Realisierung eines flächendeckenden Case Manage­ment im österreichischen Gesundheitswesen fordert. Wir haben ja im Gesundheitsaus­schuss gesagt, dass wir das derzeit deswegen ablehnen, weil es bereits zahlreiche Maßnahmen zur Verbesserung des Nahtstellenmanagements in den bestehenden Arti­kel-15a-Vereinbarungen mit den Ländern gibt, die auch akkordiert sind. – Das war der Grund, warum wir das derzeit abgelehnt haben. (Beifall bei der SPÖ.)

19.29


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeord­nete Haubner. 3 Minuten eingestellte Redezeit. – Bitte.

 


19.30.33

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Bei diesem Gesetz geht es wiederum um Anpassungen an Vorgaben der EU, auch um Anpassungen berufsrechtlicher Art, die notwendig sind, vor allem im Bereich


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der Zahnärzte, der Kinder- und Jugendpsychiatrie, und auch um eine klare Präzisie­rung, dass die Ethikkommission eingeschaltet wird und das begleitet, wenn Pflegefor­schungsprojekte umgesetzt oder angegangen werden sollen. Grundsätzlich haben wir da keinerlei Einwendungen. Wir werden dieser Gesetzesnovelle zustimmen.

Ich möchte aber in diesem Zusammenhang kritisch anmerken, dass nach wie vor die zur Umsetzung des österreichischen Strukturplanes – nämlich des österreichischen Strukturplanes 2006 – notwendigen legistischen Schritte fehlen. Die Länder sind zwar angehalten, im Land regionale Strukturpläne zu entwickeln, die für die Umsetzung not­wendigen legistischen Instrumente fehlen aber.

Daher ersuche ich Sie, Herr Bundesminister, da wirklich zu handeln und nicht fahrläs­sig zu sein, sondern den Ländern wirklich auch die notwendigen Instrumente in die Hand zu geben. Ich habe nämlich das Gefühl, dass wir im Gesundheitsausschuss sehr viele Anpassungen machen, die notwendig sind, dass aber die großen Schritte einfach nicht gesetzt werden. Die großen Schritte werden nur gesetzt, wenn es darum geht, den Kassen Geld in Millionenhöhe zuzuschießen, aber die Kostendämpfung im Sys­tem, von der immer gesprochen wird, hinkt letztendlich nach, und man hört eigentlich nichts mehr von ihr.

Daher bitte ich Sie auch, Herr Bundesminister, setzen Sie endlich einmal große Schrit­te im Sinne einer nachhaltigen Gesundheitsreform, die vor allem auch einmal die Zu­sammenlegung von 22 Sozialversicherungsträgern überlegt und diskutiert. (Beifall beim BZÖ. Zwischenruf des Abg. Schopf.) Das geht ja auch nicht von heute auf mor­gen, sondern da muss man ja auch verschiedene Schritte setzen, um auch Einsparun­gen im System zu schaffen und das Geld dorthin zu bringen, wo es die Patientinnen und Patienten brauchen.

In dem Bereich, den Kollege Hofer in seinem Antrag angeführt hat, in dem es um das unzureichende Case Management geht, das an den Schnittstellen zwischen Kranken­haus und Pflegeeinrichtungen einfach so viele Reibungsverluste verursacht, nicht nur finanzieller Art, sondern auch, was die Patientinnen und Patienten betrifft, wäre es auch höchst an der Zeit, etwas zu tun. Wir werden daher diesen Antrag auf eine Studie für ein Case Management natürlich unterstützen.

Es gibt auch nach wie vor keinen einheitlichen Leistungskatalog mit einheitlichen Leis­tungsbeschreibungen oder mit einer bundesweiten Honorarverordnung – auch Dinge, die dringend notwendig wären. Zum Bereich der Vorsorge: Prävention und Vorsorge ist uns allen ein großes Anliegen, und damit die Stärkung der Eigenverantwortung des Pa­tienten, der Patientin. Da herrscht mehr oder weniger Stillstand, und wir retten uns wirklich immer dadurch darüber hinweg, dass wir kleinere oder größere Anpassungen machen und uns immer gegenseitig sagen, unser gutes System muss erhalten bleiben und es wird hoffentlich nichts passieren.

Daher, sehr geehrter Herr Bundesminister: Anpassungen sind notwendig, wir werden dem heute natürlich unsere Zustimmung geben, aber gehen Sie bitte auch endlich die großen Herausforderungen an! (Beifall beim BZÖ.)

19.34


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Do­nabauer. Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


19.34.39

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Zunächst einmal eine Feststellung: Wenn wir solch wesentliche und für die gesamte Gesellschaft, für das gesamte System wichtige Geset­ze beschließen wie zum Beispiel das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz – ich ma-


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che niemandem einen Vorwurf –, dann muss eine Partei schon wissen, was sie will. Eine Abstimmung, die so verläuft, dass einer aufsteht und der Nächste nachgeht, zeigt doch keine Ernsthaftigkeit! Wir haben es mit einer sehr wichtigen, grundsätzlichen Ma­terie zu tun, bei der es darum geht, wirklich auch das Gesamtsystem, das nicht schlecht ist, noch zu verbessern, denn nichts ist so gut, dass es nicht morgen noch besser sein könnte. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Außer dem Herrn Donabauer!)

Ich denke, wir haben alle miteinander Grund genug, die wirklich herzeigbare Entwick­lung der letzten Jahre und Jahrzehnte darzustellen. Wir haben uns aber, da sich die Gesellschaft ändert, sich auch der demographische Faktor bemerkbar macht und sich auch die Geldflüsse ändern, laufend anzupassen. Persönlich glaube ich, dass eine Reihe von guten Gesetzesmaßnahmen getroffen wurde. Insgesamt denke ich aber schon, dass das Anspruchsdenken nicht weiterentwickelt werden soll, sondern viel­mehr die Eigenverantwortung gestärkt werden muss, denn nur dann können wir letzten Endes auch zur Zufriedenheit der Bürger diese ganzen Politiken weiterführen. (Abg. Kopf: So ist es!)

Was die Strukturfragen, die Strukturpläne anlangt: Natürlich ist das ein Thema, das im­mer wieder eingefordert wird, aber Vizekanzler Sepp Pröll hat vor einigen Wochen eine bemerkenswerte Rede gehalten, in der er unter anderem gesagt hat, das Problem ist nicht die Qualität, sondern das Problem ist ein Interessenkonflikt und der Geldlauf. Wenn heute hunderte Geldströme fließen, bis irgendetwas bedient werden kann, dann muss man einmal darüber nachdenken, und das ist leicht gesagt, aber schwer ge­macht, weil es natürlich auch Interessensberührungen gibt. Das muss man ganz klar sehen.

Zum Bundesgesetz, mit dem das Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz geändert wird, ist schon von meinen Vorrednern sehr viel gesagt worden. Es geht einfach da­rum, dass man die Facharztzuständigkeit stärkt, dass man vor allem den Arztbrief – jetzt Entlassungsbrief – neu ausrichtet, wo der Patient entscheiden kann. Ich nehme Anleihe von Erwin Rasinger, einem wirklich erprobten und praxisbezogenen Arzt, der meint, der Arzt- oder Entlassungsbrief hat ein zweites Problem: Er ist manchmal so eine Legende, dass der Arzt selber nicht viel damit anfangen kann. Es soll insgesamt etwas genormt und auf die wichtigen Bereiche konzentriert werden, wie eine Behand­lung weiter erfolgen soll, welche Medikationen letzten Endes festgeschrieben werden. Da gibt es unterschiedliche Anwendungen. Ich denke, dort haben wir insgesamt noch Handlungsbedarf.

Was dieses Gesetz in besonderer Weise auszeichnet, ist, dass es klare Regulierungen trifft und dass es die Länder, Städte und Gemeinden kein Geld kostet.

In diesem Gesetz ist zum Beispiel auch enthalten, dass bei Verlegung von einem Kran­kenhaus in ein anderes nicht wie bisher in beiden Krankenhäusern Kostenanteile anfal­len, sondern nur mehr im letztaufnehmenden Krankenhaus – an und für sich eine logi­sche, aber bis heute ungeklärte Maßnahme, die jetzt klargestellt ist. Deshalb glaube ich, dass diese Sache wirklich in entsprechender Weise gut dargestellt ist.

Bei neuen Pflegekonzepten muss die Ethikkommission – die gibt es ja schon und die arbeitet gut – eingeschaltet werden.

Zum Thema Studie über Case Management: Das ist ein vernünftiger Ansatz, nur, den­ke ich, macht es keinen Sinn, den Herrn Minister aufzufordern. Das ist eine Frage von Artikel-15a-Vereinbarungen, da muss man mit den Eigentümern reden. Aus der Erfah­rung gesprochen: Jawohl, es stimmt, dass sehr viele Menschen aus dem Krankenhaus entlassen werden und kein Zuhause haben oder zu Hause keine Pflege-Aufnahme­struktur haben. Da müssen wir Einrichtungen schaffen. Da gibt es vor Ort schon Pfle­geeinrichtungen in reichlicher Zahl, die machen den Job sehr gut, aber insgesamt sind wir da enorm gefordert.


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Der Sinn dieses Antrags – dem wir leider nicht zustimmen können, weil er inhaltlich nicht richtig ausgerichtet ist –, die Akutbetten abzubauen und Pflegebetten nicht in den Krankenhäusern, sondern in angeschlossenen Einrichtungen zu schaffen, ist ein ver­nünftiger Ansatz. Das werden wir weiterdiskutieren und zu gegebener Zeit dann natür­lich auch mit den Ländern in entsprechender Weise verwirklichen.

Ich denke, wir sind insgesamt gut unterwegs, aber wir haben noch enorm viel zu tun. Es geht letzten Endes nicht um Couleur, es geht immer um die Menschen. Es geht nicht um die Institution, es geht um die Befindlichkeit, um die Wertschätzung der Bür­gerinnen und Bürger, und da sind wir alle eingeladen und aufgefordert, das Beste zu geben. (Beifall bei der ÖVP.)

19.39


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort hat sich Herr Bundesminister Stöger gemel­det. – Bitte.

 


19.39.55

Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Herr Präsident! Hohes Haus! Dieses Bundesgesetz beendet eine Ungerechtigkeit, nämlich die Ungerechtig­keit, dass man den Pflegebeitrag zweimal hat bezahlen müssen, wenn man von einer Krankenanstalt in die andere gekommen ist. Ich denke, das ist ein wichtiger Schritt, um mehr Gerechtigkeit im Gesundheitssystem zu schaffen.

Ein zweiter wichtiger Schritt: die integrierte Versorgung. Das erkennt man daran, dass wir einen Entlassungsbrief gestalten und nicht mehr einen Arztbrief. Es geht dar­um, dass integrierte Versorgungssysteme besser möglich werden. Das sind wichtige Schritte, die dazu führen, dass die Netzwerke der Gesundheit, die Netzwerke der Be­treuung besser aufgestellt werden können und dass diese Netzwerke auch die notwen­digen Instrumente haben.

Die Neugestaltung der Ethikkommissionen ist ein weiterer notwendiger Schritt, wo wir nun zusätzlich den Aspekt aufnehmen, auch das Geschlechterverhältnis zu berück­sichtigen. Da verfolgen wir die Position, dass auch die Bedürfnisse von Frauen mehr wahrgenommen werden als bisher. Insofern soll ein ausgewogenes Verhältnis zwi­schen Männern und Frauen in den Ethikkommissionen vorgeschrieben werden.

Darüber hinaus soll auch sichergestellt werden, dass die Ethikkommissionen mögliche Befangenheiten auch öffentlich machen müssen. Damit soll ein Beitrag zu mehr Trans­parenz geleistet werden. Ich meine, das ist ein weiterer wichtiger Schritt zu einer ver­besserten integrierten Versorgung unserer Menschen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.41


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck. Eingestellte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


19.42.02

Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Ich möchte gleich zu einem Teilaspekt in diesem Gesetz kommen, das relativ unbeachtet geblieben ist. Das ist der § 27a Abs. 6, die Patientenentschädigung und die Entschädi­gungsfragen im Speziellen. Ich habe die betreffende Gesetzespassage gefunden, und ich darf diese gleich vorweg zitieren:

„In der Vollzugpraxis der Länder im Bereich der Patientenentschädigung wird von meh­reren Bundesländern die Meinung vertreten, der geltende Text des KAKuG lasse eine Entschädigung in Fällen, in denen eine Haftung des Rechtsträgers eindeutig nicht ge­geben ist (zB schicksalshafte Verläufe, unvermeidbare Komplikationen), nicht zu.“


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 215

Jetzt kommt die Passage, die ich für wichtig halte:

„Dies ungeachtet dessen, dass das Bundesministerium für Gesundheit in einer Klar­stellung zur Auslegung der einschlägigen Bestimmungen des Bundes-Grundsatzgeset­zes an alle Länder seine Rechtsansicht übermittelt hat, dass auf Basis des geltenden Rechts Entschädigungszahlungen auch in Fällen in Betracht kommen, bei denen eine Haftung des Rechtsträgers eindeutig auszuschließen ist. – Zitatende.

Ich habe Ihnen das deswegen vorgelesen, weil ich stellvertretend für viele Fälle von Personen, die momentan um ihr Recht kämpfen, einen bestimmten Fall vorbringen möchte. Es geht dabei um eine Patientin, die im Jahre 2004, damals 24 Jahre alt, eine plötzliche Hirnblutung erlitten hat. Daraufhin wurde sie in einem Wiener Spital, in einem Spital des Krankenanstaltenverbundes intensivmedizinisch betreut. Sie wurde unter der Verwendung von Diprivan mit dem Wirkstoff Propofol behandelt und hat daraufhin eine seltene Krankheit bekommen, eine seltene Komplikation, nämlich ein Syndrom, das auch nach diesem Medikament benannt worden ist.

Was ist passiert? – Es kam zu einer sogenannten Rhabdomyolyse, das bedeutet eine Auflösung der Skelettmuskulatur. Das Medikament wurde statt 48 Stunden 120 Stun­den lang verabreicht. – Soweit die trockene Schilderung des Falles.

Dann begann aber für diese Patientin ein Martyrium: Die Patientin ist heute an einen Rollstuhl gefesselt. Sie muss schwere Medikamente nehmen, Schmerzmittel nehmen. Sie hat mehrere Operationen hinter sich. Die Gelenke sind alle zerstört.

Sie versucht nun, auf dem Wege einer Wiedergutmachung Schadenersatz einzufor­dern. Da wird sie von Pontius zu Pilatus geschickt, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Die Patientin hat nach der Weigerung auf eine Schmerzensgeldzahlung durch den Wiener Krankenanstaltenverbund und dem erfolglosen Besuch bei der Patienten­anwaltschaft im Jahr 2005 Klage eingebracht. Der mittlerweile vier Jahre laufende Ver­fahrensmarathon bedeutet für diese Patientin eine enorme psychische Belastung. So wurde sie beispielsweise in einer Verhandlung mit einem Automotor verglichen. Man hat ihr dort gesagt, der kann auch mal kurz in den roten Bereich gefahren werden, und dieser geht auch nicht sofort „kaputt“. Sie ist auf diese Art und Weise zynisch abge­stempelt worden.

Herr Minister Stöger, ich mache nicht Sie persönlich dafür verantwortlich, denn Sie ha­ben ausdrücklich in einem Rechtsgutachten gesagt, dass es so läuft, sondern ich ma­che dafür die sozialistische Gesundheitsstadträtin Wehsely verantwortlich, die bei einem Vorsprechen in ihrem Büro sinngemäß gesagt habe: Macht bessere Gesetze, dann werden wir uns darum kümmern!

Das halte ich für einen menschenverachtenden Skandal! Da hat die SPÖ in Wien in Bezug auf die Gesundheit politisch und menschlich versagt. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Minister, wir sprechen hier nicht von einem anonymen Fall. Frau Schubert sitzt oben auf der Tribüne und beobachtet uns, folgt dieser Diskussion, und sie hofft, dass durch das Vortragen ihres Falles hier in diesem Rahmen Sie sich, Herr Bundesminis­ter, möglicherweise persönlich dieses Falles annehmen werden und ihr Martyrium zu einer positiven Wende bringen.

Ich hoffe, dass das Gesetz, so wie ich es verstanden habe, sämtliche Missverständnis­se in Zukunft ausräumen wird, weil jetzt eindeutig festgelegt wird, dass fürderhin voll­kommen verschuldensunabhängige beziehungsweise nicht eindeutig zuordenbare Fäl­le positiv abgehandelt werden können. (Beifall bei der FPÖ.)

19.46


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. Eingestellte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 216

19.46.41

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Her­ren! Nachdem wir dem Gesetz zustimmen werden, erlaube ich mir einige kritische Be­merkungen. Zuerst einmal zur Patientenentschädigung.

Ich halte es für unerträglich und skurril, wenn ein Gesundheitsministerium Länder auf­fordern muss, ihnen Gesetze erklärt, wie sie zu lesen und wie sie zu handhaben sind, und trotzdem zahlreiche Bundesländer überliquide Patientenentschädigungsfonds ha­ben, weil sie sich bislang nicht danach gerichtet haben. Daran sieht man: Föderalismus mag seine Vorteile haben, aber er hat auch evidente Nachteile.

Dass das hier jetzt mit Gesetz geregelt werden muss, ist gut, aber dazu kommt ja noch etwas anderes: Es ist ja auch skurril, dass Patienten einen Teil ihres Spitalskosten­beitrags in den Patientenentschädigungsfonds zahlen müssen für den Fall, dass sie in der Krankenanstalt einen Schaden erleiden.

Wenn Sie zur Bundesbahn gehen, sich eine Karte kaufen, die 10,20 € kostet, und Sie zahlen noch 4 € an Beitrag in einen „Bundesbahnentschädigungsfonds“, weil vielleicht der Lokführer nicht gut drauf ist oder eine Ampel falsch gestellt wurde oder der Schaff­ner aggressiv ist, so muss ich sagen: Das ist ja unwürdig, so kann das nicht sein, das gehört besser geregelt!

Nun einige Bemerkungen zu meinen Vorrednern. – Die Behauptung, dass es so viele erfolgreiche Projekte des Nahtstellenmanagements gibt, halte ich gelinde gesagt für eine leichte Übertreibung, um es nicht als ärger zu bezeichnen. Es gibt nämlich eine Studie des IHS, die feststellt, dass von den innovativen Projekten in den Landesgrup­pen, in den Reformpoolgruppen nicht einmal 25 Prozent des zur Verfügung stehenden Budgets ausgenützt werden, weil keine Projekte da sind oder weil es nur virtuelle Bud­gets sind, die die Länder zur Defizitabdeckung ihrer Krankenhäuser bereitstellen. – Das ist das eine.

Das Zweite, zur ÖVP: Zwischen einem totalen Versorgungsstaat und dem Motto „Eigenverantwortung“, auf Deutsch: Wer krank wird, wird auch selber schuld daran sein!, gibt es schon noch Nuancen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wenn eine Frau ein Mammakarzinom kriegt, was hat sie denn da falsch getan: War sie übergewichtig, oder hat sie zu wenig Obst gegessen? Oder: Wenn ein Kind mit einer verschlossenen Spei­seröhre auf die Welt kommt, wo ist da die Eigenverantwortung? Oder: Wo ist die Ver­antwortung bei einem Kind mit einem Herzfehler oder bei einem Süchtigen? (Abg. Gril­litsch schüttelt den Kopf.)

Na, nicht den Kopf schütteln! (Abg. Grillitsch: Wir haben nicht gesagt, dass sie selber schuld sind!) Den größten Einfluss auf Gesundheit und Erkrankung hat Bildung und Einkommen. Wer kann selber bestimmen, wie viel er verdient, wie viel Bildung er hat – das sagen Sie mir einmal! – und wo er wohnt, in Hietzing oder an der Südtangente? – Das ist ein Unsinn!

Jetzt komme ich kurz auf die Ethikkommission zu sprechen. Da gibt es klare Verbesse­rungen. Eine Verbesserung stellt insbesondere die Vorschrift dar, dass Mitglieder der Ethikkommission Befangenheiten transparent machen müssen, Kooperationen mit der Pharmaindustrie und Ähnliches, nur: Meine Erfahrung und mein Wissen lauten so: Die werden natürlich gefragt, ob sie befangen sind. Die Antwort lautet zumeist: Nein!, auch wenn es der Fall ist. Also da muss man schon schauen.

Dass die Ethikkommission auch Studien aus dem Pflegebereich machen kann und Be­urteilungen vornehmen kann, ist gut, nur steht da ein „Kann“. Wie dieses „Kann“ in der Wirklichkeit beziehungsweise in der Realität zu werten ist, wie man feststellt, ob es der Interessenslage der Patientinnen oder Pfleglinge entspricht: ja oder nein?, das muss geklärt werden. Da muss ich fragen: Wie soll das laufen?


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Was den Entlassungsbrief betrifft: Das ist vielleicht überhaupt das Beste im Gesetz, nämlich, dass man den Patienten als Gesamtes sieht und nicht nur ganz eng auf das Naturwissenschaftlich-Medizinische ausgerichtet, auf die medizinische Blickrichtung beschränkt, sondern dass man Pflege, Psychotherapie, Soziales, Ergotherapie, also al­les das mit einbaut, sodass keine Lücken entstehen. Dazu gratuliere ich. (Beifall bei den Grünen.)

19.51


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Hö­finger. Eingestellte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


19.51.16

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Dr. Grünewald, ich denke, bei den Beispie­len, die Sie jetzt gezeichnet haben, sind Sie doch etwas zu weit gegangen. (Abg. Dr. Grünewald: Nein!) Wir wissen: Gesundheitsvorsorge, Gesundheitsmanagement, das gilt in allen Lebensbereichen. Wir sind alle ständig bemüht – hier in diesem Haus kann ich das sagen –, den Menschen gesunde Lebensweise näherzubringen. Wir soll­ten aber daraus keine Rückschlüsse in Bezug auf wirklich sehr drastische Krankheiten ziehen, sondern uns allgemein dieser Verantwortung bewusst sein. Genau das sollte damit gemeint sein.

Unsere Aufgabe ist es, im Gesundheitswesen stets darauf zu drängen, dass dieses verbessert wird und den aktuellen und auch zukünftigen Herausforderungen gerecht wird. Verbesserungen herbeizuführen unter ständig veränderten Rahmenbedingungen, das wird uns heute wie auch in der Zukunft sehr vehement fordern.

Ich meine, dass die Änderung dieses Bundesgesetzes über die Krankenanstalten und Kuranstalten viele wichtige Dinge enthält. Einige davon wurden heute schon ange­sprochen. Es geht dabei auch um Anpassungen und Klarstellungen der verschiedens­ten Art und Weise.

Ein Punkt, auf den ich noch kurz eingehen möchte, ist: Neben der Beurteilung von Pfle­gestudien und neuen Pflegekonzepten und -methoden ist auch die Beurteilung von an­gewandter medizinischer Forschung am Menschen eine Aufgabe der Ethikkommission.

Ich habe hier einen Zeitungsartikel mit dem Titel „Mehr Ethik im Gesundheitswesen!“ In diesem spricht Primarius Dr. Gerd Eichberger von einigen sehr interessanten Ansät­zen. Ich darf zitieren:

„Krankenhäuser werden zu Gesundheitsindustriebetrieben degradiert.“

Und: „Patienten werden in zynischer Form zu Kunden umfunktioniert.“

Primarius Eichberger, einer der renommiertesten Psychiater und Neurologen unseres Landes, hat das vor versammelter Ärzteschaft kundgetan.

Des Weiteren heißt es in diesem Artikel:

„Beginnen Sie mit intensiven Ethikdiskussionen!, mahnt Eichberger die Anwesenden, vor allem die Ärzteschaft. Er fordert mehr Nachdenken über ethische Komponenten im Gesundheitsbetrieb und weg von der beinharten Ökonomisierung des Systems.“ – Zi­tatende.

Ich meine, diesen Spagat zu schaffen, wird eine große Herausforderung in den nächs­ten Jahren sein, denn unser Gesundheitssystem steht, wie wir wissen, vor großen fi­nanziellen Herausforderungen, wir dürfen aber genau diesen Punkt der Ethik nicht ver­nachlässigen. – Ich bedanke mich sehr herzlich. (Beifall bei der ÖVP.)

19.53


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig Letzter hiezu zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wöginger. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 218

19.53.52

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es kommt mit diesem Gesetz aus meiner Sicht zu wichtigen Anpassungen und Klarstellungen. Ich möchte nur drei Punkte kurz heraus­greifen, da eigentlich der wesentliche Inhalt dieses Gesetzes von meinem Vorredner schon sehr klar und deutlich erläutert wurde. Ich möchte diese Punkte aber aus der Sicht eines Mitarbeiters des Roten Kreuzes und nicht aus der Sicht eines Arztes be­leuchten.

Erster Punkt: die berufsrechtliche Trennung zwischen Ärzten und Zahnärzten. Das scheint mir doch ein wichtiger Punkt zu sein, vor allem auch in Hinblick auf die Stärkung der Facharztzuständigkeit, was sich positiv für die Bevölkerung auswirken wird.

Zweiter Punkt: Für wichtig halte ich es auch, dass auf eine Anregung der Volksanwalt­schaft hin klargestellt wurde, dass bei Überstellungen von einer Krankenanstalt zur an­deren der Kostenbeitrag nur von der übernehmenden Krankenanstalt eingehoben werden darf. Aus der Praxis kann ich sagen: Das hat sich manchmal so abgespielt, dass auch ein Kostenbeitrag des Patienten für den Transport im Rettungswagen ein Thema war. Ich halte es für richtig, dass es da jetzt eine Änderung gibt, und ich begrü­ße diese außerordentlich.

Dritter Punkt, der bereits angesprochen wurde: der Entlassungsbrief. – Ich meine, es ist gut, dass nach eigener Entscheidung des Patienten entweder diesem oder dem ein­weisenden oder weiterbehandelnden Arzt und bei Bedarf den für die weitere Pflege und Betreuung in Aussicht genommenen Einrichtungen dieser Entlassungsbrief über­mittelt wird. Auch ich bin so wie mein Kollegen Karl Donabauer der Meinung, dass das nicht Bescheide mit einer unendlichen Zahl an Seiten und einer extremen Kompliziert­heit werden sollten, sondern dass in diesem Entlassungsbrief effizient dargestellt wer­den sollte, was für die Ärzte als auch für die nachbehandelnden Stellen wichtig ist. Das sollte man hier erwähnen. Im Übrigen ersuche ich um die Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.55


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten geändert wird, samt Titel und Eingang in 404 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das ist ein­stimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, sei­nen Bericht 405 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und somit angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 219

19.57.1617. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 184/A(E) der Abgeordne­ten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wiedereinführung der finanziellen Zuwendungen für die Erfüllung des Mutter-Kind-Passes und verpflichtende ärztliche Vorschuluntersuchungen (406 d.B.)

18. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 174/A(E) der Abgeordne­ten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aus­weitung der Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen bis zum 10. Lebensjahr (407 d.B.)

19. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 612/A(E) der Abgeordne­ten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Übernahme der Kosten der vorgeburtlichen Untersuchungen des „combined-Tests“ im Rahmen des Mutter-Kind-Passes (408 d.B.)

20. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 361/A(E) der Abgeordne­ten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung klarer Strukturen für die Pränataldiagnostik (409 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen zu den Punkten 17 bis 20 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist als Erste Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. Einge­stellte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.58.47

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben jetzt ein Fülle von An­trägen zu behandeln, die sich letztendlich alle mit Kindern befassen, wobei ich sagen muss, dass die ersten beiden Anträge, die jetzt verhandelt werden, solche sind, wo es sich um Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen bei bereits geborenen Kindern handelt.

In dem einen Antrag geht es darum, dass eine finanzielle Zuwendung gewährt werden soll, wenn die Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen bis zum Vorschulalter durchgeführt werden. Wir wissen genau, dass bis zum 14. Lebensmonat des Kindes zwar sehr viele Eltern sehr regelmäßig mit diesem einen Arzt aufsuchen, es danach allerdings da zu einem Abfall kommt, weil es keine finanzielle Zuwendung mehr gibt. Wir glauben da­her, dass wir die Eltern dahin gehend motivieren sollen, weitere Untersuchungen durchzuführen, denn gerade zwischen dem 14. Lebensmonat und dem 5. Lebensjahr können verschiedenste Erkrankungen auftreten, und da wäre es sehr sinnvoll, wenn man diese rechtzeitig erkennen würde.

Beim zweiten Antrag geht es darum, dass man die Untersuchungen des Mutter-Kind-Passes generell bis zum 10. Lebensjahr ausweiten sollte.

Das hat unterschiedliche Gründe: Wir wissen, dass es gerade Kinder aus problemati­schen Familien sind, die häufig gar keinen Arzt sehen, die häufig auch nicht in die


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Schule gehen, wenn eine Schularztuntersuchung ansteht, und gerade da wäre es wichtig, genau solche Kinder rechtzeitig zu bemerken und auch eventuelle Misshand­lungen und eventuellen Missbrauch rechtzeitig erkennen zu können.

Die beiden anderen Anträge – das sind der Antrag des Kollegen Spadiut und mein An­trag betreffend die Vereinheitlichung der Pränataldiagnostik – sind Anträge, die sich mit einem anderen Themenbereich beschäftigen.

Zum Bereich Schaffung von klaren Strukturen für die Pränatal-Diagnostik: Es ist so, dass ich die Beobachtung gemacht habe, dass sehr viele Eltern eigentlich, bevor sie eine solche Untersuchung machen, zum einen gar nicht wissen, was sie erwartet, zum anderen auch nicht wissen, wie sie mit einem eventuellen Ergebnis, das vielleicht nicht unbedingt das beste ist, umgehen sollen, was sie dann machen sollen. Sie fühlen sich hier wirklich alleine gelassen, fühlen sich ganz einsam und in die Ecke gedrängt.

Da würde ich es wirklich begrüßen – auch wenn Sie den heutigen Antrag ablehnen, und ich habe das auch schon im Ausschuss gesagt – und ich würde Sie wirklich bitten, darüber nachzudenken, wie man Eltern da helfen kann, wie man Eltern da eine ent­sprechende Beratung geben kann. – Das ist das eine.

Der andere Punkt ist, dass gerade Pränatal-Untersuchungen auch davon abhängig sind, wo der Wohnort ist – je nachdem müssen Sie etwas bezahlen oder eben nicht. Ich denke, auch das ist ein unhaltbarer Zustand: Es kann nicht sein, dass im Wiener AKH bestimmte Untersuchungen nichts kosten, in anderen Spitälern schon, in anderen Bundesländern wieder nicht. Ich meine, auch das sollte man einmal vereinheitlichen!

Der Antrag des Kollegen Spadiut vom BZÖ findet ebenfalls unsere Unterstützung. Ich denke, dass alle Untersuchungen, die es geben kann und die die Eltern wahrnehmen möchten, kostenlos sein sollen, aber ich schicke nochmals Folgendes voraus – und das ist für mich tatsächlich ein ganz, ganz wichtiger Punkt –: Ich bitte, die Eltern – die Mütter, aber auch die Väter – auch wirklich zu beraten, bevor irgendeine pränataldia­gnostische Untersuchung stattfindet. Das ist das, was mir wirklich eine Herzensangele­genheit ist. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

20.02


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Csörgits. 3 Mi­nuten. – Bitte.

 


20.02.12

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Bundes­minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mein Debattenbeitrag bezieht sich auf die beiden Anträge 184/A(E) und 174/A(E), eingebracht von der FPÖ; Frau Kollegin Dr. Belakowitsch-Jenewein hat sie ja bereits einreferiert.

Was den Antrag 184/A(E) anlangt – dabei handelt es sich um die Forderung nach Wie­dereinführung der finanziellen Zuwendungen für die Erfüllung des Mutter-Kind-Passes und verpflichtende ärztliche Vorschuluntersuchungen –, möchte ich einmal prinzipiell feststellen, dass wir uns, denke ich, hier im Haus einig sind, dass das Mutter-Kind-Pass-Untersuchungsprogramm zweifellos ein sehr wichtiges Instrumentarium ist, was die Gesundheitsvorsorge von Schwangeren und Babys anlangt. Der Zuständigkeitsbe­reich dieser Materie liegt allerdings primär im Bereich des Bundesministeriums für Wirt­schaft, Familie und Jugend, und daher liegt der Antrag von uns vor, diesen Antrag dem Familienausschuss zuzuweisen.

Zum zweiten Antrag, dem Antrag 174/A(E) – da geht es darum, dass es zu einer Aus­weitung der Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen bis zum zehnten Lebensjahr kommen soll –, möchte ich kritisch festhalten, dass uns die Begründung nicht gefällt und auch die Maßnahmen, die gemäß diesem Antrag gesetzt werden sollen. Es wird darin gefor-


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dert, dass es, wenn Kinder nicht an Untersuchungen teilnehmen, zu einer Kürzung der Familienbeihilfe kommen soll. – Unserer Meinung nach ist diese Forderung kontra­produktiv, weil damit wieder die Kinder jene wären, die die negativen Auswirkungen zu spüren bekämen.

Im Übrigen darf ich auch festhalten, dass wir uns sicherlich darin einig sind, dass jede Form der Kindesmisshandlung geahndet werden muss; wogegen ich mich aber aus­spreche und meine Fraktion sich ausspricht und was wir nicht haben wollen, ist, dass eine Situation hergestellt wird, in der den Eltern permanent vorgeworfen wird, dass es sich um Misshandlung von Kindern handelt, wenn sie an Untersuchungen nicht teilneh­men können.

Wenn so etwas passiert, dass Kinder misshandelt werden und dass es in Familien Schwierigkeiten gibt, dann ist es notwendig, dass Beratungsstellen weiter ausgebaut werden, um Hilfestellung zu geben, und dass man auch dann, wenn in Familien Alko­holmissbrauch stattfindet, den Menschen, die sich in dieser Schwierigkeit befinden, eben dementsprechende Hilfestellung gibt.

Und zum Schluss, meine ich, ist folgender Gedanke ganz wichtig: Auch Armut und die Angst vor der Zukunft können in manchen Fällen Gewalt auslösen. Hier ist es notwen­dig, durch Armutsbekämpfung, aber auch durch Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ent­sprechende Rahmenbedingungen zu setzen. (Beifall bei der SPÖ.)

20.05


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Spadiut. 3 Minuten eingestellte Redezeit. – Bitte.

 


20.05.21

Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Da­men und Herren! Nicht aus Jux und Tollerei, wie das durch eine Stellungnahme eines Netzwerkes für kritische Auseinandersetzung mit Pränatal-Diagnostik darzustellen ver­sucht wird, wurde der „combined-Test“ entwickelt, sondern um werdenden Müttern die Möglichkeit zu geben, schon in der elften bis vierzehnten Schwangerschaftswoche feststellen zu können, ob eine etwaige Chromosomen-Anomalie vorliegt.

Früher war dies ausschließlich mit der Fruchtwasserpunktion möglich – dieses Frucht­wasser wurde mittels, wie gesagt, Punktion aus dem Uterus entnommen. Die Abortus­rate betrug dabei 0,5 bis 1 Prozent, der „combined-Test“ hingegen ist völlig ungefähr­lich.

Natürlich bleibt es den schwangeren Frauen selbst überlassen, diesen Test durchzu­führen – die persönliche Entscheidungsfreiheit eines jeden Einzelnen muss erhalten bleiben –, nur hat dieser Test jetzt ein Hindernis, und zwar sind das die Kosten in der Höhe von 170 €, die die werdenden Eltern selbst tragen müssen, und dieses Hindernis ist für viele eben, besonders in der jetzigen wirtschaftlichen Lage, nicht überwindbar. Deshalb sollte oder müsste dieser „combined-Test“ in die Mutter-Kind-Pass-Untersu­chungen aufgenommen werden. (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Huber.)

Man sollte neuen Entwicklungen immer Raum geben. Im konkreten Fall des „com­bined-Tests“ sind die Fakten dahin gehend, dass dieser Test als wertvolle nichtinvasive Methode mit einem umfassenden Check der Mutter den werdenden Müttern bereits an­geboten beziehungsweise als moderne Untersuchungsmethode in Aussicht gestellt wird.

Werdende Mütter haben sehr wohl über Internetforen Informationen gesammelt, wel­che modernen Untersuchungsmethoden verfügbar sind. Im Empfinden jeder Schwan­geren bleibt im derzeitigen Zustand der Eindruck zurück, dass der Mutter-Kind-Pass in der derzeitigen Form nicht dem Letztstand der modernen Medizin entspricht und dass


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selbst noch mit Zusatzkosten verbundene Maßnahmen und Untersuchungen gesetzt werden müssen. – Danke. (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Huber. – Abg. Grosz: Für das Protokoll: Begeisterter Applaus der eigenen Fraktion!)

20.07


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Steibl zu Wort. Eingestellte Redezeit: ebenfalls 3 Minuten. – Bitte.

 


20.08.02

Abgeordnete Ridi Maria Steibl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bedanke mich bei meinem Vorredner, dass er so genau beschrieben hat, wie es einer Mutter in einer gewissen Situation geht.

Nun aber zur ernsthaften Thematik (Abg. Scheibner: Na Moment! Das war ernsthaft! – Abg. Grosz: Er kennt sich aus!), den zwei Anträgen betreffend den Mutter-Kind-Pass der Frau Kollegin Belakowitsch-Jenewein: Der Mutter-Kind-Pass mit den vorgesehenen Untersuchungen ist ein wichtiger Teil unseres Systems, daran kann nicht gerüttelt wer­den, und er ist auch ein wichtiger Teil in Richtung Vorsorge.

Ich bin aber der Meinung, dass wir, wenn wir von einer Ausweitung bis zum Alter von zehn Jahren sprechen, vergessen, dass es ja ab einem Alter von sechs Jahren die Schuluntersuchungen gibt. Da wäre schon eher darüber nachzudenken, wie ich damit in der Zwischenzeit umgehe – was ja auch die Anträge ansprechen –, wenn ich kein Kinderbetreuungsgeld mehr bekomme und es dann eventuell mit den Untersuchungen „lockerer“ nehme oder die Untersuchungen überhaupt nicht mehr wahrnehme.

Insgesamt sollte man aber schon sagen, einerseits dass das in den Familienausschuss gehört, nicht nur weil ich Ausschussvorsitzende bin und dort den Antrag auch einmal inhaltlich weiterbearbeiten will – das wäre mir persönlich ein Anliegen –, und anderer­seits, dass es wichtig ist abzuwarten, so wie das der Herr Gesundheitsminister im Aus­schuss gesagt hat. Er hat nämlich eine Studie in Auftrag gegeben, und möglicherweise kommen die Ergebnisse dieser Studie ein wenig schneller, nicht erst in einem halben Jahr, sodass wir diese zumindest bis Anfang des Jahres 2010 haben und wir diese Entwicklungen oder die Erfahrungen aus dieser Studie heraus eben auch für diese An­träge verwenden können, weil man dann auch weiß, was nach der Lücke – wenn kein Kinderbetreuungsgeld mehr bezogen wird bis hin eben zum Schulbeginn und darüber hinaus – Sinn macht.

Folgendes möchte ich aber schon anmerken, denn die Diskussion ist ja nichts Neues: Ich frage mich oft, wo die Verantwortung der Eltern bleibt. – Wenn ich eine Untersu­chung, wenn ich all diese Angebote kostenlos, gratis bekomme und ich es nicht einmal wert finde, mir die Zeit zu nehmen, um zu einem Arzt zu gehen, bei dem ich mich an­melden kann, wo ich nicht stundenlang warten muss – ich weiß, dass gerade Kinder­ärzte in diesem Bereich den Müttern sehr entgegenkommen; sagen wir einmal den Müttern, aber auch den Vätern –, um dies anzunehmen, dann frage ich mich schon auch, in welcher Zeit wir leben. Wo steuern wir hin?!

Den Eltern die Verantwortung abzunehmen, ist nicht sinnvoll, wir als Politiker haben aber die Verantwortung, da schon auch entgegenzuwirken, und ich hoffe, dass wir da eine Lösung finden, damit es keine Lücken bei der Untersuchung der Kinder gibt. (Bei­fall bei der ÖVP.)

20.11


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. 5 Minuten eingestellte Redezeit. – Bitte.

 



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20.11.15

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Der Mutter-Kind-Pass war sicher ein epochaler Fortschritt in der Medizin und im Dienst der Mütter, Eltern und Kinder, man hat aber doch bemerkt – darüber gibt es ja Studien und Aufzeichnungen –, dass mit fehlenden Anreizsystemen die Inanspruchnahme, ich sage es vorsichtig, etwas zu wünschen übrig lässt.

Kollegin Steibl mag schon recht haben, dass man sich die Frage nach der Verantwor­tung der Eltern stellen darf, vielleicht auch muss, aber wir alle wissen: Wir haben viel­fach im Leben Verantwortung getragen und haben gelegentlich auch versagt! – Warum soll es ein Kind büßen, dass es Eltern hat, die in einem Augenblick oder vielleicht wäh­rend ihres ganzen Lebens die Verantwortung nicht so tragen wollen oder können, wie wir uns das vorstellen? – Das soll nicht sein! Deswegen mein Appell: Ich verstehe eini­ges, aber letztlich geht das auf Kosten eines unschuldigen Kindes, und das ist nicht zu akzeptieren!

Die andere Methode – man setzt Sanktionen – finde ich nicht gut. Anreizsysteme kön­nen unter jenen, die es entweder nicht verstehen, die wenig gebildet sind, die Scheu sprachlicher Natur haben oder was auch immer, doch Leute bewegen, Mütter bewe­gen, den Mutter-Kind-Pass in Anspruch zu nehmen.

Allerdings, selbst in Zeiten mit immer weniger Kindern ist das sozusagen eine Routine­untersuchung in einer gynäkologischen Praxis oder in fast allen gynäkologischen Pra­xen. Hier dann solch ein komplexes Thema wie den „combined-Test“ zu behandeln mit Feststellung genetischer Aberrationen ist für mich nicht der richtige Ort oder, wie Fach­leute sagen, das richtige Setting, weil es wenig Zeit, wenig Raum lässt, die Folgen solch eines Tests oder deren mögliche Konsequenz zu diskutieren. – Ich halte diesen Test nicht für verwerflich, aber nicht für empfehlenswert im Rahmen eines ganz norma­len Routinebetriebes der Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen.

Was man tut, um dieses Loch ohne ärztliche Betreuung oder Untersuchung zwischen Ablaufen des Mutter-Kind-Passes und dem Eintritt in das Schulalter zu schließen, darf gefragt werden. – Hier den Mutter-Kind-Pass um eine Untersuchung auszudehnen, halte ich jedenfalls für sinnvoll. Von der Methode, Anträge im Kreis zu schicken, diesen Antrag dann dem Familienausschuss zuzuweisen, vielleicht auch noch den FLAF, der ja pausenlos ausgeräumt wird und ohnehin kein Geld mehr hat, dafür zu bemühen, er­warte ich mir auch nichts.

Was die Pränatal-Diagnostik insgesamt betrifft, sind das schon auch Errungenschaften zur Sicherung nicht nur der psychischen, sondern auch der biologischen Integrität von Mutter und Kind – natürlich mit dem Effekt, dass hier auch Defekte festgestellt werden können, die für das Leben der Mutter und des Kindes problematisch sein können.

Ich denke, dass man hier bundeseinheitliche Regelungen suchen muss, die ethischen Kriterien entsprechen, die finanzierbar sind und die das Recht einer Frau auf Wissen – was ja auch Beruhigung heißen kann, nicht nur als einzige Konsequenz Schwanger­schaftsabbruch – regeln. Wenn ich weiß, dass es meinem Kind gut geht, läuft die Schwangerschaft ja vielfach unbelasteter und anders! Das gehört geregelt, und ich meine, dass das auch finanzierbar sein muss.

Da das vielfach ideologisch überfrachtet ist, teilweise auch Leute, die besonders eifrig mitdiskutieren, nicht das vollständige Wissen haben und weltanschauliche Ansichten nicht unbedeutend sind – was ich überhaupt nicht verwerfe! –, wäre es vielleicht sinn­voll, außerhalb des Ausschusses einmal in einen Dialog mit Ethikern, Fachleuten und dem Ministerium zu treten und dann erst im Ausschuss eine Diskussion zu führen, die den Namen Diskussion verdient. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

20.15



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 224

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner dazu zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. Eingestellte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


20.15.57

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte zum Tagesordnungspunkt 19, dem Antrag 612/A(E), kurz Stellung nehmen und darf mit drei Fragen beginnen: Sind gesunde Kinder mach­bar? Können wir uns aussuchen, wie Kinder sein sollen? Und wollen wir das über­haupt?

Durch den „combined-Test“ kann durch Kombination verschiedener Tests errechnet werden, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine mögliche Chromosomenanomalie zu er­warten ist. Pränatale Diagnostik, wie im Antrag gefordert, gibt den Anschein, dass wir Schwangerschaften bis ins letzte Detail kontrollieren und kalkulieren und somit Kinder nach unseren Wünschen bestellen könnten.

Der „combined-Test“ wird bei sogenannten Risikoschwangerschaften ohnehin schon durchgeführt. – Es scheint, dass wir immer mehr in die Richtung gehen, Schwanger­schaften an sich zum Risiko zu erklären, doch ist es weder die Schwangerschaft, noch ist es das Kind, die das Risiko bedeuten, eher sind wir mittlerweile eine Risikogesell­schaft geworden.

Tatsache ist, dass Mütter eines behinderten Kindes ein viel höheres Risiko haben, zu verarmen, und zwar sozial und finanziell. Ob diese Frauen nun über oder unter 35 Jah­re alt sind, spielt dabei eine untergeordnete Rolle. Sie sind auf sich alleine gestellt, denn die Scheidungsrate ist bei Eltern behinderter Kinder ungleich höher.

Wir haben alle technischen Möglichkeiten, doch oft fehlt es an den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Mit dem „combined-Test“ lässt sich zwar eine Trisomie 21 fest­stellen, aber was ist dann? – Die Entscheidung, ein möglicherweise nicht normgerech­tes Kind zu bekommen, ist eine höchst individuelle und private.

Doch warum diese Entscheidung so schwierig ist, ist auch unsere Verantwortung. – Wir können dieses sogenannte Risiko mindern, indem wir Kinder und ihre Familien nicht alleine lassen. Wir können uns Kinder nicht designen, aber wir können die Welt, in der wir leben möchten, gestalten.

Da, meine Damen und Herren, vor allem meine Damen und Herren Antragsteller, der Test bei Risikoschwangerschaften ohnedies angewendet wird, da ein positives Ergeb­nis dann trotzdem zu keinem Problem führen muss, sondern nur zur Verunsicherung führt, da ein unauffälliges Ergebnis eine Behinderung aufgrund anderer Ursachen trotz­dem nicht ausschließt und da die Mutter-Kind-Pass-Kommission sich gegen ein gene­relles Screening ausgesprochen hat, folgen wir der Meinung der Experten und können dem Antrag nicht beitreten. (Beifall bei der SPÖ.)

20.19

20.19.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Dazu ist nun niemand mehr zu Wort gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wünscht eine der Berichterstatterinnen beziehungsweise der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 406 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Ich weise den Antrag 184/A(E) dem Familienausschuss zu.


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Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 407 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist ebenfalls die Mehrheit und somit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, sei­nen Bericht 408 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit und somit angenommen.

Wir gelangen schließlich zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschus­ses, seinen Bericht 409 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist auch die Mehrheit und somit angenommen.

20.21.0621. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 385/A(E) der Abgeord­neten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aktionsplan für gesunde Ernährung und Bewegung (410 d.B.)

22. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 631/A(E) der Abgeord­neten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Schulge­sundheitsprogramm (411 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zu den Punkten 21 und 22 der Ta­gesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. Eingestellte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


20.21.54

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir alle wissen, unsere Kinder werden immer dicker. Schuld daran ist neben der Fehlernährung, der Überernährung natürlich auch ein Bewegungsmangel.

Wir wissen auch, dass es eine Zunahme von chronischen Erkrankungen bei Kindern gibt. Die gibt es, und auch das ist etwas, das wir nicht verleugnen dürfen und worauf wir zu reagieren haben. In diesem Sinne ist es natürlich sehr sinnvoll, für Kinder ein Kinder-Sportprogramm, ein Kinder-Bewegungsprogramm zu starten, ein Ernährungs­programm zu starten und auch Werbung für Kinderlebensmittel genauer zu durch­leuchten. Nicht alles, was als Kinderernährung angeboten wird, ist auch wirklich für Kinder gesund. Häufig ist es viel zu süß, viel zu stark zuckerhältig, viel zu fett und wird dennoch als sogenanntes gesundes Lebensmittel in der Werbung angepriesen.

Wenn wir wissen, dass Werbung auf Kinder abzielt und wie gut sie abzielt, dann wis­sen wir auch, dass Kinder natürlich genau nach solchen Dingen verlangen. Das führt natürlich auch dazu, dass sich Kinder falsch ernähren, ohne dass man jetzt die Eltern hier in irgendeiner Art und Weise in die Verantwortung nehmen kann, indem man sagt, die schauen nicht darauf, sondern das Gegenteil ist der Fall: Alle Eltern wollen für ihre Kinder das Beste. Das ist überhaupt keine Frage.


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Dem Antrag des Abgeordneten Pirklhuber werden wir zustimmen, weil ich glaube, dass es Sinn macht, hier ein Gesamtkonzept, ein Gesamtgesundheitskonzept auch für junge Menschen, für Kinder zu entwickeln.

Dem Antrag des BZÖ können wir aber nicht zustimmen, und ich habe das auch schon im Ausschuss gesagt. Vor allem die Untersuchung von übergewichtigen Kindern durch den Schularzt zweimal jährlich ist ein Punkt, der für die Kinder sehr stigmatisierend wirkt, und nicht jedes Kind, das dick ist, ist krank. Ich möchte davor warnen, dass wir uns jetzt einem Schönheitsideal hingeben und meinen, dass nur noch ganz dünne Kin­der auch gesunde Kinder und ganz dünne Menschen auch gesunde Menschen sind. Das ist auch nicht der Fall. (Beifall bei der FPÖ.)

So, wie erwachsene Menschen unterschiedlich gebaut sind, sind es auch Kinder. Und genau da muss man ansetzen. Daher glaube ich, dass man vor allem eines nicht ma­chen darf: Man darf Kinder, die es ohnehin schon schwer haben, weil sie vielleicht dicker sind, nicht noch zusätzlich stigmatisieren, indem man sie dann vor der gesamten Klasse herausholt und sagt: Weil du so dick bist, musst du jetzt öfter zum Arzt gehen! Das ist der falsche Ansatz und der falsche Weg, und daher können wir diesem Antrag nicht zustimmen.

Dem Antrag des Kollegen Pirklhuber stimmen wir zu. (Beifall bei der FPÖ.)

20.24


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Maier. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.24.38

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ho­hes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Sozialdemokratische Partei wird dem Antrag Pirklhuber nicht zustimmen, und zwar (Abg. Brosz: ..., weil er von der Opposition kommt!), weil dieser Antrag inhaltlich überholt ist und Forderungen ent­hält, die in die Zuständigkeit anderer Gebietskörperschaften eingreifen. Ich werde das im Detail noch begründen.

Ich stimme in vielen Aussagen meiner Vorrednerin zu, insbesondere was das falsche Ernähungsverhalten Jugendlicher betrifft. Ernährung und Bewegung sind wesentliche Eckpfeiler der Gesunderhaltung und Gesundheitsförderung. Ernährungsassoziierte Er­krankungen sind weltweit, aber auch in Österreich im Steigen begriffen. Übergewicht mit seinen Folgeerscheinungen wird von der Weltgesundheitsorganisation als „Epide­mie des 21. Jahrhunderts“ bezeichnet.

Daher sind wir aufgefordert, Maßnahmen zu setzen. Der vorliegende Antrag der Grü­nen wird aber dem nicht gerecht. Dieser Antrag ist zum Teil inhaltlich überholt. Mich wundert der Punkt zwei, wo gefordert wird, einen Aktionsplan für Bewegung auf den Weg zu bringen. – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollege Pirklhuber hat si­cherlich nicht mit dem Kollegen Brosz, mit dem Sportsprecher, gesprochen, denn es laufen seit vier Jahren genau diese Projekte, die wir im Sportausschuss einstimmig be­schlossen haben.

Ich erinnere an die bundesweite Bewegungsinitiative „Fit für Österreich“, eingeleitet vom damaligen Staatssekretär Karl Schweitzer. Ich erinnere an das bundesweite Be­wegungsprogramm für Kindergärten und Volksschulen, das angelaufen ist und mit dem ein wichtiger Schritt für mehr Bewegung für Kinder gesetzt wird. Und ich erinnere an die Programme der Sportdachverbände, insbesondere des ASKÖ unter dem Titel „Hopsi Hopper“ oder der Sportunion unter dem Titel „UGOTCHI“.

Ich frage mich daher: Was haben sich die Grünen gedacht? – Die Forderung, die in die Kompetenzen der Länder eingreift, nämlich in Richtung KindergärtnerInnen, kann man auch nicht unterstützen. Daher muss man den Antrag ablehnen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 227

Heute haben die Koalitionsparteien, Kollege Rasinger und ich, einen Antrag betreffend „Nationaler Aktionsplan Ernährung“ eingebracht. Wie Sie wissen, gibt es bereits ein Grobkonzept für den Nationalen Aktionsplan Ernährung, der Anfang des Jahres 2010 vorgestellt wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Sozialdemokratische Par­tei und die Österreichische Volkspartei laden die Oppositionsparteien, die Gesund­heitssprecher, die Kollegin Belakowitsch-Jenewein, den Kollegen Spadiut, den Kolle­gen Grünewald, herzlich ein, hier mitzuarbeiten. Wir sind bereit, im Gesundheitsaus­schuss einen Unterausschuss einzurichten, der sich mit dem Nationalen Aktionsplan Ernährung auseinandersetzt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es liegt an Ihnen, ob Sie mitmachen. Wir, die Koalitionsparteien, stellen Ihnen jedenfalls dieses Angebot. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

20.28


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Lugar. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.28.14

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (BZÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Die gesundheitliche Lage unserer Kinder ist schlecht. Die Kinder essen schon sehr früh zu viel Zucker, zu wenig Ballaststoffe und viel zu viel Fett. Wenn man sich die aktuellen Zahlen ansieht, sieht man, dass ein Fünftel der bis Sechsjährigen zu dick sind und 7 Prozent adipös, das heißt, in einer Art und Weise übergewichtig, dass Folgeschäden zu erwarten sind.

Stellen Sie sich eine Familie vor, wo die Eltern sich weigern, ihre Kinder regelmäßig zu waschen. Diese Kinder haben alle möglichen Hautprobleme, Infektionen und müssen deshalb immer wieder zum Arzt. Jeder vernünftige Mensch würde in so einer Situation sagen: Hier muss das Jugendamt einschreiten, denn die Eltern haben eine gewisse Verpflichtung, und das ist eine Art der Verwahrlosung. – Wenn aber Eltern ihre Kinder konsequent falsch ernähren, sie mit Kartoffelchips und Sonstigem füttern statt mit nor­malen Lebensmitteln, und die Kinder dann mit vier, fünf, sechs Jahren doppelt so viel wiegen wie ihre Altersgenossen, dann ist das aus meiner Sicht genauso eine Verwahr­losung.

Es ist eine Verwahrlosung, weil wir als Gesellschaft ein gewisses Mindestmaß an Be­treuung und an Vernunft von den Eltern erwarten, um den Kindern einen ordentlichen Start ins Leben zu ermöglichen. Das heißt, wenn Eltern, aus welchen Gründen auch immer, hier versagen, muss der Staat eingreifen. Er muss eingreifen, sonst verspielen wir unsere Zukunft. Wenn man sich die Entwicklung international ansieht, dann weiß man, welche Kosten da entstehen. Das heißt, die Fehlentwicklungen von heute sind die Kosten von morgen.

Deshalb fordere ich hier erstens: Nehmen wir die Eltern in die Pflicht, sagen wir ihnen, was wir von ihnen wollen! Wir wollen, dass sie für eine ordentliche Ernährung ihrer Kin­der sorgen, weil gerade in den ersten Lebensjahren der Grundstein gelegt wird.

Alle diese Programme, die Sie, Herr Minister, in den Schulen, in den Kindergärten an­denken, sind gut, aber sie greifen zu spät. Ein Kind ist mit drei Jahren, was die Ernäh­rungsgewohnheiten betrifft, fertig entwickelt. Das heißt, wenn den Kindern bis zum Al­ter von drei Jahren kein Obst, kein Gemüse verabreicht wird, wird das Kind das später gar nicht mehr wollen und gar nicht mehr essen. Es gibt sogar Kinder, die sich – ich habe das selbst erlebt –, wenn man ihnen Karotten gibt, übergeben, weil sie das nicht gewöhnt sind, weil sie das noch nie gegessen haben. (Abg. Dr. Pirklhuber: Zwingen zum Essen darf man Kinder nicht!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 228

Das heißt, es geht nicht darum, ein Kind später zu zwingen, das Richtige zu essen, was vielleicht Sie wollen, Herr Pirklhuber. Es geht nicht darum, Zwang auszuüben, es geht darum, dass man das Kind von Anfang an, und zwar vom ersten Jahr an, ordent­lich ernährt. Und da müssen wir die Eltern in die Pflicht nehmen, müssen sie dement­sprechend aufklären, müssen ihnen entsprechende Möglichkeiten in die Hand geben – auch finanziell, keine Frage, weil wir wissen, dass die meisten adipösen Kinder in der Unterschicht zu finden sind.

Das hat sicher zwei Gründe: erstens wenig Wissen über die negativen Folgen dieser Ernährung und zweitens einfach finanzielle Gründe, weil minderwertige Lebensmittel billiger sind als hochwertige Lebensmittel. Das wissen wir alle. Eine ausgewogene Er­nährung muss man sich auch leisten können.

Das heißt, wir brauchen in diesem Bereich unwahrscheinlich viele Anstrengungen, die sich nicht nur auf den Kindergarten und die Schule beschränken dürfen. Auch die El­tern müssen in die Pflicht genommen werden, und wir müssen hinschauen, nicht weg­schauen, sonst verspielen wir hier die Zukunft!

Eines ist auch ganz sicher: Wenn wir es nicht schaffen, unsere Kinder gesund zu erhal­ten, dann brauchen wir über Pensionen gar nicht mehr zu reden in diesem Haus, denn dann ist das alles hinfällig. Unsere Kinder sind die Basis für die Zukunft, und ohne un­sere Kinder gibt es kein Gesundheitssystem, kein Pensionssystem, das langfristig funktionieren kann. Deshalb: Schauen wir hin, schauen wir nicht weg! – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

20.32


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.32.47

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Minister! Hohes Haus! Ich habe fast schon Angst gehabt, dass ich nur 2 Minu­ten habe, um jetzt eine große gesundheitspolitische Rede zum Thema Prävention ab­zuliefern. – Aber Spaß beiseite: Das Thema verdient mehr Beachtung.

Dieses Thema ist nämlich der zentrale Teil jeder modernen Gesundheitspolitik – oder sollte es sein. Ich werde Ihnen sagen, warum. Die Situation ist – und das sage ich Ih­nen jetzt als einer, der seit 25 Jahren niedergelassener Arzt ist –, was Prävention an­langt, katastrophal! Sie ist, was Gesundenuntersuchung anlangt – das wäre quasi ein Schritt weiter –, nicht schlecht, aber was die Primärprävention anlangt, in Österreich katastrophal.

Jetzt kann man sagen: die Politik, die Politik! – Die Politik kann da nur helfend eingrei­fen, denn letztendlich ist es hauptsächlich ein Bildungsproblem und ein Problem der Eigenverantwortung. Wenn jemand nicht die Eigenverantwortung für seinen Körper übernimmt, nützt gar nichts!

Wir haben bei den Kindern einen dramatischen Abfall der Bewegungsaktivität. Wür­den sie pro Woche 2 000 Kilokalorien verbrennen – das entspricht zirka dreimal einer dreiviertel Stunde schnellem Gehen, Laufen oder so etwas, was ein Kind an und für sich normalerweise macht, reduzieren sie ihr Infarktrisiko um zwei Drittel. Das schafft kein Medikament der Welt! Kein Medikament der Welt schafft zwei Drittel Herzinfarktre­duzierung, und wir können nicht einem Kind mit zehn Jahren schon einen Fettstoff­wechselsenker verordnen. Das ist völlig absurd und unsinnig.

Trotzdem müssen wir feststellen, die Kinder bewegen sich nicht mehr, sie bewegen nur mehr Phantasiefiguren vor dem Computer. – Fakt eins.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 229

Fakt zwei: Noch nie waren unsere Kinder und die Erwachsenen so dick. Ich habe ge­dacht, das gibt es alles nur in Amerika, denn so viele dicke Leute, so unförmig Dicke, wie ich sie in Amerika gesehen habe, werde ich hoffentlich nie wieder erleben. Aber mittlerweile muss ich meine Meinung revidieren – mea culpa! –: Es gibt schon genü­gend dicke Leute in Österreich. (Abg. Weinzinger: Schöne moderne Zeit!)

Wenn man weiß, wie ungesund das ist, fragt man sich: Warum geschieht da nichts? – Das kann nicht der Minister verordnen! Wir können ein Bewusstsein schaffen, aber ich sage Ihnen: Mit gesunder Ernährung – Stichwort „französische Diät“ oder „Mittelmeer­diät“; das heißt Gemüse, Salat, Olivenöl; Rotwein sollen Kinder nicht trinken – können sie wiederum ihr Infarkt- und Krebsrisiko um zwei Drittel senken. Also zwei Drittel da, zwei Drittel da.

Der dritte Faktor ist das Rauchen. Wir wissen, dass 50 Prozent der 15-Jährigen rau­chen. Und dann lasse ich mir die Gesetze kommen und stelle fest, es ist in allen Lan­desgesetzen zu lesen: An Jugendliche unter 16 Jahren darf nicht verkauft werden, Ju­gendliche unter 16 dürfen nicht rauchen. Da nützt unser Gesetz mit den 18 Jahren auch nichts, sondern da sind auch die Eigenverantwortung, aber auch die Verantwor­tung und das Vorbild der Eltern gefragt.

Wenn wir in der Gesundheitspolitik weiterkommen und die Kosten auch langfristig ein­dämmen wollen, dann müssen wir dort ansetzen, wo es wirklich Sinn macht, und das ist nicht beim 80-Jährigen; dem gönne ich alles. Aber die wenigsten Kosten und den meisten Effekt werden Sie erzielen, wenn Sie Bewegungsmangel, falsche Ernährung und Rauchen schon bei den Kindern konsequent einzudämmen versuchen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Und wer das mir nicht glaubt: Der amerikanische Präsident der Internistengesellschaft hat gesagt, die „Intensivstationen“ der Zukunft werden die Fitnesscenter sein.

Noch etwas: Die Liebe geht nicht nur ... (Heiterkeit.) Die Gesundheit geht nicht nur durch den Magen, sondern die Liebe geht auch durch den Magen. (Allgemeine Heiter­keit und Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

20.36


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber zu Wort. Eingestellte Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


20.37.05

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Meine Damen und Her­ren! Herr Bundesminister! Es waren ja einige wichtige Statements, aber vielleicht eines vorneweg: Die Aktualität des Themas hat Kollege Rasinger wirklich anschaulich er­läutert. Und deshalb, Kollege Maier, muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen, weil Sie ge­meint haben, da sei irgendetwas überholt: Ein Beistrich da drinnen, okay, ein Schrift­zeichen – aber inhaltlich ist alles absolut aktuell! Das bestätigt ja der österreichische Ernährungsbericht, der übrigens auf Ihrer Homepage zu Recht ausführlich zitiert wird, Herr Bundesminister.

Herr Kollege Rasinger, die Frage, die ich Ihnen nach Ihrer richtigen Diagnose stellen würde, ist: Wieso ist es denn dahin gekommen? (Abg. Weinzinger: McDonald’s, Fast Food!) Wieso ist denn diese Entwicklung anscheinend nicht zu stoppen, wie Sie das jetzt ja auch beschrieben haben? Diese Frage wäre zu diskutieren und zu lösen, aber das, Herr Bundesminister, wurde uns im Ausschuss vonseiten der SPÖ ja nicht signali­siert. Sie haben einiges angezogen, und ich hoffe, Sie werden dazu Stellung beziehen, dass Sie auch bereit sind, hier Schritte zu setzen.

Ich bin ja nur überrascht, dass Kollege Maier, der ja ursprünglich aus der Arbeiterkam­mer kommt, nicht die Dramatik und die Notwendigkeit erkennt, denn Sie haben gesagt,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 230

Herr Kollege Maier: Wir wollen, dass die Länder irgendwas tun. Ich lese Ihnen nun die­sen Teil des Antrags vor, damit man einfach Ihr Unverständnis öffentlich macht.

Ich zitiere aus dem Antrag: „Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden ferner ersucht, in Zusammenarbeit mit den Ländern und Gemeinden ihren Einfluss da­hingehend geltend zu machen,

1. dass möglichst flächendeckend gesundes Essen an Kindergärten und Schulen an­geboten wird, ...“.

Also bitte, warum denn nicht? Da geht es ja um eine gemeinsame Anstrengung. Es kann nicht sein – und da bin ich beim Kollegen Rasinger, denn das ist richtig –, dass die Bundespolitik das alleine löst! Das kann sie nicht, aber sie muss die Rahmen vor­geben und gemeinsam mit den Ländern, den Gemeinden, mit der Bevölkerung und den Schulen die entsprechenden Maßnahmen setzen.

Aus meiner Sicht ist kein einziger inhaltlicher Punkt da drinnen, den man nicht voll un­terstützen kann, wenn man diese aktuelle Situation konkret betrachtet.

Bei dieser Gelegenheit: Es könnte ja der Saal hier voll sein, denn das ist eine Zukunfts­frage, die wir hier behandeln. Aber da gibt es Abgeordnete, die momentan offensicht­lich eher die Buffetfreuden genießen wollen, nämlich beim Ländermatch Österreich – Spanien. Ich glaube, Kollege Westenthaler hat wieder einmal vergessen, wofür er eigentlich da ist, nämlich Parlamentarier zu sein und hier die Diskussion über die Ge­sundheitspolitik zu führen. (Abg. Petzner: Die Frau Kollegin Glawischnig ist schon seit sechs Stunden nicht mehr da!) Er zieht es halt vor, das Buffet beim Ländermatch zu genießen, während hier über Gesundheitspolitik diskutiert wird. Das halte ich für keinen guten Stil – Sport ja, Bewegung auch ja. (Abg. Petzner: Wo ist Ihre Klubobfrau? Die ist schon seit sechs Stunden nicht mehr da!)

Kollege Petzner, regen Sie sich nicht auf! Sie haben einen eigenen Antrag eingebracht und Sie sollten ihn auch entsprechend argumentieren.

Wie gesagt, Herr Bundesminister: Ich bin sehr neugierig auf das, was Sie vorlegen werden, was Sie vorschlagen werden. Ich halte es auf jeden Fall für unverständlich, warum vor allem die SPÖ – aus meiner Sicht – diesen Antrag so massiv ablehnt. Es ist für mich ganz klar: Die Weltgesundheitsorganisation fordert alle Staaten auf, Maßnah­men zu setzen. Die Europäische Union in ihrem Weißbuch gegen Adipositas hat das auch klipp und klar gesagt, wir haben Handlungsbedarf, wir müssen handeln und in den nächsten vier bis fünf Jahren etwas umsetzen.

Gerade da ist das Problem, dass in den Schulen eben nicht mehr Bewegung passiert, Herr Bundesminister. Das ist zwar nicht Ihr Kernbereich, aber Sie können ja in der Bundesregierung auch dieses Thema weitertragen. Das war unsere Idee und unsere Überlegung, weil wir gemeinsam im Ausschuss festgestellt haben, dass diese Form der Gesundheitspolitik Querschnittsmaterie ist. Das wird man nicht alleine in Ihrem Ressort lösen können, aber man kann dort die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen, man kann die Strukturen so legen, dass wirklich endlich etwas in den Schu­len geändert wird.

Ich nenne Ihnen ein Beispiel. Die Möglichkeit, in den Schulkantinen von Ganztags­schulen biologisches Essen einzuführen, ist einfach ein Zukunftsmeilenstein. Da gibt es Pilotprojekte, das sollten wir gemeinsam verstärken.

Das andere ist das Werbeverbot. Wir sind fest davon überzeugt, man kann die Kinder nicht dem Markt in der Art und Weise ausgeliefert lassen, wie das jetzt läuft. Wenn man weiß, dass selbst der amerikanische Präsident bereit war, die Softdrinks großer Konzerne zu besteuern und dieses Geld für das Gesundheitssystem herzunehmen, dann hat er damit völlig recht! Und es ist völlig unklar und völlig unverständlich, warum


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 231

in Österreich – einem Land, das sich an sich rühmt, gewisse Qualitäten des Lebens­stils zu pflegen – in den Schulen natürlich Werbung für Fast Food, Werbung für Ge­tränke gemacht wird, die nicht gesundheitsfördernd sind und die erwiesenermaßen gesundheitsschädlich sind.

Herr Bundesminister, das ist die Herausforderung, auch einige Eckpunkte klarzuma­chen und in der Öffentlichkeit klar für eine Gesundheitspolitik mit Ecken und Kanten zu stehen, damit die notwendigen Diskussionen in der Gesellschaft passieren können. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Ing. Hofer.)

20.42


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Bundesminister Stöger. – Bitte.

 


20.42.37

Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Nationale Aktionsplan Ernährung braucht nicht in die Wege geleitet zu werden, er ist schon auf dem Weg. Ich erinnere daran, dass ich eine Verordnung über Transfette erlassen habe, ein Element, das Teil des Aktionspla­nes Ernährung ist. Es gilt, Möglichkeiten auszuloten, wie Verhältnisse so verändert werden können, dass die Menschen zu gesünderer Ernährung kommen können, damit die gesunde Wahl die leichtere Wahl ist. Das ist eine Herausforderung, der wir uns stellen wollen und die wir ganz konkret auch angehen. Insofern ist dieses Angebot des Unterausschusses eine durchaus spannende Form, diese Diskussion auch zu führen.

Es geht um Verhaltensänderungen von Menschen, das setzt bei der Bildung an. Das ist von mehreren Rednern und Rednerinnen angesprochen worden. Auch das ist ein Element: Wir werden aufklären. Ich habe am Wochenende, am Samstag, den Obers­ten Sanitätsrat ersucht, dazu die Grundlagen zu liefern. Der Oberste Sanitätsrat hat sich darauf geeinigt, die Ernährungspyramide in ganz Österreich gleich geartet festzu­legen. Wir haben jetzt eine wissenschaftlich fundierte Ernährungspyramide, durch die diese Widersprüche und die Verunsicherung beendet werden sollen. Das heißt, es wird ganz konkret gearbeitet.

Wir haben uns auch im Obersten Sanitätsrat mit der Frage auseinandergesetzt: Wie kommen ältere Menschen, Menschen, die in Alten- und Pflegeheimen sind, zu ihrer richtigen Ernährung? Dort gibt es den umgekehrten Fall, nämlich tatsächlich Mangel­ernährung.

Der Aktionsplan Ernährung ist ein dynamischer Plan. Wir haben prinzipiell ein Kon­zept erarbeitet. Dieses ist derzeit bei der AGES in Verfeinerung und Überarbeitung. Wir wollen diese Maßnahmen ganz massiv unterstützen und stärken.

Wir haben auch eine Auseinandersetzung in der Schulfrage zu führen. Es ist richtig, was hier angesprochen worden ist, nämlich: Welche Chancen haben Eltern, den Kin­dern die richtige Ernährung zuzugestehen, wenn in der Schule nicht entsprechende Einrichtungen vorhanden sind? Und da gibt es qualitative Schritte. Ich erinnere daran, dass einige Bundesländer, einige Städte, die kostenlose Schulverpflegung, Kindergar­tenverpflegung umsetzen. Das ist ein richtiger Schritt. Danke dafür! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir haben mit dem Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport viele gemein­same Aktivitäten gesetzt, damit Kinder und Jugendliche die Freude an der Bewegung, die Freude am Sport gelehrt wird. Das ist sehr wichtig. Wir brauchen auch den Mut, Schulbauten so zu gestalten, dass die Kinder und Jugendlichen Raum haben, um sich bewegen zu können. Aber ich habe auch dazu beigetragen, dass viele Mittel, die der Fonds Gesundes Österreich zur Verfügung hat, gerade dem Sport, gerade der Bewe­gung zugute kommen. (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 232

Abschließend: Der Nationale Aktionsplan Ernährung wird im Frühjahr 2010 zur breiten Diskussion vorliegen. Ich freue mich auf eine intensive Auseinandersetzung, damit wir auch hier zu einer Meinungsänderung, zu einer Aufklärung und damit zu einer besse­ren Gesundheit kommen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

20.46


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner hiezu ist Herr Abge­ordneter Dr. Karlsböck zu Wort gemeldet. 3 Minuten eingestellte Redezeit. – Bitte.

 


20.47.00

Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Das, was heute von meinen Vorrednern gesagt wurde, kann man vorbehaltlos in weiten Strecken unterstreichen; dem ist eigentlich nicht viel hinzuzufügen. Was Erwin Rasinger gesagt hat, auch was Sie, Herr Minister, jetzt gerade gesagt haben, das hat natürlich Hand und Fuß, aber – und da bin ich unterschiedlicher Meinung – nicht mit der Annahme, dass das irgendwie auf freiwilliger Basis, auf dem Vernunftswege passieren könnte. Ich glaube, wir brauchen Anreize und wir brauchen Führung, vor allem der jungen Leute, aber auch der im älteren Segment angesiedelten Menschen.

In Österreich ist nämlich das Paradoxon, dass es den Kassen noch immer untersagt ist, vorsorgemedizinische Maßnahmen zu finanzieren. Präventionsmedizin wird in Österreich bis heute nicht zum Gegenstand von fachlicher Ausbildung und Weiterbil­dung an den Universitäten gemacht. Das ist international anders. Ganz eindrucksvoll wurde das dadurch bewiesen, dass der Nobelpreis heuer an Forscher für Fortbildung und Weiterbildung im Fachbereich der Vorsorgeprävention vergeben worden ist.

Paradox ist weiters in unserem Land, dass es eine immer größer werdende Differenz zwischen dem gibt, was dem Arzt möglich ist und dem, was dem Arzt tatsächlich er­möglicht wird. Prävention ist keine Leistung der gesetzlichen und nur ausnahmsweise der privaten Kassen, denn sie erfüllt nicht die Kriterien einer Kostenübernahme durch die Solidargemeinschaft, die da lautet: wirtschaftlich ausreichend, notwendig und zweckmäßig.

So wundert es auch nicht, dass nationale Gesundheitsziele und ein Präventionsgesetz in Österreich geradezu ein Fremdwort sind. Der einzelne Mensch, das Individuum weiß aber ganz genau, was ihn eigentlich krank machen könnte. Ich möchte Ihnen jetzt nur zwei Beispiele nennen, wie man auch theoretisch an dieses Problem herangehen könnte. Wenn Sie sich vorstellen, dass auf der einen Seite die Zahl von Kindern und Jugendlichen mit Diabetes und Übergewicht dramatisch ansteigt, so machen Sie sich bewusst, dass in Österreich jene Betriebe die höchsten Agrarförderungen bekommen, die Zucker oder zuckerhaltige Produkte herstellen. Und auf der anderen Seite bewegen sich Kinder immer weniger. Dennoch ist aufgrund von Sparmaßnahmen die Zahl an Turnstunden in den Schulen gekürzt worden.

Man könnte jetzt hergehen und sagen, da braucht es einfach keine neuen Konzepte in irgendwelchen Gesundheitssystemen, sondern in diesem konkreten Fall braucht es nur eine Reform im Agrarsektor und im Schulsystem. Ein Gesundheitssystem, das nicht ganzheitlich funktioniert, ist krank. Und Reformen – das wissen wir alle – werden nötig sein. Es werden radikale Reformen nötig sein im Gesundheitsbereich, im Bereich der Prävention, denn sonst passiert in zehn Jahren genau das Gleiche, was jetzt passiert.

Wir werden wieder hier stehen – nicht mehr wir –, unsere Nachfolger werden hier ste­hen und werden dieselbe Thematik im Konjunktiv weiterhin diskutieren. (Beifall bei der FPÖ.)

20.49

20.50.01

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 233

Wünscht die Berichterstatterin beziehungsweise der Berichterstatter ein Schluss­wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 410 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 411 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Auch das ist mit Mehrheit angenommen.

Ich weise den Antrag 631/A(E) dem Unterrichtsausschuss zu.

20.51.18 23. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 538/A(E) der Abgeord­neten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend österreichweite Arzneimittel-Hotline für Blinde (412 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 23. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig. Eingestellte Rede­zeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


20.51.58

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! In Österreich leben laut dem Behindertenbericht rund 318 000 blinde oder stark sehbeeinträchtigte Menschen. Viele Dinge des Alltags sind für diese Menschen eine große Herausforderung, sie sind auch mit vielen Schwie­rigkeiten verbunden. Herausforderungen, die für uns alle wahrscheinlich nicht nachvoll­ziehbar sind, weil wir diese Beeinträchtigung eben nicht haben.

Wir alle sind meiner Meinung nach aufgefordert und gefordert, diese Schwierigkeiten ernst zu nehmen, uns damit auseinanderzusetzen und jenen Menschen auf dem Weg in ein selbstbestimmtes Leben zu helfen. Wir sind aber auch darauf angewiesen, dass uns immer wieder auch ExpertInnen darauf hinweisen und dass wir den Rat und die Forderungen von ExpertInnen ernst nehmen. So sind auch der ÖBSV und die Hilfsge­meinschaft der Blinden und Sehschwachen Österreichs ein starker Partner für blinde und sehschwache Menschen in Österreich. Sie setzen sich seit vielen Jahren sehr er­folgreich und sehr vehement für Verbesserungen für blinde und sehschwache Men­schen ein.

Es konnte heuer schon, auch hier im Hohen Haus, eine Verbesserung beschlossen werden, wie zum Beispiel die Brailleschrift auf der e-card ab 2010. Eine andere Ver­besserung für blinde und sehschwache Menschen ist die Durchsage der Ausstiegseite in ÖBB-Zügen; eine Kleinigkeit für sehende Menschen, für blinde Menschen aber eine kleine Maßnahme mit einer großen Auswirkung, wie ich meine.

Dieser heutige Antrag für die Umsetzung einer österreichweiten Arzneimittel-Hotline ist meiner Meinung nach ein wichtiger weiterer Beitrag für blinde und sehschwache Men­schen, da dies für die betroffenen Menschen mehr Sicherheit bei der Medikamenten-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 234

einnahme bringen wird. Es gibt ja bereits ein Pilotprojekt seit dem Jahr 2007 in Tirol, das gemeinsam mit dem ÖBSV, dem Österreichischen Apothekerverband, der Tele­kom und dem ORF umgesetzt wurde, dass eben unter dieser kostenlosen Hotlinenum­mer blinde und sehschwache Menschen Auskunft von ausgebildeten Apothekerinnen und Apothekern über wichtige Informationen in den Beipacktexten erhalten. Es wurden immer wieder auch Fragen über Wechsel- und Nebenwirkungen von Medikamenten beantwortet.

Der heutige Antrag soll dieses Pilotprojekt nunmehr österreichweit implementieren. Ich bin zuversichtlich, dass wir dieses Anliegen gemeinsam bewältigen werden, weil ich überzeugt davon bin, dass das bei Bundesminister Stöger in den besten Händen ist. (Beifall bei der SPÖ.)

20.54


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Aubauer. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.54.37

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wir sind bei einem wichtigen, mitunter lebenswichtigen Thema. Es geht um die sichere Einnahme von Medikamenten. Dabei können massive Probleme entstehen, wenn man die Gebrauchsinformation nicht lesen kann. Und mit diesen Problemen dürfen wir die Patienten nicht allein lassen. Deshalb ist eine öster­reichweite Arzneimittel-Hotline für blinde und sehschwache Menschen notwendig. Mei­ne Vorrednerin hat die Details ja schon sehr klar ausgeführt.

Werte Kolleginnen und Kollegen, ich möchte noch einen Schritt weitergehen. Wie schaut denn die Realität aus? – Mit dem Alter kann die Sehkraft nachlassen. Das be­trifft einen Großteil der etwa 2 Millionen Pensionistinnen und Pensionisten. Und wie geht es diesen Menschen? – Sie nehmen einen Beipackzettel in die Hand und verzwei­feln. Sie können die Mikroschrift nicht oder nur mit fremder Hilfe lesen. Deshalb wün­schen wir uns: Die Gebrauchsinformation auf dem Beipackzettel muss für alle lesbar werden.

Stichwort Mikroschrift und größere Buchstaben: Bis es aber so weit ist, liebe Kolle­ginnen und Kollegen, wünschen wir uns eine kostenlose Arzneimittel-Hotline rund um die Uhr für alle Patienten, die Hilfe brauchen. Das ist gar nicht so ein exotischer Wunsch, schauen wir nur in unser Nachbarland Deutschland! Dort gibt es schon so eine Art Hotline und sie funktioniert prächtig. Dort kann man 365 Tage im Jahr rund um die Uhr Fragen zur richtigen Einnahme von Medikamenten stellen. Man kann sogar fra­gen, wo die nächste diensthabende Apotheke ist und ob ein bestimmtes Medikament vorrätig ist.

Wir freuen uns über Verbesserungen für blinde und stark sehbehinderte Menschen, die wir mit dem heutigen Antrag anpeilen. Aber wir wollen auch Verbesserungen für alle Menschen, damit jeder, der ein Medikament nehmen muss, dies auch in größtmögli­cher Sicherheit tun kann. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

20.56


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Hofer. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.57.01

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es ist für einen Oppositionspolitiker schon eine große Freude, wenn es einmal gelingt, einen Antrag, den man einbringt, auch inhaltlich durchsetzen zu können. (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 235

Ich möchte darauf hinweisen, dass es sehr positiv war beziehungsweise eine positive Erfahrung für uns ist, wenn man sieht, dass die Regierungsparteien Anträge aufneh­men und dann auch bereit sind, diese umzusetzen. Ich würde mich sehr freuen, wenn das auch in Zukunft öfters der Fall wäre und gelänge. (Abg. Mag. Lapp: Kommt auf den Antrag an!) Wir werden uns sehr bemühen, durch gute Anträge das zu wieder­holen.

Meine Damen und Herren, knapp 320 000 Personen in Österreich sind davon betrof­fen, sind blind oder stark sehbehindert. Sie haben größte Probleme, wenn es darum geht, ein Medikament richtig einzunehmen, weil man einfach den Beipackzettel nicht lesen kann. Ich möchte aber ebenso darauf hinweisen, dass es auch viele Menschen gibt, die einfach nur etwas schlechter sehen und den Beipackzettel nicht lesen können, weil die Schrift so unwahrscheinlich klein ist. Diese Erfahrung haben Sie wahrschein­lich alle schon gemacht. Da wäre eine Änderung der Arzneimittel-Kennzeichnungsver­ordnung ein guter Schritt, um die Schriftgröße so zu ändern, dass ein Mensch, der viel­leicht schon ein bisschen schlechter sieht, trotzdem diesen Beipackzettel lesen kann. Das wäre ein nächster Schritt, den wir angehen könnten. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abg. Mag. Aubauer.)

Das Pilotprojekt, das in Tirol durchgeführt worden ist, war ein sehr erfolgreiches. Ich bin davon überzeugt, dass es, wenn wir dieses Projekt in ähnlicher Form österreichweit umsetzen, gar nicht so viel kosten wird, weil es beispielsweise möglich ist, die Beipack­zettel gleich auf Tonband zu sprechen und dann auch direkt für den interessierten Pa­tienten abzuspielen. All diese Möglichkeiten gibt es.

Ich möchte nicht zu lange sprechen; Sie haben die Argumente bereits vorgebracht. Es ist klar, wir brauchen diese Hotline für blinde und stark sehbehinderte Menschen.

Noch einmal meinen herzlichen Dank an alle Fraktionen hier im Hohen Haus, die die­sen Antrag auch so intensiv unterstützen. – Besten Dank. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.59


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Spadiut. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.59.16

Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Da­men und Herren! Da dieser Antrag durch einen Fünf-Parteien-Antrag konkretisiert wur­de, ist es für uns selbstverständlich, da zuzustimmen. Auch wir sehen es als unsere Pflicht an, blinde und sehbehinderte Menschen bestmöglich zu unterstützen; dazu ge­hört auch diese Hotline. Dadurch können die Menschen vor den Folgen fehlerhaft ein­genommener Medikamente bewahrt werden. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

20.59


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzte Rednerin hiezu zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Jarmer. Eingestellte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


21.00.07

Abgeordnete Mag. Helene Jarmer (Grüne) (in Übersetzung durch eine Gebärden­sprachdolmetscherin): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Ho­hes Haus! Ich halte dieses Thema heute wirklich für sehr, sehr gut. Es ist ein ganz wichtiges Thema, dass die Beipacktexte wirklich gut verstanden werden. Ich bin sehr froh, dass wir wirklich einmal alle gleicher Meinung sind, sodass wir wirklich einmal zur Tat schreiten und das auch umsetzen können. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Ich möchte jetzt noch einen Zusammenhang herstellen mit Medikamenteneinnahmen, die Schädigungen hervorrufen. Jetzt gehe ich noch weiter. Ein Beispiel für Schädigun-


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gen, die durch Medikamente hervorgerufen werden können, sind die Contergan-Ge­schädigten. Sie kennen dieses Thema. Wir haben schon im Ausschuss darüber ge­sprochen, und Sie, Herr Gesundheitsminister, haben im Ausschuss erwähnt, Sie wol­len noch in diesem Jahr diesbezüglich Maßnahmen setzen beziehungsweise Gesprä­che führen.

Wir haben in Österreich zirka 35 betroffene Menschen, die jetzt schon in der Mitte ihres Lebens und mittlerweile in einem Alter sind, in dem sie einfach zusätzliche Probleme gesundheitlicher Natur haben, zusätzliche Maßnahmen brauchen und auch zusätzliche Ausgaben haben. Das heißt, ich wünsche mir, dass wir noch in diesem Jahr für diese Personengruppe, so wie Sie gesagt haben, eine Lösung finden, die dann im nächsten Jahr umgesetzt werden kann.

Ich wünsche mir auch, dass das nicht nur ein Lippenbekenntnis ist, sondern dass es für die betroffenen Menschen auch zu einer Weihnachtsbotschaft wird. (Allgemeiner Beifall.)

21.02

21.02.20

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Die Frau Berichterstatterin wünscht kein Schlusswort.

Wir kommen zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 412 der Beilagen ange­schlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 57.)

21.03.0824. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 638/A(E) der Abgeordne­ten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verstärkung der Kontrollen gemäß „Bundesgesetz über den Transport von Tieren und damit zu­sammenhängenden Vorgängen“ und Erhöhung des Strafausmaßes für illegale Transporte (413 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen nun zum 24. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Vock. Ich stelle die Uhr auf 3 Minuten. – Bitte.

 


21.03.42

Abgeordneter Bernhard Vock (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Ich bin überzeugt davon, dass alle Abgeordneten hier im Hohen Haus gegen illegale Tiertransporte sind – nur hinsichtlich der Maßnahmen, wie wir diese verhindern oder erschweren können, sind wir nicht einer Meinung.

Ich glaube auch dem SPÖ-Tiersprecher, dass er bereit wäre, hier einen gemeinsamen Antrag einzubringen. Leider ist dieser gemeinsame Antrag – ich sage einmal, wahr­scheinlich wieder wegen der ÖVP – nicht zustande gekommen, denn ein gemeinsames Gespräch aller Tierschutzsprecher hat es leider nicht gegeben.

Was wünscht das BZÖ? – Es will höhere Strafen und eine Verstärkung der Kontrollen. Es sind ja viele Punkte, die wir grundsätzlich unterstützen, wobei ich glaube, dass hö­here Strafen nur dann sinnvoll sind, wenn es wirklich effizientere und häufigere Kon-


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trollen gibt, wenn die Kontrollorgane geschult sind, damit nicht immer der Amtstierarzt gerufen werden muss, und wenn der Rahmen für die Geldstrafen, den wir hier festset­zen, auch genützt wird. Meine Damen und Herren, jetzt haben wir schon relativ hohe Geldstrafen im Gesetz verankert, aber die Strafe beträgt tatsächlich etwa 200 €. Das ist ein kalkulierbares Risiko für einen Transporter. Bei einer relativ geringen Strafe von 200, 300 € kalkuliert er bewusst das Risiko mit ein, dass er eben einmal zufällig er­wischt wird – wir erwischen ja nicht jeden Transporter.

Auch dem zweiten Antrag, wonach verstärkte Kontrollen durchgeführt werden sollen, können wir grundsätzlich zustimmen, wenngleich ich glaube, dass nicht das Gesund­heitsministerium für die verstärkten Kontrollen zuständig wäre, sondern das Innenmi­nisterium. Das ist, wie ich meine, eine Formfrage. Aber grundsätzlich sind wir auch für die verstärkten Kontrollen.

Die Grünen wollen fünf Punkte auf die EU-Ebene verlagern, weil die Tiertransporte nicht allein ein österreichisches Problem darstellen, sondern weil das ein EU-Problem ist, vor allem die Förderungen. Sie haben in Ihrem Antrag zwei Beispiele aus dem Jahr 2008 aufgezeigt. Auf der Homepage des Vereines „Tier-WeGe“ finden sich wei­tere 28 Fälle; 2009 haben sie einen Fall aufgedeckt. Auf der Homepage des Vereins finden sich weitere 14 Fälle.

Wir Freiheitlichen danken dem Verein „Tier-WeGe“ einmal grundsätzlich für seine Ar­beit, denn nur durch das Aufzeigen dieser Fälle können wir hier im Parlament weiterar­beiten und haben somit die Grundlagen für unsere Arbeit.

Was sind die FPÖ-Forderungen? – Konsequentes Vorgehen und Strafen, vor allem das Nützen dieser Haftrahmen. Wie gesagt, es hilft uns der höchste Haftrahmen nichts, wenn dann der Mindestsatz angewendet wird.

Dann noch etwas: Die Abnahme der Fahrzeuge bei illegalen Transporten. Es gibt den § 40 Abs. 1 und 2 im Tierschutzgesetz. Wir hätten die Möglichkeiten. So etwas wird von den Behörden nicht einmal angedacht. Das wäre aber wichtig, denn wenn der Transporteur oder dessen Chauffeur zu Fuß nach Hause gehen muss, dann schaue ich mir an, ob das wiederholt wird. Das heißt, da könnten wir wirklich einsetzen, nur müssten wir dann überlegen, ob § 40 Abs. 3, wo wir dann einen Kostenersatz bei Ver­steigerungen leisten müssen, wirklich noch sinnvoll ist.

Wer in Österreich Zigaretten schmuggelt, dem werden diese Zigaretten ersatzlos weg­genommen. Warum gelten für Tiere nicht zumindest dieselben Regeln wie für Zigaret­ten? (Beifall bei der FPÖ.)

21.07


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Keck. 2 Minuten. – Bitte.

 


21.07.15

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Lieber Kollege Vock, ich kann dich beruhigen, es wird morgen ein Gespräch aller Tierschutzsprecher geben und wir werden einen Antrag präsentieren, der hoffentlich auch eure Zustim­mung finden wird und den wir dann als Fünf-Parteien-Antrag auch im Ausschuss ein­bringen können.

Meine Damen und Herren, es stimmt, was in diesem Antrag des BZÖ steht. Österreich ist ein Durchzugsland für illegale Tiertransporte. Es stimmt, es werden wahrscheinlich Tausende Hundewelpen jährlich illegal durch Österreich transportiert, und es stimmt, meine Damen und Herren, dass viele dieser Tiere während der Transporte sterben, und es stimmt, wie es hier steht, dass auf einen Schlag in der Steiermark 137 Welpen abgenommen werden konnten, sichergestellt wurden und einem Tierschutzhaus über­geben wurden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 238

Aber es nützt nichts – mein Vorredner hat es schon gesagt –, die Strafen jetzt um das Zehnfache zu erhöhen, wenn der jetzige Strafrahmen, der vorhanden ist, von den Be­zirkshauptmannschaften nicht genutzt wird. Es hilft nichts, den Strafrahmen auf 70 000 € zu erhöhen, wenn die Höchststrafe von 7 000 € noch kein einziges Mal einge­hoben wurde, und es hilft auch nichts, die Kontrolle zu verstärken, denn es ist unmög­lich, jeden Pkw auf der Südautobahn aufzuhalten und zu schauen, ob Hundewelpen im Kofferraum eines Pkw transportiert werden.

Ich glaube – da bin ich derselben Meinung wie mein Vorredner –, wirkungsvolle Maß­nahmen wären es, die Transportfahrzeuge, in denen Hundewelpen illegal transportiert werden, zu beschlagnahmen. Aber dafür ist der Gesundheitsausschuss nicht zustän­dig, darüber müsste man sich im Innenausschuss unterhalten. Wir wären gerne bereit, diese Gespräche dort weiterzuführen.

Da es sinnlos ist, den Strafrahmen zu erhöhen, wenn der jetzige nicht genutzt wird, werden wir diesem Antrag nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordne­ten der ÖVP.)

21.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Spa­diut. Ich stelle die Uhr auf 3 Minuten. – Bitte.

 


21.09.21

Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Wenn ein österreichischer Bauer sein Tier transportieren will, sei es zum Schlachthof oder zu einer Versteigerung, braucht er verschiedene Bewilligungen. Die erste braucht er, um die Tiere 15 Kilometer transportieren zu können, eine zweite Be­willigung, um weiter fahren zu können, sei es zu einem Schlachthof oder zu einer Ver­steigerung. Diese Bewilligungen sind natürlich kostenpflichtig, keine Frage. Transpor­tiert dann der Tierarzt das Tier zum Schlachthof, wird dort sein Transport von dem dort anwesenden Tierarzt auf das Genaueste kontrolliert, und das leiseste Vergehen, die geringste Übertretung wird schon mit bis zu 300 € bestraft.

Auf der anderen Seite durchqueren unzählige ausländische Tiertransporte Österreich. Die Bedingungen für diese Tiere sind katastrophal: ungenügende Wasser- und Futter­zufuhr, zu geringes Platzangebot, fürchterliche klimatische Verhältnisse. Diese Trans­porte werden ungenügend kontrolliert. Außerdem ist Österreich, wie Kollege Keck schon gesagt hat, das Durchzugsland für die Tiertransportmafia. Jährlich werden un­zählige Hundewelpen durch Österreich transportiert oder auf Autobahnparkplätzen zum Kauf angeboten. Viele dieser Tiere sterben während oder als Folge des Transpor­tes. Auch für diese Tiere sind die Transportbedingungen katastrophal.

Wie gesagt, in diesem Fall wäre angedacht, die Strafen zu erhöhen, aber auch die Tie­re dem Hundeschmuggler an Ort und Stelle wegzunehmen.

Tatsache ist aber – und das ist das Grundübel –, dass die Kontrollen der Transporte, sei es von Nutztieren oder von Hundewelpen, zu ineffektiv und ungenügend sind. Da steht eine Tierärztin mit vier Polizisten den ganzen Tag auf der Autobahn, wartet auf einen Tiertransporter, und dann kommt gerade einmal ein Tiertransporter zur Kontrolle vorbei. Das sind vergeudete Ressourcen. Es wäre viel zielführender, diese Kontrollen an den aufgelassenen Grenzübergängen durchzuführen.

Ich bringen daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Spadiut, Gerald Grosz, Kollegin und Kollegen betreffend ver­stärkte Kontrollen gemäß Tiertransportgesetz


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 239

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Gesundheit wird aufgefordert, im Rahmen des Bundesge­setzes über den Transport von Tieren und damit zusammenhängenden Vorgängen, die verstärkten Kontrollen von Tiertransporten auf Autobahnen, Nebenstraßen und kleinen Grenzübergängen sicherzustellen.“

*****

Danke. (Beifall beim BZÖ.)

21.11


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der Antrag wurde ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Spadiut, Gerald Grosz, Kollegin und Kollegen betreffend ver­stärkte Kontrollen gemäß Tiertransportgesetz

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag

Antrag der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verstärkung der Kontrollen gemäß "Bundesgesetz über den Transport von Tieren und damit zusammenhängenden Vorgängen" und Erhöhung des Strafausmaßes für illegale Transporte (638/A(E))

Eine der Auswirkungen der Öffnung der österreichischen Grenzen war, dass die Kon­trollen von Tiertransporten von den Grenzen in den grenznahen Raum verlagert wur­den. Dort führen die Polizei und die mit ihnen diensthabenden Kontrollorgane die so genannten „Schengen-Ausgleichsmaßnahmen“ durch. Das sind Schwerpunkt-Kontrol­len von Transitrouten sowie von Bahn- und Wasserwegen.

Es ist gemäß Bundesgesetz über den Transport von Tieren und damit zusammenhän­genden Vorgängen (Tiertransportgesetz TTG) Aufgabe des Bundesministers für Ge­sundheit, jährlich, nach Anhörung des Tierschutzrates, und mit Bezugnahme auf allfälli­ge Stellungnahmen des Tierschutzrates für das gesamte Bundesgebiet einen Kontroll­plan für stichprobenartige Kontrollen von Tiertransporten zu erstellen.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Gesundheit wird aufgefordert im Rahmen des Bundesgeset­zes über den Transport von Tieren und damit zusammenhängenden Vorgängen, die verstärke Kontrollen von Tiertransporten auf Autobahnen, Nebenstraßen und kleinen Grenzübergängen sicherzustellen.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Eßl. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 240

21.12.10

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine ge­schätzten Damen und Herren! Wir diskutieren den Ausschussbericht über einen Ent­schließungsantrag des BZÖ betreffend Verstärkung der Kontrollen beim Transport von Hundewelpen, die teilweise illegal transportiert werden.

Grundsätzlich dürfen wir natürlich einmal feststellen, dass es uns sehr, sehr wichtig ist, dass die Transportbedingungen, die vorgegeben sind, die ja auch im Gesetz definiert sind, eingehalten werden, dass also dem Gesetz entsprochen wird. Trotzdem sollten wir uns, glaube ich, die drei Punkte, die in diesem Antrag gefordert werden, etwas nä­her anschauen.

Und da bin ich beim ersten Punkt: Erhöhung des Strafrahmens. Jedenfalls sind Strafen im Gesetz vorzusehen und auch auszusprechen. Im geltenden Gesetz ist das ja be­reits so verankert. Aber ich glaube, dass man da doch den Schwerpunkt darauf legen muss, dass die derzeitigen Strafrahmen ausgeschöpft werden und dass letztendlich auch die Verhältnismäßigkeit entsprechend gewahrt wird.

Der zweite Punkt, wozu der Herr Bundesminister aufgefordert wird, ist, die laut Bun­desgesetz über den Transport von Tieren und den damit zusammenhängenden Vor­gängen jährlich zu erarbeitenden Kontrollpläne an die aktuellen Erfordernisse anzupas­sen. Ich bin der Meinung, dass das der Herr Bundesminister ganz sicher machen wird und wir das nicht unbedingt in Form eines Antrages machen müssen. Davon bin ich überzeugt und vertraue dem Herrn Bundesminister.

Drittens: Wenn der Herr Bundesminister aufgefordert werden soll, einlangende Meldun­gen aus den Bundesländern und dem benachbarten Ausland zeitlich aktuell an die in Österreich diensthabenden Kontrollorgane weiterzuleiten, bin ich der Meinung, dass der Vollzug natürlich Ländersache ist. Da sind vor allem diejenigen Länder gefordert, die an die Oststaaten angrenzen (Abg. Dr. Pirklhuber: Tschechien!), sei es Niederös­terreich oder hauptsächlich das Burgenland, auch die Steiermark, im Vollzug entspre­chend tätig zu sein, weil eben dieser Verkehr hauptsächlich in Richtung Oststaaten oder aus den Oststaaten erfolgt.

Wir sind der Meinung, dass wir sehr wohl Aktivitäten setzen müssen. Der Tierschutz hört allerdings nicht an den Staatsgrenzen auf. Und darum haben wir uns dazu ent­schlossen, dass wir ein umfangreiches Forderungspaket in Richtung Europäische Uni­on ausarbeiten, das wir in der nächsten Zeit besprechen und auch beschließen sollten.

Jedenfalls setzen wir uns für einen praxisbezogenen Tierschutz ein, für einen Tier­schutz, der den Tieren entgegenkommt und damit indirekt auch den Menschen in un­serem Land zugute kommt.

Der gegenständliche Entschließungsantrag ist, glaube ich, nicht geeignet beziehungs­weise wesentlich verbesserungswürdig. Und deshalb lehnen wir den Antrag des BZÖ ab und stimmen dem Ausschussbericht zu. (Beifall bei der ÖVP.)

21.15


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Mag. Brunner zu Wort. 4 Minuten. – Bitte.

 


21.15.40

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Minister! Ho­hes Haus! Als Erstes: Als Tierschutzsprecherin freue ich mich, dass es heute erstmals, seit ich hier im Hohen Haus bin, einen eigenen Tagesordnungspunkt zum Thema Tier­schutz gibt. Das war bis jetzt noch nie der Fall. Bisher mussten wir das immer irgend­wo anhängen, um Tierschutz auch thematisieren zu können. So gesehen freue ich mich, dass wir heute erstmals hier auch öffentlich über Tierschutz reden können. (Bei­fall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 241

Unsere Anträge und Initiativen wurden in den Ausschüssen ja leider immer wieder ver­tagt. Es hat ja eine Reihe von Initiativen von uns gegeben, nicht zuletzt aufgrund der Empfehlungen des Tierschutzrates. So zum Beispiel muss endlich Schluss sein mit der Enthornung von Kälbern ohne Schmerzausschaltung, das ist Tierquälerei. Es muss endlich Schluss sein mit dem Quälen von Hummern, die lebend in kochendes Wasser geworfen werden, das ist Tierquälerei. Wir brauchen endlich Kriterien für die Ausbil­dung von Hunden.

Erst kürzlich hat es wieder einen dramatischen Fall gegeben. Zum Beispiel ist auch be­sonderer Handlungsbedarf gegeben, was die Haltung von Schweinen anlangt. Genau da muss viel mehr auf artgerechte Haltung geachtet werden. Es muss endlich auch Schluss sein mit der schmerzhaften Kastration von männlichen Ferkeln. (Abg. Dona­bauer: Hören Sie auf!) – Ich weiß nicht, warum Sie sich da so aufregen, warum es da so große Problem gibt. Ich hoffe, dass Ihre Schweinehaltung in Ordnung ist.

Und da könnten wir viel, viel, viel aufzählen, wo endlich beim Tierschutz mehr getan werden muss.

Jetzt zum Thema Tiertransport, Tierschutz, Schutz von Tieren beim Transport. Wir werden beiden Anträgen des BZÖ selbstverständlich zustimmen. Wir haben auch einen eigenen. Ich verstehe die im Ausschuss gebrachte Begründung für die Verta­gung eigentlich nicht. Wir fordern, dass sich der Minister auf EU-Ebene für den Schutz von Tieren bei Transporten einsetzen soll. Die Begründung für die Vertagung war, dass das „schwer umsetzbar“ sei. Und ich frage schon, warum es so „schwer umsetzbar“ ist, sich auf EU-Ebene einfach nur für etwas einzusetzen.

Daher möchte ich hier nochmals folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zum Schutz von Tieren beim Transport

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, auf EU-Ebene dafür einzutreten, dass

1. die Transportzeit für Schlacht- und Zuchttiertransporte EU-weit auf maximal 8 Stun­den begrenzt wird

2. ausreichend Tränke- und Labestationen sowie Notversorgungsstellen für kranke oder verletzte Tiere eingerichtet werden

3. die Exportsubventionen für Lebendtierexporte ausnahmslos abgeschafft werden (auch für Zuchttiere)

4. das Kontrollsystem verbessert wird durch die Entwicklung einer EU-weit einheitli­chen technischen Ausgestaltung der Navigationssysteme

5. die Kontrolltätigkeit zu verbessern durch Einrichtung einer zentralen Datenbank, an welche die dokumentierten Daten weitergegeben werden und auf welche die zuständi­gen Behörden ständig zugreifen können.

*****

Sie können heute Farbe bekennen, vor allem, sehr geehrte Damen und Herren von den Regierungsparteien, ob Ihnen Tierschutz wirklich ein Anliegen ist oder nicht, indem Sie den Anträgen der Opposition zustimmen. Tun Sie etwas für den Tierschutz! Setzen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 242

Sie sich aber auch für die Menschen, die sich für Tierschutz einsetzen, ein, anstatt sie zu verfolgen!

Und im Übrigen bin ich der Meinung, Österreich braucht ein unabhängiges, starkes und engagiertes Umweltministerium. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

21.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zum Schutz von Tieren beim Transport

eingebracht im Zuge der Debatte über Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 638/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verstärkung der Kontrollen gemäß "Bundesgesetz über den Transport von Tieren und damit zusammenhängenden Vorgängen" und Erhöhung des Strafausma­ßes für illegale Transporte (413 d.B.)

Noch immer werden Millionen von Tieren über Tausende von Kilometern (EU-weit oder in Drittländer) gekarrt und müssen in stickigen Transportern und Schiffen unvorstellba­res Leid ertragen:

Jänner 2009: Missstände bei einem Rindertransport von Tschechien unterwegs nach Graz

Auf Initiative von TierschützerInnen haben engagierte Beamte der Verkehrsabteilung Graz einen tschechischen Rindertransporter kontrolliert und folgende Missstände fest­gestellt: Der Boden war zentimeterdick mit Kot und Urin getränkt, der links und rechts aus dem Fahrzeug rann. Einstreu war nahezu keine vorhanden. Die Tiere waren sicht­lich bereits lange Zeit vorher auf den Lkw verladen worden. Die Hälfte der Tiere konnte nicht einmal aufrecht stehen, da die Raumhöhe des hydraulisch verstellbaren Mittel­boden viel zu niedrig eingestellt war. Ein Rind hatte eine gebrochene Hüfte und konnte überhaupt nicht stehen. Das Tier vegetierte voll Schmerzen im eigenen Kot dahin, während ein anderes Rind über ihm stand. Ein weiteres Rind hatte ein gebrochenes Bein. Eine Kuh wurde von ihren Leidensgenossinnen so an die bzw. unter die Trenn­wand gedrückt, dass sie zum Teil mit den Beinen unter die viel zu hoch befestigte Trennwand gerutscht war. Mit viel Mühe gelang es dem herbei gerufenen Amtstierarzt schließlich, das Tier aus dieser "Falle" zu befreien. Die Ruhezeiten wurden vom Fahrer falsch dokumentiert und bei Weitem überschritten. Es fehlte die europäische Kenn­zeichnungspflicht von Lebend-Tiertransporten am Fahrzeug. Die teils schwer verletzten Tiere wurden zum Schlachthof Graz gebracht. Auftraggeber für diese Tierquälerei war ein österreichischer Viehhändler, der bereits im Vorjahr zwei Mal wegen schwerer Missstände aufgefallen war. In diesem Fall funktionierte die Zusammenarbeit von Tier­schutz- und Behördenseite hervorragend.

April 2008: Missstände bei einem Pferdetransporter von Polen nach Frankreich:

TierschützerInnen wurden in Höhe Fürstenfeld auf einen polnischen Pferdetransporter aufmerksam, der augenscheinlich gegen die geltenden Tiertransport-Bestimmungen verstieß. Bereits kurze Zeit nach der Verständigung erschien die Polizei. Mit 16 Pfer­den war der Lkw von Polen über Ungarn, Österreich und Italien unterwegs nach Süd­frankreich, das sind rund 2500 km bzw. mindestens 31 Stunden Fahrtzeit. Bei der Kon­trolle zeigten sich massive Tierschutz-Verstöße: Das vorgeschriebene Tränkesystem


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 243

fehlte komplett. Die vorschriftsmäßigen Pausen wurden von den Lenkern nicht einge­halten. Die Pferde waren nicht ordnungsgemäß fixiert, daher bestand enorme Verlet­zungsgefahr. Die lockeren Wände schlugen während der Fahrt auf die Schultern und Beine der Tiere. Viele Tiere waren viel zu kurz angebunden, sodass die Pferde weder ordentlich stehen noch liegen konnten.

Jänner 2008: Polnischer Kälbertransporter wurde in der Steiermark gestoppt:

Die steirische Exekutive stoppte einen Lkw auf der Südautobahn (A2) bei Gleisdorf, der lt. Amtstierärztin "gravierende Tierschutzmängel" aufwies. Die Transportdauer war be­reits um 25 Stunden überschritten. Wasser und Futter standen nur ungenügend zur Verfügung und manche Tiere konnten bei der niedrigen Raumhöhe nicht aufrecht ste­hen, so die Polizei. Der Tiertransporter aus Polen war Richtung Italien unterwegs und wurde bei Gleisdorf (Bezirk Weiz) angehalten. 133 Kälber und 28 Mastrinder waren in drei Etagen auf dem Anhängerfahrzeug eingepfercht. Bedingt durch die Raumhöhe war ein aufrechtes Stehen der größeren Tiere unmöglich. Die Tiere leckten und saug­ten an den Lkw-Wänden, weil sie sehr durstig waren. Der Wassertank war leer und es wurde kein Futter mitgeführt. Der Temperaturschreiber zeigte bis zu minus 30° Celsius gefühlte Umgebungstemperatur – bedingt durch den Fahrtwind. Deshalb waren die Lid­bindehäute der Tiere bereits gerötet und der Augenausfluss als hochgradig einzustu­fen. Ein vorgeschriebenes Alarmsystem bei Erreichen der Mindesttemperatur von null Grad war nicht vorhanden. Manche der Kälber waren durch die Strapazen nicht mehr fähig zu stehen, sie waren hochgradig geschwächt und völlig apathisch. Eines der Käl­ber war erst 13 Tage alt. Die rund 160 Kälber und Rinder wurden in der Notversor­gungsstelle Spielfeld abgeladen.

Die Liste der eklatanten Missstände könnte schier endlos fortgesetzt werden. Die von der EU-Verordnung 1/2005 über den Schutz der Tiere beim Transport vorgeschriebene Ausstattung mit Navigationssystemen ab dem 1. Jänner 2009 macht auch eine EU-weit einheitliche Vorschrift für die technische Ausgestaltung der Navigationssysteme erfor­derlich. Daneben ist es wichtig, die gesammelten Daten zugänglich zu machen. Hierfür ist die Errichtung einer zentralen Datenbank, an welche die dokumentierten Daten wei­tergegeben werden und auf welche die zuständigen Behörden zugreifen können, uner­lässlich.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, auf EU-Ebene dafür einzutreten, dass

1. die Transportzeit für Schlacht- und Zuchttiertransporte EU-weit auf maximal 8 Stun­den begrenzt wird

2. ausreichend Tränke- und Labestationen sowie Notversorgungsstellen für kranke oder verletzte Tiere eingerichtet werden

3. die Exportsubventionen für Lebendtierexporte ausnahmslos abgeschafft werden (auch für Zuchttiere)

4. das Kontrollsystem verbessert wird durch die Entwicklung einer EU-weit einheitli­chen technischen Ausgestaltung der Navigationssysteme

5. die Kontrolltätigkeit zu verbessern durch Einrichtung einer zentralen Datenbank, an welche die dokumentierten Daten weitergegeben werden und auf welche die zuständi­gen Behörden ständig zugreifen können.

*****

21.19.20

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 244

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 413 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend verstärkte Kontrollen gemäß Tier­transportgesetz.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zum Schutz von Tie­ren beim Transport.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu die Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

21.20.3925. Punkt

Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den Antrag 839/A(E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Gabriele Tamandl, Wolfgang Zanger, Sigisbert Dolinschek, Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betref­fend die Kennzeichnung von Lebensmitteln, über den

Antrag 137/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Kennzeichnungspflicht für verarbeitete Eier, über den

Antrag 698/A(E) der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Lebensmittelkennzeichnungspflicht in der Gastronomie, über den

Antrag 613/A(E) der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen betreffend eindeutige Kennzeichnung von Speiseeisersatzstoffen, über den

Antrag 614/A(E) der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen betreffend eindeutige Kennzeichnung von Kunstkäse, über den

Antrag 697/A(E) der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend eindeutige Kennzeichnung von Schinkenimitaten und über den

Antrag 718/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reform der Gütezeichenverordnung (414 d.B.)

26. Punkt

Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den Antrag 367/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen be­treffend eine konsequente Herkunftskennzeichnung bei Lebensmitteln (416 d.B.)

27. Punkt

Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den Antrag 706/A(E) der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot der Herstellung und des Verkaufs von „Schummelschinken“ (417 d.B.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 245

28. Punkt

Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den Antrag 653/A(E) der Abgeordneten Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen betreffend Überprü­fung der Vielzahl der Gütezeichen und einer Reduktion auf für Konsumenten überschaubare Güte- und Qualitätszeichen (418 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zu den Punkten 25 bis 28 der Ta­gesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Dipl.-Ing. Deimek. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


21.22.46

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Nehmen wir im November 2009 eine Familie mit Kindern und – was noch viel wichtiger ist – verantwortungsvollen Eltern. Diese Familie geht in ein Gasthaus. Sie hat dort die üblichen schönen Speisekarten, aber leider keine Information über Herkunft und Produktionsweise dessen, was sie dort konsumieren möchte.

Die Eltern gehen in ein Geschäft und wollen etwas Gutes, etwas Gesundes kaufen. Es gibt jede Menge Zeichen und Siegel – die Arbeiterkammer hat ja in einer Studie festge­stellt, wie viele es gibt; zu viele, an die hundert –, aber es ist nicht wirklich erkennbar, was wirklich gut und gesund ist. Es sind Eier in den Nahrungsmitteln enthalten, aber wie die Hühner gehalten und gefüttert wurden, ist nicht erkennbar. (Abg. Dr. Pirkl­huber: Sind Sie jetzt dafür oder dagegen?) Eine Pizza mit Schinken und Käse – ist der Käse echt oder analog, ist der Schinken echt oder geschummelt? All das ist nicht er­kennbar. Sind GVOs irgendwo verwendet worden? – Das ist nicht erkennbar.

Mit dem heute zur Debatte stehenden Antrag oder – richtigerweise so gesagt – mit dem, was auf die Entschließung folgen soll, wenn das alles umgesetzt ist, wird diese Familie etwas Ordentliches kaufen und konsumieren können. Im Gasthaus werden die Herkunft und die Produktionsweise eindeutig erkennbar sein, im Geschäft wird über die Eier, über den Schinken und über den Käse eine relativ klare Auskunft erteilt. Das ist das, was die Familie, was die Eltern auch wollen, wenn sie Produkte kaufen. (Beifall bei der FPÖ.)

Das Ganze wird natürlich im Rahmen von EU-Regeln umgesetzt. Ersparen Sie mir bit­te zu diesem Thema, zum Thema EU und deren Regelungen, jeglichen Kommentar. Mir ist bewusst, was dahinter steht, aber viel wichtiger ist die Tatsache, dass wir in die­sem Antrag auch das Thema GVOs noch einmal drinnen haben. Herr Bundesminister, Sie kennen das Ganze, wir haben da schon einmal einen Teilerfolg erreicht, und wir wollen auch da weiterarbeiten, weiterbohren, denn die EFSA, die europäische Behör­de, die dafür zuständig ist, hat nicht die Risikobewertung, wie wir sie uns vorstellen.

Ein weiterer wichtiger und positiver Punkt in diesem Entschließungsantrag ist natürlich die Kontrolle durch die Länder, denn der ganze Entschließungsantrag, die ganze Um­setzung ist nur die Hälfte wert, wenn die Bundesländer im Nachgang nicht kontrollie­ren. In diesem Sinne muss dieser Antrag unterstützt werden. – Danke. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

21.25



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 246

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Maier zu Wort. Ich stelle die Uhr auf 3 Minuten. – Bitte.

 


21.25.42

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ho­hes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mich namens meiner Fraktion bei allen Fraktionen dieses Hauses, insbesondere auch bei Kollegin Tamandl, dafür bedanken, dass wir da einen gemeinsamen Antrag einbringen konnten, der The­men beinhaltet, die wir – Kollege Pirklhuber weiß das – über Jahre hinweg diskutiert haben. Die Diskussion ist sicherlich nicht abgeschlossen, sondern muss weitergehen, aber wir haben jetzt eine gemeinsame Entschließung, auf die wir weiter aufbauen können.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe gesagt, die Diskus­sion muss weitergehen, denn es gibt eine Reihe von großen Problemen, und wenn es, mein Vorredner hat darauf verwiesen, keine Kontrolle gibt, nützen die besten Gesetze nichts. Daher bedanke ich mich recht herzlich beim Herrn Gesundheitsminister, der an­gekündigt hat, dass im Jahre 2010 der Schwerpunkt der Kontrollen im Bereich der Le­bensmittelkennzeichnung und beim Schutz vor Täuschung und Irreführung der Konsu­menten liegen wird.

Es gibt eine Vielzahl von Beispielen, wie Konsumenten geneppt werden, aktuell auf „abgespeist.de“ in Deutschland. Es gibt da einen Beitrag zu Milchmischgetränken, etwa von der Firma Monte, die dieses Produkt als einen „gesunden Drink“ mit „wertvollem Traubenzucker“, geeignet als „Zwischenmahlzeit“ anpreist. Das, was die Firma Zott da über ihr Milchmischgetränk Monte Drink behauptet, klingt toll, ist aber leider eine richtig dreiste Täuschung. In Wahrheit steckt in Monte nämlich vor allem eines: Zucker. Um­gerechnet 8 Stück Würfelzucker enthält ein Fläschchen Monte – mehr als die gleiche Menge Cola.

Oder ein anderes Beispiel, von der Verbraucherzentrale in Deutschland: In einem 500-Milliliter-Becher Fruchtmilch befinden sich beispielsweise 18 Stück Würfelzucker, jedes Stück mit 3 Gramm.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Und den Konsumenten wird vorgegaukelt, insbesondere von der Lebensmittelindustrie, dass sie gesunde Lebens­mittel zu sich nehmen. Das wird eine weitere Herausforderung für uns sein, Herr Bun­desminister, und wir hoffen, dass bei diesen Kontrollschwerpunkten genau derartige Fälle auch aufgezeigt werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit diesem Antrag geht es auch um ein ver­lässliches Gütezeichen. Die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP bekennen sich zu einem gemeinsamen Gütezeichen für besondere Qualitäten, und wir haben uns im Ausschuss darauf geeinigt, dass dieses Gütezeichen natürlich für alle relevanten Pro­dukte und Dienstleistungen gelten soll. (Beifall bei der SPÖ.)

Für mich ist es unverständlich – das sage ich sehr kritisch in Richtung Landwirtschafts­kammern –, dass in einem Papier der Landwirtschaftskammer Österreich folgender Satz enthalten ist: Die Landwirtschaftskammer Österreich lehnt daher eine Regelung ab, die dem Wildwuchs von Gütezeichen keinen Einhalt gebieten kann, und hinterfragt daher die Notwendigkeit eines neuen Gütezeichens.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Frage beantwortet das Re­gierungsübereinkommen: Wir haben uns geeinigt auf ein gemeinsames Gütezeichen. (Beifall bei der SPÖ.)

21.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Schenk zu Wort. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 247

21.29.15

Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Fünf-Parteien-Antrag betreffend Kennzeichnung von Lebens­mitteln wird von uns natürlich unterstützt und ist ein guter Schritt in die richtige Richtung.

Ich möchte mich kurz den Gütesiegeln und der Vielzahl an Gütesiegeln, die es gibt, widmen. Das Anbringen von Gütesiegeln hatte letztendlich die gleiche Funktion wie eine Verkehrsampel im Straßenverkehr: Rot steht für Gefahr, Gelb steht für Wachsam­keit und Grün steht für freie Fahrt. Die Menschen verstehen diese Signale und orientie­ren sich daran, weil diese Kennzeichnung leicht verständlich ist und man sich darauf verlassen kann.

Bei der Fahrt mit dem Einkaufswagerl kann man das Ampelsystem durch die Kenn­zeichnung in den Lebensmittelgeschäften nicht so gut nachverfolgen und kann man dem nicht so sehr trauen. Da sind die Signale nämlich nicht eindeutig, und der Konsu­ment muss wirklich genau hinschauen, um feststellen zu können, was jetzt unbedenk­lich ist und was gefährlich sein könnte.

Das liegt eben am Gütesiegel-Dschungel. Es gibt eine Vielzahl von Gütesiegeln, die Auskunft geben über Produkt, über Qualität, über Herkunft, über die negativen Auswir­kungen auf die Gesundheit der Konsumenten. Da türmt sich ein Wald von Hinweis­schildern auf. Der Konsument kann es nicht mehr nachvollziehen, und es ist wirklich schwer, sich hier zurechtzufinden.

Zusätzlich werden von den Konzernen noch unsägliche Studien zitiert, warum ein Jog­hurt angeblich die Intelligenz steigert, warum der Alterungsprozess verlangsamt wird oder warum das Hautbild verbessert wird. Diese Werbemaßnahmen mit pseudowis­senschaftlichem Anspruch sind besonders bei solchen Lebensmitteln weit verbreitet, die als wertvoller Beitrag zur Ernährung von Kleinkindern angepriesen werden. Wir ha­ben heute in der Gesundheitsdebatte ja schon einiges darüber gehört.

Bei vielen Lebensmitteln ist die Einschätzung, womit man es da zu tun hat, nicht so einfach. Wir vom BZÖ wollen eine klare Kennzeichnung, eine klare und verständliche Kennzeichnung der Richtlinien und der Gütezeichen. Solange sich die Verbraucher nur mittels aufwendiger Recherche darüber informieren können, welchen Gütesiegeln sie vertrauen können, werden diejenigen davon profitieren, die darauf aus sind, ihre Pro­dukte durch falsche oder unvollständige Informationen in ein besseres Licht zu rücken.

Nun möchte ich auch auf das rot-weiß-rote AMA-Gütesiegel zu sprechen kommen, das ja den Menschen sehr geläufig ist und das auch im Grunde nicht schlecht ist, aber da steckt der Wurm drinnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, denn: Nicht überall, wo das AMA-Gütesiegel drauf ist, ist automatisch gentechnikfrei verarbeitetes Fleisch drinnen. Das ist beim AMA-Gütesiegel nicht so. Dieser Eindruck wird hier vermittelt, er wird hier erweckt, aber da spricht auch einiges dagegen. Auch eine Umfrage von Greenpeace hat es gegeben: 62 Prozent der Österreicher meinen, dass AMA-geprüf­tes Fleisch von Tieren stammt, die nicht mit gentechnisch veränderten Futtermitteln ge­füttert worden sind. Das ist aber nicht so.

Um zum Abschluss zu kommen: Ich begrüße diesen Antrag. Wir werden diesen Antrag natürlich unterstützen. Er geht genau in die richtige Richtung und stellt für die Konsu­menten einen Schritt zu mehr Sicherheit und mehr Schutz für gute Lebensmittel dar. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

21.32


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Tamandl zu Wort. 4 Minuten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 248

21.32.32

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass wir beide von den Regierungsparteien, Kollege Maier und ich, bereits im Konsumentenschutz­ausschuss einen Fünf-Parteien-Antrag zum Thema Lebensmittelkennzeichnung ange­kündigt und angeboten haben, weil es auch vonseiten der Opposition einige Anträge zu Punkten gegeben hat, wo wir auch Handlungsbedarf gesehen haben.

Aber natürlich ist es nicht immer so, dass wir in Österreich Gesetze über Kennzeich­nungen et cetera selber machen können, sondern oftmals sind wir natürlich auch von EU-Richtlinien abhängig oder müssen ganz einfach auch schauen, was sich in der Europäischen Union hier tut.

Ich glaube, dass wir mit diesem Fünf-Parteien-Antrag jetzt wirklich die notwendigen Be­reiche abgedeckt haben, auch wo es sich um Verordnungen, beispielsweise die Ver­braucherinformationsverordnung, handelt, die ja auf europäischer Ebene abgeschlos­sen werden muss, aber selbstverständlich auch – was wir heute auch schon ein paar Mal gehört haben – die Sache mit den Gütezeichen, mit den Gütesiegeln.

Ich möchte noch einmal betonen – wir haben es im Ausschuss auch schon bespro­chen –, es gibt eben diese zwei bekanntesten Gütezeichen: das AMA-Gütezeichen und das AMA-Biozeichen.

Und, Frau Kollegin, es ist so, dass man natürlich nicht alles glauben kann, was man vielleicht irgendwo sieht. Im Ausschuss wurde auch beispielsweise die McDonald’s-Werbung angesprochen, wo die Kühe auf der Weide herumlaufen und dann eben die­ses AMA-Kennzeichen eingeblendet ist.

Also beim AMA-Biozeichen kann man ganz sicher sein, dass hier auch keine GVO-Fut­termittel verwendet werden. Und ich denke, der Konsument kann sich auch genügend über diese Kennzeichen, über die Qualitätskennzeichen informieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte mich besonders beim Kollegen Maier bedanken, weil wir diesen umfas­senden Antrag wirklich auch gemeinsam ausgearbeitet haben, aber selbstverständlich auch bei den Oppositionsparteien, die ebenfalls als Antragsteller diesen Antrag mittra­gen beziehungsweise auch hier mitstimmen werden.

Ich möchte mich aber auch explizit bei der Landwirtschaft und bei der Wirtschaft be­danken, denn ich glaube, dass es notwendig ist, wenn wir uns in Österreich über Kenn­zeichnungspflichten beispielsweise in der Gastronomie verständigen, dass die Gastro­nomie das, was sie dann auf ihrer Speisekarte kennzeichnen muss, in einem Großhan­del auch im Regal findet. Das heißt, wir können niemandem etwas auferlegen, wo der Gastronom oder wo der gewerbliche oder auch nichtgewerbliche gastronomische Be­trieb sich selbst nicht orientieren kann: Was sind da für Inhaltsstoffe enthalten? Wo kommen beispielsweise verarbeitete Eier her, kommen die aus einer Legebatterie, sind das Eier von freilaufenden Hühnern, von Bodenhaltungshennen et cetera?

Das heißt, wir müssen hier wirklich die Kirche im Dorf lassen. Wir müssen unsere gute Wirtschaft, unsere gute Gastronomie hier auch unterstützen, weil sie uns auch unter­stützt in unseren Bestrebungen zur Kennzeichnung, damit unsere Konsumentinnen und Konsumenten sicher sein können.

Selbstverständlich wünschen wir uns auch, dass wir in Zukunft auch auf einer Speise­karte feststellen können: Kommt das Rind mit einem, von mir aus, AMA-Biozeichen aus einer Region, wo auch der gastronomische Betrieb sich befindet – oder kommt es aus irgendeinem Land, wo wir nicht sagen können, wie das Tier gefüttert wird, wie das


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 249

Tier gehalten wird und welcher Herkunft das Tier überhaupt ist? (Beifall bei der ÖVP. – Bravoruf des Abg. Dr. Sonnberger.)

21.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


21.36.50

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Ja, es ist wirklich ein sehr gutes Zeichen, dass es heute hier eine gemeinsame Initiative gibt. Und Kollege Maier hat völlig recht, er hat sich in den letzten Jahren auch immer wieder intensiv für diese Dinge eingesetzt, und das ist auch dankenswert.

Kollegin Tamandl hat es ja richtig dargestellt: Diese Irreführung in der Werbung ist ein Faktum. Sie hat ein Beispiel genannt. Und das wird das Spannende sein und auch die Nagelprobe, Herr Bundesminister: An zwei, drei Dingen wird man sehen, wie es wirk­lich laufen wird. Wenn Sie bei der Kennzeichnungskontrolle im nächsten Jahr einen Schwerpunkt setzen, werden Sie draufkommen: Jawohl, Irreführung ist am Markt in dem einen oder anderen Sektor durchaus gang und gäbe.

Ich möchte auch noch einmal auf das Problem des AMA-Gütesiegels hinweisen. Kol­legin Schenk hat das zu Recht angezogen, nämlich die Frage: Was erwarten sich die Menschen?

Jetzt muss man wissen, dass die AMA sehr wohl auch in Bewegung ist – und das wäre auch ein Plädoyer an alle Seiten –: Es gibt inzwischen auch im AMA-Fleisch- und Milchbereich eine gentechnikfreie Schiene. Aber da beginnt dann schon ein bisschen die Verwirrung. Wenn es das auch gibt und daneben aber auch noch mit und ohne Gentechnik, dann wird es nicht mehr durchsichtig für den Konsumenten. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Zanger.)

Das ist ein Beispiel dafür, wie schwierig es dann ist! Und da müssen wir auch sozusa­gen den Tisch sauber machen und sagen: Okay, was ist ein staatliches – dahinter steckt nämlich das AMA-Gesetz – Zeichen? Wir haben Beschlüsse im Parlament, wir haben ein Agreement, einen Konsens in der Gesellschaft, auch in der Landwirtschaft. Da sollten wir jetzt endlich durchstarten und sagen: AMA-Gütesiegel ist selbstverständ­lich gentechnikfrei!, und uns in Europa positionieren. Das ist jetzt ein Appell, auch die­se Chance wahrzunehmen, gentechnikfreie Fütterung in diesem Sektor umzusetzen.

Herr Bundesminister, wo sind noch Dinge, die wirklich hochinteressant sind, wenn wir es schaffen, einen Schritt weiterzukommen? – Das ist etwa die Frage der Herkunft bei unverarbeiteten Produkten auf Europaebene. Also, bitte, das ist die Kernfrage für zwei Bereiche der Wirtschaft, nämlich für die Landwirtschaft im engeren Sinn, für die Le­bensmittelbranche sowieso und auch für die Entwicklungspolitik. Denn das ist ja das Dilemma: Wenn man alles, was irgendwo in irgendwelchen Verhältnissen produziert wird, in der Europäischen Union ohne Qualitätssicherung in den Verkehr bringen kann, verarbeiten kann und dann den Eindruck erwecken kann, dass es ja ohnedies in Öster­reich produziert und ohnedies ein österreichisches Lebensmittel wäre – wie wir es ja schon öfter diskutiert haben –, dann erfolgt hier ja offensichtlich Täuschung im klassi­schen Sinne.

Dieses Problem ist in Europa zu lösen, das ist auch auf Europaebene zu diskutieren, und mit diesem Antrag haben Sie die Chance und die Möglichkeit zu sagen: Okay, das österreichische Parlament sagt, ja, das ist Sache, das wollen wir mittragen!, und Sie haben mit diesem Antrag die volle Rückendeckung des Parlaments, dass Sie dieses Thema ganz offensiv in Ihrem Bereich auf Europaebene spielen. Das ist schon eine Notwendigkeit, denn Lebensmittelsicherheitspolitik lässt sich nicht mehr nur regional,


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lokal gestalten. Die Märkte sind gegeben, das sind europäische Märkte, und da sind Sie auch gefordert, hier – und ich hoffe, Sie werden es auch tun – die entsprechenden Impulse zu setzen und auch die entsprechenden Fachgremien zu befassen und auch in den Foren entsprechend für diese Dinge aufzutreten.

Ein Kollege hat die Gentechnikfrage bezüglich EFSA – Europäische Lebensmittelsi­cherheitsagentur – angesprochen. Diese Agentur ist nach wie vor eine reine Lobbyein­richtung, und das müssen wir klipp und klar so sagen. Das sollten Sie auch öffentlich so darstellen. Wir sind gefordert, die Kritik an der EFSA aufrechtzuerhalten – das ha­ben wir in den letzten Jahren gemacht, und da sollten wir nicht lockerlassen.

Gleichzeitig – und das ist wirklich ein wichtiger Punkt – bedeutet das meiner Ansicht nach auch, die Risikoforschung in Österreich im positiven Sinn zu stützen und zu stär­ken. Da sind mir einige Ansatzpunkte im Regierungsprogramm noch in den Ohren, aber passiert ist bis heute nichts. Das ist schon ein Punkt, wo ich hoffe, dass Sie auch im nächsten Jahr etwas vorlegen werden.

Und natürlich die ganze Frage der Schummelprodukte, der Imitate: Ich meine, Schum­melprodukte sind sowieso ein klassisches Problem, wenn man den Eindruck erweckt, das wäre ja eigentlich ein klassischer Käse oder das wäre ja Fleisch, und es ist eigent­lich nur minderwertig. Das im Kodex zu regeln wäre auch etwas, was auf internationa­ler Ebene erfolgen sollte – als ersten Schritt im österreichischen Lebensmittelkodex, aber der Codex Alimentarius ist ja ein internationales Regelwerk, und auch hier wäre es daher schön, wenn man weiter ginge und sagte, das muss international angeschaut werden.

Summa summarum ist das heute ein kleiner Schritt in die richtige Richtung. Entschei­dend wird sein, ob es im nächsten Jahr gelingt, hier wirklich Nägel mit Köpfen zu ma­chen. Ich hoffe, Sie werden diese Gelegenheit, die Rückenstärkung durch das Parla­ment, nutzen, und ich freue mich, dass dieser Antrag heute gemeinsam beschlossen werden kann. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

21.42


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Lipitsch gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


21.42.16

Abgeordneter Hermann Lipitsch (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Erwartung von uns als Konsumenten an die In­formation über Lebensmittel wird immer höher. Wir wollen die Herkunft, die Beschaf­fenheit, die Produktionsweise, aber auch die Nähr- und Gesundheitswerte beim Ein­kauf wissen. Gerade die Herkunft der Rohstoffe und auch deren Verarbeitung, die Fri­sche, ethische Werte, Umwelt und auch die Tierhaltung beeinflussen immer mehr Kaufentscheidungen unserer Bürger.

Alle diese Informationswünsche klar und deutlich für Konsumenten darzustellen ist eine schwierige Aufgabe, wobei die Lebensmittelkennzeichnung – das ist ja heute schon angeklungen – EU-weit harmonisiert ist; aber freiwillige Kennzeichnungsmodelle auf nationaler gesetzlicher Basis, die die erwähnten Verbraucherwünsche berücksichtigen, sind zulässig.

Es ist wichtig, ein ressortübergreifendes, umfassendes Gütezeichengesetz, das vor al­lem Lebensmittel mit einschließt, hier einzubringen. Notwendig ist es, dass das Land­wirtschaftsministerium gemeinsam mit Gesundheits-, Wirtschafts- und Sozialministe­rium über den Entwurf des Wirtschaftsministeriums, der derzeit zu diesem Gütezei­chengesetz vorliegt, diskutiert, um den Bereich der Lebensmittel in diesem Gesetz mit zu verankern.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 251

Zielrichtung muss es sein, dass für die Konsumenten beim Einkauf klar erkennbar ist, bei frischen Produkten, bei Halbfertigprodukten, aber auch bei Fertigprodukten, was darin enthalten ist, was sie in ihr Wagerl legen und was sie für ihr Geld tatsächlich be­kommen.

Es ist aber auch so, dass sich unsere Verhaltensweise verstärkt ändert und dass der Außer-Haus-Konsum steigt. Darum ist es notwendig, dass gerade im gewerblichen Be­reich, aber auch in Kantinen und besonders bei den Zustelldiensten klar und deutlich definiert wird, was der Kunde bekommt und was in diesen Produkten enthalten ist.

Ich glaube, vieles dazu ist in diesem gemeinsamen Antrag enthalten, und ich glaube, dass alle fünf Parteien damit leben können.

Wenn verständliche Informationen den Konsumenten zur Verfügung gestellt und diese kontrolliert werden, hebt dies das Vertrauen in die hohe Qualität unserer Lebens­mittelindustrie, aber auch in die hohe Qualität unserer Gastronomie. Aber ganz beson­ders hebt es die hervorragenden Produkte unserer Landwirte hervor. (Beifall bei der SPÖ.)

21.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Zanger. – Bitte.

 


21.45.02

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine Herren Bundesmi­nister! Schummelschinken, Analogkäse und was da sonst noch alles auf uns zukom­men wird – man weiß es noch nicht; vielleicht irgendwann einmal Hühnersuppe vom Plastikhendl. Schön langsam dreht es den Österreichern den Magen um. Ich habe das schon einmal gesagt, und ich bin froh und stolz, dass es eine freiheitliche Initiative be­treffend den Analogkäse im Frühjahr dieses Jahres war, die jetzt dazu geführt hat, dass wir eine Summe von Anträgen, bei denen es um die Kennzeichnung geht, in einem erledigen können. Ich bin aber überzeugt davon, dass das noch nicht das Ende ist. Man gewinnt ja den Eindruck – um ein bisschen auf die Gesundheitsdebatte von vorhin zurückzukommen –, dass es für manche Lebensmittel schon besser wäre, sie rezeptpflichtig zu machen, als sie bloß über den Handel anzubieten. (Beifall bei der FPÖ.)

Faktum ist ja: Wenn man sich die Etikette und die Zutaten anschaut, dann würde man als Verbraucher ja schon ein höherwertiges Chemiestudium benötigen, um draufzu­kommen, was da wirklich drin ist und was durch dieses Lebensmittel wirklich für eine Wirkung erzielt wird.

Ich glaube und ich bin überzeugt davon, dass wir wahrscheinlich einmal so weit kom­men werden, dass wir die Handelsketten oder die Kaufhäuser kennzeichnen müssen: Wer führt gesunde Produkte, wer führt wirklich natürliche Produkte, und wer führt sozu­sagen nur mehr essbare Ware? Ich denke, wir sollten hier wirklich unseren Bauern, un­seren Ur-Nahrungsmittelherstellern, Ur-Nahrungsmittelproduzenten die Hand reichen und sozusagen versuchen, dort vielleicht Ab-Hof-Verkäufe zu forcieren et cetera. Das ist alles besser als diese Schummelprodukte, als diese gekennzeichneten Waren, wo ich glaube, dass wir irgendwann einmal auch über das Verbot diskutieren werden müssen.

Ich bin überzeugt davon, dass wir überschwemmt werden mit Produkten, die künstli­cher nicht mehr sein könnten. Und es wäre schade um dieses schöne Land, um uns al­le eigentlich, wenn wir von solchen Dingen abhängig werden, wo uns die Industrie die Teller füllt und nicht mehr der Bauer oder der Landwirt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 252

In diesem Sinne lassen Sie mich schließen mit einem Aufruf aus Lukas, Kapitel 15, Vers 23: „Lasset uns essen und fröhlich sein!“ (Beifall bei der FPÖ.)

21.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Obernosterer gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


21.47.52

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachdem ich meinen Vorrednern zugehört habe, muss ich feststellen, dass wir eigentlich alle dasselbe wollen: eine klare Kennzeich­nung, damit der Konsument weiß, was er kauft, und damit er nicht verunsichert wird. Nur musste ich erkennen, wenn ich wieder jedem Einzelnen zugehört habe, dass jeder einen anderen Zugang dazu hat. Ich selbst möchte mich mit dem Thema der Lebens­mittelkennzeichnung in der Gastronomie beschäftigen, wozu ja auch einige Anträge darin enthalten sind. Ich sehe hier eine große Chance, gerade für die heimischen Pro­dukte, für die Produkte von unseren Bauern, für die biologischen Produkte, diesen ein­fach mehr Wert zukommen zu lassen.

In dem Antrag steht drinnen, wir sollen eine positive Kennzeichnungsregelung ausar­beiten, und ich glaube, es wird noch viel Diskussion brauchen, damit wir das alle zu­sammen auf einen Nenner bringen. Weil am Anfang Kollege Deimek gesagt hat, was sich eine Familie, die ins Gasthaus geht, dort eigentlich erwartet, darf ich anmerken: Ich bin Wirt, und ich weiß, was sich der Gast dort erwartet. Und ich kenne gewisse Speisekarten im Ausland mit einem Stern, zwei Sternen, drei Sternen und vier Sternen, und wir wissen genau, dass im Grunde genommen mit dieser Kennzeichnung das Pro­blem nicht zu lösen ist.

Ich glaube, dass es notwendig ist, nicht hundert Produkte zu kennzeichnen, die irgend­welche Stoffe drinnen haben, die nicht so gesund sind, sondern ich glaube, dass es einfach wichtig ist, gerade im Bereich der Gastronomie und der Hotellerie, jene Produk­te ganz klar zu kennzeichnen, die aus der heimischen Landwirtschaft kommen und wo nicht irgendwelche gentechnischen Mittel beigefügt sind.

Ich denke, wenn wir in die Richtung der positiven Kennzeichnung gehen, wird der Kon­sument wesentlich weniger verunsichert, sodass wir unsere heimischen Produkte und die Produkte unserer Bauern wesentlich besser oder vermehrt ins Schaufenster stellen können.

Nebenbei kennen wir auch das Problem der Bürokratie. Darüber wird immer wieder ge­redet, gerade dann, wenn es um den gewerblichen Bereich geht. Kollege Linder, der Tourismussprecher vom BZÖ – er schaut gerade im Internet nach und hört mir nicht zu (Abg. Linder: Wohl!) –, wird mir beipflichten. Ich glaube, es ist wichtig – wie wir das auch schon einige Male hier an diesem Rednerpult besprochen haben –, dass es eine Sonderlösung für die kleinen Gasthäuser und die kleinen Buschenschanken gibt, dass man diese bis zu einem gewissen Umsatz in der Freiwilligkeit lässt und überall dort, wo es praktisch in den industriellen Bereich hineingeht, mit der Verpflichtung anfängt.

Es ist jetzt nicht meine Aufgabe, hier einen fertigen Vorschlag auf den Tisch zu brin­gen, aber ich bin wirklich frohen Mutes und glaube auch fest daran, mit vielen Diskus­sionen zu einer klaren Richtlinie zu kommen, die der Wirtschaft, wie gesagt, ihre Vor­teile und dem Konsumenten seine Sicherheit bringt. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

21.51


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun ist Herr Abgeordneter Dr. Spadiut zu Wort gemeldet. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 253

21.51.22

Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! In letzter Zeit muss immer häufiger festgestellt werden, dass mit verschiedenen Lebensmitteln richtig Missbrauch getrieben wird. Durch falsche oder unzureichende Kennzeichnung ist es für den Konsumenten oft nicht mehr möglich, zu erkennen, um welche Ware es sich handelt, wie sie erzeugt wurde, aus welchem Land sie kommt. Da gibt es Analogkäse, Schummelschinken, Speiseeisersatzstoffe, importiertes Fleisch aus dem Ausland, das mit gesundheitsschädlichen Stoffen behandelt wurde, und so weiter und so fort.

Wir haben in Österreich ein sehr strenges Lebensmittelgesetz. Die einheimischen Pro­duzenten haben durch unzählige strenge Kontrollen nicht die geringste Chance, von den gesetzlichen Bestimmungen abweichende Produkte auf den Markt zu bringen. Da­her ist es unbedingt notwendig, die Konsumenten vor ausländischen Produkten zu schützen, die unzureichend und falsch gekennzeichnet sind. Ein Beispiel ist der Ana­logkäse.

All diese von der Norm abweichenden Lebensmittel sind genauestens zu kennzeich­nen, Inhaltsstoffe sind auszuweisen, die Herkunft muss eindeutig erkennbar sein.

Das im Antrag der FPÖ geforderte Verbot der Herstellung von Schummelschinken und des Verkaufs von Schummelschinken ist nicht durchführbar, da durch dieses Produkt keine Gesundheitsgefährdung besteht; daher kann man es auch nicht verbieten.

Keine Notwendigkeit sehe ich unter anderem in der Verwendung der unzähligen Güte­siegel, die es in Österreich gibt. Der Konsument kann sich aufgrund der Unübersicht­lichkeit nicht mehr zurechtfinden. Es sollte eine Reduktion der Gütesiegel und eine ge­nerelle Kennzeichnung durchgeführt werden.

Außerdem sollte man eine Änderung der Bezeichnungen ins Auge fassen. Solch ein Problem gibt es zum Beispiel beim Analogkäse. Obwohl dieser Analogkäse meilenweit vom üblichen Käse entfernt ist, führt er die Bezeichnung „Käse“, was oft zu Verwirrung führt. Es gibt ja auch keine Analogbutter, sondern das heißt „Margarine“. Wir sollten uns eine andere Bezeichnung überlegen. Vielleicht fällt ja unserem Ausschussvorsit­zenden, der sehr kreativ ist, das entsprechende Wort ein.

Meine Damen und Herren, schützen wir die Konsumenten durch genaue Kennzeich­nung unserer Produkte! (Beifall beim BZÖ.)

21.53


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Maier zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


21.53.52

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen! Werte Kollegen! Mein Vorredner hat soeben behauptet, in Öster­reich gebe es zu viele Gütesiegel. – Diese Aussage ist falsch.

Es gibt in Österreich nur zwei Gütesiegel. Was er meint, sind Wort-Bild-Marken und ähnliche Auslobungen, die zu Irreführung und Täuschung geeignet sind. (Beifall bei der SPÖ.)

21.54


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Mag. Gaßner zu Wort.

 


21.54.28

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Gleich an Jacky Maier anschließend: Deshalb ist es notwendig, endlich ein ordentliches Gütesie­gelgesetz zu bekommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 254

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte meine Ausführungen mit einem Zitat beginnen. Der Herr Landwirtschaftsminister hat dem „weekend Magazin“ gegen­über davon gesprochen, dass der Konsument seinen Part noch weiter ausbauen muss, denn er ist der stärkste Partner für den österreichischen Bauern. Er entscheidet mit sei­nem täglichen Griff ins Regal, wie die Zukunft der Landwirtschaft aussieht. – Zitatende.

Vollkommen richtig und absolut zu unterstreichen – für die Konsumenten wird es aller­dings immer schwieriger, diese richtigen Entscheidungen zu treffen!

Ich verstehe nicht ganz, warum sich der Herr Landwirtschaftsminister beziehungsweise seine Beamten aus der Arbeitsgruppe zurückziehen, die der Gesundheitsminister ein­berufen hat, um ein Gütezeichengesetz zu entwickeln. Das ist mir in diesem Zusam­menhang noch unverständlich. Es läuft darauf hinaus, dass der Herr Wirtschaftsminis­ter, der da auch dabei war, ein eigenes Gütezeichengesetz in Auftrag gibt, in dem alle möglichen Produkte beschrieben und geregelt sind, nur nicht die Lebensmittel! Also der Konsument hat auch von diesem Vorschlag nichts.

Es ist höchst an der Zeit, meine sehr geehrten Damen und Herren – und das wurde heute schon des Öfteren begrüßt –, dass es durch diesen Fünf-Parteien-Antrag endlich zu einem gemeinsamen Gütesiegelgesetz kommt, wenn wir tatsächlich erreichen wol­len, dass unsere Konsumenten wissen, was sie kaufen, denn auch durch das AMA-Gü­tesiegel wissen sie das nicht.

Ich habe zufällig ein Beispiel dafür gefunden: „Streichgenuss“ heißt dieses Produkt, feinste Butter mit Olivenöl. Es trägt das AMA-Gütesiegel, aber ich kann mir nicht vor­stellen, dass das Olivenöl aus Österreich kommt. (Abg. Hornek: Ist es ein Olivenöl mit Butter oder Butter mit Olivenöl?) Mit Olivenöl, bitte, hier (der Redner hält einen Zettel mit dem Abbild besagten Produkts in die Höhe), Frau Kollegin Schönpass sagt, es sei ausgezeichnet gut. Aber: Der Konsument meint, es wäre ein österreichisches Pro­dukt – und das ist es nur zum Teil (Zwischenrufe bei der ÖVP), und das muss draufste­hen! Es ist aber so zu verstehen, als ob das Olivenöl auch aus Österreich käme. Also auch das AMA-Gütesiegel ist verbesserungswürdig. (Beifall bei der SPÖ.)

21.57


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Jannach zu Wort. – Bitte. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP in Richtung des Abg. Mag. Gaßner. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

 


21.57.37

Abgeordneter Harald Jannach (FPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Kollege Gaßner hat vollkommen recht, die Kontrollen müssen sein, denn es geht schließlich um den Schutz der Konsumenten. Wir haben im Ausschuss darüber diskutiert, und ich darf mich an dieser Stelle noch einmal ganz herzlich bei der netten Dame von der Arbeiterkammer Wien bedanken, die dieses Konvolut über die Gütesiegel ausgearbeitet hat – großes Lob! –, das wirklich einen Überblick darüber verschafft, wie viele Gütesiegel beziehungsweise Wort-Bild-Marken, wie Kollege Maier gesagt hat, es tatsächlich gibt. Hier haben wir wirklich Handlungsbedarf.

Alle kennen wahrscheinlich das geprüfte Zeichen für Österreich, dieses rot-weiß-rote „A“ mit dem Schriftzug „Austria“ in der Mitte. Jeder einzelne Konsument geht davon aus, dass das Produkte heimischen Ursprungs sind. Wenn dieses „A“ auf einem Produkt drauf ist, dann glaubt der Konsument, das Produkt sei heimischen Ursprungs. Das ist ein „Austria Gütezeichen für Produkte und Dienstleistungen österreichischen Ursprungs“. So heißt dieses Gütezeichen, das jeder von uns kennt. Alle gehen davon aus, es handelt sich dabei um heimische Produkte, aber es ist möglich, dass ein Pro­dukt mit diesem Gütezeichen nur zu 50 Prozent aus der österreichischen Landwirt­schaft kommt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 255

Das frühere Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit hat dieses Gütezeichen be­ziehungsweise diese Wort-Bild-Marke erlassen und damit festgelegt, dass das Produkt nur zu 50 Prozent aus der heimischen Landwirtschaft kommen muss. – Es wäre an der Zeit, dass man dieses Gütezeichen einmal überarbeitet, denn das ist eine bewusste Konsumententäuschung. (Beifall bei FPÖ und Grünen.)

Weil alle hier davon gesprochen haben, dass es der Kontrollen bedarf, der Kontrollen der Gütezeichen: Ich glaube nicht, dass bei den Kontrollen der Gütezeichen, so not­wendig sie sind, viel herauskommen wird. Ich glaube, dass die meisten Firmen, die die­se Wort-Bild-Marken als Werbeschmäh verwenden, ohnehin korrekt arbeiten. Sie wer­den auch kontrolliert, und das wird auch bestätigt. Also es wird sich in diesem Bereich nicht viel ändern.

Ich kann dem Vorschlag von Gabriel Obernosterer, dass wir eine Positivkennzeichnung brauchen, sehr viel abgewinnen. Wir werden es eher schaffen, Produkte positiv zu kennzeichnen, die zu 100 Prozent österreichische Qualität aufweisen, die ausschließ­lich aus heimischer Erzeugung stammen, als diesen Wust an Gütezeichen in irgend­einer großen Form zu bekämpfen.

Unser Wunsch wäre es natürlich – deswegen haben wir ja auch einen diesbezüglichen Antrag eingebracht –, dass es quasi zu einer Rodung dieser großen Zahl an Gütezei­chen kommt. Wenn ich mir vorstelle, welche Biozeichen es in Österreich gibt – „besser Bio“, „Bio Ernte Austria“, „Bio Hofmarke“, „Bio Suisse“, „Bio Wertkost“, „Bio+ Mehr als Genuss!“, „biofisch“, „Bioforce“, „Biokreis“, „Bioland“, „Biolandwirtschaft Ennstal“ und so weiter –, dann kann ich nur sagen, da kann sich doch kein Konsument auskennen.

Der Fünf-Parteien-Antrag, der heute beschlossen wird, ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber ich ersuche Sie, Herr Gesundheitsminister, aber auch den Minister für Konsumentenschutz ganz dringend, in diesem Bereich Sicherheit für die Konsumenten zu schaffen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

22.00

22.00.47 Abstimmung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Die Berichterstatter wünschen kein Schlusswort.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über die dem schriftlichen Ausschussbe­richt 414 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen. – Das ist ein­stimmig angenommen. (E 58.)

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Konsu­mentenschutz, seinen Bericht 416 d.B. zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu die Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Konsumenten­schutz, seinen Bericht 417 d.B. zur Kenntnis zu nehmen. – Das ist mehrheitlich ange­nommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Kon­sumentenschutz, seinen Bericht 418 d.B. zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 256

22.02.0429. Punkt

Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den Antrag 231/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kenn­zeichnung von Fleisch mit dem A-Stempel (415 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 29. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Hofer. – Bitte.

 


22.02.27

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ): Frau Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Das schließt ja nahtlos an das an, was wir eben bei den vorheri­gen Tagesordnungspunkten besprochen haben. Was denkt sich ein Konsument, wenn er den A-Stempel sieht? – Er unterscheidet nicht zwischen Gütesiegeln und Wort-Bild-Marken, er denkt sich natürlich, dass diese Produkt, dass dieses Fleisch aus Öster­reich stammt. Tatsache ist aber, dass Woche für Woche tonnenweise Schweinefleisch und Rindfleisch nach Österreich gekarrt werden, oftmals unter unglaublichem Leid für die betroffenen Tiere, obwohl hier in Österreich ausreichend hoch qualitatives Fleisch von heimischen Bauern zur Verfügung steht. Der Konsument glaubt, wenn er dieses Fleisch kauft, dass er Fleisch kauft, das aus Österreich stammt. Tatsache ist, 50 Pro­zent der Wertschöpfung müssen hier in Österreich erfolgen, damit man diesen Stempel bekommt. Das heißt, das Tier muss hier in Österreich geschlachtet werden.

Meine Damen und Herren, ich glaube, wenn wir für den Tierschutz eintreten wollen, wenn wir unsere heimischen Landwirte stärken und für sie eintreten wollen, dann müs­sen wir diese Kennzeichnung tatsächlich überdenken, weil wir uns letztendlich selbst schaden, wenn wir uns auf diese Art und Weise auch selbst betrügen.

Österreich hat das große Glück, auf eine intakte Natur zurückgreifen zu können, auf Landwirte, die bereit sind, naturnah zu produzieren und dafür auch mehr Kosten in Kauf zu nehmen. Daher ist es nur recht und billig, dass es eine gerechte und klare Kennzeichnung gibt, damit die Konsumenten, die unter Umständen auch bereit sind, mehr Geld auszugeben, um die regionale Landwirtschaft zu unterstützen, durch eine klare Kennzeichnung auch klar entscheiden können, was sie kaufen.

Meine Damen und Herren, es hat vor einigen Jahren ein interessantes Sendeformat im ORF gegeben; „Made in Austria“ hat es geheißen. Ich habe das einmal in einem Aus­schuss zur Sprache gebracht, und damals hat, ich glaube, Kollege Schüssel gemeint, einen Antrag zu beschließen, in dem wir den ORF bitten, doch dieses Sendeformat wieder aufzunehmen, sei nicht zulässig, weil sich die Politik nicht in den ORF ein­mengt. (Rufe bei der FPÖ: Seit wann denn?) – Das kann man jetzt beurteilen, wie man will, ich glaube trotzdem, dass wir gut beraten sind – sofern es eine Einflussmöglichkeit auf den ORF geben sollte, was von mancherlei Seite behauptet wird –, doch zu versu­chen, ein derartiges oder ähnliches Sendeformat wieder ins Leben zu rufen. (Beifall bei der FPÖ.)

22.05


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Hell zu Wort. – Bitte.

 


22.05.11

Abgeordneter Johann Hell (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Da­men und Herren! Gleich vorweg: Wir lehnen diesen heute zur Beschlussfassung vorlie-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 257

genden Antrag ab, denn dieser ist inhaltlich falsch. Grundsätzlich aber sage ich: Mit gu­ten Anträgen der Oppositionsparteien beschäftigen wir uns gerne. Diesen Antrag aber müssen wir ablehnen, und ich möchte das mit einigen Sätzen begründen.

Den österreichischen Konsumentinnen und Konsumenten ist die Herkunft ihrer Le­bensmittel ganz wichtig. Nationale und regionale Produkte werden eindeutig bevorzugt. Was die Konsumentinnen und Konsumenten tatsächlich wollen und sie mit Lebensmit­teln aus Österreich verbinden, liegt in einer aktuellen Studie vor, die im Auftrag des so­genannten Lebensmittelministeriums durchgeführt worden ist.

Produkte aus Österreich werden hinsichtlich Produktion, Verarbeitung und Qualität ge­fühlsmäßig als sicher wahrgenommen. Weiters besagt diese Studie, dass die Österrei­cherinnen und Österreicher klare Kennzeichnungen wollen, und – was auch herausge­kommen ist – die Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher kennt darüber hi­naus das AMA Gütesiegel und verbindet damit österreichische Herkunft und öster­reichische Qualität.

Das Verwirrende für die KonsumentInnen ist derzeit die Vielzahl der Zeichen und Sie­gel in der Lebensmittelkennzeichnung, wie ja schon in der vorhergehenden Diskussion dargelegt worden ist.

In Österreich werden oftmals Genusstauglichkeitskennzeichnungen, die Gütesiegel und die rund 200 Marken verwechselt und inhaltlich vermischt. Der A-Stempel wird als Kontrollzeichen im Zusammenhang mit einer Genusstauglichkeitsbescheinigung durch den Veterinär im Schlachthof angebracht, ist jedoch kein Element der Lebensmittel­kennzeichnung, sondern ist ein Kontrollzeichen im Rahmen der Qualitätskontrolle von Fleisch.

Der erwähnte Stempel ist also eine Genusstauglichkeitsbescheinigung des Tierarztes im jeweiligen Schlachthof – und im Fall von Problemen lässt sich rückverfolgen, wel­cher Schlachthof und welcher Tierarzt ein bestimmtes Fleisch als genusstauglich frei­gegeben hat. War dies in einem österreichischen Schlachthof, beginnt der Code im Genusstauglichkeitszeichen mit A, gefolgt von der Zulassungsnummer des Schlacht­hofes.

Rechtssystematisch ist dieser Antrag weder machbar noch sinnvoll, ein Genusstaug­lichkeitszeichen zu einer Herkunftsangabe zu machen.

Meine Damen und Herren, aus dem A-Stempel ein Element der Lebensmittelkenn­zeichnung zu machen, ist nicht sinnvoll. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

22.08


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Spa­diut. – Bitte.

 


22.08.16

Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Voraus­schicken möchte ich: Es ist unbedingt notwendig, sicherzustellen, dass nur Fleisch von Rindern, die in Österreich aufgewachsen sind und in Österreich gefüttert wurden, als Fleisch aus Österreich gekennzeichnet werden darf.

Dem Kollegen Hell möchte ich sagen, sein ganzes Echauffieren über den A-Stempel war sinnlos, denn dieser A-Stempel wird mit Jahresende aufgelassen. (Beifall bei Ab­geordneten des BZÖ.) Diesen A-Stempel gibt es dann nicht mehr; mit Jahresende wird er ersatzlos gestrichen. Dann gibt es nur mehr den ovalen EU-Stempel, und auf die­sem steht die Nummer der Schlachtstätte und die Nummer des Fleischuntersuchungs­organs. Dadurch ist natürlich für Kontrollorgane leicht nachzuvollziehen, woher das Fleisch kommt; nicht nachvollziehbar ist das jedoch für den Konsumenten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 258

Wir werden trotzdem dem Antrag des Kollegen Hofer zustimmen, aber nicht wegen des A-Stempels, sondern weil es unbedingt notwendig ist, ein Kennzeichen zu schaffen, das die Bezeichnung Herkunft aus Österreich sicherstellt. (Beifall beim BZÖ.)

22.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Höl­lerer. – Bitte.

 


22.10.00

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werter Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Ein bisschen Verwirrung herrscht heute auch hier über die­sen Genusstauglichkeitsstempel, der ein ovaler EU-Stempel ist – da hat mein Vorred­ner recht – und der nicht nur auf Fleisch, Fleischwaren und Fleischprodukten zu finden ist, sondern auch auf Milch und Milchprodukten. Jetzt habe ich mir extra ein Lebens­mittel geholt, um es hier zu zeigen, und habe das Zeichen grün markiert; normaler­weise ist es nur in Schwarz-Weiß gehalten. Es ist so ein kleines Ding. (Die Rednerin hält eine Käsepackung in die Höhe und deutet auf ein darauf abgebildetes Symbol.)

Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, dass das dazu beiträgt, die Menschen so sehr zu verunsichern und zu verwirren, weil auf allen Produkten viele Zeichen mehr zu finden sind als dieses kleine Ding da hinten drauf! Daher denke ich, dass hier sehr viel hinein­interpretiert wird, was einfach nicht da ist. Es ist wirklich nur ein Zeichen, das die Hy­gienestandards garantiert, die bei der Verarbeitung und der Produktion dieses Produk­tes gegeben waren und die einfach garantieren, dass es zum Verzehr geeignet ist. Mehr steckt wirklich nicht dahinter! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich denke manchmal, dass die Konsumentinnen und Konsumenten viel besser orien­tiert sind, wenn es um Lebensmittel geht, dass sie sich auch auskennen und zumindest bei manchen Gütesiegeln wirklich wissen, worum es geht. Dazu zählt natürlich das AMA Gütesiegel, dieses hat einen hohen Bekanntheitsgrad. Auch wenn heute schon gesagt wurde, dass so viel hineininterpretiert wird, was nicht vorhanden ist: Es ist ge­nau deklariert, was es auszusagen hat!

Wenn ich an das AMA Gütesiegel denke – 95 Prozent der Österreicherinnen und Ös­terreicher kennen es, und 63 Prozent der ÖsterreicherInnen kennen das AMA-Biozei­chen –, dann steht dahinter, dass die wertbestimmenden Rohstoffe aus Österreich stammen müssen und auch die Be- und Verarbeitung im Inland stattzufinden hat. Das ist das AMA Gütesiegel. Wertbestimmende Rohstoffe, das heißt selbstverständlich, dass Gewürze oder andere Bestandteile dieses Lebensmittels, die darin in geringem Maße verarbeitet sind, aus anderen Ländern stammen dürfen. – Das zu dem, weil vor­hin angesprochen wurde, dass es Butter mit Olivenöl gibt. Wenn der wertbestimmende Rohstoff aus Österreich stammt, dann kann dieses Produkt sehr wohl das AMA Güte­siegel tragen. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist ein gut kontrolliertes Gütesiegel! Es sind viele unabhängige Prüfstellen damit be­fasst, auch ständig Kontrolle walten zu lassen. Es können die Österreicherinnen und Österreicher mit großem Vertrauen auf diese Produkte zugreifen, weil sie dann auch wissen, dass sie tatsächlich österreichische Produkte kaufen. Es steht eben Österreich drauf, das ist für jeden ganz klar ersichtlich.

Wenn ich jetzt noch einmal ganz kurz über das AMA Gütesiegel reden darf: Seit 15 Jahren gibt es das, seit 15 Jahren vertrauen die Österreicher darauf. 540 Lizenz­nehmer, 1 300 Betriebsstätten im landwirtschaftlichen Bereich und 10 000 Verträge mit LandwirtInnen gibt es im Rahmen des AMA Gütesiegels. Dieses AMA-Zeichen ist mitt­lerweile auf 3 000 Artikeln zu finden. Das heißt, es ist wirklich weitest verbreitet, und selbstverständlich wissen die Konsumentinnen und Konsumenten, was sie kaufen, wenn sie ein Produkt kaufen, auf dem dieses Gütesiegel drauf ist.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 259

Daher lautet mein Appell, dass nach dem Auslaufen der Gütezeichenverordnung mit Ende 2009 und mit dem Wissen, dass neue Regelungen geschaffen werden müssen, auf jeden Fall auch dieses AMA Gütesiegel eine Rolle zu spielen hat. Es darf auf kei­nen Fall dazu kommen, dass es für die Österreicherinnen und Österreicher nicht mehr auf den Produkten zu finden ist: AMA Gütesiegel, AMA-Biozeichen. Selbstverständlich, Herr Abgeordneter Pirklhuber, ist da noch einiges auszubauen; das ist durchaus mög­lich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.13



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 260

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


22.13.53

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Es geht an sich um das Genusstauglichkeitszeichen, Sie haben das ohnehin ganz korrekt dargestellt. Es ist nur so: Im Fleischbereich ist es in der Praxis eher ein Betrugstauglichkeitszeichen. (Ruf bei der ÖVP: Wieso?) – Weil es zum Irrtum führt, einfach in der Kommunikation, und da sehen Sie, wie es praktisch läuft: Sobald ein Schlachtstempel drauf ist, ist es halb be­wusst, sage ich, und dann auch vorsätzlich ganz einfach ein österreichisches Produkt. Es ist ohnehin in Österreich geschlachtet, in einem österreichischen Schlachthof.

Ich sage Ihnen – und das steht im neuen Grünen Bericht –, 62 000 Rinder sind im Jahr 2008 importiert worden (Abg. Grillitsch: Und wie viele exportiert?), 62 000 Schlachtrinder, und das ist erst seit 2005 so stark gestiegen. 2005 waren es fünf bis sechs Rinder, in wenigen Jahren ist es zu einer echten Importschwemme von Schlachtrindern gekommen. (Abg. Grillitsch: Kollege Pirklhuber, wie viele werden ex­portiert?)

Es wird in österreichischen Schlachtbetrieben geschlachtet, bekommt in Zukunft ein Genusstauglichkeitszeichen, und dann stellt sich anscheinend die Frage: Was ist das jetzt? (Abg. Riepl: Wo kommen die her?) – Aus Tschechien und so weiter, also quer durch, hauptsächlich Tschechien. (Abg. Grillitsch: Und wie viel wird exportiert? – Ruf bei der ÖVP: Und wie werden sie verkauft?) – Schauen Sie, Kollege Grillitsch, es geht jetzt nicht darum, wie viel exportiert wird. Es geht im ersten Schritt nur darum: Birgt das Quellen von Missverständnissen? (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Im Milchbereich wür­de ich das eher ausschließen, da gebe ich Kollegin Höllerer recht; im Fleischbereich ist es anders.

Daher glaube ich, das sollten wir seriös diskutieren und es uns auch nächstes Jahr bei der Frage der Lebensmittelkennzeichnungskontrolle anschauen. Bei der – unter Anfüh­rungszeichen – „Routinekontrolle“ und beim Check gemäß Lebensmittelkennzeich­nungsverordnung sollten wir einmal genauer hinschauen (Abg. Grillitsch: Das Verhält­nis ist eins zu sechs, Kollege Pirklhuber!), ob nicht Hersteller genau auf diese Weise ausländisches Rindfleisch zu hoch qualitativem österreichischen Spezialrindfleisch ma­chen, nämlich in der Auslobung. Das ist dann Irreführung, und darum geht es. Gerade die Fleischbranche hat immer wieder gezeigt, dass sie zu allem fähig ist. Das wissen wir aus verschiedensten Skandalen, nicht nur in Österreich, sondern in ganz Europa.

Das ist also auch der Punkt, und diesbezüglich hat Kollege Hofer völlig recht: Das hätte man natürlich auch schon beim vorangegangenen Tagesordnungspunkt mitdiskutieren können. Aber ich finde es durchaus richtig, diesen Aspekt der Fleischkennzeichnung einmal besonders hervorzuheben.

Insofern werden wir dem vorliegenden Antrag und dieser Strategie weiter unser Augen­merk entsprechend widmen. (Abg. Grillitsch: Dann stimmt zu!) Wir hoffen, Herr Bun­desminister, dass Sie sich auch diesen Bereich ganz genau anschauen werden. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

22.16


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Vock gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


22.16.32

Abgeordneter Bernhard Vock (FPÖ): Frau Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Wo Österreich draufsteht, da sollte wirklich auch nur Österreich drinnen sein, ob das jetzt eine Wortmarke, eine Bildmarke oder eine Qualitätskennzeichnung ist. Zum Beispiel überall, wo „Österreich“ oder „Austria“ draufsteht – für mich ist es unverständlich, dass dieses Wort nicht geschützt ist! Warum kann sich eine Zeitung einfach „ÖSTERREICH“ nennen? – Die Worte „Österreich“ und „Austria“ müssen einfach geschützt sein für die Leute, die Qualität aus Österreich haben.

Der Handel macht es sich einfach, er sagt: Da gibt es das AMA Gütesiegel, das ist ein gewisses Qualitätskennzeichen; da gibt es diverse andere Gütezeichen und Qualitäts­kennzeichnungen. (Abg. Hornek: Aber nicht „Freiheitliche Partei“!) Er macht das letz­ten Endes, und das sehe ich auch positiv. Warum gibt es so viele Gütezeichen und Gü­tesiegel? – Nur weil der Konsument darauf achtet, weil er ja dementsprechend kauft. Das heißt, der Konsument geht hier davon aus, dass die Tiere in Österreich aufge­wachsen sind, dass das österreichische Tierschutzgesetz eingehalten wurde und dass die Tiere natürlich auch hier in Österreich geschlachtet wurden.

Aber wahr ist letzten Endes nur der letzte Punkt: Es ist in Österreich geschlachtet wor­den. Das zeigt auch der Grüne Bericht; ich habe das schon im Mai 2009 anlässlich des Grünen Berichts aufgezeigt. Der Import von Rindern ist von 1999 bis 2007, in acht Jah­ren, vervierfacht worden, der Import von Schweinen von 1999 bis 2007 verneunfacht. Der Export von Rindfleisch beträgt plus 20 Prozent, und der Export von Schweine­fleisch ist sogar vervierzigfacht worden.

Da muss man sagen, das ist dann nicht nur ein Betrug am österreichischen Konsu­menten, sondern wir betrügen mit diesem Gütezeichen letzten Endes auch den auslän­dischen Konsumenten. Er kauft österreichische Qualität, und das ist es dann gar nicht! Der Verdacht liegt nahe, dass diese Tiere nur in Österreich geschlachtet werden, um dieses Gütesiegel, das Österreich-Gütesiegel, zu bekommen.

Es darf der österreichische Konsument nicht getäuscht werden, und auch nicht der ausländische Konsument. Wo Österreich draufsteht, da muss auch Österreich drinnen sein! (Beifall bei der FPÖ.)

22.18

22.18.20

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Konsumenten­schutz, seinen Bericht 415 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

22.19.13 30. Punkt

Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den Antrag 723/A(E) der Abgeordneten Gabriele Tamandl, Mag. Johann Maier, Sigisbert Dolinschek, Wolf­gang Zanger, Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot der Benutzung von UV-Bestrahlungsgeräten durch Kinder und Jugendliche in Sola­rien (Sonnenstudios) (468 d.B.)

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 261

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 30. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. 3 Minuten gewünschte Re­dezeit. – Bitte.

 


22.19.46

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Herren Bundesmi­nister! Meine Damen und Herren! So einfach Sonnentanken auf Knopfdruck ist, so ge­fährlich ist es auch. Daher ist es gut, dass wir heute europäischen Beispielen folgen – etwa Deutschland, Italien und Frankreich – und auch in Österreich die Benutzung von Anlagen zur Bestrahlung der Haut mit künstlicher UV-Strahlung für Kinder und Jugend­liche verbieten.

Es gibt eine Reihe von internationalen Untersuchungen in medizinischen Richtungen, in technischen Richtungen, die zu eindeutigen und denselben Ergebnissen kommen und allesamt die Gefährlichkeit dieser technischen Geräte bestätigen. Eine Untersu­chung in Großbritannien zeigt, dass Melanome die häufigste Krebsart bei Frauen im Al­ter zwischen 20 und 30 Jahren sind, und es ist auch interessant, dass sich der Anstieg der Krebserkrankungen proportional zum Solarienbesuch desselben Personenkreises verhält. Es kommt in den Untersuchungen auch zum Ausdruck, dass unter 30-jährige Benutzer von Solarien ein um 75 Prozent höheres Krebsrisiko habe.

Auch der Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Dermatologie, Professor Pe­hamberger, berichtet, dass in Österreich jährlich etwa 2 000 Personen am Schwarzen Hautkrebs erkranken und dass es 300 bis 400 Todesfälle im Jahr gibt, sowie auch, dass der Weiße Hautkrebs die häufigste Krebsform bei uns ist, mit einer jährlichen Steigerungsrate von 7 bis 10 Prozent.

Die UV-Strahlen sind, ob es natürliche oder künstliche Strahlen sind, allesamt schäd­lich für die menschliche Haut, und sie wirken in mehrfacher Hinsicht. Sie wirken direkt durch Hautschäden, durch Verbrennungen der Haut, und sie wirken in der Form, dass sie das Immunsystem schwächen und dass damit auch der körpereigene Krebsschutz geschwächt wird.

Messungen an verschiedensten Gerätschaften im Ausland und bei uns bestätigen, dass bei fast allen Geräten die Strahlenstärke zu hoch ist, dass sie bei einer großen Zahl wesentlich zu hoch ist und dass die Gerätschaften fast alle im Sonnenbrand aus­lösenden Bereich arbeiten.

Der Antrag wird also, wie erwähnt, ein Verbot für Kinder und Jugendliche zum Aus­druck bringen. Es wird laut diesem Antrag auch die Evaluierung der Schutzvorschriften vorgesehen sein. Daraus wird sich die Möglichkeit ergeben, auch Fehlmeinungen auf­zuklären, wie etwa die, dass es Sinn macht, vor Antritt eines Urlaubes ein Solarium zu benutzen; dies führt aber nur dazu, dass die Haut einer zusätzlichen Strahlendosis ausgesetzt wird. Oder es wird dem Solarium eine Prävention gegen depressive Ver­stimmungen zugeschrieben; auch dafür gibt es aus pharmakologischer Sicht keine Be­stätigung. (Ruf bei der SPÖ: Zeit!)

Es ist aber trotzdem sinnvoll, auch subjektive Gefühle ernst zu nehmen, um mögliche und auch wirksame Alternativen aufzuzeigen, die es zweifellos durch Sport, medizi­nisch durch Medikamente oder auf pflanzlicher Basis gibt (Beifall des Abg. Riepl), Al­ternativen, die unschädlich sind und die ins Bewusstsein der Menschen zu bringen sind. Der heutige Beschluss wird uns die Möglichkeit dazu geben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.24



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 262

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Höllerer gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


22.24.16

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Auf Knopfdruck ein Sonnenbad zu nehmen, das gehört für manche zum wöchentlichen Fit­nessprogramm. (Abg. Krainer: Petzner ist ...!) Man muss sich aber immer bewusst sein, dass dieser Gang ins Solarium auch mit Nebenwirkungen verbunden sein kann, insbesondere dann, wenn man zu viele Minuten auf der Sonnenbank verbringt und wenn man sich auch der natürlichen Sonnenstrahlung aussetzt. (Oh-Rufe in Richtung des gerade den Saal betretenden Abg. Petzner.)

Alles zusammen kann sich natürlich das Risiko, an Hautkrebs zu erkranken, wesentlich erhöhen. Insbesondere bei jungen Menschen besteht die Gefahr, dass sie, wenn sie UV-Strahlung im Übermaß konsumieren, im späteren Leben eine Tumorerkrankung bekommen können.

Es gibt Menschen, die im Freien ihrer Arbeit nachgehen und dort ihren Arbeitsplatz ha­ben, dazu gehören auch die Bäuerinnen und Bauern. Diese Menschen sind dann auch einer besonderen UV-Strahlung ausgesetzt. Das war der Sozialversicherungsanstalt der Bauern eine Studie wert, die sie zusammen mit dem Studienleiter, Universitätspro­fessor Dr. Harald Maier von der Universitätsklinik für Dermatologie in Wien, gemacht hat, eine Studie betreffend UV-Belastung und UV-induzierte Gesundheitsschäden in der bäuerlichen Bevölkerung Österreichs.

Diese Studie hat besonders interessante Ergebnisse gebracht. Es waren 386 Bauern und Bäuerinnen im Alter von 35 bis 50 Jahren, die einer Kontrollgruppe von 107 Büro­angestellten gegenübergestellt wurden. Dabei wurde festgestellt, dass die Haut der Landwirtschaftsgruppe gegenüber jener der Kontrollgruppe vorgealtert ist, dass Gefäß­erweiterungen und Pigmentverschiebungen aufgetreten sind, die insbesondere an den sonnenexponierten Bereichen festgestellt wurden, wie etwa an den Handrücken, im Nackenbereich und am Kopf, und dass die Landwirtinnen und Landwirte auch mehr ak­tinische Augenschäden zu verzeichnen hatten.

Aber besonders auffallend war – und das war eigentlich gegen jedwede Erwartung –, dass zwischen der Landwirtschaftsgruppe und der Kontrollgruppe keine signifikanten Unterschiede bei der Häufigkeit von lichtinduzierten Hauttumoren bestehen. Es wurden allerdings auch alle Probanden bezüglich ihres Lebensstils befragt, und da wurde fest­gehalten, dass Bäuerinnen und Bauern weniger häufig in Solarien gehen, dass sie den Urlaub nicht im Süden verbringen, dass sie weniger Sport im Freien ausüben und dass sie bei der Arbeit auch ihren Körperstamm schützen, wohingegen die Innenarbeiter in der Freizeit ihren Körper bewusst der Sonne aussetzen, sodass auch sonnenbedingte Hautveränderungen am Körper der Probanden der Kontrollgruppe festgestellt wurden.

Das heißt, man merkt sehr klar, dass Sonneneinstrahlung in Zusammenwirkung mit dem Gebrauch von Solarien deutliche Auswirkungen hinterlässt und dass bei den Men­schen, die ständig in der Sonne arbeiten, und bei jenen, die ihre Tätigkeit im Innenbe­reich ausüben, kaum Unterschiede bestehen, wenn sie sich ungeschützt den Sonnen­strahlen und zusätzlich noch den UV-Strahlen in Solarien aussetzen.

Gerade Kinder und Jugendliche, die sich in der Freizeit im Freien aufhalten und manchmal auch ungeschützt dort tätig sind, können in dieser Zeit ein Vielfaches der Sonnenbrand erzeugenden UV-Dosis abbekommen. Wenn dazu noch eine unsachge­mäße UV-Belastung im Solarium entsteht, dann ist natürlich eine entsprechende Be­troffenheit da.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 263

In diesem Sinne unterstützen wir diesen Antrag und werden wir selbstverständlich auch künftig darauf achten, dass sorgsam mit Sonne und Solarium umgegangen wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Dei­mek zu Wort. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim: Wer geht denn am meisten ins Solarium?)

 


22.28.16

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Der vorliegende Antrag hat zwei Punkte, die wichtig und interessant sind. Das Erste ist einmal das mit den Warn- und Schutzvorschriften. No na, ohne Spielregel, ohne Warnung vor gefährlichen Zuständen geht es nun einmal nicht! – Das ist das eine.

Der zweite Punkt – und das ist der wesentlich interessantere – ist, dass wir für unsere Kinder und Jugendlichen den Einsatz oder das Verwenden dieser Anlagen verbieten. Jetzt habe ich schon gehört: Na ja, ist man da nicht ein bisschen überregulativ? Wollen wir das? Wollen wir alles verbieten?

Wir verbieten den Kindern einmal das Rauchen bis zu einem gewissen Alter. Wir ver­bieten ihnen genauso das Trinken, weil das für die gesunde Entwicklung der Kinder einfach notwendig ist. Warum sollen wir jetzt, wenn wir genau wissen, was für medizini­sche Auswirkungen, welche pathologischen Auswirkungen das hat, es den Kindern er­lauben? – Es wäre sinnlos, und wenn wir heute unseren Job hier herinnen, unsere Auf­gabe als Gesetzgeber ernst nehmen, dann müssen wir unsere Kinder komplett und umfassend sichern. Das bedingt auch den Schutz in diesen Solarien beziehungsweise vor den Anlagen und Strahlen. (Abg. Dr. Matznetter: Aber wer schützt denn jetzt Petz­ner?)

Wie die Schäden bei Erwachsenen, die wir natürlich nicht umfassend schützen, ausse­hen, das kann man in der Natur betrachten; Herr Kollege Matznetter geht ja direkt dar­auf ein. Ich möchte mich aber auf die Kinder konzentrieren, und in diesem Sinne ist das ein guter Antrag, den wir auch unterstützen wollen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

22.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun kommt Frau Abgeordnete Schenk zu Wort. – Bitte.

 


22.30.06

Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrtes Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben heute schon viel über diesen gemeinsa­men Antrag gehört, den wir auch mittragen. (Abg. Riepl: Wo ist Westenthaler?) Wir werden ihn deshalb mittragen, weil er Jugendliche schützt, weil er Kinder und Jugendli­che schützt und es eben einschlägige Studien gibt, wonach es zu gesundheitlichen Problemen kommen kann. Länder wie Deutschland, Frankreich, Spanien, Portugal und Teile von Italien haben schon ähnliche Maßnahmen umgesetzt und sind Vorreiter. Ös­terreich zieht mit diesem Antrag nach.

In Deutschland ist das Verbot für Jugendliche bis 18 seit August dieses Jahres gültig. Für mich stellt sich die Frage, wo man jetzt vom Alter her die Grenze einzieht. Man darf in Österreich mit 16 rauchen, man darf mit Einschränkungen Alkohol trinken, man darf mit 16 Jahren wählen. Vielleicht sollte man beim Solarienverbot auch diese Altersgren­ze heranziehen. (Beifall beim BZÖ.)

Davon abgesehen müssen wir aber selbstverständlich auch dafür Sorge tragen, dass die bestehenden Bestimmungen, was die Stärke der verwendeten UV-Röhren angeht,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 264

eingehalten werden und dass die Solarienbetreiber entsprechende Aufklärung über die gesundheitlichen Risiken betreiben.

Was mich verwundert – und das habe ich auch schon im Ausschuss vorgebracht –, ist eine Broschüre der Wirtschaftskammer Wien, die das Benutzen des Solariums mit Ju­gendlichen und für Jugendliche bewirbt. (Die Rednerin hält besagte Broschüre in die Höhe.) Das steht im totalen Gegensatz zu den Studien, die vorliegen und eindeutige gesundheitliche Schädigungen nachweisen. Ich hätte gerne eine Erklärung vielleicht auch im Zuge der Debatte hier, wie es zu dieser Broschüre gekommen ist und wie das gerechtfertigt wird.

Grundsätzlich ist zu sagen, dass Verbote allein nicht das Allheilmittel sind und das Risi­kobewusstsein nicht schärfen. Wir sind jedoch für diesen Antrag im Interesse der Ju­gendlichen, im Interesse der Gesundheit unserer Jugendlichen. – Ich danke für ihre Aufmerksamkeit. (Beifall beim BZÖ.)

22.32


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Mag. Schatz zu Wort. – Bitte.

 


22.32.39

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Her­ren! Herr Abgeordneter Kaipel hat die Hintergründe für diesen Antrag sehr umfangreich dargestellt. Es geht im Kern dieses Antrags um den schädlichen Einfluss von UV-Strahlen auf die menschliche Haut, wobei zu betonen ist, dass eben künstliche UV-Strahlen noch einmal wesentlich stärker negativ wirken.

Leider wird dieses gesundheitliche Risiko von einer Vielzahl von Menschen deutlich unterschätzt. Faktum ist jedoch, dass die internationale Krebsforschungsagentur, die zur WHO gehört, in diesem Sommer definitiv bekanntgegeben hat, dass der regelmäßi­ge Besuch von Solarien mit einer Krebsrisikostufe 1 als klar krebserregend zu deklarie­ren ist. Ich möchte betonen, dass Studien weiters ergeben haben, dass ein besonders hohes Risiko für Menschen unter 35 Jahren zu verzeichnen ist. Das Risiko ist um 75 Prozent höher. Es ist deshalb besonders notwendig, junge Menschen vor UV-Strah­lung in Solarien zu schützen, weil offensichtlich bewusstseinsbildende Maßnahmen, die in den letzten Jahren sehr intensiv stattgefunden haben, nichts nützen.

Klar ist aber auch – und ich möchte damit an die Ausführungen der Kollegin anschlie­ßen –, dass ein Verbot des Solariumbesuchs für Kinder und Jugendliche nicht der Weisheit letzter Schluss ist. Man kann nicht auf der einen Seite Kinder und Jugendliche mit Verboten belegen, auf der anderen Seite aber ignorieren, dass ein sehr hohes Risi­ko für alle Solariumsbenutzerinnen und -benutzer besteht.

Meine Schlussfolgerung ist jedoch eine andere: Ich denke, dieses Verbot ist ein erster Schritt, man muss aber mittelfristig durchaus ähnliche Maßnahmen auch für Erwachse­ne andenken. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

22.34


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Steier. – Bitte.

 


22.34.36

Abgeordneter Gerhard Steier (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Kein Zugang für Kinder und Jugendliche!, so könnte es bald in Solarien und Sonnenstudios für junge Menschen bis 18 Jahre heißen. Eine einstimmig von allen Parteien beschlos­sene Initiative fordert dies ein. Nun ist der Wirtschaftsminister am Zug, die entspre­chenden gesetzlichen Regelungen zu schaffen. Warum das Solarienverbot gerade für diese Altersgruppe gelten soll, wurde von meinen Vorrednerinnen schon begründet.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 265

Tatsache ist, dass UV-Strahlen für junge Haut besonders schädlich sind. Je mehr Son­ne Kinder und Jugendliche abbekommen, desto höher ist das Risiko, dass sie als Er­wachsene Hautkrebs bekommen. Laut deutscher Krebshilfe bekommt ein Mensch bis zum 18. Lebensjahr bereits 80 Prozent der UV-Strahlung des gesamten Lebens ab. Untersuchungen zufolge steigt das Krebsrisiko um 75 Prozent, wenn Menschen vor dem 30. Geburtstag mit der Nutzung von Solarien beginnen, denn die Haut vergisst nicht und unsichtbar angelegte Schäden können noch 30 Jahre später Hautkrebs aus­lösen.

Die Beliebtheit von Solarien gerade bei jungen Menschen liegt an den gängigen Schönheitsidealen. Gebräunte Haut steht in unserer Kultur für gesund, aktiv, leistungs­fähig und urlaubsverwöhnt. Natürlich sind die Risiken von zu viel Sonnenbestrahlung, egal ob natürlichen oder künstlichen Ursprungs, bekannt, aber Gefahren werden ein­fach verdrängt.

Hautärzte sagen, dass bei 50 Sonnenbädern im Jahr das Limit für die Haut von Mittel­europäern erreicht ist – egal, ob die Sonne vom Himmel oder aus der Röhre kommt. Das muss die Botschaft sein, die verstärkt an den Mann und die Frau zu bringen ist – egal, ob an Jugendliche, die Bräune einfach cool finden, oder an Erwachsene, die oft in Hochrisikobereichen der Strahlung brutzeln.

Das Solarienverbot für Jugendliche unter 18 Jahren wird nur dann das richtige Mittel sein, wenn die Umsetzung entsprechend kontrolliert wird und wenn eine flächende­ckende Aufklärung in der Schule dazu beiträgt, Risikobewusstsein zu entwickeln, näm­lich dass häufige Sonnenbäder in Solarien, beim Skifahren oder im Urlaub ebenso un­ser Hautkonto belasten wie akute Verbrennungen bei einem Sonnenbrand. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

22.37


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Faul gelangt nun zu Wort. 3 Minuten. – Bitte.

 


22.37.20

Abgeordneter Christian Faul (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich in aller Kürze über diese Einstimmig­keit heute, wiewohl ich mich sehr wundere, dass auch das BZÖ heute geschlossen mit­stimmt. Euer ganzes Image, das Kracher- und Macherimage kommt ja zu großen Tei­len aus der Retorte, aus dem Solarium. Trotzdem ist offenbar auch Einsicht vorhanden.

Ich stelle mir immer vor, wie Stefan Petzner aussehen würde mit meiner natürlichen Herbstblässe, Gruftblässe. Das wäre nicht gar so gescheit für dich!

Herr Bundesminister, ich möchte auf der einen Seite grundsätzlich zur Verordnung, auf der anderen Seite auch zur Exekutierbarkeit Stellung nehmen. Man sollte bei solchen Dingen immer schauen, wie wir das über die Rampe bringen. Kollege Deimek von der FPÖ hat das angesprochen. Weil sich Frau Schatz so aufgeregt hat über die Werbung, die die Handelskammer macht, ist zu fragen: In wie vielen anderen Fällen haben wir nicht Werbung für Süßigkeiten, für Cola, für Zackzackzack, und wir können sie auch nicht abwehren, obwohl wir in Wirklichkeit wissen, dass es unseren Kindern schadet?!

Ich habe ein ganz besonderes Problem mit Anlassgesetzgebung. Es werden beispiels­weise Laptops beworben, obwohl wir wissen, wie viele heute computersüchtig, inter­netsüchtig sind. Heute wird das Mobiltelefon so beworben und bereits den jüngsten Ju­gendlichen in die Hand gedrückt, obwohl wir wissen, wie schädlich das ist.

Ich denke noch zurück, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, wie wir wegen einem einzigen Jagdunfall diskutiert haben, dass wir die Jagd mehr kontrollieren müssen. Bei einem einzigen Pistolenmord haben wir gesagt, dass alle Waffen abgeschafft werden


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 266

müssen. Mich hat nur gewundert, dass wir nach dem Überfall, nach der Messerattacke in Hietzing nicht die Brotmesser verboten haben.

Jetzt noch etwas Ernstes zum Schluss, meine sehr verehrten Damen und Herren: Beim Alkohol verstehe ich alles. (Ironische Heiterkeit bei Abgeordneten von BZÖ und ÖVP.) Wenn man weiß, wie viele Jugendliche und auch Erwachsene heute durch Sui­zid den Tod finden, viel mehr als durch Autounfälle, weiß ich nicht, ob es eine geeigne­te Sofortmaßnahme wäre, wenn man alle Brücken mit „Springen verboten!“ beschildern würde. Über diese Dinge sollte man auch einmal nachdenken, wenn es um Psyche und Hygiene der Menschen geht. (Beifall bei der SPÖ.)

22.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Petzner gelangt nun zu Wort. Redezeit: 2 Minuten. – Bitte. (Beifall beim BZÖ. – Ironische Heiterkeit bei ande­ren Fraktionen.)

 


22.40.03

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Roman Rafreider hat gesagt, ich sei der berühmteste bekennende Solariumbesucher Öster­reichs. In dem Sinne darf ich mich auch zu diesem Tagesordnungspunkt zu Wort melden.

Ich glaube, dass es einerseits wichtig ist, zu sagen, warum auch das BZÖ diesem An­trag zustimmt. (Abg. Riepl: Westenthaler ist nicht da!) Das liegt daran, dass wir vor al­lem die Jugend schützen wollen, aber zugleich ist uns das Prinzip der Verantwortung des Einzelnen, der Freiheit des Einzelnen sehr, sehr wichtig – lesen Sie unsere Grund­satzpositionen! –, und wir wollen beides in Einklang bringen.

Daher sagen wir auch Ja zu einem Verbot von Solarien für Kinder und Jugendliche, wie im Antrag steht. Ich möchte das ein bisserl präzisieren und würde vorschlagen, bis zu einem Alter von 16 Jahren, vor dem Hintergrund, dass man mit 16 Jahren wählen und rauchen und mit 14 Jahren schon sexuelle Kontakte haben darf. Warum dann nicht auch ab 16 Jahren ein Solarium besuchen? Das wäre unsere konkrete Anregung in diesem Bereich. Ab 16 ist es dann frei, ob man ins Solarium gehen will oder nicht.

Ich selbst bin der lebende Beweis dafür, dass Solarium auch gesund sein kann. Ich darf hier auch einige Vorteile des Solariums nennen. (Heiterkeit und Beifall beim BZÖ. – Abg. Hornek: Die Nebenwirkungen sind auch wichtig!)

Das Solarium führt dazu, dass ein verstärkter Vitamin D-Ausstoß erfolgt. Das Solarium wirkt gerade in der kalten Jahreszeit stimmungsaufhellend. Und wenn ich Herrn Minis­ter Hundstorfer so ansehe und seine Augenringe, dann sage ich schon: Ihm würde der eine oder andere Solariumbesuch auch nicht schaden, wenn er schon SPÖ-Chef wer­den will.

Auch die Frau Präsidentin Prammer könnte vielleicht ein Solarium besuchen; ich kann da auch gerne Beratungsgespräche anbieten. Ich muss dazu auch festhalten, dass es bei den Solarien darum geht – wenn ich die Beratung vielleicht gleich konkret machen darf –, dass man schauen muss, um welche Geräte es sich handelt. Es gibt bessere und schlechtere, die beste Firma, die das anbietet, ist die Firma Ergoline. Sehr emp­fehlenswert! (Heiterkeit.)

Der zweite Punkt ist, dass man schauen muss, welcher Hauttyp man ist. Es gibt vier verschieden Hauttypen, die auch unterschiedlich empfindlich auf Solarien reagieren.

Der dritte Punkt ist, dass immer auch entscheidend ist, wie lange man ins Sonnen­studio geht beziehungsweise – vierter Punkt –, wie oft man ins Sonnenstudio geht. (Abg. Riepl: Sie bleiben drei Stunden!) 30 bis 50 Sitzungen pro Jahr sind empfehlens­wert. Das halte ich hier fest für alle, die vielleicht Interesse haben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 267

Für uns stehen, wie gesagt, der Schutz der Kinder, der Schutz der Jugendlichen, aber zugleich auch die Freiheit des Einzelnen im Mittelpunkt. Die ist uns sehr wichtig. Ich bin auch der Beweis dafür und halte dazu fest: Jeder muss sich in seiner eigenen Haut im wahrsten Sinne des Wortes wohlfühlen. Das gilt auch für mich. Ich stehe dazu, dass ich gerne ins Solarium gehe, weil es mir gefällt, und dass ich vor dem Hintergrund auch das Gesundheitsrisiko in Kauf nehme. Das ist so ähnlich wie beim Rauchen. Es gibt hunderttausende Raucher – Herr Pendl ist auch Pfeifenraucher –, und alle wissen, dass das ungesund ist. Trotzdem gibt es viele Raucher. So ist es auch beim Solarium.

Vielleicht nehme ich auch einmal Herrn Cap mit, um das abschließend zu sagen, denn der könnte auch die eine oder andere Solariumssitzung gebrauchen. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

22.43

22.43.20

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bislang wusste ich nicht, dass das Plenum des Nationalrates bereits auch für Werbeveranstaltungen genützt wird. (Heiterkeit.)

Zu Wort ist zu Tagesordnungspunkt 30 niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 468 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 59.)

22.44.0731. Punkt

Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den Antrag 582/A(E) der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend allum­fassendes Konsumentenschutzpaket (469 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 31. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dolinschek. Ich stelle die Uhr auf 3 Minu­ten. – Bitte. (Abg. Steibl – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Do­linschek –: Gehen Sie auch ins Solarium? – Abg. Dolinschek: Zwischendurch, ja!)

 


22.44.31

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Präsidentin! Ich mache jetzt auch Werbung, aber in eigener Sache, und zwar für dieses allumfassende Konsumenten­schutzpaket, das im Ausschuss von allen Fraktionen abgelehnt worden ist, weil Teile davon schon in andere Anträge mit eingeflossen sind. Nichtsdestotrotz ist es so, dass unser Paket, praktisch die Verankerung des Konsumentenschutzes im Justizressort, eine Weitergabe der Preissenkungen von Energiepreisen für Strom, Öl oder auch Zins­senkungen an die Konsumenten, die Kontrolle von Verkauf und Bewerbung von Fi­nanzprodukten und eine transparente Stromrechnung vorsieht. Letzteres ist sozusagen schon im Fünf-Parteien-Antrag der Vergangenheit eingeflossen.

Wir wissen aber auch, dass die Strompreise für den Konsumenten im Vorjahr um 5 Prozent gestiegen sind, während sie auf dem internationalen Markt um 8 Prozent ge­fallen sind. Das hat also praktisch bisher noch keine Wirkung gehabt. Deswegen ist auch nach diesem Fünf-Parteien-Antrag, den wir eingebracht haben, auch noch eini­ges zu tun.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 268

Die Verschrottungsprämie, die bereits im Juli ausgeschöpft war und nur die ersten 30 000 Fahrzeuge betroffen hat, ist natürlich Vergangenheit. Profitiert von dem Ganzen haben eigentlich die Autohändler und nicht die Konsumenten. Das muss man einmal dazu sagen.

Anderen Dingen wie Bankgebühren – jetzt gibt es eine Bank in Tirol, die sogar Banko­matgebühren verrechnen will – muss man schon einen Riegel vorschieben. (Beifall beim BZÖ.)

Ich bezweifle, ob man das in diesem Bereich überhaupt generell verbieten kann, aber man sollte zumindest die Gestaltung dahin bringen, dass nicht noch jemand auf die Idee kommt, in einem Selbstbedienungsladen eine Regalgebühr einzuführen, dass al­so, wenn Sie etwas aus dem Regal herausnehmen, dafür auch noch eine Gebühr ver­langt wird, oder bei einer Tankstelle, wo Sie mit Bankomatkarte zahlen, eine Tankge­bühr verlangt wird. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

So weit darf es wohl nicht kommen. Hier muss man im Interesse des Konsumenten handeln, um so etwas hintanzuhalten. Deswegen ist es für mich wichtig, dass man in diesem Bereich ganz einfach Transparenz schafft, einheitliche Kennzeichnungen von Finanzprodukten verlangt, um diese vergleichbar zu machen, aus denen die Art des Produktes hervorgeht – Sparbuch, Anleihe, Aktie, Lebensversicherung oder sonstige Finanzprodukte –, die Laufzeit, die Ausstiegsmöglichkeiten und die Übertragbarkeit. Dasselbe muss natürlich auch für Versicherungen gelten, wo bisher auch keine Trans­parenz vorhanden ist. Da ist noch einiges zu tun.

Der Konsumentenschutz ist eine Querschnittsmaterie. Ich glaube, dass dieser Bereich wesentlich besser im Justizministerium aufgehoben wäre, weil dann gewisse Sanktio­nen schneller vonstatten gehen könnten.

Außerdem ist zu überprüfen, ob im Bankenbereich die Gebühren für die gesetzlich vor­geschriebenen Jahreskontomitteilungen oder für Zinsänderungsverständigungen rechtskonform sind. (Beifall beim BZÖ.)

22.47


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Spindelberger. – Bitte.

 


22.48.01

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Lieber Kollege Dolinschek, mir wäre es recht, wenn ihr einmal wüsstet, wohin ihr überhaupt wollt. Bei euch ist es einmal so und einmal so. Diese Bemerkung kann ich mir nicht ersparen. Wie du ganz genau weißt, waren die Konsumentenschutzagenden unter Schwarz-Blau von 2000 bis 2003 im Bundesministerium für Justiz angesiedelt. Ihr selbst wart es ja eigentlich, die damals dafür plädiert haben, dass das in den Konsumentenschutzbereich unter Sozialminister Herbert Haupt gekommen ist.

Verwunderlich ist für mich auch, dass gerade Abgeordneter Dolinschek als damals für den Konsumentenschutz zuständiger Staatssekretär im Sozialministerium den Vor­schlag unterbreitet, wo er ja selbst die Möglichkeit gehabt hätte, zu sagen, dass das dort gar nicht hineinpasst.

Da kenne ich mich überhaupt nicht mehr aus. Ich bin gegen diesen Wechsel, ich sage das auch ganz offen, weil ich auch aufgrund des Querschnittscharakters der Materie felsenfest davon überzeugt bin, dass die Agenden des Konsumentenschutzes bei So­zialminister Hundstorfer und seinem Team im Sozialministerium in besten Händen sind. Da können sich die Konsumenten auch darauf verlassen, dass etwas weitergeht. (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 269

Ihr vom BZÖ habt da überhaupt Kraut und Rüben in den einen Antrag hineinverpackt, so zum Beispiel, wie Abgeordneter Dolinschek selbst gesagt hat, die Sicherstellung der Preissenkungen bei Strom und Gas. Das alles ist drinnen, bis hin zu den Zinssenkun­gen, aber auch die umfassende Kontrolle des Verkaufs von Finanzprodukten. Das ist ja ganz, ganz wichtig – gerade wenn ich mir das im Zusammenhang der Beratungsunter­nehmen rund um den AWD anschaue.

Um auf diesen Punkt auch einzugehen, möchte ich schon anmerken, dass an die 2 500 Kunden von AWD, des unabhängigen Finanzoptimierers, wie er sich nennt, durch dubiose Anlageempfehlungen 65 Millionen € verloren haben, denn deren Berater haben auch auf Sicherheit bedachten Kunden Aktien verkauft, die entsprechenden Ri­siken eindeutig verschwiegen oder Aktien sogar als besonders sicher dargestellt. Der Verdacht liegt daher nahe, dass die Berater, wenn sie schon nicht bewusst Fehlinfor­mationen weitergegeben haben – was man ja nicht unterstellen will –, schlichtweg schlecht ausgebildet waren und über wenig bis gar keine fachlichen Kenntnisse verfügt haben, weshalb der Verein für Konsumenteninformationen im Auftrag des Bundesmi­nisters eine Sammelklage in die Wege geleitet hat, die heute – weil du gesagt hast, es ist noch nicht soweit – vor dem Handelsgericht in Wien zugelassen wurde.

Das allein ist sicherlich zu wenig – da brauchen wir uns auch nichts vorzumachen –, deswegen haben wir im Dezember des Vorjahres einen Fünfparteienantrag verab­schiedet, in dem wir die Bundesregierung ersucht haben, uns hier im Hohen Haus einen Gesetzesvorschlag mit dem Inhalt einer umfassenden Reform der Anlagebera­tungsberufe vorzulegen. Mittlerweile hat das Finanzministerium, aber auch das Wirt­schaftsministerium einen Vorhabensbericht an das Parlament verfasst, aber eine um­fassende Reform ist das bei weitem noch nicht.

Da ich aber immer wieder den Eindruck vermittelt bekomme, dass manche, um nicht zu sagen viele, die im Finanzbereich tätig sind, so tun, als ob die Krise überhaupt nicht existieren würde, und gleich weiterwursteln wie in der Vergangenheit, fordere ich die zuständigen Ministerien wirklich eindringlichst auf, rasch den eingeforderten Gesetzes­vorschlag vorzulegen, um den Konsumentinnen und Konsumenten endlich mehr Si­cherheit zu geben. (Beifall bei der SPÖ.)

22.51


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Rädler. – Bitte.

 


22.51.46

Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Ab­geordneter Dolinschek, ehemaliger Staatssekretär, zuständig für Konsumentenschutz, hat anscheinend ein verfrühtes Weihnachtspaket da auf den Tisch gestellt, und irgend­jemand muss es geöffnet haben, denn das meiste ist schon weg, erledigt, zum Beispiel die Verschrottungsprämie, ein Thema, das bereits im Juli erledigt werden konnte, posi­tiv für viele, die zu einem neuen Auto gekommen sind, positiv für die Wirtschaft. Alle anderen Punkte, die hier angesprochen werden, werden übertroffen von dem einen Punkt, nämlich, den Konsumentenschutz jetzt im Justizministerium anzusiedeln.

Dolinschek selbst hat gesagt, das ist eine Querschnittsmaterie, und wir wissen aus der Erfahrung des Ausschusses, das sämtliche betroffene Minister in der Agenda sich im­mer wieder im Ausschuss zur Verfügung gestellt haben, ob das der Gesundheitsminis­ter war, ob das die Frau Justizminister war, ob das alle anderen Vertreter zu den be­troffenen Agenden waren. Wir haben miteinander nach Lösungen gesucht, haben posi­tive Ansätze gefunden und haben sie auch umgesetzt. Ich verstehe es also überhaupt nicht, warum es jetzt eine Änderung Richtung Justizministerium geben soll.

Zur Transparenz der Energieabrechnung: Da dürfte etwas entgangen sein. Hier gibt es bereits eine Initiative, die wir auch in den letzten Wochen und Monaten im Konsumen-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 270

tenschutzausschuss behandelt haben. Es war sogar im Regierungsabkommen drin­nen, dass wir uns dafür verwenden werden, und wir haben uns verwendet. Es ist uns gelungen, von 135 Anbietern eine Musterabrechnung, die im Jahr 2010 präsentiert wird, zu verwirklichen.

Dasselbe gilt für die Senkung der Energiepreise. – Wo ist der Kollege Dolinschek? Er ist jetzt gegangen. Er könnte ja in Kärnten einmal nachfragen! – Es sind die Energie­versorger, die hier gefragt sind. Da ist er ja! Er soll sich ein Beispiel an Niederöster­reich nehmen. Der Energieversorger EVN hat die Gaspreise im heurigen Jahr gesenkt.

Also ein Weihnachtspaket, das zu spät angekommen ist, das jemand anderer geöffnet hat, und ich frage mich, warum wir das überhaupt diskutieren. (Beifall bei der ÖVP.)

22.54


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Dei­mek. – Bitte.

 


22.54.21

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Dieser Antrag, um den es jetzt geht, ist ein allumfassender; das sagt der Name schon. Es ist alles Mögliche drinnen verpackt, nicht nur Kraut und Rüben, sinnvolle und weniger sinnvolle Punkte, und ich möchte jetzt im Einzelnen auf einige davon eingehen.

Zum Punkt Verankerung der Konsumentenschutzagenden im Justizministerium zur besseren Durchsetzbarkeit: Als solches, glaube ich, ist das nicht so der Punkt, wenn man sagt, Konsumentenschutz ist eine Querschnittsmaterie. – Ja, es sind Sa­chen vom Sozialministerium, vom Landwirtschaftsministerium drinnen, das Gros ist na­türlich aus dem Bereich des Justizministeriums. Um es legistisch zu vereinfachen, ja, aber zur Durchsetzbarkeit sage ich eigentlich nein.

Zum Punkt Sicherstellung: Dass der Konsument im vollen Umfang von der Verschrot­tungsprämie profitiert, das Thema ist eigentlich gegessen, da könnte man in dem An­trag darüber hinwegsehen.

Die Sicherstellung, dass Preissenkungen bei Strom, Gas und Öl ebenso wie die Zins­senkungen an die Konsumenten weitergegeben werden, werden wir irgendwie nicht zusammenbringen, denn wir können nicht so weit in die Firmen hineingreifen, dass wir deren Kosten, deren Produktion, deren Kostengestaltung und Preisgestaltung direkt beeinflussen können. Wir sind einmal in der freien Marktwirtschaft.

Es gibt eben gewisse Dinge, die wir als Gesetzgeber nicht verändern können, nicht be­einflussen können. Wir können einen gewissen Rahmen vorgeben, aber nicht alles. Dass wir natürlich eine transparente und konsumentenfreundliche Tarifgestaltung wol­len, ist klar, aber bitte, was Strom und Gas betrifft, die EVUs, die Versorger haben wir eigentlich in den Ländern ohnehin in unseren Händen.

Zur umfassenden Kontrolle des Verkaufs von Finanzprodukten durch AWD und ähnli­che Firmen: Na ja, wir haben AWD jetzt eigentlich schon einmal die Ausbildung drauf­gedrückt. Gewisse Produkte werden sie nicht verkaufen können.

In Summe ist dieser Antrag, auch wenn noch so dagegen argumentiert wird ... (Abg. Haubner: Das ist eine Verständnisfrage!) Ja, es ist eine Verständnisfrage. Er ist her­vorragend aus der Sicht des BZÖ, wir aber sagen: Dieses Sammelsurium hat es sich nicht verdient, angenommen zu werden, und wir werden auch dagegen stimmen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

22.56


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Schatz. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 271

22.56.46

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser Antrag vom BZÖ enthält Forderungen sehr unterschiedlicher Art, eben zum einen etwa eine transparente konsumentenfreundliche Tarifgestaltung bei Strom und Gas, wo bereits erwähnt wurde, dass dieses Anliegen positiv erledigt ist. Es gibt aber auch Punkte in diesem Antrag, die wir sehr unterstützen, nämlich die Sicherstellung, dass Preissenkungen bei Strom, Gas und Öl sowie Zinssenkungen direkt an die Kon­sumenten weitergegeben werden müssen. Anders als der Abgeordnete Rädler sehe ich das keinesfalls bereits garantiert, aber vollkommen anders als der Abgeordnete Deimek halte ich es sehr wohl für möglich, hier entsprechende Regelungen vorzuneh­men. (Beifall bei den Grünen.)

Also dieser Punkt passt für uns, aber dann ist da diese Sache mit der Verschrottungs­prämie. Ich habe es bereits im Ausschuss gesagt: Abgesehen davon, dass diese Ak­tion bereits abgelaufen ist, ist die Verschrottungsprämie, die als Konjunkturförderungs­maßnahme gedacht war, für uns Grüne natürlich aus umweltpolitischen Gründen ein vollkommener Fauxpas. Also das ist ein ganz wesentlicher Punkt, warum wir diesen Antrag ablehnen müssen.

Lassen Sie mich noch kurz auf den Punkt mit AWD eingehen. Dazu möchte ich sagen, dass es einen Entschließungsantrag vom Dezember 2008 zu diesem Thema gibt und mittlerweile, sozusagen als Folge dieses Entschließungsantrages, ein Bericht des Fi­nanzministeriums und des Wirtschaftsministeriums an den Finanzausschuss ergangen ist, worin konkrete Maßnahmen vorgeschlagen worden sind.

Ich finde allerdings, es wäre dringend notwendig, dass es nicht bei diesem Vorschlag bleibt, sondern dass endlich auch die im Entschließungsantrag geforderte Gesetzes­vorlage erfolgt. Das heißt, ich hoffe, dass wir hier sehr bald einen Schritt weiterkom­men, denn es ist notwendig, dass ähnliche persönliche finanzielle Katastrophen, wie sie durch AWD passiert sind, künftig verhindert werden. Aber ich glaube, dass es nicht genügt, dass wir nur bei der Beratung und bei den Beratern ansetzen, sondern ich den­ke, es ist dringend notwendig, dass wir den Konsumenten und Konsumentinnen, den Anlegerinnen und Anlegern selbst die Möglichkeit geben, ihre Entscheidungen zu tref­fen, wenn es um die Auswahl des richtigen Finanzproduktes geht.

Ich denke deshalb, dass es notwendig ist, dass wir so etwas wie ein Gütezeichen oder ein klares Auszeichnungssystem für Finanzprodukte schaffen – Kollege Dolinschek hat heute etwas Ähnliches angesprochen –, und ich habe dazu bereits einen Antrag einge­bracht. Es geht dabei darum, dass gewisse Eckdaten von Produkten klar ersichtlich sind, um eben den Konsumenten selbstbestimmte Entscheidungen zu ermöglichen und nicht auf Berater angewiesen zu sein. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

22.59

22.59.20

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Konsumen­tenschutz, seinen Bericht 469 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wenn Sie hiezu Ihre Zustimmung geben, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

23.00.0132. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pensionskassengesetz geändert wird (709/A)

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 272

Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 32. Punkt der Tagesordnung.

Kollege Karl Öllinger gelangt mit 3 Minuten gewünschter Redezeit zu Wort. – Bitte.

 


23.00.13

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Ich weiß schon, werte Kolleginnen und Kolle­gen, die Zeit ist fortgeschritten, aber angesichts des Umstandes, dass viele, vor allem jüngere Kollegen hier im Haus einen Teil ihrer Pensionsvorsorge auch in Pensionskas­sen veranlagt haben, angesichts des Umstandes, dass viele, nicht nur Abgeordnete, sondern beispielsweise auch Bürgermeister, einen Teil ihrer umgeschichteten Pen­sionsvorsorge in den Pensionskassen haben, angesichts auch des Umstandes, dass viele, nämlich mehr als 500 000 Menschen in Österreich, mittlerweile in die private be­ziehungsweise in diesem Fall betriebliche Altersvorsorge investiert haben, und zwar einen Teil ihres Lohnes durch das Unternehmen investiert haben, ist es doch sinnvoll, zumindest ein paar Worte mehr als im Antrag drinnen stehen, zu dem Thema zu ver­lieren.

Weil wir vorhin gerade in den Couloirs eine Debatte über Hypo Alpe-Adria und die möglichen Verluste hatten, sage ich nur: Was uns bei der Hypo Alpe-Adria da mögli­cherweise droht – schlimm genug für Österreich –, ist in Bezug auf die Verluste der Pensionskassen insgesamt weltweit, milde ausgedrückt, zu vergessen.

Sie müssen sich vorstellen, dass im Jahr 2007 in den Pensionskassen 18 000 Milliar­den US-Dollar oder, anders ausgedrückt, 18 Billionen US-Dollar investiert waren, und vom Jahr 2007 auf das Jahr 2008 ist das Kapital dieser Pensionskassen in den OECD-Ländern um 5 000 Milliarden € gesunken. Vernichtet! 5 000 Milliarden €! Aber schon im Jahr 2002 bei der ersten oder bei der vorherigen Blase, bei der sogenannten Dot-Com-Blase, gab es einen Verlust auf den Finanzmärkten für diese Pensionskassen von 2 000 Milliarden US-Dollar. Also innerhalb weniger Jahre sind 7 000 Milliarden US-Dol­lar an Altersvorsorge von insgesamt rund 18 000 Milliarden US-Dollar vernichtet wor­den und damit ein Gutteil der Pensionsvorsorge für Menschen.

Wenn man das jetzt auf individuelle Schicksale herunterbricht, kann man nur sagen: Ein Mensch – Beispiele gibt es genug –, dem eine Kassenpension von 300 € zugesagt und errechnet war, erhält jetzt, im Jahr 2009, statt der zugesagten 300 € 170 €. Es gibt Fälle, wo das noch drastischer ist, wo es statt 300 € nur 130 € gibt. Das sind drastische Verluste. Die Pensionen aus den Pensionskassen sind nicht sehr hoch, und was wir mit dem Antrag erreichen wollen, ist schlicht und ergreifend nur eines: dass die Men­schen, die in diese Pensionskasse investieren mussten, die nicht die Möglichkeit ha­ben – nach wie vor nicht –, zu wechseln, ihr Geld herauszunehmen, zumindest die Möglichkeit erhalten, ihr Geld aus diesen Pensionskassen herauszunehmen, denn wenn sie es auf dem Sparbuch anlegen, sind sie besser dran, als wenn dieses Geld über Jahre oder Jahrzehnte in den Pensionskassen bleibt und sie zuschauen müssen, wie ihr Geld ganz bewusst verbrannt wird beziehungsweise von den anlegenden Insti­tutionen in andere Kanäle wandert. (Beifall bei den Grünen.)

23.04


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Krainer. – Bitte.

 


23.04.13

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Problem Pensionskassen ist ja nur eines der Probleme, die wir in den sogenannten ka­pitalgedeckten Pensionsversicherungssystemen oder überhaupt kapitalgedeckten Sys­temen haben. In der gesamten zweiten und dritten Säule sind ja alle Produkte – Pen­sionskassen, sogenannte Abfertigung-neu, Zukunftsvorsorge-neu – schwer unter Druck, weil man in allen drei Bereichen sehr, sehr damit kämpft, ob sie überhaupt ein


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 273

Eckzinssparbuch schlagen. Und in vielen Bereichen ist es heute schon klar, das die Produkte es nicht schaffen, egal, in welchem Bereich.

Insofern ist es natürlich wichtig, dass wir uns hier im Nationalrat ganz genau ansehen, wie wir alle drei Systeme verbessern können, ob sie überhaupt verbesserungsfähig sind und inwiefern sie verbesserungsfähig sind, damit jene Ziele, die man gesetzt hat, oder jene Erwartungen, die man in die kapitalgedeckten Systeme gesetzt hat, über­haupt erreichbar sind.

Den Punkt, der hier angesprochen worden ist, nämlich die Möglichkeit zu wechseln, halte ich persönlich auch für sehr, sehr wichtig, denn um überhaupt einen funktionie­renden Wettbewerb, einen funktionierenden Markt entstehen zu lassen, muss es eine Wechselmöglichkeit geben. Die jetzige Situation ... (Abg. Scheibner: Was ist mit der Kapitalgarantie?)

Kapitalgarantie bei Pensionskassen? – Bitte um Entschuldigung, wenn ich Sie daran erinnern darf, Sie waren hier, glaube ich, Klubobmann, als die Mindestertragsgarantie gestrichen wurde für Pensionskassen. (Abg. Scheibner: Aber ich frage Sie!) Das müs­sen Sie jetzt mit sich selbst und mit Ihrem eigenen Gewissen ausmachen, wieso Sie damals die Mindestertragsgarantie gestrichen haben. Die wäre nämlich noch mehr ge­wesen als eine Kapitalgarantie. Da waren Sie hier Klubobmann. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Dann führt sie wieder ein! Mein lieber Freund, Sie reden alle nur obergescheit daher!) Geh, bitte!

Wir müssen diese Frage sehr ernst nehmen, weil hier Hunderttausende, Millionen Ös­terreicher, 1,4 Millionen Menschen bei der Zukunftsvorsorge-neu investiert haben und man heute sieht, dass die Erwartungen, die geweckt wurden, bei weitem nicht erfüllt werden. Bei weitem nicht! (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und BZÖ.)

Wir müssen uns hier genau anschauen, wie wir die Zukunftsvorsorge-neu und die gan­zen Produkte überhaupt erst zukunftsfähig machen. Ich finde es nur ein bisschen scha­de, dass das in den Sozialausschuss kommt, denn die anderen Materien sind alle im Finanzausschuss und dorthin kommen auch die Pensionskassen, einfach aufgrund der Zuständigkeit. Es wäre wahrscheinlich einfacher, wenn das auch dorthin käme, denn dann könnten wir es gleich gemeinsam behandeln. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischen­rufe bei SPÖ und BZÖ.)

23.06


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Tamandl. – Bitte.

 


23.07.00

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es findet eine erste Lesung zu einem Antrag des Kollegen Öllinger zur Änderung des Pensionskassensystems statt. Wir haben uns – Sie wissen das – im Regierungsprogramm sehr wohl auch darauf verständigt, eine Optimierung des Pen­sionskassensystems zu machen. Es hat eine Arbeitsgruppe getagt, in die die Sozial­partner und auch die Seniorenvertreter eingebunden waren, und es ist jetzt an der Zeit, eine Gesetzesvorlage zu machen, worauf sich die zuständigen Minister, der Arbeitsmi­nister, aber natürlich auch der Finanzminister, auch verständigt haben.

Zu Ihrem Antrag: Ich glaube, wir sollten uns einmal überlegen, was es bedeutet, wenn sich jetzt plötzlich alle quasi eine Abfertigung herausnehmen und sich nicht mehr mo­natlich diese Pension auszahlen lassen – bei aller Wertschätzung und bei allem Ver­ständnis für die Sorgen der Menschen, die jetzt Verluste erleiden müssen bei dieser Zusatzpension. (Abg. Öllinger: Das landet dann wahrscheinlich auf einem Sparbuch!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 274

Aber wenn jetzt alle herausoptieren würden und sich alle dieses Kapital auszahlen las­sen würden, dann wäre die Performance wahrscheinlich noch viel schlechter.

Wenn wir uns den langjährigen Durchschnitt anschauen, sehen wir, dass wir in den letzten Jahren, seit es die Pensionskassen gibt, 5,7 Prozent Zuwachs gehabt haben (Abg. Krainer: In den letzten Jahren war es nur 1 Prozent!), und im Jahr 2008 haben wir eben einen Verlust von durchschnittlich 12,9 Prozent gehabt. Aber wir haben ja in den letzten Jahren immer wieder auch gut verdient, und ich denke mir, wir sollten uns schon überlegen, wie man das in einem Gesetzesvorschlag (Zwischenrufe bei den Grünen) – vielleicht lassen Sie mich einmal ausreden! – wirklich auch optimieren kann, und dann warten wir es ab.

Ich hätte mir, ehrlich gestanden, auch gewünscht, dass wir das mit einem Gesetzent­wurf im Finanzausschuss behandeln, denn dort sitzen auch die Experten dafür, und da könnten wir dann wahrscheinlich auch noch mehr auf den Weg bringen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: Leider nicht! Die Lobbyisten sitzen dort!)

23.09


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Neubauer. – Bitte.

 


23.09.22

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf mich eingangs noch einmal bei all jenen bedanken, die in der vorletzten Sitzung des Nationalrates ihre Unterstützungserklärung abgegeben ha­ben – beim BZÖ, bei den Grünen und bei zehn Abgeordneten der sozialdemokrati­schen Fraktion –, um eine Verfassungsgerichtshofklage für 2 500 Geschädigte zu er­möglichen. Dafür noch einmal mein herzlicher Dank, weil ich glaube, dass das ein wichtiger Schritt war, auch in dieser Frage bei den Pensionskassen etwas für diese Geschädigten zu tun.

Frau Kollegin Tamandl, Sie haben gesagt: Wir haben gut verdient!, Sie haben nur nicht dazugesagt, wer „wir“ ist. Mich hätte interessiert, wer „wir“ jetzt wirklich ist, denn eines ist klar: Wir müssen bei diesem Thema im Ausschuss auch über andere Punkte noch reden! – Herr Kollege Öllinger, wir werden dem Antrag natürlich zustimmen, ich freue mich aber schon auf die angeregten Diskussionen, denn eines kann es ja nicht geben: dass es im öffentlichen Dienst zu Maßnahmen kommt, wo plötzlich der Arbeitnehmer damit konfrontiert ist, dass der Dienstgeber Dienstgeberbeiträge plötzlich an eine Pen­sionskasse abliefert – in diesem Fall das Land Oberösterreich –, die Dienstnehmer nicht gefragt werden und dann plötzlich ein Schreiben bekommen, dass es leid tut, dass sie mit 1. Jänner 2010 um 178 € weniger Pension bekommen, weil die Einbrüche auf dem Kapitalmarkt leider so stark waren. Auch darüber müssen wir reden. Solch eine Vorgehensweise darf es in Zukunft nicht mehr geben! (Beifall bei der FPÖ.)

Wir müssen auch darüber reden, ob es möglich ist, in irgendeiner Form eine Regelung zu finden – da gebe ich dem Kollegen Scheibner recht, wir müssen darüber reden! –, welche Möglichkeiten wir für uns als gesetzgebende Einrichtung sehen, bei derart gro­ßen Verlusten eine Haftungsübernahme zu schaffen. Wir müssen auch darüber reden, warum es derzeit nicht möglich ist, einen Wechsel der Pensionskassen vorzunehmen, wenn wir schon wissen, dass dort mit den Geldern nicht sorgfältig umgegangen wird. Das sind Geißelverträge, die da bestehen, und das können wir uns derzeit nicht mehr leisten, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Wir müssen auch über die Möglichkeiten reden, die eingeräumt werden sollen, das Geld, wenn man das Vertrauen in die Institution nicht mehr hat, herausnehmen zu dürfen. Auch darüber müssen wir reden. Was bei jedem anderen Bankinstitut möglich ist, muss auch bei den Pensionskassen möglich sein, denn nur dann haben wir auch


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ein Druckmittel für diese Damen und Herren, damit sie mit unserem Geld auch wirklich auf den Kapitalmärkten sorgfältig umgehen und das nicht, wie das in der Vergangen­heit der Fall war, mit einem tränenden Auge verbunden ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich zum Abschluss noch eines bemerken: Wir müssen ganz besonders auf unsere Lebensversicherungen achten. Im­mer mehr mehren sich die Hinweise darauf, dass die EU ein Auge auf unser Lebens­versicherungssystem geworfen hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn das passiert, dass unser Lebensversi­cherungssystem von der EU gekippt werden sollte, dann müssen wir rechtzeitig legale, rechtliche Möglichkeiten schaffen, um das zu verhindern. Auch das sollte im Aus­schuss entsprechend diskutiert werden. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Dr. Jarolim: Was werden da für Befürchtungen in den Raum gestellt?)

23.13


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Lugar. – Bitte.

 


23.13.19

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Wenn wir heu­te über die Pensionskassen sprechen, dann müssen wir auch darüber sprechen, woher diese Gewinne, woher diese Erträge kommen. Das sind ja nichts anderes als Kapitaler­träge auf dem Kapitalmarkt. Wenn sich jemand ans Rednerpult stellt und sagt, diese Erträge seien risikofrei zu erwirtschaften, dann hat er schlicht und einfach keine Ah­nung, wie auf dem Kapitalmarkt Geld erwirtschaftet wird.

Wenn man sich die Extremform der Absicherung von Pensionen auf dem Kapitalmarkt ansehen will, muss man in die USA schauen. In den USA erleben wir, was passiert, wenn man sich bei der Pensionsabsicherung auf den Kapitalmarkt verlässt. Dort gibt es Einbrüche von 30, 40 Prozent (Abg. Krainer: Bei uns auch!) bei Pensionen.

Unser System war ja einmal ein reines Umlageverfahren. Jetzt geht man immer mehr dazu über, ein Kapitaldeckungsverfahren dazuzugeben, weil es im Umlageverfahren vorne und hinten einfach nicht mehr reicht. Man glaubt, dass man mit dem Kapital­deckungsverfahren durchkommt. Der Grund dafür, dass es im Umlageverfahren nicht mehr funktioniert, ist letztlich, weil wir immer kürzer arbeiten. Allein die aktuellen Zah­len zeigen: Bei den ÖBB beträgt das Durchschnittsalter bei Pensionsantritt 51 Jahre, bei der Post 53 Jahre, bei der Telekom 54 Jahre, der Durchschnittspensionsantritt be­trägt 59 Jahre, und das bei einem Regelpensionsalter von 65 Jahren beziehungsweise 60 Jahren bei den Frauen.

Das heißt, wir müssen unser Pensionssystem, damit es langfristig funktioniert, nicht auf ein Kapitaldeckungsverfahren umstellen (Abg. Silhavy: Wer hat denn das Drei-Säu-
len-... gehabt?),
sondern wir müssen dieses Umlageverfahren so gestalten, dass es langfristig funktioniert.

Ein Pensionsexperte, Herr Marin, hat einmal gesagt: Wenn es sich im Umlageverfah­ren in einer Volkswirtschaft nicht mehr ausgeht, geht es sich im Kapitaldeckungsver­fahren schon lange nicht mehr aus. Das heißt, wir brauchen dieses Umlageverfahren.

Wir vom BZÖ haben ein Pensionskonto angeregt, wo es darum geht, dass jeder selbst entscheiden kann, wann er in Pension geht. Das heißt, man kann jederzeit berechnen, mit welcher Pensionshöhe man rechnen kann und entscheidet selbst, ob man mit über 65 Jahren noch arbeiten will und wird nicht zwangsweise in Pension geschickt. Das heißt, man versucht, einen Anreiz zu schaffen, länger zu arbeiten, stellt es aber frei, auch früher zu gehen, wenn dementsprechend Beiträge bezahlt wurden.

Dieses Pensionskonto werden wir in den nächsten Wochen vorstellen; das wird eine spannende Sache. Entscheidend ist, dass wir dieses Umlageverfahren sichern. Alle Experten sagen uns, dass das Kapitaldeckungsverfahren nicht funktionieren wird. Es


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wird nicht funktionieren aufgrund der demographischen Entwicklung und aufgrund der Entwicklungen, die absehbar sind. (Abg. Dr. Jarolim: Das muss man dem Herrn Scheibner erklären!)

Deshalb, Herr Ikrath, auch für Sie: Das Umlageverfahren ist nicht zu ersetzen, es ist zu stärken – und das an Ihre Adresse! Ich weiß, das hören Sie nicht gerne, das hören die Banken und sonstige, die daran verdienen, nicht gerne, aber das ist eine Tatsache, und damit müssen wir uns abfinden. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

23.16


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

 


23.16.48

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Meine Damen und Herren! Weil die SPÖ da so selbstgefällige Zwischenrufe macht: Herr Kollege Matznetter, ich kann mich dunkel erinnern – man verdrängt die Vergangenheit –, dass Sie auch eine gewisse Zeit Staatssekretär war – ich glaube, sogar im Finanzministerium –, ohne größere Spuren hinterlassen zu haben! (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) Sie haben da wenig Anspruch, Zwischenrufe zu machen.

Wenn wir Fehler gemacht haben, so bin ich im Gegensatz zu Ihnen auch so weit, Feh­ler einzugestehen. Die Aufhebung der Ertragsgarantien war ein Fehler, wie sich heute herausstellt. Ich gebe das zu. Aber was haben Sie gemacht, um diese Fehler zu kor­rigieren, außer zu kritisieren und Zwischenrufe zu machen? – Nichts haben Sie ge­macht! Und auch jetzt kommt keine Reaktion auf diese Verluste, die die Pensionskas­sen gemacht haben.

Wir haben – ehrlich gesagt – in diese Institute Vertrauen gesetzt. Leider war dieses Vertrauen nicht gerechtfertigt. Wir wissen, es gibt auch viel zu wenig Kontrolle (Abg. Mag. Lapp: Sie haben das eingeführt!), dass kontrolliert werden könnte, wie denn die­se Veranlagungen vor sich gehen, wie Gewinne hin- und hergeschichtet werden und wem sie dann zugemittelt werden.

Ich habe „Kapitalgarantie“ zwischengerufen. Nicht einmal das wäre ausreichend, weil wir auch Produkte schon beobachtet haben, wo es zwar eine Kapitalgarantie gibt, wo man dann bei den Verlusten zwar dabei ist, aber bei den Gewinnen nicht mehr, weil diese dann das Geld so konservativ anlegen, dass man dann 10, 15 Jahre der Bank unterm Strich Geld zinsenlos zur Verfügung gestellt hat. Das sollte auch nicht das Ziel von derartigen Maßnahmen sein.

Trotzdem – und dazu stehen wir –: Das Umlagesystem für die staatliche Pension ist wichtig, aber wir brauchen die zweite und dritte Säule auch in der Zukunft, um das Pensionssystem zu ergänzen und in einer entsprechenden Höhe auch in Zukunft zu garantieren.

Sagen Sie auch endlich ehrlich der jungen Generation, dass es allein mit der staatli­chen Pension schwierig sein wird, in 20, 30 oder 40 Jahren der heutigen Jugend ein Al­tern in entsprechendem Wohlstand zu gewährleisten! Das wäre ehrlich, meine Damen und Herren auch von der SPÖ, machen Sie nicht Zwischenrufe, sondern eine ehrliche Politik, auch für die Jugend! Bekennen Sie Fehler ein, wo welche sind! Korrigieren Sie sie, aber sorgen Sie vor allem dafür, dass Sie nicht populistisch für die nächsten Wah­len und für Ihre Pensionistenorganisationen das Wort ergreifen, sondern für die Jugend in diesem Land, denn die ist unsere Zukunft! (Beifall beim BZÖ. – Abg. Dr. Jarolim: Völliger ...! Sie haben genügend Schicksale auf dem Gewissen! – Abg. Weinzinger: Das ist eine erste Lesung!)

23.19


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 277

23.19.37

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Wenn der damalige Herr Klubobmann sich ans Rednerpult stellt und sagt, er könne sich nicht erinnern, dann gestehe ich eine Entschuldigung nicht zu. Sie sollten wissen, was Sie tun! (Abg. Scheibner: Was haben Sie gemacht, Herr Staatssekretär?)

Vor der zweiten Lesung, 2 Minuten vor Schluss, herzugehen und 350 000 Menschen, die eingezahlt haben, die Garantie für ihr Geld ihrer Pension wegzunehmen, was be­deutet hat, dass von ihrem angesparten Vermögen im Schnitt 17 Prozent mit einem Federstrich beseitigt wurden (Abg. Scheibner: Haben Sie es geändert?), und dann zu sagen: Ich entschuldige mich!, und gleich zu fragen: Warum haben Sie das hinter uns nicht gleich wieder ausgeputzt, als Sie an die Regierung gekommen sind?, ist keine Art!

Ich sage Ihnen eines, Herr Kollege Scheibner: Wir haben in unserem Regierungspro­gramm als einen der ersten Punkte hineingeschrieben, dass wir versuchen werden, in diesem Bereich das auszubessern. (Abg. Scheibner: Gar nichts haben Sie gemacht!) Wir haben jetzt eine Korrektur in Vorlage und Vorbereitung. Es ist nur nicht so einfach, dies zu korrigieren! Sie haben etwas gemacht, was wir jetzt nicht einfach ausbügeln können. (Zwischenruf der Abg. Haubner.) Und so haben Sie regiert: Sie haben nicht nachgedacht, was morgen passiert!

Teile der Altersvorsorge sind den Leuten weggenommen worden, und wir können heu­te nur versuchen, Wahlrechte zu schaffen (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Haub­ner), das Risiko herauszunehmen und zu schauen, dass wir eine bessere Veranlagung bekommen.

Das, was Sie den Banken geschenkt haben, kommt nie mehr zurück! Und dafür genügt nicht eine kleine Entschuldigung. Das müssen Sie mit den Hunderttausenden ausma­chen, denen Sie mit Ihrer Wortmeldung, Herr Klubobmann, damals das Geld wegge­nommen haben. Schämen Sie sich lieber dafür! (Beifall bei der SPÖ.)

23.21


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Ich weise den Antrag 709/A dem Finanzausschuss zu.

23.21.3133. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Alois Gradauer, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 16. Juni 1948 über den Rechnungshof (Rechnungshofgesetz – R.H.G. – 1948), BGBl. Nr. 144/1948, geändert wird (734/A)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 33. Punkt der Tagesordnung.

Herr Abgeordneter Gradauer gelangt als Erster zu Wort. – Bitte.

 


23.21.49

Abgeordneter Alois Gradauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Dieser Antrag betrifft eine Änderung des Bun­desgesetzes Rechnungshofgesetz 1948. Wie Sie sich erinnern, haben wir hier über den Bundesrechnungsabschluss 2007 debattiert. Dabei ist zutage getreten, dass es bei der Darstellung der Haftungen des Bundes für das Jahr 2007 zu einem Rechen­fehler in der Höhe von 2 Milliarden € gekommen ist. Ich behaupte: Hätte der Rech­nungshof diese Zahlen und Ziffern überprüfen können, wäre es zu diesem Fehler nicht gekommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 278

Wo ist das Problem? – Dieser Bundesrechnungsabschluss besteht aus zwei großen Teilen, einer davon ist ein Zahlenteil, der zum Teil von der Buchhaltungsagentur und vom Bundesrechenzentrum erstellt wird. Dort ist ein Dezimalfehler bei der Umrechnung von britischen Pfund in der Höhe von 2 Milliarden € entstanden. Das muss man sich einmal vorstellen!

Dieser Zahlenteil geht dann in den Teil Nummer 1 des Rechnungshofes über und wird hier im Nationalrat vorgelegt.

Der Rechnungshof führt dazu aus: „Die Haftungsnachweise werden derzeit keiner ver­tieften Kontrolle durch den Rechnungshof gem. § 9 RHG unterzogen, da sie formal nicht zu den Abschlussrechnungen zählen.“

Durch diese Gesetzesänderung soll eine bestehende Kontrolllücke geschlossen wer­den und die Grundlage für die Überprüfung der Nachweise der Bundeshaftungen durch den Rechnungshof geschaffen werden.

Ich darf daran erinnern, dass es Ende 2008 176 Milliarden € Schulden des Bundes und 112 Milliarden € Haftungen des Bundes gegeben hat. Bei diesen Dimensionen darf man schon annehmen, dass zumindest diese Ziffern und Zahlen rechnerisch richtig dargestellt werden. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

23.24


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Krainer. – Bitte.

 


23.24.22

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Gradauer, man muss aber auch dazusagen, dass diejenigen, die diesen Um­rechnungsfehler gemacht haben, auch selbst draufgekommen sind und diesen Fehler korrigiert haben (Abg. Neuhauser: Das ist aber das Mindeste!), bevor es überhaupt noch zur Behandlung des Rechnungsabschlusses hier im Haus gekommen ist. Bevor wir mit den Beratungen begonnen haben, hatten wir alle richtigen Zahlen. – Erstens.

Zweitens behandeln wir gerade die Haushaltsrechtsreform im Budgetausschuss. Der Rechnungsabschluss ist ein Teil des Prozedere, wie wir mit Budget und Rechnungsab­schluss umgehen. Wir können uns das gerne anschauen und auch anhören, was der Rechnungshof dazu sagt und ob es aufgrund des neuen Haushaltsrechtes überhaupt notwendig ist, diese Ausweitung vorzunehmen. Ich würde sagen, wir schauen uns das im Budgetausschuss an und werden das in gutem Klima – wie immer – im Budgetaus­schuss diskutieren. (Beifall bei der SPÖ.)

23.25


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Letten­bichler. – Bitte.

 


23.25.17

Abgeordneter Mag. Josef Lettenbichler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Die im vorliegenden Antrag geforderte Ausweitung der Rechnungshofprüfkom­petenzen hinsichtlich der Haftungen des Bundes erscheint mir aus zweierlei Gründen nicht notwendig.

Erstens verlangen Sie, Herr Kollege – und ich darf hier aus Ihrem Antrag zitieren –, einen jährlichen Nachweis über den Stand der Schulden und Haftungen des Bundes vorzulegen. Den verlangten Nachweis über den Stand der Haftungen gibt es bereits, und Sie finden diesen schon jetzt im jährlichen Bundesrechnungsabschluss. Sie ver­langen also etwas, was es bereits gibt.

Zweitens nehme ich an – und Sie haben es ja auch bestätigt –, dass Sie Ihren Antrag auch aufgrund dieses Tippfehlers formuliert haben. Ich darf Sie aufklären, wie es auch


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 279

mein Kollege Krainer gemacht hat, dass es sich hier nicht um eine Kontrolllücke im Rechnungshofgesetz, sondern lediglich um einen Tippfehler gehandelt hat. Mittlerweile wurde dies behoben. Es gibt ausreichend technische Vorkehrungen, dass sich derar­tige Fehler nicht mehr wiederholen.

Ich darf aber auch anmerken: Es hat heute ein Fußballspiel stattgefunden. Österreich hat es klar 5 : 1 verloren. Das einzig Gute ist, dass einige Herren hier in der ersten Rei­he und auch andere heute kein gutes Fußballspiel gesehen haben. Ich finde es eigent­lich eine Frechheit gegenüber dem Parlament, dass man sich stundenlang absentiert (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie bei Abgeordneten der FPÖ), es nicht der Mü­he wert findet, dass man sich vielleicht auch nicht so dringenden oder nur in ersten Le­sungen behandelten Punkten widmet. Man lässt sich lieber im VIP-Bereich abphoto­graphieren. (Abg. Riepl: Der Westenthaler war im Stadion! – Abg. Petzner: Abgeord­nete aller Fraktionen!) Die Herren sollen vielleicht einmal ein bisschen von ihrem Geld zurückgeben! – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

23.27


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Strutz. – Bitte.

 


23.27.10

Abgeordneter Dr. Martin Strutz (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Mit diesem An­trag soll der Rechnungshof in die Lage versetzt werden, künftig auch die Haftungs­nachweise des Bundes einer Kontrolle unterziehen zu können. Wir begrüßen das.

Darüber hinaus wird der Rechnungshof mit diesem Antrag auch verpflichtet, jährlich gemeinsam mit dem Bundesrechnungsabschluss auch Nachweise über den Stand der Schulden und Haftungen des Bundes vorzulegen. Für uns ist das ebenfalls positiv, weil wir der Meinung sind, dass bei Steuergeldern, insbesondere auch bei Bundeshaftun­gen, die ja jetzt auch aufgrund der Entwicklung einer Bank aktuell sind, oberste Trans­parenz herrschen sollte.

Ich möchte diesen Antrag allerdings zum Anlass nehmen, daran zu erinnern, dass wir auch anlässlich der Zustimmung des BZÖ zum Amtshilfe-Durchführungsgesetz – be­kannt unter Abschwächung des Bankgeheimnisses – vonseiten der Bundesregierung und den Koalitionsparteien eine schriftlich unterfertigte Zusicherung bekommen haben, dass der Rechnungshof zukünftig auch Gemeinden und Unternehmen prüfen kann, an denen der Bund auch mit einem geringfügigen Anteil beteiligt ist. Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass die Umsetzung dieser Zusicherung noch ausständig ist und dass wir davon ausgehen, dass sie umgehend dem Hohen Haus zugeleitet wird. (Bei­fall beim BZÖ.)

23.28


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


23.28.52

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Erstens ist die Intention des Antragstellers schon erkennbar, da muss man nicht herumwitzeln. Wenn ohnehin alles so sicher ist, warum passiert dann so etwas?

Zweitens: Wenn ohnehin schon alles so super ist, dann würden wir die Intention und die weitergehenden Überlegungen des Kollegen von der Freiheitlichen Partei mindes­tens dort übernehmen müssen, wo wir ja eine große Reform vor uns haben – da wer­den wir dann schauen, wie es mit den aufmunternden Zurufen ausschaut –, dort, wo wir nämlich das Bundeshaushaltsrecht groß reformieren, auch aufgrund von Verfas­sungsbestimmungen, die wir ja zunächst gemeinsam beschlossen haben. Da werden wir schauen, wie weit es her ist!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 280

Da geht es dann aber auch um ganz andere Dinge. Da geht es auch um die Mitwir­kungsrechte des Parlaments beim Wirkungscontrolling von dem, was wir jetzt als vier­jährige Budgetvorschau machen.

Heute kommt Herr Kollege Krainer vorbei und sagt, wir müssen einmal darüber re­den. – Wir verhandeln seit, ich weiß nicht, wie lange. Ich weiß nicht, wann der Aus­schuss tagt, in ein paar Tagen, noch im November jedenfalls. Jetzt kommt man nach ganz langen Verhandlungsprozessen daher und fragt, wie das denn jetzt an der Stelle ist. Da geht es dann nicht mehr um den Rechnungshof allein, da geht es auch darum, wie das Parlament, wenn wir schon Kompetenzen abgeben, auf der anderen Seite rund um den Budgetausschuss besser eingebunden werden kann. Da machen wir ein Jahr lang super Verhandlungen, und am Schluss kommt das heraus, was der Sek­tionschef sagt, oder wie? Wie ist denn das jetzt dann? Also über ein Jahr haben wir eigentlich verhandelt.

Da wird es dann noch eine Nagelprobe geben, auch wenn das jetzt nur ein ganz klei­ner Ausschnitt war, was der Kollege mit seinem Antrag releviert. Ich bin da schon ge­spannt, wie dann die Parlamentarier von Rot und Schwarz hier argumentieren werden, dass endlich das Parlament zu mehr Rechten kommt.

Noch mehr gespannt bin ich, sollte sich jetzt die SPÖ-Fraktion oder auch die ÖVP-Fraktion zur Argumentation versteigen, dass die Parlamentarier weniger Rechte haben sollen als vorher. Das ist auch ein Spannungselement. – Kollege Cap, jetzt verneinst du, aber das ist eine Kernkompetenz von euch. Also da werden wir jetzt genau hin­schauen, das geht ja ohnehin in diesen Tagen weiter. Also würde ich sagen: ein brauchbarer Vorschlag.

Zu den Kompetenzen des Rechnungshofes muss ich insgesamt sagen, dass es mir im Zweifel lieber ist, wenn mehr festgeschrieben sind als weniger. Der Rechnungshof und seine Präsidenten haben oft genug bewiesen, dass sie im Rahmen ihrer Kompetenzen in der eigenen Prüfvorschau, also im Prüfplan, immer noch gut entscheiden können, was sie tun und was sie nicht tun. Alles können sie eh nicht prüfen, das wissen wir. Es geht aber um den schlauen Prüfplan, und da sollten wir ihnen weiter vertrauen.

Diese Frage stimmt natürlich in vielen anderen Zusammenhängen auch wieder, wenn sie positiv beantwortet wird, nämlich dann, wenn wir endlich dazu übergehen, die Prüf­kompetenzen auf die Gemeinden auszuweiten. Das ist ja hier gesagt worden. Die Ziel­formulierung ist ja schon von fünf Parteien unterschrieben. Auch da werden wir schau­en, wie es dann weitergeht, weil das wird ja früher oder später ins Parlament kommen müssen. Gut, also insofern ein hervorragender Anlass.

Weniger hervorragend ist tatsächlich das Ergebnis der österreichischen Fußball-Natio­nalmannschaft, das hier erwähnt wurde. Ob das jetzt einen unmittelbaren Zusammen­hang damit hat, dass es dann, wenn BZÖ-Politiker im Stadion auftauchen, sich auch noch von der Kamera erwischen und ablichten lassen, immer besonders schlimm ist mit den Resultaten, das sollten wir einer weiteren Untersuchung unterziehen. (Heiter­keit.) Mittlerweile gibt es einen empirischen Befund. (Beifall bei den Grünen.)

Heute war es ja nur ein sogenanntes Freundschaftsspiel, aber es ist ja schon um mehr gegangen, wenn wir schon von Relegationsterminen für andere Mannschaften heute reden. Es war ja schon so, dass Österreich gegen die Türkei um eine letzte Ausschei­dung gespielt hat – es ist schon ein paar Jahre her –, und je öfter Frau Vizekanzlerin Riess-Passer ins Bild gekommen ist, desto mehr Gegentore haben wir bekommen. Die Frage ist, ob Westenthaler jetzt der würdige Nachfolger ist oder nicht. – Ich fürchte, ja. (Beifall und Heiterkeit bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ, ÖVP und FPÖ.)

23.33



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 281

Präsident Fritz Neugebauer: Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 734/A dem Budgetausschuss zu.

23.33.37 34. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsord­nung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) und die Verfahrensord­nung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (Anlage zum Bundesge­setz über die Geschäftsordnung des Nationalrates) geändert werden (836/A)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 34. Punkt der Tagesordnung.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

 


23.33.57

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben unlängst das Ersuchen der Staatsanwaltschaft bekommen, die vertraulichen Protokolle aus dem Banken-Untersuchungsausschuss zur Verfügung zu stellen, und haben in der Präsidiale festgestellt, dass die Geschäftsordnung schlicht und einfach keine Möglichkeit hergibt, Protokolle aus einem Ausschuss, der bereits in einer vorheri­gen Gesetzgebungsperiode getagt hat, beschlussmäßig korrekt zu übermitteln. (Abg. Mag. Donnerbauer: Das ist auch gut so!) – Das habe ich mir ohnehin gedacht, dass das das klassische Aufklärungskriterium der ÖVP ist, dass das gut so ist. Somit gehe ich auch davon aus, dass diese vertraulichen Protokolle der Staatsanwaltschaft offen­bar nicht übermittelt werden sollen, wenn ich diese Zwischenbemerkung ernst nehme.

Wir sind der Meinung, dass das sehr wohl notwendig ist, und stellen daher einen An­trag, die Geschäftsordnung so zu ändern, dass diese Übermittlung möglich ist. (Abg. Mag. Donnerbauer: Aber nicht an den Herrn Pilz, wenn es geht!)

Herr Kollege Donnerbauer, waren nicht Sie einer von jenen in der ÖVP, die, als es um die Auslieferung von Herrn Kollegen Öllinger gegangen ist, gesagt haben: Ja, wir ha­ben zwar eine Praxis, und ein politischer Zusammenhang ist offensichtlich, aber da würden ja die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft behindert!? Sie von der ÖVP haben angemerkt, es gibt einen Untersuchungsausschuss, der kontrollieren muss, und des­halb ändert die ÖVP ihre Linie und stimmt für die Auslieferung des Kollegen Öllinger.

Wir haben dann übrigens auch zugestimmt, aber da zuzustimmen und dann bei einem Ersuchen der Staatsanwaltschaft, bei dem es darum geht, die vertraulichen Protokolle zu übermitteln, zu sagen, das können wir nicht, weil das interessiert uns nicht, was die Staatsanwaltschaft macht, das ist schon doppelbödig und nicht sehr glaubwürdig.

Sie haben die Möglichkeit, hier zu beweisen, dass es nicht darum geht, die eigenen In­teressen zu wahren, sondern darum, Möglichkeiten der Verfolgung und der Aufklärung zu nützen. Also ein bisschen eine gleichmäßige Behandlung wäre vielleicht ange­bracht.

Die von Kollegem Kogler aufgeworfene Frage kann ich nicht ganz beantworten. Fak­tum ist, dass offenbar die Nationalmannschaft unter Einblendungen des Herrn Westen­thaler auf der Ehrentribüne leidet. (Abg. Petzner: Wo ist denn Ihre Klubobfrau? Die ist seit acht Stunden nicht mehr da!)

Herr Kollege Petzner, Sie können das noch dreimal fragen, die Klubobfrau Glawischnig hat ein Kind, das mit Grippe im Bett liegt. Wenn Sie das mit einer Situation vergleichen, dass der Herr Westenthaler jedes Mal, permanent, bei jedem Fußball-Match – egal, ob das Wiener Neustadt gegen Austria ist, ob die Austria im Europacup spielt oder ob es


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 282

ein Länder-Match ist – bewusst ins Stadion geht, sich auf die Ehrentribüne setzt, dort bei der DO & CO-Verkostung offenbar bei der Debatte über Lebensmittelsicherheit eine Fact-Finding-Mission macht, wenn Sie uns erklären wollen, dass das eine korrekte Vorgangsweise von Politikern ist, dann glauben Sie das selber!

Ihre Nervosität ist ja berechtigt. Herr Kollege Westenthaler wird auch in den Zeitungen wieder aufscheinen, da mittlerweile schon alle Zeitungen anrufen und fragen: Ist der Westenthaler wieder dort? Wir schicken einen Photographen hin. – Patsch, heute hat er sich wieder erwischen lassen. Wir werden es in den Zeitungen lesen. (Zwischenruf des Abg. Petzner.)

Ich finde das unwürdig, noch dazu, wenn man in der Präsidiale sagt, man will den Ta­gesordnungspunkt zum Sport von Mittwoch Abend auf Donnerstag Abend verschieben, was dann auch stattgefunden hat. Und Westenthaler geht dann her und setzt sich ins Stadion auf die Ehrentribüne! Das ist absurd, Herr Kollege Petzner! Also ein bisschen Disziplin könnte Herr Kollege Westenthaler auch einmal aufbringen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

23.37


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte.

 


23.37.11

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Angesichts der vorgeschrittenen Zeit in aller Kürze: Herr Kollege Brosz, ich verstehe zwar den Antrag, aber wir sitzen ja permanent im GO-Komitee. Meiner Mei­nung nach sind wir auch inhaltlich gut unterwegs. Wir haben zugegebenermaßen eini­ge Fragen zu klären – das stimmt, das ist überhaupt keine Frage. Wir haben jetzt be­reits, auch aufgrund der Erfahrungen, für die Neugestaltung oder andere Gestaltung, wie immer Sie es nennen wollen, der Untersuchungsausschüsse viele Ideen und Wün­sche vorliegen – das ist auch zwischen den Klubobmännern bereits besprochen wor­den –, und ich meine daher, diese Idee sollte da mit eingebracht werden. Dann werden wir schauen, dass wir gemeinsam zu einem Ergebnis kommen.

Ich lade jetzt schon dazu ein, dass wir diese Fragen – eine Punktation haben wir in Wirklichkeit schon, einige Punkte werden noch dazukommen – gemeinsam diskutieren. Das wird sicher eine interessante Diskussion. Dazu lade ich Sie alle sehr herzlich ein. (Beifall bei der SPÖ.)

23.38


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Karl. – Bitte.

 


23.38.00

Abgeordnete Mag. Dr. Beatrix Karl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kol­leginnen und Kollegen! Nach geltendem Recht obliegt es ja den Ausschüssen selbst, darüber zu entscheiden, ob und inwieweit ihre Verhandlungen sowie die von ihnen ge­fassten Beschlüsse vertraulich sind.

Entsprechend dem vorliegenden Antrag soll künftig die Präsidentin Protokolle von Sit­zungen, deren Vertraulichkeit vom Ausschuss beschlossen wurde, dennoch an Straf­verfolgungsbehörden übermitteln können. Die Ausschüsse werden somit in dieser An­gelegenheit von der Präsidentin overruled. Da muss man schon betrachten, ob das mit der bestehenden Systematik der Geschäftsordnung vereinbar ist.

Für eine solche Änderung der Geschäftsordnung besteht unseres Erachtens auch des­halb keine Notwendigkeit, weil schon jetzt im Bedarfsfall ein Ausschuss jederzeit zu­sammentreten kann, um die Vertraulichkeit aufzuheben. Wenn Sie nun eine Rück­wirkung in vorhergehende Gesetzgebungsperioden wollen, so muss man hier noch viel grundlegender diskutieren, ob wir eine Durchbrechung des Diskontinuitätsprinzips wollen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 283

Wir sind aber auch deshalb gegen die vorgeschlagene Lockerung der Vertraulichkeit, weil ja die diversen Untersuchungsausschüsse allesamt gezeigt haben, dass es die Vertraulichkeit zu stärken und nicht zu lockern gilt. Aber insgesamt wird uns ja die Dis­kussion betreffend Vertraulichkeit in unseren weiteren Geschäftsordnungsdiskussionen beschäftigen. Wie Kollege Pendl bereits angesprochen hat, werden wir auch darüber natürlich diskutieren. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

23.39


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Herbert Scheibner. – Bitte.

 


23.40.12

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen von der grünen Fraktion, es ist schon ein bisschen merkwürdig, wenn Sie sich heute, wo um diese Zeit zufälligerweise einmal mehr als die Hälfte Ihrer Fraktion anwesend ist, darüber aufregen (Abg. Mag. Kogler: Was heißt „zufällig“?) – ja, zufällig, Herr Kollege Kogler! –, dass einer unserer Abgeordneter als Sportsprecher bei einer Sportveranstaltung dabei ist. (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Ich sage, mehr als die Hälfte Ihrer Fraktion – mit Ausnahme der Klubführung, mit Aus­nahme des Abgeordneten Pilz, der, wie ich gehört habe, krank, aber nicht entschuldigt ist. (Neuerliche Zwischenrufe bei den Grünen.) Kehren Sie also einmal vor Ihrer eige­nen Tür, bevor Sie hier über andere sprechen und sich wichtig machen. (Beifall beim BZÖ. – Zwischenrufe bei den Grünen.)

Wenn Sie bei diesem Tagesordnungspunkt die Untersuchungsausschüsse anspre­chen, kann ich nur sagen: Sie von den Grünen haben mit Ihrem heutigen Abstim­mungsverhalten jede Autorität und Legitimität verloren, denn mit Ihrem Abstimmungs­verhalten heute haben Sie jeden Druck aus der Debatte bezüglich Untersuchungsaus­schüsse herausgenommen! Sie von den Grünen haben heute das Geschäft der Regie­rungsparteien gemacht, wenn es darum gegangen ist, Untersuchungsausschüsse handlungsfähig zu machen. Auch da reden Sie von den Grünen hier etwas – und han­deln ganz anders. (Beifall beim BZÖ.)

Was den Antrag selbst betrifft: Wir wissen, dass es ein Problem ist, wenn die Vertrau­lichkeit nur ein Ausschuss aufheben kann – und wenn der Ausschuss nach Ende einer Legislaturperiode nicht mehr besteht, dann ist einem solchen Ansuchen der Staatsan­waltschaft kaum mehr nachzukommen.

Wir haben das in der Präsidiale besprochen; das ist ein offenes Problem. Wir sind auch der Meinung, dass es da eine gesetzeskonforme Regelung geben sollte. Deswegen werden wir über diesen Antrag sehr intensiv diskutieren, und ich hoffe, dass auch die anderen Fraktionen, die in der Präsidiale dieser Intention grundsätzlich zugestimmt ha­ben, das ebenso machen werden. Es muss aber eine gesetzeskonforme Regelung sein – und auch eine Regelung, die trotzdem dem Vertraulichkeitsprinzip von Parla­mentsausschüssen, eben dort, wo das beschlossen ist, gerecht wird. (Beifall beim BZÖ.)

23.42


Präsident Fritz Neugebauer: Es liegt mir keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 836/A dem Geschäftsordnungsausschuss zu.

*****

Die Sitzung ist noch nicht beendet, wir brauchen noch ein paar Minuten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 284

23.42.30 Verlesung eines Teils des Amtlichen Protokolls

 


Präsident Fritz Neugebauer: Es liegt mir das schriftliche Verlangen von 20 Abgeord­neten vor, die vorgesehene Fassung des Amtlichen Protokolls betreffend Tagesord­nungspunkt 3, Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage: Bundes­gesetz, mit dem ein Postmarktgesetz erlassen und das KommAustria-Gesetz geändert wird, zu verlesen, damit dieser Teil mit Schluss der Sitzung als genehmigt gilt.

Ich werde daher so vorgehen und verlese nun den entsprechenden Teil des Amtlichen Protokolls:

„TO-Punkt 3: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (319 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem ein Postmarktgesetz erlassen und das KommAustria-Gesetz geändert wird (459 der Beilagen)

Es liegt das Verlangen von 20 Abgeordneten auf Verlesung des Amtlichen Protokolls hinsichtlich des Tagesordnungspunktes 3 vor.

Die Abgeordneten Hagen, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungsan­trag Beilage 3/1 EA ein.

Abstimmungen:

Zu TO-Punkt 3:

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 459 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung mehrstimmig (dafür S, V) angenommen.

Der Entschließungsantrag Beilage 3/1 EA wird abgelehnt (dafür F, B, G, Abg. Huber).“

*****

Erheben sich Einwendungen gegen die Fassung oder den Inhalt des Amtlichen Proto­kolls? – Das ist nicht der Fall.

Dieser Teil des Protokolls gilt daher gemäß § 51 Abs. 6 der Geschäftsordnung mit Schluss dieser Sitzung als genehmigt.

23.44.10 Einlauf

 


Präsident Fritz Neugebauer: In der heutigen Sitzung wurden die Selbständigen An­träge 859/A bis 869/A eingebracht.

Ferner sind die Anfragen 3733/J bis 3744/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung berufe ich für morgen, Donnerstag, den 19. November, 9 Uhr, ein.

Die Tagesordnung ist der im Saal verteilten schriftlichen Mitteilung zu entnehmen. Die Sitzung wird mit einer Fragestunde eingeleitet.

Diese Sitzung ist geschlossen.

23.44.29Schluss der Sitzung: 23.44 Uhr

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien