Parlament Österreich

 

 

 

 

Stenographisches Protokoll

 

 

 

 

 

33. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXVI. Gesetzgebungsperiode

 

Freitag, 29. Juni 2018

 

 


Stenographisches Protokoll

33. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXVI. Gesetzgebungsperiode                        Freitag, 29. Juni 2018

Dauer der Sitzung

                                               Freitag, 29. Juni 2018: 12.00 – 12.18 Uhr

                                                                                             15.15 – 18.31 Uhr

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 14

Geschäftsbehandlung

Wortmeldungen betreffend die Vertretung von Bundeskanzler Sebastian Kurz
in dieser Sitzung:

Mag. Andreas Schieder ............................................................................................... 14

August Wöginger ......................................................................................................... 16

Dr. Nikolaus Scherak, MA ........................................................................................... 17

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ............................................................................................ 17

Dr. Walter Rosenkranz ................................................................................................ 18

Stellungnahme des Präsidenten Mag. Wolfgang Sobotka ...................................... 15

Unterbrechung der Sitzung .......................................................................................... 21

Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz im Zusammenhang mit einer Aufforderung betreffend Demonstrationen .......................................................................................... 29

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 14

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 19

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­kanzler betreffend „12-Stunden-Tag und 60-Stunden-Woche – in wessen Auftrag, Herr Bundeskanzler?“ (1152/J)                       21

Begründung: Josef Muchitsch ...................................................................................... 29

Bundesminister Mag. Gernot Blümel, MBA .............................................................. 34


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 2

Debatte:

Mag. Christian Kern ..................................................................................................... 40

August Wöginger ......................................................................................................... 43

Mag. Johann Gudenus, M.A.I.S. ................................................................................. 46

Josef Muchitsch (tatsächliche Berichtigungen) ....................................................  48, 59

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................... 49

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA ......................................................................... 50

Dietmar Keck ................................................................................................................ 56

Peter Haubner ............................................................................................................... 57

Mag. Gerald Hauser ..................................................................................................... 60

Josef Schellhorn .......................................................................................................... 61

Mag. Bruno Rossmann ................................................................................................ 65

Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc ................................................................................. 67

Vizekanzler Heinz-Christian Strache ......................................................................... 69

Tanja Graf ...................................................................................................................... 72

Hannes Amesbauer, BA .............................................................................................. 74

Mario Lindner (tatsächliche Berichtigung) .................................................................... 76

Dr. Nikolaus Scherak, MA ........................................................................................... 76

Stephanie Cox, BA ....................................................................................................... 78

Bundeskanzler Sebastian Kurz .................................................................................. 80

Dr. Walter Rosenkranz ................................................................................................ 83

Gabriele Heinisch-Hosek ............................................................................................. 85

Karl Nehammer, MSc ................................................................................................... 86

Mag. Andreas Schieder ............................................................................................... 87

Dr. Angelika Winzig ..................................................................................................... 87

Entschließungsantrag der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wird der 12h-Arbeitstag tatsächlich freiwil­lig sein? Machen Sie den Test! Lassen Sie die Betroffenen abstimmen!“ – Ableh­nung ...................................................................  53, 88

Entschließungsantrag der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz ab dem ers­ten Geburtstag“ – Ablehnung       63, 88

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Muchitsch, Daniela Holzin­ger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „korrekte demokra­tiepolitische Vorgangsweise“ – Ablehnung          68, 88

Eingebracht wurden

Petition .......................................................................................................................... 19

Petition betreffend „15a Vereinbarung zur institutionellen Kinderbetreuung muss bleiben!“ (Ordnungsnummer 4) (überreicht vom Abgeordneten Erwin Preiner)

Regierungsvorlagen .................................................................................................... 19

206: Bundesgesetz, mit dem das Pensionskassengesetz geändert wird

237: Abkommen über politischen Dialog und Zusammenarbeit zwischen der Eu­ropäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Kuba an­dererseits

Berichte ......................................................................................................................... 20

III-150: Bericht betreffend Wiener Staatsoper GmbH – Reihe BUND 2018/32; Rech­nungshof


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 3

III-157: Bericht betreffend Verkehrsinfrastruktur des Bundes – Strategien, Pla­nung, Finanzierung – Reihe BUND 2018/33; Rechnungshof

III-159: Monitoringreport betreffend Klima- und Energieziele; BM f. Nachhaltigkeit und Tourismus

III-160: Bundesrechnungsabschluss für das Jahr 2017

III-161: Bericht über die Entschließung des Nationalrates vom 29. Februar 2012, E 232-NR/XXIV. GP betreffend Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika über die Ver­tiefung der Zusammenarbeit bei der Verhinderung und Bekämpfung schwerer Straftaten (PCSC) – Berichtszeitraum 1. Mai 2017 bis 30. April 2018; BM f. Inne­res

III-163: GREVIO-(Basis)Evaluierungsbericht über gesetzliche und weitere Maß­nahmen zur Umsetzung des Übereinkommens des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt; BM f. Frau­en, Familien und Jugend

III-164: Lebensmittelsicherheitsbericht 2017; BM f. Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz

Anträge der Abgeordneten

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfas­sungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) geändert wird (306/A)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schutz der Mei­nungs- und Pressefreiheit im Internet (307/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Österreichischer Gedenkdienst (1055/J)

Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung betreffend Staatsbesuch des FPÖ-Freundes Putin (1056/J)

Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend Staatsbesuch des FPÖ-Freundes Putin (1057/J)

Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport betreffend Staatsbesuch des FPÖ-Freundes Putin (1058/J)

Ing. Markus Vogl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, So­ziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend die Finanzierung der Aufgaben der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (1059/J)

Ing. Markus Vogl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltig­keit und Tourismus betreffend die Finanzierung der Aufgaben der Agentur für Gesund­heit und Ernährungssicherheit (1060/J)

Elisabeth Feichtinger, BEd, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend Sicherheitsüberprüfungen von Biogasanlagen (1061/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 4

Ing. Markus Vogl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, So­ziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Anteil von Bio-Lebensmitteln in öffentlichen Einrichtungen (1062/J)

Ing. Markus Vogl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wis­senschaft und Forschung betreffend Anteil von Bio-Lebensmitteln in öffentlichen Ein­richtungen (1063/J)

Ing. Markus Vogl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Anteil von Bio-Lebensmitteln in öffentlichen Einrichtungen (1064/J)

Ing. Markus Vogl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Anteil von Bio-Lebensmitteln in öffentlichen Einrichtungen (1065/J)

Ing. Markus Vogl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend Anteil von Bio-Lebensmitteln in öffentlichen Einrichtungen (1066/J)

Ing. Markus Vogl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesvertei­digung betreffend Anteil von Bio-Lebensmitteln in öffentlichen Einrichtungen (1067/J)

Ing. Markus Vogl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltig­keit und Tourismus betreffend Anteil von Bio-Lebensmitteln in öffentlichen Einrichtun­gen (1068/J)

Ing. Markus Vogl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wis­senschaft und Forschung betreffend Anteil von Bio-Lebensmitteln bei der Verpflegung an österreichischen Universitäten (1069/J)

Ing. Markus Vogl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, In­novation und Technologie betreffend Anteil von Bio-Lebensmitteln in öffentlichen Ein­richtungen (1070/J)

Ing. Markus Vogl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, In­tegration und Äußeres betreffend Anteil von Bio-Lebensmitteln in öffentlichen Einrich­tungen (1071/J)

Ing. Markus Vogl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Anteil von Bio-Lebensmitteln in öffentli­chen Einrichtungen (1072/J)

Ing. Markus Vogl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisie­rung und Wirtschaftsstandort betreffend Anteil von Bio-Lebensmitteln in öffentlichen Einrichtungen (1073/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Bankenaufsicht (1074/J)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Besetzung des Verbund-Vorstandes (1075/J)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend den Entwurf eines „Zweiten Bundes­rechtsbereinigungsgesetzes“, dessen Frist für Stellungnahmen am 1. Juni 2018 ablief (1076/J)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend den Entwurf eines „Zweiten Bundesrechtsbereinigungsgesetzes“, dessen Frist für Stellung­nahmen am 1. Juni 2018 ablief (1077/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 5

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport betreffend den Entwurf eines „Zweiten Bundesrechtsbereinigungs­gesetzes“, dessen Frist für Stellungnahmen am 1. Juni 2018 ablief (1078/J)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend den Entwurf eines „Zweiten Bundesrechtsbereinigungs­gesetzes“, dessen Frist für Stellungnahmen am 1. Juni 2018 ablief (1079/J)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Fa­milien und Jugend betreffend den Entwurf eines „Zweiten Bundesrechtsbereinigungs­gesetzes“, dessen Frist für Stellungnahmen am 1. Juni 2018 ablief (1080/J)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wis­senschaft und Forschung betreffend den Entwurf eines „Zweiten Bundesrechtsberei­nigungsgesetzes“, dessen Frist für Stellungnahmen am 1. Juni 2018 ablief (1081/J)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, So­ziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend den Entwurf eines „Zweiten Bundesrechtsbereinigungsgesetzes“, dessen Frist für Stellungnahmen am 1. Juni 2018 ablief (1082/J)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend den Entwurf eines „Zweiten Bundesrechtsbereini­gungsgesetzes“, dessen Frist für Stellungnahmen am 1. Juni 2018 ablief (1083/J)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend den Entwurf eines „Zweiten Bundesrechtsbereinigungsgesetzes“, dessen Frist für Stellungnahmen am 1. Juni 2018 ablief (1084/J)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, In­tegration und Äußeres betreffend den Entwurf eines „Zweiten Bundesrechtsbereini­gungsgesetzes“, dessen Frist für Stellungnahmen am 1. Juni 2018 ablief (1085/J)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltig­keit und Tourismus betreffend den Entwurf eines „Zweiten Bundesrechtsbereinigungs­gesetzes“, dessen Frist für Stellungnahmen am 1. Juni 2018 ablief (1086/J)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung betreffend den Entwurf eines „Zweiten Bundesrechtsbereinigungsgesetzes“, dessen Frist für Stellungnahmen am 1. Juni 2018 ablief (1087/J)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend den Entwurf eines „Zweiten Bundesrechtsbereinigungsgesetzes“, dessen Frist für Stellungnahmen am 1. Juni 2018 ablief (1088/J)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisie­rung und Wirtschaftsstandort betreffend den Entwurf eines „Zweiten Bundesrechtsbe­reinigungsgesetzes“, dessen Frist für Stellungnahmen am 1. Juni 2018 ablief (1089/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend begleitete minderjährige Asylwerber_innen (1090/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Unbegleitete Minderjährige Fremde (umF) (1091/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitali­sierung und Wirtschaftsstandort betreffend im Eilverfahren entstandene WKO-Kampag­ne (1092/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 6

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Umgang der Polizei und des BMI mit einem Misshandlungsvorfall am 22.2.
2018 in der Dr.-Otto-Neurath-Gasse durch Polizei, BMI und Justiz (1093/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Ermittlungen zu Burschenschaften im BVT (1094/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Krebsvorsorge in Österreich (1095/J)

Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Fehlerquote des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) (1096/J)

Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend Agenturleistungen für den österreichischen Rats­vorsitz (1097/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Vorbeugende Maßnahmen und Informationspolitik des Verteidigungsministers bezüglich eines potenziellen Blackouts (1098/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Folgeanfrage diskriminie­rungsfreie Blutspende (1099/J)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend „Burschenschafterturm“ (1100/J)

Stephanie Cox, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „AI Strategie und neue Datenpolitik für Öster­reich“ (1101/J)

Stephanie Cox, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend „AI Strategie und neue Datenpolitik für Öster­reich“ (1102/J)

Stephanie Cox, BA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitali­sierung und Wirtschaftsstandort betreffend „AI Strategie und neue Datenpolitik für Ös­terreich“ (1103/J)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Fa­milien und Jugend betreffend Förderungen der Familiensektion (1104/J)

Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend „Pro Border“ am Grenzübergang Spielfeld (1105/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend Einfuhrumsatzsteuer bei Warenbestellungen in Drittländern (1106/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend „Brexit: Verhandlungen und Positionen“ (1107/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Brexit: Verhandlungen und Positionen“ (1108/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frau­en, Familien und Jugend betreffend „Brexit: Verhandlungen und Positionen“ (1109/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Brexit: Verhandlungen und Positionen“ (1110/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 7

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Euro­pa, Integration und Äußeres betreffend „Brexit: Verhandlungen und Positionen“ (1111/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend „Brexit: Verhandlungen und Positionen“ (1112/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nach­haltigkeit und Tourismus betreffend „Brexit: Verhandlungen und Positionen“ (1113/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend „Brexit: Verhandlungen und Positionen“ (1114/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ver­fassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend „Brexit: Verhandlungen und Positionen“ (1115/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für öffent­lichen Dienst und Sport betreffend „Brexit: Verhandlungen und Positionen“ (1116/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bil-
dung, Wissenschaft und Forschung betreffend „Brexit: Verhandlungen und Positionen“ (1117/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend „Brexit: Verhandlungen und Positionen“ (1118/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digi­talisierung und Wirtschaftsstandort betreffend „Brexit: Verhandlungen und Positionen“ (1119/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend „Brexit: Verhandlungen und Positionen“ (1120/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis-
ter für Landesverteidigung betreffend Ernährung beim Österreichischen Bundesheer (1121/J)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Fa­milien und Jugend betreffend Erhöhung der Strafen für Gewalt- und Sexualstraftäter (Fortsetzung) (1122/J)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Erhö­hung der Strafen für Gewalt- und Sexualstraftäter (1123/J)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Erhöhung der Strafen für Gewalt- und Sexualstraftäter (Fortsetzung) (1124/J)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend Erhöhung der Strafen für Gewalt- und Sexualstraftäter (Fortsetzung) (1125/J)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Sozia­les, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Erhöhung der Strafen für Gewalt- und Sexualstraftäter (Fortsetzung) (1126/J)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport betreffend Erhöhung der Strafen für Gewalt- und Sexualstraftäter (Fort­setzung) (1127/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 8

Wolfgang Katzian, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhal­tigkeit und Tourismus betreffend Grundlagenstudie zum Ökostromgesetz 2017 – Eck­punkte für die zukünftige Ökostromförderung (1128/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Wieso verbietet das Ge­sundheitsministerium dem Land Niederösterreich Transparenz bei A-IQI-KH-Behand­lungsqualität? (1129/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betref­fend Beratervertrag Stefan Steiner (1130/J)

Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ar­beit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Prostitution und Sex­arbeit in Österreich (1131/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Fi­nanzen betreffend Studie der Universität Graz zum Online-Glücksspiel (1132/J)

Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler be­treffend den aktuellen Stand der Umsetzung der Nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) in Österreich (1133/J)

Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend den aktuellen Stand der Umsetzung der Nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) in Österreich (1134/J)

Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend den aktuellen Stand der Umsetzung der Nachhaltigen Entwick­lungsziele (SDGs) in Österreich (1135/J)

Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend den aktuellen Stand der Umset­zung der Nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) in Österreich (1136/J)

Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend den aktuellen Stand der Umsetzung der Nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) in Österreich (1137/J)

Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend den aktuellen Stand der Umsetzung der Nachhaltigen Entwicklungs­ziele (SDGs) in Österreich (1138/J)

Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend den aktuellen Stand der Umsetzung der Nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) in Österreich (1139/J)

Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend den aktuellen Stand der Umsetzung der Nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) in Österreich (1140/J)

Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend den aktuellen Stand der Umsetzung der Nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) in Österreich (1141/J)

Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend betreffend den aktuellen Stand der Umsetzung der Nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) in Österreich (1142/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 9

Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport betreffend den aktuellen Stand der Umsetzung der Nach­haltigen Entwicklungsziele (SDGs) in Österreich (1143/J)

Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend den aktuellen Stand der Umsetzung der Nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) in Österreich (1144/J)

Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend den aktuellen Stand der Umsetzung der Nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) in Österreich (1145/J)

Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres betreffend den aktuellen Stand der Umsetzung der Nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) in Österreich (1146/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend Reiterstaffel für Polizei (1147/J)

Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend Task Force „Gewalt gegen Frauen“ (1148/J)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend Inserate, mit denen der Polizeidienst beworben wird, in Print-, online- und anderen Medien (1149/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Sozialgerichtskosten der SV-Träger (1150/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend die Rolle der Kommandos im Österreichischen Bun­desheer bei Assistenzeinsätzen (1151/J)

Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend 12-Stun­den-Tag und 60-Stunden-Woche – in wessen Auftrag, Herr Bundeskanzler? (1152/J)

*****

Mag. Muna Duzdar, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend Anlaufstelle gegen sexuelle Belästigung (8/JPR)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (663/AB zu 688/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (664/AB zu 693/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend im Frauen, Familien und Ju­gend auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (665/AB zu 694/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend im Frauen, Familien und Ju­gend auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (666/AB zu 687/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 10

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien im EU, Kunst, Kultur und Me­dien auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (667/AB zu 692/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend im Frauen, Familien und Ju­gend auf die Anfrage der Abgeordneten Stephanie Cox, BA, Kolleginnen und Kolle­gen (668/AB zu 676/J)

des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Christian Kovacevic, Kolleginnen und Kollegen (669/AB zu 678/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Cor­nelia Ecker, Kolleginnen und Kollegen (670/AB zu 674/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (671/AB zu 683/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (672/AB zu 681/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (673/AB zu 685/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Mag. Peter Weidinger, Kolleginnen und Kollegen (674/AB zu 677/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Christian Kovacevic, Kolleginnen und Kollegen (675/AB zu 679/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (676/AB zu 695/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (677/AB zu 684/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Bern­hard, Kolleginnen und Kollegen (678/AB zu 675/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der Abgeordneten Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen (679/AB zu 671/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen (680/AB zu 670/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeord­neten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (681/AB zu 689/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (682/AB zu 691/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeord­neten Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann, Kolleginnen und Kollegen (683/AB zu 669/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (684/AB zu 686/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (685/AB zu 697/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 11

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (686/AB zu 711/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (687/AB zu 702/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc, Kolleginnen und Kolle­gen (688/AB zu 765/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolle­ginnen und Kollegen (689/AB zu 698/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (690/AB zu 700/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (691/AB zu 701/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen (692/AB zu 708/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (693/AB zu 699/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der Abgeordneten Stephanie Cox, BA, Kolleginnen und Kollegen (694/AB zu 696/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend im Frauen, Familien und Ju­gend auf die Anfrage der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolle­ginnen und Kollegen (695/AB zu 709/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (696/AB zu 713/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (697/AB zu 734/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen (698/AB zu 703/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (699/AB zu 732/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Melanie Erasim, MSc, Kolleginnen und Kollegen (700/AB zu 740/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Melanie Erasim, MSc, Kolleginnen und Kollegen (701/AB zu 741/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Melanie Erasim, MSc, Kolleginnen und Kollegen (702/AB zu 744/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen (703/AB zu 715/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 12

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (704/AB zu 727/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen (705/AB zu 714/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Schell­horn, Kolleginnen und Kollegen (706/AB zu 704/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogten­huber, BA, Kolleginnen und Kollegen (707/AB zu 707/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (708/AB zu 733/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (709/AB zu 737/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Melanie Era­sim, MSc, Kolleginnen und Kollegen (710/AB zu 742/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Melanie Era­sim, MSc, Kolleginnen und Kollegen (711/AB zu 743/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen (712/AB zu 705/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeord­neten Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kollegen (713/AB zu 710/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen (714/AB zu 706/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (715/AB zu 712/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen (716/AB zu 738/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (717/AB zu 739/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (718/AB zu 725/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (719/AB zu 729/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (720/AB zu 730/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (721/AB zu 720/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (722/AB zu 721/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (723/AB zu 745/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 13

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeord­neten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (724/AB zu 735/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Mat­thias Strolz, Kolleginnen und Kollegen (725/AB zu 717/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abge­ordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (726/AB zu 723/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeord­neten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (727/AB zu 736/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeord­neten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (728/AB zu 722/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeord­neten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (729/AB zu 726/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (730/AB zu 731/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (731/AB zu 728/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen (732/AB zu 718/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der Abgeordneten Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen (733/AB zu 719/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (734/AB zu 724/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (735/AB zu 746/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (736/AB zu 748/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (737/AB zu 750/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (738/AB zu 747/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen (739/AB zu 749/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen (740/AB zu 751/J)


 


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 14

12.00.50Beginn der Sitzung: 12 Uhr

Vorsitzende: Präsident Mag. Wolfgang Sobotka, Zweite Präsidentin Doris Bures.

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abge­ordnete hier im Saal! Werte Gäste auf der Galerie, Vertreter der Linné-Gesellschaft und der Gartenbau-Gesellschaft, herzlich willkommen bei uns! Werte Damen und Her­ren vor den Fernsehgeräten! Ich darf die 33. Sitzung des Nationalrates, die aufgrund eines ausreichend unterstützten Verlangens gemäß § 46 Abs. 6 des Geschäftsord­nungsgesetzes einberufen wurde, eröffnen.

Die Amtlichen Protokolle der 28., der 29. und der 30. Sitzung vom 13. Juni 2018 sowie der 31. und der 32. Sitzung vom 14. Juni 2018 sind in der Parlamentsdirektion aufgele­gen und wurden nicht beanstandet.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Maria Großbauer, Johann Höfinger, Johann Rädler, Mag. Thomas Drozda, Werner Neubauer, Ing. Christian Pewny und Petra Steger.

12.01.56Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Für den heutigen Sitzungstag hat das Bundes­kanzleramt über die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung, welche sich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhalten, folgende Mitteilung ge­macht:

Der Bundeskanzler Sebastian Kurz wird aufgrund der Verschiebung der Sitzung des Europäischen Rates durch den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien Mag. Gernot Blümel vertreten. (Abg. Schieder: Das ist unerhört! Zur Geschäftsord­nung! Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich erteile Abgeordnetem - - (Abg. Schie­der: Klubobmann! – Weitere Rufe: Klubobmann! – Ruf bei der FPÖ: „Wissen Sie nicht, wer ich bin?“) Ich erteile Abgeordnetem Klubobmann Schieder das Wort. – Bitte. (Abg. Höbart: Leider-doch-nicht-Bürgermeister! Heiterkeit bei der FPÖ.)

*****


12.01.57

Abgeordneter Mag. Andreas Schieder (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Danke schön, Herr Abgeordneter Präsident Sobotka! Wir haben die Vertretungsmeldung des Verbindungsdienstes gemäß Artikel 73 B-VG, dass der Bundeskanzler heute nicht anwesend sein wird, bekommen. Wir sind einigermaßen überrascht und verärgert, denn, sehr geehrter Herr Präsident, Sie selbst haben in der Präsidiale und bei allen Sit­zungen auf unser wiederholtes Fragen, ob der Bundeskanzler trotz des Europäischen Rates sicherstellen kann, dass er heute um 15 Uhr bei Aufruf der Dringlichen Anfrage hier sein wird, hoch und heilig – Sie selbst, hoch und heilig! – versprochen, dass der Bundeskanzler heute um 15 Uhr hier sein wird, komme, was wolle.

Wir haben immer wieder darauf hingewiesen, dass Donnerstag und Freitag Europäi­scher Rat ist, haben deshalb auch gesagt, dass der Freitag nicht unser Wunschtermin ist, und, wie angeboten, Montag, Dienstag oder Mittwoch als Sitzungstermin vorge­schlagen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von NEOS und Liste Pilz.)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 15

Warum? – Wir haben es ja in der Präsidiale auch begründet: Weil die Erfahrung gelehrt hat, dass die Sitzungen des Europäischen Rates hinsichtlich ihres Endes nicht so ein­schätzbar sind, dass man rechtzeitig zu einer Nationalratssitzung kommen kann. Daher liegt die Vermutung nahe, dass es von Anfang an der Plan war, dieses Parlament hin­sichtlich dieses Themas zu verhöhnen und zu missachten. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von NEOS und Liste Pilz.)

Werter Herr Präsident, Sie sind der Präsident des Nationalrates, und Sie haben uns versprochen, dass eine ordentliche Behandlung dieser Dringlichen Anfrage an den Bundeskanzler hier im Haus sichergestellt wird. Was ist passiert? – Es wird nicht so sein. Das ist eine Verhöhnung und eine Missachtung des Parlaments! (Zwischenruf des Abg. Martin Graf.)

Es ist aber darüber hinaus bei einem Thema, das Millionen Arbeitnehmerinnen und Ar­beitnehmer in unserem Land betrifft, bei einem Thema, das einen massiven Einschnitt ins Leben bedeutet – die Einführung des 12-Stunden-Tages und der 60-Stunden-Wo­che –, auch eine Verhöhnung und Missachtung aller Österreicherinnen und Österrei­cher, die sich erwartet hätten, dass der Bundeskanzler hier zu diesem Thema Rede und Antwort steht, weil das Parlament die gewählte Vertretung des Volkes ist. (Anhal­tender Beifall bei der SPÖ sowie Beifall bei Abgeordneten von NEOS und Liste Pilz.)

Sehr geehrter Herr Präsident, Sie haben uns ja selbst auch öfters versichert, dass Sie mit dem Bundeskanzler darüber gesprochen haben, und ich würde Sie bitten - - (Abg. Höbart: Ist das eine Plenarrede oder zur Geschäftsordnung?) – Hören Sie zu, dann werden Sie es verstehen – oder weiß man nicht! (Oje-Rufe bei der FPÖ.) Sehr geehr­ter Herr Präsident, Sie haben in direktem Kontakt mit dem Bundeskanzler jetzt noch die Chance, sicherzustellen, dass der Bundeskanzler der Republik Österreich bis 15 Uhr auch einmal dem Parlament zur Behandlung einer Dringlichen Anfrage an ihn selbst Rede und Antwort steht.  Das ist das Mindeste, was diese parlamentarische Demokratie verlangt. Auch Bundeskanzler Kurz soll hier im Haus endlich einmal Rede und Antwort stehen, so wie es vorgesehen ist und wie Sie es uns hoch und heilig versprochen haben. (Anhaltender Beifall bei der SPÖ sowie Beifall bei Abgeordneten von NEOS und Liste Pilz.)

12.05


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Klubobmann! Ich stelle ausdrücklich fest – bleiben Sie bei der Wahrheit! –: Ich habe nie gesagt, dass ich mit dem Bundeskanzler den Termin vereinbart habe (Abg. Schieder: Das habe ich schriftlich!) – dann lesen Sie das Protokoll! (Ruf bei der FPÖ: Das ist schwierig!) –, ich habe mit dem Bundes­kanzleramt den Termin vereinbart. (Abg. Schieder: Das ist ja unerhört, was Sie be­haupten hier! Weiterer Ruf bei der SPÖ: Sie sind unwürdig für das Haus! Abg. Schieder: Eine Schande ist das! Eine Schande sind Sie auch für das Haus! Das ist der Tiefpunkt des Parlamentarismus, was Sie hier aufführen! – Der Präsident gibt das Glockenzeichen.) – Ich bin am Wort! Bleiben Sie dabei: Ich habe das mit dem Bundes­kanzleramt vereinbart. (Abg. Schieder: Sie sind nicht ..., Sie sind auch Parlamentsprä­sident! Handeln Sie auch so! Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.  Abg. Schieder: Unerhört!) – Es war weder klar, dass die Möglichkeit nicht bestünde, geschweige denn war von Anfang an klar, dass er nicht erscheinen könne. (Rufe bei der SPÖ: Nein! – Abg. Scherak: 100 Mal angesprochen!)

Wenn eine Sitzung anstatt bis 22 Uhr bis 4.30 Uhr in der Früh dauert und die nächste Sitzung daher nicht ordnungsgemäß um 9 Uhr einberufen wurde, sondern erst um 11 Uhr, dann, glaube ich, ist der Bundeskanzler ordnungsgemäß vertreten. (Abg. Jaro­lim: Dann hätten Sie den Montag genommen! Montag, Dienstag, Mittwoch! Weiterer Ruf bei der SPÖ: Warum ist es nicht am Montag oder Dienstag gegangen?)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 16

Hinsichtlich der - - (Abg. Wittmann: Das ist eine Schande, was Sie hier abgeben! Das ist eine Schande!)

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Klubobmann Wöginger. – Bitte. (Abg. Witt­mann: Sie sind nicht mehr in der Regierung! Sie sind Präsident! Weitere Zwischen­rufe bei der SPÖ.)


12.07.39

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Also als Erstes würde ich ein­mal darum ersuchen, dass man sich wieder beruhigt und dass wir ordentlich miteinan­der reden können. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. Abg. Wittmann: Arroganz ist das! Arro­ganz!)

Wir haben uns in der Präsidiale darauf verständigt, dass der Bundeskanzler bei dieser heutigen Sitzung um 15 Uhr anwesend sein soll. Es konnte niemand voraus- - (Abg. Wittmann: Hochmut kommt vor dem Fall!) – Ich weiß nicht, ob es noch möglich ist, dass Abgeordnete der SPÖ auch einfach einmal zuhören. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.  Abg. Jarolim: Geh hör auf! Abg. Wittmann: Hochmut kommt vor dem Fall!)

Es konnte niemand wissen, dass der Europäische Rat heute Nacht bis 4.30 Uhr - - (Abg. Wittmann: Er ist ja lang genug da! ...! Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka (das Glockenzeichen gebend): Ich glaube, es gehört zum guten Ton, die Redner ausreden zu lassen. Ich würde wirklich darum bitten (Abg. Wittmann: Nehmen Sie einmal Ihr Amt wahr!), den Abgeordneten, der am Wort ist, auch ausreden zu lassen. (Abg. Rosenkranz: Ich hätte sehr gute Lust, einen ord­nungsrufverdächtigen Zwischenruf zu machen!)


Abgeordneter August Wöginger (fortsetzend): Es konnte niemand wissen, dass die Sitzung des Europäischen Rates heute bis in die frühen Morgenstunden, bis 4.30 Uhr Früh, andauert. Wer es nachlesen will, der kann das auf krone.at tun: Um 4.34 Uhr wurde die Einigung bekannt gegeben, was die gemeinsame Migrations- und Asylpolitik an unseren Außengrenzen anbelangt, und daher wurde die heutige Sitzung von 9 auf 11 Uhr verschoben.

Heute stehen dort auch zwei Punkte, die wichtig sind, auf der Tagesordnung, nämlich zum einen die Brexitverhandlungen und zum Zweiten Vorschläge von Deutschland und Frankreich zur Reform der Eurozone. Daher, meine Damen und Herren, ist es notwen­dig – insgesamt, aus der Sicht der Republik Österreich –, dass der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz unsere Republik bei diesen wichtigen Themen vertritt, zumal wir ja in zwei Tagen die EU-Ratspräsidentschaft übernehmen. (Abg. Noll: Zur GO, Herr Wöginger!)

Ich möchte noch einmal festhalten: Das war nicht vorhersehbar! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Es war nicht vorhersehbar, dass die Sitzung um 2 Stunden später beginnt, und die Anwesenheit des Kanzlers ist bei diesen Fragen dringend erforderlich. Herr Bun­desminister Blümel wird den Kanzler hier vertreten, und sobald dieser aus Brüssel wegkann, wird er nach Österreich zurückreisen. (Ruf bei der SPÖ: Das ist Arroganz!)

Wir stehen Rede und Antwort, auch bei diesen Themen, die beiden Klubs und auch Bundesminister Gernot Blümel. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 17

12.10


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Sche­rak. – Bitte.


12.10.34

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich muss ein bisschen klarstellen, was Klubobmann Wöginger jetzt gesagt hat. Von wegen es konnte niemand wissen, dass der Bundeskanzler aufgrund des Ra­tes keine Zeit haben wird, bei dieser Plenarsitzung dabei zu sein: Ich kann mich erin­nern, dass sowohl Herr Klubobmann Schieder als auch ich das mehrmals in der Son­derpräsidiale angesprochen haben, dass es ein ganz normaler Zustand ist, dass Räte sich verzögern, und wir mehrmals betont haben, dass es sich höchstwahrscheinlich nicht ausgehen wird. (Beifall bei NEOS und SPÖ sowie des Abg. Noll.)

Es ist ja nicht der erste Rat, der länger und bis in die Nachtstunden dauert. Das heißt, es war im Vorhinein alles absehbar, und dementsprechend stellt sich natürlich die Frage, wieso wir uns auf diesen Termin geeinigt haben. Wir haben länger darüber dis­kutiert, und mit ein Grund, dass wir heute diese Sondersitzung haben, die auf Verlan­gen der SPÖ einberufen wurde, war, dass der Bundeskanzler anwesend sein kann. Da der Bundeskanzler nicht anwesend ist, muss man sich fragen, ob diese Terminfindung auf irgendeine Art und Weise sinnvoll ist.

Ich gebe zusätzlich zu bedenken, dass es Präsidialprotokolle aus früheren Gesetzge­bungsperioden gibt, in denen steht, dass an und für sich bei der Terminfindung die Fraktion, die diese Sondersitzung beantragt – in diesem Fall die SPÖ –, besonders be­rücksichtigt wird. Auch das ist nicht passiert. (Beifall bei NEOS und SPÖ sowie der Abg. Cox.) Aufgrund Ihres Vorschlages ist heute dieser Termin, und der Hauptgrund war, dass einerseits Sie, Herr Präsident, anwesend sein können und dass der Herr Bundeskanzler anwesend sein kann.

Ich stelle nochmal das zur Debatte, was wir in einer vorigen Sitzung schon gehabt haben: Sind es der Usus und die Regel, dass der Bundeskanzler sich vertreten lässt, dann müssen wir uns ernsthaft darüber unterhalten, wie wir die Bestimmungen der Ge­schäftsordnung auszulegen haben, denn es steht grundsätzlich schon drin, dass das adressierte Regierungsmitglied anwesend sein soll und sich vertreten lassen kann. Sind es der Usus und die Regel, dass er sich immer vertreten lässt, dann müssen wir entweder die Geschäftsordnung neu formulieren – nämlich dass es heißt: man kann, wenn man will, kommen –, oder wir müssen uns darüber einig werden, was diese Re­gel bedeutet.

Ich lese diese Regel so, dass das zuständige Regierungsmitglied anwesend sein muss und sich in Ausnahmefällen vertreten lassen kann. Der Bundeskanzler fehlt de facto je­des Mal, wenn wir eine Aktuelle Stunde, die an ihn gerichtet ist, abhalten, in diesem Fall bei der Sondersitzung. Ich stelle mir wirklich die Frage, ob er dieses Haus in ir­gendeiner Art und Weise ernst nimmt. Ich glaube, dass das nicht der Fall ist, er hat uns das ja mehrmals damit signalisiert. (Beifall bei NEOS und SPÖ sowie bei Abgeordne­ten der Liste Pilz. – Bravorufe bei der SPÖ.)

12.12


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Zinggl.


12.12.47

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (PILZ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich glaube, Sie werden mir zustimmen, wenn ich behaupte, dass der Bun­deskanzler nicht nur gegenüber der EU seine Verpflichtungen hat, sondern auch ge­genüber dem österreichischen Parlament. Ich denke, viele dieser Argumente, die jetzt gefallen sind, haben wir in der letzten Präsidiale besprochen, und wir haben uns schlussendlich darauf geeinigt, den letztmöglichen Termin zu nehmen, da es seitens des Bundeskanzlers gar keine andere Wahl gegeben hat. Montag und Dienstag sind, wie Sie wissen, ausgeschieden, weil Sie in den Vereinigten Staaten waren. Wir hätten


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 18

gedacht, dass Sie auch vertreten werden können (Abg. Jarolim: Wer ist wichtiger? – Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPÖ), Sie aber haben gemeint, dass auch der Herr Bundeskanzler noch eine Chance hat, am Freitagnachmittag zu erscheinen, und dass dieser Termin gewählt wird.

Wir haben darauf hingewiesen, dass noch dazu Freitagnachmittag wegen des Schul­schlusses in den Ostbundesländern kein idealer Termin sei. (Abg. Jarolim: Eine Bos­haftigkeit!) Letztendlich ist es zu diesem Termin mit dem glaubhaften Versprechen ge­kommen – ob das jetzt unter Eides statt war oder nicht bleibt dahingestellt, aber wir sind glaubwürdig davon ausgegangen –, dass der Bundeskanzler heute um 3 Uhr er­scheint. (Abg. Jarolim: Eine primitive Boshaftigkeit!) Wir haben noch einmal, falls Sie sich erinnern, darauf hingewiesen, dass dies nicht wiederum so ein Trick sein sollte, dass er dann doch nicht kommt. Da ist uns gesagt worden: Nein, das wird nicht so sein, wir haben die Abmachung mit dem Bundeskanzleramt! – Und jetzt ist es tatsäch­lich so.

Sie werden verstehen, dass die Oppositionsparteien mit dieser Vorgangsweise Ihrer­seits nicht zufrieden sind und dementsprechend in der Präsidiale auch nochmals darü­ber reden wollen. – Danke. (Beifall bei Liste Pilz, SPÖ und NEOS. – Abg. Wittmann: Ich halte Sie für überfordert! Sie sind schwer überfordert, Herr Präsident!)

12.14


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Nächster Redner: Abgeordneter Rosenkranz. – Bitte.


12.14.48

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsi­dent! Es ist schon eigenartig (Abg. Wittmann: Herr Präsident, Sie sind überfordert! – Abg. Heinisch-Hosek: Was ist eigenartig?), es ist schon sehr eigenartig, wenn man in einem Zwischenruf die Tatsache, dass der Präsident des Nationalrates sagt: Ich möchte bei einer Nationalratssitzung dabei sein!, als bösartige Sache bezeichnet. Es ist unerhört! Jeder Abgeordnete und insbesondere selbstverständlich die Mitglieder des Präsidiums sollten eigentlich daran interessiert sein, bei einer Sitzung dabei zu sein. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Wittmann: Dieser Präsident ist überfordert mit die­sem Amt! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Was ist jetzt tatsächlich passiert? – Wir haben zeitliche Korsette gehabt, zum Beispiel die Tatsache einer Bundesratssitzung am gestrigen Tag, wonach dieser Saal gar nicht zur Verfügung gestanden wäre, und Ähnliches. Wir haben eine Geschäftsordnung, die vorgibt, binnen welcher Zeit diese Sondersitzung, diese Sonderaktionen abzuhalten sind, und wir sind innerhalb der Zeit. (Abg. Heinisch-Hosek: Das war ... gar nicht The­ma!)

Zur Frage, dass der Herr Bundeskanzler in Brüssel bei einem Europäischen Rat weilt, muss ich eines sagen: Ich bin eigentlich im Sinne der Republik und daher auch der De­mokratie sehr dankbar, dass jetzt in der EU, in Brüssel endlich einmal eine Politik be­trieben wird, die maßgeblich von Österreich mitbestimmt wird (Beifall bei FPÖ und ÖVP) und bei der Themen vorgegeben werden, insbesondere in der Frage des Ein­dämmens der illegalen Massenzuwanderung nach Europa (Zwischenrufe bei der SPÖ – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen), die endlich einmal nach österrei­chischen Vorstellungen angegangen werden. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Sche­rak: Das hat aber wirklich nichts mehr mit der Geschäftsordnung zu tun!)

Die Zeiten, in denen sozialistische Bundeskanzler nach Brüssel gefahren sind (Zwi­schenrufe der Abgeordneten Krainer und Duzdar) und sich Angela Merkels Meinung abgeholt haben – er kommt ohne Meinung hierher und fährt mit meiner heim!, soll sie


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 19

einmal gesagt haben –, sind vorbei, Österreich ist wieder eine Nummer in Europa. (Bei­fall bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Schieder: Eine Lachnummer! – Zwischenruf der Abg. Erasim. – Abg. Wittmann: Sie sind überfordert, Herr Präsident, schwer überfordert mit Ihrem Amt! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

12.16

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich denke, trotz aller Emotionen sollten wir daran denken, welches Bild wir in der Öffentlichkeit abgeben wollen. (Abg. Gudenus: Nicht „wir“, Herr Präsident! Abg. Schieder: Da sollten Sie über anderes nachdenken!) Ich denke, es trifft das gesamte Parlament. (Abg. Schieder: Sollen wir es nächstes Mal ans Amt richten, oder?)

12.17.16Einlauf und Zuweisungen


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsge­genstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsord­nung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 1055/J bis 1152/J

Schriftliche Anfragen an den Präsidenten des Nationalrates:

8/JPR

2. Anfragebeantwortungen: 663/AB bis 740/AB

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Pensionskassengesetz geändert wird (206 d.B.)

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 31d Abs. 5a, 32a Abs. 4, 74d Abs. 2, 74f Abs. 3, 80 Abs. 1, 100 Abs.4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 4 betreffend "15a Vereinbarung zur institutionellen Kinderbetreuung muss bleiben!", überreicht vom Abgeordneten Erwin Preiner

Zuweisungen auf Ersuchen des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiati­ven an andere Ausschüsse:

Gesundheitsausschuss:

Petition Nr. 1 betreffend "DON’T SMOKE, das Nichtraucherschutzgesetz muss blei­ben", überreicht von den Abgeordneten Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc, Mag. Dr. Mat­thias Strolz und Dr. Peter Kolba

Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie:

Bürgerinitiative Nr. 22 betreffend "Schutz der europäischen Stahlindustrie & Industrie­arbeitsplätze"

Wissenschaftsausschuss:

Bürgerinitiative Nr. 30 betreffend "Wissenschaftliche Arbeiten genderfrei!"


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 20

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Außenpolitischer Ausschuss:

Abkommen über politischen Dialog und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Kuba andererseits (237 d.B.)

Budgetausschuss:

Bundesrechnungsabschluss für das Jahr 2017 (III-160 d.B.)

Rechnungshofausschuss:

Bericht des Rechnungshofes betreffend Wiener Staatsoper GmbH - Reihe BUND 2018/32 (III-150 d.B.)

Bericht des Rechnungshofes betreffend Verkehrsinfrastruktur des Bundes – Strategien, Planung, Finanzierung - Reihe BUND 2018/33 (III-157 d.B.)

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Gesundheitsausschuss:

Lebensmittelsicherheitsbericht 2017 der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Ge­sundheit und Konsumentenschutz (III-164 d.B.)

Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Bericht des Bundesministers für Inneres über die Entschließung des Nationalrates vom 29. Februar 2012, E 232-NR/XXIV. GP betreffend Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika über die Vertiefung der Zusammenarbeit bei der Verhinderung und Bekämpfung schwerer Straftaten (PCSC) - Berichtszeitraum 1. Mai 2017 bis 30. April 2018 (III-161 d.B.)

Ausschuss für Menschenrechte:

GREVIO-(Basis)Evaluierungsbericht über gesetzliche und weitere Maßnahmen zur Umsetzung des Übereinkommens des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, vorgelegt von der Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend (III-163 d.B.)

Umweltausschuss:

Monitoringreport betreffend Klima- und Energieziele, vorgelegt von der Bundesminis­terin für Nachhaltigkeit und Tourismus (III-159 d.B.)

*****

12.17.27Ankündigung einer Dringlichen Anfrage


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die Abgeordneten Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen haben das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tagesordnung einge­brachte schriftliche Anfrage 1152/J der Abgeordneten Muchitsch, Kolleginnen und Kol­legen an den Bundeskanzler betreffend „12-Stunden-Tag und 60-Stunden-Woche – in wessen Auftrag, Herr Bundeskanzler?“ dringlich zu behandeln.

Der Aufruf der Dringlichen Anfrage wird deshalb, um die 3 Stunden einzuhalten, um 15.15 Uhr erfolgen.

*****


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 21

Ich darf bekannt geben, dass die Sitzung von ORF III in voller Länge übertragen wird, wobei jener Teil, der über 19.15 Uhr hinausgeht, zeitversetzt gesendet wird.

Ich darf daher die Sitzung bis 15.15 Uhr unterbrechen.

12.18.01

*****

(Die Sitzung wird um 12.18 Uhr unterbrochen und um 15.15 Uhr wieder aufge­nommen.)

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abge­ordneten! Werte Gäste auf der Zuschauergalerie! Ich darf die unterbrochene Sitzung wieder aufnehmen.

15.15.33Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „12-Stun­den-Tag und 60-Stunden-Woche – in wessen Auftrag, Herr Bundeskanzler?“ (1152/J)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 1152/J.

Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Februar 2017: Großunternehmer Stefan Pierer (KTM): „Zwölf Stunden sollten möglich sein“

Sommer 2017: Stefan Pierer spendet mehr als 400.000 Euro für den ÖVP-Wahlkampf

Juni 2018: ÖVP und FPÖ bringen Antrag für 12-Stunden Tag und 60-Stunden Woche ein

Vor fast genau hundert Jahren wurde der 12-Stunden-Tag abgeschafft. Diese Errun­genschaft wird jetzt, hundert Jahre später, von dieser Regierung unter Bundeskanzler Kurz rückgängig gemacht. Die bedingungslose Verlängerung der Arbeitszeit heißt: Während bis dato maximal zehn Stunden am Tag gearbeitet werden darf, dürfen künftig auch eine 11. und 12. Stunde angeordnet werden. Anstatt 50 Stunden in der Woche, darf der Arbeitgeber 60 Stunden Arbeit verlangen. Der 12-Stunden-Tag ist so­mit ab dem In-Kraft-Treten dieser Neuregelung mit 1.1.2019 die allgemeine Höchst­grenze und nicht mehr die Ausnahme.

Der 12-Stunden-Tag macht krank und vernichtet Arbeitsplätze. Er erschwert die Ver­einbarkeit von Beruf und Privatleben, insbesondere dem Familienleben und verfestigt an sich bereits überholte Geschlechterrollen. Ihre generelle Einführung ist daher nicht nur für die betroffenen ArbeitnehmerInnen, sondern auch gesamtgesellschaftlich ein Rückschritt in frühindustrielle Zeiten.

Die Einführung 12-Stunden-Tag/60-Stunden-Woche bedeutet:

•             Lohnraub: Für die gleiche oder vielleicht sogar mehr Arbeit wird es vielfach ins­gesamt weniger Lohn geben.

o            In Zukunft kann bei Gleitzeit an fünf Tagen in der Woche bis zu 12 Stunden zu­schlagsfrei gearbeitet werden. Das betrifft derzeit bereits rund 1 Mio. ArbeitnehmerIn-


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 22

nen. Je länger der Durchrechnungszeitraum ist, umso wahrscheinlicher wird es, dass die tägliche Arbeitszeit, die über acht Stunden hinausgeht, nicht als Überstunde be­zahlt werden muss.

o            Somit ist künftig eine zuschlagsfreie 60-Stunden-Woche möglich.

o            In Hinkunft wird auch die Anzahl der betroffenen AN deutlich steigen, weil Gleit­zeit mit den einzelnen AN persönlich und nicht mehr über BV vereinbart werden kann.

o            Alle Menschen mit All-Inklusive-Verträgen, das sind laut Statistik Austria rund 15 % aller ArbeitnehmerInnen, müssen fürs selbe Geld mehr arbeiten. Bisher 50 Wo­chenstunden, künftig 60 Wochenstunden.

•             Freizeitraub: Keine Zeit mehr für die Familie

o            Die Arbeitszeit wird nicht flexibel, nur länger. Im Vorschlag steht kein Wort zu Freizeit, Wahlmöglichkeit oder langen Wochenenden.

o            Bisher musste der Chef begründen, warum 12 Stunden notwendig sind, jetzt muss der/die Arbeitnehmer/in die angeordneten Überstunden ablehnen!

o            Auch Arbeit am Wochenende kann leichter angeordnet werden. Künftig müssen sich die ArbeitnehmerInnen rechtfertigen, wenn sie am Wochenende nicht arbeiten wollen und die privaten Interessen werden mit den betrieblichen abgewogen.

o            Dazu kommt, dass der/die Arbeitnehmer/in, die nicht in echter Gleitzeit arbeitet, nicht über ihre/seine Arbeitszeit entscheiden kann, vielmehr geht der Unternehmer nach dem betrieblichen Bedarf vor. Da wird die Aussage der Regierung, dass die Men­schen Arbeit und Familie besser abstimmen können, zur Farce.

o            Die von Schwarz/Blau behauptete Freiwilligkeit der Mehrarbeit ist in der realen Arbeitswelt nur schwer umsetzbar. Dafür fehlen nämlich die entsprechenden Regelun­gen im Gesetz. So findet sich kein einziger Rechtsanspruch auf Zeiteinteilung oder Zeitausgleichverbrauch!

•             Gesundheitsraub: Lang arbeiten macht krank und führt zu Unfällen.

o            Ab der 10. Arbeitsstunde geschehen die meisten Arbeitsunfälle.

o            Nach 12 Stunden Arbeit wird auch der Heimweg zur Gefahr. Rund eine Million Pendler, die mit dem Auto zur Arbeit fahren, sind länger als eine Stunde täglich un­terwegs. Für sie gilt also nicht der 12-Stunden-Tag, sondern mindestens 13 Stunden Belastung täglich.

o            Je länger die Wochenarbeitszeit, desto mehr Herz-Kreislauf-Beschwerden.

o            Burn-out-Risiko steigt, wenn man regelmäßig länger als 40 Stunden arbeitet.

o            Über 55 Wochenstunden: Schlaganfallrisiko steigt um 33 Prozent.

o            Über 55 Wochenstunden: Herzinfarktrisiko steigt um 13 Prozent.

Was bedeutet diese Regelung ganz konkret:

Herr Kloiber ist Zimmerer. Er schrieb allen Fraktionen des Hohen Hauses folgendes:

„Wissen Sie eigentlich welchen Belastungen dieser Arbeitnehmer in seiner Arbeit aus­gesetzt ist (Temperaturen um die 30 °C, Arbeitshöhe, schwere körperliche Arbeit, …)?

4:30     Aufstehen (Toilette, Frühstück)

5:00 – 6:00      Fahrt zur Arbeitsstelle

6:00 – 18:45    Arbeitszeit (1/4 Stunde Jausenzeit, 1/2 Stunde Pause)

18:45 – 19:45  Fahrt nach Hause


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 23

19:45 – 20:45  (Toilette, Abendessen)

20:45 – 21:30  (3/4 Stunde: Familie, Kinder)

21:30 – 4:30    (7 Stunden Schlaf)

4:30     Aufstehen (…).

Wenn man den Arbeitnehmern eine 60 Stundenwoche zumutet und ein Lehrer 20 Stun­den Lehrverpflichtung hat, frage ich mich schon, wo der „Hausverstand“ bleibt!

Wir sind ein Österreich und wir sollten uns schon fragen, ob wir einigen Berufsgruppen das Leben zur „Qual“ machen wollen.“

In Österreich besteht wirklich nicht das Problem, dass die Menschen zu wenige Über­stunden machen oder gar zu kurz arbeiten würden. Gerade der Vergleich mit den Län­dern, die vor allem die Industriellenvereinigung immer anführt, wie Finnland, Dänemark oder Schweden, ist äußerst aufschlussreich. Dort sind sowohl die vereinbarten als auch die tatsächlich geleisteten Arbeitszeiten weitaus kürzer als in Österreich.

In Österreich ist die effektive Arbeitszeit der Vollzeitbeschäftigten weitaus höher als die vereinbarte Normalarbeitszeit. Grund sind eine Vielzahl von Überstunden und Mehrar­beit. Wir haben die drittlängsten Arbeitszeiten in der EU und liegen mit 41,4 Stunden um 3,6 Stunden pro Woche weit über Dänemark!

Es ist vollkommen absurd: Die Industriellenvereinigung argumentiert längere zulässige Arbeitszeiten genau mit dem Hinweis auf jene Länder, die real zu der Ländergruppe mit den kürzesten Arbeitszeiten in Europa zählen und in denen ArbeitnehmerInnen die Arbeitszeit selbst bestimmen können und viele Wahlmöglichkeiten haben. Im Regie­rungsantrag zu den Arbeitszeitänderungen sind hingegen keinerlei Wahl- und Gestal­tungsrechte für ArbeitnehmerInnen vorgesehen.

Uns wird verkauft: Nix geht im Staate Österreich. Verkrustete starre Regelungen. Doch das Gegenteil ist der Fall: Wie wir wissen, gibt es schon bisher zahlreiche Ausnahme­bestimmungen und es kann unter verpflichtender Mitbestimmung des Betriebsrats ein vorübergehender 12-Stunden-Tag und eine 60-Stunden-Woche zugelassen werden. 24 Wochen im Kalenderjahr – das ist die Hälfte des Jahres!

Genau diese betriebliche Mitbestimmung, genau diese Einschränkung auf Notsitua­tionen und die Vorteile für ArbeitnehmerInnen (wie z.B. 100-prozentige Überstundenzu­schläge), die als Gegengeschäft legitimer Weise verlangt werden, sind der Wirtschaft ein Dorn im Auge.

Betriebliche Mitbestimmung wird bereits seit geraumer Zeit als lästig, bürokratisch, eben einfach nicht mehr modern, abgetan. Die Konsequenz der Regierungsparteien: Sie wird einfach ersatzlos abgeschafft.

Das Arbeitszeitgesetz ist ein Schutzgesetz, das verhindern soll, dass ArbeitnehmerIn­nen durch überlange Arbeitszeiten krank werden und sie sich für die Profitmaximierung ihres Arbeitgebers kaputt arbeiten müssen. Ein Schutzgesetz, das verhindern soll, dass ihr Privatleben leidet, dass sie ihre Kinder nur zum Schlafengehen sehen und mangelnde Planbarkeit und Vorhersehbarkeit eine selbstbestimmte Freizeitgestaltung verunmöglichen.

Industriellenvereinigung, Wirtschaftskammer und Bundesregierung propagieren laut­hals – sogar in ganzseitigen Zeitungsinseraten – wie vorteilhaft die neu vorgeschlage­ne Arbeitszeitverlängerung für die Beschäftigten sei. Von mehr Freizeit, mehr Freiheit, sogar von einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist die Rede.

Die Bundesregierung inserierte großflächig zur Bewerbung des 12-Stunden-Tag-Ge­setzes in den Österreichischen Tageszeitungen (17.6.2018). Dies zusätzlich zum pein-


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 24

lichen Werbevideo der WKO, das bereits vom Netz genommen wurde. Tragendes Ar­gument bei den Inseraten ist, dass durch den Initiativantrag in Zukunft die 4-Tage-Woche umgesetzt würde, dies ist allerdings eine evidente Falschinformation: Die 4-Ta­ge-Woche gibt es seit über 20 Jahren im Arbeitszeitgesetz und sie ist bereits heute gel­tendes Recht.

Ein Blick in den Initiativantrag offenbart schnell: Der Entwurf enthält keinen Rechtsan­spruch auf Wahlfreiheit, auf Freizeit, keine Selbstbestimmtheit. Keine Verkürzung, kei­ne langen Wochenenden, keine zusätzlichen Ausgleichsmaßnahmen. Kein Wort da­von.

Wenn Frauen- und Familienministerin Bogner-Strauß den 12-Stunden-Tag eine „große Chance“ für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nennt und Frauen rät, die Digita­lisierung nutzen und "im Home-Office weiterzuarbeiten" (APA0139 II 14.06.2018), geht das erneut völlig an der Lebensrealität vorbei.

Die Erhöhung der täglichen Arbeitszeit auf 12 Stunden und der wöchentlichen Arbeits­zeit auf 60 Stunden bedeutet nämlich auch, dass Eltern auf Abruf arbeiten müssen und planbare Familien- und Freizeit auf der Strecke bleiben. Berufstätige Eltern werden in Zukunft noch häufiger mit den täglichen Herausforderungen zwischen Beruf und Be­treuungspflichten an ihre Belastungsgrenzen kommen.

Tatsächlich sind in den meisten Regionen Österreichs die Kinderbetreuungs- und Bil­dungseinrichtungen gar nicht auf 12-Stunden-Tage der Eltern ausgerichtet. Die aktuel­le Kindertagesheimstatistik zeigt, dass nur 2 % aller Einrichtungen außerhalb von Wien 12 Stunden oder länger geöffnet haben. Selbst, wenn die Kinder in die Volksschule gehen, gibt es defacto gar keine 12 Stunden Betreuung, denn auch Ganztagesschulen bieten in der Regel nur 8 Stunden Betreuung. Was auf der Strecke bleibt sind Fami­lienzeit und gemeinsame Freizeit von Eltern und Kindern – vom Kindeswohl ganz zu schweigen.

Für Alleinerziehende ist der 12-Stunden-Tag überhaupt unzumutbar. Der Druck auf Al­leinerzieherInnen wird nochmals erhöht, wenn sie ohne Unterstützung von Betriebs­räten und Betriebsvereinbarungen ihre Interessen durchsetzen sollen und der Job überlebensnotwendig ist.

Als Schutz gegen eine übermäßige Überstundenanordnung soll nun ein Ablehnungs­recht eingeführt werden. Es gab aber bisher schon ein Ablehnungsrecht. Künftig gelten aber zwei unterschiedliche Regime. Während die 9. und 10 Stunde nicht ausdrücklich abgelehnt werden muss, sondern eine Anordnung bei berücksichtigungswürdigen Gründen schlicht nicht zulässig ist, muss bei den weiteren zwei Überstunden eine klare Ablehnung erfolgen. In der Realität kaum durchsetzbar, denn ArbeitnehmerInnen, die auf ihren Job angewiesen sind, werden eine Ablehnung nicht sehr oft in Anspruch neh­men können.

Das ist keine Flexibilisierung der Arbeitszeit, das ist keine Modernisierung. Im Gegen­teil. Aus einem ArbeitnehmerInnen-Schutzgesetz wird ein Gesetz zur Ermöglichung na­hezu grenzenloser Ausbeutung.

Es zeigt sich immer mehr, dass diese Gesetzesvorlage ein Pfusch ist und überhaupt nicht durchdacht. Dahinter steht eine mächtige Unternehmerlobby, die den 12-Stun­den-Tag unbedingt und mit aller Macht durchdrücken will.

Mit dem Initiativantrag wird aber auch noch eine weitere Forderung von WKÖ und IV umgesetzt, nämlich ein ähnliches Tool wie das Risiko-Analyse-Tool-Dienstgeber auch für Sozialmissbrauch durch DienstnehmerInnen einzuführen. Diese Datenbanken las­sen allerdings unmittelbare Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand der Versicher­ten zu. Aus guten Gründen sind diese Datenbanken nur bei den Sozialversicherungs­trägern angesiedelt, aber nicht vernetzt und schon gar nicht zentralisiert.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 25

Dass die Vermeidung von weniger als 100.000 Euro an Missbrauch, bei einem Ge­samtvolumen von Sozialversicherungsausgaben von rund 60 Milliarden Euro, das sind 0,0002 Prozent, ein wichtiges öffentliches Interesse darstellt, welches die Verwendung dieser Daten rechtfertigen würde, ist zu bezweifeln.

Wenn man darüber hinaus bedenkt, dass es bereits ein Kontrollsystem durch den chef­ärztlichen Dienst gibt, wo z.B. für jede Krankheit unterschiedliche Kontrollintervalle vor­gesehen sind, lässt sich der Mehrwert nicht finden.

Im Gendergesundheitsbericht des BMASGK steht zu lesen: "Zu arbeitsplatzbezogenen Stressfaktoren gehören zunehmend steigende Anforderungen in Bezug auf Flexibilität, Erreichbarkeit und steigenden Zeitdruck." Die steigende Arbeitsbelastung führe näm­lich zu einer Erhöhung des Depressions- und gar Suizidrisikos. Und bereits jetzt sei mehr als jeder dritte Arbeitnehmer von Arbeitsüberlastung betroffen.“

Diese Aussage steht in diametralem Widerspruch zum Gesetzesvorhaben zum 12-Stun­den-Tag. Einseitige Anordnung von Überstunden ohne Vorankündigungsfrist durch Ar­beitgeber erzeugt Stress und macht krank. Nach den Rauchergesetzen ein weiterer Anschlag auf die Gesundheit der ArbeitnehmerInnen.

Aus Statistiken der AUVA für die Jahre 1995 bis 2011 ergibt sich, dass die Kosten für die österreichischen Betriebe durch den Rückgang an Arbeitsunfällen um ca. 2,2 Mil­liarden Euro reduziert wurden, womit auch eine Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit verbunden ist. Der volkswirtschaftliche Schaden konnte in dem Zeitraum um rund 8,6 Milliarden Euro reduziert werden.

Das wurde auf Grundlage der gesetzlichen Bestimmungen des ArbeitnehmerInnen­schutzes, die im Wesentlichen auf Sozialpartnereinigungen beruhen erreicht werden. Nun wird der Arbeitnehmerschutz systematisch abgebaut. Das Arbeitszeitrecht als ei­nes der tragenden Säulen wird massiv aufgeweicht. In zahlreichen Studien ist belegt, dass ab der 9. Arbeitsstunde die Unfallhäufigkeit signifikant steigt. Heute entsteht un­serer Volkswirtschaft durch Arbeitsunfälle noch immer ein jährlicher Schaden in der Höhe von rund 1,5 Milliarden Euro. Dazu kommen Auswirkungen für die Betroffenen, die in Geld nicht bewertbar sind, wie Angst, Schmerz, Schock, Verlust an Lebensqua­lität und Verlust an Sozialprestige.

Diese Auswirkungen können doch weder im Interesse der Wirtschaft noch im Interesse der Bundesregierung sein.

Es zeigt sich daher immer mehr, mit diesem verpfuschten Initiativantrag werden die Rechte der ArbeitnehmerInnen ausschließlich verschlechtert, es gibt keine einzige Ver­besserung für die Beschäftigten, sondern lediglich mehr Pflichten, aber es werden die Rechte der Arbeitgeber enorm ausgebaut.

Klar und deutlich ist erkennbar, dass mit dieser Verlängerung der Arbeitszeit eine zen­trale Forderung eines Großspenders der ÖVP und Bundeskanzler Kurz umgesetzt wird.

Ein wesentliches Indiz dafür ist auch die Vorgangsweise, wie diese Änderungen durch­gepeitscht werden sollen: Schwarz/Blau vereinbaren im Regierungsprogramm den
12-Stunden-Tag und die 60-Stunden-Woche, die Regierung ist aber dann nicht in der Lage (oder will sich auch einfach nicht selber anpatzen), die Umsetzung in Form einer Regierungsvorlage zu präsentieren und in einem normalen Begutachtungsverfahren auch die Zivilgesellschaft einzubinden.

Der von den Regierungsparteien eingebrachte Initiativantrag wird dann nicht, wie üb­lich, dem fachlich zuständigen Ausschuss – dem Ausschuss für Arbeit und Soziales – zugewiesen, sondern dem Wirtschaftsausschuss, in dem die ÖVP den Vorsitz hat, da­mit ja nichts schiefgehen kann. Schließlich wird der Behandlung des Antrages auch noch eine Frist gesetzt, damit nicht einmal eine Ausschusssitzung abgehalten werden


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 26

muss und die Beschlussfassung im Nationalrat noch vor der Sommerpause erfolgen muss, obwohl die Regelungen erst mit 1.1.2019 in Kraft treten werden.

Auch die immer wieder von der ÖVP bevorzugte Taktik, zuerst etwas ganz Schlimmes vorzuschlagen und dann das Üble durch ein paar kleine Verbesserungen abzumildern um schließlich sagen zu können: ist ja eh alles halb so schlimm, wird auch in diesem Fall wieder angewendet und die FPÖ geht der ÖVP dabei voll auf den Leim.

Die bisherigen Kommentare des Bundeskanzlers haben noch keinerlei Aufschluss da­rüber ergeben, wie der Regierungschef gedenkt mit den arbeitnehmerInnenfeindlichen Vorhaben umzugehen. Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundes­kanzler folgende

Anfrage

1) Warum haben Sie als Regierungschef nicht veranlasst, dass ihre Maßnahmen zur Verlängerung der Arbeitszeit ordentlich über ein Begutachtungsverfahren und einer Regierungsvorlage eingebracht werden?

2) Zitat Strache im Kurier 17.9.13 zu 12-Stunden-Tag: „Das ist eine asoziale, leis­tungsfeindliche Idee, da dies für alle Arbeitnehmer Nettolohnverluste bedeuten würde. ODER: Während des NR-Wahlkampfes 2013 wettert Strache: „ÖVP will Zwölf-Stun­den-Arbeitstag, um Großkonzernen dienstbar zu sein.“ Was haben sie Vizekanzler Strache versprochen, damit er der Arbeitszeitverlängerung zustimmt?

3) Welche Forderungen der Industriellenvereinigung oder anderer Großspender der ÖVP werden Sie noch umsetzen?

4) Wie man einem Foto aus den sozialen Netzwerken entnehmen kann, widmen sie sich intensiv den Unterlagen der Industriellenvereinigung. Wie oft haben sie sich seit ihrem Amtsantritt mit VertreterInnen der Industriellenvereinigung getroffen?

5) Wie oft haben sie sich seit ihrem Amtsantritt mit VertreterInnen des ÖGB oder der Bundesarbeitskammer getroffen?

6) Mit welchen GroßunternehmerInnen haben sie sich seit ihrem Amtsantritt getroffen?

7) Warum gefährden sie den sozialen Frieden in unserem Land mit Ihren Maßnahmen und mit ihrer Vorgangsweise, indem Sie einen Teil der Sozialpartner völlig aus den Ge­sprächen zu so schwerwiegenden Gesetzesänderungen ausschließen?

8) Die Österreichische Bischofskonferenz schreibt in ihrer Stellungnahme, dass die be­absichtigten Gesetzesänderungen völkerrechtliche Verpflichtungen der Republik Öster­reich auf Grundlage des Konkordats verletzen und verfassungsrechtlich bedenklich sei­en. Um den völkerrechtlichen Verpflichtungen zu entsprechen, sei die Kontaktaufnah­me der Republik Österreich mit dem Heiligen Stuhl notwendig, um das im Konkordat völkerrechtlich geforderte Einvernehmen in Bezug auf die geplante Einschränkung der Wochenend- und Feiertagsruhe herbeizuführen. Werden Sie dieser völkerrechtlichen Verpflichtung nachkommen?

9) Die Arbeitsgemeinschaft Kirchlicher DienstnehmerInnenvertretungen Österreichs schreibt in ihrer Stellungnahme: Die Änderung des AZG widerspricht insbesondere den Prinzipien der Soziallehre der katholischen Kirche, da sie die Freiheit der Beschäftigten einschränkt (199, 200), damit auch in die Würde der Arbeit eingreift (271, 272), das Fa­milienleben nachteilig beeinflusst (294), die Bedeutung der ArbeitnehmerInnenvertre­tung massiv beschneidet (305, 306, 307, 308), Wettbewerbsinteressen über den Schutz der ArbeitnehmerInnen stellt (314) und damit das Ungleichgewicht in der Ar­beitswelt (319, 321) verstärkt und das Gewinnstreben und die Unternehmensziele über


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 27

die Würde/Bedürfnisse der Beschäftigten (340, 344) stellt. Wie bewerten Sie diese Ar­gumente und können Sie sich diesen anschließen?

10) Die AK-Tirol schreibt in ihrer Stellungnahme: Entgegen der öffentlichen Darstellung ist eine 4-Tage-Woche bereits seit dem Jahr 2007 rechtlich zulässig und zwar mit einer 10-stündiger täglicher Normalarbeitszeit und einer Höchstarbeitszeit von 12 Stunden pro Tag mit Überstunden. Die geplante Neufassung bewirkt daher im Vergleich zur gel­tenden Rechtslage eine massive Schlechterstellung der Arbeitnehmerschaft und wird daher abgelehnt. Im Gegensatz dazu hat das BMASGK ganzseitige Inserate in Tages­zeitungen geschaltet, in denen die 4-Tage-Woche als neue Möglichkeit der Arbeitszeit­gestaltung angepriesen wird. Wieviel hat dem Steuerzahler/der Steuerzahlerin die Kam­pagne des BMASGK in diversen Printmedien zur 4-Tage-Woche gekostet?

11) Wie kommen Sie auf die Idee, geltendes Recht, welches noch dazu verschlechtert wird, als Neuerung unter Einsatz von Steuergeld zu bewerben?

12) Planen Sie – um Ihrer eigenen Kampagne gerecht zu werden – einen Rechtsan­spruch auf eine 4-Tage-Woche bei 12-Stunden-Arbeit in Ihren Entwurf aufzunehmen?

13) Die Länge der Arbeitszeit verhält sich umgekehrt proportional zur durchschnittli­chen Produktivität pro Arbeitsstunde. Halten Sie es für betriebs- und volkswirtschaftlich vernünftig, wenn längere tägliche Arbeitszeiten zu einer Reduktion der durchschnittli­chen Produktivität führt?

14) Welche Auswirkungen auf die Entwicklung der Arbeitslosigkeit und der Beschäfti­gung werden mit der Ausdehnung der täglichen und wöchentlichen Höchstarbeitszeit erwartet?

15) Wie wollen Sie verhindern, dass durch den massiven Abbau des Arbeitnehmer­schutzes durch Aufweichen des Arbeitszeitrechtes vor allem die negativen Auswirkun­gen auf die einzelnen Beschäftigten und ihre Familien nicht weiter zunehmen?

16) Auch wenn Sie in dem angekündigten Abänderungsantrag beabsichtigen Kündi­gungen auf Grund der Ablehnung der 11. und 12. Überstunde auszuschließen, können Arbeitgeber auch in Hinkunft ohne Angabe von Gründen ArbeitnehmerInnen kündigen. Wenn dann auch noch zwischen Ablehnung und Kündigung ein gewisser Zeitraum liegt, wird es für ArbeitnehmerInnen schwierig, den Zusammenhang herzustellen. Wie stellen Sie sicher, dass zum Beispiel Personen mit Betreuungspflichten einen ausrei­chenden Schutz vor Beendigung des Dienstverhältnisses haben?

17) Die AK-Vorarlberg schreibt in ihrer Stellungnahme: Grundsätzlich wirkt sich – dies ist empirisch belegt – jede Ausweitung der Arbeitszeit negativ für die Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt aus, weil auf Grund der nach wie vor sehr traditionellen geschlechtsspezifischen Arbeitsstellung davon auszugehen ist, dass län­gere Arbeitszeiten (der Männer) durch (noch) kürzere Arbeitszeiten der Frauen ausge­glichen werden. Unterstützen Sie diese gesellschaftspolitische Auswirkung, dass Frau­en aus dem Arbeitsmarkt gedrängt werden und sich zu Hause um die Kinder kümmern, während die Männer 12 Stunden täglich arbeiten und keine Zeit für ihre Kinder haben?

18) Fast 500.000 ArbeitnehmerInnen in Österreich, jene mit All-In-Verträgen, müssen nach Ihren Plänen damit rechnen, für das selbe Entgelt bis zu 2 Stunden täglich und 10 Stunden wöchentlich mehr zu arbeiten. Werden Sie für diese betroffenen Arbeitneh­merInnen initiativ werden und den Gesetzesantrag verbessern?

19) Beabsichtigen Sie, so wie medial immer wieder von den Regierungsparteien ver­breitet wurde, den Gesetzestext so zu verbessern, dass doch auch bei Gleitzeit IM­MER Überstundenzuschläge für die 11. und 12. Arbeitsstunde gebühren?

20) Laut Arbeitsrechtsexperten wird die Mitwirkung der betrieblichen ArbeitnehmerIn­nenvertretung mit dem Initiativantrag im Bereich der Arbeitszeitregelungen enorm ein-


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 28

geschränkt und damit das Schutzniveau der ArbeitnehmerInnen weiter reduziert, ob­wohl Sie im Wahlkampf 2017 immer wieder betont haben, dass die betriebliche Mitbe­stimmung bei der Arbeitszeitflexibilisierung nicht eingeschränkt werden wird. Warum stehen Sie nicht zu Ihren Wahlversprechen?

21) Mit dem Initiativantrag der Regierungsparteien erhöht sich die Jahresarbeitszeit bei Ausschöpfung der täglichen und wöchentlichen Höchstgrenzen um 96 Stunden, von 320 auf 416 Stunden, dies obwohl immer wieder beteuert wurde, dass es zu keiner Aus­weitung der Arbeitsstunden kommen wird. Wird diese Ausdehnung um fast 100 Stun­den im Jahr von Ihnen gebilligt?

22) Die Regierungsparteien und die Regierungsmitglieder beteuern stets, dass der
8-Stunden-Tag und die 40-Stunden-Woche erhalten bleiben. Was nützen diese Be­teuerungen, wenn die Arbeitgeber künftig 12 bzw. 60 Stunden anordnen können?

23) Haben Sie die gesundheitlichen Folgen ihres Initiativantrages auf Basis gesicherter arbeitswissenschaftlicher und arbeitsmedizinischer Erkenntnisse eingehend geprüft?

a. Wenn ja, zu welchen Ergebnissen sind Sie gekommen?

b. Auf welche gesicherte Forschungsergebnisse stützen Sie ihre Ergebnisse?

c. Wenn nein, warum bringen die Regierungsparteien einen Initiativantrag ein, ohne die negativen gesundheitlichen Folgen für die ArbeitnehmerInnen sowie die Belastungen für das Gesundheits- und Pensionssystem vorher eingehend zu prüfen?

24) Wie stehen Sie zu der Tatsache, dass bereits jetzt mehr als jeder dritte Arbeitneh­mer von Arbeitsüberlastung betroffen ist?

25) Wie ist das Gesetzesvorhaben zum 12-Stunden-Tag mit diesen Tatsachen und da­mit dem Gesundheitsschutz der ArbeitnehmerInnen vereinbar?

26) In der Stellungnahme der AK-Vorarlberg ist zum Thema Verkürzung der Ruhezei­ten für die ArbeitnehmerInnen im Tourismus- und Gastgewerbe zu lesen: … verschlech­tert die Arbeitsbedingungen in einer Branche, die unter massivem Fachkräftemangel leidet, nochmals massiv. Nicht nur Vollzeit- sondern auch Teilzeitkräfte sind umfasst, nicht nur Saisonbetriebe, sondern alle Betriebe des Schank-, Gast- und Beherber­gungsgewerbes, die alle bei sogenannten „geteilten Diensten“ die Ruhezeit extrem ver­kürzen können. Für ArbeitnehmerInnen bedeute dies bei längeren Anfahrtszeiten, dass der Schlaf weit unter 8 Stunden liegt und an Freizeit gar nicht zu denken ist. Wie be­gründen Sie diese Verschlechterung für die ArbeitnehmerInnen in einer Branche, die bereits unter einem Fachkräftemangel leidet?

27) Wird es aus Ihrer Sicht dadurch nicht noch zu einem höheren Arbeitskräftemangel in dieser Branche kommen, wenn die Arbeitsbedingungen derart schlecht sind?

28) Mit dem ÖVP-FPÖ-Initiativantrag wird die Sicherheit am Arbeitsplatz reduziert, denn es gilt als gesichert, dass ab der 9. Stunde das Unfallrisiko mit jeder Stunde stär­ker zunimmt und in der 12. Stunde um 70% höher ist. Sind ihnen die dramatischen Folgen von mehr zu erwartenden Arbeitsunfällen, mehr menschlichem Leid und höhe­ren betriebs- und volkswirtschaftlichen Kosten bekannt?

a. Wenn ja, wieso wollen Sie in Kenntnis der negativen Folgen an Mensch und Wirt­schaft auf dieser Verlängerung der Arbeitszeit beharren?

b. Wenn nein, warum lassen Sie die Regierungsparteien einen Initiativantrag einbrin­gen, ohne eine umfassende Folgenabschätzung zu verlangen?

29) Wollen Sie Pendlern wirklich zumuten in der 14. Stunde mit dem PKW heimzufah­ren, wenn Sie wissen, dass das Verkehrsunfallrisiko dann bei fast dem Fünffachem liegt? Das ist so, als ob man mit einem Alkoholspiegel von 0,8 Promille fährt!


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 29

30) Die Bundesregierung plant eine Ausdehnung der zumutbaren täglichen Wegzeit von derzeit 2 Stunden im Arbeitslosenversicherungsrecht. Wird an diesem Vorhaben auch bei einer 12-stündigen täglichen Höchstarbeitszeit festgehalten, obwohl inklusive Wegzeiten 14 Stunden pro Tag für das Arbeitsverhältnis aufgewendet werden müs­sen?

31) Lehrlinge über 18 Jahre müssen nun auch bis zu 12 Stunden arbeiten. Es werden nach Schätzung von ExpertInnen ca. 35.000-40.000 betroffen sein, weil sie als Lehrlin­ge über 18 Jahre alt sind und daher in die Regelungen des AZG fallen. Es sind im Prinzip dieselben Probleme wie bei allen anderen ArbeitnehmerInnen. Ein Lehrvertrag ist aber ein Ausbildungsverhältnis – welchen Lernertrag erzielt man in der 11. und
12. Stunde?

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf bekannt geben, dass der Bundeskanzler voraussichtlich um 16 Uhr in Wien landen und dann unverzüglich in den Saal kommen wird. (Abgeordnete von SPÖ und Liste Pilz tragen einen Sticker, auf dem die rot durch­gestrichene Zahl 12 innerhalb eines roten Kreises dargestellt ist, auf ihrer Kleidung.)

*****

Es gibt eine Wortmeldung zur Geschäftsordnung: Herr Abgeordneter Rosenkranz. – Bitte.


15.16.03

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Prä­sident! Mich hat ein E-Mail erreicht mit dem Sachverhalt, dass zumindest bei einer Be­triebsversammlung der Gewerkschaft Vida Mitglieder aufgefordert wurden, zu den Woh­nungen und Häusern von ÖVP- und FPÖ-Politikern zu gehen, auch von den Abgeord­neten, davor zu demonstrieren und diese zur Rede zu stellen.

Meine Frage ist: Kann man das klären?, denn die Abgeordneten meiner Fraktion sind durch eine derartige Maßnahme sehr beunruhigt und fühlen sich in einer gewissen Un­sicherheit. (Abg. Schieder: Ist das ein Antrag?) Daher wäre uns daran gelegen, diesen Sachverhalt einerseits aufzuklären und andererseits seitens des Parlaments auch die notwendigen sicherheitspolitischen Schritte einzuleiten. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

15.16


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich werde die nötige Veranlassung treffen.

*****

Ich darf nun Herrn Abgeordnetem Muchitsch als erstem Fragesteller zur Begründung der Anfrage, die gemäß § 93 Abs. 5 der Geschäftsordnung 20 Minuten nicht über­schreiten darf, das Wort erteilen. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.


15.17.09

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Bundesregie­rung! Wir haben diese Dringliche Anfrage zum Thema „12-Stunden-Tag und 60-Stun­den-Woche“ an den Bundeskanzler gestellt, mit der Fragestellung: „In wessen Auftrag, Herr Bundeskanzler?“ Ich hoffe, dass heute im Zuge der Beantwortung dieser Dringli­chen Anfrage durch die Bundesregierung diese Frage auch beantwortet wird, nicht nur diese Frage, sondern weitere 30 Fragestellungen, die wir als Chance sehen, dass die


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 30

Menschen in diesem Land mehr Aufklärung, mehr Klarstellung zu dem bekommen, was Sie uns am 14. Juni als Initiativantrag vorgelegt haben.

Ich bedauere sehr, dass der Herr Bundeskanzler erst später kommt. Ich weiß seinen Aufruf auch richtig zu werten, wenn er sagt, zu diesem Thema hätte er gern mehr Sachlichkeit. Auch wenn uns das heute allen hier wahrscheinlich sehr schwerfallen wird, den bestehenden Initiativantrag zu diskutieren, die Abänderungen mitzudiskutie­ren, vielleicht gelingt es doch, dass wir unsere Kampfrhetorik beiseitelegen, dass wir unsere Positionen klarlegen und wir unnötige und störende Zwischenrufe unterlassen. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und FPÖ sowie bei Abgeordneten von NEOS und Liste Pilz.)

Ich möchte nun aus unserer Sicht ganz klar auflisten, wo wir Probleme sehen, und das auch begründen.

ÖVP und FPÖ argumentieren, dass es den 12-Stunden-Tag schon gibt. – Richtig, es gibt ihn bei den ÖBB, bei der Asfinag, im Spitals- und Pflegewesen, es gibt ihn auch im öffentlichen Dienst, es gibt ihn aber auch in anderen Branchen: im Tourismus, am Bau, in der Metallbranche – aber immer mit folgendem Unterschied zu dem Antrag von FPÖ und ÖVP: nämlich nur mit Zustimmung der Betriebsräte, mit Zustimmung des Arbeits­inspektorats und mit Zustimmung der Arbeitsmediziner.

Der Unterschied zu dem 12-Stunden-Tag, den es jetzt im öffentlichen Dienst schon gibt, den Sie immer wieder als Beispiel anführen, ist derjenige, dass in dem Bereich ganz klar geregelt ist, in den verschiedenen Schichtplänen, wann ich meinen 12-Stun­den-Dienst mache und wann ich danach zu Erholungszwecken freihabe; das heißt, es gibt Planbarkeit. Außerdem haben wir hier bereits die sechste Urlaubswoche – und ge­nau das alles ist in Ihrem Initiativantrag nicht enthalten. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Zinggl.)

Das heißt, wenn es darum geht, dass wir noch mehr und noch flexibler arbeiten sollen: Ja, aber dann mit klaren Spielregeln, nämlich betreffend Planbarkeit, Freizeitverbrauch, ohne Einkommensverlust, und wichtig ist auch, dass die Gesundheit und die Familie entsprechend nicht unter die Räder kommen.

Die FPÖ und die ÖVP, vor allem der Herr Vizekanzler, sagen den Menschen auch klar, jetzt gibt es dann eine Vier-Tage-Woche. – Leute, die Vier-Tage-Woche gibt es seit über 20 Jahren! Das letzte Mal haben wir sie 2007 hier in diesem Hohen Haus eva­luiert. Der Unterschied: Damals waren es vier Mal zehn Stunden, und jetzt werden vier Mal 12 Stunden möglich. Bitte blenden Sie nicht die Menschen draußen mit Ihrer Aus­sage, jetzt kommt die Vier-Tage-Woche! Die gibt es bereits seit 20 Jahren – eine Er­rungenschaft der Sozialpartner, damals unter roter Kanzlerschaft. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie, FPÖ und ÖVP, haben den Menschen auch mitgeteilt, wir brauchen diese Arbeits­zeitflexibilisierung und mit dieser Arbeitszeitflexibilisierung wird die Jahresarbeitszeit nicht erhöht. Auch das war falsch. – Bitte geben Sie zu, dass die Jahresarbeitszeit im Bereich der Mehrarbeit von 320 auf 416 Stunden um 96 Stunden zusätzlich erhöht wird. Das sind 96 Stunden mehr Arbeit auf Anordnung des Dienstgebers, das sind also – weil Sie immer vom 8-Stunden-Tag reden – 12 Arbeitstage mehr im Betrieb. Auch hier: Bitte sagen Sie den Menschen draußen die Wahrheit! (Beifall bei der SPÖ.)

Geschätzte Abgeordnete von ÖVP und FPÖ, Sie reden immer davon, der 8-Stunden-Tag und die 40-Stunden-Woche Normalarbeitszeit bleiben aufrecht. – Ja! Im Gesetz ja, aber was helfen der 8-Stunden-Tag und die 40-Stunden-Woche im Gesetz, wenn Sie die mögliche Arbeitszeit entsprechend auf 12 Stunden pro Tag und 60 Stunden pro Woche erhöhen? – Dann hilft das nichts, dann ist das so, und immer auf Anordnung des Arbeitgebers!

Nun zu Ihrer Freiwilligkeit, weil das das Thema Nummer eins ist: Sie wissen schon, dass es in der Judikatur das Wort Freiwilligkeit nicht gibt?! Sie haben jetzt eine Abän-


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 31

derung vorgeschlagen beziehungsweise werden Sie sie auch einbringen, dass der Ar­beitnehmer die 11. und die 12. Stunde, die freiwillig sind, ablehnen darf. – Ich frage Sie, wie das in der Praxis funktionieren soll. Der Arbeitgeber sagt: 12 Stunden!, der Ar­beitnehmer sagt: Die 11. kann ich nicht, die 12. kann ich nicht! – Wie oft wird er in der Praxis Nein sagen können? Wir haben jetzt schon – jetzt schon! – die Situation, dass wir mit den bestehenden Stunden alle Aufträge dieser Republik abgearbeitet haben. Kein Auftrag ist zu spät fertig geworden. Warum diese Ausdehnung? (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist ja nicht nur unsere Meinung. Sie haben es in den letzten Tagen selber mitbe­kommen: Es gibt keinen Experten in der ganzen Republik, der Ihnen bestätigt, dass die 11. und 12. Stunde kein Problem betreffend arbeitsrechtliche Auswirkungen werden. Was wird also passieren? – In der Hochkonjunktur wird man nach der 11. und 12. Stun­de fragen; sie wird auch geleistet, weil im Extremfall, und das sagen alle Arbeits­rechtler, der Arbeitnehmer natürlich am kürzeren Ast sitzt und die wirtschaftliche Ab­hängigkeit selbstverständlich gegeben ist.

Damit möchte ich gleich zum Verbrauch überleiten, egal ob in Form von Freizeit oder Geld. Auch das beabsichtigen Sie mit einem Abänderungsantrag so zu gestalten, dass Sie sagen, der Arbeitnehmer kann bestimmen, ob Freizeit oder Geld in Anspruch ge­nommen wird. – Ja, in der Theorie ist das schön, die Frage ist aber, wann kann der Ar­beitnehmer entscheiden, wann er seine Freizeit in Anspruch nimmt, und wann be­kommt er seinen Überstundenzuschlag? Sie hebeln in Wirklichkeit all die Betriebsver­einbarungen und die kollektivvertraglichen Lösungen aus, denn genau dort war immer niedergeschrieben, wann das zu verbrauchen ist.

Wissen Sie, das Ganze hat halt einen bitteren Beigeschmack: Die Statistik Austria hat bezüglich 2017 festgestellt, dass in Österreich 250 Millionen Überstunden geleistet wurden, von denen 45 Millionen nicht bezahlt wurden. Ich bitte Sie wirklich: Sagen Sie uns, wo in Ihrem Gesetzentwurf steht, wann der Arbeitnehmer seine Freizeit in An­spruch nehmen darf!

Damit komme ich wieder zurück zu dem, was Sie immer sagen, nämlich: Die ÖBB haben es schon, die Asfinag hat es schon und der öffentliche Dienst hat es! – Ja, da steht aber ganz genau drin: Du machst zwei Schichten, du machst drei Schichten, und dann hast du die Freizeitphase und die sechste Urlaubswoche.

Dieser Rechtsanspruch betreffend Zeitverbrauch fehlt in diesem Gesetz. Im Gegenteil: Sie schreiben einen Satz hinein, gemäß dem mehrere Durchrechnungszeiträume zu­sammengezählt werden können. Wie viele sind das? Ein Monat, ein Jahr, zwei Jahre, drei Jahre? Wann kommt der Arbeitnehmer zu seinem Zeitausgleich? Dann, wenn viel Arbeit im Betrieb ist und die Auftragsbücher voll sind, oder dann, wenn es der Firma passt und sie sagt: Jetzt bleib daheim und verbrauch deine Stunden? (Beifall bei der SPÖ.)

Damit komme ich zum nächsten Punkt, nämlich Einkommensverluste. – Sie haben zu den Menschen gesagt, es wird keine Einkommensverluste geben. Drei Tage später müssen in der Sendung „Im Zentrum“ Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung zugeben: Ja, eine Million Menschen sind betroffen; was die 11. und 12. Stunde bei Gleitzeit betrifft, gibt es keine Zuschläge. – Jetzt reparieren Sie das vielleicht auch noch, nur mit einem wesentlichen Unterschied, nämlich dass Sie sagen, bei einer An­ordnung soll es diesen Zuschlag auch bei Gleitzeit geben, aber nicht, wenn eine Dienstnehmerin – wie in der Praxis so oft – freiwillig die 11. und 12. Stunde macht, weil sie vielleicht Lohnverrechnerin ist und sagt: Ich mache das Paket noch fertig! – Der Chef ist nicht da, und dann bekommt sie diesen Zuschlag für die 11. und 12. Stunde nicht. Bitte, das gehört auch repariert, wenn Sie es schon reparieren wollen! (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 32

Sie haben auch nicht berücksichtigt, dass es 500 000 Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer mit All-in-Verträgen gibt. – Diese Verträge wurden auf der Basis 10 Stunden pro Tag, 50 Stunden pro Woche abgeschlossen; jetzt erhöhen Sie auf 12 beziehungs­weise 60. Das heißt für diese Menschen mit All-in-Verträgen, dass sie jetzt bei glei­chem Einkommen bis zu zehn Stunden länger arbeiten, oder reparieren Sie das auch? – Auch das ist eine Frage, die offen ist.

Ein weiterer Bereich – und das ist wirklich das Schlimme, wo Sie die Mitbestimmung in den Betrieben dementsprechend abschaffen – sind die Betriebsvereinbarungen und auch die Kollektivverträge bis zur 12. Stunde. Das heißt, Betriebsvereinbarungen und Kollektivverträge, die bisher ganz klar Zeitverbrauch, Zuschläge, Gesundheit geregelt haben, schalten Sie mit Ihrem Entwurf aus. Und ganz schlimm ist für mich, dass Sie im Arbeitszeitgesetz den § 7 Abs. 4 streichen, denn genau dort steht das nämlich drinnen.

Bitte kommen Sie jetzt nicht heraus und sagen Sie, es können weiterhin Betriebsver­einbarungen abgeschlossen werden! – Mit dem Streichen dieses Paragraphen beseiti­gen Sie jegliche Art von rechtlicher Grundlage dafür, dass es in Zukunft weitere Be­triebsvereinbarungen gibt, und das ist nicht fair, was die Mitbestimmung betrifft! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich hoffe, ich überziehe jetzt nicht, aber ich habe nur zur Verdeutlichung zwei Beispiele mitgebracht. Sie schreiben jetzt den Zuschlag ganz klar im Gesetz vor; Betriebsverein­barungen sind für die Arbeitgeber, was die Arbeitszeitverlängerung betrifft, nicht mehr notwendig. – Natürlich kriege ich jetzt sehr viel Post, genauso wie Sie, aber ich zeige Ihnen den Unterschied auf: Wenn der Bedarf gegeben und wenn es notwendig ist, ist in dieser Republik immer noch eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen worden – mit dem Betriebsrat, mit Kollektivvertragspartnern.

Lassen Sie mich ein Beispiel bringen: Da gibt es eine Firma, die Weber Hydraulik GmbH in Losenstein, die hat für dreieinhalb Wochen eine ganz klare Vereinbarung ab­geschlossen – für dreieinhalb Wochen mit 12 Stunden pro Tag, aber mit dem Zusatz, dass sie ganz klar sagen, Arbeitnehmer, die das ablehnen, dürfen deswegen nicht be­nachteiligt werden. Diese bekommen ein Jahr Kündigungsschutz – das haben Sie nicht in Ihrem Entwurf –, wenn sie Nein sagen, wenn sie sagen, ich kann nicht.

Und das Wesentliche: Alle geleisteten Überstunden für diese dreieinhalb Wochen wer­den im Folgemonat als Überstunden mit Zuschlag ausbezahlt oder auch als Zeitaus­gleich gewährt, aber nicht mit 50 Prozent (Beifall bei der SPÖ), sondern mit 100 Pro­zent und am Sonntag mit 150 Prozent Zuschlag.

Sie machen in der Betriebsvereinbarung auch keinen Unterschied zwischen Stamm­personal und Leiharbeitern. – Leute, wenn es so weit kommt, dass dann auch noch Unterschiede zwischen Stammpersonal und Leiharbeitern gemacht werden, dann wird das unter den Beschäftigten im Betrieb wirklich zu einem Klassenkampf führen. Das brauchen wir nicht, also lasst bitte derartige Betriebsvereinbarungen weiterhin beste­hen! (Beifall bei SPÖ und Liste Pilz.)

Sie werden es wissen beziehungsweise gelesen haben, dass Experten aus ganz Ös­terreich und aus allen Fachbereichen unsere Analyse bestätigen: Für die gleiche Arbeit gibt es weniger Einkommen!

Sie sagen, Sie behaupten auch, das Arbeitszeitgesetz soll nur bei Bedarf angewandt werden. Sie sagen immer, 12 Stunden und 60 Stunden bei Bedarf. – Es gibt jetzt schon erste Unternehmen, die über die Presse gemeldet haben, sie würden sich auf diese 12 Stunden und 60 Stunden freuen und ja, sie werden sie auch nutzen. Es gibt aber auch Unternehmen, die großes Verständnis für ihre Mitarbeiterinnen und Mitar­beiter aufbringen, die Vorsorge treffen und ihre Fürsorgepflichten wahrnehmen. Und genau darin sehe ich jetzt das Problem.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 33

Wenn ich zum Beispiel diese Pressemeldung aus Tirol anschaue: Baumeister Josef Huber hat einen Betrieb mit 300 Mitarbeitern in Imst und sagt: Natürlich werde ich das nutzen. Wenn Aufträge da sind, arbeiten wir 12 Stunden am Tag und 60 Stunden in der Woche.

Ein anderer Bauunternehmer auch aus Tirol, der Landesinnungsmeister vom Bauge­werbe, sagt: 95 Prozent der Unternehmen in der Bauwirtschaft würden mit der derzeiti­gen Regelung auskommen, 12 Stunden würde er seine 140 Mitarbeiter nicht arbeiten lassen wollen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haubner: Muss er eh nicht!)

Der Landesinnungsmeister vom Friseurgewerbe tut kund, die Regierung sei beim Durchrechnungszeitraum von 17 Wochen zu weit gegangen. Dieses Gesetz ermöglicht es, Mitarbeiter von der ersten bis zur siebten Woche 60 Stunden, dann 56 Stunden und von der neunten bis zur siebzehnten Woche 40 Stunden zu beschäftigen.

Das ist ein zu langer Zeitraum. Wir brauchen das nicht, die Wirtschaft kommt mit den bestehenden Regelungen aus.

Das Schlimme ist: Sie schaffen damit auch einen Wettbewerb nach unten. Warum? –Es gibt beispielsweise eine Ausschreibung für die Sanierung einer Straße über die Sommermonate Juli und August – über 30 Grad Hitze –, und Sie ermöglichen jetzt über das Arbeitszeitgesetz, dass die Firmen sieben Wochen durchgehend mit 60 Stun­den kalkulieren dürfen. Dann werden die Firmen das auch machen, und jene Firma, die das nicht macht, wird keine Chance auf diesen Auftrag haben. Das ist das Unfaire. Sie legen die Latte einfach viel zu hoch – auf Kosten der Gesundheit der Beschäftigten in dieser Republik! (Beifall bei SPÖ und Liste Pilz.)

Ich komme jetzt zum letzten Punkt, zur Gesundheit. Alle Arbeitsmediziner warnen vor einem erhöhten Unfallrisiko. Alle Arbeitsmediziner in dieser Republik sagen: 12 Stun­den arbeiten macht krank. Ob dem Industriearbeiter, der ab der 10. Stunde einem er­höhten Unfallrisiko ausgesetzt ist, oder dem Altenpfleger, der nach einer 12-Stunden-Schicht unbedingt drei Tage Erholung braucht, es bleibt ihnen allen einfach zu wenig Zeit, sich zu erholen, und die Müdigkeit wird in den nächsten Tag mitgetragen. Sie ken­nen das ja selber, zu lange arbeiten und zu wenig Schlaf wird zu einem Problem.

Wir haben sehr viele Zusendungen von Betroffenen erhalten. Ich bedanke mich bei all jenen, die sich zu Wort gemeldet und auch gesagt haben, dass wir das ruhig verwen­den dürfen. Sie kennen diese Zuschrift von Herrn Otto Kloiber; er ist Zimmerer und be­richtet (eine Tafel in die Höhe haltend, auf der ein Arbeitstag des Zimmerers wie folgt aufgelistet ist): 4.30 Uhr aufstehen, 1 Stunde zur Arbeit fahren, 12 Stunden Arbeit plus 45 Minuten nicht bezahlte Pause, 1 Stunde nach Hause fahren, waschen, essen, ein bisschen Familie, 7 Stunden schlafen, dann klingelt wieder der Wecker: 4:30 Uhr auf­stehen – und das für Schwerarbeiter!

Das ist auch unsere Kritik: dass Sie ein Arbeitszeitgesetz quer durch alle Branchen pla­nen. Das macht es nämlich umso schwieriger.

Ich bin auch sehr enttäuscht ob der bisherigen Presseartikel von FPÖ und ÖVP. Ich habe mir jeden einzelnen angeschaut, und in keiner einzigen Ihrer Presseaussendun­gen kommt das Wort Gesundheit und Schutz für die Arbeitnehmer vor – in keiner ein­zigen Presseaussendung! Sie kehren bei diesem Gesetzentwurf die Gesundheit der Beschäftigten einfach unter den Teppich, und das ist äußerst unfair. (Beifall bei der SPÖ.)

Von Tag zu Tag wird sichtbarer, dass dieser ÖVP/FPÖ-Entwurf keine einzige Besser­stellung für die Beschäftigten in auch nur irgendeinem Punkt bringt. (Abg. Kassegger: Das werden wir gleich erklären!) Am 14. Juni knallen Sie uns Ihren Antrag hier auf den Tisch, am 15. Juni im Ö1-„Morgenjournal“ sagt die Frau Wirtschaftsministerin – Origi-


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 34

nalzitat –, sie gebe ganz klar an die Unternehmen den Auftrag, dieses Gesetz nicht auszunutzen, weil es ein Husch-Pfusch-Gesetz ist, weil es nicht lange genug begut­achtet worden ist. (Beifall bei SPÖ, NEOS und Liste Pilz.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist halt auch schlimm, wenn dann – und ich weiß, bei diesem Thema gehen die Emotionen hoch (Abg. Rosenkranz: Ist so!) - - Ja, Kollege Rosenkranz, es gibt dort eine Aussage, es gibt da eine Aussage, wir wis­sen das, aber wenn ein ÖVP-Wirtschaftsbundmitglied sagt (eine Kopie des Artikels mit einem Bild des Genannten in die Höhe haltend), Arbeitnehmer seien nur Kostenfakto­ren und es sei ein „Wehklagen der Wertlosen“, dann sage ich Ihnen schon: Arbeitneh­mer sind weder Kostenfaktoren noch Wertlose, Arbeitnehmer sind Menschen, die den Umsatz ihrer Arbeitgeber erwirtschaften. Deshalb sind solche Aussagen auch seitens des Wirtschaftsbundes zurückzuweisen und entsprechend richtigzustellen! (Beifall bei SPÖ, NEOS und Liste Pilz.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Den Schlusssatz bitte.


Abgeordneter Josef Muchitsch (fortsetzend): Umso wichtiger ist es, dass sich alle Menschen dieser Republik, die kein Gesetz haben wollen, das Verschlechterungen für die Beschäftigten bringt, dagegen auflehnen, dass sie dagegen kämpfen. Vielleicht werden morgen alle diese Menschen auch die Demo des ÖGB besuchen, weil es da­bei um die Würde, um die Menschlichkeit und um die Zukunft der Beschäftigten dieser Republik geht.

Abschließend: Ich fordere die Bundesregierung auf, Sie, Herr Vizekanzler – ich weiß, Sie tun sich mit manchen Formulierungen sehr schwer –, ich fordere Sie auf, bitte neh­men Sie diesen Initiativantrag zurück! Ich biete Ihnen Folgendes an: Bereitet eine Mi­nisterratsvorlage für den Herrn Präsidenten vor, wir würden ihn ersuchen, sie dem So­zialausschuss zuzuweisen. Ich garantiere, noch vor der Sommerpause eine Sozialaus­schusssitzung einzuberufen, und ich garantiere, dass wir nach sechs Wochen Begut­achtung unter Einbindung aller Sozialpartner und Experten Ende August eine Sonder­ausschusssitzung abhalten, in der wir ganz ehrlich, fair und gerecht eine neue Vorlage diskutieren können, um dieses Gesetz dann in der ersten Plenarsitzung im Herbst ver­abschieden zu können, und zwar anständig, g’scheit und fair, damit sich die Menschen, die arbeiten, und die Menschen, die Arbeit geben, auf gleicher Augenhöhe gegenüber­stehen. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ, NEOS und Liste Pilz.)

15.38


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundesminister für Europa, Kunst, Kultur und Medien. Ich darf es ihm erteilen. – Bitte.


15.39.14

Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien im Bundeskanzleramt Mag. Gernot Blümel, MBA: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Damen und Herren auf der Galerie! Herr Abgeord­neter Muchitsch hat zu Beginn gesagt, sachlich zu bleiben werde allen Seiten schwer­fallen. Ich darf für uns in Anspruch nehmen, dass das nie der Fall war. Ich habe den Eindruck gehabt, dass es im Vorfeld eher aufseiten der Opposition die Herausforde­rung gegeben hat, die Emotionen im Zaum zu halten.

Ich habe sehr genau zugehört, was Abgeordneter Muchitsch gesagt hat. Es war freund­lich im Ton, aber die Polemik gegen Ende hin war einfach unüberhörbar (Abg. Preiner: Was war da polemisch?), auch wenn es freundlich war. Das muss man konstatieren. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Kuntzl: Es war ein total seriöses Angebot! – Zwi­schenrufe der Abgeordneten Heinisch-Hosek, Krist und Schieder.)

Ich möchte deswegen darauf eingehen, weil in den letzten Wochen immer so getan wurde, als ob hiermit die gesamte Welt verändert werden würde (Abg. Heinisch-Ho-


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 35

sek: Ja, wird auch!), was nicht der Fall ist. (Abg. Duzdar: Die Arbeitnehmer sind euch wurscht!)

Das, was sich geändert hat, ist nicht, dass wir die Welt verändern – die Welt hat sich geändert, die Arbeitswelt hat sich geändert (Abg. Heinisch-Hosek: Die Menschen sind euch wurscht!) –, was die Regierung tut, ist lediglich, die rechtlichen Rahmenbedin­gungen an die geänderte Arbeitswelt anzupassen – nicht mehr und nicht weniger. (Bei­fall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Heinisch-Hosek: Und die Menschen? – Zwischenruf des Abg. Krist.)

Schon die Vorgängerregierung hat versucht, die Arbeitszeitflexibilisierung dingfest zu machen, die Sozialpartner haben lange verhandelt, aber am Ende des Tages leider Gottes keinen Kompromiss gefunden. Ob das an den anstehenden Neuwahlen gele­gen ist, muss jeder selbst beurteilen können. Mir geht es darum, auf sachlicher Ebene ein bisschen klarzustellen, worum es geht. Eines vorweg: Die Grundprinzipien der Nor­malarbeitszeit, des 8-Stunden-Tages bleiben unangetastet, das Grundprinzip der Nor­malarbeitswoche von 40 Stunden bleibt unangetastet, und natürlich werden auch wei­terhin Mehrleistungen abgegolten, entweder durch mehr Geld oder mehr Freizeit. (Bei­fall bei ÖVP und FPÖ. – Auf der Galerie erheben sich Personen mit T-Shirts, auf deren Vorderseite die rot durchgestrichene Zahl 12 in einem roten Kreis und die Aufschrift „Stunden-Tag“ und auf deren Rückseite die rot durchgestrichene Zahl 60 in einem roten Kreis und die Aufschrift „Stunden-Woche“ aufgedruckt sind. – Lang anhaltender Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

Es freut mich sehr, dass diese Erkenntnis so viel Zustimmung bei der Opposition fin­det. (Heiterkeit und Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Lausch: Ihr seid vernünftig! – Die Abgeordneten Duzdar und Greiner: Arroganz! – Zwischenruf des Abg. Keck.)

Bei vielen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern – und das hat ja Herr Abgeordneter Muchitsch auch schon betont – ist es natürlich absolute Normalität, dass in ihrem Ar­beitsbereich auch heute schon Flexibilität, was die Arbeitszeit betrifft, Einzug gehalten hat. Ein paar Beispiele – da auch Herr Abgeordneter Muchitsch ein paar Beispiele aus der Praxis genannt hat –: Wenn bei einer leitenden Angestellten – nennen wir sie zum Beispiel Andrea (Zwischenrufe der Abgeordneten Heinisch-Hosek und Stöger) –, zweifache Mutter und Teilzeitführungskraft in einem Telekommunikationsbetrieb (Abg. Krist: Das ist haarsträubender Blödsinn!), eine große Veranstaltung ansteht, dann wird das Anstehende halt abgearbeitet und danach die Überzeit konsumiert, womit die Dame mehr Zeit für die Kinderbetreuung hat. (Abg. Stöger: Leitende Angestellte sind ausgenommen vom Arbeitszeitgesetz! – Weiterer Ruf bei der SPÖ: Leitende Ange­stellte? Das ist ein Blödsinn!)

Oder: Eine Ärztin, die nach Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz arbeitet - - (Zwischen­rufe der Abgeordneten Bayr und Knes.) Soweit ich weiß, hat Abgeordneter Muchitsch vorher gebeten, von Zwischenrufen Abstand zu nehmen. (Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) Sie haben sich nicht sonderlich lange daran gehalten; auch das muss ich zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Krist: ... leitende An­gestellte ...! – Zwischenruf der Abg. Greiner.)

Versuchen Sie es vielleicht noch ein paar Reden lang ohne Zwischenrufe. (Abg. Be­cher: Es ist falsch! – Abg. Wittmann: Sie sind so ahnungslos, dass es erschreckend ist!)

Die Ärztin, die nach dem Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz arbeitet, sammelt in län­geren Schichten mehr Stunden und kann sich die dann am Stück freinehmen, um Frei­zeit zu haben, Zeit für die Kinderbetreuung, für was auch immer. (Ruf bei der SPÖ: Sie haben keine Ahnung!) Ein Mitarbeiter, der beispielsweise an einem Forschungsinstitut einer Universität arbeitet, kann Projekte, wenn sie anstehen, mit flexiblen Arbeitszeiten


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 36

besser zu Ende bringen und danach die Zeit konsumieren, wofür auch immer er möch­te.

Bei einem Triebfahrzeugführer der ÖBB – großer Klassiker – ist die Schicht total flexi­bel, sie dauert zwischen 7 und 12 Stunden. Der Kollektivvertrag gibt dort genau das her, was wir jetzt in anderen Bereichen einführen wollen, und damit ist auch klargelegt: Es gibt in vielen Bereichen bereits die Anforderung, das zu tun, die Arbeitswelt hat sich nur insofern verändert, dass diese Notwendigkeiten nun auch in anderen Bereichen bestehen, und genau deswegen wollen wir die anderen Bereiche in den Genuss dieser Flexibilität führen (Abg. Knes: Tun Sie nicht!) – nicht mehr und nicht weniger, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Es gibt da einen Haufen Beispiele, die von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern an uns herangetragen worden sind, die uns darum ersuchen, dass wir diese Flexibilität schaffen. Ein IT-Programmierer, der Angestellter ist, hat gemeint, dass er, wenn er bei­spielsweise eine Software innerhalb von einer Woche fertigprogrammieren muss und sich das nicht ausgeht, im Normalfall ein bissel länger arbeiten würde, um die Zeit dann als Freizeit zu konsumieren oder die Überstunden ausgezahlt zu bekommen. Jetzt muss man, wenn man dieses Gesetz einhalten möchte, stante pede in die nächs­te Woche hineinarbeiten. (Abg. Noll: Dazu gibt es Kollektivverträge seit 30 Jahren! – Zwischenrufe der Abgeordneten Stöger und Bißmann.)

Stellen Sie sich einen Kameramann vor, der angestellt ist und einen Dokumentations­film in der freien Natur drehen will: Das Wetter ist schlecht, man wartet, dann passt das Wetter und man beginnt zu drehen, so, und dann ist der 8-Stunden-Tag vorbei und es geht nicht mehr. Danach müsste man wieder neu anfangen, wieder warten, bis das Wetter besser ist. Das ist weder praktisch und angenehm noch ökonomisch sinnvoll. (Abg. Noll: Herr Minister, das steht seit 30 Jahren im Kollektivvertrag! – Zwischenruf der Abg. Duzdar.)

Ich habe in den letzten Tagen auch mit einigen Journalistinnen und Journalisten ge­sprochen, und ich weiß, dass sehr viele sehr, sehr lange arbeiten: Sie sind am Vor­mittag in der Redaktionssitzung, schreiben dann ihre Artikel und gehen vielleicht am Abend noch zu einer Veranstaltung, um Geschichten zu recherchieren. Da bleibt es auch nicht immer bei der gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitszeit. Was passiert? – Meistens wird das dann unter den Tisch fallen gelassen oder es wird eine zweite Liste geführt. Auch da wollen wir Rechtssicherheit schaffen, damit die Menschen zu ihrem Recht kommen (Zwischenruf der Abg. Becher) – nicht mehr und nicht weniger, mei-
ne sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Knes.)

Es ist auch nicht nachvollziehbar, warum der Forschungsassistent an der Universität das Experiment zu Ende führen kann, wenn es einmal länger dauert, und eine Ange­stellte im Forschungslabor zum Beispiel, nicht auf der Uni, das nicht tun kann, nur weil die flexibleren Arbeitszeiten an der Universität gelten und in diesem Bereich nicht.

Worauf ich hinauswill, ist, dass wir nichts anderes tun, als Probleme, die es derzeit in der Arbeitswelt gibt, zu lösen – nicht mehr und nicht weniger, meine sehr geehrten Da­men und Herren! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Leichtfried: Ihr klatscht wie die Lemminge!)

Es sind sich darüber hinaus auch viele Gruppen in Österreich einig, dass wir diese Flexibilität brauchen. Die Sozialpartner hätten sich vor circa einem Jahr schon fast auf Punkt und Beistrich geeinigt. Schade, dass es damals nicht gelungen ist. (Abg. Era­sim: Weil der Herr Kurz die Regierung sabotiert hat!) Wir setzen heute vieles von dem um, was damals im Paket enthalten war. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 37

Übrigens: Bei den 12 Stunden, die in Zukunft auch bei Gleitzeit möglich sind, haben wir Anleihe an einem Dokument, das Plan A heißt, genommen. Ich darf aus dem Plan A zitieren (Abg. Kuntzl: Vollständig aber! – Abg. Heinisch-Hosek: Nichts auslassen!): „Bei Gleitzeit sollen zwölf Stunden tägliche Arbeitszeit möglich werden, jedoch nur, wenn als Ausgleich längere zusammenhängende Freizeitblöcke genommen werden können.“ – Nichts anderes tun wir, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Katzian – vor seiner Nase mit beiden Händen eine Spanne an­deutend –: Ihr habt so eine lange Nase! – Weiterer Ruf bei der SPÖ: Das stimmt nicht! – Zwischenrufe der Abgeordneten Duzdar, Knes, Krist und Lindner.)

Und wenn Sie schon dem Plan A nicht glauben, dann würde ich Sie ersuchen, viel­leicht ein wenig in die Vergangenheit zurückzuschauen, beispielsweise zum ehemali­gen ÖGB-Präsidenten Fritz Verzetnitsch, der am 24.2.2005 gemeint hat, der ÖGB, die Gewerkschaft und auch die Beschäftigten wollen flexibel arbeiten, dies zeigen schon die zahlreichen Kollektivverträge, die die unterschiedlichsten Formen von Flexibilität zulassen. (Abg. Schieder: Gehen Sie auf die Fragen ein!) Das ist nur eines von ganz, ganz vielen Zitaten aus Ihren Reihen, die genau in diese Richtung gehen. (Abg. Hei­nisch-Hosek: Ja, und das ist nichts Neues! – Zwischenruf des Abg. Katzian.)

Eines der eindrucksvollsten Zitate ist jenes von Herrn Georg Niedermühlbichler aus ei­nem Interview mit der „Presse“ vom 13.6.2016. Da sagt er wörtlich: „Es braucht die Neu­vermessung der Arbeitszeit. Warum geht man nicht weg von der Wochen-, hin zu [...] ei­ner Monats-, einer Jahresarbeitszeit? Man muss Menschen ermöglichen, besser mit ih­ren Lebenszyklen umzugehen. Wer ein Kind bekommt, will vielleicht weniger arbeiten, wer auf eine Wohnung spart, dagegen mehr.“ (Abg. Höbart: Da schau her!) – Herr Niedermühlbichler, vielen Dank für diese großartige Erkenntnis. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Knes: Er versteht es nicht! – Zwischenruf des Abg. Krist.)

Man könnte diese Reihe von Zitaten mit Betriebsräten, mit SPÖ-Bürgermeistern, mit dem ÖBB-Chef fortsetzen, ich glaube nur, Sie kennen das alles. Allein, ich frage mich, warum es jahrelang auch bei Ihnen Konsens war, dass es eine Flexibilisierung braucht (Abg. Heinisch-Hosek: Es gibt sie! Es gibt sie! Sie verschärfen!), und jetzt, wo die Oppositionsrolle da ist, auf einmal die Welt untergeht, wenn man genau das umsetzt, was mit den Regierungsprogrammen der letzten vier Regierungen intendiert gewesen ist. Diese Regierung macht nichts anderes, als den Mut zu haben, diese Dinge endlich anzugehen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie des Abg. Loacker.)

Was sich wirklich ändert, ist: Wir schaffen eine Vereinfachung eines recht komplizierten und undurchsichtigen Überstundenregimes (Zwischenruf der Abg. Duzdar) und passen die Regelungen gleichzeitig an die EU-Arbeitszeitrichtlinie an, wobei wir diese eindeu­tig unterschreiten. Sie wissen, dort sind bis zu 13-Stunden-Arbeitstage möglich. Das wollen wir nicht – das haben die Schweden, auf die die SPÖ auch immer wieder hin­weist. Dort sind 13 Stunden Arbeitszeit möglich, wir wollen das nicht, wir bleiben da­runter.

Wir stärken die Freiwilligkeit ganz eindeutig. Es gibt die Möglichkeit, generell ohne An­gabe von Gründen diese Überstunden abzulehnen (Zwischenrufe der Abgeordneten Knes und Lindner – Abg. Heinisch-Hosek: Sozial gerecht ...!), und damit ist die Frei­willigkeit einzementiert, stärker, als es noch davor der Fall war, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Es gab übrigens nicht nur im Plan A eine sehr beeindruckende Stelle, was die Arbeits­zeitflexibilisierung betrifft, Herr Klubobmann Kern hat noch letztes Jahr im „Kurier“ am 16.7.2017 gesagt: „Arbeitszeitflexibilisierung ,gehört gemacht‘“. – Wir machen das, mei­ne sehr geehrten Damen und Herren.

Damit darf ich zur konkreten Beantwortung Ihrer Fragen kommen.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 38

Zur Frage 1:

Der Gesetzestext wurde im Parlament als Initiativantrag eingebracht. (Zwischenruf des Abg. Knes.) Die Regierungsfraktionen haben eine Begutachtung im Rahmen einer Aus­schussbegutachtung angeboten. Das wurde von der Opposition abgelehnt. (Abg. Klaus Uwe Feichtinger: Stimmt nicht!)

Zu den Fragen 2 und 3:

Wir arbeiten das ab, was im Regierungsprogramm vorgesehen ist. (Abg. Schieder: Das ist keine Antwort auf die Frage gewesen!)

Zu den Fragen 4 bis 6:

Wir sind als Bundesregierung darauf bedacht, einen ständigen Austausch mit Vertre­terinnen und Vertretern von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite sowie mit der Zivilge­sellschaft zu pflegen. So hat es zum Beispiel im ersten Halbjahr auch einen Sozial­partnergipfel im Bundeskanzleramt mit den Spitzen von ÖGB, Arbeiterkammer, Wirt­schaftskammer und Landwirtschaftskammer gegeben.

Zur Frage 7:

Seit beinahe 15 Jahren wird das Thema Flexibilisierung auf verschiedenen Ebenen dis­kutiert und verhandelt. Die Sozialpartner haben nach jahrelangen Verhandlungen aber kein Ergebnis erzielt. Bereits die vorige, SPÖ-geführte Regierung hat angekündigt, bei einer Nichteinigung das Thema selbst in die Hand zu nehmen. Genau das tut diese Regierung jetzt. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Schie­der und Scherak.)

Zur Frage 8:

Es gibt dazu unterschiedliche Rechtsauffassungen. Ansprechpartner ist der Heilige Stuhl. Die verantwortliche Stelle wird mit dem zuständigen Vertreter Kontakt aufnehmen.

Zur Frage 9:

Meinungen und Einschätzungen sind nicht Gegenstand des parlamentarischen Inter­pellationsrechts.

Zu den Fragen 10 und 11:

Im Zuge der Kampagnen des BMASGK wurde auf die Möglichkeit der flexiblen Ge­staltung der Arbeitszeit aufmerksam gemacht. Die genauen Kosten für die Kampagne sind meinem Haus mangels Zuständigkeit nicht bekannt. (Zwischenruf der Abg. Rendi-Wagner.)

Zur Frage 12:

Durch die Novelle wird die Möglichkeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erwei­tert, sich ein Zeitguthaben aufzubauen. Damit werden zusammenhängende Freizeitblö­cke beziehungsweise auch eine Viertagewoche gefördert. (Abg. Stöger: Wo steht das?)

Zur Frage 13:

Es kommt durch die Novelle zu keiner generellen Erhöhung der Arbeitszeit. (Ruf bei der SPÖ: Stimmt ja nicht!) Es werden lediglich die Gestaltungsmöglichkeiten im Betrieb für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer er­höht.

Zur Frage 14:

AMS-Vorstand Johannes Kopf hat im Zusammenhang mit der Novelle festgehalten, dass mehr Flexibilität zu keinen großen messbaren Effekten in Bezug auf die Arbeitslo-


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 39

sigkeit oder Beschäftigung führen wird. Es werde jedoch laut Kopf dadurch die Wettbe­werbsfähigkeit der Betriebe und damit des Wirtschaftsstandortes insgesamt gestärkt.

Zur Frage 15:

Die Novelle bringt flexiblere Gestaltungsmöglichkeiten im Betrieb zum Vorteil für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber. Gera­de die Förderung längerer zusammenhängender Freizeitblöcke kommt auch Arbeitneh­merinnen und Arbeitnehmern mit Betreuungspflichten sehr entgegen. (Abg. Stöger: Wo steht das?) Im Übrigen von den Klubobleuten Wöginger und Rosenkranz bereits öffentlich klargestellt ist (Zwischenruf des Abg. Knes), dass die Freiwilligkeitsgarantie eine Ablehnungsmöglichkeit von Überstunden nach § 7 Abs. 6 Arbeitszeitgesetz ohne Angabe von Gründen sicherstellt.

Zur Frage 16:

Die Klubobleute haben klargestellt, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die 11. und 12. Überstunde jederzeit ohne Angabe von Gründen ablehnen können. Sie dürfen deswegen nicht benachteiligt werden. Neben dem Benachteiligungsverbot (Zwischen­rufe der Abgeordneten Katzian und Knes) wird auch ein Kündigungsschutz nach § 105 Abs. 5 des Arbeitsverfassungsgesetzes vorgesehen.

Zur Frage 17:

Durch die Novelle kommt es zu keiner generellen Erhöhung der Arbeitszeit. Die Novel­le bringt flexiblere Gestaltungsmöglichkeiten im Betrieb zum Vorteil von Arbeitnehme­rinnen und Arbeitnehmern sowie Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern. Dies kommt vor allem auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mit Betreuungspflichten sehr entge­gen.

Zur Frage 18:

Die Reform ändert nichts an der Verpflichtung der Arbeitgeberinnen oder Arbeitgeber, alle geleisteten Überstunden mit Zuschlag auf Basis des jeweiligen Kollektivvertrages abzugelten. Dies gilt wie bisher auch in Zukunft für sämtliche Pauschalentgeltvereinba­rungen wie beispielsweise All-in-Verträge.

Zur Frage 19:

Von Arbeitergeberinnen oder Arbeitgebern angeordnete Überstunden werden so wie bisher mit Zuschlag abgegolten.

Zur Frage 20:

Es können auch künftig Betriebsvereinbarungen abgeschlossen werden. Für Betriebe ohne Betriebsrat wird die Freiwilligkeit gestärkt. (Ruf bei der SPÖ: Auf welcher Rechts­basis? – Weitere Zwischenrufe der Abgeordneten Knes und Lindner.)

Zur Frage 21:

Wie bisher dürfen auch künftig maximal 8 Stunden pro Tag im Durchschnitt geleistet werden. Dies entspricht der Vorgabe der EU-Arbeitszeitrichtlinie.

Zur Frage 22:

Wie die Klubobleute bereits klargestellt haben, können die 11. und 12. Überstunde oh­ne Angabe von Gründen abgelehnt werden. (Zwischenruf des Abg. Knes.)

Zur Frage 23:

Entscheidend ist nach zahlreichen Untersuchungen, dass für längere Arbeitszeitblöcke ein Ausgleich durch entsprechend kürzere Arbeitszeiten beziehungsweise durch die zeitnahe Freizeitphase erfolgt. Bei Überstunden ab der 11. Arbeitsstunde haben die


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 40

Klubobleute klargestellt, dass ein Wahlrecht der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für die Abgeltung in Zeit oder Geld besteht. (Zwischenruf der Abg. Becher.)

Zu den Fragen 24 und 25 – Sie waren ja recht fleißig, meine sehr geehrten Damen und Herren –:

Meinungen und Einschätzungen sind nicht Gegenstand des parlamentarischen Inter­pellationsrechts.

Zu den Fragen 26 und 27:

Die Möglichkeit der flexibleren Gestaltung der Arbeitszeiten in Tourismusbetrieben ent­spricht sowohl den Bedürfnissen der Betriebe (Abg. Schieder: Das war keine Mei­nungsfrage! Beantworten Sie die Frage!) als auch den Wünschen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. (Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Schieder: ... nicht Ihre Meinung, sondern Ihre fachliche Einschätzung ...!)

Zu den Fragen 28 und 29:

Es kommt zu keiner generellen Arbeitszeitverlängerung. (Abg. Knes: Ja!) Zusätzlich wird, wie von den Klubobleuten klargestellt, nun ein Ablehnungsrecht ohne Angabe von Gründen für die 11. und 12. Stunde eingeführt.

Zur Frage 30:

Diese Frage ist nicht Gegenstand des vorgelegten Gesetzestextes.

Zur Frage 31:

Das Kinder- und Jugendlichen-Beschäftigungsgesetz sieht für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und Lehrlinge bis 18 Jahre auch in Zukunft (Zwischenruf des Abg. Knes) unverändert eine Obergrenze von 9 Stunden pro Tag und 45 Stunden pro Woche vor. Für Lehrlinge über 18 Jahre werden Überstunden nicht auf Basis der Lehrlingsentschä­digung, sondern auf Basis des Einstiegsfacharbeiterlohns bezahlt. (Abg. Schieder: Aber die Fragen sind schon alle zu beantworten, Herr Präsident!) Nach dem Berufs­ausbildungsgesetz dürfen Lehrlingen generell keine Aufgaben zugewiesen werden, die die Kräfte übersteigen. – Vielen herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

15.57


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Ich darf darauf aufmerksam machen, dass geschäftsordnungsgemäß kein Redner län­ger als 10 Minuten sprechen darf, wobei jedem Klub eine Gesamtredezeit von 25 Minu­ten zukommt.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Klubobmann Kern. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Schrangl. – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)


15.57.35

Abgeordneter Mag. Christian Kern (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Herr Bundesminister hat seine Ausführungen damit begonnen, dass er gesagt hat: Manche tun ja so, als ob sich die Welt verändern wür­de. – Ja, das Problem scheint mir zu sein: Ihre Welt wird sich durch dieses Gesetz mit Sicherheit nicht verändern. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Jawohl!)

Es wird aber mehr als drei Millionen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen und de facto jede Familie in unserem Land betreffen. Ich muss dazusagen: Ich finde diese Diskus­sion bemerkenswert. Es tut mir heute nur einer wahnsinnig leid, und das ist Beppo Mu­chitsch. – Mein Freund, dein wirklich inspirierter Aufklärungs- und Erziehungsversuch


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 41

ist sichtlich völlig am Herrn Bundesminister abgeprallt. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Bißmann.)

Es ist wirklich faszinierend und ein Ausdruck von seltener Inkompetenz (Zwischenruf bei der FPÖ) – Sie erlauben mir diese Zuspitzung –, wenn man sich die Beispiele an­hört, die Sie da gerade angeführt haben. Sie erwähnen eine leitende Angestellte, die ja sowieso vom Arbeitszeitgesetz ausgenommen ist. (Beifall bei der SPÖ sowie der Ab­geordneten Hoyos-Trauttmansdorff, Loacker und Krisper. – Abg. Heinisch-Hosek: Genau!)

Sie erwähnen Ärzte und deren Arbeitszeiten, die in diesem Hohen Haus vor gar nicht allzu langer Zeit auf 48 Stunden reduziert worden sind; Ärzte haben seit Jahrzehnten ein eigenes Arbeitszeitgesetz. Und Sie erwähnen die Triebfahrzeugführer der ÖBB – und seien Sie mir nicht böse, jetzt wird es richtig skurril und Sie machen mir eine be­sondere Freude, wenn Sie dieses Beispiel erwähnen (Zwischenruf bei der SPÖ) –: Die haben eine 38,5-Stunden-Woche. Die wissen monatelang im Voraus, wann sie ihren Dienst haben. Die kriegen alle Zuschläge, für die Nächte, für die Feiertage, reibungslos bezahlt. (Zwischenruf des Abg. Deimek.) Die haben keine 60-Stunden-Wochen, und bei jeder einzelnen Schicht ist der Betriebsrat dabei (Ruf bei der FPÖ: Das glauben Sie! – Abg. Deimek: Genau!) und schaut dem Management über die Schulter, um zu sehen, was da wirklich passiert. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Deimek: ... seit Sie im Amt waren! – Zwischenruf des Abg. Knes.)

Und seien Sie mir nicht böse: Wenn Sie glauben, dass Ihr Arbeitszeitgesetzvorschlag und der Plan A etwas miteinander zu tun haben, dann glauben Sie auch, dass Karli von Caorle kommt. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Wir leben in einer Zeit der Veränderung, das ist ein Faktum und da gebe ich Ihnen recht, und ich bin auch der Meinung, dass wir über die Arbeitswelt und über die Ar­beitszeit ernsthaft diskutieren müssen. Wir können aber nicht Problemlösungen aus dem 19. Jahrhundert nehmen, um damit die Fragen des 21. Jahrhunderts zu beant­worten. Was Sie hier vorgeschlagen haben, ist ein Modell, das einer Seite alle Vorteile und der anderen Seite alle Nachteile bringt. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.) Sie verlangen, dass Menschen in unserem Land verfügbar werden, dass sie jederzeit für einen 12-Stunden-Tag und für eine 60-Stunden-Woche zur Verfügung stehen. (Abg. Klinger: Das stimmt ja nicht!) Das ist ein Konzept, mit dem wir uns halt nicht anfreun­den können. (Beifall bei der SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Klinger.)

Sie haben in einer Zeit, in der, wie wir wissen, die Technologieentwicklung, die Digitali­sierung, die Roboterisierung Arbeit effizienter und produktiver machen, einen Vor­schlag gemacht, der auf Arbeitszeitverlängerung und nicht auf Arbeitszeitverkürzung hinausläuft. In einer Zeit, in der, wie wir wissen, die Jungen schwer in den Arbeitsmarkt hineinfinden, schwer reguläre Arbeitsverhältnisse bekommen, immer mehr in prekären Beschäftigungsverhältnissen arbeiten (Abg. Rosenkranz: Wegen Ihrer Bildungspoli­tik!), in der, wie wir wissen, die Quoten der Burn-out-Gefährdeten permanent steigen, kommen Sie her und sagen: Jetzt erhöhen wir den Druck auf die Leute in den Betrie­ben noch einmal! (Beifall bei der SPÖ.)

Wissen Sie, was mir dabei überhaupt nicht gefällt? – Ich bin nicht der Meinung, dass wir die Menschen und ihre Bedürfnisse den Profiten unterzuordnen haben, und ich bin nicht der Meinung, dass der Wert eines Menschen von seinem Kontostand abhängt (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić – Abg. Hafenecker: ...stiftung! – Abg. Hai­der: Da gehen Sie ja mit gutem Beispiel voran!), dass alles, was uns im zwischen­menschlichen Zusammenleben wichtig ist, ein Preisschild bekommen soll.

Wissen Sie, was das Schlimmste ist? – Wir mögen unterschiedliche Menschenbilder haben, wir mögen unterschiedliche Zukunftsbilder haben, aber wenn wir nüchtern ana-


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 42

lysieren, was der Grund für die Erfolgsgeschichte Österreichs war, was der Grund dafür ist, dass wir zu den erfolgreichsten und reichsten Industrienationen der Welt ge­hören, dann müssen wir sagen, es ist mit Sicherheit der soziale Ausgleich. (Beifall bei der SPÖ.) Es ist das Verständnis, dass tüchtige Unternehmer und fleißige Arbeitneh­mer gemeinsam den Erfolg sicherstellen, erarbeiten und am Ende auch alle gemein­sam davon profitieren. Genau das ist es aber, was Sie damit jetzt zu zerstören begin­nen. Sie entziehen der Gemeinsamkeit den Boden.

Das Spannende ist ja immer wieder – ich verfolge das ganz genau –, wie Sie mit The­men umgehen, was Sie den Menschen mitzugeben, ihnen einzureden versuchen. Sie haben im Wahlkampf von der „neuen Gerechtigkeit“ geredet – im Wahlkampf –, und heute sehen wir, was Ihre neue Gerechtigkeit ist: Was soll daran gerecht sein, wenn Sie Menschen das Einkommen kürzen, indem Sie ihnen Zuschläge für die erbrachten Leistungen wegnehmen? Was soll daran gerecht sein, wenn Sie Menschen die Freizeit kürzen, indem Sie Durchrechnungszeiträume auf den Sankt-Nimmerleins-Tag ausdeh­nen? Was soll daran gerecht sein, wenn Sie Gesundheitsgefährdungen in Kauf neh­men, indem Sie Menschen die 60-Stunden-Woche aufs Auge drücken? (Ruf bei der FPÖ: Noch immer nicht verstanden!) Was soll daran gerecht sein, wenn Sie einer Se­kretärin, die länger im Betrieb bleiben muss, weil der Chef das will, sagen: Du hast Pech gehabt, es gibt leider keine Kinderbetreuungseinrichtungen, die überhaupt er­möglichen, dass deine Kinder wohlbehütet sind!? (Beifall bei der SPÖ sowie der Abge­ordneten Bißmann und Zadić.)

Sie waren es, die die Mittel für den Kindergartenausbau auf 1 000 Euro für ein ganzes Jahr reduziert haben (Zwischenruf der Abg. Duzdar) und die Mittel für Ganztagsschu­len einkassiert haben. Wissen Sie, was der Punkt ist? – Da geht es nicht nur um Ge­rechtigkeit, da geht es auch um Freiheit, und diese Freiheit beschränken Sie. Es ist die Freiheit auf ein selbstbestimmtes Leben; diese Freiheit braucht Regeln, die Mitarbeiter brauchen den Schutz, das wissen wir aus unserer Geschichte. In der Gruppe können sie ihre Interessen gegen übermächtige Partner und Gegenüber vertreten. Diesen Schutz entziehen Sie ihnen jetzt. Sie setzen auf das Recht des Stärkeren. – Frei nach Marie Ebner-Eschenbach: „Das Recht des Stärkeren ist das stärkste Unrecht.“ (Beifall bei der SPÖ.)

Sie knien vor dem Altar ihrer Großsponsoren, und es ist die Bischofskonferenz, die Sie daran erinnern muss, was christliche Nächstenliebe ist. (Beifall bei der SPÖ.) Da ist zu lesen, dass das Vorhaben eine „Geringschätzung des Familienlebens mit gravierenden Auswirkungen auf die gesellschaftliche Ordnung“ bedeutet. Und wenn Sie vom wahren Glauben abgefallen sind, dann schauen Sie sich an, was der Tiroler Chef des ÖAAB gesagt hat (Abg. Wöginger: Das ist eine Frau!), was der katholische Familienverband gesagt hat! (Zwischenruf des Abg. Zarits.) Sie alle haben Bedenken geäußert, auch Arbeitsrechtler sonder Zahl, Mediziner und Ärzte. Hören Sie denen einmal zu! Ich weiß, Zuhören ist nicht Ihre Stärke, aber glauben Sie mir: Jeder, der glaubt, dass Drüberfah­ren Stärke ist, hat in seinem Leben etwas nicht verstanden, denn Drüberfahren ist Schwäche! (Beifall bei der SPÖ.)

Dieser Erfolg, der soziale Friede, an dem das hängt, bedeutet einen Erfolg für alle. Wenn Sie die Demonstrationen der Gewerkschaften in einem schlechten Licht sehen, wenn der Bundeskanzler von von der Arbeiterkammer bezahlten Demonstranten redet, muss ich ehrlich sagen, da verschlägt es einem die Sprache, denn die Gewerkschaften haben die Hand ausgestreckt – nehmen Sie sie doch endlich! Kollege Muchitsch hat es heute wieder getan. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Lausch.)

Wenn Sie glauben, dass es cool ist, durchzuziehen, mit dem Schädel gegen die Wand zu rennen, dann kann ich Ihnen nur sagen – wieder auf meiner Lebenserfahrung be-


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 43

gründet (Zwischenruf bei der FPÖ) –: Für mich schaut das eigentlich nur arrogant aus. (Beifall bei der SPÖ. – Heiterkeit bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.)

Tauschen Sie nur einen einzigen Tag mit einem Kellner, der 10 Stunden lang im vollen Stress hin und her wieselt! Tauschen Sie einen einzigen Tag mit einer Verkäuferin, die 10 Stunden lang im Geschäft steht! (Abg. Lausch: Das ist sehr glaubhaft, wenn Sie das sagen! Da kennen Sie sich sicher aus!) Tauschen Sie einen einzigen Tag mit ei­nem Bauarbeiter, der 10 Stunden unter brennender Sonne die Arbeit des Asphaltierens erledigt – nur einmal! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Belakowitsch: Haben Sie schon einmal eine Schaufel in der Hand gehabt? – Abg. Lausch: Sie haben nicht einmal 10 Minuten Pizza ausgeliefert!)

Wenn Sie das getan haben, dann werden Sie die Nummer mit der Freiwilligkeit selber nicht mehr glauben; das ist ja in Wahrheit eine Verhöhnung. Es ist nichts anderes als eine Verhöhnung. Diese Freiwilligkeit, die Sie da postulieren, gibt es ja heute schon in den Gesetzen. Sie versuchen, Placebos zu verabreichen. (Abg. Rosenkranz: Der Herr Kollege Muchitsch hat gerade das Gegenteil ...!)

Genauso die Betriebsvereinbarungen, die Sie wegradieren: Der ÖVP-Obmann hat im Wahlkampf noch gesagt, diese müsse man stärken; heute wollen Sie nichts mehr da­von wissen – falsches Versprechen. Herr Strache hat erklärt, der 12-Stunden-Tag sei leistungsfeindlich und asozial; heute kommen Sie her und erklären uns: „Geht’s [...] Werner gut, geht’s [...] Erna gut!“ – Das ist doch skurril, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben der Wirtschaftskammer offenbar wochenlang Zeit eingeräumt, um einen ob­skuren Werbefilm zu produzieren. Sie haben sich vor der Debatte im Parlament ge­drückt; wir haben das heute nachzuholen versucht. Ich kann Sie nur, im Sinne dessen, was mein Freund Beppo Muchitsch hier gesagt hat, auffordern: Das ist ein sehr schlechter Gesetzentwurf. Doktern Sie daran rum, dann erhalten Sie einen schlechten Gesetzentwurf. Ich bin aber der Überzeugung, dass die Menschen, die fleißigen Arbeit­nehmer und Arbeitnehmerinnen, die tüchtigen Unternehmer in diesem Land, wahrlich etwas anderes verdient haben. – Danke. (Anhaltender Beifall und Bravorufe bei der SPÖ sowie Beifall der Abgeordneten Bißmann, Cox und Zadić.)

16.07


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Klubob­mann August Wöginger. – Bitte.


16.08.02

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Muchitsch hat sich heute wirklich sehr bemüht, und das möchte ich auch anerkennen, als er die Sitzung des Sozialausschusses geleitet hat. (Zwischenruf des Abg. Lausch.) Herr Klubobmann Kern, dass Sie als jemand, der jahrzehntelang Spitzenverdiener war, sich aber hier herausstellen und uns die Welt erklären (Heiterkeit der Abg. Winzig), uns erklären, wie die Arbeitszeit zu reformieren ist (Zwischenrufe bei der SPÖ), und sich hier dann sozusagen den kleinen Mann an die Brust heften, das spottet jeder Be­schreibung, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Krist: ... nichts gearbeitet! – Ruf bei der SPÖ: Was verdienst du als Klubobmann? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)

Ich darf mit einem Zitat beginnen; da steht: „Wir brauchen Modelle, die auf beiden Sei­ten Flexibilität ermöglichen. Für ArbeitnehmerInnen, deren private Situation sich än­dert, und für Unternehmen, die ihre ArbeitnehmerInnen flexibler einsetzen möchten.“ (Rufe bei der FPÖ – in Richtung Abg. Kern, der den Saal verlässt –: Jetzt geht er wie­der! Typisch!) – Das stammt nicht aus unserem Regierungsprogramm, liebe Kollegin-


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 44

nen und Kollegen, das stammt aus dem Plan A von Herrn Klubobmann Kern, der jetzt gerade den Saal verlässt; nur damit wir wissen, wovon wir hier reden. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Aber es ist halt einmal so: Der Standort bestimmt den Standpunkt (Ruf bei der SPÖ: Sinnerfassend lesen!), das ist ein Grundsatz, der auch in der Politik gelebt wird. (Zwi­schenruf des Abg. Vogl.)

Zweite einleitende Anmerkung - - (Ruf bei der SPÖ: ...verräter kennengelernt! – Weite­re Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich habe das jetzt gehört, „Verräter“ (Ruf bei der SPÖ: Arbeitnehmerverräter!); Herr Präsident, nur damit man auch weiß, was ständig von ...


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf ersuchen, sich zu mäßigen und den Ab­geordneten und Klubobmann ausreden zu lassen.


Abgeordneter August Wöginger (fortsetzend): Ich habe schon mehr Arbeitnehmern geholfen, als Sie jemals getroffen haben; das möchte ich Ihnen auch einmal sagen. (Anhaltender Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Lindner.)

Die Diskussion um die Arbeitszeit ist älter als zwei Jahre. Wir waren auch in der Vor­gängerregierung immer wieder eingebunden. Wir haben zum Beispiel die 12 Stunden auch bei der aktiven Reisezeit eingeführt. Das war unter der Vorgängerregierung. Es ist aber immer nur gut, wenn die Sozialdemokratie dabei ist. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.) Kaum ist die Sozialdemokratie nicht mit am Tisch, ist alles schlecht und man darf es nicht machen. – Das muss aufhören in der Republik, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Es gibt viele Menschen, die derzeit schon 11 oder 12 Stunden arbeiten, und diese Menschen verdienen unsere Anerkennung und unseren Respekt. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Gesundheitsberufen, in der Pflege, bei den Rettungsdiensten und auch im Beamtenbereich – das betrifft viele, die an den Universitäten und, ja, auch bei den Österreichischen Bundesbahnen tätig sind. Ich will das Thema nicht überstrapazieren, aber es ist so, dass dort auch bis zu 12 Stunden gearbeitet wird. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.)

Nach Ihrer Logik – und darauf möchte ich jetzt einmal eingehen – ist es nicht gesund­heitsschädlich, wenn es eine Betriebsvereinbarung gibt, die bis zu 12 Stunden Arbeit zulässt. Es ist aber gesundheitsschädlich, wenn der Arbeitnehmer selber entscheiden kann, ob er am Tag 12 Stunden arbeiten will oder nicht. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Eines auch noch, weil da jetzt die Moralapostel sozusagen aus dem Keller herausru­fen – wahrscheinlich zum Herrn –: Herr Kern soll einmal selber vor dem Altar knien und über seine Vergangenheit nachdenken und nicht uns das ausrichten! (Abg. Rosen­kranz: Wo ist er denn überhaupt? – Zwischenrufe der Abgeordneten Greiner und Kat­zian.) Er hat jetzt nämlich damit begonnen, die Diskussion in eine andere Richtung zu lenken. Muchitsch war in Ordnung, aber das, was Kern da gemacht hat, war nicht in Ordnung. Dann werden auch wir die Diskussion anders führen! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Katzian. – Abg. Wittmann: Sehr überheblich und arro­gant! Sehr überheblich! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Eine Erfahrung aus meinem Leben als Betriebsrat möchte ich Ihnen auch noch mitge­ben. Ich bin vor zwölf Jahren beim Roten Kreuz Oberösterreich zum Betriebsratsob­mann gewählt worden. (Abg. Wittmann: Und jetzt sind Sie Arbeit...!) Ich habe damals eine unfreudige Aufgabe übertragen bekommen: Vor meiner Zeit ist ein Kollektivvertrag mit etlichen Betriebsvereinbarungen abgeschlossen worden. Ich habe das dann unter-


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 45

schreiben dürfen, obwohl ich es nicht verhandelt habe, aber das ist aufgrund des Zeit­punkts der Wahl nicht anders gegangen.

Was habe ich da zum Beispiel unterschreiben dürfen? Mein Vorgänger hat nicht unse­rer Fraktion angehört, sondern war eher (in Richtung SPÖ) Ihnen zugetan. Ich habe gut mit ihm zusammengearbeitet – ein sehr ordentlicher Betriebsrat. Was hat er – was ich auch verstanden habe – ausgehandelt? – Eine Betriebsvereinbarung, die bis zu 60 Stunden Arbeit in der Woche ermöglicht, wenn der Betrieb das erfordert! Das habe ich dann unterschreiben dürfen, und ich habe es unterschrieben. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich habe mich an das gehalten, was mein Vorgänger ausgehandelt hat. Tun Sie also bitte nicht so, als hätte es das in dieser Republik, in unseren Betrieben noch nie gegeben! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Stöger. – Weitere Zwi­schenrufe bei der SPÖ.)

Jetzt einfach ein paar Klarstellungen, denn was wir bei diesem Thema nicht brauchen, ist auf der einen Seite ein Abjubeln, auf der anderen Seite brauchen wir aber auch kei­ne Unwahrheiten. (Ruf bei der SPÖ: Ja ...! – Zwischenruf des Abg. Bacher.) Die Men­schen, vor allem die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, aber auch die Unternehmer haben das Recht, zu erfahren, was wir hier im Konkreten beschließen. (Zwischenruf des Abg. Knes.)

Wir bleiben beim 8-Stunden-Tag. Wir bleiben bei der 40-Stunden-Woche. Die Über­stundenzuschläge werden jetzt im Gesetz geregelt. Der Abänderungsantrag wurde Ihnen heute übermittelt. Lesen Sie ihn also bitte auch! (Zwischenruf des Abg. Vogl.) Die Überstunden sind auch als Überstunden abzugelten. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Zweiter Punkt, Gleitzeit und 4-Tage-Woche: Herr Klubobmann Kern, genau das, was Sie im Plan A gefordert haben, wird mit diesem Abänderungsantrag auch Wirklichkeit. (Abg. Vogl: ... ist ganz freiwillig gekommen! Ohne Druck!) – Hören Sie einmal zu! „Eine Verlängerung der täglichen Normalarbeitszeit auf bis zu zwölf Stunden ist zulässig, wenn die Gleitzeitvereinbarung vorsieht, dass ein Zeitguthaben ganztägig verbraucht werden kann und ein Verbrauch in Zusammenhang mit einer wöchentlichen Ruhezeit nicht ausgeschlossen ist.“ (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Was ist das im Umkehrschluss? – Das ist eine 4-Tage-Woche. Wenn der Mitar­beiter am Donnerstag fertig ist und sich ausgesucht hat, sozusagen vier mal 12 Stun­den zu arbeiten, dann darf er das und hat dann letzten Endes drei Tage frei.

Glauben Sie mir eines, mir begegnen viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in Gleitzeit arbeiten und sich schon seit vielen Jahren wünschen, dass das letzten En­des auch möglich wird. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Überhaupt das Wichtigste für uns ist – Kollege Rosenkranz und ich haben das gestern vorgestellt und wir haben das auch miteinander verhandelt; wir haben als langjährige Parlamentarier das Selbstbewusstsein und sind in der Lage, einen Antrag zu verhan­deln; also diese Unterstellungen, dass nur mehr eine Regierungsvorlage sozusagen das Gelbe vom Ei ist und wir nicht in der Lage sein sollen, hier herinnen einen Antrag zu verhandeln (Zwischenruf des Abg. Schieder – Abg. Rosenkranz: ... absurd! Sie sollten von der Qualität Ihrer Abgeordneten nicht auf unsere schließen!), weise ich auch zurück –: Wir haben im Abänderungsantrag klargestellt, dass es die Freiwillig­keitsgarantie gibt. „Es steht den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern frei“ (Oh-Rufe bei Abgeordneten der SPÖ – Zwischenruf des Abg. Muchitsch) – frei! –, „Überstunden [...] ohne Angabe von Gründen abzulehnen, wenn durch diese Überstunden die Tagesar­beitszeit von 10 Stunden oder die Wochenarbeitszeit von 50 Stunden überschritten wird.“ Das heißt, die Ablehnung ist ohne Angabe von jeglichen Gründen möglich. (Abg. Heinisch-Hosek: Wie oft? Wie oft?)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 46

Dann gibt es noch den Diskriminierungsschutz bezüglich Entgelt und Aufstiegsmöglich­keiten, und es gibt letzten Endes auch den Kündigungsschutz, der im Gesetz verankert wird. Das ist das größte Recht, das wir einem einzelnen Arbeitnehmer letzten Endes zusprechen können, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Heinisch-Hosek: ... im Gesetz!)

Wir greifen auch nicht in bestehende Kollektivverträge und Betriebsvereinbarungen ein.

Es ist auch so, dass der Arbeitnehmer das Recht bekommt, selber zu entscheiden. Wir haben immer gesagt, wir sagen Ja zu einer zusätzlichen Flexibilisierung, aber der Ar­beitnehmer muss darauf vertrauen können, dass er entweder das Geld oder die Frei­zeit bekommt. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist im Gesetz jetzt klargestellt. Die Ar­beitnehmer haben das Recht, selber zu bestimmen, ob sie das Geld haben wollen oder ob sie die Freizeit haben wollen. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Das steht im Gesetz und nicht in den Erläuterungen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Bei­fall bei ÖVP und FPÖ.)

Abschließend kann ich nur sagen: Kehren wir zur Sachlichkeit zurück, wenn es um dieses Thema geht! (Abg. Schieder: Ja, Zeit wird’s! – Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

12/60, das wissen Sie ganz genau – und Sie haben sehr gute Gewerkschaftsvertreter in Ihren Reihen (Abg. Schieder: Ja!) –, ist im Dauerbetrieb nicht möglich. (Zwischen­rufe bei der SPÖ.) Es ist die EU-Arbeitszeitrichtlinie, die dem ganz klar widerspricht. Es geht sich nicht aus. Wer das nicht ausrechnen kann, soll sich bei Professor Taschner melden. (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Vogl.) 17 mal 48 ist weniger als 17 mal 60, meine Damen und Herren, und daher kann man nicht im Dauerbetrieb 60 Stunden in der Woche arbeiten. Und das will auch nie­mand in dieser Republik! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Meine Damen und Herren, liebe Zuseherinnen und Zuseher! Die Menschen in Öster­reich können auf eines vertrauen, nämlich darauf, dass diese Bundesregierung dafür sorgt, dass wir uns bei diesem Thema weiterentwickeln, dass wir dabei aber die Anlie­gen der Menschen, der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, aber auch unserer Un­ternehmer, ganz klar in den Mittelpunkt stellen.

Es ist ein ausgewogenes Paket, das wir hier vorstellen. Es folgt folgenden Prinzipien: Wir passen uns der derzeitigen Realität an und führen auch manche aus der Illegalität heraus, würde ich einmal sagen. Wir machen das gesetzlich machbar, was bis dato nicht machbar war. Wir handeln dabei im Sinne von beiden, es ist eine Win-win-Situa­tion für Dienstgeber und für Dienstnehmer. Beide werden von dieser Maßnahme profi­tieren. Diese Regierung setzt um, was sie angekündigt hat. (Anhaltender Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

16.18


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Gude­nus. – Bitte.


16.18.26

Abgeordneter Mag. Johann Gudenus, M.A.I.S. (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Vizekanzler! Werte Minister auf der Regierungs­bank! Herr Kollege Muchitsch, Ihre Einleitung zur heutigen Debatte über die Dringliche Anfrage war ja ein Appell der Sachlichkeit, ein Appell, die Emotionen herunterzufah­ren. – Das ist vollkommen richtig und bei diesem Thema auch geboten. Sagen Sie das aber bitte auch Ihren Gewerkschaftsfreunden!

Sagen Sie das Ihren Freunden, denjenigen, die morgen auf die Straße gehen! (Abg. Vogl: Schon Angst, oder?!) – Angst?! (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Sagen Sie das Ih-


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 47

ren Freunden, die anscheinend aus allen Bundesländern Leute mit Geldgeschenken nach Wien karren wollen, die sonst gar nicht kommen würden und das Ganze auch nicht so ernst nehmen, wie Sie das anscheinend tun! (Abg. Duzdar: ... Arbeitnehmer­vertreter! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sagen Sie das Ihrer Panikmacheab­teilung in der Gewerkschaft! Sagen Sie das den Leuten, die hier Angstmache betreiben (Zwischenruf des Abg. Wittmann) und die Sachlichkeit in Wirklichkeit schon längst aufgegeben haben! Sagen Sie das denen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Bei Herrn Kollegen Kern fragt man sich schon, wer seine Rede wohl geschrieben hat – war es Herr Fußi, war es Herr Silberstein? –, denn so viele Unwahrheiten (Zwischenruf der Abg. Duzdar – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ) wie auch absichtlich verdrehte Sachverhalte, wie Sie hier dargestellt haben, das passt ja auf keine Kuhhaut, Herr Kern! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich wiederhole, was auch der Herr Minister in der Beantwortung der Frage gesagt hat, aber auch mein Vorredner, der geschätzte Kollege Wöginger: Es kommt kein 12-Stun­den-Tag! (Abg. Stöger: Warum schreibt ihrʼs dann hinein? – Abg. Keck: Dann ziehen Sie Ihren Antrag zurück!) Ich frage mich daher, warum Sie noch immer diesen Auf­kleber mit einem durchgestrichenen Zwölfer tragen. Wahrscheinlich ist das mehr ein durchgestrichener Einser und ein durchgestrichener Zweier, weil Sie wissen, dass Sie bei der nächsten Wahl weder Platz 1 noch Platz 2 erreichen werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist das, was wahrscheinlich eher zutrifft. Das steht jetzt schon fest, nämlich das Bekenntnis: Wir streben weder Platz 1 noch Platz 2 an, denn das ist angesichts der guten Arbeit, die die Bundesregierung in den letzten Monaten geleistet hat und in den nächsten Jahren leisten wird, ohnedies schon sinnlos. (Heiterkeit der Abg. Duzdar.) – Auch gut, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

Es kommt kein 12-Stunden-Tag, und es bleibt natürlich auch der gesetzliche 8-Stun­den-Tag. Das ist ganz klar so normiert, wurde ganz klar beantwortet, und es ist gar nicht notwendig, weiter darüber zu diskutieren. (Abg. Keck: Wieso haben Sie das dann im Antrag?) Und ich frage mich schon, wie es sein kann, dass man – ich meine, das ist Ihr Recht, ich gebe es zu – eine Sondersitzung bemüht, eine Dringliche Anfrage stellt und morgen versucht, einen Bahöl zu veranstalten gegen etwas, was gar nicht geplant ist, gegen eine Schimäre. Sie treten gegen eine Schimäre auf, die es gar nicht gibt! Da frage ich schon: Ist das noch ernst zu nehmen? (Beifall bei der FPÖ.)

Wir stehen nämlich im Gegenteil ganz klar für den Arbeitnehmerschutz – das wird in der jetzigen Vorlage der beiden Regierungsparteien noch konkretisiert und ausgeführt –, und es bleibt bei der gesetzlichen 40-Stunden-Woche sowie auch bei der Höchstar­beitszeit von 48 Stunden inklusive Überstunden. Dabei bleibt es, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Wittmann: Sie haben die Arbeitnehmer verraten!)

Der Unterschied ist nur, werte Kollegen von der SPÖ (Abg. Wittmann: Sie haben die Arbeitnehmer verraten! Das nimmt Ihnen niemand weg!), dass der Betriebsrat eben nicht mehr seine Macht und seine Kontrollfunktion ausüben kann. (Ah-Rufe bei der FPÖ und Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist der Unterschied. (Beifall bei Abgeordne­ten der FPÖ.) Und das hat auch Herr Muchitsch ehrlicherweise gleich am Anfang sei­ner Rede gesagt: Ui, der Betriebsrat wird entmachtet, das tut besonders weh! – Darum geht es Ihnen: dass Ihre im Hintergrund, parallel zum Parlament und zur Regierung, noch halbwegs vorhandenen Machtstrukturen etwas minimiert werden. Darum geht es Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

Es geht Ihnen nämlich auch darum, dass nicht mehr das Kollektiv über das Wohl des Einzelnen entscheidet, sondern der Einzelne selbst entscheidet. Eigenverantwortung


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 48

und Freiheit, das sind Fremdwörter für Sie, ich weiß es. Wir werden Ihnen diese Wörter in den nächsten Jahren noch genauer beibringen. Das sind Fremdwörter für Sie, aber bei uns sind diese beiden Wörter, Eigenverantwortung und Freiheit, ganz großge­schrieben, und das soll auch so bleiben. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Das ist genau der Unterschied, warum Sie so laut schreien, warum Sie mit Geldge­schenken Leute nach Wien bemühen, um hier eine Luxusdemo zu veranstalten nach dem Motto: Kommt alle her! Die Reisekosten, egal wie hoch, möge es doch kosten, was es kostet, die Anreisen, die Hotels! Das ist ja die Gewerkschaft schon gewöhnt: Sie kommen mit der Stretchlimousine nach Wien, wohnen im Fünfsternehotel. Der ein­zige Unterschied ist, dass mittlerweile auch die Demonstranten so bedient werden. Da ist der Unterschied zu früher, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Kommen wir jetzt dazu, noch ganz kurz klarzustellen, warum eine Diskrepanz vorhan­den ist, Herr Kern, zwischen dem, was Sie in den letzten Jahren gelebt haben, und dem, was wir umsetzen: Die Diskrepanz ist nicht so groß. Sie haben vorhin gesagt, der Plan A ist nicht das, was wir jetzt umsetzen. Es ist jedoch ganz klar auch aus dem Plan A herauszulesen: „Bei Gleitzeit sollen zwölf Stunden tägliche Arbeitszeit möglich werden, jedoch nur, wenn als Ausgleich längere zusammenhängende Freizeitblöcke genommen werden können.“ – Das ist aus dem Plan A, sehr geehrter Herr Kern! (Abg. Kern: Wissen Sie, was ein Durchrechnungszeitraum ist?)

Weiter: „ArbeitnehmerInnen sollen für jede Überstunde, die geleistet wurde, auch in Zukunft ihre Zuschläge bekommen.“ – Ein Punkt aus Ihrem Plan A, Herr Kern!

Ich frage mich wirklich: Wir sind gerade dabei, den einzigen Erfolg umzusetzen, den Sie in Ihrer kurzen politischen Karriere bisher verbucht haben oder verbucht werden können (Abg. Kern: Wie war das? „Verbucht werden können“?); den einzigen Erfolg, den Plan A teilweise umzusetzen, nur noch besser, wegen der Betonung des Prinzips der Freiwilligkeit. Und sogar gegen Ihren eigenen Erfolg stimmen Sie mit Ihrer Debatte, und das ist wirklich eine Schande, Herr Kern! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordne­ten der ÖVP.)

16.24


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Muchitsch. – Bitte.


16.24.50

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Herr Kollege Gudenus, ich möchte Ihre Aus­führungen berichtigen, damit hier nicht irgendetwas falsch im Raum stehen bleibt.

Abgeordneter Gudenus hat behauptet, dass es für diejenigen, die an der Demo teilneh­men, Geldgeschenke gibt. (Abg. Gudenus: Übernahme der Reisekosten!)

Ich stelle richtig: Wir werden seitens des Österreichischen Gewerkschaftsbundes für unsere Mitglieder, die an der Demo teilnehmen, Busse und Sonderzüge anbieten, und es gibt für insgesamt 39 Personen, welche auch mit der Abwicklung dieser Großde-
mo beauftragt werden, eine Nächtigung in Doppelzimmern zu 56 Euro pro Person – das zu den Geschenken, wie Sie sie hier angeführt haben. (Beifall bei der SPÖ. –
Die Abgeordneten Martin Graf und Rosenkranz: Das ist eine tatsächliche Bestäti­gung! – Abg. Rosenkranz – in Richtung Vizekanzler Strache –: Du, Heinz, wie lang ist denn die Mindestdemonstrationszeit? – Heiterkeit des Vizekanzlers Strache und des Abg. Rosenkranz.)

16.25


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Loa­cker. – Bitte.



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 49

16.25.44

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Die Arbeitszeitflexibilisierung – eigentlich mehr oder weniger alle wollen sie: Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wollen sie, weil sie sich die Zeit freier und besser einteilen können, weil sie ihre Familien- und Freizeit­aufgaben besser mit dem Beruf abstimmen können und weil sie vielleicht auch mehr Freizeit am Stück konsumieren können. Viele Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber wollen sie, weil man Auftragsspitzen leichter abarbeiten kann, weil die Arbeit dann erbracht wird, wenn diese im Betrieb auch zu erledigen ist, und weil im Idealfall eben das Ergeb­nis mehr zählt als abgesessene Minuten.

Und auch alle ernst zu nehmenden Parteien wollen sie: Die SPÖ will die Arbeitszeit­flexibilisierung im Plan A, wir von den NEOS haben unseren Antrag im Sozialaus­schuss eingebracht, und wir haben einen Antrag von ÖVP und FPÖ vorliegen.

Warum läuft jetzt die Debatte über dieses gemeinsame Anliegen dermaßen aus dem Ruder und warum gehen die Emotionen so hoch, obwohl eigentlich alle ein gemeinsa­mes Ziel haben, nur sich das in den Details anders vorstellen? Die Polemik, nämlich wirklich auf beiden Seiten, ist der Sache nicht dienlich. Ich möchte schon festhalten: Es darf nicht so getan werden, als ob in Zukunft jeder jeden Tag 12 Stunden arbeitet, jeder jede Woche 60 Stunden arbeitet. Und der Sachlichkeit ist es auch nicht dienlich, wenn in der Dringlichen Anfrage steht: „Lohnraub“, „Freizeitraub“, „Gesundheitsraub“. Das ist kein Beitrag zur Versachlichung der Debatte. Da wird der Teufel an die Wand gemalt, und das ist in dieser Form nicht richtig. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abge­ordneten von ÖVP und FPÖ.)

Flexibilisierung bedeutet eine andere Verteilung der Arbeitszeit, das bedeutet nicht mehr Arbeit. Das sieht man auch an den europäischen Ländern, die flexiblere Modelle haben: Die Menschen dort arbeiten im Schnitt nicht notwendigerweise mehr und länger als die Österreicherinnen und Österreicher.

Allerdings wird aufseiten von ÖVP und FPÖ auch der Himmel auf Erden verheißen, und auch das ist so nicht wahr. Wenn der Chef in der Produktionsfirma sagt, wir müs­sen nächste Woche 12 Stunden arbeiten, damit wir die Aufträge abarbeiten können, dann ist die Freiwilligkeit nicht vorhanden. Jeder Arbeitnehmer, der im Schichtdienst arbeitet, weiß, wenn der Chef sagt, nächste Woche müssen wir länger arbeiten, dann gibt es diese Freiwilligkeit nicht; und auch wenn Sie das ins Gesetz hineinschreiben, es findet im wirklichen Leben so nicht statt. (Beifall bei NEOS und SPÖ. – Abg. Lindner: Das sagen sogar die NEOS!)

Man sollte den Bürgerinnen und Bürgern von beiden Seiten reinen Wein einschenken. Leider wird auf beiden Seiten aber ein Märchen erzählt, das mit der Wahrheit so viel zu tun hat wie die Geschichte von Rotkäppchen und dem Wolf. Das hätte nicht sein müs­sen.

Die Mehrheitsfraktionen hätten einen Gesetzentwurf einreichen und diesen der Begut­achtung unterziehen können – dann hätten nämlich Fachexperten, dann hätten Unter­nehmer, Arbeitnehmer und deren Organisationen sich zu Wort melden können und ihre Einwände vorbringen können. Der Nationalratspräsident hätte, wenn er über den Par­teien gestanden wäre, den Antrag dem richtigen Ausschuss zuweisen können, und dann wäre dort eine sachliche Debatte möglich gewesen.

Dass Sie jetzt Dinge mit Ihrem Abänderungsantrag nachjustieren, nämlich den An­spruch auf Zeitausgleich in ganzen Tagen oder die Stärkung der Betriebsvereinba­rung – das hat Kollege Gudenus offensichtlich noch nicht gelesen, was Sie da in Ihren Abänderungsantrag hineingeschrieben haben –, einen Wegfall des von Ihnen ur­sprünglich verlangten überwiegenden persönlichen Interesses, und die Diskussion


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 50

über die Frage, ob jetzt Überstundenzuschläge anfallen oder nicht, all das hätte nicht sein müssen, wenn Sie dieses Gesetz einer vernünftigen Diskussion in einem vernünf­tigen Prozess unterzogen hätten. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

Mit Ihrer Dampfwalzenpolitik haben Sie Aufregung provoziert, haben Sie Demonstra­tionen provoziert – und natürlich haben Sie (in Richtung SPÖ) sich gerne provozieren lassen, das muss man auch sagen.

Zum Gesetzesvorschlag selbst: Ein ganz wesentlicher Punkt daraus ist meines Erach­tens zu wenig beleuchtet worden, nämlich dass die Vollausnahmen vom Arbeitszeitge­setz wesentlich ausgedehnt werden. Sie selbst sagen in Ihren Erläuterungen, dass Sie bis zur dritten Führungsebene eines Unternehmens hinunter die Mitarbeiter vom Ar­beitszeitgesetz ausnehmen wollen – da diskutieren wir dann nicht über 10 oder 12 Stunden, sondern da gilt dann gar keine Grenze mehr. Da gibt es bis in die dritte Führungsebene auch keine Wochenendruhe und keine Nachtruhe, die vorgeschrieben ist. Das betrifft auch die Führungskraft Andrea, die Minister Blümel zitiert hat, denn die­se hätte eine Vollausnahme vom Arbeitszeitgesetz ohne irgendeine Grenze. Sie würde die Flexibilisierung dann gar nicht mehr betreffen. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

Abgesehen davon ist im Gesetz die Neufassung des Textes, wer denn jetzt vom AZG überhaupt ausgenommen ist und wer nicht, so unscharf, dass Sie damit jahrelange gerichtliche Auseinandersetzungen provozieren und wir wieder sehr viel Judikatur ha­ben werden, bis die Unternehmen und die Arbeitnehmer wissen, wer vom Arbeitszeit­gesetz erfasst und wer davon ausgenommen ist. (Abg. Jarolim: Genau so ist es!) Das macht eine Regierung, die sich auf die Fahnen geheftet hat, die Entbürokratisierung zu wollen. In Wirklichkeit sorgen Sie damit für Rechtsunsicherheit bei den Unternehmen und bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. – Das hätte nicht sein müssen.

So kann man die Arbeitszeitflexibilisierung, ein gemeinsames Anliegen aller Parteien, auch kaputtschießen. Sie schaffen es mit Ihrer Dampfwalzenpolitik, dieses gemeinsa­me Anliegen kaputtzuschießen und diesem Anliegen die Unterstützung der Bevölke­rung zu entziehen, und Sie merken es nicht einmal. (Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz.)

16.32


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Daniela Hol­zinger-Vogtenhuber. – Bitte.


16.32.23

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (PILZ): Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Herr Kollege Gude­nus, Sie haben die Frage gestellt, wie es sein kann, dass wir uns dagegen wehren, dass der Einzelne in den Vordergrund und das Kollektiv in den Hintergrund gerückt wird. Ich kann es Ihnen schon sagen: Ein Einzelner ist immer schwächer als das Kol­lektiv (Abg. Gudenus: Durchs Gesetz gedeckt aber! Abg. Deimek: ... dem es noch schlechter geht!), und das ist genau das, was diese Bundesregierung erreichen will: den Einzelnen zu schwächen und das Kollektiv zu beschneiden. (Beifall bei der Liste Pilz und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Aber wissen Sie, was ich mich frage? – Sie fragen: Wie kann es sein? Ich frage mich auch: Wie kann es sein, dass wir bei dieser Debatte über die Ausweitung der Arbeits­zeit auf einen 12-Stunden-Arbeitstag weder den Herrn Bundeskanzler, der dies zu ver­antworten hat, noch die Arbeits- und Sozialministerin Ihrer Fraktion Hartinger-Klein an unserer Seite hier sitzen haben? Das ist ihre Kompetenz, das ist ihre Aufgabe, und sie bemüht sich nicht einmal, an dieser Debatte teilzunehmen. (Beifall bei der Liste Pilz und bei Abgeordneten der SPÖ.)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 51

Ich möchte auf den 14. Juni zurückkommen; an diesem Tag sind zwei entscheidende Dinge passiert: auf der einen Seite der Ankick der Fußball-WM, ein Ereignis, das un­bestritten Hunderttausende Menschen in Österreich live mitverfolgt haben, und auf der anderen Seite wurde am Abend des 14. Juni dem Hohen Haus ein heimtückischer An­trag dieser Regierungsfraktionen – eben gut getarnt durch die WM – vorgelegt. Es ist ein Antrag, der als Anschlag auf die Freizeit, auf die Gesundheit und auf das Fami­lienleben von 3 733 200 unselbstständig Erwerbstätigen zu werten ist. Ich sage diese Zahl ganz bewusst, da es ein legistischer Anschlag auf jeden und jede einzelne Betrof­fene ist.

Wir haben heute noch die Möglichkeit, dahin gehend für ein bisschen Öffentlichkeit zu sorgen, und ich möchte das auch tun und die beiden Herrschaften beleuchten, die uns diesen Antrag vorgelegt haben.

Auf der einen Seite ist das Abgeordneter Peter Haubner, Geschäftsführer der Haub­ner & Haubner KG und nebenbei ÖVP-Abgeordneter. In diesem durchaus lukrativen Nebenberuf scheint Kollege Haubner immer wieder vorne dabei zu sein, wenn es da­rum geht, mit Gesetzen betreffend die Arbeitszeit oder die Freizeit auf dem Rücken der Mitarbeiter entsprechend Profit zu machen. (Abg. Haubner: Na, na!) Auf der anderen Seite ist das sein Freund und Mitverfasser in den Reihen der FPÖ, Kollege Wolfgang Klinger, von der selbsternannten Partei des kleinen Mannes. (Ruf bei der FPÖ: Was unterstellen Sie, Illegalität? Unterstellen Sie Illegalität, oder was wird das?) In finanziel­ler Hinsicht ist er natürlich nicht Teil dieser Gruppe, aber in seiner Tätigkeit als Abge­ordneter, als Transport- und Bauunternehmer, als Gastwirt und Bürgermeister ist auch er dafür, dass seine Mitarbeiter in der Gemeinde, egal ob Kindergarten-, Hort- oder KrabbelstubenpädagogInnen, in Zukunft 12 Stunden arbeiten müssen und im Gaststät­tenbetrieb auch Ruhezeiten eingeschränkt werden. – Ich gratuliere Ihnen ebenfalls zu diesem Vorstoß in Ihrem eigenen Interesse! (Abg. Klinger: Ich habe lauter langjährige Mitarbeiter, langjährige! – Abg. Deimek: Kennen Sie sich überall so schlecht aus wie bei den Mitarbeitern von Herrn Klinger?)

Worum es also in diesem Antrag geht: das Interesse von Unternehmern und das Inter­esse von koalitionären Parteispendern. KTM-Chef Pierer spendet 500 000 Euro, sagt, 12 Stunden müssen möglich werden, und Sie liefern wie bestellt.

Sie sehen, dieser vorliegende Antrag wurde von Wirtschaftstreibenden formuliert. Er fördert die Interessen dieser und missachtet extrem konsequent die Bedürfnisse von ArbeitnehmerInnen in diesem Land. Deshalb ist dieser vorliegende Antrag in einer kla­ren, harten Sprache formuliert. Er stellt eine einseitige Profitmaximierung dar und bildet nicht die Lebensrealität von ArbeitnehmerInnen und von Familien in Österreich ab.

Ich möchte aber von der anderen Seite anfangen: Warum gibt es überhaupt Tages­höchstarbeitszeiten? Warum gibt es überhaupt Wochenhöchstarbeitszeiten? – Es soll die Gesundheit geschützt werden, es sollen Arbeitsunfälle verhindert werden, es soll die Arbeitsfähigkeit bis zum Pensionsalter erhalten bleiben. (Abg. Deimek: Und drum dürfen Triebfahrzeugführer 12 Stunden und mehr machen? Weil das für unsere Ge­sundheit ist? Sie sind wirklich ganz, ganz arm dran!) Letzten Endes soll gesichert wer­den, dass man arbeitet, um zu leben, und nicht nur lebt, um zu arbeiten – soll heißen: Es geht um die Lebensqualität der Betroffenen.

Was aber wird passieren, wenn Sie Ihren Gesetzesvorschlag durchsetzen, wenn Sie ohne Kompromiss weiter in diese Richtung marschieren? Dann werden die Men­schen in unserem Land und die betroffenen ArbeitnehmerInnen im roten Bereich ge­fahren werden. Wir wissen aufgrund wissenschaftlicher Ergebnisse, dass massive kör­perliche und psychische Belastungen, psychische Erkrankungen immer weiter zuneh­men. Ein Bericht des Sozialministeriums hat genau das belegt, nämlich über 1 800 Fäl-


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 52

le an Erkrankungen – es sterben aktuell Menschen aufgrund von arbeitsplatzbezoge­nen Krebserkrankungen. All das wird zunehmen, und Sie werden das mit Ihrem Gesetz weiter befördern. Das Unfallrisiko wird weiter steigen: 10-Stunden-Tag – Unfallrisiko: 15 Prozent Steigerung; 12-Stunden-Tag – Unfallrisiko: um 38 Prozent höher als bei ei­nem Normalarbeitstag. Wollen Sie das? Ist es das, was Sie erreichen möchten – und die externen Kosten dann an die Betroffenen und ihre Familien auslagern?

Ich kann das in keiner Weise nachvollziehen; durch Ihr Gesetz wird die Verletzungsge­fahr weiter befördert.

Sie wollen auch die Arbeitszeit auf Kosten der Arbeitsfähigkeit ausweiten: Sie wollen den 12-Stunden-Arbeitstag gesetzlich verankern, und nach 40 Arbeitsjahren heißt es dann: Altersteilzeit – nein, heißt es auch nicht mehr, denn die Altersteilzeit wird dem­entsprechend beschnitten werden. Es wird auch nicht mehr möglich sein, in Alters­teilzeit zu gehen, wenn die körperliche Leistungsfähigkeit nicht mehr gegeben ist. Sie schrauben das extrem zurück und verunmöglichen es fast in unserem Land.

Menschen stehen vor dem körperlichen Kollaps. Es gibt ein Schreiben des Wiener Krankenhauses Göttlicher Heiland (ein Schriftstück in die Höhe haltend), das an alle Abgeordneten dieses Hauses ergangen ist, in dem Sie eingeladen werden, sich einmal die Lebensrealität der Menschen anzusehen. Sehen Sie sich an, wie es zum Beispiel MitarbeiterInnen in Krankenhäusern geht, die in der Krankenhausküche arbeiten – Temperaturen von bis zu 50 Grad Celsius, körperliche Schwerstarbeit! Dieses Kran­kenhaus hat Sie eingeladen, sich dort nächste Woche umzusehen, mitzuhelfen und sich ein Bild davon zu machen, was Sie umsetzen wollen. Zukünftig wird es heißen: Schichtbeginn um 5.45 Uhr, Dienstbeginn um 6.00 Uhr, Ende um 18.30 Uhr und dazwi­schen eine halbstündige, unbezahlte Mittagspause.

Nehmen Sie die Einladung an, gehen Sie zu diesen Menschen und schieben Sie nicht ein starres System über alle Branchen drüber! Egal ob körperlich anstrengende Tätig­keit oder Büroarbeit, Sie drücken alle ArbeitnehmerInnen in diesem Land in ein ein­heitliches System. (Beifall bei der Liste Pilz und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Aus Ihren Reihen höre ich immer wieder Zwischenrufe wie: Ist ja eh freiwillig! Wir ma­chen es ja eh freiwillig! Es wird ja dieses Freiwilligkeitsprinzip geben! – Diese Freiwil­ligkeitsgarantie, die Sie festschreiben wollen, ist das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben sein wird, weil es niemals Augenhöhe zwischen Arbeitgeber und Arbeit­nehmer gibt (Ruf: Stimmt ja nicht!), weil es niemals einen Anspruch darauf geben wird, da wirklich Nein zu sagen. Die betriebliche Praxis zeigt das jeden Tag. Sie sehen im­mer wieder, Arbeitnehmer nehmen sich aus Rücksicht auf das Betriebsklima, aus Rücksicht auf die eigenen Arbeitskollegen zurück und bringen sich selbst um ihre Frei­willigkeit, weil sie Angst haben, den eigenen Job zu verlieren, und weil sie Angst ha­ben, mit jüngeren Kolleginnen und Kollegen, die sich voll und ganz in ihren Job stür­zen, weil sie keine Familie haben, für die sie Zeit brauchen, eventuell nicht mehr Schritt halten zu können. (Abg. Haubner: Haben Sie schon einmal in der Privatwirtschaft ge­arbeitet?) Sie schreiben kein diesbezügliches Recht für ArbeitnehmerInnen fest, über­haupt Freizeitblöcke in Anspruch nehmen zu können. Das gibt es nicht, es steht nicht im Gesetz.

Zu guter Letzt erhöhen Sie die Arbeitszeit natürlich auch auf Kosten von Familienzeit und Kindern. Es gab heute eine Aussendung des Präsidenten des Katholischen Fami­lienverbandes Alfred Trendl. Er schreibt in seiner Aussendung: „Kinder brauchen Zeit, Stabilität und Verlässlichkeit! Wir können sie nicht wie Spielfiguren beliebig hin- und herschieben.“

Sie werden zukünftig einen 12-Stunden-Arbeitstag möglich machen. Wenn wir gemein­sam nachrechnen: Mit der Ausweitung der zumutbaren Wegzeit auf zweieinhalb Stun-


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 53

den, die Sie ebenfalls einführen wollen, komme ich zusammen auf 15 Stunden. Wenn Sie, Herr Vizekanzler, dann davon sprechen, dass momentan Elternteile kaum mehr die Möglichkeit haben, ihren Kindern einen Gute-Nacht-Kuss zu geben – aktuell! –, dann schaue ich mir das bei einem 15-Stunden-Tag an – denn so lange ist man unter­wegs, bis man wieder zu Hause bei der Familie ist. Das wird nicht mehr möglich sein.

Wir haben aktuell eine Situation, in der viele Frauen überhaupt nicht Vollzeit arbeiten gehen können, weil es keine entsprechenden Kinderbetreuungseinrichtungen gibt. Nur 10 Prozent der Kindergärten in Österreich haben bis 18 Uhr offen. Was werden Sie da tun? Was machen Sie? Ab jetzt auch flexible Kinderbetreuungszeiten, sodass die Kin­dergartenpädagogin dann einspringt und 12 Stunden Arbeit leistet, wenn es von den Unternehmen gewünscht ist?

Sie loben sich selbst und sagen, die Arbeitnehmer wünschen sich dieses Gesetz. Un­ser Minister Blümel hat erwähnt, es gehe um den Genuss, darum, die Flexibilität zu ge­nießen. Wenn das so ist, dann trauen Sie sich, die Bevölkerung zu befragen! Trauen Sie sich als Heiland der direkten Demokratie und als Partei des kleinen Mannes, die Bevölkerung zu befragen!

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen be­treffend „Wird der 12h-Arbeitstag tatsächlich freiwillig sein? Machen Sie den Test! Las­sen Sie die Betroffenen abstimmen!“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat ehestmöglich eine Regie­rungsvorlage zuzuleiten, in der festgehalten wird, dass bei Gesetzen, die einen Eingriff in Arbeits- und Sozialrechte von ArbeitnehmerInnen (beispielsweise Arbeitszeitgeset­ze) darstellen und denen keine sozialpartnerschaftliche Einigung zu Grunde liegt, der Bevölkerung die Möglichkeit eingeräumt wird, eine Volksabstimmung über das betref­fende Gesetz zu verlangen.“

*****

Werte FPÖ! Werter Vizekanzler Strache! Scheuen Sie als selbsternannte Partei der Mitbestimmung dieses Urteil nicht und trauen Sie sich, die Wählerinnen und Wähler darüber abstimmen zu lassen! – Vielen Dank. (Beifall bei der Liste Pilz und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

16.42

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, Kolleginnen und Kollegen

Betreffend: Wird der 12h-Arbeitstag tatsächlich freiwillig sein? Machen Sie den Test! Lassen Sie die Betroffenen abstimmen!

Eingebracht im Zuge der Debatte zur dringlichen Anfrage zum Thema „12-Stunden-Tag und 60-Stunden-Woche im Auftrag der ÖVP-Großspender – So nicht, Herr Bun­deskanzler“


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 54

Begründung

Die geplante Einführung des 12h-Arbeitstages und der 60h-Arbeitswoche wird unter dem irreführenden Titel „Arbeitszeitflexibilisierung“ geführt. Obwohl ausschließlich von Seiten der Konzerne, des Kapitals und ihrer vorgelagerten Lobbyorganisationen propa­giert, wird versucht, die Maßnahme zunehmend als hauptsächliches Anliegen und Vor­teil der ArbeitnehmerInnen darzustellen.

Zudem wurde von Seiten der Regierungsfraktionen versucht, der massiven Kritik von VertreterInnen der organisierten Arbeitnehmerschaft, der Opposition, aber auch aus den eigenen Reihen, durch kosmetische Änderungen entgegen zu wirken, beispiels­weise durch die Verankerung des Freiwilligkeitsprinzips im Gesetz, das zwar eine Ablehnung der 11. und 12. Überstunde auch ohne Angabe von Gründen ermöglichen soll, aber natürlich keinerlei Sicherheit vor „Kündigung“ bietet, wenn nach mehrmali­gem Entschlagen festgestellt wird, dass „die Arbeitseinstellung einfach nicht ins Unter­nehmen passt.“

Unterm Strich jedoch bleibt die Hauptstoßrichtung der Regierungspropaganda zur Ein­führung des 12h-Arbeitstages und der 60h-Arbeitswoche, dass diese Maßnahme vor allem den Wünschen der ArbeitnehmerInnen entsprechen würde, wie nachfolgende aus­zugsweise angeführte O-Töne von Vertretern der Regierungsparteien verdeutlichen:

„‘Zwölf Stunden Arbeit pro Tag wird es nur freiwillig geben‘, betont ÖVP-Klubobmann August Wöginger im Gespräch mit der ‚Presse‘“.

https://diepresse.com/home/wirtschaft/economist/5451256/Arbeitszeit_Zwoelf-Stunden-nur-freiwillig (27.06.2018)

„Wöginger meint, dass es Arbeitnehmer gebe, die gern mehr arbeiten und vielleicht bereits am Freitag nach Hause gehen wollen. Daher wolle man diese Möglichkeiten im Arbeitszeitgesetz schaffen. Wichtig sei aber, dass zwölf Stunden nur dann erlaubt sind, wenn der Arbeitnehmer von sich aus länger arbeitet.“

https://diepresse.com/home/wirtschaft/economist/5451256/Arbeitszeit_Zwoelf-Stunden-nur-freiwillig (27.06.2018)

„Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) hatte erklärt, dass der Satz ‚Ich will nicht‘ als Ablehnung nicht genügen werde. Vizekanzler, FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache meinte dagegen in einem ‚ZiB 2‘-Interview, diese Ansicht sei falsch. Es werde keinen Zwang bei Mehrarbeit bis zwölf Stunden geben.“

https://diepresse.com/home/wirtschaft/economist/5451256/Arbeitszeit_Zwoelf-Stunden-nur-freiwillig (27.06.2018)

„Mehr Flexibilität für heimische Arbeitnehmer – weil uns Freiheitlichen mehr Zeit für die Familie und eine ausgewogene Work-Life-Balance ein Anliegen ist!

Ein harmonisches Verhältnis zwischen Arbeits- und Freizeit soll zukünftig für jeden Ar­beitnehmer möglich sein! Durch das flexible Arbeitszeitmodell haben wir erreicht, dass die 4-Tage-Woche nun für jene gesetzlich ermöglicht wird, die das Wochenende gerne um einen Tag verlängert genießen, um mehr Zeit für Partner, Kinder oder sich selbst zu haben.

Wir schaffen damit also ein neues Arbeitszeitmodell, das von Arbeitnehmern freiwillig in Anspruch genommen werden kann, vom Dienstgeber jedoch nicht vorgeschrieben werden darf.“

Quelle: Facebook Profil von Vizekanzler Strache, in: /https://mosaik-blog.at/12-stunden-tag-strache-faktencheck/ (27.06.2018)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 55

„Ja, jeder Grund (Anm.: Ablehnungsgrund für Mehrarbeit bis zu 12h pro Tag) muss vom Arbeitgeber in Zukunft akzeptiert werden. Dieses einseitige Ablehnungsrecht des Arbeitnehmers ist die größte Errungenschaft, welche es bis heute nicht gab.“

Quelle: Facebook Profil von Vizekanzler Strache, in: /https://mosaik-blog.at/12-stunden-tag-strache-faktencheck/ (27.06.2018)

„Die Zuschläge bleiben und sind in Zukunft natürlich auch gesichert. Alles andere sind Fake-News.“

Quelle: Facebook Profil von Vizekanzler Strache, in: /https://mosaik-blog.at/12-stunden-tag-strache-faktencheck/ (27.06.2018)

„Eltern, die ihre Kinder oftmals nur zum Gute-Nacht-Kuss noch sehen, (werden) einen vollen Tag mehr mit ihnen verbringen.“

Quelle: Facebook Profil von Vizekanzler Strache, in: /https://mosaik-blog.at/12-stunden-tag-strache-faktencheck/ (27.06.2018)

In Zusammenschau der dargestellten Aussagen, die in etwa die Versuche der Regie­rung widerspiegeln, bestehende Ängste und Befürchtungen von rd. 3,75 Mio. unselbst­ständig Beschäftigten zu entkräften, ergibt sich ein klares Bild: Der 12h-Arbeitstag und die 60h-Arbeitswoche führe zu mehr Flexibilität im Sinne der Beschäftigten. Dadurch werde es für ArbeitnehmerInnen künftig leichter, Beruf, Familie und Freizeit unter einen Hut zu bringen. Es sei weder mit finanziellen Einbußen, noch mit Einschränkungen hin­sichtlich der Freizeit zu rechnen. Ganz im Gegenteil werde es durch die neue Arbeits­zeitregelung möglich, größere zusammenhängende Freizeitblöcke („Stichwort: 4-Tage-Woche“) zu konsumieren und dadurch das Familienleben qualitätsvoller zu gestalten, sowie nebenbei auch noch mehr Geld zu verdienen.

Unterm Strich wird also der Eindruck erweckt, dass es sich beim 12h-Arbeitstag aus­schließlich um Verbesserungen für ArbeitnehmerInnen handle.

Da diesen Versprechungen jedoch massive Bedenken gegenüberstehen und lt. Aktuel­len Umfragen1 rd. 2/3 der Befragten die Vorschläge zur Arbeitszeitflexibilisierung ableh­nen, ist es besonders aus Sicht der Regierung unerlässlich, in vertrauensbildende Maß­nahmen zu investieren:

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat ehestmöglich eine Regie­rungsvorlage zuzuleiten, in der festgehalten wird, dass bei Gesetzen, die einen Eingriff in Arbeits- und Sozialrechte von ArbeitnehmerInnen (beispielsweise Arbeitszeitgeset­ze) darstellen und denen keine sozialpartnerschaftliche Einigung zu Grunde liegt, der Bevölkerung die Möglichkeit eingeräumt wird, eine Volksabstimmung über das betref­fende Gesetz zu verlangen.“

1 http://www.heute.at/politik/news/story/Umfrage--60-Prozent-gegen-Zwoelf-Stunden-Tag-40991600 (27.06.2018).

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht und ausreichend unterstützt. Er steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Dietmar Keck. – Bitte. (Abg. Höbart: Auch einer, der es nicht versteht!)



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 56

16.42.56

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Lieber Kollege Gudenus, Sie haben gesagt, es gibt keinen 12-Stun­den-Tag; all das, was die Gewerkschaften und Kammern sagen, ist eine Lügenpropa­ganda, entspricht der Unwahrheit. (Abg. Gudenus: Na, ganz sicher nicht! Das haben Sie gesagt!) – Sie haben das nicht? – Ich verstehe dann nicht, wieso in diesem Initiativ­antrag (ein Schriftstück in die Höhe haltend) Folgendes steht:

„In § 4b Abs. 4 wird die Zahl ‚zehn‘ durch die Wortfolge ‚fünfmal pro Woche bis zu zwölf’ und die Wortfolge ‚nicht überschreiten‘ durch ‚betragen‘ ersetzt.“ – Das heißt, ich habe da den 12-Stunden-Tag. Und weiter: „In § 7 Abs. 5 letzter Satz sowie § 8 Abs. 1 und 2 wird jeweils das Wort ‚zehn‘ durch das Wort ‚zwölf‘ ersetzt.“

Wenn es also keinen 12-Stunden-Tag gibt, wie Sie es sagen, dann ziehen Sie diesen Antrag zurück! (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ. Rufe bei der FPÖ: Freiwillig!) Wir können ihn hier zerreißen. (Der Redner hält einen Ausdruck des Initiativantrages in die Höhe und zerreißt ihn.) Es gibt ihn nicht. – Oder Sie haben hier am Rednerpult die Unwahrheit gesagt, Kollege Gudenus! (Ruf: Realitätsverweigerung! – Zwischenruf des Abg. Gudenus. Rufe bei der FPÖ: Freiwillig! – Zwischenruf des Abg. Wöginger.) – Kollege Wöginger August, wenn du dir schon von unserem Christian Kern die Arbeits­zeit nicht erklären lässt, wie du es hier gesagt hast, dann erkläre ich sie dir als Arbeiter. (Abg. Höbart: Statt 1,2 ...1,2 Promille offensichtlich!)

Ich erkläre dir, was gesundheitsschädlich ist und was nicht. Ich habe sehr lange als Arbeiter im Schichtbetrieb auch Schwerarbeit geleistet und jeden Schichtrhythmus durchgenommen, meine Damen und Herren, egal ob es eine Dreierschicht, eine Vie­rerschicht oder ein Zwölferradl war. (Abg. Höbart: Er versteht es noch immer nicht!) Ich habe alles durchprobiert beziehungsweise durchprobieren müssen, weil es diese Schichtvarianten gegeben hat. Ich weiß, welche Schichtvariante wirklich körperlich am schwersten war: Es war das Zwölferradl und nichts anderes! Wir haben aber bei uns durch Betriebsvereinbarungen und gute Belegschaftsvertreter Vereinbarungen getrof­fen, sodass wir lange Freizeitblöcke haben.

Man hat am 30. Juni, wenn ich vom heutigen Datum ausgehe, gewusst, wie man am 30. Juni des nächsten Jahres arbeiten wird. Das wird jetzt mit diesem Initiativantrag nicht passieren, weil jetzt der Chef zu mir kommen und sagen kann: Pass auf, du bleibst mir da, ich brauch dich 12 Stunden, denn wir arbeiten just in time, und der Auf­trag muss heute noch hinausgehen!

Ich bringe dir ein Beispiel, lieber August. Da gibt es den Josef aus Nebelberg. Der muss um 3.30 Uhr in der Früh aufstehen, denn um 4 Uhr muss er wegfahren, weil da Abfahrt in die Arbeit ist, weil da der sogenannte Schichtbus weggeht. – Du weißt, dass wir das so nennen. Es gibt einen Pendlersprecher hier im Saal, der das auch bestä­tigen wird. – Da geht der Schichtbus weg, und um 5.30 Uhr kommt er in der Arbeit an. Eine halbe Stunde hat er Zeit, er muss sich umziehen und dann zum Arbeitsplatz be­geben; um 6 Uhr ist Arbeitsbeginn. Um 9.30 Uhr hat er 15 Minuten Pause, natürlich un­bezahlt, denn bezahlte Pausen gibt es ja nicht. Um 12.30 Uhr hat er dann 30 Minuten Mittagspause, selbstverständlich unbezahlt, denn eine bezahlte Mittagspause gibt es ja nicht. Und um 16 Uhr hat er dann wieder 15 Minuten Pause, wenn er 12 Stunden ar­beitet, selbstverständlich unbezahlt, denn bezahlte Pausen gibt es ja nicht.

Um 19 Uhr ist dann Arbeitsende, denn diese eine Stunde Pause, die er hat, muss er natürlich einarbeiten, die kriegt er vom Unternehmen nicht geschenkt. Um 19 Uhr ist Arbeitsende, dann muss er noch duschen gehen, weil er bei der Arbeit schmutzig wird, weil er Schwerarbeit leistet. Um 19.30 Uhr kann er endlich nach Hause fahren und trifft um 21 Uhr zu Hause ein. Er kann gerade noch Abend essen, sich niederlegen, dann


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 57

hat er sechs Stunden Schlaf, denn um 3.30 Uhr muss er schon wieder in die Höhe, da muss er schon wieder aufstehen, weil er zum nächsten 12-Stunden-Arbeitstag gehen muss. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich frage dich, August Wöginger – du warst Betriebsratsobmann beim Roten Kreuz und hast uns erzählt, du hast eine Betriebsvereinbarung für eine 60-Stunden-Woche unter­schreiben müssen –: Dann sag aber auch, was für eine Betriebsvereinbarung du für die 60-Stunden-Woche unterschrieben hast. Es war eine solche Betriebsvereinbarung: Wenn mehr als 40 Prozent der Arbeitszeit aus Arbeitsbereitschaft bestehen, dann be­steht die Möglichkeit, eine 60-Stunden-Woche zu arbeiten. Was heißt denn Arbeitsbe­reitschaft? – Der Mitarbeiter kann sich ausruhen – und ich sage das jetzt nicht im Bö­sen –, er hat keinen Dienst, er sitzt in der Zentrale, kann dort von mir aus seinen Kaf­fee trinken oder sonst etwas tun. Im Produktionsbetrieb aber hackelt er die 12 Stunden durch; da geht nichts anderes. (Beifall bei der SPÖ. Zwischenruf des Abg. Deimek.)

Meine Damen und Herren, ein Betriebsratsvorsitzender aus Tirol hat den Herrn Vize­kanzler – leider ist er jetzt hinausgegangen – und den Herrn Kanzler eingeladen, in dem Betrieb, es ist eine Gießerei, zu arbeiten. Der Herr Vizekanzler hat ihn wissen las­sen, das sei aus zeitlichen Gründen nicht möglich. Er arbeite ja auch 12 Stunden am Tag und länger als 60 Stunden in der Woche. (Abg. Deimek: Geh einmal in andere Firmen, die nicht Voest heißen! Geh einmal in der Werkhauptstraße auf die andere Seite, dass du einmal weißt, was Arbeit ist!)

Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen jetzt etwas: Wenn ich in der Früh vom Chauffeur mit dem Dienstauto abgeholt und ins Büro gefahren werde, eine Bespre­chung im Büro habe und dann irgendwo ein Referat von einer Viertelstunde oder 20 Minuten Länge zu halten habe (Abg. Martin Graf: Lass doch den Kern in Ruhe!), danach vielleicht ein kleines Buffet habe und dann ich in die nächste Besprechung gehe, und so meinen 12-Stunden-Tag vollende, und das mit 12 Stunden in einer Gie­ßerei vergleiche, meine Damen und Herren, und sage, ich arbeite länger (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ), dann ist das doch wirklich ein Witz! Es ist ein Witz, was hier gesagt und getan wird, wie hier mit den Arbeiterinnen und Arbeitern umgegangen wird, meine Damen und Herren!

Ich kann nur eines sagen: Wenn Sie es ehrlich meinen, dann ist jeder Einzelne von euch von mir eingeladen. Er soll einmal vier, fünf Wochen lang am Hochofen oder im Stahlwerk der Voestalpine 12 Stunden am Tag arbeiten, unter den Bedingungen, wie sie die Beschäftigten dort haben, mit der Bezahlung, wie sie die Beschäftigten dort ha­ben. (Zwischenrufe der Abgeordneten Deimek und Hafenecker.) Dann vergeht euch der Antrag auf einen 12-Stunden-Tag, dann werdet ihr ihn mit ruhigem Gewissen wie­der zurückziehen. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ sowie Beifall bei Abgeordneten der Liste Pilz.)

16.48


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Peter Haub­ner. – Bitte, Herr Abgeordneter.


16.48.24

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Muchitsch! (Zwischenrufe des Abg. Knes.) – Ich spreche mit Kollegen Muchitsch. Herr Kollege Muchitsch, erstens einmal möchte ich dir sagen, diesen Unter­nehmer aus dem Wirtschaftsbund, den du erwähnt hast, vertrete ich nicht, und er ist auch nicht mehr Mitglied des Wirtschaftsbundes – das nur einmal am Anfang. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 58

Zum Zweiten: Du hast Sachlichkeit eingefordert, nur: Sachlichkeit heißt nicht immer, dass alles richtig ist; das möchte ich auch festhalten. (Beifall bei der ÖVP und bei Ab­geordneten der FPÖ.)

Es wird auch Zeit, dass wir die Geschichte der Arbeitszeitflexibilisierung einmal im Hinblick auf die Fakten anschauen. Es war so, dass das Arbeitsprogramm der Regie­rung aus dem Jahr 2017 vorgesehen hat, dass wir den Mindestlohn und die Arbeits­zeitflexibilisierung liefern – die Betonung liegt auf und –, und falls von den Sozialpart­nern bei beiden Themen keine Lösung gebracht wird, dann wird die Regierung eine Lö­sung bringen. – Das war nicht der Fall.

Wir, die Wirtschaft, haben den Mindestlohn von 1 500 Euro gebracht. Das heißt, wir haben Wort gehalten, meine Damen und Herren. Die Gewerkschaften haben sich an die bereits erzielte Einigung über die flexiblen Arbeitszeiten – und die Einigung war fast vor dem Abschluss – nicht gehalten und haben sie in letzter Sekunde, sei es aus wahl­taktischen Gründen, wegen Teilgewerkschaften oder irgendetwas anderem, platzen lassen. Für mich sieht das Tragen von Verantwortung anders aus, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ. – Ruf bei der FPÖ: In Wirklichkeit hätten wir das schon längst!)

Darum muss ich auch ganz deutlich zu Ihnen sagen: Sie haben Ihre Chance gehabt, aber Sie haben Sie nicht genutzt, und sich heute hier herzustellen und die 12-Stunden-Regelung, die wir ausgearbeitet haben, zu verteufeln, ist schon eine besondere Chuz­pe, das muss ich ganz ehrlich sagen.

Was jetzt auf dem Tisch liegt, ist ein Gesetz, das in vielen Punkten das beinhaltet, was wir damals besprochen und auch schon ausverhandelt haben. Ich verstehe also ehrlich gesagt diese Aufregung nicht. Es ist ein Gesetz, das es möglich macht, dass wir fle­xibel arbeiten. Ehrlich, Herr Kern, um Ihre Glaubwürdigkeit wiederzuerlangen, würde ich Ihnen vorschlagen, Sie gehen in die Kirche und zitieren nicht die Kirche. Das wäre in diesem Fall besser. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Schauen Sie, ich könnte auch zig Beispiele von Menschen – aus Marketingabteilun­gen, aus Projekten – zitieren, die uns geschrieben haben und froh sind, sagen zu kön­nen: Okay, wir können 8, 10, 12 Stunden arbeiten, haben dann eine 4-Tage-Woche, können am Freitag zu Hause bleiben und haben mehr Freizeit. Dazu gibt es viele Bei­spiele.

Es gibt also Beispiele auf der einen Seite und auf der anderen Seite. Was wir wollen, ist einfach mehr Flexibilität und mehr Freiheit für beide Seiten: für die Unternehmer und für die Arbeitnehmer. Sie haben es ja auch angesprochen: In Zeiten der Digitalisierung und der Globalisierung ist das natürlich notwendig: Homeoffice, E-Mails, Social Me­dia – Sie kennen das alles. Wann und wo wir arbeiten, verändert sich komplett, des­halb brauchen wir diese Flexibilität. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Meine Damen und Herren, wir wollen eine flexiblere Verteilung der Arbeit und keine Verlängerung der Ar­beitszeit – dass das auch einmal ganz klar angesprochen ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Mit Angstmache, Panikmache und Skandalisieren wird man keinen Staat machen. Fra­gen Sie einmal die Arbeiter vor dem Haus, die Ihre Tribüne für morgen aufbauen! Fra­gen Sie einmal, wie lange sie heute arbeiten müssen, damit diese Tribüne steht! Ich glaube nicht, dass sie das unter 12 Stunden schaffen werden (Abg. Winzig: 14!), eher werden sie 14 Stunden dafür brauchen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Eines möchte ich noch zum Thema sagen: Lieber Josef Muchitsch, wir kennen einan­der sehr lange und haben viel gemeinsam verhandelt. Wir haben auch gemeinsam vie­le gute Punkte geschafft, aber immer dann die Sozialpartnerschaft zu strapazieren,


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 59

wenn ihr sie braucht, ist der falsche Weg, denn ihr wart diejenigen, die die Sozialpart­nerschaft verlassen haben, als es vor der Wahl darum gegangen ist, die Angleichung von Arbeitern und Angestellten durchzuziehen. Jetzt darüber zu jammern, dass wir das machen, was ihr auch gemacht habt, finde ich mehr als unglaubwürdig. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ. He-Ruf des Abg. Leichtfried.)

Es wird einen neuen Ansatz der Sozialpartnerschaft brauchen, denn das Gebe-ich-dir-gibst-du-mir hat ausgedient. Es geht um den Standort Österreich. Es geht um eine mo­derne Standortpartnerschaft, und da sind beide Seiten gefragt. Wenn wir uns die Si­tuation hinsichtlich der Arbeitszeit in Österreich anschauen – wir haben das ja heute schon öfter gehört –, dann ist es ja nicht so, dass alle nur 8 Stunden arbeiten. Es ist ja so, dass es in 50 Prozent der Fälle heute schon Vereinbarungen gibt und über 10 Stun­den gearbeitet wird. (Abg. Plessl: Aber eine Vereinbarung, beide Seiten gemeinsam!) Damit ist die Gewerkschaft einverstanden. Mir kommt es eben immer so vor: Mit der SPÖ und den Gewerkschaften sind 12 Stunden Arbeit gesund, und ohne SPÖ und Ge­werkschaften sind 12 Stunden Arbeit ungesund. Das ist auch nicht zulässig, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ. – Zwischen­rufe bei der SPÖ.)

Wenn Sie heute von den Betriebsräten sprechen: Ich kenne sehr viele Betriebsräte und schätze auch sehr viele davon. Es gibt aber sehr viele Betriebe, in denen es keine Be­triebsräte gibt. Das sind die kleinen und mittleren Betriebe, die hervorragend funktio­nieren, weil der Chef und die Mitarbeiter sich die Dinge ausmachen, weil es familien­geführte Betriebe sind, weil der Chef vieles weiß. Er kennt die Familie, er kennt den Familienbetrieb und behandelt seine Mitarbeiter wie Familienmitglieder. So weiß er, dass die Mitarbeiter Zeit für die Familie brauchen. Deshalb, ganz ehrlich: Überlassen wir es ihnen, sodass sie in Freiheit diese Flexibilität zum Wohle der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber leben können! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Die Mitarbeiter – das, glaube ich, können wir Unternehmervertreter und Unternehmer sagen – sind unser wichtigstes Kapital. Wir wissen, was wir an unseren Mitarbeitern haben. Wir investieren in Ausbildung und legen großen Wert auf gute Rahmenbedin­gungen. Ich frage mich wirklich, ob die SPÖ und die Gewerkschaft noch die Arbeitneh­merinnen und Arbeitnehmer vertreten, denn wenn 75 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher flexible Arbeitszeiten wollen, dann sind Sie voll daneben, meine Da­men und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Deshalb sage ich auch ganz deutlich: Wir sind angetreten, um Österreich moderner zu machen, und dazu gehören mehr Flexibilität und mehr Freiheit. Genau das setzen wir um, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

16.55


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Muchitsch zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Gudenus: Sehr aktiv heute!)


16.55.35

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Herr Präsident! Ich hoffe, dass ich diese Be­richtigung nicht noch einmal machen muss. Abgeordneter Peter Haubner hat behaup­tet, es hätte Einigkeit auf Sozialpartnerebene gegeben. Wenn das noch einmal be­hauptet wird, bin ich bereit, das Protokoll des Nichtscheiterns zu veröffentlichen.

Fakt ist, dass die Arbeitgeberseite keinem einzigen Punkt, den wir von der Arbeiterneh­merseite gefordert haben, zugestimmt hätte – aus diesem Grund ist es gescheitert. – Wenn eine solche Behauptung noch einmal erfolgt, wird dieses Protokoll veröffentlicht. (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 60

Herr Präsident, ich stelle weiters richtig: Herr Abgeordneter Haubner hat behauptet, das Angleichen von Arbeitern und Angestellten sei ohne Sozialpartner erfolgt.

Ich stelle richtig: Wir haben im September einen Initiativantrag eingebracht, im Oktober einen Beschluss mit einer dreijährigen Übergangsfrist gefasst, wobei mit Zustimmung der FPÖ, der Grünen und der SPÖ ganz klar die Umsetzung der Übergangsfristen be­treffend Kündigungsfristen, Angleichung Arbeiter und Angestellte auf drei Jahre festge­legt und auf die KV-Ebene zurückverlagert wurde; Branchen wie Tourismus und Bau­wirtschaft sind ausgenommen worden, und für die Arbeitgeber wurde als Gegenfinan­zierung die gesamte Auflösungsabgabe abgeschafft – das nur als Richtigstellung. (Bei­fall bei der SPÖ.)

16.56


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hauser. – Bitte.


16.57.04

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher vor den Bildschirmen! Ich habe die Debatte bis jetzt mit Interesse verfolgt und kann feststellen, dass die linke Opposition, die NEOS natürlich ausgenommen, einen Klassenkampf veranstaltet, den es überhaupt nicht gibt. (Heiter­keit bei SPÖ und NEOS.) Sie zeichnen ein Bild, angefangen vom nicht anwesenden Altbundeskanzler Kern, das wie folgt aussieht (Abg. Plessl: Er ist anwesend, schauen Sie bitte!): auf der einen Seite die bösen Unternehmer und auf der anderen Seite die ausgebeuteten Arbeitnehmer.

Bitte, geschätzte Kolleginnen und Kollegen von der linken Seite, dieses Bild gibt es nicht, und es entspricht auch nicht ansatzweise der Wahrheit; es ist grundsätzlich voll­kommen falsch. Wissen Sie, was der Erfolg der florierenden österreichischen Wirt­schaft ist? – Die Zusammenarbeit im Unternehmen zwischen der Unternehmensfüh­rung und den Mitarbeitern. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Jedem Unternehmer, dem Sie dieses von Ihnen gezeichnete gesellschaftspolitische Bild unterstellen, unterstellen Sie, dass er dumm ist. Unternehmer sind aber nicht dumm. Unternehmer sind selbstständig, und sie arbeiten auch selbst und ständig mit, und das grundsätzlich rund um die Uhr. – Das ist also die eine Sache, die man nie aus den Augen verlieren darf. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sie schauen auch auf die Mitarbeiter. Der Erfolg kann ja bitte nur zustande kommen, wenn man engagierte Mitarbeiter hat. Jeder Unternehmer wäre doch blöd, wenn er nicht auf seine Mitarbeiter schauen würde. Also den wirtschaftlichen Erfolg, den Erfolg unseres Wirtschaftsstandortes Österreich gibt es nur deswegen, weil die Unternehmer hervorragende Mitarbeiter haben, auf sie schauen und diese Zusammenarbeit leben. Das ist unser Erfolgsmodell. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dazu gibt es heute ein höchst interessantes Interview des neuen ÖGB-Präsidenten Wolfgang Katzian in der „Presse“, Seite 6. Aus diesem „Presse“-Artikel möchte ich zitieren, weil mir der Präsident darin recht gibt, meine Worte unterstreicht. Auf die Frage der „Presse“: „Wenn man Gewerkschaftern zuhört, hat man den Eindruck, alle Chefs sind böse und quetschen ihre Mitarbeiter aus, wo es nur geht. Ist es wirklich so schlimm?“, lautete die Antwort des neuen ÖGB-Präsidenten: „Ich glaube, dass in der großen Mehrheit der Unternehmen gemeinsam versucht wird, Dinge zu tun, die der Firma zum Erfolg verhelfen.“

Genau das ist es, geschätzte Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS. Zwischenruf des Abg. Katzian.) Sie sagen doch


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 61

selber, dass die große Mehrheit in den Unternehmen zusammenarbeitet und damit auch den Erfolg sicherstellt.

Interessant ist, dass Sie auch eine Aussage des ehemaligen Präsidenten Anton Benya zitieren, der richtigerweise festgestellt hat, „du musst die Kuh melken, aber nicht er­schlagen“. Umgekehrt gilt das genauso. Die Mitarbeiter haben nur dann sichere Löhne und Einkommen, wenn es dem Unternehmen gut geht. (Zwischenruf des Abg. Vogl.) Das ist der springende Punkt. Leider Gottes, geschätzter Herr Kollege ÖGB-Präsident, widersprechen Sie sich im selben Absatz. Es geht im Interview weiter, und Sie sagen: „Aber mit dem neuen Gesetz darf der Chef die elfte und zwölfte Arbeitsstunde anord­nen.“

Sie wissen – es wurde heute mehrmals festgestellt –, dass das nicht stimmt. Da haben wir das Freiwilligkeitsprinzip eingeführt. Wieso sprechen Sie im Interview die Unwahr­heit? Sie sagen weiter: „Und das wird er auch machen, egal wie gut das Betriebsklima ist.“ Das steht im selben Absatz! Ein paar Zeilen vorher sagen Sie, dass der Erfolg darin besteht, dass man zusammenarbeitet, und weiter unten sagen Sie, dass der Un­ternehmer drüberfährt. Das ist ein Widerspruch, den Sie nicht auflösen können und auch nicht auflösen werden.

Zusammenfassend geht es im neuen Arbeitszeitgesetz darum – und das wissen Sie –, dass die Betriebsvereinbarungen und die Kollektivverträge aufrechtbleiben. Die 11. und 12. Stunde können ohne Angabe von Gründen abgelehnt werden, es gibt eine Freiwil­ligkeitsgarantie, und die 11. und die 12. Stunde werden außerdem abgegolten: Es gibt entweder einen Zuschlag oder sie werden in Freizeit abgegolten.

Bei der Gleitzeit ist es so: Wenn in Gleitzeit gearbeitet wird, dann gibt es die garantierte 4-Tage-Woche. Das ist also wirklich auch eine Errungenschaft, auf die wir lange hin­gearbeitet haben. Die Normalarbeitszeit bleibt bei 8 Stunden und bei 40 Wochenstun­den. Bleiben Sie also bei der Wahrheit und verunsichern Sie nicht die Arbeitnehmerin­nen und Arbeitnehmer! (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Greiner.)

17.02


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Josef Schell­horn. – Bitte.


17.02.25

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Herr Präsident! Geschätzter Herr Vizekanz­ler! Frau Staatssekretär! (Bundeskanzler Kurz betritt den Saal.) Herr Bundeskanzler! (Bundeskanzler Kurz: Grüß Gott! – Anhaltender Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Oh-Rufe bei der SPÖ.) Danke vielmals. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Herr Bundeskanzler, ich be­grüße Sie, schön, dass Sie da sind! (Abg. Schieder in Richtung Bundeskanzler Kurz, der noch nicht auf der Regierungsbank Platz genommen hat : Die Regierungsbank ist woanders!) Kollege Hauser hat gesagt, wir wären so links oder rechts. Wir sind nicht links oder rechts, wir sind in der Mitte der Gesellschaft – das sind die NEOS. (Abg. Ro­senkranz: Und wir sind vorne!)

Wenn es Ihnen um die Mitarbeiter und um die Gesundheit und Eigenverantwortlichkeit geht, dann frage ich mich jetzt instinktiv sofort, wie es Ihnen damit bei der Raucher­regelung mit den Lehrlingen und so gegangen ist. (Abg. Lausch: Jössas Maria!) Wo ist hier Ihre Eigenverantwortlichkeit, bei dem, was Sie jungen Menschen zumuten, auch in Gastronomielokalen? (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Gudenus: Das ist Eigenverantwortlichkeit! – Abg. Stefan: ... auch ab 18! Ist Ihnen das aufgefallen?)

Eines ist schon zu betonen: Wir alle sind uns einig – da haben Sie noch nicht einmal gewusst, wie man Arbeitszeitflexibilisierung buchstabiert, haben wir sie schon ins Par-


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 62

lament eingebracht –, dass die Wirtschaft das braucht. Es brauchen aber auch die Un­ternehmer, es brauchen faktisch alle. Wir reden von neuen Arbeitswelten, die nötig sind. Alle hier herinnen reden von neuen Arbeitswelten, alle reden davon, dass vor allem junge Menschen neue Angebote brauchen, um auch in einer flexibilisierten Welt ihren Arbeitsplatz zu finden. Vielleicht haben sie auch das Bedürfnis, drei Tage zu ar­beiten und vier Tage frei zu haben; das dürfen wir bis heute nicht. Darin sind wir uns alle einig, dass dies notwendig ist.

Völlig unnotwendig – erlauben Sie mir diese Bemerkung, ich weiß nicht, welcher Teufel die Kirche geritten hat – ist jedoch, dass sich die Kirche jetzt auch in die Tagespolitik einmischt. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.) Sie wirft zum Beispiel meiner Branche, die eine Dienstleistungsbranche ist, dem Tourismus, der vor allem an den Wochenenden für die Freizeitgesellschaft da sein muss, einen völ­kerrechtlichen Bruch, eine Unvereinbarkeit vor. Das finde ich geradezu obszön, wie sie hier argumentieren, und ich finde es auch schändlich, jedem, der für die Freizeitgestal­tung da ist, einen Bruch des Völkerrechts vorzuwerfen. Die müssen am Wochenende arbeiten, wenn Sie, wenn wir alle Freizeit haben. Das geht so nicht! (Neuerlicher Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ. Zwischenruf des Abg. Vogl.)

Lassen Sie mich nun dazu kommen, woran es hakt beziehungsweise was notwendig ist. Ich zitiere hier das IHS, das erstens davon spricht, es sei eine „Steigerung der Ar­beitsproduktivität auch notwendig für Erhöhung der Reallöhne und damit des mate­riellen Wohlstands“. Und zweitens sei die „Arbeitsproduktivität in Österreich hoch im internationalen Vergleich, zuletzt aber unterdurchschnittliche Entwicklung“.

Das sind Themen, die auch uns immer belastet haben und wie ich sie gehört habe, wenn ich die Unternehmen besucht habe. Woran hakt es? – Es hakt nicht nur im Tou­rismus, sondern vor allem in der Produktion daran, dass es keinen linearen Tourismus beziehungsweise keine lineare Produktion mehr gibt, sondern dass es Spitzen und Täler gibt. Die muss man abdecken, und die muss man mit jenen Mitarbeitern abde­cken, die man schätzt, die man braucht und die man langfristig binden will.

Das heißt als Folge – das war auch immer ein Vorschlag der NEOS –, dass wir viel­leicht auch im Tourismus über ein 365-Tage-Arbeitsverhältnis nachdenken können, damit wir diese Spitzen langfristig abdecken können, damit wir diese Mitarbeiter aber nicht dann, wenn wir in der Talsohle sind, zum AMS stempeln schicken, sondern damit wir sie das ganze Jahr über beschäftigen können, damit wir sie nicht verlieren und damit die Mitarbeiter auch gleichzeitig später bei den Pensionsanrechnungszeiten kei­nen Verlust haben. Das ist der Wunsch von Mitarbeitern. Die wollen zum Beispiel bei mir in der Festspielzeit arbeiten und ihre Freizeit dann im September und im Oktober in Thailand genießen, aber dabei nicht freigesetzt werden. Das sind die Bedürfnisse, um die wir uns kümmern müssen – und nicht um jene, die auf parteiideologischen Gründen basieren. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.)

Folgendes ist ganz wichtig: Wenn man diese flexiblen Arbeitszeiten anbieten möchte, dann braucht man flexible Kinderbetreuungszeiten, dann braucht man flexible Kinder­betreuungsangebote. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.) Das fehlt hier völlig, vor allem angesichts des Wandels der Gesellschaft. Wenn man jenen jun­gen Leuten, vor allem vielleicht Alleinerziehern, einen Wiedereinstieg ins Berufsleben ermöglichen will, stehen die dann vor folgendem Problem: Am Wochenende gibt es keine Kinderbetreuung, da kann ich nicht arbeiten, aber ich brauche eigentlich ein Ein­kommen. Ich möchte später nicht in der Frauenaltersarmut enden, ich möchte arbeiten, nur habe ich keine Kinderbetreuung zu den entsprechenden Zeiten. Das ist ein es­senzielles Problem, das uns schon länger beschäftigt, und wir haben noch keine Lö­sungen dafür. Darauf kommt es an.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 63

In der Salzburger Landesregierung hat Landesrätin Klambauer gerade das Thema fle­xible Kinderbetreuungszeiten auch an den Wochenenden in Angriff genommen, vor al­lem weil es eine Tourismusnation wie Österreich beschäftigt, wie wir das Thema An­spruch der Freizeitgesellschaft versus Dienstleistungsgesellschaft bewerkstelligen. Da­zu brauchen wir die Menschen, und da geht es nicht darum, dass sie alle 60 Stunden lang arbeiten müssen.

Es ist mir ja wichtig, dass mein Mitarbeiter dann arbeiten kann, wenn er will, und dann vor allem auch gut behandelt wird, damit er mir bleibt. Wir alle reden von einem Fach­kräftemangel – und jetzt auf einmal spielt der Fachkräftemangel keine Rolle mehr? Wie kann das sein? Wenn ich mich mit meinen Mitarbeitern gemeinsam entsprechend großartig weiterentwickle, dann werden die Mitarbeiter eine große Freude haben – und wir auch.

Darum bringe ich im Zusammenhang mit der Kinderbetreuung folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Rechtsan­spruch auf einen Kinderbetreuungsplatz ab dem ersten Geburtstag“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, einen Rechtsanspruch auf einen Kinderbe­treuungsplatz für jedes Kind ab Vollendung des ersten Lebensjahres zu schaffen. Au­ßerdem soll ein weiterer Ausbau von qualitätsvollen Kinderbetreuungs- und -bildungs­ein­richtungen, vor allem mit längeren Öffnungszeiten und weniger Schließtagen, si­chergestellt werden.“

*****

Danke vielmals. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.09

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Michael Bernhard, Claudia Gamon, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz ab dem ersten Geburtstag

eingebracht im Zuge der Debatte zur Dringlichen Anfrage in der 33. Sitzung des Na­tionalrates

Bis zur vollständigen Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt ist es noch ein weiter Weg. Wenngleich die Erwerbstätigenquote von Frauen in Österreich stetig steigt, und im Jahr 2017 68,2 Prozent betrug, arbeitet nach wie vor fast jede zweite Frau in Österreich Teilzeit (vgl. Statistik Austria). Während die Teilzeitquote im EU-Schnitt im letzten Jahr gesunken ist, ist sie in Österreich gestiegen. Betrug sie im Jahr 2015 rund 46,8 Prozent, so ist sie im Jahr 2016 auf 47,1 Prozent gestiegen (vgl. Eurostat). Bei Männern liegt dieser Prozentsatz bei ca. 10 Prozent.

Wesentlich ist aber nicht nur die Differenz zwischen Männern und Frauen, was Teil­zeitbeschäftigungen angeht, sondern vor allem die Gründe dafür. Denn während Män­ner häufig ihr Stundenmaß reduzieren, um sich weiterzubilden, geben 38 Prozent der Frauen zwischen 15 und 59 Jahren an, ihre Arbeitszeit zu reduzieren, um Betreuungs-


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 64

aufgaben für Kinder oder pflegebedürftige Erwachsene wahrzunehmen. Bei den 15- bis 64-jährigen Männern geben nur fünf Prozent die Betreuung von Kindern oder pflegebe­dürftigen Erwachsenen als Beweggrund an. Viel mehr Gewicht haben Bildungsambi­tionen: 28,8 Prozent der Männer üben einen Teilzeitjob aus, weil sie eine schulische oder berufliche Aus- oder Fortbildung ab-solvieren. Nicht einmal ein Fünftel der Männer (18,2 Prozent) und Frauen (17,6 Prozent) wollen keine Vollzeitbeschäftigung (vgl. WI­FO 2017).

"Die Verfügbarkeit, Zugänglichkeit und Bezahlbarkeit hochwertiger Betreuungseinrich­tungen für Kinder ist ein Schlüsselfaktor, der es Frauen, aber auch Männern mit Be­treuungspflichten ermöglicht, am Erwerbsleben teilzunehmen. Eine hochwertige früh­kindliche Betreuung, Bildung und Erziehung ist ferner ein wichtiges Instrument, um ge­gen eine mögliche soziale Benachteiligung von Kindern vorzugehen; darüber hinaus ist sie der kognitiven und sozialen Entwicklung von Kindern von frühem Alter an för­derlich", folgert auch die EU-Kommission in ihrem Bericht zu den Barcelona-Zielen im
Jahr 2018.

Österreich hinkt, was zur Verfügung stehende Kinderbetreuungsplätze für unter Drei­jährige betrifft, immer noch anderen EU-Staaten hinterher. EU-weit wurde das Barce­lona-Ziel, wonach zumindest für jedes dritte Kind unter drei Jahren ein Betreuungsplatz zur Verfügung stehen soll, von zwölf Mitgliedstaaten erreicht – Österreich ist nicht da­runter. Dieses Ziel hätte schon 2010 erreicht werden sollen.

Auch was Öffnungszeiten und Schließtage betrifft, ist die aktuelle Situation in Öster­reich nicht zufriedenstellend. Außerhalb Wiens hat mehr als die Hälfte aller Kinderbe­treuungseinrichtungen mehr als fünf Wochen im Jahr geschlossen (51,2 Prozent) – das heißt, dass nicht einmal die Hälfte aller Kinderbetreuungseinrichtungen es Alleinerzie­her_innen ermöglichen, erwerbstätig zu sein und keine private Kinderbetreuung orga­nisieren zu müssen. Auch was die Öffnungszeiten der Kindertagesheime angeht, zeigt sich ein deutliches Stadt-Land-Gefälle: Knapp die Hälfte der Betreuungseinrichtungen außerhalb Wiens (47,2 Prozent) schließt bereits vor 16 Uhr, fast ein Drittel (rund
32 Prozent) sogar vor 15 Uhr. Knapp die Hälfte der Betreuungseinrichtungen in Öster­reich hat täglich weniger als acht Stunden geöffnet (vgl. Kindertagesheimstatistik, Sta­tistik Austria).

Ein Ausbau von Kinderbetreuungs- und -bildungseinrichtungen ist vor allem auch dann geboten, wenn man flexiblere Arbeitszeitmodelle einführen möchte. Will man Arbeit­nehmer_innen mehr Flexibilität ermöglichen, dann muss man auch Rahmenbedingun­gen schaffen, die die bestmögliche Aufteilung der vorhandenen Zeit sicherstellen. Fa­milie und Beruf unter einen Hut zu bringen kann nur unter der Bedingung funktionieren, dass bei Bedarf ausreichend Infrastruktur und Hilfe zur Verfügung steht. Dafür ist ein sicherer Platz in einer Kinderbetreuungseinrichtung Grundvoraussetzung.

Ziel muss es sein, für jedes Kind einen Betreuungsplatz zur Verfügung zu stellen, und zwar ab dem ersten Kindergeburtstag. Durch einen so geschaffenen Rechtsanspruch entsteht kein Zwang für Arbeitnehmer_innen, ihr Kind frühest möglich einer entspre­chenden Betreuungseinrichtung zu überlassen. Es wird lediglich die Möglichkeit für all jene geschaffen, die Betreuungsplätze wollen oder brauchen. Dadurch gewährleisten wir ein hohes Maß an persönlicher Freiheit und Chancen-gerechtigkeit für alle. Sowohl für Kinder als auch für Eltern. Wenn eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten mit einem Ausbau von Infrastruktur, die Eltern mehr Möglichkeiten bietet, diese Flexibilität auch bestmöglich für sich umzumünzen, einhergeht, erhöht sich die Lebensqualität.

Damit ein Rechtsanspruch auch sinnvoll ist, müssen Betreuungsplätze vor allem für unter Dreijährige weiter ausgebaut werden. Dem Ziel, mehr Betreuungseinrichtungen für alle Kinder zur Verfügung zu stellen, hat sich auch die Bundesregierung in ihrem Regierungsprogramm verschrieben: "Zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 65

ist eine qualitätsvolle Kinderbetreuung wichtig, die sich an den Bedürfnissen der Kinder und Eltern orientiert. Der weitere Ausbau eines qualitätsvollen Kinderbetreuungsange­bots muss dabei im Fokus stehen[,] der Kindergarten im Sinne der Stärkung der Ele­mentarpädagogik zur Bildungseinrichtung weiterentwickelt werden." (Regierungspro­gramm, S. 101). Vor allem die von der Bundesregierung in Aussicht gestellte Zusam­menlegung und Verlängerung der entsprechen-den 15-a Vereinbarungen betreffend des Ausbaus von institutioneller Kinderbetreuung, des Gratis-Kindergartenjahrs und früher sprachlicher Förderung ist noch vor September umzusetzen, um Ländern und Gemeinden entsprechende Rechtssicherheit zu gewährleisten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, einen Rechtsanspruch auf einen Kinderbe­treuungsplatz für jedes Kind ab Vollendung des ersten Lebensjahres zu schaffen. Au­ßerdem soll ein weiterer Ausbau von qualitätsvollen Kinderbetreuungs- und -bildungs­ein­richtungen, vor allem mit längeren Öffnungszeiten und weniger Schließtagen, si­chergestellt werden."

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, aus­reichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gelangt Abgeordneter Rossmann. – Bitte.


17.10.01

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (PILZ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Regierungsbank! (Der Redner deutet auf das Lämpchen am Rednerpult, das rot leuchtet.) Herr Präsident, kann man die Uhr vielleicht so ein­stellen, dass ich dann auch weiß, wann meine 10 Minuten zu Ende sind? – Danke sehr. (Ruf bei der FPÖ: Ist es schon aus?)

Wir erinnern uns: KTM-Chef Stefan Pierer hat versprochen, jede Spende, die bei der ÖVP bis Ende Juli 2017 eingeht, zu verdoppeln. – Er hat verdoppelt, er hat 436 563 Euro gespendet, und kurz vor Ablauf des Juli hat er uns über den „Kurier“ Folgendes wissen lassen: „Ganz oben auf der Reformliste steht die Arbeitszeitflexibilisierung. [...] Die Arbeitszeitflexibilisierung ist das Allerwichtigste“. Mit diesem Initiativantrag liefern nun die Regierungsfraktionen genau das, was sich Pierer gewünscht hat – so ein Zufall! – und was sich viele andere auch wünschen: einen 12-Stunden-Tag, 60 Stunden in der Woche, maximal 8 Stunden Ruhezeit bei geteilten Diensten. Das, meine Damen und Herren, ist nicht die Arbeitszeitpolitik, die ich mir wünsche, sondern das ist Arbeits­zeitpolitik, die ins 19. Jahrhundert gehört! (Beifall bei der Liste Pilz und bei Abgeordne­ten der SPÖ.)

Sie machen sich hier, meine Damen und Herren von ÖVP und FPÖ, zum Erfül­lungsgehilfen der Großindustrie und vieler anderer Unternehmen. Bei der ÖVP wundert mich das gar nicht, bei der FPÖ hingegen schon. Sie, Herr Vizekanzler Strache, haben im Wahlkampf 2013 gesagt, was das nicht für eine asoziale, leistungsfeindliche Idee sei. Aber selbst am 7.12.2017 haben Sie noch gesagt: Mit uns wird es den 12-Stun­den-Tag „nie geben“. – Und jetzt frage ich Sie, meine Damen und Herren von der FPÖ: Der wievielte Bauchfleck ist das schon, den Sie jetzt machen? Wie oft werden Sie Ihre Wählerinnen und Wähler noch verraten? (Beifall bei der Liste Pilz und bei Abgeordne­ten der SPÖ.)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 66

Aber jetzt zum Initiativantrag: Dieser Initiativantrag stellt einen Systembruch dar, er ist nämlich ein massiver Angriff auf die Sozialpartnerschaft. Jetzt kann man die Sozialpart­nerschaft bei uns im Lande kritisieren, zum Teil, würde ich sagen, zu Recht, zum Teil zu Unrecht. (Abg. Rosenkranz: Aber nicht zu viel, sonst verliert man die Pension!) Ich möchte schon in Erinnerung rufen, dass die Sozialpartnerschaft – hören Sie mir zu, Herr Kollege Rosenkranz (Abg. Rosenkranz: Wie bitte?) – einer der wesentlichen Grundpfeiler der Wohlstandsentwicklung und der Entstehung des Wohlfahrtsstaates in der Zweiten Republik gewesen ist. (Beifall bei der Liste Pilz und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Hafenecker: Da geht es um Ihren Wohlstand, um Ihren persönlichen Wohlstand!)

Es gibt viele politikwissenschaftliche Studien, die zeigen, dass Länder mit korporatis­tischen Systemen in Bezug auf die Wohlstandsentwicklung deutlich besser gefahren sind als Staaten, die keine korporatistischen Systeme haben. (Abg. Gudenus: Das ist schon längst überholt! Das ist nicht mehr zeitgemäß!)

Dieser Initiativantrag ist ein Antrag, der zu einer Win-lose-Situation führt, und wenn wir Win-win-Situationen haben wollen, dann würde ich weiterhin der Auffassung sein, dass der Ausgleich zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern im Konsensweg erfolgen muss, auch und gerade in Fragen der Entwicklungen im Bereich Arbeitszeit. Nur so­zialpartnerschaftliche Lösungen, die im Konsensweg gefunden werden, können zu ei­ner Win-win-Situation führen. Bleiben wir dabei, verlassen wir diesen Pfad der Entwick­lung, der in den letzten Jahrzehnten so erfolgreich gewesen ist, nicht!

Nun komme ich zu einigen Tatsachen, die uns Arbeitsmediziner immer wieder mit zu bedenken und mit auf den Weg geben, wenn es um den 12-Stunden-Tag und um die 60-Stunden-Woche geht.

Erster Punkt: Bereits nach dem zweiten 12-Stunden-Tag würde es für eine vollständi-
ge Erholung drei Tage brauchen. Im Extremfall sind jedoch 13 aufeinanderfolgende
60-Stunden-Wochen erlaubt – das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen!

Zweiter Punkt: Ab der 7. Stunde steigt das Unfallrisiko erheblich an – Sie wollen 12 Stunden zulassen! –, und bereits ab 6 bis 8 Stunden tritt ein erheblicher Leistungs­einbruch ein. Das heißt sozusagen, dass die Produktivität, der geleistete Output pro Ar­beitsstunde sinkt. Wenn die Produktivität nach 6 bis 8 Stunden bereits sinkt, dann soll­ten die Menschen nicht noch mehr arbeiten müssen – das ist kontraproduktiv!

Wir liegen in Europa ohnehin schon an der Spitze, was die geleistete Arbeitszeit an­langt. Wir gehören zu den Top Drei, gemeinsam mit Griechenland und dem Vereinigten Königreich. Es geht daher darum, die Erkenntnis zu nutzen, dass Länder mit niedrige­rer durchschnittlicherer Arbeitszeit eine höhere Produktivität erreichen; dazu gehören zum Beispiel Dänemark, Niederlande, Schweden. Ein vernünftiger Vorschlag zu einer zeitgemäßen Regelung der Arbeitszeit muss daher mit einer Verkürzung der Arbeits­zeit beginnen. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Noch etwas im Zusammenhang mit der Verkürzung der Arbeitszeit: Seit den 1980er-Jahren wurde die Arbeitszeit in Österreich nicht mehr gesenkt, obwohl die Produktivität gestiegen ist. Wir sind in Österreich reicher geworden, und diesen Reichtum müssen wir nutzen, um kürzere Arbeitszeiten durchzusetzen. Wir können uns das leisten. Der Wirtschaftssoziologe Jörg Flecker hat in diesem Zusammenhang von Zeitwohlstand gesprochen. Nutzen wir diesen Zeitwohlstand, arbeiten wir doch weniger! Es kann doch nicht sein, dass die geplante Flexibilisierung etwas ist, was wir wollen. Es führt – und es ist auch der Wunsch der Bevölkerung, weniger zu arbeiten – in eine völlig fal­sche Richtung.

Wenn wir in der Gesellschaft davon überzeugt sind, dass uns Gesundheit etwas wert ist, wenn Unternehmen wollen, dass Menschen in ihren Betrieben arbeiten, die nicht


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 67

permanent im Krankenstand sein müssen oder krank arbeiten gehen, dann müssen wir die Arbeitszeit verkürzen. Ich trete daher für eine zeitgemäße Form der Arbeitszeitpoli­tik ein. Ich gestehe: Ich bin ein Fan der Verkürzung der Arbeitszeit; wir können uns das leisten. Das ist Arbeitszeitpolitik, wie wir sie im 21. Jahrhundert diskutieren müssen. Das, meine Damen und Herren, führt zu einer Win-win-Situation, nicht nur für die ar­beitenden Menschen in den Betrieben, sondern auch für das Land Österreich. – Vielen Dank. (Beifall bei der Liste Pilz und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.17


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr.in Pa­mela Rendi-Wagner.


17.17.54

Abgeordnete Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehr­ter Herr Bundeskanzler! Geehrte Bundesregierung! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Haubner rät uns, nicht über die Kirche zu reden, sondern in die Kir­che zu gehen. Ich darf Ihnen in umgekehrter Weise raten, nicht nur über Betriebe zu reden, sondern endlich in Betriebe zu gehen! (Beifall bei SPÖ und Liste Pilz. – Abg. Winzig: Genau das tun wir! – Abg. Haubner: Das war der beste Witz! – Weitere Zwi­schenrufe bei der ÖVP.)

Sehr geehrte Bundesregierung! Mit dem Kippen des Rauchverbots vor wenigen Mona­ten haben Sie einmal mehr gezeigt, wie unfassbar wenig Wert Sie auf wissenschaftli­che Fakten und Expertenmeinungen in diesem Land legen. Damals habe ich gedacht, dass Sie den Zenit der Verantwortungslosigkeit und Faktenlosigkeit bereits überschrit­ten haben, aber das war weit gefehlt, denn mit dem 12-Stunden-Tag und der 60-Stun­den-Woche beweisen Sie uns das einmal mehr.

Was passiert, wenn Ihr Gesetzentwurf so beschlossen wird, wie er auf dem Tisch liegt? – Die Menschen werden kränker. Weil Sie es auch kaum erwarten können, sehr geehrte Bundesregierung, die AUVA zu zerschlagen, wird in Zukunft auch kaum je­mand mit dieser hohen Expertise da sein, um die Menschen nach Arbeitsunfällen, de­ren Zahl steigt, in geeigneter Weise zu behandeln und für den Wiedereinstieg zu re­habilitieren. Ihr Plan ist somit ein gezielter Angriff auf die Gesundheit der Menschen in diesem Land! (Beifall bei SPÖ und Liste Pilz.)

Was passiert, wenn Menschen länger arbeiten, über die normale Arbeitszeit hinaus? – Es passieren mehr Unfälle, nämlich Arbeitsunfälle – signifikant erhöht ab der 9. Ar­beitsstunde, und bei der 12. Arbeitsstunde besteht ein dreimal so hohes Unfallrisiko. Ein Arbeiter, der sich nach vier 12-Stunden-Nachtdiensten hintereinander auf den Weg nach Hause macht, hat dasselbe erhöhte Unfallrisiko wie mit 0,8 Promille Alkohol. Sie können gleich die Alkoholgrenze im Straßenverkehr hinaufsetzen, das Ergebnis ist, so gesehen, dasselbe. (Abg. Zarits: Geh bitte! Ruf bei der FPÖ: Auf wie viel würden Sie vorschlagen?)

Oder schauen wir uns einmal die Auswirkungen auf die Gesundheit an, das Risiko, dem Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch die erhöhte Arbeitszeit ausgesetzt sind: Statistiken zeigen – und das sind wissenschaftliche Arbeiten –, dass Arbeitneh­merinnen und Arbeitnehmer dann doppelt so häufig einen Herzinfarkt erleiden, ein vier­faches Risiko haben, an Diabetes zu erkranken, viel anfälliger für sämtliche Entzün­dungserkrankungen sind, doppelt so häufig Depressionen bekommen, Burn-out, Schlaf­störungen. Und das, sehr geehrte Damen und Herren von FPÖ und ÖVP, lässt Sie wieder einmal völlig kalt! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Liste Pilz.)

Sie beuten mit Ihren neuen Plänen 3,5 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus – nicht nur finanziell, sondern auch körperlich, psychisch und gesundheitlich. Und


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 68

weil ich das Argument immer wieder höre: Ja, es macht einen Riesenunterschied, ob man in der Politik tätig ist, wie wir hier in diesem Raum, ob man dem höheren Manage­ment angehört und längere Arbeitszeiten hat oder ob man ein Arbeiter oder ein Ange­stellter in einem Betrieb ist und künftig ohne Mitspracherecht, ob man länger arbeiten kann oder nicht, zu längeren Arbeitszeiten gezwungen wird; das macht einen Riesen­unterschied, vor allem punkto Gesundheit. Sie erzeugen eine Zweiklassengesundheit, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Liste Pilz. – Abg. Belakowitsch: Die haben wir schon!)

In diesem Sinne appelliere ich an Sie, sehr geehrte Bundesregierung und Damen und Herren der FPÖ und ÖVP: Setzen Sie die Gesundheit nicht schon wieder aus takti­schen Gründen aufs Spiel! Ihre Pläne sind gefährlich und kontraproduktiv, und zwar betriebswirtschaftlich, volkswirtschaftlich, menschlich und sozial. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Liste Pilz.)

Ich bringe zum Schluss noch folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Muchitsch, Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „korrekte demokratiepolitische Vorgangsweise“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Ge­sundheit und Konsumentenschutz wird aufgefordert, umgehend Verhandlungen mit den Sozialpartnern aufzunehmen um eine Einigung hinsichtlich der Gestaltung von Ar­beitszeit- und Arbeitsruheregelungen zu erzielen, einen Ministerialentwurf in Begutach­tung zu schicken und danach eine Regierungsvorlage dem Nationalrat zuzuleiten.“

*****

Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Liste Pilz.)

17.22

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Muchitsch, Holzinger-Vogtenhuber und Kolleginnen und Kollegen

betreffend korrekte demokratiepolitische Vorgangsweise

eingebracht im Zuge der Debatte zur Dringlichen Anfrage 12-Stunden-Tag und 60-Stun­den-Woche – in wessen Auftrag, Herr Bundeskanzler?

Das Regierungsprogramm von Schwarz/Blau beinhaltet die Einführung des 12-Stun­den-Arbeitstages und der 60-Stunden-Arbeitswoche. Die Umsetzung dieses Vorha­bens erfolgte dann heimlich still und leise über die Regierungsfraktionen von ÖVP und FPÖ, indem diese in der Sitzung des Nationalrates am 14. Juni 2018 ohne weitere An­kündigung oder Verständigung der übrigen Parlamentsfraktionen einen Initiativantrag zur Verlängerung der Arbeitszeit eingebracht haben. Dieser Antrag hat in der Zwi­schenzeit sehr viele Expertinnen und Experten beschäftigt. Eine der einhelligen Mei­nungen dieser Fachleute ist, dass eine derart weitrechende Änderung der Arbeitszeit und Arbeitsruhe nicht in einem Husch-Pfusch-Antrag ohne Begutachtung und ohne Ausschussberatungen beschlossen werden soll.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 69

Bis heute sind sowohl die Regierungsparteien als auch die Regierungsmitglieder die Antwort auf die Frage schuldig geblieben, wer diesen verpfuschten Antrag geschrieben hat. Auch konnte niemand erklären, warum man nicht den Dialog mit den Sozialpart­nern gesucht und ein normales Begutachtungsverfahren durchgeführt hat.

Nationalratspräsident Sobotka hat dann auch noch entgegen allen Usancen des Hohen Hauses die Zuweisung des Antrages an den fachlich unzuständigen Wirtschaftsaus­schuss angeordnet. Der Grund dafür ist auch sehr durchsichtig, denn im Wirtschafts­ausschuss hat die ÖVP den Vorsitz, im fachlich zuständigen Ausschuss für Arbeit und Soziales die SPÖ.

Um dieser Vorgangsweise dann auch noch die Krone aufzusetzen, wurde für die Be­richterstattung über den Initiativantrag auch noch eine Frist mit 4. Juli 2018 gesetzt, sodass eine Behandlung im Ausschuss nicht mehr erforderlich ist und die Arbeitszeit­verlängerung ohne weitere Beratung am 5. Juli im Plenum des Nationalrates beschlos­sen wird. Diese Eile ist völlig unverständlich, weil die Regelungen erst mit 1.1.2019 in Kraft treten werden.

Diese Vorgangsweise ist undemokratisch und wird der Tragweite dieses Vorhabens in keiner Weise gerecht. Nachdem von den vorgeschlagenen Verschlechterungen mehr als drei Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie deren Familien betroffen sein werden, wäre wohl eine demokratiepolitisch korrekte Vorgansweise mehr als an­gebracht.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Ge­sundheit und Konsumentenschutz wird aufgefordert, umgehend Verhandlungen mit den Sozialpartnern aufzunehmen um eine Einigung hinsichtlich der Gestaltung von Ar­beitszeit- und Arbeitsruheregelungen zu erzielen, einen Ministerialentwurf in Begutach­tung zu schicken und danach eine Regierungsvorlage dem Nationalrat zuzuleiten.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Vizekanzler Heinz-Christian Strache. Herr Vizekanzler, Ihre Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte.


17.23.01

Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Heinz-Christian Strache: Meine sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Her­ren, auch auf der Galerie, recht herzlich willkommen! Ein paar Dinge vielleicht zur Klar­stellung: Ja, würde ein erzwungener 12-Stunden-Arbeitstag kommen oder die Möglich­keit dazu bestehen, dann hätten wir alle die Verantwortung, geschlossen dagegen aufzutreten. Würde ein 12-Stunden-Tag kommen, ohne Überstunden und Zuschläge, dann hätten wir alle die Verantwortung, aufzustehen und dagegen aufzutreten, denn das wäre asozial, vollkommen richtig! (Ruf bei der SPÖ: Fällt euch nichts Neues ein?)

Dann schauen wir uns einmal den Plan A an, den Sie, Herr Klubobmann Kern, vor der Wahl programmatisch präsentiert haben! Wenn man den Plan A liest, dann sieht man:


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 70

Da schreiben Sie – zu Recht –, die Freiwilligkeit muss gesichert und garantiert sein. – Ja, vollkommen richtig! Zuschläge für Überstunden müssen garantiert sein. Vollkom­men richtig! Niemand darf gezwungen werden, die 11. und 12 Stunde am Tag arbeiten zu müssen – vollkommen richtig!

Und wenn ich mir jetzt ansehe, was im vorliegenden Initiativantrag enthalten ist, dann muss ich sagen: Das ist genau das, was Sie im Plan A den Menschen versprochen und als Ihre Programmatik dargelegt haben, nur besser, denn es gibt in dem Gesetz eine Freiwilligkeitsgarantie mit einem persönlichen Ablehnungsrecht für die Arbeitneh­mer, die selbstverständlich ohne Angabe eines Grundes eine 11. und 12. Stunde ab­lehnen können. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. Abg. Schieder: Das stimmt ja nicht!) Das ist ein Mehr an Rechtsanspruch, an Arbeitnehmersicherheit!

Und jetzt nehme ich Ihren Plan A her: Sie stellen sich her und kritisieren, was Sie selbst gefordert haben und was jetzt in Umsetzung geht. Da kann ich nur fragen: Was ist dann der Plan A überhaupt wert? Steht das A für die Ausrede, steht das A für Aus­flüchte oder steht das A für ein Auseinanderdividieren von Arbeitnehmern und Unter­nehmern? Das ist nämlich retro, Herr Kern! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. Abg. Schieder: Das ist vor allem falsch! Das ist falsch, das stimmt nicht, was Sie sagen!)

Sie sitzen offenbar, ich sage das ganz bewusst, heute im Winkerl und sind halt irgend­wo, na ja, beleidigt, nicht mehr da in Regierungsverantwortung zu sitzen. Das ist alles nicht glaubwürdig! (Abg. Heinisch-Hosek: Polemisieren von der Regierungsbank! Sie sind nicht mehr Abgeordneter!) Wenn wir uns damit beschäftigen, wie es tatsächlich ist, haben wir dazu heute ja schon vieles gehört. Viele Berufsgruppen haben dank Ih­nen ja schon die Möglichkeit, 12 Stunden – manche sogar 13 Stunden – zu arbeiten. In der Kärntner Straßenmeisterei, ein Beispiel, gibt es die Möglichkeit, 13 Stunden am Tag zu arbeiten. Das ist unter einer SPÖ-Führung in Kärnten möglich. Es gibt andere Berufsgruppen  ÖBB-Mitarbeiter, Ärzte, Pflegekräfte, Polizisten, viele Berufsgrup­pen , für die das möglich ist, was Sie auch möglich gemacht haben. (Oh-Rufe bei der FPÖ.) Wenn ich Ihrer Argumentation folge, dann sind das jetzt alles Menschen, die überproportional gesundheitsgefährdet und krank sind. Dann haben also Sie eine Zwei­klassengesellschaft im Arbeitnehmerbereich geschaffen!

Und genau darum geht es: Das ist ja nicht ehrlich, was Sie da betreiben. Ehrlichkeit ist, wenn man sachlich damit umgeht. Und da danke ich Herrn Kollegen Muchitsch, der das heute in der Tonalität gemacht hat – in der Tonalität auf alle Fälle. Wir gehen na­türlich im Sinne von Flexibilität auf moderne Gegebenheiten ein und schaffen keine Zweiklassengesellschaft in der Arbeitswelt (Abg. Heinisch-Hosek: O ja!), sondern ent­wickeln Rechtssysteme, nach denen der 8-Stunden-Tag gesetzlich – na selbstver­ständlich – aufrechtbleibt, Normalität bleibt, nach denen auch die gesetzlich vorge­schriebene 40-Stunden-Woche weiter bestehen und Normalität bleibt. Und ja, der Un­ternehmer hat – unter Rot-Schwarz beschlossen – die Möglichkeit, gegebenenfalls ei­ne 9. und 10. Stunde abseits der normalen Arbeitszeit anzuordnen (Abg. Heinisch-Hosek: Anzuordnen, genau!), wenn es notwendig ist. Das ist heute Realität! Sie hätten in der Vergangenheit nicht von einem 10-Stunden-Tag und einer 50-Stunden-Woche gesprochen (Abg. Heinisch-Hosek: Haben wir!) nur so viel einmal zu Ihren Argu­menten. Das hätten Sie nicht gemacht. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Es wäre ja auch falsch, weil wir auch durch Ihr Gesetz, das Sie möglich gemacht ha­ben und das heute in Kraft ist, weder einen 10-Stunden-Tag noch eine 50-Stunden-Woche haben, sondern das ist abseits der gesetzlichen Normalität in Spitzenzeiten da oder dort manchmal möglich und der Fall, ohne dass der Arbeitnehmer – Ihr Gesetz! – die 9. und 10. Stunde ablehnen kann. (Abg. Heinisch-Hosek: Das Recht haben sie!) Er muss sie leisten, wenn sie angeordnet werden. Wir stellen jetzt sicher, dass in Zu-


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 71

kunft die 11. und 12. Stunde mit der Freiwilligkeitsgarantie nicht zwangsverordnet wer­den können, sondern dass der Unternehmer, wenn er jemanden in seinem Betrieb braucht, mit den Mitarbeitern das Gespräch suchen und sie ersuchen muss, ob sie das möglich machen können. (Abg. Keck: Das ist dann so wie in Tirol!) Und ja, da wird es viele Arbeitnehmer geben, die sagen: Ja, ich kann und ich will, weil ich vielleicht da oder dort eine 11. oder 12. Stunde arbeiten will, damit ich die Zuschläge bekomme, da­mit ich mehr verdiene, damit ich den Kredit für meine Wohnung abzahlen kann! (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Vogl.)

Sie sind ja verdienstfeindlich, indem Sie das den Arbeitnehmern verbieten. Sie wollen ja gar nicht, dass Arbeitnehmer die Möglichkeit haben, mehr zu verdienen und auf ei­genen Beinen zu stehen und dass sie die flexible Entscheidungsfreiheit haben, auch abseits von Betriebsvereinbarungen, die im Übrigen davon völlig unberührt bleiben – jeder Kollektivvertrag, jede Betriebsvereinbarung bleibt völlig unberührt! –, und sie ha­ben weiterhin die Möglichkeit, dort weitere Verbesserungen zu verhandeln und sicher­zustellen.

Wir stellen aber jetzt erstmals sicher, dass der Arbeitnehmer, der Einzelne die Freiheit der Selbstbestimmung und auch den Arbeitnehmerschutz bekommt; das sichern wir. Der Einzelne soll den Rechtsanspruch haben, und nicht immer nur der Betriebsrat über die Interessen des Einzelnen hinweg entscheiden. Das ist eine Aufwertung des Arbeit­nehmerrechts! (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Keck: Sind Sie gegen den Betriebs­rat?)

Es bleibt ihnen unbenommen, darüber hinaus weitere Betriebsvereinbarungen zu schlie­ßen. Es bleibt ihnen unbenommen, noch weitere Verbesserungen als die, die wir jetzt sicherstellen, zu ermöglichen. Endlich hat jedoch der Arbeitnehmer als Einzelner die freie Entscheidungsgewalt und Selbstbestimmung. Das ist ein ganz wesentlicher Punkt.

Wir nehmen niemandem die Zuschläge weg, Herr Kern, im Gegenteil! Ja, Sie stellen sich halt heraus und geben Ihre einstudierten Witzchen zum Besten, die gar nicht lustig sind – ja, das passiert immer wieder. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Und Sie behaupten dann auch noch wider besseres Wissen, dass wir Zuschläge weg­nehmen, dass wir den Leuten eine 60-Stunden-Woche aufs Aug drücken, obwohl das Gesetz ganz klar definiert – und ich kann das nur noch einmal wiederholen –, dass das nicht möglich sein wird.

Und alleine, wenn man die Durchrechnungszeiträume ansieht – ich kann es nur noch einmal wiederholen –, muss doch jedem klar sein, der rechnen kann – außer man kann nicht oder will nicht –, dass der Durchrechnungszeitraum – und die EU-Richtlinie ist vorgegeben, das ist gesetzlich festgeschrieben und bleibt es auch (Zwischenrufe bei der SPÖ) – es unmöglich macht, im Schnitt über 48 Stunden pro Woche zu arbeiten, und daher niemand über diese Zeiträume gesehen mehr wird arbeiten müssen – aber man flexibler arbeiten kann, und das ist im Interesse der Menschen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Arbeitnehmer und Unternehmer wollen faire und sozial gerechte Möglichkeiten und Definitionen im Gesetz, und Arbeitnehmer und Unternehmer sind nicht nur Menschen, sondern Arbeitnehmer und Unternehmer sind selbstverständlich auch Partner. Die brau­chen einander gegenseitig, die sind voneinander abhängig. Da braucht man einander, da geht auch in der Regel nur das Miteinander, und beide sind aufeinander ange­wiesen. Da geht es um Zusammenarbeit und nicht um Auseinanderdividieren. Das
ist aber heute in der Wirtschaft draußen auch die Regel. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Kassegger: Gut so!)

So erleben das auch die Menschen. Deshalb ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass sich viele Arbeitnehmer freuen, dass sie die Möglichkeit bekommen. (Abg. Keck: Ich


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 72

habe noch keinen getroffen, und ich kenne viele!) Ich kann Ihnen genügend Berufs­gruppen aufzählen. Ich habe jetzt gerade einen Brief vom Nachbarn von Herrn Katzian bekommen. Der Brief war nicht uninteressant, weil drinnen gestanden ist, dass Herr Katzian beim Bau seines Hauses offenbar kein Problem damit gehabt hat, dass die Bauarbeiter, die sein Haus gebaut haben, von 6 Uhr Früh bis 20 Uhr abends gehackelt haben (Ah-Rufe bei der FPÖ)  das zum Thema Arbeitszeit, Legalität und Gesetzes­konformität. Das ist durchaus interessant gewesen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Scherak.)

Entscheidend ist aber, Flexibilität zu schaffen, Arbeitnehmerrechte zu schützen, damit die Arbeitnehmer nicht ausgebeutet werden können, ihnen die Zuschläge rechtlich si­cherzustellen und die Gleitzeit sicherzustellen. Wer 12 Stunden arbeiten kann und will, hat dann die Möglichkeit – den Rechtsanspruch! –, auch mehr Freizeitblöcke tagewei­se in Anspruch zu nehmen. Das brauchen manche und das wollen manche! Da haben wir Maurer, Maler, Bauarbeiter, die aus der Steiermark in ein anderes Bundesland fahren und am Abend nicht nach Hause kommen, sondern dort bleiben und auswärts übernachten müssen, und diese sind dann nicht mehr kriminalisiert, Herr Katzian, wenn sie über die 10. Stunde hinaus auch noch eine 11. und eine 12. Stunde machen. Sie haben stattdessen den Anspruch, das abgegolten zu bekommen, und auch den Rechtsanspruch, mehr Freizeittagesblöcke zu erhalten – und nicht nur etwas schwarz auf die Kralle zu bekommen, so wie das vielleicht in der Vergangenheit der Fall war.

Sie haben dann auch Ansprüche, das im Sinne des eigenen Wollens endlich flexibler zu gestalten. Manche wollen eben nach vier Tagen in der Woche drei Tage frei haben. Manche wollen am Wochenende frei haben, manche müssen am Wochenende arbei­ten wie zum Beispiel im Tourismus. Die sind aber froh, wenn sie dann vielleicht Mon­tag, Dienstag und Mittwoch frei haben und diese Freizeitblöcke dann für sich nützen können. (Zwischenrufe der Abgeordneten Heinisch-Hosek und Lueger. Abg. Knes: Keine Ahnung! Abg. Bacher: Das geht doch gar nicht ...!) Genauso ist der Maler, der Bauarbeiter, der Maurer froh, wenn er die Arbeitszeit von Montag bis Donnerstag abar­beiten kann und dann nach Hause kommt und nicht am Freitag auch noch dableiben muss, um seiner Arbeitszeit und seinen gesetzlichen Verpflichtungen nachzukommen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Das sind die Arbeitsweltrealitäten, vor denen wir heute stehen. Genau darum geht es – nämlich Dinge zu entkriminalisieren, Entscheidungsfreiheit, Entscheidungsrechte, Frei­willigkeitsgarantie, Rechtsansprüche, Arbeitnehmerrechte genau in einem Paket sicher­zustellen. (Zwischenruf des Abg. Vogl.)


Präsidentin Doris Bures: Herr Vizekanzler, Sie müssen jetzt den Schlusssatz formu­lieren.


Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Heinz-Christian Strache (fortsetzend): Natürlich sollten wir auch gemeinsam dafür Sorge tragen, dass Gesetze in Österreich eingehalten werden. Ich sage zum Abschluss: Der Österreicher, gleich ob Arbeitnehmer oder Unternehmer, ist in der Regel jemand, der sich an Ge­setze hält, und die wenigen, die sich nicht daran halten, gehören bestraft. Das ist eine klare Ansage! (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Jarolim: Das war wirklich völlig ah­nungslos! – Ruf bei der FPÖ: Da redet der Richtige! Abg. Wöginger: Frühstücksdi­rektor! – Weitere Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und FPÖ.)

17.34


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Tanja Graf. – Bitte.


17.34.30

Abgeordnete Tanja Graf (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Geschätzte Mitglieder der Bundesre-


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 73

gierung! Kollegen und Kolleginnen! Ich bin Unternehmerin und auch Arbeitgeberin, und wir beschäftigen mehrere Hundert Mitarbeiter in Österreich. Also kann man davon aus­gehen, dass ich weiß, wovon ich spreche. Ich bin deshalb mehr als verwundert, dass ein Herr Katzian vom Österreichischen Gewerkschaftsbund sich als sogenannter So­zialpartner hinstellt und pauschal die Unternehmer dahin gehend verurteilt, wie sie mit ihren Mitarbeitern umgehen. Das kann nur daran liegen, dass Herr Katzian in der letzten Zeit keine Betriebsbesuche gemacht hat, denn sonst wüsste er, dass die Basis für den Erfolg der österreichischen Wirtschaft die gute Zusammenarbeit zwischen Ar­beitgebern und Arbeitnehmern ist. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Daher bitte ich auch die Gewerkschaft, ihre Mythen und ihre Unwahrheiten zu lassen, denn Fakt ist: Es werden alle Überstunden bezahlt. Fakt ist: Es wird niemand zu Über­stunden gezwungen. Und Fakt ist: Ein permanenter 12-Stunden-Tag steht absolut nicht zur Debatte – erzählen Sie da bitte keine Geschichten –, den gibt es nur im Ausnahme­fall und auch nur, um Arbeitsspitzen abzudecken. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Und Fakt ist auch: Es gibt bereits eine 12-Stunden-Regelung: im öffentlichen Dienst, bei der Polizei, bei der Justizwache und, wie wir heute schon öfter gehört haben, auch bei den ÖBB. (Abg. Lausch: Schau, schau!) Jetzt stelle ich mir die Frage: Warum ist es im öffentlichen Dienst erlaubt und in der Privatwirtschaft noch immer nicht? (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Hängt das vielleicht mit der gewerkschaftlichen Vertretung zusammen? Sie plakatieren auf SPÖ-Plakaten, dass ein 12-Stunden-Tag nur dort erlaubt sein soll, wo es auch eine gewerkschaftliche Vertretung gibt. Das ist eine Offenbarung und zeigt deutlich, dass es der Gewerkschaft nicht vorrangig um das Wohl der Menschen geht, sondern eher um den eigenen Machterhalt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Tatsache ist aber, dass die Gewerkschaft nur knapp ein Drittel der Arbeitnehmer ver­tritt, und das überwiegend in Großbetrieben. Wir setzen uns aber für alle 10 000 Klein- und Mittelbetriebe und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein. Gerade Frauen, die pendeln, können von dieser Flexibilisierung profitieren – für ihre Familien und für ihre Freizeit. Die Lösung liegt im gelebten Miteinander zwischen Arbeitnehmer und Ar­beitgeber, und dieses Miteinander in den Betrieben ist auch ein Markenzeichen Ös­terreichs. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ. – Zwischenruf der
Abg. Heinisch-Hosek.)

Also hören Sie bitte damit auf, Unternehmern Ausbeutung zu unterstellen. Eigentlich müssen Sie nämlich ganz genau wissen, dass ein erfolgreicher Unternehmer mit sei­nen Mitarbeitern arbeitet und nicht gegen seine Mitarbeiter. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Frau Kollegin Holzinger-Vogtenhuber! Wir Unternehmer wissen sehr wohl, was wir an unseren Mitarbeitern haben, nämlich Vertrauen, Flexibilität und Einsatzbereitschaft. Genau dieses Miteinander zeichnet den Mittelstand aus, und dieser Mittelstand fi­nanziert zum Großteil unser Sozialsystem. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Also darf ich Sie hier auffordern: Lassen Sie die Arbeitnehmer, die bis dato frei mit ihrem Arbeitgeber Entscheidungen getroffen haben, das auch weiterhin tun, frei und ohne gewerkschaftliche Bevormundung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Abschließend halte ich hier fest: Es geht nicht um den Machterhalt einer kleinen Gruppe, sondern es geht um Österreich und um unsere Zukunft. Daher: Nein zur Be­vormundung und Ja zu Freiheit und Flexibilität! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der FPÖ. – Abg. Wöginger: Bravo! – Abg. Sobotka: Gute Rede!)

17.38



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 74

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Hannes Ames­bauer zu Wort. – Bitte.


17.38.53

Abgeordneter Hannes Amesbauer, BA (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Frau Minister! Herr Minister! Geschätzte Damen und Herren! Wenn ich die öffentlichen Beiträge, die medialen Debatten, aber auch die laufende Debatte hier heute in diesem Haus verfolge, dann bekomme ich zunehmend den Eindruck, dass Sie von der SPÖ nicht nur argumentativ flach sind wie eine Kaisersemmel, sondern dass es Ihnen auch gar nicht um die Sache geht, sondern nur um Ihre Polemik, und das ist eigentlich nicht die Art und Weise, wie wir eine Debatte führen sollten. Das ist auch nicht die Art und Weise, wie wir über dieses Thema reden sollten – in dem Sinne, wie es Herr Muchitsch heute schon eingemahnt hat, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren vom Linksblock, von der SPÖ! Man merkt bei Ihnen, dass Sie sich in die Rolle der Opposition noch immer nicht eingefunden haben. (Zwi­schenrufe bei der SPÖ.) Ja, Opposition ist nicht so einfach, und als gelernter Oppo­sitionspolitiker kann ich Ihnen eines sagen: Die parlamentarischen Instrumente der Sondersitzung, der Dringlichen Anfrage sind mitunter die schärfsten Schwerter, die eine Opposition parlamentarisch zur Verfügung hat. Einer Sache sollte man sich aber bewusst sein: Wenn man ein solches Schwert zieht, dann sollte die Klinge auch scharf sein. Ihre Klinge ist argumentativ und inhaltlich dermaßen stumpf, dass Sie nicht ein­mal ein Stück Butter damit beeindrucken würden, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

In Wahrheit – und das haben ja schon Vorrednerinnen und Vorredner angeführt, das hört man ja auch bei Ihren Wortmeldungen ganz klar heraus – geht es Ihnen ja nur um eines: Ihnen geht es einzig und allein um den Einfluss Ihrer SPÖ-nahen Gewerk­schafter und Betriebsratsfunktionäre auf der Ebene.

Was schaffen die Bundesregierung und dieses Parlament mit diesem neuen Gesetz? Sie verbessern die Selbstbestimmungsmöglichkeiten der Arbeitnehmer, sodass jeder Arbeitnehmer frei entscheiden kann: Will ich länger arbeiten? Will ich mehr Freizeit haben? (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Will ich mir die Überstunden in Form von Geld auszahlen lassen oder will ich in Zeitausgleich gehen? Das sind die Freiheiten des Menschen, die wir mit diesem Gesetz stärken, und das ist Ihnen ein Dorn im Auge, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wie in manchen Bereichen diese Vereinbarungen mit den rot dominierten Gewerk­schaftern funktionieren und ausgestaltet sind, das kann man am Beispiel der ÖBB ganz gut sehen. Die ÖBB wurden ja heute schon oft angesprochen. Wissen Sie, ich habe viel Kontakt mit Eisenbahnern. Es sind ja nicht alle Eisenbahner Rote, die Roten werden auch unter den Eisenbahnern immer weniger. (Beifall des Abg. Mölzer.) Wenn man mit Eisenbahnern über die Arbeitszeiten spricht, merkt man, dass es bei der Eisenbahn, bei den ÖBB schon längst, auch unter dem Herrn Kern, gelebte Praxis war und auch jetzt ist, 12 Stunden und auch weit darüber hinaus zu arbeiten. (Abg. Die­mek: Genau!)

Diese Vereinbarungen mit den roten Betriebsräten haben dann oft so ausgesehen, dass die guten Eisenbahner, also jene, die bei der SPÖ sind, die besten Dienstschich­ten bekommen haben, und die schlechten, die vielleicht bei den Schwarzen oder bei den Blauen sind, haben das schlechte Dienstradl bekommen. Das ist Ihre Politik! (Bei­fall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Muchitsch.)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 75

Meine Damen und Herren, ich finde es wirklich befremdlich, dass wir im Jahr 2018 hier im Parlament erleben, dass die Sozialdemokratische Partei ganz tief in die ideologi­sche Mottenkiste hineingreift und den Klassenkampf wieder ausgräbt. Sie haben vom gesellschaftlichen Zusammenhalt, den Sie durch diese neue Arbeitszeitregelung ge­fährdet sehen, gesprochen. In Wahrheit ist das, was Sie machen, ein Spalten der Ge­sellschaft in diesem Land! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Bitte verabschieden Sie sich endlich von diesem ewigen Unternehmerbashing (Zwi­schenruf des Abg. Schieder), das kann doch niemand mehr hören! Sie reden immer von den multinationalen Großkonzernen, dabei wissen Sie doch ganz genau, dass die Masse der Arbeitsplätze in diesem Land von den kleinen und mittelständischen Unter­nehmern geschaffen werden! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Es hat ja kein Mensch etwas davon, wenn man die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer in dieser Art und Weise gegeneinander ausspielt, meine Damen und Herren.

Sie beschäftigen beim ÖGB und bei der Arbeiterkammer – übrigens gehören diese bei­den Institutionen nicht der SPÖ, auch wenn Sie das immer so darstellen – eine Vielzahl von Funktionären und Juristen. Na bitte, dann klären Sie die Menschen doch bitte ein­mal auf, wenn es Ängste gibt! Dieses Gesetz, der Initiativantrag und auch der Abän­derungsantrag mit der Präzisierung, das alles ist dermaßen klar, dass es ohnehin kaum Interpretationsspielräume gibt. Es ist ja alles klar festgeschrieben. (Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das Ablehnungsrecht ohne Gründe steht schwarz auf weiß drinnen. Das ist gut gemacht, das versteht ja bitte jeder.

Wenn es Ängste gibt, nehmen Sie doch bitte mit Ihren Funktionären und Juristen im ÖGB und in der Arbeiterkammer den Menschen die Ängste! Klären Sie sie über ar­beitsrechtliche Belange auf! (Zwischenrufe der Abgeordneten Ecker, Leichtfried und Loacker.)

Wenn Sie das aber nicht machen oder wenn Sie das so machen, wie Sie es jetzt prak­tizieren, dann schließe ich daraus, dass Sie diesen Gesetzestext entweder nicht gele­sen oder nicht verstanden haben oder dass Sie gar den Menschen bewusst die Un­wahrheit erzählen, und das ist nicht redlich, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sie haben zur Sachlichkeit aufgerufen, aber wenn man sich Ihre Presseaussendungen durchliest, wenn man sich auch vor allem heute zu Beginn der Sitzung Ihr Verhalten angesehen hat, hat man den Eindruck, dass Sie dieses Hohe Haus mit einem Fuß­ballstadion verwechseln und meinen, Sie befänden sich im Fansektor. Zu Mittag hat ja nur noch gefehlt, dass Sie ein bengalisches Feuer entzünden, aber dann hätten Sie ohnehin ein Problem mit dem Pyrotechnikgesetz gehabt, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Wittmann: Ein ganz ein Witziger! Weitere Rufe bei der SPÖ: Geh bitte! Abg. Schieder: Das war aber jetzt lustig!) – Nein, das war nicht lustig, aber Ihre Zwischenrufe sind auch nicht lustig, Herr Schieder! (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

Zur Diktion der SPÖ: Der Begriff ist heute schon gefallen, und es ist auch in Presse­aussendungen passiert, dass Sie die Bundesregierung und insbesondere die FPÖ als Arbeiterverräter tituliert haben. Meine sehr geehrten Damen und Herren, kehren Sie vor der eigenen Tür! Schauen Sie sich die Wählerstromanalysen der letzten Wahl an! Wie viel Prozent hat die SPÖ bei den Arbeitern gehabt? 19 Prozent! (Abg. Schieder: Schau dir die nächste Wahl an!) Die Freiheitliche Partei hat 59 Prozent gehabt. Ja glauben Sie, wir sind so dumm, dass wir diese Menschen verraten? Im Gegenteil! (Bei­fall bei Abgeordneten der FPÖ. – Ja-Rufe bei der SPÖ.) – Ja, ja.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie haben uns Freiheitliche in einer Aussen­dung auch als „Stiefelknecht der ÖVP“ bezeichnet. Ich meine, das ist ja abenteuerlich! (Zwischenruf des Abg. Wittmann.) Wir sind niemandes Stiefelknecht oder sonst ir-


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 76

gendetwas. In Wahrheit ist es Ihr Neid, vor allem der Neid des Herrn Kern, der wieder einmal nicht anwesend ist (Abgeordnete der SPÖ deuten auf den neben der Regie­rungsbank stehenden Abg. Kern – Abg. Rosenkranz: Er nähert sich halt der Regie­rungsbank, aber es funktioniert auch nicht!), weil Sie es mit dem Herrn Kern nicht zu­sammengebracht haben, eine gute Zusammenarbeit in der Regierung zu schaffen.

Jetzt haben wir eine Bundesregierung, in der FPÖ und ÖVP mit Bundeskanzler Kurz und Vizekanzler Strache an der Spitze auf Augenhöhe zusammenarbeiten, das ge­schieht aber auch auf parlamentarischer Ebene, und diese Zusammenarbeit ist von gegenseitiger Wertschätzung, aber vor allem von dem unbedingten Willen, Österreich zum Besseren zu verändern, geprägt. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, beenden Sie die Polemik, kehren Sie zurück zur Sachlichkeit! Die Arbeitnehmer und Unternehmer in diesem Land können sich auf diese Bundesregierung verlassen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

17.46


Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abge­ordneter Lindner zu Wort gemeldet. – Bitte. (Ruf bei der FPÖ: Der hat nicht einmal ein Sakko!)


17.46.54

Abgeordneter Mario Lindner (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Abgeordne­te Tanja Graf hat behauptet, dass alle Überstunden bezahlt werden.

Ich berichtige tatsächlich: Fakt ist: Allein im Jahr 2017 wurden 45 Millionen Überstun­den von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nicht bezahlt. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich entschuldige mich bei allen Betriebsrä­tinnen und Betriebsräten in Österreich dafür, dass sich Klubobmann August Wöginger, ehemaliger Betriebsrat - - (Abg. Kassegger: Das ist keine tatsächliche Berichtigung mehr! – Ruf bei der FPÖ: Der hat ja nicht einmal ein Sakko an! Abg. Hafenecker: Das nächste Mal kommt er im Ruderleiberl!)

17.47


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter! Im ersten Teil Ihrer tatsächlichen Be­richtigung haben Sie der Geschäftsordnung entsprochen, nämlich den Sachverhalt wiederholt und dann klargestellt.

Der zweite Teil hat dann nicht mehr ganz der Geschäftsordnung entsprochen. (Abg. Wöginger: Der zweite Teil war ein Blödsinn! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP. – Beifall bei Abgeordneten der SPÖ für den das Rednerpult verlassenden Abg. Lindner.)

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Scherak. – Bitte, Herr Abgeordneter.


17.47.51

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Bundes­kanzler! Herr Vizekanzler! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Es ist jedenfalls eine denkwürdige Sitzung, die wir heute erleben, denn zuerst zitiert die Sozialdemo­kratie die Bischofskonferenz und nachher applaudiert die ÖVP, wenn man ebendiese Bischofskonferenz kritisiert. Insofern haben wir heute jedenfalls eine sehr spannende Sitzung. (Beifall bei den NEOS.)

Diese ganzen Irritationen, die das offensichtlich ausgelöst hat, sind ja nur der Vor­gangsweise geschuldet. Sie alle in diesem Haus wissen, dass wir NEOS schon sehr lange die Arbeitszeitflexibilisierung fordern, und dann erfolgt ein so unausgegorener Vorgang: Es kommt ein eher skurriler Initiativantrag herein, bei dem niemand wirklich weiß, was eigentlich drinnen steht.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 77

Es geschieht einmal nicht so, wie es gang und gäbe ist, dass nämlich die Bundesre­gierung einen Ministerialentwurf macht, ihn in Begutachtung schickt und alle sich dem­entsprechend melden können, sondern die Abgeordneten Haubner und Klinger schrei­ben einen Initiativantrag, und dann – gehen wir einmal davon aus, dass dieser Antrag wirklich von den Abgeordneten Haubner und Klinger geschrieben wurde – weiß eigent­lich niemand genau, was drinnen steht.

Diese Situation haben wir mehrmals gehabt. Wir wussten am Anfang nicht, ob die 12 Stunden nun wirklich freiwillig sind. Der Herr Vizekanzler hat dann ausrücken und die Sozialministerin korrigieren müssen, dass es nämlich doch um Freiwilligkeit geht.

Dann war auch nie ganz klar – deswegen war es auch lustig, Herr Kollege Amesbauer weiß das alles schon viel länger als wir hier herinnen –, ob alle Überstunden auch bezahlt werden, und das ist ja nur dieser schludrigen Art und Weise geschuldet, wie das hier passiert ist.

Ich verstehe einfach nicht, wie man dieses Projekt Arbeitszeitflexibilisierung, das ein sehr wichtiges und gutes ist, von vornherein in dieser Art und Weise gefährden kann, dass man einfach kein gescheites Gesetz einbringt und dass man, selbst wenn es aus dem Parlament kommt, was mir als selbstbewusstem Parlamentarier ja sehr gefällt, dann nicht die Möglichkeit gibt, dass man es entsprechend begutachtet. – Wir haben gehört, es gab eh den Vorschlag der Begutachtung.

Dann gibt es die große Diskussion: War es im richtigen Ausschuss? Der Herr Präsident war der Meinung, das passt besser in den Wirtschaftsausschuss als in den Sozialaus­schuss. Herr Präsident, Sie werden es mir nicht übel nehmen, ich bin überzeugt davon, dass der Gesetzentwurf in den Arbeits- und Sozialausschuss gehört, wenn wir über Ar­beitszeit reden.

Trotzdem war natürlich das Angebot der Regierungsparteien, dass wir eine zweiein­halbwöchige Begutachtung machen, einigermaßen unverfroren, würde ich sagen, weil das natürlich nicht die übliche Vorgangsweise ist, wie wir hier im Parlament arbeiten. (Zwischenruf der Abg. Duzdar.)

Dass wir alle ein bisschen verwirrt sind, haben ja auch die Äußerungen von Minister Blümel gezeigt. Er war sich nie ganz sicher, ob es nicht doch von der Regierung kommt, was er hier macht, oder ob es ein Initiativantrag der Parlamentsparteien ist. Das führt alles nur zu einer unglaublichen Verunsicherung, und das ist das, was wir hier alle nicht wollen. Wir haben diese unklaren Gesetzesbegriffe, die im Initiativantrag enthalten sind, die jetzt mit einem Abänderungsantrag hoffentlich ausgebessert wer­den. Mir wäre es wichtig, dass das entsprechend ausgebessert wird. Ich verstehe nur nicht, wieso man den Gesetzentwurf nicht in umfassende Begutachtung geschickt hat.

Sie wissen, mir wäre es nicht zwingend wichtig, dass die Sozialpartner dem zustim­men, denn auch ich bin der Meinung, dass sie lange genug Zeit hatten. Ich glaube aber, dass wir uns als Gesetzgeber doch ordentlich ernst nehmen sollten. Das heißt, dass wir für ein so wichtiges Projekt wie die Arbeitszeitflexibilisierung entsprechend ein sinnvolles parlamentarisches Verfahren vorsehen sollten. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Liste Pilz.)

Das ist ja, wie wir alle wissen, nicht das erste Mal, diese Situation haben wir des Öf­teren. Wir hatten zuerst die Diskussion über das Sicherheitspaket, das dann direkt als Regierungsvorlage hier ins Haus gekommen ist. Es wurde auch die Frage gestellt, ob wir das überhaupt begutachten. Da gab es dann ein Zugeständnis, dass es begutach­tet wurde. Ein Hearing gab es dann leider doch nicht, weil Kollege Amon der Meinung war, dass Hearings grundsätzlich hinter verschlossenen Türen ablaufen. Auch das halte ich nicht für eine sinnvolle parlamentarische Praxis. Das Ganze geht auf Kosten


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 78

der Qualität in diesem Haus, und wir, jeder Einzelne hier als Abgeordneter sollte sich doch überlegen, ob das das Ziel der ganzen Sache ist.

Es gibt ja, wenn man den Worten glauben will, eine umfassende Mehrheit für die Ar­beitszeitflexibilisierung, nur haben Sie es zustande gebracht, das Projekt mit dem, was Sie hier veranstaltet haben, fast schon zum Scheitern zu bringen, und das ist sicher nicht sinnvoll. Wenn Sie es schaffen, dass Kollege Loacker hier draußen steht und Ih­nen das Gesetz erklären muss und ihm die Sozialdemokratie applaudiert, dann merken Sie, dass es irgendwo ein grundsätzliches Problem mit dem Initiativantrag gibt. Dem­entsprechend verstehe ich nicht, wieso Sie es so gemacht haben. (Heiterkeit und Bei­fall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Liste Pilz.)

Zum Schluss möchte ich noch einen wichtigen Punkt erwähnen, den Abgeordneter Schellhorn schon angesprochen hat, nämlich die Kinderbetreuung. Es hat vor Kurzem eine Sitzung des Rechnungshofausschusses mit Bundesminister Faßmann stattgefun­den. Er hat auf die Frage, ob es jetzt einen Ausbau der Kinderbetreuungsplätze und einen massiven Ausbau der Kinderbetreuung geben wird, gesagt, er glaubt, dass das nicht notwendig ist, weil der 12-Stunden-Arbeitstag eh freiwillig ist.

Ich sage Ihnen einmal etwas – ich spreche jetzt insbesondere die Abgeordneten aus Niederösterreich an, aber was ich sage, gilt auch für andere Bundesländer –: Ich habe jetzt noch einmal nachgeschaut. Es gibt in der Landeshauptstadt Niederösterreichs, in St. Pölten, keinen einzigen Landeskindergarten, der länger als bis 16 Uhr offen hat. Da geht es dann nicht um den 12-Stunden-Arbeitstag, da geht es darum, ob überhaupt die Möglichkeit vorhanden ist, dass Kinderbetreuung zur Verfügung gestellt wird – und das ist nicht der Fall.

Wenn Sie die Arbeitszeitflexibilisierung wollen – und ich bin zutiefst davon überzeugt, dass wir das brauchen –, müssen wir endlich anfangen, die Kinderbetreuungsplätze umfassend auszubauen. Da geht es nicht darum, dass wir, wie Frau Kollegin Schima­nek vorher gesagt hat, irgendjemanden zwingen. Es muss das Angebot da sein, es muss einen Rechtsanspruch darauf geben, dass man sein Kind entsprechend abgeben kann. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Liste Pilz.)

Ich habe gerade von St. Pölten geredet. St. Pölten ist für Niederösterreich quasi noch ein Vorzeigeprojekt, was das betrifft. Fahren Sie nach Zwettl: Nach 13 Uhr nur bei Be­darf. Nur zwischen 7 Uhr und 13 Uhr kann ich mein Kind im Kindergarten entsprechend abgeben, es wird dort betreut, nur wird sich das mit dem 12-Stunden-Tag auch knapp nicht ausgehen, dass eine entsprechende Kinderbetreuung sichergestellt ist.

Man muss, wenn man solche Maßnahmen setzt – und ich bin davon überzeugt, dass wir die brauchen –, auch umfassend denken. Das heißt in dem Fall, wir brauchen um­fassende Kinderbetreuung. Ich bitte Sie wirklich, in Zukunft diese Husch-Pfusch-Aktio­nen zu unterlassen. Damit tun Sie nicht nur dem Vorhaben nichts Gutes, sondern auch uns als Parlament. Ich glaube, es müsste im Sinne jedes Einzelnen sein, dass wir das besser angehen, dass wir qualitätsvollere und sinnvolle Gesetze machen. Damit ist der Sache gedient – mit der Art und Weise, wie Sie hier vorgegangen sind, leider keines­falls. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.53


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Cox zu Wort. – Bit­te.


17.54.12

Abgeordnete Stephanie Cox, BA (PILZ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Mitglieder der Regierung! Kolleginnen und Kollegen! In den letzten Tagen haben mich viele gefragt, ob ich diesem Gesetzentwurf zustimmen werde, vor allem ehemali-


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 79

ge Kolleginnen und Kollegen aus der Jungunternehmerbranche, aus der Start-up-Sze­ne. Ich kann eines vorwegnehmen, bevor ich zum Inhaltlichen komme: Ich lehne funda­mental ab, was hier passiert und wie wir mit diesem Gesetzentwurf (ein Schriftstück in die Höhe haltend) umgehen. (Beifall bei der Liste Pilz und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das ist ein so wichtiges Thema, und wir haben nicht einmal mehr als zwei Wochen Zeit, um da eine Begutachtung durchzuführen! Liebe Regierung, dieses Thema ist so wichtig! Ist es nicht mehr wert als zwei Wochen? Wir sollten auch Bürgerinnen und Bürger, Expertinnen und Experten mit an Bord holen, damit wir auch deren Meinung zu diesem wichtigen Thema mit berücksichtigen können. Das kann ich einfach nicht ein­sehen. Ich bin als Bürgerin ins Parlament gekommen, um progressive Politik zu ma­chen. In diesem Fall wird die Demokratie allerdings mit Füßen getreten. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das kann es bei einem solchen Thema nicht sein!

Zum Inhaltlichen: Ich war in meinem Arbeitsleben die meiste Zeit selbstständig und weiß, wie es ist, 12 Stunden einen Job zu machen. Ich weiß auch, wie es ist, 16 Stun­den zu arbeiten, und das über mehrere Tage. Ich habe viele Menschen in meinem Umfeld, Freunde und Bekannte, die mehr als 8 Stunden arbeiten. Diese Menschen, vor allem die jungen Leute, erscheinen nach außen als erfolgreiche Menschen, aber auch da muss man hinter die Kulissen blicken.

Hinter der strahlenden Fassade stehen oft Menschen, die mit Burn-out zu kämpfen ha­ben, die mit gesundheitlichen Schäden konfrontiert sind. Sie sind oft gerade aufgrund dieser Intensität des Arbeitslebens, eben aufgrund dieser langen Arbeitszeiten von so­zialen Kontakten isoliert. Diese Selbstausbeutung, die teils in der Start-up-Szene, aber auch in der Kreativbranche, im Projektmanagement stattfindet, darf nicht unsere Bench­mark sein, gerade wenn es um Ausbeutung geht. (Beifall bei der Liste Pilz.)

Es wurde schon des Öfteren erwähnt, dass Ausbeutung nicht nur in diesen Bereichen stattfindet. Ausbeutung findet auch dort statt, wo man Angst um den Arbeitsplatz hat, wo man Angst um den nächsten Auftrag hat. Wenn die Entscheidung über die Ar­beitszeit aus Angst heraus getroffen wird, sehe ich das nicht als Freiwilligkeit. Es ist nicht Freiwilligkeit, wenn solche Entscheidungen aus Angst heraus getroffen werden! (Beifall bei der Liste Pilz sowie des Abg. Kern.)

Das ist nicht ein freier Wille und eine freie Entscheidung, Herr Vizekanzler, wie Sie es vorher erwähnt haben! Da braucht es ausgeglichene Machtverhältnisse. Wenn Sie uns dieses Take-it-or-leave-it – denn das ist es! – als freien Willen verkaufen wollen, dann haben wir ein grundsätzlich anderes Verständnis von einer liberalen Gesellschaft.

Es wurden schon ein paar Beispiele genannt – wie der Straßenarbeiter, die Kellnerin, die Kassiererin, es gibt viele Bereiche –, wo ich mir nicht vorstellen kann – und Sie können mir das nicht erklären –, dass Personen, die mehrmals Überstunden verwei­gern und sagen, es geht nicht – vielleicht aus privaten Gründen, beziehungsweise ha­ben Sie gesagt, dass man es nicht einmal erklären muss –, bei der nächsten Kündi­gungswelle nicht die Ersten sind, die ihren Job verlieren. Es werden in einem solchen Fall, wie es oft in der Praxis ist, die bevorzugt, die sich dann vielleicht ausbeuten las­sen, natürlich ganz freiwillig. Darauf muss man achten, denn in der Praxis schaut es einfach anders aus. Das müssen wir hier im Parlament auch praxisnah diskutieren. (Beifall bei der Liste Pilz.)

Ich möchte hier auch von der Digitalisierungsperspektive sprechen, weil sie bis jetzt noch nicht in der Intensität diskutiert wurde, wie ich es mir wünschen würde, wenn wir von der Zukunft sprechen. Gerade die Digitalisierung, die Automatisierung wird Arbeits­plätze verschwinden lassen. Es wird so sein, der Realität müssen wir ins Auge schau­en. Digitalisierung bedeutet aber auch viele Chancen, und auch denen müssen wir ins Auge blicken. Unser Anspruch in der Politik muss es aber sein, den Menschen in den


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 80

Mittelpunkt zu stellen, eine Wirtschaftspolitik zu fahren, bei der der Mensch im Mittel­punkt steht. Die Digitalisierung kann uns da unterstützen, nur müssen wir genau dieses auch zulassen. Wir brauchen eine zeitadäquate Arbeitszeitpolitik, und das ist nicht Ar­beitszeitverlängerung. (Beifall bei der Liste Pilz sowie der Abgeordneten Heinisch-Ho­sek und Kern.)

Wenn wir über die Arbeitszeit diskutieren, sollten wir vor allem darüber nachdenken, wie wir es endlich schaffen, weniger zu arbeiten und vom technologischen Fortschritt zu profitieren, wie wir in Form von Freizeit und Lebensqualität das Wohlbefinden von Menschen steigern können, das sich natürlich wiederum auch in der Arbeit widerspie­gelt. Das muss unser Anspruch sein. Die Wertschöpfung sollte allen Menschen zugute­kommen, nicht nur einigen wenigen. (Beifall bei der Liste Pilz.)

Wenn ich schon von diesen einigen wenigen spreche, die sich natürlich oft im Wirt­schaftssektor befinden, so sprechen die sehr oft vom lebenslangen Lernen. Ja, lebens­langes Lernen ist sehr, sehr wichtig, gerade wenn wir von der Digitalisierung sprechen. Wir müssen Menschen auf das vorbereiten, was auf sie in Zukunft im Arbeitsfeld und im Privatleben zukommt.

Hier müssen wir auch die Zeit geben, dass sie sich weiterbilden. Wie soll man das ma­chen, wenn eine Person schon bei 40 Stunden – man muss dann auch bedenken: Fa­milie, vielleicht hat man einen Pflegefall in der Familie, Kinder, und ja, man braucht auch Ruhezeiten – wenig Zeit hat? Wie sollen sich Personen, die vielleicht nicht Digital Natives sind, auf das digitale Zeitalter vorbereiten? Wie sollen sie mit dem lebenslan­gen Lernen umgehen? – Dafür muss man Zeit einplanen. Das sehe ich hier überhaupt nicht! (Beifall bei der Liste Pilz.)

Es wurde schon des Öfteren erwähnt, aber ich muss das noch einmal präzisieren: Ganztagsschulen. Wir haben über die Verwässerung gesprochen. Zu Ganztagsschulen gab es vor Kurzem die Diskussion: Wie investieren wir? Wie viel investieren wir? – Da sprechen wir über eine Arbeitszeitverlängerung, aber dann verwässern wir die Investi­tionen in die Ganztagsschulen! Das ist aber wichtig, da müssten wir investieren, ge­nauso wie in die Kinderbetreuung; das wurde auch schon des Öfteren erwähnt. (Abg. Hauser: Aber 750 Millionen sind doch was, oder?) Das ist wichtig in dieser Diskussion. (Abg. Hauser: 750 Millionen sind nicht so wenig!)

Am Ende geht das, was Sie uns als Flexibilisierung verkaufen wollen, auf Kosten der Gesundheit und der Lebensqualität der Menschen. Bezahlen werden wir es als Gesell­schaft, weil im Endeffekt die Mehrkosten im Gesundheitsbereich auf uns zurückfallen werden. Das ist Realität, aber in Ihrem Konzept finde ich nichts von dem wieder, dass das einfach Realität sein wird. Genau auf solche Aspekte müssen wir aber eingehen.

Das ist leider das Gegenteil von dem, was ich unter zukunftsweisender und menschli­cher Politik verstehe. Genau die würden wir nämlich im Jahr 2018 brauchen. (Beifall bei der Liste Pilz und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.01


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster hat sich Herr Bundeskanzler Sebastian Kurz zu Wort gemeldet. Herr Bundeskanzler, 10 Minuten Redezeit. – Bitte.


18.01.39

Bundeskanzler Sebastian Kurz: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Vor allem aber: Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich darf mich zunächst einmal dafür entschuldigen, dass ich zu Beginn der Sitzung nicht dabei sein konnte.

Wir hatten gestern eine sehr lange, aber Gott sei Dank erfolgreiche Sitzung in Brüssel, wo nach sehr langer Diskussion um 4.30 Uhr früh endlich eine Einigung in Richtung


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 81

der sogenannten Anlandezentren außerhalb Europas, also der sicheren Schutzzonen, wie wir sie immer bezeichnet haben, möglich war. Es sollte also in Zukunft möglich werden, dass Menschen, die im Mittelmeer gerettet werden, nicht auf europäisches Territorium gebracht werden, sondern außerhalb Europas gesichert werden, was dazu führt, dass der Zustrom deutlich weniger wird – ein, glaube ich, großer, wichtiger Schritt! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ich entschuldige mich aber natürlich dafür, dass es dadurch heute erst einen späteren Sitzungsbeginn gegeben hat und ich daher erst mit einiger Verspätung zu Ihnen kom­men konnte.

Jetzt aber zur Sondersitzung und zur aktuellen Debatte: Ich glaube, die Debatte ist eine hitzige, obwohl die Veränderung, die hier gerade stattfindet, ja gar nicht eine allzu große ist. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wir haben, glaube ich, weder den Bedarf, hier in Jubelchöre auszubrechen, als wäre das die größte und positivste Veränderung der Arbeitswelt in den letzten Jahrzehnten, noch ist es, glaube ich, sinnvoll, Angst zu ma­chen und Menschen zu verunsichern, ohne dass das eigentlich notwendig ist.

Richtig ist vielmehr, dass wir natürlich im 21. Jahrhundert in einer modernen und globa­lisierten Welt leben, dass sich die Art und Weise, wie wir arbeiten, dass sich auch die Art und Weise, wie wir Freizeit gestalten, geändert haben und dass das Zusammen­wirken von Arbeitgebern und Arbeitnehmern ein ganz anderes ist als in vorherigen Jahr­hunderten. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich glaube, richtig ist auch – und das gilt es ebenfalls festzuhalten –, dass wir heute, im 21. Jahrhundert, in einem globalen Wettbewerb stehen. Nicht nur die österreichischen Unternehmerinnen und Unternehmer, sondern auch die österreichischen Arbeitnehme­rinnen und Arbeitnehmer stehen in diesem Wettbewerb. Es ist wichtig, dass wir als Ös­terreich uns auch so aufstellen, dass wir wettbewerbsfähig sind. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Das ist ja der Grund dafür, dass nicht nur die Volkspartei, sondern viele Parteien und politische Bewegungen schon lange in diese Richtung denken. Die NEOS, aber auch Klubobmann Kern mit seinem Plan A sind in diese Richtung gegangen, weil wir wissen, dass es notwendig ist, dass wir wettbewerbsfähig bleiben, wenn wir Arbeitsplätze in Österreich sichern wollen und wenn wir auch unseren Sozialstaat finanzieren wollen.

Ohne eine ordentliche Wirtschaftsleistung, ohne Menschen, die tagtäglich arbeiten ge­hen in unserem Land, ohne Wettbewerbsfähigkeit haben wir auch nicht die Steuerein­nahmen, die wir brauchen, um Pensionen zu bezahlen, um unser Gesundheitssystem zu finanzieren und um den Lebensstandard in Österreich so aufrechtzuerhalten, wie wir ihn kennen und schätzen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ein gewisses Maß an Flexibilität ist nicht nur notwendig für die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes, es ist auch in sehr vielen Fällen im Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer! Ich bin mit einer wirklich großen Zahl an Menschen im Austausch (Ruf bei der SPÖ: Große Erfahrung! Abg. Leichtfried: Industriellenvereinigung, Wirtschaftskammer, dann noch einmal In­dustriellenvereinigung, dann wieder Wirtschaftskammer!), mit der Bevölkerung vor der Wahl, während des Wahlkampfs, und in der Tätigkeit jetzt. Ich kenne sehr, sehr viele Menschen, die heute wesentlich individueller und unterschiedlicher leben, als das vor einigen Jahrzehnten der Fall war. Es gibt sehr viele Menschen, die auch ein Interesse daran haben, dass dieser Individualität Rechnung getragen wird, dass es einfach mög­lichst flexible Regelungen für sie gibt.

Insofern glaube ich, dass es richtig ist, dass dieser Schritt gesetzt wird. Und ich glaube, dass viel der Aufregung sich wahrscheinlich auch beruhigen wird, wenn Sie sehen,


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 82

dass die gesetzliche Regelung in Kraft tritt, und wenn Sie sehen, dass das, was jetzt viele behaupten, so nicht eintritt! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ich möchte daher ganz schnell ein paar Punkte einfach nur inhaltlich festhalten, die, glaube ich, wichtig sind, damit es hier auch nicht zu falschen Interpretationen kommt.

Es wird keinen Eingriff in bestehende Kollektivverträge geben. Es wird keinen Eingriff in bestehende Betriebsvereinbarungen geben. (Rufe bei der SPÖ: Geh bitte!) Sie ha­ben in der Vergangenheit nicht von der 50-Stunden-Woche gesprochen, weil es in der Vergangenheit keine 50-Stunden-Woche gab, genauso wie es in der Zukunft keine
60-Stunden-Woche geben wird, sondern wir haben in Österreich eine Normalarbeits­zeit von 40 Stunden; das ist gut so. Das war gestern richtig und gut so, das ist morgen richtig und gut so, daher wird es auch so bleiben. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Wo ich einigen Rednern recht geben möchte, ist, dass es natürlich oftmals Anregungen gibt, die richtig und sinnvoll sind, dass es natürlich oftmals auch die Notwendigkeit gibt, Dinge zu präzisieren, damit sie nicht falsch verstanden werden können oder auch nicht absichtlich falsch verstanden werden können. Insofern darf ich auch den Klubobleuten Danke sagen, die hier tätig sind und die jetzt auch auf die Anregungen, die es gegeben hat, eingegangen sind, die das Gesetz präzisiert haben und auch einen dementspre­chenden Vorschlag vorgelegt haben, der nächste Woche hier zur Abstimmung kom­men wird. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

In diesem Text, sehr geehrte Damen und Herren, ist nicht nur die Freiwilligkeitsgarantie festgeschrieben, sondern auch die Wahlfreiheit für Arbeitnehmer. Das halte ich für ent­scheidend, dass sie sich aussuchen können, ob die Überstunde abgegolten, also aus­bezahlt wird oder ob sie sich Zeitausgleich nehmen wollen. Auch da sind die Wünsche nämlich höchst unterschiedlich. Es gibt Menschen, die sich im Arbeits- und Berufsle­ben ohnehin ordentlich belastet fühlen, und auf die muss Rücksicht genommen wer­den. Es gibt aber auch genauso viele, die jung, fit, kräftig sind, sich etwas aufbauen wollen, vielleicht einen Kredit abbezahlen müssen und froh sind, wenn sie mehr arbei­ten können und auch dementsprechend mehr verdienen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Dass die Gleitzeit unverändert bleibt, ist, glaube ich, bekannt. Ich möchte es aber noch einmal betonen, damit es auch da nicht zu Missverständnissen und Unsicherheiten kommt.

Erlauben Sie mir vielleicht nur einen letzten Gedanken, nachdem vorher in der Diskus­sion die Frage war, wer das erfunden hat: Waren es die NEOS? Die Volkspartei? Oder kam es doch das erste Mal im Plan A von Christian Kern vor? (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ich glaube, es geht nicht darum, wer es erfunden hat, es geht auch nicht da­rum, wer es schon wie lange gefordert hat, sondern es geht darum, dass man manch­mal Entscheidungen trifft.

Ich bin froh, wenn es in Österreich ein Parlament gibt, das auch den Mut hat, Entschei­dungen zu treffen – auch wenn hitzige Diskussionen stattfinden –, weil die Entschei­dung aus meiner Sicht eine inhaltlich richtige ist. Und ich bitte Sie alle – egal ob Sozial­partner, Interessenvertreter oder Abgeordnete –, solche Diskussionen in unserem Land möglichst sachlich zu führen.

Gerade was das Argument der Gesundheit betrifft, wäre ich doch sehr vorsichtig (Zwi­schenrufe bei der SPÖ): Wir alle wissen, dass die größte Gesundheitsbelastung oft bei Menschen vorhanden ist, die in unserem Land leider Gottes keinen Job finden, die ar­beitslos sind. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das sind diejenigen, die oftmals unter der größten gesundheitlichen Belastung leiden.

Wenn wir dem Argument der gesundheitlichen Belastung folgen würden, dann würde ich mich schon fragen, warum es gerade bei besonders belasteten Berufsgruppen, wie


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 83

bei Polizistinnen und Polizisten, bei Ärztinnen und Ärzten, bei Pflegekräften oder auch bei Menschen, die im öffentlichen Dienst in anderen Bereichen arbeiten, schon möglich ist, auch bei den ÖBB und in anderen Bereichen, in vielen Betrieben. Ich habe sogar dazugelernt, ich wusste es nicht: In Kärnten ist es im öffentlichen Dienst in gewissen Bereichen heute schon möglich.

Insofern: Machen wir nicht den Fehler, so zu tun, also würde hier etwas eingeführt wer­den, worüber es notwendig ist, so zu jubeln, als hätte es das noch nie gegeben, denn das ist nicht richtig. Es ist aber auch nicht sinnvoll, Ängste zu schüren, als hätte es so etwas noch nie gegeben, denn es gibt viele Berufsgruppen, die davon berichten kön­nen, dass es bei ihnen heute schon Realität ist. – Vielen Dank. (Anhaltender Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

18.10


Präsidentin Doris Bures: Nun ist Herr Klubobmann Dr. Walter Rosenkranz zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Klubobmann. (Ruf bei der SPÖ: Muss das sein?)


18.11.32

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Ja, das muss sein, Kolleginnen und Kollegen, weil sich hier im Parlament jeder zu Wort melden kann, der möchte. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Man sieht an dieser Debatte eines ganz klar: Es gibt halt einen Unterschied im Men­schenbild. Die einen sehen es eher kollektivistisch, die anderen sehen mehr das Indi­viduum, auch mit eigenen Freiheiten, und nicht jedes Individuum muss unbedingt auch gleich von einer Gewerkschaft mit vereinnahmt werden, oder von anderen. Nein, es kann auch durchaus individuelle Regelungen geben, die besser sind als das, was die Gewerkschaft mit jemandem vorhat. Das ist halt einmal ein Grundsatz. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Ich hätte mir nicht gedacht, dass ich von all denjenigen, die immer sagen: Es muss ein selbstbewusstes Parlament sein, es kann doch nicht so sein, dass alles hier nur als Regierungsvorlage durchgewunken wird, dass hier aus dem Parlament keine Initiativen kommen können!, dass ich seitens der vereinigten Linken erleben muss, wie mit einem Entschließungsantrag sogar darum gebettelt wird, dass eine Regierungsvorlage hier­her ins Haus kommt. Dass ich so etwas erleben darf, hätte ich mir nicht gedacht! (Bei­fall bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Schieder: Wie viel Selbstbewusstsein braucht man für so ein schlechtes Gesetz?)

Ich kann Ihnen aus eigener Anschauung und Wahrnehmung sagen: Wir haben hier im Parlament verhandelt, August Wöginger und ich, und das Ganze mit einem Berater- und Expertenteam, das tatsächlich auch den Namen Expertenteam verdient. Was wir in den letzten Tagen an Experten und Expertinnen, vor allem im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, gehört haben, das ist ja wirklich atemberaubend, welche Arbeitsrechtsexper­ten es da gegeben hat! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Zum Beispiel gibt es da eine Politikwissenschaftlerin, die auf einmal Arbeitsrechts­expertin wird. Dann gibt es jemanden aus der berüchtigten Sektion 8 der Sozialisten in Wien, der auf einmal auch Arbeitsrechtsexperte wird. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich glaube, bei Ihnen funktioniert das so: Man nimmt sich ein weißes Blatt, nimmt sich eine Kartoffel zum Drucken, schreibt Arbeitsrechtsexperte drauf – fertig ist die Visitenkarte, und man kann sich schon zu einem Thema äußern. Expertise schaut ein bisschen anders aus! (Beifall bei FPÖ und ÖVP. Zwischenrufe der Abgeordneten Vogl und Bacher.)

Dann, ganz spannend: Stellen Sie sich vor, was es für tolle Umfragen gibt! Das Ifes-Institut wurde von der Arbeiterkammer beauftragt, eine Umfrage unter Betriebsräten


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 84

durchzuführen, und das ist dann auch etwas gewaltig Repräsentatives für den gesam­ten Markt der Angestellten und der Arbeiter, die es in diesem Land gibt. Also, das ist doch wohl wirklich an Lächerlichkeit nicht mehr zu überbieten. (Abg. Bayr: Kommt auf die Fragestellung an!)

Sie – und das verstehe ich vollkommen – leben in Ihrer Funktionärsblase bei Gewerk­schaftsbund und Arbeiterkammer, und Sie leben in der Angst, dass Ihnen die Felle davonschwimmen. Davon kann wahrscheinlich sogar der Pensionsprivilegienritter der Arbeiterkammer, Herr Rossmann, ein Lied singen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Ruf bei der SPÖ: Wird die Rede noch besser?)

Wenn der Herr Rossmann meint, wir sind, was die Arbeitssituation betrifft, wiederum im 19. Jahrhundert angekommen, dann kann ich Ihnen nur eines sagen: Ihre klassen­kämpferischen Töne passen nur mehr ins 19. Jahrhundert hinein. (Abg. Wittmann: Sie haben die Arbeiter verraten! Abg. Duzdar: Erklären Sie das den Arbeitern, die Sie gewählt haben!) Das ist das Einzige, denn – das kann und muss ich Ihnen sagen – die Arbeitswelt des 21. Jahrhunderts sieht anders aus! (Abg. Wittmann: Wieder umge­fallen, Arbeiter verraten!)

Die Unternehmerinnen und Unternehmer, die Angestellten, die in den Unternehmen ar­beiten, das sind verantwortungsvolle Partner. Ich kann Ihnen sagen: Ein intelligenter Unternehmer kann es sich mittlerweile gar nicht mehr leisten, mit seinen Angestellten schlecht umzugehen, weil er sonst gar keine mehr findet. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.) Sie brauchen jetzt schon Arbeitskräfte und bekommen sie nicht, im Tourismus und an­deren Branchen: Man findet sie nicht!

Und wenn man welche finden würde? – Na ja, es sind zwei Anklänge gekommen. Der erste war die Frage der Gesundheit oder der Sicherheit: Man muss ein Gesetz so ma­chen, dass nach Möglichkeit die Arbeitsgerichte nicht befasst werden. Das hört sich schon fast so an, als ob, wenn die Sozialdemokratie irgendetwas zu reden hätte, man überhaupt keine Arbeitsgerichte mehr brauchen würde, so super würden sie das alles lösen.

Ein kleines Beispiel: Krankenanstaltenverbund in Wien, 12-Stunden-Tag vereinbart – und die dort Beschäftigten mussten zum Arbeitsgericht gehen, damit die Zeit des Um­kleidens in die Arbeitszeit eingerechnet wird. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Dazu muss man im roten Wien zum Arbeitsgericht gehen! Wenn Sie einmal etwas in der Hand haben, schaut so die Realität aus – und da reden Sie von der Gesundheit! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Wenn noch dazu gesagt wurde, ja, es trifft die jungen Menschen, die finden dann keine Arbeit in Österreich: Ich sage Ihnen, warum junge Menschen in diesem Land oft keine Arbeit finden können: weil sie durch die letzten Jahre roter Bildungspolitik im Unter­richtsministerium entsprechend schlecht qualifiziert worden sind, sodass sie von einem Arbeitgeber, einem Lehrherrn, gar nicht mehr genommen werden können, wenn sie etwa die Grundrechnungsarten nicht beherrschen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist die Realität, die sich hier in Österreich abspielt. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. Abg. Knes: Sie diskriminieren die Jugendlichen!)

Sie befeuern mit Ihrer kleinen gewerkschaftlichen Blase allein den Klassenkampf, das ist alles. Nur: Der Klassenkampf sieht anders aus!

Wenn Sie sagen, die Begutachtungszeit ist zu kurz, sage ich Ihnen: Die echte Begut­achtung beginnt am 1.1.2019, wenn dieses Gesetz in Kraft tritt und die Menschen in diesem Land als die wahren Experten am Arbeitsplatz, ob Unternehmer oder Ange­stellte, erkennen, dass es eine gute, eine richtige, eine zeitgemäße und für den Wirt­schaftsstandort Österreich notwendige Lösung ist. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. Abg. Leichtfried: Sie haben eine Einstellung zum Parlamentarismus!)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 85

Ich möchte zum Schluss kommen. Was mich sehr interessiert, ist: Der neue Herr ÖGB-Präsident befindet sich ja an sich als Mitglied dieses Hauses hier im Nationalrat. Mich wundert, warum er seine großen Töne eigentlich nur außerhalb des Parlaments von sich gibt und nicht hier ans Rednerpult kommt. Sie haben noch Restredezeit: Kommen Sie! Stellen Sie sich! Reden Sie! (Beifall bei FPÖ und ÖVP. Abg. Wittmann: Hoch­mut kommt vor dem Fall!)

18.18


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet: Frau Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek. – Bitte.


18.18.27

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Frau Präsidentin! Mitglieder der Bun­desregierung! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht kehren wir, fast am Ende dieser Sitzung, doch zu dem zurück, worüber wir heute reden wollen.

Es ist, was es ist, liebe Kolleginnen und Kollegen: Es ist ein Arbeitszeitverlängerungs­gesetz, das vorgelegt wird, und nichts anderes. Da kann man noch so versuchen, den Menschen Kübel voller Sand in die Augen zu streuen, da kann man noch so vehement versuchen – wie der Herr Bundeskanzler das gerade gemacht hat –, zu sagen: Fle­xibler wollen wir werden.

Flexibel sind wir jetzt; verlängert werden soll in Zukunft, und das ist das, was Sie vorle­gen. Ob Sie jetzt mit einem Abänderungsantrag das eine oder andere noch verändern, tut nichts zur Sache. Es sind schwerste Eingriffe in das Arbeitsruhegesetz (Zwischenruf des Abg. Hafenecker), und es sind schwerste Eingriffe in das Arbeitszeitgesetz, denn man kann einseitig anordnen und darf zwar Nein sagen, aber was hat Frau Hartinger-Klein, die Sozialministerin, dazu gesagt? – Na, wenn das nicht klappt, dann sehen wir uns halt vor dem Arbeits- und Sozialgericht wieder.

Das ist genau das, was Sie vorhaben: dass die Leute sich vor das Arbeits- und Sozial­gericht begeben müssen, wenn sie einmal, zweimal oder vielleicht sogar dreimal sa­gen: Ich kann diese Überstunden nicht machen. (Abg. Schimanek: Aber geh, so ein Blödsinn!)

Wir befinden uns heute in einer modernen Arbeitswelt, die wir alle nicht geschaffen ha­ben, sondern die auf uns zugekommen ist, und wir als PolitikerInnen haben es in un­serer Verantwortung nicht geschafft, die Rahmenbedingungen in dieser Arbeitswelt so anzupassen, dass Familienleben auch entsprechend stattfinden kann, die Kinderbe­treuungssituation anzupassen, all das anzupassen, was eigentlich notwendig wäre, da­mit man überhaupt die Möglichkeit hat, flexibel oder auch länger zu arbeiten, wenn Ar­beitnehmerinnen und Arbeitnehmer, so wie sie das jetzt auch schon vereinbart haben, das wollen.

Das, was in Zukunft per Gesetz möglich wird, ist einseitig, das kann man nicht ableh­nen, ohne dass die Gefahr besteht, dass man vielleicht in einem Unternehmen dann nicht so gut angeschrieben ist, ohne Angst haben zu müssen, den Arbeitsplatz zu ver­lieren. Deswegen lehnt man die längere Arbeitszeit dann nicht ab, und es wird nicht da­nach gefragt werden, wie beispielsweise alleinerziehende Mütter oder Väter das mit ihren Kindern schaffen können.

Es ist nicht gelöst, wie wir die Kinderbetreuungsplätze ausbauen, schon gar nicht, wie man einen Rechtsanspruch schafft; all das wären Voraussetzungen für eine moderne Arbeitswelt, damit das Rundherum auch passt, damit Familienzeit auch gelebt werden kann. Es ist nicht gelöst, wie Menschen mit Behinderungen, die längere Ruhezeiten, längere Erholungszeiten benötigen, es unter diesen Bedingungen auf dem Arbeits­markt schaffen sollen, einer Arbeit nachzugehen. Und es ist absolut nicht gelöst, wenn


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 86

der 12-Stunden-Tag und die 60-Stunden-Woche kommen, einseitig anordenbar kom­men, so wie es dieser Gesetzentwurf vorsieht, wie die Menschen es dann schaffen können, sich auch noch ehrenamtlich, in der Freiwilligenarbeit, bei der Feuerwehr, in einem Verein oder sonst wo zu engagieren – nicht zu reden davon, dass wir wissen, dass Väter und Mütter gerne auch qualitätsvolle Zeit mit ihren Kindern verbringen wollen, dass wir wissen, dass ganz viele Kinder in diesem Land die Eltern beim Lernen brauchen, die ihnen da zur Seite stehen. (Abg. Deimek: Die Arbeitszeit findet sich auf einmal in der Bildungsdebatte! Da geht es, denn das ist von links! Wie die Bildungs­politik ausschaut, sehen wir eh!)

Die Ganztagsschulen werden erst bis 2032 ausgebaut sein und es besteht nicht die Möglichkeit, dass Eltern wählen können. Sie reden immer von der großartigen Wahl­freiheit, aber die kann man nur haben, wenn man überhaupt die Wahl hat, und der ein­seitig anordenbare 12-Stunden-Tag wird das nicht lösen. Es ist ein Arbeitszeitverlänge­rungsgesetz. Es ist ein schwerwiegender Eingriff in die Arbeitsruhezeiten.

Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Bundeskanzler! Wenn Sie wirklich Verantwor­tung übernehmen wollen, dann gehen Sie bitte nicht nur auf Societyveranstaltungen (Abg. Winzig: Geh bitte!), sondern gehen Sie in Betriebe und schauen Sie sich an, wie die Leute dort arbeiten! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

18.22


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Karl Nehammer, Sie sind zu Wort ge­meldet. – Bitte.


18.23.02

Abgeordneter Karl Nehammer, MSc (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzte Mitglieder der Bundesregierung! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! (Abg. Kuntzl: Wenn es geht, laut bitte, ja! – Abg. Jarolim: Laut! Bitte laut sprechen!) Die Damen und Herren zu Hause werden es nicht gehört haben: Die SPÖ hat mich gebe­ten, besonders laut und deutlich zu sprechen. Ich werde mein Bestes geben, aber den­noch versuchen, den Rahmen nicht zu überziehen. (Abg. Jarolim: Näher zum Mikro!)

Das, was wir heute in dieser Diskussion erlebt haben, ist das, was sich leider fortsetzt, und ich möchte es ein wenig differenzieren: Wir haben auf der einen Seite eine Oppo­sition, die die Flexibilisierung der Arbeitszeit will, aber sagt, das kommt von der Regie­rung beziehungsweise von den Koalitionsabgeordneten dieses Hauses, und deswegen können oder wollen wir noch nicht zustimmen. (Abg. Schieder: Das ist ein Holler! – Abg. Scherak: Haben Sie zugehört?)

Dann haben wir eine Opposition, die ihr Angstmotiv weiter fortsetzt, schon von der letz­ten Sitzung her. Die SPÖ predigt die Angst und argumentiert aus der Angst heraus. Die ganze Sitzung heute hat nichts genützt, denn die SPÖ glaubt uns die Freiwilligkeit nicht. Die SPÖ glaubt uns nicht, dass die Überstunden, die angeordnet werden, auch bezahlt werden. Die SPÖ glaubt uns die Flexibilisierung und die 4-Tage-Woche nicht. Aber wissen Sie, was das Schöne ist, meine sehr geehrten Damen und Herren? – Das gelebte Leben der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und Arbeitgeberinnen und Ar­beitgeber wird es zeigen.

Wir werden zeigen, dass wir Arbeitsbedingungen schaffen, die den Menschen näher kommen, die sie brauchen, um Flexibilität leben zu können, die den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern die Möglichkeit geben, Arbeitsplätze zu schaffen oder zumindest zu sichern. Das muss auch in Ihrem Interesse liegen.

Ich ersuche Sie daher: Springen Sie über Ihren Schatten! Beppo Muchitsch hat es heute vorgezeigt, nicht inhaltlich (Heiterkeit bei der SPÖ), aber ich habe ein Bild von Beppo Muchitsch gesehen – er weiß es, deswegen lacht er auch schon; wir beide ken-


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 87

nen uns aus vielen Gesprächen davor –, da ist er bei einer Gewerkschaftsveranstal­tung mit der geballten Faust dagestanden. (Ruf bei der SPÖ: Na und?) Und heute hat er zu mir gesagt: Weißt du, Karl, wir brauchen keine Faust, wir reden uns zusammen! – Ich halte das Gespräch für das Wesentliche. Ich halte den Rückbau der Aggression für das Wesentliche. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wenn die SPÖ mit Krokodilstränen fordert, dass der Stil im Parlament besser werden soll, dann bitte ich Sie, Herr Klubobmann Kern, gehen Sie mit gutem Beispiel voran: Vergleichen Sie die Regierung nicht mit Besoffenen! Reden Sie nicht von der Französi­schen Revolution, die ihre Kinder frisst und in einem Blutbad versunken ist, wenn Sie über Maßnahmen der Regierung betreffend die Sozialversicherungsreform sprechen! Reden Sie nicht vom Austrofaschismus, wenn es um die Sozialversicherungsreform geht! (Abg. Schieder: Wenn der Dollfuß in Ihrem Klub hängt!) Wenn Justizsprecher Ja­rolim den Präsidenten des Nationalrates des Austrofaschismus bezichtigt, dann ist das tatsächlich ein Tiefpunkt der parlamentarischen Kultur. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ich bin froh, dass in den Reihen der SPÖ Menschen wie Beppo Muchitsch sind, die verstehen, dass die geballte Faust ins Nichts führt, sondern dass die ausgestreckte Hand die Zukunft dieses Landes darstellt. (Abg. Kuntzl: Was reden Sie da? Das ist absurd!) Gehen Sie mit uns den Weg der Arbeitszeitgestaltung, und denken Sie an die letzte Strophe des „Liedes der Arbeit“: „Die Arbeit sie erhält, / Die Arbeit, sie bewegt die Welt!“, singen die Sozialdemokraten am 1. Mai. Lassen Sie uns die Arbeit in Österreich gestalten, stimmen Sie dem Gesetz zu! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

18.26


Präsidentin Doris Bures: Jetzt ist Herr Klubobmann Mag. Andreas Schieder zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Klubobmann. (Abg. Rosenkranz: Das ist noch immer nicht der Katzian! Was ist mit ihm? Hat er Angst?)


18.27.07

Abgeordneter Mag. Andreas Schieder (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler  willkommen zurück! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Ne­hammer hat mich mit seiner tiefsinnigen Rede ein bisschen inspiriert. (Ruf: Keine Iro­nie!) Man muss es noch einmal betonen: Der 12-Stunden-Tag ist eine Verlängerung der Arbeitszeit, ist eine Kürzung des Wohlstands, der Ruhe und der Erholung der Men­schen in diesem Land! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gudenus: Das ist eure Propa­ganda!)

Diese Arbeitszeitverlängerung haben Sie hier durchgepeitscht, ohne Begutachtung, ohne Experten. Uns haben über 100 Expertinnen und Experten, sogar aus dem kon­servativen Lager, geschrieben, was sie dagegen einzuwenden haben.

Ich sage es ganz einfach: Sie haben das getan, weil Ihre Spender sich das bei Ihnen bestellt haben, beim Konzernkanzler Kurz und beim Arbeitnehmerverräter Strache. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ. – Abg. Jarolim: Das war schön auf den Punkt ge­bracht!)

18.28


Präsidentin Doris Bures: Es liegt noch eine Wortmeldung vor, nämlich von Frau Ab­geordneter Winzig. – Bitte.


18.28.00

Abgeordnete Dr. Angelika Winzig (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bun­deskanzler! Frau Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Landeshaupt­mann Voves hat den Kollegen von der SPÖ vor einigen Wochen medial ausgerichtet, dass sie eine Wohlfühlpartei für Funktionäre und weit, weit weg von den Menschen


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 88

sind. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Und was sind Sie?) Sie sind vor al­lem weit, weit weg von der Arbeitswelt!

Ich kenne die betriebliche Realität aus unseren zwei Betrieben. Mein Produktionsleiter hat vor zwei Jahren gekündigt, und zwar aus dem einen Grund: weil er nicht über 10 Stunden arbeiten durfte. Er hat mir unterstellt, ich vergönne ihm die Überstunden nicht. (Oh-Rufe bei der SPÖ.) Das ist die betriebliche Realität, meine Damen und Her­ren! Hören Sie bitte mit Ihren Märchen auf! (Ruf bei der SPÖ: Mehr bezahlen!) – Ja, Herr Kollege, das wissen Sie sicher genau, was bei uns bezahlt wird.

Eines möchte ich aber schon noch anmerken: Für wie blöd halten Sie uns Unterneh­merinnen und Unternehmer? Glauben Sie wirklich, dass wir uns das nicht durchrech­nen? Welcher Unternehmer kann sich jeden Tag vier Überstunden leisten? Können Sie nicht rechnen? (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen.) Ich kann Ihnen empfeh­len, gehen Sie zu Herrn Professor Taschner, dann wissen Sie, dass sich das gar nicht rechnet, und deshalb wird es einen permanenten 12-Stunden-Tag nicht geben. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

18.29


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete, die Redezeit Ihrer Fraktion ist erschöpft.

Nun ist niemand mehr zu Wort gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Holzinger-Vogtenhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wird der 12h-Ar­beitstag tatsächlich freiwillig sein? Machen Sie den Test! Lassen Sie die Betroffenen abstimmen!“

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Entschließungsantrag die Zustimmung ge­ben, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz ab dem ersten Geburtstag“.

Wer stimmt diesem Entschließungsantrag zu? – Das ist die Minderheit. Abgelehnt. (Abg. Krainer – in Richtung Bundeskanzler Kurz und Bundesministerin Schramböck, die an den vorderen Abgeordnetentischen stehen –: Können bitte Regierungsmitglieder von den Abgeordnetenbänken weggehen während der Abstimmung?)

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Muchitsch, Holzinger-Vogtenhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend „korrekte de­mokratiepolitische Vorgangsweise“.

Wer spricht sich für diesen Entschließungsantrag aus? (Abg. Schieder – in Richtung Bundeskanzler Kurz weisend, der noch immer an den vorderen Abgeordnetentischen steht –: Der Abgeordnete Kurz stimmt auch zu!) – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

18.31.07Einlauf


Präsidentin Doris Bures: Ich gebe bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selb­ständigen Anträge 306/A und 307/A(E) eingebracht worden sind.

*****


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 89

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die für Mittwoch, den 4. Juli 2018, um 9 Uhr in Aussicht genommen ist, wird auf schriftlichem Wege einberufen.

Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend! Diese Sitzung ist geschlossen.

18.31.29Schluss der Sitzung: 18.31 Uhr

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien

Titelbild: ©Parlamentsdirektion/Johannes Zinner