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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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45. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXIV. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 18. November 2009

 

 


Stenographisches Protokoll

45. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIV. Gesetzgebungsperiode     Mittwoch, 18. November 2009

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 18. November 2009: 9.06 –23.44 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Wahl einer Schriftführerin/eines Schriftführers

2. Punkt: Bericht über das Volksbegehren „Stopp dem Postraub“

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Postmarktgesetz erlassen und das KommAustria-Gesetz geändert wird

4. Punkt: Bericht über den Antrag 60/A(E) der Abgeordneten Josef Bucher, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend qualitativ hochwertige flächendeckende Versorgung mit Postdienstleistungen

5. Punkt: Bericht über den Antrag 66/A(E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kol­leginnen und Kollegen betreffend umgehende Ausarbeitung eines Postmarktgesetzes

6. Punkt: Bericht über den Antrag 68/A(E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Ja zur flächendeckenden Versorgung der Bevölke­rung mit Post-Dienstleistungen – Nein zu weiteren Postamts-Zusperrkonzerten – um­gehende, umfassende Verschärfung der Post-Universaldienstverordnung

7. Punkt: Bericht über den Antrag 332/A(E) der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend eine qualitativ hochwertige, flächendeckende und all­gemein erschwingliche Versorgung mit Postdienstleistungen

8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Patentgesetz 1970, das Patentverträge-Einfüh­rungsgesetz, das Gebrauchsmustergesetz, das Markenschutzgesetz 1970, das Patent­anwaltsgesetz und das Patentamtsgebührengesetz geändert werden

9. Punkt: Bericht über den Antrag 837/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brun­ner, Petra Bayr, Ing. Hermann Schultes, Carmen Gartelgruber, Ing. Robert Lugar, Kol­leginnen und Kollegen betreffend: Atomenergie darf keine Klimaschutzmaßnahme sein

10. Punkt: Bericht über den Antrag 817/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brun­ner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verhandlungsposition der Bundesregierung bei der Klimaschutzkonferenz in Kopenhagen

11. Punkt: Bericht über den Antrag 765/A(E) der Abgeordneten Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Kostenübernahme von Katastrophenschutz­übungen bei AKW-Betreibern


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12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Bundes­gesetz über den Umweltsenat geändert werden (USG-Novelle 2009)

13. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Umweltinformationsgesetz geändert wird

14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz geän­dert wird (GuKG-Novelle 2009)

15. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kur­anstalten geändert wird

16. Punkt: Bericht über den Antrag 193/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erstellung einer Studie über ein Case Manage­ment an Österreichs Krankenhäusern und Rehabilitationsanstalten

17. Punkt: Bericht über den Antrag 184/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Bela­kowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wiedereinführung der finan­ziellen Zuwendungen für die Erfüllung des Mutter-Kind-Passes und verpflichtende ärzt­liche Vorschuluntersuchungen

18. Punkt: Bericht über den Antrag 174/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belako­witsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausweitung der Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen bis zum 10. Lebensjahr

19. Punkt: Bericht über den Antrag 612/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Übernahme der Kosten der vorgeburtlichen Unter­suchungen des „combined-Tests“ im Rahmen des Mutter-Kind-Passes

20. Punkt: Bericht über den Antrag 361/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belako­witsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung klarer Strukturen für die Pränataldiagnostik

21. Punkt: Bericht über den Antrag 385/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aktionsplan für gesunde Ernährung und Bewegung

22. Punkt: Bericht über den Antrag 631/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Schulgesundheitsprogramm

23. Punkt: Bericht über den Antrag 538/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend österreichweite Arzneimittel-Hotline für Blinde

24. Punkt: Bericht über den Antrag 638/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verstärkung der Kontrollen gemäß „Bundesgesetz über den Transport von Tieren und damit zusammenhängenden Vorgängen“ und Erhö­hung des Strafausmaßes für illegale Transporte

25. Punkt: Bericht über den Antrag 839/A(E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Gabriele Tamandl, Wolfgang Zanger, Sigisbert Dolinschek, Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Kennzeichnung von Lebensmitteln, über den

Antrag 137/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kennzeichnungspflicht für verarbeitete Eier, über den

Antrag 698/A(E) der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Lebensmittelkennzeichnungspflicht in der Gastronomie, über den

Antrag 613/A(E) der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen betref­fend eindeutige Kennzeichnung von Speiseeisersatzstoffen, über den

Antrag 614/A(E) der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen betref­fend eindeutige Kennzeichnung von Kunstkäse, über den


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Antrag 697/A(E) der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen be­treffend eindeutige Kennzeichnung von Schinkenimitaten und über den

Antrag 718/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Reform der Gütezeichenverordnung

26. Punkt: Bericht über den Antrag 367/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine konsequente Herkunftskenn­zeichnung bei Lebensmitteln

27. Punkt: Bericht über den Antrag 706/A(E) der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Verbot der Herstellung und des Verkaufs von „Schummelschinken“

28. Punkt: Bericht über den Antrag 653/A(E) der Abgeordneten Harald Jannach, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Überprüfung der Vielzahl der Gütezeichen und einer Reduktion auf für Konsumenten überschaubare Güte- und Qualitätszeichen

29. Punkt: Bericht über den Antrag 231/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kennzeichnung von Fleisch mit dem A-Stempel

30. Punkt: Bericht über den Antrag 723/A(E) der Abgeordneten Gabriele Tamandl, Mag. Johann Maier, Sigisbert Dolinschek, Wolfgang Zanger, Mag. Birgit Schatz, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Verbot der Benutzung von UV-Bestrahlungsgeräten durch Kinder und Jugendliche in Solarien (Sonnenstudios)

31. Punkt: Bericht über den Antrag 582/A(E) der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend allumfassendes Konsumentenschutzpaket

32. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kol­legen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pensionskassengesetz geändert wird (709/A)

33. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Alois Gradauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 16. Juni 1948 über den Rechnungshof (Rechnungshofgesetz – R.H.G. – 1948), BGBl. Nr. 144/1948, geändert wird (734/A)

34. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kol­legen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsord­nung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) und die Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (Anlage zum Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates) geändert werden (836/A)

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Inhalt

Nationalrat

1. Punkt: Wahl einer Schriftführerin/eines Schriftführers .............................................. 50

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 23

Ordnungsruf ................................................................................................................... 34


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Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen, dem Familienausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 598/A(E) der Abgeord­neten Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend bundeseinheitli­ches Grundsatzgesetz für Kinderbetreuung gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäfts­ordnung eine Frist bis 28. Jänner 2010 zu setzen ......................................................... 49

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kur­zen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................................... 49

Redner/RednerInnen:

Mag. Daniela Musiol ................................................................................................... 180

Gabriele Binder-Maier ............................................................................................... 182

Ridi Maria Steibl ......................................................................................................... 184

Edith Mühlberghuber ................................................................................................. 185

Ursula Haubner ....................................................................................................... ... 185

Dr. Harald Walser .................................................................................................... ... 187

Ablehnung des Fristsetzungsantrages ........................................................................ 188

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 49

Antrag der Abgeordneten Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen, die Regierungsvorlage über ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsge­setz und das Bundesgesetz über den Umweltsenat geändert werden (USG-No­velle 2009), 395 d.B., in der Fassung des Ausschussberichtes 423 d.B., gemäß § 53 Abs. 6 der Geschäftsordnung an den Umweltausschuss rückzuverweisen – Ablehnung      188, 192

Verlesung der vorgesehenen Fassung eines Teiles des Amtlichen Protokolls die­ser Sitzung durch Präsidenten Fritz Neugebauer .................................................................................. 284

Genehmigung des verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls ............................... 284

Aktuelle Stunde (10.)

Thema: „Österreich – Europas Schlusslicht beim Klimaschutz: Dringender Handlungsbedarf der Bundesregierung vor dem Kopenhagen-Gipfel“ ................................................... 23

Redner/Rednerinnen:

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .............................................................................. ..... 23

Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................ ..... 26

Petra Bayr ................................................................................................................ ..... 29

Ing. Hermann Schultes ........................................................................................... ..... 31

Ing. Norbert Hofer ................................................................................................... ..... 33

Ing. Robert Lugar ......................................................................................................... 34

Mag. Christiane Brunner ............................................................................................. 36

Mag. Josef Auer ...................................................................................................... ..... 37

Peter Mayer ............................................................................................................. ..... 39

Werner Neubauer .................................................................................................... ..... 40

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................ ..... 42

Mag. Judith Schwentner ........................................................................................ ..... 43

Gerhard Huber ........................................................................................................ ..... 45

Ausschüsse

Zuweisungen .........................................................................  47, 224, 233, 277, 281, 283


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Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend das völlige Versagen Faymanns in der aktuellen EU-Politik (3733/J) ................................. 132

Begründung: Heinz-Christian Strache ....................................................................... 135

Bundeskanzler Werner Faymann ............................................................................. 141

Debatte:

Dr. Johannes Hübner ............................................................................................. ... 144

Dr. Josef Cap ........................................................................................................... ... 147

Karlheinz Kopf ........................................................................................................ ... 150

Josef Bucher ........................................................................................................... ... 152

Dr. Alexander Van der Bellen ................................................................................ ... 154

Anneliese Kitzmüller .............................................................................................. ... 157

Mag. Christine Muttonen ....................................................................................... ... 159

Dr. Wolfgang Schüssel .......................................................................................... ... 161

Herbert Scheibner .................................................................................................. ... 163

Mag. Judith Schwentner ........................................................................................ ... 165

Dr. Gerhard Kurzmann .......................................................................................... ... 167

Mag. Gisela Wurm .................................................................................................. ... 169

Mag. Ewald Stadler ................................................................................................. ... 171

Dr. Kurt Grünewald ................................................................................................ ... 174

Hannes Weninger ................................................................................................... ... 175

Stefan Petzner ......................................................................................................... ... 177

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................ ... 178

Entschließungsantrag der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wiedergutmachung für Opfer der tschechischen Vertrei­bungsverbrechen und Beseitigung der Beneš-Dekrete – Ablehnung ...........................................................................................  159, 179

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen betreffend öffentliche Ausschreibung für die Besetzung des öster­reichischen Mitgliedes der Europäischen Kommission – Ablehnung ............................................................................................................  169, 180

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend rasche Einführung einer EU-weiten Spekulationssteuer – Ableh­nung ............................  173, 180

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über das Volksbegehren (343 d.B.) „Stopp dem Postraub“ (458 d.B.) ........................................................................................................................ 50

3. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (319 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Postmarktgesetz erlassen und das KommAustria-Ge­setz geändert wird (459 d.B.)                50

4. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 60/A(E) der Abge­ordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend qualitativ hochwer­tige flächendeckende Versorgung mit Postdienstleistungen (460 d.B.) ..................................................................................... 50

5. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 66/A(E) der Abge­ordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend umgehende Ausarbeitung eines Postmarktgesetzes (461 d.B.)     ............................................................................................................................... 50


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6. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 68/A(E) der Abge­ordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ja zur flä­chendeckenden Versorgung der Bevölkerung mit Post-Dienstleistungen – Nein zu weiteren Postamts-Zusperrkonzerten – umgehende, umfassende Verschär­fung der Post-Universaldienstverordnung (462 d.B.) ............................................................. 50

7. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 332/A(E) der Abge­ordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine qualitativ hochwertige, flächendeckende und allgemein erschwingliche Versorgung mit Postdienstleistungen (463 d.B.) .................................. 51

Redner/Rednerinnen:

Heinz-Christian Strache .............................................................................................. 51

Anton Heinzl ............................................................................................................ ..... 53

Christoph Hagen ..................................................................................................... ..... 55

Dr. Ferdinand Maier ................................................................................................ ..... 58

Dr. Gabriela Moser ................................................................................................. ..... 59

Bundesministerin Doris Bures ............................................................................. ..... 62

Harald Vilimsky ....................................................................................................... ..... 64

Dr. Günther Kräuter ............................................................................................... ..... 65

Erich Tadler ............................................................................................................. ..... 67

Ing. Hermann Schultes ........................................................................................... ..... 68

Mag. Birgit Schatz .................................................................................................. ..... 70

Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner ......................................................... ..... 71

DDr. Werner Königshofer ...................................................................................... ..... 73

Gabriele Binder-Maier ............................................................................................ ..... 74

Maximilian Linder ................................................................................................... ..... 75

Johann Rädler ......................................................................................................... ..... 77

Karl Öllinger ............................................................................................................ ..... 77

Mag. Rosa Lohfeyer ..................................................................................................... 78

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ........................................................................................... 79

Peter Haubner ............................................................................................................... 80

Josef Jury ...................................................................................................................... 81

Ing. Mag. Hubert Kuzdas ............................................................................................. 83

Dr. Ruperta Lichtenecker ....................................................................................... ..... 84

Mag. Silvia Fuhrmann ............................................................................................ ..... 85

Mario Kunasek ........................................................................................................ ..... 86

Mag. Josef Auer ...................................................................................................... ..... 89

Gerald Grosz ........................................................................................................... ..... 89

Hermann Gahr ........................................................................................................ ..... 90

Dr. Harald Walser .................................................................................................... ..... 91

Peter Stauber .......................................................................................................... ..... 92

Johann Hell .............................................................................................................. ..... 92

Entschließungsantrag der Abgeordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Festlegung einer ausreichenden Öffnungszeit von Post-Ge­schäftsstellen – Ablehnung  82, 93

Entschließungsantrag der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung Post-Volksbegehren – Ablehnung ...........................................................................  87, 93

Kenntnisnahme der fünf Ausschussberichte 458, 460, 461, 462 und 463 d.B. ............ 93

Annahme des Gesetzentwurfes in 459 d.B. .................................................................. 93

8. Punkt: Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Technologie über die Regierungsvorlage (393 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Patentge-


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setz 1970, das Patentverträge-Einführungsgesetz, das Gebrauchsmustergesetz, das Markenschutzgesetz 1970, das Patentanwaltsgesetz und das Patentamtsge­bührengesetz geändert werden (421 d.B.) .................................................................... 94

Redner/Rednerinnen:

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ........................................................................................... 94

Ing. Kurt Gartlehner ................................................................................................ ..... 95

Dr. Martin Strutz ..................................................................................................... ..... 98

Mag. Karin Hakl ....................................................................................................... ..... 99

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................ ... 102

Bundesministerin Doris Bures ............................................................................. ... 104

Heidrun Silhavy ....................................................................................................... ... 106

Dr. Andreas Karlsböck ........................................................................................... ... 107

Dr. Martin Bartenstein ............................................................................................ ... 108

Franz Kirchgatterer ................................................................................................ ... 108

Anna Franz .............................................................................................................. ... 109

Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher ............................................................................... ... 110

Elmar Mayer ............................................................................................................ ... 110

Mag. Josef Auer ...................................................................................................... ... 111

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Kurt Gartlehner, Mag. Karin Hakl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Prüfung von Vor- und Nachteilen eines möglichen Beitritts Österreichs zum „Londoner Übereinkommen“ – Annahme (E 55) ....................................................................  96, 112

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 111

Gemeinsame Beratung über

9. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 837/A(E) der Abge­ordneten Mag. Christiane Brunner, Petra Bayr, Ing. Hermann Schultes, Carmen Gartelgruber, Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Atomener­gie darf keine Klimaschutzmaßnahme sein (425 d.B.)                     112

10. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 817/A(E) der Abge­ordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ver­handlungsposition der Bundesregierung bei der Klimaschutzkonferenz in Kopen­hagen (426 d.B.) ....................................................... 113

11. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 765/A(E) der Abge­ordneten Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Kos­tenübernahme von Katastrophenschutzübungen bei AKW-Betreibern (427 d.B.)                                                                                                                  113

Redner/Rednerinnen:

Erich Tadler ............................................................................................................. ... 113

Ing. Hermann Schultes ........................................................................................... ... 114

Mag. Christiane Brunner ........................................................................................... 114

Petra Bayr ................................................................................................................... 116

Ing. Norbert Hofer ................................................................................................... ... 117

Erwin Hornek .......................................................................................................... ... 118

Mag. Ruth Becher ................................................................................................... ... 120

Nikolaus Prinz ......................................................................................................... ... 120

Mag. Josef Auer ...................................................................................................... ... 121

Carmen Gartelgruber ............................................................................................. ... 121

Walter Schopf .......................................................................................................... ... 123

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Halbierung der Mehrwertsteuer auf Energie aus erneuer­baren heimischen Ressourcen – Ablehnung     118, 124


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 8

Entschließungsantrag der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausstieg Österreichs aus dem EURATOM-Vertrag – Ableh­nung .....................................  123, 124

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 425 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend: Atomenergie darf keine Klimaschutzmaßnahme sein (E 56) ...................................... 124

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 426 und 427 d.B. .............................. 124

12. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (395 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Bundesgesetz über den Umweltsenat geändert werden (USG-Novelle 2009) (423 d.B.) ............................................................................................... 125

Redner/Rednerinnen:

Mag. Ewald Stadler ...........................................................................................  125, 188

Werner Amon, MBA (tatsächliche Berichtigung) ...................................................... 127

Franz Hörl ................................................................................................................ ... 127

Petra Bayr ................................................................................................................... 129

Dr. Susanne Winter .................................................................................................... 129

Mag. Christiane Brunner ....................................................................................... ... 130

Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................ ... 131

Konrad Steindl ........................................................................................................ ... 190

Rudolf Plessl ........................................................................................................... ... 190

Dieter Brosz ............................................................................................................. ... 191

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 192

13. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (396 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Umweltinformationsgesetz geändert wird (424 d.B.) ............................................ 193

Berichterstatterin: Petra Bayr ...................................................................................... 193

Redner/Rednerinnen:

Ing. Norbert Hofer ................................................................................................... ... 193

Peter Mayer ............................................................................................................. ... 195

Andrea Gessl-Ranftl ............................................................................................... ... 195

Erich Tadler ............................................................................................................. ... 196

Mag. Christiane Brunner ....................................................................................... ... 197

Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................ ... 198

Peter Stauber .......................................................................................................... ... 198

Gerhard Steier ......................................................................................................... ... 199

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer Meldepflicht bei Lagerung oder Weiterverar­beitung gefährlicher Abfälle – Ablehnung    194, 209

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 209

14. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (316 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz geändert wird (GuKG-Novelle 2009) (403 d.B.)           ............................................................................................................................. 200

Redner/Rednerinnen:

Dr. Sabine Oberhauser, MAS ................................................................................ ... 200

Dr. Erwin Rasinger ................................................................................................. ... 201

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .................................................................... ... 201

Ursula Haubner ....................................................................................................... ... 202


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 9

Dr. Kurt Grünewald ................................................................................................ ... 204

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ............................................................... ... 205

Johann Hechtl ......................................................................................................... ... 206

August Wöginger .................................................................................................... ... 206

Dr. Andreas Karlsböck ........................................................................................... ... 207

Oswald Klikovits ..................................................................................................... ... 208

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kolle­gen betreffend Lehrberuf für Pflege und Betreuung – Ablehnung .....................................................................  204, 209

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 208

Gemeinsame Beratung über

15. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (237 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten geändert wird (404 d.B.)                        209

16. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 193/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erstellung einer Studie über ein Case Management an Österreichs Krankenhäusern und Rehabilitationsanstalten (405 d.B.) ............................................ 210

Redner/Rednerinnen:

Ing. Norbert Hofer ................................................................................................... ... 210

Erwin Spindelberger .............................................................................................. ... 211

Ursula Haubner ....................................................................................................... ... 211

Karl Donabauer ....................................................................................................... ... 212

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ............................................................... ... 214

Dr. Andreas Karlsböck ........................................................................................... ... 214

Dr. Kurt Grünewald ................................................................................................ ... 216

Johann Höfinger ..................................................................................................... ... 217

August Wöginger .................................................................................................... ... 218

Annahme des Gesetzentwurfes in 404 d.B. ................................................................ 218

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 405 d.B. ..................................................... 218

Gemeinsame Beratung über

17. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 184/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Wiedereinführung der finanziellen Zuwendungen für die Erfüllung des Mut­ter-Kind-Passes und verpflichtende ärztliche Vorschuluntersuchungen (406 d.B.)        ............................................................................................................................. 219

18. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 174/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Ausweitung der Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen bis zum 10. Lebens­jahr (407 d.B.) ................................................... 219

19. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 612/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Über­nahme der Kosten der vorgeburtlichen Untersuchungen des „combined-Tests“ im Rahmen des Mutter-Kind-Passes (408 d.B.) ..................... 219

20. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 361/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Schaffung klarer Strukturen für die Pränataldiagnostik (409 d.B.) ....................................................................................... 219


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 10

Redner/Rednerinnen:

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .................................................................... ... 219

Renate Csörgits ...................................................................................................... ... 220

Dr. Wolfgang Spadiut ............................................................................................. ... 221

Ridi Maria Steibl ...................................................................................................... ... 222

Dr. Kurt Grünewald ................................................................................................ ... 223

Ing. Erwin Kaipel ..................................................................................................... ... 224

Kenntnisnahme der vier Ausschussberichte 406, 407, 408 und 409 d.B. ................... 224

Zuweisung des Antrages 184/A(E) an den Familienausschuss .................................. 224

Gemeinsame Beratung über

21. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 385/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Aktionsplan für gesunde Ernährung und Bewegung (410 d.B.) .................................................................................................... 225

22. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 631/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Schulgesundheitsprogramm (411 d.B.)                            225

Redner/Rednerinnen:

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .................................................................... ... 225

Mag. Johann Maier ................................................................................................. ... 226

Ing. Robert Lugar .................................................................................................... ... 227

Dr. Erwin Rasinger ................................................................................................. ... 228

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................ ... 229

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ............................................................... ... 231

Dr. Andreas Karlsböck ........................................................................................... ... 232

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 410 und 411 d.B. .............................. 233

Zuweisung des Antrages 631/A(E) an den Unterrichtsausschuss .............................. 233

23. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 538/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend öster­reichweite Arzneimittel-Hotline für Blinde (412 d.B.)     ............................................................................................................................. 233

Redner/Rednerinnen:

Ulrike Königsberger-Ludwig ................................................................................. ... 233

Mag. Gertrude Aubauer ......................................................................................... ... 234

Ing. Norbert Hofer ................................................................................................... ... 234

Dr. Wolfgang Spadiut ............................................................................................. ... 235

Mag. Helene Jarmer ............................................................................................... ... 235

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 412 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend österreichweite Arzneimittel-Hotline für Blinde (E 57) .................................................. 236

24. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 638/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ver­stärkung der Kontrollen gemäß „Bundesgesetz über den Transport von Tieren und damit zusammenhängenden Vorgängen“ und Erhöhung des Strafausmaßes für illegale Transporte (413 d.B.) ....................................................................................... 236

Redner/Rednerinnen:

Bernhard Vock ........................................................................................................ ... 236

Dietmar Keck ........................................................................................................... ... 237

Dr. Wolfgang Spadiut ............................................................................................. ... 238

Franz Eßl .................................................................................................................. ... 240

Mag. Christiane Brunner ....................................................................................... ... 240


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 11

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend verstärkte Kontrollen gemäß Tiertransportgesetz – Ab­lehnung .........................  239, 244

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zum Schutz von Tieren beim Trans­port – Ablehnung ...................  242, 244

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 413 d.B. ..................................................... 244

Gemeinsame Beratung über

25. Punkt: Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den An­trag 839/A(E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Gabriele Tamandl, Wolf­gang Zanger, Sigisbert Dolinschek, Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kollegin­nen und Kollegen betreffend die Kennzeichnung von Lebensmitteln, über den

Antrag 137/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Kennzeichnungspflicht für verarbeitete Eier, über den

Antrag 698/A(E) der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Lebensmittelkennzeichnungspflicht in der Gastronomie, über den

Antrag 613/A(E) der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen betreffend eindeutige Kennzeichnung von Speiseeisersatzstoffen, über den

Antrag 614/A(E) der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen betreffend eindeutige Kennzeichnung von Kunstkäse, über den

Antrag 697/A(E) der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend eindeutige Kennzeichnung von Schinkenimitaten und über den

Antrag 718/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reform der Gütezeichenverordnung (414 d.B.) .............................................................................. 244

26. Punkt: Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den An­trag 367/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine konsequente Herkunftskennzeichnung bei Lebens­mitteln (416 d.B.) ............................................... 244

27. Punkt: Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den An­trag 706/A(E) der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot der Herstellung und des Verkaufs von „Schummelschinken“ (417 d.B.) .................................................................................. 244

28. Punkt: Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den An­trag 653/A(E) der Abgeordneten Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Überprüfung der Vielzahl der Gütezeichen und einer Reduktion auf für Konsumenten überschaubare Güte- und Qualitätszeichen (418 d.B.)                245

Redner/Rednerinnen:

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ..................................................................................... ... 245

Mag. Johann Maier ................................................................................................. ... 246

Martina Schenk ....................................................................................................... ... 247

Gabriele Tamandl ................................................................................................... ... 248

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................ ... 249

Hermann Lipitsch ................................................................................................... ... 250

Wolfgang Zanger .................................................................................................... ... 251


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 12

Gabriel Obernosterer ............................................................................................. ... 252

Dr. Wolfgang Spadiut ............................................................................................. ... 253

Mag. Johann Maier (tatsächliche Berichtigung) ........................................................ 253

Mag. Kurt Gaßner ................................................................................................... ... 253

Harald Jannach ....................................................................................................... ... 254

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 414 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend die Kennzeichnung von Lebensmitteln (E 58) ................................................................... 255

Kenntnisnahme der drei Ausschussberichte 416, 417 und 418 d.B. .......................... 255

29. Punkt: Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den An­trag 231/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kennzeichnung von Fleisch mit dem A-Stempel (415 d.B.) ...................................................................................................................... 256

Redner/Rednerinnen:

Ing. Norbert Hofer ................................................................................................... ... 256

Johann Hell .............................................................................................................. ... 256

Dr. Wolfgang Spadiut ............................................................................................. ... 257

Anna Höllerer .......................................................................................................... ... 258

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................ ... 259

Bernhard Vock ........................................................................................................ ... 260

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 415 d.B. ..................................................... 260

30. Punkt: Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den An­trag 723/A(E) der Abgeordneten Gabriele Tamandl, Mag. Johann Maier, Sigisbert Dolinschek, Wolfgang Zanger, Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Verbot der Benutzung von UV-Bestrahlungsgeräten durch Kinder und Ju­gendliche in Solarien (Sonnenstudios) (468 d.B.) ........................................................ 260

Redner/Rednerinnen:

Ing. Erwin Kaipel ..................................................................................................... ... 261

Anna Höllerer .......................................................................................................... ... 262

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ..................................................................................... ... 263

Martina Schenk ....................................................................................................... ... 263

Mag. Birgit Schatz .................................................................................................. ... 264

Gerhard Steier ......................................................................................................... ... 264

Christian Faul .......................................................................................................... ... 265

Stefan Petzner ......................................................................................................... ... 266

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 468 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Verbot der Benutzung von UV-Bestrahlungsgeräten durch Kinder und Jugendliche in Solarien (Sonnenstudios) (E 59) ....................................................................................................................................... 267

31. Punkt: Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den An­trag 582/A(E) der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend allumfassendes Konsumentenschutzpaket (469 d.B.) ...................................................................................................................... 267

Redner/Rednerinnen:

Sigisbert Dolinschek .............................................................................................. ... 267

Erwin Spindelberger .............................................................................................. ... 268

Johann Rädler ......................................................................................................... ... 269

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ..................................................................................... ... 270

Mag. Birgit Schatz .................................................................................................. ... 271

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 469 d.B. ..................................................... 271

32. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pensionskassengesetz geändert wird (709/A) ............. 271


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 13

Redner/Rednerinnen:

Karl Öllinger ............................................................................................................ ... 272

Kai Jan Krainer ....................................................................................................... ... 272

Gabriele Tamandl ................................................................................................... ... 273

Werner Neubauer .................................................................................................... ... 274

Ing. Robert Lugar .................................................................................................... ... 275

Herbert Scheibner .................................................................................................. ... 276

Dr. Christoph Matznetter ....................................................................................... ... 277

Zuweisung des Antrages 709/A an den Finanzausschuss .......................................... 277

33. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Alois Gradauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 16. Juni 1948 über den Rechnungshof (Rechnungshofgesetz – R.H.G. – 1948), BGBl. Nr. 144/1948, geändert wird (734/A)                       277

Redner/Rednerinnen:

Alois Gradauer ........................................................................................................ ... 277

Kai Jan Krainer ....................................................................................................... ... 278

Mag. Josef Lettenbichler ....................................................................................... ... 278

Dr. Martin Strutz ..................................................................................................... ... 279

Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ... 279

Zuweisung des Antrages 734/A an den Budgetausschuss ......................................... 281

34. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) und die Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (Anlage zum Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates) geändert wer­den (836/A) .............................................................................................. 281

Redner/Rednerinnen:

Dieter Brosz ............................................................................................................. ... 281

Otto Pendl ................................................................................................................... 282

Mag. Dr. Beatrix Karl .............................................................................................. ... 282

Herbert Scheibner .................................................................................................. ... 283

Zuweisung des Antrages 836/A an den Geschäftsordnungsausschuss ..................... 283

Eingebracht wurden

Petition .......................................................................................................................... 47

Petition betreffend „GentechnikFREIE Futtermittel“ (Ordnungsnummer 41) (über­reicht vom Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber)

Bürgerinitiative ............................................................................................................ 47

Bürgerinitiative betreffend „Reichensteuer jetzt!“ (Ordnungsnummer 15)

Regierungsvorlagen ................................................................................................... 46

441: Protokoll zur Abänderung des am 18. Oktober 1962 in Luxemburg unter­zeichneten Abkommens zwischen der Republik Österreich und dem Großherzog­tum Luxemburg zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Notenwechsel

442: Protokoll zwischen der Republik Österreich und dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland und Zusatzprotokoll zur Abänderung des am


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30. April 1969 in London unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Dop­pelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen in der Fassung des am 17. November 1977 in London unterzeichneten Protokolls und des am 18. Mai 1993 in London unterzeichneten Protokolls

443: Protokoll zur Abänderung des Abkommens zwischen der Regierung der Re­publik Österreich und der Regierung der Republik Singapur zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen samt Notenwechsel

444: Protokoll zur Abänderung des Abkommens zwischen der Republik Öster­reich und den Vereinigten Mexikanischen Staaten zur Vermeidung der Doppelbe­steuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steu­ern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll

445: Protokoll zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Belgien und Zusatzprotokoll zur Abänderung des am 29. Dezember 1971 in Wien unterzeich­neten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Regelung bestimmter anderer Fragen auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen einschließlich der Gewerbesteuern und der Grundsteuern

446: Protokoll zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Dänemark und Zusatzprotokoll zur Abänderung des am 25. Mai 2007 in Wien unterzeich­neten Abkommens auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Ver­mögen

447: Abkommen zwischen der Republik Österreich und St. Vincent und den Gre­nadinen über den Informationsaustausch in Steuersachen

448: Protokoll zwischen der Republik Österreich und dem Königreich der Nieder­lande und Zusatzprotokoll zur weiteren Abänderung des am 1. September 1970 in Wien unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Schlussprotokoll in der Fassung des am 18. Dezember 1989 in Den Haag unter­zeichneten Protokolls, des am 26. November 2001 in Den Haag unterzeichneten Protokolls und des am 8. Oktober 2008 in Wien unterzeichneten Protokolls

449: Protokoll und Zusatzprotokoll zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Norwegen zur Abänderung des am 28. November 1995 in Wien unter­zeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhin­derung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen in der Fassung des am 14. November 2005 unterzeichneten Pro­tokolls samt Zusatzprotokoll

450: Abkommen zwischen der Republik Österreich und Gibraltar über den Infor­mationsaustausch in Steuersachen

451: Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Andorra über den Auskunftsaustausch in Steuersachen

452: Protokoll zur Abänderung des am 30. Januar 1974 in Wien unterzeichneten Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidge­nossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steu­ern vom Einkommen und vom Vermögen samt Notenwechsel

453: Protokoll zwischen der Republik Österreich und der Republik San Marino und Zusatzprotokoll zur Abänderung des am 24. November 2004 in Wien unter-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 15

zeichneten Abkommens auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen

454: Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Monaco über den Informationsaustausch in Steuersachen

464: Bundesgesetz, mit dem das IVF-Fonds-Gesetz geändert wird (IVF-Fonds-Gesetz-Novelle 2010)

465: Bundesgesetz, mit dem das Apothekerkammergesetz 2001 geändert wird

466: Bundesgesetz, mit dem das Medizinproduktegesetz und das Arzneimittelge­setz geändert werden

467: 13. Ärztegesetz-Novelle

471: Bundesgesetz, mit dem das KommAustria-Gesetz geändert wird

472: Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Datenschutz­gesetz 2000 und das Sicherheitspolizeigesetz geändert werden (DSG-Novel­le 2010)

473: Bundesgesetz über Produkte, deren Ein- und Ausfuhr sowie Inverkehrbrin­gen aus Tierschutzgründen verboten ist

474: Bundesgesetz, mit dem das Energie-Regulierungsbehördengesetz geändert wird

475: Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994, das Wirtschaftstreu­handberufsgesetz und das Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetz geän­dert werden

476: 4. Sozialrechts-Änderungsgesetz 2009 – 4. SRÄG 2009

490: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsinspektionsgesetz 1993, das Arbeitsver­tragsrechts-Anpassungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Bundesgesetz über die Verkehrs-Arbeitsinspektion geändert werden

491: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz, das Arbeitsruhegesetz und das Kraftfahrgesetz 1967 geändert werden

Bericht ........................................................................................................................... 47

Vorlage 27 BA: Monatserfolg Oktober 2009; BM f. Finanzen

Anträge der Abgeordneten

Dr. Peter Wittmann, Mag. Wilhelm Molterer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern (859/A)

Dr. Günther Kräuter, Hermann Gahr, Kolleginnen und Kollegen betreffend Richtlinien für staatliche Informations- und Werbemaßnahmen (860/A)(E)

Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verankerung des Tier­schutzes in der Verfassung (861/A)(E)

Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kontrolle illegaler Tier­transporte an den alten Grenzübergängen (862/A)(E)

Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Lehrberuf für Pflege und Betreuung (863/A)(E)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 16

Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Aufhebung des 10-Prozent-Limits bei Modellversuchen der „Neuen Mittelschule“ sowie Überführung der Schulversuche ins Regelschulwesen (864/A)(E)

Mag. Johann Maier, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Natio­nalen Aktionsplan Ernährung – NAP.E (865/A)(E)

Mag. Wilhelm Molterer, Dr. Peter Wittmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Europawahlordnung, das Europa-Wählerevidenzgesetz, das Wählerevidenzgesetz 1973, das Volksabstimmungsgesetz 1972, das Volksbefra­gungsgesetz 1989, die Nationalrats-Wahlordnung 1992, das Bundespräsidentenwahl­gesetz 1971 und das Volksbegehrengesetz 1973 geändert werden (Wahlrechtsände­rungsgesetz 2010) (866/A)

Stefan Petzner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz geändert wird (867/A)

Kurt List, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wiedereröffnung eines Polizeipostens in Bärnbach (868/A)(E)

Mag. Heribert Donnerbauer, Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Urheberrechtsgesetz und Artikel III der Urhe­berrechtsgesetz-Novelle 2005 geändert werden (Urheberrechtsgesetz-Novelle 2009 – UrhG-Nov 2009) (869/A)

Zurückgezogen wurde der Antrag der Abgeordneten

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, und ein Bundesgesetz, mit dem das Rechnungs­hofgesetz 1948 geändert wird (768/A) (Zu 768/A)

Anfragen der Abgeordneten

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Milchproduktion nur noch von Kü­hen, welche mit gentechnikfreiem Futter gefüttert werden“ (3684/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Förderung von Glücksspiel durch die Republik Ös­terreich in Lienz (3685/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Förderung von Glücksspiel durch die Republik Österreich in Lienz (3686/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend Förderung von Glücksspiel durch die Republik Österreich in Lienz (3687/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Förderung von Glücksspiel durch die Republik Österreich in Lienz (3688/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend „Post stellte nicht zu: Patient ohne Medizin“ (3689/J)

Peter Haubner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend massive Probleme bei wichtigen Ausbildungsvorhaben von Salzburger Verbänden nach der Schließung des Truppenübungsplatzes AUALM (3690/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Kaprun – Klärung der Ursache (3691/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 17

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Kaprun – Klärung der Ursache (3692/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Wahrnehmungen und Berichte eines Staats­kommissärs und die Sinnhaftigkeit dieser Funktion (3693/J)

Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Schuldenmanagement der ÖBFA (3694/J)

Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Österreichische Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA) und Restrukturie­rungsgeschäfte a la Kommunalkredit? (3695/J)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Hausgeburten (3696/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Baumängel in der Justizanstalt Graz-Karlau (3697/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend öffentliche Desinformation durch Staatsanwälte (3698/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Kaprun – Klärung der Ursache (3699/J)

Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend vorzeitige Abberufung von Dr. Andreas Unterberger als Chefredakteur der „Wiener Zei­tung“ – Teil 2 (3700/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Gesamtkosten für die Umbenennung (3701/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Inseratenkampagne oder „Sed-Karte“ der Bundesministerin für Inneres? (3702/J)

Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend ärztliche Kunstfehler und deren überlange Verfahren vor Gericht (3703/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf die Sicherheitslage (3704/J)

Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ge­sundheit betreffend Pestizidbelastung von Kräutern und Gewürzen (3705/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesvertei­digung und Sport betreffend in Libyen entstandene Schäden an Instrumenten der Mili­tärmusik Tirol (3706/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Erlass vom 25.03.2008 (3707/J)

Dr. Gerhard Kurzmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäi­sche und internationale Angelegenheiten betreffend die Rehabilitierung von Verurteil­ten sowjetischer Militärgerichte nach 1945 (3708/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Fi­nanzen betreffend Einkaufskonditionen der Bundesbeschaffungs GmbH (3709/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Verbleib einer Festplatte aus dem Kabinett des ehemaligen Bundesminis­ters für Inneres Ernst Strasser (3710/J)


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Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend möglichen Afghanistaneinsatz des österrei­chischen Bundesheeres (3711/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend möglichen Afghanistaneinsatz des österreichischen Bundes­heeres (3712/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Quelle (3713/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend möglichen Afghanistaneinsatz von österreichischen Exekutivbeamten (3714/J)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft, Familie und Jugend betreffend die geplante Bodenaustauschdeponie (Schotter­grube) Unterperfuss (3715/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Sozialleistungen ausländischer Arbeitnehmer (3716/J)

Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend mögliche verbotene Preisabsprachen und Umgehung von Baukartellverfahren (3717/J)

Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend mögliche verbotene Preisabsprachen und Umge­hung von Baukartellverfahren (3718/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Entwicklung der Besucherzahlen in Schloss Hof/March­feldschlösser (3719/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Entwicklung der Besucherzahlen im Tiergarten Schön­brunn (3720/J)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Asylheim „Bürglkopf“ Fieberbrunn (3721/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Sicherheitsrisiko in der Justizanstalt Leoben (3722/J)

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Ausgaben für Personal in ausgelagerten Gesellschaften des BMF (3723/J)

Dr. Gerhard Kurzmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Ausschreitungen bei der Demonstration gegen die EU-Wahlkundgebung in Graz 2 (3724/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Erfolg des Assistenzeinsatzes an der österreichischen Grenze 2009 (3725/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 19

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Verwendung von Strafgeldern (3726/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend die Ausarbeitung von Gesetzentwürfen (3727/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend die Ausarbeitung von Gesetzentwürfen (3728/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Infrastrukturbenützungsabgabe (3729/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend offensichtlich geplante Privatisierung der Post (3730/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend „Geldzahlungen von ,Ratiopharm‘ an Ärzte – Korruption im Gesundheitswe­sen“ (3731/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und in­ternationale Angelegenheiten betreffend Verankerung eines Internationalen Gedenkta­ges gegen weibliche Genitalverstümmelung (3732/J)

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend das völlige Versagen Faymanns in der aktuellen EU-Politik (3733/J)

Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Herkunft der in Öster­reich geschlachteten Rinder, Schweine und Pferde (3734/J)

Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesund-heit betreffend 2010 – Beitragserhöhungen im Gesundheitsbereich (3735/J)

Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Biozide in Grünfutter­mitteln (3736/J)

Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Verhinderung von Dreharbeiten in Osttirol aufgrund restriktiver Visapolitik (3737/J)

Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Verhinderung von Dreharbeiten in Osttirol aufgrund restrik­tiver Visapolitik (3738/J)

Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend unzulässige Beeinflussung von Gerichtsverfahren durch Vertreter des Abwehr­amtes (3739/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Mehrwertsteuerbegünstigung für Pferde – Verfahren gegen Österreich (3740/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Spekulationsgewinne aus Aktienverkäufen – Graubereich Versteuerung (3741/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Mehrwertsteuerbegünstigung für Pferde – Verfahren gegen Österreich (3742/J)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend „Kosten von Asylverfahren“ (3743/J)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend völliges Versagen des Gesundheitsministers im Umgang mit der „Schweine­grippe“ (3744/J)

Zurückgezogen wurden die Anfragen der Abgeordneten

Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäi­sche und internationale Angelegenheiten betreffend jahrelange Nichtbeachtung der


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 20

Empfehlungen des Rechnungshofs in Zusammenhang mit „Frachtkosten bei Übersied­lungen“ (3168/J) (Zu 3168/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Europaregion (3574/J) (Zu 3574/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Euro­paregion (3575/J) (Zu 3575/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen (2975/AB zu 3012/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (2976/AB zu 3017/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (2977/AB zu 3018/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (2978/AB zu 3019/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (2979/AB zu 3020/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (2980/AB zu 3021/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (2981/AB zu 3022/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (2982/AB zu 3023/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (2983/AB zu 3024/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (2984/AB zu 3025/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen (2985/AB zu 3170/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Christian Höbart, Kolleginnen und Kollegen (2986/AB zu 3027/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Chris­tiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen (2987/AB zu 2974/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Chris­tiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen (2988/AB zu 2977/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen (2989/AB zu 2978/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 21

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Albert Stein­hauser, Kolleginnen und Kollegen (2990/AB zu 2979/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Albert Stein­hauser, Kolleginnen und Kollegen (2991/AB zu 2980/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Albert Stein­hauser, Kolleginnen und Kollegen (2992/AB zu 2981/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen (2993/AB zu 2998/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Ing. Christian Höbart, Kolleginnen und Kollegen (2994/AB zu 3034/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2995/AB zu 3059/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Kolleginnen und Kollegen (2996/AB zu 2989/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (2997/AB zu 2984/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (2998/AB zu 2985/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen (2999/AB zu 3087/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen (3000/AB zu 3089/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen (3001/AB zu 3090/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen (3002/AB zu 3183/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Jochen Pack, Kolleginnen und Kollegen (3003/AB zu 2988/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen (3004/AB zu 2993/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen (3005/AB zu 2982/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Albert Stein­hauser, Kolleginnen und Kollegen (3006/AB zu 2992/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen (3007/AB zu 2997/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Carmen Gartelgru­ber, Kolleginnen und Kollegen (3008/AB zu 3007/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 22

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen (3009/AB zu 3013/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Christian Hö­bart, Kolleginnen und Kollegen (3010/AB zu 3031/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3011/AB zu 3058/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen (3012/AB zu 3062/J)


09.06.03


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 23

Beginn der Sitzung: 9.06 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Fritz Neuge­bauer, Dritter Präsident Mag. Dr. Martin Graf.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Die Sitzung ist eröffnet.

Das Amtliche Protokoll der 44. Sitzung vom 12. November 2009 ist in der Parlaments­direktion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Muchitsch, Großruck und Praßl.

09.06.29Aktuelle Stunde

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

Österreich – Europas Schlusslicht beim Klimaschutz: Dringender Handlungsbedarf der Bundesregierung vor dem Kopenhagen-Gipfel“

Die Sitzung wird vom ORF bis 13 Uhr live übertragen.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig-Piesczek. 10 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


9.06.58

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Herr Präsident! Einen schönen guten Morgen, Herr Umweltminister! Geschätzte Kolleginnen und Kolleginnen – Kolle­ginnen und Kollegen! Das ist ein typischer Versprecher. Viele sagen: Liebe Österrei­cher und Österreicher! Ich sage halt einmal: Liebe Kolleginnen und Kolleginnen! (Bei­fall bei den Grünen.)

Herr Umweltminister Berlakovich, Sie könnten heute die Debatte etwas untypisch be­ginnen. Sie könnten nicht wie sonst immer bei diesen Diskussionen um Klimaschutz­versäumnisse der österreichischen Bundesregierung Zahlenwerke präsentieren, mit denen Sie die Situation beschönigen und Hoffnung zum Ausdruck bringen, dass es sich doch noch ausgeht, sondern Sie könnten heute ganz untypisch sagen: Ja, wir ha­ben es nicht geschafft! Ja, ich als Umweltminister habe versagt! – Das wäre einmal et­was ganz Neues! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Es wäre – wie ich meine – befreiend, nicht nur für uns Grüne, sondern für viele, die diese Diskussion seit Jahren beobachten.

Warum gibt es heute diese Aktuelle Stunde? – Ich meine, es ist jetzt amtlich genug, dass Österreich im Vergleich mit den EU-15 – das sind die Staaten, die sich seinerzeit verpflichtet haben, im Rahmen des Kyoto-Burden-Sharings bestimmte Ziele zu errei­chen – als einziges Land sein Kyoto-Ziel nicht erreichen wird. Das ist jetzt amtlich von der Europäischen Umweltagentur.

Es steht im krassen Widerspruch zu dem, was Sie und Ihre Amtsvorgänger in den letz­ten Jahren immer wieder gesagt haben: Österreich wird die ambitionierten Ziele errei­chen! – Das war noch Kollege Molterer, der jetzt sehr interessiert „Die Presse“ liest, der das gesagt hat.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 24

Es besteht überhaupt kein Grund, daran zu zweifeln, dass wir dieses Ziel erreichen werden! – Auch das war noch Kollege Molterer im Jahre 2000. Da brannte schon der Hut, um es so auszudrücken.

Dann sein Nachfolger, Kollege Pröll: „Wenn alle, die für die Umsetzung der Klimastra­tegie Verantwortung tragen, ihr Bestes geben“, dann werden wir das Ziel erreichen.

Ein paar Monate später: Selbstverständlich werden wir dieses Ziel erreichen. – So geht es weiter, bis vor ein paar Monaten.

Ich meine, es ist an der Zeit, einzugestehen, dass Sie es nicht erreicht haben, und die Frage der Konsequenzen politisch und finanziell einmal ordentlich und ehrlich zu disku­tieren.

Es gab einen Experten – Professor Schleicher von der Universität Graz –, der vor zwei Jahren sehr engagiert darauf hingewiesen hat, dass Österreich Milliarden an Zertifika­ten wird nachkaufen müssen, wenn das Ziel nicht erreicht wird.

Ihre Reaktion damals – das war die Reaktion von Umweltminister Pröll – war eine typi­sche ÖVP-Reaktion: Der Überbringer der schlechten Nachricht wird „geköpft“. Kollege Schleicher wurde als Experte, der fehl am Platz sei, bezeichnet, er wurde dann aus dem Klimabeirat „entfernt“ – in Anführungszeichen –, und er wurde öffentlich mit Aus­einandersetzungen bedacht, wie es jemand, der engagiert auf die Nichterreichung von Zielen hinweist, eigentlich nicht verdient.

Sie könnten auch diesbezüglich etwas Untypisches tun: Sie könnten sich bei Kollegem Schleicher entschuldigen, der Österreich vor Schaden bewahren wollte. (Beifall bei den Grünen.)

Wer wird jetzt für diese Milliarde Euro, die Österreich zusätzlich an Zertifikaten zukau­fen muss, geradestehen? Vielleicht hat die ÖVP in ihrer Parteikasse 1 Milliarde € üb­rig?! (Abg. Grillitsch: Wir sparen auf die Zweite, mit der Ersten sind wir nicht fertig ge­worden!) Wenn Sie sich die Namen der Personen anschauen, die in der Vergangenheit dafür verantwortlich waren, fällt Ihnen vielleicht etwas auf: Rauch-Kallat, Bartenstein, Molterer, Pröll, Berlakovich, Farnleitner, Mitterlehner. Was haben diese Personen ge­meinsam? – Sie sind alle von der ÖVP. Da nickt Kollege Grillitsch zufrieden! (Abg. Grillitsch: Sehr gute Leute!)

Diese Minister sind alle gemeinsam dafür verantwortlich, dass wir im Jahr 2012 1 Mil­liarde € an Strafzahlungen haben werden – und das zusätzlich zur angespannten Bud­getsituation, wo wir um jeden Kindergartenplatz und um jeden Studienplatz „bangen“ – in Anführungszeichen – müssen – und dass wir insgesamt fast 1,5 Milliarden € werden zahlen müssen.

Sie brauchen jetzt nicht so glücklich und zufrieden dreinzuschauen! (Abg. Amon: Sie schauen ja auch glücklich!) Es ist ein ÖVP-Versäumnis, zu dem Sie stehen sollten und woraus wir heute die Konsequenzen ziehen wollen. Für uns ist das eine ganz klare Konsequenz: Der ÖVP muss man das Umweltministerium und die Energiekompetenz wegnehmen! (Beifall bei den Grünen. – Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.)

Der ÖVP-Vizekanzler spricht so gerne von Leistungsträgern, Leistungsbilanz und Leistungsverantwortlichen. – Die ÖVP-Bilanz im Klimaschutz ist desaströs und ver­heerend. Sie müssen für diese 1,5 Milliarden € dem Steuerzahler erklären, warum Sie es all die letzten Jahre nicht geschafft haben, was alle anderen EU-15 sehr wohl ge­schafft haben! Kommen Sie nicht mit dem Argument, unsere Ziele wären zu hoch ge­steckt! – Das ist die typische Ausrede.

Reden wir einmal kurz darüber  das ist die Ausrede Nummer eins –: Österreich hat sich so ein hohes Ziel gesetzt, nämlich minus 13 Prozent. – Die EU-15 schaffen mehr als Ihre 8 Prozent, die EU-15 schaffen nämlich gemeinsam minus 13 Prozent. (Ruf bei der ÖVP: Von welcher Basis?)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 25

Sie brauchen sich nicht auf den Errungenschaften der fünfziger und sechziger Jahre, auf den Wasserkraftbauten et cetera auszuruhen und auf der Staumauer zu sitzen und den Kopf in das Wasser zu stecken (Zwischenruf des Abg. Wöginger), sondern Sie sollten ein bisschen in die Zukunft schauen und jetzt den Klimaschutz ernst nehmen! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Hornek: Die Wasserkraft habt ihr verhindert!)

Ich weiß nicht, warum Sie sich so aufregen! Die Bilanz ist einfach ernüchternd und ver­heerend. Und das ist nicht die einzige schlechte Umweltschutzbilanz: permanente Missachtung von europäischen Gesetzen, von Feinstaubrichtlinien zum Beispiel, Luft­belastung. Das Versagen in der Luftbelastung ist im Übrigen auch gerade für Kinder extrem belastend. (Abg. Hornek: Sagen Sie etwas zur Wasserkraft!)

Sie haben es in diesen 20 Jahren ÖVP-Umweltpolitik tatsächlich geschafft, ein Land mit einem sehr hohen Umweltbewusstsein vom Vorreiter-Musterland zur Schlusslicht-Laterne Europas zu machen. Das ist ÖVP-Umweltpolitik gewesen. (Beifall bei den Grünen.)

Offensichtlich regt es Sie schon selbst sehr auf! Sie sind Bürgermeister, Herr Kollege Hornek, und Sie wissen auch sehr genau, wie viele Möglichkeiten es gerade in Zeiten wie Wirtschaftskrise und hoher Arbeitslosigkeit gäbe, im Bereich Klimaschutz neue Ar­beitsplätze zu schaffen. (Abg. Grillitsch: Ausbau der Wasserkraft!) Das ist ein Ver­säumnis, das insbesondere jetzt und heute besonders anzukreiden ist, weil viele Men­schen nächstes Jahr keinen Arbeitsplatz mehr haben werden. Wenn Sie das Geld, das wir jetzt ins Ausland für Zertifikate abfließen lassen, in Österreich für Öko-Arbeitsplätze investiert hätten, dann hätten wir einerseits eine positivere Bilanz, hätten zweitens zu­kunftssichere Arbeitsplätze im Land und müssten uns drittens nicht mit einem EU-Ver­fahren herumschlagen. (Abg. Grillitsch: Wann beenden Sie den Widerstand gegen die Wasserkraft?)

Kollege Grillitsch möchte gerne über die Wasserkraft reden, das können wir auch noch tun. Sie vonseiten der ÖVP sollten endlich den Widerstand gegen den Klimaschutz be­enden! Das ist der Punkt. (Beifall bei den Grünen.)

Wir stehen vor einer der größten und wichtigsten internationalen Konferenzen, die die Zukunft nicht nur Österreichs und Europas, sondern weltweit angeht. Herr Minister Ber­lakovich, Sie haben letzte Woche gemeint, es ist wahrscheinlich nicht notwendig, dass der Bundeskanzler nach Kopenhagen fährt. Ich kann das jetzt nur so deuten, dass Sie immer noch nicht die Wichtigkeit dieser Konferenz erkannt haben. Es geht hier um ein sehr kurzes Zeitfenster: Bis zum Jahr 2015 muss die Trendwende geschafft sein, sonst haben wir irreversible Auswirkungen auf das Ökosystem weltweit, aber vor allem auch auf Österreich. Wenn Sie glauben, dass der Klimawandel in Österreich keine auch wirt­schaftlich extrem nachteiligen Folgen haben wird, dann sind Sie nicht genug aufgeklärt.

Wir sind extrem verletzlich mit unserer alpinen Situation. Ich persönlich möchte, dass meine Kinder und Enkelkinder auch noch Gletscher sehen können, dass sie auch noch diese Schönheit erleben können, und ich persönlich möchte auch, dass Sie sich einer internationalen Verantwortung bewusst sind, die wir gegenüber anderen Ländern ha­ben, nämlich vor allem Entwicklungs- und Schwellenländern, die bei Weitem noch nicht den gleichen Lebensstandard haben, aber sehr viel stärker von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sein werden.

Die Pressekonferenz der maledivischen Regierung im Tauchanzug, die darauf hin­weist, dass ihr das Wasser schon buchstäblich mehr als bis zum Hals steht, sollte Ih­nen auch nicht entgangen sein. Da geht es auch um eine internationale Verantwortung.

Es ist eine der wichtigsten Konferenzen. Österreich fährt mit leeren Händen hin. Öster­reich ist das einzige Land, das es nicht geschafft hat, seine Klimaziele zu erreichen und wird mindestens 1,5 Milliarden € an Strafzahlungen leisten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 26

Herr Umweltminister, für uns ist das ein Punkt, an dem wir sagen: Die ÖVP darf in die­sem Bereich nicht mehr weitermachen! Wir brauchen ein unabhängiges Ressort. Wir brauchen jemanden, der das ernst nimmt, der ernsthaft Engagement zeigt und der sich nicht von Industriellenvereinigung und Wirtschaftskammer über Jahre hinweg die Eisen­kugeln anhängen lässt und damit verantwortungslos unsere Zukunft verspielt. (Beifall bei den Grünen.)

9.16


Präsident Fritz Neugebauer: Zu einer einleitenden Stellungnahme gelangt Herr Bun­desminister Dipl.-Ing. Berlakovich zu Wort. Herr Bundesminister, Ihre Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte.

 


9.16.26

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Eine Zeitung schreibt heute: Kühle Brise zwi­schen Obama und Hu Jintao. – Zwei Stunden haben die mächtigsten Männer der Welt ohne Ergebnis verhandelt. Es ging dabei um die Wirtschafts- und Finanzbeziehungen zwischen den USA und China. (Abg. Dr. Pirklhuber: Jetzt sind alle anderen schuld!) Es ging um die Menschenrechte in China, aber es ging auch um den Klimaschutz. (Ruf bei den Grünen: Aber Sie sind ja weder Obama noch Hu Jintao!)

Daran sieht man die Wichtigkeit und die Bedeutung des Themas, wenn die zwei größ­ten Emittenten der Welt – die USA und China – nicht auf einen gemeinsamen Weg fin­den – und das 18 Tage vor dem Kopenhagen-Gipfel. Es handelt sich um eine schwie­rige Situation. Auch das Ringen jedes einzelnen Staates, auch Österreichs zeigt, wie schwierig es ist, derartige Ziele zu erreichen.

Weiters möchte ich bemerken – und damit komme ich zum Thema des Kyoto-Proto­kolls –, dass weder die USA noch China Verpflichtungen aus dem Kyoto-Protokoll ha­ben. Sie sind nie Verpflichtungen eingegangen. Wir Österreicher und ein paar wenige Staaten der Welt haben das getan. – Das nur, um das Bild so zurechtzurücken, wie es wirklich ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Tatsache ist, dass die Europäische Umweltagentur diesen Bericht geliefert hat. Er ist unerfreulich. Das ist aber nicht überraschend. Wir haben immer gesagt, dass die Ziele, die Österreich eingegangen ist, sehr ambitioniert sind und dass wir diese nicht erreicht haben. (Abg. Dr. Moser: Ja, eh nicht!) Es hat niemand versucht, diese Ziele zu be­schönigen, sondern klar ist, dass wir sie um 11 Prozent überschreiten – also mehr emittieren, als vorgesehen wäre – und dass wir, wenn wir alles inklusive des Emis­sionszertifikatehandels und so weiter berücksichtigen, um zirka 8 Millionen Tonnen CO2 über unserem Ziel liegen.

Manche sagen in der Situation, Österreich habe ehrliche Zahlen geliefert, und wundern sich darüber. Im Gegensatz zu anderen europäischen Staaten hätten wir ehrliche Zah­len geliefert. Ich stehe auch dazu. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Die anderen ha­ben unehrliche Zahlen geliefert?!) Es hat keinen Sinn, wenn wir irgendetwas beschöni­gen oder spekulieren. Die Europäische Union hat sich nämlich in ihrem Bericht – falls Sie ihn gelesen haben! – darüber gewundert, dass Österreich ehrliche Wirtschaftsent­wicklungen annimmt. Das ist aber in Ordnung so. (Beifall bei der ÖVP.)

Was wäre, wenn wir etwas beschönigt hätten und in zehn Monaten käme dann die Wahrheit zutage und die Situation wäre eine ganz andere? – Dann wären wir beim Kir­schenstehlen ertappt, und das tun wir nicht. (Abg. Dr. Pirklhuber: Was haben Sie für ein Verständnis von Politik?)

Zu Ihrer Beruhigung, weil Sie sich hier riesig aufregen: Es beschönigt niemand etwas, und es hält jeder fest, dass wir die Ziele nicht erreichen. Das ist ja so.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 27

Man muss aber auch sagen, wie die Situation ist. Die osteuropäischen Staaten und auch Deutschland haben einfach aus der politischen Entwicklung die Situation gehabt, dass die Schwerindustrie, die Stahlindustrie und die Kohleindustrie zusammengebro­chen sind und sie deswegen ihre Ziele erreichen. Das ist Faktum. (Abg. Dr. Glawisch­nig-Piesczek: Das stimmt ja schon lange nicht mehr!) Faktum ist auch, dass Frank­reich die Ziele erreicht, weil es massiv auf Kernenergie setzt, was wir nicht tun und auch nicht wollen. Und Tatsache ist ferner, ohne etwas zu beschönigen, dass wir – Ös­terreich – im Durchschnitt der Emissionen aller europäischer Staaten liegen.

Ich darf Ihnen diese Tafel zum Vergleich zeigen (der Redner zeigt eine Graphik mit der Aufschrift „Treibhausgasemissionen/Kopf in Europa“): Da sind die Pro-Kopf-Emis­sionen aller 27 EU-Staaten ersichtlich (Abg. Neubauer: Wir sind Letzte!) – ja, das ist die Zielerreichung! –, nämlich was ein Bürger in Österreich pro Kopf emittiert. Hier se­hen Sie Lettland, dann Luxemburg mit 26 Tonnen pro Kopf.

Österreich emittiert 10,6 Tonnen pro Kopf und Jahr, Deutschland 11,6 und Polen 10,5. Österreich liegt also im Durchschnitt der europäischen Länder, was die Pro-Kopf-Emis­sionen anlangt. (Beifall des Abg. Dr. Bartenstein.) Ich sage das, ohne etwas beschöni­gen zu wollen, aber dass Sie hier den Untergang des Abendlandes prophezeien und sagen, das Umweltmusterland Österreich werde zu Grabe getragen, das stimmt ein­fach nicht, ist nicht wahr. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist bedauerlich, dass Sie hier Horrorszenarien zeichnen, die so nicht eintreten, und damit die Bemühungen weiter Teile der Bevölkerung in Österreich zunichte machen.

Es ist richtig – noch einmal: ohne Beschönigung –, wir müssen uns hier mehr anstren­gen. Es ist erfreulich, dass wir im Zuständigkeitsbereich meiner Person und der Um­weltminister vor mir, die Sie erwähnt haben, die alle von der ÖVP gewesen sind, die Klimaschutzziele erreichen. Wir erreichen heute die Kyoto-Ziele in der Landwirtschaft, wir erreichen heute die Kyoto-Ziele in der Abfallwirtschaft, und wir erreichen heute die Kyoto-Ziele bei den fluorierten Gasen. Faktum, ist nachweisbar. Also in unserem Zu­ständigkeitsbereich schaffen wir es. Wir erreichen die Ziele in anderen Bereichen nicht.

Sie wissen ganz genau, dass der Verkehr einer der Hauptemittenten ist. Dieser trägt in etwa zu 30 Prozent der Treibhausgasemissionen in Österreich bei und hat eine enorm steigende Tendenz: Von 1990 bis heute gab es hier eine Steigerung um 73 Prozent. In diesem Bereich ist zu wenig passiert, aber das ist nicht die Zuständigkeit des Umwelt­ministers. Es war ja bisher immer das Problem in der ganzen Debatte, dass der Um­weltminister dafür herhalten muss, dass andere im Staate, im Bund, aber auch in den Ländern zu wenig gemacht haben. Das ist eindeutig. Hier ist es absolut notwendig, dass es zu einer nationalen Kraftanstrengung kommt, um diese Ziele noch zu errei­chen. Und es sind hier alle gefordert: im Bund, in den Ländern, überall, wo es Möglich­keiten dazu gibt, bis hin zum Bürger, der weitaus – das muss man wirklich sagen – bereiter ist, für den Klimaschutz etwas zu tun als manche andere Institutionen.

Tatsache ist auch, dass wir, die österreichische Bundesregierung, im Jahr 2007 eine Klimastrategie mit einer Reihe von Maßnahmen beschlossen haben. Da sind alle Maß­nahmen aufgelistet, was die Umweltminister, die vor mir in Funktion waren, damals ge­macht haben. Das ist ein riesiger Maßnahmenkatalog für alle Sektoren in Österreich. Es liegt alles vor, nur: Tatsache ist, dass diese Maßnahmen in vielen Sektoren nicht umgesetzt wurden. Der Verkehr sei hier nochmals erwähnt.

Wenn die ÖBB heute sagen, dass sie den gesamten Gütertransport von der Schiene auf die Straße verlagern wollen und damit in etwa 14 000 Lkw mehr auf der Straße fah­ren werden, dann ist das eindeutig eine Niederlage für den Klimaschutz und unterstützt unsere Ziele nicht. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Pirklhuber: Wer ist denn in der Re­gierung?)


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Es hat schon mein Amtsvorgänger Josef Pröll bei der Erreichung eines Bundesklima­schutzgesetzes zu kämpfen gehabt. Hier sind alle, wie gesagt, gefordert, und wir ver­handeln das seit Monaten. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Seit Jahren verhandeln Sie das! Wie lange brauchen Sie noch?) Und ich nutze die Gelegenheit hier, an die Be­reitschaft aller zu appellieren, bei diesem Klimaschutzgesetz mitzutun. Da müssen Rechte und Pflichten verteilt werden, weil es aufgrund der Verfassung eben unter­schiedliche Zuständigkeiten für den Verkehr, für die Raumwärme, für die Industrie und verschiedene andere Sektoren gibt. Ich hoffe, dass jetzt dieser Bericht alle dazu bringt, dass wir dieses Klimaschutzgesetz beschließen. Meiner Meinung nach eines der wich­tigsten, wenn nicht das wichtigste Projekt dieser Bundesregierung, weil es darum geht, Lebensqualität heute und vor allem für kommende Generationen abzusichern. (Beifall bei der ÖVP.)

Tatsache ist auch, dass ja niemand sagt: Wir nehmen jetzt diesen Bericht zur Kenntnis und tun nichts. Klar ist, dass wir kämpfen müssen, dass der Kampf noch nicht vorbei ist. Abgepfiffen wird zum Schluss, wenn das Match zu Ende ist, und der Kampf um Kli­maschutz in Österreich ist noch nicht zu Ende, auch nicht 2012, sondern geht mit Si­cherheit weiter, und wir müssen uns jetzt auch noch, ab heute anstrengen. Dazu rufe ich alle auf, die hier bereit sind, ihren Beitrag zu leisten, damit wir eben nicht dann, wenn die Kyoto-Periode 2012 zu Ende geht, Zahlungen zu leisten haben.

Wenn hier Horrorszenarien von 1,5 Milliarden € gezeichnet werden: Sie wissen ganz genau, das ist doch reine Spekulation! (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das sind kei­ne Horrorszenarien!) Sie wissen nicht, wie hoch 2012 die Emissionen sein werden, Sie wissen nicht, wie viel die Tonne CO2 dann kostet. Sie verbreiten hier Horrorzahlen, die so nicht stimmen, und ich weiß nicht, warum Sie das tun. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das sind keine Horrorzahlen!) Ihnen geht es offensichtlich nur um Funktionen irgendwelcher Minister und nicht um die konkrete Arbeit.

Tatsache ist – und deswegen brauchen wir ein Klimaschutzgesetz, und deswegen müssen wir Anstrengungen unternehmen –, dass mein Ziel ist, und das muss unser al­ler Ziel werden, dass wir bis zum Jahr 2012 noch möglichst viel Treibhausgase redu­zieren, damit wir dann keine Emissionszertifikate zukaufen müssen. Daher gilt es, sich ab heute sofort anzustrengen. Das sei an die Adresse all jener gesagt, die bisher in Österreich zum Klimaschutz noch nichts beigetragen haben.

Weil Sie hier sagen, dass Umweltmusterland Österreich werde hier sozusagen zu Gra­be getragen, gibt es nicht mehr, darf ich schon ein paar Beispiele erwähnen, wo wir da­rauf stolz sein können, was wir in der Umweltschutzpolitik erreicht haben:

Wir verwenden zum Beispiel nach wie vor keine Atomenergie, keine Kernenergie, und da gibt es genug, die sagen, wir sollten das auch in Österreich tun – machen wir nicht! (Abg. Dr. Pirklhuber: Wer sagt, dass wir das tun sollen?)

Zweiter Punkt: Österreich ist als einer der wenigen Staaten in Europa und in der Welt gentechnikfrei im Anbau, und wir kämpfen darum, dass wir gentechnikfrei im Anbau bleiben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Nächste Punkte: Österreich belegt den ersten Platz bei der biologischen Landwirtschaft mit einer Fläche von 17,5 Prozent. 90 Prozent der agrarischen Fläche werden umwelt­freundlich bewirtschaftet. Wir haben einen Spitzenplatz in Europa bei der Abwasserent­sorgung, bei der Kanalisation – und haben damit Trinkwasserqualität unserer Seen. Wir nehmen bei der Beimischung von Biokraftstoffen in Europa den dritten Platz ein und bei der Verwendung von erneuerbaren Energieträgern den vierten Platz in Europa.

Also so schlecht ist Österreich im Umweltbereich nicht aufgestellt. Mir geht es, noch einmal, nicht darum, etwas zu beschönigen, sondern darum, die Leistungen meiner


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Vorgänger und vieler Frauen und Männer, die im Umweltschutz erfolgreich waren, zu würdigen – was es wiegt, das hat’s – und vor die Bühne zu bitten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Tatsache ist auch, dass der Klimawandel und der Klimaschutz eine Riesenchance und keine Belastung sind (Abg. Mag. Brunner: Aber da muss man etwas tun!), und darum geht es mir, seit ich Minister bin, das darzustellen, nämlich dass wir sogar Ökonomie und Ökologie vereinbaren können. Und ich bin stolz darauf, dass mir das beim Umwelt­verträglichkeitsprüfungsgesetz gelungen ist, einer extrem sensiblen Materie, wo es mir darum gegangen ist, Ökonomie und Ökologie in Ausgleich zu bringen und zu sagen, ja, wir wollen die Wasserkraft als einen erneuerbaren Energieträger nutzen, aber gleich­zeitig auch die Bürgerrechte wahren, Natur- und Umweltschutz und Wasserschutz wahren. Das ist gelungen, auch dank Ihres Beschlusses dann im Nationalrat. So ver­stehe ich Klimaschutzpolitik und Umweltpolitik in Verbindung mit Ökologie und Ökono­mie. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir arbeiten mit Hochdruck nicht nur am Klimaschutz in Österreich, sondern beispiels­weise auch an der Energiestrategie für Österreich, Kollege Mitterlehner und ich, wie wir das erste Zwischenziel 34 Prozent erneuerbare Energie in Österreich bis 2020 errei­chen. Hier sind wir auf einem guten Weg, wir werden das präsentieren, und das ist un­ser Beitrag zum Klimaschutz in Österreich.

Ich bin im Übrigen dafür, ein energieautarkes Österreich zu haben, dass wir sämtliche Energie im eigenen Land erzeugen. Ich weiß, dass das nicht von heute auf morgen geht, aber es ist eine Perspektive, die wir haben, die uns in Österreich Green Jobs schafft, gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Und ich trete an, diese Perspektive zu nutzen.

Zu Kopenhagen. Der Unterschied zu den USA ist: Die USA haben bisher noch keiner­lei Verpflichtungen – Österreich hat diese Verpflichtungen, und Österreich wird das Ky­oto-Protokoll, so gut es geht, einhalten und erfüllen. Pacta sunt servanda! Wir sind ein­gebunden im europäischen Kreis der Staaten und haben als einzige Region der Welt ein Angebot für Kopenhagen, nämlich dass wir bis 2020 Treibhausgase reduzieren und mehr erneuerbare Energie erzeugen. Andere Regionen der Welt tun das nicht.

Ich hoffe, und darum kämpfe ich auch mit meinen Kollegen in Kopenhagen, dass wir ein Weltklimaschutzabkommen erreichen, wo auch Österreich seinen Teil dazu bei­trägt. Daher rufe ich Sie hier im Hohen Haus auf, ja fordere Sie auf, dass wir gemein­sam in einem Schulterschluss für den Klimaschutz kämpfen und uns nicht gegenseitig anagitieren, dass wir gemeinsam und geschlossen auftreten, um in Kopenhagen einen Erfolg zu haben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

9.28


Präsident Fritz Neugebauer: Die Redezeit aller weiteren Redner in der Aktuellen Stunde beträgt je 5 Minuten.

Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte.

 


9.28.47

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben diese Erde, auf der wir wohnen, nur ein Mal, und wir le­ben nicht in der Generalprobe, sondern im Ernst, und es gibt auch keinen Reset-Knopf, um neu starten zu können. Darum ist eine engagierte Klimapolitik auf jeden Fall not­wendig, und das natürlich auch – ich möchte dort anschließen, wo Sie aufgehört ha­ben, Herr Minister – auf europäischer Ebene. Ich glaube, dass wir die letzten paar Ta­ge, die wir noch haben, bis die COP in Kopenhagen beginnt, alles unternehmen müs­sen, dass wir wirklich zu einem verbindlichen, einem rechtsverbindlichen Vertrag kom-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 30

men und nicht zu politischen Absichtserklärungen und nicht zu einem prinzipiellen Zeit­rahmen. So weit waren wir in Bali vor zwei Jahren schon einmal, und wir haben einfach keine Zeit mehr zu verlieren.

Wir haben wirklich Nägel mit Köpfen zu machen. Wir haben darauf zu schauen, dass wir die Treibhausgase senken. Ja, das wird Geld kosten, aber nur dann werden wir es schaffen, den Temperaturanstieg im Schnitt auf zwei Grad Celsius zu beschränken, nur dann werden wir nicht mit Auswirkungen zu kämpfen haben, von denen wir jetzt noch gar nicht träumen können, glaube ich. Wenn wir jetzt nichts tun, wird sich am En­de dieses Jahrhunderts möglicherweise das, was wir momentan als Krise bezeichnen, in der Relation als „Krislein“ herausstellen.

Ich möchte jetzt aber zu Österreich kommen und möchte einerseits über die Frage von Seriosität und andererseits über die Frage von aktiver Klimapolitik sprechen. Lassen Sie mich mit dem beginnen, was nicht seriös ist!

Ich zitiere eine Presseaussendung vom 3. November, und zwar vom Abgeordneten Hofer von der FPÖ:

„Der geplanten Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen in der Höhe von 35 Milliar­den € für Entwicklungsländer steht der freiheitliche Umweltsprecher NAbg. Norbert Ho­fer sehr ablehnend gegenüber und spricht in diesem Zusammenhang schlichtweg von Wahnsinn (...).“

Lassen Sie mich auch das BZÖ zitieren; am 9. November Klubobmann Bucher:

„Schwere Kritik übt Bucher aber an den Plänen der europäischen Staaten, den Ent­wicklungsländern jährlich 100 Milliarden € für Klimaschutzmaßnahmen zu überweisen. (...) Das ist inakzeptabel.“

(Abg. Scheibner: Haben Sie nichts selber zum Sagen, müssen Sie da jetzt vorlesen?)

Am 4. November hat hier in diesem Saal eine Veranstaltung zum Thema Klimaschutz stattgefunden. Im Zuge dessen ist ein Antrag im Umweltausschuss eingebracht wor­den, am Nachmittag desselben Tages, wo genau jener Punkt enthalten ist, nämlich dass man einen internationalen Lastenausgleich betreibt und dass die Länder, die den Klimawandel verursacht haben, jenen Ländern, die jetzt am meisten darunter leiden, fi­nanziell unter die Arme greifen, was Anpassungsmaßnahmen betrifft.

Die Abgeordneten von BZÖ und FPÖ stehen hier und sagen, ja, natürlich, die Anlie­gen der jungen Menschen sind uns total wichtig, natürlich stimmen wir diesen Anträgen zu – und tun das am Nachmittag in der Tat auch und stimmen damit genau dem zu, was die FPÖ am Vortag als „Wahnsinn“ bezeichnet hat und das BZÖ – die brauchen immer ein bisschen länger – eine Woche später als „inakzeptabel“ bezeichnen wird. (Rufe bei der SPÖ: Hört! Hört!)

Ich bin Ihnen wirklich dankbar für diese unglaubliche Vorführung, wie wenig ernst Sie zum Ersten junge Menschen nehmen (Abg. Scheibner: Hauptsache Sie!), wie wenig ernst Sie wirklich Inhalte nehmen. Es geht Ihnen nicht um Inhalte, Sie haben überhaupt keine Inhalte, es geht Ihnen immer nur rein um Populismus. Dieses peinliche Schau­spiel entlarvt Sie, das ist wunderbar. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Einzige, was Sie in der Lage sind zu tun, ist, Menschen gegeneinander auszuspie­len, sei es in Österreich oder sei es auf internationaler Ebene, im globalen Kontext. Sonst können Sie nichts! Dann werfen Sie ein paar neurolinguistische Nebelgranaten hinterher, vermixen ein paar Begriffe, verwechseln JI/CDM mit internationalen Maßnahmen und Entwicklungspolitik und glauben, es merkt niemand. (Ruf bei der FPÖ: Wir werfen keine Granaten!)


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Was Sie tun, ist, die Leute für dumm zu verkaufen. Aber die Leute sind nicht dumm! Die Leute wissen, was Sie tun. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Ih­re Reaktion zeigt, wie recht ich mit meiner Analyse habe. Ich bin Ihnen wirklich, wirklich dankbar. – So weit zur Seriosität.

Zur Frage der aktiven Klimapolitik. Wir von der SPÖ bekennen uns natürlich zu einem internationalen Lastenausgleich und dazu, dass die Verursacher auch bei der Bewälti­gung der Schäden mitzahlen. Natürlich bekennen wir uns dazu, dass es ein Bundeskli­maschutzgesetz geben muss, aber bitte eines, das nicht den Auftrag zur Diskussion er­teilt, sondern eines, wo es einen klaren Zeitplan, klare Maßnahmen und eine klare Rol­lenverteilung zwischen Bund, Ministerien, Ländern, Gemeinden und anderen gibt und das nicht wieder alles auf die lange Bank schiebt.

Wir brauchen dringendst ein Energieeffizienzgesetz. Das Sparen von Energie ist un­ser größtes potentielles Kraftwerk, das wir haben. Wir brauchen endlich ein neues Ökostromgesetz, das die Technologien fördert, und wir brauchen eine Senkung von Treibhausgasen hier im Inland mit vielfältigen Maßnahmen. Das schafft Arbeit, das schafft Wertschöpfung, das hebt die Lebensqualität, und es hilft uns wirklich, hier unse­re Treibhausgase zu senken.

Abschließend: Herr Umweltminister, ich würde mir erwarten, dass Sie dem nachkom­men, was wir in der Koalitionsvereinbarung festgeschrieben haben, nämlich dass es mehr Geld geben soll für die Förderung der sehr vielen Anträge in Sachen Klima­schutz, Geld, um diesen Rucksack an Anträgen abzubauen, Geld, um Maßnahmen in Österreich zu setzen, und ich würde Sie bitten, dieses Geld endlich vom Finanzminister lockerzumachen. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

9.34


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Schultes. – Bitte.

 


9.34.41

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzter Herr Bundesminister! Geschätztes Hohes Haus! Wir alle miteinander disku­tieren engagiert das Thema Kopenhagen und haben dabei die große Hoffnung, dass die Regierungschefs dieser Welt zu einem gemeinsamen Ergebnis kommen, dass letztendlich unsere Anstrengungen zu einem sinnvollen Ergebnis führen. Denn wenn wir uns alleine anstrengen und sonst niemand etwas tut, dann – und das wissen wir ganz genau – werden wir diese Erde nicht retten können.

Für uns ist es wichtig, dass wir das, was wir tun, ernsthaft machen und so zu guten Er­gebnissen kommen. Vor Jahren hat Umweltminister Martin Bartenstein, 1990, für Ös­terreich ein Ziel von 13 Prozent Reduktion akzeptiert – zu einer Zeit, als viele, die da­mals in diesem Hohen Haus gesessen sind, gesagt haben, diese Zahlen sind ein abso­luter Wahnsinn, das geht doch nicht, das werden wir nie erreichen. Mag sein, einige davon haben vielleicht recht gehabt, es ist nicht gelungen, das Ziel zu erreichen, aber es ist gelungen, damit wichtige Entwicklungen auszulösen und in Gang zu setzen. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Die anderen haben 13 Prozent geschafft, übererfüllt!)

Wir haben seither in vielen Bereichen die Ziele, die wir uns gesetzt haben, erreicht. Die gemachten Vorgaben wurden von der Industrie erfüllt, das wissen Sie. Die Vorgaben wurden von der Energiewirtschaft erfüllt, soweit das möglich war. Die Landwirtschaft hat die Ziele erreicht. Wir wissen, dass die Abfallwirtschaft die Ziele erreicht hat.

Wenn wir uns jetzt die ressortmäßige Zuordnung anschauen, liebe Frau Glawischnig: Sie wissen ganz genau, dass die Ressorts, die erfolgreich waren, jene Ressorts waren, wo Umweltminister der Österreichischen Volkspartei das Sagen gehabt haben. Geben Sie es zu! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei den Grünen.)


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Wir wissen heute, dass wir diese Themen viel ernster betrachten müssen als vielleicht vor 15 oder 20 Jahren, weil wir wissen, dass die Vorhersagen der Auswirkungen tat­sächlich eintreffen könnten. Die Vorhersagen werden immer mehr ernst genommen, und daher sind sie für mich und für viele andere Menschen bindend.

Wir wissen aber auch, dass es unendlich teuer ist, das Klima zu verändern, denn wir tun es dadurch, dass wir Öl kaufen, Gas kaufen, Kohle kaufen, Brennstoffe kaufen, aus Ländern, von denen wir relativ wenig Freundschaft erwarten können. Oder glauben Sie, dass uns Kasachstan helfen wird, wenn wir ein Arbeitsplatzproblem haben? – Nein, das ist nicht der Fall. Und daher ist der wichtige zweite Aspekt unserer Bemühun­gen: weg vom Öl, weg von der Kohle, weg vom Gas hin zu den erneuerbaren Energie­quellen. Vergessen wir die Energieträger, die man nur einmal anbrennen kann und die dann für immer verloren sind! Wenden wir uns den Energiequellen zu, die wiederkeh­ren! (Abg. Mag. Brunner: Sie beschließen ein Ökostrom-Verhinderungsgesetz!)

Und da sind wir bei einem Punkt angelangt, bei dem es sehr spannend wird, wo es nämlich um die Frage geht: Wer hat uns beim Ausbau der Wasserkraft geholfen? – Al­so die Grünen waren es ganz sicher nicht. (Beifall bei der ÖVP.)

Liebe Frau Glawischnig, reden wir da nicht herum: Wenn es ein Projekt gibt, dann steht sicher ein Grüner dort, der sagt: Aufhören, aufhören, aufhören!, und nicht: Jawohl, das Projekt wollen wir, wir wollen mithelfen, dass es zustande kommt! (Abg. Dr. Glawisch­nig-Piesczek: Sie verhindern neue Kraftwerke! Wir kämpfen für neue Kraftwerke! Sie verhindern sie!) Die Parlamentsgrünen wissen ganz genau, was sie wollen: Sie wollen ein Spektakel, aber nicht die Lösung! (Beifall bei der ÖVP.)

Nächstes Thema. Wir wissen, dass wir das größte Problem mit dem Verkehr haben. Was hat im Verkehr eine echte wirksame Verbesserung gebracht? Das waren Biosprit und Biodiesel. Wir haben damit rund 1,5 Millionen Tonnen CO2 in diesem Bereich ein­gespart. Wer ist dagegen? – Natürlich die Grünen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhu­ber.) Wer ist dagegen? – Auch die Konsumentenschützer. Das ist eine Frage, die wir in Österreich diskutieren müssen, wenn wir hier weiterkommen wollen, denn ich meine, man muss auch positive Ergebnisse gelten lassen.

Ein anderer Bereich: Ökostromgesetz. Wer ist dagegen? – Die Konsumentenschützer bis hinauf nach Brüssel. Haben uns die Grünen dabei geholfen? – Nein, sie haben nur Forderungen gestellt, die jenseits der Wirklichkeit sind. (Abg. Mag. Brunner: Sie ma­chen ein Ökostrom-Verhinderungsgesetz!)

Wenn man sich die Gegebenheiten in der Realität anschaut, muss ich sagen, wir ha­ben genug Möglichkeiten beim Einsparen, wir haben genug Möglichkeiten in der Ver­sorgung, und vor allem haben wir genug Möglichkeiten, mit dem Ausbau erneuerbarer Energieträger in Österreich nachhaltig und dauerhaft Arbeitsplätze zu schaffen und si­cherzustellen, dass das Geld, das dafür ausgegeben wird, unseren Menschen in Öster­reich zugute kommt.

Können Sie sich vorstellen, was bei einer Heizkessel-Aktion, die im Hintergrund von der OMV finanziert worden ist, im letzten Jahr abgegangen ist?

Über 800 000 Menschen haben noch Heizkessel, die Öl verbrennen, im Keller. 5 700 Heiz­kessel wurden mit einer Förderung von 1 000 € getauscht, die aus der Ölwirtschaft fi­nanziert wurde. Damit hat man 5 700 Haushalte auf die nächsten 15 Jahre an die Öl­wirtschaft angehängt! (Zwischenruf der Abg. Mag. Brunner.) Das Öl, das dort ver­brannt wird, wird uns zwischen 13 und 14 Millionen € an Strafzahlung kosten. Da frage ich Sie: Wo sind die Konsumentenschützer, wo sind die Grünen, um das aufzuzeigen? (Abg. Dr. Pirklhuber: Ändern, nicht jammern!) Wir haben noch genug Arbeit für die Welt, aber noch mehr für Österreich. (Beifall bei der ÖVP.)

9.40



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 33

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Hofer. – Bitte.

 


9.40.28

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Bayr, das hat Sie also wirklich bewegt, dass ich die­sem Antrag, der im Zuge der Veranstaltung „Jugend.Klima.Parlament“ im Umweltaus­schuss eingebracht worden ist, zugestimmt habe. (Zwischenruf der Abg. Bayr.) Ich ha­be Ihnen im Ausschuss schon erklärt, warum ich zugestimmt habe, aber Sie haben es nicht verstanden, Sie haben wieder Ihre Erregung öffentlich dargelegt.

Noch einmal, Frau Kollegin Bayr: Sie gehören einer Partei an, der SPÖ (Abg. Bayr: Ein-35-Millionen-€-Spagat! Gratuliere!), die, glaube ich, den Chef der OMV stellt, den Herrn Scholten. (Abg. Krainer: Der Herr Scholten hat mit der OMV überhaupt nichts zu tun!) Und wissen Sie, warum wir im Bereich des Klimaschutzes in Österreich nichts weiterbringen? (Abg. Krainer: Was hat der Scholten damit zu tun?!) Weil es diese en­ge Verflechtung zwischen der SPÖ und den Energieversorgungsunternehmen gibt, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Bayr.– Der Herr Kollege Ruttenstorfer ist es, danke für die Korrektur.

Und so gibt es eben viele tolle Positionen, die von den Ihrigen, von Ihren Parteigängern eingenommen werden, und genau das ist der Grund, warum im Klimaschutz nichts weitergeht. Fragen Sie den Herrn Ruttenstorfer! (Abg. Bayr: Reden Sie doch einmal über Inhalte!) – Frau Kollegin Bayr, da hilft das ganze modische Outfit nichts, man kann nicht überdecken, dass man von der Sache einfach keine Ahnung hat, und das ist bei Ihnen einfach so. Das ist einfach so! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten des BZÖ. Zwischenrufe bei der SPÖ. Abg. Ing. Westenthaler: Es ist ja heute Pho­totermin!)

Meine Damen und Herren, jetzt aber zur Sache! (Ruf bei der SPÖ: Das ist sexis­tisch!) – Nein, das ist nicht sexistisch. Das ist nicht sexistisch, nein, nein, nein! (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Frau Kollegin Bayr hat von dieser Materie einfach keine Ahnung, und wenn sie ein Mann wäre und Herr Bayr heißen würde, hätte sie auch keine Ahnung. Das macht überhaupt keinen Unterschied, meine Damen und Herren! (Abg. Silhavy: Sie sind peinlich bis zum Geht-nicht-Mehr!)

So, jetzt aber zum Klimagipfel in Kopenhagen. Meine Damen und Herren, Kopenhagen ist in Wirklichkeit heute schon gescheitert. Das ist eine Tatsache, die wir einem ehema­ligen Hoffnungsträger verdanken. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Jetzt hö­ren Sie doch auf, immer hereinzukeifen! Man versteht ja das eigene Wort nicht mehr. Ein bisserl leiser sein, sich ein bisserl weniger erregen, und schauen Sie nicht so böse, Frau Kollegin – nicht so böse schauen! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten des BZÖ. Zwischenrufe bei der SPÖ. Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Meine Damen und Herren, Kopenhagen ist in Wirklichkeit gescheitert, das ist eine Tat­sache, und das verdanken wir einem ehemaligen Hoffnungsträger der Politik, dem Herrn Barack Hussein Obama, der beschlossen hat, mit asiatischen Freunden den gesamten Klimagipfel einfach scheitern zu lassen. Eine große Enttäuschung, dieser Präsident der Vereinigten Staaten, der angetreten ist, um die Welt ... (Ruf bei der SPÖ: ... rassis­tisch!) – Das ist doch nicht rassistisch! Wenn der Herr Obama ein Chinese wäre oder ein Weißer oder was auch immer, wäre er genauso gescheitert. Ich kann nichts dafür, dass der Herr Obama „Hussein“ heißt! Er heißt einfach so, Frau Kollegin! Er heißt so.

Meine Damen und Herren, dieser Klimagipfel von Kopenhagen wurde also von Obama und seinen asiatischen Freunden im Vorfeld abgedreht. Tatsache ist nun, dass uns die gesamte Kyoto-Sache bisher 600 Milliarden € gekostet hat – 600 Milliarden €, meine


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Damen und Herren! –, und jetzt bleiben wir auf halbem Wege stehen und machen ein­fach nicht weiter.

Sie werden vielleicht auch bei Podiumsdiskussionen oft hören, dass gesagt wird, der Mensch habe ja kaum Einfluss auf den Klimawandel. Da gibt es zwei Meinungen in der Wissenschaft. Ich bin der Meinung, der Mensch hat Einfluss auf den Klimawandel, aber ich unterstreiche auch immer, dass sich Österreich unabhängig davon, wie groß der Einfluss des Menschen ist, selbst entscheiden muss, seine eigenen erneuerbaren Ressourcen zu nutzen. Und wenn wir das tun, meine Damen und Herren, dann stellt sich das Problem des Klimaschutzes gar nicht, weil alle erneuerbaren heimischen Res­sourcen, die wir haben, auch CO2-neutral sind.

Daher müssen wir hier diesen mutigen Schritt setzen und uns endlich von allem freima­chen, was uns in eine Abhängigkeit treibt, vom „fossilen Tropf“, aber auch von der Kernkraft, denn erneuerbares Uran steht uns nur begrenzt zur Verfügung, meine Da­men und Herren, und wenn wir heute neue Atomkraftwerke bauen, dann müssen wir wissen, dass in 45 Jahren erneuerbares Uran einfach nicht mehr zur Verfügung steht.

Wenn die Grünen nun einfordern, dass wir eine CO2-Steuer in Österreich einführen, dann möchte ich darauf hinweisen, dass es ein falscher Weg ist, zu bestrafen. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Eine Umstellung des Energiesteuersystems auf CO2-Steuer!)

Wir müssen einen anderen Weg gehen – das haben wir auch beantragt –, nämlich je­nen, eine Änderung der Mehrwertsteuerrichtlinie umzusetzen, die sicherstellt, dass Energie aus heimischen Ressourcen, aus erneuerbaren Ressourcen anders besteuert wird als Energie aus Ressourcen, die endlich sind. Das heißt, unsere Wasserkraft – ich weiß, die Grünen sind nicht für die Wasserkraft; ich hingegen bin sehr dafür –, Wind­kraft, Photovoltaik, Geothermie, Biomasse, all das muss niedriger besteuert sein als Gas, Öl oder Kernkraft. Das wollen wir umgesetzt wissen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten des BZÖ.)

Erlauben Sie mir noch, einen Satz zur Glaubwürdigkeit der Politik in dieser Frage zu sagen. Wenn Frau Abgeordnete Bayr gerne mit dem Motorrad fährt, ist das auch nicht sehr klimafreundlich. Wenn Frau Abgeordnete Glawischnig gerne Golf spielt, ist das nicht ressourcen... (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek die sogenannte Scheibenwi­scherbewegung machend : Sie sind ein bisserl wo ang’rennt!) – Bitte wiederholen Sie, was Sie gesagt haben! Wer ist „an’grennt“?! Wer ist „an’grennt“, Frau Glawischnig?! (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Werden Sie endlich aufhören, immer private Sachen hineinzubringen?!) – Das ist Ihr Niveau, Frau Glawischnig: Sie haben einfach keines! (Beifall bei der FPÖ.)

Sie spielen gerne Golf, das braucht eine große Fläche. Sie fahren einen schönen BMW – ein tolles Auto –, Sie heizen mit Gas, Frau Glawischnig, das heißt, Sie sind ein­fach nicht glaubwürdig. Sie sind nicht glaubwürdig! (Beifall bei der FPÖ. Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Sie verbreiten Lügen, den ganzen Tag! Weitere Zwi­schenrufe bei den Grünen.)

9.46


09.46.10

Präsident Fritz Neugebauer: Frau Abgeordnete Glawischnig, hielten Sie eine Ent­schuldigung für angebracht? (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Nein! Er soll nicht über mein Privatleben ...!) – Dann erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Beifall bei der FPÖ. Abg. Dr. Jarolim: Das war aber eine erschreckende Rede! Eine erschreckende Rede war das!)

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Lugar. – Bitte.

 


9.46.25

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (BZÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Das Waldsterben, die Überbevölkerung – alles nicht eingetreten. Auch der Klimawan-


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del: Wer weiß, wird das überhaupt passieren? Vielleicht ist alles halb so schlimm, viel­leicht wird ja alles nicht so heiß gegessen wie gekocht. – Es gibt hier in diesem Haus genug Politiker, die das wirklich glauben. Es gibt weltweit genug Politiker, die wirklich glauben, dass das alles halb so schlimm wird. (Beifall beim BZÖ.)

Im Gegensatz dazu gibt es 2 500 – ich wiederhole: 2 500! – Wissenschafter, die sich sechs Jahre lang mit diesem Thema beschäftigt haben – sechs Jahre lang! – und zu dem Schluss gekommen sind, dass das sehr wohl so heiß gegessen wird wie gekocht, dass es sehr wohl gewaltige Probleme für die Menschheit geben wird. Das zu leugnen, ist anscheinend nur mehr bei einigen Politikern möglich, denn die Menschen draußen haben es schon begriffen – nur die Politiker noch nicht. Dass das so ist, sieht man da­ran, dass wir in Österreich ganz einfach nicht bereit sind, unsere Hausaufgaben zu ma­chen. (Beifall beim BZÖ.)

Der Herr Minister stellt sich heute hierher und sagt, die anderen seien schuld, denn wir waren so edel und haben uns ein Ziel gesetzt – okay, wir haben es nicht erreicht, aber wir haben uns zumindest ein Ziel gesetzt; die anderen haben das nicht einmal getan und deshalb sind die anderen schuld. – Es gibt auch keine Klimastrategie! (Bundes­minister Dipl.-Ing. Berlakovich: Das stimmt ja nicht! Es gibt eine Klimastrategie! 2007 beschlossen!)

Herr Minister Berlakovich stellt sich hierher und spricht von Energieautarkie. Der Herr Minister hat uns am Anfang dieses Jahres eine Klimastrategie versprochen (Bundes­minister Dipl.-Ing. Berlakovich: Es gibt sie! 2007 beschlossen! Ruf bei der FPÖ: Die kennt nur er!) – er hat sie versprochen und ist sie bis heute schuldig geblieben –, in der steht, wie wir das Kyoto-Ziel erreichen können und wie wir darüber hinaus noch weiter CO2 einsparen können.

Herr Minister, wenn Sie sich hierherstellen und behaupten, die Chinesen seien schuld, weil die Chinesen nicht so einsichtig seien, dann kann ich Ihnen nur sagen: Herr Mi­nister, die Chinesen emittieren 3,5 Tonnen pro Kopf an CO2. Wir emittieren das Dreifa­che, Herr Minister! Jetzt stellen Sie sich vor die Chinesen hin uns sagen: Ihr müsst eure Hausaufgaben machen! – Und ich sage Ihnen: Nein, Herr Minister, wir müssen unsere Hausaufgaben machen, wir müssen runter mit dieser CO2-Emission! (Beifall beim BZÖ. Abg. Ing. Westenthaler: Der Arnie wird schon helfen! Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Wenn man weiß, dass 2,5 Tonnen pro Mensch auf diesem Planeten pro Jahr das Ma­ximum an Ausstoß sind, was dieser Planet vertragen kann (Abg. Hörl: Fahrradl fahr’n!), und dass wir in etwa beim Fünffachen liegen, andere Länder beim 30-fachen, dann wissen wir, dass wir gewaltigen Handlungsbedarf haben. Es ist möglich, Herr Mi­nister, wir haben das vorgerechnet: Wir können energieautark werden – nicht erst 2030, sondern schon viel früher –, wir können bis zu 80 Prozent des CO2 einsparen, und wir können auch diese 2,5 Tonnen erreichen. Ich weiß, es ist nicht leicht, aber es ist möglich.

Jetzt stellt sich für einen normalsterblichen Bürger die Frage: Warum geht da nichts weiter? Wir haben heute schon gehört, dass die ÖVP-Minister dafür verantwortlich sind. Wir hatten ja in den letzten Jahrzehnten nur ÖVP-Minister, die hiefür verantwort­lich gezeichnet haben, und es ist nichts weitergegangen.

Und jetzt frage ich mich: Warum ist das so? Wenn ich im Ausschuss mit den ÖVP-Ab­geordneten spreche, habe ich das Gefühl, wir sind ohnehin alle auf einer Linie. Es gibt doch niemanden, der sich getraut, zu sagen: Es kann alles bleiben, wie es ist, es ist al­les in Ordnung. So jemanden gibt es ja gar nicht!

Aber trotzdem geht speziell bei der ÖVP nichts weiter. Warum ist das so? Ich kann Ih­nen ganz einfach sagen, warum das so ist: Weil die Energielobby – jene, die unwahr-


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scheinlich viel Geld damit verdienen, dass alles so bleibt, wie es ist – der ÖVP jeden Tag einflüstern, erneuerbare Energien funktionieren so nicht, das sei viel zu teuer, das sei nicht umsetzbar. – Und deshalb geht da nichts weiter.

Das heißt, die ÖVP muss sich endlich von der Energielobby, die ihr solche Dinge ein­flüstert, und vom Gängelband der Energiekonzerne befreien, die letztlich nur daran in­teressiert sind, dass alles so bleibt, wie es ist.

Noch etwas zu den Kosten: Erneuerbare Energien sind nicht teuer, und wir können uns auch nicht aussuchen, ob wir sie wollen oder nicht, weil wir sie brauchen werden. Des­halb, liebe ÖVP, sind wir bereit zu einem nationalen Schulterschluss. Wir sind bereit, allen Vorschlägen, die Sie hier bringen und die in die richtige Richtung gehen, zuzu­stimmen.

Packen wir es daher an, und packen wir es gemeinsam an! Nur dann können wir etwas Positives für Österreich erreichen. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

9.51


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Brunner. – Bitte.

 


9.52.03

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Herr Landwirt­schaftsminister! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Herr Landwirtschafts­minister, ich habe es, ehrlich gesagt, satt, hier immer wieder Ausreden zu hören: China tut nichts, die USA tun nichts, deswegen müssen wir auch nichts tun. (Beifall bei den Grünen.)

Ich habe es auch satt, Schlagworte wie Green Jobs und Klimaschutzgesetz zu hören, wenn gar nichts dahintersteht. Herr Bundesminister, Sie haben keine konkreten Vor­schläge gemacht. Schauen wir uns jetzt einmal konkret an, was Sie und die ÖVP in der Klimaschutzpolitik tatsächlich gemacht haben! (Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich: ... zugehört! Das ist das Problem!)

Herr Minister Berlakovich, Sie sind Landwirtschaftsminister und eigentlich auch für die Umwelt zuständig. Sie haben aber die Umweltverträglichkeitsprüfung der fossilen Wirt­schaft überlassen. Sie haben das Ökostromgesetz nach der fossilen Wirtschaft ausge­richtet, und die Klimapolitik machen Sie jetzt auch mit der fossilen Wirtschaft, und das ist untragbar. (Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich: Das stimmt ja nicht! Es werden alle eingebunden! NGOs werden eingebunden! Das stimmt ja nicht!)

Sie machen das ganz eindeutig. Im Umweltbudget sehen Sie heuer 52 Millionen € als Förderung für den CO2-Ausstoß vor und im nächsten Jahr 72 Millionen €. Ich ersuche Sie, uns zu erklären, welche Umweltpolitik das in diesen Zeiten ist, CO2-Ausstoß zu för­dern! Für Photovoltaik haben Sie kein Geld. (Beifall bei den Grünen. – Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich: Wovon reden Sie?!) Von Ihrem Umweltbudget rede ich!

Sie machen Klimaschutzpolitik mit der fossilen Wirtschaft aber auch im Geheimen, denn Österreichs Position für die entscheidende Klimakonferenz haben Sie geheim mit der fossilen Wirtschaft verhandelt. (Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich: Das stimmt ja nicht ...!)

Trotz mehrmaliger Aufforderung unsererseits um Klarstellung haben Sie dieses Papier dem Hohen Haus, dem Parlament bis heute nicht vorgelegt. Ich finde, das ist in der Kli­mapolitik ein Skandal. (Beifall bei den Grünen.)

Deshalb wundert mich unsere schlechte Klimabilanz auch überhaupt nicht, denn Ihre Politik und die Politik Ihrer Vorgänger schlagen eben jetzt einmal durch. Wir sind EU-weit Schlusslicht, und da von ambitionierten Zielen zu reden ist ja völlig widersinnig, denn wir haben kein Minus erreicht, sondern ein fettes Plus.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 37

Wir hätten 13 Prozent einsparen sollen, liegen jetzt aber fast schon bei 13 Prozent plus. Im Gegensatz zu anderen EU-Staaten, von denen Sie jetzt behaupten, dass sie die Zahlen nicht korrekt angegeben haben – nebenbei bemerkt: Sie behaupten da, dass andere Staaten lügen! –, sind wir ja nicht einmal in der Position, noch irgendwas zu beschönigen, weil unsere Bilanz einfach so katastrophal ist. (Beifall bei den Grü­nen. Abg. Neubauer ein Schriftstück, auf dem ein Balkendiagramm abgebildet ist, in die Höhe haltend : Die Wahrheit!)

Schauen wir uns unsere „ambitionierten“ Ziele einmal etwas genauer an! Wenn man sich nämlich unser Ziel von 1990, das Kyoto-Ziel bis 2012, und jetzt die neuen Ziele bis 2020, die auf Basis von 2005 berechnet werden, anschaut, dann kommt man insge­samt zu einem Ergebnis von 3 Prozent CO2-Einsparung. Die Österreicherinnen und Österreicher sollen auch einmal wissen, dass der Landwirtschaftsminister für das ehe­malige Umweltmusterland Österreich nur minus 3 Prozent in drei Jahrzehnten vorsieht. Das ist unglaublich! (Beifall bei den Grünen. Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich: Was behaupten Sie da schon wieder? Sie machen da Zahlenspielereien, die überhaupt nicht stimmen!) Nein, das können Sie nachrechnen. Wir rechnen Ihnen das gerne vor. (Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich: Das ist eine Märchenstunde!)

Ihre Klimapolitik und die Bilanz, das Ergebnis jetzt, sind traurig, denn man muss sagen, Sie haben den Ernst der Lage nicht erkannt. Es gibt bereits 300 000 Opfer des Klima­wandels. Das übersehen Sie völlig, auch den Ernst der Lage in Österreich – und das gerade als Landwirtschaftsminister! Ich denke, mit 4 Grad Erwärmung wird die Land­wirtschaft massive Probleme haben. Sie haben aber auch die Chancen nicht erkannt, sprich: erneuerbare Energie. Ganz abgesehen davon ist unsere internationale Bilanz einfach auch peinlich. Ich sehe eigentlich nicht ein, dass wir als Österreicherinnen und Österreicher uns international genieren müssen.

Ich denke da an die 10 000 Leute, die eine Photovoltaik-Förderung haben wollten – für die hatten Sie kein Geld –, ich denke an die Jugendlichen, die sehr engagiert sind und vor Kurzem hier bei uns im Haus waren. Wie kommen die dazu, sich international ge­nieren zu müssen? Die Österreicherinnen und Österreicher sind sehr umweltbewusst, und ich möchte an alle appellieren, weiterzumachen. Irgendwann werden auch die Bundesregierung und der Landwirtschaftsminister wieder Umweltpolitik machen. (Bei­fall bei den Grünen. Abg. Mag. Kogler: Aufwachen!)

Wenn Sie jetzt sagen, wir erreichen unsere Kyoto-Ziele doch, dann bedeutet das, dass uns das 1 Milliarde € kosten wird. Das können wir auch vorrechnen: Wir sind 20 Millio­nen Tonnen drüber, das sind 100 Millionen Tonnen in der ganzen Periode, mit einem durchschnittlichem Preis von 10 € sind das 1 Milliarde €. Sie haben auch nicht erklärt, wie Sie das aufbringen werden und wie Sie das machen werden. (Präsident Neuge­bauer gibt das Glockenzeichen.)

Die Umweltpolitik in Österreich hat versagt. Ich fordere die ÖVP auf, das Umweltminis­terium freizugeben, damit wir Klimaschutzpolitik machen können. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich bekräftige: Österreich braucht ein unabhängiges, starkes und engagiertes Umweltministerium. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

9.57


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Auer. – Bitte.

 


9.57.34

Abgeordneter Mag. Josef Auer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn ich mir anschaue, wie wenig Leute auf der Galerie Platz genommen haben, muss ich sagen, das ist eigentlich trau­rig und ein Spiegelbild dessen, dass das Thema Klimaschutz relativ wenig Interesse hervorruft. (Abg. Scheibner: Da müssen Sie bessere Redner runterschicken! Die Men­schen sind nach der Rede von Frau Abgeordneter Bayr aus dem Saal geflohen!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 38

Wenn ich mir die erste Reihe bei der FPÖ anschaue: Klubobmann Strache war nur ein paar Minuten hier und dann schon wieder weg. (Rufe bei der FPÖ: Wo ist Ihr Klubob­mann? Wo ist Cap? Wo ist die Frau Präsidentin?) Das ist ein Spiegelbild dessen, dass dieses Thema offensichtlich nicht so wichtig ist.

Ich möchte auf ein paar Fakten eingehen. Klimaschutz ist auf alle Fälle eine Frage der Energie, nämlich ob wir Energie verbrauchen, ob wir wenig oder viel verbrauchen, und eine Frage der Energieerzeugung.

Von 1950 bis ins Jahr 2000 ist der Weltenergieverbrauch um sage und schreibe 1 000 Prozent gestiegen. Der Wohlstand, wie wir ihn in unserer westlichen Welt ge­wohnt sind, ist eindeutig eine Frage der Energie. Das sieht man auch bei der Vertei­lung der Energieressourcen. Ein Sechstel der Weltbevölkerung, die Industrieländer, verbrauchen 50 Prozent der Energie. (Abg. Neubauer: Wo ist der Herr Cap?!) Unsere Zukunft – sowohl die des Klimas als auch die wirtschaftliche Entwicklung – hängt von der Lösung des Energieproblems ab.

Eine kurze politische Bewertung – aber ohne parteipolitisches Hickhack, ich möchte nur ein paar Fakten aufzeigen –: Es war ein bisschen Hü-Hott, wenn ich das so sagen darf. Das Klimaschutzgesetz wurde ja schon vom jetzigen Finanzminister, vom damali­gen Umweltminister Pröll versprochen. Auch Sie, Herr Minister Berlakovich, haben ge­sagt – das haben Sie auch heute wieder erneuert –, wir brauchen ein Klimaschutzge­setz. Wir von der SPÖ sind auf alle Fälle bereit dazu und werden Sie mit voller Tatkraft dabei unterstützen.

Im März 2005 hat sich der damalige Umweltminister Pröll gemeinsam mit den europäi­schen Ministerkollegen eindeutig für eine Reduktion der Treibhausgase ausgespro­chen, aber dann hat ihn der damalige Kanzler Schüssel wieder zurückgepfiffen, was si­cher nicht gut war.

Was können wir insgesamt machen? – Ich glaube, es braucht da mehrere Säulen, es braucht da einen Mix an Maßnahmen.

An dieser Stelle möchte ich nun auch ein bisschen auf die Umweltpolitik der Grünen eingehen und Folgendes festhalten: Wir brauchen da, wie gesagt, viele Säulen, wir brauchen eine intelligente und sparsame Nutzung von Energie, und zwar sowohl im privaten Bereich als auch ganz stark vonseiten der Wirtschaft. Aber – und da schaue ich in Richtung ÖVP – wir dürfen natürlich die Wirtschaft nicht knebeln, weil wir letzten Endes alle Teil der Wirtschaft sind.

Es braucht eine deutliche Verbesserung bei der Energieeffizienz. Es braucht einen Ausbau bei den erneuerbaren Energieformen. Zum Beispiel müssen Fernkälte und Fernwärme in den städtischen Bereichen noch mehr ausgebaut werden. Vor allem müssen weitere Verkehrsmaßnahmen gesetzt werden. Insbesondere der öffentliche Verkehr muss noch stark ausgebaut werden.

Der Fraktion der Grünen möchte ich – auch als Tiroler – sagen: Die Wasserkraft müs­sen wir in Zukunft verstärkt ausbauen (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP); das ist heu­te schon angeschnitten worden. Beim Ausbau der Wasserkraft werden wir aber leider von der grünen Fraktion nicht unterstützt. In Graz sind die Grünen, Herr Kogler, vehe­ment gegen den Ausbau der Wasserkraft. Bei uns in Tirol verhält es sich genauso; das weiß ich noch aus meiner Zeit als Landtagsabgeordneter. Das halte ich für nicht gut.

Das naturwissenschaftliche Denken – das möchte ich auch als Lehrer sagen – muss eindeutig gestärkt werden. Damit hängt auch zusammen, dass der Bevölkerung gar nicht bewusst ist, wie schwierig die Situation im Energiebereich ist und wie viel an Energie wir sparen könnten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 39

Nur ein Beispiel: Wenn ich jetzt fragen würde: Braucht es viel Energie, um einen Liter Wasser um 1 Grad zu erwärmen?, dann würde jeder sagen: Dazu braucht man nicht viel Energie! Wenn ich aber einen Liter Wasser zum Kochen bringe, dann brauche ich neunzig Mal so viel. Und um einen Liter Wasser nur um 1 Grad zu erwärmen, brauche ich gleich viel Energie, wie ich brauche, um 1 Kilogramm Wasser auf eine Höhe von 420 Meter zu schießen oder auf eine Geschwindigkeit von 330 km/h zu beschleunigen. Dann sagt natürlich jeder: Oh, das ist aber sehr viel Energie!

Genau das müssen wir den Leuten noch viel, viel stärker bewusst machen! Denn: Nur dann – dies sei vor allem an die Adresse der Grünen gerichtet –, wenn der Bevölke­rung bewusst ist, was alles wir im Energiebereich einsparen können, was da an Ener­giesparpotenzial möglich ist, werden wir auch die nötigen Schritte dazu setzen können, weil wir das nur gemeinsam mit der Bevölkerung und nicht gegen sie machen können. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Unsere Maßnahmen müssen von der Bevölkerung getragen werden – und da sollten Sie von den Grünen nicht ständig sozusagen dagegenschießen. (Abg. Mag. Kogler: Fragen Sie doch Ihre Lobbyisten von der OMV!) Leider machen Sie das allzu oft. Damit machen Sie eigentlich auch Lobbying für den Atomstrom, wenn Sie den Ausbau der Wasserkraft zu verhindern versuchen. (Abg. Mag. Kogler: Sie baden ja im Öl! Was re­den Sie denn da?! Das ist ja unglaublich, diese Rede! – Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

An den Minister gerichtet: Ich hoffe, dass wir gemeinsam – Sie an der Front, Herr Mi­nister – ein neues Klimaschutzgesetz zustande bringen. Wir von der SPÖ sind bereit, daran kräftig mitzuarbeiten. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

10.03


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mayer. – Bitte.

 


10.03.19

Abgeordneter Peter Mayer (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister Niki Berlakovich! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Klimaschutz ist ohne Zweifel ein Thema, das uns alle bewegt – und uns alle bewegen sollte. Es ist auch eine gute Sache, wenn hier eine Aktuelle Stunde zu diesem Thema stattfindet. Nur: Wenn dieses Thema, das von den Grünen aufgegriffen wurde, so wichtig ist, dann frage ich mich: Wo ist eigentlich jetzt die Fraktionsobfrau der Grünen? Sie ist nämlich hier im Saal nicht anwesend. (Oh-Rufe bei der ÖVP.)

Ja, wir müssen der Realität ins Auge sehen: Wir hinken hinterher, was die Klima­schutzziele betrifft. Aber warum sind wir da Schlusslicht im Vergleich zu anderen Mit­gliedstaaten der EU?

Erstens: Andere Länder, die besser sind als wir, verwenden Atomstrom – was wir in Österreich nicht wollen, denn Kernenergie ist keine nachhaltige Energieform.

Zweitens: Wir haben große Probleme, was den Verkehrsbereich betrifft. So haben wir zum Beispiel einen Tanktourismus, der immerhin für 30 Prozent der Emissionen in die­sem Bereich verantwortlich ist. (Abg. Dr. Moser: Was tun Sie dagegen?) Ich komme aus dem Innviertel, wo ich an der Grenze zu Bayern fast tagtäglich lange Autoschlan­gen vor den Tankstellen erlebe, und darunter sind viele Autos mit deutschem Kennzei­chen. Dem Finanzminister gereicht das natürlich zur Freude – es gibt selten einen Nachteil ohne einen Vorteil –, denn der lukriert dadurch 1,5 Milliarden € aus der Mine­ralölsteuer. (Abg. Dr. Moser: Das ist nur eine Frage der Entscheidung von Pröll!)

Drittens: Wir haben Handlungsbedarf, was die thermische Sanierung und den Heizkes­seltausch betrifft. Mein Vorredner Hermann Schultes hat es bereits erwähnt: Es wurden heuer wieder 5 700 Ölheizkessel in den Haushalten angeschafft, und daher fordere ich, nur mehr erneuerbare Energieträger im Heizungsbereich zu fördern. (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 40

Damit bin ich beim nächsten Thema: Ökostrom und erneuerbare Energieträger. – Wir erlebten zwei Jahre Stillstand, was die diesbezügliche Novelle betrifft, und zwar nicht nur deshalb, weil vonseiten der Industrie da eventuell gebremst wurde, sondern auch deswegen, weil es auch andere Begleitmusik gab, nämlich Neiddebatten seitens der Konsumentenschützer, die sagten, es ginge beim Ökostromgesetz nur um eine ver­steckte Agrarförderung und wir bräuchten sozial verträgliche Ökostromtarife.

Aber was ist sozialer: wenn ich Heizölkessel fördere oder wenn ich fördere, dass Heiz­kessel mit erneuerbarer Energie betrieben werden, die weit zukunftssicherer sind? (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Allein das Ökostromgesetz bringt – ohne Wasserkraft – 1,5 Millionen Tonnen CO2-Ein­sparung. Und was die Wasserkraft betrifft, so gibt es eine Studie, die besagt, dass noch 13 Terawattstunden machbar sind, was immerhin 5,8 Millionen Tonnen CO2-Aus­stoß vermeiden würde.

Gerade dieses Potenzial sollte Berücksichtigung finden in der aktuellen Diskussion zum Nationalen Gewässerbewirtschaftungssplan. Da wird, glaube ich, am meisten der Zwiespalt, in dem sich die Grünen befinden, sichtbar: Einerseits erleben wir hier von­seiten der Grünen Forderungen, hohe Ambitionen bei den Zielen, aber andererseits wissen die Grünen nicht, wann, wo und wie wir diese Ziele erreichen können. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich halte aber auch viel von regionalen Projekten im Bereich erneuerbarer Energie. So betreiben wir in unserer Heimatgemeinde eine Windkraftanlage mit einer Leistung in der Größenordnung von 2 Megawatt. Durchschnittliche Jahresstromproduktion: 4 Mil­lionen Kilowattstunden, was dem Verbrauch von 1 000 Haushalten entspricht. 120 Ge­meindebürger haben sich mit ihrem Eigenkapital daran beteiligt und ernten stabile und solide Erträge aus dieser Investition. So bleibt die Wertschöpfung in der Region – und ist nicht irgendwo in einem Wüstenstaat, der sich eine Schianlage oder eine Eishalle leistet als Luxus, was sicherlich nicht sehr klimafreundlich ist.

Der Wunsch der Bevölkerung, in ähnliche Projekte zu investieren, ist groß. Das merkt man auch bei der Photovoltaikanlagen-Förderung im Rahmen des Klima- und Energie­fonds für Klein-Photovoltaikanlagen, wo es, wie wir alle wissen, eine extrem große Nachfrage gibt.

Bei uns in Lohnsburg ist angedacht, unsere Windkraftanlage zu erweitern, aber leider Gottes hat sich eine Bürgerinitiative gebildet, die sich dagegen ausspricht. Und die Grünen als notorische Unterstützer von Bürgerinitiativen wissen jetzt bei diesem The­ma auch wieder nicht, ob sie dafür oder dagegen sein sollen. Aber mit einem „Jein“ zu diesem Thema werden wir hier nicht weiterkommen. (Beifall bei der ÖVP.)

Nun noch kurz zur Landwirtschaft: Wir haben von unserem Landwirtschaftsminister vernommen, dass die Landwirtschaft einer der wenigen Sektoren ist, die das Ziel er­reicht haben. Und so schließe ich mit dem Satz: Halten wir unser Klima rein, kaufen wir Produkte unserer Bauern ein! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

10.08


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Neubauer. – Bitte.

 


10.08.47

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Das, was alle Politiker in der Umsetzung ihrer politischen Tätig­keit grundsätzlich bewegt, ist natürlich das, was der gesamten Öffentlichkeit vorgestellt wird, nämlich das Regierungsprogramm von ÖVP und SPÖ. Und in diesem Regie­rungsprogramm wurde zur Klimapolitik festgeschrieben, es werde eine Strategie zur Anpassung an den Klimawandel in Österreich ausgearbeitet.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 41

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das heißt in Wirklichkeit gar nichts! Das ist die Kapitulation vor einem wichtigen Thema, das einerseits vom Herrn Bundesminister erkannt wird, indem er inseriert und das dabei dezidiert so anspricht, wo aber anderer­seits die notwendigen ernsten Ansätze fehlen, dieses Thema auch wirklich anzugehen. Denn wie sonst ist es zu erklären, dass es zum Beispiel bei der Förderung der Photo­voltaik eine fünffache Überbuchung gibt, die Bundesregierung da jedoch nichts unter­nimmt?

Wie sonst ist es zu erklären, dass der Klima- und Energiefonds acht Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat und davon zwei Gesellschafter parteipolitisch besetzt sind?

Das muss man einmal auf der Zunge zergehen lassen! Das ist Klimapolitik in Öster­reich, meine sehr geehrten Damen und Herren – und so wird es nicht weitergehen kön­nen, da werden wir scheitern!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Österreich ist in der Klimapolitik – und das hat vor drei Tagen die EU eindeutig festgestellt – bei der Erreichung der Ziele Schluss­licht in der EU. Österreich ist da (der Redner hält ein Schriftstück, auf dem eine Grafik dargestellt ist, in die Höhe) ganz eindeutig, und zwar mit Abstand, das letzte Land un­ter den EU-15. Das ist eine Schande für unser Land – für uns, die wir bei jeder Kleinig­keit immer Vorreiter sein wollen!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich werde Ihnen auch kurz erläutern, wa­rum. – Da das Thema „Klima“ immer parteipolitisch besetzt war: Wir hatten doch noch nie einen Minister, der wirklich unterscheiden konnte zwischen Wirtschaft und Umwelt. Immer war er am Gängelband der Wirtschaft, ob das Minister Bartenstein, Minister Molterer oder Minister Pröll war. Und auch der jetzige Minister ist am Gängelband der Industriellenlobby. (Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich: Wie kommen Sie darauf? – Abg. Grillitsch: Er ist ein Minister für Nachhaltigkeit! Kennen Sie das Prinzip „Nachhal­tigkeit“ als Wirtschaftsprinzip?) Und deshalb geht in diesem Bereich nichts weiter. All jene, die am Gängelband waren, sind in dieser Republik etwas geworden, weil sie im Bereich der Umwelt immer den Mund gehalten haben.

Meine Damen und Herren, wir wollen nicht mehr länger schweigen, sondern der Öf­fentlichkeit endlich sagen, dass es in dieser Form nicht mehr weitergehen kann! (Beifall bei der FPÖ.)

Klimaschutz braucht in Österreich eine verbindliche Verteilung der Rechte und der Pflichten; das steht in einem Papier, das wir zu Kopenhagen ausgearbeitet haben. Nur: Es hält sich niemand daran.

Herr Bundesminister Berlakovich, Sie haben großflächig inseriert, Sie haben der Bevöl­kerung mitgeteilt: „Auf der Weltklima-Uhr ist es 5 vor 12.“ (Der Redner hält die Kopie einer Anzeige in die Höhe.) Sie sagen, es geht um sehr viel, um Gesundheit, um den Wohlstand unserer Gesellschaft, um eine lebenswerte Zukunft auch für unsere Kinder. Und Sie sagen, die Auswirkungen in dieser Welt sind so groß, dass Arten aussterben, dass Flüsse über das Ufer treten, dass auf den Malediven Minister sogar unter dem Meer bereits Pressekonferenzen abhalten müssen, weil diese Inseln zu versinken drohen.

Doch nun, drei Wochen vor dem Klimagipfel in Kopenhagen, heißt es, statt der seit Jahren von Wissenschaftern, Politikern und Umweltschützern immer eindringlicher ver­langten rechtlich bindenden Einigung auf drastische Reduzierungen bei den Treibhaus­gasen soll es im Dezember in Kopenhagen nur noch eine politische Einigung für weite­re Gespräche geben.

Herr Bundesminister, wenn Sie mit dieser Einstellung nach Kopenhagen fliegen, dann tun Sie etwas für den Klimaschutz: Sparen Sie den Flug ein, bleiben Sie in Österreich! (Beifall bei der FPÖ.)

10.13



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 42

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Widmann. – Bitte.

 


10.13.48

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Zunächst eine Bemerkung zu den Ausführungen des Kollegen Peter Mayer von der ÖVP: Es wäre besser gewesen, Kollege Mayer von der ÖVP hätte sein Heizkessel­tausch-Programm, seinen Vorschlag, Heizkessel nicht auszutauschen, sondern den Einsatz erneuerbarer Energie zu betreiben, in die entgegengesetzte Richtung gemacht, denn hinter dem Rednerpult sitzt nämlich der zuständige Umweltminister. – Das zum Ersten.

Zum Zweiten: Klimapolitik ist eng verbunden mit Energiepolitik, und Energiepolitik ist – das wissen wir auch – eng verbunden mit Friedenspolitik. Und ich habe den Verdacht, dass Österreich, wie bereits gesagt worden ist, in diesem Bereich nicht nur Schlusslicht ist in Europa, sondern dass wir da in wesentlichen Bereichen krass versagen.

Wenn man bedenkt, dass zwischen 2003 und 2007 die Importe im Bereich fossiler Energie um 94 Prozent gestiegen sind, sich fast verdoppelt haben, dann muss man sa­gen: Das ist schlicht und einfach Wahnsinn! Wir zahlen 9,9 Milliarden € für fossile Energieträger, die wir wesentlich besser in Österreich investieren könnten und damit auch Arbeitsplätze schaffen könnten. (Beifall beim BZÖ.)

Man bedenke: 9,9 Milliarden € für fossile Energieträger beziehungsweise eine Steige­rung der Energieimporte um 70 Prozent – und diese Bundesregierung ist drauf und dran, die Abhängigkeit weiter auszubauen; Stichwort: Nabucco. Wir sind bereits jetzt Gas-Junkie mit rund 70 Prozent Abhängigkeit vom Ausland und bauen das noch weiter aus! Da frage ich mich: Welchen Worten von dieser Regierungsbank aus darf man zur Klimaschutzpolitik noch Glauben schenken? (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich.)

Wir brauchen ein vernünftiges, nachhaltiges Energiekonzept, Herr Minister. Ich darf Ih­nen diesbezüglich etwas überreichen. Das BZÖ hat nämlich bereits ein Energiekonzept in den Grundsätzen ausgearbeitet, wo es darum geht, Österreich energieautark zu ma­chen. Auf 90 Seiten finden Sie hier (der Redner hält ein Buch in die Höhe) Anleitungen, Wege, konkrete Rezepte, wie Sie Österreich mittelfristig energieautark machen kön­nen. Ich darf Ihnen das übergeben. (Beifall beim BZÖ. – Der Redner überreicht Bun­desminister Dipl.-Ing. Berlakovich das erwähnte Buch.)

Ich würde mich freuen, Herr Minister, wenn Sie mit Ihrer Energiestrategie ... (Zwischen­rufe bei der ÖVP.) Lieber Kollege Auer von der ÖVP, hören Sie zu! – Ich würde mich freuen, wenn Sie von der ÖVP endlich auch das, was Kollege Pröll gestern via Fernse­hen gesagt hat, Wirklichkeit werden ließen, nämlich: Leistung muss sich wieder lohnen! (Ruf bei der ÖVP: Genau!) Genau! Daher: Legen Sie endlich ein Energiekonzept die­sem Parlament vor, damit in diesem Bereich etwas weitergeht! Denn: Leistung muss sich lohnen – auch im Energiebereich! (Beifall beim BZÖ.)

Es ist eingefordert worden, endlich die Hausaufgaben zu machen, etwa die thermische Sanierung voranzutreiben. Dafür geben wir Peanuts aus: nur 100 Millionen, aber wir bräuchten Milliarden! Mit 100 Millionen könnten Sie 3 Milliarden Kreditvolumen finan­zieren, und damit könnten Sie Tausende Häuser sanieren und rund 33 000 Arbeits­plätze schaffen. Aber Sie tun es leider nicht.

Kollege Mitterlehner sagt, im Winter könne man keine Gebäude sanieren. Das ist rich­tig – außen nicht, innen schon! Aber man kann auch weitere Sanierungsprogramme vorbereiten. Auch dafür fehlen Ansätze. Gerade das wäre aber ein echter Konjunktur­impuls. (Beifall beim BZÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 43

Das Einzige, was Sie erreicht haben, ist, dass Sie das Geld zweimal ausgegeben ha­ben. Sie haben das Geld aus dem KLI.EN herausgenommen, und zwar 50 Millionen für die Gebäudesanierung, und das fehlt jetzt bei anderen Projekten. Es ist eine Schande, wenn man den Klimafonds ausräumt, das Geld ein zweites Mal sozusagen populistisch öffentlich verkauft und dann den Fonds nicht mehr auffüllt. Sie sollten auch darüber nachdenken, ob in diesem Fonds nicht noch mehr Gelder notwendig wären.

Wir müssen Strom sparen, ist gesagt worden, sowohl in der Industrie als auch bei den Haushaltsgeräten; Stichwort: „Smart Metering“. Aber auch das Aus für den Stand-by-Betrieb ist erwähnt worden.

Was wir aber auch brauchen, ist ein Nachhaltigkeitskonzept für die Mobilität. Und da ist die Situation ganz krass. Wenn ich daran denke, dass diese Bundesregierung unter Mi­nisterin Bures darüber nachdenkt, den Verkehr weg von der Schiene auf die Straße zu verlagern, und dass allein in der Steiermark – Kollege Grosz, das wird dich nicht freu­en – dadurch 20 000 Lkws mehr auf der Straße unterwegs sein werden, dann frage ich mich: Ist das die nachhaltige Energie- und Klimapolitik dieser Bundesregierung? – Das kann es nicht sein! (Beifall beim BZÖ.)

Dass wir erneuerbare Energieträger ausbauen müssen, versteht sich von selbst, aber zur Atomenergie sei Folgendes gesagt: Wissen Sie eigentlich, dass wir in Zukunft mit unserem Steuergeld teuer Zertifikate kaufen müssen von Ländern, die Atomstrom pro­duzieren? Oder, einfacher ausgedrückt: Unser Steuergeld werden wir verwenden müs­sen, um der Tschechischen Republik „sauberen“ Atomstrom abkaufen zu dürfen. – Das ist doch Perversion schlechthin!

Wir wollen eine Energiepolitik, die ohne Atomkraft in Europa auskommt. Dafür müssen wir uns einsetzen! (Beifall beim BZÖ.)

Abschließend darf ich noch sagen, dass ich im Ausschuss nicht für den Antrag der Grünen und der Freiheitlichen war, dass Österreich im Rahmen des Programms, dass man in den Schutz der Regenwälder 35 Milliarden investiert und in Klimawandel-Pro­jekte 110 Milliarden, 800 Millionen jährlich zahlen sollte. Da sage ich ganz klar: Machen wir unsere Hausaufgaben in Österreich! Verwenden wir unser Steuergeld in unserem Land, machen wir Klimapolitik in Österreich – dann bleiben die Arbeitsplätze in Öster­reich und dann sind wir weniger energieabhängig vom Ausland. Dann schaffen wir Wertschöpfung hier bei uns und helfen den Menschen in Österreich zu sparen. (Präsi­dent Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Letzter Satz: Klimaschutz darf keine Ausrede für einen Export unserer Steuergelder sein, indem wir unser Steuergeld auf die ganze Welt verteilen mit dem Ankauf von Zer­tifikaten oder mit der Beteiligung an irgendwelchen Klimaschutzprojekten, wo wir nicht wissen, wo die Gelder landen. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

10.19


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Schwent­ner. – Bitte.

 


10.19.42

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolle­ginnen und Kollegen! Liebe Besucherinnen und Besucher! Es erscheint fast wie ein Treppenwitz dieser Regierung, dass die Absetzbarkeit der Spenden an Umweltorgani­sationen nicht möglich ist. Gerade jetzt, zur Weihnachtszeit, wo sehr viel gespendet wird, werden wahrscheinlich viele Umweltorganisationen leer oder mit weniger Spen­den auskommen müssen, weil die Spender eben diese Spenden nicht absetzen können.

Sie werden fragen: Was hat Umweltschutz mit Klimaschutz und was hat Klimaschutz mit Entwicklungspolitik zu tun? – Leider sind diese Fragen bislang viel zu wenig behan-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 44

delt worden! Wie Sie wissen, wird in Kopenhagen die Rolle der Entwicklungsländer sehr wichtig sein. Heute war sie jedoch viel zu gering. Engagement gegen Armut be­deutet eben auch Klimaschutz, denn die Länder, die schon jetzt von den Folgen des Klimawandels betroffen sind, nämlich von den Folgen von Dürre, von Umweltkatastro­phen, von Fluten und von Stürmen, haben am wenigsten zu dem jetzt schon vorhande­nen CO2-Haushalt beigetragen, und das gilt auch für die Zukunftsprognosen, wenn wir so wie bisher weitermachen. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Minister Berlakovich, Sie waren vorige Woche bei einer Tagung, haben sich dann relativ früh verabschiedet und dabei sehr salopp in den Raum gestellt: Der Klimawan­del ist bei mir angekommen! – Diesen Eindruck habe ich leider nicht!

Bei dieser Tagung ging es um die Folgen des Klimawandels auf die Entwicklungslän­der. Es wäre gut gewesen, wenn Sie nicht nur zur Begrüßung dageblieben wären, son­dern sich die Beiträge angehört hätten, etwa einen Vortrag von Frau Kromp-Kolb, die die Dramatik des Zustands gerade in Bezug auf die Folgen für die Entwicklungsländer geschildert hat. Wenn Sie das gehört hätten, würden Sie vermutlich mehr Dampf ma­chen und nicht jetzt schon stolz sein auf Maßnahmen, auf die wir gar nicht stolz sein können.

Zur Veranschaulichung: Es war jetzt immer wieder von China die Rede. Die 11 Tonnen pro Österreicherin und Österreicher sind das Doppelte des CO2-Ausstoßes jeder Chi­nesin und jedes Chinesen und das Siebenfache einer Inderin und eines Inders. – Das nur zur Veranschaulichung der Beteiligung der Länder des Südens, aber auch der um­strittenen Schwellenländer im Zusammenhang mit den Ergebnissen der Klimakonfe­renz in Kopenhagen. Die großen Verursacher sind wir. Ich verstehe daher diesen „Win­delwandelkurs“ in Bezug auf verursachergerechte Beiträge der österreichischen Regie­rung ganz und gar nicht!

Es ist uns ein Positionspapier der Regierung glücklicherweise schon vorab zugekom­men, in welchem steht, dass Klimaschutz und Entwicklungszusammenarbeit eng ver­flochten sind. Da gebe ich Ihnen Recht, damit bin ich sehr einverstanden! Wenn da aber steht, dass zusätzliche öffentliche Beiträge der Industrieländer an die Entwick­lungsländer nicht anrechenbar sein sollen, dann ist das geradezu fahrlässig! Das ge­fährdet nämlich die ohnehin schon zu geringen Ausgaben. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Strache.)

Das steht auch krass im Widerspruch zu den Aussagen Ihres Kollegen Spindelegger im außenpolitischen Ausschuss, wo er gesagt hat, dass die zusätzlichen Gelder nicht für Entwicklungszusammenarbeit und Entwicklungshilfe ausgegeben werden. – Ich wä­re also schon sehr gespannt auf die offizielle Regierungsposition in Bezug auf Entwick­lungsgelder und Klimaschutzmaßnahmen! Ich bitte um eine diesbezügliche Stellungnahme!

Ich möchte auch etwas zum Kollegen Hofer betreffend Unglaubwürdigkeit in Bezug auf die Entwicklungsländer sagen: Unglaubwürdigkeit haben Sie bewiesen, wenn Sie Kol­legin Glawischnig vorwerfen, dass sie mit einem BMW fährt, dass sie Golf spielt und eine Gasheizung hat. Keiner der drei Vorwürfe stimmt! Vielleicht wollen Sie kurz ... (Zwi­schenruf des Abg. Strache.) Das stimmt nicht! Sie spielt nicht Golf, sie fährt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, und sie hat eine Solaranlage. (Abg. Grosz: Das ist keine Solaranlage, sondern ein Solarium!)

Das zeigt, wie schnell Sie Urteile fällen und wie unglaubwürdig Sie sind! Das haben Sie auch bei der Anrechenbarkeit von Entwicklungsgeldern hinsichtlich Klimaschutz bewie­sen, wenn Sie vor Jugendlichen behaupten, dass das nicht in die ODA hineingerechnet werden dürfe, und andererseits ... (Zwischenruf des Abg. Strache.) Die Wahrheit ist unangenehm! Ja, offensichtlich für Sie! (Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 45

Es kann nicht sein, dass die künftige Entwicklungspolitik nach dem Motto „Windräder statt Schulen“ funktioniert, sondern es müssen Windräder und Schulen gebaut werden. (Beifall bei den Grünen.) Es muss Know-how in Sachen Klimaschutz und demokrati­sche Unterstützung geben.

Ich bitte darum, dass Sie auch bei der Vertretung Österreichs in Kopenhagen die Rolle der Entwicklungsländer berücksichtigen und bedenken, dass vor allem die Industrielän­der und auch Österreich massive Verantwortung tragen. Auch wenn es größere Länder als Österreich gibt, können wir uns nicht vor der Verantwortung verstecken! Wir brau­chen ein Ökostromgesetz, das seinen Namen verdient, und dazu auch eine CO2-Steuer. Ich bitte Sie, dass Sie das ernst nehmen! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

10.25


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Huber. – Bitte.

 


10.25.00

Abgeordneter Gerhard Huber (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Geschätzter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Jetzt haben wir sehr viele Lip­penbekenntnisse dazu gehört, wie man Klimapolitik richtig betreiben könnte. Ich bin aber der Meinung, man müsste endlich eine einfache Politik für die Bevölkerung ma­chen, und zwar mit den Füßen auf dem Boden und mit Herz und Hausverstand, denn wir sehen die Lage, in der wir diesbezüglich jetzt sind: Wir sind das absolute Schluss­licht in der Europäischen Union. Das wäre aber nicht notwendig!

Österreich muss energieautark werden; das muss das Ziel aller fünf Parteien sein. Ich glaube, es wäre an der Zeit, dass der Herr Bundesminister, statt um Millionen Inserate zu schalten, endlich dafür sorgen würde, dass man die Photovoltaik umsetzen kann und in diesem Bereich wirklich Arbeitsplätze schafft. Die Landwirtschaft ist in der Krise. Tausende Bauern sind in der Krise und werden irgendwann auch entweder zum AMS gehen müssen oder Sozialhilfe bekommen müssen. Das werden enorme Kosten für den Staat und für uns alle, für die Steuerzahler sein!

Dabei wäre es so einfach! Allein in Tirol haben wir 25 000 landwirtschaftliche Scheu­nen, Ställe, Betriebe. Man könnte doch daran gehen, die Vision hinsichtlich Photovol­taik ähnlich wie in Deutschland umzusetzen, indem man in diesem Bereich investiert. Dann wären wir energieautark, die Klimabilanz würde positiv werden, und vor allem sind keine wahnsinnigen Förderungen notwendig. Wir brauchen nur ein dem deut­schen ähnliches Ökostromgesetz, das uns den Einspeisestrompreis auf 20 Jahre ga­rantiert. Damit werden sofort massive Investitionen ausgelöst.

Es gibt zum Beispiel in Tirol auch eine Firma Solon, die 200 beste Mitarbeiter im Sektor der Solarenergie hat. In dieser Firma gibt es das beste Know-how weltweit, von dieser wurden die größten Photovoltaik-Anlagen weltweit gebaut.

Da müssen wir ansetzen! Das ist eine einfache Politik, bei welcher die Gewinne nicht mehr nur die Stromkonzerne machen, sondern bei der die gesamte Bevölkerung profi­tiert!

Es wird auch die Elektromobilität zunehmen müssen. Davon hört man hier überhaupt nichts! Dazu brauchen wir Stromtankstellen, welche natürlich aus Sonnenenergie ge­speist werden. Das ist ganz einfach zu realisieren! Man muss sich nur ansehen, was diesbezüglich in Deutschland geschieht. Und das Argument, dass alles zu teuer ist und wir uns das nicht leisten können, kann man nicht gelten lassen. Man kann nämlich heu­te schon mit 20 Cent Produktionskosten eine Photovoltaik-Anlage im Kraftwerksbereich realisieren.

Schauen wir das deutsche Modell kurz an: Dort wurde ein Einspeisetarif von 50 Cent auf 20 Jahre garantiert. In Österreich sind es 29 Cent, und dann kommt der Deckel –


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das geht einfach nicht, all das hängt! Wenn man aber das Ökostromgesetz tatsächlich seinem Namen angleicht, dann werden sofort 10 000 Arbeitsplätze geschaffen und In­vestitionen von mindestens 2,2 Milliarden € jährlich ausgelöst, wobei allein für das Bud­get und somit für unseren Herrn Finanzminister 440 Millionen € an Mehrwertsteuer her­einkommen.

Wenn man sich die Situation in Deutschland oder in Spanien ansieht, kann man nur sagen: Österreich ist dank der Politik seit 2006 in die Sonnenfinsternis gekommen! Man könnte die Photovoltaik-Sonnenhänge etwa in Osttirol sofort ausbauen. Dagegen hätte Osttirol als stärkste Tourismus-Sommerregion Tirols sicherlich nichts! Das könnte man auch in den Fremdenverkehr einbeziehen. Dazu braucht es nur ein bisschen Phantasie! Ohne Komplikationen könnten so, wie gesagt, Arbeitsplätze geschaffen werden, und die gesamte Bevölkerung könnte davon profitieren.

Abschließend möchte ich noch dazu sagen, dass es ganz wichtig ist, dass diese Bun­desregierung wirklich Schritte setzt, von den Lippenbekenntnissen abgeht und endlich eine Politik fernab der Förderung der Gewinne der Stromgesellschaften macht, eine Politik, mit der die Kaufkraft gestärkt wird und von der die Wirtschaft und die Österrei­cher und Österreicherinnen etwas haben. (Beifall beim BZÖ.)

10.29


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

10.29.39Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Fritz Neugebauer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 3684/J bis 3732/J;

Zurückziehungen: 3168/J, 3574/J und 3575/J;

2. Anfragebeantwortungen: 2975/AB bis 3012/AB;

3. Initiativanträge:

Zurückziehung des Verlangens auf erste Lesung binnen drei Monaten: 768/A;

4. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das IVF-Fonds-Gesetz geändert wird (IVF-Fonds-Gesetz-No­velle 2010) (464 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Apothekerkammergesetz 2001 geändert wird (465 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Medizinproduktegesetz und das Arzneimittelgesetz geän­dert werden (466 d.B.),

13. Ärztegesetz-Novelle (467 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das KommAustria-Gesetz geändert wird (471 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Datenschutzgesetz 2000 und das Sicherheitspolizeigesetz geändert werden (DSG-Novelle 2010) (472 d.B.),

Bundesgesetz über Produkte, deren Ein- und Ausfuhr sowie Inverkehrbringen aus Tier­schutzgründen verboten ist (473 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Energie-Regulierungsbehördengesetz geändert wird (474 d.B.),


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Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994, das Wirtschaftstreuhandberufsge­setz und das Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetz geändert werden (475 d.B.),

4. Sozialrechts-Änderungsgesetz 2009 – 4. SRÄG 2009 (476 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsinspektionsgesetz 1993, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Bundesgesetz über die Verkehrs-Arbeitsinspektion geändert werden (490 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz, das Arbeitsruhegesetz und das Kraft­fahrgesetz 1967 geändert werden (491 d.B.).

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Budgetausschuss:

Monatserfolg Oktober 2009, vorgelegt vom Bundesminister für Finanzen (Vorlage 27 BA);

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 41 betreffend „GentechnikFREIE Futtermittel“, überreicht vom Abgeordne­ten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber,

Bürgerinitiative Nr. 15 betreffend „Reichensteuer jetzt!“;

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Finanzausschuss:

Protokoll zur Abänderung des am 18. Oktober 1962 in Luxemburg unterzeichneten Ab­kommens zwischen der Republik Österreich und dem Großherzogtum Luxemburg zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Notenwechsel (441 d.B.),

Protokoll zwischen der Republik Österreich und dem Vereinigten Königreich von Groß­britannien und Nordirland und Zusatzprotokoll zur Abänderung des am 30. April 1969 in London unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen in der Fassung des am 17. November 1977 in London unterzeichneten Protokolls und des am 18. Mai 1993 in London unterzeichneten Protokolls (442 d.B.),

Protokoll zur Abänderung des Abkommens zwischen der Regierung der Republik Ös­terreich und der Regierung der Republik Singapur zur Vermeidung der Doppelbesteue­rung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen samt Notenwechsel (443 d.B.),

Protokoll zur Abänderung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Mexikanischen Staaten zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (444 d.B.),

Protokoll zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Belgien und Zusatz­protokoll zur Abänderung des am 29. Dezember 1971 in Wien unterzeichneten Abkom­mens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Regelung bestimmter anderer Fragen auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen einschließ­lich der Gewerbesteuern und der Grundsteuern (445 d.B.),

Protokoll zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Dänemark und Zu­satzprotokoll zur Abänderung des am 25. Mai 2007 in Wien unterzeichneten Abkom­mens auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (446 d.B.),


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Abkommen zwischen der Republik Österreich und St. Vincent und den Grenadinen über den Informationsaustausch in Steuersachen (447 d.B.),

Protokoll zwischen der Republik Österreich und dem Königreich der Niederlande und Zusatzprotokoll zur weiteren Abänderung des am 1. September 1970 in Wien unter­zeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Schlussprotokoll in der Fassung des am 18. Dezember 1989 in Den Haag unterzeichneten Protokolls, des am 26. No­vember 2001 in Den Haag unterzeichneten Protokolls und des am 8. Oktober 2008 in Wien unterzeichneten Protokolls (448 d.B.),

Protokoll und Zusatzprotokoll zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Norwegen zur Abänderung des am 28. November 1995 in Wien unterzeichneten Ab­kommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuer­umgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen in der Fassung des am 14. November 2005 unterzeichneten Protokolls samt Zusatzprotokoll (449 d.B.),

Abkommen zwischen der Republik Österreich und Gibraltar über den Informationsaus­tausch in Steuersachen (450 d.B.),

Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Andorra über den Auskunftsaustausch in Steuersachen (451 d.B.),

Protokoll zur Abänderung des am 30. Januar 1974 in Wien unterzeichneten Abkom­mens zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkom­men und vom Vermögen samt Notenwechsel (452 d.B.),

Protokoll zwischen der Republik Österreich und der Republik San Marino und Zusatz­protokoll zur Abänderung des am 24. November 2004 in Wien unterzeichneten Abkom­mens auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (453 d.B.),

Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Monaco über den Informationsaustausch in Steuersachen (454 d.B.);

Rechnungshofausschuss:

Antrag 768/A der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, und ein Bundes­gesetz, mit dem das Rechnungshofgesetz 1948 geändert wird;

Verkehrsausschuss:

Antrag 853/A(E) der Abgeordneten Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zulassung von Tragschraubern als Ultraleichtflugzeuge in Österreich;

Wissenschaftsausschuss:

Antrag 854/A(E) der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „UNI-Bonus“ und „UNI-Card“ - Akutprogramm für die Universitäten,

Antrag 856/A(E) der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Kostenübernahme für die Infrastruktur für barrierefreies Studieren,

Antrag 857/A(E) der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Einrichtung einer zentralen Servicestelle für Studierende mit Behinderung,

Antrag 858/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Nationalen Kraftakt, 12-Punkte-Plan für Österreichs Universitäten.

*****


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10.29.48Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

 


Präsident Fritz Neugebauer: Der freiheitliche Parlamentsklub hat gemäß § 93 Abs. 2 der Geschäftsordnung das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tagesordnung eingebrachte schriftliche Anfrage 3733/J der Abgeordneten Strache, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend das völlige Versagen Faymanns in der ak­tuellen EU-Politik dringlich zu behandeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird die Dringliche Anfrage um 15 Uhr behandelt werden.

10.30.16Ankündigung eines Fristsetzungsantrages

 


Präsident Fritz Neugebauer: Weiters teile ich vor Eingang in die Tagesordnung mit, dass Frau Abgeordnete Mag. Musiol beantragt hat, dem Familienausschuss zur Be­richterstattung über den Antrag 598/A(E) der Abgeordneten Mag. Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend bundeseinheitliches Grundsatzgesetz für Kinderbetreuung eine Frist bis 28. Jänner 2010 zu setzen.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung ge­stellte Verlangen vor, eine kurze Debatte über diesen Fristsetzungsantrag durchzuführen.

Da für die heutige Sitzung die dringliche Behandlung einer schriftlichen Anfrage ver­langt wurde, wir die kurze Debatte im Anschluss an diese stattfinden.

Die Abstimmung über den Fristsetzungsantrag wird nach Schluss dieser Kurzdebatte erfolgen.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Fritz Neugebauer: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 2 bis 7, 9 bis 11, 15 und 16, 17 bis 20, 21 und 22 sowie 25 bis 28 unserer Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsident Fritz Neugebauer: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dau­er der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 9 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 122 Minuten, Freiheitliche 108 sowie BZÖ und Grüne je 95 Minuten.

Für die Dauer der Fernsehdirektübertragung durch den Österreichischen Rundfunk Fernsehen nach der Aktuellen Stunde von 10.25 Uhr bis 13.00 Uhr wurde folgende Re­deordnung vereinbart: eine Rednerrunde mit je 8 Minuten, ein Regierungsmitglied SPÖ 10 Minuten, eine Rednerrunde mit je 5 Minuten, weiters ein Regierungsmitglied ÖVP 10 Minuten, an Redezeit pro Fraktion 14 Minuten, ohne Beschränkung der Redezahlen nach dem Prinzip Kontra und Pro, somit insgesamt 155 Minuten.

Die vorsitzführende Präsidentin beziehungsweise der vorsitzführende Präsident vertei­len nach der Wortmeldung des ÖVP-Regierungsmitgliedes die verbleibende Zeit in der Weise, dass noch alle Fraktionen in der Fernsehzeit gleichmäßig zu Wort kommen.

Weiters besteht Einvernehmen, dass tatsächliche Berichtungen erst nach der Fernseh­übertragung aufgerufen werden.

Ich komme zur Abstimmung.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein diesbezüg­liches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

10.32.411. Punkt

Wahl einer Schriftführerin/eines Schriftführers

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Aufgrund des Ausscheidens von Dr. Manfred Haimbuchner aus dem Nationalrat ist die Wahl eines Schriftführers vorzunehmen.

Der Vorschlag des freiheitlichen Parlamentsklubs für den zu wählenden Schriftführer lautet auf Herrn Abgeordneten Wolfgang Zanger.

Da nur dieser eine Wahlvorschlag vorliegt, wird hierüber nicht mit Stimmzettel, sondern durch Erheben von den Sitzen abgestimmt.

Einwendungen zur Vorgangsweise werden nicht erhoben.

Wir kommen nun zur Wahl.

Wer sich für den Vorschlag, Herrn Abgeordneten Wolfgang Zanger zum Schriftführer zu wählen, ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist angenommen.

Ich frage den Gewählten, ob er die Wahl annimmt. (Abg. Zanger nimmt die Wahl an.)

Damit ist dieser Tagesordnungspunkt erledigt.

10.33.322. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über das Volksbegehren (343 d.B.) „Stopp dem Postraub“ (458 d.B.)

3. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (319 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem ein Postmarktgesetz erlassen und das KommAustria-Gesetz geändert wird (459 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 60/A(E) der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend qualitativ hochwertige flä­chendeckende Versorgung mit Postdienstleistungen (460 d.B.)

5. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 66/A(E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend umgehende Ausarbei­tung eines Postmarktgesetzes (461 d.B.)

6. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 68/A(E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ja zur flächendecken-


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den Versorgung der Bevölkerung mit Post-Dienstleistungen – Nein zu weiteren Postamts-Zusperrkonzerten – umgehende, umfassende Verschärfung der Post-Universaldienstverordnung (462 d.B.)

7. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 332/A(E) der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine qualitativ hochwerti­ge, flächendeckende und allgemein erschwingliche Versorgung mit Postdienst­leistungen (463 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zu den Punkten 2 bis 7 der Tagesord­nung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Strache. – Bitte.

 


10.34.54

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie so oft, wenn aus dem Eck der Europäischen Union, aus Brüssel, etwas zu uns kommt, bringt uns Österreicher das durchaus in Schwierigkeiten, und mit dieser unsäglichen EU-Richtlinie betreffend Postmarktliberalisierung, die jetzt wiederum aus Brüssel vorgegeben wird, ist den Brüsseler Bürokraten wieder ein echter Schildbürgerstreich gelungen! Nur weil irgendwelche Liberalisierungsfetischisten aus Brüssel uns mit einer Wahnvorstellung etwas vorgeben, sollten wir Österreicher aber nicht gleich springen und hier Hunderte Postämter zusperren, wie das von dieser Bundesregierung wieder einmal vorgelebt wird. (Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Ich sage: Nein, das ist nicht in unserem Interesse! Dagegen sollten auch die Mitglieder der österreichischen Bundesregierung halten! Die schwarz-rote Bundesregierung setzt jedoch auf das, was aus Brüssel vorgegeben wird, noch etwas darauf. Es ist ja nicht so, dass hier nur all das, was von Brüssel gewünscht wird, umgesetzt wird. Ganz im Gegenteil! Die Regierung setzt in vorauseilendem Gehorsam gegenüber Brüssel noch etwas darauf, wie man es schon in vielen Punkten erlebt hat.

Wir peitschen heute ein völlig unausgegorenes Gesetz durch, das zu viel Kritik geführt hat und mehr Probleme aufwirft, als es löst. Statt sich mit der Umsetzung so lange Zeit zu lassen, bis wir in diesem Bereich auch die Versorgung für alle Österreicher sicher­gestellt haben, gehen Sie es als Musterschüler gleich wieder einmal hurtig an und be­gehen einen Fehler nach dem anderen. Dazu kann man nur sagen: Bravo, Herr Bun­deskanzler Werner Faymann! Bravo, Herr Vizekanzler Josef Pröll! Sie haben es letzt­lich wieder einmal geschafft, uns in einer ganz wichtigen Frage an Brüssel zu verkau­fen! (Beifall bei der FPÖ.)

Es haben ja nicht einmal die 140 000 Unterschriften, die es im Zuge des Volksbegeh­rens für die flächendeckende Versorgung mit Postämtern in Österreich gegeben hat, ir­gendeinen Eindruck auf Sie gemacht! Mir zeigt diese Unterstützung des Volksbegeh­rens aber, dass die Österreicher durchaus Interesse an dieser flächendeckenden Ver­sorgung haben, die Sie jetzt zunichte machen wollen. Daher danke ich an dieser Stelle all jenen, die das Volksbegehren unterschrieben haben, denn sie haben damit ein Zei­chen gesetzt, dass sie sich nicht all das, was von Brüssel zentralistisch vorgegeben wird, gefallen lassen wollen! Das ist ein wichtiges Zeichen, aber dazu braucht es auch den politischen Willen, sich einmal auf die Hinterfüße zu stellen und nicht wie diese Bundesregierung allem stattzugeben, was an Unsinnigkeiten aus der Europäischen Union vorgegeben wird.


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Ich weiß nicht, was Sie sich dabei denken, Frau Minister! Glauben Sie im Ernst, dass es für alte und gebrechliche Menschen, die ihr Leben lang hart gearbeitet haben, ein Vergnügen ist, dass sie, wenn es nach Ihren Sperrplänen geht und zahlreiche Postäm­ter, wie Sie das vorsehen, zugesperrt haben werden haben, in Zukunft 20 Kilometer fahren müssen, um ihre Pension abzuholen? Das ist nicht die soziale Verantwortung, wie ich sie mir vorstelle! (Beifall bei der FPÖ.)

Es zeugt nicht von sozialer Wärme, wenn man in dieser Frage so agiert und hunderte Postämter zusperrt und es letztlich zu solchen Zuständen kommen wird! (Zwischenruf des Abg. Mag. Auer.) Ich weiß schon, dass Sie jetzt natürlich aufgeregt gackern! Ich verstehe das! Ich verstehe das schon, keine Frage! Aber Sie haben auch allen Grund dazu, wenn Sie solche Unsinnigkeiten zum Besten geben! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Auer.)

Wir sagen klar und deutlich: Stoppt den Postraub, den diese Regierung jetzt vorneh­men wird! Eine flächendeckende Grundversorgung der österreichischen Bevölkerung mit Postdienstleistungen ist einfach notwendig, und da nützt es nichts, wenn Sie so agieren, wie Sie das tun. Wir wollen die Aufrechterhaltung der Infrastruktur und da­durch die Sicherung von Postdienstleistungen zu gleichen Bedingungen für die gesam­te Bevölkerung! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Schopf.)

Wir fordern eine Novellierung des Postgesetzes und dessen Erhebung in den Verfas­sungsrang, weil das einfach notwendig ist. Von den vorgesehenen 1 650 Poststellen, die es heute gibt, müssen mindestens 1 000 als Postfilialen fixiert und erhalten bleiben, die auch durch die Post AG zu führen sind.

Wir wollen die Schaffung von rechtlichen Rahmenbedingungen, die auch nach der Li­beralisierung einen fairen Wettbewerb sicherstellen. Mit den Postpartnern, die Sie pla­nen, werden weder die Qualität noch die Dichte der Versorgung sichergestellt werden können. Die Postämter bieten eine bessere diesbezügliche Versorgung, und es ist ein durchaus schwerwiegender Eingriff, den Sie in die Infrastruktur vornehmen und natür­lich herunterzuspielen versuchen: Dieser wird uns noch sehr viele Probleme bereiten. Ich möchte jetzt zum Beispiel das Briefgeheimnis als einen Punkt herausgreifen: Das Briefgeheimnis wird, wenn in Zukunft private Unternehmen die Briefe zustellen, natür­lich nicht gewährleistet werden.

Es ist nicht gut, wenn es in Zukunft solche problematischen Entwicklungen im Bereich des Datenschutzes geben könnte, dass dann beim Greißler ums Eck die eingeschrie­benen Briefe ankommen, man sich diese dort abholen kann und schon anhand des Ab­senders vielleicht etwas ablesen könnte. – Das ist nicht gut im Sinne des Briefgeheim­nisses und im Sinne des Datenschutzes, und damit kann leider Gottes auch Schindlu­der getrieben werden, was wir nicht wollen.

Das Briefgeheimnis ist nicht der einzige Punkt, der hier kritisch zu beleuchten ist und bei dem bei diesem Gesetz schwer gepfuscht wird, sondern natürlich sind es auch die Hausbrieffachanlagen. Diese Frage ist so, wie Sie es formuliert haben, nicht deutlich geklärt.

Die Tatsache, dass die Post AG als Universaldienstbetreiber im Gesetz festgeschrie­ben ist, ist grundsätzlich zu begrüßen – das ist durchaus ein positiver Punkt –, aber der Umfang des Universaldienstes – wie Massensendungen, Bekanntgabe der Tarife und andere Bereiche – ist nach wie vor unklar. Deshalb sollte da nachgebessert werden. Das haben sogar diverse Abgeordnete vonseiten der SPÖ und der ÖVP in den Aus­schüssen eingewendet. (Abg. Rädler: Da waren Sie aber nicht dabei!) Ich bin ge­spannt, ob diese heute hier trotzdem mit einem Hurra!-Geschrei zustimmen werden, obwohl sie dem Ministerialentwurf sehr kritisch begegnet sind. (Abg. Rädler: Wer hat Ihnen das gesagt?!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 53

Von der Vorlage des Ministerialentwurfs bis zu seiner Behandlung im Verkehrsaus­schuss haben auch zahlreiche Experten immer wieder die Europarechts- und Verfas­sungswidrigkeit des geplanten Gesetzes kritisiert, ohne dass dies im nun vorliegenden Entwurf Berücksichtigung gefunden hätte. Man muss daher davon ausgehen, dass die­ses Gesetz, das Sie heute beschließen, vielleicht auch nicht halten wird (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Rädler) und wir dann die nächste Peinlichkeit in der Europäi­schen Union erleben müssen, die einfach nicht gut ist, wenn es um ein Vertragsverlet­zungsverfahren gegen Österreich geht, das durchaus eingeleitet werden könnte.

Das Gesetz verfehlt ganz klar sein Ziel, nämlich Rechtssicherheit für alle beteiligten Kunden, alternative Anbieter, aber auch die Österreichische Post AG zu schaffen; und bedarf daher der Überarbeitung. Wir können auch wegen der berechtigten Anliegen, die uns die Unterzeichner des Volksbegehrens mit auf den Weg gegeben haben und die hier leider Gottes keine Berücksichtigung gefunden haben, diesem Gesetz keine Zustimmung erteilen.

Es ist leider Gottes ein Gesetzespfusch, durch den noch viele Probleme, die ich heute aufgezeigt habe, auf uns zukommen werden. Ich bin schon gespannt, wie Sie diese dann wieder begründen und herunterreden werden. (Beifall bei der FPÖ.)

10.42


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Heinzl. – Bitte.

 


10.42.49

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Werter Herr Strache, sagen Sie, haben Sie wirklich vergessen, dass es gerade Ihre Parteifreundinnen und Parteifreunde hier im Hohen Haus von 2002 bis 2005 wa­ren, die dafür gesorgt haben – Stichwort: Ausdünnung des ländlichen Raumes –, dass von seinerzeit 2 300 Postämtern 1 000 geschlossen worden sind? Haben Sie das wirk­lich vergessen, dass das Ihre Infrastrukturministerinnen und Infrastrukturminister wa­ren? (Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Die waren alle nicht von der FPÖ?! Hat es da die FPÖ nicht gegeben?! Waren das nicht Ihre Parteifreunde, die brutal darübergefahren sind, die sich nicht um die Bevölkerung gekümmert haben? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Haben Sie mit den Postbeamten gesprochen? Haben Sie mit den Ge­werkschaften gesprochen? – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Das haben Sie scheinbar alles vergessen! – Lesen Sie die Protokolle nach oder erin­nern Sie sich vielleicht daran! Ich sage es Ihnen: Sie waren es, Ihre Partei war es, die die ländliche Bevölkerung ausgehungert hat, ausgebeutet hat (Abg. Strache: Das ha­ben Sie!) und sich um nichts „gepfiffen“ hat. – Das schreibe ich Ihnen einmal ins Stammbuch, Herr Strache. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren, das heute zu beschließende Postmarktgesetz ist wirklich ein großer Erfolg für unsere Bundesministerin Doris Bures und ihr Team. Erst­mals wird die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Postdienstleistungen gesetzlich vorgeschrieben – erstmals! (Beifall bei der SPÖ.)

Mit diesem Gesetz, sehr geehrte Damen und Herren, werden zentrale Anforderungen, die durch die EU-Richtlinien zur Postmarktliberalisierung (Zwischenruf des Abg. Dr. Königshofer) und das Regierungsprogramm gestellt sind, erfüllt. (Abg. Strache: Durch die Schließung von Postämtern?! „Gratuliere“! „Gratuliere“!) Was besonders wichtig ist: Das Anbot wird nicht reduziert – Herr Strache, passen Sie auf, Sie verges­sen es sonst wieder! –, sondern in gleicher Qualität aufrechterhalten und sogar erwei­tert, Herr Strache. Lesen Sie nach, schauen Sie sich das an (Abg. Vilimsky: Sie haben das nicht gelesen!), beurteilen Sie das fair und ohne die parteipolitische Brille der FPÖ: Sie werden mir dann recht geben!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 54

Sehr geehrte Damen und Herren, die Post ist – das wissen wir alle – ein wesentlicher Teil der Infrastruktur eines Landes, und es ist eben unsere Aufgabe als Gesetzgeber, dafür zu sorgen, dass die Post für die Liberalisierung des Marktes 2011 fit ist.

Noch einmal, weil es mir besonders wichtig ist: Die Ausdünnung der Infrastruktur im ländlichen Raum hat lange genug gedauert (Abg. Strache: Die nehmen Sie jetzt vor! Sie nehmen jetzt die Ausdünnung vor! Das ist Ihre Verantwortung!), ich wiederhole es, von 2002 bis 2005. – Herr Strache, die Wahrheit tut manchmal weh, Ihnen besonders. Passen Sie jetzt noch einmal auf! (Beifall bei der SPÖ.)

In den Jahren 2002 bis 2005 wurden in Österreich 1 000 Postämter von insgesamt 2 300 geschlossen, und das waren Ihre Parteifreundinnen und Parteifreunde als Abge­ordnete und Minister. (Abg. Strache: Sie schließen jetzt weitere über 600! Das ist ja absurd! Das ist ja absurd, was Sie ...!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Nach dieser Postamtschließungsorgie sorgt nunmehr – das ist wichtig und darüber freuen wir uns – unsere Bundesministerin Bures für die flächendeckende Versorgung der Österreicherinnen und Österreicher mit Postdienstleistungen: Das gilt auf dem Land genauso wie in den Ballungszentren.

Bundesministerin Bures verhindert bereits seit Monaten Versorgungslücken durch das drohende ersatzlose Zusperren von weiteren 300 Postfilialen. (Beifall bei der SPÖ.) Der Verfassungsgerichtshof, sehr geehrte Damen und Herren, hat diese Bescheide von Bundesministerin Bures – die ja, wie Sie wissen, vehement auch von der Österrei­chischen Post bekämpft wurden – für verfassungskonform erklärt. Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes unterstreicht das berechtigte und das große Interesse der Bevölkerung an einer funktionierenden Versorgung. Im Urteil heißt es dazu – ich zitiere –:

„Postdienstleistungen machen einen wesentlichen Teil der Infrastruktur eines Landes aus.“

Da sind wir einer Meinung, Herr Strache. (Beifall bei der SPÖ.)

Im neuen Gesetz wird erstmals – erstmals! – auch eine Mindestanzahl an Poststellen vorgeschrieben, nämlich 1 650, und das bedeutet sogar eine Steigerung um 150 Post­geschäftsstellen gemessen am heute bestehenden Filialnetz. Das bedeutet weiterhin eine flächendeckende Versorgung auf sehr hohem Niveau – das ist gut für die Bevöl­kerung und ist auch gut für den Wirtschaftsstandort Österreich.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Darüber hinaus darf es, das ist auch besonders wichtig, keine Qualitätsunterschiede geben – egal, ob es sich um ein klassi­sches Postamt oder um einen Postpartner handelt. Besonders wichtig ist auch, dass kein Postamt geschlossen wird, ohne dass es dafür einen adäquaten Ersatz gibt.

Ich möchte an dieser Stelle, sehr geehrte Damen und Herren, Hohes Haus, ein paar Worte zum Post-Volksbegehren sagen, das wir heute ja auch mitdiskutieren: Das Volksbegehren „Stopp dem Postraub“ wurde, wie wir wissen, von zirka 140 000 Menschen österreichweit unterschrieben – von 140 000 Menschen, die sich Sorgen um die Versorgung vor allem im ländlichen Raum machen. (Abg. Neubauer: Und was hat die SPÖ damit gemacht?)

Dieses Volksbegehren und das Postmarktgesetz haben ein gemeinsames Ziel, und dieses Ziel ist die flächendeckende Versorgung der österreichischen Bevölkerung mit Postdienstleistungen, die man sich auch leisten kann. – Dieses Ziel wird mit dem neu­en Postmarktgesetz erreicht werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Post ist ein erfolgreiches – darauf können wir stolz sein –, ein börsenorientiertes Unternehmen und wird zukünftig noch stärkerem Wettbewerb von privaten Anbietern ausgesetzt sein. Ziel für uns als Gesetzgeber ist


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es, für die Post vernünftige, zukunftsorientierte Rahmenbedingungen zu schaffen und die Post nicht in starre Rahmenbedingungen zu pressen; andererseits muss die flä­chendeckende Versorgung der Menschen sichergestellt werden. Das neue Gesetz tut genau das und garantiert, wie ich schon gesagt habe, 1 650 Postfilialen – das sind exakt um 350 mehr, als im Post-Volksbegehren gefordert werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Als Sozialdemokratinnen und Sozialde­mokraten ist es uns natürlich auch besonders wichtig und ein Anliegen, dass faire Ar­beitsbedingungen für die Beschäftigten der Postdienstleister geschaffen werden: Es darf kein Lohndumping, kein Untergraben von sozialen Standards geben. (Abg. Mag. Schatz: Aber wie? – Abg. Öllinger: Wie?) Mit dem neuen Postmarktgesetz wird sichergestellt, dass es für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Postdienst­leistern einen Kollektivvertrag geben wird. Das ist uns als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten besonders wichtig! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe der Abge­ordneten Dr. Moser und Strache.)

Sehr geehrte Damen und Herren, weiters ist es auch wichtig, zu sagen, dass es nicht sein kann, dass sich private Anbieter nur die Rosinen herauspicken! (Abg. Strache: Das sind ja lauter Unwahrheiten!) Es kann nicht sein, dass ein privates Unternehmen seine Zustelldienste nur auf große Ballungsräume wie etwa Wien, Graz und vielleicht noch Linz konzentriert – alles andere ist ihm egal – und dort die Post mit Dumpingprei­sen unterboten wird, während der Universaldienstleister auf höheren Zustellkosten im Land sitzen bleibt. Der Universaldienstfonds ist ein probates Mittel für den Ausgleich dieser finanziellen Nachteile.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich fasse zusammen: Mit diesem aus­gewogenen Gesetz stellen wir sicher, dass auch der ländliche Raum mit Postdienst­leistungen versorgt ist, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer abgesichert sind – das ist uns besonders wichtig – und dass die Post rechtzeitig auf die vollständi­ge Liberalisierung des Marktes 2011 vorbereitet ist.

Ein wirklich schöner Erfolg, sehr geehrte Damen und Herren, Hohes Haus, unserer Bundesministerin Doris Bures, und ich gratuliere aufrichtig zu diesem Gesetz! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe des Abg. Neubauer.)

10.51


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


10.51.02

Abgeordneter Christoph Hagen (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Herr Minister! Hohes Haus! Als ich vorhin Abgeordnetem Heinzl zugehört habe, hatte ich den Eindruck, er hat keine rote Brille, sondern eine rosarote Brille auf, denn was Sie hier – entschuldigen Sie den Ausdruck – „verzapft“ haben, das glauben Sie doch selbst nicht! (Beifall beim BZÖ. – Ruf bei der SPÖ: O ja! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, apropos rosarot: Ich habe heute extra eine rosarote Krawat­te umgebunden, damit auch die Frau Minister ihre rosarote Brille absetzt, die ihr Herr Faymann aufgesetzt hat, denn dieses Gesetz hier ist untauglich. Sie sehen vielleicht schärfer, wenn Sie diese Brille abnehmen – das wäre notwendig, Frau Minister! (Zwi­schenruf der Abg. Schönpass.)

Dieses Volksbegehren „Stopp dem Postraub“ sollte eigentlich heißen: Stopp die Minis­ter Bures, Faymann und Co.! – Das ist Fakt, meine Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ. – Abg. Mag. Wurm: Na bitte! – Abg. Dr. Cap: Dein Applaus! Dein Applaus!) Chaos und Ruckzuck-Aktionen, die deswegen entstanden sind, weil der damalige Herr Verkehrsminister und heutige Bundeskanzler Faymann das alles verschlafen hat. (Abg. Mag. Wurm: Gorbach! Gorbach!) – Nein, nein, das war schon Herr Faymann!


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Ich blende zurück: Obwohl 2007 der damalige Herr Verkehrsminister Faymann dem EU-Post-Liberalisierungsgesetz bis 2011 zugestimmt hat (Zwischenruf des Abg. Dr. Cap) – er hat es mitgetragen –, war zwei Jahre lang Stillstand unter Herrn Fay­mann. Er hat weder die Post AG noch die privaten Anbieter darauf vorbereitet, er hat sie einfach im Stich gelassen. (Abg. Mag. Johann Maier: War das nicht der Herr Gor­bach?! Das war doch der Herr Gorbach!) Und wenn ich beim Herrn Faymann bin: Er war sehr beschäftigt ... – Wir kommen schon noch darauf zurück! Ich komme noch auf die Geschichte zurück – Herr Heinzl hat hier einiges etwas falsch dargestellt, und ich werde das noch berichtigen. (Abg. Dr. Cap: ... Gorbach!)

Herr Faymann war scheinbar viel zu sehr damit beschäftigt, am Stuhl des damaligen Kanzlers Gusenbauer zu sägen, und hat vor lauter Beschäftigung damit vergessen, dass er eigentlich noch Arbeit als Minister hätte. – Und jetzt möchte ich darauf zurück­kommen: Herr Faymann hat eine Alibi-Verordnung gemacht im November 2008 – da­mals war er noch Verkehrsminister, der damalige Bundeskanzler in spe ... (Abg. Dr. Cap: Das war der Gorbach!) – 2008 war das Faymann.

Erinnern Sie sich: Da ist es um die Postamtsschließungen gegangen. – Herr Faymann hat im ORF-„Morgenjournal“ großmundig verkündet: Ich werde es nicht zulassen, dass jemand 200 oder noch mehr Postfilialen zusperrt. – Dieser Jemand sitzt jetzt hinter mir.

Frau Minister Bures, Sie sperren jetzt 300 Postfilialen zu – und Herr Faymann?! Wo ist er? – Nicht da! Er lässt es zu. (Abg. Neubauer: Das ist seine Stärke!) – Das ist seine Stärke, genau, so ist es! Herr Faymann ist jemand, der heute so und morgen anders redet. Das muss auch einmal gesagt werden, meine Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ. – Zwischenruf des Abg. Strache.)

Dummerweise hatte Herr Faymann das im Februar 2009 vergessen – das ist vielleicht eine vorübergehende Amnesie gewesen –, denn er hat dann davon gesprochen, dass man nicht darum herumkommen wird, 300 Postämter zu schließen.

Aber die Vergesslichkeit dürfte in der SPÖ so ein bisschen als ein kleines Gespenst herumgehen – so eine kleine Grippe der Vergesslichkeit –, denn Herr Gusenbauer hat kürzlich auch gegen die Studiengebühren gewettert: Er hat damals versprochen, dass er sie abschafft – abgeschafft hat er sie nicht! Und dann steht er mit den Studenten dort (Abg. Dr. Jarolim: Das ist ja Kraut und Rüben, was Sie da herumreden!) und macht einen schönen Aktionismus gegen die Studiengebühren mit diesen linksextre­men Audimax-Chaoten, die da drinnen sind. – Das ist Ihre Klientel. (Abg. Strache: Vom Postamt direkt ins Audimax! – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Eines möchte ich schon sagen: Herr Faymann ändert ja seine Meinung stündlich – das ist nichts Neues.

Jetzt möchte ich aber noch zurückkommen zum Kollegen von der SPÖ da oben. (Abg. Mag. Johann Maier: ... Gorbach!) – Sie haben gesagt, Herr Gorbach war es. Wissen Sie, wann das Ganze begonnen hat? – Das hat am 30. April 1996 begonnen – und da war noch kein Herr Gorbach in der Regierung –, da ist nämlich die Post- und Telegra­phenverwaltung gesprengt worden, das heißt getrennt worden, und das war der Beginn des Ganzen. (Abg. Mag. Kuzdas: Das stimmt ja nicht! Lernen Sie Geschichte!) – Selbst­verständlich! So ist es, meine Damen und Herren, so schaut es aus! (Abg. Dr. Matz­netter: Wer schreibt Ihnen ...?!)

Interessant ist auch, Frau Minister, dass Sie angekündigt haben, Sie werden 1 650 Post­stellen einrichten. – Derzeit sind von den 1 300 Postfilialen, die es gegeben hat, nur mehr 1 139 übrig. (Abg. Mag. Johann Maier: Den Rest hat der Herr Gorbach ...!) 440 Postpartner sind dazugekommen, ergibt gemäß meiner Rechnung nach Adam Riese 1 549, also fehlen 101 Poststellen, meine Damen und Herren. Von flächende­ckender Postversorgung ist nicht die Rede!


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Dann steht auch in diesem Postmarktgesetz, dass ab 10 000 Einwohnern oder in allen Bezirkshauptstädten gewährleistet sein muss, dass für mehr als 90 Prozent der Ein­wohner eine Postgeschäftsstelle in maximal zwei Kilometer Entfernung oder Postge­schäftsstellen in maximal zehn Kilometer Entfernung beziehungsweise in zehn Minuten Fahrzeit vorhanden sind. – Sie alle kennen die Stellungnahmen der Tiroler Landesre­gierung, der Vorarlberger Landesregierung: In Vorarlberg sind es lediglich neun der 96 Gemeinden, wo das erfüllt wird. Meine Damen und Herren, so schaut es aus, und da ist von Ihnen nichts geändert worden! (Beifall beim BZÖ. – Abg. Mag. Kuzdas: Kol­lege, Sie sind relativ ahnungslos!) – Ich habe schon Ahnung!

Als Postgeschäftsstellen gelten auch solche fremdbetriebenen Postgeschäftsstellen, zum Beispiel im Gemeindeamt, die bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Re­gelung weniger als 20 Wochenstunden oder fünf Werktage pro Woche geöffnet haben. Die Gesamtzahl der Postgeschäftsstellen mit weniger als 20 Wochenstunden darf aber 165 nicht übersteigen.

Ich habe dann im Ausschuss bei Ihnen nachgefragt – ich habe bis heute keine Antwort bekommen –, wie viele dieser Poststellen darunter liegen. Auch hier sind Sie säumig. Ich habe Ihnen eine schriftliche Anfrage gestellt; vielleicht werden Sie diese beantwor­ten. (Zwischenruf der Abg. Schönpass.)

Frau Minister Bures, sorgen Sie für eine qualitativ hochwertige, flächendeckende Ver­sorgung mit Postdienstleistungen und für faire Verhältnisse! Es liegt auch ein Antrag vom BZÖ vor, der zur Beratung steht – ich ersuche Sie, diesem zuzustimmen.

Ich sehe das Problem der Ausdünnung von Postdienststellen am Land. Da darf es nicht passieren, dass die Post nur die unattraktiven Bereiche übernehmen muss, das heißt, die Kosten dort decken muss, wo es nicht interessant ist – und dort, wo es finan­ziell interessant ist, die privaten Anbieter den Markt überlaufen. Da muss Gerechtigkeit, muss Fairness her – darauf muss man achten!

Ein weiterer Punkt ist die Fairness beim Personal: Jetzt werden bei der Post sehr viele Beamte in irgendwelche „Auffanglager“ gesteckt – Pools nennt man das. Dort sind sie zum Nichtstun verurteilt, und schlussendlich werden Leasing-Arbeiter oder billige Ar­beitskräfte eingestellt. – Das kann es nicht sein! Schauen Sie auf die Leute, lassen Sie die Beamten nicht im Stich! Diese haben das nicht verdient, sie sind unter anderen Verhältnissen in diese Arbeit hineingegangen. (Beifall beim BZÖ.)

Ein weiteres Problem ist die Überstellung der Postbediensteten zur Polizei: Das liegt nicht ganz in Ihrem Bereich, aber hier ist die Ausbildung mangelhaft; sie sollte verstärkt werden. Diese Beamten haben dort auch kein leichtes Leben: Wenn sie nur einen 08/15-Kurs bekommen, dann wird ihnen die Arbeit keine Freude machen, und dann sind sie keine wirkliche Entlastung für die Polizei. Hier ist auch Handlungsbedarf ange­zeigt.

Alles in allem kann ich feststellen, dass Herr Bundeskanzler Faymann wieder einmal seine Hände im Spiel gehabt hat: Überall, wo er seine Hände im Spiel hatte, liegen Scherben herum, und Sie dürfen sie zusammenkehren und dann zusammenkleben. – Leider ist hier etwas durcheinandergekommen. (Präsident Neugebauer gibt das Glo­ckenzeichen.)

Schlusssatz: Das BZÖ wird diesem Postmarktgesetz wegen unzureichender Sicher­stellung einer qualitativ hochwertigen flächendeckenden Versorgung mit Postdienstleis­tungen nicht zustimmen. (Beifall beim BZÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.)

10.59


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Maier. – Bitte.

 



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11.00.01

Abgeordneter Dr. Ferdinand Maier (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe es an dieser Stelle schon einmal gesagt, dass dieses Gesetz nicht unbedingt unter einem guten Stern steht. Ich habe auch damals schon darauf hingewiesen, dass der erste Entwurf von einer gewissen Orientierungslosigkeit geprägt war, und auch diese ganze weitere Vorgangsweise, würde ich meinen, zeigt ein gewisses Defizit im politischen Manage­ment auf. Das habe ich einmal schon an dieser Stelle gesagt. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Grosz: Seine eigenen Abgeordneten klatschen nicht, und er sagt das, was Öster­reich denkt!)

Ich erinnere auch daran, dass es für uns unverständlich war, dass am 17. April dieser Gesetzentwurf in die Begutachtung gegangen ist und am 28. Mai völlig neu wieder auf den Tisch des Hauses gekommen ist, und ich habe damals schon darauf hingewiesen, dass es nicht ganz verständlich ist, dass es diesen Zeitdruck gibt. Aus dem Kabinett der Frau Bundesminister wurde uns nämlich erklärt, dass es da einen so großen Zeit­druck gibt.

Das war alles im Vorfeld des oberösterreichischen Landtagswahlkampfes, und ich hat­te auch den Eindruck, dass die Frau Bundesministerin ein wenig eine Getriebene war durch den damaligen Vorsitzenden der SPÖ Oberösterreich. – Ich glaube, er hat Hai­der geheißen. (Abg. Ursula Haubner: Genau!)

Angesichts des Wahlergebnisses in Oberösterreich weiß man, dass es eine Fehlein­schätzung war, dass man hier mit diesem Zeitdruck versucht hat, irgendwelche Dinge zu beeinflussen, denn das SPÖ-Wahlergebnis hat ja ohnehin eine deutliche Sprache gesprochen. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)

Ich glaube aber, dass wir durchaus auch über die Schließung der Postämter reden soll­ten; ich komme dann auch noch darauf zu sprechen. Ich möchte aber vorerst den Ini­tiatoren und jenen, die das Volksbegehren unterschrieben haben, sagen, dass wir sei­tens der Österreichischen Volkspartei in dieser Diskussion drei Grundsätze einge­bracht haben: Die flächendeckende Versorgung mit Postdienstleistungen muss unbe­dingt sichergestellt sein, die Zukunft der Post und ihrer Mitarbeiter darf nicht aufs Spiel gesetzt werden, die Post darf nicht zur AUA werden. – Ich ergänze das jetzt noch und sage: Die Post darf nicht zum „Konsum“ werden. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Und es müssen die Rahmenbedingungen für einen fairen Wettbewerb auf einem liberalisierten Postmarkt geschaffen werden.

Meine Damen und Herren, wir haben daher im Ausschuss auch eine Ausschussfest­stellung getroffen, nämlich insofern, dass die Unterzeichner des Volksbegehrens wis­sen, dass hinsichtlich der Postgeschäftsstellen ein adäquates Verhältnis von Postfilia­len und Postpartnern bestehen bleibt und dass der Einsatz von Postpartnern an jenen Standorten, die sich nicht mehr rechnen, sichergestellt ist und so auch die 1 650 Post­stellen gesichert sind.

Frau Bundesministerin Bures hat einen Bescheid bezüglich einer Schließung der Post­ämter erlassen. Wir haben damals aufgezeigt, dass das natürlich ein gewisses Hinein­regieren in ein Unternehmen ist, das ein börsennotiertes Unternehmen ist. Und ich glaube auch, dass wir hier ein wenig in Erinnerung rufen müssten, was tatsächlich bei der Frage der Struktur der Postämter sichergestellt werden muss.

Wenn ich davon gesprochen habe, dass die Post nicht zum „Konsum“ werden darf (Abg. Grosz: Und auch nicht zur BAWAG!), dann möchte ich manche auch noch daran erinnern, dass es da um eine Handelsorganisation geht, die 100 Jahre alt war, die von der SPÖ geführt wurde und die aufgrund einer schlechten Standortpolitik, einer schlechten Filialstruktur Mitte der neunziger Jahre den wirtschaftlichen Kollaps erlitten hat. (Zwischenrufe der Abg. Hagenhofer.)


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Liebe Frau Kollegin, lernen Sie vom „Konsum“ Folgendes: Wenn Sie Standorte auf­rechterhalten, die sich nicht rechnen, die Verluste machen, wird es irgendjemand be­zahlen müssen. Und ich schreibe Ihnen ins Stammbuch, Frau Kollegin: Sie können aus einer Kassa nur so viel herausnehmen, wie drinnen ist. Und wenn Sie Verluste ma­chen, müssen Sie nachdenken, wer sie abdeckt.

Wenn Kosten entstehen, so wie sie beim „Konsum“ entstanden sind, entstehen sie auch bei Postfilialen. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Da müssen Sie nachfragen: Ist es fair, ist es gerecht, dass diese Verluste abgedeckt werden, und wer deckt sie ab? Daher ist das System, das hinsichtlich der Postpartner vorgeschlagen wird, ein richti­ges, vernünftiges System, das auch gewährleistet, dass die Nahversorgung in diesen Gebieten sichergestellt ist.

Ich glaube daher, meine Damen und Herren, dass wir, wenn wir heute dieses Gesetz verabschieden, auch darauf hinweisen müssen, dass es leider nicht gelungen ist, eine Gleichbehandlung jener, die eine Zeitungszustellung in diesem Land organisieren, si­cherzustellen. Wir haben versucht, hier auch eine verfassungsrechtliche Stellungnah­me zu erhalten – die haben wir nicht bekommen.

Natürlich gibt es, und es wurde schon darauf hingewiesen, das eine oder andere an Bedenken in Richtung des EU-Rechts beziehungsweise auch verfassungsrechtliche Bedenken. Ich habe im Ausschuss darauf hingewiesen. Sollte es dazu kommen, liegt das in der alleinigen Verantwortung der Frau Bundesministerin. Wir haben versucht, in den Beratungen ein wenig auf sie einzuwirken, dass es zu einer Änderung kommt – es ist uns leider nicht gelungen. (Abg. Ing. Westenthaler: Könnte ein Redner von uns sein!)

Lassen Sie mich daher zusammenfassend Folgendes sagen: Wir sehen im Zuge die­ses Gesetzes die Möglichkeit, die flächendeckende Versorgung sicherzustellen, und wir glauben auch, dass die Frage der Postpartner der richtige Weg ist. Die Schlie­ßung von Postämtern hat ja aufgezeigt, dass hier Postdienststellen geschlossen wer­den, in denen am Tag fünf Briefe oder sieben Pakete aufgegeben werden; und hier eine andere Organisation zu suchen im Wege dieser Postpartner, die auch eine andere Öffnungszeit anbieten und somit konsumentenfreundlicher sind, scheint der richtige Weg zu sein, ein Weg, den wir auch unterstützen. Und ich glaube auch, dass die Aus­schussfeststellung im Zusammenhang mit den Unterzeichnern des Volksbegehrens dem Rechnung trägt.

Die Bedenken, die wir haben, insbesondere was die verfassungsrechtliche Behandlung anbelangt – ist gleich Gleichstellung der Zulieferer, was Zeitungen angeht –, halte ich aufrecht. Ich hoffe aber trotzdem, dass dieses Gesetz so gelebt wird, dass auch sei­tens des Postmanagements alles getan wird, dass die Mitarbeiter jene Entwicklung nehmen, die wir erhoffen, nämlich das, was an Umschulungen und dergleichen begon­nen wurde, fortzusetzen, damit es hier eine vernünftige wirtschaftliche Entwicklung sei­tens der Post gibt. (Beifall bei der ÖVP sowie beim BZÖ.)

11.06


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Dr. Moser zu Wort. 8 Minuten. – Bitte.

 


11.06.35

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Minis­terin! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Maier, ich verstehe nicht, warum Sie noch in derselben Regierung verharren, wenn Sie jetzt hier öffentlich derar­tige Kritik äußern, aber im Vorfeld nicht in der Lage waren, die Kritikpunkte konstruktiv einzubringen. Das verstehe ich nicht. (Beifall bei den Grünen.)

Aber gerade Ihren Ausführungen ist ja zu entnehmen, dass die jetzige Situation, die jetzige Art und Weise des Postmarktgesetzes von vorne und hinten betrachtet ein völli-


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ger Murks ist. Es wird nicht den Erfordernissen gerecht, weder den einen noch den an­deren. Es ist ein großkoalitionäres Zwitterwesen, das vor allem nicht die Sünden der Vergangenheit aufarbeitet.

Ich darf Ihnen ganz kurz einmal die Situation schildern. Es ist ja schon angesprochen worden: Wie soll in Zukunft eine Pensionistin, ein Pensionist, die/der im ländlichen Raum lebt, ihre/seine Rente abholen? Ihr Gesetz sieht vor: Zehn Kilometer bis zur nächsten Postgeschäftsstelle, und da ist noch nicht garantiert, dass diese Postge­schäftsstelle auch wirklich alle Finanzdienstleistungen bietet, die ein Postamt anbietet. Und diese Pensionistin, dieser Pensionist soll sich dann die Rente abholen!

Zehn Kilometer auf dem Land heißt also Auto fahren. Ihre Rechnung lautet: 10 Minu­ten für 10 Kilometer. Das stimmt hinten und vorne nicht – Sie kennen die Topographie Österreichs nicht! Sagen Sie mir, welche Pensionistin/welcher Pensionist wirklich noch im hohen Alter fähig ist, Auto zu fahren? Das ist das Resultat ihrer Entfernungs- und Zeitrechnung für die flächendeckende Versorgung auf dem Land. Das ist ein Murks, sage ich! (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte Ihnen noch einmal die Vergangenheit zeigen. (Die Rednerin stellt eine Schautafel, auf der Österreich dargestellt ist und in verschiedenen Farben bereits auf­gelassene beziehungsweise noch bestehende Postämter eingezeichnet sind, vor sich auf das Rednerpult.) Es ist ja heute schon davon gesprochen worden: Wir haben in der Zeit von Schwarz-Blau eine völlige Ausdünnung der Versorgung in der Fläche gehabt. (Abg. Ing. Westenthaler: Das sieht man nicht! Zu klein!) Schauen Sie sich die weißen Flecken an: Die weißen Flecken zeigen die nicht mehr versorgten Gebiete. Schauen Sie sich die hellbraunen Flecken an: Dort gibt es nur eine einzige Postdienststelle. Und schauen Sie sich die roten und grünen Punkte an: Die bedeuten, dass es hier Postersatzstellen, dass es hier Postgeschäftsstellen gibt, Servicepartner et cetera.

Schauen Sie sich das an: In der Steiermark weiße Flecken vorne und hinten! Auch die Ersatzrate war in der Steiermark schlecht. Die geringsten Ersatzraten haben wir beim Zusperrkonzept in Niederösterreich und Oberösterreich gehabt; nur 41 Prozent betrug die Ersatzrate. Postämter sind zugesperrt worden, für nicht einmal die Hälfte ist dann wieder eine Postservicestelle eröffnet worden; ebenso in Oberösterreich.

Bitte, das ist die Politik von Blau, von Braun gewesen, und das war vor allem die Ver­sorgung des ländlichen Raumes durch Schwarz! Ihre schwarze Politik führte zu diesen weißen Flecken. Und heute haben wir die Situation, dass dieses Postmarktgesetz das wieder rückgängig machen soll, aber das geht nach der Ausrichtung dieses Gesetzes leider nicht. Wir würden es verlangen!

Frau Ministerin, 140 000 Österreicherinnen und Österreicher haben verlangt, dass es wieder eine flächendeckende Versorgung gibt. – Aber nein, Sie machen das nicht mit einem Gesetz, sondern sagen nur, insgesamt muss es 1 650 Postservicestellen, Geschäftsstellen geben – und definieren nicht, wie viele Postämter es geben soll! Voll­versorgung ist nicht gegeben durch Postservicestellen; ein Postamt bietet mehr. Und Sie definieren auch nicht genau den Versorgungsgrad, Frau Bundesministerin. Diese zehn Kilometer, die ich genannt habe, sind eine Daumen-mal-Pi-Rechnung; in den Bal­lungszentren sind es jedenfalls auch zwei Kilometer.

Schauen Sie sich doch einmal die reale Situation an, wenn Sie beispielsweise Brief­marken kaufen wollen, denn Trafiken bieten diese nicht mehr an. Weiters: Wo soll man Briefe einwerfen, wenn Postkästen abmontiert werden?! Und wenn man zu Hause in den Postkasten schaut: Ich finde dort oft falsch adressierte beziehungsweise über­haupt nicht an mich adressierte Briefe. Fazit: Das ist das Resultat des Personaldrucks bei der Post AG, wo teilweise jetzt schon Personal in Untergesellschaften, in Subge­sellschaften eingesetzt wird und nicht mehr die vorher gegebene Qualifikation aufweist,


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wobei es da vor allem auch so ist, dass diese Menschen zu Dumping-Löhnen mit Post­sendungen in die Straßen und Gassen geschickt werden – und dann kommt es natür­lich aufgrund enormen Zeitdrucks zu Fehleinwürfen. – So geht das doch nicht weiter, Frau Ministerin! (Beifall bei den Grünen.)

Ja, die EU hat auch da Liberalisierung vorgeschrieben, aber wir Grünen haben immer gesagt: Die Liberalisierungspolitik der EU in diesem Bereich ist völlig kontraproduktiv, und in diesem Feld lehnen wir die EU-Politik als sozial- und versorgungskontraproduk­tiv ab und werden da nach wie vor unseren EU-kritischen Ansatz immer wieder anspre­chen.

Was, Frau Bundesministerin Bures, tat Ihr Vorgänger, nämlich Herr Faymann? – Er reihte sich ein in die Liste jener Regierungsminister, die zur Umsetzung der EU-Richtli­nie das Jahr 2011 als frühen Zeitpunkt anpeilten, obwohl da das Jahr 2013 auch noch möglich gewesen wäre. Aber nein, Österreich musste da unter den „frühen Ländern“ sein. EU-Beitrittsländer sollen länger Zeit haben, Österreich müsse da früher dran sein, war Ihre Argumentation im Ausschuss, nur: Die stimmt leider nicht.

Uns Durchschnittskunden und -kundinnen bringt diese EU-Liberalisierung beträchtliche Nachteile. Schauen Sie sich doch das Postmarktgesetz an! Erstens: KundInnen haben keinerlei Recht darauf, dass es Konsequenzen gibt, wenn man Beschwerden vorbringt. Zweitens: Für die KundInnen ist keine Vertretung im Postgeschäftsbeirat vorgesehen. Und drittens: Wenn ein Postamt geschlossen wird, kann sich die betreffende Gemein­de nicht mehr an den Verwaltungsgerichtshof wenden. Wenn ein Postamt geschlossen wird, kann es geschlossen werden, weil die Regulierungsbehörde nicht mehr tätig wird. Und wenn diese nicht tätig wird, wird ein Postamt eben geschlossen. Das ist doch ge­radezu ein Freibrief für die Post AG!

Und, Frau Ministerin, in diesem Gesetz sind auch keine Strafbestimmungen vorgese­hen, wenn es zu Verstößen gegen den Datenschutz kommt. Das ist doch alles Murks! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf bei der SPÖ.) – Ja, im Detail.

Schauen Sie sich auf der anderen Seite die Aushöhlung des Universaldienstes an, wenn es, um ein Beispiel zu bringen, um kostenlose Qualitätskriterien geht, die geleis­tet werden müssen: Am Land sind teilweise teurere Tarife zu befürchten; Zeit und Tarif der Zustellung werden verändert, wenn Sendungen bei Verteilerzentren eingereicht werden oder wenn man Retourpakete beispielsweise wieder an den Versandhandel zurückschickt.

165 Postdienstgeschäftsstellen brauchen gar nicht den normalen und umfassenden Universaldienst zu bieten. Was die Briefkästen betrifft, gibt es keine Wochenendentlee­rung mehr; das wird ersatzlos gestrichen. Und weiters – stellen Sie sich das vor, meine Damen und Herren –: Einen Beitrag zum Universaldienst müssen nur neue Teilnehmer am Postmarkt leisten, wenn sie über 1 Million € Umsatz haben. Daher also nichts leich­ter, als das in Subfirmen zu gliedern, damit eben der Umsatz unter 1 Million € bleibt – und den Universaldienst hat dann allein die Post AG zu erbringen. Und was macht die Post AG? – Sie dünnt weiter aus. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist Murks, Frau Mi­nisterin, und deswegen lehnen wir Ihr Gesetz ab! (Beifall bei den Grünen.)

Auf die verschiedenen Gummiparagraphen, was die Zeitungszustellung betrifft, die teil­weise EU-rechtswidrig, ja sogar verfassungswidrig sind, hat mein Kollege Maier schon hingewiesen (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen), und auf die Be­schäftigungsverhältnisse, wobei dieses Postmarktgesetz ein Sozial- und Lohn-Dum­ping nach sich ziehen wird, werden meine KollegInnen noch hinweisen. (Präsidentin Mag. Prammer gibt neuerlich das Glockenzeichen.)

Frau Ministerin Bures, das war nicht Ihr Gesellenstück! (Beifall bei den Grünen.)

11.14



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 62

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Bundesministerin Bu­res. 10 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


11.15.08

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Sehr ge­ehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Postmarktgesetz, das jetzt zur Diskussion steht, ist nach monatelangen und sehr inten­siven Verhandlungen, die geführt wurden, das Ergebnis für eine klare zukünftige Rege­lung, was Postdienstleistungen in ganz Österreich betrifft.

Ich habe mir jetzt sehr aufmerksam wieder einmal die Positionen aller Parteien hiezu angehört, und ich möchte jetzt auch die Gelegenheit dazu nutzen, noch einmal meinen Standpunkt dazu klar darzulegen, warum ich glaube, dass es so wichtig ist, ein neues Postmarktgesetz mit klaren Regelungen zu beschließen und dieses der Bevölkerung sozusagen zur Verfügung zu stellen.

Postdienstleistungen nimmt ja jeder von uns in Anspruch: Die einen holen Packerln von der Post ab, die anderen schreiben noch Ansichtskarten, und Menschen erledigen auch Bankgeschäfte in der Post. Und jeder/jede von uns sperrt, wenn er/sie nach Hau­se kommt, das Postkastl auf und schaut, was so alles gekommen ist. Das ist ein Be­weis dafür, dass es da eben um eine Dienstleistung geht, die wir tagtäglich in Anspruch nehmen und die so etwas wie eine Selbstverständlichkeit geworden ist, und zwar für alle Menschen, und auch für die Wirtschaft, für Unternehmen, für Betriebe ist diese Dienstleistung gar nicht wegzudenken.

Und weil das so ist, verstehe ich, dass es Unmut in der Bevölkerung gibt, verstehe ich, dass es Menschen gibt, die gesagt haben: Wir wollen mit einem Volksbegehren diese Sorge, die wir haben, zum Ausdruck bringen! Diese Sorge ist natürlich eine berechtig­te, gerade auch nach dem, was da in den letzten Jahren alles passiert ist. Mehrmals ist ja heute schon erwähnt worden, dass in Österreich in den Jahren 2002 bis 2005 800 Postämter, und zwar ohne irgendeinen Ersatz, geschlossen worden sind. (Zwi­schenrufe bei der FPÖ.) In unzähligen kleinen Gemeinden gibt es seither keinen Post­dienstleister mehr, wird in kleinen Gemeinden diese Dienstleistung nicht erfüllt.

Deshalb habe ich gesagt: Ich schaue da nicht länger zu, wir müssen handeln!, weil eben Anfang dieses Jahres die Post-Manager wieder angekündigt haben, 300 Postäm­ter zusperren zu wollen, worauf ich gesagt habe: Wenn es keinen Ersatz gibt, dann stimme ich dem nicht zu; ich stoppe diese Post-Schließungswelle der Vergangenheit! (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren, gerade Ihnen als gewählte VolksvertreterInnen brau­che ich wohl nicht zu sagen, dass es dazu in der Bevölkerung wirklich viele Diskussio­nen gegeben hat. Ich habe unzählige Schreiben von Bürgermeisterinnen und Bürger­meistern bekommen, die in Sorge darüber waren, dass diese Dienstleistung verloren­zugehen droht, und sie waren natürlich ganz massiv betroffen, was die Infrastruktur ih­rer Gemeinden betrifft.

Daher habe ich diese Schließungswelle gestoppt, indem ich einen Bescheid erlassen habe, dass es ohne Ersatzmöglichkeiten zu keinen Postamt-Schließungen kommen darf, obwohl es da einige gegeben hat, die gesagt haben: Na, das schauen wir uns an; da geht die Ministerin doch ein bisschen zu weit!

Es hat auch den Versuch gegeben, meine Bemühungen zunichte zu machen, indem man den Verfassungsgerichtshof angerufen hat. – Meine Entscheidung, diese Post­amt-Schließungen zu stoppen, war richtig; vor fünf Wochen hat mir der Verfassungsge­richtshof recht gegeben; das heißt: keine Schließungen mehr ohne Ersatz. (Beifall bei der SPÖ.)


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Wir können uns ja die Gemeinden ansehen, die ohne meinen Bescheid zum Stopp der Schließungen heute kein Postamt mehr hätten; das sind wirklich sehr viele Gemein­den, und zwar von Waldzell über Bürmoos, Niederalm, Fuschl am See, Rauris und so weiter: in jedem Bundesland finden sich Gemeinden, die diese Dienstleistung weiterhin und zu Recht haben wollten.

Aber weil ein Bescheid natürlich keine Rechtssicherheit garantiert, war es für mich kei­ne Frage, dass ich mit großem Elan und großem Engagement an einer klaren gesetzli­chen neuen Regelung arbeiten muss, und ich habe daher einen Gesetzentwurf vorge­legt, der eben diese klaren Regelungen auch für die Zukunft vorsieht, um das, was da in der Vergangenheit an Unerfreulichem passiert ist, in Zukunft auszuschließen.

Ich habe vier Ziele klar definiert, die ein neues, gutes Postmarktgesetz haben muss. Das erste ist: Es wird eine Mindestanzahl von 1 650 Poststellen gesetzlich – erstmals gesetzlich – in ganz Österreich garantiert. Das sind um 150 Dienstleister mehr als in der Vergangenheit.

Zweitens: Das Gesetz sichert faire Löhne für die Menschen, die dort beschäftigt sind. (Abg. Dr. Moser: Wie?) Es wird eine verpflichtende Anwendung eines Kollektivvertrags vorgesehen, weil es mir wichtig ist, gegen Lohn- und Sozialdumping aufzutreten. Daher wird ein Kollektivvertrag anzuwenden sein, wenn es um die Beschäftigten bei den Postdienstleistern geht. (Abg. Mag. Schatz: Welche?) Das ist soziale Sicherheit. (Bei­fall bei SPÖ und ÖVP.)

Drittens – auch das kam in der Diskussion –: Es gibt natürlich immer die Sorge, die Pri­vaten picken sich die Rosinen aus dem Kuchen; das berühmte Rosinenpicken. Und das wird durch dieses Gesetz ausgeschlossen: Nicht nur in den Ballungszentren, nicht nur in den Städten in Österreich, auch im ländlichen Raum, wo wir diese Dienstleistung haben wollen, wo es aber keine Gewinnchancen gibt, wird sie gewährleistet sein. Die Menschen brauchen sie dort, der Wirtschaftsstandort braucht sie dort. Auch dort muss diese Dienstleistung erbracht werden. Rosinenpicken ist durch dieses Gesetz ausge­schlossen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Der vierte Eckpfeiler dieses neuen Gesetzes, der mir ganz wichtig war, ist, dass es nun auch nach einem Entscheid des Verfassungsgerichtshofs für etwas, was seit Jahren im Unklaren ist, nämlich wer wofür die Kosten trägt, eine Klarstellung gibt. Das Gesetz stellt nämlich klar, dass die Hausbriefanlagen weder die Mieter noch die Wohnungs­eigentümer, noch die Hauseigentümer etwas kosten dürfen. Ihnen werden die Kosten für die neuen Hausbriefanlagen nicht überwälzt. Auch das habe ich im Gesetz vorge­schlagen und formuliert. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mein Ressort ist für den gesetzlichen Rah­men zuständig. Wie gesagt: die flächendeckende Versorgung, kein Lohndumping, kein Rosinenpicken, kein Kostenüberwälzen auf die Menschen dieses Landes, die diese wichtige Dienstleistung brauchen. Das ist meiner Auffassung nach ein gutes Ergebnis, auch wenn man da oder dort noch diskutieren möchte, aber das ist in der Gesamtbe­trachtung ein wirklich sehr gutes Ergebnis.

Dieses Gesetz führt auch dazu, dass die Verunsicherung, der Unmut, die Sorge der Bevölkerung, der Wirtschaft, aber auch der 23 000 Menschen, die bei der österreichi­schen Post beschäftigt sind, ein Ende haben werden, dass es wieder so etwas wie Zu­versicht, auch was ihren Arbeitsplatz betrifft, geben wird. Daher ist das ein gutes Er­gebnis. Ich mache kein Hehl daraus, dieses gute Ergebnis war nur deshalb möglich, weil in den monatelangen Verhandlungen so viele Leute positiv daran mitgearbeitet ha­ben. Sie haben dabei mitgeholfen.

Bei diesen möchte ich mich bedanken: Es war die Wirtschaftskammer, es war die Ar­beiterkammer, es war der Österreichische Gewerkschaftsbund, es war die Industriel-


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lenvereinigung (Abg. Weinzinger: Jawohl!), es war auch der Städte- und Gemeinde­bund mit den vielen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern, und es waren natürlich an der Spitze alle Expertinnen und Experten und BeamtInnen meines Hauses. Ein herzliches Dankeschön! Es ist ein gutes Gesetz, das jetzt viel an Verunsicherung der Vergangenheit beenden wird. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abge­ordneten der ÖVP.)

11.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun kommt Herr Abgeordneter Vilimsky zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


11.24.19

Abgeordneter Harald Vilimsky (FPÖ): Frau Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesmi­nister! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Lassen Sie mich dem Schönreden der Frau Minister ein bisschen Faktisches entgegenhalten! Wir befinden uns in der Berichterstattung der vergangenen Tage in Schwechat (in Richtung SPÖ), der ehemaligen Heimatgemeinde Ihres Hohen Vorsitzenden Klima, der jetzt in Argentinien tätig ist.

Da wird berichtet: Wegen Platzmangels in der Apotheke ist die Abholung hinterlegter Pakete in Zwölfaxing erfolgt. Eine Maßnahme der Post hat Freitag und Montag für Är­ger und Tumulte gesorgt, mit massiven Protesten des ÖVP-Bürgermeisters, denn die nicht in Empfang genommenen Briefsendungen mit Zustellnachweis und Pakete wur­den nicht beim Rannersdorfer Postpartner, nämlich der Wallhof-Apotheke oder im Postamt Schwechat deponiert (Heiterkeit der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein), son­dern sie mussten beim Postpartner in Zwölfaxing, und zwar beim Autohaus Keglovits behoben werden. (Heiterkeit bei Abgeordneten der FPÖ.)

Genau das sind die „segensreichen“ Wirkungen Ihrer Schließung von Postämtern und der Eröffnung von Postpartnern! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich weiß ja persönlich nicht, Frau Minister, wie das funktionieren, und zwar gut funktio­nieren soll. Wenn ich zum Greißler gehe und mir zwei Extrawurstsemmeln, einen hal­ben Liter Milch und vielleicht ein Kantwurstsemmerl kaufe, kann ich jetzt zusätzlich noch zwischendurch irgendeinen Einschreibvorgang erledigen.

Oder ich bin im Autohaus in Zwölfaxing, wo ich dem Verkäufer sage: Gehen S’, geben S’ mir einen Autoschlüssel! Ich mache eine Probefahrt, und inzwischen suchen Sie mir den Einschreibbrief mit der Nummer sowieso raus.

Das ist natürlich ein massives Absacken der Qualität, die wir sonst von den Postämtern gewohnt sind. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir wollen den Betreibern dieses Volksbegehrens zu dem hervorragenden Ergebnis gratulieren. Sie haben es geschafft, dieses Thema in das breite Bewusstsein zu brin­gen und auch vor unsäglichen Entwicklungen in diesem Bereich zu warnen. Das Inter­essante dabei ist: Der oberste Betreiber dieses Volksbegehrens ist ein ÖVP-Perso­nalvertreter. – Wir haben da ein sehr gutes Angebot, das an sich in erster Linie für die Sozialdemokraten gedacht ist, das wir aber auch auf die ÖVP erweitern können. Wir haben so etwas wie ein Aussteiger-Telefon für unzufriedene Personen aus der ÖVP oder auch der SPÖ. Da ruft man ganz einfach an, wir erledigen wie bei einer Bank sämtliche Formalitäten, checken den Anrufer quasi aus seiner Ursprungspartei Rot oder Schwarz aus und checken ihn quasi bei uns ein. Das ist eine Sache, die sich ho­her Beliebtheit erfreut. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.)

Man darf nicht vergessen, wo die Ursache dafür liegt. Die liegt in der Europäischen Union und den Notwendigkeiten, alles liberalisieren zu wollen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich behaupte, dass die Postämter ein heiliges Gut sind und auch zur basalen


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Versorgung eines Staates gehören müssen, weil man es nicht einfach so machen kann, dass man den Greißler, den Apotheker, vielleicht den Wirten oder den Tankstel­lenpächter dazu anhält, dass er das Postgeschäft erledigt.

Wissen Sie, wie lange die Ausbildungszeit dieser Postpartner ist? – Drei Tage! Sie wol­len den Tankwart, den Apotheker und den Greißler innerhalb von drei Tagen zu einem Postlerersatz machen? Das wird nicht funktionieren!

Die Betreiber des Post-Volksbegehrens haben es Ihnen auch gesagt: Mit diesem Ge­setz, das Sie heute beschließen, wird es in zehn Jahren kein Postamt mehr in Öster­reich geben, sondern das Geschäft wird nur noch über den Greißler, über die Tankstel­le oder sonst jemanden abgewickelt.

Natürlich hat unser Parteiobmann recht, wenn er sagt, das Briefgeheimnis wird nicht mehr das sein, was es einmal war, wenn die Post vielleicht beim Wirten liegt und die­ser sich dafür interessiert, was der Poldi Maier – nennen wir ihn so – für Briefe be­kommt, und der Wirt wird vielleicht einmal in den Brief reinschauen; oder es interessiert sich sonst jemand dafür, während der Wirt gerade die Biergläser auswäscht.

Zu diesen Hausbrieffachanlagen – auch eine „segensreiche“ Wirkung der Liberalisie­rung – sage ich Ihnen auch etwas: Ich war eines der ersten Opfer dieser Entwicklung. In meiner Wohnanlage wurden diese „tollen“ neuen Kasteln montiert. (Abg. Csörgits: Hubert Gorbach!) Und ich war so nachlässig und habe die Schlüssel verlegt. Da habe ich mir gedacht: Mist, jetzt kommst du nicht an deine Post ran! – Das war überhaupt kein Problem. Ich habe die ersten drei Monate einfach hineingegriffen und mir die gan­ze Post geholt! Sie wissen alle, es kommen Kontoauszüge, medizinische Befunde und vertrauliche Sachen an die Heimadresse. Das alles wird es nicht mehr geben, vor al­lem wenn es den Postler nicht mehr gibt, sondern die Turnpatschen-Brigaden irgendwo aus Afghanistan oder Indien dann die Briefe zustellen.

Wissen Sie, wie die Kriminellen heute agieren? – Indem sie zum Beispiel die Mistkübel durchstöbern und schauen, was drinnen ist, ob das eher jemand ist, der mehr Geld hat oder weniger Geld hat, ob er Garnelen isst oder die Hofer-Pizza isst. Daraus ziehen sie Rückschlüsse, welche kommerziellen Möglichkeiten diese Person hat, und nehmen dann gezielt ihre Einbrüche vor.

Jetzt schaut es so aus: Man greift einfach in das Briefkastel hinein, nimmt sich den Kontoauszug und weiß ganz gezielt, wo man einbrechen wird. Das kann es nicht sein! Und mit Ihrem Gesetz haben Sie nur die neuen Hausbrieffachanlagen einbruchsicher gemacht, nicht aber die alten – und 40 Prozent sind schon gewechselt worden. Das genau ist der Nachteil. (Beifall bei der FPÖ. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glo­ckenzeichen.)

Ich appelliere an Sie: Stimmen Sie dem nicht zu! Sie erlegen den österreichischen Postfuchs. Und eines sage ich Ihnen auch noch, Kollege Heinzl: Von dieser FPÖ hier hat niemand ein Postamt geschlossen. (Abg. Heinzl: Na, wer denn?!) Kein einziges! Da wenden Sie sich an eine andere Partei! (Beifall bei der FPÖ.)

11.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Kräuter gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


11.29.57

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bun­desministerin! Herr Minister! Herr Kollege „Opfer“ Vilimsky, Sie sollten Ihre Krokodils­tränen flott trocknen. (Abg. Vilimsky: Wer hat was zugesperrt?)

Ja, glauben Sie denn, dass die Bevölkerung so ein kurzes Gedächtnis hat? – Minister Schmid, Ministerin Forstinger, Minister Reichhold, Minister Gorbach; das ist ja die blau-


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orange-gestreifte Truppe, die letztendlich die Österreichische Post gefährdet und bei­nahe ruiniert hat. Das sollten Sie eingestehen und in Demut diesem neuen Gesetz zu­stimmen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Hagen: Am 30. April 1996 habt ihr angefangen! Nicht Kindesweglegung betreiben!)

Werfen wir den Blick zurück in die Jahre 2000 bis 2006! Die Bevölkerung ist ja zu Recht empört: Tausende Schließungen sind erfolgt. Und die Postbediensteten sind zu Recht frustriert: niemals Anerkennung, immer nur mehr Stress und Druck.

An dieser Stelle ist es wirklich einmal angebracht, meine Damen und Herren: Unter widrigsten Umständen haben die Damen und Herren von der Post ihre Arbeit ge­leistet. Ein herzliches Dankeschön dafür! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Oder: eine sinnvolle Infrastrukturpolitik im Interesse der ländlichen Bevölkerung. Schwarz-Blau-Orange, wie war eigentlich Ihre Politik? – Da hat es geheißen: Macht einfach, Unternehmen! Laisser-faire, liberale Wirtschaftspolitik, an die Börse! Zusper­ren – auf Teufel komm raus! Personalabbau – kein Problem! Die Damen und Herren Bürgermeister brauchen wir nicht zu fragen.

Das ist ja die Situation, die letztlich die SPÖ vorgefunden hat. Und es war Werner Fay­mann – und darauf sei hingewiesen –, der gesagt hat: Stopp! So kann es nicht weiter­gehen. Er hat dieses Sechs-Monate-Moratorium in Wirklichkeit erst in die Wege geleitet.

Herzlichen Glückwunsch, Frau Bundesministerin Bures! Sie haben es dann ermöglicht, dass ein modernes Postmarktgesetz entwickelt wird, das erstmals die flächendeckende Versorgung garantiert.

Unterstützung aus dem Unternehmen, von der Post AG? – Na, ganz im Gegenteil! „Last minute“ hätten noch hunderte Postämter geschlossen werden sollen. Und im Zu­sammenhang mit dem Bescheid, der das untersagt, ist ja hochinteressant, was der Verfassungsgerichtshof hiezu bemerkenswerterweise dem Unternehmen ausrichtet: Der Postmarkt besteht nicht nur aus Postbetreibern, sondern auch aus Kunden.

Es ist schon kurios und tragisch-komisch, dass einem Unternehmen vom Verfassungs­gerichtshof ausgerichtet werden muss, dass es auch auf Kunden Rücksicht nehmen soll.

Und der Koalitionspartner, die ÖVP, war natürlich immer voll zuständig. Die ÖIAG steht zu 52 Prozent unter der Verantwortung des Finanzministers. Wer ist der verlängerte Arm? – Da kommen wir wieder zum unsäglichen Herrn Dr. Michaelis. Was hat er denn im Zusammenhang mit der Post geleistet? Er hat sich etwas geleistet, denn das Einzi­ge, was von ihm gekommen ist, ist der Versuch gewesen, die Österreichische Post AG nach Deutschland zu verscherbeln – übrigens ohne Regierungsauftrag.

Sonst hat er überhaupt nichts getan. Jetzt frage ich mich einmal mehr, wozu die ÖIAG da ist: für die Telekom, für die OMV, wo wir wissen, dass alle aus diesen Unterneh­mungen einen weiten Bogen um Michaelis und die ÖIAG machen. Da wird eine völlig sinnlose Struktur aufrechterhalten.

Das „Transferkonto ÖIAG“ wäre vielleicht einmal ein lohnendes Klausurthema und die Frage: Warum muss der Steuerzahler, die Steuerzahlerin nach wie vor Millionen an diese sinnlose ÖIAG transferieren? – Damit sollten sich die Damen und Herren von der ÖVP beschäftigen, denn die Bevölkerung erwartet, dass dieser Spuk Anfang 2010 be­endet wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Kollege Ferdinand Maier – ich sehe ihn jetzt nicht, aber er wird wohl in den Kata­komben des Hauses zuschauen –: Sie haben von Orientierungslosigkeit gesprochen. – Das ist schon kühn. Am 10. November 2009 haben Sie Folgendes ausgesendet – ich darf zitieren –: „Maier: Postmarktgesetz sorgt für faire Wettbewerbsbedingungen“.


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Derselbe Maier sagt am 11. November 2009: „Postmarktgesetz – ÖVP-Infrastruktur­sprecher Maier befürchtet Wettbewerbsverzerrung“. (Abg. Hagen: Das ist fast wie „Bei Faymann“!)

In Wirklichkeit kann man nur sagen: Mensch Maier, 11.11., Faschingsbeginn! Merken Sie eigentlich, wie lächerlich Sie sich machen?! (Abg. Grosz: Das ist schon euer eige­ner Koalitionspartner?!)

Und es hat ja heute ein Dacapo und eine Draufgabe gegeben. Da stellt sich der Herr Maier her und kritisiert ein Gesetz in Grund und Boden, das er in gut einer Stunde hier beschließen wird. (Abg. Grosz: Könnt ihr das nicht im Koalitionsausschuss machen? In der Gruppenmediation?)

Die Motive dafür finde ich ganz woanders. Das dürfte wohl eine persönliche Frustration sein. Diese aber bitte nicht hier im Parlament abzubauen, sondern dort, wo sie hinge­hört, nämlich in der Wiener ÖVP-Landespartei! (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Herzlichen Glückwunsch! Es ist wirklich ein sehr gelungenes Gesetzeswerk, das wir heute hier beschließen werden: Garantie für flä­chendeckende Postdienstleistungen, Mitsprache der Gemeindevertretungen, faire Be­dingungen im Wettbewerb, gesicherte Kollektivverträge – das ist besonders wichtig, dass es keine Dumpinglöhne gibt –, und die Kosten für die Hausbrieffachanlagen wer­den nicht den Hauseigentümern oder den Mietern zur Last fallen.

Das ist, so glaube ich, eine große Errungenschaft. Herzlichen Glückwunsch! (Beifall bei der SPÖ.)

11.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Tadler zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


11.35.17

Abgeordneter Erich Tadler (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Minister! Herr Minister! Hohes Haus! Herr Kräuter, die Postzerschlagung begann 1996, Sie können es nachlesen. Aber es freut mich, der Fasching ist in der großen Koalition ausgebrochen. Sie verstehen sich ja bestens. Der eine befindet sich in den Kata­komben und der andere doch noch im Plenum. (Heiterkeit und Beifall beim BZÖ.)

Zur Sache. Mein letzter echter Salzburger Postler, sprich Packerlzusteller, feierte ges­tern seinen 60. Geburtstag. – Gratulation von dieser Stelle aus und noch viel Gesund­heit! Sechzigjähriger Postler!

Morgen gehe ich in Pension, teilte er mir mit. Nochmals gratulierte ich. Ergo wird dich das neue Postgesetz wahrscheinlich nicht einmal mehr peripherst interessieren, sagte ich ihm. Wahrscheinlich wird eh alles privatisiert und die Privaten nehmen alles, war sein lakonischer Kommentar.

Nun zum Ausschuss. Dort ist es zwischen den Regierungsparteien ungefähr auch so zugegangen wie jetzt. Die Proponenten des Volksbegehrens „Stopp dem Postraub“ waren ja geladen. „Mehr Mensch – weniger Partei“ hat es da vonseiten der Fraktion Christlicher Gewerkschafter geheißen. Mehr Mensch! In Salzburg war es übrigens mit 4,67 Prozent das beste Ergebnis des Volksbegehrens. Gratulation!

Der ÖVP waren die gesamten 140 582 Stimmen eine Ausschussfeststellung wert. – Danke an die Unterschreiber, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Ab 2011, statt 2013 wie in anderen EU-Ländern, wird nun der Postmarkt völlig liberali­siert. Wir sind ja wie immer die EU-Musterschüler. – Danke, Herr Bundeskanzler Fay­mann. Das lag ja noch in seiner Verantwortung, damals war er noch Infrastrukturminister.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 68

Für Manfred Wiedner, den Zustellungsbevollmächtigten des Volksbegehrens, waren die Zuständigkeiten für das Postmarktgesetz in der Regierung mit einem großen Fra­gezeichen versehen. Es wird der Ball wieder hin- und hergeschoben, Herr Bürgermeis­ter – Sie waren ja auch im Ausschuss –, und ich sage, in einer atemberaubenden Ge­schwindigkeit sind die Bälle im Ausschuss hin- und hergeschossen worden. Herr Wied­ner hat gesagt, 1 650 Postservicestellen dürfen Sie hinschreiben. Der Schließung der Postämter ist Tür und Tor geöffnet.

Und noch etwas, Frau Bundesminister: Wir vom BZÖ wollen volle Klarheit darüber, welche Postämter noch zugesperrt werden sollen.

So geschehen zum Beispiel in einer kleinen Pongauer Gemeinde, wo die Brief- bezie­hungsweise die Postpaketstatistik automatisch einer anderen Gemeinde zugerechnet worden ist. So kann es nicht gehen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Öffnungszeiten werden auf 20 Stunden gekürzt. Das funktioniert nicht mit 10 dag Wurst und Semmeln und mit Finanzdienstleistungen, diese zu verkaufen. Das geht auch nicht mit einer, wie schon Kollege Vilimsky gesagt hat, Drei-Tage-Einschulung. Das wird wohl ein bisschen zu wenig sein. Österreich ist eben nicht die Niederlande, Frau Minis­ter, nachdem von Ihnen festgeschrieben worden ist, dass es eine flächendeckende Versorgung geben soll.

Wir vom BZÖ fordern eine qualitativ hochwertige Versorgung mit Postdienstleistun­gen – das wird in unserem Antrag gefordert –, natürlich im Interesse der Bevölkerung und auch der Wirtschaft.

Laut Herrn Andreas Schieder – Sie kennen vielleicht noch den ehemaligen SPÖ-Abge­ordneten – soll es noch 130 000 Postmitarbeiter geben. Sie sollen echte Postler blei­ben, wie mein neuer Postpensionist einer war, der die Treppe quasi rauf- und runterge­flogen ist, meistens in den dritten Stock und mit vielen Paketen in der Hand.

Meine Kollegen und ich haben im Ausschuss viele interessante Fragen gestellt. Da gibt es meistens wenige Antworten von der Frau Minister. Wie viele Postämter werden noch geschlossen? – Sie haben 800 gesagt. (Zwischenruf des Abg. Dr. Cap.) Wir brauchen keine Versorgungslücken wie jetzt. Wegen der grassierenden Schweinegrip­pe kam es in einem Salzburger Stadtteil schon zu solchen Versorgungslücken, Herr Cap, dass keine Briefe mehr zugestellt werden konnten.

Wir wollen eine kundenorientierte Versorgungssicherheit und nicht nur Gewinnmaxi­mierungen. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Dr. Cap: Von wem ist dieser Text?) – Von mir, Herr Cap, Sie Vollhumorist!

Wir werden der Gesetzesvorlage natürlich nicht zustimmen. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

11.40


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Schul­tes. – Bitte.

 


11.40.34

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzte Frau Bundesminister! Geschätzter Herr Bundesminister! Geschätzte Kollegen im Hohen Haus! Wir diskutieren heute das Post-Volksbegehren. Ich freue mich sehr, dass wir bei diesem Thema auch die Kollegen von der Personalvertretung der Post hier haben. Ich kann nur sagen, ich habe im Ausschuss noch selten so eine qualifizier­te Diskussion erlebt wie jene mit Manfred Wiedner, der das eingebracht hat. Er hat für seine Sache gut argumentiert. Die Sitzung des Ausschusses war auf einem Niveau, das durchaus in Ordnung war. (Beifall bei der ÖVP.)


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Wir haben mit der Reform unseres Postmarktgesetzes einige Punkte aufgelöst, wo sich in der letzten Zeit gezeigt hat, dass sie bei den letzten Reformen vielleicht nicht ganz gut durchdacht waren. Aber eines ist auch ganz klar herausgekommen: Die 2 300 Post­filialen, die es einmal gegeben hat, will auch Frau Minister Bures nicht wieder haben, weil wir wissen, dass die Post heute in einer Wettbewerbssituation steht, in einem sehr veränderten Umfeld. Es geht uns darum, die Post auf Dauer wettbewerbsfähig zu hal­ten und damit einen der wichtigsten Dienstleister in unserem Infrastrukturwesen so auf dem Markt zu halten, dass die Menschen wirklich etwas davon haben, und zwar auf der einen Seite jene Menschen, die in der Post arbeiten, und auf der anderen Seite die Menschen, die diese Dienstleistungen in Anspruch nehmen. Gerade die Post ist eine Serviceorganisation, die von der großen Wirtschaft über die Logistik, über die Finanz­wirtschaft bis zu meinen Leuten auf dem Land, bis zur, sage ich einmal, Oma, die auf die Rente wartet, alle zu bedienen hat, und das zeigt mir, dass wir mit der Post sehr differenziert umgehen müssen.

Es ist so, dass die Post auf der einen Seite im knallharten Wettbewerb steht, auf der anderen Seite aber auch im Wettbewerb der Freundlichkeit, wenn ich es so sagen darf, denn heute ist es eben so, dass es die Postdienststellen gibt, aber auch die Postpart­ner. Daran sehen wir, dass dieselbe Dienstleistung in unterschiedlichstem Umfeld er­bracht werden kann und auch mit dem Aspekt der Freundlichkeit.

Seien wir ehrlich, nicht jedes Postamt ist ganz optimal unterwegs gewesen, nicht jeder Postpartner hat es ganz gut gemacht, aber wir sehen jetzt, dass jene erfolgreich sind, die die Zeichen der Zeit erkannt haben und die heute die Kunden als Kunden sehen und sich wirklich um die Kunden bemühen.

Die neuen Spielregeln geben uns da wirklich eine gute Anleitung dafür. Mit dem neuen Gesetz ist, glaube ich, sichergestellt, dass es erstens einmal eine klare Anweisung für das Postmanagement gibt, wie man in Zukunft vorzugehen hat. Auf der anderen Seite wissen wir, dass die Postpartner, die Dienstleister, die im Rahmen anderer Tätigkeiten der Bevölkerung Postdienstleistungen anbieten, mit fairen Verhältnissen auch seitens der Post rechnen können.

Es geht darum, dass die Postmitarbeiter wissen, dass sie mit fairen Verhältnissen rech­nen können. Ganz ehrlich, mein Briefträger daheim liegt mir am Herzen und soll wis­sen, dass es mir wichtig ist, dass dieses Gesetz ein ordentliches Gesetz ist, das ihm auch die Möglichkeit gibt, seine Arbeit so zu machen, wie sie Leute eben machen, die in einem ordentlichen Rechtssystem mit einem guten Kollektivvertrag arbeiten. Und ich will, dass in diesem Bereich Kollektivverträge gelten, und bin daher sehr froh über das gemeinsame Verhandlungsergebnis.

Auch für die Postkunden ist sichergestellt, dass die Versorgung in guter Qualität mög­lich ist. Man soll nicht vergessen, es geht nicht nur darum, dass es sie gibt, sondern auch darum, dass die Versorgung in guter Qualität erfolgt, denn der Wettbewerb ist of­fen und ab kommendem Jahr in allen Bereichen offen. Da brauchen wir uns nichts vor­zumachen: Wer da nicht gut ist, bleibt übrig. So stark kann die Post gar nicht sein, dass es daneben nicht andere geben wird, die die eine oder andere Leistung anbieten wer­den und vielleicht auch Erfolg haben werden.

Deswegen: Es ist wichtig, dass wir alle miteinander, die dieses System gestalten, vom Management bis zu den Mitarbeitern und den Postpartnern gemeinsam daran arbeiten, dass die Qualität so ist, dass die Österreicher damit zufrieden sein können, und die Si­cherheit auf der einen Seite, aber auch der wirtschaftliche Erfolg auf der anderen Seite gewährleistet ist. Es geht um die bestmögliche Infrastruktur. Das ist ein wichtiger Stand­ortfaktor und ein Faktor der Lebensqualität.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 70

Deshalb bin ich sehr froh darüber, dass wir dieses Gesetz auf die Reihe bringen, und bedanke mich sehr bei der Personalvertretung dafür, dass sie so wichtige Diskussions­beiträge gebracht hat, dass es letztendlich zu einem guten Ergebnis gekommen ist. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Mag. Schatz gelangt nun zu Wort. 5 Minuten. – Bitte.

 


11.45.37

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Her­ren! Der neue liberalisierte Postmarkt ist auch ein neuer Arbeitsmarkt mit völlig neuen Arbeitsbedingungen, und darauf möchte ich gerne Ihre Aufmerksamkeit lenken.

Lassen Sie mich bitte kurz zurückschauen und auch etwas klarstellen: Sie alle hier, ÖVP, BZÖ, FPÖ und SPÖ, waren und sind in den verantwortlichen Regierungen des letzten Jahrzehnts dafür zuständig. Sie alle haben es geschafft und zustande gebracht, einen ganzen Sektor mit guten Arbeitsplätzen, was den Versicherungsschutz betrifft, was auch eine faire Entlohnung betrifft – und ich spreche hier von bescheidener Ent­lohnung, wenn man sich die Zahlen anschaut –, Arbeitsplätzen mit einer guten Struktur von Interessenvertretung und auch mit einer guten Frauengleichstellungspolitik, wie sie eben im öffentlichen Sektor, im Unterschied zum privaten, eher möglich ist, Sie haben es geschafft, diesen guten Arbeitsmarkt sukzessive zu demontieren und die Qualität der Arbeitsplätze zu ruinieren. (Abg. Mag. Kuzdas: Die Grünen haben keine Verant­wortung! – Zwischenruf des Abg. Dr. Kräuter.) Das ist Ihre Verantwortung aufgrund Ih­rer Privatisierungs- und Liberalisierungspolitik. (Beifall bei den Grünen.) Nein, Herr Kol­lege Kräuter, es war die SPÖ, die die Privatisierung der Post eingeleitet hat. Wir ken­nen Geschichte, Sie hoffentlich auch. (Beifall bei den Grünen.)

So, und wie schaut es jetzt auf dem Arbeitsplatz Postmarkt aus? Sie alle kennen sie, die Männer, die aus ihrem Auto hüpfen, zur Haustüre laufen, das Paket abgeben, den Zettel abgeben, und so schnell, wie sie gekommen sind, sind sie auch schon wieder weg. Das sind Zusteller privater Zustellungsfirmen. Frau Ministerin, 90 Prozent dieser Zusteller sind Selbständige, Scheinselbständige, sage ich eher, denn sie haben nicht ihr eigenes kleines Unternehmen, sondern sie werden einfach nur dann bezahlt, wenn sie auch wirklich arbeiten. Das heißt, sie werden nicht bezahlt, wenn sie krank sind, sie werden nicht bezahlt, wenn sie im Urlaub sind, das heißt, sie haben keinen Ur­laubsanspruch. Und was verdienen diese Leute? – Mit ihren Tages- oder auch Stück­honoraren kommen sie – und Studien belegen das – auf 800 bis 900 € im Monat, und dafür müssen sie sich dann noch selbst versichern.

Meine Damen und Herren, so schaut es aus, so schaut der neue liberalisierte Post­markt aus: prekäre Arbeitsverhältnisse, überwiegend Beschäftigung ohne Versiche­rungsschutz und mieseste Bezahlung. Ich möchte klarstellen, wir Grüne halten diese Situation für völlig inakzeptabel. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren, ich habe sowohl den früheren Infrastrukturminister Fay­mann als auch die jetzige Frau Ministerin Bures immer wieder aufgefordert, da einzu­greifen, aber wir alle wurden vertröstet, wir sollten warten auf das, was jetzt vorliegt, das neue Postmarktgesetz.

Es wurde uns so viel versprochen. Ich zitiere Sie, Frau Ministerin, heute sagen Sie es wieder: Das Postmarktgesetz ist eine klare Absage an Lohn- und Sozialdumping. – Aber, meine Damen und Herren, ich sage Ihnen, dieses Versprechen ist falsch. Das ist ein Täuschungsmanöver. In diesem Gesetz steht absolut nichts, das verhindern wird, dass der jetzt zu privatisierende Briefmarkt ähnlich miese Beschäftigungsbedingungen bekommen wird, wie das im privaten Paketzustellungsbereich bereits der Fall ist. Die­ses Versprechen ist falsch, es ist ein Täuschungsmanöver.


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Täuschung Nummer eins: Sie sprechen von anzuwendenden Kollektivverträgen. – Da­zu brauchen Sie kein Gesetz und vor allem: Die anzuwendenden Kollektivverträge kann sich der Arbeitgeber aussuchen, wobei die Mindestlöhne in keinem davon höher als 1 200 € brutto sind. Vor allem haben die 90 Prozent Scheinselbständigen von die­sen Kollektivverträgen absolut nichts.

Meine Damen und Herren! Der Postmarkt ist heute ein Niedriglohnsektor mit unge­schützten prekären Arbeitsverhältnissen. Ihr Postmarktgesetz ändert daran ganz ge­nau gar nichts. Frau Ministerin Bures, Sie haben es verweigert, mit uns über einen ge­setzlichen Branchenmindestlohn zu reden. Sie haben es verweigert, festzulegen, dass private Postdienstleister ihre Dienstleistungen über unselbständige Beschäftigungsver­hältnisse erbringen müssen. Das alles haben Sie verweigert.

Meine Damen und Herren, mit diesem Postmarktgesetz lässt die Regierung alle Be­schäftigten auf dem Postmarkt im Stich!

Wir Grüne tun das nicht, und deshalb werden wir diesem Gesetz keinesfalls zustim­men. (Beifall bei den Grünen.)

11.50


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Bundesminister Dr. Mit­terlehner. 10 Minuten. – Bitte.

 


11.50.53

Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Kollegin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf von unserer Regierungsseite in Vertretung des verhinderten Staatssekretärs Reinhold Lopatka feststellen, dass es sich um ein durchaus herzeigbares und vertret­bares Ergebnis handelt, zu dem wir selbstverständlich stehen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Öllinger: Da sind Sie arm dran!)

Meine Damen und Herren, ich glaube auch nicht, dass Anlass und Inhalt des heutigen Gesetzes unbedingt der Stoff für irgendwelche Heldensagas sein können und für eine Abrechnung mit dem System nach dem Motto Gut und Böse geeignet sind. Ich darf an dem anknüpfen, was Herr Strache gesagt hat: Da ist die böse EU, gegenüber der wir uns immer als Musterschüler zeigen und alles nachmachen müssen, zitiert worden und der Anlass für diese Regelung. Es stimmt, aber der Anlass geht noch einen Schritt wei­ter: Er hat ganz simpel und einfach damit zu tun, dass das Postmonopol im Jahr 2011 eben auslaufen wird und somit eine Neuregelung zwingend notwendig ist. Und die Neuregelung hat Klarheit zu bringen und auch Orientierung, nicht nur für die Post, son­dern möglicherweise auch für andere Anbieter im Wettbewerb.

Wenn Sie jetzt das alles, diese jetzt vorliegende Gesetzesinitiative dafür haftbar ma­chen, dass eine bestimmte Entwicklung da ist, dann, muss ich sagen, kann dies nicht ganz zusammenpassen, denn diese Entwicklung – das haben ja mehrere von Ihnen angesprochen – gibt es seit rund 15 Jahren, und zwar deswegen, weil mit dieser Orga­nisationsstruktur und bei einer Kundenbesuchsfrequenz von einem Besucher pro Tag einfach nicht kostendeckend zu arbeiten ist, dem Kosten-Nutzen-Prinzip nicht entspro­chen werden kann, auf welcher Gesetzesgrundlage auch immer. Daher hat es diese Tendenz zu Schließungen gegeben, weil das marktmäßig nicht anders durchzuführen war.

Wenn hier und heute ein Gesetz vorliegt, dann ist es wenigstens eines, das diese Unsi­cherheit dahin gehend, was noch alles an Schließungen, an Änderungen kommen wird, ganz klar beendet. Das ist auch unser Ansatz: Es gibt Sicherheit, es gibt Klarheit. Vor allem ein Ansatzpunkt ist ganz wichtig, er gibt Sicherheit für die Bevölkerung: Es ist die flächendeckende Versorgung mit Postdienstleistungen gewährleistet. Das gilt nicht nur für den Großstadtbereich, sondern das gilt auch für den Landbereich.


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Da Sie gerade dort ansprechen, dass eben die Post nach wie vor der Universaldienst­leister ist, ist, muss ich sagen, auch die Problematik, dass etwa Rentner zehn Kilo­meter nicht bewältigen können, eine künstliche Problematik, denn genau dort ist eben diese Abdeckung vorhanden. (Abg. Öllinger: Nein!) Daher ist das nicht das wirkliche Problem. Das ist der eine Ansatzpunkt: flächendeckende Abdeckung, die durch die Post und ihre Postpartner gewährleistet ist.

Ich muss Ihnen aber aus meiner Sicht auch eines sagen: Es ist ein tolles Modell, das sich da unseren Betrieben, den Unternehmungen anbietet. Sie haben teilweise bis zu 15 000 € zusätzliche Umsätze. (Rufe: Wo?) Aber es ist natürlich die eine Überlegung möglich, dass ich sage, das ist ein tolles Franchise-Konzept, das da die Post anbietet. Auf der anderen Seite muss sich der Anbieter, nämlich die Post, selbst fragen, ob er in der richtigen Organisations-, in der richtigen Kostenstruktur anbietet, denn Wirtschaft ist Bedürfnisabdeckung. Und wer es selbst nicht erbringen kann, sondern möglicher­weise nur andere braucht, benötigt dringend ein entsprechendes Reorganisationskon­zept. Das ist aber offensichtlich auf dieser Basis jetzt möglich, weil Klarheit besteht, weil Sicherheit besteht.

Zum Zweiten ist natürlich der Ansatzpunkt, den Sie wahrscheinlich in den Medien mit verfolgt haben, nicht nur die flächendeckende Sicherheit für die Konsumenten, sondern auch die Frage nach dem Wettbewerbszugang. Und da gibt es auch noch andere im Wettbewerb, nicht nur die Post, die ebenfalls die Leistung erbringen wollen. Und die sagen: Ist es wirklich notwendig gewesen, ein Konzessionssystem aufzustellen? Wäre es nicht möglich gewesen, ein Anmeldesystem in der Form zu realisieren und somit auch den Zugang zu eröffnen?

Ich sage Ihnen, ich stehe zum Konzessionssystem. Es ist nicht einerlei, wer da anbie­tet, es ist eine bestimmte Qualität notwendig. Das ist mit unserer Umsetzung gewähr­leistet, aber diese ermöglicht auch anderen den Zugang. Und gerade die Versorgung von entlegenen Gebieten, auch dieses Umsatzmodell, wo eine Art Fondslösung ge­schaffen wird über 1 Million, sind ja eigentlich von der Kostentragung genau derjenigen dann zu sehen, die auch die Umsätze haben. Also da sind der Universaldienst, die flä­chendeckende Versorgung und Wettbewerbsgegebenheiten durchaus gut umgesetzt.

Daher: Wir haben hier einerseits Sicherheit. Wir haben auf der zweiten Seite auch die Orientierung. Und das Dritte – was Frau Schatz angesprochen hat – ist auch die Mitar­beitersituation. Wir haben den Kollektivvertrag. Der Kollektivvertrag gilt für diejenigen, die jetzt im System sind, der gilt aber auch für alle zukünftigen Mitarbeiter. (Zwischen­ruf der Abg. Mag. Schatz.) Wenn Sie Verantwortung so definieren, Frau Kollegin, dass Sie nie Verantwortung haben, weil Sie nie in einer Regierung waren, dann, muss ich sagen, werden Sie niemals Verantwortung haben. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

Sie können ja Verantwortung wahrnehmen nach dem Motto, was gut und was schlecht ist, nach sachlichen Gegebenheiten. Das wäre vielleicht ein Ansatzpunkt, der ganz an­ders und nicht nach politischem Kleingeld ausgerichtet ist. Das ist der Hintergrund für diese Maßnahme: Kollektivvertragspartner können selbstverständlich auch erhöhen.

Jetzt sage ich Ihnen auch noch Folgendes, was die Zufriedenheit der Kunden anbe­langt, weil Sie die immer zitieren: Wir haben eine Untersuchung von Frau Karmasin aus dem Oktober des Jahres 2009, also von vor einem Monat. Danach ist die Zufrie­denheit der Kunden mit den Leistungen der Postpartner bei über 80 Prozent. Und wis­sen Sie, was besonders gelobt wird? – Gelobt werden vor allem die Erreichbarkeit am Mittwoch – nämlich länger als 18 Uhr – und genauso das Offenhalten am Samstag.

Ich gebe zu, man kann in dem einen oder anderen Punkt das System noch verbessern, gerade was eingeschriebene Briefe und dergleichen anbelangt. Aber es ist ein gutes


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System, das möglicherweise auch den Hauptanbieter anregen wird, vielleicht die Ser­vicebedingungen auch nach dem auszurichten, was der Kunde will.

Meine Damen und Herren, damit bin ich auch schon bei der Zusammenfassung: Das ist eine Umsetzung, die sehr realitätsbezogen erfolgt ist, die im Prinzip dem Konsu­menten Sicherheit gibt, die der Wirtschaft entsprechende Wettbewerbsvoraussetzun­gen ermöglicht, nämlich sich zu beteiligen, aber auch die Versorgung mit Postdienst­leistungen.

Glauben Sie mir eines: Es wäre das Allerschlechteste, wenn heute jemand hier stünde und sagen könnte oder eine Aussendung machen könnte, er habe mit seinen Inter­essen gesiegt, die Interessen seien ungefiltert zum Durchbruch gekommen. Das gilt auch für die Zeitungsherausgeber und alle, die durchaus ordentliche Ausnahmegeneh­migungen haben, die auch das Zustellen ermöglichen. Aber würde heute ungefilterte Interessenvertretung feststellbar sein, dann wäre es eigentlich keine gute Regelung, denn diese Regelung setzt einen Balanceakt aller Interessen voraus. Dieser ist durch diese Umsetzung gewährleistet, und zu der stehen wir. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

11.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Meine Damen und Herren, entsprechend der beschlossenen Redeordnung gebe ich bekannt, dass die Gesamtredezeit bis 13 Uhr pro Fraktion nicht 14, sondern 12 Minuten beträgt.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Königshofer. Ich stelle die Uhr auf 4 Minu­ten. – Bitte.

 


11.58.51

Abgeordneter DDr. Werner Königshofer (FPÖ): Frau Präsident! Frau Bundesminis­ter! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Bundesminister Mitterlehner, die Botschaft hör’ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube! (Demonstrativer Beifall des Abg. Tadler.) Und ich werde Ihnen jetzt sagen, warum.

Es herrschen Wut und Verzweiflung über das neue Postmarktgesetz – so schreibt das eine Zeitung. Und sie hat recht damit, denn die Menschen in diesem Lande spü­ren, dass mit der herkömmlichen Post, mit dem herkömmlichen Postsystem ein wichti­ges Infrastrukturelement in unserem Lande, in unserem Staate zerstört wird.

Wo eine Post ist, dort sind Menschen, dort sind Räumlichkeiten, dort sind Kommunika­tionseinrichtungen, dort sind Fahrzeuge, dort sind mehr Einrichtungen, als Sie in jedem Postpartnerinstitut – was immer das sein mag – finden werden. Und das wird mit die­sem Postmarktgesetz zerstört.

Ich bringe Ihnen jetzt ein Zitat eines ÖVP-Politikers, der sagt:

Diese EU-Richtlinie muss umgesetzt werden, egal, ob es für unser Land sinnvoll und richtig ist oder nicht. – Das sagt der Tiroler Arbeiterkammerpräsident Erwin Zangerl, bekanntermaßen ein ÖVP-Mann, und er hat damit nicht unrecht.

Ich bin auch neugierig darauf, was der SPÖ-Nationalratsabgeordnete und zugleich Bürgermeister heute hier sagen wird, der im Ausschuss erklärt hat, dass es für ihn ein schmerzliches Erlebnis war, als zwei Postämter in seiner Gemeinde geschlossen wer­den mussten. Ich sage ganz bewusst „Postämter“, weil das einen anderen Stellenwert hat als Poststellen oder sonst etwas. (Zwischenruf des Abg. Mag. Josef Auer.)

Meine Damen und Herren, wir sollten uns die Frage stellen, wie nach diesem Gesetz die Post in zehn Jahren aussehen wird. Das ist hier die Frage – nicht nur nach Shakes­peare, sondern auch im österreichischen Parlament.

Laut diesem Gesetz soll es 1 650 Poststellen geben. Aber unter diesen „Poststellen“ sind nicht Postfilialen oder Postämter gemeint, sondern Postämter und Postpartner. Es ist egal, ob es solche oder solche sind, so viele soll es insgesamt geben.


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Die Initiatoren des Volksbegehrens haben im Ausschuss gesagt, nach diesem Gesetz werde sich die Gewichtung ganz gewaltig in Richtung Postpartner verschieben und in zehn Jahren werde es in Österreich kaum noch ein richtiges Postamt geben. – Das wollen wir nicht, meine Damen und Herren! Wir wollen nicht nur Tankstellen, Imbissbu­den und so weiter als Poststellen haben, so nach dem Motto: Postversand am Kebab-Stand! Das wollen wir nicht, deshalb lehnen wir dieses Gesetz ab. (Beifall bei der FPÖ.)

Nun zur Briefzustellung: Es haben ja auch meine Vorredner Strache und Vilimsky schon gefragt: Wie wird sich die Briefzustellung in Zukunft abspielen? – Da werden sich bei irgendwelchen Postunternehmen – redmail, yellowmail, greenmail, bluemail, wie sie alle heißen mögen; eine englische Bezeichnung natürlich – sogenannte Turn­patschenbrigaden einfinden und die Postzustellung vornehmen, so nach dem Motto: Hast du von Nike einen Patschen, darfst du für die redmail hatschen! – Meine Damen und Herren, auch das ist nicht erstrebenswert.

Wenn Sie heute oder morgen viele Ausländer bei diesen Verteilungsdiensten einstel­len, besteht die Gefahr, dass sehr viele Adressaten nicht gefunden und Poststücke im Mistkübel verschwinden werden.

Meine Damen und Herren, abschließend möchte ich auf die neueste Entwicklung in Ja­pan hinweisen. Die neue Regierung der Demokratischen Partei hat in Japan die einge­leitete Postmarktliberalisierung abgeblasen.

Ich darf zitieren: „Die Privatisierung der japanischen Post war eigentlich beschlossene Sache.“ – Von der Liberaldemokratischen Partei, die abgewählt wurde. – „Doch die neue japanische Regierung unter ... Hatoyama beschloss einen Privatisierungsstopp, deren erstes Opfer nun der Chef der Japan Post Holdings“, Nishikawa, „ist. Weitere Vorstände werden zum Ende des Monats folgen.“

Grund dafür: „Die neue japanische Regierung unter Führung der Demokratischen Par­tei Japans (DPJ) begründet ihre Kehrtwende nun mit dem Erhalt der Postämter in den Dörfern auf dem Land. Viele ältere Japaner holen am Postschalter ihre Rente ab. Eine Einschränkung der Dienste habe zu einer ungleichen Entwicklung zwischen Land und Stadt beigetragen, argumentiert die Regierung des neuen Ministerpräsidenten Yukio Hatoyama. Nun wird nach dem Willen der DPJ die Post wieder umstrukturiert. So sol­len einheitliche Dienstleistungen im Post-, Bank- und Versicherungsgeschäft angebo­ten werden.“ – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Darüber sollten wir auch in Öster­reich einmal nachdenken, und deshalb lehnen wir diese Gesetzesvorlage ab und wün­schen uns eine neue Nachdenkphase. (Beifall bei der FPÖ.)

12.04


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bevor ich nun Frau Abgeordneter Binder-Maier das Wort erteile, mache ich darauf aufmerksam, dass ich bei dieser freiwillig einge­stellten Redezeit nicht „abläute“, sondern erst beim Letzten/bei der Letzten, wenn die 12 Minuten aufgebraucht sind.

Frau Abgeordnete Binder-Maier, ich stelle die Uhr auf 2 Minuten. – Bitte.

 


12.04.30

Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Zuseherinnen und Zuseher! Die Gel­be Post, der Postfuchs ist ein Stück Identität der Menschen in Österreich; dazu stehen wir auch. Es bedurfte jedoch einiger Aufräumarbeiten, damit die Frau Ministerin das heutige Postmarktgesetz vorlegen konnte, welches garantiert, dass die Versorgung mit Postdienstleistungen auch in Österreich fortgesetzt wird.


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Herr Dr. Königshofer, die Privatisierung wurde 2006 eingeleitet, sie ist Bestandteil die­ses Gesetzes. (Abg. Dr. Königshofer: In Japan auch!) Die Frau Ministerin war sehr bemüht, all die offenen Fragen in diesem Gesetz neu zu organisieren, zu regeln und das Bestmögliche als politischen Kompromiss zu erreichen. (Abg. Dr. Königshofer: Das ist das Schlechteste!)

Ich denke, es geht nicht darum – das hat auch Herr Minister Mitterlehner schon ge­sagt –, Unsicherheit zu verbreiten, sondern darum, Sicherheit zu garantieren.

Ich wiederhole vier wesentliche Punkte, die im Gesetz beinhaltet und der Frau Ministe­rin sehr, sehr wesentlich sind:

erster Punkt: flächendeckende Versorgung mit der Post und anderen Postgeschäfts­stellen;

zweiter Punkt: fairer Wettbewerb;

dritter Punkt: faire Dienstverträge – ich weise auf § 27 in der Regierungsvorlage hin, wo eindeutig festgelegt ist, dass der Kollektivvertrag anzuwenden ist –, und

vierter Punkt: die Kosten für die Hausbriefanlagen sind nicht von den Mieterinnen und Mietern zu tragen.

Wichtig ist, dass Standorte erhalten werden, dass die Versorgung gewährleistet ist, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ordentliche Beschäftigungsverhältnisse vor­finden und dass die Kundinnen und Kunden weiterhin zufrieden sind, ihre Post erhalten und umgekehrt auch Leistungen der Post in Anspruch nehmen können. (Beifall bei der SPÖ.)

12.06


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Linder zu Wort. Ich stelle die Uhr auf 5 Minuten. – Bitte.

 


12.06.58

Abgeordneter Maximilian Linder (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Frau Minister! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen! Geschätzte Kollegen! Vor allem aber liebe Freunde aus meiner Heimatgemeinde Afritz am See! (Demonstrativer Beifall des Abg. Prinz.) Liebe Kollegen von der SPÖ, wenn ich heute hier im Plenum höre, dass euch die ÖVP permanent ausrichtet, dass ihr vom Wirtschaften keine Ahnung habt, verstehe ich das noch. Wenn sie euch aber auch ausrichten kann, dass ihr schlechte Perso­nalvertreter seid, ist eure Leidensfähigkeit sehr groß und eure Angstschwelle schon sehr niedrig. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) – Das ist wirklich lustig, Frau Kollegin!

Wenn wir uns heute über das Thema Postmarktgesetz unterhalten, so müssen wir be­rücksichtigen, dass die EU, das wissen wir, für eine freie Marktwirtschaft eintritt, dass es der EU wichtig ist, dass es möglichst wenig Regeln und möglichst freien Markt gibt – deshalb will sie auch keine Monopole habe. Andererseits sagt sie aber auch, dass es sehr wichtig ist, dass die Regionen und die ländlichen Gebiete erhalten bleiben.

Ich denke, es ist wichtig, dass die Regierung und der Staat Begleitmaßnahmen setzen, dass die Regionen erhalten bleiben, dass für die Bürger die Lebensqualität im ländli­chen Raum erhalten bleibt.

Im Jahr 2007 wurde der Beschluss gefasst, den Postmarkt zu liberalisieren, und es ist schade, dass er damalige Infrastrukturminister Faymann überhaupt nichts getan hat, überhaupt nichts unternommen hat. Im Gegenteil, er hat noch gesagt, dass er dafür nicht zuständig ist, obwohl ein Kahlschlag der Infrastruktur gedroht hat, obwohl die Post damals angedroht hat, 9 000 Mitarbeiter zu entlassen, obwohl die Post angedroht hat, weitere 1 000 Postämter zu schließen. Erst Frau Minister Bures hat mit einer Ver-


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ordnung Einhalt geboten und gesagt: Stopp, Schluss mit der Schließungsorgie! Leider war es dann aber so, dass die betroffenen Postämter die Öffnungszeiten reduziert ha­ben, teilweise zugesperrt haben und heute teilweise nicht einmal mehr 20 Stunden ge­öffnet haben.

Was erwartet uns jetzt mit diesem neuen Postmarktgesetz? – Die 1 650 Postmarkt­stellen sind leider nicht regional zugeordnet und festgeschrieben. Ich glaube, dass wie­der wir im ländlichen Gebiet jene sein werden, die verlieren. Es ist aber auch so, dass die Regelung mit den 10 Kilometern und den 10 Minuten Fahrzeit, die festgeschrieben sind, leider heute schon teilweise nicht mehr einzuhalten ist und es schon heute viele ältere Menschen in dieser Zeit nicht mehr schaffen, zu den Postämtern zu kommen. Es wird noch schlimmer werden: Die Leute werden keine Chance mehr haben, ihre Pen­sion abzuholen, und viele Menschen werden die Post nicht mehr innerhalb jener Zeit bekommen, in der sie sie erhalten sollten. Deshalb sollten wir, liebe Frau Minister, die­ses Postgesetz noch einmal überdenken.

Auch die Öffnungszeiten sind im neuen Postmarktgesetz nicht geregelt. Wir wissen nicht, wie lange die privaten Betreiber offen haben werden, welche Öffnungszeiten sie anbieten werden und wie die privaten Betreiber mit der Situation umgehen werden, wenn sie finanziell nicht mehr über die Runden kommen und dann zusperren müssen.

Liebe Kollegen, wir alle wissen, dass Private in vielen Bereichen vielleicht sogar besse­res und mehr Service bieten können, aber, liebe Frau Minister, es ist nicht geregelt, was geschieht, wenn ein Privater in die Situation kommt, sich den Postbetrieb nicht mehr leisten zu können oder das eine oder andere Geschäft, die eine oder andere Tra­fik zusperrt. – Ich hoffe, dass es dann ein Postamt geben wird, das wieder aufsperrt.

Sehr oft wird an uns Bürgermeister die Forderung gestellt, dass die Gemeinden das übernehmen sollen. Sie sollen zur Postservicestelle werden. Aber, liebe Bürgermeister­kollegen, Sie wissen, dass es aufgrund unserer finanziellen Situation nicht möglich ist, dieses Service anzubieten. (Abg. Gahr: Traurig!) – Ich glaube, gerade ihr Tiroler wart diejenigen, die den Vorschlag der Frau Minister abgelehnt haben. Seid ehrlich und steht auch dazu! (Abg. Gahr: Wir haben aber Gemeinden, die funktionieren!) Mag sein, dass ihr es euch finanziell leisten könnt.

Wir vom BZÖ fordern deshalb, alles daranzusetzen, dass die Infrastruktur in den Län­dern, im ländlichen Raum aufrechterhalten bleibt, dass den Menschen im ländlichen Raum Lebensqualität geboten und Infrastruktur zur Verfügung gestellt wird und dass Solidarität zwischen Stadt und Land hergestellt wird. Wir am Land bieten nämlich vie­len Menschen aus den Städten Erholungsraum, intakte Natur, und auch für den Touris­mus leisten wir, glaube ich, sehr viel. (Beifall beim BZÖ.)

Von der Regierung fordern wir das Zurverfügungstellen von Infrastrukturmitteln, damit wir entweder den öffentlichen Verkehr aufrechterhalten können oder aber adäquate Verkehrsmittel anbieten können. Ich verweise hier auf das sehr erfolgreiche Modell des GO-MOBILs in Kärnten.

Weiters werden wir irgendetwas brauchen, damit die Leute bei uns im ländlichen Raum zu den Postämtern kommen. Oder aber wir bekommen finanzielle Mittel, um die Post­stellen in den Gemeindeämtern einrichten und vor allem betreiben zu können. Auf alle Fälle muss die ländliche Infrastruktur aufrechterhalten bleiben, damit die Menschen weiterhin gerne bei uns am Land bleiben. (Beifall beim BZÖ.)

12.12


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Rädler. Ich stelle die Uhr auf 4 Minuten. – Bitte.

 



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12.12.50

Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Frau Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesmi­nister! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben jetzt ein brei­tes Spektrum – sowohl der Ablehnung als auch der Zustimmung – zu diesem neuen Postmarktgesetz gehört.

Ich habe Respekt vor den Personalvertretern, die sich im Sinne ihrer Kolleginnen und Kollegen dieses Themas angenommen haben und es auch auf breiter Basis in den Ausschuss eingebracht haben. (Beifall bei der ÖVP.)

In der Demokratie und durch die demokratischen Spielregeln muss es nicht immer sein, dass das erfüllt wird, was man sich vorgenommen hat, sondern es zählt, was das Ergebnis ist. Ich glaube, dass sich dieses Ergebnis in jene Zielsetzungen einordnet, die auf europäischer Ebene ab 2011 notwendig sein werden, um der Post und den Post­dienstleistungen und damit auch der Versorgung im ländlichen Raum eine Überlebens­chance zu geben.

Ich sehe absolut nicht ein, dass man, wenn man mehrere Zugänge hat, jenen wählt, bei dem man polemisch auftritt und so nach dem Motto: war dabei, war nicht dabei – bin schon weg, bin schon wieder da, hat es früher geheißen –, handelt; jetzt heißt es: war dabei, war nicht dabei – bei dieser Beschlussfassung, durch die 800 Postämter zu­gesperrt wurden.

Ich gebe aber auch zu, es hat Lösungsansätze gegeben, und zwar sehr positive. Ein Beispiel dafür ist eine Gemeinde in meinem Wahlkreis – da zeigt sich schon, dass das keine Frage der Aushöhlung des ländlichen Raumes oder der Vernachlässigung der kleinen Gemeinden ist. Diese Gemeinde mit 4 000 Einwohnern hat bereits 2003 die Möglichkeit genützt, das Angebot durch einen Postpartner, einen Trafikanten, aufrecht­zuerhalten. Das war notwendig, da die Post zugesperrt hat, weil es sich bei 4 000 Ein­wohnern nicht gerechnet hatte. Daher kann man jetzt nicht sagen, dass das eine Aus­höhlung des ländlichen Raums ist.

Ich bin überzeugt davon, dass mit dieser Möglichkeit, die wir anbieten, die Angebots­leistung, die man von einer funktionierenden Post erwartet, auch in Zukunft im ländli­chen Raum vertreten sein wird – ob das jetzt eine Postgeschäftsstelle oder ein Post­partner ist; es gibt genug funktionierende Beispiele.

Wir haben heute gehört, dass laut der Oktober-Umfrage 80 Prozent der Kunden zufrie­den sind, und 80 Prozent der Postgeschäftsstellen in unserem Nachbarland Deutsch­land sind Postpartner. Also nicht negativ, sondern positiv denken – für die Kunden und für den ländlichen Raum. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.15


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Öllin­ger zu Wort. Ich stelle die Uhr auf 4 Minuten. – Bitte.

 


12.16.05

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, wir haben schon vieles gehört. Mich interessiert allerdings eine Frage: Ist es mit der vorgeschlagenen Liberalisierung möglich, eine funktionierende Versor­gung mit Postdienstleistungen sicherzustellen: ja oder nein? (Rufe bei SPÖ und ÖVP: Ja!)

Sie beantworten die Frage ganz eindeutig, schon fast reflexmäßig mit Ja. Ich sage Ih­nen nur – es wurde in der Debatte auch schon darauf hingewiesen –, dass Japan und Neuseeland ihre Postprivatisierung rückgängig machen. Ausgerechnet das Erzland des Kapitalismus, die USA, haben zwar eine Post mit einer privaten Organisationsform, aber auch ein staatliches Monopol für die Post – die USA.


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Die Labour-Regierung in Großbritannien möchte gerne private Anteile in die Royal Mail hineinnehmen. Es gibt einen erbitterten Arbeitskampf in Großbritannien. Das Ergebnis ist voraussehbar: Wahrscheinlich wird sich kein privater Anteilseigner an der Royal Mail beteiligen können. Auch die Royal Mail bleibt alleiniger monopolistischer Anbieter.

Und Sie sagen: Okay, ja, nein – bei uns läuft es super mit der Liberalisierung. Ich frage Sie: Ist es wirklich so super, wenn Sie sich die Pakete, anstatt wie bis vor einigen Jah­ren üblich beim Postamt, jetzt bei sechs oder sieben verschiedenen Dienstleistern ab­holen müssen, die quer durch Ihren Ort oder durch Nachbarorte oder in Wien im gan­zen Bezirk verstreut sind? Wobei Sie oft von einem Monat auf den anderen nicht wis­sen, ob die Annahmestelle eines privaten Dienstleisters noch dort ist oder nicht schon drei Straßen weitergewandert ist. Ist das super?

Ist es super, wenn diese Dienstleistungen von sechs verschiedenen Lkws erbracht werden, die im Falle von privaten Dienstleistern von Scheinselbständigen gesteuert werden, die mit ihrem Job nicht einmal das Auslangen finden können und die, obwohl sie von früh bis spät arbeiten müssen, 800 oder 900 € verdienen? – Und dann sagen Sie: Wir haben eine funktionierende Versorgung!?

Ich nenne Ihnen noch ein Beispiel aus meinem Heimatort, aus dem Innviertel. Ich habe mir das jetzt auch auf der Liste angesehen. Im Umkreis von Altheim sind alle Post­ämter geschlossen worden: in Polling, in Weng, in Mining, in Mühlheim, was weiß ich, wo sonst noch.

Wenn ein Bewohner von Weng oder Polling jetzt bei der Post sein Geschäftsstück, sei­nen Brief abholen möchte, wie kommt er dann nach Altheim? Öffentliche Verkehrsmit­tel gibt es dort nicht. Nichts, absolut nichts. (Ruf bei der ÖVP: Postbus!) – Kommen Sie mir nicht mit dem Postbus, es gibt keinen! Sie wissen das doch. Sie sollten das eigent­lich wissen. Oder wenn ein Postbus fährt, dann einmal am Tag. Eine funktionierende Versorgung ist also mitnichten gewährleistet.

Es wurde vom Herrn Minister schon gesagt, es gebe die Liberalisierung jetzt schon etli­che Jahre und wir sollten das eigentlich zum Anlass nehmen, uns auch anzuschauen, ob sie funktioniert. – Ich würde behaupten, sie funktioniert nicht. Sie funktioniert nicht, die Liberalisierung! Das Konzept, das man damit verfolgt hat, war, nicht nur die Qualität zu erhöhen – das stimmt sicher nicht –, sondern auch die Preise zu senken – auch das stimmt sicher nicht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, nehmen Sie das daher zum Anlass und ver­abschieden Sie sich rechtzeitig von einem Konzept der Liberalisierung, das mit Sicher­heit nicht die Qualität der Postdienstleistungen erhöhen, sondern weiterhin senken wird! (Beifall bei den Grünen.)

12.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Mag. Lohfeyer zu Wort. 2 Mi­nuten. – Bitte. (Abg. Rädler: „Weniger privat, mehr Staat!“)

 


12.20.36

Abgeordnete Mag. Rosa Lohfeyer (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Frau Mi­nisterin! Meine Damen und Herren! Mit der Liberalisierung des Postmarktes bis 1. Jän­ner 2011 werden geeignete Rahmenbedingungen erforderlich. Diesen entspricht das vorliegende Gesetz, das die flächendeckende Grundversorgung mit Dienstleistungen in ausreichender Qualität und zu leistbaren Preisen sicherstellen soll. Es beinhaltet auch detaillierte Bestimmungen für die Schließung von Postämtern und verpflichtet die Post, Universaldienste durch Verträge mit anderen Partnern aufrechtzuhalten.

Es war unter der schwarz-blauen Regierung, als vor allem in strukturschwachen Regio­nen durch die Postamtschließungen die Ausdünnung des ländlichen Raumes fortge-


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setzt wurde. Ich erinnere mich gut an die besorgten Anrufe von Bürgermeistern und in den Kommunen Verantwortlichen und die zahlreichen Protestkundgebungen in vielen Gemeinden in den Jahren 2006 und 2007. In Salzburg wurden von 134 Postämtern 47 geschlossen. (Abg. Neubauer: Reden Sie von der Zukunft, Frau Kollegin! Die Zukunft macht uns reich!) Rund die Hälfte davon konnte durch Postpartner, Servicestellen be­ziehungsweise mobile Ämter ersetzt werden.

Mit den Bescheiden von Ministerin Bures vom Juni und August 2009 wurde die Schlie­ßung von über 300 Postämtern in Österreich erfolgreich untersagt und dies auch vom Verfassungsgerichtshof bestätigt. Ministerin Bures hat alle rechtlichen Instrumente aus­geschöpft, um eine weitere Ausdünnung der Postleistungen zu verhindern, und es ist positiv, dass erstmals eine gesetzliche Verpflichtung zur flächendeckenden Versorgung mit Postdienstleistungen festgeschrieben wurde.

Herr Kollege Linder, bezüglich der Öffnungszeiten möchte ich Folgendes festhalten: dass es jetzt in allen Postämtern möglich ist, die Öffnungszeit zu kürzen, und dies auch in sehr vielen Postämtern geschehen ist. Nach dem neuen Gesetz wird es nur mehr in 10 Prozent aller Postgeschäftsstellen möglich sein, die Öffnungszeiten zu kürzen.

Studien und Berichte zeigen, dass die bisherigen Erfahrungen mit Postpartnern und Servicestellen durchaus unterschiedlich sind. Ich meine, die Sorgen und kritischen Be­wertungen müssen ernst genommen werden. Der Erfolg des Postmarktgesetzes wird auch vom Engagement und von der Gewissenhaftigkeit aller an der Umsetzung Betei­ligten abhängen.

Zum Stopp weiterer Privatisierungen und rücksichtslosen Gewinnstrebens auf Kosten der Menschen und der Lebensqualität im ländlichen Raum setzen wir heute ein deutli­ches Zeichen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.23


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Dei­mek zu Wort. Ich stelle die Uhr auf 3 Minuten. – Bitte.

 


12.23.30

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wenn man den Kollegen Maier und Kräuter zuhört, dann sind das ja nicht mehr Szenen einer Ehe, das sind ja schon fast Szenen einer Scheidung. Trotzdem, von einer Meisterleistung kann man da nicht sprechen – nicht von einer Meisterleistung im Sinne der Gesetzgebung, vielleicht von einer Meisterleistung im Sinne von Abwarten oder Verschließen der Augen.

Wenn Frau Bundesministerin Bures sagt, Verunsicherungen der Vergangenheit wer­den jetzt beendet, dann erlaube ich mir nachzufragen: Woher kommt denn diese Ver­unsicherung? – Aus den achtziger und neunziger Jahren nämlich, in denen die Grund­steine der Privatisierung gelegt wurden, mit der Umwandlung – das ist heute schon einmal erwähnt worden – der ehemaligen Post- und Telegraphenverwaltung. Und als am 16. Mai 2006 der Börsegang stattfand, sozusagen der Schlussstrich der Privatisie­rung – na ja, ich weiß schon, dass den Kollegen von den Regierungsfraktionen die Farbunterscheidung Blau/Orange manchmal nicht gelingt, aber eben immer nur dann, wenn es ihnen taktisch ins Spiel passt –, war zu diesem Zeitpunkt kein Freiheitlicher im Finanzministerium und auch nicht im Infrastrukturministerium. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn heute von Rot und Schwarz immer wieder gesagt wird, das Land muss leben, darf ich darauf hinweisen: Dieses Gesetz ist eigentlich nur eine Festschreibung der Ausdünnung der ländlichen Infrastruktur – nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Kommen wir zum Postamt als Dienstleister. – Es ist heute schon von der Absicherung durch Kollektivverträge für die Bediensteten gesprochen worden. Ich glaube, das ist


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nicht einmal das Papier wert, auf dem es steht, wenn wir davon sprechen, dass Scheinselbständige einen Wurfdienst an den Haustüren erbringen sollen.

Selbiges gilt für die Hausbrieffächer: Das Gesetz tritt mit 2011 in Kraft, der Austausch ist bis 2013 vorgesehen. Wie funktioniert das von 2011 bis 2013 mit den alternativen Postanbietern? – Das ist derzeit noch nicht geregelt. (Abg. Weinzinger: ... die neu ein­geführten Hausmeister dann!)

Dann kommen wir zum Punkt Korruption. Auch dieser spielt heute eine Rolle, und es ist nicht von ungefähr, dass Österreich, wie heute in der „Presse“ zu lesen ist, im Kor­ruptionsindex von Platz 11 im Ranking auf Platz 16 abgerutscht ist. Ich rede jetzt nicht von Korruption im Zusammenhang damit, dass irgendein Ministerium ein Inserat in einer Zeitung schaltet, sondern ich rede davon, dass Unternehmen Inserate schalten und ein paar Seiten vorher, auf Seite 1 und 2, im selben Medium eine positive Bericht­erstattung stattfindet. Hier haben wir es auch mit so etwas Ähnlichem zu tun, nämlich mit der „Lex Mediaprint“, durch die es der Mediaprint als Alleineigentümerin eines Zu­stellers als Einziger legal möglich ist, weiterhin ihre Produkte zuzustellen. „Lex Media­print“ ist aus meiner Sicht ein Punkt von Korruptionsschutz.

Umfang und Dauer des Universaldienstes sind genauso nicht eindeutig. Während Kol­lege Maier von der ÖVP noch überlegt, ob Massensendungen, die beim Verteilzentrum aufgegeben werden, nicht unter das Universaldienstgesetz fallen und was das für Al­ternativanbieter für Folgen hat, überlegen andere schon ganz klar, was es heißt, wenn in fünf Jahren vielleicht die Post nicht mehr der Universaldienstleister ist.

Wir brauchen hochwertige, flächendeckende und erschwingliche Postversorgung und keine Turnschuhbrigaden im städtischen Bereich, die einen Wurfdienst erledigen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

12.27


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Haubner. Ich stelle die Uhr auf 4 Minuten. – Bitte.

 


12.27.09

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Minister! Wir haben die dritte EU-Postrichtlinie um­zusetzen, und ich glaube, dass das wichtig ist. Wir begrüßen das auch vonseiten der Wirtschaft, denn mit dieser Liberalisierung – und das ist ja wesentlich, der Herr Minister hat es auch schon angeschnitten – geben wir Sicherheit. Diese brauchen wir, und wir brauchen auch einen Wettbewerb. Dieser Wettbewerb ist gut für die Post, er ist gut für die Unternehmerinnen und Unternehmer, und er ist auch gut für die Kunden. Wenn wir das Beispiel der Telekommunikationsbranche hernehmen, dann können wir feststellen, dass wir davon profitiert haben: Es hat der Wirtschaftsstandort profitiert, es haben die Kundinnen und Kunden profitiert, und es hat Österreich profitiert. Und das ist für den Wirtschaftsstandort von hoher Wichtigkeit! (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn wir heute dieses Postmarktgesetz beschließen, dann müssen wir vonseiten der Wirtschaft natürlich auch sagen, dass nicht alle Forderungen erfüllt sind, aber es ist ein Kompromiss. Es ist ein Kompromiss, mit dem wir leben können, und es ist vor allem ein Kompromiss, der die flächendeckende Abdeckung des Postmarktes sicherstellt. Ich möchte da in Richtung vor allem der Freiheitlichen Partei, was die Postpartner betrifft, schon eines dazu sagen: Ich glaube, diese despektierliche Behandlung haben diese Unternehmen nicht verdient, die mit viel Einsatz die Postpartnerschaft und die Post­dienstleistungen in diesem Lande sichern, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Es sind nämlich die Unternehmer, die gerade auch jetzt in dieser schwierigen Zeit das Rückgrat der Wirtschaft sind, und deshalb ist es ganz wichtig, dass wir in einer Part-


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nerschaft zwischen der Post AG und diesen Postpartnern die flächendeckende Post­leistung sicherstellen. Und ich sage noch einmal: Die Unternehmer machen das nicht zwischen irgendwelchen Wurstsemmeln, sondern die nehmen ihre unternehmerische Verantwortung wahr! (Abg. Weinzinger: Aber sie müssen Wurstsemmeln auch ver­kaufen! Davon leben sie ja!) Diese nehmen sie wahr in ihrem täglichen Betrieb bei den Arbeitsplätzen, und sie nehmen sie wahr, Herr Kollege, beim Erbringen der Postdienst­leistung.

Ich weiß das auch aus meiner Region. Zum Beispiel hat mir auch die Bürgermeisterin der Gemeinde Stuhlfelden in Salzburg, Sonja Ottenbacher, eine sehr engagierte Bür­germeisterin in dieser Region, berichtet, dass sie hochzufrieden ist mit dieser Post­dienstleistung. Dort bietet nämlich ein kleiner Wirtschaftsbetrieb, die Familie Altenber­ger, diese Postdienstleistung an, und das führt – das hat sie auch in der Gemeinde festgestellt – zu einer hohen Zufriedenheit der Kundinnen und Kunden, der Bevölke­rung, zu einer hohen Zufriedenheit aber auch des Unternehmers, der dadurch eine Frequenzsteigerung und natürlich auch einen besseren Umsatz hat. Das ist erfreulich, denn es ist das eine Win-win-Situation sowohl für die Bevölkerung als auch für den Un­ternehmer.

Ich denke, meine Damen und Herren, wir sollten uns einfach eines zu Herzen nehmen: Es geht nur miteinander, auf der einen Seite mit dem Partner Post und auf der anderen Seite mit den Unternehmerinnen und Unternehmern Österreichs – dann wird die Post auch weiterhin allen was bringen! (Beifall bei der ÖVP.)

12.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun spricht Herr Abgeordneter Jury. Ich stelle die Uhr auf 4 Minuten. – Bitte.

 


12.30.16

Abgeordneter Josef Jury (BZÖ): Frau Präsidentin! Sehr verehrte Frau Ministerin! Herr Minister! Ich als Bürgermeister der Kultur- und Künstlerstadt Gmünd mit insge­samt 2 750 Einwohnern werde diesem Postmarktgesetz nicht zustimmen. (Beifall beim BZÖ.) Ich werde diesem Postmarktgesetz deswegen nicht zustimmen, weil gerade Ih­re Vertreter auch der ÖVP, Ihre Gewerkschafter, die Proponenten des „Stopp dem Postraub“-Volksbegehrens die Aussage machen, dass es, wenn diese Vorlage in die­ser Form heute beschlossen wird, in zehn Jahren in Österreich kein einziges Postamt mehr geben wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ob solcher Aussagen läuten und schrillen bei mir die Alarmglocken. Der ländliche Raum wird massiv ausgedünnt, die Politik der Kon­zerne unserer EU plant mit diesem Postmarktgesetz und mit dieser Liberalisierung des Postmarktes im Jahr 2011 einen massiven Anschlag auf unser Österreich. Der ländli­che Raum wird in Zukunft nicht mehr lebensfähig sein. (Beifall beim BZÖ.)

Zuerst ist es auf Kosten der Sicherheit gegangen, da sind die Polizeistellen verschwun­den – jetzt verschwinden die Postämter. Was verschwindet denn noch? Der kleinstruk­turierte Handel verschwindet, der Kleingewerbetreibende verschwindet. Meine Damen und Herren von ÖVP und SPÖ, meine Damen und Herren von den Regierungspar­teien, sehen Sie nicht die Alarmglocken für unser Österreich, für das ländliche Öster­reich? (Abg. Neubauer: Sehen tun wir sie nicht, aber hören! Wir hören sie! – Abg. Heinzl: Hören, nicht sehen!)

Herr Abgeordneter Heinzl! Sie haben sich ja im Ausschuss als wunderbarer Vertreter Ihrer Zunft herausgestellt. Es zieht sich durch wie ein roter Faden: Überall, wo Gewerk­schafter am Werk sind, werden Betriebe in den Boden gefahren (Beifall beim BZÖ): „Konsum“, ÖBB, BAWAG – jetzt ist die Post dran. Ich weiß nicht, wer in Zukunft noch dran sein wird. (Beifall beim BZÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 82

Wir vom BZÖ bringen zu diesem Postmarktgesetz, das wir nicht mit beschließen und dem wir nicht die Zustimmung erteilen werden, folgenden Entschließungsantrag ein:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, zur Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen Versorgung mit Postdienstleistungen eine Erhöhung der wöchentlichen Mindestöff­nungszeit von weit über 20 Stunden bei den Post-Geschäftsstellen im Interesse der Bevölkerung und der Wirtschaft durchzuführen und dadurch beizutragen, dass die Ar­beitsplätze im Postbereich nicht gefährdet werden“ – und dadurch auch der ländliche Raum in Zukunft Überlebenschancen hat.

*****

(Beifall beim BZÖ. – Abg. Mag. Gaßner: Was heißt „weit über 20“?)

12.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der Antrag ist eingebracht und steht mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Hagen, Dolinschek, Tadler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Festlegung einer ausreichenden Öffnungszeit von Post-Geschäftsstellen

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (319 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Postmarktgesetz erlassen und das KommAustria-Gesetz geändert wird (459 d.B.)

Die Schließung der Postämter und die Reduktion der Öffnungszeiten der Post-Ge­schäftsstellen haben zu großer Verunsicherung bei der Bevölkerung geführt. Eine mas­sive Verschlechterung der Qualität der Versorgung mit Postdienstleistungen ist zu be­fürchten. Daher haben auch über 140.000 Personen das Volksbegehren „Stopp dem Postraub“ unterstützt, dass vom 27. Juli bis 3. August 2009 stattfand. Die Umsetzung der Forderungen der Initiatoren des Volksbegehrens ist aber ausgeblieben.

Mit dem geplanten Postmarktgesetz kann aber die Aufrechterhaltung der Infrastruktur und die Sicherung von Postdienstleistungen zu gleichen Bedingungen für die gesamte Be­völkerung nicht garantiert werden. Es wurde zwar festgelegt, dass mindestens 1.650 Post-Geschäftsstellen zur Verfügung stehen müssen, jedoch wurde keine Mindestanzahl von eigenbetriebenen Post-Geschäftsstellen (Postämtern) gemacht, die ein funktionie­rendes Geschäftsstellennetz gewährleisten sollten. Denn unklar bleibt, ob eine flächen­deckende Versorgung der Post-Geschäftsstellen für die derzeitigen Standortgemein­den und mit dem derzeitigen Dienstleistungsangebot weiterhin zur Verfügung stehen wird.

Überdies sind auch die Regelungen über die Öffnungszeiten der Post-Geschäftsstellen unzureichend gelöst. Denn der Österreichischen Post AG wurden als Universaldienst­betreiber keine klaren Vorgaben über die Öffnungszeiten gemacht, damit eine qualitativ hochwertige Versorgung mit Postdienstleistungen sichergestellt werden kann. Anstatt die wöchentlichen Öffnungszeiten auszudehnen wurde lediglich an der Regelung der wöchentlichen Mindestöffnungszeit von 20 Wochenstunden festgehalten, obwohl be­kannt ist, dass in den letzen Monaten das Post-Management bei vielen Postämtern die Öffnungszeiten auf 20 Wochenstunden reduziert haben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 83

Um eine weitere Ausdünnung des Versorgungsgrades der Bevölkerung mit Postdienst­leistungen zu verhindern muss die vorgesehene Mindestöffnungszeit von 20 Wochen­stunden, bezogen auf eine 5-Tagewoche, dringend erhöht werden. Denn Post-Ge­schäftsstellen können nur dann attraktiv sein, wenn der Bevölkerung ausreichende Öff­nungszeiten zur Verfügung stehen.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, zur Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen Versorgung mit Postdienstleistungen eine Erhöhung der wöchentlichen Mindestöff­nungszeit von weit über 20 Stunden bei den Post-Geschäftsstellen im Interesse der Bevölkerung und der Wirtschaft durchzuführen und dadurch beizutragen, dass die Ar­beitsplätze im Postbereich nicht gefährdet werden.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun spricht Herr Abgeordneter Mag. Kuzdas. 2 Minuten. – Bitte.

 


12.34.01

Abgeordneter Ing. Mag. Hubert Kuzdas (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminis­terin! Herr Bundesminister! Herr Kollege Jury! Die Hypo Alpe-Adria haben Sie in der Aufzählung vergessen. (Abg. Petzner: Die gehört aber den Bayern, Herr Kollege! – Die BAWAG gehört euch!)

Wir diskutieren heute die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Post­dienstleistungen, das Postmarktgesetz und die Initiative „Stopp dem Postraub“ – und ich gratuliere den Kollegen von der Postgewerkschaft zu dieser Initiative.

Wenn man den Ist-Zustand betrachtet, dann ist auch ein kleiner Blick in den Rückspie­gel notwendig, und ich denke, da haben einige, auch Frau Schatz, etwas von sich ge­geben, wobei sie besser recherchieren hätten sollen. Die Ausgliederung der Post- und Telegraphenverwaltung erfolgte mit 1. Mai 1996, die Herauslösung der Telekom mit 1. Jän­ner 1998. Bis 2006 war die Post AG zu 100 Prozent im Eigentum des Staates, und erst 2006 wurde sie an die Börse herangeführt. Diesem sogenannten Fitness-Programm sind über 300 Postämter in Niederösterreich und 1 000 in ganz Österreich zum Opfer gefallen. Das waren die Jahre der erfolglosen Minister Schmid, Forstinger, die mehr durch den Minirock-Erlass als durch Verkehrspolitik aufgefallen ist, gefolgt vom Kurzmi­nister Reichhold, dem Raumfahrtexperten von Frank Stronach, und letztendlich vom „The world in Vorarlberg is too small“-Minister Hubert Gorbach. (Abg. Ursula Haubner: Weil euch sonst nichts einfällt!) Auch der wird uns in Erinnerung bleiben – allerdings mit seinem Blaulichtwunsch für das Dienstfahrzeug und seinen Bemühungen um das Tempo 160 auf den Autobahnen.

Aber auch jener Minister, der Eigentümervertreter war, Karl-Heinz Grasser, der zum Kristallgatten aufgestiegen ist, wollte sogar Teile der Post an die Deutsche Post ver­scherbeln! Das hat dazu geführt, dass ein erfolgreicher ÖVP-naher Postvorstandsdi­rektor das Handtuch geworfen hat, weil er das nicht eingesehen hat.

Und da stellen sich jetzt Oppositionspolitiker heraus – euch von den Grünen kann ich jetzt gar nicht kritisieren, denn ihr verweigert ja regelmäßig jegliche Verantwortung, aber die anderen Oppositionspolitiker – und sagen: Wir haben doch in der Vergangen-


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heit überhaupt nichts damit zu tun gehabt! (Abg. Neubauer: Das hat doch kein Mensch gesagt!) – Kollege Strache ist einer, der sowieso ein Mann ohne Vergangenheit ist. – Und das kann man nicht auf sich sitzen lassen. (Abg. Neubauer: Wachen Sie
doch auf! Das hat doch kein Mensch gesagt! – Sie haben ja keine Ahnung! Keine Ah­nung! ... nur Blödsinn!) –
Geben Sie Ruhe! – Die einzige Ministerin, die wirksam gegen die Schließung ankämpft und für die Sicherung der Post in diesem Land arbeitet, ist Verkehrsministerin Doris Bures. Sie hat per Bescheid über 300 Postämter vor der Schließung gerettet, und das hat auch vor dem Verfassungsgerichtshof standgehalten. Das, glaube ich, ist ein ganz, ganz wichtiger Schritt. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein Wort noch zum Kollegen Maier – er ist heute nicht da. Wenn der Kollege Maier als Lobbyist von Raiffeisen unterwegs ist, dann hat er kläglich versagt, denn sein Ziel ist es wahrscheinlich, dass mehr Gelddienstleistungen von der BAWAG-P.S.K. zu Raiff­eisen gehen. Mit diesem Postmarktgesetz wird das nicht der Fall sein. Das ist ja fast ein Kündigungsgrund bei Raiffeisen, Herr Kollege Maier. Nehmen Sie sich ein Beispiel an Bundesminister Mitterlehner, der das Postmarktgesetz verteidigt und für gut hält! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Das war eine peinliche Rede! – Abg. Mag. Gaßner: Das ist eine Frage des Standpunktes!)

12.37


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun spricht Frau Abgeordnete Dr. Lichtenecker. Ich stelle die Uhr auf 4 Minuten. – Bitte.

 


12.37.22

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Herr Minister! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Bezüglich eines Punktes waren heute alle Fraktionen in Einigkeit einander verbunden, nämlich, dass die Post und die Postdienstleistungen eine wichtige Infrastruktur darstellen. Aber die Frage ist: Wird dieses Postmarktgesetz diesen Herausforderungen, diesen Anforderun­gen auch gerecht? – Ich denke, es wird diesen in keiner Weise gerecht. Und wenn Sie von flächendeckender Versorgung reden und wir uns die Schließungslisten ansehen, beispielsweise in Oberösterreich, dann müssen wir feststellen, dass das nicht mehr Postämter in Gemeinden sind, wo am Tag eine Briefmarke umgesetzt wird, wie der Herr Minister das formuliert hat, sondern das sind schon große Gemeinden wie Pa­sching, Steyregg, Unterweißenbach, Schwertberg, Thalheim – und das ist nur ein klei­ner Auszug aus einer Liste von über 60 Gemeinden.

Wenn Sie jetzt glauben, dass diese Gemeinden in Oberösterreich flächendeckend ver­sorgt sind, dann sind Sie schon längst auf dem Holzweg. Von 444 Gemeinden haben 184 zum heutigen Tag Postfilialen – und eine erkleckliche Anzahl an Schließungen steht noch bevor. Diese wichtige Infrastruktur wird also weiter ausgehöhlt.

Wenn heute die Postpartner so sehr gelobt und in den Himmel gehoben wurden, dann stellt sich schon auch die Frage: Wie sind denn die Rahmenbedingungen? Wie sind die Grundsätze? Wie attraktiv ist es denn überhaupt, Postpartner zu werden? – In Ober­österreich finden sich für 30 Postfilialen keine Postpartner! (Abg. Mag. Molterer: Da wird es einen Grund geben dafür!) Was wird denn da in der Folge passieren? – Was passiert ist, das haben wir in den letzten Tagen erfahren: Die Öffnungszeit ist weiter eingeschränkt worden. Die Öffnungszeit ist nämlich reduziert worden auf 12 Uhr mit­tags. – So wollen Sie tatsächlich die Infrastruktur im ländlichen Raum sichern? So wird das nicht möglich sein! (Abg. Neubauer: Die Sozialisten bringen alles um!)

Die ländlichen Regionen haben jetzt schon zu kämpfen mit geringeren Einkommen, hö­herer Arbeitslosigkeit, schlechterer Infrastruktur; die Leute müssen weiter auspendeln. Da ist es natürlich schon ein Riesenproblem, wenn man dann noch hergeht und Postfi­lialen schließt, denn die Vielfalt des Angebotes macht auch die Qualität und die Leben-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 85

digkeit von Ortskernen aus. Wenn es keine Post und keine Postdienstleistungen mehr im Ort gibt, dann fehlen die Kunden. Fehlen die Kunden, dann sterben die Geschäfte. Und sterben die Geschäfte, dann – das wissen Sie genau – veröden die Ortskerne; et­was, mit dem wir in vielen ländlichen Regionen massiv zu kämpfen haben. Und genau dieses Postmarktgesetz wird diesen Trend verstärken.

Ich sage Ihnen, wenn die Ortskerne so weit verloren gehen – als Lebensraum, als Le­bensqualität, als Wirtschaftsraum (Zwischenruf des Abg. Hornek) –, dann wird die Fol­ge sein, dass die Jungen abwandern, und es wird einen weiteren Abwärtstrend in den ländlichen Regionen geben.

Wenn heute zitiert wird, dass 80 Prozent mit den Postpartnern zufrieden sind, dann schaue ich mir an, was in der „Tiroler Tageszeitung“ vom Wochenende festgehalten wurde: Die Hälfte der Postpartner habe nicht einmal Briefmarken, steht in der Zeitung. Sie hätten Probleme mit den Überweisungen und Geldanweisungen, das sei keine Sel­tenheit. Insgesamt würden die Postpartner höchstens die Hälfte der Aufgaben einer normalen Filiale übernehmen.

Das alles ist nicht etwas, das Qualität sichert, meine Damen und Herren! Grundsätzlich müssen in diesem Bereich zumindest einige Punkte für die nächsten Monate und Jahre sichergestellt sein: Das sind die Erreichbarkeit für die Kunden und die Qualitätskrite­rien, um die Leistung und das Service für die Kundinnen und Kunden sicherzustellen. Die Postpartner müssen attraktive Rahmenbedingungen haben, wenn sie so etwas übernehmen. Zudem braucht es eine umfassende Evaluierung.

Frau Ministerin, das Vorliegende ist bei Weitem zu wenig. Es geht in die falsche Rich­tung. Ärmel aufkrempeln und zurück an den Start! (Beifall bei den Grünen.)

12.41


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Fuhrmann. Ich stelle die Uhr auf 3 Minuten. – Bitte.

 


12.41.49

Abgeordnete Mag. Silvia Fuhrmann (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Kollegin Lichtenecker, Sie haben gesagt, junge Menschen würden aus den Regionen und Gemeinden abwandern, wenn es nur mehr Postpartner gäbe. (Abg. Dr. Lichtenecker: Das habe ich nicht gesagt! Wenn die Aus­dünnung so weitergeht!) Also ich glaube, ob ein junger Mensch sich dafür entscheidet, in der ländlichen Region beheimatet zu bleiben, hängt nicht damit zusammen, ob es eine eigenständige Postfiliale oder einen Postpartner gibt. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Weinzinger: Das ist ein Teil davon!) Dafür gibt es andere Gründe, und das wissen Sie. Es ist ein bisschen lächerlich, das hier als Argument vorzubringen.

Aber ich möchte ohnehin auf einen ganz anderen Punkt hinaus, wenn es um das Post­wesen geht. Das Postwesen ist – so wie andere Infrastrukturleistungen auch (Zwi­schenruf des Abg. Weinzinger), ich denke an Verkehr, Telekommunikation oder im Kulturbereich an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk – ein bedeutender Teil der Da­seinsvorsorge.

Die Liberalisierung des Postmarktes fußt bekanntermaßen auf einer Richtlinie der Europäischen Union, in der es um wesentliche marktbezogene Tätigkeiten geht, die wir im Interesse der Allgemeinheit sehen wollen. Der Abbau von Wettbewerbsbehinde­rungen oder -verzerrungen ist dabei ein wesentlicher Aspekt. Darüber möchte ich heu­te sprechen.

Klar ist, dass mit der Europäisierung des Wirtschaftsrechtes viele Staatsunternehmen mit privaten Anbietern konkurrieren müssen. Im Fall der Post ist das möglicherweise zukünftig auch im Briefbereich der Fall. So ist es eben notwendig, dass manche Dienstleistungen der Daseinsvorsorge auch von Privaten wahrgenommen werden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 86

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die ÖVP bekennt sich zu einem fairen Wett­bewerb und zu fairen Chancen für alle Anbieter. Wenngleich wir der Überzeugung sind, dass man sich beim vorliegenden Postmarktgesetz mehr hätte trauen können, werden wir aufgrund des beschriebenen Arguments der Daseinsvorsorge, vor allem für den ländlichen Raum, unsere Zustimmung geben.

Lassen Sie mich aber auch eines festhalten: Die Ressortverantwortlichkeit für dieses Gesetz liegt beim BMVIT, und der ÖVP-Klub hat sich bereits sehr früh – auch unter Einbeziehung von Experten – mit dieser Gesetzesmaterie auseinandergesetzt. Die Be­denken, Frau Bundesminister, sind Ihnen bekannt. Es gibt verfassungsrechtliche und europarechtliche Bedenken, von Postdienstleistern, von der Post selbst, und dem Ver­nehmen nach scheint es auch Vorbehalte der Europäischen Kommission zu geben.

Auch wenn es heute zu einer gemeinsamen Beschlussfassung kommen wird, möchte ich Sie ersuchen, die Bedenken ernst zu nehmen. Ich möchte besonders auf einen Punkt hinweisen, der am Schluss Gegenstand der Verhandlungen gewesen ist, und zwar ist das § 2 des Gesetzes, der Geltungsbereich. Dieser normiert, dass Zeitungszu­stellunternehmen, sofern sie zur Gänze im Eigentum von Verlagsunternehmen stehen, vom Postmarktgesetz ausgenommen sind. (Zwischenruf der Abg. Dr. Moser.) Ich glau­be – und die ÖVP hat auch mehrfach auf diesen Umstand hingewiesen –, dass das Abstellen auf Beteiligungsverhältnisse und nicht bloß auf die Art der Tätigkeit in ver­schiedener Hinsicht problematisch ist.

Laut Vertretern der Printindustrie ist die Zeitungszustellung zahlreicher österreichischer Titel in Zukunft nicht mehr gesichert. Ich denke, dass es hier in jedem Fall zu einer be­friedigenden Lösung kommen muss. Tages- und Wochenzeitungen haben eine wich­tige demokratiepolitische Funktion. Das sollten Sie, Frau Bundesministerin, wissen, weil Sie gerade in der jüngsten Vergangenheit sehr zahlreich inseriert haben.

Ich wünsche mir jedenfalls, dass es im Interesse der österreichischen Bürgerinnen und Bürger, aber vor allem der Steuerzahler zu einem gesunden und fairen Wettbewerb auf dem Postmarkt kommt, damit der Konsument – und darum geht es letztendlich – die freie Wahl zwischen verschiedenen qualitativen Services hat.

Vielleicht ist das ein frommer Wunsch, aber Weihnachten kommt ja bald: Möge er in Erfüllung gehen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Stauber: Fröhliche Weihnachten!)

12.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die letzte Runde: SPÖ 4 Minuten, ÖVP 2 Minu­ten, alle anderen 3 Minuten.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Kunasek; genau 3 Minuten. – Bitte.

 


12.46.17

Abgeordneter Mario Kunasek (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesmi­nisterin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich denke, die Diskussion heute hat ge­zeigt, dass dieses Postmarktgesetz durchaus nicht unumstritten ist und selbst die Re­gierungsparteien sich in einigen Bereichen wirklich nicht einig sind. Ich möchte die letz­ten Tage und Wochen ein bisschen Revue passieren lassen – auch für die Bürgerin­nen und Bürger –, um aufzuzeigen, wie hier teilweise seitens der Regierung Politik ge­macht wird.

Frau Bundesministerin Bures sagt, dieses Gesetz schaffe endlich Klarheit, und es sei eigentlich alles wunderbar. Wir kommen in einen Ausschuss, in dem dann die ÖVP sagt, die Verantwortung für dieses Gesetz, liebe Frau Bundesministerin, trügen Sie. Man distanziert sich quasi von diesem Gesetz und will eigentlich gar nicht im gleichen Boot sitzen – um dann aber im Ausschuss doch zuzustimmen und einen Tag später anzumerken, man solle durchaus noch über den einen oder anderen Punkt sprechen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 87

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP, das ist ein Zickzackkurs, den wirklich niemand versteht – weder jemand hier in diesem Haus, noch die Österreiche­rinnen und Österreicher! (Beifall bei der FPÖ.)

Auch die Positionen der SPÖ sind durchaus widersprüchlich. Einerseits gibt es den Verkehrssprecher Anton Heinzl, den ich sonst sehr schätze, der keine Gelegenheit auslässt, Frau Bundesministerin Bures Rosen zu streuen und zu sagen, wie toll das Gesetz sei. Andererseits gibt es aber auch Bürgermeister – und es freut mich, dass es hier in diesem Haus auch engagierte Bürgermeister gibt –, die durchaus Probleme er­kennen, wie das im Ausschuss seitens der SPÖ geschehen ist. Trotzdem stimmt man seitens der SPÖ diesem Gesetz widerstandslos zu und streut der Frau Bundesministe­rin entsprechend Rosen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein Satz noch zu den Postpartnern und zu den Postämtern. Wir, unsere Fraktion, halten ganz klar fest, dass ein Postpartner nicht die gleichen Leistungen erbringen kann wie die Postämter. Ich glaube, hier gibt es durchaus auch parteiübergreifend Meinungen, die das bestätigen. Und zum Kollegen Haubner, der gemeint hat, man solle die Postpartner nicht schlechtmachen: Nein, ganz im Gegenteil, es gibt genug Beispiele von Postpartnern, die mit den Rahmenbedingun­gen nicht zufrieden sind!

Ein letzter Satz zum Volksbegehren „Stopp dem Postraub“ mit 140 000 Unterschriften: Ich darf sehr herzlich gratulieren, darf aber auch – weil das hier in diesem Haus noch nicht wirklich angekommen ist – folgenden Antrag einbringen.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Vilimsky, Herbert und weiterer Abgeordneter betreffend Umsetzung Postvolksbegehren

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie wird ersucht, ehebal­digst Gespräche mit den Betreibern des Post-Volksbegehrens und der Österreichi­schen Post AG aufzunehmen, um eine Umsetzung der Forderungen des Post-Volksbe­gehrens insbesondere im Sinne der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Österreichi­schen Post AG sowie einer qualitativ hochwertigen, flächendeckenden Versorgung mit Postdienstleitungen vor allem im ländlichen Bereich sicherzustellen.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich fordere Sie wirklich eindringlich auf: Un­terstützen Sie diesen Antrag, sorgen wir gemeinsam dafür, dass mehr als 140 000 Un­terschriften nicht wertlos an diesem Haus vorbeigehen! Nehmen wir die Ängste und Sorgen dieser Menschen ernst! (Beifall bei der FPÖ.)

12.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der Antrag ist eingebracht und steht mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Vilimsky, Herbert und weiterer Abgeordneter betreffend Umsetzung Postvolksbegehren


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 88

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 2, Bericht des Verkehrsausschusses über das Volksbegehren (343 d.B.) "Stopp dem Postraub" (458 d.B.) in der 45. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 18. November 2009

Mit 1.1.2011 muss der österreichische Postmarkt gemäß der 3. Postrichtlinie (Richtli-
nie 2008/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Februar 2008 zur Änderung der Richtlinie 97/67/EG über die Vollendung des Binnenmarktes für Post­dienste) völlig liberalisiert werden. Das dadurch notwendig gewordene neue Postmarkt­gesetz regelt unter anderem den Universaldienst, der künftig von der Österreichischen Post AG geleistet wird. Die Tatsache, dass der Universaldienst künftig von der Öster­reichischen Post AG geleistet wird, wird grundsätzlich unterstützt.

Im Postmarktgesetz wird zwar erstmals eine Mindestzahl der durch den Universal­dienstbetreiber einzurichtenden Postgeschäftsstellen, 1.650, vorgeschrieben. Als Post­geschäftsstellen gelten dabei aber nicht nur die herkömmlichen und von der Bevölke­rung äußerst geschätzten Postämter sondern auch Postpartner, die nur einen Teil der Leitungen eines Postamtes erbringen und dies zudem durch nichtposteigene Mitarbei­ter, deren Ausbildung sich auf 3 Tage Schulung beschränkt.

Auch wenn in Einzelfällen Postpartnern die ideale Lösung sein mögen, so sollte dies doch auf Einzelfälle beschränkt bleiben. Denn es ist dringend nötig, den Universal­dienst mit den gut ausgebildeten und qualifizierten posteigenen Mitarbeitern zu leisten, die in das Unternehmen Österreichische Post AG eingebunden sind.

Verschiedene Bestimmungen im neuen Postmarktgesetz sowie angekündigte Spar­maßnahmen wie beispielsweise großangelegte Postamtsschließungen und ein massi­ver Personalabbau lassen die Befürchtung zu, dass die Österreichische Post AG den Universaldienst in der Regel nicht mit dem posteigenen Mitarbeitern leisten will, son­dern die Postämter weiter reduziert werden sollen und verstärkt postfremde Personen die Erbringung des Universaldienstes übernehmen sollen.

Die Anliegen des Postvolksbegehrens, welches unter anderem die Aufrechterhaltung der Infrastruktur und dadurch die Sicherung von Postdienstleistungen zu gleichen Be­dingungen für die gesamte Bevölkerung, die Fixierung von mindestens 1300 Post­filialen im Postgesetz, welche durch die Post AG zu führen sind und die Schaffung von rechtlichen Rahmenbedingungen, die auch nach der Liberalisierung Brief einen fairen Wettbewerb sicherstellen, gefordert hat, wurde seitens der Regierungsfraktionen, in keinster Weise umgesetzt.

Im Sinne von 140.582 Österreicherinnen und Österreichern stellen die unterfertigten Abgeordneten daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie wird ersucht, ehebal­digst Gespräche mit den Betreibern des Postvolksbegehrens und der Österreichischen Post AG aufzunehmen, um eine Umsetzung der Forderungen des Postvolksbegehrens insbesondere im Sinne der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Österreichischen Post AG sowie einer qualitativ hochwertigen, flächendeckenden Versorgung mit Postdienstleis­tungen vor allem im ländlichen Bereich sicherzustellen.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Auer. 2 Minuten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 89

12.49.28

Abgeordneter Mag. Josef Auer (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Vertreter der Regierung auf der Regierungsbank! Herr Mitterlehner, Sie haben mir heu­te ein Stichwort gegeben. Sie haben über Gut und Böse gesprochen im Zusammen­hang mit den Freiheitlichen und mit der EU-Politik, die sie betreiben.

Ich möchte noch einen Begriff draufsetzen: Sie propagieren immer die Anständigkeit – für die wir alle, wie ich glaube, im Parlament vertretenen Parteien natürlich eintreten –, aber wenn man immer von Anständigkeit spricht, dann soll man auch bei der Wahrheit bleiben!

Kollegem Strache, der leider schon wieder nicht anwesend ist (Abg. Ing. Hofer: Wo ist der Herr Cap?), muss ich schon sagen: Das, was er heute gesagt hat, entspricht nicht seinen eigenen Anforderungen! Er hat zum Beispiel einerseits gesagt, dieses Gesetz werde vor der EU nicht halten, andererseits wollte er aber, dass die Zahl der eigen­betriebenen Poststellen, sozusagen Postämter, in der Verfassung niedergeschrieben werden soll. Er weiß aber genau, dass das sehr wohl EU-problematisch wäre und von der EU auch zurückgewiesen werden würde. (Abg. Dr. Rosenkranz: Blödsinn!)

Sie machen also nur Schwarz-Weiß-Politik, Sie betreiben Panikmache, Herr Abgeord­neter Jury, wenn ich mich an Ihre Ausführungen zurückerinnere! Das ist nur Schwarz-Weiß-Politik, das bringt uns nicht weiter!

Wir müssen bei der Wahrheit bleiben, das ist anständig, meine Damen und Herren! (Abg. Dr. Rosenkranz: Eben! Also in den Spiegel schauen!) Wenn man von Tatsachen spricht, dann muss man sagen, dass unsere Ministerin, Frau Ministerin Bures, den Schließungsschnellzug, der natürlich auch von den Freiheitlichen in Form eines Fahr­dienstleiters betrieben worden ist, endlich gestoppt hat. Wir haben heute schon gehört, wie viele es waren, die Sie (in Richtung FPÖ) damals geschlossen haben, und bei wie vielen Frau Ministerin Bures heuer eine Schließung verhindert hat.

Fakt ist: Viele Punkte des Volksbegehrens werden im Gesetz umgesetzt (Abg. Neu­bauer: Die schwächste Rede von allen!), ja, einige Punkte im Gesetz gehen sogar da­rüber hinaus. – Das war also nicht umsonst. Wir machen, glaube ich, eine gute Politik für unsere Bevölkerung! – Danke, Frau Minister! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neu­bauer: Sie glauben es! Das ist es! Sie glauben es!)

12.51


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Grosz. 3 Minuten. – Bitte.

 


12.51.47

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesmi­nisterin! Ganz zu Beginn: Wissen Sie, was mich wirklich ärgert und was 140 000 Unter­zeichnerinnen und Unterzeichner ärgert, eingedenk der Tatsache, dass ein Klubob­mann der SPÖ wie Josef Cap von neuem Parlamentarismus und von Demokratie in diesem Land spricht? – 140 000 Menschen unterstützen das Post-Volksbegehren – und hier in diesem Haus wird es nicht einmal negiert! Das ist keine Umgangsform mit den Interessen der Menschen in unserem Land, schon gar nicht, wenn sich Menschen dazu entschließen, mittels Volksbegehren an der direkten Demokratie auch teilzuneh­men. (Beifall beim BZÖ.)

Wir reden hier ständig von der Stärkung und der Selbstbestimmtheit unserer Bürgerin­nen und Bürger, davon, dass wir sie begeistern wollen für die Demokratie, und dann unterzeichnen sie ein Post-Volksbegehren – ich selbst habe es auch unterzeichnet, am Magistrat Graz –, und hier in diesem Haus wird es schubladisiert und nicht einmal ne­giert! Das, was uns die Verkehrsministerin heute vorlegt, ist das genaue Gegenteil von dem, was die Unterstützerinnen und Unterstützer des Post-Volksbegehrens wollten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 90

Das, was heute und hier passiert, ist ein weiterer Anschlag auf den ländlichen Raum in Österreich, in unseren Bezirken, in unseren Gemeinden, in unseren Bundesländern. (Beifall beim BZÖ.) Das steht in direkter Konkurrenz zu den Sonntagsreden der ÖVP und auch der SPÖ, die ständig von der Stärkung des ländlichen Raums sprechen, wenn Sie gerade in diesem Bereich Hunderte von Postämtern flächendeckend zusperren!

Der Schmäh mit den Postpartnern ist ja auch leicht durchschaubar. Das Postamt sollte sicher sein. Das Postamt, das Sie jetzt sperren, war sicher, war die sichere Daseins­vorsorge unserer Bürgerinnen und Bürger. Was die Postpartner betrifft, so wünsche ich Ihnen viel Spaß, wenn der eine oder andere Postpartner in wirtschaftliche Schwierig­keiten kommt und mit ihm dann auch das Postamt und die Serviceleistungen, die das Postamt zu erbringen gehabt hätte in einer Gemeinde, in einer Region, in den steiri­schen Gemeinden, etwa dort, woher ich komme, gänzlich dem Erdboden gleichge­macht werden.

Da machen wir nicht mit, daher haben auch wir einen Entschließungsantrag einge­bracht, der ganz klar gegen diese Tendenzen arbeitet. Jawohl, wir sind für Effizienz, ja­wohl, wir sind für Sparsamkeit und auch für einen Leistungsgedanken, wenn Steuer­geld im Spiel ist und mit Steuergeld die Daseinsvorsorge finanziert wird, aber damit wird die Daseinsvorsorge der Bürgerinnen und Bürger zutiefst geschwächt, denn die Post hat einen Versorgungsauftrag, der wichtig ist.

Wir lehnen aber nicht nur das ab, was heute hier auf dem Tisch liegt, sondern über­haupt diese Unart, wie diese Regierung mit den Ländern, mit dem ländlichen Raum umgeht. Beispiel Steiermark: Sie streichen die Finanzierung für den Koralmtunnel, Sie streichen die Postämter quer durch die Steiermark – und was bekommen wir? Wir be­kommen Schubhaftzentren und Asylerstaufnahmezentren.

Das kann es nicht sein: dass der Wasserkopf Wien den ländlichen Raum ausräuchert und wir in den Gemeinden in den Ländern dann die Krot dafür zu schlucken haben, dass Sie in der Regierung nicht wirtschaften können! – Ich danke Ihnen. (Beifall beim BZÖ.)

12.54


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gahr. 2 Minuten. – Bitte.

 


12.55.00

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Kollege Brosz hat soeben wieder bewiesen (Abg. Grosz: Grosz, nicht Brosz! Der sitzt dort drüben!), wie man mit Populismus Menschen verunsichert, Unsicherheit bei den Menschen schürt. Herr Kol­lege Brosz (Abg. Grosz: Grosz, nicht Brosz!), Sie übertreiben, Sie übermitteln Bot­schaften an die Menschen, die einfach nicht stimmen! Das Post-Volksbegehren wurde eingearbeitet, wurde im Ausschuss diskutiert. Es wurde heute hier berichtet, dass viele eingebunden wurden, dass manche aber einfach die Fakten und die Realität nicht er­kennen wollen. Der Markt hat sich verändert, der Paketmarkt, der Briefzustellmarkt und der Telekommunikationsmarkt, die Ansprüche und die Anforderungen steigen, und eines ist ganz klar: Wir befinden uns im Wettbewerb!

Mit dem Postmarktgesetz geben wir, glaube ich, Antworten für diesen Wettbewerb. Es gibt einen Mix an Postämtern und an Postpartnerstellen. Und ich möchte ganz klar sa­gen: Die Postpartner bemühen sich, aber auch die Postämter bemühen sich. Ich glau­be, dieser Wettbewerb insgesamt und untereinander soll dazu beitragen, dass die Ser­vicequalität und die Daseinsvorsorge gesichert werden. (Abg. Grosz: Das sind sie ja nicht! Sie glauben nicht einmal das, was Sie sagen! Das stimmt ja nicht! Warum spre­chen Sie die Unwahrheit?)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 91

Kollege Grosz, Sie sollen nicht hier herausgehen, verunsichern und Garantien einfor­dern, die es ganz einfach nicht mehr spielt in dieser Zeit! Sie reden an der Realität vor­bei und vergleichen das mit anderen Dingen, die absolut nicht angebracht sind!

Für die Zukunft ist wichtig: Wir brauchen gute Modelle, die die Postversorgung garan­tieren! Wir haben heute Landbriefzusteller, die wirklich Qualität garantieren, die auf die Menschen zugehen und Dienstleistung sicherstellen. Wir brauchen eine konkurrenzfä­hige Post und Infrastruktureinrichtungen.

Man hört, die Post schreibe schlechte Zahlen. – Es ist nicht so leicht, Dinge zu fordern und zu behaupten, wenn man auf der anderen Seite das Ganze finanzieren muss.

Die Post ist ein öffentliches, börsenorientiertes Unternehmen, das bisher ordentlich ge­wirtschaftet hat und auch in Zukunft einen großen Auftrag hat. Daher stimmen wir dem Postmarktgesetz zu. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

12.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Wal­ser. 3 Minuten. – Bitte.

 


12.56.47

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Herr Mi­nister! Der heutige Vormittag ist ein Musterbeispiel für die Doppelbödigkeit der Regie­rungsparteien, insbesondere aufseiten der ÖVP. Wir hören von Ihnen eigentlich haupt­sächlich Einwände; ich habe mir angehört, was Frau Kollegin Fuhrmann hier dargelegt hat. Sie hat haufenweise Argumente gegen dieses Gesetz gebracht – die ÖVP wird dennoch zustimmen.

Interessant ist auch, dass Abgeordnete aus den Ländern, aus bestimmten Tälern, die sonst immer wieder darauf pochen, dass die ländliche Situation gestärkt werden muss, dagegenstimmen werden. Ich erinnere an die Stellungnahme der Vorarlberger Landes­regierung, die ganz klar sagt – und ich hoffe, es haben alle gelesen, auch die Abgeord­neten aus dem Bregenzer Wald –, dass die Sicherstellung der flächendeckenden Ver­sorgung des ländlichen Raums mit Postgeschäftsstellen nicht ausreichend gesichert ist. – Das, bitte, sagt die Vorarlberger Landesregierung.

Ich bin gespannt, wie die ÖVP-Nationalratsabgeordneten aus Vorarlberg handeln wer­den, denn: Geändert haben Sie an dieser Situation nichts! Sie lassen genau jene Re­gionen im Stich, die Sie am Sonntag jeweils beim Stammtisch oder sonst irgendwo zu sichern vorgeben. – Also das ist ein wirkliches Musterbeispiel für Demagogie.

Meine Damen und Herren, es geht in diesem Zusammenhang um ein grundsätzliches Problem, das wir in Österreich seit den neunziger Jahren haben: Wir glauben, jedem Irrweg nachgehen zu müssen, den wir international vorgesetzt bekommen. Wir haben zwar international auch schon wieder gesehen, dass überall zurückgerudert wird, aber wir machen jetzt die Fehler beziehungsweise wollen unbedingt die Fehler machen, die man in anderen Ländern bereits erkannt hat. Wollen wir die Leidtragenden dieser Si­tuation – die Kundinnen und Kunden, die ArbeitnehmerInnen, die künftig mit sogenann­ten McJobs mit 900 € ihr Auslangen finden werden – wirklich allein lassen? (Beifall bei den Grünen.)

Die Bevölkerung will das nicht, meine Damen und Herren! Die 140 000 Unterschriften haben das ganz deutlich gezeigt, obwohl man das Volksbegehren bewusst in der Som­merzeit gestartet hat, damit möglichst wenig Menschen unterschreiben können. Die Bevölkerung wird sich wehren, so wie das jetzt schon die Studentinnen und Studenten im Bereich der Bildung tun; am Samstag wird eine weitere große Demonstration hier in Wien stattfinden, KindergärtnerInnen und LehrerInnen werden demonstrieren.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 92

Sie werden die Ernte einfahren, die Sie verdienen, nämlich den Protest der Bevölke­rung gegen die Maßnahmen, die Sie hier fortlaufend beschließen. Wir werden zeigen, dass wir auf der Seite jener stehen, die gegen diesen Irrweg sind, dass wir nicht bereit sind, alles dem Profit unterzuordnen! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Stauber. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 2 Minuten. – Bitte.

 


13.00.02

Abgeordneter Peter Stauber (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher! Die Materie des Postmarktgesetzes ist für uns alle eine sehr wichtige, aber ganz besonders für den ländlichen Raum. Ein Bürgermeister, der selber vom Zusperren von zwei Postämtern in den letzten Jahren betroffen ist, kann sehr richtig von dieser Situation berichten. (Präsi­dent Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Herr Kollege Königshofer, ich stehe selbstverständlich auch heute noch zu meinen Aussagen im Ausschuss. – Herr Kollege Rädler, es ist einfach eine Aushöhlung des ländlichen Raumes, eine Schwächung des ländlichen Raumes, wenn wir zusätzliche Postämter zusperren! (Demonstrativer Beifall beim BZÖ.) Dazu stehe ich, das ist nun einmal so. (Abg. Grosz: Genau so ist es!)

Liebe Frau Kollegin Fuhrmann, ich glaube, Sie haben keine Ahnung von den Zustän­den im ländlichen Raum. Denn wenn Sie sagen, dass dann, wenn keine bestehende Infrastruktur vorhanden ist, wenn keine Arbeitsplätze vor Ort vorhanden sind, die Ju­gend trotzdem in diesen Räumen bleiben wird, dann irren Sie sich! (Zwischenrufe bei ÖVP und BZÖ.)

Das sind nämlich die Gründe, warum die Jugend wegziehen muss, warum die Jugend in die Ballungsräume gehen muss, dass keine entsprechenden Infrastrukturen mehr vorhanden sind. Das gilt es zu verhindern, meine geschätzten Kolleginnen und Kolle­gen! (Neuerlicher demonstrativer Beifall beim BZÖ.)

Ich möchte aber trotzdem unserer Frau Ministerin für dieses Gesetz sehr herzlich dan­ken, denn unter den gegebenen Umständen war es noch immer das beste Ergebnis, das sie erzielen konnte, dass wenigstens ein Mindestmaß an Absicherung für den ländlichen Raum gegeben ist. Danke schön, und kämpfen wir weiter für die Verbesse­rung des ländlichen Raumes! (Beifall bei SPÖ und BZÖ.)

13.01


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner hiezu zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hell. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


13.01.44

Abgeordneter Johann Hell (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bun­desminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Nach dieser sehr kontrover­siellen Diskussion der letzten zweieinhalb Stunden stelle ich mir noch einmal die Fra­ge: Was erwarten eigentlich die Menschen in Österreich von einer Versorgung mit Postdienstleistungen? – Die Menschen wollen eine flächendeckende Versorgung, Zu­verlässigkeit in der Qualitätserbringung und leistbare Preise.

Ich glaube, das Postmarktgesetz, das heute zur Beschlussfassung vorliegt, erfüllt diese Erwartungen. Die wesentlichen Eckpunkte dieses Gesetzes wurden von meinen Vor­rednern bereits angesprochen: garantierte Mindestanzahl an Postgeschäftsstellen, kein Zusperren ohne Ersatz, strenger Schließungsmechanismus unter Einbindung der Ge­meinden und unter der Aufsicht der Regulierungsbehörde.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 93

Eine besonders wichtige Gesetzesvorschreibung befindet sich in diesem Gesetz im § 27. Da geht es um die Konzessionsvergaben, und darin ist festgelegt, dass Beschäftigte in diesen Unternehmen nach den geltenden arbeitsrechtlichen Bestimmungen angestellt werden müssen. Damit soll eine soziale Benachteiligung und eine Entlohnung unter dem üblichen Niveau bei neuen Postdienstanbietern verhindert werden.

Da heute hier der Vorwurf gekommen ist, dass nach diesen Kollektivverträgen die Löh­ne sehr niedrig sind, würde ich alle Damen und Herren, die hier in Verantwortung sind, ersuchen, mit den Gewerkschaften Verträge mit höheren Löhnen auszuverhandeln. Ich glaube, die Beschäftigten, die nach diesen Kollektivverträgen bezahlt werden, würden sich über ihre Unterstützung freuen.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren, wir leben in einer sehr schnelllebigen Zeit. Das Kommunikationsverhalten der Menschen ändert sich ständig, und ich denke, dass auch das Postmarktgesetz sich weiteren Änderungen nicht verschließen kann. Ich glaube aber trotzdem, dass heute ein wichtiger Schritt gesetzt wird, dass das Unter­nehmen Post gestärkt wird und dass vor allem die Bevölkerung weiter mit entsprechen­den Postdienstleistungen versorgt werden kann. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.03

13.03.30

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, sei­nen Bericht 458 der Beilagen betreffend Volksbegehren „Stopp dem Postraub“ zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Postmarktgesetz erlassen und das KommAustria-Gesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 319 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Auch das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung. (Abg. Grosz: Stauber, was ist? Klubzwang? Auch kein Held! Helden schauen anders aus, und Sieger schauen anders aus!)

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehr­heit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Festlegung einer ausreichenden Öffnungszeit von Post-Geschäftsstellen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Somit abgelehnt.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordne­ten Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung Post-Volksbegehren.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Auch das ist die Minderheit. Somit abgelehnt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 94

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, sei­nen Bericht 460 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Somit angenommen.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, seinen Bericht 461 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist ebenfalls die Mehrheit. Somit angenommen.

Wir kommen ferner zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, sei­nen Bericht 462 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Somit angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, seinen Bericht 463 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Auch das ist mit Mehrheit angenommen.

13.07.158. Punkt

Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Technologie über die Regierungsvorlage (393 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Patentgesetz 1970, das Patentverträge-Einführungsgesetz, das Gebrauchsmustergesetz, das Mar­kenschutzgesetz 1970, das Patentanwaltsgesetz und das Patentamtsgebühren­gesetz geändert werden (421 d. B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen zum 8. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Deimek. Wunschgemäß einge­stellte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


13.07.54

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Lassen Sie mich das Patentgesetz einmal aus der Sicht der Unterneh­men, und zwar derjenigen, die Innovationen machen, die F & E betreiben, beleuchten. Da ist zunächst etwas Positives festzuhalten, nämlich die Vereinfachung des Wider­spruchsverfahrens beim Markenschutz. Das unterscheidet uns noch immer und wird uns auch in Zukunft von den USA unterscheiden, wo beim Anmelden zuerst nichts pas­siert, wo aber sehr wohl im Nachgang, wenn die Verfahren schon laufen und produziert wird, Einsprüche kommen können und nur teure Verfahren herauskommen.

Das zum Positiven; dann wird es schon ein bisschen kritischer. Positiv wäre noch das Londoner Abkommen, wonach man bewusst auf die Übersetzung von Patenten und Anmeldungen verzichtet. Diejenigen, die sich mit Innovationen beschäftigen, wissen sehr wohl, wie sie zu diesem Know-how aus den fremden Patentschriften kommen. Aber offensichtlich haben jetzt die Damen und Herren von den Regierungsfraktionen Angst vor der eigenen Courage bekommen, und so ist uns gestern Abend noch ein Ab­änderungsantrag ins Haus geflattert.

Das Nächste wäre die Gebührenstruktur. Der Sinn wäre der, dass sich Klein- und Mit­telunternehmen, die im Patentwesen bisher ein bisschen benachteiligt waren, auch


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 95

mehr mit Innovationen beschäftigen und patentieren. Daher sollen auf junge Patente in den ersten fünf Jahren keine Gebühren anfallen. Aber – und jetzt kommt das große Aber – teuer sind die Patente nicht in den ersten fünf Jahren, sondern teuer sind sie am Anfang, beim Anmelden, und da gibt es keine Einschränkungen für die Patentan­wälte. Es gibt auch keine Vorgaben an die Kammer der Patentanwälte. Das hätten wir uns erwartet. Vor allem dort, wo Patente wirklich teuer sind – nämlich dann, wenn sie länger dauern –, gibt es auch wieder keine Einschränkung bei den Gebühren.

Wenn ich aber von Gebühren spreche, dann sind wir gleich im Bereich der Monarchie: Da gibt es die Schriftgebühren nach Bogen und Ähnliches. Da hätten wir uns erwartet, dass der Zugang zur Materie ein bisschen moderner gewesen wäre. (Beifall bei der FPÖ.)

Die „Krone“ in dieser Gesetzgebung ist aber, dass es während der Plenarsitzungen An­träge geben soll, dass es Abänderungsanträge am Abend geben soll, damit man nicht draufkommt, dass wir zum Beispiel das Biopatent-Monitoring, mit dem wir endlich eine Berichterstattung von 1 Prozent gesteigert auf fast alle Patente, die diesen Bereich be­kommen sollen, bekommen hätten. Das wird wieder auf das ursprüngliche Ausmaß von 1 Prozent der Patente aus Österreich reduziert, und das Ganze mit der faden­scheinigen Begründung, dass die EU-Kommission ohnehin bereits „monitort“. Das ist dieselbe EU-Kommission, die die GVOs anstandslos durchlässt und nichts in diese Richtung unternimmt. (Abg. Dr. Bartenstein: Das ist nicht fadenscheinig, Herr Kollege!)

Unser Appell ist: Beenden wir das Gebühren-Mittelalter, beenden wir undemokratische Zustände, und beenden wir eine Nicht-Information des Parlaments! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.11


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.11.11

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In diesem Zusammenhang ist auch etwas über die Innovationskraft Österreichs anzubringen. Ich möchte schon be­merken, Österreich liegt auch aufgrund einer relativ guten Patentbilanz in Europa an sechster Stelle als „Innovation Follower“. Wir wissen auch aus Studien des WIFO, dass zwei Drittel der Wirtschaftswachstumspotenziale aus dem technologischen Fortschritt stammen.

Patente spielen hier natürlich eine große Rolle, Patente von Österreicherinnen und Ös­terreichern, aber auch von Ausländern, die in Österreich Patente anmelden – in sehr hoher Anzahl, was auch wieder dafür spricht, dass der Wirtschaftsstandort Österreich doch für viele ein wichtiger und interessanter Markt ist. Das Patengesetz ist ein nor­mativer Rahmen dafür. Es gibt natürlich einen permanenten Reformbedarf, und ich glaube, dass wir mit dieser Novelle einige ganz wesentliche Adaptierungen vornehmen.

Kollege Deimek hat schon gesagt, dass eine Patentanmeldung kostenpflichtig ist. Die Patentgebühren, an denen die meisten Patentrealisierungen scheitern, weil ja am Be­ginn der ersten Jahre nicht absehbar ist, ob es ein wirtschaftlicher Erfolg wird oder nicht, werden jetzt für fünf Jahre gestundet. Das ist, glaube ich, schon ein großer Vor­teil. Der Patentinhaber kann wirklich nach fünf Jahren entscheiden: Rechnet es sich, ist es vernünftig, auf diesem Patent zu beharren, ja oder nein? – Ebenso ist das bei Ge­brauchsmusterschutz oder Markenschutz-Geschichten möglich, wofür dann drei Jahre kostenfrei sind.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 96

Es gibt noch einige andere Punkte – etwa Recherchen über TRF-Geschichten, oder für das Biopatent Monitoring Komitee soll eine gesetzliche Grundlage geschaffen wer­den –, die in Summe eine gute Sache sind.

Ich möchte abschließend zum Thema „Londoner Übereinkommen“ folgenden Ent­schließungsantrag einbringen:

„Die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert, in Form einer Studie bis Jahresende 2010 zu erheben, welche Vor- und Nachteile sich durch den Beitritt zum ‚Londoner Übereinkommen‘ für Österreich und die Nutzer des Patentsystems ergeben.“

*****

Es wird noch Weiteres über konkrete Punkte ausgeführt, die diese Studie beinhalten soll. Der Entschließungsantrag ist, glaube ich, allen zugegangen. Ich ersuche um Ihre Unterstützung. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.13


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, wurde in seinen Grundzügen erläutert und gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung bereits an die Abgeordneten verteilt und steht daher mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Kurt Gartlehner, Mag. Hakl, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Prüfung von Vor- und Nachteilen eines möglichen Beitritts Österreichs zum „Lon­doner Übereinkommen“

eingebracht im Rahmen der Debatte zum Bericht des Ausschusses für Forschung, In­novation und Technologie über die Regierungsvorlage (393 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Patentgesetz 1970, das Patentverträge-Einführungsgesetz, das Gebrauchs­mustergesetz, das Markenschutzgesetz 1970, das Patentanwaltsgesetz und das Pa­tentamtsgebührengesetz geändert werden (421 d.B.)

Das Übereinkommen über die Anwendung des Artikels 65 EPÜ - das sogenannte „Lon­doner Übereinkommen“ - ist ein fakultatives Übereinkommen, das auf eine Senkung der Übersetzungskosten für europäische Patente abzielt.

Ein vom Europäischen Patentamt (EPA) erteiltes Patent wird im nationalen Recht be­handelt wie mehrere in verschiedenen Ländern erteilte nationale Patente. Mit anderen Worten wird ein europäisches Patent als ein ganzes Bündel von Patenten angesehen.

Um in einem bestimmten Land Gültigkeit zu erlangen, musste die gesamte Patent­schrift in die Landessprache übersetzt werden. Dadurch entstehen erhebliche Kosten. Je nachdem, um welches technische Gebiet es sich handelt, wie umfangreich das Pa­tent ist und in welche Sprachen es übersetzt werden muss, steigen diese Kosten natur­gemäß weiter an.

Einige der größeren EPÜ-Vertragsstaaten haben am 17. Oktober 2000 das „Londoner Über­einkommen“ abgeschlossen. In Kraft getreten ist das Übereinkommen am 1. Mai 2008, nachdem die Beitritts- und Ratifikationsverfahren in einigen nationalen Parlamenten beendet waren. Derzeit ist das Abkommen in 15 Mitgliedstaaten der Europäischen Pa­tentorganisation in Kraft, nämlich Deutschland, Schweiz, Vereinigtes Königreich, Frank­reich, Dänemark, Niederlande, Luxemburg, Schweden, Liechtenstein, Slowenien, Li­tauen, Lettland, Kroatien, Island, Monaco.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 97

Das „Londoner Übereinkommen“ zielt darauf ab, die Kosten zu senken, indem eine kostengünstige Übersetzungsregelung für alle erteilten europäischen Patente einge­führt werden soll. Zu diesem Zweck haben die Vertragsstaaten des Übereinkommens vereinbart, auf die Einreichung von Übersetzungen bereits erteilter Patente in ihrer Landessprache ganz oder weitgehend zu verzichten.

Staaten, die eine Landessprache mit einer der Amtssprachen des EPA (Deutsch, Eng­lisch und Französisch) gemein haben - wie Deutschland, Frankreich, die Schweiz und das Vereinigte Königreich - verzichten vollständig auf die Übersetzungserfordernisse, wenn das Patent in einer dieser Sprachen erteilt wurde. Dies würde im Falle eines Bei­tritts zum „Londoner Übereinkommen“ auch für Österreich zutreffen.

Für europäische Patente, die in englischer oder französischer Sprache erteilt werden, ist nach der derzeitigen Rechtslage beim österreichischen Patentamt eine Übersetzung der Patentansprüche und der Patentbeschreibung vorzulegen und eine Veröffentli­chungsgebühr zu zahlen. Derzeit ist diese Übersetzung hinsichtlich des Schutzumfan­ges des Patents rechtsverbindlich. Durch den Wegfall des Übersetzungserfordernisses beim Beitritt zum „Londoner Übereinkommen“ gäbe es z. T. keine verbindlichen deut­schen Patentbeschreibungen oder Patentansprüche mehr.

Österreichs Beitritt zum „Londoner Übereinkommen“ hätte demnach auch auf österrei­chische Patente Auswirkungen. Auf Grund des erst kürzlich in Kraft getretenen „Lon­doner Übereinkommens“ scheint eine Studie über die Auswirkungen notwendig, bevor ein allfälliger Beitritt Österreichs vorgenommen wird.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden Entschlie­ßungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert, in Form einer Studie bis Jahresende 2010 zu erheben, welche Vor- und Nachteile sich durch den Beitritt zum „Londoner Übereinkommen“ für Österreich und die Nutzer des Patentsystems ergeben.

Die Studie soll auf jeden Fall über folgende Punkte Aufschluss geben:

1) Welche Vorteile und welche Nachteile haben österreichische Firmen vom Beitritt Ös­terreichs zum „Londoner Übereinkommen“?

2) Gibt es entsprechende Kennzahlen oder sind entsprechende Experteninterviews möglich, die belegen, dass in jenen Ländern, in denen das „Londoner Übereinkommen“ bereits in Kraft getreten ist, der Zugang europäischer Firmen, insbesondere von KMUs, zum Patentsystem erleichtert oder verbessert wurde?

3) Wie hat sich das „Londoner Übereinkommen“ an Hand von vorhandenen Kennzah­len in den Ländern ausgewirkt, in denen es bereits in Kraft getreten ist (Der Fokus soll hierbei insbesondere auf denjenigen Staaten liegen, die eine Sprache des Europäi­schen Patentamts als Amtssprache haben)? Welche Auswirkungen zeigen sich in den vorhandenen Kennzahlen in den Ländern, die bisher dem „Londoner Übereinkommen“ nicht beigetreten sind?

4) Welche Gründe werden von denjenigen EPÜ-Ländern angeführt, die dem „Londoner Übereinkommen“ nicht beitreten?

5) Ist ein Beitritt Österreichs zum „Londoner Übereinkommen“ in Hinblick auf die Sprachfassungen von Patentansprüchen und -beschreibungen mit Art. 8 der Bundes­verfassung vereinbar, wonach die deutsche Sprache die Staatssprache der Republik Österreich ist?


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 98

6) Hat sich und allenfalls wie hat sich die Gebührenstruktur im Patentbereich in jenen Ländern, die dem „Londoner Übereinkommen“ beigetreten sind, sowie in den Ländern, die dem „Londoner Übereinkommen“ nicht beigetreten sind, insbesondere in Hinblick auf die „Patent-Jahresgebühren“ verändert?

7) Wie hat sich die Zahl der aufrechterhaltenen Patente in den dem „Londoner Über­einkommen“ beigetretenen Ländern gegenüber vorher, bzw. gegenüber den nicht bei­getretenen Ländern verändert? Welche Veränderungen gab es hinsichtlich der heimi­schen, europäischen und außereuropäischen Anmelder? Gibt es entsprechende Kenn­zahlen, die darauf schließen lassen, dass sich die Zahl der Nutzer des Patentsystems verändert hat?

8) Gibt es entsprechende Kennzahlen oder sind entsprechende Experteninterviews möglich, die Aufschluss darüber geben, wie sich das „Londoner Übereinkommen“ auf die „passiven Nutzer“, d.h. diejenigen, die selbst keine Patente anmelden, sich aber darum bemühen, nicht unter die Patente Dritter zu fallen, auswirkt bzw. ausgewirkt hat?“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Strutz. Wunschgemäß eingestellte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


13.14.23

Abgeordneter Dr. Martin Strutz (BZÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Die Vorgangsweise zur Novellierung des Patentgesetzes ist wieder einmal Beispiel da­für, wie die Koalitionsparteien mit teilweise berechtigten Einwendungen und Vorschlä­gen der Oppositionsparteien umgehen. Auch wir haben unter Hinweis auf einen drin­gend Anpassungs- und Veränderungsbedarf diesem Gesetz im Ausschuss zugestimmt. Das wird lapidar beiseite gewischt, und dann werden fünf Minuten vor zwölf, bevor die Gesetze hier auch das Hohe Haus zu passieren haben, jene Argumente, die von den Oppositionsparteien gekommen sind, als eigenständige Abänderungs- und Erweite­rungsanträge eingebracht.

Zum Gesetz selbst möchte ich feststellen, dass die Gentechnologie heute über 20 Jah­re alt und ein wesentlicher Bestandteil der biologischen und medizinischen Forschung ist. Einige Produkte ihrer Anwendung sind bereits auf dem Markt, und die weitere Zu­nahme ist absehbar.

Durch mögliche Anwendungen wie insbesondere die gentechnischen Veränderungen von Nahrungsmitteln ist jeder von uns auch direkt betroffen. Die heftige Kontroverse darüber führt aber selten zu weiteren Markierungen als Positionen. Neue Formen eines gesellschaftlichen Diskurses über die Anwendung und die Bewertung, aber vor allem die Auswirkung der Zulassung dieser neuen und jungen Technologien sind aus meiner Sicht notwendig und sehr wünschenswert.

Für die Technikentwicklung im Allgemeinen und für die Gentechnologie im Speziellen ist es von großer Bedeutung, dass nicht nur die technikinhärenten Risiken überprüft werden, sondern dass vor allem auch die Zielsetzung von Anwendungen überprüft wird. Aus diesem Grund ist es auch als positiv zu bewerten, dass das Biopa­tent Monitoring Komitee mit diesem Gesetz ihre gesetzliche Basis und Grundlage findet.

Was jedoch wichtig ist, ist, dass einzelne Mitglieder dieses Komitees die Möglichkeit haben, Experten mit der Begutachtung zu beauftragen beziehungsweise Gutachten er­stellen und in Auftrag geben zu können, um auch die Technikfolgenabschätzung zu prüfen. Wir sind der Meinung, dass zumindest zwei Mitglieder dieser Kommission diese Möglichkeit haben sollten, und haben das auch als Abänderungsantrag im Ausschuss eingebracht. Leider ist auf diese Einwendungen nicht eingegangen worden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 99

Im Großen und Ganzen ist es ein Gesetz, das positiv ist. Es wurden jedoch die Ergän­zungsvorschläge der Opposition nicht eingearbeitet. Deshalb werden wir auch nicht zu­stimmen. (Beifall beim BZÖ.)

13.17


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abge­ordnete Mag. Hakl. Wunschgemäß eingestellte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


13.17.47

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Bundes­minister! Ich glaube, geschätzter Herr Kollege Deimek, dass wir bei der Patentgesetz-Novelle doch sehr gute Fortschritte gemacht haben. Zum einen hat jetzt das Biopa­tent Monitoring Komitee erstmals überhaupt eine gesetzliche Grundlage.

Im Abänderungsantrag wird nur darauf abgestellt, dass es die Kapazitäten des Komitees zweifellos bei Weitem übersteigt, wenn es nunmehr alle 40 000 seit dem Jahr 2000 er­lassene Biopatente auf europäischer Ebene überprüfen müsste. Ich glaube, das kann in der entsprechenden Qualität, wie wir sie uns vorstellen, und auch mit der notwendi­gen Sorgfalt, wie dies in Österreich erfolgen soll, nicht bewältigt werden. Aus diesem Grund soll das Biopatent Monitoring Komitee nur für die national erteilten Patente zu­ständig sein. Auf europäischer Ebene ist ja erfreulicherweise ein ähnliches Monitoring bereits in Kraft, damit ist ein lückenloses Monitoring gewährleistet.

Zum Zweiten ist unser Abänderungsantrag ganz kurz und leicht verständlich und wäre, so glaube ich, von Ihnen sehr gut mitzutragen gewesen.

Ich bringe diesen Abänderungsantrag der Abgeordneten Ing. Gartlehner und Mag. Hakl ein, der Ihnen allen vorliegt – „zur Regierungsvorlage 393 d.B. in der Fassung des Aus­schussberichtes 421 d.B. betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Patentgesetz 1970, das Patentverträge-Einführungsgesetz, das Gebrauchsmustergesetz, das Marken­schutzgesetz 1970, das Patentanwaltsgesetz und das Patentamtsgebührengesetz ge­ändert werden“ –, und darf diesen Abänderungsantrag in weiterer Folge auch erläutern.

Zum einen wird in Zukunft im Patentrecht auch das Patentamt in der Teilrechtsfähigkeit tätig werden dürfen. Dabei ist nicht beabsichtigt, neue öffentliche Konkurrenz für priva­te Unternehmen und Unternehmer herzustellen, sondern es gibt einfach Dinge, die das Patentamt gut und besser als andere kann. Im Abänderungsantrag sollen die Befugnis­se entsprechend eng gehalten werden, damit klar ist, dass keine Patentbewertungen und Gutachten über Patentbewertungen als Ganzes in der Teilrechtsfähigkeit vom Pa­tentamt gemacht werden sollen, sondern dass eigentlich automatisierte Verfahren, die vorliegen, vonseiten des Patentamtes den Nutzern des Patentsystems gegen Entgelt zur Verfügung gestellt werden können.

Im von Ihnen auch als erfreulich dargestellten, nunmehr möglichen Widerspruchsver­fahren kommt eine weitere Erleichterung für die Nutzer des Patentsystems zum Tra­gen, indem nämlich im vorliegenden Abänderungsantrag der Instanzenzug vereinfacht wird, und zwar hin zum Obersten Patent- und Markengericht und zum OGH, damit nicht ein drittes Höchstgericht möglicherweise widersprüchlich konkurrierende Ent­scheidungen trifft. Der Verwaltungsgerichtshof als dritte Letztinstanz ist hier wohl eher versehentlich hineingerutscht, zumal er ohnehin überlastet ist und erst entsprechende Kompetenz aufbauen müsste.

Das sind alle Änderungen, die mit diesem Abänderungsantrag vorgenommen werden. Ich glaube also, dass auch Sie diesen Abänderungsantrag durchaus mittragen könnten und würde mich darüber freuen. Es ist wichtig, dass wir in Summe durch die Erleich­terungen bei den Gebühren, durch eine vernünftige gesetzliche Grundlage und die Grundlage dafür, dass das Biopatent Monitoring Komitee auch qualitätsvoll arbeiten


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 100

kann, einen Meilenstein in diesem wichtigen und innovationsfördernden Gesetzesbe­reich geschafft haben. Ich hoffe, Herr Kollege Deimek, dass auch Sie uns dabei unter­stützen werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dipl.-Ing. Deimek: 1 Prozent der Patente ist einfach zu wenig!)

13.21


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und wurde in seinen wesentlichen Kernpunkten erläutert. In Anbetracht des Umfangs des Antrages werden wir diesen gemäß § 53 Abs. 6 der Ge­schäftsordnung zur Verteilung bringen. Der Antrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Ing. Gartlehner, Mag. Karin Hakl, Kolleginnen und Kollegen zur Re­gierungsvorlage 393 d.B. in der Fassung des Ausschussberichtes 421 d.B. betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Patentgesetz 1970, das Patentverträge-Einführungs­gesetz, das Gebrauchsmustergesetz, das Markenschutzgesetz 1970, das Patentan­waltsgesetz und das Patentamtsgebührengesetz geändert werden

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

1. In Artikel I Ziffer 2 wird in § 58a Abs. 1 Z 4 wird die Wortfolge „Erstattung von Schutzrechtsrecherchen und von Beratungsleistungen im Zusammenhang mit Patent­bewertungen, insbesondere unter Heranziehung anerkannter Evaluierungsstandards“ durch die Wortfolge „Erstattung von Schutzrechtsrecherchen und von Beratungsleis­tungen im Zusammenhang mit Patentbewertungen unter Heranziehung anerkannter Evaluierungsstandards“ ersetzt.

2. In Artikel I Ziffer 8 Abschnitt V BIOPATENT MONITORING KOMITEE wird in 166 Abs. 1 die Wortfolge „über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen, ABl. Nr. L 213 vom 30. Juli 1998, S. 13, im Hinblick auf relevante mit Schutzwirkung für die Republik Österreich erteilte Patente und Gebrauchsmuster“ durch die Wortfolge über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen, ABl. Nr. L 213 vom 30. Juli 1998, S.13, in österreichisches Recht im Hinblick auf relevante mit Schutzwirkung für die Re­publik Österreich erteilte nationale Patente und Gebrauchsmuster“ ersetzt.

3. In Artikel I Abschnitt V Ziffer 8 BIOPATENT MONITORING KOMITEE wird in § 166 Abs. 2 Z 2 die Wortfolge „Überprüfung der Erteilungs- und Spruchpraxis“ durch die Wortfolge „Überprüfung der nationalen Erteilungs- und Spruchpraxis“ ersetzt.

4. In Artikel IV wird nach Ziffer 1 folgende Ziffer 1a eingefügt:

„1a. In § 22 entfällt Abs. 2.“

5. In Artikel IV wird nach Ziffer 3 folgende Ziffer 3a eingefügt:

„3a. In § 36 wird der Satz „Gegen die Entscheidung der Beschwerdeabteilung ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig“ durch die Wortfolge „Der Partei, die sich durch eine Endentscheidung der Rechtsmittelabteilung beschwert erachtet, steht die Beschwerde an den Obersten Patent- und Markensenat offen. §§ 145a und 145b Patentgesetz 1970 sind sinngemäß anzuwenden“ ersetzt.“

6. In Artikel IV lautet Ziffer 6 wie folgt:

„6. Nach § 77a wird folgender § 77 b eingefügt:

§77b. (1) Widerspruch kann nur gegen Marken erhoben werden, deren Veröffentli­chung (§ 29a Abs.1 oder Abs. 2) nicht vor dem 1. Julia 2010 erfolgt ist.


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(2) Auf bis zum 1. Jänner 2010 bei der Beschwerdeabteilung anhängige Beschwerden ist § 36 in der bis zum 31. Dezember 2009 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden.“

7. In Artikel IV Ziffer 7 lauten § 81a Abs. 4 und 5 wie folgt:

„(4) §§ 22, 36 und 77b Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2009 treten am 1. Jänner 2010 in Kraft. Gleichzeitig tritt § 20 Abs. 2 letzter Satz außer Kraft.

(5) § 29 Abs. 1, §§ 29a bis 29c, 41 Abs. 2 und 3, § 42 Abs. 1 und § 77b Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2009 treten am 1. Juli 2010 in Kraft.“

Begründung

Zu Art. I (Änderung des Patentgesetzes 1970):

Zu Art. I Z 2 (§ 58a Abs. 1 Z 4):

Die Änderung dient lediglich der Klarstellung, dass die Teilrechtsfähigkeit keine umfas­senden Patentbewertungen vornimmt, sondern lediglich Beratungsleistungen im Zu­sammenhang mit Patentbewertungen unter Heranziehung anerkannter Evaluierungs­standards anbieten soll.

Zu Art. I Z 8 (§ 166 Abs. 1 und Abs. 2 Z 4):

In der derzeitigen Zusammensetzung und Ressourcenausstattung des Komitees ist ein Durcharbeiten aller mit Rechtswirksamkeit für Österreich erteilten Patente völlig unrea­listisch und somit nicht durchführbar (zwischen 2000 und 2009 wurden knapp 40.000 euro­päische Biopatente für Österreich erteilt). Daher muss ein Belassen des Fokus auf die nationale Entscheidungs- und Spruchpraxis – wie in der seinerzeitigen Entschließung des NR auch festgehalten – angestrebt werden und nur dadurch können Doppelgleisig­keit beim Monitoring der Auswirkungen der Biopatent-Richtlinie (RL 98/44/EG) vermie­den werden – die Europäische Kommission monitort bereits mit Berichtspflicht zum Thema Biopatente.

Zu Art. IV (Änderung des Markenschutzgesetzes 1970):

Zu Art. IV Z 1a (§ 22):

Im Hinblick auf die dreimonatige Widerspruchsfrist soll die Möglichkeit geschaffen wer­den, das Monitoring gemäß § 22 flexibler zu gestalten und in kürzeren, den Kunden­wünschen entsprechenden Intervallen durchführen zu können.

Zu Art. IV Z 3a (§ 36):

Durch diese Änderung wird der Instanzenzug bei der Beurteilung der Ähnlichkeit und rechtserhaltenden Benutzung von Marken vereinheitlicht. Bliebe § 36 gemäß Regie­rungsvorlage unverändert, würden zwei verschiedene oberste Instanzen (VwGH und OPM) auch über die verwechselbare Ähnlichkeit und die ausreichende Benutzung ab­sprechen. Da darüber hinaus auch der OGH bei Markenverletzungen diese beiden wichtigen Kriterien prüft, wären dann drei (!) höchstgerichtliche Instanzen vorgesehen, die endgültig über diese Kriterien entscheiden.

Während beim OGH und beim OPM aufgrund der großen Erfahrung beider Gerichte und der Tatsache, dass beiden Höchstinstanzen üblicherweise derselbe Höchstrichter vorsitzt, nicht mit Problemen zu rechnen ist, wäre dies beim VwGH nicht zu erwarten (aufgrund der mangelnden Erfahrung in streitigen Markenangelegenheiten).

Divergierende Entscheidungen wären in erhöhtem Maße unvermeidlich und schwer­wiegend, insbesondere, weil (gemäß EB) mit jährlich 500 Widersprüchen gerechnet wird. Da eine solche zusätzliche Belastung des VwGH sicher nicht wünschenswert ist


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 102

und überdies viel aufwändiger als eine Befassung des Oberster Patent- und Markense­nat wäre, ist es dringend erforderlich, analog zu § 70 Abs. 2 Patentgesetz nunmehr auch in § 36 2. Satz den Rechtszug an den OPM zu ermöglichen.

Natürlich sollten hierbei §§ 145a und 145b Patentgesetz ebenfalls zur Anwendung kommen, um für solche Rechtsmittel gegen Beschwerdeentscheidungen nur ein ver­einfachtes Verfahren vorzusehen. Dabei ist es sachgerecht, dies nicht nur auf das Wi­derspruchsverfahren zu beschränken, sondern auch gleichzeitig die Zweigleisigkeit beim Absprechen über absolute Schutzversagungsgründe zu beenden. Konform mit TRIPS und der MRK wäre dies ohnehin.

Zu Art IV Z 6 (§ 77b):

Die Übergangsregelung des Abs. 2 stellt aus Gründen der Rechtssicherheit klar, dass in laufenden Verfahren keine Änderung im Instanzenzug eintreten soll und der bisheri­ge § 36 für den Fall, dass die Entscheidung der Beschwerdeabteilung vor dem In-Kraft-Treten der neuen Bestimmung gefasst wurde, weiterhin anzuwenden ist.

Zu Art IV Z 7 (§ 81a Abs. 4 und 5):

Aufgrund der im Abänderungsantrag vorgenommenen Ergänzungen sind die Bestim­mungen über das In-Kraft-Treten anzupassen.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.22.09

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Hakl, Sie haben das Biopatent Monitoring Komitee angesprochen, was für ein toller Erfolg das sei, dass das jetzt institutionalisiert wird. – Also wirklich: Die Erfolgsgeschichte des Gentechnik-Volksbegehrens war die Basis für die Einrichtung dieser Kommission auf Druck der Grünen.

Ein wesentlicher Teil dieses Komitees, das ja vorwiegend aus Vertretern der Ministe­rien besteht – das muss man auch einmal klar sagen, das sind ja Vertreter aus den einzelnen Fachressorts –, waren Wissenschafter, freie Wissenschafter aus dem öster­reichischen Gentechnik-Volksbegehren. 1,2 Millionen Österreicherinnen und Österrei­cher haben das damals unterschrieben, unterzeichnet und haben sich eben für gen­technikfreie Lebensmittel ausgesprochen und gegen das Recht auf Patente auf Leben.

Das war das Thema! Patente auf Leben wollte die Bevölkerung nicht und will sie nicht, und genau diesen Teil, meine Damen und Herren, haben Sie jetzt mit der Abänderung mit Füßen getreten. Sie wollen ja gar nicht, dass das Komitee die Entwicklung kritisch kommentieren kann, weil in Österreich in diesem Bereich, im Gentechnikbereich keine Patente angemeldet sind. Die werden im europäischen Bereich angemeldet, in ande­ren Mitgliedstaaten. Jetzt kann dieses Komitee jenen Bereich auch gar nicht kritisch beleuchten, den die Bevölkerung aber kritisch beleuchtet haben will und den die Ver­treter und Vertreterinnen des Volksbegehrens entsprechend beleuchten wollten.

Wir bringen deshalb folgenden Abänderungsantrag ein:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage wird wie folgt geändert:

1. Art. I Z 8, § 167 Abs. 1 Z 18 lautet:

„18. drei Vertreter des Ökobüro – Koordinationsstelle österreichischer Umweltorganisa­tionen.“


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 103

2. Art. I Z 8, § 167 Abs. 5 lautet:

 „(5) Dem Vorsitzenden des Komitees obliegt die Vertretung des Komitees nach außen. Die Tätigkeit der Mitglieder des Komitees laut Abs. 1 Z 1-17 ist ein unbesoldetes Eh­renamt, die Tätigkeit der Mitglieder laut Abs. 1 Z 18 ist in voller Höhe abzugelten.“

*****

Meine Damen und Herren, diese Formulierung des Abänderungsantrags scheint etwas technisch zu sein, aber worum geht es: Dass genau jene VertreterInnen der Zivilgesell­schaft, die daran aus unserer Sicht teilnehmen sollen, derzeit keinen Cent Abgeltung für diese kritische FachexpertInnen-Tätigkeit bekommen. Sie wollen, dass Studien ge­macht werden von außen, von externen Experten, aber jene kritischen VertreterInnen, die in der Kommission drinnen, die beim Monitoring dabei sein müssen, bekommen keinen Cent. Alle anderen sind VertreterInnen der Ministerien, also BeamtInnen, die bezahlt sind, und die Zeit dort in der Kommission verbringen können, ohne dass sie ir­gendwo anders „abgehen“.

Das zum einen. Es ist völlig unverständlich, wie man hier die Zivilgesellschaft aus­schließt, wie man das Monitoring kritischer Produkte ausschließt, es nicht mehr ermög­licht, dass die Entwicklungen im Gentechnik-, im Agro-Gentechnikbereich kritisch wahr­genommen werden. Der Bericht ist in Zukunft gar nichts mehr wert! Das sage ich Ihnen.

Und noch eines zum Patentrecht: Kollege Gartlehner hat zu Recht einige Verbesserun­gen angesprochen, aber ich sage Ihnen, und das ist auch der Grund, warum wir nicht zustimmen können: Wenn Sie selbst feststellen, dass Sie dem Londoner Übereinkom­men beitreten wollen und gleichzeitig eine Entschließung einbringen, dass das Ministe­rium prüfen soll, welche Auswirkungen das auf die Wirtschaft hat, so ist das ja völlig absurd, meine Damen und Herren.

Wenn Sie ein Gesetz so unsolide konstruieren, dass Sie gar nicht wissen, welche Aus­wirkungen es auf die Wirtschaft hat und das erst nachträglich prüfen wollen, so ist das doch Unsinn par excellence. Wir werden trotzdem dieser Entschließung unsere Zustim­mung geben. Ja selbstverständlich muss man das prüfen, aber vor der Gesetzwer­dung und nicht erst im Nachhinein. Daher werden wir der Entschließung zustimmen, dem Gesetz unsere Zustimmung aber nicht geben. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

13.26


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen zur Regierungsvorlage (393 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Patentgesetz 1970, das Patentverträge-Ein­führungsgesetz, das Gebrauchsmustergesetz, das Markenschutzgesetz 1970, das Pa­tentanwaltsgesetz und das Patentamtsgebührengesetz geändert werden in der Fassung des Berichts des Ausschusses für Forschung, Innovation und Technologie (421 d.B.)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage wird wie folgt geändert:

1. Art. I Z 8, § 167 Abs. 1 Z 18 lautet:

„18. drei Vertreter des Ökobüro – Koordinationsstelle österreichischer Umweltorganisa­tionen.“


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 104

2. Art. I Z 8, § 167 Abs. 5 lautet:

„(5) Dem Vorsitzenden des Komitees obliegt die Vertretung des Komitees nach außen. Die Tätigkeit der Mitglieder des Komitees laut Abs. 1 Z 1-17 ist ein unbesoldetes Eh­renamt, die Tätigkeit der Mitglieder laut Abs. 1 Z 18 ist in voller Höhe abzugelten.“

Begründung:

Das Gentechnik-Volksbegehren, das über 1,2 Millionen Menschen unterzeichnet ha­ben, hat wesentlich dazu beigetragen, dass das Gentechnik Monitoring-Komitee einge­richtet wurde. Hauptaufgabe des Komitees war und ist die Überprüfung der Auswirkun­gen der in Umsetzung der EU-Biopatent-Richtlinie erlassenen Rechtsvorschriften auf Menschenrechte, Tiere, Pflanzen und ökologische Systeme nach folgenden Grundsät­zen: keine Patente auf Verfahren zum Klonen von Menschen und zur Veränderung der menschlichen Keimbahn; kein Patentschutz für Verfahren, in denen menschliche Em­bryonen verwendet werden, und für Embryonen selbst; keine weitere Einschränkung der „Tierschutzklausel“; Wahrung des Viehzüchter- und Landwirteprivilegs und der Ver­pflichtungen aus dem Übereinkommen über die biologische Vielfalt.

Aufgrund der essentiellen und für die Zukunft sehr entscheidenden Aufgabenstellungen sollten daher aus dem Bereich der Zivilgesellschaft, nicht nur ein/e, sondern drei Ex­pertInnen ernannt werden können. Das Ökobüro dessen Mitgliedsorganisationen breit gestreut in diesen Aufgabenbereichen tätig sind, sollte daher ermächtigt werden, drei Mitglieder bzw. einschlägige ExpertInnen zu entsenden. Dies wird allerdings nur dann möglich sein, wenn für NGO’s die Tätigkeit in diesem und für dieses Gremium voll ab­gegolten wird. Demgegenüber verfügen die Bundesministerien und Interessensvertre­tungen sowie jene Institutionen, die ein wirtschaftliches Interesse an der Patentierung haben, über ausreichende Ressourcen, diese Tätigkeit ehrenamtlich wahrnehmen zu können.

Dass die Frage der Ressourcen für die Teilnahme an diesem Gremium entscheidend ist, ist auch dem zweiten Bericht des Biopatent Monitoring Komitees (III-74 der Beila­gen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP S. 4) zu entneh­men: „Allerdings haben sich die Bundesarbeitskammer im Frühjahr 2007 und der VKI (Anm. Verein für Konsumentenschutz) im Herbst 2007 unter Hinweis auf fehlende Res­sourcen aus dem Komitee zurückgezogen. Ohne eine derartige förmliche Mitteilung haben die Vertreter des Gentechnik-Volksbegehrens – welche mitentscheidend für die Errichtung des Biopatent Monitoring Komitees war – weder an den Sitzungen des Ko­mitees noch an der Erstellung des vorliegenden Berichtes mitgewirkt.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundesminis­terin Bures zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.26.43

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Sehr ge­ehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die OECD-Berichte zeigen uns, dass es zwei entscheidende Faktoren für ein Land gibt, um Beschäftigung zu sichern, um Wachstum zu generieren und damit Wohlstand in einem Land abzusi­chern. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten kommt dem natürlich eine ganz besonders große Bedeutung zu. Die beiden Faktoren sind Investitionen in eine moderne ökologi­sche Infrastruktur – da arbeiten wir auf Hochdruck – und Maßnahmen für einen Innova­tionsschub, nämlich Investitionen in Forschung, Entwicklung und Technologie. Das,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 105

was wir heute hier beschließen, mag nur ein kleiner Mosaikstein sein, weil es im Be­reich Investitionen in Forschung und Technologie gerade in meinem Haus aufgrund der wirtschaftlichen Situation ganz besonders große Anstrengungen gegeben hat in den letzten Monaten.

Ich möchte nur ein Beispiel nennen: Ich habe in Alpbach eine neue Initiative präsen­tiert, um gerade Klein- und Mittelbetriebe zu stützen, damit sie nicht aus kleinen For­schungsprojekten aussteigen, sondern drinnen bleiben. Mit diesem „Quick Start“-Mo­dell fördern wir nicht wie in der Vergangenheit nur ein Viertel der Investitionen für F & E, sondern fast die Hälfte, also bis zu 45 Prozent. Wir fördern die Aktivitäten von Klein- und Mittelbetrieben in Forschung und Entwicklung. Das zeigt auch Wirkung. Mit der Beschlussfassung heute wollen wir diesen Weg fortsetzen und noch einmal stärken.

Das zeigt Wirkung! Wenn wir uns ansehen, welche Länder viele Innovationen haben, bemisst sich das natürlich auch daran, wie viele Anmeldungen es beim Patentamt gibt, also wie viel geistiges Eigentum sozusagen geschützt wird. Da ist es in Österreich ent­gegen dem internationalen Trend – die Patentanmeldungen sind international zwischen 5 und 15 Prozent rückläufig, in Deutschland minus 7 Prozent – gelungen, einen An­stieg von plus 1 Prozent zu erzielen. Das zeigt, dass diese Stützung der Wirtschaft in schwierigen Zeiten auch wirklich greift. Sie müssen sparen, sollen das aber nicht am falschen Platz bei Forschung und Entwicklung tun.

Daher bin ich froh darüber, dass wir heute mit dieser Novelle noch einmal eine finan­zielle Erleichterung schaffen und umsetzen wollen. Wir wollen Unternehmen entlasten, die in Innovationen investieren. Wir ermöglichen bei Patenten die ersten fünf Jahre eine Gebührenfreistellung, bei Gebrauchsmustern innerhalb der ersten drei Jahre.

Das ist etwas ganz Besonderes. Sie wissen ja, wir haben sonst jedes Mal darüber zu diskutieren, wie wir die Gebühren zumindest gegen Inflation absichern können, weil die öffentlichen Haushalte natürlich auch von der wirtschaftlichen Situation betroffen sind. In diesem Fall werden wir eine völlige Gebührenbefreiung für den Schutz von geisti­gem Eigentum haben, weil wir davon überzeugt sind, dass wir uns einen Innovations­stopp in Österreich jetzt auch gar nicht leisten wollen.

Der zweite Punkt, den ich kurz anschneiden möchte, betrifft das Biopatent Monitoring Komitee. Wir erweitern das. – Es so darzustellen, als wäre es eine Verschlechterung gegenüber den zwei Berichten, die wir ja auch im Nationalrat diskutiert haben, stimmt nicht. Das Ergebnis dieser Berichte war, dass wir die Möglichkeiten der Kommission erweitert haben, nämlich dahin gehend, dass der Tätigkeitsbereich auch auf alle mit Schutzwirkung für Österreich erteilten Patente und Gebrauchsmuster ausgedehnt wird. Man kann natürlich sagen, man möchte den Wirkungskreis noch erweitern, aber es so darzustellen, als wäre es eine Verschlechterung, entspricht nicht den Tatsachen. Der Tätigkeitsbereich für das Biopatent Monitoring Komitee wird erweitert. (Abg. Dr. Pirkl­huber: Stimmt nicht!)

Einen Punkt möchte ich noch kurz ansprechen, weil das auch ein Wunsch der Wirt­schaft war. Die haben gesagt, sie bräuchten eigentlich immer stärker ein flexibles und maßgeschneidertes Rechercheprogramm. Sie haben das auch bei den Experten im Patentamt immer stärker nachgefragt. Durch die Teilrechtsfähigkeit, die wir heute er­möglichen, soll es auch geschafft werden, dass diese maßgeschneiderten Recherchen vorgenommen werden können. Für uns ist klar, dass das natürlich transparent sein muss, dass es geteilte Leistungsabrechnungen geben muss, dass wir auch einen Leis­tungskatalog klar definieren müssen, um diese Abgrenzungen bei der Teilrechtsfä­higkeit sicherzustellen. Wir werden damit rasch und flexibel auf die Wünsche der Kun­den und damit der Wirtschaft eingehen können.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 106

Es geht uns ja gemeinsam darum, den Innovations- und Forschungsstandort Öster­reich zu stärken. Ein kleiner Mosaikstein ist diese Novelle, und ich ersuche Sie um Ihre Zustimmung. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.32


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abge­ordnete Silhavy. Eingestellte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


13.32.21

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Wir dis­kutieren heute ein ganzes Gesetzespaket. Es beinhaltet das Patentgesetz, das Patent­verträge-Einführungsgesetz, das Gebrauchsmustergesetz, das Markenschutzgesetz, das Patentanwaltsgesetz und das Patentamtsgebührengesetz.

Herr Kollege Pirklhuber, das Wesentliche ist vorerst einmal, dass für das Monitoring Komitee Rechtssicherheit geschaffen wird. Da werden wir zwei hoffentlich einer Mei­nung sein.

Der zweite Punkt, der mir wichtig erscheint: Ich glaube, dass es ganz kritisch ist, wenn man unterschiedliche Mitglieder des Komitees hat, nämlich die einen, die ehrenamtlich tätig sind, und die anderen, die bezahlt bekommen. Das ist eine Frage, die man nicht so einfach lösen kann, wie Sie das jetzt mit Ihrem Abänderungsantrag dargestellt ha­ben, weil das eine sehr sensible Materie ist. Ich bin schon Ihrer Meinung, dass man sich sehr wohl anschauen muss, wie auch jene Menschen im Komitee arbeiten kön­nen, die das wirklich unentgeltlich machen, weil sie für diese Zeit kein Geld von einer Dienststelle bekommen. Die Lösung, die Sie vorschlagen, ist jedoch nicht wirklich ein brauchbares Modell, vor allem, was die Bewertung der Tätigkeit anbelangt. Davor möchte ich warnen.

Frau Bundesministerin Bures hat viele Fakten bereits angesprochen: Ein ganz wichti­ger Punkt, und das ist überhaupt das Positive an dieser Novelle, ist die Innovations­freudigkeit, was die Gebührenordnung anbelangt, nämlich die Freistellung für die ers­ten fünf Jahre im Bereich der Anmeldung der Patente beziehungsweise auch der Mar­ken für die ersten drei Jahre.

Gerade im Zusammenhang mit dem „Quick Start“-Modell gibt es eine echte Chance, vor allem für kleinere und mittlere Betriebe, wirklich einen Fortschritt durch Innovations­freudigkeit zu machen. Damit können letzten Endes auch Arbeitsplätze und Wert­schöpfung für Österreich geschaffen werden. Dies kommt nicht nur den einzelnen Un­ternehmen, sondern uns allen zugute und stärkt damit unser Gemeinwohl. Daher ist das ein ganz wichtiger Punkt.

Ich hoffe, dass auch die Befürchtungen, die in der Ausschussdiskussion angesprochen worden sind, was die Teilrechtsfähigkeit anbelangt, durch diesen Abänderungsantrag und die Bestimmungen, die diesen Bereich jetzt doch sehr eingrenzen und einengen, auch für Sie aus der Welt geschafft werden konnten.

Was mir noch wichtig erscheint, sind vier Schwerpunkte, die der Entschließungsantrag anspricht, nämlich diese Studie betreffend das Londoner Übereinkommen und was ein Beitritt dazu bedeutet. Die Frage, welche Vorteile und Nachteile österreichische Firmen vom Beitritt Österreichs zum Londoner Übereinkommen haben, ist eine wesentliche Frage, die letzten Endes uns alle interessieren muss.

Die Frage, ob es Kennzahlen gibt, die belegen, dass in jenen Ländern, in denen das Übereinkommen bereits in Kraft getreten ist, der Zugang zu europäischen Firmen, ins­besondere der KMUs zum Patentsystem erleichtert und verbessert wurde oder nicht, ist auch ein wichtiger Punkt. Ebenso die Frage nach der Gebührenentwicklung, die ja auch damit zu tun hat.


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Der letzte Punkt, auf den ich noch eingehen möchte, ist die Frage der Veränderungen hinsichtlich der Anmeldungen heimischer, europäischer und außereuropäischer Anmel­der. Auch das hat damit zu tun, wie konkurrenzfähig vor allem unsere Klein- und Mittel­betriebe sind, wie konkurrenzfähig wir insgesamt im Wettbewerb sind. Deshalb ist die Studie notwendig.

Insgesamt darf ich für meine Fraktion feststellen: Wir stimmen dieser Novelle gerne zu. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.35


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Karlsböck. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.35.55

Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Ur­sprünglich wollten wir ja zu dieser Gesetzesmaterie die Aufwertung des Patentamts, die Modernisierung des Patentamtes diskutieren. Wir wollten über die gesetzlichen Grundlagen zum Biopatent Monitoring Komitee, die Rechtssicherheit sprechen.

Wir haben den ursprünglichen Antrag vor der letzten Ausschusssitzung mit unterstützt. Allerdings sind in der Zwischenzeit mehrere Anträge eingelangt, sodass wir uns nicht imstande sehen, diese in einer sorgsamen Art und Weise ordentlich zu bearbeiten. Wir haben vor dem letzten Technologieausschuss die erste Änderung bekommen. Wir ha­ben gestern die zweite Änderung bekommen, und wir haben während der laufenden Plenarsitzung heute die dritte Änderung bekommen. Das ist ein ständiges Hin und Her, bei dem unsere Vorschläge in keiner Weise eingearbeitet werden. Obwohl hier einige wirklich gute Dinge drinnen stehen, können wir diesem Antrag und dieser Gesetzesno­velle nicht zustimmen, wie das auch schon vorher erwähnt worden ist.

Ich hätte die Diskussion über eine Intention des Biopatent Monitoring Komitees, einen Inhalt seines Aktionskreises, nämlich die Beurteilung von bestimmten Patentauswirkun­gen viel lieber in einem anderen Licht erörtert, und zwar im Rahmen einer Debatte über einen wissenschaftlichen parlamentarischen Dienst.

Die entwickelten Parlamente in der westlichen Welt leisten sich alle einen wissen­schaftlichen Dienst. Sie leisten sich, auf Deutsch gesagt, so etwas wie eine Institution der Technologiefolgenabschätzung. – Wir in Österreich tun das nicht. Wir verlagern diese wichtige Tätigkeit, die ja im Grunde nichts anderes heißt, als dass Wissen aufbe­reitet wird, dass über Gefahren aber auch Chancen von Gesetzesanträgen oder -vorla­gen befunden wird, Empfehlungen für Entscheidungsträger abgeliefert werden, die dann auch in den entsprechenden Ausschüssen diskutiert werden, nach außen. Deutsch­land zum Beispiel hat ein solches Technologiefolgenabschätzungsbüro seit 1990 und auch in England – haben wir uns im Ausschuss sagen lassen – gibt es das schon seit geraumer Zeit.

Anstatt über solche grundlegenden, zukunftsorientierten Themen zu sprechen, müssen wir uns mit der Verkomplizierung von eigentlich gut gehenden und vereinfachten Struk­turen beschäftigen, die im Großen und Ganzen leider wieder einmal nur zur Stärkung von parteipolitischen Interessen dient.

Aus diesem Grund und weil unsere Vorschläge nicht eingearbeitet wurden, können wir von der FPÖ dieser Novelle leider nicht zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

13.38


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Bartenstein. Eingestellte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 108

13.39.06

Abgeordneter Dr. Martin Bartenstein (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Karin Hakl hat für unsere Fraktion schon ausführlich dargestellt, was an dieser Patentgesetz-Novelle und den anderen Gesetzen an Positivem dran ist, und das unterstreiche ich sehr gerne.

Ich möchte allerdings einen Aspekt ansprechen, der aus meiner Sicht dann auch in einem Appell an die Frau Ministerin münden wird. Ein Thema in Sachen Patente in Europa sind die Sprachen und der damit verbundene Mehraufwand. Das bringt uns im Vergleich zu den USA einen Mehraufwand von mindestens einer Verdoppelung, wenn nicht eine Vervielfachung der Kosten. Kosten zur Ausweitung von Patenten sind rele­vant, vor allem für innovative Unternehmungen.

Das Allerbeste wäre zweifellos, aus dem Europäischen Patentübereinkommen irgend­wann einmal in Richtung Gemeinschaftspatent zu kommen. Davon sind wir aber leider Gottes noch ein Stück entfernt. Das wird seit mehr als zehn Jahren diskutiert, und ein Erfolg ist letztlich aufgrund des Sprachenstreits nicht in Sicht; mal sind es die Spanier, mal sind es die Deutschen.

Die zweitbeste Lösung ist, beim Europäischen Patentübereinkommen weiterzukom­men. Das wollen wir gerne tun, und da ist dieses Londoner Übereinkommen ein Schritt dazu. Wir zäumen allerdings das Pferd ein bisschen von hinten auf, wenn wir jetzt die gesetzlichen Vorbereitungen für einen Beitritt und eine nachfolgende Ratifizierung ge­stalten. Üblicherweise tritt man bei, dann ratifiziert man und gleichzeitig oder später macht man die begleitenden Gesetze.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es mag schon sein, dass im Bundeskanzler­amt die einen sagen, das mit der Sprache, mit dem Deutsch und verfassungsmäßige Fragen müssen wir prüfen, es mag schon sein, dass andere auf die KMU-Struktur Ös­terreichs hinweisen und darauf, ob man nicht doch unbedingt bei der deutschen Über­setzung bleiben sollte, auch von englischen Patenten, aber ich füge hinzu, es wird schon einen Grund haben, warum die Hälfte der EPÜ-Unterzeichnerstaaten bereits ra­tifiziert hat, es wird schon einen Grund haben, warum die Deutschen unterzeichnet und ratifiziert haben. Dort gilt das Ganze schon. Die sind mindestens so deutsch wie wir, und die sind mindestens so mittelständisch strukturiert wie wir.

Ein Land, das für mich in Fragen der Sprachen immer besonders sensibel ist, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist Frankreich, denn dort geht ja über die Lingua franca bekanntlich überhaupt nichts. Doch selbst die Franzosen sind mittlerweile ein­verstanden damit, dass auch ein englisch oder deutsch formuliertes Patent in Frank­reich automatisch gilt – ohne französische Übersetzung.

Daher mein Appell an Sie, Frau Bundesministerin: Österreich sollte dem Londoner Übereinkommen so bald wie möglich beitreten, es dann auch ratifizieren. Die gesetz­lichen Voraussetzungen schaffen wir interessanterweise gerade heute mit dieser Ab­stimmung. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

13.41


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kirchgatterer. Ebenfalls 3 Minuten eingestellte Redezeit. – Bitte.

 


13.42.07

Abgeordneter Franz Kirchgatterer (SPÖ): Herr Präsident! Werte Frau Bundesminis­terin! Werte Damen und Herren! Hohes Haus! Wohl eine der wichtigsten Aufgaben der aktiven Wirtschaftspolitik ist es, beste Voraussetzungen für zukunftssichere Arbeitsplät­ze zu bieten und damit die Basis für breiten Wohlstand in unserem Land zu schaffen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 109

Diesem Anspruch wird die vorliegende Patentrechtsnovelle gerecht. Sie wird auch dem Ziel gerecht, den Aufholprozess der österreichischen Volkswirtschaft fortzusetzen. Ös­terreich – das ist heute schon erwähnt worden – liegt auf dem sechsten Platz der inno­vativsten europäischen Volkswirtschaften. Dieser Aufholprozess soll weiter verstärkt werden hin zu einem absoluten europäischen Spitzenplatz.

Vor allem den Klein- und Mittelbetrieben, den KMUs, bringt die Neuregelung des Pa­tentrechts entscheidende Vorteile durch die Befreiung von den Jahresgebühren in den ersten fünf Jahren bei den Patenten und für die ersten drei Jahre bei den Gebrauchs­mustern. Dies entlastet finanziell, gibt zusätzliche Impulse und ist Anreiz für neue Inno­vationen. Wie bei der vorgezogenen Steuerreform dieses Jahres mit dem Innovations­scheck für Klein- und Mittelbetriebe bis zu 5 000 € beweist diese Bundesregierung auch hier ein weiteres Mal ihr Engagement für den Mittelstand, für die Klein- und Mittel­betriebe. Im Gegensatz zu anderen handelt die SPÖ, setzt die SPÖ um, stärkt die SPÖ wirkungsvoll den Mittelstand, die Klein- und Mittelbetriebe.

Etwas darf ich noch erwähnen, und zwar die letztes Wochenende stattgefundene „Lange Nacht der Forschung“. Diese fand in vielen Städten unserer Republik an 99 Standorten statt, 570 Projekte wurden präsentiert. Ich habe mir in Linz ein Bild da­von machen und feststellen können, wie viele Junge sich sehr interessiert zeigten, und besonders beeindruckt hat mich die große Begeisterung der an diesen Projekten Betei­ligten.

Abschließend, meine Damen und Herren: Forschung und Entwicklung hat den Men­schen zu dienen. Ich bin sehr froh, dass sich auch das Institut des Lern- und Gedenk­ortes Hartheim diesen Fragen stellt, aktuell in der Zweiten Internationalen Hartheim Konferenz. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.45


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeord­nete Franz. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.45.15

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Ho­hes Haus! Der vorliegende Gesetzesvorschlag beinhaltet wichtige Änderungen im In­teresse der Rechtssicherheit. Gerade für das Biopatent Monitoring Komitee soll, wie wir schon gehört haben, eine gesetzliches Grundlage geschaffen, aber auch die Mög­lichkeiten sollen erweitert werden. Sollte Österreich dem Londoner Übereinkommen beitreten – und das ist ja beabsichtigt –, wird dafür die gesetzliche Vorsorge getroffen, die mit dem Wirksamwerden dieses Beitritts auch in Kraft treten soll. Ich bin überzeugt davon, dass es wichtig ist, diesem Abkommen beizutreten, wie Herr Kollege Barten­stein auch schon erwähnt hat.

Die Gebührenstruktur soll an die Erfordernisse der Wirtschaft angepasst werden, gleichzeitig aber auch kostensparend und innovationsfördernd wirken. Das geschieht dadurch, dass zu Beginn eine längere Gebührenfreistellung für Patente und Ge­brauchsmuster gewährt wird, und zwar bei Patenten fünf Jahre, bei Gebrauchsmustern die ersten drei Jahre. In Zukunft können Recherchen und Gutachten zur Gänze über die Teilrechtsfähigkeit angeboten werden. Das ist ein wichtiger Beitrag, um noch fle­xibler auf die Wünsche der innovativen Wirtschaft eingehen zu können.

Der vorliegende Gesetzentwurf hat positive Auswirkungen auf unseren Arbeitsmarkt und auf die Beschäftigung, und er trägt maßgeblich zur Stärkung des Wirtschaftsstand­ortes Österreich bei. Deshalb ist es empfohlen, hier zuzustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

13.47


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Ab­geordnete Mag. Steßl-Mühlbacher. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 110

13.47.09

Abgeordnete Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Die Verbesserungen beziehungsweise Än­derungen sind ja neben der Schaffung des gesetzlichen Grundlage für das Biopatent Monitoring Komitee unter anderem auch die kostengünstige und rasche Rechtsdurch­setzungsmöglichkeit im Markenverfahren. Weiters wird auch die Gebührenstruktur ver­ändert. Für Patente entfallen in den ersten fünf Jahren, für Marken in den ersten drei Jahren die Gebühren. Dies gilt auch weiterhin als innovationsfördernde Maßnahme.

Innovation fördern bringt mich zu einem weiteren Thema, und zwar zum COMET-Pro­gramm. Mich als steirische Abgeordnete freut es besonders, dass unter anderem ein K2-Zentrum, das ACIB in Graz, und auch das PCCL in Leoben entstehen. Vor allem für Leoben ist das auch eine Standortsicherung. In der Steiermark haben wir somit drei der fünf österreichischen K2-Zentren. Mit diesem Programm beweisen die Steiermark und Österreich unter anderem, wie Forschung und Entwicklung gefördert werden und wie wichtig uns Forschung und Technologie sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gerade auch in Zeiten der Krise ist es wich­tig, die Forschungsausgaben nicht zu kürzen (Abg. Dr. Pirklhuber: Ja, das wäre tat­sächlich wichtig!), sondern, wie es Bundesministerin Bures eindeutig beweist, For­schung und Technologie zu stärken, in weiterer Folge auch die Arbeitsplätze für die Menschen in unserem Land zu sichern und auszubauen und uns als Spitzenland der Forschung zu etablieren. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.48


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mayer. 2 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


13.48.55

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Ein erteiltes Patent räumt dem Inhaber eine Viel­zahl von rechtlichen Möglichkeiten zum Schutz seiner Erfindung ein. Dies umfasst so­wohl die Möglichkeit, Behörden zum Einschreiten zu bewegen als auch auf zivilrechtli­chem Wege seine Forderungen durchzusetzen.

Ich begrüße daher ausdrücklich den heute vorgelegten Entschließungsantrag zu einer Studie über die Vor- und Nachteile für Österreich und die Nutzer des Patentsystems durch den Beitritt zum Londoner Übereinkommen. Es ist in der Tat so – wie Frau Bun­desministerin Bures bereits eindrucksvoll dargelegt hat –, dass Forschung, Entwicklung und Investitionen miteinander einhergehen wie kaum ein anderer Bereich in der Wirt­schaft.

Ich möchte daher diese Gelegenheit auch dazu nützen, auf ein Problem hinzuweisen, das etwas über den europäischen Bereich, der ja recht gut geregelt ist, hinausgeht, nämlich auf den Missbrauch des Patentrechtes durch sogenannte Patent-Racketeers am Beispiel des Marktes Russland, ein Wachstumsmarkt ohne Frage, insbesondere im Hinblick auf den Baubereich. Hier gibt es Firmen, die an uns herangetreten sind, die dort recht gute Investitionsmöglichkeiten sehen, aber eben deshalb, weil sie mit Erfin­dungen dort auf dem Markt aufgetreten sind, große Investitionshemmnisse vorfinden, nämlich in der Form, dass ihre Erfindungen kopiert werden und dann als eigene Paten­te quasi als Auflagen den Firmen vorgelegt werden. Das heißt, sie haben dort große Probleme, selbst ihre eigenen Produkte zu vertreiben. Es fehlen hier rechtliche Voraus­setzungen.

Ich meine, es ist wichtig, dass wir hier Möglichkeiten schaffen. Den Investoren wird dort erklärt, sie setzen sich zivilrechtlichen Schadenersatzansprüchen aus. Ferner wird ih­nen gesagt, sie haben mit strafrechtlichen Sanktionen zu rechnen, wenn sie nicht so-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 111

fort die entsprechenden Beträge bezahlen, und sie haben mit dem Einschreiten der Mi­liz und der Staatsanwaltschaft zu rechnen.

Um die Schwierigkeiten darzulegen, die ein Patentannullierungsverfahren nach sich zieht, fehlt mir leider die Zeit, aber ich meine, es wäre wichtig, dass sich auch die Poli­tik dieser Problematik annimmt und hier den Firmen unterstützend zur Seite steht. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.51


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner hiezu zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Auer. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.51.41

Abgeordneter Mag. Josef Auer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Als letzter Redner zu diesem Konglomerat von Gesetzen – meine Kol­legin hat ja schon darauf hingewiesen, es sind eigentlich sechs Gesetzesmaterien, die von uns beschlossen werden müssen, dürfen und auch wollen – darf ich vielleicht doch noch einen kleinen Überblick darüber geben, warum wir insgesamt dafür sind und war­um wir auch die Oppositionsparteien natürlich schon auffordern, dass sie sich anschlie­ßen und vielleicht auch zustimmen mögen.

Wenn ich dem Herrn Dr. Karlsböck zugehorcht habe, dann hat er mehr oder weniger wortwörtlich gesagt: Obwohl gute Dinge drinnen stehen, können wir nicht zustimmen. – Das ist also für meinen ganz normalen biederen Tiroler Hausverstand nicht ganz nach­vollziehbar.

Ein paar Punkte: Das Patentrecht – das haben wir ja gehört – ist sehr wichtig für die In­novationen in Österreich. Innovationen schaffen Arbeit, und da sind wir auf einem gu­ten Weg. Die Frau Ministerin hat es uns ja eben auch schon gesagt. Es ist bei uns nicht so, dass wir einen Einbruch an Patentanmeldungen haben, sondern wir haben sogar einen leichten Zuwachs gehabt. Im Gegensatz dazu haben andere an und für sich sehr führende Wirtschafts- und Technologienationen einen Einbruch zu verzeich­nen, und das, glaube ich, zeigt doch schon, wie stark wir unter unserer Führung unter­wegs sind.

Zum Biopatent Monitoring Komitee möchte ich sagen, dass es die Auswirkungen der Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen beobachtet und bewertet. Eine entsprechende rechtliche Grundlage wird heute geschaffen. Und warum freut mich das? – Weil dieses Komitee auf eine Entschließung des Nationalrates zu­rückgeht, und deshalb können wir wirklich mit Fug und Recht sagen, dass das wichtig ist, was heute beschlossen wird.

Ich möchte auch nicht in den Chor jener einstimmen, die da sagen, dass die Gebüh­renreduzierung viel zu niedrig ist. Ich habe mir das angeschaut. 370 € bei den Paten­ten, 160 € bei den Gebrauchsmustern sind nicht vernachlässigbar.

Insgesamt noch einmal mein Appell: Stimmen Sie doch zu! Springen Sie über Ihren verschiedenfarbigen Schatten! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.54

13.54.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 421 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen einen Abän­derungsantrag eingebracht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 112

Ferner haben die Abgeordneten Ing. Gartlehner, Mag. Hakl einen Zusatz- beziehungs­weise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abände­rungsanträgen betroffenen Teile der Reihe nach und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Ing. Gartlehner, Mag. Hakl, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel I Z 2 und Z 8 § 166 bezieht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen, der sich auf Artikel I Z 8 § 167 bezieht.

Wer diesem Abänderungsantrag beitritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über Artikel I Z 8 § 167 in der Fassung des Aus­schussberichtes.

Wer diesen Bestimmungen seine Zustimmung erteilt, den ersuche ich um ein Zei­chen. – Das ist die Mehrheit und somit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Zusatzantrag der Abgeordneten Ing. Gart­lehner, Mag. Hakl betreffend die Einführung neuer Ziffern 1a und 3a in Artikel IV.

Wer für diesen Zusatzantrag ist, den ersuche ich um ein Zeichen der Bejahung. – Auch das ist mit Mehrheit angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Ing. Gartlehner, Mag. Hakl betreffend Artikel IV Z 6 und 7.

Wer diesen Abänderungen beitritt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein bejahendes Zeichen. – Auch das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetz­entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Ing. Gartlehner, Mag. Hakl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Prüfung von Vor- und Nachteilen eines möglichen Beitritts Österreichs zum „Londoner Übereinkom­men“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und somit angenommen. (E 55.)

13.57.289. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 837/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Petra Bayr, Ing. Hermann Schultes, Carmen Gartelgru-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 113

ber, Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Atomenergie darf keine Klimaschutzmaßnahme sein (425 d.B.)

10. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 817/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verhandlungspo­sition der Bundesregierung bei der Klimaschutzkonferenz in Kopenhagen (426 d.B.)

11. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 765/A(E) der Abgeordneten Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Kostenübernah­me von Katastrophenschutzübungen bei AKW-Betreibern (427 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 9 bis 11 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Tadler. Eingestellte Redezeit: 3 Minu­ten. – Bitte.

 


13.58.52

Abgeordneter Erich Tadler (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Öster­reich ist atomfrei und bekennt sich auch dazu, auch wenn laut E-Control-Bericht eine Verbundtochter Billigstrom mit einem nicht unbedeutenden Atomstromanteil verkauft. Wie das zusammenpasst, soll mir der Herr Wirtschaftsminister – er ist nicht hier (Ruf: Dort steht er!); doch! – irgendwann einmal erklären.

Atomstrom hat ja kein Mascherl, genauso wenig macht eine atomare Wolke halt vor den Staatsgrenzen, was mich auch schon zu unserem Antrag bringt, den wir – die Ab­geordneten Widmann, Tadler, Kolleginnen und Kollegen – eingebracht haben.

Gemäß dem Verursacherprinzip wollen wir die Atomkraftwerksbetreiber zur Verantwor­tung ziehen. Für uns ist es unverständlich, dass die Sicherheit und die Gesundheit von Österreichern, die sich mehrheitlich gegen die Atomkraft – jawohl, gegen die Atom­kraft – aussprechen, von Schrottreaktoren und einer geldgierigen Atomlobby gefährdet werden.

Die Kosten für das Wappnen für den Ernstfall und für Katastrophenschutzübungen sol­len natürlich vom Verursacher getragen werden, denn wir wollen die Bevölkerung mit dieser potenziellen Gefährdung nicht allein lassen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Leider kommt diesbezüglich fast keine Unterstützung von der Bundesregierung. Gera­de wenn man nach Temelín blickt, zeigt sich deutlich, dass sich die Bundesregierung gegenüber der Atomlobby nicht durchsetzen kann und sich an der Nase – im wahrsten Sinn des Wortes – herumführen lässt.

Die Geschichte des Melker Protokolls dürfte mittlerweile jedem bekannt sein. Ich frage mich, wann Sie, Herr Bundesminister – wo ist er? –, endlich aktiv werden! – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

14.00


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Bundesminister Berlakovich steht jetzt in den Abgeordneten-Reihen.

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Schultes. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 114

14.01.13

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Frau Bundesminister! Geschätzter Herr Bundesminister! Geschätztes Hohes Haus! Wir haben einen Antrag vorliegen, mit dem wir uns dazu bekennen, dass wir die Atomkraft nicht als Lösungsansatz in der Klimaschutzfrage sehen wollen und das auch in Kopenhagen beziehungsweise in den internationalen Abkommen verankern wollen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Mag. Brunner.)

Das ist für uns eine wichtige Sache. Es zeigt, dass es in diesem Haus in wichtigen Fra­gen durchaus noch einen grundsätzlichen Konsens gibt. Die Initiative zu diesem Antrag ist von Frau Kollegin Brunner gekommen. Für mich war es eine Selbstverständlichkeit, dass das so ist. Wir sind sehr gerne diesem Antrag beigetreten, jedenfalls haben wir diese Frage, wie ich meine, schnell ausdiskutiert.

Die spannende Frage wird dann allerdings sein: Wie kann man die Klimaschutzziele tatsächlich erreichen? Wie kann man diese Ziele dann tatsächlich in Österreich, in den umliegenden Ländern und weltweit erreichen? Die Aufgabe, die vor uns liegt, ist keine kleine.

Wenn die Vereinigten Staaten 22 Tonnen, 23 Tonnen CO2 pro Staatsbürger emittieren und dies benötigen, um ihren Wohlstand zu schaffen, wir in Österreich vielleicht 11 Ton­nen oder 12 Tonnen CO2 brauchen, um unseren Wohlstand zu schaffen, und Länder wie China noch bei 3 Tonnen oder 4 Tonnen CO2 sind, um ihren Wohlstand zu schaf­fen, so können wir davon ausgehen, dass es doch das Ziel sein muss, Wohlstand auf der ganzen Welt zu ermöglichen. Gleichzeitig wissen wir aber, dass mehr als 4 Tonnen oder 5 Tonnen CO2-Ausstoß pro Kopf der Bevölkerung für die ganze Welt eine Kata­strophe darstellen.

Das heißt, dass wir wissen, dass der Pfad zu einer vernünftigen Low-Carbon-Wirt­schaft, zu einer vernünftigen Energiezukunft einer sein muss, der tatsächlich eine mas­sive Reduktion in allen Ländern bedeutet. Die Diskussion, wie diese Reduktion zu er­reichen ist, ist eine Frage der Effizienz, ist eine Frage der neuen Technologien und ist auch eine Frage des Wissenstransfers.

Wir werden daher in Kopenhagen nicht nur darüber reden müssen, wie wir es selbst machen, sondern auch, wie wir miteinander auf der Welt in diesen Fragen umgehen. Es wird in späterer Folge notwendig sein, dass man den Gedanken der gegenseitigen Hilfe nicht so sehr als Entwicklungshilfe sieht. Denn: Werden die Vereinigten Staaten von uns Entwicklungshilfe annehmen? – Ich glaube nicht. Man wird ihnen aber sehr dabei helfen müssen, in der Effizienz der Energieverwendung dorthin zu kommen, wo­hin auch wir noch kommen müssen. Unser Ross ist etwas weniger hoch als das der Amerikaner, aber auch wir werden absteigen müssen.

Daher ist ein solch grundsätzlicher Beschluss, auf Atomkraft zu verzichten, ein Be­schluss, der andere Beschluss ist: Wie gehen wir den Weg weiter? Diesbezüglich wer­den wir in diesem Haus noch sehr viel miteinander zu diskutieren haben, aber auch auf diese Diskussion freue ich mich sehr. (Beifall bei der ÖVP.)

14.04


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Brunner. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.04.28

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Die dramatische Situation in der österreichischen Klimabilanz haben wir am heutigen Vormittag schon diskutiert. Wir sind Schlusslicht in der Europäischen Union und verfehlen unsere Ziele bei Weitem.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 115

Die Bundesregierung und der Landwirtschaftsminister haben das leider noch nicht so erkannt, sehr wohl erkannt haben das aber sehr viele Schülerinnen und Schüler und Jugendliche, die vor Kurzem hier im Haus waren und uns ganz engagiert ihre Forde­rungen und ihr Anliegen – ich möchte sagen, sie waren sehr informiert – dargelegt ha­ben. Ich möchte mich bei allen Schülerinnen und Schülern und überhaupt bei allen Schulen, die an dieser Aktion teilgenommen haben, bedanken und auch einen Appell an alle richten, weiterzumachen und weiter für den Klimaschutz zu kämpfen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Der Antrag, den wir dann im Namen der Schülerinnen und Schüler eingebracht haben, wird heute aber leider abgelehnt werden. Was haben diese so Unrealistisches gefor­dert? – Sie haben gefordert, dass wir unsere CO2-Emissionen bis zum Jahr 2020 um 40 Prozent reduzieren, sie haben den Schutz des Regenwaldes gefordert, sie haben gefordert, dass Österreich einen gerechten Beitrag für Klimaschutzmaßnahmen in Ent­wicklungsländern zahlt – zusätzlich zu bestehenden Verpflichtungen –, und sie haben gefordert, dass Atomkraft keine Rolle im Klimaschutz spielen darf.

All das sind Maßnahmen, die nicht utopisch sind, all das sind Maßnahmen, die realis­tisch und notwendig sind – das wird von allen Klimaexperten bestätigt –, wenn wir den Klimawandel in den Griff bekommen wollen.

Durch Ihre heutige Ablehnung – das muss ich sagen! – lehnen Sie Ihre Verantwortung dafür, dass auch diese Generation in einem Klima leben kann, das für Menschen ver­träglich ist, leider ab.

Ein Punkt aus diesem Antrag – da möchte ich bei meinem Vorredner anschließen – wird heute allerdings verwirklicht, zumindest in einem ersten Ansatz. Es hat eine Eini­gung aller fünf Parteien gegeben, dass Atomkraft keine Klimaschutzmaßnahme sein kann. Ich möchte mich an dieser Stelle bei allen Umweltsprecherinnen und Umwelt­sprechern der anderen Parteien dafür bedanken, dass wir da einen gemeinsamen An­trag zustande gebracht haben und diesen heute hier beschließen können. (Beifall bei den Grünen.)

Für Sie, Herr Landwirtschaftsminister, ist das auch ein klarer Auftrag für Kopenhagen, dort das genau so zu fordern, nämlich dass Atomkraft keine Rolle spielen darf in den JI/CDM-Projekten, beim Ankauf von Zertifikaten oder in sonstigen Klimaschutzmecha­nismen. Es wird hier im Haus als eine Selbstverständlichkeit angesehen, aber ich den­ke, es sollte für uns, für Österreich dann auch eine Selbstverständlichkeit sein, dass wir uns auch unabhängig von den Verhandlungen in Kopenhagen daran halten.

Derzeit ist es noch nicht so. Wir haben ja gehört, wir erreichen unsere Kyoto-Ziele nicht, daher müssen wir Emissionszertifikate kaufen. Österreich kauft Emissionszertifi­kate auch aus Ländern, in denen Atomkraft gang und gäbe ist. Sie, Herr Landwirt­schaftsminister, haben erst kürzlich einen Deal mit der Tschechischen Republik dazu abgeschlossen. Im UVP-Bericht des Atomkraftwerks Temelín steht zum Beispiel auch drinnen, dass die Betreiber dort sehr wohl damit rechnen, aus dem CO2-Zertifikate-Handel Geld zu bekommen. Wenn Österreich aus solchen Ländern Zertifikate ankauft, ist das leider nichts anderes als eine indirekte Förderung der Atomkraft.

Es gibt angeblich den österreichischen Anti-Atom-Konsens, in der Bevölkerung gibt es ihn auf jeden Fall. Ich freue mich, dass wir den Antrag heute beschließen, aber ich er­warte mir auch, dass Österreich und die österreichische Bundesregierung und Sie, Herr Landwirtschaftsminister, dann auch entsprechend handeln. (Beifall bei den Grünen.)

In der Frage Atomkraft sind wir ohnehin ein bisschen scheinheilig, denn durch die schlechte Förderung der erneuerbaren Energien steigt ja auch der Atomstrom-Import nach Österreich. Es wurde vorher die Frage gestellt: Wie können wir die Klimaschutz-


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ziele erreichen? – Wenn wir sie erreichen wollen, ohne auf Atomkraft zu setzen, dann ist ganz klar: Wir müssen auf erneuerbare Energien setzen.

Wir Grüne haben ganz konkrete Vorschläge, wie wir aus dieser Klimakrise herauskom­men. Wir stellen Ihnen diese gerne zur Verfügung. Wir brauchen ein ökologischeres Steuermodell, wir brauchen endlich ein Ökostromförderungsgesetz, das seinen Namen verdient, und wir brauchen ein Klimaschutzgesetz, aber nicht nur als Schlagwort, son­dern eines mit ganz verbindlichen Zielen und konkreten Maßnahmen, die bei Verfeh­lung auch sanktionierbar sind.

Noch einmal: Damit wir das in Österreich durchsetzen können, braucht Österreich ein eigenständiges, starkes und engagiertes Umweltministerium. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.09


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Bayr. 3 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


14.10.02

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Herr Präsident! Ich finde es auch sehr wichtig, dass wir diesen Fünf-Parteien-Antrag heute beschließen können, mit dem klargestellt wird, dass Atomenergie für uns keine Klimaschutzmaßnahme sein kann. Wir alle wissen um die Problematik der Endlagerung, um die Problematik der Unsicherheit der Technolo­gie Bescheid.

Ich möchte auch sagen, dass es mir wichtig ist, dass wir nicht nur übereingekommen sind, diesen Antrag zu beschließen, der feststellt, dass Österreich in den kommenden Verhandlungen in Kopenhagen nicht damit einverstanden ist, dass Kernkraft zum Bei-spiel in den flexiblen Mechanismen wie JI/CDM oder im Emissionszertifikatehandel eine Rolle spielen kann, sondern wir haben auch gesagt: Das ist für uns ein wichtiger Bestandteil einer konsequenten weiteren Anti-Atom-Politik Österreichs sowohl auf europäischer als auch auf internationaler Ebene, wissend, dass wir gerade bei den ent­wickelten Ländern eine Minderheitsposition einnehmen. Es ist aber trotzdem wert, da­für zu kämpfen, gar keine Frage!

Wir haben auch vereinbart – auch wenn das jetzt nicht Gegenstand des Antrages ist, aber ich halte es politisch für ein wichtiges Package –, dass wir nach dem Gipfel in Ko­penhagen, sofern es ein rechtsverbindliches Abkommen geben wird, oder wenn es das womöglich nicht gibt, dann wahrscheinlich nach Zustandekommen dieses rechtsver­bindlichen Abkommens, also zu einem Zeitpunkt, zu dem klar sein wird, welche Me­chanismen ein Post-Kyoto-Regime vorsieht, falls es trotzdem dazu kommt, dass gegen den Willen Österreichs Kernkraft irgendeine Rolle spielt, einen zweiten Fünf-Parteien-Antrag einbringen werden, wo wir uns auch darauf „komitten“ werden, dass solche Zer­tifikate Österreich jedenfalls nicht kaufen wird, nicht von diesen Projekten Gebrauch machen wird und so konsequent dranbleiben wird, Atomkraft auch nicht im Ausland durch Projekte zu stützen.

Zum Antrag der Frau Abgeordneten Brunner bezüglich der Positionierung der Bundes­regierung bei der Klimaschutzkonferenz in Kopenhagen möchte ich auch unsere Ab­lehnung begründen. Ich kann sehr gut mit den Punkten 2, 3 und 4 leben, diese sind überhaupt nicht das Problem, womit ich allerdings ein Problem habe, ist der Punkt 1, wo ein bisschen so getan wird, als ob es auch nur ansatzweise realistisch wäre, dass wir zwei Wochen vor der Konferenz in Kopenhagen hergehen und – schwupp! – die Position der EU ändern und sagen: Okay, nicht 20 Prozent Treibhausgas-Reduzierung bis zum Jahr 2020 oder 30 Prozent, wenn noch andere bedeutende Industrieländer mitgehen, sondern wir machen jetzt einfach 40 Prozent daraus!


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Wir alle wissen, dass diese 20-20-20-Regelung über Jahre hinweg verhandelt wurde und über Jahre hinweg auch das Burden Sharing heiß debattiert wurde. Ich komme selbst aus einer Jugendorganisation. Mir ist es sehr wichtig, junge Menschen wirklich ernst zu nehmen, aber jungen Menschen zu vermitteln: Das machen wir schon!, wis­send, dass es unmöglich ist, halte ich nicht für einen Weg, diese ernst zu nehmen, son­dern das halte ich eher für ein Anbiedern. Darum wird es diesen Antrag mit uns als SPÖ nicht geben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.12


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Hofer. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.13.04

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich bin auch sehr froh darüber, dass wir diesen gemeinsamen Ent­schließungsantrag auf Schiene bringen konnten, weil das ein sehr deutliches Zeichen ist. Ich möchte ein paar Zahlen präsentieren, die die Kernenergie betreffen. Weil auch immer wieder davon die Rede ist, wie teuer erneuerbare Energie ist, werde ich Ihnen nicht nur die Zahlen aus dem Bereich der Kernenergie vortragen, sondern auch jene aus dem Bereich der fossilen Energieträger; das geht ganz schnell.

Es gibt eine Studie über externe Kosten fossiler und atomarer Energie. Aus dieser Stu­die geht hervor, dass im Bereich von Gas die externen Kosten 4,9 Cent pro Kilowatt­stunde ausmachen, im Bereich der Braunkohle 13,7 Cent, der Steinkohle 11,5 Cent und bei der Kernkraft 180 Cent pro Kilowattstunde. Das heißt, dass Kernkraft in Wirk­lichkeit, wenn man das im großen Zusammenhang sieht, eine sehr teure Form der Energiegewinnung ist.

Es wurden, wenn wir uns die Zahlen aus Deutschland näher ansehen, für den Bau von Forschungsreaktoren 20 Milliarden € ausgegeben, für die Stilllegung und den Rückbau kerntechnischer Anlagen 2,5 Milliarden €, für Betrieb und Stilllegung des Endlagers Morsleben 1,2 Milliarden €, an öffentlichem Finanzierungsanteil an gescheiterten Pro­jekten 9 Milliarden €, für die Wismut-Sanierung 6,6 Milliarden €, für Abriss/Endlagerung Greifswald 3,7 Milliarden €. Der Verlust von Steuereinnahmen aufgrund nicht ver­steuerter Rückstellungen betrug 20 Milliarden €. Und die Staatshaftungen sind nicht einmal quantifiziert, weil man, wenn es wirklich Unfälle gibt, tatsächlich auch für die Kosten in Vorlage treten müsste, weil die Kernkraftwerke nicht in dem Ausmaß versi­chert sind, wie wir uns das vorstellen. Erst vor Kurzem wurde die Haftungssumme für Kernkraftwerke in Deutschland von 15 Millionen € auf 700 Millionen € pro Kernkraft­werk erhöht. Man muss sich das vorstellen: 15 Millionen €, das ist sehr, sehr wenig, eigentlich gar nichts!

Um zu erreichen, dass erneuerbare Energieträger auch wirklich häufiger genützt wer­den und konkurrenzfähig sind, schlage ich vor, dass wir eine Änderung der EU-Mehr­wertsteuerrichtlinie anstreben und uns auch dafür auf europäischer Ebene einsetzen, damit erneuerbare Energiequellen für den Endverbraucher günstiger werden. Davon würden auch die heimischen Firmen profitieren, weil jene Unternehmen, die in Öster­reich tätig sind, vornehmlich erneuerbare Energie produzieren.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Halbierung der Mehrwertsteuer auf Energie aus erneuerbaren heimischen Ressourcen

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 118

 „Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vor­zulegen, die einen Mehrwertsteuersatz für alle aus erneuerbaren Ressourcen stam­menden Energien von 10 Prozent sicherstellt.“

*****

Diese Maßnahme wäre ein Vorteil für den Endverbraucher, vor allem für die heimische Wirtschaft, und letztendlich würde das auch einen Beitrag dazu leisten, dass wir weni­ger Kernkraft, weniger Atomstrom als bisher importieren. Sie müssen wissen: Heute importieren wir wesentlich mehr Atomstrom, als Zwentendorf jemals produziert hätte! (Beifall bei der FPÖ.)

14.16


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Halbierung der Mehrwertsteuer auf Energie aus erneuerbaren heimischen Ressourcen, eingebracht in der 45. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 18. November 2009 im Zuge der Be­handlung von TOP 9, Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 837/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Petra Bayr, Ing. Hermann Schultes, Carmen Gartelgruber, Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen betreffend Atomenergie darf keine Klimaschutzmaßnahme sein (425 d.B.)

Die Vergangenheit hat gezeigt, dass eine rasante Ölpreissteigerung jeder Zeit möglich und mit Ablauf der Wirtschaftskrise zu erwarten ist.

Nicht zuletzt aus Anlass der letzten Gaskrise ist es an der Zeit, eine Wende hin zu er­neuerbaren, heimischen Energien zu realisieren.

Ziel ist, dass Energie leistbar bleibt. Die Energiepreise dürfen nicht weiter steigen. Op­fer wären hier vor allem Pensionisten und Familien.

Deshalb ist eine Reduktion der Mehrwertsteuer für Energien aus erneuerbaren Quellen vorzunehmen. Das stärkt auch die Wettbewerbsfähigkeit heimischer Betriebe in der E-Wirtschaft. Strom aus Wasserkraft und Windkraft wird günstiger.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vor­zulegen, die einen Mehrwertsteuersatz für alle aus erneuerbaren Ressourcen stam­menden Energien von 10 Prozent sicherstellt."

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hornek. 3 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


14.16.45

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Abgeordnete! Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Grundsätzlich freut es mich, dass es gelungen ist, in Form eines Fünf-Parteien-Antra-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 119

ges klar zum Ausdruck zu bringen, dass für Österreich Kernenergie kein Thema ist, und dass wir in diesem Zusammenhang einen klaren gemeinsamen Standpunkt ver­treten.

Kernenergie ist – wie das bereits von meinen Vorrednern zum Ausdruck gebracht wur­de – eine sehr gefährliche Technologie im Betrieb, die Endlagerung von gewissen Ab­fallstoffen ist über Jahrhunderte hinweg nicht gelöst, sehr kostenintensiv, und Uran ist einer der knappsten Rohstoffe und Energieträger der Welt. Daher ist es für uns in Ös­terreich wichtig, eine klare gemeinsame Vorgangsweise auch bezüglich der Konferenz in Kopenhagen zu haben und zu sagen: Wir haben überhaupt kein Interesse daran, dass diese Technologie einen Aufschwung, eine Renaissance erfährt! Wir sehen keine sinnhafte Zukunft für diesen Technologiebereich!

Aber: Es muss uns natürlich klar sein, dass, wenn wir eine Sache ablehnen, Alternati­ven dazu notwendig sind. Dazu bedarf es einer umfassenden und ganzheitlichen Dis­kussion.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am Vormittag wurde intensiv über die Errei­chung des Kyoto-Zieles diskutiert. Ich darf dazu Hintergrundinformation bieten. Die Europäische Union hat sich auf eine Reduktion von im Durchschnitt 8 Prozent geeinigt. Es muss festgehalten werden, dass es Länder wie Portugal gibt, die plus 27 Prozent erreichen werden, Griechenland plus 25 Prozent, Spanien plus 15 Prozent, Irland plus 13 Prozent, Schweden plus 4 Prozent, Frankreich eine Null, Finnland eine Null – also keine Reduktion! –, die Niederlande 6 Prozent, Italien minus 6,5 Prozent, Belgien mi­nus 7,5 Prozent, Großbritannien minus 12,5 Prozent und Österreich minus 13 Prozent!

Wenn man sich dann vergegenwärtigt, wer seine Ziele schon erreicht hat, dann muss man etwa festhalten, dass das in erster Linie jene Länder sind, in denen in der Vergan­genheit bereits massiv Atomstrom zur Geltung gekommen ist, wie das in Frankreich der Fall ist, und Schweden – und das ist positiv und erfreulich – sich massiv mit der Wasserkraft auseinandersetzt. Dies ist natürlich auch lehrreich für uns, zu fragen: Wo sind unsere Chancen in Österreich? Das heißt für mich, das Augenmerk klar und deut­lich auf jene Bereiche zu richten, wo es auf der einen Seite um Einsparpotenziale, aber auf der anderen Seite auch um Ausbaupotenziale im erneuerbaren Bereich, sprich im Bereich der Wasserkraft geht. Da muss man sich dann entscheiden: Stehe ich für Wasserkraft und halte ich es ehrlich mit den Zielen der erneuerbaren Energie, oder se­he ich es populistisch? (Zwischenruf der Abg. Mag. Brunner.)

Wenn gerade Sie, Frau Brunner, sich zu Wort melden, dann ist interessant, dass mir Kollege Kogler den Rücken zuwendet, er hat nämlich auch der Wasserkraft seinen Rü­cken zugewendet. (Beifall bei der ÖVP.) Bei einem Projekt in der Steiermark hat er sich klar und deutlich gegen Wasserkraft ausgesprochen. Man hat ihn seitens eines Maga­zins um einen Rückruf gebeten, um von ihm eine Alternative zu dieser Vorgangsweise zu hören – dieser ist leider nie gekommen. (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Keine Antworten, geschätzte Frau Kollegin Brunner, das ist zu wenig! Es sind hier pragmatische Antworten notwendig.

Es gibt in Österreich Bereiche, in denen die Ziele erreicht wurden. Das ist die Landwirt­schaft, das ist der Abfallbereich – ein klares Häkchen darunter.

Wir müssen uns objektiv mit der Thematik des Verkehrs auseinandersetzen – ein Drit­tel ist Tanktourismus. Antworten sind gefragt.

Nächster Punkt: klare Ansätze im Bereich der Raumwärme. Mein Ansatz und meine Antwort sind klar: Strom ist zum Heizen ungeeignet, weil technologisch zu hochwertig, in Wirklichkeit viel zu teuer. Aber Heizöl hat in einem Ofen auch nichts verloren. (Beifall bei der ÖVP.)

14.21



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 120

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Becher. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.21.19

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Ich möchte auch noch ein paar Anmerkungen zum Bericht der EU-Kommission hinsichtlich des Kyoto-Ziels machen, der ja für Österreich nicht sehr erfreulich ist. Wir haben unsere selbst gesteckten Ziele nicht erreicht.

In diesem Zusammenhang möchte ich den Klimaschutzbericht hervorheben, in dem ja alle Verursacher aufgelistet werden. Ein Segment ist die Raumwärme; sie macht insge­samt 13 Prozent aus. Da haben wir im Jahr 2007 einen Rückgang zu verzeichnen, und das ist doch sehr erfreulich. Das ist der einzige Parameter, der diesen Rückgang aus­weist.

Ein bedeutendes Instrument für Effizienzverbesserung, das in diesem Bericht hervor­gehoben wird, im Wohnungs-, Gebäudebestand ist die Wohnbauförderung, die das ermöglicht. Im Bereich Raumwärme gibt es noch große Einsparungspotenziale, und im Bereich der thermischen Sanierung wird in Zukunft auf zusätzliche Mittel nicht verzich­tet werden können.

Abschließend zum Entschließungsantrag: Ich finde es natürlich auch sehr erfreulich, dass es hier einen Fünf-Parteien-Antrag gibt, wo wir uns auf einen klaren Anti-Atom-Konsens verständigt haben. Ich bin überzeugt davon, dass die Delegation mit unserem Umweltminister in Kopenhagen in geeigneter Weise diesen Entschließungsantrag ver­treten wird und sich dafür einsetzen wird, dass Kernenergie in einem Kyoto-Nachfolge­regime nicht als Strategie zur Treibhausgasevermeidung vorgesehen wird.

Es wird nicht nur im internationalen Rahmen nicht einfach sein, sondern auch innerhalb der EU werden wir für unsere Anti-Atompolitik sehr viel Überzeugungsarbeit zu leisten haben, daher ist dieser Konsens in Österreich umso wichtiger. In diesem Sinne wün­sche ich Ihnen, Herr Minister, und der Delegation sehr viel Erfolg bei den Verhandlun­gen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.23


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Prinz. 2 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


14.23.37

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Dass Atomenergie keine Klimaschutzmaß­nahme darstellt, muss nicht mehr näher ausgeführt werden, es wurde ja auch am Vor­mittag im Rahmen der Aktuellen Stunde ausführlich darüber diskutiert.

Die Anstrengungen für den Klimaschutz sind in Österreich sehr ambitioniert, aber noch nicht genug. Ausgehend von den Veröffentlichungen der Europäischen Umweltagentur ist noch Aufholbedarf in Österreich gegeben. Das heißt, es müssen alle an einem Strang ziehen. Das gilt einerseits für den Bund, die Länder, aber auch für Bereiche wie Verkehr und Wirtschaft. Ein wirksames Instrument dafür ist ein klar definiertes Bundes­klimaschutzgesetz.

Klimaschutzmaßnahmen stellen einen Mix aus einerseits Energieeffizienz und anderer­seits der Verwendung von erneuerbarer Energie dar. Mit Hilfe der thermischen Sanie­rung für Altbauten ist ein wichtiger Schritt im Bereich der Energieeffizienz gesetzt wor­den. Diesen gilt es in der Zukunft auch entsprechend fortzusetzen. Aber auch jeder Einzelne von uns ist gefordert, mit Energie sorgsam umzugehen.

Erneuerbare Energie ist zur Erreichung von Klimazielen von enormer Bedeutung. Das bestätigen viele Studien. Ob es sich um Ökostrom, Biomasse, Solarenergie, Windkraft und so weiter handelt, all das leistet einen wichtigen Beitrag. Aber auch aus strategi-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 121

scher Sicht ist erneuerbare Energie von enormer Bedeutung, bleiben doch damit Wert­schöpfung und auch Arbeitsplätze im Land, anstatt für Formen von fossiler Energie ex­portiert zu werden. Jedoch auch im Hinblick auf das Säbelrasseln, das Russland im-
mer wieder in Richtung Versorgung mit Gas veranstaltet, ist dieser Bereich für uns sehr wichtig.

Das Thema Energie, Energieversorgung und Energiestrategie ist bei den beiden Bun­desministern Berlakovich und Mitterlehner in kompetenter Hand. (Beifall bei der ÖVP.)

14.25


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Mag. Auer. 2 Minuten Redezeit. – Bitte. (Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Mag. Auer –: Im Dauerein­satz! – Abg. Mag. Auer: Dauereinsatz – ja, das passt zu Auer, von der Silbe her!)

 


14.25.33

Abgeordneter Mag. Josef Auer (SPÖ): Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Her­ren! Zu diesem Fünf-Parteien-Antrag ist, glaube ich, nicht mehr viel zu sagen, denn da­zu ist schon viel gesagt worden. Dieser freut uns alle natürlich sehr, und er hat auch seine Berechtigung.

Zum Antrag von Frau Mag. Brunner: Frau Mag. Brunner, es ist Ihnen ja schon von mei­ner Kollegin, von Petra Bayr, die Begründung gegeben worden, warum wir ihn leider sozusagen in den Brunnen fallen lassen müssen. Da können wir nichts machen. Es ist alles erklärt, und ich glaube, Sie haben die Argumentation verstanden, wenn Sie guten Willen zeigen. Tut mir leid.

Ich habe mir angesehen, in wie vielen Ländern auf der ganzen Erde Kernenergie zur Energienutzung verwendet wird. Es sind sage und schreibe 31 Länder. Das ist sehr viel. 438 Kernkraftwerke sind derzeit in Betrieb. Im Dezember 2008 waren sogar weite­re 80 Kernkraftwerke in der konkreten Planung für die Zukunft.

Was mich sehr besorgt macht, ist der Einsatz in England. England setzt weiterhin ganz verstärkt auf die Kernkraft, und das macht mich schon sehr besorgt, überhaupt wenn man weiß – das möchte ich jetzt nicht politisch werten –, dass jedes zivile Nuklearpro­gramm natürlich per se auch dazu neigt, dass ein Waffenprogramm dahinter verborgen wird. Das sage nicht ich, sondern das sagt ein führender Atomenergieexperte. Wir alle wissen ja um die Problematik im Iran, wie schwierig es ist, das international zu verhan­deln.

Die Argumentation der Atombefürworter ist sehr fadenscheinig. Das ist ja auch der Grund dafür, dass wir jetzt verlangen, dass Kernkraftwerke als nicht-CO2-reduzierend gewertet werden. Die Atomenergiebefürworter sagen ja immer, Kernkraftwerke wären mehr oder weniger CO2-neutral beziehungsweise hätten keinen CO2-Ausstoß. Aber das stimmt nicht, da für den Bau und so weiter sehr viel CO2 aufgewendet werden muss.

Insgesamt müssen wir also sagen, dass wir mit diesem Beschluss heute sicher etwas Sinnvolles für unser Land machen. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

14.28


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gartelgruber. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.28.10

Abgeordnete Carmen Gartelgruber (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Mit dem vorliegenden Fünf-Parteien-Antrag drücken wir auch unsere Bedenken über die Nutzung der Kernenergie in Europa aus. Die führenden Nationen wie Deutschland oder Frankreich zögern den Atomausstieg


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 122

immer wieder weiter hinaus. Italien will seine stillgelegten Kernkraftwerke wieder akti­vieren, und auch Schweden hat heuer im Februar den Wiedereinstieg in die Kernkraft überlegt.

Der Anteil der Atomkraftwerke an der Stromerzeugung liegt weltweit bei 17 Prozent und europaweit bei 31 Prozent. In Europa werden derzeit 13 neue Kernkraftwerke ge­baut, für drei weitere gibt es konkrete Planungen. Zwischenfälle wie in der Vergangen­heit hinsichtlich der russischen Gaslieferungen durch die ukrainischen Pipelines veran­lassen vor allem ost- und mittelosteuropäische Staaten zur Überlegung, neue Kern­kraftwerke zu bauen. Auch der Kampf gegen den Klimawandel verleiht der Nuklear­energie in Europa wieder neuen Aufwind. An der Speerspitze der Befürworter steht Frankreich.

Sehr geehrte Damen und Herren, der Preis für diese sogenannte klimafreundliche Energiegewinnung ist hoch. Bereits bei der Uranförderung werden hochgradig gesund­heitsgefährdende radioaktive Stoffe in großem Maße freigesetzt. Kleinere Störfälle, bei denen teilweise Radioaktivität freigesetzt wird, sind verhältnismäßig häufig. Auch der störungsfreie Normalbetrieb von Kernkraftwerken hat negative Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit. Studien zeigen deutlich erhöhte Leukämieraten bei Kindern in der Nähe von Kernkraftwerken.

Darüber hinaus stellt sich die Frage der Entsorgung der hoch radioaktiven Brennele­menteteile, da diese sehr lange Halbwertszeiten haben. Die meisten europäischen Kernkraftwerke haben zudem nicht einmal eine Haftpflichtversicherung für einen nicht beherrschbaren Störfall. Das Fehlen einer solchen Versicherung und auch das Nicht­berücksichtigen der Folgekosten sind ein Grund für die günstigen Strompreise.

Es muss daher endlich eine energiepolitische Wende einkehren. Strom aus erneuerba­ren Energieträgern muss endlich konkurrenzfähig werden, und man muss den Men­schen klarmachen, dass die meisten Billiganbieter einen hohen Atomstromanteil auf­weisen, wie auch dem Stromkennzeichnungsbericht 2009 der unabhängigen Behörde E-Control zu entnehmen ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt keinen anderen Weg, den wir unse­ren Kindern und Kindeskindern gegenüber verantworten könnten, als den eines kom­promisslosen Neins zur Kernenergie. Dieses Nein beinhaltet auch den Ausstieg aus dem EURATOM-Vertrag.

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Neubauer, Kolleginnen und Kollegen

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, alle Maßnahmen zu setzen, die erforderlich sind, um aus dem EURATOM-Vertrag auszusteigen.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

14.31



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 123

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausstieg Österreich aus dem EURATOM-Vertrag

eingebracht in der 45. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 18. November 2009 im Zu­ge der Behandlung von TOP 9, Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 837/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Petra Bayr, Ing. Hermann Schultes, Car­men Gartelgruber, Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen betreffend Atomener­gie darf keine Klimaschutzmaßnahme sein (425 d.B.)

Im Jahr 1956 wurde die Österreichische Studiengesellschaft für Kernenergie gegrün­det. Die Aktivitäten dieser Gesellschaft führten zum Beschluss der Bundesregierung über einen Energieplan, der drei Kernkraftwerke in Österreich vorsah. Das erste davon sollte in Zwentendorf gebaut werden. Am 5. November 1978 haben sich die Österrei­cher im Rahmen einer Volksabstimmung klar gegen die Nutzung von Kernkraft ausge­sprochen. Zwentendorf wurde nicht in Betrieb genommen.

Unabhängig davon fließen beträchtliche finanzielle Mittel - jährlich 40 Millionen Euro - aus dem österreichischen Staatshaushalt an EURATOM. Damit finanziert Österreich über diesen Umweg die europäische Atomenergie. Ein Ausstieg aus dem EURATOM-Vertrag und die Verwendung der dafür bisher gebundenen finanziellen Mittel für den Bereich Forschung und Entwicklung wären daher ein Gebot der Stunde. Im Geiste des Ergebnisses der Volksabstimmung über Zwentendorf und des Mitspracherechts der Österreicher in essentiellen Fragen wäre eine Volksabstimmung über den Ausstieg Ös­terreichs aus dem EURATOM-Vertrag zielführend.

Der Salzburger Völkerrechtsexperte Univ.-Prof. Michael Geistlinger hat den bedeu­tungsvollen Hinweis geliefert, dass es "Kraft des Völkergewohnheitsrechts, das durch Art. 56 der Wiener Vertragskonvention (WKV) kodifiziert wurde" möglich ist, aus dem EURATOM-Vertrag auszusteigen ohne die EU-Mitgliedschaft in Frage zu stellen. Ein Umstand, der andersmeinende Gutachten obsolet werden lässt.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesregierung wird ersucht, alle Maßnahmen zu setzen, die erforderlich sind, um aus dem EURATOM-Vertrag auszusteigen.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner hiezu hat sich Herr Abge­ordneter Schopf zu Wort gemeldet. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.31.40

Abgeordneter Walter Schopf (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kollegin­nen! Liebe Kollegen! Ich möchte ebenfalls ein paar Punkte insbesondere zu der sehr wichtigen Konferenz in Kopenhagen sagen. Es ist ja schon erwähnt worden, und ich möchte das unterstreichen, weil es mir wichtig ist: Klimaschutzpolitik darf sicher nicht


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 124

auf Maßnahmen beruhen, bei denen Kernenergie eine Rolle spielt. Herr Minister, viel­leicht ist es Ihnen möglich, mit Kolleginnen und Kollegen anderer Länder gerade zu diesem Punkt zu konferieren und, wenn möglich, auch quasi ein Protokoll diesbezüg­lich zu erstellen.

Meine Damen und Herren! Wir alle wissen, dass Klimaschutz, dass Energieeffizienz­maßnahmen sehr viel Geld kosten. Und ich denke, es wäre eine Überlegung, wenn wir uns auf EU-Ebene dazu durchringen könnten, eine eigene Abgabe, eine eigene Steuer einzuführen, und zwar eine Abgabe auf jene Energien, die in Atomkraftwerken produ­ziert werden. Die finanziellen Mittel, die uns dann zur Verfügung stünden, könnten wir für diese Dinge, die ich erwähnt habe, verwenden.

Anti-Atompolitik und vor allem der Kampf gegen Atomkraftwerke sind mir wichtig, und daher ersuche ich Sie, Herr Minister, auch Gespräche mit den Vertretern der Tschechi­schen Republik insbesondere bezüglich Temelín noch einmal zu führen. Wir alle wis­sen, dass wir im Melker Vertrag geregelt haben, dass sämtliche Sicherheitsprobleme, Sicherheitsmängel, die nicht von der Politik, sondern von Expertinnen und Experten festgestellt worden sind, beseitigt werden. Wenn wir uns die jetzige Situation von Te­melín ansehen, so müssen wir leider feststellen, dass zum Ersten die Mängel nicht be­seitigt worden sind und zum Zweiten eigentlich ständig Störfälle in Temelín auf der Ta­gesordnung stehen.

Meine Damen und Herren! Die Menschen nicht nur rund um Temelín, sondern auch in unserem Bundesland Oberösterreich, an der Grenze sind durch diese Störfälle massiv verunsichert. Wir wissen, dass vor kurzer Zeit wieder der erste Block abgeschaltet wor­den ist. Wir wissen, dass es Probleme bei den Ölleitungen gibt. Wir wissen, dass noch immer kein Zeitplan existiert, wann und wie diese Ölleitungen repariert werden. Und wir wissen auch, dass anscheinend mit diesen Turbinen ein störungsfreier Dauerbetrieb in Temelín nicht möglich ist.

Herr Minister, es ist viel zu tun! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.34

14.34.30

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schlie­ße daher die Debatte.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 425 der Beila­gen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 56.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Ing. Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Halbierung der Mehrwert­steuer auf Energie aus erneuerbaren heimischen Ressourcen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausstieg Österreich aus dem EURATOM-Vertrag.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Umweltausschusses, sei­nen Bericht 426 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 125

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Umweltausschusses, seinen Bericht 427 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Auch das ist mit Mehrheit angenommen.

14.36.1212. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (395 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Bundesgesetz über den Umweltsenat geändert werden (USG-Novelle 2009) (423 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 12. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Stadler. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.36.50

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Bundes­minister! Wir werden dieser Gesetzesvorlage nicht zustimmen, aber wir werden derzeit generell Gesetzen mit erforderlichen Zweidrittelmehrheiten keine Zustimmung leisten. (Beifall beim BZÖ.)

Die Fraktionen der Oppositionsparteien sind im Untersuchungsausschuss, der derzeit läuft, bemüht, Minister zu laden. Die Österreichische Volkspartei mit Unterstützung der SPÖ – jetzt gehe ich nicht einmal auf eine Qualifikation der SPÖ in diesem Zusammen­hang ein – glaubt, die Opposition in ihrer Kontrolltätigkeit an der Nase herumführen zu können. Man ist wild entschlossen, den Untersuchungsausschuss mit spätestens De­zember unter den Tisch zu stimmen. (Abg. Dr. Bartenstein: Das war mit euch verein­bart!)

Nein, nein, das war nicht vereinbart! Vereinbart war, Herr Kollege Bartenstein – es ist gut, dass Sie das Wort „vereinbart“ in den Mund nehmen –, dass nach jedem Kapitel, wenn eines abgeschlossen ist, die jeweiligen Minister in den Ausschuss geladen wer­den. Das war vereinbart, meine Damen und Herren! (Abg. Amon: Nein, das war nicht vereinbart!) Und diese Vereinbarung hat die Österreichische Volkspartei sofort gebro­chen, und zwar bei der ersten Gelegenheit! (Beifall beim BZÖ.)

Vereinbart war, dass Ex-Minister Strasser in den Ausschuss geladen wird. (Abg. Amon: Unter den Oppositionsfraktionen vielleicht! Das habt ihr mit den Blauen ausge­macht, nicht mit uns!) Die Österreichische Volkspartei fürchtet derzeit nichts so sehr wie ein Auftreten des Herrn Ernst Strasser vor dem Untersuchungsausschuss; ich sage Ihnen auch gleich, warum.

Meine Damen und Herren! Ernst Strasser ist der Erfinder des BIA, des Spitzelinstitutes Büro für Interne Angelegenheiten, das sich bei der Staatsanwaltschaft Ermittlungen ge­gen missliebige Oppositionsabgeordnete bestellt hat.

Strasser ist der, der mit unbewiesenen Behauptungen Ermittlungstätigkeiten gegen den Kollegen Pilz über die Staatsanwaltschaft in Gang gesetzt hat, ohne dass es dafür einen Indizienbeweis gab. Die bloße Behauptung des Herrn Strasser hat genügt. (Abg. Kopf: Sag wenigstens ab und zu „Umweltsenat“! Einmal zumindest!)

Strasser ist der, der die parteipolitische ...

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Abgeordneter Stadler, es ist zwar Ihr gutes Recht, die Begründung zu liefern, warum Sie Gesetzen, die eine Zweidrittelmehrheit


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 126

erfordern, Ihre Zustimmung verwehren, aber es sollte doch auch immer wieder ein Be­zug zur Sache hergestellt werden. Ich darf Sie bitten, dies zu beachten.

Bitte, setzen Sie fort!

 


Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (fortsetzend): Herr Präsident! Der Konnex zum Umweltsenat ist ganz einfach: Wir stellen den Antrag, diese Vorlage an den Umwelt­ausschuss rückzuverweisen, um sie dort neuerlich zu beraten.

Wir sehen einen engen Zusammenhang zwischen dem, was verfassungsrechtlich hier geändert oder verlängert werden soll, und dem, was derzeit – von der Österreichischen Volkspartei ausgehend – verfassungsrechtlich gebrochen wird, meine Damen und Her­ren! (Beifall beim BZÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Natürlich, Sie hebeln mit Ihrer Weigerung, Minister in den Ausschuss zu laden, Verfas­sungsprinzipien aus! Und eines der tragenden Verfassungsprinzipien ist das Prinzip der Checks and Balances, nämlich Kontrolle und Regierungsmacht. Und Sie nützen Ih­re Regierungsmacht mit Unterstützung durch die sozialdemokratische Fraktion – was peinlich genug ist – dazu aus, der Regierung die Räuberleiter zu machen, Kontrolle durch das Parlament zu verhindern. Das, meine Damen und Herren, ist der Konnex zur anstehenden Verfassungsmaterie. (Beifall beim BZÖ.)

Wir werden nicht zulassen, dass Sie probieren, dort, wo es in die Nähe der Österreichi­schen Volkspartei, in die Nähe der Verantwortung von ÖVP-Ministern geht, dort, wo die Dinge im Rahmen und im Umfeld der Österreichischen Volkspartei aufgeklärt werden sollen, dort, wo auch Kabinettssekretäre tätig waren  Herr Kloibmüller, der für die ge­samten Postenumfärbungen zuständig war, oder der nunmehrige Chef von Red Car­pet, einem hochinteressanten Unternehmen in diesem Zusammenhang –, die Aufklä­rung zu verhindern. All diese Dinge wollen Sie nicht aufklären. Sie wollen Aufklärung verhindern, wir hingegen wollen Aufklärung in diesem Haus erzwingen, meine Damen und Herren, und wir werden sie erzwingen! (Zwischenruf des Abg. Dr. Bartenstein.  Ruf bei der ÖVP: Hör auf!)

Deswegen sind wir auch nicht bereit, der Koalition für eine Zweidrittelmaterie unsere Unterstützung zu geben. Ich hoffe, dass die gesamte Opposition dieses Gesetz heute ablehnt. Wir haben Verständnis dafür, dass der Herr Bundesminister versucht, den Umweltsenat als Berufungsinstanz zu verlängern, aber wenn Sie das heute nicht durchbringen, Herr Bundesminister Berlakovich, dann bedanken Sie sich bei der Kon­trolle verhindernden Österreichischen Volkspartei! Es ist Ihre eigene Partei, die das verhindert. Ihre eigene Partei nötigt die Opposition, zu diesen Mitteln zu greifen, um verfassungsmäßige Rechte zu wahren. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich.Bitte, Herr Bundesminister, haben Sie einen Beitrag zu leis­ten?

Sie haben Aufklärungsbedarf nicht bei mir und nicht bei der Opposition, sondern in Ih­ren eigenen Reihen! Bringen Sie Ihrer eigenen Partei einmal bei, dass sie dieses Haus nicht um die Kontrollrechte bringen kann! (Beifall beim BZÖ.)

Bringen Sie Ihrer Partei einmal bei, dass Ressortverantwortung auch bedeutet, vor einem Untersuchungsausschuss Rede und Antwort zu stehen!

Bringen Sie Ihrer eigenen Fraktion einmal bei, dass sich auch Ministersekretäre nicht aus der Verantwortung für die größten parteipolitischen Umfärbeaktionen, die im Be­reich des Strafrechtes anzusiedeln sind, davonstehlen können!

All das sollten Sie einmal Ihrer eigenen Fraktion beibringen, meine Damen und Herren, und dann können Sie mit der Opposition wieder darüber reden, ob Sie eine Zweidrittel­mehrheit mit Unterstützung der Opposition zustande bringen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 127

Hohes Haus! Ich weiß, dass das politisch eine nicht alltägliche Situation ist, aber die Wählerinnen und Wähler und die Zuseherinnen und Zuseher vor den Fernsehschirmen sollten wissen, dass es ausschließlich Ihre Partei ist, Herr Bundesminister – aus­schließlich Ihre Partei! –, die die Kontrolle in diesem Haus in dem Moment verhindert, in dem man in die Nähe eines schwarzen Ministers oder eines schwarzen Kabinettsse­kretärs kommt. Das ist Fakt! (Beifall beim BZÖ.)

Daher brauchen Sie, Herr Bundesminister, derzeit bei der Opposition nicht anzuklop­fen, wenn Sie dem Haus eine Materie, die einer Zweidrittelmehrheit bedarf, zuleiten. Das Gleiche gilt übrigens auch für das ORF-Gesetz – machen Sie sich da gar nichts vor, wir werden auch da keine Bereitschaft zeigen, der Koalition aus der Bredouille zu helfen! – und auch für jede andere Zweidrittelmaterie. Wenn Sie glauben, dass Sie die Opposition am Nasenring durch das Haus führen können, dann täuschen Sie sich. Das können Sie derzeit nur mit den Sozialdemokraten machen! (Beifall beim BZÖ.)

14.43


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Amon, und zwar zu einer tatsächlichen Berichtigung. Ich verweise auf die einschlägi­gen Bestimmungen der Geschäftsordnung und erteile ihm das Wort.

 


14.43.29

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Stadler hat behauptet, es sei vereinbart gewesen, dass nach jedem The­ma im Untersuchungsausschuss die zuständigen Regierungsmitglieder zu laden seien. (Abg. Mag. Stadler: So war es!)

Wahr ist vielmehr, dass vereinbart wurde, nach jedem Kapitel eine Beurteilung vorzu­nehmen, ob es notwendig ist, die Regierungsmitglieder zu laden. (Beifall bei der ÖVP.  Abg. Mag. Stadler: Aber woher denn! Ruf bei der ÖVP: Genau so ist es!)

14.43


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Abgeordneter Amon, das war an der Grenze einer wirklichen tatsächlichen Berichtigung (Abg. Amon: Wieso? Zwischenrufe bei der ÖVP), weil es da widerstreitende Ansichten gibt, die ja schon sehr oft in diesem Hohen Haus behandelt wurden. (Abg. Amon: ... Auslegung der Geschäftsordnung durch Sie! Das war völlig korrekt! Ruf bei der ÖVP: Es gibt eine Geschäftsordnung!)

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Hörl. Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


14.44.00

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Seit 15 Jahren entscheidet der Umweltsenat mit hoher Akzeptanz und Qualität über Berufungen der Bescheide der Landesregierungen zu Umweltverträglichkeitsprüfun-gen. Von den rund 230 Verfahren, die seit seinem Bestehen behandelt wurden, kam es lediglich in drei Fällen zu einer Korrektur durch den Verwaltungsgerichtshof. Das haben Sie, Herr Bundesminister, in Ihrer Presseaussendung anlässlich des 15-jährigen Jubi­läums des Umweltsenates gesagt. Ich stimme in diesem Punkt vollkommen mit Ihnen überein. Dr. Baumgartner als Geschäftsführer und auch die stellvertretende Sektions­chefin Dr. Petek leisten mit ihren Mitarbeitern hervorragende und engagierte Arbeit.

Sie sagen auch, dass der hohe Standard des Umweltschutzes nicht nur von der Quali­tät der einschlägigen Gesetze abhängt, sondern auch wesentlich von jener des Vollzu­ges. Auch da haben Sie natürlich recht, Herr Bundesminister – in diesem Punkt sogar ganz besonders!

Wenn wir heute, wie im Umweltausschuss beschlossen, nunmehr die unbefristete Ver­längerung des Umweltsenates beschließen, dann freut das sicher viele. Es gibt auch


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gute Gründe dafür: Rechtssicherheit, einheitliche Rechtsprechung in der zweiten Ins­tanz, hohes Fachwissen der erfahrenen und wiederholt befassten Senate. Allerdings bin ich neugierig, wie wir diesen Rechtsbereich dann regeln, wenn die von mir unge­liebten Landesverwaltungsgerichtshöfe kommen sollen. Den Ländern die Gerichtsbar­keit zu übertragen, den Umweltbereich aber als zu komplex und zu kompliziert für die Landesgerichtshöfe darzustellen, entspricht einer gewissen Arroganz der Hauptstadt Wien. (Demonstrativer Beifall des Abg. Dr. Königshofer.) Da dürfte es dann doch zu interessanten Diskussionen kommen.

Wenn ich mir die Debattenbeiträge zum UVP-Gesetz vom 1. Juli 1994 und zu den zahl­reichen Novellierungen anschaue, muss ich sagen: Da wurden neben der verbesserten Bürgerbeteiligung und dem verstärkten Umweltschutz eine massive Verwaltungsver­einfachung sowie Straffung und Konzentration der Verfahren versprochen. Diesbezüg­lich liegt in dieser Materie aber ein Totalversagen vor.

In meiner Heimat läuft derzeit ein UVP-Verfahren für einen Golfplatz, der auf intensiven landwirtschaftlichen Böden errichtet werden soll. Der durchfließende Bach wurde be­gradigt, jeder noch so kleine Sumpf wurde von den Bauern in den letzten Jahren er­folgreich trockengelegt. Die höchste Erhebung ist ein Maulwurfshügel, und es befinden sich auf 60 Hektar ungefähr drei Bäume. Der Betreiber muss über 30 Grundeigentümer unter Vertrag bringen, dem Golfplatzkonzept des Landes entsprechen, und vor einein­halb Jahren gab es die erste UVP-Besprechung, an der 48 Personen teilgenommen haben: der Betreiber, einige Juristen, ein paar Bürgermeister, der Rest waren Planer und Sachverständige.

Das Ergebnis der Arbeit in 20 Fachbereichen liegt nunmehr seit Monaten vor. Man möchte meinen, die Behörde ist dabei, eine Entscheidung in Bescheidform zusammen­zufassen und den Bescheid zu erstellen. – Mitnichten! Der Behörde ist nunmehr der Umfang der erarbeiteten 20 Fachbereiche zu viel! Was machen Bürokraten, wenn ih­nen die ermittelten Erfahrungsergebnisse zu umfangreich werden? Sie konzentrie­ren? – Nein, natürlich nicht! Sie bauen eine weitere bürokratische Ebene ein, nämlich den Verfahrenskoordinator, der alles zusammenfasst, die Befindlichkeit und die Allüren der einzelnen Sachverständigen pflegt und der Behörde eine konzentrierte Zusammen­fassung für die Bescheiderteilung vorlegt. Dieser kostet übrigens 14 000 € – bei den angefallenen Kosten von bisher 380 000 € vergleichsweise billig. – So geht das nicht!

Es ist für einen Projektbetreiber, der willens, geduldig, reich und vermögend ist, auch nicht möglich, ein UVP-Verfahren über ein bestimmtes Vorhaben zu beantragen bezie­hungsweise durchführen zu lassen, denn er muss durch eine Einzelfallprüfung. Diese wurde ursprünglich als Grobprüfung dem eigentlichen UVP-Verfahren vorgeschaltet. Eigentlich eine gute Idee: Der Projektwerber erfährt in angemessener Zeit bei vertret­baren Kosten und Projektkosten, ob etwas machbar ist oder nicht. Dieser Filter wird aber inzwischen so gehandhabt wie eine UVP: Die Unterlagen werden in dieser hohen und teuren Qualität verlangt, und diese Verfahren dauern ohnehin schon über ein Jahr. Wozu also diese Praxis? Im besten Fall weiß der Projektbetreiber nach einem Jahr, dass er eine UVP durchführen muss. Großzügigerweise dürfen dafür die ausführlichen Unterlagen verwendet werden.

Wir prüfen also mehrfach, und das muss abgestellt werden! Ich fordere also die ver­sprochene Verfahrensbeschleunigung. Wir haben das im Juli in die richtige Richtung gelenkt, aber es muss nachgebessert werden. Doppel- und Dreifachprüfungen sind ab­zustellen. Dem Projektwerber muss es möglich sein, direkt in eine UVP einzusteigen – das würde Zeit sparen. Wir werden das in der letzten UVP-Novelle beschlossene Moni­toring sehr genau anschauen und überprüfen, ob die Beschleunigung der Verfahrens­dauer damit erreicht wird. Auch brauchen wir wahrscheinlich eine Durchführungsver­ordnung, damit im Bundesgebiet einheitliche Verfahren durchgeführt werden.


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Die Zahl der Gutachten muss auf die notwendigen beschränkt werden – es gibt da zahlreiche Auswüchse –, wie ich überhaupt Hausverstand und Augenmaß einmahne. Wir sind Vorzugsschüler in der Umsetzung von Richtlinien. Ich fordere Sie alle auf, an­gesichts der steigenden Arbeitslosigkeit im Sinne der wirtschaftlichen Entwicklung um­zudenken: Die Schaffung neuer Investitionen ist nicht zum Feindbild zu erklären, son­dern Investitionen sind als Grundlage einer wirtschaftlichen Fortentwicklung und damit als Sicherung der Arbeitsplätze und des Standortes zu sehen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Königshofer.)

14.49


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abge­ordnete Bayr. Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


14.49.46

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Das Umweltse­natsgesetz wird, wenn wir es heute beschließen – und wir werden es beschließen, das finde ich sehr fein –, die Befristung des Umweltsenats aufheben und ihn unbefristet einsetzen. Der Umweltsenat ist ja eine ganz wichtige, nicht wegzudenkende Instanz in der Vollziehung des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes und ist allgemein aner­kannt wegen der sehr hohen Qualität seiner Sprüche.

Deswegen ist es nicht nur ein erfreulicher Tag für die Umwelt, für umweltbewegte Men­schen und für umweltbewegte Parteien in diesem Land, sondern es freut mich auch sehr, dass es gelungen ist, eine weitere Regelung mit einzubauen, nämlich was die Al­tersgrenze von Bestellungen oder Wiederbestellungen in diesen Senat betrifft. Diese wird künftig mit 65 Jahren festgeschrieben, was heißt, dass auch viele junge Juristin­nen und Juristen, die im Umweltbereich tätig sind, künftig die Möglichkeit haben wer­den, in diesem wichtigen Gremium mitzuwirken und dafür zu sorgen, dass auch wirk­lich der State of the Art in der Umweltgesetzgebung, in der Wissenschaft, in der Juris­terei umgesetzt wird. Das halte ich für das Heben beziehungsweise das weitere Hoch­halten der Qualität im Umweltsenat für sehr wichtig. Ich bin mir sicher, dass der Um­weltsenat gerade als unbefristet eingerichtete Institution der Umweltgesetzvollziehung ein wirklicher Meilenstein in der Geschichte ist. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.51


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Winter. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.51.37

Abgeordnete Dr. Susanne Winter (FPÖ): Herr Präsident! Werter Herr Minister! Werte Kollegen! Werte Zuseher auf der Besuchergalerie, ich muss Ihnen ein Kompliment aus­sprechen, denn Sie sind zahlenmäßig sicher mehr als wir Abgeordnete hier herunten. (Abg. Steibl: Frau Kollegin! In Ihren eigenen Reihen ...!) Das ist ein Zeichen dafür, dass Ihnen die Umweltpolitik offenbar wesentlich wichtiger ist als uns hier herunten – und dann reden wir noch über ein Scheitern in Kopenhagen?! (Beifall bei der FPÖ. Ruf bei der ÖVP: Sie machen sich lächerlich!)

Herr Kollege Stadler, noch ein Wort zu Ihnen. Gerade Sie als Paradejurist des BZÖ müssten doch wissen, dass Ihre Rede rein polemisch und eine Wortmeldung in eigener Sache war. Das ist für mich ein Zeichen dafür, dass dem BZÖ die Umwelt absolut nicht wichtig ist, denn was würde passieren, wenn es keinen Umweltsenat gäbe? Es würden Projekte stehen bleiben – zum Beispiel Bauprojekte –, es könnte keine zweite Instanz im UVP-Verfahren geben – und das in einer Zeit der Wirtschaftskrise!

Grundsätzlich zum Gesetz: Wir von der FPÖ werden dieser Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes und des Bundesgesetzes über den Umweltsenat unsere Zustim-


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mung geben, denn der Umweltsenat als Berufungsbehörde ist einfach wichtig. Die Mit­glieder üben ihre Tätigkeit – das muss man auch einmal erwähnen –nebenberuflich aus, sie sind unabhängig und weisungsfrei und im Augenblick noch auf sechs Jahre befristet von der Landesregierung beziehungsweise von den zuständigen Bundesmi­nistern und dem Bundespräsidenten ernannt worden.

Die Änderungen, die angedacht sind, nämlich diesen Umweltsenat zu einer dauerhaf­ten Einrichtung zu machen, entsprechen absolut einer Harmonisierung der organisier­ten Rechtsprechung und sind in der Sache und auch für die Umwelt einfach eine Not­wendigkeit.

Wenn man das Vorblatt und die Erläuterungen zu diesem Gesetz liest, muss man sa­gen, es gibt selten ein Gesetz, das so wenige negative Auswirkungen auf andere Mate­rien hat wie dieses. Es gibt keine negativen finanziellen Auswirkungen, es gibt keine Auswirkungen auf die Beschäftigungspolitik, es gibt keine Auswirkungen auf die Ver­waltungslasten für die Unternehmen – das ist sehr wichtig –, und es gibt – und das möchte ich jetzt für alle sogenannten genderwütigen in diesem Raum beziehungsweise für jene Leute, die dem Gendergedankengut sehr verhaftet sind, einbringen – auch kei­nerlei geschlechtsspezifische Auswirkungen durch diesen Senat. Das heißt, ein Abge­ordneter, der für die Umwelt steht, ein Abgeordneter, der in diesem System einfach für unsere Zukunft arbeiten will, muss diesem Gesetz zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

14.54


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Brunner. Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


14.54.36

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Es ist schon angesprochen worden: Der Umwelt­senat ist die zweite Prüfinstanz beim Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren. Und der Umweltsenat ist die Instanz in Österreich, die Umweltinteressen und BürgerInnen- und AnrainerInneninteressen auch wirklich unabhängig prüft.

Wenn wir dieses Gesetz heute nicht beschlössen, würde das bedeuten, dass der Um­weltsenat mit Ende dieses Jahres ausliefe, wegfiele, und das wäre eine Katastrophe für die österreichische Umweltpolitik. Wir werden daher zustimmen – dem Abände­rungsantrag aber nicht, da dieser erst vor Kurzem gekommen ist und wir daher die Vor­gangsweise kritisieren.

Ich habe schon erwähnt, Österreich hat kein eigenständiges Umweltministerium. Die erste Instanz im Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren sind die Landesregierungen, und wie unabhängig die entscheiden, das erleben wir ja, zum Beispiel bei den vielen Bürgerinitiativen. Da gibt es oft Naheverhältnisse zu Projektwerbern, zu Industriellen, und die Entscheidungen laufen dort alles andere als unabhängig ab. Daher brauchen wir unbedingt eine unabhängige Prüfinstanz im UVP-Verfahren. (Beifall bei den Grünen.)

Die Umweltverträglichkeitsprüfung selbst heißt Umweltverträglichkeitsprüfung, ist aber so ausgestattet, dass die Wirtschaft ganz eindeutig im Vorteil ist. Wir erleben es in Ös­terreich: Es gibt einen Wildwuchs von Müllverbrennungsanlagen, obwohl wir gar nicht alle brauchen.

Es wird in der Steiermark in Voitsberg ein Kohlekraftwerk gebaut (Abg. Grosz: Das gibt es schon!), noch einmal in Betrieb genommen – in einem Feinstaubsanierungsgebiet, sodass unsere ohnehin desaströse Klimabilanz weiter verschlechtert wird! Da brau­chen wir eine unabhängige Behörde, die solche Projekte genau prüft. (Beifall bei den Grünen. Abg. Grosz: Vom Herrn Hirschmann von der ÖVP! ... ÖDK! Der macht das jetzt!)


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So, wie das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz jetzt gestaltet ist, ist nicht nur die Umwelt gegenüber der Wirtschaft benachteiligt, sondern es sind überhaupt Umwelt­interessen, AnrainerInnen, BürgerInneninitiativen und NGOs benachteiligt, wenn es da­rum geht, ihre Rechte auch in den Verfahren geltend zu machen. Der Umweltsenat ist oft die einzige Hoffnung für diese Menschen, dass dort ihre Interessen auch wirklich wahrgenommen und tatsächlich ernsthaft geprüft werden.

Daher brauchen wir diesen Umweltsenat unbedingt. Er darf nicht auslaufen und muss verlängert beziehungsweise endlich auf Dauer in Österreich gesichert werden.

Für österreichische Umweltpolitik, für mehr Umweltschutz in Österreich muss der Um­weltsenat dauerhaft eingerichtet und muss das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz insgesamt verbessert werden. Ich möchte mich noch einmal wiederholen: Österreich braucht auch unbedingt ein eigenständiges, starkes und engagiertes Umweltministe­rium. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.57


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Bevor ich jetzt dem Herrn Bundesminister das Wort erteile, mache ich ausdrücklich darauf aufmerksam, dass wir diese Debatte um 15 Uhr zum Aufruf der Dringlichen Anfrage unterbrechen werden. – Bitte.

 


14.57.57

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Herr Präsident! Hohes Haus! Herzlichen Dank für Ih­re Beiträge und dafür, dass fast alle Fraktionen der Novelle dieses Gesetzes zustim­men. Wenn Sie vom BZÖ das nicht tun und das benutzen, um die Diskussion betref­fend den Untersuchungsausschuss damit zu verquicken, dann sei Ihnen das unbenom­men, es ist jedoch schade, weil sich der Umweltsenat in der Sache – das haben viele Redner und Rednerinnen erwähnt – bewährt hat, nämlich als ein Gremium, das wei­sungsfrei ist, das einen richterlichen Einschlag hat und das hohes Ansehen genießt – und das schon seit 15 Jahren.

Ich möchte daran erinnern, dass die Debatte darüber ja nicht einfach war, als das Um­weltverträglichkeitsprüfungsgesetz 1993 beschlossen wurde, widersprüchliche Inter­essen unter einen Hut gebracht wurden und dabei begleitend der Umweltsenat einge­führt wurde.

Wir feiern heuer 15 Jahre Umweltsenat und haben vor Kurzem im Rahmen einer Feier­stunde dieser Einrichtung gedacht, die sich bewährt hat, weil sie eben 25 Verfahren im Jahr abwickelt und es gelingt, die verschiedensten Interessen, die es seitens der Wirt­schaft, aber eben auch seitens der Bürger, der Bürgerinitiativen oder auch der Länder und der Gemeinden gibt, unter einen Hut zu bringen. Der Umweltsenat ist eine Instanz, die hohes Ansehen genießt, und das sollte auch in Zukunft so sein. Daher ist es wich­tig, dass wir aus Gründen der Rechtssicherheit den Umweltsenat verlängern. Zweimal ist es ja bereits geschehen, das dritte Mal erfolgt eben jetzt, um eine begleitende Kon­trolle zu haben und dem Umweltschutz zum Durchbruch zu verhelfen.

Ich möchte in diesem Zusammenhang erwähnen, dass die Novelle des Umweltverträg­lichkeitsprüfungsgesetzes wichtig war, mit der wir den Versuch unternommen haben, ökologische Interessen mit ökonomischen Interessen zu vereinen. Das ist gelungen, weil wir einerseits nicht nur beispielsweise bei der Wasserkraft, sondern auch bei an­deren Infrastruktureinrichtungen Fortschritt brauchen, aber andererseits unser hohes Niveau im Bereich des Umweltschutzes, des Wasserschutzes und der Bürgerrechte wahren wollen.

Die UVP-Gesetz-Novelle war notwendig, die Verlängerung des Umweltsenats eben­falls, weil sich hier eines ins andere fügt und weil es wichtig ist, hier die Kontinuität zu wahren.


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Zur Diskussion von vorhin und auch zur Diskussion um die Standpunkte Österreichs in Kopenhagen: In 18 Tagen beginnt die UNO-Weltklimakonferenz. Klar ist, dass für Ös­terreich die Kernenergie keine Option ist – auch keine Option in die Richtung, damit Kli­maschutzziele zu erreichen, wiewohl beispielsweise Frankreich sehr stark davon profi­tiert, und zwar gerade jetzt beim Erreichen der Kyoto-Ziele, weil Frankreich sehr stark auf Kernenergie setzt. Für uns bleibt jedoch die friedliche Nutzung der Kernenergie auch weiterhin keine Option. Klar ist auch, dass wir als Europäische Union gemeinsam auftreten, um in Kopenhagen ein erfolgreiches Klimaschutzabkommen zu erzielen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

15.00


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich unterbreche nunmehr die Verhandlung über den Punkt 12 der Tagesordnung, damit die verlangte Behandlung einer Dringlichen Anfrage gemäß der Geschäftsordnung um 15 Uhr stattfinden kann.

15.00.59Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend das völlige Versagen Faymanns in der aktuellen EU-Politik (3733/J)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 3733/J.

Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich dessen Verle­sung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

In den letzten Wochen haben mehrere Entscheidungen des Bundeskanzlers in Sachen EU-Politik für Aufsehen im negativen Sinne gesorgt. Angefangen bei der Frage des ös­terreichischen Mitglieds der EU-Kommission, ebenso wie in Sachen Vertrag von Lissa­bon bis hin zu der – finanziell für Österreich wichtigen – Frage der EU-Steuern, lässt Bundeskanzler Werner Faymann derzeit keine Gelegenheit aus seine Überforderung unter Beweis zu stellen.

So ist mit der Nominierung von Johannes Hahn durch die Bundesregierung für den ös­terreichischen Kommissionsposten ein monatelanges Hickhack in der rot-schwarzen Koalition mit einem Kompromiss zu Ende gegangen. Ein Kompromiss, der nichts Gutes zu verheißen mag, zumal Hahn als Wissenschaftsminister als gescheitert zu betrach­ten ist, sieht man sich die derzeitige Situation auf den österreichischen Universitäten an. Die Richtigkeit der Forderung der Opposition, v.a. der FPÖ, die Besetzung der Kommission zu objektivieren, wurde durch diese Vorgänge unterstrichen.

Selbst in der ÖVP wird die Entscheidungsfindung durch SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann und seinen ÖVP-Vizekanzler Josef Pröll, sowie das Auftreten von Johannes Hahn als „nicht optimal“ bezeichnet (Ex-ÖVP-Vizekanzler Erhard Busek). Man ist der Meinung, dass man sich vor dem interkoalitionärem Streit über Personen überlegen hätte müssen, welche Bereiche für Österreich wichtig sind. So droht jetzt die Gefahr, dass Österreich eines der kleinen Ressorts zufällt, wie beispielsweise das Bildungs­ressort. Die Berufung von Hahn zum EU-Kommissar dürfte also eine nachhaltige Be­schädigung österreichischer Interessen zur Folge haben, zumal anderen Österrei­chern, wie zum Beispiel Wilhelm Molterer, Wolfgang Schüssel oder Alfred Gusenbauer deutlich bessere Chancen auf deutlich wichtigere Funktionen zugeschrieben werden.

Negativ aufgefallen ist auch das Schweigen des Kanzlers zur Frage der Einführung einer eigenen EU-Steuer. Anfang November berichtete die „Frankfurter Allgemeine Zei­tung“, die Kommission schlage vor, der EU direkte, eigene Einnahmen zu verschaffen, sprich: eine eigene Steuer einzuführen, die direkt an Brüssel geht. Ein adäquater Bei-


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trag des Bundeskanzlers, der deutlich erkennen ließe, dass Steuererhöhungen den Österreicherinnen und Österreichern nicht mehr zumutbar sind ist ebenso ausgeblie­ben wie eine Klarstellung, dass eine solche EU-Steuer – vor dem Hintergrund der Net­tozahlereigenschaft Österreichs – generell nicht in Frage kommen darf.

Wohl als schwerwiegendstes Unvermögen aber ist der Kurs des Kanzlers in Sachen Vertrag von Lissabon zu bezeichnen. Nachdem die SPÖ gemeinsam mit der ÖVP in Österreich eine Volksabstimmung über dessen Ratifizierung verhindert hat, und der Vertrag zwischenzeitlich in Irland gescheitert ist, sahen die Staats- und Regierungs­chefs der Mitgliedstaaten der Europäischen Union – unter ihnen eben auch der öster­reichische SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann – den Reformprozess als nicht been­det an und waren bemüht, den Vertrag von Lissabon trotz der Ablehnung durch die Iren durchzusetzen, was zumindest insofern gelungen ist, als dass die Iren bekanntlich in einem neuerlichen Volksentscheid am 2. Oktober 2009, unter massivem Druck durch das EU-Establishment, einer EU-Propaganda-Show der Sonderklasse und nach ver­schiedenen Zugeständnissen, doch mehrheitlich mit „Ja“ für den Vertrag von Lissabon votierten.

Doch war das für das Vertragswerk nicht die letzte Hürde, behielt sich doch der tsche­chische Präsident Vaclav Klaus vor, den Vertrag mit seiner Unterschrift auch für die Republik Tschechien endgültig zu ratifizieren. Das lag zum einen daran, dass in Tsche­chien erst am 3. November 2009 über die weitere Behandlung einer Klage gegen den Vertrag von Lissabon entschieden wurde, zum anderen daran, dass Klaus das Ver­tragswerk grundlegend für „nicht gut“ hält, zumal die tschechischen Benes-Dekrete durch ein Inkrafttreten des Vertrages Lissabon gefährdet erschienen und Restitutions­forderungen von Vertriebenen drohten. Daher forderte der tschechische Präsident eine Garantieerklärung, bzw. Sonderklausel für die Republik Tschechien, die die Erhaltung der Benes-Dekrete gewährleistet.

Die Benes-Dekrete, mit denen nach Kriegsende Millionen Sudetendeutsche, aber auch Hunderttausende Ungarn in der damaligen Tschechoslowakei enteignet, entrechtet und vertrieben worden waren, sind und bleiben aber ein Unrecht, welches unabhängig vom Vertrag von Lissabon aufgearbeitet und wieder gut gemacht werden muss.

Mittlerweile wurde der Vertrag von Lissabon vom tschechischen Präsidenten Vaclav Klaus unterschrieben. Einerseits, weil am 3. November 2009 eine Klage gegen den Vertrag in Tschechien abgewiesen wurde, andererseits, weil der Europäische Rat (bei dem Österreich von SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann und ÖVP-Außenminister Michael Spindelegger vertreten wird) der Republik Tschechien eine Ausnahmeklausel für die Grundrechtecharta garantiert hat, die indirekt die Benes-Dekrete sanktioniert. Damit wird der Vertrag von Lissabon wohl am 1. Dezember 2009 in Kraft treten.

Das hat doppelte Brisanz, weil SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann und ÖVP-Außenminister Michael Spindelegger im Vorfeld des Europäischen Rates – im Rahmen des EU-Hauptausschusses – zusagten, dass aus ihrer Sicht eine Änderung des vorlie­genden Vertragstextes und ein neuer Ratifizierungsprozess auszuschließen sind und eine Sanktionierung der Benes-Dekrete für Österreich eine unüberwindbare Hürde dar­stellt.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundes­kanzler daher folgende

Dringliche Anfrage

1) Ist es richtig, dass Sie der ÖVP das Recht zur Nominierung eines, von Österreich vorzuschlagenden EU-Kommissars im Tausch für den Zugriff auf den ORF-Chef zuge­sagt haben?


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2) Warum ist für Sie ausgerechnet Johannes Hahn die derzeit bestqualifizierte Person für das österreichische Mitglied in der EU-Kommission?

3) Warum ist für Sie Wilhelm Molterer als EU-Kommissar weniger geeignet als Johan­nes Hahn, zumal Hahns Versagen als Wissenschaftsminister gerade in den Tagen sei­ner Nominierung offenkundig wurde?

4) Wurde durch die Nominierung Hahns die Chance eines Kommissars aus Österreich auf ein wichtiges Ressort, wie z.B. das Landwirtschaftressort, leichtfertig von Ihnen ver­spielt, wie von EU- Insidern behauptet wird?

5) Ist es richtig, dass EU-Kommissions-Präsident José Emanuel Barroso Österreich das Agrarressort zugesichert, bzw. sehr konkret in Aussicht gestellt hat?

6) Warum wurde, insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen Milchbauernkrise, das Angebot José Emanuel Barrosos ausgeschlagen und nicht Wilhelm Molterer – auf Grund seiner unbestrittenen Qualifikation im Landwirtschaftsbereich – nominiert?

7) Können Sie dezidiert ausschließen, dass Johannes Hahn „Ihr Mann für Brüssel“ nur deshalb ist, weil Sie der Wiener ÖVP vor der Wiener Landtagswahl eine Obmann-De­batte aufbürden wollten?

8) Wurde bereits über mögliche Ressorts für das österreichische Mitglied der EU-Kom­mission auf europäischer Ebene verhandelt?

9) Welchen Inhalt genau hatten Verhandlungen über das österreichische Ressort in der EU-Kommission?

10) Ist es richtig, dass – wie das Wochenmagazin „profil“ 47/2009 berichtete – Ihnen das Ressort für Regionalförderung „nicht besonders erstrebenswert“ erscheint?

11) Ist es richtig, dass Sie hinsichtlich der zwei neu zu besetzenden Spitzenpositionen, nämlich jener des EU-Ratspräsidenten und jener des Hohen Beauftragten für die ge­meinsame Außen- und Sicherheitspolitik, die Namen Wolfgang Schüssel und Alfred Gusenbauer „nur in Österreich gehört“ haben?

12) Was haben Sie konkret unternommen, um eine dieser beiden Spitzenpositionen einem Kandidaten aus Österreich zu ermöglichen?

13) Wie beurteilen Sie den Umstand, dass Alfred Gusenbauer von der Financial Times ebenso intakte Chancen auf die Funktion des Hohen Beauftragten eingeräumt werden wie von der Sprecherin des SPE–Chefs, Poul Nyrup Rasmussen, Silke Thomson und der Sprecherin von Javier Solana, Cristina Gallach?

14) Warum fällt es Ihnen so schwer, andere österreichische Politiker auf europäischer Ebene zu unterstützen?

15) Welcher Ihrer Termine war wichtiger, als die Anwesenheit bei der Eröffnung des Europahauses in Wien?

16) Wie ist der Verhandlungsstand in Sachen EU-Steuern?

17) Welche Arten von EU-Steuern sollten – Ihrer Meinung nach – eingeführt werden?

18) Gibt es eine Garantie, dass EU-Steuern Österreichs Nettobeitrag zur Europäischen Union deutlich senken würden?

19) Können Sie ausschließen, dass es – im Falle der Einführung einer EU-Steuer – zu einer Mehrbelastung für die österreichischen Steuerzahler kommt?

20) Sind Sie für die Vereinheitlichung der Umsatzsteuer auf europäischer Ebene?

21) Sind Sie dafür, dass der EU das Besteuerungsrecht übertragen wird?


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22) Sind Sie für die Einführung einer europaweiten Transaktionssteuer?

23) Wie soll nach Ihrer Meinung diese Transaktionssteuer ausgestaltet werden?

24) Wann wird der Vertrag von Lissabon genau in Kraft treten?

25) Warum haben Sie zusätzlichen Protokollen und Zugeständnissen – also Änderun­gen des Vertrages von Lissabon – für andere EU-Mitgliedsstaaten zugestimmt, und da­bei die Chance verpasst, im Zuge einer neuerlichen Ratifizierung Ihr Versprechen ein­zulösen, eine Volksabstimmung in Österreich über grundlegende EU-Verträge durch­zuführen?

26) Wie stehen Sie zu der Frage des Beitrittes der Türkei zur Europäischen Union und einer Volksabstimmung in Österreich zu dieser Frage?

27) Warum haben Sie am Europäischen Rat vom 29. und 30. Oktober 2009 einer Aus­nahmeregelung in Sachen Grundrechtecharta für Tschechien zugestimmt – im Wissen, dass es dabei um eine indirekte Sanktionierung der menschenverachtenden Benes-Dekrete geht?

28) Wie rechtfertigen Sie diese Zustimmung im Lichte des Versprechens ihres Außen­ministers Michael Spindelegger und Ihrer eigenen Person, dass es bei den Benes-De­kreten keine Zugeständnisse an Tschechien geben darf?

29) Wie genau sieht die Ausnahmeregelung in Sachen Grundrechtecharta aus?

30) Welche Möglichkeiten werden die Opfer der tschechischen Vertreibungsverbre­chen nach Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon haben, um eine Wiedergutma­chung des erlittenen Unrechtes zu erhalten?

31) Werden Sie sich für eine solche Wiedergutmachung einsetzen?

32) Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die Benes-Dekrete abgeschafft werden?

In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage im Sinne des § 93 Abs. 2 GOG dring­lich zu behandeln und dem Erstanfragesteller die Gelegenheit zur mündlichen Begrün­dung zu geben.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Strache als erstem Fragesteller zur Begründung der Anfrage, die gemäß § 93 Abs. 5 der Geschäftsord­nung 20 Minuten nicht überschreiten darf, das Wort. – Bitte.

 


15.01.28

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Leere Regierungsbank! Ich frage mich, wo der Herr Bundeskanzler heute ist. (Abg. Ing. Wes­tenthaler: Vielleicht kann ihn jemand herzitieren!) Wahrscheinlich hat er verschlafen, wie das auch in EU-Fragen schon öfters vorgekommen ist. Aber wenn man sich die ... (Bun­deskanzler Faymann – den Sitzungssaal betretend –: Hier!) Ah, Sie sind da! Sie haben es doch noch geschafft. Na, ich freue mich. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Wenn man sich die unerträgliche und unsägliche Vorstellung vor Augen führt, die die Bundesregierung – vor allen Dingen der verantwortliche Bundeskanzler – in den letzten Wochen und Monaten zu verschiedensten Bereichen und EU-Themen gegeben hat, dann kann man eigentlich nur mehr an folgenden Satz von Friedrich Schiller, dessen 250. Geburtstag vor Kurzem gefeiert wurde, denken, der da lautet: „Da wendet sich der Gast mit Grausen.“


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Dieser Satz fällt einem ein, wenn man die Politik betrachtet, die Sie zu EU-Themen be­treiben. Gerade Sie, Herr Bundeskanzler Werner Faymann, haben in Bezug auf Fra­gen der Europäischen Union einige Böcke abgeschossen und gehöriges Aufsehen – im negativen Sinn – erregt.

Allein mit der Art und Weise, wie man in den letzten Wochen und Monaten die Frage der Besetzung des EU-Kommissars diskutiert hat und wie man da vorgegangen ist, hat man sich in der Öffentlichkeit lächerlich gemacht, und zwar über Landesgrenzen hinaus.

Was den Vertrag von Lissabon und die angedachten EU-Steuern betrifft, vermissen wir eine klare Position von Ihnen: dass wir nämlich keine neuen Steuern wollen, schon gar nicht eine EU-weite Steuer für unser Land! (Beifall bei der FPÖ.)

Da sind Sie, Herr Bundeskanzler, wahrscheinlich überfordert, denke ich, und werden keine Gelegenheit auslassen, die österreichischen Interessen nicht zu vertreten, wobei man sich natürlich schon die Frage stellen muss: Ist es Überforderung, ist es Böswillig­keit oder ist es bloß reine Gleichgültigkeit, die Sie in diesen Fragen an den Tag legen? Deshalb haben wir heute diese Dringliche Anfrage an Sie gerichtet, weil wir ein paar Fragen geklärt haben wollen.

Wir wollen absurde, fragwürdige Entscheidungen geklärt wissen, die in den vergangen Wochen zustande gekommen sind. Wir möchten auch wissen, was Sie eigentlich mehr interessiert: Parteipolitik und parteipolitische Anliegen oder ein starker rot-weiß-roter Auftritt Österreichs innerhalb der Europäischen Union.

Schauen wir uns einmal das ganze Theater um die Nominierung des österreichischen EU-Kommissars an, die Art und Weise, wie das von österreichischer Seite beschlossen wurde!

Da hat es ein monatelanges Hickhack, ein parteipolitisches Gezänk zwischen ÖVP und SPÖ gegeben. Damit haben wir uns auch international lächerlich gemacht. Und das Er­gebnis dieses absurden Theaters war, dass jetzt als österreichischer Kommissar Wis­senschaftsminister Hahn entsendet werden soll, jener Mann, der im wissenschaftspoli­tischen Bereich, aber auch als ÖVP-Landesparteiobmann Wiens eigentlich nicht unbe­dingt erfolgreich war. Also man hat den Eindruck, dass das eine Notlösung gewesen ist. Dabei hätte es durchaus andere Möglichkeiten, andere Lösungen gegeben. Da zeigt sich einmal mehr, dass unsere Forderung durchaus berechtigt war, auch in dieser Frage ein objektives Verfahren durchzuführen, im Rahmen dessen wir zuerst debat­tieren, welche Positionen wir besetzen können – es sind ja durchaus hohe EU-Positionen im Gespräch gewesen, ja, sind nach wie vor im Gespräch –, und erst dann darüber entscheiden, welche Personen dafür die geeignetsten wären. (Beifall bei der FPÖ.)

Dieser unserer Forderung ist man leider nicht nachgekommen. Selbst Ihr Koalitions­partner, die Österreichische Volkspartei, hat hinter vorgehaltener Hand kundgetan – aber auch in der Öffentlichkeit ist es durchgedrungen –, dass die Entscheidungsfin­dung nicht wirklich optimal gelaufen ist. Man hat den Eindruck, dass Sie, Herr Bundes­kanzler, da ganz bewusst aus parteipolitischem Kalkül versucht haben, der ÖVP ein Haxl zu stellen, denn es wurde eigentlich die Vereinbarung getroffen, dass die ÖVP den Kommissar bestimmt, sie aber dafür im ORF fuhrwerken können, wie Sie wollen. Offenbar funktionierte diese Vereinbarung nicht ganz. Das ist der Hintergrund, warum man jetzt versucht, sich gegenseitig ein Haxl zu stellen.

Unsere Hauptkritikpunkte sind der innerkoalitionäre Streit über Personen, wobei man leider nicht vorher überlegt hat, welche Funktionen man in der EU erreichen kann, und erst dann entschieden hat, welche Personen dafür in Frage kommen. Das Resultat dieser Ihrer Vorgangsweise ist jetzt, dass wir Gefahr laufen, ein unbedeutendes Res-


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sort, ein Miniressort – man kann auch „Micky-Maus-Ressort“ dazu sagen – in der Euro­päischen Union zu erhalten, obwohl ganz andere Möglichkeiten bestanden haben, nämlich unter anderem die Möglichkeit, dass wir sehr wohl ... (Abg. Grosz: Ich kriege ein Ressort – ein Miniressort!) Es ist ja schön, wenn man so einen Spitznamen hat; da kann man wirklich „stolz“ sein, gell?!

Es sind ja auch andere Personen in der Europäischen Union genannt worden, wie et­wa der ehemalige Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, aber auch der ehemalige Bun­deskanzler Gusenbauer. Es sind auch durchaus interessante Positionen im Gespräch, nämlich die des EU-Ratspräsidenten oder die des Hohen Beauftragten für die Gemein­same Außen- und Sicherheitspolitik. Das sind also durchaus sehr interessante Berei­che, und da sollte der Bundeskanzler eigentlich keine parteipolitischen Interessen ver­folgen, sondern solch hohe Funktionen in der Europäischen Union anstreben und über Parteigrenzen hinweg die Entscheidung fällen, welche Persönlichkeiten diese Positionen am besten ausfüllen können.

Selbst wenn diese beiden Positionen nicht in Frage kämen, wäre vielleicht noch das Landwirtschaftsressort zu bekommen, wofür sicherlich der ehemalige Vizekanzler Mol­terer geeignet wäre. Das ist keine Frage! Das hätte man auch überlegen können.

Aber nach der Vorgangsweise zu schließen, die Sie, Herr Bundeskanzler, gewählt ha­ben, haben Sie Interesse daran, allen ein Haxl zu stellen – bis hin zu Ihrem ehemaligen Parteifreund Gusenbauer, den Sie als Parteivorsitzenden demontiert haben. Das ist ein sehr trauriger Umstand, wie Sie da vorgegangen sind. (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist aber auch traurig, wie Sie jetzt vorgehen, denn Sie sagen, dass Sie die Vorschlä­ge nur in Österreich gehört hätten, dass diese nur in Österreich zur Debatte gestanden seien. Das verwundert, denn sogar in der „Financial Times“ hat es Berichte gegeben, wonach sehr wohl intakte Chancen für die Funktion des Hohen Beauftragen bestehen würden. Sogar die Sprecherin von SPE-Chef Rasmussen, Frau Thomson, und die Sprecherin von Javier Solana, Frau Christina Gallach, haben das bestätigt. Also nicht nur in Österreich wurden diese Vorschläge diskutiert, sondern weit über die österrei­chischen Grenzen hinaus. Das zeigt, dass Sie das bewusst herunterzuspielen ver­suchen, weil Sie persönliche Interessen verfolgen – und nicht österreichische Inter­essen!

Das alles ist sehr bezeichnend für Ihr gesamtes Politikverständnis, denn als Bundes­kanzler sollte man in solchen Fragen über parteipolitische Grenzen hinweg entschei­den. Sie aber betreiben hier leider parteipolitische Agitation – und nehmen nicht die Vertretung der Interessen Österreichs wahr, indem Sie die Chancen nützen, die vor­handen sind und die in aller Öffentlichkeit diskutiert werden.

Ich möchte heute von Ihnen auch eine klare Antwort auf die Frage, ob es richtig ist, dass Sie der ÖVP das Recht auf die Nominierung eines von Österreich vorzuschlagen­den EU-Kommissars im Tausch für den Zugriff auf den ORF-Generaldirektor gegeben haben. Das alles sind nämlich Themenbereiche, die sehr offen in der österreichischen Medienlandschaft diskutiert wurden, und es wäre besonders verantwortungslos und in­akzeptabel, wenn man mit der Mitgestaltung innerhalb der Europäischen Union so um­gehen würde, dass man solch einen Deal macht.

Was das Mitgestalten in einer modernen Europäischen Union betrifft, haben Sie, Herr Faymann, Ihre Lektion auch in puncto demokratischer Mitbestimmung der österreichi­schen Bevölkerung noch lange nicht gelernt. Ich meine damit, dass Sie den Österrei­chern – und ich spreche hier von Arroganz – bis dato eine Volksabstimmung über den EU-Verfassungsvertrag, über den Vertrag von Lissabon verweigern. Wir haben hier in diesem Hohen Haus insgesamt sieben Anträge auf eine verbindliche Volksabstimmung in Österreich eingebracht. Leider sind all diese sieben Anträge von allen anderen Frak­tionen dieses Hauses abgelehnt worden, was ein sehr trauriger Umstand war.


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Sie haben in der Frage der Volksabstimmung Ihr Wort gegeben, Herr Bundeskanzler! Sie haben sogar einen offenen Brief an die größte Tageszeitung Österreichs gesandt, und zwar vor einer großen Wahlentscheidung, und in diesem Brief haben Sie den Ös­terreichern versprochen, dass diese Volksabstimmung stattfinden wird, sollte es zu Än­derungen des Vertrages von Lissabon kommen. (Abg. Kickl – in Richtung Bundes­kanzler Faymann –: Nicht lachen!) Klar, da kommt wieder die „Bundeskanzler-Grinse­katze“ hinter mir. Ich habe das Lachen auch gehört, ich muss es nicht unbedingt se­hen. Aber das Lachen wird Ihnen noch vergehen, wenn Sie Versprechungen, die Sie machen, nicht einhalten, Herr Bundeskanzler. Das kann ich Ihnen von diesem Pult aus versichern.

Natürlich hat sich am Vertrag von Lissabon etwas verändert. Mittlerweile wurde der Vertrag von Lissabon vom tschechischen Präsidenten Vaclav Klaus unterschrieben, und zwar einerseits deshalb, weil am 3. November 2009 die Klage gegen den Vertrag in Tschechien abgewiesen wurde, und andererseits deswegen, weil der Europäische Rat der Republik Tschechien eine Ausnahmeklausel für die Grundrechtecharta garan­tiert hat, die indirekt die Beneš-Dekrete sanktioniert. Und das ist ja genau der Skandal, um den es geht!

Im Hauptausschuss haben alle Regierungsvertreter, vom Bundeskanzler bis zum Außenminister, noch gesagt, das werden Sie nicht zulassen, da darf es zu keinen Ver­änderungen kommen. Und dann haben Sie in dieser wichtigen Frage geschlafen bezie­hungsweise wieder beide Augen – und auch die Hühneraugen – zugedrückt.

Das ist wirklich eine Sauerei, denn da geht es um menschenrechtswidrige Dekrete, die abgeschafft gehören! Da erwarte ich von Ihnen, dass Sie endlich einmal wirklich auf den Tisch hauen, anstatt nur zuzusehen. (Beifall bei der FPÖ.)

Genau aufgrund einer so ungeheuerlichen Vorgangsweise stehen wir heute vor der Si­tuation, dass der Vertrag von Lissabon am 1. Dezember 2009 in Kraft treten soll. Wir haben allerdings eine Verfassungsklage für den Fall vorbereitet, dass dies wirklich ein­tritt.

Die Beneš-Dekrete, mit denen nach Kriegsende 3,5 Millionen Sudetendeutsche vertrie­ben, enteignet und entrechtet und Hunderttausende ermordet worden sind – auch hun­derttausende Ungarn waren davon betroffen –, sind und bleiben ein himmelschreien­des Unrecht, und da kann man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, sondern da muss man – auch unabhängig vom Vertrag von Lissabon – endlich dafür Sorge tragen, dass dieses Unrecht aufgearbeitet wird, wieder gutgemacht wird. Solche menschen­rechtswidrigen und verbrecherischen Bestimmungen wie die Beneš-Dekrete haben in einer Europäischen Union nichts verloren, denn das würde Verbrechen gegen die Menschlichkeit rechtfertigen – und das kann es nicht sein! (Beifall bei der FPÖ.)

Daher erwarte ich mir von Ihnen andere Verhaltensmuster als die, die Sie jetzt wieder an den Tag gelegt haben.

Ich darf Sie noch einmal daran erinnern, dass wir im Vorfeld des Europäischen Rates, im EU-Hauptausschuss darüber gesprochen und Sie in dessen Rahmen zugesagt ha­ben, dass aus Ihrer Sicht eine Änderung des vorliegenden Vertragstextes auszuschlie­ßen ist und eine Sanktionierung der Beneš-Dekrete für Österreich eine unüberwindba­re Hürde darstellt.

Genau das waren Ihre Worte! Aber auf einmal wollen Sie von all dem nichts mehr wis­sen? Das sind die Versprechen, die diese Bundesregierung macht? Und wenn dann das eintritt, was man angenommen hat, dann geht man ganz einfach zur Tagesord­nung über und tut so, als hätte man nie etwas zugesagt beziehungsweise versprochen.

Das ist nicht die Art, wie man Politik machen sollte! Wenn Sie etwas zusagen, dann erwarten die Bürger, dass Sie dazu auch stehen und das auch konsequent weiterver-


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folgen. Das ist aber bei Ihnen leider nicht der Fall. Da frage ich mich schon, ob Sie sich da überhaupt noch in den Spiegel schauen können, wenn Sie so vorgehen. (Beifall bei der FPÖ.)

Werden Sie diesbezüglich noch irgendetwas unternehmen, Herr Bundeskanzler? Wel­che Möglichkeiten werden die Opfer der tschechischen Vertreibungsverbrechen nach Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon haben, um eine Wiedergutmachung des erlit­tenen Unrechts zu erhalten? Oder sind Ihnen diese Menschen wirklich gleichgültig?

Ich will von Ihnen heute eine klare Antwort haben, ob Sie sich für die Abschaffung die­ser menschenrechtswidrigen und verbrecherischen Beneš-Dekrete wirklich einsetzen werden – und eben nicht einfach zur Tagesordnung übergehen werden.

Ein weiterer Punkt, von dem es unserer Auffassung nach wichtig ist, dass er beleuchtet wird, weil er sehr bedenklich stimmt und äußerst negativ aufgefallen ist, ist Ihr Schwei­gen, Herr Bundeskanzler, zur aktuellen Frage der Einführung von EU-weiten Steuern, über die derzeit debattiert wird.

Anfang November berichtete die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ bereits darüber. Da hieß es: Die Kommission schlägt vor, der EU direkte eigene Einnahmen zu verschaf­fen, sprich: eine eigene EU-Steuer einzuführen, die direkt an Brüssel gehen soll.

Ich frage Sie, Herr Bundeskanzler: Wie ist Ihre Position dazu? Wir sind Nettozahler. Wir zahlen an die Europäischen Union jährlich Milliarden an Nettobeiträgen. Wir wollen nicht zusätzlich auch noch EU-Steuern abführen müssen. (Abg. Amon: Wie viel ist denn das genau?) Da muss man doch endlich einmal darüber nachdenken und sehen, dass wir selbst genügend Probleme im eigenen Land haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Bezüglich dieser EU-Nettobeiträge, dieser Milliarden, die da von Österreich nach Brüs­sel fließen und irgendwo in dunklen Kanälen versickern, sollten wir doch darüber nach­denken, zumindest eine 50-prozentige Reduzierung durchzusetzen (Beifall bei der FPÖ), und nicht einfach nach dem Motto vorgehen: Darf es ein bisschen mehr sein? Die österreichischen Steuerzahler kann man ohnehin ausnehmen und aussackeln, die sind schon bereit, dass wir sie belasten!

Das ist Ihr Denken! Unser Denken ist das nicht. Ich denke, dass eine Reduktion der Nettobeiträge notwendig wäre, weil wir bei der Arbeitslosigkeit, die in der letzen Zeit dramatisch angestiegen ist, und bei den sozialen Problemen, die wir haben, jeden Cent im eigenen Land brauchen und nicht noch über zusätzliche EU-weite Steuern nach­denken sollten. Das ist sicherlich der falsche Weg! (Beifall bei der FPÖ.)

Wir verlangen heute von Ihnen auf diese Frage eine klare Antwort – kein Herumge­rede, man werde vielleicht einmal überlegen und einen Arbeitskreis gründen, so nach dem Motto: Wenn man nicht mehr weiterweiß, gründet man einen Arbeitskreis. – Das sind ja immer die Botschaften, die wir von Ihnen vernehmen.

Wir wollen heute von Ihnen eine konkrete Antwort auf die Frage, wie der Verhand­lungsstand in Sachen EU-weite Steuer derzeit aussieht. Von der Freiheitlichen Partei kommt dazu jedenfalls ein klares Nein. Ich verlange von der österreichischen Bundes­regierung die gleiche Positionierung, in der man diesen EU-Plänen eine deutliche Ab­sage erteilt. Allerdings ist zu befürchten, dass Sie auch diesbezüglich wieder eine an­dere Position einnehmen. Ich habe bisher noch nie erlebt, dass diese Bundesregierung einmal anders gehandelt hätte, als von der EU-Zentrale vorgegeben wurde. Da sind wir immer absolute Musterschüler, da kann man mit uns machen, was man will. Es kann der größte Unsinn sein, wir hoppeln immer sofort hinterher. Und das ist genau die Vor­gangsweise, wie man es nicht machen sollte.

Ich glaube, die österreichische Bevölkerung hat ein Recht darauf, dass Sie mit mehr Selbstbewusstsein in all diesen Fragen auftreten und die rot-weiß-roten Interessen in den Vordergrund stellen. Das sollte die Aufgabe der Bundesregierung sein!


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Ich fordere deshalb von Ihnen, Herr Bundeskanzler Werner Faymann, aber natürlich genauso auch vom Vizekanzler Josef Faymann dazu eine unverzügliche Stellungnah­me. (Abg. Grosz: Pröll!) Ah, Pröll! Jetzt haben wir schon eine Doppelbesetzung, gell? Im Grunde genommen muss man es ja umdrehen: Der heimliche Bundeskanzler heißt ja eigentlich Josef Pröll, muss man sagen. (Abg. Grosz: „Werner Pröll“!) „Werner Pröll“ wahrscheinlich, ja. Aber der Vizekanzler Josef Pröll ist eigentlich heute der heimliche Bundeskanzler, wenn man seine Aktivitäten betrachtet. Bei der Art und Weise, wie er Politik in der Öffentlichkeit darstellt und kommuniziert, hat man eigentlich den Eindruck, dass Sie, Herr Faymann, eigentlich gar nicht mehr Bundeskanzler sind.

In den kommenden Jahren wird Österreich – weil das vorhin vonseiten der ÖVP ge­fragt wurde – durchschnittlich 0,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes netto nach Brüs­sel abliefern müssen. Der geschätzte Nettobeitrag in den Jahren 2007 bis 2013 beträgt 6,02 Milliarden €. Weil Sie es genau wissen wollten, rechne ich es um: In alter Wäh­rung sind das 83 Milliarden Schilling. Na, gute Nacht! 83 Milliarden Schilling müssen wir an Brüssel überweisen, und die versickern teilweise in irgendwelchen Olivenplan­tagen oder sonst wo, wo man im Nachhinein gar nicht weiß, wer da in Wirklichkeit das Handerl aufgehalten hat. Der Bruttobeitrag, den wir im Zeitraum von 2007 bis 2013 zahlen müssen, beträgt 16,1 Milliarden €. Das entspricht in alter Währung sage und schreibe 220 Milliarden Schilling.

Das sind wahrscheinlich Peanuts für Sie – für die österreichische Bevölkerung sind das keine Peanuts, und an der putzt man sich sozusagen in der Frage ab. In Wirklichkeit sind das enorme Beträge!

Vor nicht allzu langer Zeit mussten wir erleben, dass man bereit war, für Bankenpakete 15 Milliarden € in die Hand zu nehmen. Demnächst steht die Hypo Alpe Adria wieder vor der Tür, um eine weitere Milliarde zu beantragen. Die eigene Bevölkerung soll da immer herhalten, die wird sozusagen in die Zange genommen, wenn es darum geht, dass wer dafür geradestehen muss. Aber wenn es um Entlastungen für die eigene Be­völkerung geht, dann hat man kein Geld, weil man eben dieses Geld für andere Kanäle benötigt. Das ist der falsche Weg, den wollen wir nicht mittragen!

Anstatt über eine EU-weite Steuer zu sinnieren, müssen daher endlich Österreichs Nettobeiträge zumindest um 50 Prozent gesenkt und muss das sauer verdiente Steuer­geld der Österreicher auch hier im Land eingesetzt werden. – Da ist viel zu tun! Da ha­ben wir viel Arbeitsaufwand in unserem eigenen Land, und da brauchen wir diese Gel­der nicht weiter in irgendwelchen dubiosen EU-Kanälen versickern zu lassen.

Wir brauchen dieses Geld in Österreich! – Ich habe es heute im Bereich der Massenar­beitslosigkeit, die wir leider zurzeit erleiden müssen, erwähnt: Es gibt manche Exper­ten, die bereits davon sprechen, dass wir befürchten müssen, von den 320 000 Ar­beitslosen, die wir heute schon haben, noch einen Anstieg auf bis zu 400 000 zu erle­ben. – Das heißt, wir müssen alle Kraftanstrengungen unternehmen, das abzuwenden und hier, im eigenen Land, mit Investitionsprogrammen dagegenhalten. Deshalb braucht es da einfach ein Umdenken!

Was diese Regierung in dieser Frage betreibt, ist meiner Meinung nach aber leider nicht verantwortungsbewusst, sondern teilweise sogar gemeingefährlich: Man macht einfach weiter wie bisher, ist nicht bereit, umzudenken, und betreibt eine Politik, die in diesen Fragen nicht unbedingt zum Vorteil Österreichs ist. Wir werden Sie daher dies­bezüglich auch nicht aus der Ziehung lassen.

Für uns steht eines fest: Selbstverständlich hat eine österreichische Bundesregierung die österreichischen Interessen zuerst zu betreuen und dann auch gerne über andere und darüber hinausgehende politische Initiativen nachzudenken – aber genau dieses Prinzip sollten Sie endlich zu leben beginnen, Herr Bundeskanzler! (Beifall bei der FPÖ.)

15.21



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Beantwortung der Anfrage hat sich Herr Bundeskanzler Faymann zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht über­schreiten. – Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


15.21.47

Bundeskanzler Werner Faymann: Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Mit­glieder der Regierung! Sehr verehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ihnen Herrn Strache vorzustellen, ist nicht notwendig; Ihnen zwei oder drei Zitate von Herrn Strache in Erinnerung zu rufen – das, was er über die Europäische Union gesagt hat –, finde ich, ist für die Diskussion nicht uninteressant, da ihm ja das Auftreten von Rot-Weiß-Rot innerhalb der Europäischen Union ein so großes Anliegen ist.

Zitat Strache: „Achtzig Jahre nach ihrer Gründung höre die Republik Österreich dann auf zu existieren und werde genauso ausgelöscht wie 1938“ – im Zusammenhang mit dem Lissabon-Vertrag. (Abg. Strache: Genau!)

„Es drohe der Untergang Europas.“

„Österreich werde an eine diktatorische EU-Struktur angeschlossen.“

Sehen Sie, das alles ist nicht unsere Haltung: Unser rot-weiß-roter Auftritt in der Euro­päischen Union sieht anders aus! (Beifall bei der SPÖ. – Die Abgeordneten Dr. Rosen­kranz und Dr. Königshofer: Leider!)

Zu Ihren Fragen: Natürlich gibt es bei der Frage des Kommissars, wie bei allen Perso­nalfragen, verschiedene Meinungen, verschiedene Wertungen über einen Menschen und dessen Qualifikation, dessen Fähigkeit, dessen persönliche Geschichte. Ich stehe nicht an, nochmals zu betonen, dass ich Dr. Johannes Hahn für einen ausgezeich­neten Vorschlag für die Funktion eines Kommissars halte und dass seine Tätigkeit in der Privatwirtschaft, seine Eignung (Zwischenrufe bei der FPÖ), seine nachvollzieh­bare politische Tätigkeit in Wien, aber auch auf Bundesebene und seine Tätigkeit als Minister das aus meiner Sicht unterstreichen. (Abg. Weinzinger: ... 5, Bereich Politik in Wien: 5, ... 5!)

Es gab von der ÖVP kein Nominierungsrecht – der Unterschied zwischen einem Vor­schlag und einem Nominierungsrecht ist Ihnen, glaube ich, bekannt, wie Sie wahr­scheinlich überhaupt bei vielen Ihrer Fragen die Antwort aus den öffentlichen Diskus­sionen genauso gut kennen wie ich. Es ist Ihnen trotzdem unbenommen, die längst öf­fentlich geklärten Fragen ein weiteres Mal zu stellen; Sie werden es aber als konse­quent erachten, dass ich daher die längst öffentlich getroffenen Klarstellungen hier ein weiteres Mal vornehme.

Es ist von Kommissionspräsident Barroso in keiner Weise ein Ressort, ein Portfolio an­geboten worden – weder indirekt, halb oder viertel noch konkret. (Zwischenruf des Abg. Dr. Königshofer.) – Im Gegenteil: Die öffentlichen Klarstellungen des Kommis­sionspräsidenten – in aller Öffentlichkeit! –, auch seine Aussendungen, auch seine In­terviews, die er in Österreich gegeben hat, haben sehr deutlich gezeigt, dass keinem Land in Europa, auch Österreich nicht, irgendein bestimmtes Ressort in Aussicht ge­stellt oder gar angeboten wurde. (Abg. Weinzinger: Warum ...?) – Sie müssten we­nigsten Ihre eigenen Fragen lesen, dann wüssten Sie, was Sie gefragt haben. (Abg. Dr. Graf: Für das Protokoll: Die ÖVP schüttelt ...! – Abg. Grillitsch: Das ist wichtig festzuhalten!) Auch mich wundert das eine oder andere, weil das längst geklärt ist, aber Sie müssen sich wenigstens diese Mühe machen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Krainer: Das ist aber eh aufgeteilt worden! – Abg. Kickl: Politischer Restlverwerter!)

Zur Frage, ob es für die Österreicherinnen und Österreicher eine Chance gegeben hat oder ob es eine Chance gibt, ob jemand zum engeren Kreis der Kandidaten gehört – ich rede nicht von Zeitungsartikeln, ich rede von Diskussionen, sehr vielen politischen


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Diskussionen, die ich in den letzten Tagen geführt habe, die ich auch heute führe und die ich morgen führen werde: Ich kann Ihnen sagen, dass die Personen, die zum enge­ren Kreis der Kandidatinnen und Kandidaten gehören, zum heutigen Zeitpunkt keinen Vorschlag österreichischer Politikerinnen/Politiker oder ehemaliger österreichischer Po­litikerinnen/Politiker enthalten. (Abg. Vilimsky: Das haben Sie erfolgreich verhindert!)

Dass in der Aufzählung von Regierungschefs und ehemaligen Regierungschefs, von Politikerinnen und Politikern, die Funktionen innehatten oder innehaben (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Vilimsky), aber auch in der Berichterstattung allerlei genannt wird, wissen Sie und haben Sie zum Teil auch zitiert. Eine Person haben Sie aller­dings – unabsichtlich, nehme ich an – zitiert, und zwar die Presseverantwortliche des SPE-Chefs und derzeitigen EU-Präsidenten Rasmussen: Dieser hat jedoch längst öf­fentlich klargestellt, dass es nie eine Kandidatenliste gegeben hat, auf der ein Name eines Österreichers zu finden war. Da das sogar in der „Zeit im Bild“ wiedergegeben wurde – vielleicht haben Sie das nicht gesehen, aber die öffentliche Erklärung war über die APA (Abg. Kickl: Na dann!) –, haben Sie ihn ganz bewusst noch einmal falsch ge­nannt.

Es ist aber auch gleichgültig, wen Sie alles nennen, ich sage Ihnen noch einmal: Hätte ein Österreicher oder eine Österreicherin – das gilt auch für die Diskussion, die morgen zu erwarten ist –, hat ein Österreicher oder eine Österreicherin eine Chance, dann gilt selbstverständlich, dass wir jede Kandidatin oder jeden Kandidaten, wenn sich diese Chance ergibt, voll unterstützen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Graf: Da wird morgen ganz überraschend ...!)

Frage 15 betrifft die Eröffnung des Europahauses: Tatsächlich habe ich einige Wochen vorher, bei der Vorausplanung, mit dem Herrn Bundespräsidenten darüber gespro­chen, ob er an dieser Veranstaltung teilnimmt. – Nachdem er gesagt hat, er nimmt an dieser Veranstaltung teil, habe ich unsere Staatsspitze gut vertreten gesehen. Ich habe unsere Staatsspitze auch insgesamt gut vertreten gesehen durch viele andere Politike­rinnen und Politiker dieses Hauses, der Regierung, die dort vertreten waren. – Wenn neuerlich eine derartige Veranstaltung stattfindet, werden Sie mich zusätzlich dort finden.

Zu den Fragen 16 bis 23 – europäische Steuern, Finanztransaktionssteuer, Umsatz­steuer –: Es gibt eine Fünf-Parteien-Einigung in diesem Haus darüber, dass wir eine Finanztransaktionssteuer wollen; da es eine Fünf-Parteien-Einigung ist, hängt das auch mit Ihnen zusammen. Also geht es darum, dass ich – und ich darf sagen, das gilt in gleicher Weise für den Finanzminister, in gleicher Weise für den Herrn Außenminis­ter und andere Vertreter der Regierung – bei allen Diskussionen auf europäischer Ebe­ne den Inhalt dieses Fünf-Parteien-Antrages vertrete, nämlich die Einführung einer Fi­nanztransaktionssteuer auf europäischer Ebene – ja, darüber hinaus wäre die Einfüh­rung auf internationaler Ebene wünschenswert.

Wir waren diesbezüglich am Anfang fast alleine: Frankreich hat eine ähnliche Überle­gung in den Raum gestellt, aber es gab kaum andere Länder, die sich in dieser Weise geäußert haben. – Obwohl wir wissen, dass die inhaltliche Frage zu beantworten ist, wer zum Schluss einen Teil jener zusätzlichen Schulden bezahlt, die in Europa aufge­nommen werden, um gegen diese Krise anzukämpfen, obwohl wir wissen, dass es noch mehr Länder werden, die sich dieser Idee anschließen werden, kann ich Ihnen zur Stunde nicht ernsthaft sagen, ob, und schon gar nicht, in welcher Form eine derarti­ge Steuereinnahme damit – auf europäischer Ebene – für die jeweiligen Länder in Europa eingeführt werden kann.

Das Wie ist daher eine Diskussion, die derzeit gar nicht stattfindet, die Frage, ob eine derartige Finanztransaktionssteuer möglichst gleichzeitig, abgesprochen, koordiniert – wie auch bei den Konjunkturpaketen, die wir gemeinsam geschaffen haben – kommt,


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schon. – Es gibt immer mehr Länder, die sich dieser unserer gemeinsamen Meinung anschließen, und wir werden auch weiterhin alles unternehmen, um diesen Vorschlag, der im österreichischen Parlament immerhin von fünf Parteien gleichzeitig gewünscht wird, auch dementsprechend engagiert auf europäischer Ebene zu vertreten.

Frage 24: „Wann wird der Vertrag von Lissabon genau in Kraft treten?“ – Der Vertrag von Lissabon tritt, wie Sie eigentlich auch wissen müssten, am 1. Dezember in Kraft; falls Sie die Uhrzeit meinen: 0.00 Uhr, falls Sie wissen wollen, welche Zeitzone: Mittel­europäische Zeit. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Vilimsky: Bravo! So stellt man sich einen Bundeskanzler vor!)

Frage 25: Der Vorteil eines Leserbriefes – glauben Sie mir, ich kenne auch die Nach­teile – ist, man kann immer wieder genau zitieren, was darin steht: Sollten zukünftige Vertragsänderungen wesentliche österreichische Interessen berühren, sollte dies eine Volksabstimmung in Österreich und so weiter und so weiter. – Dazu stehe ich hundert­prozentig. (Abg. Strache: Aber das ist doch ...! – Zwischenruf des Abg. Dr. Graf.)

Damit komme ich gleich zu diesen Änderungen, zuerst ordnungsgemäß zur Türkei, da das Ihre Frage 26 ist: Sollten die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei – Sie kennen ja unsere Meinung betreffend die privilegierte Partnerschaft, das ist ja eine fiktive Diskus­sion – zu einem Ende kommen, das einen Beitritt bedeuten könnte, wird dazu in Öster­reich selbstverständlich eine Volksabstimmung abgehalten. (Abg. Weinzinger: ... Lis­sabon-Vertrag!)

Fragen 27 bis 31, die vor allem die Frage der Beneš-Dekrete beinhalten. Da muss ich Ihnen gleich im Zusammenhang auch mit der Frage 32 Folgendes sagen: Theore­tisch – ich betone: theoretisch, weil es gar nicht meine Meinung wäre – waren natürlich die Verhandlungen 2002, als übrigens Sie in der Regierung waren, im Dialog mit den Tschechen eine realistische Möglichkeit, auch über die Beseitigung der Beneš-Dekrete zu verhandeln.

Ich selbst würde auch im Nachhinein, so wie wenn mich damals jemand befragt hätte, sagen, das ist kein Grund, einen Beitritt zu verhindern. Ich will nur feststellen: Sie wa­ren damals in der Regierung, es wurde verhandelt ... (Abg. Strache: Ich war nicht in der Regierung! – In Richtung BZÖ zeigend –: Die dort drüben ...!) – Ihre Partei; ich weiß, dass Sie gerne die Vergangenheit vergessen machen wollen. (Abg. Krainer: Ihr Sitznachbar!) – Der Sitznachbar also, bitte.

Andere Ihrer Freunde und Sie selbst, politisch engagiert in derselben Partei, haben da­mals diese – ich betone: theoretische! – Gelegenheit nicht zum Anlass genommen, in den Verhandlungen besonders die Abschaffung der Beneš-Dekrete über einen gewis­sen Punkt voranzutreiben.

Dieses Mal, bei jener Vereinbarung, die Sie ja kennen – Sie fordern zwar von mir ein, dass ich Ihnen den genauen Text übermittle, der Text ist aber auf der Homepage, falls Sie schon einmal Gelegenheit hatten, nachzuschauen, www.europa.eu genauestens nachzulesen –, handelt es sich um keine Änderung des Lissabonvertrages, dieser tritt nämlich am 1. Dezember 2009 unverändert in Kraft. (Abg. Strache: ... rechtliche Un­verbindlichkeit!)

Die Vereinbarung, die Sie meinen, betrifft nicht den 1. Dezember – ich hoffe, Sie wis­sen das auch und es ist nur Teil Ihrer Gesamtstrategie, das noch einmal zu fragen. Die Frage, ob wir bei einem etwaigen nächsten EU-Beitritt, etwa jenem Kroatiens oder Is­lands, dann eine Ausnahme von der EU-Grundrechtscharta genehmigen, so wie es eine Ausnahme von dieser Klausel, von der EU-Grundrechtscharta für zwei andere Länder gibt – für die Briten und die Polen, die das wollten, haben wir das bereits jetzt so im Vertrag vorgesehen –, ob also dann bei einem möglichen Beitritt eines weiteren


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Landes zur EU diese Änderung erfolgt, ändert aus unserer Sicht nicht den Vertrag von Lissabon – sonst hätten ja die zwei bisherigen Ausnahmen auch den Vertrag von Lis­sabon geändert – und hat aus unserer Sicht und auch aus jener all unserer juristischen Dienste – ich möchte darüber hinaus jene auf europäischer Ebene nennen, die Klar­stellung der Präsidentschaft der Europäischen Union, aber natürlich auch unsere eige­nen Verfassungsdienste – schon gar keinen Zusammenhang und daher auch keine Verschlechterung in der Frage der Beneš-Dekrete oder gar der Rechte von Vertriebenen.

Es ist also für mich selbstverständlich, dass wir uns dafür einsetzen, dass die Ansprü­che von Vertriebenen nicht geschmälert werden, es ist für mich daher – um auch diese Frage zu beantworten – selbstverständlich, dass wir alle Gespräche auf offizieller und auf informeller Ebene weiterhin dazu nutzen, diese Unrechtsdekrete klar anzusprechen und für deren Beseitigung einzutreten und dass wir die Rechte, sollte das auch weitere konkrete Schritte notwendig machen, von Vertriebenen mit allem Engagement und al­ler Kraft vertreten. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Welche konkreten Gespräche haben Sie schon geführt, seit Sie im Amt sind?) – Ich habe schon viele Gespräche geführt und Gelegenheiten gehabt, dieses Thema so anzusprechen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte daher abschließend Folgendes festhalten: Tatsächlich gilt es morgen im Zusammenhang mit der Auswahl von zwei Personen für die Vertretung der Europäi­schen Union – einerseits für die Vorsitzführung im Europäischen Rat, andererseits für die Funktion des Vizepräsidenten der Kommission gemeinsam mit dem Aufgabenge­biet Außenpolitik, also den Hohen Repräsentanten – Menschen auszuwählen, wobei im Vordergrund dieser Auswahl – und das ist mir auch wichtig an dieser Personaldis­kussion –, nicht irgendeine rein personelle Diskussion stehen soll, sondern in deren Vordergrund die inhaltlichen Anliegen der Arbeit im gemeinsamen Europa stehen müssen.

Daher werden wir bei der Auswahl dieser Kandidatinnen und Kandidaten auch sehr ge­nau darauf achten und großen Wert darauf legen, ob die Personen sich unserer An­sicht des gemeinsamen Kampfes gegen die Krise in der heutigen Zeit, unserer Ansicht eines stärkeren sozialen Ausgleichs in Europa, unserer Ansicht, rasch wieder das Wirt­schaftswachstum anzukurbeln, unserer Ansicht, dass nicht die Falschen die Rechnung für die Krise bezahlen, unserer Ansicht für einen sozialen Zusammenhalt in Europa, unserer Ansicht, dass wir für umwelt- und klimagerechtes Handeln und Sicherheit in Europa eintreten, ob sie sich diesen Zielsetzungen verpflichtet fühlen. Das ist für mich ein vorrangiges Kriterium, damit ich als österreichischer Regierungschef dann zustim­men werde. (Beifall bei der SPÖ.)

15.37


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner/keine Rednerin länger als 10 Minuten sprechen darf. Jedem Klub kommt eine Gesamtrede­zeit von 25 Minuten zu.

Als Erster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Hübner zu Wort. 10 Minuten Redezeit. – Bit­te. (Abg. Grosz – in Richtung Bundeskanzler Faymann –: Sie haben Frage 3 nicht be­antwortet! Die hätte ich gerne extra ...! – Abg. Dr. Graf: ... und morgen überraschend kommt dann eine Personalentscheidung ...! ... überall dabei und dann weiß er nichts!)

 


15.38.15

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Damen und Herren Kollegen! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Herr Außenmi­nister! Liebe Zuschauer! Ich habe nicht die Zeit, hier ein Co-Referat zum Herrn Bun-


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deskanzler zu halten, um jetzt all die Antworten, die er auf berechtigte, klare und alle interessierende Fragen nicht gegeben hat, aufzuzeigen, aber ich will ein paar Höhe­punkte oder ein paar Glanzlichter herauspicken. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Gehen wir etwa zur Finanztransaktionssteuer: Da hat uns der Herr Bundeskanzler ge­sagt, es gibt einen Fünf-Parteien-Konsens betreffend diese Steuer. – Richtig, das war aber nicht die Frage. Die Frage war, ob Sie für die Einführung von EU-Steuern sind – sprich: ob die SPÖ und der österreichische Bundeskanzler für eine Steuerhoheit der EU zu haben sind.

Darauf habe ich keine Antwort gehört. (Zwischenruf des Abg. Kickl.) – Es ist wohl ein Unterschied, ob eine Transaktionssteuer auf nationaler Grundlage geschaffen wird, na­tionale Steuerbehörden und nationale Staaten eine Steuer einheben, oder ob dies die EU tut. (Beifall bei der FPÖ.)

Das vor allem dann, wenn wir uns vergegenwärtigen, in welcher Geschwindigkeit die „Hydra“ der EU – die Bürokratie der EU – wächst. Heute haben wir einen Ausgaben­rahmen für die Grundkosten der EU von etwa 120 Milliarden € – da sind diverse Fonds gar nicht einberechnet. Davon sind alleine etwa 6,7 Milliarden € für den sogenannten Außenauftritt der EU, also die Repräsentation der EU nach außen. Dazu kommen jetzt, wie wir allen Zeitungen heute und gestern schon entnehmen konnten, mindestens 7 000 weitere Beamte für den sogenannten Hohen Repräsentanten – Mitarbeiter, also das Wort „Beamte“ nehme ich zurück; ich sage einmal: Mitarbeiter auf EU-Ebene.

Wenn wir das hochrechnen: 7 000 sind es ungefähr. Es ist nicht schwierig, die Größen­ordnungen dieser Kostenausweitung zu sehen.

Es ist daher für uns besonders problematisch und mit „Fahrlässigkeit“ nicht ausrei­chend zu umschreiben, wenn die österreichische Bundesregierung hier auch nur einen Finger zur Schaffung von EU-Steuerkompetenzen hergibt. Wenn die EU in der Lage ist, einmal Steuern an sich zu generieren, dann wird es beim Ausgabenrahmen über­haupt kein Halten mehr geben. Wenn wir da einmal die Pforte öffnen, dann wird das Wachstum nicht mehr zu begrenzen sein. Das ist für jeden österreichischen Politiker, der für das Volk, für den Steuerzahler, für den einzelnen Bürger eintritt, eine Selbstver­ständlichkeit, bei einer Sache Nein zu sagen, und zwar bei den EU-Steuern. (Beifall bei der FPÖ.)

Selbstverständlich ist das, was da in der EU geschieht, von extrem großem Interesse für jeden Einzelnen. Die SPÖ ist jetzt zwar bereit, wie wir den Medien entnommen ha­ben, die Wiener Bevölkerung über die Zukunft des Hausbesorgers und ähnliche Dinge zu befragen (Heiterkeit bei der FPÖ) – das mag zwar regional durchaus wichtig sein, aber sobald es um essenzielle Teile geht, um Dinge, die den Kern unserer Zukunft, den Kern unserer demokratischen Selbstbestimmung betreffen, da wird das vehement und mit allen Mitteln verweigert, und das nicht nur in Österreich, sondern in der ganzen EU, wie wir ja gesehen haben, mit Ausnahme von Irland.

Wenn es darum geht, dass Österreich einem fremden Rechtssystem unterstellt wird, nämlich dem der EU durch den Lissabon-Vertrag – und da können wir reden und tun, wie wir wollen, das ist ausdrücklich im Vertrag drinnen, dass das Gemeinschaftsrecht gilt, das heißt, das Recht nicht mehr vom Volke ausgeht, sondern vom EuGH –, wenn es so eine Entscheidung zu treffen gilt, wo es ja selbstverständlich wäre, unabhängig von verfassungsjuristischen Spielereien, das Volk zu fragen – egal, ob wir jetzt eine Volksabstimmung machen oder eine Volksbefragung –, da wird gemauert, das ist un­denkbar! Nicht nur Sie, Herr Bundeskanzler Faymann, sondern auch der Koalitions­partner und zumindest eine der Oppositionsparteien finden sich ja da in wohlverstande­ner Gemeinschaft.


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Gehen wir zu den Fragen der Grundrechte, zu den Beneš-Dekreten. Sowohl die öster­reichischen Stellungnahmen in europäischen Angelegenheiten als auch das Stock­holm-Programm sind ja voll von schönen Worten über Geschichtsbewusstsein, Erinnerungs­kultur, Antidiskriminierung, Antirassismus und dergleichen. Die Grundrechte sprechen davon. Wenn es aber darum geht, über konkret bestehende Diskriminierungen, konkret bestehenden Rassismus, konkret bestehende Geschichtsverweigerung und konkret bestehende Erinnerungsfälschung oder Erinnerungsverweigerung zu sprechen, da wird abgebogen. Da haben wir heute gehört: Na ja, wir haben ja die Beneš-Dekrete nicht wirklich anerkannt, sondern wir haben die Sache irgendwie auf die lange Bank gescho­ben, wir haben ja nicht Ja und nicht Nein gesagt, wir haben gesagt, zu­künftig können sie vielleicht austreten.

Tatsache ist, bei den Verhandlungen vom – ich glaube – 6. November im Rat ist es da­rum gegangen, dass die tschechische Regierung beziehungsweise der tschechische Präsident verlangt hat, aus Schutz vor einer Aushöhlung oder Aufhebung der Beneš-Dekrete – und ausschließlich deshalb! – eine Ausnahmeregelung vom europäischen Grundwertekatalog zu bekommen – ausschließlich deshalb! Das ist nicht vergleichbar mit dem, was für England oder für Polen gewährt wurde, wo die Hintergründe ganz an­dere waren, von der Abtreibung angefangen. Hier ist es ausschließlich darum gegan­gen, die Beneš-Dekrete abzusichern – ausschließlich!

Da hat es, zumindest in der Öffentlichkeit, keinen Widerstand gegeben. Heinz-Christian Strache hat ja schon ausgeführt, dass noch am Tag davor sowohl der Außenminister als auch der Bundeskanzler klargestellt haben: Alles, was die Beneš-Dekrete einze­mentiert, ist für uns eine rote Linie. – Und jetzt kommt ein Staat und sagt: Damit die Be­neš-Dekrete einzementiert sind, wollen wir die Grundrechte nicht auf die Tschechische Republik angewendet wissen! Und was passiert? – Es wird ein Opting-out, wie das so schön heißt, gegeben, das heißt es wird der Tschechischen Republik die Möglichkeit eingeräumt, beim Beitritt des nächsten Landes zu erklären, dass sie die Grundrechte nicht anwendet. Die Tschechische Republik kann sich also die Entwicklung anschauen, und wenn sie sieht, die Grundrechte sind für die Beneš-Dekrete gefährlich, da gibt es vielleicht anhängige Verfahren beim EuGH oder wo auch immer, dann können sie „out-opten“, um diese Gefahr zu beenden.

Schauen wir uns vielleicht bei dieser Gelegenheit die Beneš-Dekrete an – wir reden in diesem Haus ja sehr viel von Erinnerung und Erinnerungskultur, und das sollte auch in diesem Zusammenhang so sein.

§ 2 Abs. 1 des sogenannten Dekretes des Präsidenten der Tschechischen Republik vom 19. Mai 1945, der sogenannten Beneš-Dekrete:

§ 2 (1): „Das im Gebiet der Tschechoslowakischen Republik befindliche Vermögen der staatlich unzuverlässigen Personen wird gemäß den weiteren Bestimmungen dieses Dekretes unter nationale Verwaltung gestellt ...“.

Unter „nationaler Verwaltung“ zu verstehen war ein entschädigungsloser Raub, also keine Entschädigung, wie wir das in unseren Rechtssystemen kennen, sondern ein An-sich-Bringen ohne Recht auf Entschädigung, auf Vererbung oder irgendetwas Ähnli­ches.

Was sind „unzuverlässige Personen“?

§ 4 des Beneš-Dekrets: „Als unzuverlässige Personen sind anzusehen:

a) Personen deutscher oder magyarischer (=ungarischer) Nationalität ...“. – Es gibt dann noch b) und c), da kommen andere; das sind diese antifaschistischen Dinge, die


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jene betreffen, die nicht Widerstand geleistet haben oder mit einem Deutschen ein Bier getrunken haben und Ähnliches.

Was sind jetzt Personen magyarischer oder deutscher Nationalität?

§ 6: „Als Personen deutscher oder magyarischer Nationalität sind Personen anzuse­hen, die sich bei irgendeiner“ – bei irgendeiner „Volkszählung seit dem Jahre 1929 zur deutschen oder magyarischen Nationalität bekannt haben oder Mitglieder natio­naler Gruppen, Formationen oder politischer Parteien“ – dieser Völker – „geworden sind (....).“

Gibt es einen nackteren Rassismus? Gibt es eine nacktere Diskriminierung? Gibt es eine nacktere Willkür als diese Dekrete? – Nein! Und trotzdem hat sich die Bundesre­gierung – und ich sage das mit aller Härte! – hier zum Komplizen der anderen euro­päischen Länder gemacht – denn wir sind ja hier bei Weitem nicht alleine gewesen –, dem Staat, der diese Gesetze, die wir jetzt angesprochen haben, als Bestand seiner Rechtsordnung ansieht und erhalten haben will, alle Möglichkeiten zu geben, um sie auch in Zukunft abzusichern.

Das würde ich gerne einmal mit anderen Worten erklärt haben, als sie der Herr Bun­deskanzler verwendet hat, und mit anderen Worten, als sie auch der Herr Außenminis­ter im letzten Außenpolitischen Ausschuss verwendet hat, mit anderen Worten als: Ja, wir haben es ja nicht ausdrücklich genehmigt.

Ich möchte den Herrn Außenminister, wenn wir von der EU und ihren Grundwerten und Grundwertekatalogen sprechen, auch an etwas erinnern, was sich im Februar 2000 er­eignet hat. Wenn Sie sich zurückerinnern: Im Februar 2000 ist die damalige ÖVP/FPÖ-Regierung gebildet worden, und die EU hat damals im Gefolge dieser Stockholm-Holo­caust-Konferenz darauf reagiert, dass sie eine diplomatische Quarantäne über Öster­reich verhängt hat, weil diese Regierungsbildung nicht im allgemeinen Konsens gele­gen ist.

Das ist nur ein Teil der Erinnerungskultur und sollte uns ein bisschen helfen, die EU besser zu verstehen und auch zu verstehen, was unter Grundrechten, was unter Anti­diskriminierung, was unter Antirassismus und Ähnlichem wirklich gemeint ist.

Zum Letzten: Zurück zum Fall Hahn. – Ich glaube, auch der Herr Bundeskanzler hat uns nicht wirklich klarmachen können, warum der Herr Dr. Hahn die beste Wahl Öster­reichs gewesen ist. Warum es zu Hahn gekommen ist, wissen wir – wir können es zu­mindest aus den Meldungen ahnen, aus Medien und von Freunden, die wir in den an­deren Parteien haben. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Wir ha­ben uns daher entschlossen, einen Entschließungsantrag einzubringen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, ich ersuche, dass ein nach­folgender Redner den Entschließungsantrag einbringt, weil Ihre 10 Minuten bereits ver­braucht sind.

 


Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (fortsetzend): Dann macht es der Nächste. – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Riepl: Ihre Zeit ist abgelaufen! – Heiterkeit.)

15.48


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Klubobmann Dr. Cap. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 8 Minuten. – Bitte.

 


15.48.45

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Beim Durchlesen dieser Dringlichen Anfrage stellt man sich schlicht und einfach die Frage: Wer schreibt bei Ihnen im Klub eigentlich so etwas? Haben Sie den denkbar uninformiertesten Ty-


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pen, den Sie bei sich angestellt haben, dafür verwendet, dass er diese Anfrage schreibt? (Abg. Neubauer: Wie reden Sie denn über unsere Klubmitarbeiter?!) Allein, was nicht in dieser Dringlichen Anfrage steht, ist schon beachtenswert, denn wir ste­hen jetzt vor dem Klimagipfel in Kopenhagen. Wieso kommt dazu keine Frage vor? Das ist ganz wichtig, die ganze Welt – und heute auch hier das Hohe Haus – diskutiert darüber – ob das Obama ist (Abg. Grosz: Nicht schon wieder Obama! Sie schaden dem Obama!), ob das der dänische Ministerpräsident ist, ob es um die Frage der Un­terstützung für die Entwicklungsländer geht, dass sie in diesem Bereich auch einen Beitrag leisten können. Jeder diskutiert – Sie nicht! An Ihnen geht einen Tag vor dem Europäischen Rat der Klimagipfel in Kopenhagen spurlos vorüber.

Energiesicherheit – etwas, was die Menschen in den Haushalten in Österreich inter­essiert – geht an Ihrer Dringlichen spurlos vorüber. Der Herr Bundeskanzler war in Russland, der Herr Bundeskanzler hat sich um Energiesicherheit bemüht, es hat Ge­spräche mit Putin gegeben, es wurde etwas in diesem Bereich getan. – Für Sie kommt Energiesicherheit in dieser Dringlichen Anfrage einfach nicht vor. (Abg. Grosz: War Staatssekretär Ostermayer auch mit in Moskau?)

Wo sind die Fragen zur Bewältigung der Wirtschaftskrise? – Kommt in dieser Anfrage nicht vor.

Herr Neubauer, ich glaube langsam, Sie haben das geschrieben, denn Sie schauen momentan am empörtesten drein! Ich kann Ihnen für diese Anfrage ein dickes „Nicht­genügend“ geben, das ist eine ganz schwache Angelegenheit! (Abg. Strache: Haben Sie in der Aktuellen Stunde heute geschlafen?) Wo kommt die Wirtschaftskrise vor? Wo kommen die Maßnahmen vor, die man hier anstrebt oder auf europäischer Ebene noch anzustreben hat? Wo ist das?

Nächster Punkt: Bewältigung der Finanzmarktkrise, neue Regulierungen. – Da gehöre ich sogar zu denen, die Kritik anzubringen haben. Wo ist die europäische Finanzmarkt­aufsicht? Wie ist das mit dem Wettbewerb bei den Rating-Agenturen und der Transpa­renz dort? Wie können wir die Kontrolle der Hedge-Fonds verbessern? Da habe ich auch Kritik anzubringen. Bei Ihnen kommt das in der Dringlichen Anfrage einfach nicht vor!

Das ist ein Trauerspiel! Ich habe so eine Anfrage schon lange nicht mehr erlebt. Ich glaube, der Job von dem, der das in Ihrem Klub geschrieben hat, der wackelt ab heute, denn ich sage Ihnen: Es ist mutig, so eine Anfrage hier im Haus in dieser Situation ein­zubringen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Aber nun komme ich zu jenen Punkten, die wirklich in der Dringlichen Anfrage ange­sprochen sind. (Abg. Neubauer: Wollen Sie uns die Anfragen zensurieren? – Abg. Strache: In Zukunft werden wir Sie fragen, wie wir die Anfragen formulieren sollen!) – Seien Sie nicht so beleidigt, Sie werden doch auch ein bisschen Kritik aushalten können!

Die ersten 16 Fragen hake ich einmal ab, denn das ist eine Mischung aus Tratsch, Halbwahrheiten und Unwahrheiten. Es ist schon hundertmal in der Öffentlichkeit klar­gestellt worden, dass Präsident Barroso kein Ressort vorgeschlagen hat. Man sagt immer wieder, er hat es nicht vorgeschlagen, und wieder wird die Frage gestellt, und wieder wird es behauptet. Also, die ersten 16 Fragen haken wir einmal ab, die sind, glaube ich, kein Beitrag zu einer seriösen Diskussion. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Die Fragen 16 bis 23 befassen sich mit Steuerthemen. Da muss ich sagen, es ist schon mehrfach in öffentlichen Diskussionen und auch hier im Haus gesagt worden: Steuerharmonisierung, gegen Steuerdumping, Sicherung des Wirtschaftsstandortes Österreich und Europa in der globalen Konkurrenz, die es da gibt. – Nein, Sie stellen schon wieder die Frage: „Sind Sie für die Vereinheitlichung der Umsatzsteuer auf euro-


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päischer Ebene?“ – Als ob das niemand vorhätte, dass diesem Steuerdumping und diesem Steuerwettbewerb entgegengetreten werden soll!

Sie selbst stimmen einer Fünf-Parteien-Regelung über die EU-Transaktionssteuer zu –und grade, dass Sie hier nicht fragen: Was ist die EU-Transaktionssteuer? Wann sind wir auf die Welt gekommen, haben wir das wirklich hier beschlossen? Was ist das für eine Frage?! Wir haben das hier im Haus beschlossen, wir wollen, dass es die EU-Transaktionssteuer gibt. Sie ist nicht nur eine Einnahmequelle, sie ist auch der Ver­such, diesen Spekulationen entgegenzuwirken. (Abg. Grosz: Wir hätten gern eine Ant­wort auf die Frage 3!) Es gibt mittlerweile schon Regierungen, die das unterstützen, bis zu den G20 hat sich das herumgesprochen, dass das ein Ziel wäre, und die österrei­chische Bundesregierung vertritt das auch. Daher verstehe ich nicht, was Sie da fra­gen. (Abg. Strache: Das hat Ihnen grade der Abgeordnete Hübner erklärt!)

Sie wissen ganz genau, dass die EU-Transaktionssteuer entweder eine national koor­dinierte Steuer ist, und sollte es eine EU-Transaktionssteuer sein, als Neueinführung, führt das natürlich bei den Nettozahlerbeträgen zu Reduktionen. Das wissen Sie doch ohnehin! Warum schreiben Sie nicht einfach: Ich weiß das ohnehin, daher stelle ich die Frage nicht. Das wäre vielleicht einfacher, dann hätten Sie statt 27 oder 28 Fragen we­niger Fragen. Aber es hilft nicht weiter, was Sie da in Wirklichkeit tun! (Abg. Grosz: Zur Frage 3, bitte!)

Den Nettobeitrag Österreichs sprechen Sie an. Sie wissen, dass sich der mittlerweile halbiert hat. Das können Sie auf allen Homepages, überall nachlesen: Er hat sich hal­biert – weil wir so viel herausbekommen, weil wir einfach schlauer sind (ironische Hei­terkeit bei der FPÖ), weil wir viel mehr Geld in Bewegung bringen. Daher ist der Netto­beitrag Österreichs in diesem Sinn geringer.

Zu Lissabon. (Abg. Grosz: Frage 3?!) – Sie können ohnehin nachher etwas sagen. – Lissabon ist Ihnen exakt zwei Fragen wert. Die beste Frage ist: „Wann wird der Vertrag von Lissabon genau in Kraft treten?“ – Das ist ein Entlassungsgrund! Wenn ich bei meinem Klub jemanden habe, der bei einer Dringlichen Anfrage hineinschreibt: Und wann kommt der Lissabon-Vertrag?, sage ich: Weißt du was, ich glaube, du hast den falschen Arbeitsplatz, denn das musst du ja wissen!

Jeder von uns hier weiß das – nur Sie wissen es nicht. Das heißt, Sie wissen, Sie wis­sen, Sie wissen (der Reihe nach zur ÖVP, zum BZÖ, zu den Grünen gewandt) – und Sie (zur FPÖ gewandt) sind der Sektor der Nichtwissenden. Das verstehe ich nicht! Warum Sie das auch noch öffentlich darstellen, ist mir ein Rätsel. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grosz: Herr Klubobmann, Frage 3, bitte!)

Also, jedenfalls abgehakt ist Frage 25. Es wäre viel interessanter, einmal zu diskutie­ren: Was müssen wir aufgrund des Lissabon-Vertrages alles zur Stärkung der nationa­len Parlamente  sprich: des österreichischen Parlamentes  tun? Was ist die Umset­zung, damit wir die Möglichkeiten wahrnehmen, mehr Demokratie zu verwirklichen und mitzureden? Das sind die entscheidenden Fragen, die kommen aber hier nicht vor!

Europäische Bürgerinitiative – kommt hier nicht vor, sollten wir aber bereits konkret umsetzen.

Der Türkei-Beitritt ist Ihnen eine einzige Frage wert – eine einzige! Auch das ist eine Frage, die ich nicht verstehe, denn im Regierungsübereinkommen steht es ganz klar drinnen: Es gibt eine Volksabstimmung. Wenn Sie mich persönlich fragen: Ich bin ge­gen den Beitritt der Türkei – das wissen Sie, das habe ich hier schon ein paar Mal ge­sagt –, aus vielen, vielen Gründen, weil ich glaube, dass die EU nicht dazu imstande ist, das wirtschaftlich, finanziell, in welcher Form auch immer, zu verkraften.

Das ist eine andere Diskussion, aber das ist Ihnen genau eine einzige Frage wert. (Abg. Grosz: Zur Frage 3!)


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Dann kommen die Beneš-Dekrete; die sind Ihnen fünf Fragen wert. Das haben wir oh­nehin im Hauptausschuss diskutiert. Dass wir die verurteilen, dass die menschen­rechtswidrig sind, ist unbestritten. Ich sage, es wird einen politischen Aufstand der tschechischen Bevölkerung geben, nämlich gegen diese Ausnahmeregelung zur sozia­len Grundrechtscharta, denn das ist unsozial. Das schränkt nämlich Arbeitnehmerrech­te ein, und das ist der wahre Skandal. Das muss sich die tschechische Regierung und der Herr Václav Klaus mit seiner Bevölkerung ausmachen, aber das hat jedenfalls nicht die Auswirkung einer Legitimation. Das wurde schon hundert Mal in der Öffent­lichkeit dargestellt!

Das ist eine Dringliche Anfrage mit gezählten 32 Fragen. 16 am Anfang haben wir ab­gehakt, die wirklich wichtigen Fragen haben Sie bedauerlicherweise nicht angeschnit­ten. Ich muss ehrlich sagen, vor dem Hintergrund des Klimagipfels in Kopenhagen, vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise, vor dem Hintergrund, dass wir neue Regelungen für die Finanzmärkte entwickeln müssen, vor dem Hintergrund, dass wir Beschäfti­gungsinitiativen setzen müssen, vor all diesen Hintergründen 32 solche Fragen zu stel­len, das ist wirklich bescheiden! Das muss ich Ihnen ehrlich sagen. Und daher, glaube ich, werden Sie heute damit keinen echten Treffer landen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

15.57


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Kopf. Re­dezeit: 10 Minuten. – Bitte. (Abg. Grosz: Vielleicht kann er uns was zur Frage 3 sa­gen? – Abg. Kopf – auf dem Weg zum Rednerpult –: Warum sollte ich?)

 


15.57.21

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Herr Außenminister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Es waren wahrl­ich große Staatsmänner, die in der unmittelbaren Nachkriegszeit Verantwortung über­nommen haben, die weit über den Tellerrand ihrer Länder hinausschauend Verantwor­tung gezeigt haben und dafür verantwortlich sind, dass wir in Europa seit über 60 Jah­ren Frieden haben und vor allem eine Wohlstandsentwicklung, die atemberaubend ist.

Diese Staatsmänner sind auch verantwortlich dafür, dass es inzwischen 27 Länder sind, die dort, wo es notwendig ist – in manchen Beitrittsländern –, gemeinsam Demo­kratiestandards angleichen und anheben, die gemeinsam Menschenrechtsstandards anheben, die gemeinsam Wettbewerbsregeln zum Wohle der Wirtschaft und damit im Sinne unseres Wohlstandes vereinheitlichen, die Lebensbedingungen verbessern, die auch die Rechtsdurchsetzung verbessern und der Rechtsstaatlichkeit zunehmend in al­len Ländern, auch dort, wo es noch nicht so der Fall ist, zum Durchbruch verhelfen.

Also, wie ich schon gesagt habe, eine atemberaubende Entwicklung!

Eine kleine Fußnote am Rande: Ich persönlich bin ein bisschen stolz darauf, dass ich vor genau 15 Jahren, als ich in dieses Hohe Haus gekommen bin, meine Jungfernrede zum Beitrittsvertrag Österreichs zur Europäischen Union halten durfte. Österreichs Mit­gliedschaft in der Europäischen Union ist vom Beginn bis heute eine Erfolgsgeschichte, wir profitieren nur davon! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine Damen und Herren, was mich aber weniger freut, das ist so manche Diskussion, die wir hier herinnen führen – und ich sage durchaus dazu: eine erbärmliche Diskus­sion in manchen Fällen –, aber auch auf europäischer Ebene, auch in manchen Me­dien. Es ist erbärmlich, wie hier das Thema Europa und diese große Friedensge­schichte, dieses große Friedensprojekt abgehandelt wird. Das Thema Solidarität wird schlechtgemacht, allein mit der Keule Nettozahler.

Liebe Freunde, schauen wir uns doch einmal die Zahlen an! (Abg. Neubauer: Ihr schickt die Schwächsten nach Europa und beschwert euch dann!) Sie kritisieren stän-


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dig den österreichischen Zahlerbetrag. Schauen Sie einmal den Saldo Österreichs an! Das sind unterm Strich gerade einmal 356 Millionen €. Deutschland hat einen negati­ven Saldo in Höhe des 25-Fachen Österreichs. (Abg. Ing. Westenthaler: Was ist das schon?!) Also da brauchen wir uns wirklich nicht zu verstecken.

Eines gehört dazu: Solidarität in einer Gemeinschaft, die sich als Gemeinschaft entwi­ckeln muss, ist notwendig. (Abg. Bucher: Wo ist die Solidarität der SPÖ, die gelebte?) Seien wir doch froh, dass wir eine Volkswirtschaft sind, die Nettozahler ist, denn das resultiert ja nur daraus, dass es uns besser geht als anderen Ländern! (Zwischenruf des Abg. Strache.)

Liebe Freunde, dasselbe gilt für das Thema Souveränität, dasselbe gilt für das Thema Spielregeln. (Abg. Strache: „Einbahn-Solidarität“ nennt man so etwas!) Da bin ich schon beim Vertrag von Lissabon. Liebe Freunde, eine Gemeinschaft, die so groß ist wie die Europäische Union, braucht Spielregeln, und der Lissabon-Vertrag ist eine Wei­terentwicklung von Spielregeln, die zu einer Zeit gemacht wurden, als die Union noch deutlich kleiner war. Wir brauchen diese veränderten Spielregeln. (Abg. Bucher: Was sind das für Spielregeln, wo das Volk ausgeschlossen ist?)

Wir müssen aber auch zur Kenntnis nehmen und akzeptieren, dass es, wenn wir diese Union funktionsfähig halten wollen, dann auch notwendig ist, da oder dort das eine oder andere Souveränitätsrecht gegen – zum Beispiel – Mehrheitsentscheidungen ab­zutauschen, denn sonst kann diese Union und diese Gemeinschaft einfach nicht funk­tionieren. Das ist notwendig, das müssen vernünftige Menschen, die am Funktionieren dieser Gemeinschaft interessiert sind, auch akzeptieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, in diesem Zusammenhang zu den Beneš-Dekreten. Diese Ausnahme, die mit Tschechien, was die Grundrechte-Charta betrifft, vereinbart wurde, wirkt nicht jetzt (Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler), ändert den Vertrag in keiner Weise. Es ist deswegen im Prinzip wirklich zum Greifen, was Sie hier beabsichtigen. Es ist weder dem Herrn Bundeskanzler, noch dem Herrn Außenminister vorzuwerfen, dass sie hier wortbrüchig geworden wären.

Ganz im Gegenteil: Sie haben sich strikt an das gehalten, was wir im Hauptausschuss miteinander besprochen haben. Deswegen ist jeder Vorwurf in dieser Hinsicht völlig ins Leere gehend und Ihrerseits lächerlich. (Abg. Neubauer: Das sehen die Tschechen anders!) – Sie sagen es, aber das ändert nichts an der Rechtslage.

Zur Finanzierung. Ich glaube, eine Gemeinschaft, die etwas auf ihr Selbstbewusstsein, auf ihr Selbstverständnis hält, muss danach trachten, im Laufe der Zeit auch eine Eigenfinanzierung zustande zu bringen. (Ah-Ruf des Abg. Kickl. – Abg. Bucher: Aber nicht hier herinnen!) Die Finanztransaktionssteuer, zu der wir uns alle hier in diesem Hohen Haus bekannt haben, ist geradezu ein ideales Instrument, um das aus der Net­tozahlerposition besonders zu begründen. Wir wären ja permanent die „G’schnaps­ten“ – auf Deutsch gesagt –, wenn wir das weitertreiben wollten. Das heißt, es ist doch auch aus der Nettozahlerposition im besonderen Maße zu begrüßen, eine solche Eigenfinanzierungsmöglichkeit der Union voranzutreiben. Das muss noch lange nicht heißen, dass es deswegen gesamthaft zu einer Erhöhung der Steuer- und Abgabenlast kommt.

Als Nächstes zur Personalfrage und zur Personalfindung. Es ist wohl unbestritten eine sehr diffizile Aufgabe für einen Kommissionspräsidenten, für einen Vorsitzenden des Rates, 27 Länder unter einen Hut zu bringen, 27 Ressorts zu besetzen, Personen da­für zu finden, Länder, Parteien zufriedenzustellen, die Geschlechterfrage, die Fach­kompetenzfrage befriedigend zu lösen, dazu noch vier hochrangige Funktionen zu be­setzen – von denen zwei inzwischen besetzt sind, nämlich Parlamentspräsident und Kommissionspräsident, die beiden anderen aber noch offen sind.


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Zugegeben: Da ist es deutlich einfacher, in jedem einzelnen Mitgliedsland ein Kommis­sionsmitglied zu finden und zu benennen. Trotzdem ist es auf der europäischen Ebe­ne – und ich sage auch durchaus dazu; auch auf der österreichischen Ebene – kein Ruhmesblatt und keine Erfolgsgeschichte, wie diese Entscheidungsfindung auf euro­päischer Ebene nach wie vor abläuft und auf österreichischer Ebene abgelaufen ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Das hat nichts damit zu tun, dass Johannes Hahn selbstverständlich ein hervorra­gender Kommissar sein wird, aber der Rest der Geschichte ist kein Ruhmesblatt für uns.

Noch eine abschließende Bemerkung zur Zukunft, sowohl in Österreich als auch in der Europäischen Union. Das gilt sowohl für die Regierungsparteien als auch für die Oppo­sition, meine Damen und Herren. Wir haben es in der Hand, ob wir uns beim Thema Europa in Zukunft staatsmännisch verhalten im Sinne einer Weiterentwicklung der Europäischen Union, die uns dann allen nützen wird, oder ob wir uns hier und auch auf europäischer Ebene kleinkariert verhalten wollen (Abg. Petzner: Das sagen gerade Sie?), Partikularinteressen vertreten wollen, dem einen oder anderen Kleinformat damit gefallen wollen – aber zum Schaden des Ganzen.

Meine Damen und Herren, wir haben es in der Hand! Wir haben die Wahl, wie wir uns verhalten. (Beifall bei der ÖVP.)

16.05


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Klubobmann Bucher zu Wort. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 7 Minuten. – Bitte.

 


16.05.44

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Zum Kollegen Cap: Sie strapazieren bei jeder Gelegenheit die demokratischen Rechte und auch die Oppositionsrechte hier in unserem Haus. (Abg. Dr. Cap: Lissabon-Vertrag!) – Nein, Sie melden sich auch immer sehr leiden­schaftlich zu Wort, wenn es darum geht, die Oppositionsrechte zu wahren, aber dann kritisieren Sie die Dringliche Anfrage der FPÖ und deren Inhalt. (Abg. Strache: Das passt dem Herrn Klubobmann nicht!)

Ich meine, jede Fraktion des Hauses hat ein Anrecht darauf, eine Dringliche Anfrage zu stellen und die Fragen so zu formulieren, wie sie es für richtig hält. Es steht Ihnen nicht zu, zu kritisieren, wer welche Wortwahl in diesem Haus trifft. Nehmen Sie das endlich einmal zur Kenntnis! Da herrscht grundsätzlich Einvernehmen über alle Fraktionsgren­zen hinweg. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Dass das ein Bestellungsdrama allererster Güte war, das der Regierungschef Fay­mann an den Tag gelegt hat, das kommt ja nicht von uns, das kommt ja nicht vom BZÖ, von der FPÖ oder von den Grünen. Das lesen wir in den internationalen Zeitun­gen. Sie haben wohl bei Ihrer Aufmerksamkeit auch nicht im Pressespiegel, den Sie täglich vor Augen geführt bekommen, übersehen, dass diesbezüglich andere Kommen­tatoren in Brüssel etwas völlig anderes gehört haben.

Herr Bundeskanzler Faymann, Sie sprechen immer davon, Sie haben keine Stimmen gehört. – Ich bin beruhigt, wenn Sie keine Stimmen hören (Heiterkeit und Beifall bei BZÖ, FPÖ und Grünen), aber es hat schon einmal einen Amtsvorgänger gegeben, der sich vehement dagegen gewehrt hat, irgendwelche Visionen zu haben.

Aber darum geht es gar nicht. Mir geht es nur darum, Herr Bundeskanzler Faymann, dass Sie hier völlig klar eine politische Aktion gesetzt haben, indem Sie dem Herrn Kol­legen Molterer nicht den Vorzug gegeben haben, wie ursprünglich vereinbart, sondern den Herrn Hahn als EU-Kommissar nominiert haben. Das war eine rein parteipolitische


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Aktion – und nichts anderes! Da haben Sie nicht die Interessen Österreichs in den Vordergrund gestellt, sondern Ihren eigenen parteipolitischen Interessen den Vorzug gegeben, nur um den Wiener Wahlkampf mitzubeeinflussen. Das ist doch die Wahr­heit. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Herr Bundeskanzler, Sie haben den Wissenschaftsminister gerade in einer sehr sensi­blen Phase abgezogen, da auf den Universitäten ein riesiges Chaos herrscht und nie­mand weiß, wie es weitergehen soll; Forderungen über Forderungen, unerfüllbar et ce­tera. Aber Sie sind jetzt Regierungschef dieser Regierung und haben es in der Hand, indem Sie den Wissenschaftsminister abgezogen haben, dort für Ordnung zu sorgen. Sorgen Sie dafür, dass die fleißigen Studenten auf den Universitäten zu ihrem Recht kommen, dort studieren dürfen und studieren können und nicht von irgendwelchen linkslinken Anarchisten behindert werden, die ihnen den Zugang in die Hörsäle unmög­lich machen! (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Wir haben uns immer zu einem Prinzip bekannt, und das hören wir in allen Reden, die wir in unserem Land verfolgen – ob das im Zuge des EU-Wahlkampfes oder bei ähnli­chen Veranstaltungen ist –: Schicken wir doch die besten Köpfe nach Brüssel! Völlig klar, da gibt es eine Übereinstimmung aller Fraktionen hier im Hohen Haus, weil uns selbst bewusst ist, dass über 60 Prozent der Gesetze, die wir hier behandeln, aus Brüssel kommen, 60 Prozent EU-Richtlinien sind, die wir verabschieden, durchwinken, mit einem Kommentar versehen; mehr dürfen wir nicht mehr machen, vielleicht noch mit Gold Plating eines draufsetzen, aber im Grunde genommen findet die Vorarbeit in Brüssel statt.

Was machen wir? – Wir schicken ausrangierte Politiker nach Brüssel. Das ist nicht nur etwas, das wir in Österreich kritisieren. Das ist etwas, das in der gesamten Europäi­schen Union stattfindet: Dass man nämlich überall die ausrangierten, nicht mehr ge­liebten Politiker nach Brüssel schickt, weil man sie im eigenen Land nicht mehr haben möchte. Und dann wundern wir uns in Österreich über den Mist, der da oft von Brüssel hergeschickt wird, was da alles in Brüssel an Gesetzen zustande kommt, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Gehen wir doch den umgekehrten Weg! Schicken wir die besten Köpfe – wirklich die besten Köpfe! – nach Brüssel, dann werden wir uns auch in der Argumentation leichter tun! Dann werden wir auch die Bürger in die Europäische Union mitnehmen und sie für einen europäischen Standpunkt gewinnen können. (Beifall beim BZÖ.)

Daher ist es für mich völlig unverständlich, Herr Bundeskanzler, wie Sie leugnen kön­nen, dass sich der Herr Barroso verwundert darüber gezeigt hat, dass Sie nicht den Herrn Molterer nominiert haben, dem eigentlich das Agrarressort zugekommen wäre – einen hervorragender Agrarier, der sich in der Vergangenheit schon als Experte ausge­wiesen hat. Sie zeigen sich verwundert darüber und haben angeblich keine Stimmen gehört. (Beifall bei BZÖ und ÖVP.)

Ich hoffe, es liegt nicht an fehlenden Englischkenntnissen, dass Sie nicht in der Lage sind, zu vernehmen, was da auf europäischer Ebene gesprochen wird. (Heiterkeit bei Abgeordneten der FPÖ.) Aber bitte nehmen Sie das ernst, dass ein Agrarressort – eines der wichtigsten Ressorts auf europäischer Ebene – Österreich zum Vorteil ge­reicht hätte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wesentlich ist, dass wir mehr Patriotismus an den Tag legen sollen, wenn es um europäische Themen geht. Es geht darum, dass wir, wenn wir eines haben wollen, nämlich Österreich quasi als EU-Schläfer von der Schlusslichtposition wegzubekommen, auch eine ehrliche EU-Politik machen müssen. Da können wir uns nicht so verhalten, dass wir alles Schlechte nach Brüssel schicken und in Österreich Forderungen aufstellen wie beispielsweise die Einführung einer Spe-


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kulationssteuer – hier in diesem Haus ein Fünf-Parteien-Antrag. Alle wollen das, aber wenn dann unsere Minister und unser Regierungschef nach Brüssel fahren, dann weiß Letzterer nichts mehr davon. Dann ist er nicht mutig genug, nicht selbstbewusst genug, dort auch ganz klar die österreichische Haltung und Position einzunehmen. Und das fordern wir von unseren Repräsentanten in Brüssel! (Beifall beim BZÖ.)

Das fordern wir ja nicht von einem EU-Kommissar, aber das fordern wir vom Regie­rungschef, das fordern wir auch vom Finanzminister, dass er selbstbewusst und stark in Brüssel im Interesse Österreichs auftritt und endlich einmal klarstellt, dass wir eine EU-Transaktionssteuer haben wollen. Es gehört eben zum notwendigen Mut, all diese Positionen klar und deutlich zu vertreten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch was die Haushaltsfinanzierung anlangt, ist zu sagen: Wir werden uns alle in Zukunft schwer tun, wie wir die Haushalte sanie­ren. Das ist aber nicht ein Problem Österreichs, sondern eines aller 27 Länder.

Deswegen fordere ich Sie auf, Herr Bundeskanzler, in Zukunft mehr Selbstbewusstsein an den Tag zu legen und ganz klar in Brüssel zu sagen, was Sache ist, was die öster­reichische Haltung ist! Sie brauchen sich nicht zu verstecken. Österreich ist Nettozah­ler, Österreich kann ruhig etwas dafür verlangen. Die Polen führen uns jedes Mal vor, sie sind Nettoempfänger, stellen jedes Mal eine Latte an Forderungen auf und sind auch im eigenen Land geachtet. Sie sind jetzt gefordert, endlich einmal die österreichi­schen Positionen in Brüssel zu vertreten. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Ing. Westentha­ler – in Richtung von Bundeskanzler Faymann –: Sonst wird der „Onkel Hans“ böse, wenn Sie das nicht machen!)

16.12


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen zu Wort. 10 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


16.12.58

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Frau Präsidentin! Ich muss ge­stehen, dass ich auf der einen Seite der FPÖ dankbar für die Gelegenheit bin, die un­sägliche europäische Personalpolitik der Bundesregierung wieder einmal durch den Kakao zu ziehen. Das ist ja nicht die erste Gelegenheit, war aber noch nie in diesem Forum der Fall.

Auf der anderen Seite frage ich: Warum echauffieren sich die Kollegen und Kollegin­nen von der FPÖ so? Das ist mir ehrlich gesagt schleierhaft. Sie wollen doch eine zahnlose EU, und die Bundesregierung tut alles, um dieses Bild zu befördern. Sie wol­len doch gar keine starke Europäische Union. (Abg. Neubauer: Woher wissen Sie das?) Sie wollen doch gar keinen starken Kommissar, der in der Lage ist – der oder die, muss man in dem Fall sagen –, multinationalen Konzernen die Stirn zu bieten, wie das Nellie Kroes oder Viviane Reding zum Beispiel getan haben. Es fällt mir natürlich schon auf, dass es zwei Frauen sind, die da Microsoft und den Internetfirmen die Stirn bieten. (Abg. Strache: ...! Da haben Sie recht!) Das wollen Sie doch alles nicht.

Sie wollen ja, dass die EU nichts kostet. Sie wollen doch, dass das Budget der EU un­gefähr ausreicht, um – was weiß ich – den Gemeinderat von Gramatneusiedl ausrei­chend zu finanzieren. Das ist doch Ihr Ziel. Warum Sie nur 50 Prozent sagen, war mir, ehrlich gesagt, rätselhaft. Warum sagen Sie nicht 90 oder 99 Prozent? Sie wollen ja die ganze EU auflösen. Also warum so wenig populistisch, Herr Strache? (Abg. Strache: Nein, das ist nicht richtig, Herr Van der Bellen! Wir wollen ein föderales, nicht ein zen­tralistisches Europa!) Wenn Sie hier ein bisschen radikaler wären, hätten Sie sicher den einen oder anderen Leserbrief in der „Kronen Zeitung“ erhalten. (Abg. Strache: Ih­re Unwahrheiten werden dadurch nicht wahrer!)


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Das heißt, Sie wollen ja die politische Verzwergung Österreichs, die wir leider in der letzten Zeit beobachten, auf der europäischen Ebene fortsetzen. Und die Bundesregie­rung tut ihr Bestes in der Personalpolitik (Abg. Strache: Wir wollen ein föderales Euro­pa!), dieses Ziel zu befördern, Herr Strache. (Beifall bei den Grünen.)

Aber kurz zu den Beneš-Dekreten. Sie haben ja in einem Punkt recht: Die Beneš-De­krete – ein Teil der Beneš-Dekrete, muss man sagen –, ein Teil ist eindeutig men­schenrechtswidrig und grundrechtswidrig. (Ruf bei der FPÖ: Danke!) Meiner Meinung nach – und ich glaube, ich bin mit dieser Meinung nicht allein – hebt der Lissabon-Ver­trag die Beneš-Dekrete auch in diesem Teil nicht auf, aber er heißt sie auch nicht gut. Mit anderen Worten: Er ist neutral.

Nur: Ein Punkt interessiert mich schon, Herr Strache. Wenn Sie der Meinung sind, Sie, dass die Grundrechts-Charta im Rahmen des Lissabon-Vertrages eine große Bedeu­tung als Hebel für die Aufhebung der Beneš-Dekrete hätte, dann frage ich mich echt: Wieso haben Sie dem Lissabon-Vertrag nicht zugestimmt, wenn Ihnen das so wichtig ist? (Abg. Strache: Wir bringen eine Verfassungsklage ein! Eine Verfassungsklage wird eingebracht!) Das wäre doch dann der Hebel. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Noch etwas, Herr Strache: Ab 1. Dezember ist der Lissabon-Vertrag in Kraft! Die Grundrechts-Charta gilt in diesem noch unbestimmten, aber langen Zeitfenster auch für Tschechien. Probieren Sie es vor dem EuGH! Jetzt gilt der Lissabon-Vertrag. (Abg. Strache: Wir bringen eine Verfassungsklage ein!) – Ja, das ist in Ordnung. In Tschechien, oder wo? (Heiterkeit bei der ÖVP.) Vor dem EuGH? In Österreich wollen Sie die Beneš-Dekrete bekämpfen? Na, bitte! (Heiterkeit. – Abg. Strache: Gegen den Lissabon-Vertrag, Herr Van der Bellen! Eine Volksabstimmung wurde verweigert! Das ist verfassungswidrig!)

Den Lissabon-Vertrag, der Ihrer Meinung nach angeblich einen Hebel gegen die Be­neš-Dekrete bietet, den wollen Sie in Österreich bekämpfen?! Das erklären Sie einmal einem einigermaßen logisch begabten Menschen. (Abg. Strache: ... das noch immer nicht ...! Das ist österreichische ...!)

So: Jetzt komme ich zur ÖVP, zur Österreichischen Volkspartei. (Abg. Strache: Sie können doch nicht alle herunterdodeln, Herr Professor, mit Ihrer abgehobenen Art und Weise, die Sie wählen! Das nehmen Sie doch einmal zur Kenntnis, dass die Vorgangs­weise des Vertrages von Lissabon ...!) – Wenn ich Sie anschaue, Herr Strache – ent­schuldigen Sie, wenn ich das sage –, bleibt mir gar nichts anderes übrig, als abgeho­ben zu wirken. Sorry! (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP. – Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Ich danke für den Applaus, auch in den Reihen der Volkspartei, aber jetzt ziehe ich über die Volkspartei her. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.)

Schauen Sie: Sie haben in Ihren Reihen einen ehemaligen Bundeskanzler, der auch ehemaliger Außenminister und ehemaliger Wirtschaftsminister und was weiß ich was noch war. Kommt er als Kommissar in Frage? Spielte er in diesem Spiel eine Rolle? – Nein!

Sie haben in Ihren Reihen einen Vizekanzler a. D., der Umwelt- und Landwirtschafts­minister war, der Finanzminister war. Wurde er als Kommissar benannt? – Nein!

Sie haben in Ihren Reihen eine ehemalige Außenministerin, die jetzt EU-Kommissarin für Außenbeziehungen ist, und eine weitere ehemalige Außenministerin, die ohne wei­teres in Frage gekommen wäre. Werden sie als Kommissarinnen benannt? – Nein.

Benannt wird ein profilloser und erfolgloser Wissenschaftsminister. Das ist die Perver­tierung des Gedankens, den ich von Ihrer Seite immer wieder höre: Leistung muss sich


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lohnen, oder: Leistung muss sich wieder lohnen. Hier wird der Leistungslose mit einem Karrieresprung nach Brüssel belohnt. Das müssen Sie einmal in Ihrer Partei erklären. (Beifall bei den Grünen.)

Aus irgendwelchen Gründen, die mir nicht näher bekannt sind, hat Vizekanzler Pröll in diesen Gesprächen und Verhandlungen irgendwann das Handtuch geworfen. Ob das notwendig war zu diesem Zeitpunkt? – Wir waren ja noch immer nicht das letzte Land, das die möglichen Kandidaten für die Kommission benannt hat.

Ich kann mir schon vorstellen, dass jetzt ziemlich viele in der ÖVP sauer sind. Die Bauern, aber nicht nur; die betroffenen Personen, die ohne eigenes Verschulden be­schädigt worden sind, et cetera, et cetera.

Und unser Bundeskanzler Faymann – was hat der gewonnen? Hat der bei irgendje­mandem zusätzlichen Respekt durch diese Blockade von Molterer und anderen Perso­nen gewonnen? Bei irgendjemandem? (Abg. Kickl: Was heißt „zusätzlich“?) – Ich kann natürlich nicht ausschließen, dass es Hinterwäldler in der SPÖ gibt, die sagen: Super, jetzt hat er es denen wieder einmal gezeigt! (Abg. Ing. Westenthaler: Wo nichts ist, da ist nichts!)

Das ist europäische Politik? Echt? – Die Politik von Zwergen ist das, die Zwerge blei­ben wollen! (Beifall bei Grünen und BZÖ.)

Aber leider ist das ja nur ein Spiegelbild der allgemeinen EU-Misere. Im Lissabon-Ver­trag – es wurde schon erwähnt – gibt es auch zwei neue Funktionen, den Präsidenten des Europäischen Rates und den – nennen wir ihn einmal kurz – Außenminister der Kommission. Die Kompetenzen dieser Personen, auch in diesem Beziehungsgeflecht zum Präsidenten des EU-Parlaments, zum Präsidenten der Europäischen Kommission, sind im Lissabon-Vertrag nicht geregelt. Das ist eine Schwäche des Lissabon-Vertra­ges. Aber umso mehr kommt es auf die Personen, auf die Persönlichkeiten an, die die­se Positionen künftig einnehmen werden.

Zwei prominente Gesichter – das war die ursprüngliche Idee –, zwei Gesichter, die Europa auf bestimmte Zeit verkörpern, die sich sozusagen auf Augenhöhe mit den Staatschefs der Welt, mit Putin, Obama und wie sie alle heißen mögen, verständigen können.

Also mir persönlich hätte zum Beispiel gefallen ein Gespann von, wenn es zum Bei­spiel zwei Männer wären, das würde mich noch nicht so stören, aber ich komme dann gleich auf zwei Frauen zu sprechen, Tony Blair und Joschka Fischer. Das wäre ein tol­les Gespann gewesen, hätte mir gefallen. (Ironische Heiterkeit. – Abg. Mag. Ikrath: Um Gottes willen!) Oder umgekehrt: Christine Lagarde, die französische Finanzminis­terin, die gerade in der „Financial Times“ eine seitenlange Würdigung erfahren hat, und Ursula Plassnik. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Die eine als Präsidentin, die an­dere als Außenministerin der Europäischen Union. (Abg. Ing. Westenthaler: Cohn-Bendit als Pressesprecher, oder was?)

Ihnen gefällt das nicht, weil Sie immer auf die „Kronen Zeitung“ schielen, aber ich bin immer noch beeindruckt vom Schlussgruß, den Ursula Plassnik seinerzeit unbeein­druckt dem Herrn Dichand von der „Kronen Zeitung“ geschrieben hat. (Beifall bei Grü­nen und ÖVP.)

Wir brauchen in diesen Positionen unbeeindruckte, unbeeindruckbare Personen, die europäische Interessen vertreten, nebenbei gesagt, und nicht österreichische.

Im Hauptausschuss habe ich schon wieder dieses Töpfergewerbegeschwafel gehört: der österreichische Kommissar als Drehscheibe zwischen österreichischen und euro­päischen Interessen. Die sind nicht im Töpfergewerbe, die sind keine Drehscheiben,


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sondern die haben einzig und allein europäische Interessen zu vertreten, den Vertrag zu beachten, wenn sie einmal Kommissar sind. Vielleicht regen wir uns ohnehin zu früh auf. Die Kommission steht noch nicht, und die Frauen im Europäischen Parlament re­gen sich mit Recht auf. (Abg. Mag. Wurm: Richtig, ja!) Das Europäische Parlament muss nämlich die Kommission gutheißen, akzeptieren. Und wenn drei von 27 mögli­chen Kommissaren und Kommissarinnen Frauen sind, dann muss ich sagen, das schlägt ja wohl dem Fass den Boden aus. Ich hoffe, dass das Europäische Parlament diese Kiste aufmacht. Drei Frauen von 27 – Leute, das geht nicht!

Das Europäische Parlament soll diesen Vorschlag für eine Kommission, wenn er von Barroso so kommt, ablehnen. Und dann haben wir eine weitere Chance, über diese Dinge noch einmal zu diskutieren, und dann werden alte, neue Namen wieder auftau­chen. Ich würde mich freuen, wenn auch in Österreich diese Kiste wieder geöffnet wür­de. – Danke schön. (Beifall bei Grünen, ÖVP und BZÖ.)

16.22


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun ist Frau Abgeordnete Kitzmüller zu Wort gemeldet. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 7 Minuten. – Bitte sehr.

 


16.22.49

Abgeordnete Anneliese Kitzmüller (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr geehr­ter Herr Bundeskanzler! Hohes Haus! Ich beginne mit dem Antrag, den wir stellen wer­den. Dieser lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller und weiterer Abgeordneter betreffend Wieder­gutmachung für Opfer der tschechischen Vertreibungsverbrechen und Beseitigung der Beneš-Dekrete

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, auf bilateraler österreichisch-tschechischer, euro­päischer und internationaler Ebene dafür Sorge zu tragen, dass in der Republik Tsche­chien ein menschenrechtskonformer rechtlicher Zustand hergestellt wird und die Be­neš-Dekrete beseitigt werden.

Darüber hinaus wird die Bundesregierung ersucht, alle erforderlichen Maßnahmen zu setzen, dass die Opfer der tschechischen Vertreibungsverbrechen eine Wiedergutma­chung des erlittenen Unrechts durch die Republik Tschechien erhalten.“

*****

Meine Damen und Herren, der EU-Vertrag von Lissabon hat den schlechtesten Start gehabt, den man sich vorstellen kann. Er kam durch einen eklatanten Bruch der Men­schenrechte zustande, und die Spitze der österreichischen Regierung hat diesen Bruch der Menschenrechte mit zu verantworten, meine Damen und Herren, weil Sie zuge­stimmt haben, dass Tschechien eine Ausnahme von der EU-Grundrechtscharta ge­währt wurde. Den Tschechen wurde erlaubt, die Beneš-Dekrete beizubehalten, um so zu verhindern, dass weitere Klagen auf Entschädigung durch die Heimatvertriebenen eingebracht werden.

Unser Bundeskanzler, unser Außenminister haben, wie wir es von der österreichischen Regierung ja schon weithin gewohnt sind, in Brüssel geschwiegen, und zwar geschwie­gen, als es darum ging, die Vertretung der eigenen Bevölkerung wahrzunehmen. Sie haben den Auftrag des Parlaments nicht berücksichtigt und sind wortbrüchig gewor-


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den. Sie haben sich dort feige angebiedert, Sie haben den Applaus hingenommen und mit Champagner mit anderen Staatschefs auf den Verrat an der österreichischen Be­völkerung angestoßen.

Sie haben keinen Augenblick auch nur daran gedacht, dass dadurch die Interessen von Hunderttausenden Heimatvertriebenen verraten wurden. Wie ahnungslos, meine Damen und Herren, muss ein Bundeskanzler sein, wenn er über die Geschichte des Landes, das er regiert, nichts weiß und die Interessen der österreichischen Staatsbür­ger, die nach der Vertreibung hier Zuflucht gefunden haben, am Aufbau Österreichs beteiligt waren und auch daran, Österreich zu dem zu machen, was es heute ist, mit Füßen getreten werden und nur das gemacht wird, was in Brüssel verlangt wird. (Bei­fall bei der FPÖ.)

Wie weit abgehoben, meine Damen und Herren, in den Höhen der Eurokratie, Herr Außenminister, muss man schweben, wenn man diesen Menschenverrat auch noch als Verhandlungserfolg bezeichnet?! Diskussionen, wie sie Herr Cap vorhin geführt hat, werden von unserer Seite als menschenverachtend gewertet. Und das, Herr Cap, ist der SPÖ nicht würdig.

Nur weil die Beneš-Dekrete jetzt nicht mehr als solche bezeichnet werden, wodurch et­was vielleicht einfacher durchzubringen ist, und durch den Begriff „Verwaltungsnor­men“ ersetzt wurden, ist noch lange nicht gesagt, dass die Beneš-Dekrete nicht weiter­leben und weiter besprochen werden.

Wie weit muss man sich geistig und emotional von seinen Landsleuten schon entfernt haben, wenn eben genau diese Verwaltungsnormen als Erfolg gefeiert werden – dies angesichts jener, die ihr Hab und Gut verloren haben!

Frau Frauenministerin! Haben Sie jemals mit vertriebenen Frauen gesprochen, die ihre Heimat verlassen mussten, deren Ehemann vielleicht ermordet wurde, die mit kleinen Kindern über die Grenze geflüchtet sind und auf dem Weg zu uns nicht gewusst ha­ben, wie sie ihre Kinder ernähren, wo sie das Essen hernehmen sollen, und unter schwierigsten Bedingungen hier wieder eine Existenz aufgebaut haben? Auch für diese Frauen, Frau Minister, sind Sie zuständig (Beifall bei der FPÖ) – und nicht nur für lesbi­sche Frauen, die auf ein angebliches Recht auf eine schöne Zeremonie am Standes­amt pochen. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

Herr Wirtschaftsminister – natürlich auch nicht da –, haben Sie sich jemals informiert, welch großartige Arbeiten unsere Leute, die Vertriebenen in Österreich für den Wieder­aufbau geleistet haben, nicht nur mit Geld, sondern vor allem mit ihrem Wissen, mit ih­rem Können und ihrem Engagement?

Mit Tschechien ist es ja noch nicht erledigt, meine Damen und Herren, als Nächstes wird Kroatien kommen, und dann wird das Gleiche wieder neu losgehen mit den AVNOJ-Dekreten. Und da bin ich neugierig, ob Sie dann für die österreichische Bevöl­kerung etwas tun werden oder ob Sie sich dann wieder hinlegen und sagen, ich kann nichts tun. Dann biete ich Ihnen an: Lassen Sie das Volk entscheiden! Stehen Sie zu Ihrer Entscheidung, einen Volksentscheid herbeizuführen, eine Volksbefragung zu ma­chen! Dann werden Sie sehen, wie die Bevölkerung entscheidet und wie sehr unsere Heimatvertriebenen unter dieser Regierung verraten und verloren sind. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Scheibner: Sind Sie gegen den Beitritt Kroatiens?)

16.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der Entschließungsantrag, der soeben einge­bracht wurde, steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 159

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller und weiterer Abgeordneter betreffend Wieder­gutmachung für Opfer der tschechischen Vertreibungsverbrechen und Beseitigung der Beneš-Dekrete

eingebracht im Zuge der Debatte zur Dringlichen Anfrage gemäß § 93 Abs. 2 GOG-NR des Abgeordneten KO Heinz-Christian Strache und weiterer Abgeordneter an den Bun­deskanzler betreffend das völlige Versagen Faymanns in der aktuellen EU-Politik in der 45. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP., am 18. November 2009

Am 08. Mai 2007 hat in Prag eine Demonstration der Tschechischen Nationalpartei (Narodni strana, kurz „NS“) unter dem volksverhetzenden Thema „Der Abschub war richtig“ stattgefunden. Diese die vertriebenen wie heimatverbliebenen Sudetendeut­sche diskriminierende Aktion wird auf der Heimseite der „NS“ (www.narodni-strana.cz) auch ganz offen in englischer und tschechischer Sprache veröffentlicht.

Neben den klaren menschrechtsverletzenden Aktionen solcher Art bietet in der Repu­blik Tschechien aber vor allem die nach wie vor bestehende Gültigkeit der „Benes-De­krete“, die ganz klar menschen- und völkerrechtswidrig sind, offensichtlich Grundlage genug, die deutschen Minderheiten zu diskriminieren.

Vor dem Beitritt der Republik Tschechien zur Europäischen Union wurde die Abschaf­fung der Dekrete gefordert, maßgebliche politische Kräfte in Österreich und Deutsch­land stellten allerdings im Zuge dessen in Aussicht, die Abschaffung der Dekrete erst zu fordern, wenn Tschechien Mitglied sei.

Bis dato ist allerdings nichts passiert, was auf eine Abschaffung hindeutet, im Gegen­teil: Im Zuge der Ratifizierung des Vertrages von Lissabon wurde der Republik Tsche­chien auf Verlangen durch eben diese durch den Europäischen Rat eine Ausnahme­klausel für die Grundrechtecharta zugestanden, um damit indirekt die Benes-Dekrete zu sanktionieren. Ungeheuerlich dabei ist, dass der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und sein Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) im Vor­feld beteuert haben, keinerlei direkte oder indirekte Sanktionierung der Benes-Dekrete durch die EU zuzulassen, und dann sehr wohl einer solchen zugestimmt haben.

Daher stellen die unterzeichnenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, auf bilateraler österreichisch-tschechischer, euro­päischer und internationaler Ebene dafür Sorge zu tragen, dass in der Republik Tsche­chien ein menschenrechtskonformer rechtlicher Zustand hergestellt wird und die Be­nes-Dekrete beseitigt werden.

Darüber hinaus wird die Bundesregierung ersucht, alle erforderlichen Maßnahmen zu setzen, dass die Opfer der tschechischen Vertreibungsverbrechen eine Wiedergutma­chung des erlittenen Unrechts durch die Republik Tschechien erhalten.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Mut­tonen. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


16.29.10

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanz­ler! Meine Damen und Herren! Frau Kitzmüller, dass die Grundrechtscharta in drei von


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 160

27 Mitgliedstaaten keine Anwendung finden soll und den Bürgern dieser Mitgliedstaa­ten damit auch Grundrechte vorenthalten werden, ist sicher kritisch zu sehen. Der Vor­wurf ist aber an die jeweiligen Regierungen zu richten und nicht an die österreichische Bundesregierung. (Abg. Neubauer: So einfach kann man es sich nicht machen!)

Meine Damen und Herren, die tiefe Abneigung, die von Seiten der FPÖ gegenüber einem Miteinander innerhalb der EU zu spüren ist, ist eine Art Realitätsverweigerung und nichts anderes als ein populistischer Versuch, auf einer populistischen Welle zu schwimmen. Sie argumentieren mit Weltuntergang, Untergang Europas und derglei­chen. Panikmache, das ist Ihre Methode.

Dort, wo es wirklich brennt, schauen Sie ja nicht hin, da verweigern Sie den Blick. Sie schauen nicht dort hin, wo es die wirklichen Probleme innerhalb der EU gibt. Mit diesen Problemen sind alle Mitgliedsländer konfrontiert. Sie schauen nicht auf die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise. Sie schauen nicht auf die Arbeitslosenquoten, die immer höher werden. Sie schauen aber auch nicht auf die gravierenden sozialen Folgen im Bereich der sozialen Sicherheit und des sozialen Zusammenhalts.

Meine Damen und Herren, es ist unsere Aufgabe, Sorge dafür zu tragen, dass die so­zialen Mindeststandards weiterentwickelt werden. (Zwischenruf des Abg. Weinzinger.) Es geht nicht um den Untergang, sondern um die Weiterentwicklung Europas.

Sie von der FPÖ stellen auch nicht die Frage nach einer effizienten Kontrolle der Fi­nanzmärkte. Auch Themen wie Energiesicherheit und Klimawandel werden von Ihnen nicht angesprochen, obwohl der Klimawandel mit all seinen Konsequenzen auf die Menschen in Europa, ja der ganzen Welt große Auswirkungen hat. So hat unter den Hauptakteuren im Klimaweltwettlauf, dazu gehören die USA, China, Brasilien und Indi­en, die EU sicher eine Vorreiterrolle. Aber das können wir nur gemeinsam tun.

Nicht zuletzt schauen Sie auch nicht auf die Frage der inneren Sicherheit in der EU und die Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität. Da ist Zusammenarbeit gefordert. Sie sprechen von ganz anderen Themen. Sie wollen sich nicht mit den grundlegenden Problemen der EU beschäftigen. (Beifall bei der SPÖ.)

Zu all diesen Problemen gilt es Antworten und Lösungsstrategien zu entwickeln, und zwar nicht isoliert, sondern auf gemeinsamer und tragfähiger Ebene.

Mit dem Vertrag von Lissabon, der in Kraft treten wird, wird die EU auf eine neue Grundlage gestellt werden. Die Handlungsfähigkeit der EU und das demokratische Prinzip werden gestärkt. Angesichts der Tatsache, dass es sich nicht mehr um eine EU der 15, sondern um eine Union der 27 handelt, sind andere Mechanismen notwendig, damit die Entscheidungsprozesse funktionieren. Ein wichtiger zukunftsweisender Schritt also.

Der Vertrag von Lissabon stärkt die soziale Verantwortung innerhalb der EU. Es geht dabei um die Bekämpfung von sozialer Ausgrenzung und Diskriminierung, um die För­derung sozialer Gerechtigkeit, die Gleichstellung von Männern und Frauen, die Solida­rität zwischen den Generationen und auch um die Wahrung der Rechte des Kindes.

Das ist ein großer Schritt in Richtung eines sozialeren Europas, das aber auf Basis der neuen Grundlagen Schritt für Schritt erkämpft werden muss. Das sollte Sie interessie­ren, Herr Strache.

Es gibt aber durch diesen Vertrag von Liss