Parlament Österreich

 

 

 

 

Stenographisches Protokoll

 

 

 

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128. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXIV. Gesetzgebungsperiode

 

Freitag, 28. Oktober 2011

 

 


Stenographisches Protokoll

128. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIV. Gesetzgebungsperiode               Freitag, 28. Oktober 2011

Dauer der Sitzung

Freitag, 28. Oktober 2011: 9.00 –   9.02 Uhr

                                                                                                 12.05 – 15.29 Uhr

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderungen ................................................................................................................ 8

Geschäftsbehandlung

Unterbrechung der Sitzung .....................................................................................  9, 27

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ....................................................................................................... 8

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................... 8

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­kanz­ler betreffend Zukunftssicherungsschirm für Österreich statt Rettungsschir­me für EU-Pleitestaaten und marode Banken (1713/A)(E) ..................................................................................................................... 10

Begründung: Josef Bucher ........................................................................................... 12

Bundeskanzler Werner Faymann ............................................................................... 17

Debatte:

Mag. Ewald Stadler ...................................................................................................... 23

Dr. Josef Cap ........................................................................................................... ..... 27

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll ................................................................................ ..... 30

Heinz-Christian Strache ......................................................................................... ..... 32

Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ..... 35

Herbert Scheibner .................................................................................................. ..... 38

Kai Jan Krainer ....................................................................................................... ..... 40

Jakob Auer .............................................................................................................. ..... 42

Dr. Johannes Hübner ............................................................................................. ..... 43


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll128. Sitzung / Seite 2

Dr. Alexander Van der Bellen ................................................................................ ..... 46

Ing. Peter Westenthaler .......................................................................................... ..... 49

Mag. Christine Muttonen ....................................................................................... ..... 51

August Wöginger .................................................................................................... ..... 53

Bernhard Themessl ................................................................................................ ..... 54

Stefan Petzner ......................................................................................................... ..... 56

Dr. Christoph Matznetter ....................................................................................... ..... 58

Mag. Katharina Cortolezis-Schlager .................................................................... ..... 60

Dr. Martin Strutz ..................................................................................................... ..... 61

Dr. Ruperta Lichtenecker ....................................................................................... ..... 62

Ing. Robert Lugar .................................................................................................... ..... 65

Josef Bucher ........................................................................................................... ..... 68

Ing. Hermann Schultes ........................................................................................... ..... 68

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend unverzügliche Unterrichtung des Nationalrates über alle Vorhaben im Rahmen der EU – Ablehnung ..................................................................................................................................  48, 68

Entschließungsantrag (Misstrauensantrag) der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundeskanzler gemäß Artikel 74 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes – Ab­leh­nung ........................................................................  57, 69

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kai Jan Krainer, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung der Finanztransaktionssteuer bis 2014 und die weitestgehende Differenzierung von traditionellen Bankgeschäften und Investmentgeschäften – Annahme (E 207) .....................................................................................................................  64, 69

Ablehnung des Selbständigen Entschließungsantrages (1713/A)(E) ............................ 68

Eingebracht wurden

Petition ............................................................................................................................ 9

Petition betreffend „Errichtung einer Polizeiinspektion (Wachzimmer) in der Innenstadt der Stadt Krems“ (Ordnungsnummer 127) (überreicht vom Abge­ordneten Ewald Sacher)

Regierungsvorlagen ..................................................................................................... 8

1498: Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Berufs­aus­bildungsgesetz und das Landarbeitsgesetz 1984 geändert werden

1499: Bundesgesetz, mit dem das Zahnärztegesetz, das Zahnärztekam­merge­setz, das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz, das Bildungsdokumentations­ge­setz und das Berufsausbildungsgesetz geändert werden (Zahnärztliche Assis­tenz-Gesetz)

Berichte ........................................................................................................................... 9

Vorlage 75 BA: Monatserfolg September 2011; BM f. Finanzen

III-277: Bericht, Reihe Bund 2011/10; Rechnungshof


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll128. Sitzung / Seite 3

Anträge der Abgeordneten

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zukunftssicherungsschirm für Österreich statt Rettungsschirme für EU-Pleitestaaten und marode Banken (1713/A)(E)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erleichterung der thermi­schen Sanierung von kommunalen Nicht-Wohnbauten (WGG) und Geschäftsfeld der Wohnbaubanken (1714/A)(E)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erleichterung der thermi­schen Sanierung von kommunalen Nicht-Wohnbauten (WGG) und Geschäftsfeld der Wohnbaubanken (1715/A)(E)

Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anhebung des Wochengeldes für Unternehmerinnen (1716/A)(E)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1951 und das Agrarverfahrensgesetz geändert werden (1717/A)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1951 und das Agrarverfahrensgesetz geändert werden (1718/A)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1951 und das Agrarverfahrensgesetz geändert werden (1719/A)

Anfragen der Abgeordneten

Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Verfahren gegen den Bürgermeister der Marktgemeinde Windischgarsten (9603/J)

Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend politische und abfall­wirt­schaftliche Maßnahmen der Bundesregierung zu Elektroschrott und Energiespar­lampen (9604/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Vollziehung der Ersatzbestimmung für das anti-homosexuelle Sonderstraf­gesetz § 209 StGB (§ 207b StGB) (9605/J)

Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Nachfrage zur AB betreffend EU-weite Telefonhotline vermisste Kinder (9606/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Aufwen­dungen für Kabinette und Beratungsverträge 2010 (9607/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend Aufwendungen für Kabinette und Beratungs­ver­träge 2010 (9608/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Aufwendungen für Kabinette und Beratungs­verträge 2010 (9609/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll128. Sitzung / Seite 4

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Aufwendungen für Kabinette und Beratungs­ver­träge 2010 (9610/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betref­fend Aufwendungen für Kabinette und Beratungsverträge 2010 (9611/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betref­fend Aufwendungen für Kabinette und Beratungsverträge 2010 (9612/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Aufwendungen für Kabinette und Beratungsverträge 2010 (9613/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Aufwendungen für Kabinette und Beratungsverträge 2010 (9614/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidi­gung und Sport betreffend Aufwendungen für Kabinette und Beratungsverträge 2010 (9615/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Aufwendungen für Kabinette und Beratungsverträge 2010 (9616/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Aufwendungen für Kabinette und Beratungsverträge 2010 (9617/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Aufwendungen für Kabinette und Beratungs­verträge 2010 (9618/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Aufwendungen für Kabinette und Beratungsverträge 2010 (9619/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Aufwendungen für Kabinette und Beratungsverträge 2010 (9620/J)

Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend jahre­lange Asylverfahren Asylgerichtshof (9621/J)

Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend jahrelange Asylverfahren (9622/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Totalherbizid Glyphosat (9623/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Totalherbizid Glyphosat (9624/J)

Stefan Petzner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „eine Art Kronzeugenregelung“ für Josef Kircher und Interventionen bei der Justiz (9625/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Staatspolizeiliche Vormerkungen (§ 53 SPG)“ (9626/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll128. Sitzung / Seite 5

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Medienkooperation“ und Anzei­genkampagne mit diversen Firmen (9627/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Werbekosten des AMS (9628/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Extreme Linke: Die SLP als fünfte Kolonne der SPÖ (9629/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend „Der Funke“ – dunkelroter Rand der SPÖ (9630/J)

Alois Gradauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Ärztebedarfsstudie (9631/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend „Beste Tagesbetreuung an unseren Schulen“, Inserat in „Heute“ vom 20. Oktober 2011 (9632/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­ver­teidigung und Sport betreffend Mobilfunkverträge beim österreichischen Bun­desheer (9633/J)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Gerichtsverfahren gegen straffällige Fremde in Tirol (9634/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Angekaufte Steuersünder-CD’s in Deutschland – Gerichtliche Finanzstraf­verfahren in Österreich?“ (9635/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Ton- und Wurftauben – ein Umweltrisiko?“ (9636/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Personal- und Infrastrukturentwicklung in den Rektoraten und der Verwaltung der österreichischen Universitäten seit Inkrafttreten des UG 2002 (9637/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft und Forschung betreffend Refundierung der gedeckelten Studiengebühren­ersätze von 157 Millionen € gemäß § 141 UniRÄG-2009 an die österreichischen Uni­versitäten (9638/J)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend Gehaltsrechner (9639/J)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend Kosten für Gehaltsrechner (9640/J)

Elmar Podgorschek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Zurechnung von Kapitalgesellschaften und Leasingausgaben zu den Maastrichtschulden (9641/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend einheitliche Parameter als Grundlage für den Finanzausgleich (9642/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll128. Sitzung / Seite 6

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend die Höhe der Rücklagen des Ministeriums und deren Verwendung (9643/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für euro­päische und internationale Angelegenheiten betreffend die Höhe der Rücklagen des Ministeriums und deren Verwendung (9644/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend die Höhe der Rücklagen des Ministeriums und deren Verwendung (9645/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend die Höhe der Rücklagen des Ministeriums und deren Verwendung (9646/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend die Höhe der Rücklagen des Ministeriums und deren Verwendung (9647/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend die Höhe der Rücklagen des Ministeriums und deren Verwendung (9648/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend die Höhe der Rücklagen des Ministeriums und deren Verwendung (9649/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend die Höhe der Rücklagen des Ministeriums und deren Verwendung (9650/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Höhe der Rücklagen des Ministeriums und deren Verwendung (9651/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend die Höhe der Rücklagen des Ministeriums und deren Verwendung (9652/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Höhe der Rücklagen des Ministeriums und deren Verwendung (9653/J)

Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Einsatz von Antibiotika bei der Fütterung in der Nutztierhaltung (9654/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Verwüstung von Friedhöfen und Beschädigung von Gräbern 2010“ (9655/J)

Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend das BUWOG-Verfahren (9656/J)

Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend das BUWOG-Verfahren (9657/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend SLP als fünfte Kolonne der SPÖ (9658/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Partei „Hizb ut Tahrir“ (9659/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll128. Sitzung / Seite 7

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend die Demonstration gegen den Bundesparteitag der FPÖ in Graz (9660/J)

Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesund­heit betreffend Kuraufenthalte von Kindern (9661/J)

Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend die bisherigen Erfahrungen mit der sogenannten elektronischen Fußfessel (9662/J)

Stefan Petzner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Social-Media-Offensive des österreichischen Bundeskanzlers, Faymann 2.0 (9663/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend rot-schwarzen Postenschacher und Privilegien in der Oesterreichischen Nationalbank (9664/J)

Zurückgezogen wurde die Anfrage der Abgeordneten

Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Verfahren gegen den Bürgermeister der Marktgemeinde Windischgarsten Ing. Norbert Vögerl (9530/J) (Zu 9530/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Franz-Joseph Huainigg, Kolleginnen und Kollegen (9080/AB zu 9232/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen (9081/AB zu 9237/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (9082/AB zu 9253/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (9083/AB zu 9256/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (9084/AB zu 9365/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Heinz-Peter Hackl, Kolleginnen und Kollegen (9085/AB zu 9409/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (9086/AB zu 9247/J)


 


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll128. Sitzung / Seite 8

09.00.08Beginn der Sitzung: 9 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Fritz Neugebauer.

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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich eröffne die 128. Sitzung des Nationalrates, die aufgrund eines ausreichend unterstütz­ten Verlangens gemäß § 46 Abs. 6 des Geschäftsordnungsgesetzes einberufen wurde.

Die Amtlichen Protokolle der 124. Sitzung vom 19. und 20. Oktober 2011 sowie der 125., 126. und 127. Sitzung vom 20. Oktober 2011 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Bayr, Dr. Kräuter, Dr. Bartenstein, Mag. Donnerbauer, Durchschlag, Großruck, Hörl, Dr. Graf, Ing. Hofer, Kunasek, Linder, Mag. Musiol, Mag. Schwentner und Dr. Walser.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Der Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos wird durch die Bundesministerin für Frauen und Öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek, die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures wird durch die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied und der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung Dr. Karlheinz Töchterle wird durch die Bundesministerin für Inneres Mag. Johanna Mikl-Leitner vertreten.

Ferner gebe ich die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung, welche sich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhalten, wie folgt bekannt:

Der Vizekanzler und Bundesminister für europäische und internationale Angelegen­hei­ten Dr. Michael Spindelegger wird durch die Bundesministerin für Finanzen Dr. Maria Fekter vertreten.

09.01.57Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsge­genstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Ge­schäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 9603/J bis 9634/J;

Zurückziehung: 9530/J;

2. Anfragebeantwortungen: 9080/AB bis 9086/AB;

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Berufsausbildungsgesetz und das Landarbeitsgesetz 1984 geändert werden (1498 d.B.),


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll128. Sitzung / Seite 9

Bundesgesetz, mit dem das Zahnärztegesetz, das Zahnärztekammergesetz, das Kran­ken­anstalten-Arbeitszeitgesetz, das Bildungsdokumentationsgesetz und das Berufs­ausbil­dungsgesetz geändert werden (Zahnärztliche Assistenz-Gesetz) (1499 d.B.).

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Budgetausschuss:

Monatserfolg September 2011, vorgelegt von der Bundesministerin für Finanzen (Vorlage 75 BA);

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 127 betreffend „Errichtung einer Polizeiinspektion (Wachzimmer) in der Innenstadt der Stadt Krems“, überreicht vom Abgeordneten Ewald Sacher;

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Rechnungshofausschuss:

Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2011/10 (III-277 d.B.).

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09.02.17Ankündigung eines Dringlichen Antrages

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der Klub des BZÖ hat gemäß § 74a Abs. 2 der Geschäftsordnung das Verlangen gestellt, den zum gleichen Zeitpunkt eingebrachten Selbständigen Antrag 1713/A(E) der Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zukunftssicherungsschirm für Österreich statt Rettungsschirme für EU-Pleitestaaten und marode Banken dringlich zu behandeln.

Der Aufruf des Dringlichen Antrages wird um 12 Uhr erfolgen.

Die Sitzung wird von 12.05 Uhr bis 13 Uhr sowie von 13.15 Uhr bis 14.25 Uhr auf ORF 2 live übertragen. Ab 14.25 Uhr läuft die Übertragung auf ORF III bis zum Sitzungsschluss weiter.

Ich unterbreche die Sitzung bis 12 Uhr.

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09.02.53

(Die Sitzung wird um 9.02 Uhr unterbrochen und um 12.05 Uhr wieder aufge­nommen.)

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Präsidentin Mag. Barbara Prammer (das Glockenzeichen gebend): Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll128. Sitzung / Seite 10

12.05.40Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­kanz­ler betreffend Zukunftssicherungsschirm für Österreich statt Rettungs­schirme für EU-Pleitestaaten und marode Banken (1713/A)(E)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung des Selbständigen Antrags 1713/A(E).

Da dieser inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführerin.

Der Dringliche Antrag hat folgenden Wortlaut:

Die bislang bekannt gewordenen Ergebnisse des EU-Gipfels vom 26. Oktober 2011 sind enttäuschend. Wieder werden für die Rettung Griechenlands und der Banken hunderte Milliarden Euro auf Kosten der Steuerzahler zur Verfügung gestellt und schon mehr als eine Billion Euro riskiert, ohne dass angesichts der unverändert bedrohlichen Situation etlicher Euro-Länder damit die Sicherung des Euro gewährleistet wäre. Gleichzeitig droht eine neuerliche Kreditklemme mit entsprechenden Nachteilen bis hin zum Eigentumsverlust für die Wirtschaft und die Bürger. Das Bedrohungsszenario wird von der demokratisch mangelhaft legitimierten EU-Kommission darüber hinaus ge­nutzt, um einen weiteren deutlichen Zentralisierungsschub in der EU durchzusetzen. Änderungen des EU-Vertrags in Richtung einer zentral gelenkten Haushalts- und Wirtschaftspolitik wurden eingeleitet.

Alles dies wurde entgegen monatelanger Ankündigungen von den Vertretern der öster­reichischen Bundesregierung in Brüssel - allen voran von Bundeskanzler und Finanzministerin - offenbar widerspruchslos unterstützt, obwohl Österreich für die zusätzlichen Lasten neue Kredite aufnehmen muss und die Staatsverschuldung ohnehin bereits ein Ausmaß erreicht hat, das zukünftige Generationen belastet. Der Nationalrat wurde in die Entscheidungsfindung nur pro forma einbezogen: Die ent­scheidenden Dokumente werden ihm bis heute vorenthalten, die Bundesregierung sieht keine Veranlassung, auch nur eine Erklärung über die schon gefällten Ent­scheidungen abzugeben.

Der Bundeskanzler muss vom BZÖ gezwungen werden, vor dem Nationalrat überhaupt zu erscheinen; von einem Mitspracherecht des Nationalrats, wie es etwa in Deutschland gegeben ist, ist überhaupt keine Rede.

Die Lage wird also für die Österreicherinnen und Österreicher immer bedrohlicher - sowohl was die finanziellen Belastungen betrifft, als auch wegen der bevorstehenden Souveränitätsverluste. Es wäre daher mehr als notwendig, dass der österreichische Nationalrat endlich einen Zukunftsschutzschirm aufspannt, der sicherstellt, dass Repräsentanten Österreichs im Rahmen von Gipfelsitzungen in Hinkunft nicht mehr die Zukunft kommender Generationen aufs Spiel setzen können.

Das BZÖ schlägt daher folgendes vor:

Informationspflichten an den Nationalrat

Die Bundesregierung soll in Hinkunft verpflichtet werden, den Nationalrat umfassend über sämtliche Gipfelvorbereitungen und -ergebnisse zu informieren und in wichtigen Fragen die offizielle Linie gegenüber der EU auch durch entsprechende Anträge abstimmen zu lassen.

Volksabstimmung


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll128. Sitzung / Seite 11

Es reicht nicht, Volksabstimmungen aus populistischen Gründen in Aussicht zu stellen. Zu zentralen Fragen der Zukunft Österreichs sollen Volksabstimmungen verbindlich abgehalten werden müssen.

Schuldenbremse

Zum Selbstschutz der Regierungspolitiker vor den eigenen Begehrlichkeiten, bzw. den Begehrlichkeiten ihrer Kollegen, muss in der Bundesverfassung eine verbindliche Schuldengrenze mit Sanktionen festgeschrieben werden.

Bankenrettungspaket

Beim EU-Gipfel vom 26. Oktober 2011 wurde unter Anderem beschlossen, dass die Banken einerseits 50 Prozent der Schulden Griechenlands nachlassen, andererseits ihre Eigenkapitalquote auf neun Prozent Kapital höchster Güte und nach Berück­sichtigung des Marktwerts von Staatsanleihen steigern müssen.

Für die österreichischen Banken ergäbe sich demnach ein Kapitalbedarf von geschätz­ten drei Mrd. Euro. Das bedeutet: Weitere Auszahlungen aus dem Bankenret­tungspaket werden notwendig werden. Schon allein im Hinblick auf die Gefahr des Entstehens einer Kreditklemme für die Wirtschaft, werden die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ein weiteres Mal in den sauren Apfel beißen müssen. Es muss aber sichergestellt sein, dass die Fehler des ersten Bankenpakets, wie etwa die Nicht-Begrenzung der Bonuszahlungen, bloßes Partizipationskapital statt Erwerb von Mit­eigentum, keine Trennung von Kommerz- und Investmentbanken etc. nicht wiederholt werden.

Aus den genannten Gründen stellen die unterzeichneten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat Gesetzesvorschläge zur Sicherung der Zukunft Österreichs (Zukunftsrettungsschirm) ehebaldigst zur Be­schluss­fassung vorzulegen, die zumindest folgende Regelungen beinhalten müssen:

Verpflichtung der Bundesregierung, den Nationalrat unter Vorlage aller Papiere und Vorschläge in die Entscheidungsfindung vor einem EU-Gipfel vollwertig durch einen verpflichtenden Beschluss über das Verhandlungsmandat einzubeziehen und über die Ergebnisse von EU-Gipfeln zu informieren.

Verpflichtende Volksabstimmungen für alle Beschlüsse auf EU-Ebene, die die bestehenden EU-Verträge ändern oder Österreich zu Zahlungen und Haftungen verpflichtet, die größer als zehn Prozent der Einnahmen des Bundes sind.

Verankerung von Höchstgrenzen für Verschuldung und Neuverschuldung in der Bun­desverfassung mit Sanktionen.

Festlegung von gesetzlich genau bestimmten Auflagen und Bedingungen für das Ban­kenrettungspaket samt effizienten Sanktionsmechanismen bei Verstößen dagegen:

Festschreibung von Obergrenzen für die Vergütung der Organe, Angestellten und wesentlichen Erfüllungsgehilfen

Verbot, hypothekarisch besicherte Kredite zur Umwandlung von Schuldtiteln in Eigenkapital fällig zu stellen

Miteigentum des Staates statt Partizipationskapital

Festschreibung der maximalen Differenz von Soll- und Habenzinsen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll128. Sitzung / Seite 12

Strikte Trennung von Kommerz- und Investmentbanken in gesellschaftsrechtlicher und organisatorischer Hinsicht.

Staatliche Hilfen nur mehr für Geschäfts- bzw. Kommerzbanken.

Schaffung eines eigenen Insolvenzrechts für Banken.

Einführung einer Finanztransaktionssteuer.“

In formeller Hinsicht wird verlangt, diesen Antrag gemäß § 74a iVm § 93 Abs. 2 GOG-NR zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu behandeln und dem Erstantragssteller die Gele­genheit zur mündlichen Behandlung zu geben.

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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich erteile Herrn Klubobmann Bucher als Antragsteller zur Begründung des Dringlichen Antrages das Wort. Gemäß § 74 Abs. 5 der Geschäftsordnung darf die Redezeit 20 Minuten nicht übersteigen. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


12.06.15

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Die Klänge der Alarmglocken sind mehr als berechtigt. (Beifall beim BZÖ.)

Seitens des BZÖ haben wir diese Sondersitzung einberufen, weil es, glaube ich, nicht dringlicher sein kann und nichts Dringlicheres geben kann, als die Beschlüsse zu beraten, die letzten Mittwoch auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs getroffen worden sind. Es ist an und für sich traurig, Herr Bundeskanzler, dass es hier im Plenum, hier im Parlament das BZÖ braucht, damit man von Ihnen eine Regie­rungserklärung bekommt zu all diesen Beschlüssen und zu all diesen Geld­vernich­tungsmaßnahmen, die Sie vor wenigen Stunden beschlossen haben. (Beifall beim BZÖ.)

Es ist sehr, sehr bedauerlich, dass Sie sich nicht dazu breitschlagen ließen, eine Regierungserklärung abzugeben, denn Sie sind es ja, der immer wieder auch kritisiert, dass in der Öffentlichkeit die Diskussion über die Rettung des Euro, über die Rettung der Banken und über die Rettung Griechenlands völlig falsch läuft. Es wäre also an der Bundesregierung gelegen, es wäre am Bundeskanzler gelegen, Informationspolitik zu betreiben. Aber was machen Sie? – Sie schalten jetzt im Herbst Inserate über ein gesünderes Essen am Beispiel der Kürbisse. Das ist Ihre Informationspolitik! (Beifall beim BZÖ.)

Und das ist der Fehler Ihrer Informationspolitik, dass Sie sich nicht getrauen, den Menschen reinen Wein einzuschenken, die Menschen, die Bürger darüber zu infor­mieren, welche Maßnahmen auf europäischer Ebene getroffen werden, um die Banken zu retten, in erster Linie die Banken zu retten.

In Deutschland funktioniert das anders. Wir haben das mitverfolgen können: Am Montag und Dienstag dieser Woche sind im Deutschen Bundestag umfangreiche Debatten darüber abgehalten worden und ist die Frau Bundeskanzlerin Merkel autorisiert worden, die Beschlüsse zu treffen.

Nicht so in Österreich. In Österreich genügt eine einstündige Beratung im Haupt­ausschuss, wo sich der Herr Bundeskanzler hinsetzt und uns abspeist mit ein paar nebulösen Bemerkungen darüber, was eintreffen könnte, was aber auch nicht eintreffen könnte, wo es keine klare Grundsatzhaltung und -linie dieser Bundesre­gierung gibt und wo auch im Vorfeld immer wieder falsche Einschätzungen ans Tageslicht gebracht werden.


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Was haben wir in den letzten Monaten im Zuge dieser Debatte nicht alles von der Regierungsbank gehört! Da war die Rede davon, keinen Schuldenschnitt zuzulassen, Frau Finanzministerin. Kein Schuldenschnitt mit mir!, haben Sie gesagt. (Zwischen­bemerkung von Bundesministerin Dr. Fekter.) Ihr Vorgänger hat gesagt, ein gutes Geschäft, ein gutes Geschäft für die Republik wird das mit Griechenland. – All das haben wir von der Regierungsbank gehört.

Der Herr Bundeskanzler hat gesagt, ja, da wird ein Rettungsschirm gemacht, der aber niemals in Anspruch genommen werden wird. – Auch Worte unseres Bundeskanzlers.

Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Herr Bundeskanzler! Was liegt da näher, als Ihnen unser Misstrauen auszusprechen? Sie sind nicht in der Lage, die richtigen Schlussfolgerungen aus dieser Krise zu ziehen und die richtigen Maßnahmen abzuleiten! (Beifall beim BZÖ. – Abg. Strache: ... noch abgelehnt vor ein paar Wochen!)

Sie haben ja nicht einmal ein geeignetes Konzept zur Hand, das Sie selbstbewusst auf europäischer Ebene, wenn Sie nach Europa fahren, wie Sie es immer behaupten, dort auch darlegen. Sie haben keine eigenen Positionen, weder zur Euro-Rettung noch zur Rettung Griechenlands oder auch zur Rettung der Banken. Das Einzige, was Ihnen einfällt, ist, unentwegt die Schatulle aufzumachen, Schuldscheine und Geld zu drucken und dieses nach Griechenland zu transportieren und in marode Banken zu stecken.

28 Milliarden €, meine sehr geehrten Damen und Herren – Geld, das wir nicht haben! –, Zahlungsverpflichtungen in dieser Höhe haben dieser Bundeskanzler und diese Frau Finanzministerin zu verantworten. Das ist ein Schuldenberg (Zwischenruf des Abg. Krainer), den Sie in Ihrer Verantwortung gar nicht mehr realisieren werden können. Das werden ja die nächsten Generationen von Politikern noch zu spüren bekommen und vor allem die Steuerzahler der nächsten Generationen, unsere Kinder und Enkelkinder. Die werden zu Bürgen gemacht. Die werden nicht mehr Bürger, sondern Bürgen von Österreich heißen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall beim BZÖ.)

Ich höre ja jetzt schon die Rechtfertigungssprüche unseres Bundeskanzlers und viel­leicht auch der Finanzministerin: Meine Damen und Herren von der Opposition, sehen Sie doch, die Kurse bewegen sich nach oben! – Das wird jetzt Ihre Masche sein. Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen gleich vorweg: Die Kurse sind nach jedem Gipfel einen Tag hinauf gegangen – aber am nächsten Tag waren sie schon wieder herunten.

Heute können Sie die Kursentwicklungen mitverfolgen: Die Kurse sind bereits wieder im Sinkflug, weil man kein Vertrauen in die Lösungskompetenz der europäischen Politik mehr hat. Das ist die Realität, vor der wir stehen. (Beifall beim BZÖ.)

Und diese Jubelmeldungen auch heute in den Zeitungen, die werden noch Lügen gestraft werden, denn das, was am Mittwoch beschlossen wurde, ist ein Riesenbluff. Ein Riesenbluff! Es ist nichts anderes als eine Beruhigungspille für die Märkte, und in erster Linie ist es ein neuerlicher Rettungsschirm, eine Rettungsaktion für die Banken. Nicht anders ist es ja zu verstehen, wenn in den Bemerkungen des Präsidenten des Europäischen Rates, Van Rompuy, zu lesen ist – das ist ein Originaldokument, das hoffentlich jeder hat (der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe) –: „Übergeordnetes Ziel der Maßnahmen ist es, das Vertrauen in den europäischen Bankensektor zu stärken.“

Der Schlusssatz dieses Schreibens: „Mit diesen Maßnahmen stellen wir das Vertrauen wieder her und stellen den Bankensektor Europas auf eine solide Grundlage.“

Es ist völlig klar, dass die zentrale Maßnahme dieses Beschlusses war, den Banken neuerlich Geld zuzuschießen und den Banken zu helfen, die Banken aufzufangen,


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denn Sie wissen, dass vor allem französische Banken davon betroffen waren, aber auch deutsche Banken.

Und was hat der österreichische Steuerzahler davon? Wo ist der Vorteil für die Bürgerinnen und Bürger in Österreich? Das erklären Sie uns einmal so, dass es auch mit einfachen Darstellungen verstanden werden kann! – Es ist kein Geschäft für den Steuerzahler, Frau Finanzministerin, und es wird alles schlagend werden, was Sie hier an Zahlungen versprochen haben.

Jetzt kommt dieser Haircut, jetzt kommt dieser Schuldenschnitt, Frau Finanzministerin, der Schuldenschnitt, den Sie immer abwenden wollten. Und dieser Schuldenschnitt, der trifft nicht die Banken, meine sehr geehrten Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen, der trifft den öffentlichen Sektor. Der trifft in letzter Konsequenz einzig und allein den Steuerzahler. Die Einzigen, die ungeschoren davonkommen, sind die Ban­ken. – Also kein Haircut für die Banken, sondern eine neuerliche Nachschusspflicht für den Steuerzahler. (Beifall beim BZÖ.)

Das ist Geldversenkung vor den Stränden Griechenlands, weil das Geld ja nicht einmal in Griechenland ankommen wird. Sehen Sie sich doch die Bilder von Griechenland an, die uns überliefert werden! Dort haben die Menschen nichts von all diesen Hilfsmaß­nahmen, die Sie hier beschlossen haben. Das Geld kommt dort nicht bei den Menschen an, sondern die gehen auf die Straße. Und was ist auf den Transparenten dieser Protestmärsche zu lesen? – Ausstieg aus der Europäischen Union! Wir wollen keine Bevormundung! Wir wollen kein Kuratel vonseiten der Europäischen Union haben! – Das ist also eine völlig falsche Hilfsmaßnahme, die die Menschen natürlich auch so wahrnehmen.

Wenn Sie das einmal zurückverfolgen: Im Jahr 2010 war das Hilfspaket für Griechen­land 110 Milliarden. Jetzt waren es noch einmal 109 Milliarden. In Summe sind es dann 220 Milliarden €, die zur Verfügung gestellt worden sind. Jetzt kommt die Troika, also EZB, Europäische Kommission und Internationaler Währungsfonds, zu dem Ergebnis, dass das Geld nicht reichen wird, dass der Finanzbedarf Griechenlands bis zum Jahr 2020 in Wahrheit 440 Milliarden € ausmacht, das heißt das Doppelte. Sie werden also nachschießen müssen. Der nächste Gipfel kommt bestimmt, meine sehr geehrten Damen und Herren, wo Sie noch einmal draufdoppeln werden müssen.

Das heißt, das ist eine Verschuldung auf Dauer. Sie werden wieder nachschießen und nachschießen. Das Geld wird nicht reichen. Griechenland ist da buchstäblich ein Fass ohne Boden, wo niemand weiß, wohin die Milliarden fließen, die Sie unentwegt oben hineinschütten. Das Geld kommt weder in Griechenland noch bei den Menschen an, meine sehr geehrten Damen und Herren. Und das ist die unfassbare Realität, vor der wir stehen. (Beifall beim BZÖ.)

Da ich die Troika erwähnt habe – also Europäische Zentralbank, EU-Kommission und Internationaler Währungsfonds –: Wo ist denn der Bericht der Troika, Herr Bun­deskanzler? Den hätten wir auch gerne einmal gesehen. Wir lesen Inhalte dieses Be­richts in den Pressemeldungen, aber der österreichische Nationalrat, der die Entschei­dungen zu treffen hat (Abg. Ing. Westenthaler: Der hat ihn selber nicht!), der hat keinen Bericht, auf dessen Grundlage man sich eine Meinung bilden kann! (Zwischen­ruf des Abg. Kickl.)

Ja, was steckt denn da dahinter, wenn man uns einen Bericht nicht gibt? – Es ist das Wissen, dass der Internationale Währungsfonds mittlerweile eine andere Ansicht vertritt als die Europäische Kommission und die Europäische Zentralbank, die ja unter dem Joch der europäischen Staats- und Regierungschefs stehen. Der IWF sagt nämlich, dass das Geld , das Sie beschlossen haben, lange nicht reichen wird. Des-


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halb rücken Sie mit diesem Bericht nicht heraus. Deshalb bekommen wir nicht die wahre und klare Einschätzung der Troika.

Das versteht im Grunde niemand, dass Sie nicht mit offenen Karten spielen, dass Sie nicht gewillt und nicht bereit sind, uns die Wahrheit zu sagen und uns klar zu sagen, worauf wir uns in Europa in nächster Zukunft alles einstellen müssen. – Das ist die Wahrheit, und das werfen wir Ihnen vor, und deshalb haben wir dieses Misstrauen Ihnen gegenüber. (Beifall beim BZÖ.)

Jetzt wird also eine Rettungsaktion erfolgen, die wieder die Banken rettet. 100 Milliar­den €, sagen Sie, soll der Haircut ausmachen, das Geld, auf das die Banken ver­zichten müssen. In Wahrheit bekommen sie jetzt für diese 100 Milliarden € wieder eine Refinanzierung von 100 Milliarden €.

Sie wissen, dass dieses Konstrukt, diese angebliche Bankenrettung eine Rettungs­aktion ist, die den Banken in Wahrheit Profite verschafft und den Banken nützt. Darauf wird Kollege Stadler heute noch einmal ganz im Detail eingehen und Ihnen erklären, was da tatsächlich dahintersteckt, dass das nicht nur eine Bankenrettungsaktion ist, sondern dass es ein Profit ist, der dabei unterm Strich für die Banken noch herausschaut, weil ja völlig klar ist: Das Beratergremium, das Sie umgibt, sowohl in Österreich als auch auf Ebene der Europäischen Union, besteht ja aus Bankern! Die wissen schon, was sie Ihnen anraten, und Sie fallen auch noch darauf rein. In letzter Konsequenz bezahlt das alles der Steuerzahler, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall beim BZÖ.)

Das ist deshalb so absurd, weil Sie jetzt Geld drucken, die Gelddruckmaschinen anlaufen, während die Inflation nach oben geht und dann der „kleine Mann“ nicht nur in Form von Steuern, sondern auch in Form von Inflation das alles auszubaden hat.

Da frage ich mich schon: Wo bleibt denn da die Solidarität mit den Menschen, die heute schon nicht mehr mit dem Geld auskommen? Das ist doch Ihre Klientel, die Klientel der SPÖ! Sie gehen doch immer davon aus, dass Sie die Beschützer dieser kleinen Einkommensbezieher sind. Das müssen Sie doch zu hören bekommen, wenn Sie mit den Menschen in Dialog treten. Die sagen Ihnen doch auch nichts anderes als uns: dass sie mit dem Geld nicht mehr auskommen, dass alles furchtbar teurer wird und dass das ein Schmäh ist, wenn heute ein Forschungsinstitut hergeht und sagt, die Inflation beträgt 3 Prozent.

In Wahrheit ist die Inflation ja fast zweistellig, meine sehr geehrten Damen und Herren, und die Menschen kommen mit dem Einkommen nicht mehr aus. Daher sehen sie es auch nicht ein, dass unentwegt für Banken und marode Länder ihr Steuergeld, das sie hart erwirtschaften und verdienen müssen, aufgezehrt und aufgebraucht wird. (Beifall beim BZÖ.)

Diese Bankenrettung hat einige absurde Blüten. Man hat gesagt, um die Banken zukunftsfit zu machen, muss man ihnen die Eigenkapitalbildung ermöglichen, sie erleichtern und auf 9 Prozent erhöhen. – Das wird neuerlich Geld kosten. Sie wissen doch, dass derzeit im privaten Sektor wenig Anleger zu finden sind, um den Banken Geld zur Verfügung zu stellen. Das heißt, es wird wieder die öffentliche Hand einspringen müssen, um den Banken diese Eigenkapitalbildung zu ermöglichen.

Viele Experten, auch Goldman Sachs, gehen davon aus, dass die europäischen Ban­ken 300 Milliarden € brauchen werden. Allein die österreichischen Banken brauchen zusätzlich 3 Milliarden €. Das, meine Damen und Herren, ist wiederum Geld, das vom Steuerzahler zur Verfügung gestellt wird, um den Banken aus der Patsche zu helfen. Der Steuerzahler wird die Banken neuerlich refinanzieren, und die Banken sind in Wirklichkeit die eigentlichen Profiteure dieser Rettungsmaßnahmen, die auf euro­päi-


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scher Ebene getroffen worden sind. Daher, Herr Bundeskanzler, verstehe ich nicht, dass Sie nach der Devise „Vogel-Strauß-Politik am Ballhausplatz“ vorgehen: Kopf einziehen, in den Sand stecken, hinter mir die Sintflut! Die EU 2 – Merkel und Sarkozy – werden es schon richten. Die zwei werden es schon richten. (Abg. Ing. Westenthaler: So ist es!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Zukunft werden wir nicht mehr EU 2 haben, sondern in Zukunft werden wir EU 1 haben, denn all diese Bestrebungen, all diese Maßnahmen führen längerfristig dazu, dass wir in Brüssel eine Zentralregierung haben, die Eingriffsrechte hat. Nichts anderes demonstrieren Sie mithilfe all dieser Beispiele, die Sie auf europäischer Ebene abziehen. Das geht geradeaus in Richtung Zentralregierung, vollkommen klar, und zwar nicht nur in Richtung Vereinigte Staaten von Europa – sage ich Ihnen –, sondern das hat eher einen Charakter wie in der ehemaligen Sowjetunion. Das muss man sich vor Augen führen, schon allein aufgrund der Namensbezeichnungen. „Kommissar“, „Rat“, das erinnert doch alles an die Sowjetunion von damals. Das hat mit dem europäischen Einheitsgedanken überhaupt nichts mehr zu tun, und das wollen wir den Menschen in Österreich ersparen. Wir wollen ihnen Klarheit verschaffen und die Wahrheit sagen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Ich bin auch hoffnungsfroh, Herr Bundeskanzler, da Sie aus den letzten Haupt­ausschuss-Debatten zumindest eines mitgenommen haben: unseren Vorschlag, was die Bankenordnung in Österreich, aber auch auf europäischer Ebene betrifft, endlich diese Trennung bei den Banken durchzuführen, das heißt, die Banken in Investment­banken und Kommerzbanken aufzuteilen. Ich sehe nämlich nicht ein, warum der Steuerzahler für Spielbanken, für Investmentbanker haften soll. Das ist doch unredlich! Das können Sie als Sozialdemokrat nicht wirklich aufrichtig vertreten wollen! Das ist doch Unsinn! Ich darf hoffen, dass Sie endlich auch die Finanztransaktionssteuer auf europäische Ebene forcieren, damit wir Ordnung in das Finanzsystem bekommen.

Wenn Sie zusätzlich den Banken Eigenkapital zur Verfügung stellen, dann sollen Sie auch einmal darüber nachdenken, nicht stimmrechtloses, sondern Stimmrechtskapital zur Verfügung zu stellen, damit Sie Eingriffsmöglichkeiten in die Bank haben, die Geld vom Steuerzahler bekommt. Ich spreche nicht von reiner Verstaatlichung, sondern ich spreche davon, dass Sie, wenn Sie Geld vom Steuerzahler geben, auch ein Mit­spracherecht bekommen. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Kopf: Zur Verstaatlichung?! – Abg. Strache: Auch der Rechnungshof soll prüfen!) Derzeit haben wir in den Aufsichtsräten der Banken Kommissare sitzen, die nicht einmal eine Frage stellen dürfen. Deshalb kommt auch diese Fehlentwicklung zustande. Man sollte wenigstens Staatsaufseher in die Aufsichtsräte der Banken schicken, die dort die entscheidenden Fragen stellen, damit auch die Aufsichtsräte bemerken, was die Vorstände mit der Bank vorhaben.

Das wären vernünftige Vorschläge – weil Sie immer sagen, die Opposition habe keine Vorschläge. (Abg. Strache: Schluss mit den Boni-Zahlungen bei den Banken!, haben wir immer wieder gesagt!) Wir haben all das schon vor vielen Monaten eingebracht. In den Ausschüssen liegen all diese Vorschläge unsererseits, die immer wieder von Rot und Schwarz abgeschmettert worden sind.

Zu guter Letzt wissen wir aber, dass wir recht behalten. Wir haben in all unseren Prognosen bisher recht behalten (Zwischenruf des Abg. Mag. Kogler), in allen, auch was die Schuldenbremse betrifft. Am Anfang herrschte pure Ablehnung, jetzt spricht man ganz offen darüber, dass das ein notwendiges Instrument ist, um die Politik vor sich selbst zu schützen. Das muss man sich einmal vorstellen: Die Finanzministerin braucht eine Schuldenbremse, um vor sich selbst geschützt zu werden. Wir sagen


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ganz klar, dass diese Schuldenbremse ein notwendiges und richtiges Instrument wäre, um die Schuldenentwicklung in unserem Land nach unten zu bewegen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin in den letzten Monaten bei Podiums­diskussionen mit vielen Experten zusammengekommen, so am Wochenende auch mit Herrn Professor Hankel, der in Deutschland das „Karlsruher Urteil“ zustande gebracht hat, sodass Frau Kanzlerin Merkel nicht einfach über den Bundestag hinweg Entscheidungen treffen kann. Herr Professor Hankel hat auch ganz klar mit uns die Ansicht über eine Zweiteilung der Währungsunion geteilt, die dringend notwendig wäre. (Abg. Kickl: Das kommt mir alles so bekannt vor!) Man muss endlich einsehen, dass die Volkswirtschaften im Norden mit jenen des Südens nicht kompatibel sind und dass es nicht hinnehmbar ist, dass der Norden Europas dauerhaft für den Süden aufkommt. Das kostet uns nicht nur eine Billion Euro, sondern in Zukunft mehrere Billionen – Geld, das wir selbst nicht haben, Geld, das wir in Österreich nicht erwirtschaften und auch in nächster Zukunft nicht erwirtschaften werden, weil wir in nächster Zukunft selbst ein Schuldenfall sein werden. Wir sehen gerade jetzt im Zuge der Budgetberatungen, dass für die notwendigen und wichtigen Maßnahmen hinten und vorne das Geld fehlt. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Herr Bundeskanzler! Unsere Beurteilung ist, wie schon in der Vergangenheit, richtig, auch was die Zukunftsaussichten betrifft, und unser Misstrauen Ihnen gegenüber ist mehr als gerechtfertigt. (Beifall beim BZÖ.)

12.26


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Abgabe einer Stellungnahme hat sich Herr Bundeskanzler Faymann zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht über­steigen. Um 13 Uhr werde ich die Sitzung vereinbarungsgemäß für eine Viertelstunde unterbrechen.

Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


12.27.03

Bundeskanzler Werner Faymann: Frau Präsidentin! Frau Finanzministerin! Staats­sekretäre! Sehr verehrte Damen und Herren Abgeordnete! Hohes Haus! Wenn man dem Kollegen Bucher jetzt zugehört hat, bleibt für mich trotzdem die Frage, was er vorschlagen würde, wie Österreich sich in der Euro-Zone verhalten soll.

Es ist also alles schlecht und wird noch schlechter. – Dazu habe ich ein paar Zitate aus der Vergangenheit herausgesucht, die so alle nicht eingetreten sind. (Abg. Ing. Wes­tenthaler: Ihre eigenen, oder?!) Aber lassen Sie mich – zumal ich Sie, wenngleich nicht als Propheten, aber doch als jemanden, der auch immer wieder konstruktive Vorschläge in der Politik einbringt, anerkennen möchte – zunächst fragen: Warum machen Sie das nicht in Fragen der Euro-Zone? (Abg. Bucher: Das habe ich gemacht!) Ich habe jetzt während Ihrer gesamten Rede keinen einzigen Punkt heraus­gehört (Abg. Strache: Finanztransaktionssteuer, das haben Sie überhört?), für den Sie eintreten würden in Fragen des Schutzschirmes und Griechenlands. (Abg. Ing. Wes­tenthaler: Waren Sie wieder zu viel in Facebook gerade? Haben Sie nicht aufge­passt?)

Für die Finanztransaktionssteuer, für die Regelung der Märkte, für eine starke Finanzmarktaufsicht, für ein Trennen von Investment-Häusern und Geschäftsbanken treten wir gemeinsam ein. Diesbezüglich können Sie keinen Unterschied hervor­zaubern. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Der Unterschied liegt darin: Ich trete auch im Rahmen der Europäischen Union, der Euro-Zone, als Vertreter Österreichs massiv, konzentriert ein (Rufe beim BZÖ: Wo?) und kann auch nachweisen, dass das Eintreten der gesamten Regierung schon einiges


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gebracht hat. Was Ihr Eintreten in der europäischen Politik gebracht hat, das konnte ich noch nicht messen, aber was unser Eintreten gebracht hat, kann ich Ihnen schon nachweisen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Das ist über­heblich! – Abg. Strache: Die Meinungslosigkeit, die Sie vertreten, , ist überhaupt nicht zu messen!)

Die logische Konsequenz, wenn Sie nicht dafür sind, dass wir einen Schutzschirm unterstützen, auch die bessere Ausnutzbarkeit, dass wir eine Firewall bauen (Abg. Strache: Die nächste Firewall!), dass wir einen gemeinsamen Schutz mit besserer Ausnutzbarkeit aufbauen (Abg. Strache: Damit keine Ansteckungsgefahr vorhanden ist! Spanien, Portugal!), wäre (Abg. Bucher: Das ist Populismus!), ehrlich zu sein und den Leuten zu sagen – so wie Herr Strache das immer macht –, dass Sie aus dieser Euro-Zone austreten wollen. (Abg. Kickl: Nicht wir, sondern die Griechen!) Das ist doch die einzig ehrliche Konsequenz aus Ihren Ausführungen! Wenn man immer nur alles blockieren und überall ein Veto einlegen möchte, kann die letzte Konsequenz doch nur diejenige sein – die uns Herr Strache wenigstens nicht vorenthält –: Wir sollen raus aus der Euro-Zone. (Abg. Strache: Die Griechen sollen raus aus der Euro-Zone! Zitieren Sie mich richtig!) Und davor kann ich nicht genug warnen. Damit führen Sie Österreich in die Isolation – und das wird mit uns nicht gelingen! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Da geht es uns viel zu sehr um die Sparguthaben (Abg. Mag. Stefan: Alternativlos!), um die Wirtschaft, um die Unternehmer und um die Arbeitsplätze in unserem Land. (Abg. Neubauer: Sie sind ein Befehlsempfänger!) Arbeitsplätze erfordern ein Land, das in der Euro-Zone einen aktiven Beitrag leistet – und nicht einen zerstörenden und destruktiven Beitrag. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Konstruktivität beim Thema Europäische Union und Euro-Zone ist deshalb so wichtig, weil die Finanzmärkte rasch agieren und in vielen Bereichen die internationale Spekulation viel an Vermögenswerten zerstört hat. (Abg. Kickl: Passen Sie auf, dass Sie sich nicht selbst aushebeln!) Eine Unterlage der Europäischen Kommission besagt: Im Vergleich von vor und nach der Krise rechnen wir alles zusammen, was es an Wirtschaftswachstum weniger, an zusätzlichen Schulden der europäischen Länder, die durch Konjunkturpakete und Gegenmaßnahmen notwendig geworden sind, gegeben hat – und müssen eine Vernichtung von 2 Billionen € feststellen.

Das heißt, hohe Staatsverschuldung und Spekulation haben dazu geführt, dass wir alle in der EU sehr angreifbar geworden sind, und es wäre verheerend, würden wir auf Spekulation und zu hohe Staatsverschuldung – das war das Entscheidende gestern – nicht mit entschlossenen gemeinsamen Antworten reagieren. (Abg. Strache: Alle vier Wochen was Neues!) Diese Antworten, die zuerst beim Europäischen Rat und dann im Rahmen der Euro-Zone beim Euro-Gipfel gegeben wurden (Abg. Kickl: Wie lange gilt das denn jetzt?), sind noch lange nicht die Lösung aller Probleme, aber das waren zwei wichtige Entscheidungen, sowohl zu Griechenland als auch zum Schutzschirm, die eine ganz wichtige Basis für die Stabilität des Euro sind und damit auch für die Stabilität der Arbeitsplätze in Österreich – und um die geht es uns. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Auch ich konstatiere – wie Sie – große Unterschiede in der Europäischen Union zwi­schen Südeuropa und etwa Ländern wie Deutschland, Niederlande, Finnland, Österreich und anderen. Es gibt große Unterschiede bei der Art der Steuereinhebung, es gibt soziale, wirtschaftliche und politische Unterschiede, aber man kann nicht davonrennen und den Euro zerschlagen, sondern es bedarf couragierter Maßnahmen und auch einer längeren Zeit, die man konsequent dafür verwendet, von den Schulden herunterzukommen und die Finanzmärkte zu regulieren – dass Europa zusam­men-


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wächst: für eine positive wirtschaftliche und soziale Entwicklung. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Davonzulaufen, wieder den Schilling einzuführen, dann vielleicht festzustellen, dass in Kärnten in der Hypo auch noch ein gewisser Unterschied zu anderen ist, und vielleicht einen „Nord“- und „Süd-Schilling“ einzuführen, ist ja wohl eine Absurdität. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ.)

Europa muss zusammenstehen, so wie Österreich zusammensteht, wenn es Schwie­rig­keiten gibt bei der Hypo und wir noch gar nicht wissen, wie viele Milliarden wir noch bezahlen werden für die Haftungen, die dort eingegangen wurden. (Zwischenruf des Abg. Strache.) – Das ärgert Sie besonders, Herr Strache, denn wenn Sie nur das Wort „Hypo“ hören, haben Sie schon ein Problem damit! Wir auch, aber wir müssen das miteinander auslöffeln. So, wie wir hier zusammenstehen, müssen wir auch in der Euro-Zone zusammenstehen: für konstruktive Antworten für die Zukunft. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Zwischenrufe bei Abgeordneten von FPÖ und BZÖ.)

Ich würde an Ihrer Stelle auch zu schreien beginnen, wenn ich „Hypo“ und „Haftungen“ höre. (Abg. Strache: Warum schreien Sie denn so?) – Auch, habe ich gesagt. (Abg. Ing. Westenthaler: Das können Sie jetzt gleich auf Facebook posten! – Abg. Mag. Stefan: Er ist alternativlos, der Herr Bundeskanzler! Zumindest heute!)

Wir haben mit den Vertretern der privaten Investoren vereinbart, dass diese freiwillig auf 50 Prozent ihrer Forderungen unter ganz bestimmten Bedingungen – die Sie ja kennen – verzichten, wobei das freiwillig erfolgt. Jeder Zuruf, wir hätten das nicht auf freiwilliger Basis zu erreichen versuchen sollen, sondern wir hätten einfach mitteilen sollen, was wir wollen, lässt außer Acht, dass das viele unabsehbare und negative Konsequenzen zur Folge gehabt hätte.

Es ist das ausführlich nicht nur von Bankern und Ratgebern, wie Sie vermuten, die uns im Eigeninteresse beraten würden, sondern weit darüber hinaus, nämlich aus dem gesamten Bereich der Finanzexperten klargemacht worden – auch vonseiten des Vertreters von IMF –, dass Konsequenzen eines Selective Defaults, irgendeiner ande­ren Art der Insolvenz oder einer völligen Insolvenz, die wären, dass das eine Kettenreaktion für alle Länder, und damit letztendlich auch für Österreich, zur Folge hätte. Und eine derartige Kettenreaktion kann, wenn man die Insolvenz eines Landes nicht verhindern kann, passieren, aber man muss das doch nicht herbeireden. (Abg. Bucher: Schließen Sie das aus jetzt?) – Nein, ich schließe nicht aus, dass im Leben etwas ganz Negatives passieren kann, aber was ich nicht verstehe, ist, wozu man das aktiv herbeiführen möchte. (Abg. Strache: Davon reden ja Sie, dass Sie es herbeiführen!) Daher war es richtig, diesen Schuldenschnitt auf freiwilliger Basis herbeizuführen, auch wenn das der mühevollere Weg war und noch sein wird. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Über die Effizienzsteigerung des Euro-Schutzschirmes EFSF ist viel berichtet und gesagt worden. Darüber ist auch im Vorfeld im EU-Hauptausschuss diskutiert worden, es ist hier schon öfter diskutiert worden, es wird heute sicher noch breite Diskussionen geben – und auch in Zukunft wird bei der konkreten Umsetzung vieles zu berichten, zu informieren, zu diskutieren und möglicherweise auch einzuwenden sein. Trotzdem ist der Beschluss richtig und wichtig, die sogenannte Hebelwirkung einzusetzen, also die vorhandenen 440 Milliarden €, von denen ja ein Teil bereits verwendet wurde und auch für Griechenland notwendig war und ist, zu hebeln, und zwar in einer Größenordnung, die sich deutlich unter diesen 440 Milliarden € bewegen wird. Der genaue Betrag, der zur Hebelung eingesetzt werden soll, steht ja noch nicht fest, und auch die Details, bei welchen Anleihen mit welchem Hebel- beziehungsweise Versicherungsprozentsatz vorzugehen ist, werden von der EFSF jetzt ausgearbeitet.


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Notwendig war jedenfalls, diesen Grundsatzbeschluss herbeizuführen, um diese Richtung einzuschlagen, um die Ausnutzbarkeit des Schutzschirmes von 440 Milliar­den € und deren Wirkung zu erhöhen. Es ist ja mehrfach von rund 1 Billion € ge­sprochen worden, die notwendig sein wird als Rahmen, der für die zukünftige Entwick­lung und für die zukünftigen Maßnahmen der EFSF zur Verfügung stehen soll. (Abg. Strache: Das zweite Bankenrettungspaket, das auf die Steuerzahler zukommen wird! – Abg. Kickl: Der Chef der Sozialdemokraten ist der Bankensprecher der euro­päischen Großbanken in Österreich!) Es ist nicht alles so toll. Es gibt eine Reihe von Schwächen, die wir sehr mühevoll in den nächsten Jahren gemeinsam in der Euro-Zone beseitigen wollen. Ich bin gegen ein Davonrennen und Zerstören (Abg. Neubauer: Lassen Sie doch die Menschen mitentscheiden!), sondern ich bin auf der Seite jener, die sagen: Auch wenn es in der Euro-Zone mit 44 Parteien nicht einfach ist, überhaupt zu solch einem Beschluss zu kommen (Abg. Mag. Stefan: Jetzt kommt eh die Vertragsänderung!), soll man sich, wenn ein derartiger Beschluss zustande kommt, hinstellen und sagen. Die Euro-Zone hat gezeigt: Wenn’s darauf ankommt, dann fasst sie richtige Beschlüsse für die Zukunft des gemeinsamen Europa. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Nun zu den Haftungsobergrenzen für Österreich von 21,6 Milliarden €, denen Sie von der Opposition immer eine Verzinsung hinzurechnen, die aber zum heutigen Zeitpunkt nicht feststeht, weil ja die EFSF diese Mittel aufnimmt und wir die Haftungen über­nehmen und den Zinssatz. (Abg. Bucher: Also keine Zinsen?!) – Es wird sicher Zinsen geben, und es wird das auch kein Geschäft (Abg. Strache: Da sind Sie ja schon weiter! Jetzt geben Sie wenigstens zu, dass es kein Geschäft sein wird!), aber Sie tun immer so, als wüssten Sie schon im Vorhinein ganz genau, zu welchen Zinssätzen das aufgenommen wird. Das wissen Sie nicht!

Sie wissen auch nicht, ob – und behalten hoffentlich auch nicht recht damit, wenn Sie sagen, dass das der Fall wäre – all diese Haftungen für Österreich samt Zinsen schlagend werden. (Abg. Mag. Stadler: Das schaue ich mir an!) Aber Sie hoffen es doch nicht, Herr Kollege! Herr Kollege, Sie können doch nicht in einen Haftungsrahmen hinein  (Abg. Mag. Stadler: Mit der Hebelung haben Sie das verursacht!) Nein, die Hebelung führt noch nicht dazu, dass sich ein Untergangsszenario einstellt, das Sie uns prophezeien. Diese Hebelung führt dazu, dass die Ausnutzbarkeit steigt, weil man bei mehr Anleihen eine Versicherung übernehmen kann. Das ist die Wirkung der Hebelung. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ.)

Die Eigenkapitalbasis für große, systemrelevante Banken, die bei einem Kernkapital mit 9 Prozent genannt wurde, die auch Österreich betrifft, kennen Sie. Dieser Kapitalisierungsprozess ist dreistufig angelegt. Zuerst müssen sich die Banken aus eigener Kraft auf den Kapitalmärkten das zusätzlich notwendige Eigenkapital besor­gen – und nur dann, wenn das nicht möglich ist, werden die Nationalstaaten im Rahmen ihrer Möglichkeiten und zuallerletzt die EFSF Maßnahmen dafür treffen. Dieser Kapitalisierungsprozess ist, wie gesagt, dreistufig. Auch drei österreichische Banken, wie Sie wissen, sind da gefordert, in einer Umstrukturierungsphase, die ohnehin in Österreich noch oft diskutiert werden wird, aber es ist die Aufgabe dieser drei österreichischen Banken.

Nun haben Sie einmal gesagt, es wäre nicht schlecht, eine zusätzliche Aufsicht darüber zu haben, wie sich österreichische Banken verhalten. Ich sehe das im Rahmen der Finanzmarktaufsicht, im Rahmen gemeinsamer zusätzlicher europäischer Rege­lungen, die wir in Österreich allein nicht treffen können. (Zwischenruf des Abg. Strache.) Auch unsere Finanzmarktaufsicht hat ja im Rahmen europäischer Regeln zu agieren.


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Aber was Sie mit diesem Staatsaufseher wollen (Abg. Bucher: Haben wir ja auch schon!), der da überall sitzen soll – weil Sie zuerst die Sowjetunion genannt haben –, das haben Sie mir noch nicht erklärt (Zwischenrufe der Abgeordneten Strache und Bucher – Ruf: ... Hypo das Gütesiegel gegeben!), was der Staatsaufseher zusätzlich machen soll, zusätzlich zu den jetzigen Möglichkeiten der Nationalbank, zusätzlich zu den Kommissären, die wir zur Verfügung haben, zusätzlich zur Finanzmarktaufsicht, die wir zur Verfügung haben. (Abg. Ing. Westenthaler: Höchst erfolgreiche Finanzmarktaufsicht!)

Die Stärke der Finanzmarktaufsicht mit all ihren bestehenden Möglichkeiten liegt darin, dass sie mit unserer politischen Hilfe auch auf europäischer Ebene bessere Regelungen bekommt, die sie dann auch durchsetzen kann – also bessere Regelungen auf europäischer Ebene, die zum Beispiel, wie Sie das ja auch wollen, die Unterscheidung zwischen Investmenthäusern und Geschäftsbanken ermöglicht, diese Möglichkeiten ... (Abg. Bucher: Warum haben Sie den Antrag abgelehnt? Vor acht Monaten eingebracht!)

Aber, Herr Bucher, Sie können doch nicht mit mir hier über bessere Regelungen für Europa entscheiden, sondern ich vertrete diese Regelung gemeinsam mit Ihnen auf den europäischen Ebenen des Rates und der Euro-Zone. Und es wird notwendig sein, im Europäischen Parlament (Abg. Strache: Da wäre ich gerne einmal eine Maus, wenn Sie da sitzen! – Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler) – im Europäischen Parla­ment und überall anders, wo Sie und wo ich Gelegenheit haben, mit unseren Vertretern aufzustehen (Abg. Ing. Westenthaler: ... zu Wort auch einmal gemeldet dort?), gemeinsam zu agieren.

Dort geht es darum, diese Finanzmarktregeln und diese zum Teil Verbote gewisser Spekulationen herbeizuführen und das zunächst einmal in der Europäischen Union und damit auch innerhalb der Euro-Zone zu verankern und dann gemeinsam bei den G 20 auf internationaler Ebene zu verbreitern. Das ist doch unsere Aufgabe! Unsere Aufgabe ist doch nicht wirklich, jetzt hier so zu tun, als könnten wir gemeinsam eine weltweit bindende Finanzmarktregel morgen in Kraft setzen. Wir brauchen eine strenge Finanzmarktaufsicht bei uns und verbesserte Regelungen in Europa (Abg. Bucher: Drei Jahre! Drei Jahre!) und stärkere Regelungen der Kontrolle weltweit für Finanzmärkte. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Diesbezüglich gibt es aber auch eine Reihe von politisch Andersdenkenden, bei einigen unserer Ideen auch von Gegnern. Wenn David Cameron etwa von einem Angriff auf die City of London spricht und Angriffe auf den Finanzhandelsplatz abweh­ren möchte, dann meint er zum Beispiel unsere Finanztransaktionssteuer, dann meint er verstärkte Regelungen. (Abg. Vilimsky: Bestimmt meint er die!) Ich war ja im Unterschied zu Ihnen dabei (Abg. Ing. Westenthaler: Wobei das auch schon bezweifelt wird!), als David Cameron sich ganz klar gegen die Finanztransak­tionssteuer ausgesprochen hat – gegen eine Finanztransaktionssteuer, die Sie, zumin­dest früher, mitbeschlossen haben!

Das heißt, es gibt politischen Widerstand in Europa gegen viele neue Finanzmarkt­regeln, gegen die Trennung in Investmentbanken und Geschäftsbanken, wie wir sie wollen, aber auch gegen die Einführung unserer Finanztransaktionssteuer, die auch ein wichtiger Ausgleich der Fairness sein soll und damit die Einbeziehung des Banken- und Finanzmarktsektors in die Bezahlung all dieser Kosten, die durch die Krise entstanden sind, die durch Schutzschirme entstehen und die auch weiterhin durch Schutzschirme zu bedienen sein werden.

Also werden wir da auch weiter politisch entschlossen auf europäischer Ebene einzutreten haben, da es dort eine Reihe von ganz klar deklarierten politischen Geg-


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nern gibt. Und da ist es in einem demokratischen Prozess notwendig, umso ent­schlossener unsere Position in diesem Bereich zu vertreten. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stefan.) Ich würde mich freuen, wenn es gelingt, hier in Österreich eine weitgehende Übereinstimmung in diesem Bereich zu finden.

Ich möchte aber doch auch sagen, dass die Beschlüsse und die weitere Vorgangs­weise im Rahmen der Euro-Zone und in der Folge dann natürlich des Europäischen Rates sich auch mit der Verschuldung und damit letztlich mit der Angreifbarkeit Europas durch Finanzmärkte beschäftigen. Je weniger Verschuldung, umso geringer ist Möglichkeit für die Finanzspekulation, uns anzugreifen oder auch Treffer gegen uns zu landen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.) Daher ist unser Bundesfinanzrahmengesetz – auch andere Länder haben ein solches – weiter zu verbessern und zu entwickeln.

Sie wissen, dass es eine Übereinkunft auch mit den Vertretern der österreichischen Bun­desländer, mit den Landeshauptleuten, gibt, ebenfalls im Zuge des Stabilitäts­paktes, hier dafür zu sorgen, dass wir eine Kontrollmöglichkeit über die Ausgaben – die natürlich ein wichtiger Indikator für das Defizit sind – haben und auch Antworten auf die Frage, welche Haftungen Gemeinden und Länder übernommen haben oder laufend übernehmen, bekommen, dass wir da also volle Transparenz haben und dass wir den beschrittenen Weg des Bundesfinanzrahmengesetzes weiter gehen, um damit auch in Österreich klare Regeln zu haben, um einerseits die Ausgabenregelungen, die Defizitregeln, die Gesamtverschuldungsregeln genau zu kennen und andererseits Maßnahmen ergreifen zu können.

Die Art und Weise der Maßnahmen, die dann zu ergreifen sind, um die Verschuldung zurückzuführen, ist in den einzelnen Nationalstaaten unterschiedlich und wird auch unterschiedlich bewertet. Sie zu schaffen ist dann die Aufgabe der Politik und der gewählten Vertreter.

In Bezug auf die Tatsache, dass wir die Verschuldung stärker verringern müssen, um aus dem Risikofeld der Finanzspekulation herauszukommen, sehe ich große Über­einstimmung innerhalb der Euro-Zone und unter den politischen Vertretern, die dort ihre Länder vertreten und in vielerlei Hinsicht einen gemeinsamen Beschluss herbei­führen. Nun weiß ich, dass die Verträge, die man gemeinsam beschließt – dass das Budget transparent sein muss, dass die Kommission die Möglichkeit haben muss, genauestens zu prüfen, Empfehlungen vorzulegen und vieles, vieles mehr; Stichwort: Europäisches Semester und all diese Beschlüsse –, dass alles das auf freiwilliger Basis passiert. Aber ich bin überzeugt davon, dass diese „freiwillige Basis“ eine Notwendigkeit und damit mehr ist als ein Stück Papier, das geduldig ist (Abg. Strache: So wie ihr Brief in der „Kronen Zeitung“ wegen der Volksabstimmung!), sondern eine Voraussetzung, damit wir diese Stabilität in Europa gemeinsam erreichen. Ich bekenne mich daher zu all diesen Beschlüssen, die hier betreffend die Konvergenz gefasst wurden.

Es gibt im Zusammenhang mit den politischen Diskussionen auf europäischer Ebene über einen weiteren Punkt etwas zu berichten: Im Zuge der Diskussion einer Arbeits­gruppe, die im Dezember einen Zwischenbericht und dann im März einen weiteren Bericht vorlegen wird, wird man uns auch fragen, ob wir uns – und wenn ja für welche – für Vertragsänderungen einsetzen werden. – Unsere Position als Regierung ist, dass wir Vertragsänderungen zur Stunde nicht als geeignetes Mittel ansehen, um die Probleme, die es heute gibt, zu lösen.

Wenn man Vertragsänderungen mit dem dafür nötigen Zeitraum ansetzt – wenn man sie demokratisch diskutiert und jeder gleichwertig die Chance hat, seine Vorstellungen einzubringen, wenn man etwa auch einen Konvent dafür einberuft –, dann handelt es sich um Vertragsänderungen, die in zwei, drei, vier, fünf, andere sagen sogar noch


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mehr Jahren greifen würden. Das ist eine Diskussion, die eine Gemeinschaft immer führen kann, nämlich wohin sie sich mit neuen Regelwerken entwickeln möchte, aber das ist keine Diskussion, die geeignet ist, die Probleme der nächsten 18 Monate zu lösen.

Daher sind die Fragen der nächsten zwei, drei Jahre mit den Beschlüssen von gestern auf einen guten Weg gebracht – ohne Ihnen Folgendes zu verheimlichen und ohne das schönreden zu wollen: Die Maßnahmen von gestern sind ein Beginn, und sie sind daran zu messen, ob sich alle, die sich miteinander zu etwas verpflichtet haben, auch daran halten. Das gilt für die Konvergenzkriterien genauso wie für Länder wie Griechenland, die sich zu einer gewissen Entwicklung und damit zur Erfüllung von Bedingungen in Griechenland verpflichtet haben.

Ich bin froh darüber, dass diese Beschlüsse zustande gekommen sind, und möchte mir nicht vorstellen, was passiert wäre, wenn die Euro-Zone und der Europäische Rat dafür nicht stark genug gewesen wären. Es war eine holprige Diskussion aufgrund von 44 Parteien, die dabei alleine in der Euro-Gruppe eine Rolle spielen, aber es ist eine Diskussion, von der man sagen kann: Die Europäische Union, die Euro-Gruppe hat bewiesen, dass sie einen Grundstein legen kann.

Und mit diesem Optimismus gehe ich davon aus, dass wir mit derselben Energie und derselben Kraftanstrengung auch die Ziele, zu denen wir uns verpflichtet haben, erreichen und in der Richtung, die wir eingeschlagen haben, in Zukunft gemeinsam fortschreiten. (Lang anhaltender Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

12.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner/keine Rednerin länger als 10 Minuten sprechen darf. Jedem Klub kommt eine Gesamtrede­zeit von 25 Minuten zu.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Stadler. Ich stelle die Uhr exakt auf 10 Minu­ten. Das geht sich bis 13 Uhr sehr gut aus. – Bitte.

 


12.50.25

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Frau Präsident! Hohes Haus! Ich beginne mit einem Zitat. Stefan Winkler, „Kleine Zeitung“, 24. Oktober 2011: Es „drängt sich der Verdacht auf, dass Werner Faymann nicht ganz auf der Höhe der Dramatik der Ereignisse ist“. – Zitatende. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Der Verdacht hat sich zur Gewissheit gesteigert, meine Damen und Herren, wenn man Ihnen heute zugehört hat, Herr Bundeskanzler. Allein in Ihrer Rede sagen Sie einmal: Der Finanzmarkt ist genug kontrolliert, Herr Bucher!, und dann sagen Sie ein paar Sätze später in Richtung des Kollegen Strache: Stärkere Finanzaufsicht ist not­wendig. – Das konnte jetzt jeder Bürger hören, aber keiner nachvollziehen. Das war nur einer der vielen Widersprüche.

Herr Bundeskanzler, wenn Sie nach Europa reisen, dann wird es für die Österreicher teuer. Also halten Sie uns nicht vor, dass Sie in Europa waren; Sie durften in die Kamera schauen! Die Österreicher haben übrigens beobachtet, wie sehr Sie sich bemüht haben, im Bild zu sein. (Abg. Silhavy: Wir sind schon in Europa!) – Jaja.

Sie haben also gesagt, Sie waren dort, und ich sage den Österreichern, was es gekostet hat, dass Sie dort waren. (Zwischenruf des Abg. Rädler.) 22 Milliarden Haftung für die EFSF – bis zu 29 Milliarden mit den Zinsen –, 1,43 Milliarden für die Griechen, bis Jahresende 2 Milliarden. (Zwischenruf des Abg. Krainer.) Das ist es, was es kostet, wenn Werner Faymann nach Brüssel reist, meine Damen und Herren.


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Herr Bundeskanzler, können Sie den Österreichern erklären, wieso man Ihnen jetzt etwas glauben soll, wenn Sie sich doch alle drei Monate widersprechen? – Vor drei Monaten haben Sie noch gesagt, ein Haircut, ein Schuldennachlass für Griechenland kommt überhaupt nicht in Frage. Das war am 26. Juni 2011. (Zwischenruf der Abg. Königsberger-Ludwig.) – Vor drei Monaten, am 26. Juni 2011: Haircut, Schulden­nachlass für Griechenland kommt nicht in Frage. (Abg. Rädler: ... Haircut in Brüssel!)

Bei Bundesministerin Fekter war es das Gleiche: „Was ich nicht will, ist ein Haircut“, sagt sie am 14. Juli. „Das wäre schlagartig ein Schaden für die österreichischen Steuerzahler.“ – Sie kann übrigens heute nicht erklären ...  (Bundesministerin Dr. Fekter: Gibt es auch nicht für die Kredite!) – Ah, das ist ja interessant, der Zwischenruf! Bitte noch einmal. Die Frau Bundesminister Fekter hat gesagt: Gibt es auch nicht für die Kredite. – Das ist jetzt doch bemerkenswert, denn wir werden das jetzt untersuchen. (Zwischenruf des Abg. Bucher.) Die Frau Bundesminister ist nämlich bemerkenswerterweise gestern Abend vor die Kamera getreten und hat wörtlich gesagt, sie kann endgültige Entwarnung geben. – Das habe ich selber gesehen. Endgültige Entwarnung kann sie geben, meine Damen und Herren! (Die Abgeordneten Mag. Stefan und Strache: Alternativlos!)

Dann untersuchen wir doch einmal, wie das wirklich ausschaut mit diesem Haircut und mit diesen entsprechenden Schuldennachlässen, die der private Sektor angeblich bringt. Ich zitiere Ziffer 12 aus dem offiziellen Dokument der Europäischen Union betreffend den Gipfel, und zwar die zentralen Sätze:

„Zu diesem Zweck“ – gemeint ist die Beteiligung des privaten Sektors – „ersuchen wir Griechenland“ – mit „wir“ ist der Rat gemeint –„, die privaten Investoren und alle beteiligten Parteien, einen freiwilligen Umtausch von Anleihen mit einem nominellen Abschlag von 50 % des Nennwerts der von privaten Investoren gehaltenen griechi­schen Staatsanleihen auszuarbeiten. Die dem Euro-Währungsgebiet angehörenden Mitgliedstaaten werden einen Beitrag von bis zu 30 Mrd. Euro zur Beteiligung des Privat­sektors leisten. Auf dieser Grundlage ist der öffentliche Sektor bereit, bis 2014 eine zusätzliche Programmfinanzierung von bis zu 100 Mrd. Euro bereitzustellen“. (Abg. Bucher: Supergeschäft!)

Was heißt das, meine Damen und Herren? Der private Sektor geht also her und tauscht derzeitige Schrottanleihen, griechische Staatspapiere gegen neue Papiere mit einem nominellen 50-Prozent-Abschlag. Diese Papiere sind in Wirklichkeit weniger wert als diese 50 Prozent, denn wenn man sie derzeit verkaufen müsste, würde man wahrscheinlich keine 20 Prozent bekommen. Und wenn der griechische Staat pleite­geht – und er wird irgendwann pleitegehen –, dann bekommt man gar nichts mehr dafür. Jetzt aber bekommt man garantiert 50 Prozent dafür, meine Damen und Herren, und das zunächst mit 30 Milliarden Steuergeld der europäischen Steuerzahler und dann mit weiteren 100 Milliarden der europäischen Steuerzahler. (Abg. Kickl: Das ist organisierter Betrug! – Zwischenruf des Abg. Strache. – Abg. Ing. Westenthaler: Pyramidenspiel!)

Meine Damen und Herren! Das ist Ihre Beteiligung des privaten Sektors, Herr Bun­deskanzler? Kollege Kogler, ich hätte mir auch erwartet, dass du gestern in deiner Pressekonferenz etwas kritischer mit diesen Sätzen umgehst. Und ich appelliere an die Journalisten, diesen Unsinn, diesen Bluff mit dem 50-Prozent-Schuldennachlass nicht zu glauben. Der ist nur nominal, meine Damen und Herren (Beifall bei BZÖ und FPÖ), aber doch nicht real!

Wenn Sie es mir schon nicht glauben, dann glauben Sie es doch wenigstens Gregor Gysi draußen in Deutschland! Der hat es wenigstens begriffen, meine Damen und Herren von den Grünen. Glauben Sie Ihrem Gesinnungsgenossen Gregor Gysi! Der


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hat begriffen, was da wirklich abläuft, nämlich wie sich die Banken bei den euro­päischen Steuerzahlern bedienen. (Unruhe im Saal.) – Ich bin ja schon gespannt auf die Rede des Kollegen Cap. Er hält zwar seit zehn Jahren immer die gleiche Rede (Abg. Grosz: Seit 14 Jahren!), aber heute würde ich dich einmal einladen, auf Kollegen Gregor Gysi einzugehen.

Die Linken in Deutschland haben „überrissen“, was da gespielt wird, nämlich dass sich die Banken bei diesem Ratsgipfel noch einmal finanziert haben (Zwischenruf der Abg. Gartelgruber), sich noch einmal auf Kosten des europäischen Steuerzahlers sanieren – und das wird den Bürgern gegenüber dann auch noch als der große Schul­dennachlass der Banken verkauft. Natürlich, nominal lassen sie etwas nach, aber von den realen Bedingungen profitieren sie sogar noch! Deswegen ist es ja bemer­kenswert – und das ist doch, bitte, jedem Österreicher aufgefallen –, dass keine Kritik aus dem Bankensektor gekommen ist – keine (Abg. Ing. Westenthaler: Jubel!), es gab sogar Jubel – und dass die Aktienkurse der Banken in die Höhe geschnellt sind. Ja, no na net! (Abg. Strache: ... Bankensprecher!)

Normalerweise müsste man ja erwarten, dass, wenn eine Bank 50 Prozent ihrer Forderungen nachlassen muss, die Kurse hinunterrauschen. Nein, sie sind hinaufge­gangen! – Warum? Weil sie genau wissen, was sich abspielt. Nur die österreichische Bundesregierung, leider unterstützt von ein paar Medien, die unkritisch alles glauben, was die Bundesregierung verzapft, hat den Österreichern versucht einzureden, dass das ein riesiger Schuldennachlass der ach so armen Banken und Versicherungen sei. In Wahrheit profitieren die Banken davon, weil sie nämlich gegen Schrottpapiere gedeckte Papiere zumindest im Nennwert von 50 Prozent der bisherigen Forderungen erhalten, meine Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Herr Bundeskanzler, wenn Sie uns das als Erfolg verkaufen wollen, dann sind Sie bei der falschen Adresse gelandet! Ich bin froh, dass diese Rede noch während der Live-Bericht­erstattung des ORF stattfindet, damit die Österreicherinnen und Österreicher sehen, was los ist.

Herr Bundeskanzler, Sie haben neuerlich in Brüssel österreichische Interessen ver­kauft!

Das Gleiche spielt sich ab mit Ihrer sogenannten Hebelung: Wissen Sie, was das bedeutet? – Die Hebelung bedeutet zunächst nicht, dass unser Haftungsausmaß nominal steigt, aber die Hebelung bedeutet, dass die Eintrittswahrscheinlichkeit der Haftung exorbitant steigt, und zwar genau in jenem Ausmaß, wie Sie hebeln. Das ist ... (Zwischenruf des Abg. Kopf.) – Bitte? (Abg. Kopf: Aber dann ... 20 Prozent!) – Das ist ja ein traumtänzerischer Ansatz!

Wir werden 100 Prozent der Haftung, die wir übernommen haben, auf den Tisch legen müssen! So schaut es aus! Die 22 Milliarden, die wir bereits beschlossen haben, werden wir hinlegen müssen. Die Haftung wird schlagend werden wegen dieser Zocke – und das ist nichts anderes als Zocke: Nach Spielbanken-Mentalität ist diese Hebelung Zocke, sie wird nur beschönigend Hebelung genannt. Nach dieser Spielbanken-Mentalität wird die Haftung schlagend werden.

Das Haftungseintrittsrisiko, Herr Kollege Kopf, das sagen alle deutschen Fachleute, die sich da ein bisschen auskennen, das Eintrittswahrscheinlichkeitsrisiko steigt auf zwischen 80 und 100 Prozent – und das ist so gut wie ein sicheres Haftungsrisiko, das wir zu tragen haben. Das heißt, wir werden in die Ziehung kommen.

Das schaue ich mir dann an, denn nichts von dem, was ihr – auch du – bisher gesagt habt, ist eingetreten. Wenn ich mir anschaue, was ihr noch im Juli nach dem letzten Brüsseler Gipfel verzapft habt! Wie nach jedem Gipfel ist man zurückgekommen:


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Wunderbar, der große Wurf! Es ist alles gelungen. Europa ist gerettet. – Dieses Mal hören wir sogar schon, es ist endgültig Entwarnung angesagt, meine Damen und Herren. (Bundesministerin Dr. Fekter: Haben wir nicht!) – Das haben Sie gestern Abend im ORF in der „Zeit im Bild“ gesagt und das habe ich selber gesehen. (Abg. Ing. Westenthaler: Das weiß sie gar nicht mehr! Das war erst gestern!) – Sie war es nicht? – Ach so, das war das Double. Dann weiß ich nicht, wer in Brüssel war. Ich hoffe, das Original. (Beifall beim BZÖ.)

Meine Damen und Herren, wenn Sie also glauben, dass Sie mit dieser Strategie aus der österreichischen Haftung herauskommen, dann täuschen Sie sich. Das, was hier und jetzt stattfindet, ist übelste Wechselreiterei, ist mit Sicherheit dazu angetan, dass das Eintrittsrisiko für diesen Haftungsfall durch diese sogenannte Hebelung enorm steigen wird und dass die Bürger neuerlich zur Kasse gebeten werden.

Die Fernsehzuschauer sollen auch wissen, was es bedeutet, dass jetzt auf private Kapitalquellen zurückgegriffen werden soll, um die Eigenmittel der Banken zu heben. Wissen Sie, was das bedeutet? – Soundso viele Österreicher werden jetzt damit rechnen müssen, dass ihre Hypotheken fällig gestellt werden. Soundso viele Öster­reicher werden jetzt damit rechnen müssen, dass die Darlehensmittel, die gegen die Realwerte aushaften, die nämlich zur Eigenkapitalstärkung der Banken herhalten sollen, in Zukunft drankommen. Schüttelt (in Richtung ÖVP) nicht den Kopf! Ich schaue mir das an.

Ich weiß ganz genau, dass die Banken ihre Möglichkeiten, die sie aus der Pfandbe­sicherung ihrer Kredite haben, auch nutzen werden. Sie werden sie nutzen, denn sie haben es schon bisher verstanden, die Politik am Nasenring vorzuführen. Der letzte Brüsseler Gipfel ist der letzte Beweis dafür, dass in Europa nicht die Politiker anschaffen – schon gar nicht unser Herr Bundeskanzler –, sondern in Wahrheit die Banken, meine Damen und Herren. Das ist die Realität. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Und zum Abschluss, meine Damen und Herren, noch ein Bekenntnis zu einem kleinen Land: Ich habe nicht geglaubt, dass ich irgendwann in die Lage komme, die Slowaken um ihre Regierung beneiden zu müssen, aber die Slowakei hat es geschafft – die kleine Slowakei hat es geschafft! –, sich nicht an diesen zusätzlichen Mitteln beteiligen zu müssen, weil sie den Mund aufgemacht haben. Die haben eine couragierte Ministerpräsidentin dort. Unser Bundeskanzler war dort der schweigende Gast, von ihm gibt es nicht einmal Speaking Notes. (Abg. Strache: Ein Schatten seiner selbst war er!) Ich würde gerne wissen, was Sie dort überhaupt gesagt haben außer: Guten Tag!, und: Auf Wiedersehen!

Ich möchte einmal hören, ob Sie sich der slowakischen Position angeschlossen haben? Ist die Slowakei so viel schlechter in der Euro-Zone, wenn sie es schafft, ihre eigenen Interessen besser zu wahren als Sie, Herr österreichischer Bundeskanzler?

Und übrigens noch etwas, weil wir schon beim österreichischen Bundeskanzler sind: Werfen Sie bitte dem Kollegen Bucher und uns nicht vor, wir seien für den Austritt aus der Euro-Zone! (Abg. Bucher: Ja!) Herr Bundeskanzler, bitte, damit Sie es glatt verstehen: Wir sind dafür, dass Griechenland austritt. Das hier ist das österreichische Parlament, und Sie sind österreichischer Kanzler  und nicht Griechenland, damit Sie das in Zukunft nicht wieder durcheinanderbringen. (Beifall bei BZÖ und FPÖ. Abg. Bucher: Das verwechselt er gerne!)

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Dieser Kanzler hat kein Vertrauen verdient. Dieser Kanzler verdient Misstrauen! (Anhaltender Beifall beim BZÖ sowie Beifall bei der FPÖ.)

13.00



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich unterbreche nunmehr die Sitzung bis 13.15 Uhr.

Die Sitzung ist unterbrochen.

*****

13.01.10(Die Sitzung wird um 13 Uhr unterbrochen und um 13.16 Uhr wieder aufge­nommen.)

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Als Nächster gelangt Herr Klubobmann Dr. Cap zu Wort. – Bitte.

 


13.16.27

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Manchmal versucht man vergeblich herauszufinden, was uns die heutigen Antragsteller mit dieser Dringlichen respektive dieser Sondersitzung eigentlich sagen wollten. (Abg. Kickl: Jedes Mal das Gleiche!)

Es klingt von der Verhältnismäßigkeit her ein bisschen seltsam. Auf der einen Seite sitzen dort 27 Regierungsvertreter, 17 Regierungsvertreter, Bankenvertreter, Hunderte von Experten, und dann kommen zwei Redner vom BZÖ heraus und sagen, dass das eigentlich lauter Idioten sind und vermeiden aber, Vorschläge zu machen, mit denen wir irgendwie auch etwas anfangen können. (Abg. Bucher: Das habe ich nicht gesagt! Abg. Ing. Westenthaler: Wir haben es gemeint, aber nicht gesagt! Abg. Hagen: Nicht verstanden !)

Wissen Sie, das ist ein bisschen zu wenig, vor allem vor dem Hintergrund, dass in der Bevölkerung berechtigterweise auch nachgedacht wird, ja manche sogar Angst haben. Die Menschen sind daran interessiert, dass diese österreichische Bundesregierung, dass der österreichische Bundeskanzler – manchmal ganz allein stehend gegenüber vielen anderen, die dort auftreten und manchmal auch Interessen vertreten, die in der Tat der Finanzwirtschaft zuzuordnen sind (Abg. Strache: So wie der Ortner das beschreibt in der „Presse“ heute!) – eine Antwort auf die entscheidende Frage gibt: Wie kann man Österreich sicher durch diese Krise steuern? Das ist die entscheidende Frage. (Beifall bei der SPÖ.)

Nur diese Frage sollte uns hier wirklich lenken. Ich sage Ihnen, da kann man nicht so leichtfertig und indirekt vorschlagen, aus der Euro-Zone auszutreten. (Abg. Bucher: 28 Milliarden €! Zwischenruf des Abg. Scheibner.) Ich habe mir Ihre Dringliche sehr genau angesehen, also wenn Sie täglich oder jede Woche eine Volksabstimmung zu allen möglichen Themen durchführen wollen, dann hat das eine Blockadewirkung. Ich bin auch dafür, bei wesentlichen, ganz wesentlichen Änderungen der Verträge eine Volksabstimmung durchzuführen. (Abg. Strache: Das Versprechen des Kanzlers, das er gebrochen hat!) Das, was Sie hier sagen, ist indirekt ein Vorschlag, aus der EU und aus der Euro-Zone auszutreten. Das ist wirklich so. Das kann man da herauslesen. (Zwischenruf des Abg. Kickl. Abg. Strache: Zitieren Sie doch einmal korrekt!)

Ja, die Blauen engagieren sich jetzt plötzlich auch bei dieser Debatte. Dann sagen Sie, wie es funktionieren soll! Kommen Sie heraus! (Abg. Bucher: Das sagen wir doch die längste Zeit!) Sie sind bei der Gruppe der orangen apokalyptischen Reiter, Sie tun nur Angst verbreiten, aber Sie sagen nicht, wie man diese Angst bekämpfen kann. Davon


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haben wir nichts! Sie sagen indirekt, wir sollen aus der EU und aus der Euro-Zone austreten. (Abg. Ursula Haubner: Nein! Zwischenruf des Abg. Hagen.) Sagen Sie uns bitte, wie das funktionieren soll!

Sie wissen ganz genau, das kann nicht funktionieren, aus einem ganz simplen Grund: Der Schilling war damals fest an die D-Mark gebunden. Um die Handlungsspielräume von Regierungsvertretern bei solchen Treffen, wie jetzt vor zwei Tagen, einmal zu beschreiben: Wir haben natürlich eine hohe Verflechtung mit der deutschen Wirtschaft, deswegen gab es auch diese Verbindung zwischen Schilling und D-Mark, und daher können wir nicht alleine irgendwo hintreten oder austreten und die Deutschen bleiben weiter drinnen – weil wir das wirtschaftlich nicht können, weil das auch währungs­politisch nicht geht, weil das dann zu Massenarbeitslosigkeit führt. (Zwischenrufe der Abgeordneten Ursula Haubner und Mag. Stefan.)

Wissen Sie – weil Sie immer wieder über die Banken abschätzig geredet haben –: Ich bin auch dafür, dass die Abgaben zahlen, ich bin dafür, dass man die Trennung zwischen den Spekulationsbanken und denen, die das Kerngeschäft für die Kunden betreiben, vornimmt. (Abg. Neubauer: Eine Themenverfehlung, Herr Kollege! Sie len­ken nur vom Thema ab!) Zugleich sage ich Ihnen aber: Ein Bankencrash kann kein Plan sein. Und das reden Sie hier ein bisschen herbei. (Abg. Bucher: Seit drei Jahren schauen Sie zu! Keine Lösung!)

Dann sagen Sie einmal den Österreichern und Österreicherinnen, die da beispiels­weise jetzt gerade zuschauen, dass Sie damit gerne riskieren, dass jemand zum Bankomaten geht und nichts mehr herauskommt, oder dass Sie riskieren, dass einer in die Zweigstelle einer Bank geht und das Geld von seinem Sparbuch abheben will, und es gibt dieses Sparbuch nicht mehr. Erklären Sie das denen doch einmal!

Oder sagen Sie jenen – und das ist fast eine Million –, die jetzt vom Export in die Euro-Zone abhängig sind ... (Abg. Ursula Haubner: Sonst keine Argumente?!) – Das ist ein Argument. Ich finde, eine Million Arbeitsplätze ist ein Argument. (Abg. Ursula Haubner: Nein, das sind keine Argumente!) Der Zwischenruf ist gefühlskalt, herzlos. Den kann ich nicht akzeptieren. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Eine Million Arbeitsplätze ist ein Argument! (Abg. Grosz: Aber Ihre Argumentation ist falsch!) Daher müssen Sie sich hier verantwortungsvoll herstellen, sich nicht geistigen Experimenten hingeben oder Angst verbreiten, sondern sagen: Was ist Ihr Beitrag, um diese Arbeitsplätze abzusichern?

Und Sie wissen ganz genau, wenn eine Million an Arbeitsplätzen verlorengeht, dann reißt das die anderen Arbeitsplätze mit, dann reißt das die gesamte Wirtschaft mit. Das kann nicht sein.

Auch ich habe viele kritische Punkte anzubringen, wir haben viele kritische Punkte anzubringen. Wir glauben, dass in der Vergangenheit auch Fehler gemacht wurden, Fehler, die die Liberalisierung der Finanzmärkte betreffen, weil man geglaubt hat, dass das der Realwirtschaft nützt. – Falsch! Hat sich als Fehler herausgestellt.

Staatsanleihen: immer und ewig sicher. Staaten können nie bankrottgehen. – Hat sich auch nicht als richtig herausgestellt. Alle waren damals aber der Meinung, dass das so ist.

Aus diesen Fehlern muss man lernen. Man muss dann in der unmittelbaren Um­setzung für die Zukunft versuchen, die richtigen Schlussfolgerungen daraus zu ziehen. Und das ist unter anderem, dass man Österreich sicher durch diese Krise steuert, dass man dafür sorgt, dass wir weiter unser höchstes Niveau an Beschäftigung, an niedrigster Arbeitslosigkeit, an Bildungsangeboten, an einem Sozial- und Gesund­heitssystem halten, dass wir das weiter garantieren und absichern können.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll128. Sitzung / Seite 29

Und daran ist zu messen, was wir in Brüssel tun. Das ist die Messlatte, nicht irgendwelche nebulosen Verdächtigungen, wo sich die Leute am Schluss nicht mehr auskennen.

Ehrlich gesagt: Ich habe mich auch nicht ausgekannt, was Sie da in Ihren zwei Rede­beiträgen von sich gegeben haben, vor allem jener des Kollegen Stadler, der ansons­ten sehr amüsante Redebeiträge hält, aber heute war es ein bisschen schwierig. Denn das, was Sie heute gesagt haben, war, dass Sie der Regierung, der Politik irgendwie einen Gestaltungsspielraum unterstellt haben. Den hat nicht einmal die Moskauer Planungszentrale „Gosplan“ damals gehabt, denn die hatten keine Marktwirtschaft und keinen Wettbewerb.

Manchmal kommt es mir so vor: Sie kommen heraus und vergessen, dass da auch Marktwirtschaft herrscht. Herr Bucher, Sie beten ja die Marktwirtschaft in der ungeregelten Form an.

Das ist das Ergebnis der ungeregelten Marktwirtschaft. Was wir brauchen – und da meine ich jetzt den Finanzmarktbereich –, ist, dass da jene Regeln wieder eingeführt werden, die es schon einmal gegeben hat. (Beifall bei der SPÖ.) Und daran müssen sich natürlich auch – auch im Eigeninteresse – die Banken orientieren und das dann auch befolgen.

Weil man jetzt gerade diese Dokumente diskutiert, so wie Sie hier auch: Ich habe mir die Dokumente mit der Schuldenbremse angesehen. Da ist die Frage: Wofür, wann, wie, in welchem Umfang wurden oder werden Schulden gemacht? – Das ist eine entscheidende Frage. Das ist auch eine Verteilungsfrage.

Aber wissen Sie, was nicht sein kann? Schuldenbremse kann nicht bedeuten: Sozial­bremse, Pensionsbremse, Gesundheitsbremse, Bildungsbremse. (Abg. Ing. Westen­thaler: Passiert eh schon!) Das kann es nicht bedeuten. Das kann es nicht bedeuten! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Kopf: Schulden sind Verteilung von unten nach oben!)

Da wäre es ehrlicher, wenn man dann auch gleich dazusagt, dass man meint, dass man diese Krisensituation zugleich dazu verwenden will, hier eine neue Gewichtung im Sozialstaat, im österreichischen Sozialstaat herbeizuführen.

Man kann auch soziale Gerechtigkeit verwirklichen und trotzdem wettbewerbsfähig sein. Die soziale Gerechtigkeit ist auch ein Produktivfaktor: Da haben die Leute Geld in den Taschen, da wird gekauft, da ist das Wachstum in Bewegung, das sichert Beschäftigung, da ist Bildung da. Das ist etwas. (Abg. Neubauer: Geh ins Theater in der Josefstadt!)

Die Leute müssen auch an Europa glauben. Es geht um die Zukunft dieses Konti­nents. Es geht um die Zukunft dieses Wirtschafts- und Politikraumes. Und das, finde ich, wird dadurch vermittelt, indem man hier wirklich alles unternimmt, dass das so ist.

Und jetzt noch ein Letztes. Ich habe mir Ihren Dringlichen Antrag angesehen. Sie haben ein paar Punkte von uns übernommen (ironische Heiterkeit beim BZÖ – Abg. Bucher: Das Misstrauen!): Einführung der Finanztransaktionssteuer, Trennung bei den Banken zwischen Spekulation und Kerngeschäft, Miteigentum des Staates, wenn Banken Schwierigkeiten haben. – Wunderbar!

Aber wissen Sie, was mir da fehlt? – Bei Ihnen kommt Beschäftigung, Kampf gegen die Arbeitslosigkeit, Sicherung der Bildungsstandards – das kommt alles nicht vor! (Abg. Mag. Stefan: Das kommt aber in Brüssel auch nicht vor!) Und das ist die ganz große Schwäche dieses Papiers.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll128. Sitzung / Seite 30

Es ist eigentlich ein ziemlich gefühlskaltes Papier, wo Sie immer nur mit Übertiteln und mit technischen Formulierungen versuchen, über die Runden zu kommen, aber im Endeffekt hilft uns das dabei nicht.

Ich würde vorschlagen, dass wir zusammenrücken, alle fünf Parteien hier, und gemeinsam einen Schulterschluss machen. Österreich hat acht Millionen Einwohner. Wir sind in einem großen Politik- und Wirtschaftsraum. Wir wollen, dass Österreich sicher durch diese Krise gesteuert wird.

Wir sollten hier darum ringen, dass wir gemeinsame Positionen im Interesse der Österreicherinnen und Österreicher vertreten. Und da ist es auch wichtig, dass wir eine faire Debatte führen, eine Debatte, die davon geprägt ist, dass wir hier auch gemeinsam Lösungen suchen wollen – nicht irgendwelche Unterstellungen – und dass wir die Bundesregierung und den Bundeskanzler unterstützen, der in Brüssel in gewis­sen Fragen oft ein einsamer Rufer in der Wüste ist, wie am Anfang bei der Finanz­transaktionssteuer, wo er alleine war, aber jetzt die Mehrheit, zumindest in der Euro-Zone, dies schon vertritt. – Das ist ein wirklich positiver Punkt. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Im Übrigen gilt das genauso bei der Anti-Atompolitik, genauso bei der Beschäftigung und so weiter. (Ironische Heiterkeit der Abg. Ursula Haubner.) Wir haben aktuell in Spanien – das haben Sie heute in der APA gelesen – fünf Millionen Arbeitslose. Das ist das Problem! Darüber sollte man hier zentral auch einmal diskutieren und nicht mit Unterstellungen und mit Verdächtigungen arbeiten. Das ist nicht im Interesse Österreichs.

Es geht wirklich auch und primär – deswegen machen wir ja bei all diesen Dingen mit, vor zwei und drei Tagen – darum, dass Österreich hievon einen Nutzen hat und Österreich sicher durch diese Krise gesteuert wird. Und das ist das Zentrale, das wir uns überlegen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Jarolim – in Richtung BZÖ –: Das ist ein ordentlicher Rohrkrepierer, die Anfrage!)

13.26


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll zu Wort. – Bitte.

 


13.26.45

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bun­deskanzler! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Herr Klubobmann Bucher, der Einbringer dieser Dringlichen Anfrage, hat zu Beginn seiner Rede auf die Ereignisse im Deutschen Bundestag hingewiesen.

Er hat aber einen ganz wichtigen Punkt vergessen – ich war selbst mit einer Delegation des ÖVP-Klubs Montag und Dienstag in Berlin –: den Unterschied zwischen der Opposition im Deutschen Bundestag und der Opposition hier im Haus.

Während hier die Opposition – ich nehme die grüne Fraktion bewusst aus –, die Opposition – mit Ausnahme der Grünen – versucht, in einer krisenhaften Situation politisches Kleingeld zu wechseln und puren Populismus predigt (Zwischenrufe bei BZÖ und FPÖ) – was macht die Opposition im Deutschen Bundestag?

Also mir hat sehr der Fraktionsführer der Sozialdemokraten, der frühere Minister Steinmeier imponiert (demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der SPÖ), der zwar viel Kritik an der Regierung Merkel geübt hat (Abg. Strache: In der CDU werden die Gegner mit Parteiausschluss bedroht! – Abg. Mag. Stefan: Beschimpft werden sie!), der aber auch gesagt hat, in einer Stunde der Operation am offenen Herzen – das war sein Vergleich mit dem Krisengipfel – bekennt er sich als Oppositionspolitiker zu seiner politischen Verantwortung und stimmt mit der Regierung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll128. Sitzung / Seite 31

Sie können sich ein Beispiel daran nehmen, Herr Kollege Bucher. Nehmen Sie sich ein Beispiel daran! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Das ist für mich verantwortungsvolle Oppositionspolitik. Wenn bei uns eine Oppo­sitionspartei, wie zum Beispiel die grüne Fraktion Verantwortung zeigt, dann wird sie von den anderen Oppositionsparteien noch dazu verhöhnt. Das ist kein korrektes Verhalten, Herr Kollege Bucher. Das muss ich wirklich sagen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Aber ich sage ganz offen, mir hat auch das Verhalten der deutschen Bundeskanzlerin sehr imponiert. (Abg. Bucher: Ich habe nichts anderes erwartet! – Abg. Mag. Stadler: Nichts hat sie gesagt!) Unglaubliche Sachkompetenz, unglaubliche Präzision in ihren Aussagen, Leadership ausstrahlend. Also ich muss ehrlich sagen: Da können wir uns ein Beispiel an den Ereignissen im Deutschen Bundestag nehmen.

Aber, Herr Klubobmann Bucher, du hast in die falsche Richtung gewiesen. Noch einmal: mehr Verantwortung, auch für die Opposition. Ich verlange hier in einer solchen Situation, in der Steinmeier gesagt hat, Operation am offenen Herzen – ich glaube, viel dramatischer kann man es nicht formulieren –, in der Merkel gesagt hat, die größte Krise Europas seit dem Zweiten Weltkrieg, da würde ich mir einen Schulterschluss aller Parteien und der Sozialpartner erwarten. Aber dazu seid ihr offensichtlich nicht in der Lage, Herr Kollege Bucher. (Abg. Strache: Ihr habt uns in die Krise hineingeführt!)

Aber zum Gipfel selbst: Ich glaube, im Sinne eines kurzfristigen Krisenmanagements war dieser Gipfel zweifellos ein richtiger Schritt in die richtige Richtung. Das ist überhaupt kein Grund zur Euphorie, überhaupt kein Grund, Entwarnung zu geben, weil das Grundübel dieser Krise, nämlich die Staatsschuldenkrise in vielen europäischen Ländern noch nicht behoben ist.

Ich bin aber sehr froh darüber, dass in den Schlussdokumenten dieses Gipfels, im Punkt 26a – und der Herr Bundeskanzler hat dankenswerterweise auch mitgestimmt –, eine verfassungsmäßige Schuldenbremse verankert ist. Ich bin sehr froh darüber, Herr Bundeskanzler, dass Sie entgegen der Skepsis Ihrer Partei einer Schuldenbremse in den Schlussdokumenten zugestimmt haben. – Kompliment dafür! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Dieses Signal des Gipfels, Europa ist willens und stark genug, den Euro gegen die globale Spekulation zu verteidigen, war, so meine ich, ein ganz wichtiges Signal.

Es wurde ein Fahrplan für Stabilität und Wachstum vorgegeben. Genau das brauchen wir in Europa. Man kann bei jeder einzelnen Maßnahme vielleicht das eine oder andere Detail, das noch gar nicht feststeht, kritisieren, aber insgesamt war das ein ganz wichtiger Schritt im Sinne eines kurzfristigen Krisenmanagements.

Aber, meine Damen und Herren, wenn wir ehrlich sind, müssen wir sagen, zwischen kurzfristigem Krisenmanagement und langfristiger Vertiefung der Stabilitätskultur ist ein Unterschied: Wenn wir die EU als Stabilitätsunion ausbauen wollen, dann brauchen wir auch neue Instrumente für mehr Koordinierung und für mehr Überwachung der nationalen Staatshaushalte. Jetzt höre ich schon die Zwischenrufe der Populisten: Reinregieren lassen wir uns nicht! (Abg. Mag. Stefan: Na was denn?!)

Meine Damen und Herren! Ich frage Sie: Ist es wirklich der Weisheit letzter Schluss, zu sagen, jedes Land kann machen, was es will? – Wenn es aber Mist baut, müssen alle europäischen Steuerzahler herbeieilen und es retten. (Zwischenruf des Abg. Strache.) Das kann nicht die Lösung sein, Herr Kollege Bucher. Bekennen wir uns dazu: Wir brauchen ein stärkeres Europa!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll128. Sitzung / Seite 32

Wir von der Österreichischen Volkspartei, aber auch von der Regierung treten für ein starkes Europa im globalen Wettbewerb ein, wenn wir in der Champions League mitspielen wollen – in der Champions League um Arbeitsplätze, Einkommen und soziale Sicherheit. Da spielen wir lieber in einer großen Einheit mit als als Land ganz allein. (Abg. Mag. Stefan: Soll jemand anderer das Budget machen! Irgendein Fach­mann!)

Meine Damen und Herren! In diesem Sinne: ein volles Bekenntnis zur EU, ein volles Bekenntnis zu dem Weg, der auf diesem Krisengipfel eingeschlagen wurde. Wir werden diesen Weg konsequent weitergehen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

13.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Klubobmann Strache zu Wort. – Bitte.

 


13.31.31

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Bundesregierung vermittelt ja eher den Eindruck, ein Trojanisches Pferd der Europäischen Union in Österreich zu sein – und genau so handelt sie auch. Wenn ich heute die Wortspenden des Herrn Bundeskanzlers Faymann gehört habe, so sage ich: Sie sollten sich einmal ein Beispiel am BZÖ und am Herrn Klubobmann Bucher nehmen, von denen auch die freiheitlichen Ideen übernommen worden sind. (Beifall bei der FPÖ.)

Und das ist gut so, denn ich sage: Es ist wichtig, gescheiter und vernünftiger zu werden, für alle hier im Haus befindlichen Parteien. Und wenn Sie schon zitieren, bitte auch richtig zu zitieren, Herr Bundeskanzler. Wenn Sie hier schon Dinge unterstellen ... (Zwischenruf des Abg. Petzner.)

Vor wenigen Wochen haben wir Freiheitlichen einen Misstrauensantrag gegen den Bundeskanzler, der gegen die Interessen der Österreicher Politik betreibt, eingebracht. Da hat das BZÖ noch munter dagegen gestimmt. Ihr kommt halt leider immer ein bisschen spät drauf. (Beifall bei der FPÖ.) Es war ja absehbar, dass dieser Bundes­kanzler gegen die Interessen der Österreicher handelt, und zwar in Permanenz, seit Monaten und seit Anbeginn, seitdem er in dieser Funktion ist.

Aber, Herr Bundeskanzler, wenn Sie etwas behaupten, dann bitte auch Tatsachen richtig wiederzugeben! Und Tatsache ist, dass wir Freiheitlichen von Beginn an gesagt haben, die Euro-Zwangsjacke bei unterschiedlichen Volkswirtschaften muss schief­gehen. Und sie ist schiefgegangen! (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben daher verlangt und gefordert, daraus endlich die richtigen Lehren zu ziehen, zu erkennen, dass das System als solches ein falsches ist und uns in die Krise geführt hat. Da sind Sie nicht dazu bereit, das einzugestehen. Das System als solches ist der Fehler.

Man muss daher die Währungszone in Europa zumindest in zwei Zonen unterteilen: in eine Währungszone für starke Volkswirtschaften und in eine Währungszone für schwache Volkswirtschaften. Das haben wir gefordert, nämlich den Austritt der schwachen Volkswirtschaften aus dem Euro oder, umgekehrt, den Austritt der starken Volkswirtschaften aus dem Euro, um einen Nord- beziehungsweise Süd-Euro oder zwei unterschiedliche Währungseinheiten in der Europäischen Union sicherzustellen. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist der Weg aus der Krise, nicht die Potenzierung der Krise, wie wir es jetzt auch unter Ihrer Verantwortung erleben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll128. Sitzung / Seite 33

Sie, Herr Faymann, haben heute als Chef der Sozialistischen Partei Österreichs eines gezeigt: Sie waren und sind der Bankensprecher; von sozialer Gerechtigkeit keine Spur, Herr Klubobmann Cap. Der Bankensprecher hat heute gesprochen, die Banken­interessen werden vertreten. Jene Bankspekulanten, die das angerichtet haben, sind die großen Nutznießer und Gewinner, weil sie sich an der Bevölkerung abputzen und gar nichts von sozialer Gerechtigkeit wissen wollen. Das ist ja das Ungeheuerliche! (Beifall bei der FPÖ.)

Und dann gehen Sie hier heraus und sprechen von Solidarität, wo Sie die Solidarität mit den Tätern, sprich den Bankspekulanten leben statt mit der eigenen Bevölkerung?! Da sprechen Sie von Zusammenrücken und Solidarität?! – Ja, wir leben Solidarität und rücken zusammen mit der österreichischen Bevölkerung, die endlich auch einen Vertreter braucht in diesem Land, weil Sie nicht dazu bereit sind und die Interessen leider permanent mit Füßen treten. (Beifall bei der FPÖ.)

Genau das ist es: Da werden Familien belastet, da werden die Pflegebedürftigen in Österreich belastet, da werden genau jene Armen in unserem Land belastet, die eigentlich schon nicht mehr wissen, wie sie über die Runden kommen sollen, weil Sie mit unseren Steuermilliarden herumwerfen, als gäbe es kein Morgen mehr. Damit verspielen Sie die Zukunft unserer Jugend, damit verspielen Sie letztlich die Zukunft kommender Generationen, wenn dann die Steuergelder für die notwendigen Inves­titionen fehlen werden.

Herr Franz Schellhorn bringt es heute sehr gut in seinem Leitartikel in der „Presse“ auf den Punkt, wo er schreibt: „Neulich, auf der Titanic ...“. Da schreibt er im Untertitel: „Europa feiert den Schuldennachlass für Griechenland als dauerhafte Lösung der Eurokrise. Dabei wurde die zentrale Ursache der Misere ein weiteres Mal verdrängt.“

Und er schreibt zu Recht:

„Ziel ist, dass Griechenland seine Schulden bis zum Jahr 2020 auf 120 Prozent seiner jährlichen Wirtschaftsleistung drückt. Nachdem Europas Banken auf die Hälfte ihrer Forderungen“ – vermeintlich – „verzichtet haben“ – wir haben heute schon vom Kolle­gen Stadler zu Recht gehört, dass da in Wirklichkeit ein großes Geschäft gemacht wird – „, wird sich Athen bemühen, die Schulden auf das Doppelte (!) jenes Wertes zu reduzieren, der im Stabilitätspakt festgeschrieben ist.“

„Best case“-Szenario. Wirklich toll! Unglaublich! Da ist wirklich etwas weitergegangen.

Weiters heißt es hier zu Recht:

„Dabei wurde nur Zeit geschunden. Zumindest ein paar Tage, vielleicht auch ein paar Wochen. Es ist ungefähr so, als hätte der erste Offizier dem Kapitän der Titanic gerade ins Ohr geflüstert, dass der anvisierte Eisberg im Mondschein möglicherweise einen Zentimeter geschmolzen sein könnte.“

Genau so ist es! (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeordneten Tadler und Ing. Lugar.)

Da sitzen wir seit Wochen und Monaten, von einem Gipfel zum nächsten, wo am Beginn gesagt wurde, wir müssen jetzt die entsprechenden Bankenrettungspakete schnüren, damit die Ansteckungsgefahr verhindert wird. Und damit sei alles gerettet, am Ende sei das sogar noch ein Geschäft mit den Zinsen, wurde gesagt.

Ein paar Wochen später wird alles wieder über den Haufen geworfen, die nächste Krisensitzung findet statt, wieder hat man neue Maßnahmen für den Rettungsschirm damals getroffen, der in der Zwischenzeit schon wieder erhöht wurde. Jetzt ist sogar ein ESM im Gespräch, ein Stabilitätsmechanismus, der im Grunde nichts anderes als wirklich eine europäische Finanzdiktatur bedeutet.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll128. Sitzung / Seite 34

Das sind alles Ungeheuerlichkeiten. Und ich frage mich, wie lange das jetzt wieder dauern wird. Drei, vier, fünf Wochen, bis der nächste Gipfel da ist und bis dann wieder die Ergebnisse nichts gebracht haben, weil sie nichts bringen können? Genau das ist es ja, was auch in diesem Leitartikel heute sehr schön auf den Punkt gebracht wird.

Es wird zu Recht auch von Herrn Schellhorn Folgendes beschrieben:

„Ebenso rätselhaft ist, wie eine Rettung gelingen soll, wenn einige der Hilfskräfte selbst dringender Versorgung bedürfen. Allen voran Italien, das am Rande einer wirtschaft­lichen Katastrophe taumelt, während Frankreich wegen eskalierender Budgetdefizite vor dem Rauswurf aus dem Kreis der besten Schuldner steht.“

Das ist ja das Absurde, und genau mit dem Hebel haben Sie es letztlich zustande gebracht, dass die Länder, die vor der Krise stehen und selbst die größte Krise erleben werden, gar nicht mehr das Haftungspotenzial übernehmen können, sondern wieder wir Österreicher und die Deutschen und die starken Volkswirtschaften dafür geradestehen müssen.

Deshalb schreibt der Leitartikler in der heutigen „Presse“ auch zu Recht – es wird genau das notwendig sein, was wir Freiheitlichen sagen –:

„Oder die neue Gemeinschaftswährung wäre nur für gleich gesinnte Länder offen, die ökonomisch auf Augenhöhe sind und ihre Währung an die deutsche koppeln. Diese ,Hartwährungszone’ wäre kleiner, weniger mächtig, aber überlebensfähig.“

Und das Geld der Sparer würde damit eben gesichert werden. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeordneten Tadler und Ing. Lugar.) Das ist es ja! Sie gefährden es ja. Sie werfen es in ein Fass ohne Boden. Und die heutige Inflation, wo viele Experten auch sagen, es droht eine Hyperinflation, ist ja genau der Grund aus diesem Paket heraus, aus dem die weiteren Belastungen entstehen.

Christian Ortner schreibt heute auch in der „Presse“ sehr gut unter „Quergeschrieben“: „Was macht eigentlich Werner Faymann den ganzen Tag, wenn er in Brüssel ist?“ – Ja, die Frage stellt sich jeder Österreicher: Was machen Sie eigentlich dort?

Da heißt es:

„Die Euro- und Schuldenkrise zeigt geradezu dramatisch: Österreichs Gewicht in der EU ist marginal. Das liegt nicht an der Kleinheit des Landes, sondern an der Kleingeistigkeit seines politischen Personals.“ (Beifall bei der FPÖ.)

Ja, richtig! Denn wo war Ihre Position? Die kennen wir bis heute nicht. Sie haben keine Position. Sie haben nicht den Mut für Positionen, aber Sie beklagen sich, wenn dann andere hier den Mut haben, klare Positionen zum Ausdruck zu bringen.

Ortner schreibt zu Recht:

„Abgesehen von ein paar Floskeln bar jedes messbaren Inhaltes vermied es der Regierungschef penibel, in der Öffentlichkeit irgendeine erkennbare österreichische Position in dem europaweiten Ringen um die Zukunft der Union und des Euro zu beziehen.“

Genau das ist es: Genau das ist das Problem, vor dem wir heute stehen. Wenn man schon einen Schuldenschnitt macht, dann wenigstens so, dass man auch die weitere notwendige Konsequenz sicherstellt, nämlich das, was wir fordern, dass eben Griechenland und andere betroffene Länder, die die Kriterien nie erfüllt und sich nie an die Verträge gehalten haben – und nicht einmal die Europäische Union selbst hat sich an die EU-Verträge gehalten –, die Konsequenzen zu ziehen haben und aus der Währungszone zu entlassen sind. Das wäre die logische und richtige Konsequenz


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll128. Sitzung / Seite 35

gewesen. Und genau dazu sind Sie leider Gottes nicht imstande und verschärfen damit das Problem. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben ja erlebt, wie Griechenland in den vergangenen Jahrzehnten, als wir mit Milliarden an Unterstützungen für Landwirtschaftsförderung, Regionalförderung, Ziel 1-Gebiet -Förderung Milliarden dort hineingepumpt haben, das alles in den Sand gesetzt hat. Letztendlich ist diese Entwicklungshilfe gescheitert, weil das System ein falsches ist. Diese Zuschüsse haben nichts gebracht. Wir müssen daher das auch hier klar­machen, beim zweiten Punkt, der beschlossen wurde, der Banken-Rekapitalisierung.

Natürlich bedeutet das, dass ein zweites Bankenpaket in Österreich vor der Tür steht. Es wird die eine oder andere Bank geben, die die 9 Prozent-Quote nicht erfüllen wird können, und dann werden Sie mit dem zweiten Bankenpaket kommen – und wieder wird der Österreicher bei über 3 Milliarden € zur Kassa gebeten werden!

Gleiches gilt beim Hebel, wo die Haftungsverantwortung natürlich schlagend werden kann und wir am Ende auch für jene Länder, die nach Griechenland – nämlich Italien, Spanien und Portugal, bis Frankreich hin – in die Krise hineinschlittern werden, für den Schaden, den Haftungsausfall aufzukommen haben werden – wieder der Österreicher, der nichts dafür kann, dass wir diese Krise heute haben!

Genau das ist es ja: Man putzt sich ab an der Bevölkerung, ohne einmal wirklich die Verantwortungsträger herzunehmen und entsprechend das System zu verändern, endlich zu verbieten, dass sich die Manager weiter Boni auszahlen. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Das ist doch der eigentliche Skandal: Für die betreiben Sie Politik, Herr Bankensprecher Faymann! Sie sind mit Sicherheit nicht der Vertreter der Österreicher in dieser Frage. (Beifall bei der FPÖ.)

13.41


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Mag. Kogler zu Wort. – Bitte.

 


13.42.07

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Ich möchte zu Beginn anerkennend festhalten, dass Sie in der jüngeren Vergan­genheit, in den letzten Tagen und Wochen, des Öfteren in der Sache, wenn es um Europa und um Lösungen aus dieser Krise gegangen ist, Stellung genommen haben. Ich finde das schon deshalb bemerkenswert, weil der Befund bis jetzt der war, dass Sie, aber auch Teile der Bundesregierung, das entweder gar nicht oder widersprüchlich gemacht haben, jedenfalls wir Ihnen Orientierungslosigkeit, Mutlosigkeit und Haltungs­losigkeit aus diesem Titel heraus vorhalten mussten.

Das mit der Orientierungslosigkeit möchte ich an dieser Stelle zurücknehmen, weil ich anerkenne, dass Sie sich mit der ganzen Materie beschäftigen und auch dabei sind, eine Bewertung vorzunehmen. Sie sind halt noch bei keiner angelangt, zum Teil ist sie anders als die Ihrer Finanzministerin, und da müssen wir überhaupt einmal darüber reden  (Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ.) – Beruhigt euch! Es ist ja eh klar, die Damen und Herren von Orange und Blau werden schon wieder nervös, weil sie es nicht aushalten können, dass man irgendetwas einmal anerkennt, wenn jemand anderer Anerkennung verdient. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Schauen Sie sich Ihre Regierungszeit an! Da würde ich mich heute noch so sehr genieren, dass ich gar nicht mehr hier herinnen sitzen würde. Das ist ja unglaublich! Für jeden Ihrer Minister brauchen wir fünf Korruptionsstaatsanwälte – und da wollen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll128. Sitzung / Seite 36

Sie hier dazwischenschreien?! Das können Sie sich abschminken. (Neuerliche Zwi­schenrufe bei der FPÖ.)

Aber wir wollen uns jetzt mit der Regierung auseinandersetzen, denn die vertritt, wie Sie zu Recht darauf hingewiesen haben – und das ist auch der einzige Punkt, in dem ich mit meinem Vorredner übereinstimme –, zunächst einmal die Interessen Öster­reichs in Brüssel. Aber irgendwer muss ja auch die europäischen Interessen vertreten, und dieser EU-Gipfel war ja nicht ein Gipfel zur Rettung Maltas oder zur Rettung Kärntens, obwohl wir einen solchen auch brauchen würden, sondern es war ein Gipfel für die Europäische Währungsunion und den europäischen Wirtschafts- und Wäh­rungsraum. Und dazu gibt es natürlich einiges zu sagen.

Was brauchen wir eigentlich in Europa? – Das ist doch die Frage! In der Tat: Die Ergebnisse dieses Gipfels haben damit relativ wenig zu tun, weil sie in Wirklichkeit nur eine Verschnaufpause und eine Überbrückungshilfe bieten – mehr nicht, aus meiner Sicht jedenfalls! Wir brauchen viel mehr Maßnahmen, die viel tiefergehend sind, und wir brauchen zum Teil auch andere Maßnahmen. Sie sind in diesem Gipfelergebnis ambivalent in ihrer Wirkung, und ich würde Sie schon ersuchen, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, auch da ein bisschen kritischer hinzuschauen und diese Dinge weiter zu analysieren und nicht immer, wie bis vor Kurzem, in den Fehler zu verfallen, ohne Haltung dorthin zu fahren und dann das nachzusprechen, was dort vorgegeben wird. Da ist wirklich sehr viel Kauderwelsch und Schönsprech drinnen, wenn die Dinge verwischt werden. Das war unser Eindruck bis jetzt.

Die großen europäischen Fragen werden nicht so angegangen, dass man die entsprechenden Antworten verlangen darf, auch bei diesem Gipfel nicht, und darauf gilt es das Augenmerk zu lenken. Es ist ja geradezu logisch und richtig, dass bei dem Befund über diese Krise, wenn man sich einmal über die Ursachen einig ist, klar wird, dass wir tiefergehende, weitergehende europäische Lösungen brauchen und nicht weniger.

An dieser Stelle darf ich mich auch kurz an die Antragsteller von heute wenden und auch an meinen Vorredner: Schauen Sie, Sie gehen immer her und tun so, als würde das, was Sie hier verkünden, nichts kosten. Die Frage ist aber eine ganz andere: Wer trägt die Lasten, wenn Lasten zu tragen sind? Wie hoch sind sie? Und ich sage Ihnen eines: Bei Ihren Maßnahmen ist ja – wenn überhaupt welche erkennbar sind, aber wenn man es weiterdenken würde – überhaupt nicht gesichert, dass das weniger kosten würde, wie Sie immer suggerieren. Ja Sie lassen sich gar nicht darauf ein. Aber die Prognoselage ist doch die, dass das, was Sie vorhaben, nicht kalkulierbar ist. Es ist Ihnen auch wurscht, denn das gehört zum Teil zum Prinzip. Aber es ist mit aller Wahrscheinlichkeit viel, viel teurer. Das ist ja das Problem! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wer glaubt denn, dass mit der Teilung der Währungsunion die Geschichten viel billiger werden? Glauben Sie, die Schulden von irgendjemandem sind deshalb weg? – Die werden ja nur umfakturiert in eine andere Währung und sind gleich teuer beziehungs­weise aufgrund überschießender Marktanpassungsprozesse sogar zunächst noch teurer als vorher. Ja wer soll denn das auf der anderen Seite tragen? – (Abg. Mag. Stadler: Ausnahmsweise einmal nicht der Bürger!) Bestenfalls ist mit Ihren Ansätzen am Problem nichts gelöst, ja üblicherweise wird das Problem sogar noch schlimmer. Man muss Ihnen nur so weit zuhören und ein paar Gedanken fortsetzen, die da herausdestillierbar sind, dann weiß man: Mehr ist es nicht! Schauen Sie, Sie bauen da  (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler.)

Dann kommt noch die eigentliche Frage: Man kann ja darüber streiten, ob Griechen­land in die Währungsunion hineinkommen hätte sollen oder nicht, ich sage Ihnen ganz


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll128. Sitzung / Seite 37

offen: Wir, ich war der Meinung, das hätte damals nicht passieren sollen. (Abg. Mag. Stadler: Das ist schon ein Fortschritt! Vor einem halben Jahr hast du ganz anders gedacht!) Aber was Sie immer übersehen, ist, dass die Rückabwicklung ja viel mehr kostet. Das ist eben asymmetrisch. So viel Vernunft muss walten dürfen. Es war vielleicht ein Fehler, dass die Griechen da hineingenommen wurden, aber es ist für die Wirtschafts- und Währungsunion schwer bis gar nicht organisierbar – jedenfalls unter Inkaufnahme höherer Kosten, als Sie behaupten –, sie hinauszuschmeißen. Das ist das Problem an dieser Sache! (Beifall bei den Grünen.)

Aber eigentlich geht es um eine andere Frage, nämlich: Wenn wir uns den griechi­schen Wirtschaftsraum anschauen, dann ist das für eine halbwegs aufgestellte Union ganz leicht bewältigbar. Aber da sind ganz andere Interessen im Spiel, die Sie ja nicht in der Lage oder nicht willens sind, zu durchschauen, weil es für Sie viel lustiger ist, auf die „bösen“ Griechen hinzudreschen – die genug Fehler gemacht haben, na selbst­verständlich! –, als sich die wirklichen Probleme anzuschauen und sich endlich mit der Problemlösung auseinanderzusetzen. (Abg. Strache: Der griechische Bürger sieht keinen einzigen Cent von diesem Geld!)

Schauen Sie, ich erkläre Ihnen, warum mit Ihnen kein Staat zu machen ist: Sie bauen hier einen Drachen auf, um sich selbst als Drachentöter zu verkaufen. Spielen wir das Gedankenspiel einmal durch: Sie bauen da einen Drachen auf, der unserer Meinung nach gar nicht ein solch großer und böser sein müsste, weil, wie gesagt, die Wirtschafts- und Währungsunion stark genug wäre, sich zu helfen, wenn man es richtig organisieren würde – das vermissen wir; dazu komme ich noch –, aber es besteht überhaupt keine Veranlassung, alles so weit schlechtzureden, dass Europa und gleich die ganze Welt mit in den Rachen dieses Drachen verschwinden. (Abg. Neubauer: Sie sind ein Märchenerzähler!)

Warum gehen Sie denn nicht heim und treten überhaupt ab, wenn alles so schlecht ist? Diese Märchen sind ja schon bald nicht mehr zumutbar! Aber was viel spek­takulärer ist: Bei Ihren Lösungsansätzen – wie gesagt, ich bemühe mich sehr, welche zu erkennen – ist Folgendes erkennbar: Ihr Ansatz ist offensichtlich die Desintegration in Europa. Und ich sage Ihnen: Wenn Sie Banken, Spekulanten, wofür wir auch sind, bekämpfen wollen, Großkonzerne endlich zur Steuerverpflichtung anhalten wollen, wenn Sie die Märkte regulieren wollen – alles richtig, falls Sie das auch wirklich wollen; irgendwann haben Sie den Text halt eingelernt –, dann brauchen wir supranationale Lösungen – übersetzt für Sie: über Österreich hinaus! Dann müssen Sie halt auch hinausschauen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Und wenn Sie schon solch einen Drachen aufbauen, dann werden Sie den nicht mit einer Stecknadel erledigen können. Das ist Ihr Problem! Sie erklären, draußen sei alles böse, jedes Mal heißt es wieder – der Herr Kanzler hat es ja gesagt –: Die böse Welt! Bei der nächsten Dringlichen ist die Welt für Sie noch böser. Es ist ja keine Kunst, zu prognostizieren, dass mit dieser Art von Maßnahmen Griechenland nicht gerettet werden kann. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Das sage ich ja! Sie dürfen sich da ruhig beteiligen, das ist keine Kunst, nur: Sie bieten ja keinen Ausweg! Sie sagen nur: Auftrennung, Isolation!, und das führt genau zu noch viel weniger, als wir jetzt haben. Also mit Ihrem Nadelpiksen werden wir den von Ihnen aufgebauten Drachen mit Sicherheit nicht erledigen – mit Sicherheit nicht!

Zu den wirklichen Antworten: Es ist natürlich so, dass wir auf europäischer Ebene, um die Ursachen an den Wurzeln zu bekämpfen und nicht nur die Symptome, Herr Bundeskanzler, die Finanztransaktionssteuer brauchen. Na selbstverständlich! (Abg. Strache: Regierungssprecher Kogler ist am Wort!) Aber das ist doch eine europäische Lösung, anders geht es ja überhaupt nicht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll128. Sitzung / Seite 38

Wir brauchen aus grüner Sicht Staatsanleihen, europäische Anleihen, die für den gesamten Euro-Raum die Zinsen billiger machen, weil das zur Ursachenbekämpfung beiträgt. Wir brauchen selbstverständlich auch ein Entschuldungsverfahren, das die Bankenbeteiligung anders organisiert, als es jetzt der Fall ist. Ich stimme ja mit der Kritik überein: Noch wissen wir überhaupt nicht, ob die wirklich netto zur Kassa gebeten werden oder ob diese Bankenbeteiligung wieder ein Riesen-Fake ist! (Abg. Mag. Stadler: Das steht schon drinnen! Das ist schon klar!)

Ich glaube, das kann man erst dann beurteilen, wenn eine Lösung auf dem Tisch liegt. Die liegt im Übrigen – wenn man den Schlussfolgerungen Glauben schenken darf, Herr Bundeskanzler – erst im November/Dezember vor, dann, wenn das im Detail organisiert wird. Ich verstehe überhaupt nicht, wie man jetzt einfach den Text übernehmen und sagen kann: Die werden da um hundert Milliarden einen Beitrag leisten! (Abg. Scheibner: Nicht unsachlich werden, Herr Kollege!) – Das ist nicht erkennbar! Das Einzige, was erkennbar ist, ist, dass die öffentliche Hand an der Stelle dazuzahlen soll, und das allein wird zu wenig sein.

Ich gestehe ja zu, dass wir das jetzt schlecht organisieren können, aber deshalb auch hier die Antwort: auf europäischer Ebene eine europäische Lösung, die vorgibt, dass diese Beteiligung der Privatgläubiger, damit der Banken und Spekulanten, was Sie alle ja angeblich immer wollen, tatsächlich verbindlicher wird. (Beifall bei den Grünen.)

Aus diesem Grund haben wir einen Antrag vorbereitet, den wir noch einbringen werden, damit man zumindest an einem Instrument erkennen kann, dass wir hier gemeinsam handlungsfähig sind, und da treten wir für die Einführung der Finanz­transaktionssteuer ein – nicht irgendwann, sondern schon im Jahre 2014! Dieser Antrag liegt bei der ÖVP- und SPÖ-Fraktion; vielleicht schaffen wir einen gemein­samen. Dagegen ist nichts einzuwenden. Im Gegenteil: Wenn wir das zusammen­brächten  (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Das Neue wäre, dass Sie dazu angehalten sind, das frühzeitig und verpflichtend zu vertreten, und wenn das gelänge, dann wäre das auch schon einmal ein Erfolg in diesem Parlament.

Sehen Sie, das ist genau der Unterschied zu Ihnen: Wir versuchen, einen Beitrag zu leisten – und Sie schimpfen! Damit werden Sie nicht weit kommen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Scheibner zu Wort. – Bitte.

 


13.52.34

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Kollege Kogler, wenn man eine solch niedrige Anforderungslatte an eine Bundesregierung anlegt, wie Sie es jetzt gemacht haben, dann mag das die richtige Linie sein. Und wenn man sagt: Der Bundeskanzler befasst sich mit der Materie, und das ist toll und ausreichend! (Abg. Strache: Das war ja der Regierungssprecher Kogler!), und wenn man dann zwar kritisiert, aber trotzdem mitstimmt, gut, dann soll das so sein. Uns reicht es nicht, wenn sich ein Bundeskanzler mit der Materie befasst! (Demonstrativer Beifall bei der FPÖ.) Wir wollen, dass er sie auch erfasst und dass er sich mit den Anliegen der Österreicher befasst und sie auch wenigstens umzusetzen und durchzusetzen versucht. Das verlangen wir! Und wir verlangen, dass es wirklich nachhaltige Lösungen gibt.

Kollege Stummvoll, Sie haben hier vorhin gesagt, es gehe hier um kurzfristige Lösungsansätze. Da frage ich mich: Ja wie lang sind denn dann die mittel- bis lang­fristigen Lösungsansätze, wenn wir jetzt schon drei Jahre für die kurzfristigen brauchen, die ja immer nur wenige Tage dauern?


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll128. Sitzung / Seite 39

Gestern hat es eine Kurssteigerung an den Börsen gegeben. Alle sind euphorisch und meinen: Jetzt ist endlich das große Paket gestaltet, und die Krise ist bewältigt! Frau Finanzministerin, Sie haben heute wieder gesagt: Es kann Entwarnung gegeben werden! – Das hat nur für gestern gegolten, denn heute fallen die Börsenkurse wieder ins Bodenlose: österreichische Bankaktien bis zu minus 10 Prozent! Das heißt, gestern haben die Spekulanten noch Kasse gemacht, und heute geht es schon wieder den Bach hinunter.

Ich garantiere Ihnen: Das Nächste wird sein, dass wieder irgendeine von den ameri­kanischen Rating-Agenturen ein Ziel beziehungsweise ein Opfer findet, und dann stehen wir wieder genauso da wie bei jedem anderen Gipfel, nämlich dass wir den nächsten Gipfel brauchen und das nächste Sparpaket und das nächste Sanie­rungspaket. Das ist doch keine Krisenbewältigung, wie wir sie in Europa brauchen, meine Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Herr Bundeskanzler, Sie können das nicht alles als Anti-EU-Politik und als unsachlich abtun! Und dann gehen Sie her und sagen: Ja Sie von der Opposition sitzen nicht in Brüssel! – Nein, Sie sitzen in Brüssel, Sie sind der Vertreter Österreichs, und wir verlangen von Ihnen, dass Sie dort die Interessen Österreichs vertreten und umsetzen! (Beifall beim BZÖ.)

Herr Bundeskanzler, Sie haben da ein bisschen etwas durcheinandergebracht. Wir wollen nicht aus der EU austreten! Wir wollen auch nicht zurück zum Schilling! (Abg. Dr. Cap: O ja!) Das war die Linie vom Herrn Strache, bis er draufgekommen ist, dass die BZÖ-Linie die bessere ist. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Strache: Ein Unsinn!)

Wir wollen, dass jene aus der Euro-Zone austreten, die nicht in diese Euro-Zone gehören! (Zwischenruf des Abg. Dr. Cap.) Das stimmt schon! Das war unsere gemeinsame Kritik bei der Euro-Einführung, wo all die Euphoriker – und die sind bei Ihnen und auch hier (in Richtung ÖVP) gesessen – das auch als „Anti-EU“ abgetan haben, als wir davor gewarnt haben, dass dann, wenn man Länder in die Euro-Zone hineinnimmt, die nicht hineingehören, wenn man die Konvergenzkriterien nicht überprüft und wenn es keinen Sanktionsmechanismus für jene Staaten, die sich nicht an die Kriterien halten, gibt, dieses wichtige Projekt einer gemeinsamen Währung scheitern wird. Und heute, zehn Jahre danach, sind wir nahe daran. (Abg. Dr. Cap: Sie wollen austreten!)

Wir wollen das nicht. Herr Kollege, nein, wir wollen nicht austreten, sondern wir wollen aus dieser Währungszone einen Erfolg machen. Und dazu muss man diese Euphoriker in die Schranken weisen, die nur herumdoktern, die Nachteile dem Steuerzahler aufbürden und dann sagen: Ja, aber wir waren damals nicht dabei!, und hoffen, dass sie über die Runden kommen und dass die Suppe dann die kommenden Generationen auslöffeln. (Beifall beim BZÖ.)

Wo sind die, die damals bei der Euro-Einführung da gewesen sind, die das alles entsprechend umgesetzt haben? Wo werden die Kommissare und all die Experten sein, die heute diese Pakete schnüren, die die nächsten Generationen zu zahlen haben werden? – Die werden nicht mehr in ihrem Amt sein. So schaut es aus: Es wird die Zukunft vernachlässigt und die künftigen Generationen werden belastet!

Man sagt dann: Na ja, 1 Billion €! Herr Sarkozy sagt:1,4 Billionen €! – Na, 400 Milliar­den €, was ist denn das schon für ein Unterschied? Und beim Bankenpaket heißt es: Die haben 50 Prozent nachgelassen! – Kollege Stadler hat es Ihnen vorgerechnet, dass das in Wirklichkeit ein Gewinn ist, weil sie für Papiere, die nichts wert sind, in Zukunft wenigstens 50 Prozent haben werden, die im schlimmsten Fall nichts wert sein werden.


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Sie haben auch immer gesagt, die Haftungen werden nicht schlagend werden. – Durch diese Neuordnung des Rettungsschirmes, durch die Garantien, die es jetzt gibt, werden natürlich die Haftungen schlagend – und diese Haftungen werden die öster­reichischen Steuerzahler zu bezahlen haben! Und Sie werden dann sehen, dass all das nicht ausreicht, weil die grundlegenden Fragen nicht beantwortet werden.

Sie sagen jetzt, ja, Sie finden sich bei uns, wenn wir Maßnahmen fordern wie Trans­aktionssteuer, Regulierung der Finanzmärkte, Trennung von Investment- und Kom­merzbanken: Ja, das wären wichtige Punkte, um das in Zukunft zu verhindern! Aber da frage ich Sie: Wo war da Ihre Vetodrohung, wo war Ihr Junktim für all diese Punkte, damit wir das durchsetzen können? – Das verlangen wir von Ihnen!

Sie, Herr Kollege Cap, haben gesagt, die wichtigste Frage sei: Wie kann man Österreich durch die Krise steuern? (Abg. Dr. Cap: Ja!) – Ja. Da braucht man aber auf der Kommandobrücke wirkliche Experten, die das können. Wir haben die falschen! (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Strache. – Abg. Dr. Cap: Welcher Orange kann das?)

13.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Krainer zu Wort. – Bitte.

 


13.58.08

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Präsidentin! Im Zuge dieser Debatte haben wir eine Reihe von Halbwahrheiten, Unwahrheiten gehört, auf ein paar davon muss ich schon eingehen. (Ah-Rufe bei der FPÖ.)

Wenn hier vom Kollegen Scheibner und vom Kollegen Strache im Nachhinein nicht zu Unrecht kritisiert wird, dass es vielleicht ein Fehler war, dass Griechenland in die Währungsunion aufgenommen wurde, dann muss ich sagen: Das mag schon richtig sein, aber da verschweigen beide etwas! (Abg. Strache: Das hat der Viktor Klima unterschrieben!) Da verschweigen beide, dass es ein blauer Finanzminister war, der im ECOFIN zugestimmt hat, dass Griechenland in die Währungsunion aufgenommen wird. (Abg. Strache: Viktor Klima hat das noch unterschrieben!) Das verschweigen die beiden: Ein blauer Finanzminister hat dem zugestimmt, als Vertreter von Österreich.

Und dass genau jene Partei, die eigentlich, als sie in der Regierung war, nur dafür bekannt geworden ist, dass sie für Trauzeugen, Freunde und die eigene Geldtasche eintritt, hingegen niemals für Österreich, sich jetzt hier aufspielt und die Vertretung von österreichischen Interessen verlangt, ist wirklich mehr als lachhaft. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Stefan: Wie schaut es heute aus? Reden wir von der Gegenwart!)

Und wenn heute vom Vorsitzenden der Österreichisch-Griechischen Gesellschaft im Parlament gesagt wird, dass der Hebel bei der EFSF nur dafür genützt wird, dass Geld gedruckt wird, dann muss man sagen: Das Gegenteil ist wahr! (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Es hat fünf Varianten des Hebels gegeben, und die drei, die womöglich indirekt dazu geführt hätten, dass Geld gedruckt worden wäre, sind ausdrücklich ausge­schlossen worden. Übrig geblieben sind zwei Varianten, die beide nichts mit Geld­drucken zu tun haben, nämlich eine Versicherungsvariante und eine Fondsvariante. Da wird privates Kapital eingeladen, sich an der Finanzierung zu beteiligen. Vom Gelddrucken ist überhaupt keine Rede. Das ist eine der vielen Unwahrheiten, die wir hier zu hören bekommen! (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Nächste Unwahrheit zum Schuldenschnitt: Wertlose Papiere werden getauscht gegen wertvolle Papiere. Das, was passiert, ist: Griechenland muss alle paar Monate alte Schulden zurückzahlen. Da stehen 100 € drauf. Und diese 100 € sind ganz real, und diese 100 € sind zu zahlen, und zwar genau 100 €. Und wenn die dann getauscht


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werden gegen Papiere, wo 50 € drauf stehen, dann sind ganz real nur noch 50 € zu zahlen, was genau die Hälfte ist. Das ist das völlige Verdrehen der Tatsachen, das Sie hier machen. Das ist dann einfach vom Nominale genau die Hälfte, und das ist genau auch nur die Hälfte, die Griechenland am Ende des Tages dann zurückzahlen muss. Und das ist der Unterschied. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenrufe beim BZÖ.)

Sie sagen, es wäre ein zweites Bankenpaket notwendig. Ist völlig falsch! Es gibt ein Bankenpaket, das hier einstimmig beschlossen wurde – einstimmig, von allen Fraktionen! –, und dieses Bankenpaket reicht noch immer. Und selbst wenn wir mit den Zahlen, die Sie genannt haben, mit etwas unter 3 Milliarden Rekapitalisierung rechnen, dann wissen wir, dass mehr als doppelt so viel Geld noch im ersten Bankenpaket drinnen ist. Das heißt, es ist nicht notwendig, hier ein zweites Bankenpaket zu schnü­ren, sondern es gibt eines.

Und wenn Sie sagen, dass nach wie vor Boni ausbezahlt werden, obwohl die Zinsen nicht bezahlt werden, dann sollten Sie Ihre eigenen Beschlüsse besser kennen, denn: Wenn jemand keine Zinsen zahlt für das Geld, das Österreich den Banken geborgt hat, dann darf er auch keine Boni auszahlen und dann gibt es auch keine Dividenden. Das ist nämlich die Wahrheit und komplett unterschiedlich zu dem, was Sie hier sagen.

Wenn Kollege Stadler hier behauptet, das Geld würde in Griechenland nicht ankom­men: Na, bitte, womit bezahlt Griechenland seine Pensionen aus, womit zahlen sie die Gehälter aus, die Arbeitslosengelder und so weiter? (Abg. Strache: Mit weiteren Schulden! Mit weiteren Schulden!) Die zahlen sie auch mit Geld aus, das dort ankommt. (Abg. Mag. Stadler: Ja, schön, wunderbar!) Und ja, es kommt in Griechen­land an, denn sonst könnte es gar nicht ausbezahlt werden, und ja, es kommt auch bei den Menschen an, denn sonst könnten die gar nicht ihre Mieten bezahlen und ihre täglichen Lebensmittel einkaufen. Das Geld kommt selbstverständlich an. (Abg. Mag. Stadler: Ja, wunderbar! Da werden die Österreicher viel Verständnis dafür haben!) Genau das Gegenteil dessen, was Sie hier behaupten, ist wahr: Das Geld kommt an! (Abg. Mag. Stadler: Super Rede, super Rede! Ich würde ihn eine halbe Stunde reden lassen! Wieder 10 000 Wähler weniger!)

Wenn Sie hier behaupten, wenn Werner Faymann nach Brüssel fährt, dann kostet das 22 Milliarden €, dann ist auch das falsch. Das Parlament hier, wir haben die 22 Milliarden € beschlossen. Nicht irgendjemand hat das selbst erfunden. Wir als Parlament haben gesagt: Ja, wir stehen solidarisch zusammen in Europa, auch in schwierigen Zeiten. Genauso, wie wir das auch in der Vergangenheit getan haben und wie auch für uns solidarisch gehaftet wurde beim ersten Rettungsschirm zu Osteuropa, genauso stehen wir jetzt bei den Problemen der anderen zusammen. Das haben wir beschlossen.

Und wenn Sie sagen, die Haftungen werden schlagend, dann wissen Sie genau, dass überhaupt noch keine Haftung schlagend geworden ist, mit Ausnahme der von Kärnten. Wir als Österreich zahlen bereits für die Schulden und die Haftungen, die Sie dort eingegangen sind. Da zahlen wir bereits.

Die Probleme sind ernst genug. Das größte Problem, vor dem wir auf europäischer Ebene stehen, ist die Arbeitslosigkeit. Bei durchschnittlich über 20 Prozent Jugendar­beits­losigkeit in der Europäischen Union müssen wirklich alle Alarmglocken schrillen. Wir haben bis zu 48 Prozent Jugendarbeitslosigkeit in einzelnen Staaten! Da sind wir gefordert, etwas zu tun. Und wir sind genauso gefordert, dass die Politik und die Demokratie handlungsfähig bleiben in dieser Europäischen Union. Dass die Euro­päische Union, wie sie heute funktioniert, Schwächen hat, ist evident, und dass sie auch demokratiepolitische Schwächen hat, ist auch klar. Das heißt, das, was notwen-


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dig ist, ist der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit und Antworten zu finden auf die Frage, wie wir die Politikfähigkeit erhalten können und wie wir Europa weiter demokratisieren können. (Beifall bei der SPÖ.)

14.03


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Auer. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler  in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Jakob Auer –: Minus 10 Prozent bei Raiffeisen! Ich will dir nur ein bisschen Motivation mitgeben!)

 


14.03.53

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Bundesminister! Meine Herren Staatssekretäre! Meine Damen und Herren! Man weiß ja bei den Rednern der FPÖ und des BZÖ nicht, wer wem jetzt gerade welche Idee weggenommen hat. Sie streiten heute schon darum, wer was übernommen oder wem weggenommen hat (Abg. Mag. Stadler: Deine Sorgen möchte ich haben!), aber sie waren sich zumindest in einem Punkt einig: Sie kritisieren die Bankenstabilisierung.

Sie haben offensichtlich vergessen, beide, dass diese Finanz- und Wirtschaftskrise, ausgelöst vom Flop einer Investmentbank, 2 Billionen Dollar gekostet hat, 2 Billio­nen Dollar! (Abg. Mag. Stefan: Deswegen haben wir den Hebel!) 2008 hat der ameri­kanische Staat Lehman Brothers nicht gestützt – und was daraus geworden ist, wissen Sie selber am besten: der größte Börsenkrach der Welt nach dem Zweiten Weltkrieg. (Abg. Mag. Stefan: Auch gehebelt, oder?)

Nach dieser Immobilienkrise gab es dann die Finanzkrise mit dramatischen Auswir­kungen auf Wirtschaft und Beschäftigung, weil der amerikanische Staat seine Verantwortung nicht wahrgenommen hat. Was blieb denn übrig von dem „Yes, we can!“, meine Damen und Herren? – nichts als leere Versprechungen. Und seit dieser Zeit sind 395 weitere amerikanische Banken in Konkurs geschickt worden. Fragen Sie die amerikanischen Hausbesitzer, die Sparer, wie es denen geht!

Meine Damen und Herren, Österreich hat auf diese Wirtschaftskrise perfekt reagiert, rasch reagiert und die richtigen Maßnahmen gesetzt. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Man sollte aber durchaus zugeben, dass manche Probleme in vielen Bereichen etwas weiter zurückliegen. Die Politik hat zu lange zugesehen. Die Politik der lockeren Hand war Maßstab, denn jahrelang war es möglich, Schulden zu machen, ohne dass es Sanktionen der Märkte in Form von erhöhten Zinsen gegeben hat. Wenn internationale Bedingungen so aussehen, dass Staatsanleihen nicht mit Kernkapital zu unterlegen sind, na wo werden sich dann Banken sozusagen engagieren? Diese Frage wäre einmal zu stellen. Beim Kredit für den kleinen Häuslbauer, beim Kredit für den kleinen Wirtschaftstreibenden, da braucht man natürlich Eigenmittelunterlegung, meine Damen und Herren. (Abg. Mag. Stadler: Genau das droht uns jetzt! Das droht uns jetzt! Da bin ich ganz bei dir! Da hast du recht!)

Wenn man meint, dass Regulierungen wie Basel II oder Basel III die Rettung für die Zukunft sind, dann täuscht man sich, meine Damen und Herren! (Abg. Mag. Stadler: Da hast du auch recht! Ja, da hast du recht!) Da täuscht man sich, denn auch Lehman Brothers ist nicht am Rating, an der Bonitätsbeurteilung und nicht am fehlenden Eigenkapital zugrunde gegangen. Das sollten wir wissen. Es hilft nichts, meine Damen und Herren, der überzogene Bürokratismus kostet viel, bringt keinen Mehrwert und löst auch keine Probleme – bremst aber deutlich den Kreislauf in der Wirtschaft. (Beifall bei der ÖVP.)


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Bemerkenswert ist schon auch die Haltung der Opposition in Österreich, und ich anerkenne, respektiere die klare Kontur der grünen Partei, die da eindeutig steht, so wie in Deutschland. (Ironische Heiterkeit bei FPÖ und BZÖ.) Da können sich beide, sowohl FPÖ als auch BZÖ, etwas abpausen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ihr von FPÖ und BZÖ seid jetzt auf der Ebene der Linken Deutschlands angekommen, da findet ihr euch wieder. Gratuliere dazu! Weit habt ihr es gebracht, meine Damen und Herren. Weit habt ihr es gebracht. (Beifall bei der ÖVP.)

Ja, ich gebe dem Kollegen Kogler recht, dass ein europäischer Währungsfonds, eine Art europäische Anleihe im Sinne der Eurobonds zu günstigen Zinssätzen notwendig wäre, um die Volatilität der Geld- und Kapitalmärkte einzuschränken. Das wäre durchaus vernünftig und hätte wachstums- und beschäftigungspolitische Effekte. (Abg. Bucher: Ist das Klublinie der ÖVP? – Abg. Mag. Stefan: Die ÖVP ist für Eurobonds?)

Und auch ein klares Ja zu einer Finanztransaktionssteuer. Selbstverständlich, meine Damen und Herren, das ist notwendig. (Abg. Bucher: Die ÖVP ist für Eurobonds! Ist das so?) Aber eines sollte man auch noch dazusagen, Herr Kollege Bucher, weil Sie so die Hilfe für Griechenland geißeln. (Abg. Bucher: Die ÖVP ist für Eurobonds! Ist das so?) – Ich weiß schon, Sie sind ein bisschen nervös, weil die Argumente der Regierung einfach die besseren als die euren waren. (Ironische Heiterkeit beim BZÖ. – Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.) – Griechenland hat im heurigen Jahr 47 Millionen Zinsen bezahlt. Fragen Sie die Frau Bundesminister für Finanzen! Sie wurden bezahlt, 47 Millionen € Zinsen. Und das sollten Sie anerkennen! Halten wir das fest.

Meine Damen und Herren, eine stabile Währung, ein stabiles Europa ist notwendig. Es war auch die Debatte im Deutschen Bundestag bemerkenswert, wie unterschiedlich man da vorgeht: die einen, die dazu stehen, die anderen, die Linken, die dagegen sind, wie bei uns BZÖ und FPÖ. (Abg. Strache: Und die CDU-Kritiker, die mit Partei­ausschluss bedroht werden! Hände falten, Goschen halten!) – Herr Kollege Strache, auch wenn Sie noch so laut schreien, die Argumente werden nicht besser.

Auch die Bankenabgabe wurde heute dramatisiert und kritisiert. Fragen Sie die Frau Bundesminister, wie viele Millionen das gebracht hat! Aber es gibt ein paar Banken, die nichts bezahlt haben, und da denke ich immer, wenn ich HC im Ohr habe, an H wie Haftung, H wie Hypo und C wie Credit, Kreditausfälle – wie in Kärnten, meine Damen und Herren. Da könnten Sie sich ein bisschen zurücklehnen und nachdenken, was notwendig wäre. (Beifall bei der ÖVP.)

Sie sollten sich, nachdem dieser Einwurf gemacht wurde, um Raiffeisen keine Sorgen machen. Das gebe ich Ihnen mit auf den Weg. Es ist ja bemerkenswert, dass im Sommer beim Stresstest die Raiffeisen Bank International – das war bemerkenswert – mit einem hervorragenden Ergebnis bewertet wurde. Jetzt plötzlich wird die RZB, die kein operatives Geschäft mehr macht, zur Bewertung herangezogen. Da müsste man auch einmal in der Nationalbank ein bisschen über die Vorgangsweise nachfragen. (Beifall bei der ÖVP.)

14.09


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Hübner. – Bitte. (Abg. Strache: Gott sei Dank gibt es ein Lobbyistengesetz! Eine Belangsendung in eigener Sache!)

 


14.10.23

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Vorredner! Herr Kollege Auer, Sie können sich noch so sehr in


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Selbstbejubelung und Grünbejubelung ergehen, das hilft aber alles nichts, irgendwann einmal wird man auf den Kern der Sache schauen müssen.

Kollege Cap gefällt mir immer sehr gut. Der hat heute wirklich wörtlich gesagt – ich habe wieder mitgeschrieben, denn da gibt es immer gute Dinge, die man sich merken soll –: Es geht uns darum, Beschäftigung und Lebensstandard in Österreich zu sichern, Österreich sicher durch die Krise zu steuern. Und vor allem ist Folgendes wichtig: Österreich muss einen Nutzen haben.

Über was reden wir aber heute, und was ist geschehen? – Wir haben ein EFSF-Erweiterungspaket beschlossen. Für wen ist das? – Das finanziert wie bisher die Schulden, die nicht finanzierbaren Schulden unserer Nachbarn und entfernteren Nachbarn an der südlichen Peripherie. Wo da der österreichische Nutzen ist, weiß ich nicht, das ist allenfalls ein sehr indirekter. Dieses Paket wird auch, allerdings erst nach dem Juni 2012, sofern wir diese Beschlüsse richtig sehen, die europäischen Banken in den Ländern mitfinanzieren, wo es nicht möglich ist, das Kapital für die Rekapita­lisierung der Banken aufzutreiben – weder am Markt, noch in den Staaten selbst.

Also ich hoffe – auch Kollege Cap wird mir recht geben –, dass wir nicht ein Staat sind, der nicht in der Lage sein wird, das Kapital aufzubringen, das erforderlich ist, damit wir unsere Banken rekapitalisieren. Egal, ob es 2 Milliarden, 2,6 oder 3,6 Milliarden sind, das wird Österreich aufbringen.

Was haben wir gemacht? – Wir sitzen in einem Fonds drinnen, wo es eine Haftungs­tangente Österreichs von 21 Milliarden Kapital plus Zinsen und Kosten gibt. Also es sind nicht 21 Milliarden, sondern es sind, nach vorsichtigen Berechnungen, 27,6 Milliar­den. Andere Berechnungen sagen, die Zinsen- und Kostentangente beträgt 9 bis 10 Milliarden. Also sind wir knapp an der 30-Milliarden-Haftungsgrenze. (Abg. Strache: Das Triple A ist bereits gefährdet, wie Felderer sagt!)

Was wir gemacht haben: Wir haben der Hebelung zugestimmt – und haben damit das Ausfallsrisiko dramatisch erhöht, das nach Berechnungen bis jetzt mit etwa 40 Prozent eingeschätzt wurde. Man hat also gesagt, dass diese Haftungen im annehmbaren schlimmen Fall mit etwa 40 Prozent schlagend werden können. Dieses Ausfallsrisiko ist jetzt nach den mir vorliegenden ersten Berechnungen auf 55 bis 70 Prozent gestiegen. Das heißt, wir reden über ein Ausfallsrisiko für Österreich, das, ganz grob gerechnet, im Bereich von 20 Milliarden € liegt.

Wenn wir diese 20 Milliarden € jetzt aus dem Budget entnehmen würden und in einen Fonds einzahlen, dann wäre das schlimm, und wir würden uns mit allen Mitteln dagegen wehren. Das werden Sie mir, glaube ich, zubilligen. Aber es wäre wenigstens eine ehrliche Vorgangsweise. Dann würden diejenigen, die das beschließen und zu verantworten haben, das auch den Bürgern erklären müssen. Aber nicht einmal das geschieht, sondern es wird eine reine Schuldenpyramide gebaut. Das heißt, es werden ausschließlich Haftungen abgegeben, für die es keine Rückstellung gibt, für die es sogar, wenn Sie die vorbereiteten Papiere für den Gipfel sehen, die ausdrückliche Passage gibt: Man wird sehen, dass die Konstruktion so gewählt ist, dass es keine Auswirkungen auf die Budgets der Garantenländer hat.

Auf gut Deutsch: Man wird es so gestalten, dass kein Land irgendetwas ausweisen muss, dass jedes Land so tun kann, als ob es diese Haftungen überhaupt nicht gäbe, als ob das eine Schimäre wäre. Und das hört man ja auch: Das ist etwas, was uns nichts kostet. Das tut uns nicht weh. Das beschneidet unsere Budgethoheit nicht.

Das heißt, wir haben jetzt vom Ausfallsrisiko her eine 20-, oder, setzen wir es noch geringer an, sagen wir eine 15-Milliarden-€-Bombe, die mit Sicherheit zu einem Teil schlagend wird. Ich habe noch keinen Wirtschaftswissenschafter gesehen, der sagt:


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Da wird überhaupt nichts schlagend, die zahlen das alles locker zurück. Griechenland, Portugal, Italien, das sind lauter bombensichere Schuldner, da kann nichts haftend werden. Und wenn man es hebelt, wenn wir 20 Prozent garantieren, ist es ausge­schlossen, denn da gibt es nicht einmal einen 20-Prozent-Ausfall. – Also jeder sagt, diesen Ausfall wird es geben.

Das heißt, diejenigen, die das beschließen, beschließen für diejenigen, die das später einmal zu verantworten haben – das ist wahrscheinlich schon die nächste Politiker­generation, das ist mit höchster Wahrscheinlichkeit nicht mehr die Generation der Finanzminister, die das heute beschließen –, ein Paket, das im österreichischen Fall 15 bis 20 Milliarden ausmacht, die dann irgendjemand aufbringen wird müssen, das irgendwie eingespart werden muss, das durch konfiskatorische Steuern, gegen wen sich die auch immer richten werden, wieder gutgemacht werden muss.

Dazu kann man eines nicht sagen: dass es im Interesse Österreichs ist. Das kann man nicht sagen (Beifall bei der FPÖ), auch wenn man noch so viele Umwegrentabilitäten oder Umweggefahren sieht, wenn man noch so Kogler-isch argumentiert, es wäre ja alles andere viel teurer. Er sagt zwar nicht, was da so teuer wäre, aber es wäre alles andere viel teurer. Man kann es nur dann argumentieren oder rechtfertigen, wenn man ideologisch sagt: Europa über alles! Das haben einige gesagt; Kollege Kogler hat es zwischen den Zeilen gesagt. Auch Jean-Claude Juncker sagt das: Die europäische Idee ist das Wichtigste, die müssen wir mit allen Mitteln verteidigen.

Wenn man ideologisch sagt, dieses Europa, das muss so solidarisch sein, da darf niemand pleitegehen, da darf es keine Zahlungsausfälle geben, da muss jeder in der Euro-Zone drinnen bleiben, da muss jeder herangeführt werden, da muss es Ausgleich und Kohäsion und Strukturfonds und so weiter geben, koste es, was es wolle, wenn ich diese ideologische Linie vertrete, dann ist die Entscheidung der Bundesregierung und dann ist der gesamteuropäische Beschluss an diesem vergangenen Mittwoch richtig. Wenn ich das aber nicht vertrete, dann ist er wohl falsch. Und das erwarte ich an Ehrlichkeit von unseren Politikern, inklusive den Politikern der SPÖ, dass sie das sagen: Das ist nicht in unserem Interesse, aber das ist im Interesse der großen europäischen Idee, und da müsst ihr halt die 20 Milliarden notfalls hineinzahlen.

Da gibt es natürlich Leute, die sagen: Ja, das ist ja gar nichts, es würde ja viel mehr kosten, wenn wir das nicht machen würden. Was würde das mehr kosten? – Ja, das Einzige, was es mehr kostet, ist, dass wir die Banken rekapitalisieren müssten, die Ausfälle zu verkraften hätten. Das tun wir aber sowieso, denn es wird ja wohl nie­mandem entgangen sein, dass dieses Paket nicht beinhaltet, die österreichischen Banken für die Krise zu rekapitalisieren, sondern lediglich die Verpflichtung enthält, dass Österreich seine Banken finanzmäßig stärkt, dass die Kernkapitalquote angehoben wird.

Dass wir den Ausfall verkraften und rekapitalisieren müssen, ist klar, egal, ob es der griechische Ausfall ist oder ob es in ein, zwei, drei, vier Jahren, wann immer, der portugiesische oder italienische sein wird. Das müssen wir sowieso zahlen. Also diesen Ausfall, der jetzt als Horrorszenario gebracht wird, den müssen wir am Tag X sowieso zahlen. Nur wird der Ausfall dann höher sein, und er kommt gemeinsam mit dem Schlagendwerden des 15- bis 20-Milliarden-Haftungspakets aus der EFSF.

Dass man sich hierherstellt wie Kollege Auer vor mir und sagt: Die Grünen sind die einzigen Richtigen, die üben da keine Kritik, die sagen, das muss sein, da muss man durch!, und: Keiner sagt, was das andere Szenario kostet!, also mehr oder minder: Halts die Goschn und stimmts zu, zeigts Verantwortung!, das ist eine Politik, die wir zutiefst ablehnen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.18



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll128. Sitzung / Seite 46

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. – Bitte.

 


14.18.20

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor mir die Zeit davonläuft, möchte ich einen Entschließungsantrag einbringen, nämlich betreffend unverzügliche Unterrichtung des Nationalrats über alle Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union.

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler und die Bundesministerin für Finanzen, wird aufgefordert, den Artikel 23e Abs. 1 B-VG in allen Fällen dem Wortlaut entsprechend anzuwenden und den Nationalrat und den Bundesrat unverzüglich über alle Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union zu unterrichten und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.“

*****

Wir haben das hier schon öfter thematisiert. – Verehrte Damen und Herren von der Bundesregierung, vielleicht lesen Sie sich einmal das neue EU-Informationsgesetz und die zugehörige Geschäftsordnungsnovelle durch, die hier im Haus schon in zweiter Lesung beschlossen worden ist, und handeln nach dem Geist dieser neuen Gesetze! Es ist kindisch, abgesehen davon, dass es unerträglich ist, über wie viele Dinge, Vorhaben, Berichte und so weiter im Wesentlichen im Rahmen dieser Gipfel, aber auch sonst, wir in diesem Hause nicht informiert werden und vor allem nicht recht­zeitig informiert werden. Wenn man sich die Mühe macht, kann man sich ja sehr viel von der Homepage des deutschen Finanzministeriums oder von der Homepage des Deutschen Bundestages herunterholen, aber ist das der Weg, den Sie anstreben?! (Beifall bei den Grünen.)

Regelmäßig weiß die „Financial Times“ oder sogar der „Herald Tribune“ mehr als wir Abgeordnete, sie wissen es schneller und sie wissen mehr als wir Abgeordnete hier im Haus, was eventuell bei diesen Gipfeln beschlossen werden könnte. Auch die vorläufigen Schlussfolgerungen waren, in einer viel weitergehenden Fassung als das, was wir hier wussten, vorher schon in einem britischen Online-Magazin. Also bitte, halten Sie das endlich ein!

Was diesen Gipfel betrifft, wird es die Kollegen von BZÖ und FPÖ vielleicht nicht überraschen, dass ich nicht so unzufrieden bin. Ich finde, es sind in den Morgen­stunden dieses 27. Oktober richtige Schritte in eine richtige Richtung gesetzt worden. Wichtig ist jetzt nur, dass man nicht stehen bleibt und sich zurücklehnt.

Es wurde da ansatzweise erstens ein umfassendes Paket geschnürt – und nicht nur irgendwo ein bisschen was, immer nur diese kleinen Bausteine, die nicht zusammen­passen –, ansatzweise jedenfalls. Nur: Das Kleingedruckte fehlt. In fast allen Punkten fehlen die Details. Das wird auch in den heutigen Medien, im Gegensatz zu den gestrigen naturgemäß, ausreichend kritisiert und gewürdigt.

Aber es gibt wichtige Fortschritte, zum Beispiel Fortschritte an Realismus. Seit gut anderthalb Jahren predigen Werner Kogler und ich: Griechenland ist nicht illiquid, sondern insolvent. Das wird jetzt zugegeben: Griechenland ist insolvent. Jetzt kann man zu dieser Lösung stehen, wie man will, aber immerhin, es wird zugegeben, Griechenland ist insolvent.

Ob das reichen wird, das ist eine andere Frage. Die Schlagzeilen in den letzten Tagen waren ja total irreführend. Dass Griechenland einen Schuldenschnitt von 50 Prozent


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erhält, ist natürlich völlig falsch, sondern es wurde für einen begrenzten Ausschnitt von Gläubigern, im Wesentlichen Banken – was mit den Pensionsfonds ist, das wissen wir noch nicht –, vereinbart, in Verhandlungen darüber einzutreten, ob und wie dieser 50-prozentige Schuldenschnitt erreicht werden kann. Diese Verhandlungen werden mit Sicherheit bis Weihnachten, möglicherweise in den Jänner hinein dauern.

Aber, Herr Kollege Stadler, eines ist an Ihrem Vergleich meines Erachtens nicht korrekt gewesen. Es ist zwar richtig, dass einschlägige griechische Papiere, mit zehnjähriger Laufzeit in etwa, an den internationalen Börsen derzeit unter 50 Prozent des Nomi­nales gehandelt werden. Das ist korrekt. Aber Sie müssen ja bedenken, dass der Schuldenschnitt bedeutet, dass dann, wenn diese Papiere fällig werden, irgendwann in der Zukunft, zum Beispiel in zehn Jahren, nicht 100 Prozent des Nominales vom Schuldner ausbezahlt werden, sondern eben nur 50 Prozent. (Abg. Mag. Stadler: Da sind sie noch weniger wert! – Abg. Kopf: Das ist ja nicht das Thema!) Das wird man sehen.

Ich sage Ihnen ganz offen: Ich persönlich bezweifle, dass das ausreicht, aber ich kann mich irren. Das Ziel ist ja, die griechische Schuldenquote bis 2020 auf 120 Prozent des BIP zu senken. Das reißt mich jetzt nicht vom Sessel. Es ist einerseits eine hand­habbare Größenordnung, denn das ist in der Größenordnung von Italien und Belgien, und Italien und Belgien sind seit 50 Jahren nicht in Konkurs. Also das deutet darauf hin, es ist handhabbar. Wenn Sie sich auf der anderen Seite vorstellen, dass Österreich jetzt 120 Prozent Verschuldung hätte, dann müssten wir mindestens doppelt so viel an Zinsen ausgeben als jetzt – mindestens! Ich würde sagen, das Doppelte: Mehr als die Hälfte Verschuldung, also unter ungünstigen Umständen rund das Doppelte – plus 8 Milliarden Zinsen.

Das ist schwierig. Das wäre auch für Österreich schwierig. Insofern halte ich es für möglich, sagen wir es ganz vorsichtig, dass Griechenland einen weiteren Schul­denschnitt brauchen wird. Und dann muss, angesichts der Statistik, angesichts der Struktur der jetzigen Gläubiger, dieser Schuldenerlass ganz offensichtlich von den öffentlichen und staatlichen Gläubigern kommen. Dazu stehe ich, das muss man offen sagen. Da gibt es ein Risiko, diese Geschichte ist nicht ausgestanden.

Wenn man für Griechenland einen Schuldenschnitt macht, dann ist etwas anderes wichtig, nämlich was Bundeskanzler Faymann in Neudeutsch als „Firewall“ bezeichnet hat. Die EFSF, so wie sie jetzt konstruiert ist, wird, glaube ich, als Firewall nicht ausreichen. Wir müssen das sehr realistisch sehen. Das ist nicht irgendein abstraktes Gebilde für irgendeinen Schutz, sondern Italien ist das Thema. Italien hat rund 2 Billionen € an Staatsschulden, und wenn es da ein Problem gibt, dann ist auch die EFSF nicht ausreichend.

Ich glaube, für Probleme dieser Größenordnung hätte es nur zwei Möglichkeiten gegeben – und die gibt es immer noch, aber sie scheitern im Wesentlichen am Widerstand von Deutschland und der Europäischen Zentralbank –: Entweder führt man im größeren Maßstab Eurobonds ein – die verhindern nämlich, dass gegen einzelne Staaten Spekulationswellen, wie im Falle Griechenlands, Spaniens und so weiter, eingesetzt werden können, weil da ein Markt entstehen wird, der fast so groß ist wie der amerikanische Markt, der Markt für US-Staatsanleihen, und das schaue ich mir an, wie die angreifbar sind! (Beifall bei den Grünen) – oder, die zweite Möglichkeit, die Europäische Zentralbank, die ja theoretisch unbegrenzt intervenieren kann auf den Märkten, erhält grünes Licht für solche Interventionen. Aber das will Deutschland nicht, und das will die Europäische Zentralbank selber nicht.

Nur zur Erinnerung: Das kann und macht die britische Zentralbank, und das macht und darf und kann der Federal Reserve. Dort ist es zulässig und hat nicht zu diesen


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Horrorszenarien geführt, die uns insbesondere deutsche, auch Kollegen von mir, Professoren an die Wand malen, dass das der sichere Weg in die Hyperinflation ist. Nein, jedenfalls unter den derzeitigen Umständen nicht.

Also: Die EFSF, wie immer das jetzt im Detail ausformuliert wird, mit der Versiche­rungslösung einerseits und diesem Special Purpose Vehicle andererseits, unter Einbeziehung von China – wir werden sehen; mir ist mulmig dabei, dass wir jetzt schon bei den Chinesen anklopfen müssen, aber bitte. (Abg. Mag. Stadler: Aber die haben heute schon abgelehnt!)

Neben diesem umfassenden Rettungsschirm fehlt etwas ganz Wichtiges in den vorläufigen Schlussfolgerungen: Wachstum. Was wird die Union für zusätzliches Wachstum machen? Das ist eine ganz zentrale Frage, meine Damen und Herren. Fünf Zeilen in den 15 Seiten sind dem Wachstum gewidmet und damit der Frage der Arbeits­plätze und so weiter in der Union. Wenn alle Staaten gemeinsam simultan restriktive Finanzpolitik betreiben, dann ist die europäische Rezession auf Jahre hinaus vorprogrammiert! Dem muss man sich ja widmen, durch Maßnahmen innerhalb der Ausgaben und innerhalb der Steuerstruktur, auch in Österreich – auch in Österreich! –, zum Beispiel, wie Aiginger es vorgeschlagen hat, in der Form, die Mineralölsteuer zu erhöhen und die Steuern auf Arbeit zu senken, oder in einem relevanten Ausmaß die Erbschaftssteuer einzuführen und die Steuern auf Arbeit zu senken.

Das sind wachstumsfördernde Strukturmaßnahmen, die das Defizit nicht erhöhen, die Schulden nicht erhöhen, aber notwendig sind, auch hier, auf nationaler Ebene, hier in Österreich; und es gilt für alle Mitglieder der Euro-Zone, sich diesem Thema ganz besonders zu widmen. Anders wird man aus der derzeitigen Krise nicht herauskommen. (Beifall bei den Grünen.)

Abschließend: Die vorläufigen Schlussforderungen enthalten auch – wie soll ich sa­gen? – Versprechungen oder Wünsche, die Vertiefung der Union weiter voran­zutreiben. Es ist kein Geheimnis, dass mir das nur recht ist. Ich als Vertreter der Ver­einigten Staaten von Europa sehe da nicht die Sowjetrepublik Europa heraufdämmern, wie Sie, Herr Bucher. Ich finde das absurd. Und alle, die glauben, dass die Vereinigten Staaten von Amerika ein zentralistischer, moskowitischer Block sind, die waren noch nie in Amerika, glaube ich. Die sind alles andere als ein zentralistisches Gefüge.

In diese Richtung muss Europa gehen – oder es wird zurückfallen auf die Stufe einer Freihandelszone. Das können auch Sie nicht ernsthaft wollen! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

14.28


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Entschließungsantrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Alexander Van der Bellen, Werner Kogler, Freundinnen und Freunde betreffend Unverzügliche Unterrichtung des Nationalrates über alle Vorhaben im Rahmen der EU

eingebracht im Zuge der Debatte den Dringlichen Antrag betreffend „Zukunfts­sicherungsschirm für Österreich statt Rettungsschirme für EU-Pleitestaaten und marode Banken“


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll128. Sitzung / Seite 49

Begründung

Der Europäische Rat bzw. der Gipfel der Staats- und Regierungschefs der Euro-Zone vereinbarte bei seinem Treffen am 26.10.2011 weitreichende Maßnahmen betreffend das Krisenmanagement und die zukünftige Ausgestaltung der Euro-Zone. Diese reichen von einem Schuldenschnitt für Griechenland, über Möglichkeiten zur Ver­vielfachung der Finanzmittel der EFSF, bis zu den geplanten Schritten in Richtung vertiefter wirtschafts- und währungspolitischer Integration.

Während in Deutschland etwa die Partei- und Fraktionsvorsitzenden persönlich von Bundeskanzlerin Merkel informiert wurden, der Haushalts- und der EU-Ausschuss tagten und das Plenum nach der Regierungserklärung bereits einen vier-Parteien­antrag zu möglichen Formen der Hebelung der EFSF-Kapazität verabschiedeten, geschah im österreichischen Parlament nichts.

Darüber hinaus ist die Informationspolitik der Bundesregierung gegenüber dem Parla­ment als mangelhaft zu bezeichnen. Einerseits wurden selbst bereits im Internet veröffentlichte („geleakte“) Entwürfe von Schlussfolgerungen der oben genannten Europäischen Gipfeltreffen überhaupt nicht übermittelt. Betrachtet man andererseits die Datierung der vom BMF übermittelten Dokumente, so stellt sich die Frage, ob die Bundesregierung, wie im Bundes-Verfassungsgesetz vorgesehen, stets „unverzüglich“ über EU-Vorhaben unterrichtet. Ein Dokument vom 23.10.2011, in welchem die Frage der Hebelung der EFSF-Kapazität diskutiert wird, langte am 25.10.2011 im Parlament ein. Die Überarbeitung davon, welche mit dem 25.10.2011 datiert ist, stand erst am 27.10.2011, also bereits nach der Beschlussfassung der Staats- und Regierungschefs, dem Nationalrat zur Verfügung.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler und die Bundesministerin für Finanzen, wird aufgefordert, den Artikel 23e Abs.1 B-VG in allen Fällen dem Wortlaut entsprechend anzuwenden und den Nationalrat und den Bundesrat unverzüglich über alle Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union zu unterrichten und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Westen­thaler. – Bitte.

 


14.29.06

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Professor Van der Bellen, bei aller Seriosität Ihrer Berechnungen, die ich immer mit Interesse beobachte, bleibt eines für alle am Ende immer über: Am Ende zahlt es der Steuerzahler. Das ist das Ergebnis aller Berechnungen. Am Ende wird immer der Steuerzahler zur Kassa gebeten. Das sind wir auch schon aus der Geschichte gewohnt, vor allem bei großen Koalitionen, dass das der Fall ist.

Jetzt, in der aktuellen Frage, zahlen ja die Steuerzahler am Ende nicht nur den Haircut – das Haare schneiden – der Griechen, sondern diese kriegen sozusagen zum Selbstkostenpreis auch noch eine Rasur dazu. Das ist die Wahrheit! Die Rasur kommt


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll128. Sitzung / Seite 50

dann über das Budget, über Maßnahmen, von denen wir erst vorige Woche hören mussten: die höchsten Schulden, die wir mittlerweile haben, die höchste Steuerlast, bei Familien wird gekürzt, bei den Pflegefällen wird gekürzt, überall, wo es besonders weh tut, wird gekürzt.

Ich frage mich, wenn ich heute der Debatte hier so zuhöre, schon, was sich eigentlich – und das betrifft ja vor allem auch eure Wähler, Herr Klubobmann Cap – die 500 000 Österreicher denken, von denen vielleicht der eine oder andere doch heute zuhört, die sich gerade Gedanken darüber machen, wie sie über den Winter kommen, die sich das Heizen nicht leisten können, weil das Heizen so teuer geworden ist, während sie heute den ganzen Tag in der Debatte nur von Milliarden hören, die da so durch den Raum fliegen – ein paar Milliarden dort, 50, 30, 100 Milliarden, Griechenland, Haircut. (Abg. Mag. Stadler: Billion!) Mittlerweile sind wir bereits bei der Billion angelangt.

Das ist etwas, was die Menschen nicht begreifen, wenn sie von dieser Regierung immer wieder zur Kassa gebeten und geschröpft werden und dann für einen Haarschnitt Griechenlands aufkommen müssen! (Beifall beim BZÖ.) Das ist etwas, was Sie nicht verstehen, Herr Klubobmann Cap, und vor allem auch Ihre Wähler nicht – übrigens auch nicht die der Grünen. Es braucht doch keiner glauben, dass das politische Blinddarm-Verhalten der Grünen, die Grünen sozusagen als Appendix dieser Regierung, irgendjemanden interessiert.

Das ist etwas, was ich überhaupt nicht verstehe. Aber ich weiß schon, die sozia­lis­tische Grüne Internationale ist schon stärker als die gewöhnliche Sozialistische Internationale und zieht sie eben auch am Nasenring durch Europa – genauso wie diese Regierung.

Und das ist die Systemkritik, die wir hier üben. Die Systemkritik, Herr Bundeskanzler, dass Sie in Wahrheit, ob das der 12., 15. oder 300. Gipfel ist, jedes Mal dort kapitulieren und eben nicht die Interessen der österreichischen Bürger vertreten – jetzt gar nicht mehr gegenüber den EU-17, EU-24, sondern nur mehr gegen die EU-2 und ihre Banken, die sie im Hintergrund haben, Merkel und der französische Präsident. Das ist etwas, was wir kritisieren.

Heute war es so schön zu sehen, fast in allen Medien, wie dieser Gipfel abgefeiert wird, wo wieder Milliardenzahlungen auf uns zukommen, und ganz klein ist gestanden: Aber der Pensionist wird sich heuer mit maximal 2,7 Prozent Erhöhung zufrieden geben müssen, obwohl die gefühlte und auch die reale Inflation weit darüber liegt. Das lehnen wir ab, und das kritisieren wir, weil das in keiner Relation mehr steht, Herr Bundeskanzler Faymann. (Beifall beim BZÖ.)

Sie nicken alles ab, koste es, was es wolle, und der Bürger darf dafür zahlen. Sie regieren schon lange nicht mehr nur ohne das Volk, sondern gegen das Volk. Und deswegen auch dieses Misstrauen, das wir Ihnen entgegenbringen, dieses Misstrauen, das wir für die österreichische Bevölkerung nur artikulieren; denn in Wahrheit wissen wir – und da haben alle Redner recht, die das heute gesagt haben –: Es geht nicht um die Menschen, wie uns da immer wieder vorgegaukelt wird. Alle sagen jetzt: Wir retten die Menschen in Griechenland, wir retten die Menschen in der Europäischen Union! – Sie retten nicht die Menschen, Sie retten die Bankinstitute, und zwar diejenigen, die besonders gerne spekulieren, die Investmentbanken, die dort spekuliert haben, die retten Sie.

Nichts anderes ist passiert, als dass man wieder einmal ein sozusagen Gläubiger­schutzprogramm formuliert hat, unter Pauken und Trompeten und mit ordentlichem Abfeiern. Zuerst gab es das Bankenrettungspaket – erstes Gläubigerschutz­pro­gramm –, da wurden die Gläubiger der Banken geschützt, und jetzt werden halt die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll128. Sitzung / Seite 51

Gläubiger der maroden Griechen ein zweites Mal geschützt, und zwar auf Kosten der Steuerzahler, die sozusagen die Gläubiger unfreiwillig freikaufen müssen.

Das ist das zentrale Ergebnis dieses Gipfels, und das ist das, was wir auch kritisieren, Herr Bundeskanzler Faymann, was wir nicht akzeptieren können, denn davon hat der Bürger nichts. (Beifall beim BZÖ.)

Zur Rekapitalisierung der Banken, die jetzt acht Monate dauert: Das sind acht Monate Verunsicherung! Die Bankenvertreter haben den Saal schon verlassen, sie müssen schnell auf die Börsenkurse schauen. Da rasselt es derzeit hinunter: minus 10 Prozent Raiffeisen, minus 7 Prozent Erste Bank.

Das ist übrigens die Nachhaltigkeit, Frau Finanzministerin, die Sie uns gestern versprochen haben. Die „Nachhaltigkeit“ hat genau einen Tag gedauert, bis alles wieder den Bach hinuntergeht. Das ist die Nachhaltigkeit dieses Programms, Frau Finanzminister.(Beifall beim BZÖ.)

Und wir werden sehen, woher sich die Banken das Geld holen. Das hat nämlich noch niemand gesagt. Von den Börsen? – Das hätten sie jetzt schon können. Das glaube ich nicht. Vom Staat? Eigene Restrukturierungsmaßnahmen? – Das glaube ich nämlich auch nicht. Am Ende wird es wieder der Steuerzahler zahlen, der das über Umwege finanzieren muss. Nur sage ich Ihnen auch ganz klar – und das ist nur ein kleiner Exkurs –: So lange die Banken ihre Finger in staatlichen Budgets, in öffentlichen Budgets und beim Steuerzahler haben, so lange dürfen keine Boni für Manager ausbezahlt werden, die sich auch damit noch schamlos bedienen! (Beifall beim BZÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das sei Ihnen auch einmal gesagt. Das wäre eine ordentliche Maßnahme: gleichzeitig auch die Boni einzufrieren und da für Gerechtigkeit zu sorgen! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

14.34


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. – Bitte.

 


14.34.55

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ja, Herr Westenthaler, wir retten schon – da haben Sie recht: Wir retten 1 Million Arbeitsplätze, die Sie aufs Spiel setzen würden. (Oje-Rufe beim BZÖ.) Und was das für die Bevölkerung in Österreich bedeuten würde, das können Sie sich vielleicht ausmalen. (Beifall bei der SPÖ.)

Mir gefällt das Bild, das Herr Kollege Kogler gezeichnet hat, sehr gut, nämlich: Das BZÖ bläst einen Drachen auf, um dann selbst als Drachentöter auftreten zu können – also viel aufgeblasene Luft! (Zwischenruf des Abg. Mag. Stefan.)

Wenn wir zum Thema und zur Sachlichkeit zurückkehren, meine Damen und Herren, dann kann man sagen, das Gipfeltreffen der vergangenen Tage hat uns deutlich gezeigt, wie wichtig es ist, dass wir gemeinsam und solidarisch Lösungen in Europa suchen, denn nur dann hat Europa auch wirklich eine Perspektive. Und diese Lösungen müssen wir dann auch geschlossen – und das ist auch passiert – gegenüber Dritten vertreten, und zwar insbesondere gegenüber den Banken und gegenüber den Finanzmärkten.

Der erste Erfolg des Euro-Gipfels ist daher, dass die europäische Politik ihre Verantwortung wahrgenommen hat und eine klare Perspektive zur Lösung der aktuellen Probleme aufgezeigt hat. Es war nämlich alles andere als selbstverständlich,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll128. Sitzung / Seite 52

dass die Banken sich bereit erklären, freiwillig auf 50 Prozent ihrer Forderungen zu verzichten.

Mit diesem geplanten Schuldenschnitt hat Griechenland jetzt die Chance, die Reformen tatsächlich weiterzuführen. Es werden die Menschen in Griechenland noch genug unter diesen Reformen zu stöhnen haben, diese Reformen werden schmerzlich genug sein. Deswegen glaube ich auch, dass es ganz selbstverständlich und auch richtig ist, dass private Investoren hier ihren Beitrag leisten werden.

Ich denke, es ist auch gut, dass die Europäische Zentralbank vom Schuldenschnitt verschont geblieben ist und so die Steuerzahler und die Steuerzahlerinnen nicht belastet werden.

Gleichzeitig kommt es durch diesen Beschluss zu keinen Kettenreaktionen. Ich glaube, auch das ist ein ganz wichtiger Punkt. Der Beschluss ist also eine Vorsorge gegen Kettenreaktionen auf den Finanzmärkten.

Die richtige Analyse der Krisenursachen ist daher der zweite Erfolg des Gipfels. Es sind die Banken, die letztendlich über ihre Verhältnisse gelebt haben und sich dann nebenbei noch selbst belohnt haben. Daher müssen sie jetzt zurückgeführt werden zur Realwirtschaft.

Auf dem Gipfel ist es auch gelungen, diesen richtigen großen Schritt in die richtige Richtung zu machen (Abg. Mag. Stefan: Durch Hebelungen! Durch realwirtschaftliche Hebelungen!), und da möchte ich mich vor allem beim Bundeskanzler bedanken, denn es weht – das wurde heute schon gesagt – ein rauer Wind in Brüssel. Und die gute Idee der Finanztransaktionssteuer wäre vermutlich nur eine gute Idee geblieben, wenn der Bundeskanzler und die Regierung sich nicht vehement dafür eingesetzt hätten. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Ergebnisse sind ein wichtiger Schritt, aber überwunden haben wir die Krise noch nicht; das wurde auch heute immer wieder betont. Das Beschlossene muss jetzt konsequent weitergeführt und umgesetzt werden.

Ganz wichtig ist, dass wir darauf achten, dass die Maßnahmen nachhaltig sind, dass sie sozial ausgewogen und vor allem demokratisch legitimiert sind.

Das heißt erstens: Wir benötigen ein europaweites Konzept für neue Arbeitsplätze und neues Wirtschaftswachstum, denn Sparen alleine ist keine Lösung. Wir brauchen Investitionen in die Zukunft – da geht es um Bildung, da geht es um Forschung und da geht es um Beschäftigung.

Zweitens brauchen wir strikte Regeln für die Banken- und Finanzwelt, damit wir verhindern können, wieder in ein solches Krisendilemma zu rutschen, wie wir das 2008 erlebt haben.

Drittens muss sichergestellt sein, dass der Euro-Schutzschirm der Kontrolle durch die nationalen Parlamente unterliegt und das Budgetrecht des Nationalrates erhalten bleibt. Das ist eine wichtige Forderung.

Ich bin etwas skeptisch, was die immer wieder geäußerten Ideen betrifft, diese Ideen, die von einem Durchgriffsrecht der Kommission auf die nationalen Budgets sprechen.

Alles in allem, im Gegensatz zu den lauten Schreien von Teilen der Opposition kann man sagen: Die Beschlüsse sind konstruktiv, und sie sind in dem Bewusstsein getroffen worden, dass es um unseren Wohlstand und um die Erhaltung von Arbeits­plätzen in Österreich geht. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.40


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Wöginger. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll128. Sitzung / Seite 53

14.40.37

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, es ist richtig: Europa befindet sich in einer schwierigen Situation. Wir haben es nicht nur mit den Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise zu tun, sondern wir haben vor allem auch mit einer Staatsschuldenkrise zu kämpfen. Europa hat aber in den letzten Tagen richtig gehandelt und Entscheidungsstärke bewiesen, und die Finanzmärkte haben positiv reagiert.

Meine Damen und Herren, es ist vor allem auch eine Vertrauensfrage in die Finanz­märkte. Deshalb verstehe ich nicht, dass hier vor allem von zwei Parteien, FPÖ und BZÖ, der Teufel an die Wand gemalt wird, alles schlechtgeredet wird und nur Angst und Schrecken verbreitet werden.

Europa hat für Österreich eine ganz wesentliche Bedeutung, und der Euro hat sich in den letzten Jahren mehr als bewährt. Denken wir nur an die früheren Wechsel­kursrisiken, denken wir auch daran, dass wir heute ohne Probleme in unsere Nach­barländer fahren können, ohne dass wir Geld wechseln müssen! Wir profitieren seit Jahren von Europa, vor allem von der Osterweiterung und auch vom Euro.

Nur zwei Kennzahlen dazu: Wir haben eine Exportquote von 60 Prozent, das ist eine der höchsten in Europa; vor dem Euro lag sie bei etwa 20 Prozent. Und mehr als jeder zweite Arbeitsplatz in Österreich hängt am Export. Daher haben wir auch die niedrigste Arbeitslosenquote: Wir führen seit 17 Monaten mit der niedrigsten Arbeitslosenquote die Arbeitslosenstatistik an. Das ist ein Verdienst, das wir den Unternehmerinnen und Unternehmern, aber auch den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in diesem Land zu verdanken haben. Das sollten wir nicht leichtfertig aufs Spiel setzen, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Es ist das Wichtigste, dass die Menschen in unserem Land Arbeit haben, deshalb stehen wir zu Europa und vor allem auch zu diesem Stabilisierungspaket. Es ist ein Schritt auf dem Weg in die richtige Richtung. Es geht ja nicht nur um die Lösung für Griechenland unter der Beteiligung des Privatsektors. Es wurde schon viel darüber berichtet: über den Schuldennachlass von 50 Prozent, darüber, dass Banken und Versicherungen insgesamt auf 100 Milliarden € über Anleiheforderungen verzichten. Es geht dabei nicht um die bisherigen Unterstützungsgelder – das muss einmal festgehalten werden –, sondern es geht rein um die 100 Milliarden in diesem Bereich.

Lassen Sie mich aber noch zwei Punkte aus diesem Gesamtpaket, das ich insgesamt sehr begrüße, herausstreichen. Es geht um die Stabilisierung des Finanzsektors, meine Damen und Herren: Die Kreditversorgung für die Realwirtschaft wird mit zusätzlichen 100 Milliarden € gewährleistet! Das ist wichtig, auch in Zeiten wie diesen, in denen wir eher einer Konjunkturabflachung entgegengehen.

Es geht letzten Endes auch darum, dass die Sparguthaben abgesichert werden. Wenn wir heute in unsere Wahlkreisen unterwegs sind, dann merken wir, dass die Menschen Angst haben! Sie fürchten um ihren Euro, sie fragen uns: Was passiert mit meinem Ersparten? – Deshalb ist es wichtig, dass wir auch zu diesem Paket stehen, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Es werden ganz klar Strukturreformen eingefordert, sodass hier die nachhaltigen Haushalte mehr Berücksichtigung finden. Sparen bei den Ausgaben, heißt das für den Konsumenten, meine Damen und Herren: Wir können nicht auf Dauer mehr ausgeben, als wir einnehmen! Ja, wenn es wirtschaftlich schwierige Zeiten sind, dann stehen wir dazu – aber wir können nicht auf Dauer mehr ausgeben, als wir einnehmen!

Es sitzt ein Bürgermeister meines Heimatbezirkes auf der Galerie, Bernhard Brait aus St. Florian am Inn. Er kann sein Budget ausgleichen, er sollte auch Vorbild für unseren


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Haushalt sein. Es geht nicht um mehr als um Einnahmen und Ausgaben. (Beifall bei der ÖVP.) Deshalb sollten wir auch Gemeinden zum Vorbild nehmen, die ihre Haushalte noch ausgleichen, auch unter einem bestimmten Druck, unter dem, dass Reformen umgesetzt werden. (Zwischenrufe bei BZÖ und ÖVP.)

Ja, meine Damen und Herren: Sparen bei den Ausgaben, die Vorgaben müssen eingehalten werden! Es steht in diesem Paket auch, dass es Sanktionsmechanismen wird geben müssen für jene Länder, die dieses Paket nicht einhalten können. Es muss hier zu Sanktionen kommen können, die Vorgaben müssen eingehalten werden, und Kontrollen in diesem Bereich sind notwendig.

Was ist daher für die Zukunft noch zu tun? – Wir brauchen Regeln für die Finanz­märkte. Die Finanztransaktionssteuer, wir sind uns da einig. Ohne Regeln werden wir auf den Finanzmärkten nicht bestehen können. Wenn die Diskussion in Gesamt-Europa nicht möglich ist, dann sollte man sie in der Eurozone fortsetzen. Das ist meine Meinung.

Der zweite wesentliche Punkt: Runter mit den Schulden! Die Schuldenbremse in die Verfassung, das ist ein Gebot der Stunde. (Abg. Bucher: Das hat aber Ihre Finanz­ministerin anders gesehen!) Ich danke auch dem Bundeskanzler dafür, dass letzten Endes in der Erklärung des Euro-Gipfels auch festgehalten wurde, dass es zu Schuldenbremsen in den einzelnen Nationalstaaten kommen sollte. Wir sagen: 60 Pro­zent, das ist innerhalb der nächsten Jahre machbar! Wir sind das auch den nach­kommenden Generationen schuldig, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Die Reformen sind rasch einzuleiten und umzusetzen, die Hausaufgaben sind einfach zu erledigen: im Bereich der Verwaltung, im Bereich der Pensionen, im Bereich der Gesundheit. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Strache: Genau dort passiert nichts!) Die Kostentreiber, meine Damen und Herren, haben wir vor allem aufgrund der demographischen Entwicklung, die müssen wir in den Griff bekommen. Das sind wir den Menschen in diesem Land, vor allem den nachkommenden Generationen, schuldig.

Dieses Paket verdient unsere Zustimmung. Es ist ein Schritt in die richtige Richtung. Es gibt Sicherheit und Stabilität für Europa und für unsere Währung. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.46


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Themessl. – Bitte.

 


14.46.12

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Wöginger, ich werde Sie im Zuge der Budgetverhandlungen an Ihre heutige Rede hier erinnern. (Abg. Keck: An Ihre Rede auch!) Wissen Sie, es ist einfach der Bevölkerung gegenüber unzumutbar, wenn Sie sich hier herausstellen und sagen: Es ist nicht richtig, immer mehr auszugeben, als wir einnehmen! Es stimmt nicht, dass wir Reformen nicht durch­führen! Und, und, und. – Ja was tun Sie denn? – Sie tun ja das alles nicht! (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Der Herr Bundeskanzler und die Frau Finanzministerin sind sich einig. Der Kanzler hat heute gesagt, es müsse ein Ziel geben: von den Schulden herunterzukommen! Das sagt die Frau Finanzministerin auch. Und was passiert? – Seit diese Regierung im Amt ist, haben wir zusätzlich 25 Milliarden € neue Schulden gemacht! (Ruf bei der FPÖ: Unglaublich!) Für das nächste Jahr: zusätzlich 9 Milliarden € neue Schulden! Jedes Mal, wenn Herr Faymann nach Brüssel fliegt, kommt er mit mehr Haftungen und mehr


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Schulden zurück. Für wie bescheuert halten Sie eigentlich die Bevölkerung? (Beifall bei der FPÖ.)

Sie stellen sich hier heraus, fordern Reformen ein und machen sie nicht! Sie machen jedes Jahr neue Schulden, stellen sich hier heraus und sagen: Wir dürfen nicht mehr ausgeben, als wir einnehmen! – Das nimmt Ihnen ja niemand mehr ab! Sie können doch mit Ihrer Regierung zusammenpacken und nach Hause gehen! Was glauben Sie eigentlich, wo Sie sind?! (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist doch der Gipfel der Unverschämtheit, sich hier herauszustellen und solche Meldungen von sich zu geben! Ich würde mich an Ihrer Stelle in Grund und Boden schämen! (Beifall bei der FPÖ.) Oder Sie werden hier bei der Budgetrede Rede und Antwort stehen darüber, was Sie umgesetzt haben und warum Sie nächstes Jahr wieder 9 Milliarden € neue Schulden machen. Das schaue ich mir dann an! (Zwi­schenruf des Abg. Höfinger.)

Jetzt komme ich auf das Bankenpaket zu sprechen, und zwar dort, wo Herr Kollege Stadler aufgehört hat. – Herr Bundeskanzler Faymann, das Bankenpaket, das hier beschlossen wurde, ist überhaupt der Gipfel dessen, was Sie der Bevölkerung, der europäischen und auch der österreichischen, zumuten! Jetzt gehen wir dort weiter, wo Herr Kollege Stadler aus Zeitgründen hat aufhören müssen: Er hat Ihnen erklärt, wie das ist mit diesem 50-prozentigen Schuldennachlass für Papiere, die nur noch 40 Prozent oder weniger wert sind. Die Banken haben gejubelt, weil sie sich so viel Glück in einer Nacht gar nicht vorstellen konnten!

Aber jetzt geht es ja weiter: Jetzt macht bei diesem Bankenpaket, das man den Banken auferlegt hat, der Nachlass zirka 100 Milliarden € aus. Im selben Atemzug verlangt man von den Banken, die Eigenkapitalquote auf 9 Prozent oder 9,2 Prozent anzuheben. Und siehe da, welch ein Zufall: Das macht auch ungefähr 100 Milliarden € aus, und zwar 106 Milliarden und ein paar Zerquetschte!

Jetzt müssen Sie aber dazusagen, wie die Banken das zustande bringen sollen. Das haben Sie nämlich nicht dazugesagt! Das steht in deutschen Medien, das kommt im deutschen Fernsehen vor – nur im österreichischen Staatsfunk und bei den unabhän­gigen Medien, die nicht mehr da sind, kommt das nicht vor. Da gibt es nämlich einen ganz klaren Zusatz: Die Banken sollen – bitte, Sie müssen zuhören: die Banken sollen, sie müssen nicht! – sich bei privaten Investoren und den Eigentümern das Kapital holen.

Dann geht es aber noch weiter: Sollte – vom Müssen redet ja niemand – das nicht gelingen, dann müssen die nationalen Staaten einspringen. Na, welch ein Glück! Was glauben Sie, wer das zahlt? – Sie können doch eins und eins zusammenzählen: Das ist doch wieder der Steuerzahler! Und für die Staaten, die das aufgrund der budgetären Situation, in der sie sich befinden, nicht können, muss dann die EFSF einspringen.

Warum haben Sie denn das nicht dazugesagt? – Sie haben heute mehrfach gesagt: Es stellt sich die Frage der Ehrlichkeit! Daher frage ich Sie schon, Herr Bundeskanzler: Warum sind Sie nicht so ehrlich und sagen dazu, dass genau diese Aufstockung der Bankenmittel erst recht wieder die Steuerzahler in der Europäischen Union zahlen werden? (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Jetzt stelle ich Ihnen eine andere Frage. Nehmen wir einmal die zwei größten österreichischen Banken her, wobei ich eine ausnehmen möchte, weil diese offen­sichtlich Vordenker in ihren Reihen hat, die gemerkt haben, dass man so nicht weitermachen kann, und jetzt eine Wertberichtigung durchgeführt haben – Sie wissen, welche Bank ich meine –, sodass sie jetzt in der glücklichen Situation ist, dass sie fast


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schon diese Kriterien erfüllt – wir haben auch andere Banken, aber darum geht es mir gar nicht –, und schauen wir uns das einmal an!

Diese zwei österreichischen Banken haben seit dem Jahr 2001 folgende Gewinne nach Steuern gemacht – bitte, nach Steuern! –: die eine Bank einen Gewinn von 7 Milliarden €, die andere einen Gewinn von 8 Milliarden €. Dann kommt ein schwie­riges Jahr, wie das Jahr 2008 oder 2009, dann müssen diese Banken um Staatshilfen anstehen, um 1,2 Milliarden oder 1,7 Milliarden €. Und dann wird ihnen das gewährt, weil es schließlich der Steuerzahler zu berappen hat.

Jetzt frage ich Sie: Wenn ein Unternehmer, ein Unternehmen in sieben oder acht Jahren 8 Milliarden bis 9 Milliarden € Gewinn macht und dann Staatshilfe benötigt, dann kommen wir genau zu dem Punkt, an dem wir jetzt sind: Die Banken vergeben Kredite und Anleihen, kassieren die Zinsen und sind nicht bereit, dafür das Risiko zu tragen! (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

14.51


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Petzner. – Bitte.

 


14.51.28

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren! Wir haben also heute hier gehört, dass wir – was sind wir alles? – Untergangspropheten sind; wir malen den Teufel an die Wand; all das, was wir sagen, stimmt nicht; wir beschwören das Schrecklichste des Schrecklichen herauf. – Schauen wir uns die Fakten an! Schauen wir uns die Historie an, was passiert ist und was tatsächlich Fiktion und Wahrheit war!

Im Jahr 1994/95 haben SPÖ und ÖVP versprochen: Der Schilling bleibt! Sie haben groß inserieren lassen, dass der Schilling bleibt. – Erstes Versprechen gebrochen: Sie haben den Schilling abgeschafft!

Zweites Beispiel: Sie haben dann bei der Einführung des Euro versprochen, der Euro wird besser, stärker, härter als der Schilling, höher in der Kaufkraft. Was ist in Wirklichkeit eingetreten? – Der Euro hat die Kaufkraft massiv geschwächt, der Euro ist zum Teuro geworden, was jede Hausfrau jeden Tag beim Einkaufen merkt und im Geldbörsel spürt. Es ist nicht eine stärkere, sondern eine schwächere Währung geworden, meine Damen und Herren!

Sie haben dann im Zuge der Haftungen für Griechenland gesagt – das war erst vor ein paar Monaten der Herr Finanzminister oder Ex-Finanzminister Pröll –, es wird ein Geschäft für den Steuerzahler. Was ist herausgekommen? Was ist die Wahrheit? – Es ist kein Geschäft für den Steuerzahler, sondern viele Experten – darunter gestern auch der renommierte Experte Günther Robol – sagen, dass durch die Hebelung der EFSF das Risiko besteht, dass die Haftungen, die Österreich eingegangen ist und von denen Sie versprochen haben, dass sie gar nicht schlagend werden, sehr wohl schlagend werden und dass dies zu 80 bis 100 Prozent eintreten wird, meine Damen und Herren! – Das ist die Wahrheit, und das ist tatsächlich das, was jetzt auf dem Tisch liegt! (Beifall beim BZÖ.)

Sie haben erst vor ein paar Wochen versprochen: Es wird keinen Schuldenschnitt für Griechenland geben, das ist absolut ausgeschlossen! – Heute erklären Sie uns, der Schuldenschnitt von 50 Prozent sei der große Befreiungsschlag, der erste große Schritt aus der Krise.

Das Gegenteil passiert! Und Herr Stadler hat es Ihnen heute schon vorgerechnet, meine Damen und Herren: Dieser Schuldenschnitt ist ein Geschäft für die Banken zulasten der Steuerzahler. Das wird am Ende des Tages herauskommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll128. Sitzung / Seite 57

Diese vielen Beispiele zeigen es: Nicht wir sind die Untergangspropheten, sondern Sie sind die falschen Propheten, die die Österreicherinnen und Österreicher seit Jahren nach Strich und Faden belogen haben! (Beifall bei BZÖ und FPÖ.) Das muss man heute in dieser Klarheit auch deutlich zum Ausdruck bringen.

Herr Bundeskanzler, Sie mit Ihrer Sozialdemokratischen Partei haben das Vertrauen der Österreicherinnen und Österreicher verspielt.

Daher darf ich folgenden Antrag der Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen einbringen:

„Der Nationalrat wolle beschließen:

‚Dem Bundeskanzler wird gemäß Art. 74 Abs. 1 B-VG durch ausdrückliche Ent­schließung des Nationalrates das Vertrauen versagt.‘“

*****

(Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Sie haben Herr Bundeskanzler, das Vertrauen verspielt! Sie sitzen zu Unrecht auf dieser Regierungsbank. Und Sie werden auch noch feststellen, dass unser Vorschlag, unser Modell, nämlich zu sagen: Lieber jetzt den Schlussstrich ziehen durch einen Ausschluss Griechenlands aus der Eurozone!, tatsächlich der einzig richtige Weg im Interesse der Arbeitsplätze, die Sie angesprochen haben, und im Interesse der Öster­reicherinnen und Österreicher ist. (Beifall beim BZÖ.)

14.54


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Antrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Misstrauensantrag

gem. § 55 GOG-NR

der Abgeordneten Bucher, Petzner, Kolleginnen und Kollegen,

eingebracht in der Sitzung des Nationalrates am 28. Oktober 2011 im Zuge der Debatte zum Dringlichen Antrag der Abgeordneten Josef Bucher, Mag. Ewald Stadler Kolleginnen und Kollegen  betreffend Zukunftssicherungsschirm für Österreich statt Rettungsschirme für EU-Pleitestaaten und marode Banken.

Seit Beginn der Banken- und Finanzkrise stellt der amtierende Bundeskanzler Faymann immer wieder und nachhaltig unter Beweis, dass ihm die Interessen der Österreicherinnen und Österreicher kein Anliegen sind und er daher ohne Wenn und Aber in regelmäßigen Abständen allen Beschlüssen auf europäischer Ebene in Zusammenhang mit der „Rettung“ Griechenlands und anderer maroder Länder sowie des Euro seine vorbehaltslose Zustimmung erteilt.

Dieses Desinteresse bzw. die politische Unfähigkeit des Bundeskanzlers ist gepaart mit eklatanten Fehleinschätzungen desselben – Stichwort: Faymann am 24.03.2010 im EU-HA: „Griechenland wird wahrscheinlich keinen Antrag auf etwaige Hilfe stellen.“

„Es drängt sich der Verdacht auf, dass Werner Faymann nicht ganz auf der Höhe der Dramatik der Ereignisse ist,“ erkennt Stefan Winkler in einem Kommentar in der „Kleinen Zeitung“ vom 24. Oktober 2011 in diesem Zusammenhang völlig zurecht und ergänzt: „Von einem Regierungschef, der, wenn er zu Krisentreffen nach Brüssel reist,


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von sich selber sagt, dass er nach Europa fahre, ist da wohl auch nicht viel anderes zu erwarten.“

Ein Bundeskanzler, der nicht nur nicht die Interessen der Österreicherinnen und Öster­reicher vertritt, sondern diese durch die Zustimmung zu Haftungen und Kredit­verpflichtungen in mehrstelligen Milliardenbeträgen auch noch verrät, ist aus Sicht der unterfertigten Abgeordneten untragbar geworden!

Denn die Fakten sprechen eine klare Sprache:

Zu den bereits durch die Beschlüsse in den letzten Monaten und Jahren von Österreich übernommenen Haftungen im Ausmaß von rund 28 Mrd. Euro sowie Bargeldflüssen in der Höhe von bisher 1,4 Mrd. Euro bzw. weiteren rund 2,3 Mrd. Euro im Zuge des ESM hat Faymann den Österreicherinnen und Österreicher durch die nächtlichen in Brüssel oder „Europa“ (zit. Faymann) am 27. Oktober gefassten Beschlüsse weitere zusätzliche Milliardenbelastungen aufgebürdet:

Dass es anders geht, hat die Slowakei vorexerziert:

Während sich nämlich die Slowakei am Krisengipfel durch entsprechendes Verhand­lungsgeschick ausbedungen hat, an der Aufstockung der Mittel für die Griechen­landhilfe nicht mitziehen zu müssen – „Wir haben klargemacht, dass wir unser Limit und unsere Bedingungen haben und dass wir einfach nicht darüber hinausgehen werden“ (Regierungschefin Radicova) – hat Faymann sämtliche Belastungen zum Schaden Österreichs „widerstandslos“ und ohne jede Art (zumindest des Versuchs) einer Mitverhandlung hingenommen und sich der „Befehlsausgabe“ von Merkel und Sarkozy unterworfen.

Dazu kommt, dass Faymann noch unmittelbar vor dem jüngsten Gipfel in Zusam­menhang mit der Frage möglicher weiterer EU-Vertragsänderungen feststellte: „Die sehe ich derzeit zeitlich zumindest in nächster Zeit nicht vor mir,“ um in der Folge in der Nacht von 26. auf 27. Oktober 2011 aber einer Erklärung des Euro-Gipfels seine Zustimmung zu erteilen, in der selbstverständlich festgehalten wird, dass weitere Ver­tragsänderungen sondiert werden.

Da man von einem Kanzler – wie dies oben genannter Journalist kürzlich treffend schrieb – verlangen kann, dass er für sein Land vorausblickt, dies aber nicht passiert da „sein Horizont nur vom Ballhausplatz bis zur SPÖ-Zentrale in der Löwelstraße reicht“ stellen die unterzeichneten Abgeordneten folgenden Antrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Dem Bundeskanzler wird gemäß Art. 74 Abs. 1 B-VG durch ausdrückliche Ent­schließung des Nationalrates das Vertrauen versagt.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. – Bitte.

 


14.55.05

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Frau Bundesministerinnen! Herr Staatssekretär! Herr Petzner, ich sage Ihnen ganz ehrlich (Abg. Petzner: Habt ihr das gesagt oder nicht?): Wenn Sie sich hier herstellen und meinen (Abg. Petzner: ... belogen!), dass die Form von Politik, die Sie machen, ein Anlass wäre, das Vertrauen zu entziehen, dann ist für mich eines klar: Der Herr Bundeskanzler kann das ehrenvoll tragen, denn solange ihn die Kritik auf diesem Niveau trifft, macht uns eines sicher (Abg. Petzner: Weil es die Wahrheit ist!): dass


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diese Politik im Interesse unserer Wählerinnen und Wähler, Bürgerinnen und Bürger die richtige ist, die diese Regierung macht! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kickl: Da stimmt nicht einmal die eigene gesamte Fraktion zu!)

Ich sage Ihnen gleich noch etwas dazu, Herr Petzner: Wenn es nur die BZÖ und das FPÖ wären, deren Bedeutung ja ... (Abg. Hagen: Das BZÖ! – Abg. Grosz: Das BZÖ und die FPÖ! – Weitere Zwischenrufe beim BZÖ.) Sie brauchen sich nicht ... (Abg. Grosz: Das BZÖ!) Entschuldigung, ich zitiere jetzt Ewald Stadler: Der Bienenzüchter­verein Österreichs wäre männlich. Also: Der Bienenzüchterverein Österreichs, das FPÖ – auf diesem Niveau hätten wir keine Probleme! (Neuerliche Zwischenrufe beim BZÖ.)

Wir haben aber als Österreich, die wir Nettozahler sind, die wir ein wesentlicher Bestandteil der Garantie sind, dass dieses Europa funktioniert, das Problem, dass in dem Europa nicht nur das BZÖ und die FPÖ ... (Zwischenrufe beim BZÖ.) Frau Haubner, ich sage Ihnen noch etwas dazu: Es ist ja schön, dass Sie das Thema, um das es heute hier geht, humoristisch sehen. (Abg. Mag. Stadler: Deutsche Sprache, schwere Sprache! – Zwischenruf der Abg. Ursula Haubner.)

Die ernsthafte Politik, die nämlich Folgendes sicherstellt: eine funktionierende Währung als Voraussetzung für unseren Binnenmarkt – für die Sie null Beiträge liefern, die Sie, falls Sie jemals in die Chance kämen, gefährden würden –, genau das wird durch eine verantwortungsvolle Politik dieses Bundeskanzlers und seiner Bundesregierung sichergestellt! (Beifall bei der SPÖ.) Und dafür, meine Damen und Herren, steht eine Politik, die es nicht leicht hat in Europa, denn das, was hier an Bereichen kommt, an Kritik bei Ihnen, gibt es ja in anderer Form auch.

Ich meine, es ist schön, wenn Herr Stadler hier Gregor Gysi als Bündnispartner nimmt, aber in Deutschland haben wir eine Vielzahl auch an Wirtschaftsprofessoren, wie Alexander Van der Bellen richtig festgestellt hat, die genau mit ähnlichen Argumenten wie Sie kommen. Daher tun wir uns in Europa auch schwer, weil eine getriebene Angela Merkel in Wirklichkeit mehr Probleme schafft, wo es notwendig ist, Stimmen im Rat zu haben, die das auf die Basis der Vernunft zurückführen.

Eine wesentliche Stimme ist dort unser Bundeskanzler, und er hat durchgesetzt, dass wir ein Ergebnis haben, wo (ironische Heiterkeit bei FPÖ und BZÖ – Abg. Ing. Westenthaler: Jetzt wird es lustig! Jetzt wird es wirklich lustig! – weitere Zwi­schenrufe) – die Steuerpolitik, ich komme gleich auf den Punkt zurück – es jetzt ernsthafte Regelungen für die Finanzmärkte gibt, eine Kernkapitalerhöhung, die es sicherstellen wird, dass die Banken in der Lage sein werden, auch in schwierigen Zeiten die Spareinlagen zu sichern, aber vor allem auch die notwendigen Kredite für unsere kleinen und mittleren Unternehmen zu geben.

Wir machen es gleichzeitig in Europa erstmals so – und heute wurde bereits auf die Finanztransaktionssteuer hingewiesen –, dass auch die steuerpolitische Koordination stattfindet. Damit sind wir bei einem ganz ernsthaften Bereich. Es gibt nämlich zwei Möglichkeiten, wie Sie die Sanierung der Budgets machen können; übrigens eine Sanierung, wie sie – worauf der Herr Bundeskanzler zu Recht hingewiesen hat – ausschließlich deswegen erfolgte, weil Banken und Spekulanten 2008 die Welt­wirtschaft in diese Depression geführt hatten. Das Gegenhalten in allen Ländern, so auch in Österreich, war notwendig, um unsere Arbeitsplätze zu erhalten. Und jetzt gilt es, diese Schulden zu sanieren.

Da gibt es zwei Möglichkeiten. Die eine ist der Weg, zu streichen und zu kürzen, der Weg, einfach herzugehen und Pensionen einzuschränken, Arbeitslosigkeit zu erzeu­gen.


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Wir gehen in Österreich bewusst einen anderen Weg, und wir gehen einen erfolg­reichen Weg! Wir werden nicht, dem Gekläffe von Riesenschnauzern folgend (Beifall bei der SPÖ), hergehen und einfach kürzen, wo es nur geht, sondern wir werden eine Politik fahren, mit der wir für die notwendigen Einnahmen und für die Stabilität der Banken sorgen, weil dort ja die Einlagen unserer Sparerinnen und Sparer sind.

Wir werden dafür sorgen, dass wir in Österreich die niedrigste Arbeitslosigkeit Europas haben und gleichzeitig unsere Kinder, unsere Jugendlichen in einer Europäischen Union eine Zukunftschance haben, in der sie nicht nur frei reisen können, sich frei ansiedeln können, sondern in der unsere österreichische Wirtschaft auch über einen großen Binnenmarkt verfügt. Das verteidigen wir, dafür stehen wir ein, und das machen wir derzeit in Österreich mit einem großen Erfolg! Ihre Einwendung brauchen wir dafür gar nicht, Herr Bucher! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.00


Präsident Fritz Neugebauer: Frau Abgeordnete Mag. Cortolezis-Schlager gelangt zu Wort. – Bitte.

 


15.00.35

Abgeordnete Mag. Katharina Cortolezis-Schlager (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Geschätzte Bundesministerinnen! Herr Staatssekretär! Werte Kolle­ginnen und Kollegen! Herr Strache und Herr Bucher, ich habe mir heute, während Sie getratscht haben, Ihre Lösungen hochrechnen lassen, und zwar von Experten. (Abg. Strache: Können Sie rechnen?) 10 Milliarden € kostet Ihr Belastungspaket, das Sie heute vorgelegt haben. 10 Milliarden € kostet der Zerfall Europas (Abg. Strache: Sie zahlen 40 Milliarden € für nichts!), den Sie heute einreichen wollten. – Dafür stehen wir nicht ein! (Beifall bei der ÖVP.)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, ich darf allen Unternehmerinnen und Unter­nehmern, die hier herinnen sitzen, eine kleine Wirtschaftslektion erteilen. Herr Kollege Bucher, sechs von zehn Arbeitsplätzen in Österreich hängen vom Export ab. Sie würden eine 60-prozentige Arbeitslosigkeit riskieren. (Abg. Strache: So ein Unsinn! – Abg. Mag. Stefan: Wo ist denn der Drache? – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das ist Ihre Politik! (Beifall bei der ÖVP.) Vier von zehn Arbeitsplätzen (Unruhe im Saal – Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen) in Österreich hängen am europäischen Binnenmarkt. Diesen Binnenmarkt wollen Sie zerstören mit Ihrer Wirtschaftspolitik. (Abg. Mag. Stefan: Die Drachen töten ... !) Das ist verantwor­tungslos, mutlos. Das ist zukunftslos! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, dieses Europa repräsentiert eine Idee des Wohlstands, des Wachstums, der Beschäftigungssicherheit. Dieses Europa ist eine gemeinsame Idee. Hätten wir, Herr Kollege Bucher, ein Kernösterreich machen sollen, als Kärnten beinahe insolvent geworden wäre? Ist das Ihre Vorstellung von einem gemeinsamen Österreich? (Abg. Bucher: Schulden haben Sie beschlossen!) Nein, wir stehen zu einem gemeinsamen Österreich, und wir stehen zu einem gemeinsamen Europa – in schwierigen Zeiten wie in guten Zeiten! (Abg. Mag. Stadler: Ich glaube, Sie sind typisch für die Wiener ÖVP: Auf dem sicheren Weg zu 5 Prozent!) – Auch die Wiener ÖVP steht für Innovation, Herr Stadler, steht für Wachstum. Sie belächeln das nur. Sie wollen Arbeitslosigkeit statt Beschäftigung. Sie wollen keinen Rettungsschirm, sondern sie wollen einen Arbeitslosigkeitsschirm. Lassen Sie uns das hier einmal so deutlich aussprechen, was Ihre Wirtschaftspolitik ist! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Nicht nur der Arbeitsmarkt überzeugt, sondern auch das Friedensprojekt Europa. (Abg. Kickl: ... disqualifiziert!) Viele haben vergessen, dass Europa mit dem Gedanken eines gemeinsamen Europa gegründet worden ist. Vergessen wir nicht, dass im Jahre 1990 die Balkankrise war (Abg. Stadler: Jö!


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Genau, erinnern wir uns! 1648 war der Westfälische Friede!), dass beispielsweise Slowenien heute dabei ist, aufgrund der Friedenspolitik Österreichs und Europas! Vergessen wir nicht, dass wir dieses Europa nur gemeinsam schützen können und gemeinsam international auftreten können!

Es ist uns von der Österreichischen Volkspartei, aber auch der Regierung ganz, ganz wichtig, dass die Jungen in einem gemeinsamen Europa aufwachsen, dass unsere Unternehmerinnen und Unternehmer von diesem Europa profitieren. (Zwischenrufe beim BZÖ.) Im Tourismus, Herr Kollege Bucher: Wer hätte das Geld, zu reisen, wenn alle arbeitslos wären? (Abg. Bucher: Wir haben vorher keines gehabt!) Wir brauchen Wohlstand, wir brauchen Sicherheit, wir brauchen Tourismus (Abg. Petzner: Reisebüro Brüssel!), wir brauchen Export, um Österreich in der Zukunft zu sichern. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zusammenfassen: Wir alle wissen, dass der Schritt, der am Wochenende gemacht worden ist, ein erster wichtiger Schritt aus der Krise ist. (Unruhe im Saal.)

 


Präsident Fritz Neugebauer (das Glockenzeichen gebend): Kolleginnen und Kollegen, ich bitte, für die letzten vier Redner auch noch Geduld aufzubringen! Man versteht fast nichts mehr.

Bitte, Frau Kollegin, setzen Sie fort!

 


Abgeordnete Mag. Katharina Cortolezis-Schlager (fortsetzend): Ja, ich weiß schon, es tut weh, wenn man mit seiner Wirtschaftspolitik entlarvt wird. (Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ.) Das verstehe ich ja. Aber Tatsache ist, dass wir Wachstum wollen, dass wir Wohlstand wollen, dass wir Sicherheit wollen, dass wir Arbeitsplätze wollen. (Abg. Mag. Stadler: Ein echter Schlager!) Das schaffen wir nur in einem gemeinsamen Europa, das wir so neu strukturieren, dass es auch tatsächlich vor weitere Krisen geschützt ist. Daher brauchen wir auch ein Rettungspaket. Daher gibt es auch eine Erhöhung der Eigenkapitalquote der Banken. Und daher brauchen wir auch ein stärkeres Europa.

Nicht noch mehr Regelungen sind notwendig, sondern eine demokratisch legitimierte starke europäische Regierung, ein demokratisch legitimiertes Europäisches Parlament, das ganz eng mit uns Abgeordneten auf nationaler Ebene, regionaler Ebene und mit den Gemeinden zusammenarbeitet. Das ist unsere Vorstellung von einem gemein­samen, auf Wohlstand basierenden Europa! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

15.06


Präsident Fritz Neugebauer: Herr Abgeordneter Dr. Strutz kommt nun zu Wort. Die Restredezeit Ihrer Fraktion beträgt 3 Minuten. – Bitte.

 


15.06.18

Abgeordneter Dr. Martin Strutz (FPÖ): Meine Damen und Herren vor den Bild­schirmen, Sie fragen sich sicher, warum im Plenum kaum jemand mehr zuhört, warum manche nur noch lächeln und den Kopf schütteln. Das passiert aus einem einzigen Grund: nämlich deshalb, weil den Vertretern von den Regierungsparteien, aber auch den Vertretern auf der Regierungsbank – das war ja jetzt vorhin ein klassischer Debattenbeitrag –, die Oppositionsabgeordneten im Plenum nicht mehr glauben. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren von der Regierung, Sie führen von Sitzung zu Sitzung die Österreicherinnen und Österreicher an der Nase herum. Sie haben das Parlament, gelinde gesagt, getäuscht und hinters Licht geführt – „belogen“ darf man ja nicht sagen, denn dafür bekommt man einen Ordnungsruf.


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Ein Beispiel dafür: Die Frau Finanzministerin Fekter hat vor wenigen Wochen hier im Hohen Haus gesagt: Und zu allen, die davon träumen, ein Schuldennachlass wäre das Richtige!

Meine sehr verehrten Damen und Herren, sagen Sie dem Steuerzahler, dass ein Schul­dennachlass bedeutet, dass wir gleich alles abschreiben können! – Richtig, Frau Finanzministerin! Und genau diesem Schuldennachlass haben Sie jetzt zugestimmt. (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Dr. Fekter. – Abg. Strache: Der öster­reichi­sche Pensionist zahlt in Realität! – Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek.) Sie haben, Frau Finanzministerin, die Österreicherinnen und Österreicher getäuscht. In einem Interview in der Zeitung „Die Welt“ sagten Sie: „Und wie soll ich, bitte schön, der österreichischen Pensionistin, die gespart und im guten Glauben griechische Staatsanleihen gekauft hat, erklären, dass sie 50 Prozent von ihrem Ersparten verliert? Außerdem wäre mit einem Schuldenschnitt die Krise nicht gelöst.“ Nein, ich schließe aus, dass wir das Geld jetzt aufgrund dieses Druckes gewähren. Genau das, wovor Sie gewarnt haben, was Sie vor Wochen gewusst haben, haben Sie jetzt gemacht, Frau Finanzministerin!

In einer Nachfrage der Zeitung „Die Welt“ ist von mindestens 1 Billion € die Rede. Fekter dazu: „Eine erneute Vergrößerung der Haftungssumme im EFSF ist politisch nicht durchsetzbar.“ – Genau das haben Sie beschlossen!

Und weiter Fekter: „Wir dürfen dem Steuerzahler nicht immer größere Haftungsrisiken aufbürden.“

Genau das haben Sie, meine Damen und Herren von Rot und Schwarz, gemacht! Sie führen die Österreicherinnen und Österreicher hinters Licht. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Strache: Zahlt dann diese Bundesregierung bei den Pensionen drauf?)

Es war gestern sehr entlarvend für jeden, der die Berichterstattung in der „ZiB 2“ gesehen hat, wo es hieß: Es gibt Gewinner, die sich freuen, und es gibt Verlierer! Ein geradezu zynisch und gut gelaunter Herr Barroso kam von der Sitzung heraus und scherzte mit den Journalisten: Na, geht ihr jetzt in die Disco feiern? Und man hat gesehen, wie sich der Herr Papandreou freut. Man hat gesehen, wie sich all jene gefreut haben, die an der Börse spekuliert haben und in einer Nacht wieder Milliar­dengewinne gemacht haben (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen), weil sie gewusst haben, dass dieser Haftungsschirm ausgespart wird.

Aber es gibt auch Verlierer. Das sind jene Pensionisten, die diese Suppe auslöffeln müssen! Das sind die Bankkunden, die jetzt die Haftungsklemme (Präsident Neugebauer gibt neuerlich das Glockenzeichen) und die Kreditklemme treffen wird!

Wir von der FPÖ sind auf der Seite der Verlierer! Wir Freiheitlichen vertreten die österreichischen Interessen (Präsident Neugebauer gibt ein weiteres Mal das Glockenzeichen) und nicht jene der Spekulanten im Brüssel! (Beifall bei der FPÖ.)

15.09


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Lichtenecker. – Bitte.

 


15.09.51

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Kanzler! Werte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, auf diesem Gipfel wurden wichtige Beschlüsse gefasst, die ich als einen wichtigen Schritt für das Weiterkommen in Europa sehe. Und ein Thema, das uns besonders wichtig ist, ist die Finanztransaktionssteuer. Sie ist schon mehrmals hier diskutiert worden.


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Ich bringe jetzt diesbezüglich einen Entschließungsantrag ein, um genau in dieser Frage Druck zu machen – und wir möchten, Herr Bundeskanzler, dass Sie das in dieser Form mutig und stark vertreten.

Die Abgeordneten Kogler, Krainer, Stummvoll und KollegInnen fordern den Nationalrat auf, er möge beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich auf europäischer Ebene weiterhin dafür einzusetzen, dass die Finanztransaktionssteuer zur Entlastung der nationalen Haus­halte möglichst schon ab 2014 in der EU oder zumindest in der Eurozone eingeführt wird.

Die Bundesregierung wird außerdem aufgefordert, sich auf europäischer Ebene für eine weitestgehende Differenzierung von traditionellen Bankgeschäften und Invest­mentgeschäften einzusetzen.“

*****

Wir glauben, dass genau diese Bereiche die zentralen Maßnahmen sind, die jetzt angegangen werden müssen. In den Gesprächen der letzten Wochen und Monate mit den Bürgerinnen und Bürgern – Sie werden das auch erlebt haben – ist es das große Thema, dass die Menschen sehr verunsichert sind. Die Menschen sind verunsichert und machen sich Sorgen über den Euro, über die Wirtschaftsentwicklung, über die Arbeitsplätze, über die soziale Sicherheit, wobei ich meine, dass sie das durchaus zu Recht tun. Und es ist längst an der Zeit, diese Sorgen ernst zu nehmen. Die Menschen machen sich ja nicht nur in den letzten Wochen und Monaten Sorgen, sondern tun das ja schon seit 2008.

Seit 2008, seitdem diese Krise ausgebrochen ist, machen sich die Menschen Sorgen, und daher gilt es schon, noch einmal einen Blick darauf zu werfen, warum wir uns in dieser Situation befinden.

Faule Kredite, unkontrollierte Finanzmärkte haben dazu geführt, dass es massive Ein­brüche gegeben hat, dass es notwendig war, Rettungspakete, ja milliardenschwere Bankenpakete zu schnüren sowie den Einbruch der Konjunktur abzufedern und Arbeitsplätze zu sichern. Aber genau diese Konjunkturpakete, diese Bankenpakete, diese Rettungsschirme haben die Haushaltsdefizite enorm in die Höhe getrieben. (Abg. Amon: Vorher waren keine Schulden da?) Das ist die Ursache, warum verschiedene Länder in einer Krise sind, warum sie ins Schleudern gekommen sind. (Abg. Kickl: ... der Bauernbund in der Krise ... !)

Die Leute fragen sich zu Recht zwei ganz wichtige Dinge. Erstens: Wer trägt die Kosten für diese „Aufräumarbeiten“? Und zweitens: Wie und wann werden die Finanz­märkte reguliert?

Einerseits haben die Menschen den Eindruck, dass das alles der Steuerzahler zu leisten hat – und andererseits haben die Menschen den Eindruck gewonnen, dass weit und breit kein Lösungsansatz zu sehen ist. Daher ist es durchaus verständlich, dass die Menschen Unmut haben über das Zögern und Zaudern in der Politik – und insofern ist es daher sehr wichtig gewesen, jetzt die entsprechenden Schritte zu setzen: eben einen Schuldenschnitt vorzunehmen, der angesprochen worden ist, wobei dessen genauere Ausformulierung noch ansteht. Zu Recht sollen diejenigen, die die großen Gewinne und die großen Rendite eingefahren haben, mit den entsprechenden Risiken und Einschnitten leben.

Selbstverständlich wird zu Recht gefordert, dass die Banken gut kapitalisiert sind. Und selbstverständlich, meine Damen und Herren, ist es jetzt auch höchst an der Zeit – wir


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von den Grünen fordern das seit Monaten, ja Jahren ein –, dass die Probleme von der Wurzel her gelöst werden. Die Finanztransaktionssteuer ist das eine, aber es gibt noch viele andere Bereiche in Bezug auf die Regulierung des Finanzsektors.

Selbstverständlich geht es auch um die Schließung von Steueroasen, um Regulie­rungen der Hedgefonds sowie um eine Etablierung unabhängiger Ratingagenturen; also eine Vielzahl von notwendigen Maßnahmen. Und vergessen Sie nicht: Der Weg in die Zukunft heißt nicht nur Regulieren der Finanzmärkte, um eine gerechte Verteilung der Lasten zu erreichen, sondern es geht auch um das Bauen von Wegen in die Zukunft – und das heißt: Entwicklung eines modernen Investitionsplans, und zwar nicht nur für Griechenland, sondern für ganz Europa, also eines modernen Marshall-Plans, insbesondere für jene Länder, die in besonders großen Schwierigkeiten stecken, und das sind in der Zwischenzeit viele.

Es ist also noch vieles zu tun, Herr Bundeskanzler. Wir erwarten von Ihnen, dass Sie genau diese Punkte nach Brüssel mitnehmen und das dort energisch und intensiv vertreten. (Beifall bei den Grünen.)

15.15


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Entschließungsantrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kogler, Krainer, Stummvoll und KollegInnen betreffend Einführung der Finanztransaktionssteuer bis 2014 und die weitest gehende Differenzierung von traditionellen Bankgeschäften und Investmentgeschäften

eingebracht im Zuge der Debatte über den Dringlichen Antrag der Abg. Bucher, KollegInnen betreffend „Zukunftssicherungsschirm für Österreich statt Rettungsschirme für EU-Pleitestaaten und marode Banken“ (1713 A(E))

Der Eurogipfel hat in seiner Erklärung vom 26. Oktober 2011 ein Maßnahmenpaket zur Rekapitalisierung von Banken, die „Effektivierung“ der Mittel der EFSF und die Reduktion der Schuldenlast Griechenlands unter Beteiligung privater Gläubiger beschlossen bzw. angekündigt. Gleichzeitig wurde der Kommissionsvorschlag zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer begrüßt.

Im österreichischen Parlament wurde die Forderung nach einer Finanztransak­tions­steuer mehrfach, zumeist einstimmig, beschlossen (zuletzt mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und Grünen im EU-Unterausschuss am 27.9.2011). Die Einführung einer Finanztransaktionssteuer in der EU/Eurozone mit einer breiten Bemessungsgrundlage ausgenommen private Überweisungen vom Konto, Abhebungen vom Sparbuch und Internetkäufe kann signifikante Finanzmittel ohne negative realwirtschaftliche Effekte generieren. Insbesondere kann eine solche Steuer als Ergänzung zu den geplanten Regulierungsmaßnahmen auf den Finanzmärkten angesehen werden, diese aber nicht ersetzen. Darüber hinaus kann eine Finanztransaktionssteuer als Eigenmittelquelle der EU deutlich zur Entlastung der nationalen Haushalte beitragen. In den Verhandlungen sollte daher eine möglichst breite Bemessungsgrundlage mit einem signifikanten Steuer­aufkommen erzielt werden. Vor dem Hintergrund der Finanz- und Wirt­schaftskrise ist es an der Zeit, verstärkte Maßnahmen zu setzen, um Spekulationen zurückzudrängen. Die Einführung der Finanztransaktionssteuer muss daher möglichst rasch erfolgen.


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Aus demselben Grund ist es außerdem erforderlich, Maßnahmen auf europäischer und globaler Ebene voranzutreiben, die zur Eindämmung negativer Auswirkungen von Spekulationsgeschäften auf die Realwirtschaft beitragen. Eine weitest gehende Diffe­renzierung zwischen traditionellen Bankgeschäften und Investmentgeschäften wäre eine solche Maßnahme, die als Teil einer umfassenden Regulierung des Finanz­marktes konkrete Ergebnisse erzielen könnte.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich auf europäischer Ebene weiterhin dafür einzusetzen, dass die Finanztransaktionssteuer zur Entlastung der nationalen Haus­halte möglichst schon ab 2014 in der EU oder zumindest in der Eurozone eingeführt wird.

Die Bundesregierung wird außerdem aufgefordert, sich auf europäischer Ebene für eine weitestgehende Differenzierung von traditionellen Bankgeschäften und Invest­mentgeschäften einzusetzen.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Lugar. – Bitte.

 


15.15.16

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Hohes Haus! Ja, jetzt ist es soweit: Griechenland ist pleite. Genau das, was wir vor eineinhalb Jahren gesagt haben: Griechenland ist nun pleite. (Abg. Petzner: Wer sind „wir“?) Genau das gleiche wäre vor eineinhalb Jahren passiert, wenn man dieses Land hätte pleitegehen lassen.

Da stellt sich natürlich schon die Frage: Warum wurde dieser Konkurs verschleppt? Warum haben Sie all die negativen Folgen, die das jetzt haben wird, auf sich genom­men, um Griechenland – dann eineinhalb Jahre später – pleitegehen zu lassen?! Nichts anderes als eine Pleite ist dieser „Haircut“. Daher muss man die Frage stellen: Warum wurde das gemacht?

Die Antwort ist ganz einfach: Das wurde gemacht, um zwei kapitale Fehler, die da begangen wurden, zu vertuschen. Der erste Fehler war: Griechenland hätte niemals in die Euro-Zone kommen dürfen. Und der zweite Fehler war, dass sogar Länder wie Deutschland die Konvergenzkriterien, also die Spielregeln, nach denen der Euro „gebastelt“ wurde, mit Füßen getreten haben. Weil man sich aber nicht eingestehen will, diese beiden Fehler gemacht zu haben, hat man diesen Konkurs Griechenlands verschleppt, und zwar eineinhalb Jahre lang – und hat letztlich das getan, wovon man behauptet, es verhindern zu wollen.

Es wird ja heute oft gesagt, man will verhindern, dass der Euro gefährdet wird, man will den Euro retten. Aber genau das Gegenteil ist der Fall! Mit diesen Aktionen wird der Euro gefährdet, und zwar deshalb, weil von Anfang klar war: Ein Euro ohne Spielregeln kann nicht funktionieren!

Wenn es Länder gibt wie Griechenland, die statt 60 Prozent an vereinbarten Gesamtschulden 120, 130 oder gar 150 Prozent anhäufen, dann muss jedem klar sein,


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dass das Ganze, wenn sich einige an die Spielregeln nicht halten, nicht funktionieren kann.

Wenn heute gesagt wird: Wir entschulden Griechenland, wir streichen ihnen 50 Prozent (Abg. Grosz: Wer sind „wir“? – Abg. Rädler: Wir, das BZÖ!), also die „Kleinigkeit“ von 100 bis 150 Milliarden €, das streichen wir ihnen einfach einmal so weg, und wir hoffen dann, dass sie bis zum Jahr 2020 auf 120 Prozent an Gesamt­verschuldung kommen!, dann frage ich mich schon: Wenn damals die „Wirtschafts­weisen“, als sie den Euro aus der Taufe gehoben haben, gesagt haben: 60 Prozent an Gesamtverschuldung ist die Obergrenze, 60 Prozent ist das, was der Euro maximal verkraften kann!, wieso kann dann bitte Griechenland mit 120 Prozent an Gesamt­verschuldung weiter im Euroraum bleiben? Wenn man sich das genau anschaut, sieht man: Griechenland muss raus aus der Eurozone! (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

Das ist doch von Anfang an klar gewesen, und das war vor eineinhalb Jahren auch schon klar: Griechenland muss raus aus der Eurozone! Aber, meine Damen und Herren, seit eineinhalb Jahren werden wir belogen: Wir werden belogen nicht nur von den Regierungsvertretern, sondern auch von vielen in der EU, und zwar nach Strich und Faden.

So hat beispielsweise Herr Matznetter vor zirka einem halben Jahr im Finanz­aus­schuss etwas gesagt, das wirklich tief blicken lässt, nämlich: Um Gottes willen, wenn Griechenland pleitegeht, dann wird das eine Finanzkatastrophe, dagegen war die Lehman-Pleite ein Ponyhof, das können wir uns auf keinem Fall leisten! Herr Matznetter hat damals die CDS, die Kreditausfallsversicherungen, mit 2 000 Milliar­den € beziffert. 2 000 Milliarden € für griechische Ausfallsversicherungen, und wenn diese schlagend werden, dann sterben die Banken europaweit und die Katastrophe ist perfekt, hat Matznetter vor einem halben Jahr gesagt. (Abg. Krainer: Stimmt nicht! Das hat er überhaupt nicht gesagt!)

Heute wissen wir, es sind 3 Milliarden €, also nicht 2 000 Milliarden €, wie Matznetter sagte. Und wegen dieser 3 Milliarden wurde dieser ganze „Affenzirkus“ aufgeführt, und wir stehen jetzt letztlich mit Verlusten in Höhe von zumindest 20 Milliarden € da, was unser Land betrifft; also einem Drittel unseres gesamten Budgets. Das sind unsere Verluste, und das ist kein Hirngespinst eines irgendwie fehlgeleiteten Hinterbänklers, sondern das sagt auch der Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank Nowotny. Er sagt, die 20 bis 22 Milliarden € sind wahrscheinlich weg, eben aufgrund dieser Hebelung, bei der Österreich mittut.

Oder Herr Felderer sagt, dass das eben durch diese Hebelung, die hier gemacht wird, durchaus schlagend werden kann und die Wahrscheinlichkeit auch sehr hoch ist. Es ist dies eine Sache, die uns ja gerade in die Finanzkrise geführt hat. Diese Hebel­ge­schäfte, diese Leverage-Effekte haben uns genau in diese Lage geführt.

Und was machen wir jetzt? – Wir machen das nach. Also wo da der Sinn sein sollte, ist mir wirklich schleierhaft! Ich glaube, es geht nur darum, auf Zeit zu spielen. Es geht einfach darum, wie der Herr Faymann das heute auch gesagt hat, dass noch ein, zwei, drei Jahre gewonnen werden sollen, bis dann der große Crash kommt, und dann kann man den Bürgern ja sagen: Wir haben wirklich alles getan, aber wir konnten es leider nicht verhindern!

Genau so lange wird weitergewurschtelt, anstatt dass man zwei Wahrheiten endlich akzeptiert: Griechenland und Länder, die sich nicht an die Konvergenzkriterien halten, müssen raus aus dem Euro! Das ist einmal amtlich. (Beifall bei der FPÖ.)

Und nicht nur das, sondern: Auch Länder wie Österreich und andere haben sich gefälligst an die 60 Prozent zu halten! Es darf nicht so sein, wie unsere Finanz-


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ministerin das macht, die sagt: Es ist zwar theoretisch möglich, ein Nulldefizit zu schaf­fen, aber wir machen bis 2015 noch weiter Schulden! Herr Felderer prognostiziert Ihnen: So wie Sie das machen, wird das bis 2020 sein! Das heißt, Sie werden bis 2020 weiter Schulden machen. Sie werden nicht wieder auf die 60 Prozent zurückkommen, nein, die Schulden werden auf 76 Prozent des BIP ansteigen, und Sie werden sich weit, weit, weit von den Konvergenzkriterien entfernen.

So macht man keinen stabilen Euro! Daher machen Sie mit dem, was Sie vorgeben zu tun, nämlich den Euro zu schützen, genau das Gegenteil: Sie gefährden den Euro!

Noch eine Sache zur Freiwilligkeit – und man muss das einmal auf der Zunge zergehen lassen –: Es wird jetzt gefordert, dass die Banken, die jahrelang gut verdient haben, die jahrelang mit den Staatsanleihen auch so maroder Länder wie Griechen­land gut verdient haben, mit horrenden Zinsen, die dann große Gewinne gemacht haben und diese Gewinne als Boni an ihre Mitarbeiter wieder ausgeschüttet haben, sich nur freiwillig an Verlusten beteiligen dürfen – nur freiwillig, das ist ganz wichtig –, aber der Bürger wird nicht gefragt.

Hat denn jemand den Bürger gefragt, ob er sich freiwillig beteiligen will? Machen wir heute einmal eine Umfrage, welcher Bürger sich denn freiwillig beteiligen will. Da bin ich ja gespannt, was da rauskommt. Aber Sie verordnen dem Bürger, dass er sich gefälligst zu beteiligen hat – und den Banken stellen Sie es frei!

Das ist die Frechheit, die kein Mensch versteht, und deshalb, Herr Bundeskanzler, wird es heute einen Misstrauensantrag gegen Sie geben. Ich halte das für einen sehr progressiven Schritt. Ich bin da sehr vorsichtig mit solchen Dingen, aber ich bin geneigt, da heute zuzustimmen. Ich weiß, es wird keine Mehrheit geben, aber ich werde trotzdem zustimmen, denn das, was Sie tun, ist etwas, was einem österreichischen Bundeskanzler nicht ansteht, nämlich: Sie verraten die österreichi­schen Interessen für die Interessen der EU und für die Interessen der Banken! Dafür sind Sie nicht gewählt! Sie sind österreichischer Bundeskanzler, Sie sollten daher die österreichischen Interessen im Auge haben.

Und eines ist auch ganz sicher: Sie haben vor nicht allzu langer Zeit einmal einem mittlerweile verstorbenen Chefredakteur und Herausgeber einen Brief geschrieben, in welchem Sie zum Ausdruck gebracht haben, dass die Menschen gefälligst zu fragen sind, wenn es um einschneidende Veränderungen geht, die ihre persönlichen Lebens­umstände betreffen. (Abg. Riepl: Da ging es um verfassungsändernde Dinge!) Das haben Sie damals gesagt. Und jetzt, wo Sie 22 Milliarden –Tendenz stark steigend – unseres sauer verdienten Steuergeldes nach Brüssel verschenken, ohne die Öster­reicher zu fragen, frage ich Sie, wie ernst Sie das damals gemeint haben, als Sie gesagt haben: Wenn es um wichtige Dinge der EU geht, dann fragen wir gefälligst die Österreicher!?

Deshalb sage ich Ihnen: Machen Sie eine Volksbefragung – und Sie werden sehen, nicht einmal 5 Prozent der Österreicher sind mit dem einverstanden, was Sie hier verzapfen!

Und deshalb erinnere ich Sie daran: Sie sind österreichischer Bundeskanzler – und nicht griechischer und nicht europäischer Bankenkanzler!

Es ist traurig genug, dass ich Sie an dieser Stelle daran erinnern muss. (Beifall bei der FPÖ.)

15.24


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Bucher. Sie haben noch eine Minute Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll128. Sitzung / Seite 68

15.24.40

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Herr Bundeskanzler, es soll noch einer sagen hier im Hohen Haus, dass Sondersitzungen nichts bringen. Soeben haben wir einen Entschließungsantrag der Abgeordneten Kogler, Krainer und Stummvoll bekommen, in dem im Grunde genommen die Bundesregierung aufgefordert wird, Maßnahmen zu setzen. Wörtlich heißt es in diesem Entschließungsantrag, der hoffentlich jedem vorliegt:

„Vor dem Hintergrund der Finanz- und Wirtschaftskrise ist es an der Zeit, verstärkte Maßnahmen zu setzen, um Spekulationen zurückzudrängen.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gott sei Dank haben wir Rot, Schwarz und Grün heute davon überzeugen können, dass unsere Argumente die richtigen sind, endlich einmal Handlungen zu setzen, damit das große Desaster abgewendet wird, damit eine Finanzmarktsteuer auf europäischer Ebene eingeführt wird. (Lebhafter Beifall und Bravorufe beim BZÖ.)

Das hat auch zur Einsicht von Rot, Schwarz und Grün geführt. Endlich erkennt man, dass der Bankensektor zu trennen ist, so wie wir das seit Monaten gefordert haben. (Beifall beim BZÖ.)

Herr Bundeskanzler, das war heute eine gute, gewinnbringende Sitzung, wenn sie dazu führt, dass all das, was Sie heute hier in einem Entschließungsantrag festlegen, auch tatsächlich umgesetzt wird. (Beifall beim BZÖ.)

15.25


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Schultes. – Bitte. (Abg. Schultes ist im Gespräch mit anderen ÖVP-Abgeordneten und reagiert nicht gleich.) Herr Abgeordneter Ing. Schultes! (Lebhafte Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ. – Abg. Strache: Er bleibt hier stehen! Er geht stehend k.o.!)

 


15.26.03

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätztes Hohes Haus! Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren! Ich danke Ihnen für die heutige Diskussion. Ich bin sehr froh über den Austausch der klaren Argu­mente, und ich gratuliere unserer Bundesregierung für die starke Leistung in Brüssel. (Beifall bei der ÖVP. – Lebhafte ironische Heiterkeit bei Abgeordneten von FPÖ und BZÖ.)

15.27


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zu den Abstimmungen.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Selbständigen Entschließungs­antrag 1713/A(E) der Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zukunftssicherungsschirm für Österreich statt Rettungsschirme für EU-Pleitestaaten und marode Banken.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Antrag ist abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend unverzügliche Unterrichtung des Nationalrates über alle Vorhaben im Rahmen der EU.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll128. Sitzung / Seite 69

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das findet keine Mehrheit. Abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundeskanzler gemäß Artikel 74 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes.

Da zu einem solchen Beschluss des Nationalrates gemäß Abs. 2 der zitierten Verfassungsbestimmung die Anwesenheit der Hälfte der Abgeordneten erforderlich ist, stelle ich diese ausdrücklich fest.

Ich bitte nun jene Damen und Herren, die sich für den gegenständlichen Miss­trau­ensantrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Antrag ist abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Kogler, Krainer, Dr. Stummvoll, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung der Finanztransaktionssteuer bis 2014 und die weitestgehende Differenzierung von traditionellen Bankgeschäften und Investmentgeschäften.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 207.)

15.29.11Einlauf

 


Präsident Fritz Neugebauer: In der heutigen Sitzung sind die Selbständigen Anträge 1713/A(E) bis 1719/A eingebracht worden.

Ferner sind die Anfragen 9635/J bis 9664/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 15.30 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

15.29.40Schluss der Sitzung: 15.29 Uhr

 

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