Stenographisches Protokoll

73. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

 

XXII. Gesetzgebungsperiode

 

Freitag, 9. Juli 2004

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 


Stenographisches Protokoll

73. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXII. Gesetzgebungsperiode                              Freitag, 9. Juli 2004

Dauer der Sitzung

Freitag, 9. Juli 2004: 9.00 – 19.05 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Antrag der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Mag. Dr. Magda Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Privatradiogesetz, das Privatfernsehgesetz, das KommAustria-Gesetz und das ORF-Gesetz geändert werden sowie das Fernsehsignalgesetz aufgehoben wird (430/A)

2. Punkt: Antrag der Abgeordneten Mag. Walter Tancsits, Sigisbert Dolinschek, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine So­zialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz geändert werden (Sozialrechts-Änderungsgesetz 2004 – SRÄG 2004) (434/A)

3. Punkt: Bericht über den Antrag 420/A der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Mag. Barbara Prammer, Josef Bucher, Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Entschädigungsfondsgesetz geändert wird

4. Punkt: Bericht über den Antrag 421/A der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Mag. Christine Lapp, Josef Bucher, Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versöhnungsfonds-Gesetz geän­dert wird

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, das Verfas­sungsgerichtshofgesetz 1953 und die Europawahlordnung geändert werden

6. Punkt: Bericht über den Antrag 401/A der Abgeordneten Dr. Andrea Wolfmayr, Mag. Christine Muttonen, Mag. Eduard Mainoni, Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Preis­bindung bei Büchern geändert wird, und über den

Antrag 392/A (E) der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Novellierung der „Änderung der Verordnung zur Bestimmung jener Güter und Dienstleistungen, die nach dem BG über die Errichtung einer Bundes­beschaffungs-Gesellschaft mit beschränkter Haftung (BB-GmbH-Gesetz) zu beschaf­fen sind“ (BGBl 312/2002)

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Abgeltung von Prü­fungstätigkeiten im Bereich des Schulwesens mit Ausnahme des Hochschulwesens


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73. Sitzung / Seite 2

und über die Entschädigung der Mitglieder von Gutachterkommissionen gemäß § 15 des Schulunterrichtsgesetzes geändert wird

8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 25. Feber 1988, BGBl. Nr. 145, über das Unterrichtspraktikum geändert wird

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Abgeltung von bestimm­ten Unterrichts- und Erziehungstätigkeiten an Schulen im Bereich des Bundes­minis­teriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur und des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft geändert wird

10. Punkt: Bericht über den Antrag 67/A (E) der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Lehramtszeugnis für Behinderte

11. Punkt: Bericht über den Antrag 413/A der Abgeordneten Werner Amon, MBA, Mares Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Akademien-Studiengesetz 1999 geändert wird

12. Punkt: Bericht über den Antrag 415/A der Abgeordneten Werner Amon, MBA, Mares Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz geändert wird

13. Punkt: Bericht über den Antrag 296/A (E) der Abgeordneten DDr. Erwin Nie­derwieser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausbau der Erwachsenenbildung

14. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Slowakischen Republik über wissenschaftlich-technische Zusammen­arbeit

15. Punkt: Bericht über den Antrag 414/A der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Mag. Dr. Magda Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 geändert wird

16. Punkt: Bericht über den Antrag 185/A (E) der Abgeordneten Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Studiengebühren und Verbesse­rungen des Studienförderungsgesetzes

17. Punkt: Bericht über den Antrag 186/A (E) der Abgeordneten Josef Broukal, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Studium

18. Punkt: Bericht über den Antrag 214/A (E) der Abgeordneten Josef Broukal, Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend 100 Millionen Euro als Sofort­maßnahme für die Universitäten

19. Punkt: Bericht über den Antrag 341/A (E) der Abgeordneten Josef Broukal, Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend 100 Millionen Euro als Sofort­maßnahme für die Universitäten

20. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Haschemitischen Königreich Jordanien über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schwe­ren Unglücksfällen

21. Punkt: Beendigung des Übereinkommens über die gegenseitige Anerkennung von Prüfungszeugnissen und Konformitätsnachweisen

22. Punkt: Übereinkommen zwischen den Vertragsstaaten des Übereinkommens zur Gründung einer Europäischen Weltraumorganisation und der Europäischen Weltraum­organisation über den Schutz und Austausch von der Geheimhaltung unterliegenden Informationen


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23. Punkt: Übereinkommen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union über die Rechtsstellung des zum Militärstab der Europäischen Union abgestellten be­ziehungsweise abgeordneten Militär- und Zivilpersonals, der Hauptquartiere und Trup­pen, die der Europäischen Union gegebenenfalls im Rahmen der Vorbereitung und Durchführung der Aufgaben im Sinne des Artikels 17 Absatz 2 des Vertrags über die Europäische Union, einschließlich Übungen, zur Verfügung gestellt werden, sowie des Militär- und Zivilpersonals der Mitgliedstaaten, das der Europäischen Union für der­artige Aufgaben zur Verfügung gestellt wird (EU-Truppenstatut) samt Erklärungen

24. Punkt: Übereinkommen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union über Ansprüche eines Mitgliedstaats gegen einen anderen Mitgliedstaat wegen Be­schädigung von in seinem Eigentum stehenden, von ihm genutzten oder betriebenen Sachen oder wegen Körperverletzung oder Tod von Mitgliedern des Militär- oder Zivilpersonals seiner Einsatzkräfte im Rahmen einer Krisenbewältigungsoperation der Europäischen Union

25. Punkt: Beschluss der im Rat der Europäischen Union vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten betreffend die Vorrechte und Immunitäten von ATHENA

26. Punkt: Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Chile andererseits samt Anhängen, Schlussakte und Berichtigungsprotokoll

27. Punkt: Bericht über den Antrag 428/A (E) der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Mag. Karin Hakl, Petra Bayr, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend rasches Handeln gegen massive Menschenrechtsverletzungen sowie Verbrechen gegen die Menschlichkeit in den Darfur-Provinzen (Sudan)

28. Punkt: Wahl eines Ersatzmitgliedes in die Parlamentarische Versammlung des Europarates

29. Punkt: Wahl eines Ordners/einer Ordnerin

*****

Inhalt

Nationalrat

Mandatsverzicht der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger .................................. 19

Angelobung des Abgeordneten Wolfgang Zinggl ...................................................... 19

29. Punkt: Wahl eines Ordners/einer Ordnerin ........................................................... 198

Wahlergebnis:

Ordner: Sigisbert Dolinschek .................................................................................... 198

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 19

Geschäftsbehandlung

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 42


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73. Sitzung / Seite 4

Antrag der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen, den Antrag 430/A der Abgeordneten Dr. Ulrike Baum­gartner-Gabitzer, Mag. Dr. Magda Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Privatradiogesetz, das Privatfernsehgesetz, das KommAustria-Gesetz und das ORF-Gesetz geändert werden sowie das Fernsehsignalgesetz aufgehoben wird, an den Verfassungsausschuss rückzu­verweisen – Ablehnung ..........................  70

Antrag der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen, Dr. Josef Cap, Kolle­ginnen und Kollegen, den Antrag 434/A der Abgeordneten Mag. Walter Tancsits, Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozial­ver­sicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz geändert werden (Sozialrechts-Änderungs­gesetz 2004 – SRÄG 2004), an den Ausschuss für Arbeit und Soziales rückzu­verweisen – Ablehnung ......................................................  98

Fragestunde (10.)

Landesverteidigung .................................................................................................... 19

Anton Gaál (85/M); Astrid Stadler, Dipl.-Ing. Uwe Scheuch, Dr. Peter Pilz

Walter Murauer (82/M); Elmar Lichtenegger, Dr. Peter Pilz, Bettina Stadlbauer

Dr. Peter Pilz (88/M); Dipl.-Ing. Werner Kummerer, Karl Freund, Dr. Reinhard Eugen Bösch

Dr. Reinhard Eugen Bösch (90/M); Mag. Terezija Stoisits, Marianne Hagenhofer, Johann Ledolter

Katharina Pfeffer (86/M); Jochen Pack, Klaus Wittauer, Dr. Peter Pilz

Alfred Schöls (83/M); Markus Fauland, Mag. Werner Kogler, Beate Schasching

Mag. Werner Kogler (89/M); Manfred Lackner, Ing. Norbert Kapeller, Markus Fauland

Markus Fauland (91/M); Dr. Peter Pilz, Bettina Stadlbauer, Mag. Hans Langreiter

Stefan Prähauser (87/M); Mag. Peter Michael Ikrath, Markus Fauland, Mag. Werner Kogler

Werner Amon, MBA (84/M); Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Mag. Ulrike Lunacek, Dipl.-Ing. Werner Kummerer

Wahlen in Institutionen

28. Punkt: Wahl eines Ersatzmitgliedes in die Parlamentarische Versammlung des Europarates          ............................................................................................................................. 197

Ergebnis:

Ersatzmitglied: Klaus Wittauer ................................................................................... 198

Ausschüsse

Zuweisungen .........................................................................................................  41, 123


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73. Sitzung / Seite 5

Verhandlungen

1. Punkt: Antrag der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Mag. Dr. Magda Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Privatradiogesetz, das Privatfernsehgesetz, das KommAustria-Gesetz und das ORF-Gesetz geändert werden sowie das Fernsehsignalgesetz aufgehoben wird (430/A) .................................................................................................................... 42

Redner:

Dr. Josef Cap ................................................................................................................ 42

Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer ............................................................................... 44

Dr. Eva Glawischnig .................................................................................................... 46

Mag. Dr. Magda Bleckmann ........................................................................................ 48

Staatssekretär Franz Morak .................................................................................  53, 59

Dr. Peter Wittmann ...................................................................................................... 55

Helga Machne ............................................................................................................... 57

Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler (tatsächliche Berichtigung) ..................................... 58

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................... 59

Dr. Dieter Böhmdorfer ................................................................................................. 61

Stefan Prähauser .......................................................................................................... 63

Ingrid Turkovic-Wendl ................................................................................................. 65

Mag. Elisabeth Grossmann ........................................................................................ 66

Michael Praßl ................................................................................................................ 67

Mag. Norbert Darabos ................................................................................................. 68

Dr. Eva Glawischnig .................................................................................................... 69

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Magda Bleckmann, Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Unab­hängigkeit der Kommunikationsbehörde Austria – Annahme (E 63)  49, 70

Annahme des in Antrag 430/A enthaltenen Gesetzentwurfes ....................................... 70

2. Punkt: Antrag der Abgeordneten Mag. Walter Tancsits, Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz geändert werden (Sozialrechts-Änderungsgesetz 2004 – SRÄG 2004) (434/A) ............................................................................................................................... 70

Redner:

Heidrun Silhavy ............................................................................................................ 71

Mag. Walter Tancsits ................................................................................................... 73

Karl Öllinger .................................................................................................................. 75

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................... 77

Bundesministerin Maria Rauch-Kallat ...................................................................... 80

Renate Csörgits ............................................................................................................ 83

Karl Donabauer ............................................................................................................ 85

Dr. Kurt Grünewald ...................................................................................................... 87

Maximilian Walch ......................................................................................................... 89

Manfred Lackner .......................................................................................................... 90

Fritz Neugebauer .......................................................................................................... 91

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ............................................................................. 92

Dr. Erwin Rasinger ....................................................................................................... 94

Erwin Spindelberger .................................................................................................... 95

Karlheinz Kopf .............................................................................................................. 97

Anna Höllerer ................................................................................................................ 98

Annahme des in Antrag 434/A enthaltenen Gesetzentwurfes ....................................... 99


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73. Sitzung / Seite 6

Gemeinsame Beratung über

3. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 420/A der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Mag. Barbara Prammer, Josef Bucher, Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Entschädigungsfondsgesetz geändert wird (563 d.B.)     ............................................................................................................................... 99

4. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 421/A der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Mag. Christine Lapp, Josef Bucher, Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Versöhnungsfonds-Gesetz geändert wird (564 d.B.)             ............................................................................................................................... 99

Redner:

Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer ............................................................................... 99

Dr. Peter Wittmann .................................................................................................... 100

Josef Bucher ............................................................................................................... 100

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................. 101

Helga Machne ............................................................................................................. 102

Mag. Walter Posch ..................................................................................................... 103

Karl Donabauer .......................................................................................................... 104

Mag. Christine Lapp ................................................................................................... 105

Dr. Reinhold Lopatka ................................................................................................. 106

Maria Grander ............................................................................................................. 107

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 563 und 564 d.B. ......................................... 108

5. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (447 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 und die Europawahlordnung geändert wer­den (565 d.B.) ........................................................ 108

Redner:

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ................................................................................ 108

Stefan Prähauser ........................................................................................................ 109

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 109

Dr. Eva Glawischnig .................................................................................................. 110

Mag. Hans Langreiter ................................................................................................ 110

Fritz Neugebauer ........................................................................................................ 111

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 111

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 565 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Prüfung der Möglichkeit der Gebührenentrichtung durch Abbuchung und Einziehung vom Konto des Parteienvertreters auch für Verfahren vor den Höchstgerichten (E 64) .................................................... 111

6. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 401/A der Abgeord­neten Dr. Andrea Wolfmayr, Mag. Christine Muttonen, Mag. Eduard Mainoni, Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Preisbindung bei Büchern geändert wird, und über den

Antrag 392/A (E) der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Novellierung der „Änderung der Verordnung zur Bestimmung jener Güter und Dienstleistungen, die nach dem BG über die Errichtung einer Bundesbeschaffungs-Gesellschaft mit beschränkter Haftung (BB-GmbH-Gesetz) zu beschaffen sind“ (BGBl 312/2002) (608 d.B.) .............................................................. 111


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73. Sitzung / Seite 7

Redner:

Dr. Andrea Wolfmayr ................................................................................................. 112

Mag. Christine Muttonen ........................................................................................... 113

Detlev Neudeck ........................................................................................................... 114

Dr. Eva Glawischnig .................................................................................................. 114

Staatssekretär Franz Morak ...................................................................................... 115

Dr. Reinhold Mitterlehner .......................................................................................... 116

Gerhard Reheis .......................................................................................................... 116

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................. 117

Wolfgang Zinggl ......................................................................................................... 118

Jochen Pack ................................................................................................................ 119

Anita Fleckl ................................................................................................................. 120

Karl Freund ................................................................................................................. 121

Hermann Krist ............................................................................................................ 122

Dr. Peter Sonnberger ................................................................................................. 123

Annahme des Gesetzentwurfes in 608 d.B. ................................................................ 123

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 608 d.B. hinsichtlich des Antra­ges 392/A (E)                123

Zuweisung des Antrages 392/A (E) an den Finanzausschuss .................................... 123

Gemeinsame Beratung über

7. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (495 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Abgeltung von Prüfungstätigkeiten im Bereich des Schulwesens mit Ausnahme des Hoch­schulwesens und über die Entschädigung der Mitglieder von Gutachter­kom­missionen gemäß § 15 des Schulunterrichtsgesetzes geändert wird (570 d.B.) ......................... 123

8. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (496 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 25. Feber 1988, BGBl. Nr. 145, über das Unterrichtspraktikum geändert wird (571 d.B.) ...................................................................................................................... 124

9. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (497 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Abgeltung von bestimmten Unterrichts- und Erziehungstätigkeiten an Schulen im Bereich des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur und des Bundes­ministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft geän­dert wird (572 d.B.)     ............................................................................................................................. 124

10. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 67/A (E) der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Lehramts­zeugnis für Behinderte (576 d.B.) ...... 124

Redner:

Werner Amon, MBA ................................................................................................... 124

DDr. Erwin Niederwieser ........................................................................................... 125

Mares Rossmann ....................................................................................................... 127

Dieter Brosz ................................................................................................................ 128

Mag. Andrea Kuntzl (tatsächliche Berichtigung) ....................................................... 131

Bundesministerin Elisabeth Gehrer ........................................................................ 131

Anna Franz .................................................................................................................. 133

Gabriele Heinisch-Hosek ........................................................................................... 133

Barbara Rosenkranz .................................................................................................. 134

Theresia Haidlmayr .................................................................................................... 135

Dr. Gertrude Brinek ................................................................................................... 136


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73. Sitzung / Seite 8

Christian Faul ............................................................................................................. 137

Silvia Fuhrmann ......................................................................................................... 138

Josef Broukal (tatsächliche Berichtigung) ................................................................. 139

Dr. Robert Rada .......................................................................................................... 139

Dr. Franz-Joseph Huainigg ....................................................................................... 140

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Franz-Josef Huainigg, Dr. Hele­ne Partik-Pablé, Mag. Christine Lapp, Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend Prüfung von Unterstützungsmaßnahmen für Lehramts-Studierende mit Behinderung – Annahme (E 66)         140, 142

Annahme der drei Gesetzentwürfe in 570, 571 und 572 d.B. ...................................... 141

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 576 d.B. ..................................................... 142

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 576 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Schaffung gesetzlicher Rahmenbedingungen für körper- und sinnesbehinderte Studierende, die Ausbildung mit einem Lehramtsdiplom abzuschließen (E 65) ....................................................... 142

Gemeinsame Beratung über

11. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 413/A der Abge­ordneten Werner Amon, MBA, Mares Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Akademien-Studiengesetz 1999 geän­dert wird (573 d.B.) .............................................................. 142

12. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 415/A der Abgeordneten Werner Amon, MBA, Mares Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Bun­desschulgesetz geändert wird (574 d.B.) .............................. 143

13. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 296/A (E) der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausbau der Erwachsenenbildung (575 d.B.)              ............................................................................................................................. 143

Redner:

Dieter Brosz ................................................................................................................ 143

Fritz Neugebauer ........................................................................................................ 144

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................... 145

Beate Schasching ...................................................................................................... 146

Bundesministerin Elisabeth Gehrer ........................................................................ 146

Mares Rossmann ....................................................................................................... 147

Dipl.-Ing. Günther Hütl ............................................................................................... 148

Dr. Robert Rada .......................................................................................................... 149

Carina Felzmann ........................................................................................................ 150

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................... 151

Wolfgang Großruck ................................................................................................... 152

Heidrun Walther ......................................................................................................... 153

Dr. Robert Rada (tatsächliche Berichtigung) ............................................................. 154

Mag. Christine Muttonen ........................................................................................... 154

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 573 und 574 d.B. ......................................... 155

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 575 d.B. ..................................................... 155

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 575 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Stärkung des lebensbegleitenden Lernens (E 67) ...................................................................... 156


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73. Sitzung / Seite 9

Gemeinsame Beratung über

14. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (517 d.B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Slowakischen Republik über wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit (602 d.B.) ................... 156

15. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 414/A der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Mag. Dr. Magda Bleck­mann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 geändert wird (603 d.B.) ........ 156

16. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 185/A (E) der Abgeordneten Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Studiengebühren und Verbesserungen des Studien­förderungsgesetzes (604 d.B.) ..................................... 156

17. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 186/A (E) der Abgeordneten Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Studium (605 d.B.) ................................................................................ 156

18. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 214/A (E) der Abgeordneten Josef Broukal, Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend 100 Millionen Euro als Sofortmaßnahme für die Universitäten (606 d.B.) ....................................................... 156

19. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 341/A (E) der Abgeordneten Josef Broukal, Dr. Kurt Grünewald, Kollegin­nen und Kollegen betreffend 100 Millionen Euro als Sofortmaßnahme für die Universitäten (607 d.B.) ....................................................... 156

Redner:

Josef Broukal .............................................................................................................. 157

Dr. Gertrude Brinek ................................................................................................... 158

Dr. Kurt Grünewald .................................................................................................... 159

Mag. Dr. Magda Bleckmann ...................................................................................... 161

Josef Broukal (tatsächliche Berichtigung) ................................................................. 162

DDr. Erwin Niederwieser ........................................................................................... 163

Bundesministerin Elisabeth Gehrer ........................................................................ 164

Dr. Andrea Wolfmayr ................................................................................................. 165

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................... 166

Dipl.-Ing. Elke Achleitner ........................................................................................... 167

Kai Jan Krainer ........................................................................................................... 168

Dipl.-Ing. Günther Hütl ............................................................................................... 169

Dr. Robert Rada .......................................................................................................... 170

Mag. Heribert Donnerbauer ...................................................................................... 171

Johann Kurzbauer ...................................................................................................... 173

August Wöginger ....................................................................................................... 174

Dr. Erwin Rasinger ..................................................................................................... 174

Genehmigung des Staatsvertrages in 602 d.B. ........................................................... 175

Annahme des Gesetzentwurfes in 603 d.B. ................................................................ 175

Kenntnisnahme der vier Ausschussberichte 604, 605, 606 und 607 d.B. ................... 175


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73. Sitzung / Seite 10

Gemeinsame Beratung über

20. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungs­vorlage (468 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Haschemitischen Königreich Jordanien über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen (594 d.B.) ................... 176

21. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungs­vor­lage (513 d.B.): Beendigung des Übereinkommens über die gegenseitige An­erkennung von Prüfungszeugnissen und Konformitätsnachweisen (595 d.B.) ............................................................................. 176

22. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungs­vorlage (411 d.B.): Übereinkommen zwischen den Vertragsstaaten des Über­einkommens zur Gründung einer Europäischen Weltraumorganisation und der Europäischen Weltraumorganisation über den Schutz und Austausch von der Geheimhaltung unterliegenden Informationen (596 d.B.) ............................................. 176

23. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungs­vorlage (457 d.B.): Übereinkommen zwischen den Mitgliedstaaten der Euro­päischen Union über die Rechtsstellung des zum Militärstab der Europäischen Union abgestellten beziehungsweise abgeordneten Militär- und Zivilpersonals, der Hauptquartiere und Truppen, die der Europäischen Union gegebenenfalls im Rahmen der Vorbereitung und Durchführung der Aufgaben im Sinne des Arti­kels 17 Absatz 2 des Vertrags über die Europäische Union, einschließlich Übungen, zur Verfügung gestellt werden, sowie des Militär- und Zivilpersonals der Mitgliedstaaten, das der Europäischen Union für derartige Aufgaben zur Ver­fügung gestellt wird (EU-Truppenstatut) samt Erklärungen (597 d.B.) ............................................................... 176

24. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungs­vorlage (519 d.B.): Übereinkommen zwischen den Mitgliedstaaten der Euro­päischen Union über Ansprüche eines Mitgliedstaats gegen einen anderen Mitgliedstaat wegen Beschädigung von in seinem Eigentum stehenden, von ihm genutzten oder betriebenen Sachen oder wegen Körperverletzung oder Tod von Mitgliedern des Militär- oder Zivilpersonals seiner Einsatzkräfte im Rahmen einer Krisenbewältigungsoperation der Europäischen Union (598 d.B.) ...................................................................................................................... 177

25. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungs­vorlage (515 d.B.): Beschluss der im Rat der Europäischen Union vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten betreffend die Vorrechte und Immunitäten von ATHENA (599 d.B.) ................................................... 177

26. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungs­vorlage (549 d.B.): Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Chile andererseits samt Anhängen, Schlussakte und Berichtigungs­protokoll (600 d.B.) ...................................................................................................................... 177

Redner:

Dr. Michael Spindelegger .......................................................................................... 177

Peter Schieder ............................................................................................................ 178

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 179

Mag. Ulrike Lunacek .................................................................................................. 180

Wolfgang Großruck ................................................................................................... 182

Anton Heinzl ............................................................................................................... 183

Dr. Reinhard Eugen Bösch ....................................................................................... 184

Carina Felzmann ........................................................................................................ 184

Mag. Christine Muttonen ........................................................................................... 185

Johann Ledolter ......................................................................................................... 186


Nationalrat, XXII.GP
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73. Sitzung / Seite 11

Bundesministerin Dr. Benita Ferrero-Waldner ...................................................... 187

Marianne Hagenhofer ................................................................................................ 188

Walter Murauer ........................................................................................................... 188

Michaela Sburny ......................................................................................................... 189

Genehmigung der sieben Staatsverträge in 594, 595, 596, 597, 598, 599 und 600 d.B.                  190

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG hinsichtlich 596 d.B. ......... 190

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG hinsichtlich 596, 597, 598, 599 und 600 d.B. ............................................................................................................................. 190

27. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den An­trag 428/A (E) der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Mag. Karin Hakl, Petra Bayr, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend rasches Handeln gegen massive Menschenrechtsverletzungen sowie Verbrechen gegen die Menschlichkeit in den Darfur-Provinzen (Sudan) (601 d.B.) .................................................................... 192

Redner:

Mag. Karin Hakl .......................................................................................................... 192

Petra Bayr ................................................................................................................... 192

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 194

Mag. Ulrike Lunacek .................................................................................................. 195

Bundesministerin Dr. Benita Ferrero-Waldner ...................................................... 196

Mag. Walter Posch ..................................................................................................... 197

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 601 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend rasches Handeln gegen massive Menschenrechts­verletzungen sowie Verbrechen gegen die Menschlichkeit in den Darfur-Provinzen (Sudan) (E 68) ................................................................................. 197

Eingebracht wurden

Bericht ........................................................................................................................... 41

III-91: Siebenter Umweltkontrollbericht (Berichtszeitraum 2001 bis 2003); BM f. Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Anträge der Abgeordneten

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die bedingte Entlassung aus dem Strafvollzug im Strafgesetzbuch ausgeweitet wird (435/A)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zuständigkeit zur bedingten Entlassung aus dem Strafvollzug (436/A) (E)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über eine nachhaltige Abfallwirtschaft (Abfallwirtschaftsgesetz 2002 – AWG 2002), BGBl. I Nr. 102/2002, geändert wird (437/A)

Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen betreffend Auswirkungen der Pensions­reform 2003 auf Frauenpensionen im Zusammenhang mit der Harmonisierung der Pensionssysteme (438/A) (E)

Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung der gesetzlichen Grundlagen zur Verwirklichung von Chancengerechtigkeit für Frauen (439/A) (E)


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73. Sitzung / Seite 12

Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Harmonisierung der Pensionssysteme und ihre Auswirkungen auf Frauenpensionen (440/A) (E)

Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Chancengerechtigkeit für Frauen (441/A) (E)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ratifizierung der ILO-Konvention Nr. 169 (442/A) (E)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen betreffend rechtliche Absicherung von gleich- sowie verschiedengeschlechtlichen PartnerInnenschaften durch einen Zivilpakt (ZIP) (443/A) (E)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Telekommunikationsgesetz (TKG 2003) geändert wird (444/A)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend Novellierung des Bau­trägervertragsgesetzes (445/A) (E)

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Walter Posch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Situation in den Erstaufnahmestellen Traiskirchen und Thalham (1993/J)

Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend ÖH-Wahlen (1994/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Atmosfair“ (1995/J)

Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Zuordnungen der Förderungen der Kunstsektion an die Bundesländer (1996/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend weitere Wahrheitsfindung zur Ausschreibung, Vergabe und Systemfunktion des LKW-Mautsystems in Österreich (1997/J)

Georg Oberhaidinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die verstärkte Einführung der Biokraftstoff-Richtlinie in Österreich (1998/J)

Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Personal für LKW-Kontrollstelle an der B 179 bei Musau (1999/J)

Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Personalsituation an der LKW-Kontrollstelle Kundl (2000/J)

Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Personal für LKW-Kontrollstelle an der A 12 bei Radfeld (2001/J)


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73. Sitzung / Seite 13

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Maßnahmen der persönlichen Assistenz am Arbeitsplatz (2002/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Besteuerung der Unfallrenten (2003/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Förderungen, Aufwendungen, Projekte und sonstige Leistungen des Ressorts für das Bundesland Wien (2004/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Förderungen, Aufwendungen, Projekte und sonstige Leistungen des Ressorts für das Bundesland Wien (2005/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Förderungen, Aufwendungen, Projekte und sonstige Leistungen des Ressorts für das Bundesland Wien (2006/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Förderungen, Aufwendungen, Projekte und sonstige Leistungen des Ressorts für das Bundesland Wien (2007/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend Förderungen, Aufwendungen, Projekte und sonstige Leistungen des Ressorts für das Bundesland Wien (2008/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Förderungen, Aufwendungen, Projekte und sonstige Leistungen des Ressorts für das Bundesland Wien (2009/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Förderungen, Aufwendungen, Projekte und sonstige Leistungen des Ressorts für das Bundesland Wien (2010/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend Förderungen, Aufwendungen, Projekte und sonstige Leistun­gen des Ressorts für das Bundesland Wien (2011/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Förderungen, Aufwendungen, Projekte und sonstige Leistungen des Ressorts für das Bundesland Wien (2012/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Förderungen, Aufwen­dungen, Projekte und sonstige Leistungen des Ressorts für das Bundesland Wien (2013/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Förderungen, Aufwendungen, Projekte und sonstige Leistungen des Ressorts für das Bundesland Wien (2014/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Förderungen, Aufwendungen, Projekte und sonstige Leistungen des Ressorts für das Bundesland Wien (2015/J)


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73. Sitzung / Seite 14

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend humanitäre Hilfeleistung im Ausland (2016/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend humanitäre Hilfeleistung im Ausland (2017/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend humanitäre Hilfeleistung im Ausland (2018/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Hilfeleistung im Ausland (2019/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend humanitäre Hilfeleistung im Ausland (2020/J)


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73. Sitzung / Seite 15

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend „Sozialversicherungs­beiträge – Gemeinsame Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben (30.06.2004)“ (2021/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend internationale Verpflichtungen und ihre Einhaltung (2022/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend „Vollziehung Lebensmittelgesetz 2003“ (2023/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Vollziehung Futtermittel­gesetz 2003“ (2024/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend „Wild- und Wildfleischuntersuchungen 2003“ (2025/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Sicherheit in der Zivilluftfahrt – Sicherheit auf Zivilflughäfen und Flugfel­dern“ (2026/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Sicherheit in der Zivilluftfahrt – Sicherheit auf Zivilflughäfen und Flugfeldern“ (2027/J)

Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend rechtliche Absicherung gleichgeschlechtlicher Paare durch die „Eingetra­gene Partnerschaft“ (2028/J)

Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend die Vollziehung des § 207b StGB (Ersatzbestimmung für den menschen­rechtswidrigen § 209 StGB) (2029/J)

Walter Schopf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicher­heit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Überschuldung und Zahlungs­unfähigkeit von privaten Haushalten und Einzelpersonen (2030/J)

Walter Schopf, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit von privaten Haushalten und Einzelpersonen (2031/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend die Anfragebeantwortung zur Anzeigenschaltung in der rechtsextremen „Aula“ (2032/J)

Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „A 7 – Anschluss für die Kepler-Universität“ (2033/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Wein – Kontrolle der Importe“ (2034/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Vollziehung Wein­gesetz 2003 – Kontrolle der Importe“ (2035/J)

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Erstaufnahmezentrum Thalham (2036/J)

Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „angebliche Benachteiligungen von Männern im Scheidungsrecht“ (2037/J)

Mag. Walter Posch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Anti-Folter-Maßnahmen (2038/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Öffent­lichkeitsarbeit des Ressorts (2039/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Öffentlichkeitsarbeit des Ressorts (2040/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Öffentlichkeitsarbeit des Ressorts (2041/J)


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73. Sitzung / Seite 16

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Öffentlichkeitsarbeit des Ressorts (2042/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Öffentlichkeitsarbeit des Ressorts (2043/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Öffentlichkeitsarbeit des Ressorts (2044/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend Öffentlichkeitsarbeit des Ressorts (2045/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Öffentlichkeitsarbeit des Ressorts (2046/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Öffentlichkeitsarbeit des Ressorts (2047/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Öffentlichkeitsarbeit des Ressorts (2048/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Öffentlichkeitsarbeit des Ressorts (2049/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend das Kostenrisiko bzw. die Kostenübernahme von Gerichtsverfahren (2050/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend das Kostenrisiko bzw. die Kostenübernahme von Gerichts­verfahren (2051/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend das Kostenrisiko bzw. die Kostenübernahme von Gerichtsverfahren (2052/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend das Kostenrisiko bzw. die Kostenübernahme von Gerichtsverfahren des Herrn Bundesministers für Finanzen gegen OppositionspolitikerInnen und -parteien (2053/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend das Kostenrisiko bzw. die Kostenübernahme von Gerichtsverfahren (2054/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend das Kostenrisiko bzw. die Kostenübernahme von Gerichtsverfahren (2055/J)


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73. Sitzung / Seite 17

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend das Kostenrisiko bzw. die Kostenübernahme bei Gerichtsverfahren (2056/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend das Kostenrisiko bzw. die Kostenübernahme von Gerichts­verfahren (2057/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend das Kostenrisiko bzw. die Kostenübernahme von Gerichtsverfahren (2058/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend das Kostenrisiko bzw. die Kostenübernahme von Gerichtsverfahren (2059/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend das Kostenrisiko bzw. die Kostenübernahme von Gerichtsverfahren (2060/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend das Kostenrisiko bzw. die Kostenübernahme von Gerichtsverfahren (2061/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundes­ministerin für Gesundheit und Frauen betreffend schwere Lungenschäden durch Popcorn-Zusatz (2062/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Asbest (2063/J)

Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Eurofighter Gegengeschäfte (2064/J)

Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Prüfung des Behördenfunkauftrags (2065/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend ASFINAG-Projekte in Linz (2066/J)

Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissen­schaft und Kultur betreffend Schüler- und LehrerInnendaten 2003/2004 (2067/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Neues Pro­gramm ländliche Entwicklung (2068/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundes­ministerin für Gesundheit und Frauen betreffend weitere Unterstützung des Mädchen- und Frauenzentrums „Die INSEL“ in Scharnstein (2069/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Öffentlichkeitsarbeit des Ressorts (2070/J)

Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend die finanzielle Unterstützung des BMaA für das öster­reichische Institut für europäische Sicherheitspolitik (2071/J)

Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend fälschungssichere Reisepässe und Visa (2072/J)

Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Mitarbeitervorsorge­kassen (2073/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Missstände beim Vollzug des Gefahrgut­beför­derungsgesetzes (2074/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend die nochmalige Abfrage der genauen Aufschlüs­selung der Minderheitenförderung des BMBWK in den Jahren 2000, 2001 und 2002 (2075/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Versagen in der Volksgruppenförderung – Rechnungshofkritik am Bundeskanzleramt (2076/J)

Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Familienfreundlichkeit als Ziel (2077/J)

Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Auslaufen des Projektes „Frauen und neue Technologien“ (2078/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Vereinbarungen zwischen der Österreichischen Bundesforste AG und der Firma Bernegger (Molln) (2079/J)

Barbara Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Umsetzung des Dublin-II-Abkommens (2080/J)

Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Bedachtnahme auf die regionale Versorgungs-Struktur durch Klein- und Mittelbetriebe durch die Bundesbeschaffungs-Gesellschaft m.b.H. (2081/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Strafvollzug in Österreich (2082/J)

Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend unklare Vorgänge im Zusammenhang mit RBB und Apollo Venture Capital Invest (2083/J)

*****

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend Wahrung der Kontrollrechte des Nationalrates (23/JPR)


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73. Sitzung / Seite 18

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Reheis, Kolleginnen und Kollegen (1730/AB zu 1770/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (1731/AB zu 1786/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen (1732/AB zu 1833/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen (1733/AB zu 1834/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (1734/AB zu 1739/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen (1735/AB zu 1753/J)



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73. Sitzung / Seite 19

Beginn der Sitzung: 9 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Andreas Khol, Zweite Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Dritter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die Sitzung ist eröffnet. Ich bitte die Damen und Her­ren, Platz zu nehmen.

Die Amtlichen Protokolle der 71. und 72. Sitzung vom 7. Juli 2004 sind in der Par­lamentsdirektion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Mag. Weinzinger, Dr. Gabriela Moser, Dolinschek und Mag. Trunk.

Mandatsverzicht und Angelobung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Von der Bundeswahlbehörde ist die Mitteilung ein­gelangt, dass Frau Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger auf ihr Mandat verzichtet hat und an ihrer Stelle Herr Mag. Dr. Wolfgang Zinggl in den Nationalrat berufen wurde.

Da der Wahlschein bereits vorliegt und der Genannte im Hause anwesend ist, werde ich sogleich seine Angelobung vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführerin wird der neue Mandatar seine Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ zu leisten haben.

Ich ersuche nunmehr die Schriftführerin, Frau Abgeordnete Astrid Stadler, um die Ver­lesung der Gelöbnisformel.

 


Schriftführerin Astrid Stadler: „Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze und gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.“

 


Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Ich gelobe.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich begrüße den neuen Herrn Abgeordneten herzlich in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)

Fragestunde

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zur Fragestunde, mit der ich jetzt – um 9.02 Uhr – beginne.

Bundesministerium für Landesverteidigung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir kommen zur 1. Anfrage des Abgeordneten Gaál an den Bundesminister für Landesverteidigung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:


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73. Sitzung / Seite 20

85/M

„Wird das österreichische Bundesheer an der ständig strukturierten Zusammenarbeit und der engeren Zusammenarbeit im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik teilnehmen?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zuerst die Unterschiede zwischen strukturierter und enger Zusammenarbeit ganz kurz erklären.

Sie wissen, dass es sich bei der strukturierten Zusammenarbeit um eine Zusam­menarbeit im Rahmen der Europäischen Union handelt und dass es darum geht, dass Mitgliedstaaten die militärischen Fähigkeiten für anspruchsvolle Einsätze erfüllen können, das heißt, dass Mitgliedstaaten im Hinblick auf Missionen mit anspruchsvollen Anforderungen eine festere Verpflichtung eingehen.

Was die engere Zusammenarbeit betrifft, so geht es darum, dass man gegenseitig Bei­stand gewährleistet, wobei die EU-Verfassung vorsieht, dass auf die nationalen und rechtlichen Situationen der Neutralen eingegangen wird beziehungsweise dass diese berücksichtigt werden.

In Zukunft ist es so, dass wir eine nationale Bewertung durchzuführen haben. Der Nationale Sicherheitsrat und natürlich auch das Parlament werden damit befasst werden.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Gaál, bitte.

 


Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Herr Bundesminister! Meine Zusatzfrage lautet: Werden Sie künftig österreichische Soldaten zu internationalen Einsätzen – unter anderem im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik – ohne UNO- oder OSZE-Mandat entsenden?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Eines ist klar: Die Ent­sendungen erfolgen im Rahmen der UN-Mandate, OSZE-Mandate oder auch der Euro­päischen Union. So werden also diese Einsätze durchgeführt, und natürlich wird das Parlament immer wieder damit befasst werden. Aber wenn es sich um Katastrophen­einsätze und dergleichen mehr handelt, ist eine Mandatierung nicht notwendig.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Stadler, bitte.

 


Abgeordnete Astrid Stadler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Im Rahmen der Europäischen Union gibt es massive Bemühungen, eine Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu erreichen. Denken Sie daran, mit anderen europäischen Armeen Kooperationen einzugehen?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Frau Abgeordnete! Das ist natürlich eine sehr wichtige Zielsetzung. Wir betreiben derzeit schon eine intensive Zusammenarbeit mit vielen Partnern. Ein Beispiel dazu: Wir haben derzeit in Bosnien-Herzegowina 150 Soldaten, und da gibt es eine Zusammenarbeit mit Slowenien.

Dadurch, dass Ihre Frage in diese Richtung geht, kann ich sie folgendermaßen beantworten: Ja, wir streben eine Zusammenarbeit vor allem mit unseren neuen EU-Partnern intensivst an.

 



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Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage stellt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. – Bitte.

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wie wird in Zukunft ein österreichischer Beitrag im Zusammenhang mit der Solidarität gegen den Terrorismus im Rahmen des Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspaketes ausschauen?

 



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Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Es ist in der EU-Verfas­sung die Solidaritätsklausel vorgesehen, die genau in diese Richtung geht, wobei ich bei der Solidaritätsklausel dazusagen muss, dass es dabei nicht nur um Terrorabwehr geht. Die Terrorabwehr im Bereich der Solidaritätsklausel geht in Richtung nicht­staatliche Organisationen. Zusätzlich kommen auch noch Naturkatastrophen hinzu. – Das hat Österreich eingebracht, dass im Rahmen der Solidaritätsklausel auch die Naturkatastrophen berücksichtigt sind.

Wir werden hier unseren Beitrag leisten, haben immer ein klares Bekenntnis dazu abgegeben, insbesondere im Bereich ABC-Abwehrkräfte, Such- beziehungsweise Rettungsdienste, aber auch militärische Wasseraufbereitungsanlagen. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage formuliert Herr Abgeordneter Dr. Pilz. – Bitte.

 


Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Herr Bundesminister! Wie Sie und auch wir wissen, beträgt der Durchschnitt der Militärausgaben bei den derzeitigen Kandidaten der strukturierten Zusammenarbeit etwa 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Für Österreich würde dieses Mitziehen mehr als eine Verdoppelung der Militärausgaben bedeuten. Deswegen frage ich Sie, Herr Bundesminister: Sind Sie, wie es das Außen­ministerium ständig fordert, bereit, unter allen Umständen von Anfang an an dieser strukturierten Zusammenarbeit teilzunehmen?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Herr Abgeordneter, Sie wissen, dass das eine Beurteilung innerhalb Österreichs sein wird. Wir haben auch in der Bundesheerreformkommission und im Nationalen Sicherheitsrat festgelegt, dass das Präsidium der Bundesheerreformkommission damit befasst werden soll, wie wir uns im Bereich der strukturierten Zusammenarbeit verhalten werden, und dann wird es eine nationale Entscheidung dafür geben. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Damit ist der 1. Fragenkomplex erledigt.

Wir kommen nun zur 2. Anfrage, und zwar ist das die des Herrn Abgeord­neten Murauer. – Bitte.

 


Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Herr Bundesminister! Einer der wesentlichsten Erfolge der Bundesheerreformkommission ist, ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter, formulieren Sie Ihre Frage!

 


Abgeordneter Walter Murauer (fortsetzend): Meine Frage lautet:

82/M

„Wie beabsichtigen Sie, die im jüngst vorgelegten Bericht der Bundesheerreform­kommission enthaltenen Anregungen umzusetzen?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Zuerst herzlichen Dank dafür, dass wir bei diesem Reformprozess einen überparteilichen Konsens erzielt haben. Mein Dank gilt vor allem dem Vorsitzenden der Bundesheerreformkommission, Dr. Helmut Zilk, aber auch den Wehrsprechern und Friedenssprechern, die da sehr intensiv mitgearbeitet haben.

Ich möchte betonen, dass wir einen nie da gewesenen überparteilichen Konsens in dieser sicherheits- und verteidigungspolitischen Frage erreicht haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Die weitere Vorgangsweise wird so sein, dass wir jetzt die Planung der Streitkräfte durchführen. Die Empfehlungen der Bundesheerreformkommission werden eine sehr gute Basis und hervorragende Rahmenbedingungen für eine ganz exakte, seriöse Planung der Streitkräfte sein.

Am Beginn des Jahres 2005 werden wir uns parlamentarisch damit auseinander zu setzen haben. Das Jahr 2005 wird das Jahr der Reform des österreichischen Bundes­heeres sein, damit wir schrittweise bis zum Jahre 2010 das österreichische Bundes­heer neu umgesetzt haben.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Murauer, bitte.

 


Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Herr Bundesminister! Es erhebt sich nun die Frage: Wie soll das Bundesheer der Zukunft konkret aussehen?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Das Bundesheer der Zukunft soll schlanker, effizienter, aber insbesondere internationaler werden. Die Auf­gaben müssen wir uns neu anschauen:

Natürlich werden wir weiterhin die internationalen Aufgaben und die nationalen Aufgaben erfüllen müssen: Unter nationalen Aufgaben verstehe ich auch die Katastropheneinsätze, Luftraumüberwachung, aber auch den Schutz der Bevölkerung. Vermehrt werden aber internationale Aufgaben auf uns zukommen, denn eines ist klar: Österreich kann nur dann sicher sein, wenn wir ein sicheres Umfeld haben. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage formuliert Herr Abgeordneter Lichtenegger. – Bitte.

 


Abgeordneter Elmar Lichtenegger (Freiheitliche): Herr Minister! Wie sieht im Rahmen der Bundesheerreformkommission die Zukunft des österreichischen Heeres­sport­zentrums aus?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Das Heeressportzentrum ist eine wichtige Einrichtung im österreichischen Bundesheer, aber hier gilt ebenfalls – so wie auch für andere Themen –, dass wir zuerst die Streitkräfteentwicklung planen müssen. Dabei werden all diese Bereiche, auch Einzelbereiche, mit berücksichtigt werden, und eine klare Antwort wird dann im Jahre 2005 zu geben sein.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage formuliert Herr Abgeordneter Dr. Pilz. – Bitte.

 


Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Herr Bundesminister! Auf Grund der Emp­fehlungen der Bundesheerreformkommission wissen wir, dass mindestens die Hälfte aller Kasernen in naher Zukunft geschlossen werden muss. Sind Sie bereit, auch


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gegen den Willen der Landeshauptleute die Schließung dieser Kasernen, insbeson­dere in Westösterreich, durchzusetzen?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Diese Frage gilt natürlich für Gesamtösterreich. Ich habe bereits mit allen Landeshauptleuten Kontakt aufgenom­men und diese Angelegenheit besprochen. Eines ist klar: Zuerst müssen wir eine sehr seriöse Vorgangsweise wählen, nämlich die Planung der Streitkräfte.

Zweitens ist auch klar, dass wir nicht alle Liegenschaften und Kasernen halten können. Daher werden wir einen nachvollziehbaren Weg finden, und ich werde nach der Planung der Streitkräfte auch mit den Landeshauptleuten das Gespräch führen. Ich werde aber nicht nur über Kasernenstandorte diskutieren, sondern darüber hinaus auch darüber: Was erwartet sich ein Bundesland vom österreichischen Bundesheer, von den Aufgaben beginnend bis zur Organisation und Struktur im Bundesland? Und letztlich geht es auch um Kasernenschließungen.

Klar ist: Es müssen auch Standorte geschlossen werden.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage formuliert Frau Abgeordnete Stadlbauer. – Bitte.

 


Abgeordnete Bettina Stadlbauer (SPÖ): Herr Bundesminister! Wann und wie werden Sie die Bediensteten, die Personalvertretung und die Gewerkschaft über die vollen Auswirkungen der Reform informieren?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Mir ist es sehr wichtig, dass bei diesem Reformprozess alle mit eingebunden werden. Ich habe kürzlich auch mit Abgeordnetem Neugebauer darüber gesprochen, dass auch Vereinbarungen mit der Gewerkschaft gemacht werden.

Mir ist es sehr wesentlich, dass wir eine Reform zustande bringen, dass wir eine breite Zustimmung dafür bekommen, dass wir eine Zustimmung von der Personalvertretung und Gewerkschaft bekommen. Deshalb ist in allen Anweisungen, die ich getroffen habe – auch Ministeranweisungen –, der Hinweis enthalten, dass die Personal­vertre­tung und die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst in diesen Reformprozess mit ein­gebunden werden müssen. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Den 3. Fragenkomplex leitet Herr Abgeordneter Dr. Pilz ein. – Bitte.

 


Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

88/M

„Wozu braucht die Republik Österreich nach dem Beitritt der neuen EU-Mitglieds­staaten zu ,Schengen’ noch Präsenzdiener?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Wenn wir von Präsenz­dienern sprechen, dann muss ich sagen: Die Bundesheerreformkommission hat festgelegt und die Empfehlungen ausgegeben, dass wir den Grundwehrdienst auf sechs Monate verkürzen können – und ich stehe dazu. Das ist die Ausgangsbasis für die Planung.


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Wie schaut das in Zukunft aus? Welche Aufgaben werden die Grundwehrdiener haben? – Es sind dies Aufgaben im Inland, wie zum Beispiel Schutz der Bevölkerung, Grenzdienst, darüber hinaus aber auch Assistenzeinsätze im Bereich der Katastro­phen­hilfe. Wir haben auch die Möglichkeit der Personalgewinnung für künftige Berufs­soldaten, aber auch Militärpersonen auf Zeit. Darüber hinaus können wir im Rahmen des Grundwehrdienstes dafür werben, dass sich junge Leute bereit erklären, freiwillige Auslandseinsätze zu machen.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Pilz, bitte.

 


Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Herr Bundesminister! Sie wissen, dass mit der Schengen-Osterweiterung – ab diesem Tag werden wir in Österreich keine Ostgrenze mehr polizeilich und militärisch bewachen müssen – die Notwendigkeit der Präsenz­diener endgültig entfällt. 14 400 Präsenzdiener von 15 000 werden dann nicht mehr gebraucht. (Rufe bei der ÖVP: Frage!) Die Reformkommission hat in Aussicht genommen, die Wehrpflicht auszusetzen.

Herr Bundesminister! Welche Schritte gedenken Sie einzuleiten, damit Österreich in der Lage ist, mit der Schengen-Osterweiterung den Präsenzdienst abzuschaffen?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Die Basis der Planungen in unserem Hause, unserer Experten, des Projektmanagements 2010 sind die Emp­fehlungen der Bundesheerreformkommission. Auf dieser Basis werden die Planungen der Streitkräfte durchgeführt.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage formuliert Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Kummerer. – Bitte.

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Werner Kummerer (SPÖ): Herr Bundesminister! Daran möchte ich anschließen: Zurzeit macht die Mobilmachungsstärke etwa 110 000 Mann aus. Welche Mobilmachungsstärke wird das österreichische Bundesheer nach dem Ende des Assistenzeinsatzes an der österreichischen Grenze, also im Endausbau der Reform, haben?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Herr Abgeordneter! Die Bedrohungslage hat sich sehr verändert. Wir sind Gott sei Dank nicht mehr in der Situation, dass wir zwischen zwei Fronten liegen. Angepasst an die Bedrohungslage können wir eine doch sehr starke Reduzierung der Mobilmachungsstärke vornehmen.

Derzeit haben wir 110 000 Soldatinnen und Soldaten, und es ist eine Verkürzung dieser Mobilmachungsstärke auf zirka 50 000 bis 55 000 denkbar.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Abgeord­neter Freund zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Herr Bundesminister! Die allgemeine Wehrpflicht wird auch in Zukunft in Österreich eine wichtige Bedeutung haben, sei es für humani­täre Einsätze oder für den militärischen Schutz. Wie hoch wird der Grund­wehr­dieneranteil in der Zukunft sein?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Das hängt natürlich von der Planung der Streitkräfte ab. Es ist nämlich sehr unseriös, wenn man einzelne Teile herausnimmt und keine Gesamtplanung macht. Daher: zuerst Planung der Streitkräfte und dann – wie das die Empfehlungen der Bundesheerreformkommission zum


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Ausdruck gebracht haben – Schätzung des Bedarfs der Grundwehrdiener. Da denke ich gerade auch an die vielen Katastropheneinsätze.

Die Bevölkerung in Österreich ist sehr daran interessiert, dass im Katastrophenfalle ausreichendes Personal, Soldatinnen und Soldaten, zur Verfügung steht. Wir haben die Verantwortung, die Ressourcen zur Verfügung zu stellen, und das werden wir auch in Zukunft machen. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage formuliert Herr Abgeordneter Dr. Bösch. – Bitte.

 


Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Kann man ausschließen, dass es nach Beendigung des Grenzeinsatzes des österreichischen Bundesheeres jemals wieder zu einem personalintensiven und anspruchsvollen Assistenzeinsatz kommen wird?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Man soll sich zu dem Zeitpunkt, wenn Reformen geplant werden, nicht von vornherein festlegen. Aber die Grundwehrdiener werden überhaupt zu keinen Auslandseinsätzen herangezogen, das beruht auf freiwilliger Basis. (Abg. Scheibner: Assistenzeinsätze!) Anspruchsvolle Assistenzeinsätze sind nicht geplant. Die Grundwehrdiener werden nur für jene Tätigkeiten herangezogen, die wir jetzt machen. Auch künftig wird das so gemacht werden.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Damit haben wir den Fragenkomplex, den Herr Abgeordneter Dr. Pilz eingeleitet hat, erledigt.

Der nächste Fragenkomplex wird von Herrn Abgeordnetem Dr. Bösch mit seiner Frage begonnen. Herr Kollege, bitte formulieren Sie Ihre Frage.

 


Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

90/M

Wie wollen Sie den Heimatschutz, das ist die flächendeckende Assistenzfähigkeit des Bundesheeres bei Naturkatastrophen oder gegen neue Bedrohungen, wie etwa den internationalen Terrorismus und illegale Immigration, im Rahmen der Bundesheer­reform sicherstellen?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Unter dem Heimatschutz verstehen Sie Aufgaben im Inland, jene Aufgaben, die Sie genannt haben und die von besonderer Bedeutung sind. Ich werde garantieren, dass künftig mindestens 10 000 Soldatinnen und Soldaten für diese Aufgabe zur Verfügung stehen.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Bösch, bitte.

 


Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Welche Rolle sollen nach Ihrer Auffassung die neuen Militärkommandos in der Sicherstellung des Heimatschutzes spielen?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Ich habe diesbezüglich mit den Landeshauptleuten schon Gespräche geführt. Aber zuerst muss die Planung gemacht werden. Ich bitte um Verständnis, dass diese Frage erst dann seriös


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beantwortet werden kann, wenn wir die Planung der Streitkräfte machen. Und daraus resultiert dann auch die Konsequenz für die Länder.

Ich werde mich jetzt zum gegebenen Zeitpunkt noch nicht festlegen, wie die Struktur in den einzelnen Bundesländern ausschauen wird. Aber klar ist, dass in jedem Bun­des­land auch das österreichische Bundesheer präsent sein wird. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Abgeord­nete Mag. Stoisits zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Guten Morgen, Herr Bundesminister! Als Erstes wollte ich Sie höflich darauf hinweisen, dass die Bundesheerreform­kommission ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Sie haben eine Frage zu stellen, Frau Abgeordnete!

 


Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (fortsetzend): Die Bundesheerreformkommission hat es abgelehnt, den Begriff „Heimatschutz“ zu verwenden. Ich möchte Sie nur bitten, das zu respektieren. Wenn die FPÖ dieses Wort verwendet, ist das ihr Problem, aber Sie sind unser Verteidigungsminister. (Beifall bei den Grünen. – Rufe bei der ÖVP: Frage!)

Meine Frage lautet: Unter dem Titel „Schutz 04“ hat das Bundesheer eine große Übung abgehalten, die der Terrorismusabwehr und dem Schutz vor Terrorismus gedient hat. Diese Übung endete mit einer Übung mit Kampfpanzern und Artilleriefeuer. Glauben Sie tatsächlich, Herr Bundesminister, dass man mit Kampfpanzern und Artilleriefeuer Österreich vor Terrorismus schützen kann?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Zum Ersten: Ich habe auf die Frage betreffend Heimatschutz gesagt, dass damit vermutlich die Aufgaben im Inland gemeint sind.

Der zweite Punkt ist: Diese Übung „Schutz 04“ war eine zweiteilige Übung. Einerseits haben wir die klassischen Übungen durchgeführt und andererseits Übungen im Bereich der Terrorabwehr. Ich möchte schon eines sagen, weil da oder dort diese Übung kritisiert wurde: Mir ist es äußerst wichtig, dass das österreichische Bundesheer die Fähigkeiten hat, dass es im Falle eines Terroranschlages – was wir alle nicht hoffen – zur Verfügung steht. Wir müssen schauen, dass das österreichische Bun­desheer im Rahmen eines sicherheitspolizeilichen Einsatzes zum Schutz der Öster­reicherinnen und Österreicher alles gewährleisten kann. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage formuliert Frau Abgeordnete Hagenhofer. – Bitte.

 


Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Zurzeit sind die Truppenübungen, die eine wichtige Schulungs- und Trainings­maßnahme für die Milizsoldatinnen und -soldaten sind, ausgesetzt. Wann und vor allen Dingen in welcher Form werden diese Truppenübungen wieder durchgeführt werden?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Damit man ganz ein­deutig sieht, in welche Richtung das geht, möchte ich sagen: Es werden natürlich weiterhin Übungen durchgeführt, auch mit den Milizkadersoldaten wird geübt. Das ist sehr notwendig. Was nicht mehr gemacht wird, sind Truppenübungen. Diesbezüglich ist angeordnet, dass das Aussetzen der Truppenübungen bis Ende des Jahres 2005


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dauern wird. Wir werden im Jahre 2005 eine Bewertung darüber vornehmen, ob ab dem Jahre 2006 Truppenübungen wieder abgehalten werden oder nicht.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage formuliert Herr Abgeordneter Ledolter. – Bitte.

 


Abgeordneter Johann Ledolter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Da weit reichende Entscheidungsfindungen beziehungsweise wichtige Klausuren auch in meiner Heimatgemeinde Reichenau im Schloss Rothschild stattgefunden haben (Rufe bei der SPÖ: Frage!), hätte ich gerne gewusst: Wie viele Soldaten wird das Bun­desheer in Zukunft im Aktivstand haben?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Wir streben an, dass keine Reduktion der Bediensteten und Soldaten erfolgt. Das heißt, wir sind derzeit auf einem Niveau von zirka 24 500 Leuten. Ausgangsbasis der Planung ist, dass wir diesen Stand ungefähr beibehalten, aber dass wir auch eine Reduktion im Bereich der Mobilmachungsstärke vornehmen. Es wurde immer wieder falsch verstanden: Wenn man von einer Reduktion der Gesamtstärke des österreichischen Bundesheeres spricht, so geht es darum, dass wir die Mobilmachungsstärke zurücknehmen, aber wir werden danach trachten, damit wir weiterhin die Fähigkeit für Inlands- und Aus­landsaufgaben haben, dass der Stand der Bediensteten und Soldatinnen und Soldaten ungefähr gehalten wird.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Den 5. Fragenkomplex leitet Frau Abgeordnete Pfeffer ein. – Bitte.

 


Abgeordnete Katharina Pfeffer (SPÖ): Herr Bundesminister, meine Frage lautet:

86/M

„Wann werden Sie den Entwurf eines Bundesgesetzes vorlegen, mit dem der Wehrdienst auf sechs Monate verkürzt wird?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Die Verkürzung des Wehrdienstes auf sechs Monate ist eine Empfehlung der Bundesheerreform­kommis­sion, wurde ausreichend diskutiert und ist eine gute Basis für die Zukunft. Die Vor­gangsweise ist eindeutig. Wir planen jetzt die Streitkräfte, dann ist als ein Punkt auch der Grundwehrdienst dabei. Wir werden beim Grundwehrdienst den Fortschritt der Reform zu bewerten haben. Wichtig ist, dass wir da einen sehr engagierten Fortschritt haben werden, damit die gesamte Struktur des österreichischen Bundesheeres auch mit dem Grundwehrdienst übereinstimmt. Darüber hinaus ist es natürlich auch not­wendig, zu betrachten, in welchem Ausmaß die Soldatinnen und Soldaten an der Grenze weiterhin gebraucht werden. Das heißt, die parlamentarische Entscheidungs­findung wird spätestens im ersten Halbjahr 2005 erfolgen.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


Abgeordnete Katharina Pfeffer (SPÖ): Herr Bundesminister! Wie können Sie trotz einer Verkürzung des Grundwehrdienstes wahrscheinlich ab 1. Jänner 2006 den lückenlosen Assistenzeinsatz an der Staatsgrenze sicherstellen?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Ich gehe davon aus, dass Sie ebenfalls der Meinung sind, dass eine Verkürzung des Grundwehrdienstes auf


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sechs Monate sinnvoll ist. So habe ich das jedenfalls wahrgenommen. Der Assistenzeinsatz ist eine Aufgabe des Innenministeriums, der Exekutive. Das öster­reichische Bundesheer ist im Rahmen des sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsatzes gefordert, wenn Anforderungen vorliegen, eben zur Verfügung zu stehen. Man wird jetzt zu beobachten haben, wann die Schengen-Reife erreicht ist und wie und in welchem Ausmaß das österreichische Bundesheer künftig benötigt wird. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage formuliert Herr Abgeordneter Pack. – Bitte.

 


Abgeordneter Jochen Pack (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Als einer der Jüngsten hier und als Student – der verkürzte Präsenzdienst dauert dann ja nur mehr zirka ein Semester – lautet meine Frage: Wie viele Ansuchen auf Aufschub oder Befreiung von der Präsenzdienstpflicht erwarten Sie dann?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Derzeit haben wir eine Situation, dass diese Ansuchen ungefähr gleich viel sind wie früher. Ich erwarte mir schon, dass jetzt auf Grund der Tatsache, dass eine Diskussion rund um die Verkürzung des Grundwehrdienstes stattfindet, mehr Ansuchen um Aufschub kommen werden. Daher ist es meine Intention, dass wir so rasch wie möglich Sicherheit haben: einerseits Planungssicherheit für das österreichische Bundesheer und andererseits auch eine Sicherheit für die jungen Leute, dass sie wissen, ab wann mit der Verkürzung des Grundwehrdienstes zu rechnen sein wird. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Frage formuliert Herr Abgeordneter Wittauer. – Bitte.

 


Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Da für Frau Abgeordnete Stoisits Heimatschutz nicht wichtig ist, möchte ich sagen: Für uns Freiheitliche ist Heimatschutz ein wesentlicher Teil und Aufgabe des Bundesheeres.

Meine Frage lautet: Wie können Sie eine Verkürzung des Grundwehrdienstes trotz der Empfehlung der Bundesheerreformkommission und Ihrer Aussage im Bundesrat vom 1. Juli, dass Ausmaß und Dauer des Dienstes an der Grenze ausschlaggebend sind, rechtfertigen?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Ich habe immer gesagt, dass zwei Faktoren wichtig sind. Der erste Faktor ist der Fortschritt der Reform, dass wir eben sehr engagiert weiterkommen. Ich lade auch hier im Hohen Haus alle dazu ein, diesen Reformschritt mitzugehen, damit wir bei den Beschlussfassungen eine breite Basis im Parlament bekommen. Beim zweiten Faktor geht es auch darum, in welchem Ausmaß wir künftig an der Grenze tätig sein werden.

Ich strebe an, dass wir eine völlig neue Reform des Grundwehrdienstes machen müssen, die an die derzeitige Bedrohungslage angepasst ist. Das heißt, man muss sich die Ausbildung im Grundwehrdienst anschauen. Derzeit ist es so, dass die klassische Grundausbildung zwei Monate dauert und die waffeneigene Ausbildung wiederum zwei Monate. Daher bin ich der Meinung, dass eine Reduktion der Aus­bildungsphase nötig sein wird, damit wir auch dann eine entsprechende Nutzungs­phase der Grundwehrdiener für bestimmte Aufgaben haben. Diesbezüglich werden wir ein seriöses Konzept vorlegen, und das Parlament wird letztlich entscheiden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 



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Präsident Dr. Andreas Khol: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Pilz, bitte.

 


Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Herr Bundesminister! Weil Österreich spätes­tens im Jahr 2010 keine Präsenzdiener mehr benötigen wird, hat die Bundesheer­reformkommission empfohlen, den Ausstieg aus der Wehrpflicht zu ermöglichen. Ich frage Sie daher, Herr Bundesminister: Werden Sie Vorsorge treffen, damit ein mög­licher Beschluss über die Abschaffung der Wehrpflicht spätestens 2010 auch sofort umgesetzt werden kann?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Ich konnte in diesem Papier nicht erkennen, dass definitiv zum Ausdruck gebracht wurde, dass ab dem Jahre 2010 keine Grundwehrdiener mehr notwendig sind, sondern dass die Möglichkeit eröffnet wurde, dass das unter Umständen sein kann. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich möchte mir ganz genau anschauen, wie die Bedrohungssituation ist. Ich werde mir genau anschauen, wie die Planungen der Streitkräfte durch unsere Experten durch­geführt werden. Ich halte noch einmal fest, dass die Empfehlungen der Bundesheer­reformkommission für mich die Basis für die Planung der Streitkräfte sein werden. Daher werden wir in einem Prozess, den ich mit allen Wehrsprechern und Friedens­sprechern gemeinsam machen möchte, dieses Thema besprechen. Ich lade Sie auch herzlich dazu ein, hier mitzutun, damit wir Schritt für Schritt eine seriöse Überlegung durchführen, wie das österreichische Bundesheer im Jahr 2010 ausschauen wird.

Aber eines steht im Vordergrund: Im Vordergrund steht, dass wir den absoluten Schutz und die Sicherheit für die Österreicherinnen und Österreicher auch in Zukunft zu gewährleisten haben werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Den 6. Fragenkomplex leitet Herr Abgeordneter Schöls mit seiner Frage ein. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Alfred Schöls (ÖVP): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

83/M

„Wie ist der aktuelle Stand der Übergangslösung bei den Luftraum­überwachungs­flugzeugen?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Das war für mich als Verteidigungsminister und für unser Haus eine sehr große Herausforderung, denn Tatsache ist, dass der Draken-Betrieb ausläuft. Der Draken wird bei uns derzeit noch geflogen; Österreich ist aber das einzige Land, das noch einen Draken-Betrieb hat. Die Eurofighter werden erst im Jahre 2007 eingesetzt werden. Wichtig war daher, eine lückenlose Luftraumüberwachung sicherzustellen.

Sehr aktuell kann ich Ihnen sagen, dass es den Beschluss gibt, dass ich als Verteidi­gungsminister mit der Schweiz diese F-5-Lösung abschließen soll. In diesem Zusam­menhang habe ich ja hier im Nationalrat versprochen, dass wir im Juli 2004 die ersten vier F-5 zur Verfügung haben werden.

Heute werden wir in Graz einen Festakt durchführen, weil eben bereits die ersten vier F-5 zur Verfügung stehen. Die Piloten sind bereits ausgebildet, sodass ab sofort diese vier F-5 eingesetzt werden können. Die nächsten vier F-5-Flugzeuge werden zu Beginn des Jahres 2005 kommen; Mitte des Jahres 2005 die nächsten vier. Das heißt,


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dass wir mit dem Draken-Betrieb und dann durch den Einsatz der Eurofighter – eben mit der Zwischenlösung F-5 – eine perfekte und lückenlose Luftraumüberwachung haben: im Interesse der Sicherheit der österreichischen Bevölkerung! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Schöls, bitte.

 


Abgeordneter Alfred Schöls (ÖVP): Herr Bundesminister, Sie haben betont, dass Sie Ihre Verantwortung mit der Zwischenlösung F-5-Luftraumüberwachung wahrgenom­men haben.

Meine Frage: Wann werden die neuen Luftraumüberwachungsflugzeuge vom Typ Eurofighter in Österreich zur Verfügung stehen?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Die Vorgangsweise in Bezug auf den Einsatz der Eurofighter ist klar geregelt: Im Jahre 2007 werden wir die ersten vier bekommen, im Jahre 2008 zwölf und im Jahre 2009 die restlichen, sodass wir also insgesamt 18 Eurofighter für eine aktive Luftraumüberwachung in den nächsten 30 bis 40 Jahren zur Verfügung haben werden.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Fauland, bitte.

 


Abgeordneter Markus Fauland (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Eine Frage zu den F-5: Gibt es Überlegungen, die F-5 auch nach dem Abschluss des Zulaufes der Eurofighter als Trainingsflugzeug zur Ausbildung der Heerespiloten weiter zu betreiben?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Diesbezüglich habe ich eine Vereinbarung mit der Schweiz getroffen, und zwar mit dem Schweizer Vertei­digungsminister, Bundesrat Samuel Schmid, der ja übrigens heute auch um 11 Uhr bei diesem Festakt dabei sein wird. Und ich darf dazu sagen: Dabei handelt es sich um eine ausgezeichnete Kooperation zwischen der Schweiz und Österreich, wobei diese Vereinbarung in die Richtung geht, dass wir diese zwölf F-5 für 48 Monate zur Verfügung haben, sodass es einen guten Übergang gibt, bis wir eben die Eurofighter haben werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mag. Kogler, bitte.

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Bundesminister! Diese Zwischen­lösung ist ja deshalb notwendig geworden, weil Eurofighter/EADS vertragsgemäß erst im Jahre 2007 liefert, obwohl im Jahre 2005 hätte geliefert werden müssen.

Ich richte daher an Sie die Frage, Herr Bundesminister, ob Sie ausschließen können, dass durch diese enormen Zusatzkosten, eben mit dieser Zwischenlösung, Eurofighter nicht längst Schlechtbieter ist und damit der Vorwurf der Milliardenschiebung gegen die Bundesregierung eine gewisse Berechtigung hat. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Erster Punkt: Eurofighter ist Bestbieter. Das hat auch der Rechnungshof in seinem Bericht festgehalten – und das wissen Sie! (Abg. Dr. Puswald: So nicht! – Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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Zweiter Punkt: Es hat keine Verschiebung, wie Sie gesagt haben, auf das Jahr 2007 gegeben, denn im Vertrag ist klar festgelegt worden, dass im Jahre 2007 die ersten Eurofighter zur Verfügung stehen werden.

Dritter Punkt: Fest steht, dass das eine äußerst kostengünstige Lösung ist. 75 Millionen € werden für die zwölf F-5 aufgewendet werden, und zwar inklusive Betriebskosten und Benzin – und kein Cent mehr!

Wenn wir den Draken-Betrieb weitergeführt hätten, hätte das zweifelsohne mehr als diese F-5-Lösung gekostet. Ich bin daher froh darüber, ja stolz darauf, dass wir so eine hervorragende Lösung erzielen konnten! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Kogler, mit dem Ausdruck „Milliardenschiebung“ rütteln Sie sozusagen am „Ordnungsruf-Baum“. Ich würde bitten, sich in der weiteren Debatte mit solchen Ausdrücken zurückzuhalten! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Eine weitere Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Schasching. – Bitte.

 


Abgeordnete Beate Schasching (SPÖ): Herr Verteidigungsminister! So, wie Sie das zuvor gesagt haben, steht das nicht im Rechnungshofbericht; das möchte ich hier schon noch betonen!

Auf die Eurofighter insgesamt und auf die Kostenfrage zurückkommend, Herr Bundes­minister: Wie hoch sind die Gesamtkosten – Kauf, Finanzierung und Betrieb – für diese sündteuren Eurofighter, die ab 2007 bis 2017 anfallen werden?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Erstens: Ich halte noch einmal fest und lege Wert darauf, dass man die Tatsachen nennt, wie sie sind. Im Rechnungshofbericht wurde klar festgestellt, dass Eurofighter/EADS Bestbieter war. Der Rechnungshofbericht beweist klar, dass es keinerlei Manipulationen gegeben hat – und weiters hat der Rechnungshof festgehalten, dass die Experten unseres Ministeriums ausgezeichnet gearbeitet haben. Ich würde bitten, das einmal zur Kennt­nis zu nehmen – und hier nicht, und zwar permanent, falsche Darstellungen zu machen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zweitens, was die Eurofighter betrifft – ich bin zwar der Meinung, dass wir jetzt eigentlich über die F-5 reden, die Gegenstand dieser Frage waren –: Im Vertrag steht eindeutig, dass 18 Stück Eurofighter, inklusive Logistiksystem und dergleichen mehr, 1,959 Milliarden € kosten werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Kräuter: Was hat da der Rechnungshof dazu gesagt?)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir kommen nun zum 7. Fragenkomplex, der durch die Frage des Herrn Abgeordneten Mag. Kogler eingeleitet wird. – Bitte.

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Bundesminister, meine Frage lautet:

89/M

„In welcher Höhe bewegt sich die im Falle einer Vertragsauflösung an EADS zu leistende Pönale, so lange noch nicht mit der Produktion der für Österreich bestimmten Eurofighter Typhoon begonnen worden ist?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Da Sie von „Vertrags­auflösung“ gesprochen haben, dazu eine allgemeine Bemerkung: Ich denke nicht im


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Geringsten daran, diesen Vertrag zu lösen, denn eine Vertragsauflösung würde bedeuten, dass wir in Zukunft keine Luftraumüberwachung haben!

Da wäre schon die Frage zu stellen: Wer übernimmt die Verantwortung, wenn tatsächlich irgendetwas passiert?! (Abg. Dr. Jarolim: Ich glaube, das ist nicht Sinn der Frage!) Wir von der österreichischen Bundesregierung haben die Verantwortung dafür, der Bevölkerung Österreichs absolute Sicherheit, und zwar sowohl am Boden als auch in der Luft, zu gewährleisten. Daher werden wir diesen Vertrag natürlich nicht auflösen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Brosz: Antwort auf die Frage!)

Zu Ihrer Frage bezüglich Pönale: Vertraglich ist alles eindeutig geregelt, so auch, dass das Bundesministerium für Landesverteidigung im Falle einer Auflösung dieses Vertrages all jene Kosten zu ersetzen hätte, die bisher angefallen sind.

Nochmals: Eine Vertragsauflösung wird es nicht geben! Die Bundesregierung hat zu garantieren, dass es in Österreich eine aktive Luftraumüberwachung zur Sicherheit der österreichischen Bevölkerung gibt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mag. Kogler, bitte.

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Bundesminister! Da unsere Bun­des­verfassung nicht festlegt, dass ausgerechnet das teuerste Produkt für diesen von Ihnen so gewürdigten Zweck gekauft werden muss (Zwischenrufe bei der ÖVP), stelle ich an Sie die Frage, wann Sie endlich bereit sein werden, dem Parlament, dem das zusteht, diese Verträge – außer eben das, was unter militärische Geheimhaltung fällt – endlich offen zu legen, sodass wir hier Kontrollmöglichkeiten haben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Zum wiederholten Male stelle ich hier fest, dass Eurofighter Bestbieter war! (Abg. Dr. Puswald: Zum wieder­holten Male nicht richtig!) Und als Vorsitzender des Rechungshofausschusses wissen Sie auch ganz genau, dass das der Fall ist, Herr Abgeordneter Kogler!

Weiters: Diese Verträge unterliegen einerseits, was die militärische Geheimhaltung betrifft, der Amtsverschwiegenheit, und zum Zweiten unterliegen sie der Amtsver­schwiegenheit, wenn es sich um Bestandteile der Verträge handelt, die im Bereich des wirtschaftlichen Interesses unseres Geschäftspartners stehen. Daher kann dieser Vertrag nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. (Abg. Dr. Puswald: Das ist unfassbar!)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Lackner, bitte.

 


Abgeordneter Manfred Lackner (SPÖ): Herr Bundesminister! Haben Sie den dritten Teil der Rechnungshofprüfung zur Eurofighter Typhoon-Beschaffung in Rohberichts­form bereits erhalten?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Ja, ich habe das erhalten. Unsere Experten werden das jetzt behandeln. Der Rohbericht ist vertraulich zu halten, und ich werde alles daransetzen, dass diese Vertraulichkeit gegeben sein wird. (Abg. Brosz: Kann mir schon vorstellen, was drinsteht!) Wenn Sie sich erinnern, so war es das letzte Mal nämlich so, dass Teile des Rechnungshof-Rohberichtes nach außen gegangen sind. Es wurde dann von Ihrer Fraktion Anzeige gegen unbekannte Täter und mich erstattet, die Staatsanwaltschaft hat aber innerhalb einer Woche diese


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Anzeige zurückgelegt. – Ich möchte damit nur begründen, dass dieser Rech­nungs­hofbericht natürlich behandelt wird.

Wenn der Bericht nach Einarbeitung der Stellungnahme des Bundesministeriums für Landesverteidigung zur Gänze vorliegt, wird er natürlich der parlamentarischen Dis­kussion zur Verfügung stehen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage formuliert Herr Abgeordneter Ing. Kapeller. – Bitte.

 


Abgeordneter Ing. Norbert Kapeller (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Welche vertraglich vereinbarten Leistungskriterien müssen die Eurofighter schluss­endlich zum Zeitpunkt der Übergabe an Österreich erfüllen?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Es müssen alle Leis­tungs­merkmale erfüllt werden. Wichtig ist dabei, dass Abnahmeflüge gemacht werden, mit denen wir genau kontrollieren müssen, ob die Leistungsmerkmale erbracht werden. Das werden wir sehr seriös durchführen. Ich gehe davon aus, dass wir hier kein Problem haben werden. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Fauland, bitte.

 


Abgeordneter Markus Fauland (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Kann man Lieferschwierigkeiten für die Tranche-2-Flugzeuge, die für Österreich vorgesehen sind, auf Grund der jetzigen Diskussion in Deutschland ausschließen?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Herr Abgeordneter! Es hat in der Vergangenheit sehr viele Diskussionen gegeben. Ich erinnere daran: Es hat Diskussionen darüber gegeben, dass der Eurofighter unter 5 Grad nicht fliegen kann. Ich habe es bewiesen, habe die Abgeordneten nach Manching eingeladen – die Op­position war nicht dabei –, wo sich alle davon überzeugen konnten, dass das nicht der Fall sein wird. (Abg. Gaál: Das war ein Prototyp, kein ...! Trainingsflugzeuge!)

Es hat Diskussionen darüber gegeben, dass der Eurofighter nur 20 Minuten in der Luft sein könne. Jetzt wurde der Eurofighter nach Singapur überstellt, das heißt, über 13 000 Kilometer! – Es ist also unwahr, dass der Eurofighter nur 20 Minuten in der Luft sein kann.

Drittens, was Ihre Frage zu Deutschland, den dortigen Haushaltsausschuss und auch den Verteidigungsausschuss betrifft: Es ist nicht eingetreten, was immer behauptet wurde. Der Verteidigungsausschuss und letztlich auch der Haushaltsausschuss haben der Tranche 2 die Zustimmung gegeben. Alle Einwände sind also bisher ins Leere gegangen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Bösch.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Damit haben wir den Fragenkomplex, den Herr Ab­geordneter Mag. Kogler eingeleitet hat, erledigt. (Abg. Dr. Jarolim: Kann man da von Antworten reden oder von Nichtbeantwortung?)

Wir kommen zum 8. Fragenkomplex, den Herr Abgeordneter Fauland einleitet. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 


Abgeordneter Markus Fauland (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:


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91/M

„Wie wird eine künftige Milizstruktur in Verbindung mit den Militärkommanden aus­sehen?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Gestatten Sie mir, zur Milizstruktur etwas Prinzipielles zu sagen: Die Miliz ist auch in Zukunft unverzichtbar! Ich werde Montag, Dienstag nächster Woche auf den Golan fahren, dort gibt es die 30-Jahr-Feierlichkeit – österreichische Soldatinnen und Soldaten haben ja dort großartige Leistungen erbracht. Ich darf Sie darüber informieren, dass 74 Prozent dieser Soldatin­nen und Soldaten Milizsoldaten sind – also in einem Ausmaß, auf das das öster­reichische Bundesheer künftig nicht verzichten kann.

Die Miliz der Zukunft wird in einer eigenen Milizarbeitsgruppe diskutiert werden; dies ist bereits teilweise geschehen, die Ergebnisse werden dann in die Gesamtplanung der Streitkräfte mit einfließen. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Fauland stellt eine Zusatzfrage.

 


Abgeordneter Markus Fauland (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Ist die Struktur der Militärkommanden, wie sie sich derzeit darstellt, noch zeitgemäß?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Ich kenne diese Frage, die neben Kasernenstandorten und Liegenschaften viele interessiert, auch die Bundes­länder. Und ich werde danach trachten, dass wir eine ausgezeichnete und seriöse Diskussion darüber durchführen. Dabei muss im Vordergrund stehen, dass das öster­reichische Bundesheer all jene Aufgaben erfüllt, die sich die Bundesländer erwarten. Die Aufgaben stehen an erster Stelle, diese Leistungen müssen auch künftig erbracht werden.

Ich lege mich in anderen Bereichen noch nicht fest, und zwar ganz bewusst, weil ich die seriöse Vorgangsweise wählen möchte, dass unsere Experten zuerst die Planun­gen durchführen, aus denen wir dann ableiten, wie die Strukturen in den Bun­des­ländern ausschauen werden.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Pilz, bitte.

 


Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Herr Bundesminister, Sie haben heute viele Fragen auf eine sehr sympathische Art nicht beantwortet. (Heiterkeit bei den Grünen.) Ich bitte, von dieser Praxis bei der Beantwortung meiner Zusatzfrage Abstand zu nehmen – und das betrifft das „Beantworten“ und nicht das „Sympathisch“! (Beifall bei den Grünen. – Rufe bei der ÖVP: Frage!)

Meine Frage lautet: Sind Sie, da wir wissen, dass die etwas über 1 900 Bediensteten in den Militärkommanden für die österreichische Sicherheitspolitik und die neuen Auf­gaben des Bundesheeres nicht mehr benötigt werden, bereit, die Bediensteten im Bereich der Militärkommanden bis auf wenige Reste einzusparen?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Wir werden in den Bun­desländern weiterhin Strukturen des österreichischen Bundesheeres brauchen. Wie und in welchem Ausmaß und wie das letztlich organisiert wird, werden wir gemeinsam zu beraten haben. (Abg. Dr. Pilz: Antwort bitte! Eine Antwort! Nur eine Antwort!)

Ich lade alle hier herzlich dazu ein, bei der Planung der Streitkräfte mitzuarbeiten. Auch würde es Ihnen, sehr geehrter Herr Abgeordneter, überhaupt nichts bringen, wenn man


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vorher eine Festlegung macht und danach einen Reformprozess führt. Das wird doch nicht im Interesse des Parlaments sein! (Abg. Dr. Pilz: Eine Antwort! Nur eine An­twort!) Es wird im Interesse des Parlaments sein, dass wir diese Fragen gemeinsam beraten. Basis dafür wird die seriöse Planung unserer Experten sein! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage formuliert Frau Abgeordnete Stadlbauer. – Bitte, Frau Kollegin.

 


Abgeordnete Bettina Stadlbauer (SPÖ): Ich möchte den Appell des Kollegen Pilz unterstützen und würde auch um eine konkrete Antwort ersuchen. Ich versuche, die Frage, die Sie zuerst nicht wirklich beantwortet haben, noch einmal zu stellen.

Herr Bundesminister! Wann legen Sie konkret fest, welche Liegenschaften und Kasernen im Zuge der Umsetzung der Bundesheerreform geschlossen oder verkauft werden? (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Ich habe absolut Ver­ständnis für Ihre Frage. Betreffend meine konkreten Antworten darf ich Sie bitten, das Protokoll meiner Ausführungen in der Fragestunde des Bundesrates anzuschauen! (Rufe bei der SPÖ und den Grünen: Nein!) Da wurde mir für meine konkreten Ant­worten gedankt.

Auch in dieser Frage ist eine konkrete Antwort notwendig, nämlich jene, dass wir einen seriösen Diskussionsprozess zu führen haben. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Es bringt überhaupt nichts, wenn der politische Verantwortungsträger hier ohne seriöse Basis Aussagen trifft. Deshalb habe ich ein Projektmanagement installiert, das die Liegen­schaftskonversion behandelt. Wir haben derzeit Pilotprojekte in Ausarbeitung.

Neben dem Verkauf von Liegenschaften und Kasernen wird es nämlich darum gehen, dass wir auch einen entsprechenden Mehrwert bekommen. Es ist zu einfach, nur zu sagen, wir schließen da eine Kaserne oder dort eine Liegenschaft. Es geht einerseits darum, dass wir für die jeweilige Region einen Mehrwert erzielen – und da ist die Diskussion so zu führen, dass wir im Rahmen der Liegenschaftskonversion einen breiten Ansatz haben –; andererseits möchte ich auch einen finanziellen Mehrwert haben.

So ist die Vorgangsweise. Das ist korrekt, seriös und wird auch so gemacht! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner. – Abg. Dr. Jarolim: Erschütternde Konzept­losigkeit!)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die letzte Zusatzfrage formuliert Herr Abgeordneter Mag. Langreiter. – Bitte.

 


Abgeordneter Mag. Hans Langreiter (ÖVP): Herr Bundesminister! Wir wissen, dass Kasernen und Liegenschaften strukturell insbesondere in den ländlichen Gebieten ihre Bedeutung haben.

Welchen Einfluss wird die Bundesheerreform auf die bestehenden Kasernen- und Liegenschaftsstrukturen des Bundesministeriums für Landesverteidigung haben?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Herr Abgeordneter! Man muss zur Kenntnis nehmen, dass wir die Mobilmachungsstärke um die Hälfte redu­zieren. Das bedeutet natürlich auch, dass wir nicht alle Liegenschaften und Kasernen halten können, das möchte ich klar dazusagen.


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Ich weiß, dass es für bestimmte Regionen nicht einfach sein wird, und habe vorhin schon gesagt, dass wir dafür einen umfassenden Ansatz haben und es uns nicht leicht machen werden. (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.) Wir werden mit der jeweiligen Region darüber zu diskutieren haben, wie künftig eine vernünftige Verwertung dieser Liegenschaften erfolgen kann, einerseits zum finanziellen Mehrwert des öster­reichischen Bundesheeres, andererseits als Mehrwert für die Region. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Jarolim: Ich glaube, das war zu präzise! Wir wollen es nicht so genau hören! – Abg. Mag. Molterer – in Richtung des Abg. Dr. Jarolim –: Da seid ihr überfor­dert!)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die 9. Anfrage wird von Herrn Abgeordnetem Prähauser formuliert. – Bitte.

Herr Abgeordneter Jarolim, bitte schränken Sie Ihre Zwischenrufe etwas ein! (Abg. Dr. Jarolim: Das ist eine Provokation, diese, diese ...! – Lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Die 9. Anfrage wird von Herrn Abgeordnetem Prähauser formuliert!

 


Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Herr Bundesminister, meine Frage lautet:

87/M

„Gibt es im Vertrag betreffend die Beschaffung der Eurofighter eine Ausstiegsklausel im Falle der Nichtlieferung bis ins Jahr 2007, da diese sicherheitspolitisch unnötige und sündteure Beschaffung die Umsetzung der Bundesheer-Reform gefährdet?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Es ist das, wie ich bereits einige Male betont habe, eine notwendige Beschaffung, und ich habe ebenso bereits einige Male darauf hingewiesen, dass wir eine aktive Luftraumüberwachung zur Sicher­heit der Bevölkerung brauchen. (Abg. Sburny: Gibt es jetzt eine Ausstiegs­klausel oder nicht?)

Ich will jetzt gar nicht davon reden, dass wir beispielsweise im Zusammenhang mit dem Mitteleuropäischen Katholikentag natürlich eine Luftraumüberwachung brauchen, auch nicht davon, dass wir bei allen Großveranstaltungen eine Luftraumüberwachung brauchen – und natürlich auch den entsprechenden Nachweis hiefür zu erbringen haben! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wir brauchen natürlich auch während der EU-Präsidentschaft Österreichs, die im ersten Halbjahr 2006 stattfinden wird, den Nachweis für eine aktive Luftraum­über­wachung. Daher kann wohl kein Zweifel daran bestehen, dass wir an dieser Situation festhalten.

Zu Ihrer Frage, Herr Abgeordneter: Ich habe keine Hinweise darauf erhalten, dass es Verzögerungen gäbe. Es hat sich all das, was in letzter Zeit von manchen in der Öffentlichkeit diskutiert wurde, als nicht wahr herausgestellt. Im Vertrag ist jedenfalls eindeutig geregelt, dass von Vertragsstrafen bis hin zum Deckungskauf alles möglich ist. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Prähauser.

 


Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Herr Bundesminister! Die Beschaffung die­ses Kampfbombers war laut Kärntner Landeshauptmann Haider der „Sündenfall“ der FPÖ. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Herr Bundesminister, sind Sie bereit, uns zumindest die entsprechenden Vertrags­klauseln über Pönalzahlungen, die nicht der militärischen Verschwiegenheit unter­liegen, mitzuteilen und somit dem Nationalrat zugänglich zu machen?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Ich darf mit einer Begriffs­bestimmung beginnen: Wir haben keinen „Kampfbomber“ gekauft! „Kampfbomber“ heißt, dass ein Bombardement auf irgendein Ziel durchgeführt wird. Das sind aber nicht unsere Leistungsmerkmale! (Abg. Gaál: Das sind Kampfflugzeuge!)

Österreich hat einen klassischen Abfangjäger gekauft! Luft-Luft-Bekämpfung wird durchgeführt! Das ist die Wahrheit! Sie können sich auch die Leistungsmerkmale anschauen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch – auf die Abgeordneten der SPÖ weisend –: Die verstehen den Unterschied nicht!) – Ich würde Sie daher darum bitten, diese Diktion „Kampfbomber“ nicht mehr zu verwenden, da diese falsch ist! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Was die Vertragsinhalte betrifft, habe ich bereits gesagt, dass diese der Amts­ver­schwiegenheit unterliegen: einerseits auf Grund der militärischen Geheimhaltung und andererseits (Abg. Broukal: Rübenbomber!), weil wir keine Informationen an die Öffentlichkeit geben dürfen, die den wirtschaftlichen Interessen des Vertragspartners zuwiderlaufen würden. (Abg. Sburny: Aber wir sollen es beschließen?!)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer Zusatzfrage hat sich Herr Abgeordneter Mag. Ikrath zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


Abgeordneter Mag. Peter Michael Ikrath (ÖVP): Herr Bundesminister! Lassen Sie mich als Reserveoffizier zuallererst meiner Freude darüber Ausdruck verleihen, dass Ihnen mit der Bundesheerreform ein ganz großer Wurf in Richtung einer modernen und zeitgemäßen Landesverteidigung gelungen ist! (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP.)

Nun meine Zusatzfrage: Sehen Sie, Herr Bundesminister, irgendein Risiko, dass die notwendige Nachbeschaffung moderner Abfang- und Luftraumüberwachungsjäger in irgendeiner Weise die budgetäre Umsetzung dieser Bundesheerreform behindern oder beeinträchtigen könnte?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Mir war es bei den Ver­handlungen ganz besonders wichtig, dass die Mittel für die Eurofighter – mein Amts­vorgänger Scheibner hat das ebenfalls so mit dem Herrn Finanzminister verhandelt – zusätzlich zur Verfügung gestellt werden. – Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt: Ich habe auch vereinbart und ausverhandelt, dass all jene Betriebs­kosten, die über jene der Draken hinausgehen, mit einer Deckelung von 15 Millionen € ebenfalls zusätzlich zum Budget zur Verfügung gestellt werden. Das heißt, das ist eine äußerst wichtige Beschaffungsmaßnahme. Ich weiß natürlich, dass es nicht so populär ist, wenn man solche Beschaffungen durchführt, weil sie Geld kosten, aber: Das ist eine absolute Versicherung für die Bevölkerung!

Jeder hat selbst auch Versicherungen, die er bezahlt. Wenn man sie einmal braucht, ist man froh darüber. Und so ist das auch bei den Abfangjägern zu sehen. Das hat jedoch mit der Bundesheerreform nichts zu tun, das wird zusätzlich budgetiert. Ich werde danach trachten und darauf achten, dass das auch so eingehalten wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Fauland, bitte.

 



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Abgeordneter Markus Fauland (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Die Beschaffung der Flugzeuge ist das eine; das andere aber sind die begleitenden Maßnahmen, die auch im Bereich der passiven Luftraumüberwachung nötig sein werden.

Meine Frage: Ist man auch bezüglich all dieser Notwendigkeiten im Zeitplan?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Die diesbezüglichen Planungen finden derzeit statt. Es bedarf natürlich einer passiven und einer aktiven Luftraumüberwachung. Nur in Summe beider Komponenten ist es möglich, dass wir die Sicherheit für die Bevölkerung gewährleisten können.

Sie wissen, Herr Abgeordneter, dass alle Militärexperten sagen, dass eigentlich die größte Gefahr von der Luft ausgeht. Es ist ja völlig absurd, zu glauben, dass wir keine Luftraumüberwachung, dass wir keine Abfangjäger brauchen. Kein Staat kann auf solche Einrichtungen verzichten!

Abschließend zu diesem Fragenkomplex: Natürlich ist es so, dass jene Politiker, die dafür verantwortlich sind, auch unpopuläre Maßnahmen setzen und durchführen müs­sen, jedoch: Wir haben absolute Sicherheit für alle Österreicherinnen und Öster­reicher zu gewährleisten! Dafür sind wir angetreten – und das werden wir auch so durch­ziehen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die letzte Zusatzfrage zu diesem Fragenkomplex formuliert Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Bundesminister! Obwohl Sie auch schon meine vorige Zusatzfrage nicht beantworten wollten, noch ein Versuch:

Es gibt keine Verfassungsbestimmung, die vorschreibt, dass das teuerste Gerät für diesen Zweck, den Sie hier proklamieren, angeschafft werden muss.

Ich frage Sie jetzt nochmals, Herr Bundesminister, ob Sie zu einer Offenlegung dieser Verträge bereit sind – und das vor dem Hintergrund, dass a) weder der deutsche Haus­haltsausschuss einem solchen Vorhaben, wie Sie hier wahrheitswidrig behauptet haben, zugestimmt hat, und b) der Rechnungshof sagt, dass die Bestbieterermittlung nur deshalb eine solche war, weil von Verteidigungs- und Finanzministerium die Kriterien im Nachhinein so hingebogen wurden. Damit auch das hier einmal aus­gesprochen wird! (Beifall bei den Grünen. – Widerspruch bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte. (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim. – Abg. Lentsch – auf den den Vorsitz führenden Präsidenten weisend –: Das lässt er zu?)

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Sehr geehrter Herr Ab­ge­ordneter Kogler, auch wenn Sie hier immer wieder Dinge wiederholen, die nicht stimmen (Ruf bei der ÖVP: Sie sind falsch!), werden diese deshalb nicht wahrer! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Noch einmal: Eurofighter/EADS war Bestbieter! Es hat keine Manipulationen ge­geben! Und ich sage Ihnen auch Folgendes: Es wurden sehr viele Anzeigen erstattet, Anzeigen auch gegen meinen Amtsvorgänger Herbert Scheibner sowie gegen mich. Alle Anzeigen sind jedoch zurückgelegt worden! (Abg. Brosz: Offen legen!)

Daher würde ich schon darum ersuchen, dass künftig solche Behauptungen nicht mehr erfolgen, Behauptungen, die in Richtung strafrechtliche Verantwortung gehen! Noch­mals: Alle Anzeigen sind zurückgelegt worden! (Abg. Brosz: Offen legen!)


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Der Rechnungshof hat ebenfalls der Arbeit unseres Hauses beschieden, dass da keinerlei Manipulationen stattgefunden haben. (Abg. Sburny: Ja, legen Sie es offen?) Also noch einmal: Eurofighter/EADS war Bestbieter. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Brosz: Offen legen!)

Meine Damen und Herren, ich verstehe schon, dass die Opposition immer wieder ver­sucht, dieses Projekt madig zu machen. (Abg. Dr. Puswald: Was heißt da „madig“? – Abg. Dr. Fekter: Puswald, lern’ Deutsch!) Ich bin sehr froh darüber, dass es – zu einer Zeit, in der ich noch nicht in der Regierung war – zu dieser ausgezeich­neten Ent­scheidung gekommen ist, für Österreich Eurofighter anzuschaffen.

Die Zukunft wird doch so ausschauen, dass wir gerade im sicherheits- und ver­teidigungspolitischen Bereich in Europa immer mehr zusammenarbeiten müssen. Und wenn man weiß, dass in Europa 620 Stück Eurofighter zur Verfügung stehen werden, von den Betreibernationen Deutschland, England, Spanien und Italien, dass eben gerade auch unsere Nachbarn Eurofighter haben werden, macht es sicherlich auch Sinn, dass wir mit den Nachbarländern Deutschland und Italien, die also auch Euro­fighter zur Verfügung haben werden, eine ausgezeichnete Kooperation und gerade im Bereich Ausbildung die Möglichkeit haben, kostengünstige Kooperationen durch­zuführen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Walch.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Damit gelangen wir zum 10. Fragenkomplex, den Herr Abgeordneter Amon einleiten wird. – Bitte, Herr Kollege. (Abg. Dr. Jarolim: Maria­zell ...!)

 


Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

84/M

„Wie beurteilen Sie den Umfang des derzeitigen Engagements des österreichischen Bundesheeres bei solidarischen Friedensmaßnahmen im Ausland?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Dazu kann ich mit Freude sagen, dass unser Land da international Vorbild ist, denn: Österreich hat in rund 40 Jahren, und zwar für verschiedene Friedensmissionen in der gesamten Welt, ins­gesamt zwischen 60 000 und 70 000 Soldaten zur Verfügung gestellt.

Österreich hat durch diese internationalen Aufgaben, die wir bewältigt haben, ein unglaublich hohes internationales Ansehen erreicht.

Derzeit im Einsatz sind exakt 1 038 Soldatinnen und Soldaten, wobei unser Schwer­punkt Südosteuropa ist. Es macht Sinn, dass wir unseren Schwerpunkt dorthin verlegt haben, denn ein Mehr an Sicherheit und Stabilität im Kosovo, in Bosnien-Herzegowina, wo wir jetzt sind, bedeutet auch ein Mehr an Sicherheit für Österreich. Wir sind da einen ausgezeichneten Weg gegangen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zusätzlich zu diesem Einsatz mit Schwerpunkt Südosteuropa leisten derzeit 370 Sol­daten Einsatz am Golan  in diesem Zusammenhang sei verwiesen auf die bevor­stehenden Feierlichkeiten am Montag und am Dienstag; das wird eine großartige Angelegenheit werden –, und wir werden diese Einsätze weiterführen. In Afghanistan haben wir ebenfalls vier Offiziere zur Verfügung.

In Summe kann man sagen: Wir haben ein respektables Ausmaß an internationalen Einsätzen vorzuweisen, ich gehe aber davon aus, dass wir noch mehr solcher


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73. Sitzung / Seite 40

Friedenseinsätze zu bewältigen haben werden. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Amon.

 


Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Herr Bundesminister! Ich denke, wir sind alle davon überzeugt, dass die österreichischen Soldaten im Ausland hervorragende Arbeit leisten. Gibt es auch internationale Reaktionen auf diese Auslandseinsätze unserer Soldatinnen und Soldaten?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Ich bekomme bei ver­schiedensten Treffen mit Ressortkolleginnen und -kollegen immer wieder Infor­mation darüber, welch gute Qualität unsere Soldatinnen und Soldaten auszeichnet.

Das wichtigste Element unserer Armee sind die Soldaten. Wir haben hervorragend ausgebildete Leute, und gerade im Rahmen dieser internationalen Missionen sieht man, was unsere Soldatinnen und Soldaten zu leisten imstande sind. Das wird inter­national bestätigt, insbesondere von den Verteidigungsministerinnen und -ministern. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage formuliert Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. – Bitte.

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Wie wird in Zukunft die Möglichkeit der Beteiligung der Miliz an friedenserhaltenden und friedensschaffenden Maßnahmen im Ausland gestaltet sein?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Herr Abgeordneter! Es wird notwendig sein, dass die Miliz weiterhin bei Auslandseinsätzen tätig ist. Ich habe bereits erwähnt: Golan, derzeit 74 Prozent, Kosovo, Bosnien-Herzegowina, überall dort haben wir Milizkadersoldaten zur Verfügung, und es wird auch in Zukunft so sein, dass wir auf die Miliz nicht verzichten können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. – Bitte.

 


Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Minister! Ich stimme mit Ihnen darin überein, dass Südosteuropa sehr wohl ein außenpolitischer Schwerpunkt Österreichs ist. Es gibt jedoch auch andere Regionen auf der Welt, wo der Beitrag Österreichs zu Friedensmissionen ebenfalls Sinn machen würde. Ich nenne da zum Beispiel die westsudanesische Provinz Darfur, in der über 1 Million Menschen vom Hungertod bedroht ist, von Vertreibung, von Ermordung durch vom Regime unterstützte Milizen. Es gab im April einen Waffenstillstand, und auch Österreich wurde angesprochen, Militär­beobachter zu entsenden.

Warum haben Sie diesem Ansuchen der internationalen Gemeinschaft, auch dort einen Beitrag zu leisten, nicht zugestimmt?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Ich bin froh darüber, dass Sie das auch so sehen, dass der Schwerpunkt Südosteuropa sein wird. Die dafür erforderlichen Kapazitäten haben wir zur Verfügung zu stellen.

Was die weiteren, anspruchsvolleren Einsätze betrifft, die Sie vermutlich ansprechen: Wir sind dabei, uns noch besser auf anspruchsvolle Einsätze vorzubereiten, und wir werden durchaus da oder dort Leistungen zu erbringen haben. Mir ist es aber sehr


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wichtig, dass bei solchen Einsätzen, die ja beileibe nicht gerade einfach sind, die Sicherheit der Soldaten absolut gewährleistet ist – keine einfache Angelegenheit –, dass wir diesbezüglich einen überparteilichen Konsens erzielen. Ich strebe an, all diese Fragen im Zusammenhang mit Auslandseinsätzen, vor allem dann, wenn es sich um gefährliche Einsätze handelt, auch im Konsens mit den Parteien zu klären. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzte Zusatzfrage in dieser Fragestunde formuliert Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Kummerer. – Bitte.

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Werner Kummerer (SPÖ): Herr Bundesminister! Beabsich­tigen Sie, den Eurofighter, sollten Sie ihn je bekommen, auch für internationale Friedensmissionen zur Verfügung zu stellen?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Wir bekommen 18 Euro­fighter – und die werden kommen, Herr Abgeordneter! Ich habe heute schon einige Male erwähnt, weshalb diese Anschaffung notwendig ist, und ich möchte bitten, dass Sie als verantwortlicher Sicherheitspolitiker dem auch Ihre Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die Eurofighter werden im Inland zur Verfügung stehen, und derzeit ist nicht daran gedacht, die Eurofighter für Auslandseinsätze zur Verfügung zu stellen. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die 60 Minuten der Fragestunde sind abgelaufen. Die Fragestunde ist beendet.

Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

Anfragebeantwortungen: 1730/AB bis 1735/AB.

B. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Umweltausschuss:

Siebenter Umweltkontrollbericht des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (Berichtszeitraum 2001 bis 2003) (III-91 d.B.).

*****

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 3 und 4, 7 bis 10, 11 bis 13, 14 bis 19, 20 bis 26 der Tagesordnung jeweils zusammen­zufassen.


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Wird dagegen Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über Dauer und Gestaltung der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 9 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: ÖVP und SPÖ je 158, Freiheitliche 108 sowie Grüne 117 Minuten.

Darüber entscheidet das Hohe Haus, und wir kommen sogleich zur Abstimmung.

Wer diesem Vorschlag der Präsidialkonferenz zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. Wir werden daher so vorgehen.

1. Punkt

Antrag der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Mag. Dr. Magda Bleck­mann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Privatradiogesetz, das Privatfernsehgesetz, das KommAustria-Gesetz und das ORF-Gesetz geändert werden sowie das Fernsehsignalgesetz aufgehoben wird (430/A)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Hinsichtlich dieses Antrages 430/A wurde dem Verfassungsausschuss zur Bericht­erstattung eine Frist bis 8. Juli gesetzt. Die Verhandlung über diesen Gegenstand ist daher in dieser Sitzung heute aufzunehmen.

Der Wunsch auf mündliche Berichterstattung wurde auch im Sinne des § 44 Abs. 4 der Geschäftsordnung nicht ausgedrückt.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. Wunschredezeit: 6 Minuten. – Herr Kollege, Sie sind am Wort.

 


10.07

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Mir ist völlig unverständlich, warum die beiden Regierungsparteien es so eilig haben mit diesen Mediengesetzen. Ich verstehe, dass die Privatradiobetreiber klare Verhältnisse haben wollen, ich verstehe nicht die Koppelung zwischen beiden. Wir hätten – hätten wir noch Gespräche über den Sommer hinaus geführt – sicherlich die Möglichkeit gehabt, zumindest in jenem Teil, der das Privatradiogesetz betrifft, zu einem Konsens zu kommen und gemeinsam vorzugehen, weil es uns natürlich ein Anliegen ist, dass private Betreiber im Radiobereich sinnvoll arbeiten können.

Aber dass hier jetzt versucht wird, den ORF einer neuerlichen gesetzlichen Regelung zu unterziehen, verdient doch eine kritische Reflexion. Es soll jetzt die Möglichkeit gegeben werden, dass sich die KommAustria im Falle der Verletzung der Werbe­bestimmungen seitens des ORF per Anzeige an den Bundeskommunikationssenat wenden kann – das, trotzdem bis jetzt schon die privaten und anderen Medien­unter­nehmer die Möglichkeit haben, wegen behaupteter Werberechtsverletzungen beim Bundeskommunikationssenat Beschwerde einzubringen.

Dass darüber hinaus Bund, Länder, Publikumsrat, Stiftungsrat, gesetzliche Interessen­vertretungen und Verbraucherschutzorganisationen über eine Antragslegitimation ver-


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fügen, sei nur hinzugefügt. Und es kommt weiters dazu, dass es ORF-interne Kon­trollen durch Publikumsrat und Stiftungsrat gibt.

Außerdem haben noch Mitbewerber die Möglichkeit, sich bei vermuteten Werberechts­verstößen mit der Begründung, es sei unlauterer Wettbewerb, an die Handelsgerichte zu wenden.

Dazu muss man noch sagen, dass der Publikumsrat aufgewertet wurde und einer Volkswahl unterstellt wird – in dem Fall einer Wahl derer, die Gebühren zahlen und sich an dieser Abstimmung beteiligen – und von diesen gewählten Vertretern im Pub­likumsrat dann durch Mehrheitsbeschluss des Publikumsrates auch drei Stiftungsräte bestimmt werden.

Das stimmt irgendwie seltsam. Und: Was ist eigentlich der Grund dafür, dass die beiden Regierungsparteien das noch dazu in diesem Tempo einbringen?

Ich möchte noch hinzufügen, dass durch das ORF-Gesetz im Jahre 2001 dem ORF 70 Millionen €, rund 1 Milliarde Schilling, entgangen sind. Ich sage das deshalb, weil es immer diese Sonntagsreden gibt, in denen gesagt wird: Der ORF ist das Leitmedium, der ORF soll die Kulturidentität Österreichs repräsentieren! – Zugleich wird dem ORF jedoch die materielle Grundlage entzogen, und zwar massiv entzogen! Dennoch hat der ORF Einsparungen in beinahe der gleichen Größenordnung – fast 70 Millionen € – durchgesetzt.

Trotz der Gebührenerhöhung, die im Stiftungsrat beschlossen wurde, ist es einfach so, dass bestimmte Grundkosten immer teurer und teurer geworden sind. Ich verweise da beispielsweise auf die Entwicklung der Rechte für Sportübertragungen. Die Über­tragung der Fußball-Europameisterschaft etwa hat im Jahre 1988 2 Millionen Schilling und im Jahre 2004 70 Millionen Schilling gekostet. – Verfünfunddreißigfacht haben sich die Kosten allein im Bereich der Rechte für Sportübertragungen!

Da die ÖVP-Abgeordneten jetzt so locker und leger dasitzen und manche einfach vor sich hingrinsen, möchte ich eines hinzufügen: Wir wissen, dass es in der Geschäfts­führung des ORF und vor allem im Stiftungsrat des ORF eine beinahe absolute Mehrheit von der ÖVP nahestehenden Stiftungsräten gibt. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Frau Monika Lindner wurde damals bestimmt auch mit Unterstützung der ÖVP ORF-Generaldirektorin.

Wenn ich mir aber diese Gesetze, die Sie hier einbringen, ansehe, muss ich sagen, das ist auch ein eklatantes Misstrauensvotum gegenüber der Generaldirektorin, so quasi ein Vorwurf, sie könne dieses Unternehmen gar nicht fit halten, sie könne keine Einsparungsmaßnahmen treffen und zeige vor allem ein Monopolverhalten zum Schaden aller anderen Mitbewerber. – Das ist etwas seltsam, und ich frage mich, wozu sich die ÖVP so bemüht hat, im Stiftungsrat diese ÖVP-Mehrheit einzurichten, wozu sich die ÖVP so bemüht hat bei der Besetzung des Generaldirektorpostens und wozu sich die ÖVP damals so bemüht hat, Herrn Gerhard Weis – der übrigens auch der ÖVP nahe gestanden ist – loszuwerden. Aber das sei nur am Rande hinzugefügt.

Was aber jetzt die KommAustria natürlich machen kann: Sie kann bei allfälliger Unbotmäßigkeit des ORF natürlich materiell Druck ausüben. In gewissem Sinne sind der Bundeskommunikationssenat und die KommAustria eine „Metternich-Behörde“. Natürlich sitzen dort die Vertrauensleute des Bundeskanzlers und ÖVP-Parteiobman­nes, und natürlich sind die beiden Einrichtungen weisungsgebunden an den Bundes­kanzler.

Es genügt Ihnen nicht, dass Sie politisch Einfluss nehmen auf den ORF und auf die Berichterstattung – so sieht sie ja oft auch aus –, nein, Sie wollen außerdem noch ein Druckmittel gegen die materielle Grundlage des ORF, Sie wollen über diese neue


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gesetzliche Regelung „Metternich-Strukturen“ einführen, Sie wollen dann, wenn Ihnen beim ORF etwas nicht gefällt, auch noch materiell Druck ausüben können! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Die SPÖ hat zwei Mal abgelehnt!)

Da muss ich Ihnen sagen: Das ist ja wohl zu viel: obwohl Sie schon Einfluss genommen haben auf die Besetzung des Generaldirektorpostens, dann auch noch das zu machen! (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.)

Ich kann Ihnen nur sagen: Sie brauchen sich nicht zu wundern, dass wir gegen diese Maßnahmen sind, weil es eben wirklich handfeste, auch ökonomische Gründe dafür gibt.

Ich füge hinzu: ja zum Privatfernsehen, ja zum Privatradio, aber auch ja zum ORF als Leitmedium und als eine Einrichtung, die objektiv und unabhängig zu berichten hat – und nicht dazu da ist, bloß die Propaganda der Regierung zu verbreiten, und wenn sie das einmal nicht tut, kann sie auch noch materiell unter Druck gesetzt werden. – Das ist nicht in Ordnung und demokratiepolitisch wirklich zu verurteilen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

10.14

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Dr. Baumgartner-Gabitzer zu Wort. Auch sie wünscht, 6 Minuten zu uns zu sprechen. – Bitte.

 


10.14

Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Abgeordneter Cap, Sie schaffen es immer wieder, mich in Sachen Medienrecht etwas sprachlos zu machen. Sie stellen sich tatsächlich hierher, erklären, wie furchtbar die ÖVP vorgehe, wie sehr Sie diese „Metternich-Behörde“ ablehnen. – Wir selbst haben es Ihnen schon min­destens zwei Mal angeboten, aber Sie haben es abgelehnt, aus dieser Behörde eine unabhängige Behörde zu machen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Das erinnert mich an die Diskussion: Haltet den Dieb! Das kann ja wohl nicht sein, dass Sie uns vorwerfen, diese Behörde zu benützen – dann die Unabhängig­keits­stellung dieser Behörde jedoch verhindern; wir brauchen ja eine Zweidrittelmehrheit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich denke, diese Mediengesetze sind wirklich eine wichtige Erweiterung, Bereicherung für die österreichische Medienlandschaft. Sie ermöglichen Privatradiobetreibern, sich Strukturen zu schaffen, die ihnen das wirtschaftliche Überleben in der nächsten Zeit auch ermöglichen. Dass es in Österreich österreichische Medienunternehmer geben soll, die sich bundesweit zu einer Kette von Radiounternehmungen zusammen­schließen können, halten wir für dringend notwendig. Wir wollen eine österreichische Radiolandschaft erhalten.

Warum ist das so dringend, Herr Abgeordneter Cap? – Das ist deswegen so dringend, weil dieser Zusammenschluss nicht so einfach ist, weil – wie Sie wissen – im nächsten Jahr Lizenzen von einigen Betreibern auslaufen, weil Vorbereitungsarbeiten dafür notwendig sind. Allenfalls ist dann auch ein Behördenverfahren, möglicherweise in zweiter Instanz, notwendig.

Wir sind der Meinung, dass wir dafür verantwortlich sind und Unternehmern, die sich bemühen, in Österreich tätig zu sein, auch stabile Rahmenbedingungen geben müssen (Beifall bei der ÖVP), und zwar Rahmenbedingungen, die es ihnen ermöglichen, rechtzeitig vorzusorgen, was sie in Zukunft machen werden. – Daher diese Eile.


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Dieser Fristsetzungsantrag ist auch für uns eine ungewöhnliche Vorgangsweise, und das wird auch für uns sicherlich nicht die übliche Vorgangsweise werden, weil wir die Auseinandersetzung und die Diskussion im Ausschuss immer sehr schätzen – natürlich auch hier im Plenum. Ein Fristsetzungsantrag aber verhindert diese Aus­einandersetzung im Ausschuss.

Wir haben aber in der letzten Verfassungsausschuss-Sitzung – ich erinnere daran – um eine Erweiterung der Tagesordnung um eben diese Mediengesetze gebeten. Das geht nur mit Zweidrittelmehrheit – und auch da hat die Opposition leider nicht zuge­stimmt. Daher konnten wir über diese in der Sache, im Kern durchaus richtigen Anträge leider nicht diskutieren. Wir haben versucht, eine weitere Sitzung des Verfas­sungsausschusses zu terminisieren, um diese Mediengesetze diskutieren zu können – auch das ist uns nicht gelungen! (Zwischenruf des Abg. Dr. Wittmann.)

Das heißt, an uns hat es nicht gelegen, dass keine Diskussion, keine ordentliche, inhaltliche, lange, genaue, strukturierte Diskussion in dieser Sache durchgeführt wer­den konnte. (Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Kogler und Dr. Wittmann.) Sie waren nicht dabei im Ausschuss, Herr Kollege Kogler (Abg. Dr. Wittmann: Er war nicht da, der Gesetzestext war nicht da!), Sie können das eigentlich gar nicht wissen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es ist auch so (Abg. Dr. Wittmann: Der Gesetzestext war nicht da!), dass nicht nur das Privatradiogesetz (Abg. Dr. Wittmann: Unglaublich!), sondern auch ... Herr Kollege Wittmann, Sie wären eh bereit gewesen, eine Ausschuss-Sitzung festzumachen, Sie haben es halt nicht dürfen von Ihrer Fraktion aus. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Wittmann: Das ist unglaublich!)

Wir glauben nicht nur, dass ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol (das Glockenzeichen gebend): Herr Abgeordneter Wittmann, Sie machen jetzt den siebenten Zwischenruf! Sie sind der Sechste in der Rednerliste, bitte ergreifen Sie dann das Wort! Wenn Sie weiterhin von der Bank aus zwischenrufen, bekommen Sie einen Ordnungsruf! (Zahlreiche Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 


Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (fortsetzend): Es ist schade, Herr Kollege Wittmann. Wir hätten diese Diskussion gerne im Ausschuss geführt, dann hätten Sie sich hier nicht aufregen müssen; dort wäre es richtig gewesen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Puswald.)

Es ist auch der Fall, wie Sie alle wissen, dass das Privatfernsehgesetz ein durchaus wichtiges und dringendes Gesetz ist, weil es eine Umsetzung der EU-Richtlinien darstellt, und diese Umsetzung hätte schon lange geschehen müssen. Daher brauchen auch wir in Österreich, um einem möglichen Vertragsverletzungsverfahren zu ent­gehen, die Umsetzung dieser Telekom-Richtlinie. Wir glauben auch, dass das heute sein muss.

Jetzt noch ein paar Worte zur Novelle des KommAustria-Gesetzes, über die Sie sich, Herr Kollege Cap, so aufgeregt haben, über die Beobachtung der Einhaltung der Werbebestimmungen. Es gibt mittlerweile mehrere Betreiber auf dem Markt, die den Werbekuchen haben wollen. Ich glaube, es ist nur fair und eigentlich im Sinne aller Marktbeteiligten, wenn alle von derselben Behörde zumindest beobachtet werden. Beim ORF kommt ohnedies dazu, dass der unabhängige Bundeskommunikationssenat die endgültige Entscheidung fällt.

Das heißt: Beobachtung aller Marktteilnehmer in einer Hand. Eine richtige Markt­beobachtung; etwas, was gleichermaßen passiert; das macht auch wirklich Sinn!


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Entscheidungsfällung: Für die Privatfernsehbetreiber macht es die KommAustria, für den ORF dann der Bundeskommunikationssenat.

Daher, Herr Abgeordneter Cap: Ihre Behauptung „Metternich-Behörde“ à la Einfluss der ÖVP oder der FPÖ ist weit hergeholt und einfach nicht richtig. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.20

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Glawisch­nig. Wunschredezeit: 8 Minuten. – Frau Kollegin, Sie sind am Wort.

 


10.20

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Frau Kollegin Baumgartner-Gabitzer, wie Sie sich hier herstellen und versuchen, die Verantwortung für diese unglaubliche Vorgangsweise der Opposition in die Schuhe zu schieben, ist schon unglaublich! (Abg. Dr. Fekter: ... dem Vorsitzenden! Warum hat er keinen Ausschuss zustande gebracht?)

Wenn Sie uns am 28. per Initiativantrag das Medienpaket präsentieren und es dann am 29., wo es noch nicht einmal verteilt ist, sondern gerade erst in den Postfächern der Abgeordneten landet, auf die Tagesordnung des Ausschusses setzen wollen und sich dann darüber beschweren, dass wir das nicht machen wollen, dann muss ich sagen, das ist wirklich sehr kühn und zeigt ein sehr seltsames Verständnis von Parlamen­tarismus. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sie haben monatelang gebraucht, sich innerhalb der Koalition zu einigen. Wenn Sie das jetzt innerhalb einer Woche durch das Parlament durchpeitschen wollen, dann ist das eine unerträgliche Vorgangsweise. Auch die Begründung, warum das jetzt so dränge, ist nicht legitim. Das Gesetz tritt am 1. Jänner 2005 in Kraft. Ich denke, dass es überhaupt kein Problem ist, dass die Privatradiobetreiber bereits jetzt Gespräche führen. Wenn man damit argumentiert, dass man jetzt stabile Rahmenbedingungen braucht, dabei aber jegliche parlamentarische Richtlinie, jeglichen Usus übergeht, dann ist das wirklich unglaublich. Ich bin ehrlich gesagt erschüttert darüber, dass gerade Sie, die Sie in Verfassungsfragen an und für sich immer eine sehr seriöse Vorgangsweise gepflegt haben, das jetzt so kühn verteidigen. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

Abschließend zur Vorgangsweise: Wir werden selbstverständlich einen Rückver­weisungsantrag einbringen, obwohl das Wort „Rückverweisung“ in diesem Zusam­menhang irgendwie schwierig ist, weil dieses Gesetz in keinem Ausschuss beraten wurde – geschäftsordnungsmäßig ist das jedenfalls zulässig –, also einen Ver­weisungs­antrag, damit wir es überhaupt im Ausschuss beraten können.

Zu den inhaltlichen Punkten: Einiges ist jetzt schon angesprochen worden, insbeson­dere die Frage der KommAustria. Wir wären an und für sich für dieses Medienpaket sehr offen gewesen, aber einiges leuchtet mir nicht ein. Ich halte auch die legistische Vorbereitung und die Erläuternden Bemerkungen zu diesem Gesetz für sehr man­gelhaft. Wenn man da hineinschreibt, dass bei ständigem Monitoring, also dauernder Überwachung, stichprobenartiger Überprüfung, ohnehin Wurscht ist, was das kostet, da das ohnedies die Marktteilnehmer zahlen, dann finde ich das etwas lapidar.

In anderen Bereichen, zum Beispiel im Ökostrombereich, wird das als die schlagende Keule verwendet, um das Gesetz zu ändern. Ich hätte mir zumindest eine Abschätzung des Aufwandes, was das für den Medienstandort bedeutet, wieviel zusätzlicher finan­zieller Input von den Marktteilnehmern zu leisten ist, zumindest irgendeine kleine seriöse Zahl erwartet.


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Wenn man schon sagt, das Rechtsschutzdefizit ist so groß, dass man jetzt ein Antragsrecht der KommAustria machen muss, dann hätte ich mir auch erwartet, dass man vielleicht eine Zahl hineinschreibt, etwa wie viele Beschwerden es gegeben hat, wie viele angenommen worden sind und wie sich die Beschwerdesituation seit dem In-Kraft-Treten 2001 überhaupt entwickelt hat. – Nichts!

Die Begründung für diese KommAustria-Bestimmung ist wirklich sehr dünn und beschränkt sich im Wesentlichen auf die Herstellung eines ausgewogenen Wett­bewerbs. Man muss sich schon vor Augen führen, dass ausgewogener Wettbewerb in diesem Zusammenhang auf etwas trifft, was an und für sich schon ein ausdifferen­ziertes System ist: Publikumsrat, Stiftungsrat, Bund, Länder, nationale und EU-Ver­braucherschutzverbände, Unternehmen, deren wirtschaftliche Interessen berührt sind, Rundfunkteilnehmer, 120 an der Zahl, unmittelbar geschädigte oder subjektiv betrof­fene Personen. Das ist die jetzige Rechtsschutzsituation.

Das reicht Ihnen nicht. Sie wollen unbedingt KommAustria mit einem Anzeigerecht ausstatten. Was schon als schaler Beigeschmack übrig bleibt: Anzeigerecht, Anzeige­pflicht – auf welcher Basis agiert dann die KommAustria? Agiert die KommAustria nun nach ihrem Ermessen, weil es ihr einfach einfällt, jetzt anzuzeigen, oder auch nicht, oder wird sie auf Weisung agieren – oder auf was? (Abg. Dr. Cap: Auf Telefonanruf!)

Wenn man das schon diskutiert, dann meine ich, sie muss auf Basis der Gesetze agieren: Jede gesetzliche Verfehlung ist zu ahnden, ist von der KommAustria anzu­zeigen. Aber ein institutionalisiertes Ermessensrecht, das de facto zum Zugriff über Weisung einlädt, riecht sehr stark nach politischer Intervention. (Beifall bei den Grünen.)

Sie sind Juristin, Frau Kollegin Baumgartner-Gabitzer. Diese Unklarheit, wann jetzt die KommAustria tätig werden soll: sie kann ein halbes Jahr gar nicht tätig werden, sie kann täglich tätig werden, ist der institutionalisierte Zugriff auf diese Rechtskontrolle. Ich finde das juristisch höchst problematisch. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie genau diese Dinge im Ausschuss mit uns auch diskutieren und auch eine Antwort darauf geben.

Auch das Justizministerium hat in seiner Stellungnahme auf diese Unklarheiten sehr deutlich hingewiesen, auch auf die problematische Situation, die dadurch entsteht, dass diese Rechtskontrolle ausschließlich einer weisungsgebundenen Behörde über­tragen wird. Sie, Frau Abgeordnete Baumgartner-Gabitzer, haben dazu heute nichts gesagt. Vielleicht sagt Kollegin Bleckmann noch etwas zu dieser juristischen Prob­lematik. (Zwischenruf des Abg. Brosz.) – Ach ja, Kollege Böhmdorfer wird uns das noch erklären. Die Stellungnahme des Justizministeriums ist übrigens ausgezeichnet, wollte ich noch sagen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Der Verdacht bleibt also bestehen, dass es sich da in Zukunft ausschließlich um einen „institutionalisierten Würgegriff“ handeln könnte. Das wurde bis jetzt nicht ausgeräumt.

Bei den anderen Gesetzen, die in diesem Artikelgesetz mit geändert werden, Privat­radio­gesetz, Privatfernsehgesetz, geht es im Wesentlichen um Richtlinienumsetzun­gen. Wir wären, wie gesagt, sehr offen gewesen, da auch mitzugehen. Wir haben grundsätzlich etwas Sorge, dass die Buntheit, die Vielfalt der Radio-Szene kein politischer Schwerpunkt dieser Bundesregierung ist und vor allem die freien, nichtkom­merziellen Radios nach wie vor keine Förderung genießen und auch keine Möglichkeit einer institutioneller Absicherung haben. Das ist noch ein blinder Fleck in diesem ganzen Bereich. Wir wären tatsächlich offen gewesen, aber bei einer derartigen Vor­gangsweise jedenfalls nicht. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

10.25

 



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Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Frau Abgeordneter Glawischnig angekündigte Geschäftsordnungsantrag auf Rückverweisung braucht nicht unterstützt zu sein; einen Geschäftsordnungsantrag kann jeder stellen. Dieser Antrag wird am Ende dieser Debatte – entsprechend der Geschäftsordnung – abgestimmt werden.

Nächste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Mag. Dr. Bleckmann. 10 Minuten Wunsch­redezeit. – Bitte.

 


10.26

Abgeordnete Mag. Dr. Magda Bleckmann (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ganz optimal finde ich diese Schnelligkeit auch nicht. Aber mir wurde nachhaltig von verschiedensten Stellen dargestellt, dass es schnell sein muss auf Grund der ... (Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig.) – Ich denke mir, die Zeitungsherausgeber sind nicht alle ÖVP-nahe. Da gibt es auch welche, die woanders stehen, aber sicherlich nicht auf freiheitlicher Seite, das ist einmal klar. Auf jeden Fall wurde uns eindeutig gesagt, dass es wichtig ist, das es schnell zu diesem Gesetz kommt.

Es wurde auch gesagt, dass es wichtig ist auf Grund dessen, dass die Lizenzen auslaufen. Die Experten in diesem Bereich werden ja wohl wissen, ob das jetzt so sein soll oder nicht. Uns wurde es jedenfalls so dargebracht.

Wenn Sie wirklich Interesse gehabt hätten, dieses Paket zu diskutieren, dann wäre dies auch möglich gewesen. Es wurden Ihnen mehrere Termine für den Verfassungs­ausschuss angeboten. Auch gestern wurde ein Termin angeboten. (Abg. Dr. Gla­wischnig: Während der Flaggenparade!) Wenn man also wirklich darüber hätte sprechen wollen, hätten Sie die Möglichkeit gehabt, sich auch damit auseinander zu setzen. Aber Sie wollten eben nicht darüber reden. Sie wollten lieber sagen, es geht Ihnen zu schnell und deshalb können Sie nicht zustimmen.

Sie hätten ja genauso die Möglichkeit gehabt, sich diese Dinge bereits im Begut­achtungsverfahren – sehr viel ist nicht verändert worden – anzuschauen. Dann weiß man ja schon ungefähr, in welche Richtung es bei diesem Gesetz geht. Das haben Sie offensichtlich auch nicht gemacht, oder es hat Sie halt einfach nicht interessiert, denn es ist eben angenehmer, jetzt zu sagen, es passt uns so nicht, deshalb stimmen wir nicht zu, anstatt sich wirklich sachlich, inhaltlich damit auseinander zu setzen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Jetzt zur KommAustria, zum KommAustria-Gesetz. Das Anzeigerecht ist eine ganz gute Möglichkeit, um wirklich Kontrolle ausüben zu können. Wenn man in Österreich will, dass zum Beispiel kontrolliert wird, ob die Leute der Gurtenanlegepflicht nach­kommen, dann ist dafür die Polizei zuständig. Diese wird eben von sich aus tätig. (Abg. Dr. Cap: Metternich!)

Genauso wichtig ist es, dass man im Bereich der Werbemaßnahmen, wo auch der ORF zum Beispiel die Regelungen, die Gesetze angeblich teilweise nicht einhält, kon­trolliert. Insofern halte ich es für einen guten und richtigen Weg, dass Private und ORF gleich behandelt werden und dass bei beiden mit diesem Anzeigerecht dann die Möglichkeit der Prüfung besteht. (Abg. Dr. Cap: Metternich!)

Kommen wir gleich zur unabhängigen Stellung der Behörde. Sie seitens der SPÖ haben es zweimal abgelehnt, das Ganze bedarf der Zweidrittelmehrheit. Wir geben Ihnen heute noch einmal die Chance. Auf mein Ersuchen hin bringen wir einen gemeinsamen Entschließungsantrag ein seitens der Freiheitlichen und der ÖVP, der Ihnen die Möglichkeit geben wird, genau dem, was Sie heute gesagt haben, zuzu­stimmen. Das ist die Nagelprobe, ob Sie wirklich für eine Unabhängigkeit dieser Behörde sind.


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Wir stellen folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Dr. Magda Bleckmann, Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Kolleginnen und Kollegen zum Antrag betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Privatradiogesetz, das Privatfernsehgesetz, das KommAustria-Gesetz und das ORF-Gesetz geändert werden sowie das Fernsehsignalgesetz aufgehoben wird (430/A)

betreffend Unabhängigkeit der Kommunikationsbehörde Austria

Die KommAustria ist bis dato – da aufgrund der mangelnden Zustimmung der SPÖ eine Verfassungsmehrheit für eine unabhängige Regulierungsbehörde nicht zu erreichen war – eine dem Bundeskanzler unmittelbar nachgeordnete Behörde.

Da die KommAustria durch den Antrag 430/A weitere wichtige Aufgaben übernimmt, wäre es umso sinnvoller, ihr – so wie bereits im Jahr 2000 geplant, aber von der SPÖ verhindert – durch eine Weisungsfreistellung eine dem europäischen Standard ent­sprechende unabhängige Institution im Bereich der Rundfunkregulierung zu schaffen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat nochmals einen Gesetzentwurf zuzuleiten, der die Einrichtung einer verfassungsrechtlich unabhängig gestellten Regu­lierungsbehörde KommAustria vorsieht. Auf die Ergebnisse der Arbeiten des Öster­reich-Konvents ist dabei Bedacht zu nehmen.“

*****

Uns ist es nämlich wichtig, so wie es auch in der Stellungnahme des Justiz­ministeriums steht, dass das eine weisungsungebundene Behörde ist. Uns ist das ganz besonders wichtig. Wenn es Ihnen auch ein Anliegen ist, dann stimmen Sie diesem Antrag zu! Sie müssen ihm zustimmen, sonst hätten Sie eben etwas anderes sagen müssen. Wichtig ist – damit es keine, wie Sie sagen, „Metternich-Behörde“ ist –, dass diese Behörde weisungsungebunden ist. Da haben Sie vollkommen Recht. Also gehen wir diesen Weg gemeinsam! Stimmen Sie dem zu, sodass es eine Zwei­drittelmehrheit gibt. Es sind ja scheinbar alle dafür – und dann muss es hier eine Einstimmigkeit geben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Eines verstehe ich auch nicht ganz, was den „materiellen Druck“ betrifft. Ich meine, wenn man sich an Gesetze hält, braucht man doch keinen materiellen Druck oder irgendwelchen anderen Druck zu fürchten. Somit wird der ORF damit schon auch zu Rande kommen. Wenn der ORF Gesetze einhält, dann braucht er nichts zu befürchten. Auch der ORF hat sich, wie ich meine, an die Gesetze zu halten. Er hat nicht nur objektiv zu sein, sondern sich auch an Werbebeschränkungen und all die Dinge, die in Gesetzen stehen, zu halten. Auch da sollten wir alle einer Meinung sein.

Insofern verstehe ich Ihre Argumentation, Herr Klubobmann Cap, bezüglich einer materiellen Befürchtung, was den ORF betrifft, wirklich nicht. Wenn man sich an Gesetze hält, dann braucht es diesbezüglich keine Befürchtungen zu geben.


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Der Punkt, warum auch koalitionsintern die Verhandlungen etwas länger gedauert haben, war: Wir haben gesagt, dass es auch beim ORF die Möglichkeit geben sollte, der Bevölkerung die Popularbeschwerde zu erleichtern. Und da hat es halt leider einiger Zeit bedurft, um den Koalitionspartner davon zu überzeugen, dass es sehr wohl wichtig ist, diesen Zugang zu erleichtern und zu verbessern. Wir haben es in diesem Abänderungsantrag, der Ihnen auch schon vor längerer Zeit zugegangen ist, jetzt auch erreicht, dass bereits 120 Personen, die in einem Haushalt leben, in dem Rundfunk­gebühren bezahlt werden, diese Beschwerde einbringen können – bisher waren es 300 Rundfunkteilnehmer. Da wir doch alle dafür sind, dass die Bevölkerung Möglich­keiten hat, Beschwerden einzubringen, und wir alle so volksnah sind, meine ich, dass das ein wirklich wichtiger und guter Antrag ist, mit dem man die Beschwerde­möglich­keit erleichtert. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ein sehr wichtiger Punkt, der auch noch enthalten ist, ist eine Problematik, die erst in der letzten Zeit aufgekommen ist, nämlich der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor schädigendem Inhalt in frei empfangbaren Fernsehprogrammen. Es gibt bestimmte Sendungen mit sexuellen Inhalten, die für Jugendliche sicherlich schädlich sind, die frei zugänglich sind und wo es zu einer Verschlüsselung kommen sollte und muss. Das ist auch ein Teil dieses Abänderungsantrages. Deshalb ist es auch wichtig, dass es schnell geht, damit es da schnell zu einer diesbezüglichen Regelung kommt, damit es zu einer Verschlüsselung derartiger Inhalte, die mit sexuellen Handlungen ... (Abg. Mandak: Gewalt!) – Ja, das wäre auch fein, aber das ist ein Problem, dass erst jetzt dadurch aufgekommen ist, dass es Sender gibt, die frei zugänglich sind, die gerade in diesem Bereich tätig sind. Deshalb sollte man genau das eben dadurch verhindern, dass es zu einer Verschlüsselung kommt. Vielleicht finden wir in dem anderen Bereich einen gemeinsamen Weg, wenn es um Gewalt geht, dass wir eine gemeinsame Initiative machen. Das wäre mir auch ein großes Anliegen. (Beifall bei den Frei­heitlichen und der ÖVP.) – Die ÖVP ist auch dafür. Insofern können wir sicherlich etwas gemeinsam machen.

Das sind die Bereiche, die sich auch in dem Abänderungsantrag finden, der wie folgt lautet:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Dr. Magda Bleckmann und Kolle­gen zum Antrag 430/A der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Dr. Magda Bleckmann und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Privatradiogesetz, das Privatfernsehgesetz, das KommAustria Gesetz und das ORF-Gesetz geändert werden sowie das Fernsehsignalgesetz aufgehoben wird.

*****

Der Antrag wird verteilt und liegt somit vor.

Das sind zwei wichtige Anträge, die eine Verbesserung bringen und auch für das Medienpaket, für die Mediengesetze eine sehr große Verbesserung darstellen würden. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie da mitgehen. Aber Sie haben ja schon erklärt, gerade bei diesen Bereichen wollen Sie gar nicht mitgehen, denn Sie haben sich zwar teilweise damit auseinander gesetzt, aber Sie wollen eben partout nicht. Sie wollten auch an keinen Terminen teilnehmen, bei denen man sich mit diesem Gesetz aus­einander gesetzt hat.

Wir sagen, wichtig ist, dass es im Privatradiogesetz und Privatfernsehgesetz zu Erleichterungen, zu Verbesserungen kommt: Schaffung der Möglichkeit von bundes­-


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weiten Lizenzen, vereinfachte Vergabe von zusätzlichen Frequenzen, Ermöglichung von terrestrischem Digitalfernsehen und Vereinheitlichung von Verfahrens­bestim­mungen. Es ist insgesamt ein gutes Paket, vor allem mit den Abänderungsanträgen und auch mit dem Entschließungsantrag, wobei ich auf Ihr Abstimmungsverhalten schon sehr gespannt bin. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.34

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Abgeordnete Dr. Bleckmann hat zwei Anträge eingebracht: erstens den Entschließungsantrag betreffend Unabhängigkeit der Kom­munikationsbehörde Austria – sie hat diesen Antrag verlesen, er ist hinreichend unterstützt und steht damit in Verhandlung –, des Weiteren den Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Dr. Magda Bleckmann und Kollegen, der in seinen Kernaussagen erläutert wurde. Er ist umfangreich und wird im Plenum verteilt werden. Dieser Antrag ist hinreichend unterstützt und steht damit auch in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Dr. Magda Bleckmann und Kolle­gen zum Antrag 430/A der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Dr. Magda Bleckmann und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Privatradiogesetz, das Privatfernsehgesetz, das KommAustria-Gesetz und das ORF-Gesetz geändert werden sowie das Fernsehsignalgesetz aufgehoben wird

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der oben bezeichnete Antrag wird wie folgt geändert:

1. Art. 1 (Änderung des Privatradiogesetzes) wird wie folgt geändert:

In Z 44 entfällt im Text des § 28a Abs. 3 Z 1 das Wort „wenn“.

2. Art. 2 (Änderung des Privatfernsehgesetzes) wird wie folgt geändert:

a) Nach der Z 43 wird folgende Z 43a eingefügt:

»43a. Dem § 32 wird folgender Abs. 4 angefügt:

„(4) Im Besonderen bedürfen Fernsehsendungen im Sinne des Abs. 2, die sich über­wiegend auf die unreflektierte Darstellung sexueller Handlungen beschränken, oder die Sendungsteile beinhalten, die auf die Darstellung derartiger Inhalte reduziert sind, sofern eine Ausstrahlung nicht bereits nach Abs. 1 untersagt ist, jedenfalls einer Verschlüsselung.“ «

b) Z 45 lautet:

»45. § 36 lautet:

„§ 36. (1) Fernsehwerbung und Teleshopping sind grundsätzlich in Blöcken zwischen einzelnen Fernsehsendungen auszustrahlen. Einzeln gesendete Werbe- und Tele­shoppingspots müssen die Ausnahme bilden. Unter den in den Abs. 2 bis 5 genannten Voraussetzungen können Fernsehwerbung und Teleshoppingsendungen auch in die laufenden Sendungen eingespielt werden, sofern sie den Zusammenhang und den Wert der Sendungen nicht beeinträchtigen, wobei die natürlichen Programm­unter-


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brechungen und die Länge und die Art des Programms zu berücksichtigen sind. Gegen die Rechte von Rechtsinhabern darf dabei nicht verstoßen werden.

(2) Bei Sendungen, die aus eigenständigen Teilen bestehen, oder bei Sportsendungen und Sendungen über ähnlich strukturierte Ereignisse und Darbietungen mit Pausen darf Fernsehwerbung und Teleshopping nur zwischen die eigenständigen Teile oder in die Pausen eingefügt werden.

(3) Die Übertragung audiovisueller Werke wie Kinospielfilme und Fernsehfilme (mit Ausnahme von Serien, Reihen, leichten Unterhaltungssendungen und Dokumentar­sendungen) kann für jeden vollen Zeitraum von 45 Minuten einmal unterbrochen werden. Eine weitere Unterbrechung ist zulässig, wenn die programmierte Sendedauer um mindestens 20 Minuten über zwei oder mehrere volle 45 Minuten Zeiträume hinausgeht.

(4) Werden andere als die unter Abs. 2 fallenden Sendungen durch Fernsehwerbung oder Teleshopping unterbrochen, so hat zwischen zwei aufeinander folgenden Unter­brechungen innerhalb der Sendungen ein Abstand von mindestens 20 Minuten zu liegen.

(5) Die Übertragung von Gottesdiensten darf nicht durch Werbung oder Teleshopping unterbrochen werden. Nachrichten, Magazine über das aktuelle Zeitgeschehen, Doku­mentarfilme, Sendungen religiösen Inhalts und Kindersendungen, die eine program­mierte Sendezeit von weniger als 30 Minuten haben, dürfen nicht durch Werbung oder Teleshopping unterbrochen werden. Beträgt ihre programmierte Sende­zeit mindestens 30 Minuten, so gelten die Bestimmungen der vorangegangenen Absätze.“ «

c) In Z 55 wird die Zahl „150“ durch „120“ ersetzt.

d) Z 66 lautet:

»66. Dem § 69 wird folgender Abs. 4 angefügt:

„(4) Die §§ 1, 2, 5, 6, 9, 10, 11 Abs. 1 und 7, 17 Abs. 1, 19, 20 Abs. 2, 3 und 7, 21 Abs. 1 und 6, 23, 24, 25, 26, 27, 27a bis 27c, 28 Abs. 1, 31 Abs. 1, 34 Abs. 2, 36, 42, 43 Abs. 1, 44 Abs. 2, 47 Abs. 4, 49 Abs. 13, 55, 61 Abs. 1, 62 Abs. 2, 63 Abs. 1 und 5, 63a, 64 sowie 67 Abs. 7, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2004 treten mit 1. August 2004 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über die Anwendung von Normen für Fernsehsignale (FS-G), BGBl. I Nr. 50/2000 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 136/2001, außer Kraft. § 32 Abs. 4 tritt mit 1. Oktober 2004 in Kraft.“ «

3. Art. 4 (Änderung des ORF-Gesetzes) wird wie folgt geändert:

a) Z 1 lautet:

»1. § 36 Abs. 1 Z 1 lit. b lautet:

„b) eines die Rundfunkgebühr entrichtenden oder von dieser befreiten Rundfunkteil­nehmers im Sinne des Rundfunkgebührengesetzes, sofern die Beschwerde von min­destens 120 solchen Personen oder Personen, die mit einem die Rundfunkgebühr entrichtenden oder mit einem von dieser Gebühr befreiten Rundfunkteilnehmer im gemeinsamen Haushalt wohnen, unterstützt wird;“«

b) Z 2 lautet:

»2. In § 36 Abs. 6 Z 1 lit. b wird die Zahl „300“ durch „120“ ersetzt.«


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Begründung:

Der Änderung des § 32 PrTV-G liegen folgende Überlegungen zugrunde:

Zur Stärkung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen vor schädigenden Inhalten in vor allem frei empfangbaren Fernsehprogrammen soll mit dieser Bestimmung erreicht werden, dass die Ausstrahlung bestimmter Sendungen bzw. Sendungsinhalte nur verschlüsselt erfolgen darf.

Die unreflektierte Darstellung sexueller Handlungen hat erwiesenermaßen erhebliche und nicht unbedeutende Auswirkungen auf die körperliche, geistige und sittliche Ent­wicklung Minderjähriger, wenn diese auch unterhalb der Schwelle zur schweren Beeinträchtigung im Sinne des Abs. 1 liegen.

Betroffen sind einerseits Sendungen, die sich im Wesentlichen auf Inhalte beschrän­ken, in denen der Geschlechtsakt oder sonstige sexuelle Betätigungen losgelöst von ihrer sozialen und kommunikativen Form dargestellt werden und bei denen die Aus­schließlichkeit genitaler Betätigung im Zentrum der Darstellung liegt. Erfasst sind auch einzelne Sendungsinhalte, die sich auf lösgelöste Darstellungen geschlechtlicher Handlungen mit oder ohne Interaktion hin zum rein Mechanistischen reduzieren.

Mit der Pflicht zur Verschlüsselung soll erreicht werden, dass Minderjährige, ob nun zufällig oder nicht, im Regelfall keinen Zugang zu den beschriebenen Inhalten erhalten. Zu denken ist insbesondere an den Einsatz von Smartcards und/oder PINs.

Besondere Bedeutung hat eine solche Verpflichtung der privaten Fernsehveranstalter zur Verschlüsselung angesichts der Tatsache, dass diese im Gegensatz zum ORF nicht an einen öffentlichen Programmauftrag gebunden sind, der die Ausstrahlung derartiger Inhalte von vornherein ausschließt. Das spätere In-Kraft-Treten soll dem allenfalls betroffenen Veranstalter eine entsprechende Frist zur Umstellung auf die Verschlüsselung einräumen.

Die Änderung des § 36 PrTV-G bezweckt die Vereinheitlichung des Wortlauts mit dem durch ebendiese Bestimmung umgesetzten Artikel 11 der Fernsehrichtlinie. Dieser Artikel enthält 5 Absätze. Bei Erlassung des Privatfernsehgesetzes wurden die Absätze 2 und 3 des Artikel 11 der Richtlinie in einem Absatz zusammengefasst.

Die Änderungen im Zusammenhang mit der Beschwerdelegitimation in § 61 Privatfern­sehgesetz (Z 55) und in § 36 ORF-Gesetz (Z 1 und 2) dienen der Erleichterung des Zugangs zum Rechtsbehelf der Beschwerde. Die Beschwerdeführer werden in der nach § 36 Abs. 2 vorzulegenden Unterschriftenliste ihre Registrierung als Rundfunk­teilnehmer durch Angabe der Registrierungsnummer der GIS darzulegen haben. Neu ist, dass eine Beschwerde auch von Personen unterstützt werden kann, die nicht selbst als Rundfunkteilnehmer registriert sind, wohl aber mit einem solchen im gemeinsamen Haushalt wohnen. Diese Personen werden bei der Unterschriftenliste nach § 36 Abs. 2 ORF-G nicht nur ihre Identität nachzuweisen haben, sondern auch die Registrierungs­nummer jenes Rundfunkteilnehmers anzugeben haben, mit dem sie im gemeinsamen Haushalt wohnen.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Staatssekretär Morak. – Bitte.

 


10.35

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Dr. Cap, ich bewundere dich! Ich möchte dir meine Bewunderung zu Füßen legen. Du bist relativ lange in diesem Gremium und in der Politik, und ich


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bewundere, dass du deine Sache noch immer mit so heißem Herzen vertrittst, wie du das tust. (Demonstrativer Beifall des Abg. Dr. Puswald.)

Ich möchte dazu aber schon bemerken, dass es nicht nur eines heißen Herzens bedarf, um Medienpolitik zu machen, sondern auch eines klaren Verstandes, der auf ein Ziel ausgerichtet ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich glaube, sowohl der Initiativantrag, der heute hier dem Parlament vorliegt, als auch die Medienpolitik der Bundesregierung der letzten vier Jahre sind von diesem klaren Ziel geprägt. Ich bitte dich, Kollege Cap, ein klein wenig Objektivität walten zu lassen! Wir haben sehr lange verhandelt, auch über die Medienbehörde, die du liebevoll „Metternich-Behörde“ getauft hast. Das fällt dir auch so schön aus dem Mund, auch dafür bewundere ich dich.

Aber es geht nicht beides: dass man auf der einen Seite der Medienbehörde, so sie verfassungsrechtlich unabhängig gestellt ist, unterstellt, sie wäre parteipolitisch besetzt – und auf der anderen Seite trotzdem Einfluss auf die Medienpolitik durch entsprechende Anrufe nehmen möchte. Also ich würde bitten, hier eine gewisse Ausgewogenheit walten zu lassen. Dann könnten wir uns möglicherweise auf ein Paket verständigen, das die Medienpolitik Österreichs auf ein Niveau stellt, das Europareife hat und wahrscheinlich der Medienlandschaft Österreichs zugute kommen würde.

Wie wir sehen, ist mit den Mediengesetzen 2001 ein Zustand eingetreten, der im Grunde eine gewisse zaghafte Prosperität auf dem Medienmarkt zulässt. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die bundesweite terrestrische Verbreitung von ATV Plus. Ich verweise auf Puls TV, das gerade präsentiert wurde. Gerade diese Fraktion, die hier links sitzt, war wirklich flächendeckend vertreten bei der Eröffnung dieses Kanals. Ich habe dort die anderen Seiten ein bisschen vermisst, ich gebe es zu. Aber ich will damit nur sagen, es gibt auch Annäherungswerte und Annäherung an dieses Modell Privatfernsehen, Privatradio von eurer Seite. Ich halte das im Grunde genom­men auch im Rahmen einer gewissen Ausgewogenheit auf dem Medienmarkt für eine wesentliche Sache. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Jetzt sage ich noch etwas: Wahrscheinlich hätten wir uns das Ganze hier erspart, wenn am Beginn der achtziger Jahre der Bundeskanzler der Republik, der damals Kreisky hieß, auf einen Vorschlag eingegangen wäre, den der damalige General­intendant des ORF, nämlich Gerd Bacher, gemacht hat, dass man nämlich Österreich in Österreich belässt, aber gleichzeitig über Satellit in Europa weiterverbreitet. Wir hätten heute wahrscheinlich eine andere Position in der Frage der Lizenzrechte. Es wäre möglicherweise ein Modell gewesen, wie es in Luxemburg sehr erfolgreich mit RTL praktiziert wird: in der Heimat öffentlich-rechtlich, woanders privatrechtlich or­gani­siert. – Das hätte sein können.

Noch einmal: All das, worüber wir heute reden, geht auf diese – nennen wir es einmal so – mediale Erbsünde zurück. Und ich glaube, es ist gut, dass wir endlich mit der KommAustria ein Instrumentarium haben, das objektiv jenseits der Politik den Medien­markt beobachtet, die europäische Entwicklung beobachtet, um gerade in der ent­scheidenden Frage der Digitalisierung klar Position zu beziehen und der Politik einen Weg zu weisen, auch reagieren zu können, euch wie dem Rest der Mannschaft hier im Parlament. (Beifall bei der ÖVP.)

Selbstverständlich in diesem Gesetz ist die Digitalisierung einer der wesentlichen Punkte. Hier wurde als Fortschritt zur alten Gesetzgebung die Technologie-Neutralität eingeführt. Das heißt, es geht genauso um Satellit, es geht genauso um Kabel, und es geht natürlich um Terrestrik, hier in Österreich von ganz besonderer Bedeutung. Ich sage dies, weil es angesichts der geographischen Situation Österreichs natürlich eine gewisse Berechtigung hat, hier gerade terrestrisch Signale zu verbreiten.


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All diese Maßnahmen wurden gesetzt, um den Medienstandort Österreich voran­zutreiben. Ich glaube, wir liegen mit dieser gesetzlichen Regelung, die wir hier verab­schieden wollen, ganz gut, und ich verweise in diesem Zusammenhang auch darauf, dass ein wesentlicher Ansatz, Medienpolitik oder Medien überhaupt zu ermöglichen, in der Werbeindustrie liegt. Natürlich ist diese Gesetzgebung daher auch im Sinne einer Politik, die auf die Rahmenbedingungen der Werbeindustrie Rücksicht nimmt – ohne diese wären weder der ORF noch private Medien möglich.

In diesem Zusammenhang hat die Bundesregierung auch schon reagiert, indem sie die Werbeabgabe von 10 auf 5 Prozent reduziert hat.

Ich bin über das Signal, das der Wiener Bürgermeister in diesem Zusammenhang gesetzt hat, sehr glücklich, er sagt, er verzichtet auf die 5 Prozent Werbeabgabe. Ich halte das im Grunde für einen guten Ansatz im Zusammenhang mit dem Medien­standort einerseits, aber auch mit den Finanzausgleichsverhandlungen andererseits. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wer die heutige Diskussion verfolgt hat – auf der einen Seite geht es um die Zeitungsveranstalter, auf der anderen Seite um die Diskussion zwischen den Privatfernsehen und den deutschen Öffentlich-Rechtlichen –, weiß, dass die Diskussion, wie sie in Österreich abläuft, im Grunde sehr gemäßigt ist. Und ich wünsche Österreich nicht, dass sie so abläuft, wie sich das in Deutschland zwischen den Privaten und den Öffentlich-Rechtlichen gerade andeutet.

In diesem Sinne ist die Kontrolle, die die KommAustria hier auf dem Werbemarkt ausübt, auch im Hinblick auf die öffentlich-rechtlichen Medien ein wesentlicher Schritt zur Sicherung der Medienvielfalt, zur Sicherung des Medienstandortes Österreich. Und in diesem Sinne danke ich für die Diskussion auf der einen Seite und bitte auf der anderen Seite darum, dass dieses Gesetz heute beschlossen werden kann. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.42

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. 5 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Mag. Molterer – in Richtung des sich zum Redner­pult begebenden Abg. Dr. Wittmann –: Peter, der Cap war heute seriös! – Abg. Dr. Wittmann: Das bin ich immer!)

 


10.42

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Staatssekretär! Zunächst möchte ich schon festhalten, dass auch Zwischen­rufe ein Instrument der parlamentarischen Demokratie sind und ich diese ver­einbarungsgemäß vom Sitz aus gemacht habe. Ich wundere mich daher und frage mich, nach welchem Passus der Geschäftsordnung ich zur Androhung eines Ord­nungs­rufes komme. Das ist wirklich überdenkenswert. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter! Ich darf Sie daran erinnern, dass wir in der Präsidialkonferenz eine lange Diskussion darüber hatten, über die Sie Ihr Klub­obmann gerne unterrichtet. Und da haben wir festgehalten, dass bis zu vier Zwischen­rufe hintereinander von der Bank aus noch toleriert werden, aber dann eine Ermah­nung ausgesprochen wird, dass man sich zu Wort melden und die Rednerin – in der Regel sind es nämlich Rednerinnen – nicht ständig stören soll.

Ich werde Ihnen das Präsidialprotokoll gerne zustellen, Herr Kollege (Abg. Dr. Gla­wischnig: Das hätten wir auch gerne!), und hoffe, dass wir das nächste Mal dann keine Diskussion mehr führen müssen.

 



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Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (fortsetzend): Diese Regelung ist für mich völlig neu, und ich werde mir hier das Recht des parlamentarischen Zwischenrufes sicher nicht nehmen lassen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Großruck: Der Cap hat seine Leute nicht im Griff! Keine Disziplin!)

Zur Gesetzesvorlage: Ich muss festhalten, dass es eine Vereinbarung mit der ÖVP gab, am 8. Juni eine Gesetzesvorlage als Regierungsvorlage zu beschließen und an den Nationalrat weiterzuleiten. Auf Grund dieser Vorgabe wurde eine Sitzung des Verfassungsausschusses für den 29. Juni angesetzt, um dieses Gesetz zu diskutieren. Dieses Gesetz war der Grund dafür, dass der 29. Juni als Termin gewählt wurde (Zwischenruf des Abg. Dr. Ferdinand Maier), denn wir wollten diese Materie inhaltlich diskutieren, weil es sich um ein wichtiges Gesetz handelt.

Am 28. Juni gab es dann einen Initiativantrag – also keine Regierungsvorlage, sondern einen Initiativantrag! –, und am 29. Juni lag nicht einmal ein Gesetzestext vor. (Abg. Dr. Ferdinand Maier: Haben Sie etwas in der Sache zu sagen?) Herr Präsident, auch das ist eine unübliche Vorgangsweise!

Ich muss ganz ehrlich sagen: Herr Kollege Böhmdorfer, Sie haben wenigstens ein Deckblatt bekommen, wenn Sie in Verhandlungen gegangen sind, wir hingegen haben im Ausschuss nicht einmal ein Deckblatt bekommen! Über ein Gesetz, das wir nicht einmal lesen durften, hätten wir dann diskutieren dürfen! – Das ist eine Vorgangsweise, wie sie in diesem Haus und in meinem Ausschuss noch nie vorgekommen ist (Beifall bei der SPÖ und den Grünen), nämlich dass ein Gesetzestext nicht vorliegt und verlangt wird, dass man darüber diskutiert. (Abg. Scheibner: Dann sind Sie an­scheinend noch nicht lange genug hier!) Diese Vorgangsweise ist unüblich und wird von uns sicher nicht akzeptiert! (Zwischenruf des Abg. Dr. Ferdinand Maier.)

Wenn die Regierungsparteien nicht in der Lage sind, sich in gegebener Zeit auf ein Gesetz zu einigen, dann können sie von der Opposition nicht verlangen, dass sie diese Fehler ausbessert, die ausschließlich auf die Säumigkeit der Regierungsparteien zurückzuführen sind. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Dr. Ferdinand Maier: Halten Sie keine Märchenstunde ab!)

Und dann haben Sie hinterher einen Pseudo-Druck, den Sie sich selbst auferlegen, weil Sie nicht in der Lage waren, rechtzeitig, termingerecht zu arbeiten und letztendlich auch die Voraussetzungen, die vereinbart waren, zu erfüllen. Sich dann hierher zu stellen und ohne Diskussion ein Gesetz zu beschließen, das ganz wesentlich in die Medienlandschaft eingreift, das ist mehr als bedenklich. Diese Vorgangsweise spottet jedem parlamentarischen Usus! (Abg. Dr. Ferdinand Maier: Was wollen Sie eigentlich sagen, Herr Kollege? Kommen Sie doch endlich dazu!)

Die Frage der „Metternich-Behörde“: Es ist sehr leicht, zuerst diese weisungs­gebun­dene Behörde mit Günstlingen zu besetzen, die ausschließlich das machen, was die Regierung will – in diesem Fall ausschließlich das machen, was der Bundeskanzler will –, und dann soll man sie hinterher perpetuieren und als unabhängige Behörde statuieren, obwohl niemals unabhängige Leute drinnen sind, sondern immer nur Günstlinge des Bundeskanzlers. (Beifall des Abg. Dr. Puswald. – Abg. Dr. Ferdinand Maier: Kommen Sie zur Sache!)

Das ist eine billige Vorgangsweise (Abg. Hornek: Unerhört!), eine billige Argumen­tation und entspricht auch nicht den Gepflogenheiten.

In Wirklichkeit soll ein Mediengesetz so verdreht werden, dass man hier Teile herausnimmt und dann über Entschließungsanträge verlangt – obwohl die Opposition das gesamte Mediengesetz abgelehnt hat –, diese sozusagen in den Verfassungsrang


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zu heben. Das sind Vorgangsweisen, die nicht üblich sind. (Abg. Mag. Regler: Das ist eine Unterstellung!)

Im Übrigen möchte ich noch dazusagen, dass Sie es auch im Verfassungsausschuss ablehnen, über derartige Anträge zu verhandeln, und sagen, das solle dem Konvent vorbehalten bleiben. – Und jetzt auf einmal gibt es hier einen Entschließungsantrag, mit dem sollen wir plötzlich einen Teil in den Verfassungsrang heben, aber schnell, weil es Ihnen passt! Im Ausschuss vertagen Sie alle Anträge, weil Sie ganz einfach nicht wollen, dass das dort ernsthaft diskutiert wird – auch die heutige Vorgangsweise ist so; eine Vorgangsweise, die äußerst bedenklich erscheint bei der Wichtigkeit dieser Materie. (Abg. Dr. Ferdinand Maier: Sagen Sie doch einmal, was Sie wollen! – Abg. Schieder: Das war der sechste Zwischenruf, Herr Präsident!)

Letztendlich muss man sagen: Das spottet jeder parlamentarischen Vorgangsweise, das ist keine Diskussionskultur, und das wäre eigentlich eine Möglichkeit gewesen. – Sie aber verweigern die Diskussion, Sie wollen keine Diskussion, und das ist schade, weil wir in vielen Teilen zugestimmt hätten, und in anderen Teilen wäre das Gesetz wahrscheinlich noch ergänzungsfähig gewesen.

Im Übrigen, Herr Präsident: Dort (in Richtung ÖVP weisend) war der sechste Zwischenruf. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

10.48

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Machne. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


10.48

Abgeordnete Helga Machne (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Lieber Kollege Wittmann, ich möchte mich jetzt doch wieder der Sache zuwenden.

Ich denke, diese Novelle zum Privatradio-, Privatfernsehen- und KommAustria-Gesetz stellt einen wesentlichen Reformschritt für die österreichische Medienlandschaft dar. (Abg. Dr. Cap: Wieso glauben Sie das?) – Dazu komme ich noch.

Ich glaube, es ist heute und jetzt notwendig, das zu beschließen, denn es gibt immerhin Privatradios – wir haben auch in Osttirol eines –, für die dieses Gesetz sicher ein Fortschritt ist. (Abg. Dr. Cap: Aber sie haben es nicht so eilig! Die haben gesagt, das ist nicht so eilig! Wir haben geredet mit ihnen!) – Na ja, das stimmt auch nicht, denn sie sollten für das nächste Jahr Planungssicherheit haben, und daher ist es doch ganz gut, wenn sie schon ab 1. August dieses Gesetz und damit Planungssicherheit für das nächste Jahr haben. (Abg. Dr. Cap: Das sagt der Molterer!) – Sie wissen ja, dass viele Verträge auslaufen. (Abg. Dr. Cap: Aber die haben uns angerufen und gesagt, man kann ruhig noch über den Sommer ...!) – Es gibt solche und solche! Ich weiß nicht, wer Sie angerufen hat, ich weiß aber von einigen Privatradios, dass sie sehr wohl diese Reform begrüßen. (Beifall bei der ÖVP.)

Diese Gesetzesreform ermöglicht ja einen bundesweiten Zusammenschluss von Privatradios, und das ist sicher ein Vorteil, denn wir alle wissen ja, dass die Privat­radios manchmal in finanziellen Schwierigkeiten stecken. Und dadurch eröffnet sich eine neue Möglichkeit, finanziell sozusagen über die Runden zu kommen. (Abg. Dr. Cap: Für die Kleinen ist es schwierig!) – Von denen rede ich zum Beispiel. Ich bin nicht aus Wien, ich bin aus Osttirol. Und das ist eine gute Chance, hier doch auch aktiv zu bilanzieren sozusagen.

Neu in diesem Gesetz ist, dass die Beschwerdeführer von Hörern und Sehern beim weisungsfreien Bundeskommunikationssenat wegen Verletzung der gesetzlichen


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Bestimmungen statt 300 nur noch 120 Unterschriften benötigen. Ich denke, auch das ist ein wichtiger demokratischer Schritt. Weiters ist ja auch noch das Richtlinienpaket der Europäischen Union umzusetzen, das die digitale Übertragung von Fernseh­signalen regelt.

Meine Damen und Herren! Herr Kollege Cap! Kollegin Baumgartner-Gabitzer hat im Verfassungsausschuss – ich war ja drinnen – versucht, zu diskutieren. Und der Gesetzesantrag ist Ihnen ja am 28. Juni im Plenum des Nationalrates ausgeteilt worden. (Abg. Dr. Cap: Zweieinhalb Stunden vorher! – Abg. Dr. Glawischnig: Ja, das waren genau drei Exemplare!) Hier im Plenum während der Sondersitzung. (Abg. Dr. Glawischnig: Da ist er nur zugewiesen worden, nicht verteilt!)

Kollegin Baumgartner-Gabitzer wollte nur darüber diskutieren, sie hatte ohnehin nicht verlangt, dass eine Abstimmung zustande kommt, sondern wollte in erster Linie darüber diskutieren. Das habe ich selbst gehört. (Abg. Dr. Cap: Also Ihnen glaube ich es, aber ihr nicht! Sie wollte natürlich abstimmen!) Ich weiß das ganz genau, ich habe es auch gehört. Sie hat extra gesagt, sie möchte diskutieren. (Abg. Dr. Glawischnig: Aber diskutieren geht auch nur, wenn man es vorher gelesen hat!) Sie haben das gehabt, aber es ist jetzt offensichtlich aussichtslos. Es wird hier mit zwei verschiedenen Sachen gemessen.

Wie ich Ihren Ausführungen entnommen habe, ist es Ihnen ein ganz großes Anliegen, dass die KommAustria weisungsfrei ist, dass da kein politischer Einfluss genommen wird. – Sie sagen, es habe die Möglichkeit gegeben, die entsprechenden Personen hineinzusetzen – das wird vorgeworfen. Aber bitte, ein Gesetz kann sich doch nicht auf Personen reduzieren, da muss man doch die Zukunft im Auge haben und sagen: In der Zukunft ist es wichtig, dass die KommAustria weisungsfrei ist. Und jetzt hätten Sie ja noch die Möglichkeit, diesem Antrag zuzustimmen und die KommAustria weisungsfrei zu machen.

Ich denke, Sie sollten heute über Ihren Schatten springen und dieser Gesetzesvorlage zustimmen. Geben Sie doch den kleinen Radio- und Fernsehanbietern eine Chance! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

10.52

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Mag. Regler zu Wort gemeldet. – Sie kennen die Geschäfts­ordnung: der zu berichtigenden Feststellung die richtige gegenüberstellen – und keine politischen Kommentare.

 


10.53

Abgeordneter Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Abgeordneter Dr. Wittmann hat behauptet, dass die ÖVP die Kommunikationsbehörde Austria mit Günstlingen der ÖVP besetzt hat und dann diese durch Verfassungs­bestimmung unabhängig stellen wollte – zwischen Anführungszeichen –, „nachdem sie so besetzt worden ist“.

Wahr ist vielmehr, dass die ÖVP eine unabhängige Behörde einrichten wollte, die dann entsprechend zu besetzen ist, dass dem nicht zugestimmt wurde und dass Sie daher ...

10.54

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter! Das ist ein Redebeitrag und keine tatsächliche Berichtigung! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Nächste Wortmeldung: Herr Staatssekretär Morak. – Bitte.

 



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10.54

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin wirklich bemüht, gerade im Feld der Medien den Diskussionspegel möglichst tief anzusetzen, sprich: unaufgeregt zu diskutieren. Aber in diesem Zusam­menhang möchte ich schon auf die Entgleisung von Dr. Wittmann hier am Rednerpult kurz eingehen.

Ich glaube, man nagt an den Grundfesten der österreichischen Verfassung und der österreichischen Richterschaft, wenn gesagt wird, dass die KommAustria eine Behörde wäre, die mit Günstlingen besetzt ist, die quasi auf Anruf des Bundeskanzlers springen. Ich möchte darauf verweisen, dass Dr. Lehofer, der erste Behördenleiter der Komm­Austria, jetzt Richter im Verwaltungsgerichtshof ist und dass Dr. Ogris dort Schriftführer war und jetzt Behördenleiter in der KommAustria ist.

Ich bitte, das zu sehen und hier nicht alles zu denunzieren, was sich bewegt, nur weil es sich in einem Redebeitrag gerade so schön macht. Ich bitte, das auch in der weiteren Diskussion zu beherzigen.

Nebenbei noch bemerkt: Von Dr. Lehofer wird behauptet, er gelte als SPÖ-nahe, ich weiß aber nur eines ganz sicher: Er ist jetzt unabhängiger Richter im Verwaltungs­gerichtshof. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

10.55

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Bitte.

 


10.55

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Poštovane dame i gospodo! Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! Herr Staatssekretär, gleich zu Ihrer zweiten Intervention: Nie und nimmer würde ich mich – geschweige denn jemand anderer von den Grünen – dazu versteigen, unabhängige Richter und unab­hängige Richterinnen in Österreich zu maßregeln – absolut nicht! –, und schon gar nicht die Qualifikation von Dr. Lehofer und jetzt von Mag. Ogris in Frage zu stellen für diese Tätigkeit, die Dr. Lehofer innehatte und Mag. Ogris jetzt innehat. (Abg. Dr. Brinek: Aber sie wurde in Frage gestellt! – Abg. Dr. Baumgartner-Gabitzer: Das wurde aber behauptet!)

Aber hier werden Äpfel mit Birnen vermischt, Herr Staatssekretär. Hier geht es um die Unabhängigkeit der Behörde als solche (Abg. Mag. Molterer: Warum haben Sie nicht mitgestimmt?) und nicht um die persönliche Integrität des Einzelnen. Die persönliche Integrität des Einzelnen setze ich voraus, wenn er in eine solche Funktion berufen wird. (Abg. Mag. Molterer: Sie haben zwei Mal nicht mitgestimmt!)

Hier geht es darum, diejenigen, die in dieser Behörde sind, zu schützen vor dem möglichen Druck, der kommen könnte. Keiner von uns hat behauptet, sozusagen in welcher Form er stattgefunden hat, und ob der eine oder andere imstande wäre, ihm standzuhalten. Ich möchte nicht haben, dass Mag. Ogris auch nur in die Situation kommt, sich darüber Gedanken machen zu müssen, ob er diesem Druck standhält oder nicht. Das ist der Punkt an der ganzen Sache! (Beifall bei den Grünen.)

Jetzt sage ich Ihnen noch etwas: Unser geschätzter Vorsitzender des Verfas­sungs­ausschusses, Frau Dr. Baumgartner, nämlich Herr Dr. Wittmann, hat hier davon gesprochen, dass die Vorgangsweise, die für diese Mediengesetze gewählt wurde, unüblich sei. – Also: Ich bin nicht Vorsitzende und ich darf jetzt das Kind beim Namen nennen: Unüblich soll das sein? Entschuldigung, es ist das eine haarsträubende,


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jedem Parlamentarismus absolut widersprechende Vorgangsweise, die da gewählt wurde! (Beifall bei den Grünen.)

Irgendwie kommt man sich als einfaches Mitglied des Verfassungsausschusses schon verulkt vor, wenn man über Wochen hin einen Termin für einen Ausschuss festlegt – über Wochen hin! –, um die Mediengesetze dort zu diskutieren, die Regierung dann jedoch nicht imstande ist, eine Vorlage für den Ausschuss zu liefern. Und jetzt kommen Sie und machen die Opposition für Ihre Unfähigkeit, für Ihren eigenen inhaltlichen Pfusch verantwortlich! – Das zu dieser Sache.

Von den Grünen wissen Sie es ganz genau: Mit uns kann man, wenn es um den ORF, wenn es um die Unabhängigkeit und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des staatlichen Rundfunks geht, jedes seriöse und sachlich orientierte Gespräch führen. Noch nie haben sich die Grünen dem verschlossen, weil es uns darum geht, dass der Österreichische Rundfunk die wirtschaftliche Basis bekommt, die ihm gebührt. Gleich­zeitig achten wir aber auch darauf, dass der Österreichische Rundfunk auch seinem gesetzlichen Auftrag gerecht wird; wir achten penibel darauf, dass er das tut. Darum geht es hier – und nicht darum, dass man nicht zu einem Konsens gekommen wäre, sondern die gewählte Vorgangsweise bedeutet eine Desavouierung des Parlaments und damit auch der Opposition!

Ich sage Ihnen Folgendes, Frau Dr. Baumgartner: Wenn sich der Gesetzgeber in einer so durchsichtigen Art und Weise zum reinen Lobbyisten für eine Gruppe macht, wie es in dieser Form passiert, können wir tatsächlich nicht mitmachen, weil es darum gegan­gen wäre, einen Weg zu finden, der es beiden ermöglicht, zu leben. Da kann ich trotz allen Wollens, Ihnen in der Sache Recht zu geben, nicht ja dazu sagen.

Ein weiterer Punkt: Ich habe den Abänderungsantrag, den ich heute bekommen habe, studiert. (Abg. Mag. Molterer: Gestern!) Ich habe ihn heute bekommen, weil ich mir gestern erlaubt habe, Trauer um Dr. Klestil zu üben. Ich war gestern nicht den ganzen Tag über an meinem Computer und habe geschaut, ob mir die Regierung einen Abän­derungsantrag für heute geschickt hat. Erlauben Sie mir, dass ich das hier offen bekenne. Ich habe diesen Antrag heute, als er verteilt wurde, gesehen.

Das ist Ihre Vorgangsweise, die Sie gewählt haben! Darum müssen Sie sie auch verantworten.

Jetzt lese ich hier etwas, was mich weniger als Mitglied des Verfassungsausschusses, sondern eher als Mutter sehr interessiert: Schutz von Kindern und Jugendlichen vor unreflektierten Darstellungen sexueller Handlungen. – Bitte, da sage ich ja, das ist ein Diskussionspunkt, für den ich mehr als offen bin, Frau Dr. Baumgartner und lieber Herr Klubobmann. Das sind Punkte, die ich als Abgeordnete schon etliche Male in die parlamentarische Diskussion eingebracht habe, aber die Art und Weise, die hier gewählt wurde, nämlich dass das ein Teil des Abänderungsantrages ist, ist genau der Punkt, warum ich sage, so etwas gehört in einem Ausschuss diskutiert. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)

Ich frage mich: Warum können wir nicht die Diskussion im Ausschuss über die Frage des Schutzes von Kindern und Jugendlichen im Sinne ihrer, wie es im Abänderungs­antrag steht, körperlichen und geistigen Entwicklung führen? Da geht es auch um den Schutz vor Gewaltdarstellungen, denn da wird auf sexuelle Handlungen reduziert.

Sie machen sich Sorgen um die sittliche Entwicklung. Diese Sorge teile ich mit Ihnen, aber meine Sorge, liebe Frau Abgeordnete – mein Sohn schaut genug fern, weil er auch Eltern hat, die viel fernsehen –, sind nicht die unreflektierten sexuellen Darstellungen, sondern ist die massive Gewalt, die durch das Fernsehen auf unsere


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Kinder niederprasselt, auf die kleinen, die mittelgroßen und auch auf die großen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Warum reden wir nicht auch über solche Punkte, wenn wir schon Mediengesetze novellieren? – Deshalb muss ich Ihnen sagen: Es ist vielleicht gut gemeint, aber es ist wieder einmal nur ein bisschen davon beachtet. Genau was diesen Punkt betrifft, ist es meiner persönlichen Ansicht nach völlig irrelevant, ob wir ihn heute beschließen oder später, nach einer entsprechenden Diskussion mit Experten und Sachkundigen, sodass die Bestimmungen dann auch tatsächlich Wirkung zeigen, denn das, was Sie hier heute beschließen, sind zum Teil reine Placebos, die keine Auswirkungen haben.

Die anderen Dinge werden dann mit dem Argument abgeschmettert: Wir haben ja eh eine Novelle im Juli 2004 beschlossen! Die Regierung hat damit diesen Punkt wieder abgehakt, und der Herr Präsident wird für seine nächste Pressekonferenz, für eine kommende Festsitzung des Nationalrates noch einen zusätzlichen Punkt haben, den er als Gutpunkt verkaufen kann – aber nicht mit der Opposition und auch nicht mit mir als Mutter! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.03

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Böhmdorfer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Cap – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Böhmdorfer –: Jetzt offen reden! Ganz offen aus der Schule reden!)

 


11.03

Abgeordneter Dr. Dieter Böhmdorfer (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Frau Abgeordnete Stoisits, ich glaube, wir alle akzeptieren – wir haben das gestern auch angemessen getan, und wir tun das auch heute noch und in den nächs­ten Tagen und jeder für sich selbst, solange es ihn eben erfasst –, dass gestern ein Tag der Trauer war. Aber ich bitte schon, sachlich zu bleiben, denn wir fassen heute einen Beschluss nach einer wochenlangen Diskussion, die für jedermann zugänglich war. Und diese wochenlange Diskussion hat sich auf einige wenige Kernfragen, die leicht zu durchschauen und zu diskutieren sind, zugespitzt. Man kann nicht sagen, dass es der gestrige Trauertag verunmöglicht hat, dass man über dieses Thema wirklich ordentlich und sachlich richtig nachdenkt. Das möchte ich schon gesagt haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich möchte auch beim Grundsätzlichen bleiben. Denken Sie an die Mitte der neunziger Jahre: Damals war der ORF noch das alleinige Monopol in Österreich, unangefochten. Auch der österreichische Verfassungsgerichtshof hat gesagt: Wir kennen nur den ORF, wir haben nur den ORF, und wir brauchen nur den ORF! Es war der Europäische Gerichtshof in Straßburg, der Mitte der neunziger Jahre endlich gesagt hat: Das ist nicht mehr zeitgemäß, so kann es nicht weitergehen!

Ich war damals selbst bei dieser Verhandlung dabei, bin stolz – das muss ich heute auch noch sagen dürfen – aus Straßburg zurückgekommen, habe das Radio auf­gedreht, und es gab keine Meldung darüber – damals, Mitte der neunziger Jahre, sicherlich nicht eine politische FPÖ-Verantwortung! –, dass dieses ORF-Monopol wird fallen müssen: um 19 Uhr nicht, um 20 Uhr nicht, am nächsten Tag nicht! Bis ich eine Rundfunkbeschwerde eingebracht habe, dann hat endlich der ORF, damals noch Monopol, berichtet, dass das Monopol wird fallen müssen.

So war es Mitte der neunziger Jahre. Und das sage ich nur deshalb, damit Sie einmal abschätzen können, was sich in den letzten neun bis zehn Jahren in Wirklichkeit in diesem Land getan hat.


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Wir haben einen riesigen Schritt in Richtung Liberalisierung erlebt, und wir pflegen diesen Schritt auch. Wir haben diesen Schritt in Richtung Meinungsäußerungsfreiheit getätigt. Damals hat es immer geheißen, man könne ja ohnehin 40, 60, 80 Kanäle empfangen. Das stimmt ja nicht, ist ja gleichgültig: Die Freiheit des Meinungs­empfan­ges ist noch lange nicht zu vergleichen mit der Freiheit der Meinungsäußerung. Das haben wir in Wirklichkeit erreicht, und das haben die beiden Kabinette Schüssel I und II wirklich ausgebaut. Das muss man auch einmal sagen. Das hat auch Frau Abge­ordnete Bleckmann zu Recht betont. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Es ist nun einmal das Objektivitätsgebot, das einerseits den ORF verpflichtet, auf Verfassungsebene korrekt und umfassend und pluralistisch zu berichten, das aber auch erzwingt, dass er sich an gewisse Rahmenbedingungen halten muss und auch in Zukunft wird halten müssen und nicht nur in der Gegenwart, in der er auch schon kontrolliert werden kann.

Unsere Leitlinie muss sein – und das, so glaube ich, könnte quer durch die Parteien gehen –, dass der ORF eine Einrichtung ist, die allen Österreichern zur Verfügung steht und die nicht wie ein Ministerium von Legislaturperiode zu Legislaturperiode die Farbe wechseln könnte. Das haben wir auch erreicht, wir haben sehr viel erreicht.

Die Medienmacht, die vom ORF ausgeht, ist eine zweigeteilte – das muss man auch grundsätzlich sagen –: einerseits eine riesige Wirtschaftsmacht im Werbebereich. Keiner hat heute etwas gesagt, dass die Zeitungen, auf die Sie auch angewiesen sind, die Triebfedern sind, dass die KommAustria die Frage überprüft, ob der ORF wirklich die Werbebestimmungen immer einhält oder nicht. Das wäre einmal ein kritisches Wort an die Zeitungen gewesen. Die Zeitungen haben jetzt schon die Möglichkeit der Kon­kurrenzbeschwerde, von der sie nicht Gebrauch machen – deshalb nicht Gebrauch machen nach eigenen Worten, weil sie sich vor der Übermacht des ORF fürchten. Und da muss man auch einmal sagen, dass diese Übermacht akzeptiert werden muss und dass in diesem Ausnahmefall eine zusätzliche Kontrolle durch die KommAustria zulässig und richtig sein muss. Das ist nun einmal so.

Da Sie, Herr Abgeordneter Cap, gesagt haben, die KommAustria sei eine „Metternich-Behörde“, und den BKS detto als „Metternich-Behörde“ bezeichnet haben, so sage ich Ihnen ganz deutlich: Der BKS, also der Bundeskommunikationssenat, ist weisungsfrei gestellt! Herr Abgeordneter Cap, dort gibt es nicht einmal theoretische Weisungen, das möchte ich schon sagen! Und Sie bezeichnen diese Einrichtung als „Metternich-Behörde“! (Abg. Dr. Cap: Stimmt ja!) – Nein, denn sie ist weisungsfrei gestellt! Der Bundeskommunikationssenat wird vorwiegend von Richtern betreut, und diese sind auf Grund einer Verfassungsbestimmung weisungsfrei gestellt. Das kann man nicht ohne Kommentar zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die KommAustria wäre theoretisch weisungsunterworfen, aber Sie werden dort niemanden finden, der jemals eine Weisung bekommen hat. (Ironische Heiterkeit des Abg. Dr. Cap.) So real müssen Sie auch in Ihrem Denken und in Ihrer Argumentation sein!

Sie sind es, die heute die Gelegenheit haben, Sie von den Sozialdemokraten und den Grünen, zu sagen: Ja, wir wollen einen weiteren Schritt machen in Richtung Weisungs­freistellung auch der von Ihnen kritisierten KommAustria. Vielleicht ist es nicht der ganze Schritt, den Sie gehen wollen, vielleicht wollen Sie noch mehr, mag sein, wir sind auch dazu bereit, aber eine verfassungsmäßige Weisungsfreistellung auch der KommAustria ist das Angebot, das Sie heute haben. Wenn Sie es ausschlagen, dann wollen Sie diese Weisungsfreistellung nicht. Das muss man auch einmal deutlich sagen.


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Wenn Sie ja sagen, dann kommt es zu einer Weisungsfreistellung der KommAustria. Dazu sind Sie heute eingeladen. Sagen Sie bitte nicht nein! (Beifall bei den Frei­heitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Wenn Sie nein sagen, dann verhindern Sie diese Weisungsfreistellung – dann übernehmen Sie es aber auch in Ihre Verant­wor­tung!

Ich habe eingangs gesagt, es hat ganz wenige Themen gegeben, auf die sich die Diskussion für jedermann erkennbar in den letzten Tagen und Wochen zugespitzt hat. Ich muss sagen, es war das alleine die Frage der Popularbeschwerde. (Abg. Dr. Cap: Darf ich einen Zwischenruf machen?) Da geht es nicht um die Wirtschaftsmacht des ORF, da geht es um die Ausübung des Programmauftrages. (Abg. Dr. Cap: Darf ich einen Zwischenruf machen?) Bisher war die Ausübung des Programmauftrages sehr schwer kontrollierbar, und zwar deshalb, weil man 300 Unterschriften von Lizenz­nehmern beibringen musste, und das geht in der Praxis sehr schwer. (Abg. Dr. Cap: Warum lassen Sie mich keinen Zwischenruf machen?) – Weil Sie dann ohnehin wieder an das Rednerpult treten können!

Jetzt haben wir im Gesetz 120 Unterschriften vorgesehen. Statt 300 Unterschriften von Lizenznehmern sind nun 120 Unterschriften von Bürgern notwendig, wobei pro Haus­halt ein Lizenznehmer gegeben sein muss.

Diesen Fortschritt können Sie heute verneinen, oder Sie können ja sagen. Wenn Sie ihn verneinen, bin ich als Freiheitlicher sehr froh, denn dann können wir ganz deutlich der Öffentlichkeit sagen: Wir Freiheitlichen waren es alleine, die diesen Schritt für die Österreicher gebracht haben! – Sie haben die Chance, mitzutun oder daheim zu bleiben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.10

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Prähauser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


11.11

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! In der Tat ist es so, dass wir uns im zehnten Jahr des Bestehens von Privatrundfunk in Österreich befinden und immer noch durch Novellierungen ver­suchen, die Lebensfähigkeit der Privatradios zu gewährleisten oder zu verbessern.

Wir haben heute ein Gesetz zu beschließen, das wesentlich besser hätte ausfallen können, das wesentlich besser den Bedürfnissen der Radiobetreiber entsprechen könnte, wenn wir in der Lage gewesen wären, gemeinsam zu diskutieren, willens gewesen wären, die wahren Bedürfnisse aller Radiobetreiber mit einzubeziehen und nicht die einiger weniger.

Wenn Frau Kollegin Machne aus Osttirol meint, das passt, dann mag das schon sein, aber wir wissen auch, dass das neue Gesetz die Möglichkeit bieten wird, überregionale Zusammenschlüsse zu machen. Das begrüße ich auch, warum nicht? Gleichzeitig aber haben wir für jene, die bei den überregionalen Zusammenschlüssen nicht zum Tragen kommen, dort nicht gebraucht werden, keine Rezepte. Wir wissen ja heute schon, dass es zweieinhalb Radiobetreiber gibt, die österreichweit ohne weiteres schon ein Netz bewerkstelligen können, aber jene, die dazwischen übrig bleiben, weiterhin keine Möglichkeit haben, ihre Programme so zu gestalten, dass sie auch wirtschaftlich in der Lage sein werden, das Auslangen zu finden.

Was meine ich damit? – Ganz klar: Wenn man jetzt diesen Überregionalen ermöglicht, 10 Prozent der Zeit für lokale Fenster zu gestalten, dann heißt das im Klartext: überregionales Senden, aber mit einem Werbefenster von 2,4 Stunden. Jeder von uns, der schon einmal Werbung gehört hat, weiß, wie lange 2,4 Stunden sein können.


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Wenn man aber gleichzeitig weiß, dass die lokalen Betreiber, die dort nicht integriert sind, ausschließlich von der Werbung vor Ort leben, dann ist einem klar, dass das eine Existenzbedrohung ist, die letztendlich dazu führen wird, dass es sehr viele Radio­betreiber kleineren Zuschnitts in Zukunft nicht mehr geben wird.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, das ist ein Defizit, das wir gemeinsam hätten ausräumen können. Gleichzeitig hätte man aber auch weiterdenken dürfen: Wenn es schon österreichweit überregionale Zusammenschlüsse, wenn man 60 Prozent erreicht, geben soll, dann sollte man auch jenen kleinen Rundfunkbetreibern, die in diesem Verband nicht Berücksichtigung finden, die Möglichkeit geben, landesweite Zusammenschlüsse einzugehen, wenn sie 50 Prozent erreichen. Dadurch, das heißt über die Ausweitung ihrer Tätigkeiten, hätte man ihnen die Möglichkeit eingeräumt, auch Werbekunden über den normalen Bereich hinaus anzusprechen. Das wäre eine gute Voraussetzung gewesen, allen privaten Radios die Chance des Überlebens zu geben.

Was machen wir? Wir stärken zweieinhalb große Unternehmen, die sich jetzt noch jene kleinen zur Brust nehmen werden, die ihnen strategisch ins Geschäft passen, und die anderen werden letztendlich übrig bleiben.

Herr Staatssekretär Morak, Sie haben ja manchmal Privatradios besucht; diese Sorge müsste Ihnen also eigentlich bekannt gewesen sein. Daher bedauere ich es, dass das nicht zum Tragen gekommen ist.

Die Privatradios, das wissen wir, leben ausschließlich von Werbeeinnahmen. Wir wissen aber auch, dass die Privatradios heute zu einer Talentschmiede für Jour­nalisten, für Moderatoren österreichweit geworden sind. Viele, die die Chance be­kamen, in diesen Privatradios zu arbeiten, sind heute im ORF, im ZDF oder bei RTL tätig – ich weiß es genau. Das heißt, auf der einen Seite wird den Radios die Lebens­grundlage entzogen, auf der anderen Seite aber wird von ihnen erwartet, die Aus­bildung junger Leute für einen schönen Beruf zu übernehmen. Dieser Anspruch, meine Damen und Herren, hätte für den Gesetzgeber Anlass genug sein müssen, dieses Gesetz so zu diskutieren und zu gestalten, dass alle möglichen Vorschläge Berück­sichtigung finden.

Ich darf Ihnen aber noch etwas sagen: Es wird nicht bei dieser letzten Novellierung bleiben. Wir werden nicht umhinkommen, wenn es uns ernst ist mit den Privatradios, den nächsten Schritt zu gehen, nur frage ich Sie: Warum muss man die kleinen Radios ausdünnen, wirtschaftlich an den Rand drängen, um dann vielleicht in zwei Jahren eine Maßnahme zu setzen, mit der ihnen im Nachhinein die Lebensmöglichkeit wieder gegeben wird?

Hätten wir das doch gleich gemacht! Dann könnten wir heute sagen, wir haben gemeinsam für den Privatrundfunk etwas getan und damit der Jugend eine Chance auf weitere Ausbildung gegeben. Anstatt dessen müssen wir heute zur Kenntnis nehmen, wir stützen zweieinhalb große Radiounternehmer. Zugegeben, auch diese haben ihre Verdienste, sie haben – wir haben es schon gehört – vielen Kleinen das Leben bis heute gerettet. Das wäre aber Aufgabe der Politik gewesen, die Lebensvoraus­setzun­gen für die Privatradios so zu gestalten, dass Unternehmer – junge Unternehmer sind es in den meisten Fällen – privates Geld in die Hand nehmen und investieren, ent­sprechende Gehälter zahlen und vor allem junge Menschen ausbilden können für einen Beruf, der wirklich Zukunft hat. Der Staat sollte diese Unternehmer unter­stützen – das hat er heute verabsäumt, und darum können wir diesem Gesetz nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

11.16

 



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Turkovic-Wendl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Dr. Cap – in Richtung der sich zum Rednerpult begebenden Abg. Turkovic-Wendl –: Reden Sie jetzt gegen den ORF? – Abg. Turkovic-Wendl: Sie werden es gleich hören!)

 


11.16

Abgeordnete Ingrid Turkovic-Wendl (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Werte Kollegen im Hohen Haus! Lassen Sie mich mit Betrachtungen von meiner Warte aus gesehen und aus Sicht meiner vergangenen Tätigkeit im ORF dieser Diskussion vielleicht einen etwas anderen Drall oder eine andere Richtung geben!

Ich hatte die erste Begegnung mit einer sehr vielfältigen Medienlandschaft in den Vereinigten Staaten. Das war damals, vor mehr als 30 Jahren, eine spannende Angelegenheit für mich, denn wir Europäer haben natürlich gedacht, in Amerika gibt es etwas, was bei uns noch nicht Platz gegriffen hat, nämlich die Vielfältigkeit und die ungeheure Offenheit in diesem Bereich des Arbeitens, des Interviewens und der Talkshows.

Da ich dort als weiblicher Star der amerikanischen Ice Capades tätig war, hatte ich die Möglichkeit, eingeladen zu werden, und ich war jede Woche in so einer Talkshow und bekam viele Einladungen zu Radiosendungen.

Zurückgekommen nach Europa habe ich meine Heimat beim ORF gefunden, und ich habe mit großer Befriedigung festgestellt, dass wir in keinem Punkt schlechter als jenes Land sind, das sozusagen ein Vorbild hätte sein können. Unser großes Vorbild im ORF war immer die BBC.

Ich erinnere mich gerne an jene Jahre, in denen Programminhalte und Innovationen so groß geschrieben waren: unter der Generalintendanz von Gerd Bacher, unter dem Fernsehdirektor Helmut Zilk, unter dem Sportchef Teddy Podgorski und dem Art Director Erich Sokol. Und wir waren auch sehr stolz darauf, dass gerade diese Formate von vielen ausländischen Sendern kopiert wurden und dass wir von diesen oft um Rat gefragt wurden. Übrigens: Bei den Sportsendungen ist es heute noch so, dass sich die Amerikaner bei uns Rat holen.

Es ist eine ungeheure Qualität, die den ORF ausgezeichnet hat und auch heute noch auszeichnet! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der SPÖ.)

Ich habe diesen Stolz auf diese Fernsehanstalt in keiner Sekunde verloren. Daher glaube ich auch, dass der ORF keine Konkurrenz scheuen muss und sich noch nie davor gescheut hat, sich mit anderen Sendern zu vergleichen. Daher plädiere ich wirklich sehr intensiv für die bundesweite Öffnung dieser österreichischen Radio- und Medienlandschaft.

Die eingebrachten Novellen zum Privatradiogesetz, Privatfernsehgesetz und Komm­Austria-Gesetz stellen einen entscheidenden Schritt, einen Reformschritt für die österreichische Medienlandschaft dar und bringen auch eine Anpassung an den EU-Rechtsrahmen. Es geht hier um einen fairen Wettbewerb, um eine Wettbewerbs­gleichheit in der österreichischen Medienlandschaft.

Erlauben Sie mir vielleicht noch einen kleinen Impuls, der auch die künftigen Kollegin­nen und Kollegen in der Medienlandschaft betrifft: Wenn mehr Möglichkeiten der Arbeit als Fernsehjournalist, als Radiojournalist geboten werden, dann haben mehr junge Menschen die Chance, diesen schönen Beruf, wie mein Kollege Prähauser angeschnit­ten hat, zu ergreifen. Dazu kann ich nur alles Gute wünschen, aber auch dazu, dass


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wir heute eine bundesweite Öffnung in der österreichischen Medienlandschaft be­schließen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

11.20

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Rednerin erteile ich Frau Abge­ordneter Mag. Grossmann das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


11.20

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die Medien sind in unserer Zeit die Bildungsquelle Nummer eins, und zwar quer durch alle Generationen. Durch Radio und Fernsehen werden nicht nur Meinungen gebildet, sondern es werden auch Geisteshaltungen und Wertbilder geprägt, nämlich nicht nur durch politische Sen­dungen, sondern vor allem auch durch Unterhaltungssendungen.

Allein wenn man sich die Quantität des Fernsehkonsums anschaut, so kann man davon ausgehen, dass viele Menschen permanent von synthetischen Welten umgeben sind. Da tauchen Menschen in künstliche Welten ein, identifizieren sich mit diversen Figuren, und das formt in weiterer Folge auch ihre Einstellung zur Wirklichkeit.

Besonders betroffen davon sind – das wissen wir alle – Kinder und Jugendliche, die erst auf der Suche nach ihrem persönlichen Wertesystem sind und daher für solche Impulse besonders empfänglich sind. Dementsprechend groß ist die Verantwortung von Medienmachern, Qualität zu bieten. Noch größer ist die Verantwortung jener, die die Rahmenbedingungen dafür schaffen oder schaffen sollten, damit Qualität geboten werden kann.

Die einzelnen Medienunternehmen sind der Wirtschaftlichkeit verpflichtet, wenn sie überleben wollen. Sie können auf hohe Einschaltquoten und Werbeeinnahmen nicht verzichten und müssen sich nach den Gesetzen des Marktes orientieren. Das trifft besonders jene, die sich auf dem ungeschützten freien Markt bewegen, und derer dürfte es nach dem vorliegenden Gesetz wesentlich mehr geben. Wir werden sehen, wie sich das auswirken wird.

Positiv hervorzuheben ist, dass nach dem Privat-TV-Gesetz Sendungen mit porno­graphischen Inhalten nur verschlüsselt ausgestrahlt werden dürfen. Eine ähnliche Regelung wäre auch für Sendungen mit gewaltverherrlichendem Inhalt wünschenswert gewesen. Aber alles kann man anscheinend nicht haben. Doch ich habe sehr wohl­wollend die Äußerungen der Kollegin Bleckmann aufgenommen, als sie hier gemeint hat, dass ihr das auch ein großes Anliegen sei. Die ÖVP hat mit ihrem, wenn auch verhaltenen, aber doch wahrnehmbaren Applaus dazu auch ihre Zustimmung signali­siert. (Abg. Mag. Molterer: Deutlicher Applaus!) Die Grünen sind ohnehin dafür; Kolle­gin Mandak hat hier auch einen entsprechenden Zwischenruf getätigt, nämlich: Wir sowieso!

Da frage ich mich schon: Warum steht das dann in diesem Gesetz nicht drinnen? Warum hudeln Sie so bei der Schaffung von Gesetzen? Warum setzen wir uns nicht alle an einen Tisch und schaffen ein vollständiges und vernünftiges Gesetz? An­scheinend schwebt das Damoklesschwert des Ablaufdatums dieser Regierungs­konstellation schon so über Ihnen (ironische Heiterkeit des Abgeordneten Mag. Mol­terer), dass Sie sich wiederum zu einem Husch-Pfusch-Gesetz veranlasst gefühlt haben, das nur dazu geeignet ist, Ihre eigenen Machtpfründe abzusichern. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eindeutiger Marktführer wird auch bei einer noch so weitgehenden Liberalisierung der ORF sein. Schon auf Grund der unvergleichlich besseren finanziellen Ausstattung des ORF im Wege der Rundfunk­gebühren und auch des daraus ableitbaren öffentlichen Programmauftrages kann man sich da eine entsprechende Vorbildwirkung des ORF erwarten, und zwar in der Weise, dass sich der ORF nicht kritiklos am Wettlauf um Quoten und Werbeeinschaltungen beteiligt und dafür einen Niveauverlust in Kauf nimmt und etwa auch in Kauf nimmt, dass Kinder mit Billigstproduktionen überschüttet werden, die mitunter pädagogisch höchst fragwürdig sind.

Bisher hat der ORF – das muss man betonen – im Großen und Ganzen – allen kann man es natürlich nicht recht machen – einen sehr zufrieden stellenden Weg be­schritten, und ich hoffe, dass in Zukunft auch bei etwas schärferen Wettbewerbs­bedingungen dieser Weg nicht verlassen wird. Da wird die politische Verantwortlichkeit gegenüber dem ORF, aber auch gegenüber allen privaten Anbietern besonders einzu­fordern sein. Ob die nun geschaffenen Kontrollmechanismen dazu wirklich geeignet sind, muss aber leider wohl mehr als bezweifelt werden.

Ein weiteres Manko ist und bleibt die mangelnde Förderung freier, nicht kommerzieller Radios, und damit wird die Vielfalt der österreichischen Medienlandschaft wirklich beschämend ausgedünnt. Wenn es schon Ö3 so oft schwer fällt, österreichischen Interpretinnen und Interpreten zu einem größeren Publikum zu verhelfen, so kann man hier die Hoffnung zum Ausdruck bringen, dass das dem einen oder anderen Privatradio gelingt. Ich denke, das müssten wir uns alle im Sinne einer größeren Vielfalt der österreichischen Kulturlandschaft nur wünschen. (Beifall bei der SPÖ.)

11.25

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Praßl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


11.25

Abgeordneter Michael Praßl (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Hohen Haus! Die derzeit als Initiativantrag ein­gebrachten Novellen zum Privatradiogesetz, Privatfernsehgesetz und KommAustria-Gesetz stellen einen wesentlichen Reformschritt dar und bringen eine Bereicherung für die österreichische Medienlandschaft.

Da die Opposition aber nicht bereit war, die Tagesordnung zu ergänzen (Abg. Dr. Gla­wischnig: Jetzt hört aber auf!), mussten wir einen Fristsetzungsantrag einbringen, um eine zeitgerechte Beschlussfassung sicherzustellen. Eine spätere beziehungsweise eine verspätete Beschlussfassung würde hinsichtlich des Radiogesetzes höchst problematische und auf die Dauer negative Entwicklungen mit sich bringen. (Abg. Dr. Glawischnig: Sie wissen nicht, wovon Sie sprechen!)

Um den privaten Anbietern aber mehr Chancen gegenüber dem öffentlichen Rundfunk zu ermöglichen – das Werbeaufkommen beträgt derzeit zirka 80 zu 20 Prozent zu­gunsten des ORF –, müssten wir sicherlich ein bundesweites Radio ermöglichen. Die Umgestaltung ist aber nicht einfach, sondern zeitintensiv und auch ein komplizierter Vorgang.

Die Novelle zum Privatfernsehgesetz enthält auch dringend notwendige Umsetzungs­maßnahmen des Telekom-Richtlinienpaketes. Die Umsetzungsfrist endet mit 24. Juli 2003. Jede Verzögerung bei der Beschlussfassung erhöht das Risiko eines durch die Europäische Kommission eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahrens. Je schneller eine positive Entscheidung für das Gesetz herbeigeführt wird, umso mehr wird das


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Vorhaben begünstigt. Anderwärtig wird meines Erachtens zu wenig Zeit zur Realisie­rung sein. Dabei zählt nämlich jede Woche.

Sehr geehrte Damen und Herren! Es gilt jetzt, stabile Strukturen zu ermöglichen, auf die man aufbauen kann. Die derzeitige Bundesregierung hat vor drei Jahren bereits gute Vorarbeiten geleistet, und hier gilt es letztendlich, diese Vorarbeiten im Sinne der österreichischen Medienlandschaft konsequent weiterzuführen – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.28

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Mag. Darabos. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


11.28

Abgeordneter Mag. Norbert Darabos (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich finde es traurig und beschämend, dass (Oje-Rufe bei der ÖVP) – Sie haben das mit der heutigen Debatte bewiesen – Ihnen nicht wirklich etwas an einer Einbindung aller hier im Hohen Haus vertretenen Parteien liegt, son­dern dass Sie das durchziehen wollen, und das in einem demokratiepolitisch hoch­sensiblen Bereich.

Wenn Sie, Herr Staatssekretär Morak, gesagt haben, dass man mit Verstand an die Sache herangehen und ein gewisses Ziel verfolgen muss (Abg. Mag. Molterer: Ein klares Ziel!), dann gebe ich Ihnen persönlich Recht. Ich glaube sogar, dass Sie persönlich durchaus bereit wären, hier ein vernünftiges Gesetz mit uns gemeinsam zu beschließen, dass aber Ihre Partei Sie das nicht tun lässt.

Ich glaube, dass die ÖVP die Politik, die sie schon in den letzten Jahren hier im Hohen Haus ... (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch.) – Herr Scheuch, ich komme auf Sie noch zu sprechen! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Hat das Gerede wenigstens einen Stellenwert?) Ja. (Heiterkeit.)

Ich glaube, dass die ÖVP den ORF hiemit in Geiselhaft nehmen will und mit jeder Möglichkeit, die das Gesetz bisher schon geboten hat, und auch mit neuen Möglich­keiten diese Geiselhaft noch verschärfen will.

Diese wirtschaftliche Zwangsjacke haben Sie dem ORF schon mit dem ORF-Gesetz gegeben, das dem ORF 70 Millionen € an Einnahmen vorenthält, und damit seine Überlebensfähigkeit zumindest gefährdet.

Vom politischen Druck, den Sie auf den ORF stündlich und täglich erhöhen, möchte ich hier gar nicht reden. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Es gibt, wie Sie wissen, das „rote Telefon“, das zwischen Staatschefs, russischen und amerikanischen Staatschefs, vor­handen ist, aber es gibt Ähnliches auch im ORF. Es gibt nämlich im ORF das geflügelte Wort des „schwarzen Telefons“ zwischen Herrn Klubobmann Molterer und Chefredakteur Mück, und ich glaube, dass dieses „schwarze Telefon“ tatsächlich besteht. (Abg. Dr. Rasinger: Kennen Sie den Herrn Rudas?)

Zum Inhaltlichen: Sie pendeln in vielen Bereichen Ihrer Politik pausenlos zwischen Stagnation und „speed kills“. Jetzt sind Sie wieder in Richtung „speed kills“ unterwegs. Es ist für uns unverständlich, dass Sie hier dieses Gesetz mit einem Frist­setzungs­antrag durchpeitschen wollen, und zwar mit einer Maßnahme – das wurde hier schon von mehreren Rednern angesprochen –, die die KommAustria, die weisungsgebunden ist, in eine Position bringt, die dem ORF das Geschäft, mit dem er sein Geld zu verdienen hat, noch erschwert. (Zwischenruf der Abg. Dr. Bleckmann.)

Frau Kollegin Bleckmann, Sie liefern mir das Stichwort: Sie selbst haben hier vor wenigen Minuten von sich gegeben, und zwar in einer sehr zögerlichen Art, dass man


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Ihnen gesagt, man müsse zustimmen. Das ist eine Vorgangsweise, die eines Par­lamentariers nicht unbedingt würdig ist. Aber gut. (Abg. Dr. Bleckmann: Wenn in unserem Antrag das drinnen steht, was Sie haben wollen! Stimmen Sie dem zu, was Ihr Klubobmann gesagt hat!) – Sie können von der SPÖ nicht verlangen, einem Antrag von Ihnen zuzustimmen, wo wir doch das gesamte ORF-Gesetz vor einigen Jahren abgelehnt haben, weil es einfach schlecht ist, weil es dem ORF die Geschäfts­grundlage entzieht, nämlich das Geld, das er braucht, um auf dem Markt selbst zu verdienen. (Beifall bei der SPÖ.)

Jetzt verlangen Sie von uns in einem Teilbereich eine Zustimmung? (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Bleckmann.) Ich bringe Ihnen dazu folgendes Zitat zur Kenntnis:

„In der jetzigen Form werden wir dieser Vorlage nicht zustimmen.

Mit der Novelle hätte die Medienbehörde KommAustria ein Anzeigerecht bekommen, mit dem sie Verstöße des ORF gegen die ihm auferlegten Werbebestimmungen beim Bundeskommunikationssenat hätte anzeigen können.

Als Begründung heißt es, dass man eine ‚Medienmachtkonzentration im Bundes­kanzleramt verhindern wolle’. Die Medienbehörde sei dem Bundeskanzler unterstellt und dieser könnte dann den ORF unter Druck setzen.“

Wissen Sie, Herr Kollege Scheuch, von wem dieses Zitat ist? – Vom ehemaligen Minister Böhmdorfer, der heute offensichtlich diesem Gesetz zustimmen wird. Also ich würde schon an die FPÖ appellieren ...Ich werde den Ausdruck, den ich in einer Pressekonferenz verwendet habe, hier im Hohen Haus nicht verwenden (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das halte ich für vernünftig! Wenigstens haben Sie schon etwas gelernt!), aber ich würde meinen, dass er trotzdem zutrifft; man kann ihn zumindest umschreiben mit der Bezeichnung „willfährige Steigbügelhalter“.

Herr Kollege Böhmdorfer, was Sie als Minister gesagt haben, sollte für Sie als Abgeordneter nach wie vor Gültigkeit haben, und sie sollten daher diesem Gesetz nicht die Zustimmung erteilen, zumal Sie damals selbst, einen anderen Bereich ansprechend, gesagt haben, dass die Popularbeschwerde von 300 auf 30 reduziert werden sollte. Jetzt sind es 150. (Abg. Mag. Molterer: 120!)

Ich glaube, Sie kommen sehr weit weg von den Forderungen, die Sie hier als Minister erhoben haben (Abg. Scheibner: Denken Sie, bevor Sie hier reden!), und ich würde Sie bitten, als Abgeordneter nicht ein anderes Einschätzungsverhalten in einer so wichtigen demokratiepolitischen Frage an den Tag zu legen (Abg. Mag. Molterer: Schlecht vorbereitet!), als Sie es als Minister taten. Bitte überdenken Sie Ihre Vor­gangsweise! Wir fordern eine Rückverweisung an den Ausschuss. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.33

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. – Bitte.

 


11.33

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Staatsekretär! Hohes Haus! Es gibt jetzt einen Entschließungsantrag der Abgeordneten Bleckmann und Baumgartner-Gabitzer zur Frage der Unabhängigkeit der KommAustria. Die Grünen werden diesem Entschließungsantrag zustimmen, aber zwei wichtige Dinge möchte ich doch mit auf den Weg geben: Wir sind für die Unabhängigkeit und Weisungsfreistellung der Komm­Austria, allerdings haben wir bereits bei der Beschlussfassung des Gesetzes massive Kritik an der derzeitigen Struktur dieser Behörde geäußert, zum Beispiel, was die Stellung des Präsidenten betrifft, der die Zusammensetzung der Spruchkörper beliebig


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verändern und damit auch die Entscheidungsrichtung beeinflussen kann, oder auch, was die Frage der Zusammensetzung betrifft, nämlich dass alle hauptberuflichen und nebenberuflichen Behördenmitglieder von der Regierung ausgewählt werden, zwei weitere von den Regierungsparteien, eines von den Ländern, also eine sehr starke Regierungslastigkeit bei der Zusammensetzung dieser Behörde gegeben ist.

Wir würden gerne über die Unabhängigkeit und die Weisungsfreistellung der Komm­Austria diskutieren und hätten diesbezüglich gerne noch eine Vorlage, allerdings muss auch die Struktur der Behörde überarbeitet werden. In diesem Sinne werden die Grünen zustimmen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen.)

11.34

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Cap, Dr. Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen, den Gegenstand an den Verfassungs­ausschuss rückzuverweisen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, um ein entsprechen­des Zeichen. – Das ist die Minderheit, und damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den im Antrag 430/A der Abgeordneten Dr. Baumgartner-Gabitzer, Dr. Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen enthaltenen Gesetzentwurf.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Baumgartner-Gabitzer, Dr. Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- sowie einen Abänderungsantrag eingebracht.

Da nur dieser eine Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den im Antrag 430/A der Abgeordneten Dr. Baumgartner-Gabitzer, Dr. Bleckmann enthaltenen Gesetzentwurf samt Titel und Eingang unter Berücksichtigung des Zusatz- beziehungsweise Abän­derungsantrages der Abgeordneten Dr. Baumgartner-Gabitzer, Dr. Bleckmann, Kolle­ginnen und Kollegen abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, und damit ist der Gesetzentwurf angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung diesem Gesetzentwurf ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, und damit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Bleckmann, Dr. Baumgartner-Gabitzer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Unabhängigkeit der Kommunikationsbehörde Austria.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Dieser Entschließungsantrag ist somit angenommen. (E 63)

2. Punkt

Antrag der Abgeordneten Mag. Walter Tancsits, Sigisbert Dolinschek, Kolle­gin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozial­versicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Gesundheits- und Sozialbereich-Bei­hilfen-


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gesetz geändert werden (Sozialrechts-Änderungsgesetz 2004 – SRÄG 2004) (434/A)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 2. Punkt der Tages­ordnung.

Hinsichtlich dieses Antrags wurde dem Ausschuss für Arbeit und Soziales eine Frist bis 8. Juli zur Berichterstattung gesetzt. Die Verhandlung über diesen Gegenstand ist daher in dieser Sitzung aufzunehmen.

Eine mündliche Berichterstattung seitens der Ausschussvorsitzenden wird nicht ge­wünscht.

Wir gehen sogleich in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist als Erste Frau Abgeordnete Silhavy. Freiwillige Redezeit­beschränkung: 7 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


11.38

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Es gibt keinen mündlichen Bericht der Ausschussvorsitzenden, weil es auf Grund der Kurzfristigkeit dieses Fristsetzungsantrages nicht möglich war, einen Ausschuss einzuberufen. Über die ungewöhnliche Vorgangsweise, in einer Zuwei­sungs­sitzung einen Antrag auf Fristsetzung einzubringen und sogleich darüber zu debattieren, habe ich in diesem Plenum bereits vor zwei Tagen gesprochen.

Ich möchte darauf hinweisen, dass es in dieser kurzen Zeit nicht möglich war, eine Ausschusssitzung einzuberufen, da parlamentarische Vorgänge bereits geplant waren und auf der Tagesordnung gestanden sind. Kollege Tancsits hat uns gestern, um zirka 14 Uhr, ein informelles Gespräch mit Bundesminister Haupt angeboten. Wir waren bemüht, dieses informelle Gespräch zu führen, aber logischerweise konnte so kurzfristig ein Großteil der Abgeordneten diesen Termin nicht wahrnehmen.

Darüber hinaus möchte ich darauf hinweisen, dass ich zwar anerkenne, dass infor­melle Gespräche im Parlament sehr sinnvoll sind, wenn es darum geht, einmal zu überlegen, ob wir einen Vier-Parteien-Antrag stellen können, ob wir bei bestimmten Materien zu einer Übereinkunft kommen können, dass ich aber meine, dass informelle Gespräche bei einem Initiativantrag, bei welchem offensichtlich ohnedies keine Abänderungen auf Grund von Anregungen der Oppositionsparteien mehr stattfinden sollen, nicht sehr sinnvoll sind, denn einen Gesetzestext zu lesen, dazu sollten wir doch wohl alle in diesem Hohen Haus in der Lage sein, und es geht ja doch mehr um die politische Auseinandersetzung.

Ich anerkenne zwar das Bemühen, hier eine grundsätzlich positivere Stimmung herbei­ühren zu wollen, lehne es aber als Parlamentarierin und als Ausschussvorsitzende logischerweise ab, über einen eingebrachten Antrag betreffend eine Gesetzesmaterie, die hier im Hohen Haus beschlossen werden soll, auf informelle Weise zu reden. Natürlich beharre ich da auf einer Abhaltung eines Ausschuss! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine Damen und Herren! Die Vorgangsweise ist eigentlich nicht unbedingt sonderbar. Die Freiheitlichen haben sich bei dieser Materie quergelegt, weil ihnen ein Punkt nicht besonders entgegengekommen ist. Herr Scheuch, glaube ich, hat da die Spitzen­position gegen diese Vereinbarung eingenommen. Logischerweise sind Sie sind dann erst im letzten Abdruck auf einen Nenner gekommen, und daher haben Sie sich selbst unter Zeitdruck gesetzt.

Dass sich die Freiheitlichen von Ihnen (in Richtung ÖVP) dann trotzdem über den Tisch ziehen haben lassen, das müssen die Freiheitlichen mit sich selber ausmachen.


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Sie von der ÖVP kann man natürlich beglückwünschen, weil Sie es wieder einmal geschafft haben, die Freiheitlichen dorthin zu weisen, wo sie offensichtlich hingehören. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber es geht nicht nur um die Sozialversicherung der Bauern und die Kranken­versicherung innerhalb der Sozialversicherungsanstalt der Bauern – darauf komme ich später noch zu sprechen. Sie haben auch ein anderes Versprechen nicht wahr gemacht, Frau Bundesministerin. Es gibt keinen Wegfall der Chefarztpflicht! Es wird eine indikationsbedingte, ohne Chefarzt zu verschreibende Medikation geben; aller­dings ist diese mit einer Dokumentation zu versehen.

Jetzt frage ich Sie: Wie soll denn diese Dokumentation ausschauen? Was steht da drinnen (die Rednerin hält ein Schriftstück in die Höhe) über diese Dokumentation? – Da steht drinnen, dass die Frau Bundesministerin irgendwann einmal eine Verordnung erlassen wird und der Hauptverband dann darüber die Richtlinien zu erstellen hat. Kein Mensch, der heute dieses Gesetz beschließen will, weiß, wie diese Dokumentation erfolgen wird: – Erster Punkt.

Zweiter Punkt: Der Chefarzt bleibt für die restlichen Medikamente, die nicht indikations­bedingt sind. Ihr Versprechen ist also überhaupt nicht realisiert, und es ist meiner Meinung nach ein Skandal, wenn Sie sagen: Das haben wir abgeschafft! In Wirklichkeit stimmt das für einen großen Teil der Medikamente nicht.

Dritter Punkt: Sie sind dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes nachgekommen, was die Darlehensrückzahlung beim Ausgleichsfonds anbelangt. Aber, Frau Bundes­ministerin, wo sind Sie denn den anderen Aufforderungen des Verfassungsgerichts­hofes nachgekommen? Wo gibt es denn die Neuregelungen bezüglich des Ausgleichs­fonds? – Die fehlen nach wie vor.

Und wenn man sich die Rückzahlungen anschaut, muss man sagen: Die Vorarlberger Gebietskrankenkasse hat eigenartigerweise offensichtlich eine besondere Stellung. Es würde mich auch interessieren, wie es zu dieser Sonderstellung der Vorarlberger Gebietskrankenkasse kommt.

Außerdem würde mich interessieren, Frau Bundesministerin: Mit wem haben Sie da geredet? Haben Sie mit den Krankenversicherungsträgern geredet, die sozusagen Darlehen gewährt haben, oder haben Sie mit denen geredet, die Darlehen zurück­zahlen müssen, die aber ohnehin nicht wissen, wie sie es zurückzahlen können, weil sie selber Darlehen nehmen mussten, da sie kein Geld haben?

Zur BSVG-Geschichte. – Sonst wehren Sie sich immer, gerade die Damen und Herren von der ÖVP: Beitragsverbreiterung ist keine Diskussion in der Krankenversicherung, schon gar nicht bei den Gebietskrankenkassen. Beitragserhöhung – pfui! Gibt es nicht!

Was aber geschieht bei den Bauern? – Beitragsverbreiterung, Beitragserhöhung! Es gibt natürlich als Ausgleich dazu – da gebe ich Ihnen schon Recht – eine Senkung der Mindestbeitragsgrundlage, nämlich in den Optionsfällen. Also: ein kleines Zuckerl und ein bisschen Scharfmacherei, dann werden wir schon irgendwie hinkommen. Eine Mischung, ein Kompromiss – aber wem kommt diese Mischung zugute? – Dem kleinen Bauern nicht, sondern dem großen, der alles abschreiben kann (Abg. Grillitsch: Keine Ahnung!), der alles absetzen kann und der mit der Senkung der Mindestbeitrags­grundlage natürlich leben kann. – Das finde ich wirklich „hervorragend“. Es zeigt typisch Ihre Klientelpolitik! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Was hat denn Abschreibung mit Sozialversicherungsbeiträgen zu tun?)

Nächster Punkt, Herr Kollege Scheuch – befassen Sie sich mit diesem Thema –: 25 Prozent der Tabaksteuer, die normal in den Ausgleichsfonds kommt, erhalten 5 Prozent der Versicherten. 95 Prozent der Versicherten lassen Sie im Regen stehen,


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weil Sie da keine Finanzierungsmöglichkeit für die Krankenversicherung haben und keine Versorge getroffen haben. Und das ist ein Skandal, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Einen Punkt möchte ich auch noch aufgreifen, weil das symptomatisch ist dafür, wie Sie Sozialpolitik machen: schlampig und husch-pfusch. Vor einem Monat haben wir hier, weil Sie auch dazu gezwungen waren, die Neuberechnung der Hinter­bliebenenpension besprochen. Wir haben Ihnen damals gesagt: Es ist unmöglich, dass die Menschen alle einzeln ihre Beitragsnachweise erbringen, Sie sollen das adminis­trativ erleichtern. – Sie waren überhaupt nicht bereit, darüber auch nur zu reden.

Und was sehe ich da in der Vorlage? – Ich bin ja froh, dass Sie lernfähig sind bis zu einem gewissen Grad. Aber genau das müssen Sie jetzt wieder reparieren. Vor einem Monat beschlossen – und heute schon müssen Sie es wieder reparieren!

Das Gleiche – und das sage ich Ihnen jetzt schon – wird auch mit diesem Antrag passieren, weil es wieder ein Husch-Pfusch Gesetz war, weil Sie keine Diskussion darüber zugelassen haben und weil Sie kritische, ehrlich gemeinte sachliche Argumen­tationen der Opposition nicht zur Kenntnis nehmen wollen. Ich kann Sie nur bedauern. (Beifall bei der SPÖ.)

11.45

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Tancsits. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Jarolim – in Richtung des sich zum Rednerpult begeben­den Abg. Mag. Tancsits –: In welcher Funktion sprechen Sie heute? – Abg. Dr. Partik-Pablé: Als Abgeordneter!)

 


11.46

Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Wir haben heute das Sozialrechts-Ände­rungs­gesetz 2004 in Behandlung, und wir haben vor zwei Tagen über die Vorgangs­weise und die Fristsetzung hier debattiert.

Frau Kollegin Silhavy, ich sage Ihnen auch ganz offen: Ich bedauere es, dass wir hier nicht zu ausgiebigeren Beratungen gekommen sind. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Ich bedanke mich für das Bemühen, auf informellem Weg auch Gespräche mit Herrn Kollegem Öllinger herzustellen. Die Situation ist sicherlich eine Ausnahme. Ich habe auch vor zwei Tagen begründet, warum es notwendig ist, gerade wegen der Frage des Ausgleichsfonds zu einem raschen Gesetzesbeschluss zu kommen.

Wenngleich ich es verstehe, dass Sie mit dieser Vorgangsweise nicht einverstanden sein können, bitte ich Sie doch, auch auf den Inhalt ein wohlwollendes Augenmerk zu legen, weil ich denke, dass der Inhalt dieser Gesetzesvorlage positiv ist und – wenn wir auch in Details unterschiedlicher Auffassung sind – sich durchaus sehen lassen kann.

Ich möchte drei Bereich im Besonderen herausnehmen:

Der erste ist die Frage der so genannten Chefarztpflicht, die natürlich nicht abge­schafft wird, aber die Belastung für den einzelnen Patienten und seine Angehörigen kann doch wesentlich reduziert werden. Ich weiß, dass sich die Frau Bundesministerin über Monate bemüht hat, eine Lösung mit allen Krankenkassen, mit allen Trägern, mit den Selbstverwaltungen zustande zu bringen. So weit sind wir noch nicht. Wir haben heute die Verordnungsermächtigung hier zu beschließen, die es ermöglichen wird, dass auch im Nachhinein kontrolliert werden kann, sodass der einzelne Patient nicht den Botengänger zwischen Krankenkasse und ihrem Vertragspartner machen muss.


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Das – und das sollte für uns hier der entscheidende Punkt sein – ist eine wesentliche Erleichterung für viele Menschen und Versicherte in diesem Land. – Danke, dass wir heute so weit sind. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Damit im Zusammenhang steht auch eine weitere preissenkende Maßnahme, nämlich die Festlegung des EU-Durchschnittspreises als Höchstabgabepreis für die Kranken­versicherungsträger. Ich rufe das auch deshalb in Erinnerung, weil wir ja im Dezem­ber 2003 ein Preisdämpfungspaket beschlossen haben, dessen Auswirkungen sich sehen lassen können. Das ist einer der entscheidenden Finanzierungspunkte der sozialen Krankenversicherung, und das, was heute hier geschieht, ist ein weiterer Schritt dazu, die Preisentwicklung am Medikamentensektor ohne Qualitätsverlust in den Griff zu bekommen.

Der zweite Bereich, den ich herausstreichen will, ist die Ausgleichsfonds-Lösung: Vom Verfassungsgerichtshof wurden im vergangenen Jahr die getroffenen Maßnahmen zur Sicherstellung der Finanzierung der Krankenversicherungsträger zum Teil aufgehoben, und zwar zum Teil deshalb, weil Versichertengemeinschaften aus der Sicht des Ver­fassungsgerichtshofes nicht in ihrer dynamischen Entwicklung berücksichtigt wurden, sondern aus dem historischen Wachsen heraus.

Das muss man so zur Kenntnis nehmen, und wir haben hier von der Selbstverwaltung getragene Lösungen. Dafür muss man sich bei den Beteiligten bedanken; ich denke, Kollege Neugebauer wird dann noch auf die einzelnen Fragen eingehen. Es finden die Rückzahlungen statt, und was das Wesentliche ist: Die Träger haben Rechtsfrieden vereinbart. Es wird also hier keine weiteren Verfahren geben, und wir werden aus den Mitteln der Tabaksteuer die entsprechenden Ergänzungen vornehmen können. (Abg. Csörgits: Für die Bauern?) – Nein, nicht nur für die Bauern! Der Ausgleichsfonds wird nämlich jetzt schon aus der Tabaksteuer gespeist, Frau Kollegin, wie Sie wissen müssten. Die Möglichkeit, hier mehr als 4,3 Prozent für alle über den Ausgleichsfonds zu verwenden, wird hiemit erweitert.

Zusätzlich wird es die Möglichkeit für einzelne Kassen – in diesem Fall für die Sozialversicherung der Bauern – geben, und das ist vollkommen richtig so, weil diese ja laut Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes aus dem Ausgleichsfonds nicht bedient werden kann und daher einer besonderen Finanzierung bedarf. – Wer dies ablehnt, meine Damen und Herren, hat das Wort „Solidarität“ nicht verstanden! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Dazu kommt, dass diese Berufsgruppe von sich aus, aus der Selbstverwaltung heraus, bereit ist, einen eigenen Beitrag, und zwar einen ganz gewaltigen Beitrag, zu leisten: eine Erhöhung des Krankenversicherungsbeitrages auf das allgemeine Niveau des ASGV, also auf 7,4 Prozent. In diesem Sinne kann man sich als Sozialpolitiker, der an einer gesunden Finanzierung unserer Krankenkassen interessiert ist, dafür bei den Interessenvertretungen der Bauern nur bedanken. Und das möchte ich hiemit auch tun! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe des Abg. Dr. Jarolim.)

Meine Damen und Herren! Im Sinne einer vernünftigen Pflege des Sozial­ver­sicherungs­systems kann dieser heutige Schritt – wenn auch ungewöhnlich schnell; das wird jedoch sicherlich nicht zur Regel werden; nochmals: ich bedauere, dass das so schnell gehen musste – nur als notwendig und gut bezeichnet werden. Ein wichtiger Schritt zum Erhalt, zur Verbesserung und Stützung unseres Sozialversicherungs­systems, eines Systems, an dem uns allen gelegen ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

11.52

 



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Öllinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


11.52

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Irgendwie kann ich schon verstehen, warum Sie mit diesem Gesetz solche Eile hatten und warum im Ausschuss darüber nicht beraten wurde. Herr Abgeordneter Tancsits, danke für die Einladung zu einem Informationsgespräch, aber: Wenn man ein wirklich gutes Gesetz machen will, sollte man das eigentlich schon in einem Ausschuss behandeln, beraten – und wohl auch verändern können. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Als Oppositionspolitiker bin ich nicht unbedingt so naiv, daran zu glauben, dass es Oppositionsparteien so leicht möglich ist, in einem Ausschuss eine Gesetzesvorlage der Regierungsparteien zu verändern, wissen wir doch, dass Sie uns in der Regel nicht einmal in einem Ausschuss die Möglichkeit geben, bei einer Gesetzesvorlage ver­ändernd wirken zu können. Aber durch unsere Argumentation kommt man zumindest drauf, auch als Regierungspartei, wo es noch fehlt.

Ich kann Ihnen nur sagen, Herr Abgeordneter Tancsits: Das, was Sie uns hier vor­legen – Frau Bundesministerin, das gilt natürlich auch für Sie –, dieses Sozialrechts-Änderungsgesetz in dieser Husch-Pfusch-Variante, trägt zwar den Namen von Abgeordneten, aber wir wissen doch alle: Diese Gesetzesvorlage ist im Ministerium entstanden!

Zu dieser Vorlage kann ich nur sagen: Das ist die Verlängerung des Murks! Das ist leider nicht das, was wir uns von einer Sanierung der Krankenkassen erwarten würden. Im Gegenteil, Herr Abgeordneter Tancsits: Das ist schlecht! Aber ich stehe nicht an zu sagen: Es gibt einen Punkt – Sie haben ihn schon erwähnt: die Chefarztpflicht –, zu dem ich sage, ja, da teile ich Ihre Argumentation, es ist das keine Aufhebung der Chefarztpflicht. Das ist zwar mit viel Bürokratie verbunden, aber es ist zunächst einmal das erreicht, was wir immer wieder eingefordert haben: dass die Patienten und Patientinnen nicht unnötig mit dem Gang zum Chefarzt belastet werden.

Jetzt schauen wir uns einmal an, ob diese Chefarztpflicht-Regelung funktioniert; wir werden uns diese neue Regelung jedenfalls genau ansehen, aber zunächst einmal: Ja, das ist eine Verbesserung in diesem Bereich. Wenn ich jetzt allerdings bei der Chefarztpflicht bin und anfangen muss, darüber nachzudenken, dass das Ganze mit einer Verordnungsermächtigung ausgestattet ist, ist mir nicht ganz wohl ums Herz, denn wir sind jetzt eigentlich nur mehr dazu da – und das war ja auch im Ausschuss so; wünschenswerte Änderungen haben Sie von ÖVP und FPÖ verhindert –, hier sozusagen etwas abzuloben! Und das ist, mit Verlaub, schon reichlich absurd!

Da gibt es einen Initiativantrag von Abgeordneten – nennen wir es einmal beim Namen –, die sagen: Es ist ganz dringender Handlungsbedarf gegeben, und wir wissen auch, wie das gemacht gehört. Dann sagen Sie, es gehört so gemacht, dass die Frau Ministerin das irgendwann machen soll; wie sie es macht, ist ihre Sache! – Na tolle Leistung in diesem Initiativantrag der Abgeordneten Dolinschek und Tancsits, kann ich da nur sagen! Das kann es doch nicht sein. Das ist aber noch immer nicht der wirkliche Punkt, Herr Kollege Tancsits.

Nehmen wir jetzt einen Bereich heraus, der auch von Ihnen angesprochen wurde: Beitragserhöhung bei den Bauern. Semantisch klingt das ja alles wunderbar, was Sie da sagen: Sie sind den Bauern und ihrer Selbstverwaltung dankbar dafür, dass sie von sich aus bereit waren, die Beiträge zu erhöhen. – Das klingt sehr gut. Ich weiß nicht, ob Sie die Bauern gefragt haben, Herr Grillitsch, der Sie zwar ein nicht unbedeutender


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Funktionär in diesem Bereich sind, aber Sie sprechen auch nicht, nehme ich an, für „die“ Bauern. (Abg. Grillitsch: Ach so? Das wissen Sie?) Sie sprechen für die Bauern? Sind Sie der Chef der Landwirtschaftskammer? (Ruf bei der SPÖ: Noch nicht!) – Noch nicht, Herr Kollege Grillitsch. (Abg. Grillitsch: Nicht Landwirtschaftskammer! Bauern­bund! Sie sind falsch informiert!) – Kollege Grillitsch übernimmt also die Verantwortung. (Abg. Grillitsch: Sie sprechen von etwas, wo Sie sich nicht auskennen! Das ist das Problem!)

Was mich stört und offensichtlich den Kollegen Grillitsch irgendwie reizt, ist, dass von der Semantik her so getan wird, als ob die Bauern ein freiwilliges Opfer bringen würden. – Ich nehme an, den Bauern geht es da genauso wie allen anderen, bei denen Beiträge erhöht werden: Gerne gibt das niemand! Aber ich gebe zu: Diese Beitrags­erhöhung, die in diesem Fall eine Harmonisierung mit dem ASVG bedeutet, wäre ein Fortschritt. (Abg. Wittauer: Herr Kollege Öllinger! Reden Sie für die Bauern?) Hören Sie doch zu, Herr Kollege! (Abg. Wittauer: Ich bin Bauer! – Abg. Silhavy – in Richtung des Abg. Wittauer –: Warum sind Sie denn so nervös?)

Also: Diese Beitragserhöhung wäre dann ein Fortschritt, wenn sie mit einer klaren Regelung nicht nur auf der Beitrags-, sondern auch auf der Leistungsseite verbunden wäre. Sie wäre ein Fortschritt, wenn man nicht gleichzeitig in diesem Sozialrechts-Änderungsgesetz lesen würde, dass Sie eigentlich beabsichtigen, die Versicherungs­anstalt der Bauern mit der Gewerblichenversicherungsanstalt zusammenzulegen.

Das, Herr Kollege Grillitsch, ist keine Harmonisierung, sondern das ist der offen­sichtliche Versuch, eine Sozialversicherung der Besitzenden zu schaffen! Das kann es doch nicht sein, dass eine Sozialversicherung der Besitzenden angestrebt wird. (Abg. Kopf: Wieso „Besitzende“? Das sind die Arbeiter!) – Ich meine jene, die einen Besitz, die Produktionsmittel oder Boden haben. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ist das was Schlechtes, Herr Kollege Öllinger? – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Was wir als moderne Gliederungsform brauchen, sind keine ständischen Gliede­run­gen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Herr Kollege Öllinger, ist das was Schlechtes?) Was regen Sie sich denn so auf?! (Abg. Wittauer: Weil es eine falsche Darstellung ist!) Hören Sie sich das doch an!

Was wir also als moderne Gliederungsform brauchen, sind keine ständischen Gliederungen, sondern: Wir brauchen eine Krankenversicherung für alle, und zwar mit den gleichen Leistungen und den gleichen Beiträgen! So schaut’s aus! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

In der Vergangenheit haben ja die Freiheitlichen immer dafür gekämpft, dass es eine Sozialversicherung, eine Krankenversicherung mit gleichen Beiträgen und gleichen Leistungen gibt. Und jetzt treten ausgerechnet Sie für das Prinzip ein, dass eine Sozialversicherung für das Gewerbe gemeinsam mit den Bauern geschaffen wird?! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Kleine Schritte! Kleine Schritte führen auch zum Ziel!)

Wissen Sie, wenn ich das so höre, dann denke ich schon: Weit kann es nicht sein mit der Harmonisierung im Pensionsbereich! Weit kann es nicht sein, denn wenn man zwei Sozialversicherungsanstalten, die ja nicht nur Krankenversicherung, sondern auch Pensionsversicherung betreiben, zusammenlegt und damit eine neue Struktur schafft, obwohl jene Struktur, die wir brauchen würden (Abg. Kopf: Die Sie wollen!), eine Krankenversicherung oder neun Gebietskrankenkassen für alle wären, kann es das nicht sein. (Abg. Grillitsch: Für alle Bauern und für alle Unternehmen!) Auf der einen Seite eine Pensionsversicherung für alle – und nicht eine Pensionsversicherung für das Gewerbe und für die Bauern, nicht eine Krankenversicherung für das Gewerbe und für die Bauern gemeinsam.


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Das brauchen wir nicht! Wir brauchen keine „schwarzen Inseln“, wir brauchen keine „roten Inseln“ im Bereich der Sozialversicherung, sondern eine gemeinsame Ver­sicherungsstruktur: mit gleichen Beiträgen und gleichen Leistungen. (Beifall bei den Grünen.)

Ich merke, das regt Sie auf, das regt Sie furchtbar auf. Das wollen Sie offensichtlich nicht! Und dass Sie das, was Sinn machen würde, nicht wollen, beweist genau, dass dieses Gesetz – wenn man jetzt von der Chefarztpflicht absieht – weder diskutiert wurde noch ein gutes Gesetz ist, weil es nur den Murks der Vergangenheit fortschreibt.

Abschließende Bemerkung: Eine wirklich dauerhafte oder zukunftsfähige Lösung, was die Ausgleichszahlungen und die Schuldensrückzahlungen, die Darlehens­rückzahlun­gen betrifft, ist in diesem Gesetz nicht enthalten. Sie müssen aufpassen, dass Sie bei der Tabaksteuer – ganz unabhängig von dem, was Kollegin Silhavy schon an Kritik an­geführt hat – nicht zu dem Punkt kommen, wo die Tabaksteuer dann für alle möglichen Zwecke im Gesundheitsbereich drei- oder viermal gleichzeitig verwendet wird. Schön langsam hat man den Eindruck, dass Sie den Fehler machen – den vielleicht auch wir in der Vergangenheit bei den Abfangjägern manchmal gemacht haben –, dass Sie das gleich drei- oder viermal zweckwidmen. Aber eine Lösung für die Probleme im Gesund­heitsbereich legen Sie damit nicht vor. Es bleibt beim Zustand der kranken Kassen – und das ist schlecht! (Beifall bei den Grünen.)

12.02

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


12.02

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Frau Minis­terin! Meine geschätzten Damen und Herren! Herr Kollege Öllinger, ich wollte eigentlich auf Ihre Rede nicht replizieren, aber dann habe ich in Ihre eigenen Reihen geschaut, und ich frage mich schon: Ist Herr Kollege Pirklhuber ein schlechter Mensch, weil er ein Besitzender ist? (Ironische Heiterkeit des Abg. Öllinger.) Ist Frau Dr. Gla­wischnig ein schlechter Mensch, weil sie Besitzende ist? – Ich glaube, es schadet der Diskussion in unserer Republik, wenn Sie – genau Sie nämlich – versuchen, diesen Klassenkampf zu forcieren. (Abg. Öllinger: ...! Sie machen es!)

Es gibt Menschen, die etwas haben, und es gibt Menschen, die mehr oder weniger haben. Es gibt Menschen, denen es sehr schlecht geht, und Menschen, denen es besser geht. Aber ich glaube nicht, dass hier der richtige Platz ist, zu differenzieren, und ich bin davon überzeugt, dass auch die Kolleginnen und Kollegen in Ihren Reihen keine schlechten Menschen sind, nur weil sie etwas besitzen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es stimmt aber – und da teile ich auch die Kritik der Kollegin Silhavy und des Kollegen Öllinger –, dass es natürlich prinzipiell nicht der richtige Weg ist, mit Fristsetzungs­debatten und unter Druck Gesetze zu machen. Ein Grund dafür, warum es dazu gekommen ist, war mitunter, weil wir gerade mit der ÖVP wirklich sehr lange und sehr intensiv verhandelt haben.

Man sollte vielleicht auch für die Zukunft versuchen, hier noch konstruktiver oder noch besser zu arbeiten, damit es dazu nicht kommt, denn eines ist klar: Es ist nicht mit Recht zu erwarten, dass ihr zu etwas eure Zustimmung geben werdet, wo ihr nicht die Möglichkeit habt, das intensiv zu diskutieren.

Ich möchte heute aber zum Bereich der viel diskutierten Bauernkrankenkassen Stellung nehmen, denn ich bin Bauernvertreter, und ich stehe auch dazu – und ich habe mich auch zu Wort gemeldet. Ich war ja sehr fasziniert, dass sich die Bauern von


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der ÖVP nicht zu Wort melden – Kollege Auer, Kollege Grillitsch sind nicht auf der Rednerliste. (Zwischenruf des Abg. Grillitsch.) Bist du drauf? (Abg. Grillitsch: Nein, ich nicht, ...!) Eben. (Ruf bei der ÖVP: ... Donabauer!) Der Kollege Donabauer, natürlich, das ist eh klar.

Ich glaube, man sollte sich dieser Diskussion ruhig stellen. Ich fürchte mich auch nicht davor, dass ich mich dieser Diskussion stelle, weil das sehr wohl eine interessante Diskussion war. Was ist die Ausgangslage? – Es gibt natürlich ein strukturelles Problem in der Bauernkrankenkasse, wir haben natürlich Probleme mit der Finan­zierbarkeit, und – jene Leute, die darin bewandert sind, wissen es ja auch – es ist da in den letzten Jahren vieles vielleicht nicht so gut gelaufen. Die Strukturprobleme der Bauernschaft sind nicht zu leugnen: Wir haben sehr viele Nebenerwerbsbauern, wir haben viele kleine Bauern, wir haben sehr viele Bereiche, wo Veränderungen dringend nötig sind.

Nur: Faktum ist – und da bin ich sehr wohl auf der Seite der ÖVP –, es muss etwas geschehen. Kollege Öllinger, wenn Sie davon sprechen, der Murks gehe weiter – jetzt habe ich es auf Kärntnerisch übersetzt, was Sie da vor fünf Minuten gesagt haben –, dann kann das nicht stimmen. Das ist nicht Ordnung, was Sie gesagt haben, denn es gibt sehr wohl auf Seiten dieses Sozialversicherungsträgers und damit der Bauern­schaft die Bereitschaft und das Bekenntnis dazu, etwas dazu beizutragen. Das ist auch gut so, denn man wird das Problem irgendwie in den Griff bekommen müssen. Dass man vor dem Nichts steht, wird nicht machbar sein.

Aber – und da bin ich wieder bei Ihnen – es wird auch dringend nötig sein, zusam­menzuführen. Und diese Zusammenführung der gewerblichen und der Bauernkranken­kasse sehe ich als positiv denkender Mensch als einen Schritt in die richtige Richtung. Dass wir nicht heute mit einer Gesetzesnovelle eine Totalharmonisierung der Kranken­versicherungsanstalten beschließen können, dass das nicht möglich ist, hat ja viele Hintergründe, die Jahrzehnte zurückliegen: Gesetze der großen Koalition, Rahmen­bedingungen, Voraussetzungen, die das einfach nicht so leicht möglich machen.

Aber, Herr Kollege Öllinger, wir – also dieser rechte Flügel – werden Ihnen beweisen, dass die Harmonisierung funktionieren wird, wir werden beweisen, dass es bei der Krankenversicherung funktioniert und dass es auch bei den Pensionskassen funktionieren wird. Wir werden hier ganz sicher im Endeffekt nach guten Verhand­lungen an die Öffentlichkeit treten und werden ein gutes Ergebnis präsentieren, mit dem alle einverstanden sind. Dann werden sich die Grünen schwer tun, nein zu sagen – umso mehr, als die Grünen, wie ich ja sehr gut weiß, normalerweise konstruktiv mitarbeiten. Kollegin Glawischnig hat es ja vorher bewiesen. Gute Anträge finden ja bei euch Zustimmung. Warum dann nicht auch in diesem Fall? – Es ist ein guter Antrag, es ist ein Schritt in die richtige Richtung – aber es ist noch nicht das Endergebnis.

Da Sie davon gesprochen haben, dass Kollege Grillitsch hier nicht als Bauernvertreter sprechen kann (Abg. Dr. Jarolim: Auf der Liste steht er nicht! Das wird auch seinen Grund haben! ...!): Er ist der ÖVP-Bauernvertreter, und ich bin der freiheitliche Bauernvertreter. Das stimmt, das sind parteipolitische Organisationen – genauso wie Kollege Gradwohl und Kollege Pirklhuber Vertreter der Parteien sind. Eines aber ist schon Faktum: Es gibt eine offizielle Berufsvertretung der Bauern, das ist die Landes­landwirtschaftskammer – Sie haben das selbst angesprochen und gesagt, Sie sind kein Vertreter. Die Zusammenführung der Landeslandwirtschaftskammern ist die Präsidentenkonferenz, und diese goutiert dieses Gesetz – auch zu meinem Unver­ständnis, aber es wird goutiert. Das heißt, die Berufsvertretung der Bauern steht zu hundert Prozent hinter dieser Gesetzesnovelle. Das ist schon faszinierend. Man muss also aufpassen, was man sagt. Hier gibt es Zustimmung!


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Auch die Maschinenringe stehen zu hundert Prozent hinter dieser Gesetzesnovelle. (Abg. Dr. Pirklhuber: Das möchte ich sehen!) Es sind schon sehr viele Bereiche, die hier abgedeckt sind, und ich kann Ihnen eines sagen: Als wir diese Verhandlungen geführt haben, war es auch spannend zu sehen, wie hier eigentlich die Berufs­vertretung die Dinge sieht.

Wir als freiheitliche Bauernschaft waren und sind nach wie vor sehr kritisch, was gewisse Bereiche betrifft – und das ist nicht die Beitragserhöhung. Die Beitrags­erhöhung ist aus meiner Sicht ein Bereich, den ich sehr wohl mittragen kann. Die Subsidiaritätsaufhebung und diese im Bereich der Maschinenringe Sozialver­sicherungs­pflicht begründende Geschichte sind meiner Ansicht nach kritisch zu betrachten. Die Beitragserhöhung aber ist wirklich in Ordnung, denn sie ist ein erster Schritt zur Harmonisierung, sie ist ein erster Schritt hin zur Zusammenführung.

Was haben wir noch damit erreicht? – Man muss schon ehrlich sagen, dass man damit auch einmal in die Wege geleitet hat, dass man einen Apparat zusammenführt. Es wird schlanker und besser werden. Wir Freiheitlichen werden auch darauf aufpassen, dass vielleicht auch der Bauernbund ein bisschen von seiner Macht in der SVB abgeben wird und dass das Ganze wirklich noch ein bisschen schlanker und noch besser wird und damit auch die Funktionäre in den Hintergrund treten und wirklich endgültig die Bauern dort sehr gut vertreten sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir werden auch sicherlich darauf schauen, dass es hier noch einmal eine Diskussion um die Höchstbemessungsgrundlage gibt. Die Diskussion um die Höchstbemessungs­grundlage im Krankenversicherungsbereich ist zum Beispiel aus meiner Sicht – das mag jetzt vielleicht eine Meinung sein, die nicht bei allen Zustimmung findet – sicherlich eine Diskussion, die auch zu führen ist. (Abg. Öllinger: Allgemein oder bei den Bauern?) Allgemein!

Eines ist klar – da bin ich Bauernvertreter, und da hat Kollege Donabauer vollkommen Recht –: Es kann nicht sein, dass die Diskussion nur auf dem Rücken der Bauern geführt wird! Die Diskussion muss im Allgemeinen geführt werden: bei den Beamten, in allen Bereichen! (Abg. Dr. Pirklhuber: Das habt ja ihr angefangen!)

Kollege Pirklhuber! Da brauchen Sie nicht herauszuschreien. Wer schreit, hat nicht Recht – das habe ich auch schon lernen müssen, als ich da hinten gesessen bin und geschrien habe. (Heiterkeit der Abgeordneten Wittauer und Mag. Tancsits.) Im Endeffekt wird man diese Diskussion führen – und man wird sie konstruktiv beenden. Davon bin ich nach wie vor überzeugt.

Wir werden diesen Schritt mittragen, wir werden diesen Schritt mitgehen. Wir haben uns hier, glaube ich, auf einen konstruktiven Kompromiss geeinigt. Es ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, der von uns mitgetragen wird. Ich bin davon überzeugt, die Bauern und die Bäuerinnen werden es auch verstehen.

Abschließend ist mir noch etwas aufgefallen – das habe ich mir noch schnell herausgesucht –, was ich hier anmerken möchte, wobei ich mich an die Adresse der SPÖ wende, denn die Grünen sitzen ja leider in keiner Berufsvertretung der Bauern. Entweder halten die Bauern die Grünen für entbehrlich, oder ich weiß nicht, was daran schuld ist, dass ihr in keiner Landeslandwirtschaftskammer und damit in keinem dieser Gremien sitzt. (Abg. Dr. Grünewald: Geduld, Geduld!) Die SPÖ aber sitzt sehr wohl in diesen Gremien.

Meine geschätzten Damen und Herren! Da gibt es einen Antrag der letzten General­versammlung der Sozialversicherungsanstalt der Bauern, der vom ÖVP-Bauernbund kommt und in dem das Parlament aufgefordert wird, möglichst schnell dieses Paket zu


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beschließen, diese Strukturveränderungen wahrzunehmen, die Beiträge zu erhöhen – all das, was wir heute beschließen.

Wissen Sie, was faszinierend ist? Die Vertreter ... (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) – Nein, ich habe das Protokoll hier, Frau Kollegin! Ich zeige es Ihnen. Es hat eine Stimmenthaltung gegeben – ich habe das Protokoll hier! –, und diese war vom freiheitlichen Bauernvertreter aus der Steiermark. Alle anderen – inklusive der gesam­ten Delegierten der SPÖ, der so sehr gegen dieses Gesetz kämpfenden SPÖ – haben Sie, Herr Kollege Gradwohl, und Sie, Frau Kollegin Silhavy, per Beschluss auf­gefordert, das heute zu beschließen. Ich bin schon sehr neugierig, wie Sie Ihren eigenen Vertretern im Gremium erklären werden, dass Sie das, was Sie hier heute beschließen sollen, nicht beschließen werden. (Abg. Gradwohl: Welche Vertreter sind denn das?)

Daher bitte: Man sollte irgendwann aufhören, in diesem Gremium Wasser zu predigen und Wein zu trinken! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Silhavy: Wie werden Sie Ihren freiheitlichen Vertretern erklären, dass Sie das beschließen? – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch – zu seinem Sitzplatz zurückkehrend –: Wir tragen es ja mit!)

12.10

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Bundes­ministerin Rauch-Kallat. – Bitte, Frau Ministerin.

 


12.11

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Frau Präsiden­tin! Hohes Haus! Ich darf vielleicht in meinen Ausführungen zu diesem gemeinsamen Sozialrechts-Änderungspaket des Sozial- und Gesundheitsministeriums am Anfang ganz kurz auch zu jenen Bereichen Stellung nehmen, die von Herrn Bundesminister Haupt in dieses Sozialrechts-Änderungsgesetz eingebracht wurden. Ich darf ihn auch entschuldigen: Er ist bei einer EU-Ministerkonferenz in Maastricht, und ich habe ihm versprochen, auch seine Bereiche kurz anzusprechen. Ich möchte aber dann in weiterer Folge natürlich vor allem über meine Bereiche sprechen und über die soeben angesprochenen Fragen zum Bauernpaket und vor allem auch zur Chefarztpflicht.

Dieses Sozialrechts-Änderungspaket enthält unter anderem – ich nenne hier nur die sechs wichtigsten Punkte des Kollegen Haupt – eine Umstellung auf eine fünfjährige Erstattungspflicht bezüglich des Berichts an die Bundesregierung über die Aufwendun­gen für die Ersatzzeitenanrechnung und über die Wanderbewegungen im Bereich der Pensionsversicherung, also eine Verwaltungsvereinfachung; zweitens die Ausnahme des Verwaltungsaufwandes infolge der EU-Erweiterung und der beabsich­tigten Einfüh­rung eines Pensionskontos von der Verwaltungskostendeckelung; drittens die Erleich­terung der Möglichkeit der Inanspruchnahme der Ausnahme von der Pflichtver­siche­rung für Kleinunternehmerinnen bereits ab dem 60. Lebensjahr – bisher war es das 65.; ich denke, dass das für eine Generation von Frauen eine wesentliche Ver­besserung ist, und daher danke ich dafür, dass das möglich war –; viertens die Umsetzung des VfGH-Erkenntnisses über das Opting-Out der FreiberuflerInnen aus der Pflichtversicherung; fünftens die Vereinfachung und Beschleunigung des Witwen- oder Witwerpensions-Feststellungsverfahrens durch Übermittlung der Einkommens­daten, die bei den Abgabenbehörden des Bundes gespeichert sind – auch das ist ganz wichtig für viele Frauen, daher auch hier ein Dankeschön –; und sechstens Klar­stellungen in Bezug auf die Ableitung der Hinterbliebenenpensionen und auf die Ausschlusswirkung der Frühpension gegenüber der Invaliditäts-, Berufsunfähigkeits- und Erwerbsunfähigkeitspension, also Dinge, die an sich Verwaltungsvereinfachungen sind, aber keine großen Bereiche betreffen.


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Lassen Sie mich nun aber auf die drei wichtigsten Punkte eingehen, die wir heute hier diskutiert haben. Das sind erstens das Bauernpaket, zweitens die Chefarztpflicht, und ich möchte auch noch die Reparatur der Darlehensrückzahlung im Hinblick auf das VfGH-Erkenntnis ansprechen, weil ich denke, dass das ein gutes Beispiel dafür ist, wie man auch im Einvernehmen mit allen Betroffenen etwas lösen kann.

Lassen Sie mich zuerst zum Bauernfinanzierungspaket oder Bauernkonsolidierungs­paket kommen. Auch das hängt eng mit der Aufhebung wesentlicher Bestimmungen zum Ausgleichsfonds durch den Verfassungsgerichtshof zusammen, weil damit klar war, dass die Bauernkrankenkasse in einer ganz schwierigen finanziellen Situation ist und, auch was die Zahlungsfähigkeit anbelangt, in einer dringenden Situation war.

Das, was mich sehr vertrauensvoll gemacht hat, war, dass die Bauern das sehr wohl erkannt haben und bereits am Tag des Erkenntnisses bei mir gesessen sind und um eine gemeinsame Konsolidierung im Paket gebeten haben, ihre Bereitschaft erklärt haben, sofort alle notwendigen Maßnahmen zu setzen, die sie von sich aus setzen können, aber gleichzeitig gesagt haben: Alleine schaffen wir das nicht! Wir brauchen die Unterstützung des Bundes, und wir brauchen die Solidarität der anderen.

Warum? – Wir wissen, dass die Bauernkrankenkasse von allen Krankenkassen die schlechteste Struktur hat: 143 000 Aktiven stehen 138 000 Pensionisten gegenüber! Das heißt, das Verhältnis Aktive zu Pensionisten ist fast 50 zu 50, und die Ein­kommensgrößen sind ja vor allem bei vielen Nebenerwerbsbauern nicht sehr hoch.

Die Bauernkrankenkasse hat in den letzten Jahren sehr, sehr strikte gewirtschaftet. Sie sind zum Beispiel schon, was die Leistungen anbelangt, an das ASVG angehängt. Sie haben alle Konsolidierungsmaßnahmen oder viele Konsolidierungsmaßnahmen, die sie setzen konnten, in den letzten Jahren gesetzt – zum Unterschied von anderen Krankenkassen, die immer nur davon sprechen, das seien Peanuts, das lohne gar nicht. Und jetzt bei der Einschau sind wir draufgekommen, dass manche dieser „Peanuts“ bei der Wiener Gebietskrankenkasse allemal 7 Millionen € ausmachen.

Das war auch der Unterschied! Wir haben bei den Bauern genauso eine Einschau gemacht wie bei der Wiener Gebietskrankenkasse, und dieser Einschaubericht liegt jetzt vor und ist in diesem Paket schon berücksichtigt. Und ich bin sehr froh darüber, dass die Bauern genau das, was jetzt passiert, in allen ihren Gremien beschlossen haben. Sie sind hier wirklich durch alle Bundesländer durchgegangen. So stelle ich mir Selbstverwaltung im besten Sinne vor! Und natürlich sind sie auch gekommen und haben gesagt: Aber das bedarf auch einer Unterstützung des Bundes!

Wir haben daher mit der Tabaksteuer, mit dem Splitten des Betrages für die Selbständigen und für die ASVG-Versicherten, also die Nicht-Selbständigen, hier auch einen Beitrag des Bundes zugesichert, und dieser ist hier enthalten.

Worum geht es jetzt? – Die Bauern waren bereit – und das ist nicht der erste Schritt, Herr Kollege Scheuch, sondern schon der zweite Schritt zur Harmonisierung in dieser Legislaturperiode –, die Krankenversicherungsbeiträge auf 7,4 Prozent anzuheben. Sie wissen, wir haben vor einem Jahr die Beiträge von Arbeitern und Angestellten harmonisiert auf 7,3 plus 0,1, also 7,4 Prozent. Die Bauern vollziehen das jetzt nach und sind von sich aus auch mit diesem Vorschlag gekommen.

Damit fehlt uns nur mehr der dritte Schritt, nämlich die Absenkung des Beitrages der gewerblichen Wirtschaft von 9 auf 7,4 Prozent. Auch das werden wir noch in dieser Legislaturperiode erledigen müssen, nur: Da bedarf es auch eines schrittweisen Vorgehens, denn sonst wird diese Krankenkasse, die jetzt hervorragend gebart, möglicherweise in Schwierigkeiten kommen. Daher: Auch das muss wohl überlegt sein, aber wir werden das im Auge behalten. Und damit hätten wir dann in dieser Legis-


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laturperiode, zumindest was die Höhe der Beiträge anbelangt, einen wichtigen, ganz großen Schritt in drei Etappen gesetzt.

Und dann – Herr Kollege Öllinger, ich bin ganz Ihrer Meinung – müssen auch die Leistungen harmonisiert werden. Das wird nicht ganz so einfach sein, denn die Ersten, die schreien werden, werden die Ärzte sein, weil diese natürlich von der gewerblichen Wirtschaft ganz andere Verträge haben als zum Beispiel im ASVG oder sonst wo. Auch hier muss man im Sinne einer Selbstverwaltung eine Lösung finden, die für alle gleich ist. (Abg. Jakob Auer – in Richtung des Abg. Dr. Grünewald –: Was sagt da der Herr Primar?)

Was passiert jetzt bei den Bauern? – Die Einschränkung der Ehegattensubsidiarität für Betriebe mit einer Beitragsgrundlage von maximal 10 015 € – Frau Kollegin Silhavy, genau das ist es, was die Kleinen schützt und nur die Großen zur Kasse bittet; das ist ein verantwortungsvoller Umgang! –, die Einbeziehung von „Urlaub am Bauernhof“ und persönlichen Dienstleistungen, die Absenkung der Mindestbeitragsgrundlage, die Aufsplittung des Bundesanteiles habe ich bereits genannt. – Ich denke, dass es hier gelungen ist, eine wirklich gute Mischung zu finden, die auch von der Selbstverwaltung vorgeschlagen wurde. Ich möchte Sie daher wirklich einladen, diesem Paket zuzustimmen, weil damit eine mittel- und langfristige Konsolidierung der Bauernkran­kenkasse erreicht werden kann und damit auch die Grundlage dafür geschaffen werden kann, ein Zusammenschließen der Aktivitäten mit dem Gewerbe überhaupt ins Auge zu fassen und das auch in einem nächsten Schritt zu tun.

Wie ist das jetzt mit der Darlehensrückzahlung gewesen? – Frau Abgeordnete! Erstens einmal wäre es eine Sache der Selbstverwaltung gewesen, und da ist auch einiges passiert. Es hat der Hauptverband auch versucht, mit allen darlehensgebenden Kassen zu einer Lösung zu kommen. Wir haben uns bemüht, als das ins Stocken geraten ist, mediativ einzugreifen. Das haben wir auch geschafft, worüber ich sehr froh bin. Wir haben mit allen darlehensgebenden Kassen eine Einigung erzielt. – Die Rückzahlungsmodalitäten waren ja bereits geregelt; da sind alle Kassen, auch die, die Darlehen genommen haben, längst zu einer Regelung gekommen, und daran wurde auch nichts geändert, das ist gleich geblieben. – Die darlehensgebenden Kassen waren einverstanden. Warum hat es Vorarlberg schneller gemacht? – Vorarlberg hat als einzige Krankenkasse von dem Angebot Gebrauch gemacht, auf Ziel­erreichungs­zuschüsse, nämlich auf die Auszahlung von insgesamt 7 Millionen € zu verzichten, um dafür schneller fertig zu sein.

Das ist eine Entscheidung Vorarlbergs gewesen, das war ein gutes Gegengeschäft. Auch hier: Alle haben zugestimmt – ein gutes Beispiel der Selbstverwaltung, das wir hier gesetzlich beschließen.

Jetzt zum Schluss ganz kurz zum Erstattungskodex und zur Chefarztpflicht neu: Wir haben hier im vergangenen Dezember ein Arzneimittel-Paket beschlossen, ganz­heitlich, mit vielen wichtigen, notwendigen Maßnahmen – im Übrigen: es greift. Wir haben uns vorgenommen, dass die Steigerungen statt 7 bis 10 Prozent nur 3 bis 4 Prozent betragen. Steigerung Jänner bis Mai 2004: 2,2 Prozent! Dieses Paket ist also ein Erfolg, und ich denke, das sollten wir auch laut sagen. (Beifall bei der ÖVP.)

Was machen wir hier? – Wir regeln notwendige Maßnahmen für die Aufnahme ins Heilmittelverzeichnis, und wir regeln eine Verordnungsermächtigung für die Gesund­heitsministerin zur Chefarztpflicht neu. Ich sage ganz offen, es wäre mir sehr recht gewesen, wenn hier die Selbstverwaltung zu einer unbürokratischen Lösung gefunden hätte. Es geht nicht darum, den Chefarzt abzuschaffen, es geht auch nicht darum, die Kontrolle abzuschaffen. Wir brauchen diese Kontrolle (Abg. Neugebauer – demons­trativ Beifall spendend –: Richtig!), denn wir müssen diese Kontrolle auch für die


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Mengen, sozusagen für die Ausgabenseite sicherstellen. Aber wir wollen nicht, dass die Patienten etwas tun müssen, was sie zu Recht als Schikane empfunden haben: mit jedem Rezept zu einer Stelle der Krankenkasse zu fahren, um dort von einer Sekretärin einen Stempel zu bekommen. Das heißt, es muss eine effektive und sinnvolle Kontrolle sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich habe auch da versucht, mediativ zwischen Hauptverband, Krankenkassen und Ärztekammer zu einer Lösung zu kommen. Der Vorschlag des Hauptverbandes war überbürokratisch: 5 Millionen Fax in die eine Richtung, 5 Millionen Fax in die andere; die Patientin oder der Patient wäre in der Ordination gesessen, hätte zwei Stunden gewartet, vielleicht hätten die niemanden erreicht, und der Arzt hätte gesagt: Schuld ist die Gesundheitsministerin! – Mit mir nicht, sehr geehrte Damen und Herren: keine Ambulanzgebühr 2 mit mir, keine bürokratischen Lösungen!

Wir haben versucht, zu einer Einigung zu kommen. Der Hauptverband hat sie verhindert, der jetzt die Verordnungsermächtigung hat; daher bekomme nun ich eine Verordnungsermächtigung. Damit werde ich sehr sorgsam umgehen, werde mit Ärzten und Sozialversicherungen weiterverhandeln, um zu einer Lösung zu kommen, und diese in der Verordnung umsetzen. Sollte die Selbstverwaltung schneller sein oder zu einer eigenen Lösung kommen, die besser ist, bin ich die Erste, die sich freut, dass das möglich ist, und gebe gerne bei meiner Verordnungsermächtigung sozusagen zuguns­ten einer Verordnung des Hauptverbandes nach.

Ich möchte, dass eine Lösung gefunden wird, mit der alle Patientinnen und Patienten in Österreich eine Verbesserung und keine Schikanen haben. Das werde ich mit Sicherheit mit dieser Verordnungsermächtigung sicherstellen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.23

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeord­nete Csörgits zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

 


12.23

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Zu Beginn möchte ich ein paar Bemerkungen in Richtung des Kollegen Tancsits machen. Es ist ja sehr nett von Ihnen, dass Sie es jetzt bedauern, dass Sie nicht mit uns reden konnten, dass es nicht möglich war, mit diesem Vorschlag eine Begutachtungsfrist einzuhalten, und dass auf Grund des Drucks und der langen Verhandlungen mit der FPÖ – wie ja Herr Abgeordneter Scheuch gesagt hat – hier wieder die Opposition ausgebootet worden ist. (Abg. Wittauer: Nein, Ihr Vertreter war bei der Krankenkasse, und alle Vertreter waren gefragt!)

Aber ich darf Ihnen auch sagen: Es geschieht nicht zum ersten Mal, sondern es ist laufend so! Ich denke, das ist ganz einfach keine Gesprächskultur in diesem Land (Abg. Wittauer: Bei der Krankenkasse waren alle Vertreter mit eingebunden! Die haben zugestimmt!), noch dazu, wenn es im Zusammenhang mit dem ASVG hier ja darum geht, ein Sozialversicherungssystem und die soziale Sicherheit in diesem Lande aufrechtzuerhalten. Das passiert dabei nicht! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wittauer: Die Versicherten haben ...!) – Das zu dem, Herr Kollege.

Jetzt einige Bemerkungen zu Ihnen, Frau Bundesministerin. (Abg. Wittauer: Was haben denn die Sozialdemokraten nicht gewusst, was die Experten ...? – Zwischenruf der Abg. Silhavy.) Es ist zu bemerken, dass im Zusammenhang mit dem Schulden­karussell – ich bezeichne es jetzt einmal so –, was den Ausgleichsfonds anbelangt, auch bei dieser Lösung wieder nur eine Vergangenheitsbewältigung gemacht wird. Sonst wird nichts gemacht. (Abg. Kopf: Das ist der erste Schritt in die Zukunft!)


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Der erste Schritt in die Zukunft? – Man hätte die historische Chance gehabt, hier etwas anderes zu machen, mit dem man den Blick in die richtige Zukunft gehabt hätte. Das fehlt aber dieser Partei, und das fehlt insbesondere dieser Regierung! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wittauer: Was soll die Aufregung jetzt?)

In diesem Zusammenhang muss auch festgehalten werden, dass die Finanzprobleme der Krankenkassen auch mit dieser Lösung, mit dieser Vereinbarung nicht gelöst werden können. (Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Silhavy und Wittauer.) Die Zukunft ist da gar nicht so weit weg, denn bereits im Jahr 2006 wird österreichweit ein Minus von 660 Millionen € entstehen. Die Zukunft ist also sehr nahe, aber nicht einmal darüber hat man sich den Kopf zerbrochen. (Abg. Wittauer: Sie sind ja eine Hellseherin!)

Bei dieser Gelegenheit möchte ich noch einmal sehr deutlich bemerken, dass es schon sehr klar ist, dass die ÖVP eine gewisse Eile dabei an den Tag gelegt hat, ihre Bauernversicherung zu reparieren. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Ich weiß schon, dass Kollege Donabauer – ich kenne ihn ja lange genug – ein wirklich guter Verhandler ist. Aber da ist es schon sehr klar ... (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.) – Ja, dazu bekenne ich mich auch. Aber da ist es schon sehr klar, dass sich die Klientel der Bauern durchgesetzt hat. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Denn es wird zwar auf die Bauern geachtet, aber die mehr als fünf Millionen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen und deren Angehörige, die im ASVG versichert sind, werden bei all diesen Projekten ganz einfach nicht berücksichtigt.

Das heißt – bei aller Wertschätzung den Bauern gegenüber –, es wird wahrscheinlich der Öffentlichkeit sehr schwer erklärbar sein, dass man 20 Millionen € aus dem Bereich der Tabaksteuermittel der Krankenkassen ganz einfach wieder aus dem Ausgleichs­fonds herausnimmt und den Bauern zur Verfügung stellt. (Abg. Wittauer: Und die Beitragserhöhung für die Bauern, die mit hineinfließt! Das ist eine Eigenleistung, Frau Kollegin! Eigenleistungen fließen hinein! – Gegenrufe der Abg. Silhavy.) Das wird natürlich dann wieder den Krankenkassen, die im Bereich des ASVG sind, fehlen. Das muss man hier ganz deutlich sagen: Der ASVG-Bereich bleibt hier wieder ganz einfach derjenige, der in den sauren Apfel beißen muss. (Abg. Neugebauer: Das ist doch so was von falsch, Renate! Das stimmt ja gar nicht! – Abg. Mag. Molterer: Was sagen Sie zu den Beitragserhöhungen?)

Mein lieber ehemaliger Vizepräsident! Ich weiß schon, wovon ich rede, weil ich sicherlich auch nicht ganz blauäugig bin, was den Bereich der Sozialversicherung anbelangt, wie du ja weißt. (Abg. Mag. Molterer: Da bin ich nicht sicher!)

In diesem Zusammenhang möchte ich auch eine weitere Kritik anbringen, an einer Sache, die von Ihnen, Frau Bundesministerin, etwas anders dargestellt worden ist. Die vorgesehene Senkung der Mindestbeitragsgrundlage in der PV wird natürlich wieder bedeuten, dass es zu einer Verbesserung für die Großbauern kommt, die jetzt sowieso schon genügend Möglichkeiten gehabt haben (Abg. Jakob Auer: Was? Das ist ja völlig ...!), im Zusammenhang mit ihrer Einkommensteuererklärung sehr vieles abzu­setzen, und bereits jetzt wenig an Beiträgen zahlen. Da werden die Beiträge sicherlich noch geringer werden. (Ruf bei der ÖVP: Wer hat Ihnen denn das aufgeschrieben?)

Zum Abschluss möchte ich noch eine prinzipielle Kritik anbringen. Ich denke mir ... (Abg. Kopf: ... noch eine!) Ja, noch eine! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich könnte meine Redezeit noch sehr lange benutzen, um die Kritiken anzubringen, die sehr gerechtfertigt sind, sehr geschätzte Damen und Herren! (Abg. Wittauer: ... jetzt bald vorbei! Dann müssen wir uns die Halbwahrheiten hier nicht anhören!)

Ich glaube, wenn es darum geht, in Österreich das Sozialversicherungssystem, die Sozialversicherung und die soziale Existenzmindestsicherung unserer Bevölkerung,


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die wir zu vertreten haben, zu sichern, dann ist es notwendig, dass man eine breite Basis der Diskussion wählt, aber nicht ganz einfach drüberfährt und sich nicht anschaut, was das zum Beispiel für die ASVG-Beschäftigten bedeutet. (Abg. Wittauer: Ihre Vertreter in der Sozialversicherung waren mit eingebunden, und die Bauern­vertreter!)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Hier wäre – auch in Anbetracht dessen, was gestern der Herr Kardinal gesagt hat – eine andere Gesprächskultur angebracht. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.28

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Karl Donabauer zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Mag. Molterer – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Donabauer –: Nicht nur guter Verhandler, sondern auch Lehrer!)

 


12.28

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundes­minister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Liebe Besucher! Wenn hier gesagt wurde, dass gestern die Ermahnung kam, die Gesprächskultur zu verbessern, kann ich nur sagen: Ich denke, sie ist heute in einer sehr korrekten Weise gelaufen. Dass einige mit der Materie vielleicht nicht ganz zu Rande kommen, muss man eben auch zur Kenntnis nehmen. Es ist allerdings schade.

Punkt zwei: Was mir heute absolut auffällt, ist, dass wir sachlicher reden. Denn das, was vorgestern der Fall war, als wir den Initiativantrag mit Fristsetzung eingebracht haben, nämlich dass man nur geschimpft hat – das ist skandalös, das ist ein Wahn­sinn, hat es geheißen (Abg. Silhavy: Das ist es eh!) –, das ist keine konstruktive Politik, und das sollte sich auch eine Opposition überlegen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Silhavy: Das ist aber unglaublich, was Sie da sagen ...! – Weitere Zwischenrufe.)

Zur Sache. Mit diesem Gesetz ... (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Silhavy.) – Schauen Sie, Sie meinen, dass Sie alles so gut gemacht haben. Herr Kollege Öllinger hat gesagt, Sie haben einen Pfusch gemacht bei der Sozialpolitik – heute in seiner Rede gesagt! Darüber haben Sie sich nicht aufgeregt.

Zur Sache, bitte. Es geht einmal um die Chefarztpflicht. (Abg. Silhavy: Bis jetzt haben Sie noch nichts zur Sache gesagt!) Hier müssen wir etwas aufarbeiten, was uns jahre-, jahrzehntelang nicht gelungen ist. Wir haben im Hauptverband die Richtlinie für die ökonomische Verschreibweise. Diese wurde von einigen wenigen Trägern eingehalten, aber von einem Großteil nicht eingehalten. Deshalb kam es zu einer exorbitanten Steigerung der Kosten, die wir nicht mehr bewältigen. Nachdem die Eigendisziplin in den Sozialversicherungen nicht gereicht hat, muss jetzt die Frau Minister sich ein­bringen und hier das machen, was die Selbstverwaltung hätte machen sollen.

Wir in unserem Haus haben es gemacht; Sie können alles nachkontrollieren. Ich kann mir deshalb diese Feststellung hier erlauben.

Nächster Punkt: Es geht um Regulierungen im Gewerbe-Sozialversicherungsbereich. Sie haben gehört, was für wichtige Änderungen in dieses Gesetz mit hereingenommen worden sind. Sie nehmen nicht einmal mit einem Satz darauf Bezug. Aber Sie haben sehr große Freude daran, sich mit der Bäuerlichkeit auseinander zu setzen, was uns sehr ehrt.

Nun denke ich, Frau Kollegin Silhavy, dass Sie als Vertreterin der größeren Op­positionspartei – und jeder andere darf es auch machen – sich mit der ganzen Historie auseinander setzen müssen. Als 1965 die Bauernkrankenversicherung gegründet wurde, war es Wille des Gesetzgebers, dass die Beiträge verdoppelt wurden. Das


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wurde bis zum Jahr 1998 so gemacht. Sie waren es mit Ihrem Finanzminister Edlinger, die uns diese Verdoppelung in Frage gestellt haben! Sie haben zu dieser Zeit 18 Millionen eingespart und haben uns anstatt uns zustehenden 62 Millionen nur noch 44 Millionen gegeben. Das hat uns in eine eminente Finanzkrise gebracht, auf die wir immer hingewiesen haben (Zwischenrufe bei der SPÖ) – ich werfe es Ihnen nicht vor, ich sage es ja nur, damit Sie einmal wissen, wovon wir reden – und aus der wir allein nicht mehr hinausgefunden haben.

Herr Bundeskanzler Dr. Schüssel hat sich in Wahrnehmung dieser Probleme und auch der Probleme anderer Sozialversicherungsträger wirklich bemüht, den Ausgleichsfonds für alle Krankenversicherungsträger zu schaffen. (Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Silhavy und Wittauer.) Es ist ihm gelungen! Dass Sie von der Sozialdemokratischen Partei das auch beeinsprucht haben, zeigt nicht unbedingt, dass Sie mit sehr viel Sensibilität Sozialpolitik machen! Es ist so, das muss einmal gesagt werden! (Beifall bei der ÖVP.)

Nun ist der Ausgleichsfonds aufgehoben, und jetzt sind Maßnahmen zu setzen. Wir nehmen unsere Verantwortung wahr, und glauben Sie mir, das ist nicht sehr einfach!

Wir haben mit unseren Versicherten eine klare Diskussion geführt und legen auch eine wohl überlegte Entscheidung vor. Diese Diskussion ist durch alle Kreise, durch alle Gruppen gegangen. Wenn Kollege Scheuch meint, dass nur der Bauernbund in der Sozialversicherung der Bauern etwas zu reden hätte: Auch ihr seid drinnen, ihr müsst nur bei den Sitzungen auch immer anwesend sein, dann wisst ihr genauso viel wie die anderen. Das muss auch gesagt sein!

Wir haben die Beitragssätze angehoben. Wir machen Regulierungen bei der Sub­sidiarität und vieles mehr.

Nun in concreto zur Tabaksteuer: Sagen Sie, glauben Sie denn wirklich, dass diese 89 Millionen nur dem ASVG-Bereich gehören? Glauben Sie das wirklich? Ist es nicht wirklich fair, wenn man diese 89 Millionen auf Kopfquoten aufteilt und der ASVG-Bereich das bekommt, was ihm auf Grund der Kopfquote zusteht? – Das sind etwa diese 69 Millionen. Die restlichen 20 Millionen gibt man in den Bereich hinein, in dem wir strukturelle Probleme haben. Wir haben zu viele ältere Menschen; das sind teure Risken. Wir haben Familien mit vielen Kindern; das sind hohe Aufwendungen. Wir haben ein Drittel der Betriebe auf der Mindestbeitragsgrundlage, weil deren Einkom­menssituation eben nicht besser ist.

Deshalb glaube ich, dass dieses Gesetz sich wirklich vor jeden Bürger hinstellen lässt und hergezeigt werden kann. Es ist ein soziales Gesetz, ein Gesetz, das zur weiteren Entwicklung wirklich einen vernünftigen, guten Beitrag leistet.

Letzte Betrachtung dazu, dass Sie jetzt sagen – vor allem Herr Öllinger –, dass Sie eine Zusammenarbeit zwischen der SVA der gewerblichen Wirtschaft und uns für bedenklich erachten: Ja, Sie können im ASVG-Bereich alles machen, Sie können vieles machen, sogar vieles besser machen. Wir arbeiten schon seit zwei Jahren im Bereich unserer SVD zusammen. Wir werden weitere Zusammenarbeitsmaßnahmen pflegen, und wir können beweisen (Abg. Silhavy: Aber das Argument ...!), dass wir seit dem Jahr 2000 die Verwaltungskosten um fast 2 Prozent verringert haben. Wir können beweisen, dass wir im Aufwand pro Kopf niedriger liegen als die Wiener Gebiets­krankenkasse. Wir verzeichnen 328 €, die Wiener 507 € – sie liegen um 54 Prozent höher als wir!

Ich könnte Ihnen diese Dinge noch weiter vortragen. Wenn Sie diese Disziplin bei sich selber anwenden, die Sie von anderen erwarten, dann werden Sie schließlich auch


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genau dort sein, wo wir sind: Wir sind auf gutem Kurs. Ich bedanke mich bei allen, die uns unterstützt haben. (Beifall bei der ÖVP.)

12.34

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

 


12.35

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Ich glaube, man kann auch ohne Kardinal Schönborn zu der Erkenntnis kommen, dass hier im Umgang der einen mit den anderen manches nicht stimmt.

Ich fange einmal damit an, dass die Gesundheitsreformdialoge im Prinzip etwas Positives sind. Hier wurde debattiert. Trotzdem gelingt es der Bundesregierung doch immer wieder, wichtige Materien am Parlament, an den Ausschüssen vorbeizuführen, und dann wundert man sich, wenn die Opposition oder auch andere sagen: Das wurde nicht durchargumentiert. Es wurde auch nicht durchargumentiert!

Der zweite Punkt ist – und das ist vielleicht auch für die Zuseher wichtig –, dass hier in einer Gesetzesmaterie, in einer Abstimmung, wirklich die berühmten Kraut und Rüben so durcheinander gemengt werden, dass es zum Schluss nicht möglich ist zu sagen: Da sind wir dafür, da dagegen!, sondern dass es nur ein globales Ja oder Nein gibt. Vor dieser Situation stehen wir auch heute.

Bei der so genannten ChefärztInnenpflicht, die reduziert wurde, sind wir im Prinzip bereit anzuerkennen, dass das ein Schritt in die richtige Richtung ist. Nur hätte man auch da den Dialog vielleicht so pflegen können, dass man auch noch einen zweiten Schritt gesetzt hätte, der weitere Verbesserungen mit sich bringt. Ich halte das für möglich und hoffe auch darauf. Die ChefärztInnenpflicht ist, zumindest wie sie sich in der Außenwirkung darstellt, etwas absolut Antiquiertes, sie ist zeitraubend für alle Beteiligten, insbesondere für PatientInnen, und sie ist auch entwürdigend.

Jetzt nehme ich kein Klassenkampfwort in den Mund, wenn ich sage: Es gibt auch hier Besitzende, und zwar Besitzende von Rezepten. Besitzende von Rezepten sind nicht die BesitzerInnen, wie man sie sich im Klassenkampf vorstellt, sondern das sind die Zahlenden: Die zahlen nämlich Rezeptgebühren, und sie zahlen den gesamten Preis, wenn sie nicht bereit sind, zu einem Chefarzt oder einer -ärztin zu pilgern, um sich das absegnen zu lassen.

Wie fallen aber die Entscheidungen in den Kassen, die zweifellos – da muss ich sie verteidigen – finanziell mit dem Rücken zur Wand stehen? – Da wird primär nicht sach- und diagnoseorientiert ja oder nein gesagt, sondern sie haben ihre Anweisungen. Da gibt es Kontingente, und wenn die überschritten werden, wenn also Kosten über­schritten werden, heißt es einfach: nein! Theoretisch könnte es so sein: Bis März wird alles bewilligt, dann wird das Geld knapp, die Kontingente sind erschöpft, und wenn jemand im April oder im Juni krank wird, hat er eben Pech gehabt. – So kann ja Gesundheitspolitik nicht betrieben werden, das wird jeder verstehen! (Beifall bei den Grünen.)

Das heißt, ökonomische Entscheidungen sollen im Prinzip Sachentscheidungen weichen. Dazu bedarf es aber eines Ausbaus der diesbezüglichen Kompetenzen in den Kassen wie im Hauptverband, und zwar eines solchen Ausbaus, dass auf wis­senschaftlich-rationaler Grundlage Behandlungsvorschläge und -empfehlungen so gegeben werden können, dass sie hieb- und stichfest sind, ohne dass die Regierung sagt, dass da der Verwaltungsaufwand steigt. Wissenschaftliche Untersuchungen,


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Studien, der Aufbau von Kompetenz am Arzneimittelsektor, der teilweise schon vorhanden ist, dürfen nicht den Verwaltungskosten zugerechnet werden!

Dass die Debatte gestockt ist und man nunmehr dem Hauptverband die Schuld gibt, hat schon – Frau Bundesminister, Sie wissen es – die Ursache, dass die finanzielle Situation der Gebietskrankenkassen akut beachtenswert und akut sanierungsbedürftig ist. Aber hier passiert nichts, und hier wird mit zweierlei Maß gemessen. Was bei den Bauern erlaubt ist, ist bei den anderen tabuisiert. Da ist es sozusagen ein Sakrileg, daran zu glauben, dass deren Einnahmen, die Einnahmen der Gebietskrankenkassen, nicht gesteigert werden dürfen. Man meint, allein durch Sparen die gesundheits­politischen Leistungen so aufrechterhalten zu können, wie sie derzeit sind. Das stimmt aber nicht. Das wissen alle, das weiß auch die Frau Minister, aber einige wollen es nicht wissen.

Ich glaube auch, wenn Sie die ChefärztInnenpflicht modifizieren wollen, braucht es noch einige Daten dazu. Da braucht es eben den Aufbau von Behandlungsrichtlinien, Best Clinical Practice, und nicht die simple Feststellung, dass ein Medikament einfach zu teuer ist, ohne zu überlegen, ob ein teures Medikament nicht vielleicht wirksamer für die PatientInnen sein kann, dadurch mehr PatientInnen geheilt werden, sie kürzer krank sind, es zu kürzeren Krankenständen kommt. Dann ist ein teures Medikament durchaus mit Renditen behaftet, sodass man das auch ungeniert zahlen könnte.

Kollege Auer hat es bereits angesprochen: Sie versuchen jetzt, bei Bauern und Gewer­betreibenden eine Harmonisierung der Leistungen zu erzielen, was Ihnen bei Arbeitern und Angestellten partiell auch gelungen ist. Ich gebe zu, und ich habe ein freies Mandat und bin nicht Sprecher der Ärztekammer, es müssen auch hier Dinge Herr Abgeordneter­monisiert werden. Es ist sicherlich paradox, wenn für ein und dieselbe ärztliche Leistung von Kasse A, B oder C unterschiedlich viel bezahlt wird und es dabei auch noch Unterschiede zwischen den Bundesländern gibt, die durch den Faktor Leistung und medizinisches Handeln einfach nicht zu rechtfertigen sind. Darüber wird man mit der Ärztekammer reden müssen.

Es wäre auch absurd – und ich würde Sie in dieser Hinsicht auch unterstützen –, wenn die Debatte um die ChefärztInnenpflicht sich letztlich an den Kosten von Faxsendun­gen festmachen, darauf reduziert würde. Ich hielte das für – das kann ich schon sagen – dümmlich und äußerst simpel. Man müsste sich nicht genieren – Sie nicht und wir nicht –, wenn man feststellt, dass heutzutage eine Praxis ohne elektronische Ver­netzung, ohne PC eigentlich gar nicht mehr aufsperren dürfte, denn wenn Ärzte ein Telefon haben, können sie auch einen PC haben. Da kann man also etwas tun. (Abg. Kopf: Rede mit deinen Kollegen!) – Ich rede mit meinen Kollegen! Ich finde das indiskutabel, absolut indiskutabel, und das müsste zu machen sein. (Beifall bei den Grünen.)

Die Medikamentenpreise liegen bei uns ja im Prinzip im EU-Durchschnitt. Wichtiger wäre also, mehr auf die Verschreibungspraxis zu achten, und in dieser Hinsicht greift das Gesetz noch zu wenig. Sie wissen, dass sich durch falsch oder frühzeitig ver­schriebene Antibiotika Resistenzen entwickeln, die den Einsatz von viel teureren Medikamenten, Antibiotika notwendig machen. Das kostet Unsummen und ist auch letztlich riskant für Leib und Leben der PatientInnen. Im Sektor Fortbildung hinsichtlich rationaler Verschreibepraxis weitere Initiativen zu setzen und nicht zu schüchtern in den Forderungen zu sein würde ich sehr unterstützen. Trotzdem: Wir können dem nicht zustimmen, und zwar deswegen, weil Sie alles in ein Paket packen, das eben in anderen Bereichen von uns nicht zu unterschreiben ist. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

12.42

 



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Walch zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Herr Abgeordneter, bitte.

 


12.42

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Was mich ein bissel stört an dieser Diskussion, ist, dass die Opposition für die Bauern nicht recht viel übrig hat. Ich bin am Bauernhof aufgewachsen und weiß daher, was Bauernarbeit heißt: ohne Fleiß kein Preis! Von grüner Seite höre ich immer vom Besitz, den die Bauern haben. Wenn ich nichts tue, kriege ich nichts! (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) Ich bin auch Bauernvertreter, denn das sind auch Arbeitnehmer. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Grillitsch.)

Die Bauern sichern und schaffen auch zusätzliche Arbeitsplätze in Österreich im Bereich Landmaschinen und vielen anderen mehr. Der größte Beitrag der Bauern ist die Landschaftspflege. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Grillitsch.) Der Tourismus würde in Österreich nicht so gut funktionieren, wenn wir nicht so eine schöne Landschaft hätten, die die Bauern unentgeltlich pflegen.

Wenn die Opposition diskutiert, was man den Bauern schon wieder schenkt, verstehe ich die Welt schön kleinweise nicht mehr. Wenn wir ihnen die Beiträge erhöhen, schen­ken wir ihnen da vielleicht irgendetwas? Wenn wir darangehen, das Gesundheits­system beziehungsweise die Versicherung in diesem Bereich abzusichern, schenken wir ihnen da etwas? Gehen wir nicht daran, dort die Versicherten entsprechend zu unterstützen?

Kollegin Silhavy, ich bin auf deiner Seite, wenn du sagst, die Vorgangsweise ist vielleicht nicht so okay gewesen, wie man es sich vorstellt. Da bin ich auf deiner Seite. Es hat auch Gespräche gegeben. Mir ist es aber lieber, es noch vor der Sommerpause zu verwirklichen, um einen größeren Schaden zu verhindern. (Abg. Silhavy: Und was sagst du den ASVGlern?) Den ASVG-Versicherten sage ich, dass jetzt endlich eine Angleichung der Bauern an das ASVG kommt. Wir haben ja gesagt: Harmonisierung auch der Sozialversicherungssysteme. Es handelt sich dabei um eine weitere Gleich­stellung. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Wittauer: Bravo!)

Damit wird wieder ein Stück des Regierungsprogramms von ÖVP und FPÖ umgesetzt, in dem von Zusammenlegung der Sozialversicherungen die Rede war. Wer hat denn in den Jahrzehnten davor die verschiedenen Systeme geschaffen, sodass es einmal 29 Sozialversicherungsanstalten gegeben hat? Wir Freiheitlichen gemeinsam mit der ÖVP haben die Pensionsversicherung der Arbeiter und Angestellten zusammengelegt. Ich habe nichts gehört von der SPÖ, dass die seinerzeit einmal etwas in diese Richtung gemacht hätte.

Zur Chefarztpflicht. Das war für mich eigentlich unverantwortlich: Ein Patient, der dringend ein Medikament brauchte, musste zur Gebietskrankenkasse, so wie das heute schon gesagt worden ist, musste sich dort anstellen, bis eine Dame oder ein Herr herauskam, musste noch eine viertel oder halbe Stunde warten, bekam dann einen Stempel drauf, fuhr nach Hause und konnte sich dann erst sein Medikament holen. Die Fahrt dorthin, die Zeit, die er braucht, und das, obwohl er krank ist! (Abg. Wittauer: Ein Wahnsinn!)

Und darum sage ich zur Vorgangsweise, die jetzt gewählt wurde: Wer schnell hilft, hilft doppelt! Ich ersuche auch die Opposition, unserem Antrag zuzustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.46

 



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Lackner zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeord­neter. (Abg. Wittauer – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Lackner –: Entschuldig dich bei den Bauern!)

 


12.46

Abgeordneter Manfred Lackner (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Frau Bundesministerin! Ich würde gerne mit einem Artikel aus den „Salzburger Nachrichten“ beginnen, weil er so symptomatisch für den Zustand in der Gesundheits- und Sozialpolitik dieses Landes ist. Hier schreibt die Redakteurin Sylvia Wörgetter (Abg. Kopf: Eine ausgewiesene Expertin!) – du, lieber Kollege Kopf, auch nicht! –: „Desaster in der Gesundheitspolitik und verfolgte Unschuld. – In der Gesundheits- und Sozialpolitik agiert die Bundes­regierung wie ein Brandstifter. Sie zündelt leidenschaftlich, und wenn es dann brennt, war sie’s nicht.“

Frau Bundesministerin, Sie stellen sich heute hierher und behaupten, es sei alles so wunderbar, alles werde geregelt, alles werde sozusagen gut, und die Menschen in diesem Land müssten sich über die Gesundheits- und Sozialpolitik ohnedies keine Sorgen machen, meine Damen und Herren.

Die heute zur Verhandlung anstehende Neuordnung beziehungsweise Rückabwicklung des Kassensanierungspakets à la Enron ist nichts anderes als der Versuch, legis­tischen Murks, den Sie selbst in diesem Hause beschlossen haben, neu zu regeln. Allerdings – und hier vermisse ich die Reformen oder den Reformansatz, meine Damen und Herren –: Wo ist die Neuregelung, die so notwendig wäre für den Ausgleichsfonds, meine Damen und Herren? (Abg. Silhavy: Wo ist Walch?)

Frau Bundesministerin, nicht nur die Bauernkrankenkasse, auch die Gebiets­kran­kenkassen, meine Damen und Herren, Frau Bundesministerin, haben Finanzbedarf. Es wird jedoch mit keinem Wort darauf eingegangen! Die Gebietskrankenkassen werden von Ihnen im Regen stehen gelassen, und ich meine, das ist nicht redlich, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald.)

Wörgetter schreibt weiter, meine Damen und Herren, Kollege Kopf: „Alle größeren Reformen der ÖVP-FPÖ-Koalition in der Gesundheitspolitik endeten im Desaster: die Ambulanzgebühr – aufgehoben; die Reform des Hauptverbandes – aufgehoben; die Kassensanierung – aufgehoben.“ – So ist das, Kollege Kopf! (Abg. Kopf: Nett, dass du mich immer so persönlich ansprichst!) Weil du immer sagst, dass ohnehin alles so wunderbar ist.

Meine Damen und Herren! Wichtige Projekte, wichtige Reformen wären an der Tages­ordnung, doch diese Bundesregierung verweigert konsequent, aber wirklich konse­quent Reformansatz beziehungsweise Reformbereitschaft. Es werden in Nacht- und Nebelaktionen irgendwelche Anträge eingebracht, anstatt den Konsens mit den Oppo­sitionsparteien zu suchen. (Abg. Wittauer: Also was jetzt? Einmal machen wir zu viele Reformen, dann wieder zu wenig! Einmal geht es euch zu schnell, dann ist es wieder zu langsam!)

Herr Kollege Wittauer, Sie verstehen das nicht, Sie begreifen das nicht?! (Abg. Silhavy: Er versteht das einfach nicht!) Also noch einmal, Herr Kollege Wittauer: Krankenkassensanierung: offen; Krankenanstaltenfinanzierung: völlig offen; Hauptver­bands­regelung, Herr Kollege Wittauer: völlig offen! (Abg. Wittauer: Und zu den Bauern sagt er nichts!) – Ich werde dann auch noch ein paar Worte zur Bauernkrankenkasse finden. (Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Silhavy und Wittauer.)


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Frau Bundesministerin! Herr Kollege Donabauer! Lassen Sie mich noch kurz, weil das so gefordert wird, zur Bauernkrankenkasse etwas sagen. Auch da gilt natürlich der Grundsatz der Solidarität, denn niemand anders als die Sozialdemokratie ist stets für Solidarität in der Gesundheitspolitik eingestanden. Da braucht es keine Aufforderung der Regierungsparteien, meine Damen und Herren, das ist für uns selbstverständlich! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Pirklhuber.)

Meine Damen und Herren! Wir hatten ja nicht die Möglichkeit, das Paket ausgiebig zu studieren. Die Gesprächsbereitschaft der Regierungsparteien war wie üblich relativ dürftig. Wie gesagt, man hat so den Eindruck, dass man eigentlich gar nicht den Konsens beziehungsweise das Gespräch mit uns suchen will, denn anders ist die Vorgangsweise, wie dieser Antrag eingebracht worden ist, nicht zu erklären, meine Damen und Herren.

Meine Damen und Herren! Zum Schluss noch einmal ganz kurz angeschnitten die Medikamentenregelung: Frau Bundesministerin, ich freue mich, dass heute zumindest klargestellt wurde, dass die Chefarztpflicht nicht fällt, denn am 3. Dezember, meine Damen und Herren, wurde hier von den Vertretern der Regierungsparteien völlig euphorisch gefeiert, dass die Chefarztpflicht fällt. Sie fällt natürlich nicht, Herr Kollege Neugebauer und Frau Ministerin, und dafür sind wir dankbar. Die Regelung, die Sie jetzt anstreben, meine Damen und Herren, ... (Abg. Kopf: Es ging immer um Erleichterungen für den Patienten!) Herr Kollege Kopf, das klang damals anders, aber möglicherweise haben Sie es nur nicht verstanden, das kann ja auch der Fall sein. (Abg. Kopf: Das werde ich mir von dir nicht sagen lassen!)

Meine Damen und Herren! Chaos, Murks und soziale Umgewichtung scheinen offen­sichtlich das Markenzeichen dieser Bundesregierung zu sein. (Abg. Wittauer: Der Sozialisten!) Reformen für die Menschen, Herr Kollege Wittauer, Reformen mit sozialer Kompetenz zur Stärkung des sozialen Zusammenhalts sind Ihnen offensichtlich fremd, meine Damen und Herren. Ich hoffe, Sie lernen etwas und gehen zumindest bei den zukünftigen Reformen auf die Opposition zu. So werden Sie sicherlich keinen Konsens mit der Opposition erzielen! – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wittauer: Das war nicht gerade die Rede des Tages! – Abg. Silhavy: Wittauer wird ganz nervös!)

12.51

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Neugebauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. (Abg. Dipl.-Ing. Kummerer – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Neu­gebauer –: Jetzt hören wir die Wahrheit!)

Ich möchte Sie ersuchen, die Zwischenrufe etwas zurückzunehmen! – Danke.

 


12.52

Abgeordneter Fritz Neugebauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, dass ein durchwegs gemeinsamer Nenner gefunden werden muss in der Frage Chefarztpflicht, dass wir nach wie vor einen qualitativen kontrollärztlichen Dienst brauchen werden, der natürlich in einem hohen Maße eine unbürokratische Regelung für den Nutzer, sprich für den Patienten, mit sich bringt.

Herr Abgeordneter Grünewald hat ja mit Recht in einem Nebensatz auf die an­gespannte Situation der Sozialversicherungen hingewiesen und damit indirekt auch zum Ausdruck gebracht, dass eine effiziente Kontrollmöglichkeit durchaus notwendig ist. Natürlich sind die Ärzte angehalten, die Chancen der EDV zu nutzen. Der Vor­schlag eines Geschäftsführers des Hauptverbandes allerdings, hier Millionen Mails


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durch die Gegend zu schicken, hätte wahrscheinlich einen Papierindustriellen gefreut und niemand anderen, und der Chefarzt hätte den Patienten erst recht nicht zu Gesicht bekommen.

Was ich an sich bedaure, ist, dass auf der Ebene des Hauptverbandes eine solche Lösung nicht ausdiskutiert worden ist. Ich werde mich bemühen mit meinen Kollegen, auch hier die Selbstverwaltung in ihrer Potenz wieder zum Tragen zu bringen, sodass wir auch eine praktikable Regelung für die Kolleginnen und Kollegen finden.

Was die Rückabwicklung des Ausgleichsfonds betrifft, möchte ich darauf hinweisen, dass es ein großer Akt der Solidarität ist – denn auf Grund des Verfassungs­gerichtshoferkenntnisses hätte man jetzt und gleich alles einfordern können –, dass durch einen mehrjährigen Tilgungsplan die Kassen nicht überfordert werden. Es handelt sich also um ein mittelfristiges Projekt. Zweitens darf ich auch darauf hin­weisen, dass diejenigen, die nicht gehalten sind, im Ausgleichsfonds zu sein, die bundesweiten Träger nämlich, auf einiges zwar nicht rechtlich verzichtet haben, aber dennoch nicht alles einfordern, wenn ich das in einer anderen Ausdrucksform dar­stellen darf. Auch das also ein großer Akt der Solidarität in diesem Bereich. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich würde die Wortmeldungen des Kollegen Öllinger verstehen, wenn wir in unserem Lande Versicherungspflicht hätten. Die Welt ist Gott sei Dank etwas bunter! Ich weiß nicht einmal, ob es in Moskau wirklich noch so ein Sozialversicherungssystem gibt. Ich bin froh, einem Sozialversicherungsträger anzugehören und für ihn verantwortlich zu sein, der den Einnahmen entsprechende Ausgaben und adäquate Leistungen erbringt. Was wir gemacht haben, und das, Kollegin Silhavy, erklärt auch den Zeitdruck, mit dem ich nicht wirklich einverstanden bin, ist: Wir haben Dienstagvormittag noch im Ministerium unter dem Vorsitz der Frau Bundesministerin mit den Kollegen des Hauptverbandes darüber verhandelt, wie wir diese Rückzahlung im solidarischen Geist über die Bühne bringen können.

Im alten klassenkämpferischen Ton werden die Kollegen Bauern hier gedroschen. – Ich bin nur froh, dass niemand draufgekommen ist, mir vorzuhalten, dass meine Eltern mir den Namen Neugebauer gegeben haben und ich auch, was ich gerne bekenne, Mitglied des Wiener Bauernbundes bin. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bravorufe bei der ÖVP.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Folgendes halte ich denn doch für etwas abson­derlich: Während hier diese Regelung seitens der Opposition kritisiert und mit Vorwürf­en bedacht wird, ist die Vereinbarung über den Tilgungsplan, der natürlich auch eine Perspektive für die Vorarlberger Gebietskrankenkasse und eine Perspektive für die Bauern beinhaltet, im vollen Einvernehmen mit den Kolleginnen und Kollegen der sozialdemokratischen Fraktion, die Verantwortungsträger in den Gebietskranken­kas­sen sind, erfolgt. So gesehen sollte man diesen Konsens auf Sozialpartnerebene auch auf das Hohe Haus übertragen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.55

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Pirklhuber. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

 


12.56

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Kollege Neugebauer hat hier von „Bauern dreschen“ gesprochen. Ich finde, da hat er völlig daneben gegriffen. Kollege Neugebauer, es geht um ganz


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etwas anderes: Es geht um die Art und Weise, wie Sie hier ein wirklich zentrales Anliegen, eine zentrale Diskussionsfrage, die über Monate hinweg zu Recht, wie wir meinen, immer wieder Debatten ausgelöst hat, ganz einfach in einer Art Notgesetz­gebung vorbei an den parlamentarischen Gremien verhandeln und hier heute be­schließen lassen. Das kann es nicht sein! (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren, das kann es nicht sein! Das kann es nicht sein, diese Missachtung auch der guten Vorschläge der Opposition und der Möglichkeiten, durch parlamentarische Ausschussarbeit zu verhindern, was Ihnen wieder passieren wird, nämlich ein Husch-Pfusch-Gesetz zu beschließen, ein Gesetz, das dann in der Praxis viele, viele Probleme verursachen wird! (Abg. Wittauer – in Richtung des Redners –: Wolfgang, so ein Blödsinn!) Ich werde Ihnen im Konkreten auch im bäuerlichen Bereich zeigen, wo hier die Pferdefüße sind, Kollege Wittauer.

Wenn man sich hinstellt wie Kollege Donabauer und ein Loblied auf Dr. Schüssel anstimmt, dass er eine Lösung gefunden und die bösen Sozialdemokraten das gekippt hätten, dann muss ich schon fragen, Kollege Donabauer: Wollen Sie verfassungs­konforme Lösungen, oder was wollen Sie? Wir wollen eine echte Lösung, eine ein­heitliche Lösung, und zwar eine langfristige Zukunftslösung, damit wir nicht alle paar Monate hier in diesem Haus wieder eine Novelle beschließen müssen. Das ist nämlich die Herausforderung, vor der wir stehen.

Wenn wir uns den bäuerlichen Bereich im Speziellen anschauen, Kollege Donabauer, wäre es erstens einmal notwendig, dass wir das System im Hinblick auf seine inner­agrarische Gerechtigkeit und auf seine tatsächliche Plausibilität überprüfen. Das wäre notwendig! (Abg. Grillitsch: Was meint er denn jetzt?)

Und Sie, Frau Bundesministerin, Sie haben von einem Einschaubericht der bäuerlichen Sozialversicherung gesprochen, von einem Einschaubericht, von dem ich annehme, dass er öffentlich ist und dass Sie ihn auch dem Hause und dem Ausschuss zur Verfügung stellen werden für weitere Beratungen, denn das wäre natürlich richtig und notwendig und sinnvoll. Das ist natürlich nicht nur bei den bäuerlichen Sozialver­sicherungsträgern, sondern bei allen notwendig, interne Synergien, Möglichkeiten zu nützen, Harmonisierungen durchzuführen, darüber weiter zu beraten und in diese Richtung zu diskutieren. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Grillitsch: Mach einen Vorschlag!)

Mein Vorschlag, Kollege Grillitsch: Das Sozialversicherungssystem der Bauern basiert derzeit auf einem Berechnungsschema, das für viele Bürgerinnen und Bürger in Österreich nicht nachvollziehbar ist, weil sie keinen Einheitswert haben. Ganz einfach! Man muss also ein solches System auch so darstellen, dass auch Nichtbäuerinnen und Nichtbauern das System verstehen. (Abg. Wittauer: Wird hier der Einheitswert in Frage gestellt? – Abg. Grillitsch: Vorschlag, sage ich, Vorschlag!)

Schauen Sie, nicht der Einheitswert ... (Abg. Wittauer: Wird hier der Einheitswert in Frage gestellt? Sagen Sie das, bitte!) – Hören Sie mir zu, Kollege Wittauer! – Derzeit basiert die Berechnung auf dem Einheitswert und dem Versicherungswert, der jährlich festgestellt wird. Das begünstigt eindeutig die größeren Betriebe massiv, während die kleineren Betriebe massiv belastet werden. (Abg. Grillitsch: So ein Blödsinn!) Ich werde Ihnen zeigen, woran man das festmachen kann, und zwar im Bereich der Flächenzupachtungen, Kollege Donabauer. (Abg. Wittauer: Der Einheitswert nutzt doch den Kleinen!) Sie wissen so wie ich auch, dass bei der Zupachtung jeder Fläche eine erweiterte Sozialversicherungspflicht besteht, und kleinere Betriebe, die zu­pachten, müssen deutlich höhere Sozialversicherungsbeiträge dafür leisten als Be­triebe, die größer sind. Das ist ja nicht nachvollziehbar, auch für die Bäuerinnen und Bauern nicht! Die sagen: Der große Betrieb, der schon groß ist, zahlt weniger Sozial-


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versicherungsanteil für die Flächen, die er zupachtet, und ich als Kleinbetrieb muss sozusagen völlig die Hosen runterlassen und habe zusätzlich einen sehr hohen Versicherungsbedarf. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Also bitte! Keine solchen Drohungen, dass Sie die „Hosen runterlassen“, bitte!)

Das ist die Realität, Kollege! Sie kennen die Einkommenssituation in der Land­wirtschaft. Die Einkommenssituation ist alles andere als rosig, das muss man einmal ganz klar sagen! (Beifall bei den Grünen.)

In einem Bereich vergaloppieren Sie sich völlig mit dieser Novelle, nämlich dort, wo Sie die Beitragspflicht auch auf Tätigkeiten des Maschinenrings ausweiten, und zwar nicht auf die Maschinenleistungen, sondern auf die Arbeitsleistungen, die im Rahmen der bäuerlichen Nachbarschaftshilfe erbracht werden. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch.)

Meine Damen und Herren, das halte ich in dieser Form administrativ für einen totalen Flop, und zwar von Beginn weg! Sie werden doch nicht wirklich ernsthaft glauben, dass die Bäuerinnen und Bauern, die jetzt schon mit einer Flut von Unterlagen, Formularen, Aufzeichnungspflichten et cetera in allen Bereichen und bei den Nebentätigkeiten konfrontiert sind – wir haben das immer kritisiert hier in diesem Haus –, jetzt zusätzlich auch noch jede Arbeitsstunde, die sie beim Nachbarn verbringen, um ihm irgendwo im Rahmen der Nachbarschaftshilfe zu helfen, an die Sozialversicherung melden werden! (Zwischenruf des Abg. Wittauer.) Das ist doch völlig absurd, meine Damen und Herren, und von vornherein zum Scheitern verurteilt! (Beifall bei den Grünen.)

Daher ist aus unserer Sicht klar – und das muss man sich immer wieder vor Augen führen –, dass man die bäuerliche Sozialversicherung aus eigener Kraft nie decken können wird, weil die Alterspyramide gerade im bäuerlichen Bereich eben so aus­schaut, dass es sehr viele Pensionisten auf der einen Seite und wenige Beitragszahler auf der anderen Seite gibt. (Zwischenruf des Abg. Grillitsch. – Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Andererseits haben wir auch den laufenden Strukturwandel, meine Damen und Herren. Daher wird diese Novelle nicht dazu beitragen, eine nachhaltige zu Lösung bekommen. Wir werden in Bälde wieder darüber diskutieren müssen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

13.01

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. – Bitte.

 


13.02

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Heute habe ich von der SPÖ gehört, dass die Chef­arztpflicht nicht wegfällt. – Das ist natürlich in Ihrer Rhetorik nur die halbe Wahrheit. Für den Patienten fällt sie weg, für die Ärzte nicht. Ich möchte aber behaupten – und ich werde den Beweis dafür antreten –, dass das geradezu ein Meilenstein für die österreichischen Patienten ist, die bisher unter der Chefarztpflicht zu leiden hatten.

Heute wurde ja allgemein festgehalten, dass die Chefarztpflicht für die Patienten sehr wohl ein großer Willkürakt ist. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.) Herr Öllinger, Sie können ruhig hier herausgehen und das Gegenteil behaupten! Ich aber bleibe dabei: Der Wegfall der Chefarztpflicht für die Patienten ist etwas Gutes. Ich meine überhaupt, dass man die ganze Gesundheitsreform unter das Motto stellen sollte, etwas Hervor­ragendes noch besser zu machen.

Wo liegt der Vorteil für den Patienten? Wie war das bisher? Was haben eigentlich SPÖ-Gesundheitsminister 40 Jahre zugelassen? (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) Frau


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Silhavy, das ist nicht zum Lachen! Bisher mussten nämlich ältere, meistens behinderte Patienten, die kein Auto haben, oft kilometerweit fahren. Dann mussten beziehungs­weise durften sie in einem Vorraum der Sekretärin ein Rezept übergeben, und irgendwann haben sie einen Stempel bekommen. Kein Mensch hat sie gefragt, was ihnen fehlt, sie wurden auch nicht untersucht. Es ging schlicht und einfach um den Stempel.

Das hat Sie von der SPÖ 40 Jahre lang nicht gestört! Frau Ministerin Rauch-Kallat hat das aber sehr wohl gestört, und sie hat jetzt einen mutigen Schritt gesetzt, und ich glaube, das kann man gar nicht hoch genug werten: Die Verantwortung liegt jetzt eigentlich bei den Ärzten. Die Ärzte übernehmen damit nun – und dafür muss man ihnen dankbar sein – sehr wohl Unannehmlichkeiten, die sie bisher nicht hatten: Sie sind jetzt mit vermehrter Bürokratie konfrontiert, und sie haben auch Konsequenzen zu befürchten, wenn sie mehr verschreiben. (Abg. Silhavy: Wissen Sie schon, wie es mit der Dokumentation ausschaut?) Die Dokumentation wird zunehmen – sie wird zwangs­läufig für die Ärzte nicht weniger, sondern mehr werden –, und es wird Konsequenzen für Ärzte geben: bis zum Zurückzahlen des Preises für Medikamente und zum Vertragsentzug. Wenn das keine Konsequenzen sind, dann weiß ich nicht! Trotzdem sagen die Ärzte: Das ist immer noch besser, als die Patienten zum Chefarzt zu schicken, um einen Stempel abzuholen.

Zweiter Punkt: Es wird Druck auf die Ärzteschaft geben, weil die Pharmaindustrie auf Grund der scheinbaren Erleichterung der Chefarztpflicht enormen Druck machen wird, dass neue Medikamente schnell auf den Markt gebracht werden. Ich gebe zu, dass es sich hiebei um besonders teure Medikamente handelt. Bisher waren es 5 Prozent der Verschreibungen, die 18 Prozent gekostet haben. Der Preis eines Chefarztmedikamen­tes war dreieinhalb Mal so hoch.

Diese Schikane des Hauptverbandes beziehungsweise diese Hürde hat dazu geführt, dass der Preis im EU-Durchschnitt um 18 Prozent niedriger war. Wie hat denn das Hauptverbandsmodell ausgeschaut? – Faxe mussten hin und her geschickt werden. Ist das eine Verminderung der Bürokratie? Ich als Arzt kann Ihnen sagen, wie das aus­geschaut hätte: Die Patienten hätten in der Ordination auf ihre Rezepte gewartet, und der Slogan des Hauptverbandes: Nicht der Patient soll laufen, sondern das Rezept!, hätte dazu geführt, dass die Patienten in den Ordinationen gewartet und vor Wut rotiert hätten.

Ich kann Ihnen sagen: Wenn ein Patient zuerst auf den Arzt und dann noch einmal auf das Rezept warten müsste, das vielleicht irgendwann einmal zurückkommt, dann garantiere ich Ihnen: Das wäre ein – nicht von den Ärzten verursachtes – Chaos geworden! Viele Kassen haben gesagt, dass sie das gar nicht hätten administrieren können. Sie sind froh, dass das nicht gekommen ist.

Ich bleibe dabei – und habe damit auch den Beweis geliefert –: Die Chefarztpflicht für den Patienten wird wegfallen – bitte, bleiben Sie genau! –, und das ist ein Meilenstein im österreichischen Gesundheitswesen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

13.06

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Spindelberger. – Bitte.

 


13.06

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Jetzt weiß ich nicht wirklich, was der konkrete Hintergrund dafür war, was da zwischen ÖVP und FPÖ ausgepackelt wurde. Es muss doch auch


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die Vertreter der FPÖ bedenklich stimmen, wenn vorgestern auch noch Klubobmann Scheibner gesagt hat: Eigentlich freut es mich nicht, einen solchen Fristsetzungsantrag einzubringen!

Mir ist aber vor allem heute die Galle hochgekommen, als sich auch Herr Tancsits hergestellt und gesagt hat: Wir wollten das auch nicht! (Abg. Kopf: Das war notwendig!) – In Wirklichkeit wollte das keiner, Faktum ist aber, dass Sie den Par­lamentarismus gewaltig missbrauchen, indem Sie über die Opposition drüberfahren, die Sache an den Ausschüsse vorbeischwindeln und alles im Husch-Pfusch-Verfahren machen. Wenn es nicht so traurig wäre, müsste man über diese Vorgangsweise fast lachen! (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Kollegen Donabauer, der gesagt hat, dass die Redner der Opposition nicht mit einem Satz auf das Gesetz eingegangen seien: Es gibt viele Abgeordnete, die wollen halt nur das hören, was ihnen gut tut. Es sind eben auch Kritikpunkte mit darin verpackt, die wir hier aufzeigen. Faktum ist, dass es heute auch um die Sanierung der Bauernkrankenkassen geht: Für zirka 280 000 Bauern steigt die ÖVP aufs Gas. Wenn es aber um 5,9 Millionen ASVG-Versicherte geht, dann wollen Sie nichts hören, sondern blockieren und schieben hinaus.

Zum Kollegen Walch: Auch die Arbeiter und Angestellten haben es sich verdient, dass ihre Kassen saniert werden, denn auch sie arbeiten – und nicht nur die Bauern! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Für mich ist eure Politik bedenklich: Einerseits predigen Sie Solidarität, andererseits stellen Sie nur Egoismen in den Vordergrund. Für mich stellt sich da auch in Anbetracht dessen, dass über das gesamte Gesundheitssystem gar nicht diskutiert wird, die Frage, ob Sie überhaupt in der Lage sind, eine umfassende Gesund­heitsreform hier beschließen zu lassen, denn von dieser habe ich nichts gehört.

Es wird immer offensichtlicher, dass über die AVSGler drübergefahren wird, dass es ärger nicht mehr geht. Aber es schlägt dem Fass den Boden aus – um auf die Bauern zurückzukommen –, wenn die Bauern 20 Millionen € an Tabaksteuermitteln bekom­men, die den anderen Sozialversicherungsträgern in Wirklichkeit weggenommen wer­den. Wenn man schon von Solidarität spricht, dann sollte man sich das einmal vor Augen führen: 4,8 Prozent der Versicherten bekommen fast 25 Prozent der gesamten Mittel! – So viel zum angesprochenen Verhältnis zwischen 5,9 Millionen ASVGlern und 280 000 Bauern.

Die Arbeiter und Angestellten werden tagtäglich belastet, aber wenn es um euer Klientel geht, dann wird das Füllhorn ausgeschüttet. (Zwischenruf des Abg. Wittauer.) Wenn ich daran denke, dass genau derjenige, der noch vor Jahren 2 Milliarden Schilling Schulden bei der Bauernkrankenkasse verursacht hat, als Dankeschön sozusagen Generaldirektor geworden ist und in öffentlichen Aussendungen noch gelobt wird, dann verstehe ich auch nicht mehr, was sich da abspielt! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Das ist eine Politik, die wir von der Opposition sicherlich nicht mittragen können und werden! Wir wollen konstruktiv an einer umfassenden Gesundheitsreform für alle mitwirken: für Arbeiter, Angestellte, Bauern und Gewerbe­treibende. (Zwischenruf des Abg. Donaubauer.)

Was tut ihr? Das sehen wir heute wieder: Die eigenen Anträge werden durch­gepeitscht, dass es schneller nicht gehen kann, und alles von der Opposition wird blockiert. Ich habe es schon gesagt: Offensichtlich macht ihr das deswegen, weil ihr


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gar nicht in der Lage seid, eine gescheite Gesundheitsreform auf die Füße zu stellen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Riepl: Was da passiert, ist schamlos!) )

13.10

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Kopf. – Bitte.

 


13.10

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich gebe zu, dass man die Bedeutung einer Bevölkerungs- und Berufsgruppe nicht nur mit Zahlen bemessen kann. Das heißt, eine solche Beurteilung ist nicht frei von Subjektivität. Nach dem bisherigen Verlauf der Debatte kann ich jedenfalls feststellen, dass die Einschätzung der Bedeutung der Berufsgruppe der Bauern für diesen Teil des Hauses (der Redner weist in Richtung der Bankreihen von ÖVP und Freiheitlichen) eindeutig und klar ist: Diese Bevölkerungsgruppe ist uns im höchsten Maße wichtig, und zwar gesellschaftspolitisch, ökologisch, ökonomisch, in jeder Hinsicht also. Diesbezüglich besteht bei uns kein Zweifel. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Meine Damen und Herren, klar ist, dass sich bei dieser Bevölkerungs- und Berufs­gruppe strukturelle Probleme zeigen: Die Zahl der Pensionisten steigt, diese Bevöl­kerungsgruppe wird älter, es gibt zu wenig Nachwuchs, es zeigt sich ein Abwandern in andere Berufsgruppen. Das verursacht selbstverständlich im sozialen Sicherungs­system, das innerhalb der Sozialversicherung bisher eigenständig auf diese Bevöl­kerungsgruppe abgestellt ist, natürlich Finanzierungsprobleme. In Anbetracht dessen sind wir, glaube ich, alle aufgerufen, zur Lösung dieser Strukturprobleme, die von dieser Gruppe allein nicht zu lösen sind, solidarisch beizutragen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Marizzi: Das gilt aber für alle!)

Meine Damen und Herren! Ich sage aber natürlich auch dazu, dass diese Versicher­tengruppe, wenn es Unterschiede gibt, wie zum Beispiel derzeit noch wenige Stunden oder Minuten im Beitragssatz der Krankenversicherung oder in der Einbeziehung der zu Versichernden, natürlich auch ihren Beitrag leisten muss, wenn sie Solidarität einfordert, also zumindest das tun, was auch anderen auch abverlangt wird. Und genau das tun die Bauern.

Herr Kollege Spindelberger, ich finde es schon ein bisschen bedenklich, wenn jetzt der Vorwurf kommt, man würde nur bei den Bauern etwas tun und die ASVG-Versicherten im Stich lassen. – Das genaue Gegenteil ist der Fall! Es wird ein Solidarbeitrag aus der Tabaksteuer genommen, und zwar – wie Kollege Donabauer schon gesagt hat – anteilmäßig nicht mehr, als ihnen zusteht. Sie leisten selbst einen recht ordentlichen und schwer zu verkraftenden Beitrag mit der Anhebung der Beiträge auf 7,4, um auf gleich zu kommen.

Nun noch ein Wort zum Thema Zusammenarbeit zwischen SVA und SVB: Diese Zusammenarbeit, die wir schon begonnen haben und fortführen werden und die auch in einer gemeinsamen Versicherungsanstalt der Selbstständigen münden wird – die Freiberufler sind ja schon heute bei uns mit drin –, wird kein Beitrag dazu sein können, die Strukturprobleme der bäuerlichen Berufsgruppe in der Krankenversicherung zu lösen, zu sanieren. Das wird eine größere Solidargemeinschaft tun müssen. Es wird das aber ein großer Beitrag dazu sein, die Effizienz des Sozialversicherungssystems weiter zu steigern und vor allem bei den Verwaltungskosten – wo schon viel ge­schehen ist, gerade in unserem Bereich durch die Einführung dieser gemeinsamen Backoffice-Gesellschaft – einen weiteren Schritt zu setzen, um die Verwaltungskosten zu senken. Zu diesem Schritt bekennen wir uns beziehungsweise haben wir uns in einer gemeinsame Vereinbarung auch dazu bekannt, dass wir dazu bis Ende nächsten


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Jahres die erforderlichen gesetzlichen Schritte setzen wollen. Dann werden Sie sehen, dass wir den Beweis antreten, dass wir neben der solidarischen Leistung von uns allen auch einen Beitrag zur weiteren Senkung der Verwaltungskosten bringen werden.

Sie werden sehen: Wir werden all das gemeinsam schaffen und unter einen Hut bringen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

13.14

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Höllerer. – Bitte.

 


13.14

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminis­terin! Werte Kollegen und Kollegen! Ich bin Bäuerin, bin diesen Debattenbeiträgen gefolgt und habe wirklich sehr aufmerksam zugehört.

Auch ich möchte feststellen, dass die Arbeit der Bauern, die für die Gesellschaft sehr, sehr wichtig ist, von der Gesellschaft nicht in vollem Umfang gewertet und erkannt wird. Ich fordere Sie daher auf, Solidarität – und das im wahrsten Sinne des Wortes –walten zu lassen, insbesondere dann, wenn es um die soziale Absicherung der Bauernfamilien geht. Die prekäre finanzielle Situation der Sozialversicherungsanstalt der Bauern im Bereich der Krankenversicherung ist vor allem durch die Aufhebung des Ausgleichsfonds mit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichthofes entstanden. Die gegenwärtige Situation ist aber auch darauf zurückzuführen, dass wir eine sehr, sehr schlechte Versichertenstruktur haben. Immerhin 48,5 Prozent der in der Kranken­versicherung versicherten Bäuerinnen und Bauern sind bereits Pensionisten. In der Gebietskrankenkasse sind nur 31,2 Prozent bereits Pensionisten; die Gewichtung ist dort also wesentlich anders. Auch aus diesem Grund ist es sehr zu befürworten, dass der aliquote Teil aus der Tabaksteuer zur Abdeckung der Probleme im finanziellen Bereich herangezogen werden kann.

Es wurde hier auch immer wieder die Mindestbeitragsgrundlage und deren Absenkung angesprochen, und ich möchte daher noch ganz kurz darauf eingehen: Es handelt sich dabei lediglich um eine Anpassung bei den Optionsbetrieben, und das ist kein spezifisches „Bauern-Privileg“, sondern bloß eine Angleichung an gesetzliche Bestim­mungen, wie sie bereits in anderen Systemen angewendet werden.

Ich möchte noch einmal an Sie appellieren: Unterstützen Sie diese Konsolidierungs­maßnahmen, die aus der Selbstverwaltung der Sozialversicherung der Bauern heraus getroffen werden, bezüglich welcher natürlich großer Konsens mit den Bauern besteht. Sprechen Sie nicht immer davon, dass hier nur alles für die Bauern gemacht wird! Ganz im Gegenteil: Es wird eine Harmonisierung vorgenommen, eine Gleichstellung mit dem Niveau des ASVG, und dadurch entsteht sogar eine Beitragsbelastung für die Bauernfamilien. Diese sind aber bereit, diese Belastung zu tragen, um auch künftig die soziale Sicherheit für die Bauernfamilien gewährleisten zu können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

13.17

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Van der Bellen, Dr. Cap, Kolleginnen und Kollegen, den Gegenstand an den Ausschuss für Arbeit und Soziales rückverweisen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, um ein entsprechen­des Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.


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Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den im Antrag 434/A der Abgeordneten Mag. Tancsits, Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen enthaltenen Gesetzentwurf.

Hiezu hat Herr Abgeordneter Grünewald ein Verlangen auf getrennte Abstimmung eingebracht.

Wir kommen jetzt zur getrennten Abstimmung über Artikel 1 Ziffern 1, 2, 5 bis 7 und 12 bis 14 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich hierfür aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Aus­schussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein bejahen­des Zeichen. – Es ist dies die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Es ist dies ebenfalls mit Mehrheit erfolgt. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

3. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 420/A der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Mag. Barbara Prammer, Josef Bucher, Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Entschädigungsfondsgesetz geändert wird (563 d. B.)

4. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 421/A der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Mag. Christine Lapp, Josef Bucher, Mag. Tere­zija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versöhnungsfonds-Gesetz geändert wird (564 d. B.)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zu den Punkten 3 und 4 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet:

Dafür ist die Berichterstatterin erste Debattenrednerin: Frau Abgeordnete Dr. Baum­gartner-Gabitzer, Sie sind am Wort.

 


13.20

Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Die beiden vorliegenden Anträge – Änderung des Entschädigungsfondsgesetzes und Änderung des Versöhnungsfonds-Gesetzes – haben jeweils eine Verlängerung zum Inhalt. Die Antragsfrist beim Ent­schädigungsfondsgesetz soll bis 31. Dezember 2004 verlängert werden, und beim Versöhnungsfonds-Gesetz geht der Antrag dahin, die Funktionsdauer des Ver­söhnungs­fonds zu verlängern, und zwar bis 31. Dezember 2005.

Beide Anträge werden voraussichtlich – so wurde es zumindest im Ausschuss besprochen, und die Anträge tragen ja auch die Unterschrift von Abgeordneten aller Parteien – einstimmig beschlossen werden. Das gehört zu den zwei Dingen, die ich


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dazu bemerken möchte, und ich möchte das hervorheben: Alle Fragen, die die Ent­schädigung und Restitution von enteignetem jüdischem Vermögen beziehungsweise die Zwangsarbeiterentschädigung betroffen haben, sind von Beginn an im Konsens erledigt worden. Der Beginn war 2000/2001, also zu einem Zeitpunkt, da wir wahrlich sehr turbulente politische Zeiten hatten. Für diesen Konsens möchte ich mich bei allen Fraktionen bedanken.

Ich denke, dass wir dadurch, dass wir in dieser Frage einen Grundkonsens für eine gemeinsame Vorgangsweise haben, auch einen wertvollen Beitrag für einen stabilen Parlamentarismus leisten, weil wir eigentlich doch immer in der Lage sind, Gemeinsamkeiten zu finden und Dinge gemeinsam zu tragen.

Das Zweite ist: Ich möchte hier den Dank an die beteiligten Damen und Herren aus­sprechen, die diese beiden Fonds verwalten. Das ist zum einen – sie sei stellvertretend genannt – Frau Hannah Lessing als Generalsekretärin des Ent­schädigungsfonds mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern; vielen Dank für die sehr kompetente und konstruktive Geschäftsführung – und zum anderen für den Ver­söhnungsfonds Herr Botschafter Ludwig Steiner und Herr Botschafter Richard Wotava mit ihren Mitar­beiterinnen und Mitarbeitern.

Ich selbst bin Mitglied im Kuratorium des Versöhnungsfonds und darf auch immer wieder erleben – ein- bis zweimal im Jahr haben wir Kuratoriumssitzungen –, wie harmonisch und positiv diese Sitzungen ablaufen. Ich meine, dass eine derartige Form der Abwicklung dem Ansehen Österreichs gut tut und auch einen kleinen Beitrag zur Völkerverständigung leistet. Dafür ein herzliches Dankeschön! (Beifall bei der ÖVP.)

13.22

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. – Bitte.

 


13.23

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Staatssekretär! An die Spitze meiner Ausführung möchte ich ebenfalls den Dank an die Mitarbeiter der beiden Fonds richten, die hervorragende Arbeit leisten, wobei diese Arbeit auch international als hervorragend gewürdigt und anerkannt wird.

Selbstverständlich stimmen wir diesen Fristverlängerungen auch zu. Ich möchte ebenfalls betonen, dass es sich hiebei um eine konsensuale Materie handelt, die außerhalb jedes Streits steht. Ich glaube, dass es nur gut ist, wenn man die Frist auf Einbringung der Anträge verlängert, um auch denjenigen, die später davon erfahren haben, noch die Möglichkeit zu geben, Anträge zu stellen. Auf der anderen Seite ist es auch einsichtig, dass verschiedene Arbeiten nachwirken und deswegen eine Verlängerung der Frist notwendig ist, um eine Abwicklung des Fonds zu gewährleisten.

Daher wird auch meine Fraktion – mit dem nochmaligen Dank an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – diesen Anträgen zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.23

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Bucher. – Bitte.

 


13.24

Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als vor vier Jahren das Versöhnungsfonds-Gesetz hier im Nationalrat von allen vier Fraktionen beschlossen wurde, war dies ein sehr eindeutiger und klarer Beweis für die Ver­antwortung unseres Landes gegenüber den Opfern des Nationalsozialismus. Dieser


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Versöhnungsfonds war, glaube ich, ein sehr guter Beweis dafür, wie sehr wir auch die Verantwortung mittragen für das, was in dieser schrecklichen Zeit passiert ist.

Ich meine, dass dieses Gesetz auch wichtig ist, um eine seriöse, relativ aufwen­dungsschonende Abwicklung durchzuführen.

Ich bedanke mich beim Kuratorium, beim Kuratoriumsvorsitzenden ganz ausdrücklich auch namens unserer Fraktion für die Tätigkeit in diesem sehr wichtigen Bereich. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir alle Anträge, die bis Ende dieses Jahres gestellt werden, auch entsprechend rasch und zügig umsetzen, und ich bedanke mich nochmals. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.25

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeord­nete Mag. Stoisits zu Wort. – Bitte.

 


13.25

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Poštovane dame i gospodo! Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! (Abg. Wittauer: Das habe ich jetzt nicht verstanden, Frau Abgeordnete!) – Das kann man alles nachholen!

Ich möchte als erstes ganz herzlich Herrn Botschafter Steiner und Herrn Botschafter Wotava begrüßen, die heute ja hier sind, um zu hören, dass das Ende ihres Auftrages naht (Beifall bei den Grünen), wobei ich glaube, dass beide Herren ja nicht ganz unglücklich sind, denn die letzten Jahre waren für Sie – ich als einfaches Kuratoriums­mitglied komme ja nur zu den Kuratoriumssitzungen – mehr als arbeitsintensiv. Ich meine, dass 96 170 Abwicklungen von Auszahlungen im Rahmen der Partner­organisationen und 26 025 Einzelabwicklungen ja wirklich mehr als ein eindrucksvoller, auch zahlenmäßiger Beweis dessen sind, wie groß die Arbeit war und wie her­vorragend sie in den letzten Jahren abgewickelt worden ist.

Für das Kuratorium des Versöhnungsfonds war es klar, dass die Bitte um Ver­län­gerung des gesetzlichen Arbeitsauftrages des Versöhnungsfonds über das Jahr 2004 hinaus bis zum Ende des Jahres 2005 an den Nationalrat herangetragen wird. Die Parteien haben sofort ihre Zustimmung gegeben und haben sich auch über diesen einen Punkt geeinigt – ich bin jetzt ein paar Minuten zu spät gekommen, weil ich gleichzeitig auch Konventssitzung habe, deshalb weiß ich nicht, ob Frau Dr. Baum­gartner das erwähnt hat –, nämlich nicht nur die Arbeit des Fonds um ein Jahr zu verlängern, sondern ausdrücklich zu betonen, dass sie die Frage über die weitere Mittelverwendung nicht bis zum Ende des neu verlängerten Fonds hinaus­geschoben sehen wollen, sondern mit 31. Dezember 2004 als geklärt ansehen wollen.

Das ist nämlich ein ganz wesentlicher Punkt an dieser Gesetzesnovelle, weil auf der einen Seite die Zeit drängt – jetzt sind zwar wieder die genannten Herren ange­sprochen, aber in erster Linie ist es als Auftrag ans Kuratorium gemeint – und auf der anderen Seite die Summe, um die es da geht und um deren Verwendung sich das Kuratorium Gedanken zu machen hat, eine ganz gewaltige ist.

Ich will jetzt nicht näher darauf eingehen, warum dort noch „so viel Geld“ – unter Anführungszeichen – zur Verfügung steht, um das Wort „übrig bleibt“ zu vermeiden. Es kann aus dem Versöhnungsfonds nichts übrig bleiben. Es muss verwendet werden für Opfer des Nationalsozialismus: seien es jetzt Zwangsarbeiter, seien es Opfer des Nationalsozialismus, die nicht Zwangsarbeiter alleine waren, sondern wofür es auch noch andere Kriterien gibt.

Ich bin sehr optimistisch, dass es hier zu einer Allparteieneinigung im Kuratorium des Versöhnungsfonds kommen wird, wobei „Allparteieneinigung“ jetzt nicht im Sinne von politischen Parteien zu verstehen ist, denn das Kuratorium besteht nicht nur sozusagen


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aus einem kleinen Abbild der politischen Landschaft und Wirklichkeit in Österreich, sondern auch die sogenannten Partnerorganisationsländer sind Mitglieder im Kuratorium, und bisher haben sowohl das Kuratorium des Versöhnungsfonds als auch das Kuratorium des Nationalfonds die Tradition, Beschlüsse im Konsens zu fassen, nicht gebrochen. Deshalb ist es eine wichtige Entscheidung, die wir in den nächsten Monaten hier zu treffen haben, und die Grundlagen hiefür sind nicht ganz einfach.

Zum Nationalfonds möchte ich noch eine Anmerkung machen. Da gibt es jetzt eine Fristverlängerung, bezüglich der es im Rahmen der Diskussion natürlich auch Fragen – vor allem seitens der Kultusgemeinde – gegeben hat: Warum verlängert man die Frist für einen Zeitraum, obwohl absehbar ist, dass das Problem dann wahrscheinlich trotz­dem nicht gelöst sein wird?

Ich habe zur Antwort gegeben: Um den Druck zu erhöhen, beispielsweise auch auf die Bundesländer, entsprechende Maßnahmen zu setzen, Grundlagen zu schaffen, auch gesetzliche Grundlagen, weil wir sonst immer wieder einen in der Sache zwar richtigen, aber was die Finalisierung der Arbeit des Entschädigungsfonds angeht, nicht abseh­baren Zeitablauf haben. Ich hoffe sehr, dass die Bundesländer diesen vom Nationalrat heute ausgesprochenen Wink mit dem Zaunpfahl in Bezug auf die Frist zu würdigen wissen, aber auch im Sinne des Auftrages, den Nationalfondsgesetz und Ent­schädigungsfondsgesetz insgesamt haben.

Danke noch einmal an die Frau Generalsekretärin des Nationalfonds Hannah Lessing! Sie steht jetzt immer ein bisschen im Schatten, weil das der ältere Fonds ist und sie die jüngere Person. Für die Herren ist ein Ende ihrer Arbeit absehbar, für Frau Mag. Lessing ist meiner Ansicht nach noch lange kein Ende ihrer Arbeit absehbar. Aber wenn diese Arbeit in dieser hervorragenden Form weiterhin geschieht, wie das in den letzten nun schon neun Jahren – nächstes Jahr ist das Jubiläumsjahr – abge­wickelt wurde, dann glaube ich nicht, dass es je Gründe zu Beanstandungen geben wird, obwohl ich doch hoffe, dass es einmal keine Auszahlungen mehr geben wird und wir uns allein der Projekt- und der Gedächtnisarbeit im Sinne des gesetzlichen Auftrages widmen können. – Herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.31

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Machne. – Bitte.

 


13.32

Abgeordnete Helga Machne (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Der Österreichische Versöhnungsfonds wurde im Jahr 2000 eingerichtet und erbringt freiwillige Leistungen der Republik Österreich an ehemalige Sklaven- und Zwangsarbeiter des nationalsozialistischen Regimes.

Für die Erarbeitung dieses Gesetzes, welches mit dem heutigen Beschluss bis 31. Dezember 2005 verlängert wird, ist dem Kabinett Schüssel I, bei dem ich noch nicht im Nationalrat war, großer Dank und Anerkennung auszusprechen.

Danken möchte ich aber auch der österreichischen Wirtschaft, die mit ihren Beiträgen zum Versöhnungsfonds mithilft, die grausamen Menschenrechtsverletzungen zumin­dest zu einem kleinen Teil abzugelten.

Seit nunmehr vier Jahren ist Botschafter Dr. Ludwig Steiner, den ich schon lange kenne und den ich in vielen Veranstaltungen schätzen gelernt habe, Vorsitzender des Komitees, welches für die Auszahlungen an die Opfer verantwortlich ist, tätig. Dr. Steiner, selbst ein Betroffener, selbst ein Opfer des nationalsozialistischen Re-


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gimes, hat ganz ausgezeichnete Arbeit geleistet und damit Österreich einen großen Dienst erwiesen und damit auch viel zum Ansehen unseres Landes in aller Welt beigetragen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Lieber Herr Botschafter! So von Tirolerin zu Tiroler: ein herzliches Dankeschön und Gratulation!

Gott sei Dank wurde in den vergangenen vier Jahren seitens der Bundesregierung alles getan, um diesen unrühmlichen Teil unserer österreichischen Geschichte aufzu­arbeiten. So ist es vielleicht für das Hohe Haus von Interesse, dass auch die Stadt Lienz einen Beitrag dazu geleistet hat. Wir haben vor zirka drei Jahren eine Historiker­kommission eingerichtet und sie damit beauftragt, die im Besitz der Stadt befindlichen Egger-Lienz-Gemälde auf ihre Herkunft hin zu überprüfen, und selbstverständlich haben wir dann eines unserer Bilder, welches nachweislich im Besitz der Familie Bernhard Altmann war, an die Enkelin restituiert.

Ich möchte am Ende meiner Ausführungen noch unseren leider verstorbenen Bun­despräsidenten Klestil zitieren, der einmal meinte, in Österreich darf es keinen Platz für aggressiven Nationalismus, Radikalismus, Engstirnigkeit und Intoleranz geben. – Diesen Worten kann ich mich nur vollinhaltlich anschließen. Unsere Zukunft ist, denke ich, ein gemeinsames Europa mit all seiner Vielfalt an Kulturen und Nationalitäten, und diesem Europa wünsche ich viel Erfolg und vor allem Freiheit und Frieden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen..)

13.34

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Posch. – Bitte.

 


13.35

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich kann mich den konsensualen und versöhnenden Gesten meiner Vorred­nerinnen und Vorredner nur anschließen, ebenso den Worten des Dankes an die Damen und Herren in den Fonds für die geleistete Arbeit. Trotzdem denke ich, dass auch Zeit und Platz ist für ein paar durchaus selbstkritische Worte.

Der Gesetzentwurf, so wie er hier liegt, ist nur eine kleine Novelle. Im Wesentlichen geht es um eine Fristverlängerung für die Einbringung von Anträgen auf Leistungen aus den Fonds. Es entstehen durch die Verlängerung der Antragsfrist zusätzliche Kosten, doch sind diese angemessen angesichts des Bemühens der Republik Öster­reich, endlich zu einer Lösung aller offenen Fragen im Zusammenhang mit der Entschädigung der Opfer des Nationalsozialismus zu kommen.

Da möchte ich schon einhaken – damit man auch die Dimension dessen sieht, was entschädigt wird –, wie umfangreich dieser größte Raubzug der Geschichte war, den die Nazis in unserem Land durchgeführt haben. Es handelt sich um insgesamt 200 Milliarden Schilling, die geraubt wurden, und das ist ein gewaltiger Betrag, wenn man ihn in Rechnung stellt gegenüber dieser 1 Milliarde Dollar, die jetzt etwa restituiert wird, und schon gar nicht ist es in ein Verhältnis zu stellen gegenüber Leuten, die drei Jahre, vier Jahre in Konzentrationslagern verbracht oder Sklavenarbeit geleistet haben. Da frage ich mich schon: Wie ist mit diesen bescheidenen Beträgen angemessen Wiedergutmachung zu betreiben?

Österreich hat sich damit einer materiellen und rechtlichen Pflicht entledigt, das ist in Ordnung, die ethische und moralische Dimension des Mordes an 6 Millionen Juden ist gesetzlich und auch mit materieller Entschädigung ohnedies nicht gutzumachen, weil sich in Wahrheit die Einzigartigkeit dieses Verbrechens jeglicher Kategorie des Den­kens entzieht.


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Man muss auch selbstkritisch hinzufügen, dass die Frage der Reparation in der Republik Österreich insgesamt 60 Jahre gedauert hat. Lange Zeit wurde auch eine Mitschuld des österreichischen Volkes, aus der sich eine Pflicht zur Wiedergut­machung ergeben hätte, definitiv abgelehnt, weil dies lange Zeit auch eine Bestätigung für die Opfer des österreichischen Staates als erstes Opfer Hitler-Deutschlands ge­wesen ist. Wozu also etwas gutmachen, wenn man selbst Opfer war? Das ist in Wahrheit auch ein Teil der österreichischen Geschichte und ein Teil der öster­reichischen Wiedergutmachung, wenn man so will.

Dazu kommt auch noch, dass jahrelang eine umfassende moralische, gesellschaftliche und kulturelle Rehabilitierung der Juden, aber auch all jener, die aus anderen Gründen verfolgt wurden, die emigrieren mussten, unter ihnen zahlreiche Wissenschaftler, Philosophen und Intellektuelle, nicht stattgefunden hat. Das wird einem immer wieder schmerzhaft bewusst, wie jetzt vor kurzem, als man vom Ableben eines berühmten Chemikers österreichischer Provenienz in England erfuhr und zur Kenntnis nehmen musste und einem eigentlich bewusst wurde und wird, welchen Aderlass die Republik Österreich hingenommen hat und hinnehmen musste.

In diesem Zusammenhang sei daher all jenen gedankt, die sich positiv um eine Aufarbeitung der Geschichte bemüht haben. Ich erinnere da etwa an den verstorbenen Bundespräsidenten Klestil. Ich habe auch in der Vergangenheit schon immer wieder sein Verdienst gewürdigt, das er in diesem Zusammenhang erbracht hat, weil das eine ganz, ganz wichtige Sache ist.

Schwerer als diese materiell-technische Seite wiegt allerdings nach meinem Dafür­halten die geistige Auseinandersetzung. Und da, glaube ich, stehen wir erst am Beginn der Aufarbeitung, wie viele bedauerliche Vorfälle der letzten Zeit in Deutschland und in anderen Teilen Europas zeigen, wo es einfach eine Kontinuität, xenophoben, rassis­tischen und nationalsozialistischen Denkens gibt und wo man mit Bedauern feststellen muss, dass dieser Kontinent die geistige Restitution noch lange nicht bewältigt hat und dass viele unbewältigte Denk- und Verhaltensmuster fortwirken und auch in Öster­reich – quasi atavistisch aus der Vergangenheit – in jüngster Zeit wieder aufgebrochen sind.

Daher muss man das auch in Rechnung stellen und bedenken, dass es hier noch viel zu tun gibt, unabhängig von dem Positiven, das geleistet wurde, unabhängig davon, dass vieles geschehen ist in der Vergangenheit, dass es zum Beispiel einen Gedenk­tag gegen Rassismus gibt, dass es auch viele andere Initiativen gibt, die die kritische Selbstreflexion fördern, wobei ich der Meinung bin, dass nur kritische Selbstreflexion eine Möglichkeit, eine Chance bietet, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen, die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen – und dass dies das Einzige ist, was wirkt und was wesentlich ist als Voraussetzung zur Abwehr von Xenophobie und Frem­denfeindlichkeit.

Das möchte ich auch hier gesagt haben, ungeachtet der relativ bescheidenen materiellen Wiedergutmachung, ungeachtet dessen, dass ich das anerkennen möchte, aber auch, damit man die Dimensionen dessen sieht, was wirklich passiert ist in diesem Land. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Van der Bellen.)

13.40

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Donabauer. – Bitte.

 


13.41

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren, die Sie heute unsere Debatte mitverfolgen! Hohes Haus! Ich


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gehöre an Lebensjahren gemessen sicherlich zu den Älteren in diesem Haus, hatte aber das Glück, diese schreckliche Zeit nicht erleben zu müssen. Ich bin 1945 geboren, kann also vieles nur verstehen, fühlen, begreifen, weil mir meine Familie viel erzählt beziehungsweise mir auch andere Menschen viel aus dieser Zeit berichtet haben.

Persönlich meine ich, dass wir alle die Pflicht haben, diese Thema immer sehr ernst und kritisch zu sehen und daraus die Lehre zu ziehen, alles zu unternehmen, dass unserem Land und auch der „restlichen“ Welt ähnliche Entwicklungen in Zukunft erspart bleiben. Das muss unsere Aufgabe sein, denn Ansätze gibt es auch heute – wo auch immer –, und das muss ernst und kritisch gesehen werden.

Wenn hier heute gesagt wurde, dass wir so lange Jahre dafür gebraucht haben, dann kann man darüber diskutieren. Ich meine aber, das Positive ist, dass es einen Vier-Parteien-Antrag gab, der diese Entschädigungs- und Versöhnungsfonds-Regulative ermöglicht hat, dass der Initiator sicherlich unter anderen unser Herr Bundeskanzler Dr. Schüssel war, wobei ihn große Persönlichkeiten begleitet haben. Egal, ob es der verstorbene Herr Bundespräsident Dr. Thomas Klestil ist, dessen wir ehrend gedenken, oder der neue Bundespräsident Dr. Heinz Fischer, ob es die National­ratspräsidenten Neisser oder Khol waren oder auch andere: Sie alle haben mitgewirkt, dieses Thema wirklich gründlich zu betrachten und aufzuarbeiten.

Hier geht es jetzt nur mehr darum, eine Frist zu verlängern. Das wird sicherlich gemacht. Ich denke aber, es ist auch unsere Pflicht, all jenen, die sich da in mühsamer Kleinarbeit eingebracht haben, unsere ganz große Anerkennung und unseren Dank auszusprechen. Sie bearbeiten hier, wie ich meine, einen Themenkomplex, einen Bereich, den sich ein „normaler“ Verwaltungsbetrachter gar nicht vorstellen kann. Es geht hier um so viele Emotionen, um so viele Sensibilitäten und so viele Verletzungen! Das muss verstanden werden, und da muss man den Leuten weiterhelfen.

Sie alle haben es ausgezeichnet gemacht. – Herzlichen Dank dafür! Wir begleiten Sie gerne. Wir wollen uns nicht nur bei Ihnen bedanken, sondern bei allen Ihren Mit­arbeitern. Sie haben viel Gutes für unser Land und für viele Menschen getan. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.43

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Lapp. – Bitte.

 


13.44

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Frau Generalsekretärin! Die Herren Botschafter! Ich möchte zum Versöh­nungsfonds-Gesetz sprechen. Als Kuratoriumsmitglied des Österreichischen Ver­söhnungsfonds ist es für mich immer wieder sehr beeindruckend, zu sehen, welch detektivische Kleinarbeit notwendig ist, wenn zum Beispiel keine Partnerorganisationen vorhanden sind.

Die Fonds, die eingerichtet wurden, haben tolle Arbeit geleistet und leisten sie noch immer. Das ist ein kleiner Beitrag zur Wiedergutmachung einer der dunkelsten Zeiten in der österreichischen Geschichte. Ein Dankeschön an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der beiden Fonds!

Die Funktionsdauer des Versöhnungsfonds wird jetzt bis Ende des Jahres 2005 verlängert, damit alles ordnungsgemäß abgeschlossen werden kann. Es bleibt die Frage offen – Kollegin Stoisits hat das schon angesprochen –, was mit dem Geld geschieht, das übrig bleibt. Ich würde dafür plädieren, dass dieses Geld nicht ins


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Budget zurückfließt, sondern weiterhin als Beitrag eingesetzt wird, dieses dunkle Kapitel der österreichischen Geschichte aufzuarbeiten und weiterzubeleuchten.

Allein das detektivische Auffinden eines Menschen in einem sehr entfernten Winkel der Welt, von dem Sie, Herr Botschafter Steiner, letztes Mal erzählt haben, zeigt, dass es wesentlich und wichtig ist, dass all diese Geschichten der Menschen, die jetzt in den Fonds gesammelt werden, nicht zu den Akten geschlichtet werden und dann in irgendwelchen Panzerschränken verschwinden, sondern ganz im Gegenteil: Diese Biographien, diese leidvollen Erfahrungen müssen weiterhin sichtbar gemacht und transparent dargestellt werden.

Deswegen wäre es mir sehr wichtig, dass, sollte beim Versöhnungsfonds Geld übrig bleiben, dieses zur weiteren Aufarbeitung eines der dunkelsten Kapitel in der Geschichte Österreichs verwendet wird. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

13.46

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Lopatka. – Bitte.

 


13.46

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist sehr positiv, wenngleich es einer langen Zeit bedurft hat, dass wir heute hier im Hohen Haus in einer solchen Übereinstimmung zu dieser Beschlussfassung kommen werden.

Für uns ist es selbstverständlich, dass wir den vorliegenden Novellen unsere Zustimmung geben werden, denn das, was die Bundesregierung seinerzeit eingeleitet hat, ist für uns ein staatspolitischer Akt von größter Tragweite. Ich bin mir dessen ganz sicher, dass diese beiden Gesetze – das Versöhnungsfonds-Gesetz und auch das Entschädigungsfondsgesetz – zu den wichtigsten Beschlussfassungen der Bundes­regierung und auch des Hohen Hauses gehören werden, wenn einmal später, in zehn, 20 oder 50 Jahren, die Arbeit dieser Bundesregierung und des Parlaments bewertet wird.

Es war ein freiwilliger Beitrag zur Vergangenheitsbewältigung, wenngleich auch ein notwendiger Akt, der hier gesetzt wurde. Die zahlreichen positiven Reaktionen gerade aus dem Ausland zeigen, wie wichtig es war, diesen Schritt zu setzen.

Mit diesem Gesetz und vor allem mit der Durchführung – da kann ich mich ganz meinen Vorrednern und -rednerinnen anschließen – ist Großartiges geleistet worden. Ich darf allen, die mitgearbeitet haben, auch von meiner Seite sehr herzlich danken: Botschafter Steiner als Vorsitzendem des Komitees, aber auch allen, die im Büro des Versöhnungsfonds tätig sind.

Es wurde heute auch angesprochen, was mit den Restmitteln geschehen soll. Ich gehe davon aus, dass diese Mittel – wie es bei den Leistungen an ehemalige Zwangs­arbeiter ja auch bisher schon gehandhabt wurde – vor allem jenen Opfern zugute kommen sollen, die dringend medizinische Hilfe benötigen, um ihnen wenigstens einen menschenwürdigen Lebensabend zu ermöglichen.

Lassen Sie mich mit einem Zitat schließen. Hans Rauscher, ein kritischer Kommentator der Bundesregierung, der auch immer wieder von Abgeordneten der SPÖ und der Grünen zitiert wird, hat in dieser Frage in einem Kommentar festgehalten:

Die schwarz-blaue Regierung ist hier ein Problem angegangen, das Regierungen mit sozialistischen Kanzlern jahrzehntelang ins bürokratische Nirwana verwiesen bezie­hungsweise mit falschen Behauptungen vernebelt haben. – Zitatende.


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Rauscher hat sehr klar und deutlich festgehalten, dass da eine mutige und richtige Entscheidung getroffen wurde, die heute bei allen vier Parteien im Haus Zustimmung finden wird. – Dafür danke ich Ihnen. (Beifall bei der ÖVP.)

13.49

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Grander. – Bitte.

 


13.49

Abgeordnete Maria Grander (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Wie bereits angesprochen wurde, ist vor fast vier Jahren der Fonds für Versöhnung, Frieden und Zusammenarbeit beschlossen worden. Ich möchte kurz auf diese drei Wörter eingehen:

Versöhnung: Der Fonds ist bemüht, Aktivitäten zu setzen, damit jenen, denen Unrecht auf österreichischem Boden und oft auch durch Österreicher widerfahren ist, die Möglichkeit gegeben wird, sich mit Österreich und den ÖsterreicherInnen versöhnen zu können.

Friede: Ich denke, es braucht hier keine nähere Ausführung dazu, dass der Friede zwischen den Völkern umso dauerhafter und stabiler sein wird, je mehr man sich mit der Vergangenheit beschäftigt und sie aufzuarbeiten bemüht ist.

Zusammenarbeit: Versöhnung und Friede sind Voraussetzung für eine gedeihliche und fruchtbare Zusammenarbeit zwischen den Völkern, und es erfüllt uns mit Genugtuung, dass die Arbeit des Versöhnungsfonds einen wichtigen Beitrag zu dieser Zielsetzung geleistet hat.

Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte an dieser Stelle auch betonen, dass der Versöhnungsfonds als freiwillige Geste der Republik Österreich gegenüber den NS-Opfern auch das Verständnis und die Akzeptanz der österreichischen Bevölkerung braucht. Die Österreicherinnen und Österreicher sollen wissen, dass diese Steuermittel ordentlich und für eine dem Ansehen Österreichs dienende Aufgabe verwendet werden. Es ist auch eine Aufgabe von uns Abgeordneten, dies der Bevölkerung nahe zu bringen.

Auch ich möchte mich dem von anderen Abgeordneten bereits angesprochenen Dank – im Besonderen, als Tiroler Abgeordnete, Botschafter Ludwig Steiner, Botschaf­ter Wotava und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Versöhnungsfonds – anschließen, die hervorragende Arbeit im Dienste einer eminent wichtigen staats­politischen Aufgabe leisten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.51

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich bitte die Damen und Herren, Platz zu nehmen, denn wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Entschädigungsfondsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 563 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Er ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versöhnungsfonds-Gesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 564 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich für diesen Gesetzentwurf aussprechen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Er ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem gegenständlichen Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

5. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (447 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, das Verfas­sungsgerichtshofgesetz 1953 und die Europawahlordnung geändert werden (565 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erste Debattenrednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Fekter. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


13.53

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Auch die Zuhörer möchte ich begrüßen! Mit dieser Novelle werden wir die Bürokratie modernisieren, insbesondere jene der Höchstgerichte. Es ist so, dass der Verfassungsgerichtshof ja erheblichen Belastungen ausgesetzt ist: 7 000 Eingaben pro Jahr, und die Zahl steigt zwar nicht mehr, aber sie sinkt auch nicht wesentlich. Daher ist es notwendig, dass das Parlament die Höchstgerichte legistisch unterstützt und Verbesserungen, die vorgeschlagen werden, umsetzt.

Diese Novelle ist einerseits dazu da, Unklarheiten in den Begriffen, die immer wieder zu hohem Klärungsaufwand geführt haben, zu beseitigen, aber auch neue Tech­nologien zum Einsatz zu bringen. Neu für die Beschwerdeführer – also für die rechtsuchende Bevölkerung – ist, dass Tele-Banking erlaubt ist.

Sie wissen ja, meine Damen und Herren: Wir haben die Stempelmarken schon vor längerer Zeit abgeschafft. Die Einzahlung und die Belege für die Einzahlung haben dann aber doch Bürokratie bedeutet. Da ist es gerechtfertigt, sich auch der neuen, modernen Methoden zu bedienen, sodass nicht nur Überweisungen per Post und per Kreditinstitut zulässig sind, sondern auch Tele-Banking zulässig ist. Es ist das ein moderner Rechtszugang, den wir mit der Novelle selbstverständlich unterstützen.

Die notorische Überbelastung des Verwaltungsgerichtshofes wurde ja bereits mit mehreren Maßnahmen entschärft. Die Unabhängigen Verwaltungssenate – die UVS –, der Unabhängige Finanzsenat – UFS – oder das jüngst eingerichtete Gremium, der Bundesasylsenat, entlasten zwar den Verwaltungsgerichtshof in manchen Bereichen, aber eine Strukturreform ist trotzdem notwendig.


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Im Österreich-Konvent ist darüber in einer eigenen Arbeitsgruppe ganz intensiv diskutiert worden, und es herrscht weitgehend Konsens, dass wir Landesgerichtshöfe für den Verwaltungsbereich brauchen. Noch nicht ganz einig ist man sich darüber, ob es nur neun Landesgerichtshöfe werden sollen oder ob doch das System von neun Landesgerichtshöfe plus einem Verwaltungsgericht für den Bund erster Instanz geschaffen werden soll.

Es sollen damit die 133er-Behörden integriert werden können und der Verwaltungs­gerichtshof, den wir jetzt haben, nur mehr ein reines Revisionsgericht sein. Bis dahin – und das ist Arbeit des Konvents – müssen wir uns mit kleinen Schritten begnügen. Und ein solcher kleiner Schritt ist diese heutige Novelle. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.56

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Prähauser. – Bitte.

 


13.57

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Kollegin Fekter hat in trefflicher Art und Weise die Vorzüge dieser Novellierungen zum Verfassungsgerichtshofgesetz, zum Verwaltungsgerichtshofgesetz und zur Europawahlordnung dargelegt. Dem ist nichts hinzuzufügen – außer der An­merkung, es wäre gut, wenn wir bei allen anderen Gesetzen auch die Möglichkeit des gemeinsamen Konsenses hätten, um für die Betroffenen auch so zu arbeiten, dass es wirklich zu Vereinfachungen kommt.

Wenn man sich vor Augen führt, dass es nicht allzu lange her ist, als wir durch das Abschaffen der Stempelmarke so treffend gesagt haben, das „Pickerlschlecken“ hat sich jetzt aufgehört, die Modernität hat Einzug gehalten, so war es doch ein weiter Weg bis zum Tele-Banking. Es ist aber nicht zu spät, wenn es jetzt geschieht. Diese Novelle zielt in Richtung Verringerung der Bürokratie und Beschleunigung ab, und – was besonders wichtig ist – es wird den Bürgerinnen und Bürgern der Weg, ihren Ver­pflichtungen nachzukommen, sehr vereinfacht. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. Wir werden dieser Gesetzesvorlage zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.58

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

 


13.58

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Dem Bürger den Zugang zu den staatlichen Institutionen zu erleichtern, ist immer ein wichtiges Anliegen, gerade auch bei den Höchstgerichten. Ich glaube, dass es längst notwendig war, nach Abschaffung der Stempelgebühren jetzt auch die Möglichkeit zu geben, die entsprechenden Gebühren über Tele-Banking zu bezahlen, sodass der Staatsbürger nicht erst irgendwelche Postwege in Anspruch nehmen muss. (Abg. Dr. Glawischnig: StaatsbürgerInnen!) – Und natürlich auch die Staatsbürgerinnen, die diese Initiativen zu setzen haben. (Demonstrativer Beifall bei den Grünen.)

Ich glaube, es ist ein kleiner Schritt. Ich war etwas verwundert darüber, wieviel die Frau Kollegin Fekter aus dieser Vorlage herausgelesen hat, gratuliere ihr dazu und hoffe, dass wir noch viele solcher wirklich grundlegenden Verbesserungen für die Staats­bürger (Abg. Mag. Molterer: StaatbürgerInnen!) im Sinne eines besseren und direk-


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teren Zugangs zu den staatlichen Institutionen schaffen können. (Beifall bei den Freiheitlichen, der ÖVP und den Grünen.)

13.59

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. – Bitte.

 


13.59

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Was Kollege Scheibner gesagt hat, wollte ich eigentlich auch alles sagen. Ich kann nur sagen: ja, genau.

Dass der Zugang zu den Höchstgerichten erleichtert wird, ist selbstverständlich auch im Sinne der Grünen. Ich möchte nur eine kritische Anmerkung auch zum Ausschuss selber machen: Wir haben im Ausschuss eine Fülle von Verfassungsanträgen dis­kutiert, die allesamt vertragt worden sind. (Abg. Dr. Fekter: Wegen des Konvents!)

Es ist jetzt bedauerliche Praxis geworden, dass sich der Verfassungsgesetzgeber in diesem Haus de facto verabschiedet hat und irgendwie nur noch auf den Österreich-Konvent hinblickt und wartet, dass dort alles geregelt wird, selbst bei Materien, die dort nicht zu einem Konsens führen können oder dort bereits im Dissens abgehandelt worden sind.

Das ist bedauerlich. Ich würde bitten, diese Praxis zu überdenken. Wir bleiben nach wie vor Verfassungsgesetzgeber, und die Verfassungsgesetzgebung kann jetzt nicht warten, unendlich viel Zeit brauchen und stehen, bis sich der Österreich-Konvent über alle Dinge geeinigt hat.

Ich würde bitten, das ernster zu nehmen und von der unsäglichen Praxis, im Aus­schuss Anträge, die von der Opposition kommen, zu vertagen, Abstand zu nehmen.

Wir werden diesem Gesetz zustimmen. Es ist erfreulich, dass wir einmal einen Vier-Parteien-Antrag haben. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.00

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Langreiter. – Bitte.

 


14.00

Abgeordneter Mag. Hans Langreiter (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Noch kürzer geht es nicht mehr! (Beifall bei der ÖVP.) – Ich werde es versuchen, gebt mir bitte ein paar Sekunden Zeit – aber wie auch immer.

Die Rechtsadressaten sind Recht suchend, und daher ist es natürlich notwendig, dass man Gerichte hat und vor allen Dingen das Ganze ein bisschen dereguliert.

Letztendlich begrüße auch ich, dass künftig die Landesverwaltungsgerichte ein mög­licher Weg sind, damit der Recht Suchende zu seinen Entscheidungen kommt, weil ich glaube, dass es bei einem immer enger werdenden Raum und bei immer komplexeren Sachmaterien notwendig ist, dass auch die Österreicherinnen und Österreicher die jeweilige Entscheidung schnellstmöglich erhalten. (Beifall bei der ÖVP.)

Daher stimmen auch wir zu, keine Frage. Auch ich stimme zu!

Ich möchte mich sehr herzlich bei den Mitgliedern des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes und bei allen Beamten bedanken, die unzählige Fälle zu bearbeiten haben. Das gehört nämlich auch einmal gesagt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.01

 



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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als letzter Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Neugebauer. – Bitte.

 


14.02

Abgeordneter Fritz Neugebauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich nütze diesen Tagesordnungspunkt, um zwei Dinge zu schärfen:

Erstens ist die Personalanforderungsrechnung im Bereich Richter und Staatsanwälte bereits neun beziehungsweise zwölf Jahre alt und bedarf für diesen Personenkreis im Schoße des Justizministeriums dringend einer Überarbeitung.

Zweitens weise ich aus aktuellen Gründen darauf hin, dass es bei den bevorstehenden Budgetverhandlungen auch im Hinblick auf die Personalstände notwendig sein wird, den Fehlbestand, den wir derzeit im Bereiche der Richter – insbesondere bei den Höchstgerichten VfGH, VwGH und beim Obersten Gerichtshof – haben, einer deut­lichen Prüfung zu unterziehen, damit dem Rechtsstaat nicht die Luft ausgeht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.02

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 447 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Er ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 565 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Dies ist ebenfalls einstimmig angenommen. (E 64)

6. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 401/A der Abgeordneten Dr. Andrea Wolfmayr, Mag. Christine Muttonen, Mag. Eduard Mainoni, Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Preisbindung bei Büchern geändert wird und über den Antrag 392/A (E) der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Novellierung der „Änderung der Verordnung zur Be­stimmung jener Güter und Dienstleistungen, die nach dem BG über die Errich­tung einer Bundesbeschaffungs-Gesellschaft mit beschränkter Haftung (BB-GmbH-Gesetz) zu beschaffen sind“ (BGBl 312/2002) (608 der Beilagen)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zum 6. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.


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Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist als Erste Frau Abgeordnete Dr. Wolfmayr. 4 Minuten sind für Sie, Frau Abgeordnete, eingestellt. – Bitte.

 


14.04

Abgeordnete Dr. Andrea Wolfmayr (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Als Schriftstellerin und Buchhändlerin kenne ich den Buchmarkt von den verschiedensten Seiten und seit langen Jahren. Wenn man mir vor zehn Jahren gesagt hätte, dass ich eines Tages Gelegenheit haben würde, mich für die Buchpreisbindung einzusetzen, von der ich aus praktischer Erfahrung heraus schlicht und einfach weiß, dass sie das nützliche und notwendige Mittel zur Erhaltung unserer vielschichtigen und vielfältigen Buchlandschaft ist, dann hätte ich es nicht geglaubt. – Umso mehr freue ich mich, dass wir dieses Grundsatzgesetz, das wir im Jahre 1999 befristet beschlossen haben und an dem ich im parlamentarischen Rahmen mitarbeiten durfte, heute unbefristet verlängern.

Meine Damen und Herren! Wir verlängern dieses Gesetz, weil es sich bewährt hat und aus dem Wissen heraus, dass es ein gutes, praktikables und nachahmenswertes Gesetz ist. Und wir verlängern es nicht in letzter Minute, sondern bereits ein Jahr vor der eigentlichen Befristung, dem 30. Juni 2005.

Ich kann nicht genug betonen: Es ist eine mutige politische Lösung, die von allen vier Parteien getragen und von denen begrüßt wird, die das Kulturgut Buch zu schätzen wissen. Vor allem ist es eine klare Entscheidung des verantwortlichen Regierenden, nämlich die Entscheidung von Staatssekretär Franz Morak, der gewiss nicht wenig Überzeugungsarbeit beim Finanz- und beim Wirtschaftsminister zu leisten hatte. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Alle am Buchmarkt Tätigen – Verlage, Buchhandlungen und Autoren/Autorinnen – begrüßen diese Verlängerung, die ihnen Rechtssicherheit gewährleistet, vor allem aber den Kunden das breit gefächerte, hervorragende öster­reichische Buchangebot bewahrt.

Kurz zur Erläuterung zwei Vorteile, die das veranschaulichen sollen:

Erstens: Verlage können intelligent investieren, indem sie die gute Ertragslage bei auflagenstarken Büchern oder neuen Medien nützen, um neue AutorInnen, neue Titel zu verlegen und kleine Auflagen preiswert anzubieten. Das ist für ein kleines Land mit einem kleinen Markt wichtig.

Zweitens: Kleine Buchhandlungen können Bücher zu den gleichen Preisen anbieten wie große. Das ermöglicht flächendeckende Nahversorgung, noch dazu bei den oft intensiven Beratungsleistungen und dem engagierten und aufwendigen persönlichen Service, der nicht extra abgegolten wird. Diese gleichen Chancen nutzen also den kleinen Anbietern, und dieser Nutzen ist nötig, gerade weil das Buch keine Ware wie jede andere ist: Es transportiert geistige Inhalte und braucht Vermittlung.

Noch ein Satz zur Bundesbeschaffung: Das Problem wurde in zahlreichen Gesprächen zwischen Fachverbänden, Kammern und PolitikerInnen erörtert, und es gab durchaus von Seiten der Bundesbeschaffungs-GmbH und des Finanzministers Verständnis und Entgegenkommen, für das zu danken ist. So können die Bundesschulen weiterhin ihren Bedarf an Fachbüchern und Büchern für die Schulbibliotheken in ihren regionalen Buchhandlungen decken.

Die Sicherung der Arbeit von Klein- und Mittelgewerbebetrieben im Buchhandel ist insbesondere der ÖVP und dem Wirtschaftsbund ein grundsätzliches Anliegen, auch


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73. Sitzung / Seite 113

Wirtschaftskammerpräsident Leitl hat sich dazu sehr positiv geäußert – dafür danke ich. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Zum Schluss kommend: Bücher sind Wirtschafts- und Kulturgüter zugleich. Jüngste Statistiken zeigen bereits die positive Auswirkung des Gesetzes. Ich glaube fest daran, dass dieses Gesetz neben den kulturpolitischen auch hervorragende wirtschaftliche Auswirkungen haben wird. Österreich nimmt mit dem Buchpreisbindungsgesetz eine Vorreiterrolle ein, und darauf können wir stolz sein. (Beifall bei der ÖVP.)

14.08

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. – Bitte.

 


14.08

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Es ist erfreulich, dass wir in einem Vier-Parteien-Antrag der Verlängerung des Buchpreisbindungsgesetzes ohne weitere zeitliche Begrenzung zustimmen können, dass wir dem Gesetz, das 2000 beschlossen wurde, zustimmen können, obwohl es von Seiten der ÖVP durchaus andere Überlegungen dazu gegeben hatte.

Dieses Gesetz hat sich bewährt, und der Fortbestand des Schutzes für die kleinen Verlage oder kleineren Verlage, für die auflagenschwächere Literatur und die kleineren Buchhandlungen ist somit gewährt.

Allerdings, meine Damen und Herren, gibt es einen Haken, und dieser Haken besteht im Gesetz des Finanzministers, im so genannten Bundesbeschaffungsgesetz. Dem­nach sollen Bücher, Zeitschriften und Zeitungen nicht, wie bisher, dezentral bei verschiedenen Buchhandlungen, sondern zentral für alle Bundesstellen bei einem großen Händler – dem Bestbieter mit dem höchsten Rabatt – angeschafft werden. Es geht dabei keineswegs um kulturpolitische Überlegungen des Finanzministers, sondern wieder einmal um einen undurchdachten Versuch, Geld einzutreiben.

Deswegen hat dieses Buchbeschaffungsgesetz bereits im Vorfeld des Verfahrens für beträchtliche Aufregung gesorgt: Erstens wird, wie schon erwähnt, das Buch­preisbindungsgesetz, das heute einstimmig beschlossen werden soll, das von allen als wichtig angesehen wird und mit dem Sie sich, Herr Staatssekretär, gerne schmücken, gleich wieder ad absurdum geführt werden, indem es unterlaufen wird. Das heißt, der Staat untergräbt somit seine eigenen Gesetze. (Abg. Dr. Brinek: Das stimmt doch gar nicht!)

Zweitens gefährden Sie damit die kleinen Buchhandlungen und somit auch die durch­gehende Versorgung der Bevölkerung. – Sie müssen das nur einmal durchdenken, Frau Kollegin Brinek! (Abg. Dr. Brinek: Sie auch!)

Wie wichtig der Zugang zur Literatur und zum Lesen für die Bevölkerung ist, das brauche ich nicht extra zu sagen. Wir alle wissen das besonders seit der PISA-Studie. Selbst die „Neue Zürcher Zeitung“ kommentiert es folgendermaßen:

Ein Staat, der das Kulturgut Buch durch ein weises Preisbindungsgesetz schützen will, um dann selbst auf Schnäppchenjagd zu gehen? – Und stellt ein großes Fragezeichen in den Raum.

Dann steht weiter zu lesen:

Der Staat hat als Auftraggeber einen Geschäftssinn entwickelt, der sich um das kulturelle Spezialistentum im Buchhandel nicht kümmert. – Zitatende. (Abg. Dr. Brinek: Das ist schon alles überholt!)


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Wir schlagen nun in einem Entschließungsantrag vor, die Bücher aus dem Gesetz wieder herauszunehmen. Was machen die Regierungsparteien? – Sie spielen ihr liebstes Spiel, vertagen beziehungsweise verschieben in diesem Fall an den Finanz­ausschuss.

Ich bin der Meinung, dass dieses Gesetz sehr wohl im Kulturausschuss bearbeitet hätte werden sollen, nur dann, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, hätten Sie gleich Farbe bekennen müssen. Herr Staatssekretär! Ich hätte mir mehr Einsatz von Ihrer Seite erwartet. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.11

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Neudeck. – Bitte.

 


14.11

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Liebe Frau Kollegin Muttonen, nicht alles ist undurchdacht, was die Opposition nicht versteht, kann ich nur sagen. Es ist schon so, dass es bei der Bundesbeschaffung um Bücher geht, es geht aber sicher nicht hauptsächlich um die Anzahl jener Bücher, die bei den Buchhandlungen jetzt weniger gekauft werden. Der größte Umsatz erfolgt bei Fachbüchern, die auch bisher von den Verlagen, ob jetzt Manz, Orac oder andere, direkt angeschafft wurden. Das kann also nicht das große Jammern und Sterben auf dem Buchmarkt sein. Noch dazu machen bei der Bundesbeschaffung Bücher, Papier und Zeitschriften nur 0,3 Prozent der Beschaffung aus. Wie gesagt: Es wurden schon vorher 70 Prozent dieser Beschaffungen beim Großhandel direkt eingekauft.

Weiters ist es bei der Bundesbeschaffung so, dass Rahmenverträge beziehungsweise -preise vorgegeben werden. Nach Auskunft der Bundesbeschaffungsagentur ist es den Beamten freigestellt, wenn sie Preise unter den Angeboten der Bundesbeschaffung oder zu gleichen Konditionen bekommen, woanders einzukaufen. Das heißt, es liegt an den Einkäufern, sich darum zu kümmern. Ich finde das positiv, und das war der Grund, dass wir diese Bundesbeschaffungsagentur damals ins Leben gerufen haben, damit nicht jeder zu jedem Preis einkaufen kann, damit nicht jede kleine Dienststelle irgend­etwas ausschreibt, um einen Preis zu bekommen, sondern wir haben jetzt Rahmen­preise. Und wenn man im Rahmen dieser Preise oder darunter liegt, dann kann sehr wohl selbständig eingekauft werden.

Zur Buchpreisbindung ist, so glaube ich, alles gesagt. Dadurch, dass es sich hiebei um einen Vier-Parteien-Antrag handelt, muss ich Sie mit meinem Redebeitrag nicht mehr überzeugen, dem zuzustimmen. Ich finde es wichtig, dass wir diesen Schritt jetzt setzen, denn für uns ist das Buch nicht Ware allein, sondern Kulturgut und soll daher in einem gewissen Preisrahmen geschützt sein. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.14

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. – Bitte.

 


14.14

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Auch die Grünen unterstützen den gemeinsamen Antrag betreffend Streichung der Befristung der Buchpreisbindung im Buchpreisbindungsgesetz. Für uns ist das ein wichtiger Schritt, um insgesamt das Ziel, das wir, glaube ich, gemeinsam vertreten, Vielfalt nicht nur im Bereich des Sortiments der Buchhandlungen, sondern auch Vielfalt an Angebot, an qualitativer Literatur zu haben, sicherzustellen.


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Eine Buchpreisbindung ist natürlich ein diskussionswürdiges Instrument. Das hat sich aber in der Vergangenheit bewährt. Und deswegen unterstützen wir diesen Vier-Parteien-Antrag.

Der zweite Ausschussbericht ist ein negativer Ausschussbericht. Dabei geht es um die Frage, ob die Bundesbeschaffungsagentur tatsächlich auch den gesamten Buchein­kauf des Bundes zentral organisieren soll. Auch da haben wir Sorge, weil letztendlich genau diese zentrale Einkaufsschiene der Grundzielsetzung der Preisbindung zuwider­läuft. Die Preisbindung hat das Ziel, flächendeckend die Versorgung sicherzustellen und den zentralistischen Tendenzen, die es gibt, entgegenzuwirken. Wir haben das in anderen Marktsegmenten und auch schon im kulturellen Bereich: Wenige große Anbieter haben einen Markt fast komplett monopolisiert, zum Beispiel den Musik­bereich. Und diesem Trend wollten wir genau mit diesem Buchpreisbindungsgesetz entgegenwirken.

Der zentrale Einkauf wiederum ist ganz klar diametral zu dieser Zielsetzung gerichtet. Wenn man jetzt damit argumentiert, dass das ohnehin schon teilweise über den Großhandel abgewickelt wird, dann muss man sagen, es bleibt letztendlich immer noch ein sehr großer Bestandteil an Fachbüchern, die über die Buchhandlungen selbst bezogen werden. Ich verstehe es nicht, dass man auf der einen Seite die Zielsetzung Vielfalt vertreten und auf der anderen Seite das beschließen kann, was dem diametral widerspricht.

Technisch wäre es ganz einfach, indem man die Buchbeschaffung per Verordnung aus der Bundesbeschaffungsgesellschaft herausnimmt und es weiter so belässt, wie es ist. Ich glaube ohnehin nicht, dass da sehr viele Einsparungseffekte möglich sind, weil es, wie gesagt, durch die Preisbindung ohnehin geregelt ist.

Insgesamt ist das Gesetz wenig durchdacht, und ich finde die Argumente, dass man der Ausnahme per Verordnung des Finanzministeriums nicht Folge leistet, sehr bedauerlich. (Beifall bei den Grünen.)

14.16

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet ist Herr Staatssekretär Morak. – Bitte.

 


14.16

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Ich möchte einige Sachen, die jetzt gesagt wurden, nicht so im Raum stehen lassen.

Erstens: Ich beanspruche das Gesetz nicht als Ruhmesblatt für mich, sondern möchte an dieser Stelle noch einmal betonen: Das ist ein Vier-Parteien-Antrag also ein von allen Parteien unterstütztes Gesetz. Dieses Gesetz wird hier im Parlament beschlos­sen, das Lob gebührt Ihnen, meine Damen und Herren! Ich schenke es Ihnen, sollten Sie der Meinung sein, ich hätte es beansprucht.

Das Zweite ist: BBG heißt nicht, wie Sie sagten, Frau Muttonen, Buchbeschaffungs­gesetz, sondern Bundesbeschaffungs-GmbH-Gesetz! (Abg. Bures: Sehr witzig!) In der erwähnten Ausschreibung im Finanzministerium war natürlich die Einhaltung des Buchpreisbindungsgesetzes vorgeschrieben.

Das Dritte ist: Ich möchte dazu nur Folgendes sagen, damit auch die Legendenbildung, was den ehemaligen ÖVP-Standpunkt betrifft, teilweise gestoppt wird: Ich schaue mir die Beurteilung an, welche die Arbeiterkammer, die Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte gemacht hat. Sie wandte sich gänzlich gegen das Buchpreisbindungs­gesetz und bemängelte vor allem die zu niedrigen Rabattmöglichkeiten sowie die zu lange Dauer der Preisbindung für ein bestimmtes Buch.


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Noch einmal, meine Damen und Herren: Sie im Parlament haben der Verlängerung zugestimmt, es ist Ihr Gesetz. Ich gratuliere Ihnen dazu, und ich hoffe, Sie stehen auch heute dazu. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.17

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Mitterlehner. – Bitte.

 


14.17

Abgeordneter Dr. Reinhold Mitterlehner (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte an den Redebeitrag des Herrn Staatssekretärs anknüpfen und muss sagen: Frau Muttonen, Sie haben da einige Sachen verwechselt.

Im Jahre 2000 – wenn Sie sich daran erinnern – war es nicht so, dass etwa von Ihnen oder Ihren Kollegen der Antrag eingebracht wurde, den Buchhandel entsprechend zu schützen, sondern im März des Jahres 2000 vertrat man im Ausschuss die Auffassung, dass doch eigentlich alles der Zeit entgegenstehend sei. Wir haben doch ganz andere Vertriebsformen, insbesondere den Internet-Handel. Und eine große Firma, die es heute in dieser Form nicht mehr gibt, vor allem den Geschäftsführer gibt es nicht mehr, hat massive Einwendungen erhoben. Heute ist es so, dass es diese Firma nicht mehr gibt, aber den Buchhandel gibt es erfreulicherweise immer noch.

Es ist auch der Zusammenhang, der hergestellt wurde, dass die Bundesbeschaffungs­agentur der Wermutstropfen sei, falsch, denn man kann nicht beides haben. Die Buchpreisbindung gilt nämlich auch im Zuge der Beschaffung, und die Beschaffung bezieht sich nur auf die nicht preisgebundenen Bücher und Zeitschriften. Sämtliche Ausschreibungen haben sich auf diese Richtung bezogen. Und deshalb, weil jemand nicht in der Weise angeboten hat, gibt es ihn auch in einer bestimmten Funktion nicht mehr. Daher sollte man das eine nicht mit dem anderen vermischen.

Was wir aber sehen sollten und was besonders positiv ist, weil das ein befristetes Gesetz war, ist, dass die Struktur im Buchhandelsbereich stabil geblieben ist. Wir haben derzeit, genau wie vor einigen Jahren, rund 1 000 Buchhandlungen, und 90 Prozent dieser Buchhandlungen sind im regionalen Bereich angesiedelt. Daher stimmt die Richtung: Wenn ich eine regionale Struktur haben will, wenn ich Vielfalt haben will, dann muss ich diese Buchpreisbindung verlängern. Dazu haben sich jetzt alle bekannt, wunderbar!

Meine Damen und Herren! Im Endeffekt ist es eine kulturpolitisch richtige Maßnahme, aber auch von der Struktur her eine wirtschaftspolitisch richtige Maßnahme. (Beifall bei der ÖVP.)

14.20

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Reheis. – Bitte.

 


14.20

Abgeordneter Gerhard Reheis (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Zunächst ist es sehr erfreulich, dass dieses Gesetz, das an und für sich nur auf fünf Jahre befristet war, heute eine Verlängerung erfährt. Wenn man sich vorstellt, dass Groß­buchhandlungen, Großhändler auf diesem Sektor ansonsten Massenware verschleu­dern könnten und das zu Lasten der Bücher, der Qualität und der Vielfalt geht, würde das übrig bleiben, was die „Neue Zürcher Zeitung“ geschrieben hat. Es blieben nämlich zum Beispiel nur mehr Publikationen folgender Titel übrig: „Mehr Spaß beim Sex“, „Wie spare ich noch mehr Steuern?“ oder „Mein Freund, der Dachshund“.


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Meine Damen und Herren! Sollte es sich in diese Richtung entwickeln, dann wäre das wohl ein Armutszeugnis!

Bücher sind nicht nur eine Handelsware, sie verkörpern tatsächlich kulturelle Werte, Meinungsfreiheit sowie die Freiheit der Lehre und der Forschung. Deshalb gehören literarische Produktionen geschützt und gefördert. Mit der Buchpreisbindung wird dafür gesorgt, dass die Zahl der Publikationen nicht sinkt und die kulturelle Vielfalt erhalten bleibt.

Es ist auch erfreulich, dass das Europäische Parlament in seiner Entschließung vom 16. Dezember 1999 unter anderem bekräftigt hat – ich zitiere –„..., daß das Buch ein Wirtschafts- und Kulturgut zugleich ist“.

Weiters sagt das Europäische Parlament:

„Die Buchpreisbindung, die es in einer Reihe von Mitgliedsstaaten gibt, sichert die Existenz einer Vielzahl unabhängiger Verlage. (...) Sie sichert ohne direkte oder indirekte staatliche Hilfe ein dichtes Netz von Buchhandlungen.“

Aber es ist auch darauf zu achten, meine Damen und Herren, dass die länder­übergreifende Buchpreisbindung unbedingt notwendig ist. Würde in einem Land die Preisbindung fallen, so würde sie wahrscheinlich auch im Nachbarland nicht zu halten sein.

Auch das Lesen eines guten Buches gehört stärker gefördert. Österreich ist leider laut PISA-Studie und anderer Studien nicht gerade ein hervorstechendes Leseland. Nur 13,5 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher haben im Jahr 2002 das Angebot öffentlicher Büchereien genutzt, während zum Beispiel im Siegerland der PISA-Studie zur Lesefähigkeit, Finnland, ganze 47 Prozent der Bevölkerung eingeschriebene Mitglieder sind und davon 65 Prozent zumindest fünf Mal und wenigstens 80 Prozent ein Mal im Jahr eine Bibliothek besuchen. Im Gegensatz dazu wurde in der PISA-Studie extra darauf hingewiesen, dass Österreich eine schwache Infrastruktur bei den Bibliotheken und Büchereien aufweist.

Es ist daher nicht verwunderlich, dass es in Österreich laut Schätzungen zwischen 300 000 und 500 000 Analphabeten gibt. Da zeigt sich, dass offensichtlich die Motivation zum Lesen fehlt, ein ausreichendes Büchereiangebot fehlt und auch der politische Wille, diesen Missstand zu beheben, fehlt.

Der Dichter und Lyriker Boris Pasternak sagt: „Das Buch ist wie ein Lebewesen.“ 

Meine Damen und Herren, richten wir uns danach! (Beifall bei der SPÖ.)

14.23

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. – Bitte.

 


14.23

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist schön, wenn so viel Freude über ein Gesetz herrscht wie über das heutige. Den Vorteil davon hat das Buch, das Kulturgut Buch. Das ist deshalb sehr positiv, denn der Trend geht ja nicht in Richtung zum Buch, sondern – ganz im Gegenteil, wie schon Kollege Reheis gesagt hat – eigentlich weg vom Buch, weil Fernsehen und Computer quasi Konkurrenzartikel zum Buch sind.

Ich finde es besonders positiv, dass sich die EU mit der Buchpreisregelung befasst beziehungsweise vom Europäischen Parlament eine Initiative an die Kommission dahin gehend gestartet worden ist, dass es in ganz Europa zu einer einheitlichen Regelung kommt.


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Herr Staatssekretär! Nachdem uns avisiert worden ist, dass diese Vereinheitlichung im EU-Raum sehr langsam voranschreiten wird, bitte ich Sie, im Rahmen Ihrer Möglich­keiten Druck darauf auszuüben, dass es eben rascher zu dieser Vereinheitlichung der Buchpreisregelung in Europa kommt.

Wir sehen ja, dass andere Länder wie beispielsweise Großbritannien einen Weg gehen, der uns nicht gefällt. Dort wird sogar überlegt, dass die Verlage nicht mehr den vorgegebenen Preis auf den Buchdeckel stempeln sollen, was natürlich einen Nachteil für die Buchhändler und für die Autoren bringt. Da es dann keine Preisvorgabe mehr für die Buchhändler gibt, wird es unter Umständen so sein, dass es zu Supermarkt­aktionen kommt, worunter in der Folge die ganze Kette, die mit einem Buch verbunden ist, leidet.

Das heißt, die Gefahren für das Buch sind an und für sich sehr groß. Wir kommen gerade recht mit unserem heutigen Gesetz, mit dem Wegfall dieser Frist. Ich glaube, wie gesagt, wir sollten allen Einfluss geltend machen, damit wir auch in Europa in diese Richtung gehen.

Allerdings, Herr Staatssekretär, möchte ich Sie auch um Folgendes bitten: Diese Preisbindung darf nicht zu einem Freibrief für die Verleger werden, sondern muss dazu führen, dass ein Buch nach wie vor erschwinglich ist. Ich registriere eigentlich immer wieder mit Befremden, dass gerade bei Taschenbüchern der Preis ziemlich hoch ist. Im Verhältnis zu früheren Jahren, als das Taschenbuch preiswert war, muss man jetzt für ein solches ganz schön viel Geld hinlegen.

Es gibt noch sehr viel für das Buch zu tun. Wir haben heute einen guten Schritt getan, und wir werden auf alle Fälle zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.26                                                                                                                  

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Zinggl. – Bitte.

 


14.26

Abgeordneter Wolfgang Zinggl (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist doch schön, wenn man an seinem ersten Tag im Parlament gleich zu dem Thema sprechen darf, das einem besonders am Herzen liegt, nämlich zur Kultur. Es ist dann noch schöner, wenn es genau zu diesem Thema Kultur einen Vier-Parteien-Konsens im Zusammenhang mit der Buchpreisbindung gibt. Diese Buchpreisbindung scheint mir deshalb so wichtig zu sein, weil sie unabhängig davon, dass sie diese kleinen Verlage schützt und stützt, einen Grundsatz in der Kulturpolitik stärkt, nämlich jenen der Vielfalt.

Es geht uns Grünen einfach darum, dass man nicht mit dem wild gewordenen Rasenmäher des Geschäftemachens in der Kultur über alles drüberfährt, mit Dumping, mit Rabatten und so weiter, sondern es geht darum, dass man manche schützens­werte Pflanzen in seinem Garten tatsächlich beobachtet, schätzt und schützt. Es ist besonders erfreulich, dass es heute eine Vier-Parteien-Einigung hiezu gibt.

Aber umgekehrt gibt es in diesem Zusammenhang auch einen anderen Antrag, nämlich den Antrag betreffend Änderung des zentralen Beschaffungsgesetzes im Buchhandel. Dieser hat jetzt den Effekt, den auch die Buchpreisbindung haben könnte. Da dürfte es nun aber keine Einigung geben. (Abg. Dr. Brinek: O ja!) Das kann ich irgendwie nicht verstehen. Während wir uns nämlich vordergründig auf den Schutz der Literatur einschwören, kreuzen einige hinter dem Rücken schon die Finger und überlegen, was da vielleicht in Richtung Marktkompetenz für einzelne zentrale Stellen besser gemacht werden könnte. (Abg. Dr. Wolfmayr: Das stimmt nicht!)


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Mit einem zentralen Einkauf wird genau genommen den Buchhändlerinnen und Buchhändlern ihr zweifelsohne ohnehin kärgliches Geschäft noch einmal reduziert. Da kommt es auf jeden Fall zu Einbußen, und zwar nicht nur wirtschaftlicher Natur. Wenn die nämlich eines Tages doch kollabieren, ist das schlecht. Irgendwann gibt es das nicht mehr, dass man sich tagtäglich selbstausbeuterisch hinstellt und dann immer noch eine drüberkriegt.

Gerade in den Bundesländern, werte Kolleginnen und Kollegen, ist es doch so – das wissen Sie wahrscheinlich –, dass diese Buchhändler und Buchhändlerinnen noch ganz andere Arbeit leisten. Da gibt es Lesungen, da gibt es Musik, da gibt es Präsentationen. Wenn sie weniger Geschäft machen, also wenn sie kaum mehr existieren können, dann geht eine Art von kultureller Vielfalt verloren, die heute nur indirekt besprochen wurde. Ich würde Sie bitten, darauf Rücksicht zu nehmen – von Bludenz bis Marchegg. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es kann doch nicht der Sinn einer vernünftigen Kulturpolitik sein, einerseits sozusagen mit dem Argument der Vielfalt die Verlage zu erhalten und andererseits dann diese Buchhändler und Buchhändlerinnen in den Schwitzkasten zu nehmen – und das alles mit dem Argument des Sparens. Man muss sich schon überlegen, ob da nicht vielleicht Geld übrig bleibt, das zuletzt in die Struktur- und Verwaltungskosten dieser Bun­desbeschaffungs-Gesellschaft zurückfließt.

Aber so etwas Zynisches würde ich jetzt gar nicht einmal glauben, sondern ich glaube eher, dass Sie diese Sache noch nicht wirklich ganz durchgedacht haben. Es war ja auch bei der Buchpreisbindung so ähnlich. Ich kann mich erinnern, dass die ÖVP ja ursprünglich nicht unbedingt ein Freund dieser Buchpreisbindung war, sich das aber im Zuge der Entwicklungen noch einmal genauer angesehen hat. Jetzt könnte man das Gleiche auch auf diese Sache übertragen.

Überdenken Sie das noch einmal! Versuchen Sie, sich da eine Orientierung zu geben! Das ist ein Punkt in der Kulturpolitik, der die Kulturschaffenden des Landes nervös macht: Es gibt da überhaupt keine Struktur, keine Richtlinien, keine wirklichen Ziele, es geht drunter und drüber, man weiß diesbezüglich eigentlich überhaupt nichts. Es gibt da ein Hin und Her, einmal ist es das, dann wieder etwas anderes, was man will, und das andere auch nur halb, und so weiter.

Eine solche Politik führt, so glaube ich, letzten Endes zu nichts, auch und gerade in der Kulturpolitik zu nichts! Ich bitte Sie daher: Überlegen Sie sich das noch einmal! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.30

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Pack. – Bitte.

 


14.31

Abgeordneter Jochen Pack (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Wie Kollege Reheis vorhin bereits erwähnt hat: Nicht nur in Österreich, sondern in allen Institutionen der Europäischen Union besteht Einigkeit darüber, dass Bücher nicht nur eine Handelsware sind, sondern kulturelle Werte verkörpern sowie die Meinungsfreiheit und die Freiheit von Lehre und Forschung garantieren.

Nicht nur in Österreich, sondern auch in sehr vielen anderen Ländern der EU gibt es daher eine Preisbindung von Büchern. Das österreichische Modell wurde in vielen Fällen als Vorbild herangezogen. Wie bereits erwähnt, steht dahinter die Überzeugung, dass nur durch preisgebundene Bücher dafür gesorgt wird, dass die Anzahl der


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73. Sitzung / Seite 120

Publikationen nicht sinkt – und dass selbstverständlich auch die kulturelle Vielfalt erhalten bleibt.

Die Verlage werden dazu ermutigt, dass sie nicht nur kommerziell erfolgreiche Bücher – wie „Mein Freund, der Dachshund“ zum Beispiel – auflegen, sondern dass sie auch kulturell wertvolle und kleinere Editionen auf den Markt bringen. Somit kann im Endeffekt garantiert werden, dass die hohe Qualität unserer Literatur weiterhin aufrechterhalten bleibt.

Außerdem gewährleistet die Preisbindung aber auch eine flächendeckende Versor­gung der Verbraucher mit den Büchern, da sich dadurch eine höhere Anzahl von kleinen Buchhandlungen auf dem Markt behaupten kann, speziell auch in den einzelnen Bezirken Österreichs.

Was vor allem auch wichtig ist, was jedoch immer wieder vergessen wird – Frau Kollegin Wolfmayr hat es kurz erwähnt –: Die Preisbindung ist nicht nur wichtig für die Händler und Verleger, sondern sie ist vor allem auch wichtig für die Schriftsteller, wobei eine Preisbindung insbesondere auch für junge Schriftstellerinnen und Schriftsteller wichtig ist, denn diese hätten, gäbe es keine Preisbindung, das noch größere Problem, geeignete, ja überhaupt einen Verleger zu finden.

Aus diesem Grund kann man diesen Vier-Parteien-Antrag an und für sich nur befürworten, und wenn man sich diesen anschaut und die zwei kleinen Sätze sieht, die darin erwähnt sind, muss man dazu sagen: Das bedeutet für die heimischen Buch­händler, für die Verleger, für die Konsumenten sehr, sehr viel.

Daher: In diesem Falle gibt es nichts Besseres, als dieser Vorlage zuzustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

14.33

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Fleckl. – Bitte.

 


14.33

Abgeordnete Anita Fleckl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Bücher sind nicht nur Handelsware, Bücher sind auch Kulturgüter. Daher sind auch Verleger und Buchhändler nicht nur Unternehmer, sondern auch Kulturvermittler. Dieser Aspekt macht also deutlich, dass der Buch­handel nicht nur unter kommerziellen Gesichtspunkten betrachtet werden darf.

Die Buchpreisbindung ist ein historisch gewachsenes Phänomen, das sich jahrzehn­telang bestens bewährt hat. Und so soll es auch bleiben!

Das Buchpreisbindungsgesetz wurde noch vor einigen Jahren als Übergangslösung, eben vor einer völligen Marktliberalisierung, betrachtet. Dass dies heute nicht mehr so gesehen wird, hat mehrere Gründe: Zum einen hat auch Deutschland, wenn auch mit zweijähriger Verspätung, ein diesbezügliches Gesetz beschlossen, das sich an der österreichischen Regelung orientiert – Deutschland ist ja bei der Buchpreisbindung unser wichtigster Verbündeter in der EU –, zum anderen hat auch die EU die nationalen Buchpreisbindungssysteme mittlerweile anerkannt, sofern es sich nicht um grenzüberschreitende Preisbindungen handelt.

Erfahrungen aus anderen Ländern, welche die Buchpreisbindung aufgegeben haben, zeigen, dass zwar ein kleiner Teil der Neuerscheinungen billiger wird, während sich jedoch die übrigen Bücher verteuern oder aus Kostengründen gar nicht mehr erschei­nen. Fazit: Das Angebot geht zurück; der Gesamtumsatz bleibt gleich, weil eben die Preise ausgerechnet bei jenen Büchern gedrückt werden, die sich auch zu einem


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73. Sitzung / Seite 121

höheren Preis verkaufen ließen. Und solche Entwicklungen wollen wir in Österreich ganz sicherlich nicht.

Wie sieht da die Situation im Vorzeigeland der freien Marktwirtschaft, in den USA aus, wo es keine Buchpreisbindung gibt? – Außerhalb der großen urbanen Zentren sind Buchhandlungen sehr selten geworden, da große Ketten traditionelle Buchhandlungen zunehmend verdrängen.

Allein der folgende Vergleich sollte uns zu denken geben: Die Zahl der jährlichen Neuerscheinungen liegt pro Kopf in Deutschland zwei- bis dreimal so hoch wie in den USA. Genau dieses Niveau gilt es aufrechtzuerhalten!

Ich denke, das Buchpreisbindungsgesetz hat sich in den letzten Jahren bewährt und ist mit dem Gemeinschaftsrecht kompatibel. Vor vier Jahren von manchen in diesem Haus noch als „Relikt“ abgewertet, stellt dieses Gesetz heute ein bewährtes Instrument dar, das den kulturellen Besonderheiten des Buches Rechnung trägt.

Ich freue mich, dass dieser Antrag heute von allen Fraktionen mitgetragen wird. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Wolfmayr.)

14.36

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Freund. – Bitte.

 


14.36

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Auch ich möchte mich zum Thema Buchpreisbindung zu Wort melden. Vor vier Jahren, also im Jahre 2000, wurde im Parlament ein sehr wichtiges Gesetz für das Überleben von Verlagen, Buchhändlern und Autoren beschlossen. Damals wurde das Gesetz noch bis 30. Juni 2005 befristet. Heute geht es darum, diese Befristung aufzuheben – und das bereits ein Jahr vor deren Ablauf.

Mit diesem Gesetz soll verhindert werden, dass große Buchhandelsketten den Buch­preis drücken und somit kleine Verlage, kleinere Buchhandlungen unter massiven Druck geraten. – Natürlich könnte man sich jetzt fragen, ob eine Preisbindung im Zeitalter der Globalisierung und Liberalisierung angebracht ist. Die Antwort auf diese Frage ist in diesem Fall meiner Ansicht nach ein eindeutiges Ja, denn: Bücher sind nicht irgendeine Ware, sondern sind ein Kulturgut! Auch wenn immer mehr Information aus dem Internet geholt wird, werden Bücher dennoch immer einen sehr hohen Stellenwert in unserer Gesellschaft haben.

Auch wenn das Buch des Öfteren totgesagt wurde, stellt es selbstverständlich immer noch einen wesentlichen Bestandteil unseres kulturellen Lebens dar. Auf dem Buch­sektor herrscht eine sehr hohe Vielfalt. Egal, ob wissenschaftliche Literatur, klassische Werke, Kriminalromane oder philosophische Werke: Für jeden Geschmack ist etwas dabei!

Die Buchpreisbindung leistet einen wesentlichen Beitrag dazu, dass diese Vielfalt, wie sie heute gegeben ist, erhalten bleibt, indem so genannte Bestseller die Produktion und den Vertrieb von nicht so gängiger Literatur mitfinanzieren helfen.

Kleinere und mittlere Buchhandelsbetriebe könnten in der neuen Marktsituation nicht mehr mithalten. Das Gesetz über Preisbindung bei Büchern, mit der Festsetzung der 5-Prozent-Grenze bei Rabatten, war eine wichtige Maßnahme, um dem entgegen­zuwirken.


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Ich freue mich daher, dass dieser Antrag auf Anhebung der zeitlichen Befristung der Buchpreisbindung von allen Parteien unterstützt wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.38

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Krist. – Bitte.

 


14.39

Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Es ist sehr erfreulich, dass wir hier, wenn auch eher selten, ein Thema behandeln, zu dem es einen breiten Konsens, und zwar über alle Partei­grenzen hinweg, gibt, wie das eben beim Bundesgesetz über die Preisbindung bei Büchern der Fall ist. Das Buch ist ein wichtiges demokratisches und ideelles Kulturgut unserer Gesellschaft, mit dem grundlegende Werte unserer Verfassung, nämlich Meinungs- und Informationsfreiheit, gefördert werden. Deshalb ist es sehr wichtig, das Kulturgut Buch in diesem Sinne zu schützen, dieses nicht als übliche Handelsware zu betrachten und es dem marktorientierten Wettbewerb zu unterwerfen.

Sämtliche, langjährig vorangegangene, teilweise auch emotional geführte Kontro­ver­sen der Gegner und Befürworter einer Buchpreisbindung haben deutlich gezeigt, welchen Stellenwert das Kulturgut Buch sowohl in unserer nationalen als auch in der europäischen Gesellschaft hat.

Die Buchpreisbindung hat sich als Garant für eine kulturell ausgesprochen wertvolle Weiterentwicklung der österreichischen Literatur erwiesen. Kleinere österreichische Verlage und kleinere Buchhandlungen, die insbesondere vom Prinzip, das Buch als kommerzielle Massenware anzusehen, Abstand genommen haben, wurden so unzweifelhaft in ihrem Bestand gesichert. Importierte Bücher sind ebenso der Buch­preisbindung unterworfen. Dies garantiert, dass internationale Bestseller-Literatur nicht zu Dumpingpreisen in den großen Handelsketten verkauft werden kann. Kleinere Buchhandlungen, die sich diesen Niedrigstpreisen nicht oder nur sehr schwer anpas­sen können, haben daher auch interessanterweise die Chance, Literatur von weniger bekannten, insbesondere aber österreichischen Autorinnen und Autoren uns Kon­sumenten zum Kauf anzubieten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Besonders wichtig ist hiebei auch, dass dadurch sehr viele Arbeits- und Ausbildungsplätze erhalten werden konnten, in einer Branche, in der der Neoliberalismus keinen Schaden anrichten konnte, eine Branche, in der nicht der kleine Händler den großen Handelsketten weichen musste. Die öster­reichische Literatur und die österreichischen Verlage sowie kleinere Buchhandlungen können uns damit erhalten bleiben und weiterhin gefördert werden.

Hier wurden wichtige kulturelle Werte vor Profitinteressen gestellt. Marktwirtschaftliche Interessen wurden hinter wichtige gesellschaftliche Grundsätze gestellt. Das ist ein Sieg für unsere Kultur, ein Sieg für das Buch, ein Sieg für elementare Werte unserer Verfassung.

Das Buchpreisbindungsgesetz hat sich bewährt, das Europäische Parlament steht diesem Gesetz sehr positiv gegenüber. Es freut mich, dass alle Fraktionen hiebei zusammenwirken. Die Aufhebung dieser Befristung ebnet den Weg für eine positive Weiterentwicklung für das Kulturgut Buch. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.42

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Sonnberger zu Wort gemeldet. – Bitte.

 



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73. Sitzung / Seite 123

14.42

Abgeordneter Dr. Peter Sonnberger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Geschätzter Abgeordneter Reheis, Sie haben vom Leseverhalten gesprochen: Jawohl, hier könnten wir durchaus besser liegen, wenn man das international vergleicht.

Ich möchte aber heute diese Gelegenheit ergreifen, im Rahmen der Buchpreisbindung unseren ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im österreichischen Bibliothekswesen zu danken! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ und der Grünen.)

Tausende ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter versorgen die Bevölkerung mit der Infrastruktur „Bibliothek“. Ich glaube, es ist heute wirklich ein guter Tag, dafür ein Dankeschön zu sagen.

Das Bundesgesetz über die Buchpreisbindung wurde im Jahr 2000 bis zum 30. Juni 2005 befristet. Die wesentlichen Ziele dieses Gesetzes waren die Aufrechterhaltung der Büchervielfalt, die Aufrechterhaltung der Vielfalt von Verlagen und Buchhand­lungen, die Produktion von qualitativ hochwertigen Inhalten und eine flächendeckende Versorgung. – Und wenn man hört, dass es heute nach wie vor 1 000 Buchhandlungen gibt, so kann man sicher davon ausgehen, dass diese Ziele im Wesentlichen erreicht wurden. Daher wird die Befristung der Geltungsdauer des Buchpreisbindungsgesetzes mit diesem heutigen Beschluss aufgehoben.

Auf EU-Ebene hat das Europäische Parlament im Mai 2002 den Gedanken der gesetzlichen Buchpreisbindung positiv beurteilt; die Kommission hat jedoch noch keine entsprechenden Maßnahmen gesetzt. Wir sollten uns dafür einsetzen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der SPÖ.)

14.43

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 608 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Gesetz­entwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Kulturausschusses, den Bericht hinsichtlich des Entschließungsantrages 392/A (E) zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Es ist dies mehrheitlich angenommen.

Ich weise den Entschließungsantrag 392/A (E) dem Finanzausschuss zu.

7. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (495 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Abgeltung von Prüfungs­tätigkeiten im Bereich des Schulwesens mit Ausnahme des Hochschulwesens


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und über die Entschädigung der Mitglieder von Gutachterkommissionen gemäß § 15 des Schulunterrichtsgesetzes geändert wird (570 d.B.)

8. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (496 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 25. Feber 1988, BGBl. Nr. 145, über das Unterrichtspraktikum geändert wird (571 d.B.)

9. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (497 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Abgeltung von bestimmten Unterrichts- und Erziehungstätigkeiten an Schulen im Bereich des Bundesminis­teriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur und des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft geändert wird (572 d.B.)

10. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 67/A (E) der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Lehramtszeugnis für Behin­derte (576 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zu den Punkten 7 bis 10 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird. Diese Debatte wird mit Gebärdensprach-Dolmetschung begleitet.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Amon. Die Uhr ist wunschgemäß auf 4 Minuten eingestellt. (Abg. Dr. Cap: Zu kurz! Viel zu kurz! – Rufe bei der SPÖ: Gebt ihm 10 Minuten! – Abg. Dr. Cap: Wir wollen 10 Minuten!)

 


14.46

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir behandeln heute eine Reihe von Vor­lagen aus dem Unterrichtsausschuss, die wir in zwei Blöcken zusammengefasst haben und nun diskutieren.

Im ersten Block werden das Prüfungstaxengesetz, das Unterrichtspraktikumgesetz und das Lehrbeauftragtengesetz geändert. Wir behandeln auch eine wichtige Ent­schließung im Zusammenhang mit der Thematik Lehramtszeugnis für Menschen mit Behinderungen.

Beim Prüfungstaxengesetz geht es um aliquotierte Abgeltungen bei unterschiedlichen Prüfungen, an denen mehrere Prüfer beteiligt sind.

Beim Unterrichtspraktikumgesetz wird eine Altersgrenze, die bisher bei 39 Lebens­jahren eingezogen war, auf 45 Jahre erhöht, weil es hier natürlich eine Fülle von Problemen gab, insbesondere bei Frauen, die etwa im Zuge der Babypause daheim geblieben sind und dann ihr Unterrichtspraktikum nachholen wollten. Dem tragen wir hiemit Rechnung.

Im Lehrbeauftragtengesetz nehmen wir Bezug darauf, dass sich Bildung und Aus­bildung immer stärker verändern, Fernstudien und Fernunterricht immer öfter ange-


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boten werden, weshalb es notwendig ist, dass man einschlägige Ausbildungen dementsprechend abgelten kann.

Zum ersten Block, der Debatte um die Frage eines Lehramtszeugnisses für Behin­derte. Dazu ist zunächst zu sagen, dass der Lehrberuf natürlich im Grundsatz die volle Handlungsfähigkeit einer Lehrkraft erfordert, weil es neben der Vermittlung von klassischen Unterrichtsinhalten auch darum geht, dass Schüler beaufsichtigt werden können, dass Gefahren rechtzeitig erkannt werden können und dass man auch in Schülerkonflikte eingreifen kann. – So gesehen ist in jedem einzelnen Fall zu prüfen, inwieweit es möglich ist, ein solches Lehramt auch tatsächlich ausüben zu können.

Auf der anderen Seite haben wir auch das Faktum, dass Personen, die den Lehrberuf bereits ausüben, während ihrer Zeit als Lehrer, etwa durch einen Unfall, plötzlich eine Behinderung erleiden, nachher aber ganz selbstverständlich ihren Lehrberuf weiter ausüben können.

Da tritt natürlich eine gewisse Ungleichbehandlung, auch was die Chancen anlangt, zu Tage. Dieser Ungleichbehandlung wollen wir entgegentreten und schlagen daher in einer Vier-Parteien-Entschließung vor, dass im Zuge der Neugestaltung der Pädago­gischen Akademien in Richtung Pädagogischer Hochschulen geprüft wird, inwieweit nicht auch Menschen mit Behinderung die Möglichkeit erhalten, eine Lehramts­ausbildung zu absolvieren, um dementsprechend eingesetzt werden zu können. Ich glaube, dass das ein sehr wichtiger Schritt ist, den wir damit zum Ausdruck bringen.

Im zweiten Block, auf den meine Kollegen später noch näher eingehen werden, ist ein Punkt sehr wichtig, nämlich die Frage der optischen Anerkennung der wichtigen Aufgaben von Lehrerinnen und Lehrern im Pflichtschulwesen, wobei sich insbesondere der Vorsitzende der Gewerkschaft öffentlicher Dienst Fritz Neugebauer und der Vorsitzende der Pflichtschullehrergewerkschaft Walter Riegler sehr dafür eingesetzt haben, dass auch sichtbar wird, welche wichtige Ausbildung Absolventinnen und Absolventen einer Pflichtschullehrerausbildung haben. Ich halte es für einen Meilen­stein und ein ganz wichtiges Signal, dass sie sich künftig Diplom-Pädagogen nennen dürfen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Da wir uns am Ende des Schuljahres befinden, möchte ich als Vorsitzender des Unter­richtsausschusses auch allen Lehrerinnen und Lehrern besonders herzlich für ihre Arbeit im abgelaufenen Schuljahr danken. Ich glaube, ich kann das im Namen des gesamten Unterrichtsausschusses tun; so ist es auch ein schönes Signal, dass wir heute überwiegend Konsensmaterien behandeln.

Ich bedanke mich auch ganz formell bei allen Lehrerinnen und Lehrern für die geleis­tete Arbeit. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.50

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser. – Bitte.

 


14.51

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Hohes Haus! Kollege Amon hat erläutert, worum es heute geht. Es sind wirklich nicht die bildungspolitisch herausragenden Ereignisse der letzten Zeit, über die wir jetzt zu diskutieren haben.

Bildungspolitisch herausragend war auch nicht die zweite oder dritte Auflage des Verkaufs der Erfolgsgeschichte der Fachhochschulen. Nicht einmal die Ankündigung der Bildungsministerin, aus über 50 Einrichtungen der Lehrerausbildung und -


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weiterbildung rund zehn zu machen, hat die Nation nachhaltig aufgeregt, was einiger­maßen verwunderlich ist.

Aber ein Ereignis verdient es hier erwähnt zu werden, nämlich der eindrucksvolle Sieg der Aktion Kritischer SchülerInnen bei den Schülervertretungswahlen in ganz Öster­reich. Darauf sind wir stolz; und das haben sich diese jungen Leute auch sehr redlich verdient. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Haidlmayr.)

Sie haben gewonnen, weil sie sich für bildungspolitisch wichtige Themen eingesetzt haben. Sie haben eine Charta der SchülerInnenrechte erarbeitet, sie haben sich an dieser Bildungsplattform beteiligt, und sie haben insgesamt sehr gute Arbeit geleistet, an den Schulen und in den Landes- und Bundesschülervertretungen. Man sieht, es geht ihnen um Qualität, es geht ihnen um die Zukunft unseres Schulsystems.

Wir werden die meisten Gesetzesnovellen, die heute auf der Tagesordnung stehen, einstimmig beschließen, aber so wirklich als Beweis für die Reformfreudigkeit im Unterrichtsbereich kann man sie nicht ansehen. Ich würde eher sagen, dass der Reform-Elan vom Prinzip der Entschleunigung geprägt ist. Das Einzige, was zurzeit immer recht schnell geht, sind die Contra-Aussendungen des Kollegen Amon, wenn wir irgendwelche Vorschläge in die Diskussion einbringen.

Ich möchte daher diese Gelegenheit nützen, um jenes Papier ein wenig zu be­sprechen, das Sie, Frau Bundesministerin, als Bilanz herausgegeben haben und das auflistet, was alles geschehen ist beziehungsweise was Sie noch vorhaben.

Wir haben uns an der Diskussion rund um klasse:zukunft aktiv beteiligt. Wir unter­stützen die Vorschläge der Zukunftskommission, wir beurteilen dieses Projekt bisher als sehr positiv. Wir unterstützen die Qualitätsoffensive, die Professionalisierung der Schulleitungen, die „Verlässliche Schule“, den Oberstufenlehrplan – um nur einiges daraus zu nennen.

Dieses Papier ist betitelt mit „Stabilität und Qualität im Vordergrund“. – Wir sagen ja zur Qualität, aber nein zu einer Stabilität, die Stillstand bedeuten würde. Und wir werden sehr genau darauf schauen, dass die vielen, guten Vorschläge der Zukunfts­kommission nicht auf diesem Altar der Stabilität „geopfert“ werden.

Sie schreiben darin auch, Frau Bundesministerin – ich zitiere –: „Wir plaudern nicht unverbindlich über Organisationsfragen, wir stellen uns den Herausforderungen.“

Ich habe einige Zeit darüber nachgedacht, was Sie mit dem Satz „Wir plaudern nicht unverbindlich über Organisationsfragen“ meinen könnten und mich gefragt, ob Sie vielleicht jene Statistik meinen, die das Österreichische Institut für Familienforschung herausgegeben hat.

Zu Bildungschancen in Österreich gibt es darin eine Graphik: „Wer absolviert die AHS-Unterstufe?“ – Wenn Sie das genau durchsehen, dann erkennen Sie: Von Mädchen auf dem Land mit Eltern mit Pflichtschulabschluss absolvieren 11 Prozent eine AHS-Unterstufe. Mädchen in der Stadt mit Eltern mit Universitätsabschluss besuchen zu 84 Prozent die AHS-Unterstufe. (Abg. Dr. Brinek: Das ist aber nichts Neues!) – Oh ja! In dieser Deutlichkeit sollte Ihnen das zu denken geben. (Abg. Dr. Brinek: Nein, nein! Das war schon unter Kreisky so!) – Und wenn Sie, Kollegin Brinek, sagen, das sei nichts Neues, dann finde ich es umso bedauerlicher, dass nichts dagegen unternommen wurde, dass dieser Zustand, diese ungleichen Bildungschancen endlich beseitigt werden. (Abg. Dr. Brinek: Weil auch schon auf dem Land gebildete Leute wohnen ...!)

Und in der Frage, wie sie zu beseitigen sind, geht es nämlich genau um diese Organi­sationsfragen, da geht es um die Frage, wann die Kinder bei uns in Österreich in zwei


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verschiedene Schultypen getrennt werden, in die Hauptschule und in die AHS-Unterstufe – mit ganz unterschiedlichen Bildungschancen! Das sind sehr wohl Organisationsfragen, über die wir nicht unverbindlich plaudern, sondern für die wir sehr konkrete Vorschläge zur Verbesserung der Chancengleichheit haben.

Frau Bundesministerin, Sie haben weiters zum aktuellen Thema der Schließung von Kleinschulen, wie sie zuletzt in einem ORF-Beitrag auch aus Oberösterreich zu sehen war, geschrieben, Sie hätten zwar eine eigene Sektion für Personal- und Schul­management, eine eigene Abteilung für Landeslehrer, könnten aber für all das, was hier passiert, nichts dafür.

Frau Bundesministerin, da frage ich mich schon: Wer ist denn Bildungsminister in Österreich? (Abg. Neugebauer: Gott sei Dank: Elisabeth Gehrer!) Das zu verwalten könnte nämlich auch eine Sektion im Finanzministerium machen. (Abg. Mag. Molterer: Wollen Sie das?)

Wir sind wegen der Wichtigkeit des Bildungssystems für unser Land und im Interesse unseres Landes bereit, durchaus an einer dynamischen Bildungspolitik mitzuwirken. (Abg. Mag. Molterer: Wollen Sie das Unterrichtsministerium schließen?) Wir erwarten aber von Ihnen, Frau Bildungsministerin, dass auch Sie Ihrer Verantwortung gerecht werden und dass Sie für unsere Schulen, auch gegenüber Finanzminister Grasser, in ähnlicher Weise um mehr Mittel kämpfen, wie Sie das bei früheren Finanzministern immer getan haben. – Danke. (Beifall und Bravoruf bei der SPÖ.)

14.57

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rossmann zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.57

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Hohes Haus! Herr Kollege Niederwieser, Sie kommen hier heraus und man merkt gleich Ihre Einstellung: Zu diesem wirklich gelungenen und Gott sei Dank im Konsens zustande gekommenen Antrag, mit dessen Beschluss es heute erstmals möglich ist, dass in Zukunft auch Lehrer mit Sinnesbehinderungen aus den Pädagogischen Akademien unterrichten können, haben Sie gar nichts oder nur sehr wenig gesagt.

Sie, Herr Kollege Niederwieser, kommen da heraus und polemisieren mit anderen The­men. Nehmen wir als Beispiel die Organisationsfragen! Da frage ich mich schon, was mit Ihrem Vorschlag zu Organisationsfragen ist, dass Sie die Kleinschulen auf Schul­einheiten bis 3 000 Schüler zusammenlegen wollen. (Abg. Brosz: 300! Nicht 3 000!) Das kommt zwar nicht aus Ihrem Mund, aber aus der SPÖ-Bildungswerkstatt. Das wären Ansätze. Sie sollten nämlich bei sich selbst anfangen und die Organisations­fragen, die Sie aufgeworfen haben, überdenken!

Wir hingegen sagen ganz klar zur Organisationsfrage – da kann ich Ihnen nämlich schon etwas sagen –: Wir wollen straffe Organisationen. Brauchen wir noch die rein politisch besetzten Bezirks- und Landesschulräte in diesem Ausmaß? Brauchen wir sie überhaupt? Brauchen wir die Kollegien, nach Proporz besetzt? (Abg. Parnigoni: Da kann man drüber nachdenken!) – Da kann man drüber nachdenken. Das freut mich, bitte. Das steht im Protokoll, ich werde darauf zurückkommen. (Abg. Parnigoni: In Niederösterreich! Da brauchen wir das nicht! Lauter Schwarze!) – In Niederösterreich brauchen wir das alles nicht mehr, nein, weil in Niederösterreich gibt es die Zweitdrittelmehrheit der ÖVP, da brauchen wir das auch nicht mehr. (Abg. Mag. Mol­terer: Das ist ein gutes Bundesland!)

Es wird durchaus notwendig sein, darüber nachzudenken, weil es gerade die Jugend nicht mehr versteht, dass Schulpolitik – wenn es darum geht, Politik vor Ort zu


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machen – leider Parteipolitik ist. Und das ist eng verbunden mit der Zusammensetzung der Kollegien. (Abg. Dr. Rada: Wie schaut es in Kärnten aus, Frau Kollegin?) – Ich kann Ihnen sagen, in Kärnten sind die ... (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch – in Richtung des Abg. Dr. Rada –: Fahren Sie hinunter und schauen Sie es sich an!) Ich kann Ihnen sagen: Schaffen Sie die gesetzliche Möglichkeit – durch den Konvent und mit der Entwicklung des Konvents –, die Kollegien abzuschaffen (Abg. Dr. Rada: Was sagt Ihr Parteiobmann dazu?), dann wird Kärnten sehr wohl unter den Ersten sein, die das machen, inklusive des geschäftsführenden Landesschulpräsidenten. Auch darüber kann man diskutieren! (Zwischenrufe des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch und Gegenrufe bei der SPÖ.)

Ich möchte aber auch zu diesem heutigen historischen Beschluss kommen, mit dem es erstmals möglich wird, dass in Zukunft Lehrerinnen und Lehrer mit Körper- und Sinnesbehinderungen unterrichten können. Ich glaube, man sollte all jenen Lehrerin­nen und Lehrern, die auf Grund ihrer körperlichen Beeinträchtigung bisher das Lehramt nicht ausüben konnten beziehungsweise nicht einmal den Zugang zum Studium hatten, eine wirkliche Chance geben.

Deshalb ist heute ein schöner Tag, den wir durchaus positiv sehen können. Diese Regierung ist angetreten, all die Versäumnisse der letzten Jahre, auch im sozial­politischen Bereich, aufzuholen.

Ich habe hier eine APA-Meldung von 14.13 Uhr betreffend die Wiener Gebiets­kranken­kasse – das wird Sie interessieren, Kollege Rada, Sie können ruhig zuhören –, die als einzige Krankenkasse in Österreich „die Zuzahlung der Krankenkasse zu Gleitsicht­brillen“ streicht und somit einmal mehr bei Patienten wieder eine Zwei-Klassen-Gesellschaft einführt. Eben diese Zwei-Klassen-Gesellschaft, die Sie uns immer vorwerfen, führt das rot regierte Wien mit der roten Gebietskrankenkasse wieder ein. (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Eine Gleitsichtbrille wird nicht mehr bezahlt! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ein Wahnsinn!) Die Patienten sollen doch die Brillen mit diesem Balken in der Mitte tragen. Wie hübsch das in der heutigen Zeit aussieht, das sei dahingestellt. Man kann sich vorstellen, was das etwa bei einem Vorstellungsgespräch für einen Eindruck macht, welche Chancen man damit hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das heißt, alle, die es sich leisten können, können sich eine schöne Gleitsichtbrille kaufen, und alle, die es sich nicht leisten können, sollen mit dem Balken beziehungs­weise mit zwei Balken im Auge durchs Leben gehen. – Das ist sozialpolitische Politik der rot regierten Wiener Gebietskrankenkasse. Das müssen Sie zur Kenntnis nehmen! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Der rote Moloch!)

Ich sage Ihnen, und das auch als Bildungssprecherin: Wir werden alles unternehmen, auch in der Bildungspolitik, dass die Jugend all diese Dinge in Zukunft wirklich besser erkennt. (Zwischenruf des Abg. Parnigoni.) Das sage ich der Jugend aus tiefstem Herzen, damit sie bei der nächsten Wahl auch die richtige Entscheidung treffen kann. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

15.01

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Brosz zu Wort. 7 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


15.02

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Frau Bildungsministerin! Ich möchte beginnen mit meinen Ausführungen zum Unterrichtspraktikumgesetz, das jetzt auch zur Verhandlung ansteht, und zunächst gleich einen Abänderungsantrag einbrin­gen. Es geht darum, dass es eine Erweiterung der Altersgrenze für jene Personen gibt,


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die in schon fortgeschrittenem Alter ein Lehramtsstudium absolviert haben und dann letztlich auch unterrichten wollen. Bislang war das mit 39 Jahren begrenzt, jetzt soll es nach einem gemeinsamen Antrag auf 45 Jahre erhöht werden.

Wir sind der Auffassung, dass hier eine Altersgrenze eigentlich nicht wirklich notwendig ist. Angesichts der pensionsrechtlichen Entwicklungen werden wir wahrscheinlich in fünf Jahren wieder hier stehen und diese Grenze nach oben erweitern, wenn der Zeitraum, in dem es noch einen Sinn macht, diskutiert wird. Insofern scheint es, weil es auch jetzt schon Ausnahmebestimmungen gibt, sinnvoll zu sein, diese Altersgrenze überhaupt zu streichen. Anspruch auf einen Job hat es auch bis jetzt nicht gegeben, insofern macht, so denke ich, auch eine Altersgrenze wenig Sinn.

Daher folgender Antrag:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Unterrichts­praktikumgesetz geändert wird (496 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der eingangs genannte Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

3. § 3 Abs. 4 Z 4 entfällt, die bisherige Z 5 erhält die Bezeichnung 4 und die bisherige Z 6 erhält die Bezeichnung 5.

*****

Damit wäre erwirkt, dass diese Altersgrenze fällt.

Aber jetzt zu dem Antrag betreffend die Frage des Lehramtszeugnisses an pädago­gischen Akademien für körper- und sinnesbehinderte Studierende, der, wie ich meine, den wichtigsten Teil dieser Verhandlungspunkte darstellt. Frau Kollegin Rossmann – da gilt es jetzt ein bisschen zu differenzieren; ich werde dann noch ein paar APA-Meldungen vorlesen, die das Ganze recht spannend machen –, Ihnen muss man zumindest konzedieren, dass hier ein gemeinsamer Anspruch da ist, aber wenn Sie sagen, die Versäumnisse der letzten Jahre müssen aufgeholt werden, dann darf ich Sie schon daran erinnern, dass es diesen Antrag bereits in der letzten Legislatur­periode gegeben hat.

Dieser Bericht der Volksanwaltschaft resultiert aus dem Jahre 1999, unser erster Antrag ist aus dem Jahre 2001; er ist damals vertagt worden, nicht wieder behandelt worden. Er kam auf Antrag der Grünen wieder auf die Tagesordnung, wurde zunächst wieder vertagt, und jetzt, nach mittlerweile knapp vier Jahren, gibt es einen gemein­samen Antrag, der die Bildungsministerin auffordert, ein Gesetz vorzulegen, das die Umsetzung an den pädagogischen Hochschulen bis 2007 ermöglicht. Dann haben wir – von 1999 bis 2007 – immerhin acht Jahre gebraucht, den sinnes- und körper­behinderten Studierenden zu ermöglichen, auch zu unterrichten. Und das ist nicht wirklich ein Ruhmesblatt, was die Zeitspanne betrifft.

Es wird aber noch spannender, wenn man sich den Inhalt anschaut; vielleicht können Kollege Amon und Kollegin Rossmann dann gemeinsam erklären, was sie eigentlich für einen Entschließungsantrag eingebracht haben.

Ich habe mir erlaubt, mich schon darüber zu freuen, dass wir nach mittlerweile vier Jahren einen gewissen Beitrag zu diesem Gesetz geleistet haben, und habe meiner


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Freude darüber, dass dieser Antrag, wenn auch verspätet, jetzt endlich kommt, auch in der APA Ausdruck verliehen. Als Reaktion darauf lese ich eine Aussendung des Kollegen Amon – wobei ich mir nicht sicher bin, ob er sie selbst schreibt oder ob es da vielleicht neue Mitarbeiter gibt, die zunächst einmal kräftig draufhauen müssen –, in der er sich verwundert darüber zeigt,  „dass sich Brosz darüber freut, dass sein Antrag abgelehnt wurde“. – Ein besonders origineller APA-Titel.

Kollege Amon weist dann darauf hin, dass es kein vollwertiges Lehramtszeugnis für Behinderte geben wird, sondern jetzt eben nur beschlossen worden ist, dass es die Möglichkeit geben soll. Es wäre ja – wie Sie schreiben – gar nicht möglich, dass das vollwertig wird, weil – ich zitiereeine Beeinträchtigung mitgebracht wird, und dann ist es nicht praktikabel.

Ich habe mir gedacht, abwarten, was jetzt im Plenum passiert. Dann lese ich weiter in der APA und finde die Aussendung von Kollegin Rossmann, die sich darüber freut – wörtlich dass die Regierung soeben ein vollwertiges Lehramtszeugnis für Körper- und Sinnesbehinderte ermöglicht hat.

Vielleicht sollten Sie, Kollegin Rossmann, Kollege Amon, einmal koordinieren, was Sie da in einem gemeinsamen Antrag einbringen beziehungsweise auch wie Sie ihn inter­pretieren! Kollegin Rossmann bestätigt unsere Auffassung, Sie, Kollege Amon, be­stätigen sie nicht – vielleicht können wir das noch lösen. (Abg. Amon: ...! Das ist eine Interpretation!) Das ist eine Zitierung aus der APA; ich kann es gerne noch einmal vorlesen. Eine APA-Meldung als OTS ist ja vermutlich noch halbwegs zuschreibbar.

Punkt ist: Es gibt offenbar einen unterschiedlichen Zugang. Die Frau Bildungsministerin zitiert immer: Wenn der Wind kräftiger weht, bauen die einen Segelschiffe und die anderen Mauern. Ich habe den Eindruck, Sie setzen sich in ein Segelschiff, binden es dann fest an die Kaimauer an, und es bleibt dort stehen. Anstatt wirklich zu überlegen, welche Rahmenbedingungen es braucht ... (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ist das auch in der APA gestanden?) – Das ist jetzt nicht so lustig, da geht es um körper- und sinnesbehinderte Studierende und da wiederum darum, dass es Betroffene gibt, die seit vier Jahren keine Berufsmöglichkeiten haben. Da ist Spaßen nicht wirklich angebracht, das ist nicht wirklich lustig.

Es geht darum: Welche Rahmenbedingungen braucht es? Welche Unterstützung brauchen sie? Welche Assistenzleistungen brauchen sie, damit das Unterrichten möglich wird? Ich habe den Eindruck, man ist eher der Meinung, das geht irgendwie alles nicht. Wolfgang Schüssel etwa – wenn man ihm so zuhört – kritisiert immer jene, die Reformen verweigern und immer danach suchen, was alles nicht geht. In diesem Fall könnten Sie einmal beweisen, dass Sie nach Wegen suchen, wie es denn geht. Nicht: Warum geht es nicht?, sondern: Wie geht es denn? (Zwischenruf des Abg. Amon.) Ja wenn ich deine Apa lese (Abg. Mag. Molterer: Die gehört nicht dem Amon, die APA!), dann, muss ich sagen, bin ich nicht wirklich sehr erfreut darüber, dann schaue ich einmal, was herauskommt.

Wir werden den Antrag mit unterstützen. Es gibt einen zweiten Entschließungsantrag, der auch die Aufnahme der Assistenzleistungen in das Gesetz fordert. Ob das gesetz­lich umgesetzt wird, werden wir sehen, aber wir sind der Meinung, es muss alles getan werden, damit Körper- und Sinnesbehinderten dann auch die Möglichkeit gewährt wird, an den Schulen zu unterrichten.

Und ich finde es als ein Beispiel auch, wenn immer auf die Sinnesbehinderten hingewiesen wird, in Österreich wirklich absurd, dass es Menschen, die Sprachen in der Gebärdensprache unterrichten, die selbst gehörlos sind, in Österreich momentan nicht unmöglich ist, einen Unterricht zu leisten, weil das einfach ein Bild bietet, das aus­schließlich darauf ausgeht, dass man auch gehörlosen Personen in der Laut-


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sprache Unterricht gewähren will und kann. Wenn man einmal mit den Betroffenen redet, dann wird man sehen, dass das einfach in vielen Bereichen nur eingeschränkt möglich ist.

Folgend daraus, dass man denen ihre Sprache nicht gibt, können sie nicht in diesem Ausmaß alphabetisiert werden, nimmt man ihnen die Möglichkeit eines höheren Studiums, einer höheren Bildung. Schauen Sie sich die Situation in Österreich an! Wir haben 30 bis 50 gehörlose AkademikerInnen. Vergleichen wir uns mit Schweden, dann, meine ich, sollten wir wirklich einmal darüber nachdenken, ob dieser Weg, den Sie nach wie vor mit Konsequenz gehen, der richtige ist. – Wir glauben das nicht! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

15.08

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von den Abgeordneten Dieter Brosz, Freundinnen und Freunde eingebrachte Abänderungsantrag ist hinreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Als Nächste – zu einer tatsächlichen Berichtigung – zu Wort gemeldet ist Ab­ge­ordnete Mag. Kuntzl. Sie kennen die Geschäftsordnung, Frau Kollegin. 2 Minuten. – Bitte.

 


15.08

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Abgeordnete Rossmann hat vorhin behauptet, die SPÖ möchte die Schulen zu einer Größe von 3 000 Schüler/Schülerinnen zusammenlegen.

Ich berichtige somit erstens: Es geht nicht darum, Schulen zusammenzulegen, sondern um eine Kooperation auf Verwaltungsebene unter Beibehaltung der kleinen Schul­standorte (Abg. Mag. Molterer: Da spricht das schlechte Gewissen!) – nach dem Motto: Mehr Lehrer, weniger Direktoren!

Zweitens: Es geht nicht um eine Größe von 3 000, sondern von 300. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Neugebauer: Auch das ist zu viel!)

15.09

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort hat sich nunmehr Frau Bundesministerin Gehrer gemeldet. – Bitte, Frau Bundesministerin.

 


15.10

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte zu einigen Vorrednern Stellung nehmen. Wir haben heute einige Weiterentwicklungen im Schulbereich auf der Tagesordnung, zu denen wir im Unterrichtsausschuss an und für sich sehr übereinstimmend argumentiert haben; wir haben diese Weiterentwicklungen auch gemeinsam besprochen. Was hier jetzt dazu von einigen Rednern noch angeführt wurde, möchte ich doch ins richtige Licht rücken.

Von Herrn Abgeordnetem Niederwieser ist vorhin die Schülervertretungswahl erwähnt worden. – Dazu: Ich halte es für sehr wichtig, dass wir der Schülervertretungswahl einen hohen Bedeutungsgrad beimessen, dass junge Menschen Demokratie lernen, lernen, mit demokratischen Entscheidungen umzugehen. Aber für ebenso wichtig halte ich es, dass weniger Parteipolitik in die Schulen getragen wird, sondern mehr das gemeinsame Bemühen, Schule weiterzuentwickeln. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Für wichtig halte ich auch, dass über die Ergebnisse, die bei diesen Wahlen erzielt wor­den sind, wahrheitsgetreu berichtet wird. Tatsache ist: Die AKS hat 15 Vertreterin­nen und Vertreter, die Schülerunion 12; es gibt zwei Unabhängige. Die Veränderungen


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zum Vorjahr: AKS vier Mandate weniger, Schülerunion fünf Mandate mehr; bei den Unabhängigen gibt es ein Mandat weniger. Es hat sich also die konstruktive Arbeit der Schülerunion gelohnt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wenn man sieht, was die Schülerunion an sachlichen Diskussionsbeiträgen einge­bracht hat – so beispielsweise die Verwirklichung einer Leistungsmappe als Zusatz zu den Zeugnissen, die Vorverlegung des Frühwarnsystems ins erste Semester; lauter sachliche Beiträge also –, kann man ganz deutlich erkennen, dass man bei den jungen Menschen, bei den Schülern und Schülerinnen mit sachlicher Argumentation, also nicht dadurch, Unterschriftenlisten aufzulegen und die Schüler aufzufordern, zu ge­wissen Veranstaltungen vor das Ministerium zu gehen, sondern mit sachlicher Argumentation, ein positives Feedback bekommt. Und dafür bedanke ich mich bei den engagierten jungen Leuten! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Niederwieser hat hier behauptet, junge Frauen hätten weniger Bildungs­chancen, weil die Situation, was junge Mädchen, die am Land ins Gymnasium gehen, und junge Mädchen, die in der Stadt ins Gymnasium gehen, betrifft, gravierend unter­schiedlich sei.

Ich möchte dazu nachdrücklich festhalten: Dieser Vergleich ist deswegen falsch, Herr Abgeordneter Niederwieser, weil die Bildungschancen nur am Bildungsergebnis gemessen werden können. Das heißt: Wie viele junge Frauen, wie viele junge Männer kommen zur Matura, machen eine Berufsausbildung beziehungsweise studieren?

Wir haben vor kurzem von der Statistik Austria eine diesbezügliche Untersuchung machen lassen und haben als Ergebnis erhalten – ich zitiere –: In den jüngeren Alters­gruppen weisen Frauen jedoch bereits ein höheres Bildungsniveau auf als Männer. – Wir können Ihnen gerne die zahlenmäßigen Unterlagen dazu liefern. (Beifall bei der ÖVP.)

Das heißt, die Bildungschancen hängen nicht davon ab, wie viele in die Unterstufe des Gymnasiums oder in ein Gymnasium überhaupt gehen, sondern davon, wie viele regionale Angebote für berufsbildende Schulen, für Oberstufenrealgymnasien es in diesen Regionen gibt. Und damit ist Österreich sehr gut ausgestattet: Jedem Jugend­lichen ist es möglich, innerhalb einer halben Stunde einen Ort mit weiterführendem Bildungsangebot zu erreichen. Damit haben wir die besten Bildungsangebote in Österreich, und zwar für Burschen und Mädchen.

Meine Damen und Herren! Zur Frage, wie lange man ein Schulpraktikum, also eine Ausbildung nach der Lehramtsausbildung, machen kann: Derzeit sagen wir, das soll bis 45 Jahre möglich sein. Sie wissen, dass man auch bei diesen 45 Jahren noch Ausnahmen machen kann, jedoch: Ich halte es für falsch, das generell zu öffnen. Durch die gesetzliche Verankerung des Schulpraktikums entsteht ein Rechtsanspruch, und wollen Sie wirklich, dass ein Senioren-Student einen Rechtsanspruch auf ein Schulpraktikum hat?! Das kann’s doch wohl nicht sein!

In begründeten Fällen können Ausnahmen gemacht werden, auch über das jetzige Alter hinaus. – Ich halte das an und für sich für eine Diskussion, die sich deswegen nicht lohnt, weil eben in begründeten Fällen ohnehin Ausnahmen gemacht werden können, aber: Wir wollen nicht, dass jeder/jede einen Rechtsanspruch darauf hat.

Ich danke jedenfalls allen, die im Unterrichtsausschuss konstruktiv mit uns zusam­mengearbeitet haben. Ich danke allen, die diesen Anträgen heute zustimmen, und ich freue mich, wenn wir in einer solch konstruktiven Art und Weise in Zukunft weiter­arbeiten können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.15

 



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73. Sitzung / Seite 133

Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Anna Franz. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


15.15

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Geschätzte Damen und Herren! Mit Frau Kuntzl hätte ich jetzt gerne diskutiert, aber sie ist leider schon wieder weg, und zwar über ihre Aussage mit den 300 Schülern und der Zusammenlegung von Schulen. (Rufe bei der SPÖ: Da hinten steht sie!)

Mich würde interessieren, wie das dann sein sollte mit den derzeitigen Direktoren: Soll man diese ihrer Ansicht nach freistellen? (Neuerlicher Zwischenruf bei der SPÖ.) Ich möchte nur noch sagen, dass diese Direktoren, die jetzt an den Kleinschulen unter­richten, tatsächlich unterrichten – und nicht nur verwalten! Daher möchte ich von Kollegin Kuntzl wissen, welche Einsparungen ihrer Ansicht nach aus diesem ihrem Vorschlag resultieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Grundsätzlich möchte ich jetzt Stellung nehmen zum Unterrichtspraktikumgesetz, aber auch zum Lehrerdiplom für Menschen mit Behinderung, und zwar deshalb zum Unter­richtspraktikum, weil ich finde, dass das Chancengleichheit für Frauen bedeutet, was sehr wichtig ist, weil eben bisher gerade Frauen durch Kindererziehungszeiten benach­teiligt waren. In diesem Bereich hat es viele Härtefälle gegeben! Nun soll es so sein, dass Frauen auch noch mit 45 Jahren dieses Praktikum machen können.

Zum Antrag, dass diese Altersgrenze komplett gestrichen werden soll: Ich meine auch – Frau Bundesministerin Gehrer hat das ja bereits ausgeführt –, dass es nicht sehr viel Sinn macht, wenn jemand beispielsweise noch mit 60 Jahren dieses Unter­richtspraktikum macht, wenn man eben genau weiß, dass er/sie nicht mehr allzu lange im Schuldienst sein wird. (Abg. Brosz: Wie wäre es mit 46 Jahren?)

Für spezielle Fachkräfte gibt es auch noch Sonderverträge; somit können Probleme gelöst werden. Natürlich gibt es auch Ausnahmefälle.

Zum Lehramtszeugnis für Menschen mit Behinderung: Ich finde es sehr gut, dass es nun diese Möglichkeit gibt, ein Lehramtsdiplom abzuschließen, dass diesen Menschen ermöglicht wird, eine Unterrichtsberechtigung zu erwerben. Ich meine auch, dass es gut ist, dass bei der Studieneingangsphase für Studierende eine ausführliche Beratung über die Berufserfordernisse stattfindet, Erfordernisse, die trotz Behinderung erfüllt werden müssen. Und es ist auch gut, wenn es eine Beratung über die voraussicht­lichen Beschäftigungsmöglichkeiten gibt.

Im Sinne der guten Zusammenarbeit im Unterrichtsausschuss hoffe ich, dass diesen Vorlagen zugestimmt wird, ist das doch, wie ich meine, im Sinne der Frauen sowie im Sinne der Menschen mit Behinderung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

15.18

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. 2 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


15.18

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Egal, ob Schülerunion oder Aktion Kritischer Schülerinnen und Schüler: Ich meine, wie Demokratie in den Schulen gelebt wird, sollten wir den jungen Leuten überlassen und ihnen da nichts vorschreiben, Frau Bundesministerin. (Beifall bei der SPÖ.)

Zur zweiten Sache, die Sie, Frau Ministerin, erwähnt haben: Um die Bildungschancen junger Mädchen ist es auch gegangen. Meiner Überzeugung nach geht es um


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73. Sitzung / Seite 134

Bildungs­chancen – nicht um Bildungsergebnisse, wer wie aus einem Gymnasium herauskommt, sondern die Frage muss lauten: Wie komme ich dort hinein, ja, komme ich überhaupt hinein? Diesbezüglich gibt es sehr wohl ein starkes Stadt-Land-Gefälle, und aus Untersuchungen ist sehr wohl hervorgegangen, dass Mädchen geringere Chancen haben, in ein Gymnasium zu kommen.

Da Sie, Frau Bundesministerin, auch gesagt haben, jeder junge Mensch in Österreich habe die Möglichkeit, innerhalb einer halben Stunde in einen Ort mit höherem Bildungsangebot zu gelangen: Ja, unter Unterrichtsminister Sinowatz – darauf möchte ich schon hinweisen – ist das durchgesetzt worden, und zum Glück ist das auch heute – noch! – so.

In einer APA-Aussendung vom 28. Juni 2004, und zwar zur Bildungspolitik in Öster­reich, heißt es: „Viele Ankündigungen, wenig konkrete Reformen ...!“ – Und das ist eigentlich so wie bei dem, was heute hier auf dem Tisch liegt, Frau Bundesministerin. Es geht dabei lediglich um einige kleine Klarstellungen, weil eben der Verwaltungs­gerichtshof zum Beispiel bei dem Punkt, den wir jetzt diskutieren, Klarstellung verlangt hat. Und auch da: Immer wieder wurden von Regierungsseite notwendige Reformen angekündigt und zum Teil auch durchgeführt; manche Reformen haben wehgetan, jedoch: Reformen, die Schülerinnen und Schülern in Österreich gut tun würden, hat es nicht gegeben!

Auch heute ist das nicht der Fall. Es ist das eine bildungspolitisch sehr, sehr magere Bilanz, die Sie, Frau Bundesministerin, hier ziehen! Ideen und Vorschläge seitens der Opposition als auch der Zukunftskommission werden bestenfalls ignoriert, sage ich einmal.

Ich würde Ihnen empfehlen, Frau Bundesministerin: Nachhilfe – heute hatten ja 730 000 Schülerinnen und Schüler Schulschluss – könnten Sie bei unseren bildungs­politischen Programmen gratis haben! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

15.20

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Frau Abgeordnete Rosenkranz zu Wort. Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


15.20

Abgeordnete Barbara Rosenkranz (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Ministerin! Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek! Keine Frage: Jede Bildungschance für Mädchen. Aber soviel mir bekannt ist, sind mittlerweile mehr Maturanten weiblich als männlich. Ich glaube, dass das ein Faktum ist.

Ich sage es Ihnen aus meiner persönlichen Erfahrung als Mutter von sechs Töchtern und vier Söhnen: Ausnahmen bestätigen die Regel, aber die Mädchen bringe ich leichter durch die Schulen. Ich würde gerne allen die gleichen Chancen geben. Wenn ich etwas zu bemängeln habe, dann dies, dass die Schulen auf die phasenweise doch sehr individuell und sehr auf Widerstand ausgerichteten Burschen – Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel – weniger Rücksicht nehmen als auf die sozial doch eher verträglichen und leichter zu führenden Mädchen – Ausnahmen bestätigen die Regel, sage ich immer dazu. Es ist der typische lebendige, abenteuerlustige Bub, der im heutigen Schulwesen unter die Räder kommen kann, auch wenn er selbst­ver­ständlich die Intelligenz hätte, ein bestimmtes Schulsystem zu absolvieren. – Das sehe ich eher so. Ich glaube, es ist eher eine schlechte Zeit für Buben als für Mädchen.

Zu den vorliegenden Gesetzentwürfen: Sie sind, wie erwähnt worden ist, nicht die großen Projekte, sie sind aber vernünftige, solide Schritte in die richtige Richtung, ein Zeichen dafür, dass an unserem Bildungssystem kontinuierlich gearbeitet wird. Die


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Ausdehnung der Möglichkeit, das Praktikum eben auch noch bis 45 Jahre zu absol­vieren, spiegelt die gesellschaftliche Realität wider, ist eine gute Chance auch für WiedereinsteigerInnen. Die Regelung der Abgeltung für den Fernunterricht geht auf die modernen Unterrichtsmethoden ein. – Eine solide Weiterentwicklung des Bildungs­systems, deswegen auch Konsensmaterie. Wir tragen das selbstverständlich mit. (Bei­fall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

15.22

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


15.22

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu Beginn möchte ich mich dafür bedanken, dass es wieder einmal die Möglichkeit gibt, dass unsere Diskussion in Gebärdensprache gedolmetscht wird. Ich danke den Gebärdensprachdolmetscherinnen für ihre, glaube ich, sehr anstrengende Arbeit! Manche reden relativ schnell, was dann gar nicht so einfach zu übersetzen ist. (Allgemeiner Beifall.)

Ich möchte mich in der heutigen Debatte nur auf jenen Teil beschränken, wo es um das Lehramt für Menschen mit Behinderungen geht. Frau Ministerin! Das, was wir heute als Vier-Parteien-Konsens beschließen, ist zumindest einmal ein kleines Zeichen dafür, dass sich doch ab und zu etwas bewegt.

Wir haben noch kein Gesetz, das müssen wir auch sagen. Ich möchte jetzt die Hoffnungen nicht dämpfen, aber ich möchte sie realistisch sehen. Es wird noch Jahre dauern, bis es möglich ist, dass Menschen mit Behinderungen auch ein Lehramt ausüben, und zwar müssen sie vorher die pädagogischen Akademien besuchen kön­nen und dort auch ein vollwertiges Lehramtszeugnis erhalten. Bis dorthin ist es noch sehr weit. Es werden noch einige Schwierigkeiten auftreten, nämlich auch in die Rich­tung, Frau Ministerin, dass es natürlich auch selbstverständlich sein muss, dass Men­schen mit Behinderungen, die ein Lehramt ausüben, am Arbeitsplatz eine entsprechen­de Assistenzleistung sichergestellt bekommen, denn sonst wird es auch in Zukunft nicht gehen.

Frau Ministerin, es muss auch sichergestellt werden, dass behinderte Menschen in ihrer Ausbildung auch an den pädagogischen Akademien entsprechende Rahmen­bedingungen vorfinden, damit sie überhaupt dort studieren können. Denn wenn sie eine Akademie vorfinden, die nicht barrierefrei ist, nämlich barrierefrei für Gehörlose, Blinde und körperlich behinderte Menschen, dann wird es zwar ein guter Ansatz sein, aber es wird an der Umsetzung scheitern, denn wenn eben zum Beispiel Stufen in der pädagogischen Akademie vorhanden sind, dann wird man im Rollstuhl auch in Zukunft nicht hineinkönnen. Auch blinde Menschen werden es nicht nutzen können, wenn das Lehrmaterial nicht auch in Blindenschrift angeboten wird. Für gehörlose Menschen muss selbstverständlich dann auch die Gebärdensprache in den pädagogischen Akademien angeboten werden, um wirklich eine qualitativ hochwertige Bildung dort erhalten und dann auch umsetzen zu können.

Frau Ministerin, Sie wissen, dass es das Berufsverbotsgesetz nicht nur im päda­gogischen Bereich gibt, sondern in vielen anderen Bereichen auch. Ich denke hier nur an das nicht vorhandene Recht, dass blinde Menschen Richterinnen oder Richter werden können. Es gibt keine Begründung mehr dafür, warum das so ist. Trotzdem steht es nach wie vor im Gesetz, dass es verboten ist. Also auch dieser Diskriminie­rungsbestandteil ist sehr schnell zu beseitigen. Er sollte eigentlich schon lange beseitigt sein, denn wir Grünen zeigen Ihnen seit Jahren auf, wo die Diskriminierungen


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noch liegen. Die Bereitschaft, Diskriminierungen zu beseitigen, ist allerdings leider sehr gering.

Frau Ministerin, Sie und auch andere Abgeordnete vor mir haben von der Möglichkeit gesprochen, dass es dann auch ein vollwertiges Lehramtszeugnis sein muss oder nur ein eingeschränktes Lehramtszeugnis und dass es auch darum geht, die Beaufsich­tigung et cetera übernehmen zu können, was Teil der Pädagogik, also des Lehrers sein muss.

Frau Ministerin! Ich habe immer noch das Gefühl, es gibt ganz viele hier in diesem Saal, die uns und unsere Fähigkeiten immer noch unterschätzen. Glauben Sie uns, wir können etwas leisten, wenn man uns nur lässt. Man muss uns ganz einfach lassen.

Frau Ministerin, ich möchte Sie noch einmal bitten, es werden nur wenige Menschen mit Behinderungen die Chance haben, dann auch ein Lehramt auszuüben, solange nicht sichergestellt ist, dass Menschen mit Behinderungen auch in den AHS-Ober­stufen selbstverständlich ihre Schulbildung machen können und dass nicht spätestens nach neun Jahren die Diskussion beginnt: raus aus der Regelschule und hinein in ein Sondersystem. Bildung für Menschen mit Behinderungen muss in allen Bereichen gleichgestellt angeboten werden, denn nur so haben auch Menschen mit Behin­derungen wirklich Chancengleichheit und das Recht auf Selbstbestimmung in allen Bereichen des täglichen Lebens.

Da wir heute in die Sommerpause gehen und es mir wichtig ist, dass das nicht ver­gessen wird, möchte ich darauf hinweisen, dass wir in Österreich noch immer kein Behindertengleichstellungsgesetz haben. Ich vermute, dass es jetzt wieder 16, 17 Wochen dauern wird, bis wieder irgendetwas weitergeht. Deshalb, Frau Ministerin, bitte ich Sie – ich kann Sie ja nicht ersuchen, das auch an die anderen Ministerien weiterzugeben –, in Ihrem Ministerium Vorarbeiten zu leisten, damit im Bildungsbereich ein umfassendes Gesetz geschaffen werden kann, dass Menschen mit Behinderungen in allen Bereichen des Bildungsspektrums die gleichen Rechte haben, wie sie nicht behinderte Menschen für sich selbstverständlich in Anspruch nehmen können.

Frau Ministerin, arbeiten Sie mit und für uns! Wir brauchen ordentliche Bildung, denn Bildung ist auch für Menschen mit Behinderung ein wesentlicher Beitrag zum Recht auf Selbstbestimmung. Und dieses Recht, Frau Ministerin, darf und kann uns niemand mehr verwehren. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.28

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


15.28

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich möchte der SPÖ schon eine Frage stellen: Heute konnten die Reform­schritte gar nicht groß genug sein. Den heutigen Zeitungen ist zu entnehmen, dass Sie sich ein wenig darüber mokiert haben, dass der Präsident in seiner Rede zur Angelobung von den notwendigen weiteren Reformen gesprochen hätte und damit ungerechtfertigterweise dem Präsidenten Fischer gewissermaßen einen Auftrag mit­gegeben hätte. (Abg. Broukal: Was hat Präsident Fischer mit uns zu tun?) Ich sage, wenn wir Sie heute ernst nehmen, dann stimmen Lampedusa und seine dialek­tische Auffassung über die Notwendigkeit der Reform: „Es muss sich alles ändern, damit alles so bleibt, wie es ist.“ Das gilt dann also für alle Punkte. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Zweitens eine Richtigstellung: Ich habe schon herausgehört, lieber Kollege Erwin Niederwieser, dass du Dahrendorf gelesen hast und somit sein Bild aus den siebziger Jahren vom katholischen Mädchen vom Land, dem der Zugang zur Bildung eröffnet werden müsse, kennst. (Zwischenruf des Abg. Dr. Niederwieser.) Darauf hat die Bildungsanstrengungspolitik der siebziger Jahre reagiert. Die Früchte sind erkennbar. Die Frau Ministerin hat sie dir, euch und Ihnen referiert.

Natürlich ist das Ergebnis zu bewerten und nicht der Zugang. Es ist halt so, dass offenbar auf dem Land die guten Hauptschulen auch für Mädchen die Zubringer­schulen sind zur Maturität, wie man so schön sagt. (Beifall bei der ÖVP.)

Deshalb ist es der ÖVP wichtig, diese gut geführten Hauptschulen zu halten. Viele, die hier sitzen, mich eingeschlossen, sind ein Kind vom Land, das eine gute Hauptschule besucht hat und es auch – um es salopp zu sagen – zu etwas gebracht hat. (Bravorufe und Beifall bei der ÖVP.)

Ich habe auch Statistiken lesen gelernt, und ich bin daher sehr froh, sagen zu können, dass mehr Mädchen als Burschen eine höhere Schule abschließen und zur Matura kommen und immer mehr auch Zugang zur Universität finden und auch den Abschluss schaffen. Daher: Reformen im richtigen Maß, nicht mit zweierlei Maß Reformwünsche beantworten und artikulieren, und die Ergebnisse an dem ablesen, wo sie abzulesen sind, auch wenn deine Statistik vom Institut für Familienforschung kommt.

Letzter Satz zu dem, wozu ich eigentlich sprechen wollte, nämlich – Kurzfassung – Fernunterrichtsprüfungsabgeltung. Wir gehen davon aus, dass es, wenn sich das Unterrichts- und Bildungswesen langsam weiterentwickelt, immer weniger Präsenz­phasen und mehr Sozial- und Individualphasen geben wird, die über Fernunterricht und neue Medien gestaltet werden, vor allem in der Weiterbildung, Berufstätigenlehrgänge und so weiter. Daher haben wir eine gesetzliche Grundlage vorbereitet, zu der hoffent­lich alle ja sagen werden, damit auch die Abgeltung für Prüfungs- und Lehrtätigkeit über diesen Modus eine gesetzliche Grundlage, heißt Sicherheit, hat und weiterent­wickelt werden kann. Ich bitte um Zustimmung. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.31

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Faul. 2 Minuten. – Bitte.

 


15.32

Abgeordneter Christian Faul (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Ich möchte mich auch dezidiert gegen diese Altersgrenze aussprechen, die wir in Wirklichkeit nicht verstehen. Auch wenn Sie sagen, im Normalfall kommt dies nicht vor, weil Lehrerinnen und Lehrer, die aus der Wirtschaft rekrutiert werden, sich in Sonderverträgen an den HTLs ergehen werden, möchte ich Ihnen schon ein paar Beispiele aus der Steiermark nennen, die wirklichkeitsnah sind und die ich von meiner Schule kenne, wo man nicht davon reden kann, dass wir für ältere Lehrerinnen und Lehrer das nicht brauchen würden.

Frau Ministerin! Schulschluss war bei mir für zwei Lehrerinnen und Lehrer, die 40 Jahre alt sind, die 17 Jahre im steirischen Schuldienst gestanden sind, einen L 2-Vertrag gehabt haben und für die es überhaupt keine Chance mehr gibt. Vielleicht kann ich die eine noch in der Personalvertretung unterbringen, der andere hat sicher keinen Job mehr, außer er wechselt nach Tirol oder nach Vorarlberg.

Es gibt noch viel schwierigere Situationen. Frau Bundesministerin, ich habe mir die Mühe gemacht, eine Rechnung beim Jahrgang meiner Tochter, 1994, 20 Mitschülerin-


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nen und -schüler, anzustellen und Ihnen die Einstiegschancen darzustellen. Und ich sage Ihnen, mit der ungünstigen Fächerkombination Mathematik und BU wird meine Tochter beispielsweise 54 Jahre alt werden müssen, bevor sie das erste Mal die Schule überhaupt sieht. Frau Ministerin! Die wird ein Unterrichtspraktikum brauchen, weil sie sich an die Ausbildung überhaupt nicht mehr erinnern kann. Das ist die Fehlpolitik der steirischen Schule! (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Bundesministerin, das sind die Fehler der Vergangenheit, die Sie und Ihr Ministerium in der Steiermark verbrochen haben, wo Sie einfach zwei Akademien gegründet haben, obwohl eine Akademie schon mehr Lehrerinnen und Lehrer produziert hat, als die Steiermark vertragen hat!

Wenn man sich Ihr neues Hochschul-Studiengesetz anschaut, dann sieht man, dass man wiederum einen Kniefall vor den Hochschulen der Diözese und der Kirche macht, nur um deren Willen durchzusetzen, und man wird wieder mehr Lehrerinnen und Lehrer produzieren, als man jemals brauchen wird. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Jarolim: Man muss auch ein bisschen Realismus einfließen lassen, Frau Minister!)

15.34

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Fuhrmann. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


15.34

Abgeordnete Silvia Fuhrmann (ÖVP): Ich darf gleich an das Thema Realismus an­schließen. Eine Frage muss ich schon stellen: Wenn jemand mit 54 Jahren zu unter­richten beginnt, geht der dann nach dem Modell der SPÖ, das immer wieder auch Frühpensionierungen in den Vordergrund stellt, das ist überhaupt das Beste, nach einem Unterricht von einem Jahr mit 55 in Frühpension, oder wie stellen Sie sich das vor?

Man muss schon sagen, dass gerade die Anhebung von 39 auf 45 Jahre, die An­hebung des Pensionsantrittsalters und auch des Frühpensionsantrittsalters sehr wohl ein richtiger Schritt in die richtige Richtung ist (Abg. Dr. Jarolim: Das ist der falsche Schritt in die Richtung!), vor allem wenn wir davon ausgehen, dass viele junge Menschen, die Pädaks besuchen, dann auch hoffen, einen Job zu bekommen, was auf Grund der demographischen Entwicklung gar nicht so einfach ist. Aber grundsätzlich möchte ich schon sagen, dass heute nicht unwichtige, wenn auch in Ihren Augen sehr kleine Gesetze beschlossen werden, sei es die Aliquotierung der Prüfungstaxen, sei es das Unterrichtspraktikum, sei es auch die Abgeltung von Unterrichts- und Erziehungs­tätigkeiten, Stichwort Fernunterricht, oder sei es auch, dass man die Ausbildung an den Pädaks verbessert, was körper- und sinnesbehinderte Studierende betrifft. All das sind in Ihren Augen, wie Sie gesagt haben, Kleinigkeiten. Wir glauben, dass sie sehr wichtig sind.

Aber wenn Sie wollen, können wir gerne auch einmal wieder die große bildungs­politische Diskussion führen. Wir scheuen uns ja nicht davor. Wir haben im Gegensatz zu Ihnen auch einiges vorzuweisen. Auch wenn Sie es jetzt nicht hören wollen, muss ich doch sagen, es ist nun einmal so, dass wir für Qualität in der Schule eintreten und nicht nur ständig organisatorische Fragen diskutieren wollen, so wie Sie das tun. Sie haben leider nichts Besseres zu bieten, als kleine Schulen zusperren zu wollen, als einen Einheitstopf in der Schule zu haben. Sie wollen keinen Individualismus, nein, Sie wollen jeden gleich behandeln. Wenn Sie diese Diskussion erneut haben wollen, wir sind gerne bereit. Wir haben viel zu bieten. Wir wollen über Qualität reden, über Bildungsstandards, über mehr Demokratie an der Schule. Der Diskussion stellen wir


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uns allemal sehr gerne. Dazu sind wir jederzeit bereit. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.36

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung betreffend die kleinen Schulen, nehme ich an, hat sich Herr Abgeordneter Broukal zu Wort gemeldet. Ich mache auf die Bestimmungen der Geschäftsordnung aufmerksam. – Bitte.

 


15.36

Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Fuhrmann hat soeben behauptet, die SPÖ wolle kleine Schulen schließen. – Das ist unwahr!

Wahr ist vielmehr, dass die SPÖ alle kleinen Schulen erhalten will, jedoch auf der Ebene der Direktionen eine Zusammenlegung erwägt nach dem Motto: weniger Direktoren – mehr Lehrerinnen und Lehrer. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Das ist ja die Tatsächliche von der Kuntzl!)

15.37

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Robert Rada. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


15.37

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Hohes Haus! Zunächst zu Ihren Ausführungen, sehr geschätzte Frau Abgeordnete Rossmann: Diese Ihre permanenten Unterstellungen die Wiener Schul­situation betreffend möchte ich jetzt einmal für meine Wiener Kollegen zurückweisen, obwohl ich ein niederösterreichischer Abgeordneter bin. Genau aus diesem Grund weiß ich, was die Wiener Schulen für die niederösterreichischen Schülerinnen und Schüler leisten. Ich möchte Ihnen empfehlen, dies einmal in der Steiermark so zur Umsetzung zu bringen. Dann können Sie auch über diese Dinge reden! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben heute von der Abgeltung der Unterrichtstätigkeiten gehört. Ich möchte an dieser Stelle, weil heute allgemeiner Schulschluss ist, allen Lehrerinnen und Lehrern in diesem Land Österreich ein ausgesprochenes Danke sagen für ihre Leistungen. Liebe Lehrerinnen und Lehrer! Bedankt euch bei der Bundesregierung: Eure Unterrichts­tätigkeiten, eure Prüfungstätigkeiten werden zurückgeschraubt, vor zwei Jahren mit dem Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, wo sehr viel Geld eingespart wurde, und heute auch hinsichtlich der Prüfungstätigkeiten! Vielen Dank, liebe Frau Bundesministerin!

Da heute vom Leseverhalten der Abgeordneten Sonnberger die Rede war. (Abg. Großruck: Ein Herr ist es!) – Also des Herrn Sonnberger! Es gibt die PISA-Studie, nur zur Erinnerung. Und wenn es heute auch darum geht, dass wir das Unterrichts­praktikumgesetz haben, muss ich sagen, ich bin da voll beim Abgeordneten Faul. Es ist zu begrüßen, dass die Altersgrenze hinaufgesetzt wird. Ich stelle aber fest, es wäre sinnvoller, die Altersgrenze insgesamt abzuschaffen. Wir haben freien Studienzugang. Jeder Mensch soll in seinem Leben tun, was er will, egal, wann immer er in Pension gehen kann. Und wenn uns die Regierung vorgegeben hat, dass wir länger arbeiten müssen und erst später in Pension gehen können, dann soll jemand auch später sein Unterrichtspraktikum machen dürfen. (Beifall bei der SPÖ.)

15.39

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Huainigg. Auch er wünscht 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



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15.40

Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Vor zirka einem Jahr saß ich im Zug auf dem Weg nach Linz und hörte von einer gehörlosen Studentin, die an der PÄDAK Linz das Lehramt abschließen möchte. Ich wollte mir anschauen, wie das funktioniert, ob das tatsächlich möglich ist.

Ich fand eine sehr engagierte junge Frau vor, die in Gebärdensprache gehörlose Kinder unterrichtete. Das hat mich sehr begeistert – aber nicht nur mich hat das begeistert, sondern vor allem die Kinder, die SchülerInnen, die in ihrer Sprache unterrichtet wurden. Das war für mich sehr eindrucksvoll. – Und über diese Erfah­rungen haben wir diskutiert, und wir wollen sie in die neue Hochschulreform einbrin­gen.

Ich möchte hier ausdrücklich der Frau Bildungsministerin für die Initiative danken, dass wir im Rahmen der neuen Hochschulreform ein Lehramtszeugnis für behinderte Studierende einbringen und ermöglichen wollen. Das soll unter guten Rahmen­bedin­gungen funktionieren. Es gibt einen Arbeitskreis, in dem es sehr gute Gespräche gibt.

Die Studierenden sollen ein vollwertiges Lehramtszeugnis bekommen, und in einem beiliegenden Diploma Supplement sollen die Rahmenbedingungen, die sehr wichtig sind, angefügt werden. Das kann sein, dass der Unterricht im Team zu erfolgen hat, das kann sein, dass der gehörlose Lehrer gehörlose Kinder unterrichtet, das kann sein, dass die Tafel weiter herunterziehbar ist, damit der Lehrer im Rollstuhl auch darauf schreiben kann, oder ein Laptop für blinde LehrerInnen, damit sie auch die Lehr­materialien lesen können.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Franz-Joseph Huainigg, Dr. Helene Partik-Pablé, Mag. Christine Lapp, Theresia Haidlmayr, Werner Amon MBA, Mares Rossmann, DDr. Erwin Nieder­wieser, Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Prüfung von Unterstützungs­maßnahmen für Lehramts-Studierende mit Behinderung, eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 67/A (E) der Abge­ord­neten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Lehramtszeugnis für Behinderte (576 d.B.)

Die unterfertigten Abgeordneten stellen nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird ersucht, im Zuge der Schaffung der neuen Hochschulen für pädagogische Berufe in der Studienein­gangs­phase eine verpflichtende Überprüfung der Möglichkeit von Unterstützungsmaßnah­men für Studierende mit Behinderung vorzusehen.“

*****

Zum Schluss möchte ich noch meinen kleinen Gebärden-Sprachkurs anfügen. Der Sommer steht vor der Tür, man braucht Vokabel wie (die Dolmetscherin macht jeweils die entsprechende Gebärde): essen“, „trinken“ – sehr schöne Vokabel. Aber es gibt im Sommer auch Vokabel, die bei der Opposition sehr beliebt sind, bei den Regierungs-


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parteien nicht so, und ein Vokabel lautet: „Sondersitzung“. (Allgemeine Heiterkeit sowie allgemeiner Beifall.) – Schöne Ferien! (Abg. Sburny: Können wir es noch einmal sehen?) – „Sondersitzung“. (Die Dolmetscherin wiederholt die Gebärde.)

Wenn Sie eine Sondersitzung verlangen, dann können Sie in der „ZiB 1“ auch dieses Vokabel sehen, da die „ZiB 1“ jetzt vom ORF auch in Gebärdensprache übertragen wird – auch ein sehr wichtiger Schritt, wofür ich dem ORF auch danke und ihnen viel, viel Glück wünsche. – Danke. (Allgemeiner Beifall.)

15.44

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Herrn Abgeordnetem Dr. Huainigg eingebrachte Entschließungsantrag der Abgeordneten Huainigg, Partik-Pablé, Lapp, Haidlmayr, Amon, Rossmann, Niederwieser und Brosz ist hinreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Dieser Antrag ist zwar erst unmittelbar vor der Abstimmung eingebracht worden, aber da es ein Vier-Parteien-Antrag ist, gehe ich davon aus, dass ihn alle kennen, andern­falls würde ich die Sitzung unterbrechen. Ist es so? – Gut.

Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir kommen nun zur Abstimmung, wobei ich sie über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Abgeltung von Prüfungstätigkeiten im Bereich des Schulwesens mit Ausnahme des Hochschulwesens und über die – jetzt werde ich langsamer lesen, damit die Dolmetscherin nicht in Schwierigkeiten kommt – Ent­schädigung der Mitglieder von Gutachterkommissionen gemäß § 15 des Schulunter­richtsgesetzes geändert wird, samt Titel und Eingang in 570 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dieser ist in zweiter Lesung einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung für diesen Gesetzentwurf eintritt, den bitte ich um ein dies­bezügliches Zeichen. – Der Antrag findet auch in dritter Lesung die einmütige Zu­stimmung. Angenommen.

Nunmehr kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 25. Feber 1988, BGBl. Nr. 145, über das Unterrichts­praktikum geändert wird, in 571 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Brosz, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungs­antrag eingebracht.

Ich werde zunächst über den vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Brosz, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend die Ziffer 3 des Gesetzentwurfes eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Abänderungsantrag Brosz ein­treten, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, und daher ist der Antrag abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung der Ziffer 3 in der Fassung des Ausschussberichtes.


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Wer dafür eintritt, den bitte ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung für diesen Gesetzentwurf eintritt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Ich lasse jetzt abstimmen über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Abgeltung von bestimmten Unterrichts- und Erziehungs­tätig­keiten an Schulen im Bereich des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur und des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Was­serwirtschaft geändert wird, samt Titel und Eingang in 497 der Beilagen.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür eintreten, um ein Zeichen. – Der Antrag findet die einhellige Zustimmung.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung zustimmt, den bitte ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Unterrichtsausschusses, seinen Bericht 576 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer diesen Bericht zur Kenntnis nimmt, den bitte ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 576 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Wer für diese Entschließung eintritt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Diese ist einstimmig angenommen. (E 65.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Huainigg, Dr. Partik-Pablé, Mag. Lapp, Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend Prüfung von Unterstützungsmaßnahmen für Lehramts-Studierende mit Behinderung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Antrag ist einstimmig angenommen. (E 66.)

Ich danke den Gebärdendolmetschern herzlich!

11. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 413/A der Abgeordneten Werner Amon, MBA, Mares Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Akademien-Studiengesetz 1999 geändert wird (573 d.B.)


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12. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 415/A der Abgeordneten Werner Amon, MBA, Mares Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz geändert wird (574 d.B.)

13. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 296/A (E) der Abgeord­neten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausbau der Erwachsenenbildung (575 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 11 bis 13 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Brosz. Er wünscht, 6 Minuten zu uns zu sprechen. – Ich erteile Ihnen das Wort, Herr Kollege.

 


15.51

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Zu­nächst zum Antrag hinsichtlich des Titels „Diplom-Pädagoge“/„Diplom-Pädagogin“: Dieser Vorlage werden wir unsere Zustimmung erteilen. Die Diskussion, die wir im Ausschuss darüber hatten, war allerdings schon sehr treffend. Ein Kollege von der SPÖ meinte, ob das wieder ein Titel ohne Mittel sei. – Dazu: Ja, davon kann man wahrscheinlich im Moment sprechen!

Die Frage, die sich bei der LehrerInnenausbildung letztlich immer wieder daran knüpft – wenn man die getrennte Ausbildung fortschreibt, wie Sie es ja planen, obwohl man dann pädagogische Hochschulen hat –: Wie schaut es mit den dienst­rechtlichen Konsequenzen aus? Nach wie vor gibt es zwar eine getrennte Ausbildung, und auf pädagogischen Hochschulen wird die Ausbildung drei Jahre lang dauern, aber: Es wird hinsichtlich der Besoldung eine klare Trennlinie geben zwischen den an Universitäten und den an pädagogischen Hochschulen Ausgebildeten; darüber werden wir ja sicher noch intensivere Diskussionen führen.

Der Vorlage bezüglich des Titels „Diplom-Pädagoge“/„Diplom-Pädagogin“ wollen wir, wie gesagt, unsere Zustimmung geben. Wir haben uns jedoch trotzdem zu diesem Tagesordnungspunkt als Kontra-Redner gemeldet, weil da für uns der wichtigste Punkt – abgesehen von den landwirtschaftlichen Bereichen, zu denen Kollege Pirkl­huber dann noch etwas sagen wird – die Erwachsenenbildung ist.

Überraschenderweise hat es dazu ein Antrag der Opposition, in diesem Fall einer der SPÖ, ins Plenum geschafft. „Normalerweise“ ist es im Unterrichtsausschuss eine Seltenheit, dass es überhaupt dazu kommt, dass Anträge hier im Plenum diskutiert werden, da Anträge der Opposition im Unterrichtsausschuss, und zwar über Vertagun­gen, meistens „endentsorgt“ werden.

Diesmal haben es die Bundesregierung beziehungsweise die Abgeordneten der Regierungsparteien offensichtlich schon der Mühe wert gefunden, einen Antrag der SPÖ so zu verwässern, dass man das dann noch über einen eigenen Ent­schließungsantrag ins Plenum bringen kann.

Um auf den Inhalt einzugehen: Faktum ist, dass das Budget für die Erwachsenen­bildung in Österreich seit Jahren unterdotiert ist, dass es massive Rückgänge bei der


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Finanzierung gibt. Ihr „Argument“, Frau Bildungsministerin, ist dann immer: Das Bildungsministerium ist ja nur ein kleiner Teil jener Organisationen, die für Erwach­senenbildung zuständig sind! Das mag ja sein, nur: Das war schon immer so, aber mittlerweile ist dieser Teil noch kleiner geworden!

Wie Kollege Niederwieser in seinem Antrag treffend schreibt, ist es so, dass es eine Verdoppelung der Mittel, die im Bundesbudget hiefür zur Verfügung stehen, geben müsste, hätte man das Niveau des Jahres 1996 inflationsbereinigt erreichen wollen. Das zeigt ganz klar auf, wie drastisch die Situation ist! Laufend wird in OECD-Berichten Österreich aufgefordert, stärker an der Finanzierung mitzuwirken und diese Situation zu verbessern, was auch aus unserer Sicht dringend notwendig wäre.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch auf die von Ihnen in der Vorwoche vorgestellte Studie über die Beteiligung an Weiterbildung und Erwachsenenbildung in Österreich zu sprechen kommen. Da hat es die interessante Situation gegeben, dass es eben das Ziel der EU ist, dass sich 12,5 Prozent der Bevölkerung an Weiterbildungsmaßnahmen beteiligen. Noch im Jahre 2003 war es so, dass dieser Prozentsatz bei uns in Österreich bei 7,5 Prozent lag, und das große Ziel war: Wir wollen 12,5 Prozent erreichen!

Heuer – siehe da! – gibt es eine Studie: Mikrozensuserhebung Statistik Austria, und: punktgenau eine Beteiligung von 12,5 Prozent in Österreich! Jedoch – und da sind schon einige Fragen zu stellen –: Es gibt eigentlich keine wirkliche Ausweitung der Angebote, es gibt nicht mehr Geld, und trotzdem sind es auf einmal 5 Prozent der Bevölkerung mehr, die sich im Zeitraum Februar 2003 bis Frühjahr 2004 offensichtlich gedacht haben müssen: Weiterbildung wäre eigentlich super, das machen wir!

Meine Damen und Herren! Da muss man wirklich einmal die Zahlen hinterfragen und sich anschauen, ob das, was da angegeben wurde, einer Überprüfung standhält. Ich kann mir das, ehrlich gesagt, nicht vorstellen! Man weiß ja, wie Erhebungen gemacht werden: Wenn es eine leichte Änderung bei der Erhebungsform gibt, kommt es relativ schnell auch zu Veränderungen bei den Daten. Und so könnte es sein, dass man mit weniger Geld und mit zumindest nicht mehr Angeboten eine um 5 Prozent höhere Bildungsbeteiligung zusammenbekommt. Wenn man das auf diese Weise hoch­rechnet, wären wir hier bei uns in Österreich in den nächsten fünf Jahren bereits bei 40 Prozent, wären also europaweit an der Spitze!

Meiner Überzeugung nach reicht es nicht, lediglich gut gemachte Erhebungen durch­zuführen, sondern man muss danach trachten und darauf achten, dass in der Weiter- und in der Erwachsenenbildung in Österreich tatsächlich wieder etwas weitergeht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.55

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Neugebauer. Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


15.55

Abgeordneter Fritz Neugebauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Mein geschätzter Vorredner hat mit dem tief schürfenden Ausdruck „Titel ohne Mittel“ begonnen. – Ich darf Kollegen Brosz darauf hinweisen, dass es sich hiebei weder um einen Amtstitel noch um einen Berufstitel handelt, sondern um eine Berufsbezeichnung, so wie etwa auch „Diplom-Krankenpfleger“.

Die Berufsbezeichnung „Diplom-Pädagoge“/„Diplom-Pädagogin“ verändert die Ausbil­dung nicht, und daher fällt das sozusagen auch nicht unter das „Bauprinzip“ der


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Besoldung des öffentlichen Dienstes. Wäre das der Fall, hätte das natürlich dienst­rechtliche und besoldungsrechtliche Auswirkungen.

Diese Änderung in § 36a des Akademien-Studiengesetzes 1999 hat lediglich zur Folge, dass die bisher in der Entwicklung seit 1970 gestalteten Ausbildungsformen für die Pflichtschulen, die zwar nicht gleichartig, aber letztendlich gleichwertig dastehen, dass also all jene, die jetzt nicht die Möglichkeit hatten, eine sechssemestrige Ausbildung zu absolvieren, diese Berufsbezeichnung, und zwar über eigenen Antrag, ebenfalls tragen können.

Meine Bitte an die Frau Bundesministerin geht in die Richtung, nach der zu erwar­tenden einstimmigen Beschlussfassung die diesbezügliche Verordnung möglichst rasch zu erlassen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

15.56

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Pirkl­huber. Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


15.56

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Meine Damen und Herren! Mein Kollege Brosz hat ja bereits kritische Anmerkungen zu den vorliegenden Anträgen gemacht. Ich habe diesmal die durchaus erfreuliche Aufgabe, hier etwas Positives zu sagen, nämlich zur Änderung des Bundesgesetzes betreffend land- und forstwirtschaftliche Bundesschulen.

Meiner Ansicht nach wird hiemit ein wichtiger Schritt der Verschränkung von Theorie und Praxis gesetzlich verankert, dass es eben hinsichtlich dieser Bundes-Lehranstalten mit den dortigen Bundesversuchswirtschaften beziehungsweise Bundeseinrichtungen, die in Forschung und Wissenschaft tätig sind, zu einer engeren Zusammenarbeit kommt. Das betrifft vor allem die Höhere Bundeslehranstalt und Versuchsanstalt für Gartenbau Wien-Schönbrunn, weiters die Höhere Bundeslehr- und Forschungsanstalt für Landwirtschaft, Landtechnik und Lebensmitteltechnologie in Wieselburg sowie die Bundeslehr- und Forschungsanstalt für Landwirtschaft Raumberg-Gumpenstein und die Höhere Bundeslehranstalt und Bundesamt für Wein- und Obstbau in Kloster­neuburg; Einrichtungen also, die sehr spezielle Bereiche der Landwirtschaft betreffen.

Ich möchte hiezu allerdings die Anregung machen, Frau Bundesministerin – da sich zum Teil an diesen Standorten auch Fachhochschullehrgänge befinden, so zum Bei­spiel der Fachhochschullehrgang für den ländlichen Raum in Wieselburg –, dass es schon zweckmäßig wäre, wenn die entsprechenden Einrichtungen dazu genutzt würden, dass Bereiche wie erneuerbare Energieträger und Zukunftsstrategien, so etwa biologischer Landbau, verstärkt Eingang in diese Fachhochschul-Studiengänge fän­den. (Beifall bei den Grünen.)

Noch einige kurze Anmerkungen: Mir wurde in einer Anfragebeantwortung zu einer Frage zur Ausbildung im pädagogischen Bereich, der nicht im engeren Sinn in Ihren Kompetenzbereich fällt – an sich ist bis dato der Landwirtschaftsminister dafür zuständig gewesen –, nämlich zu den agrarpädagogischen Akademien, gesagt, diese sollen umgewandelt werden in ein Bakkalaureatsstudium an der Universität für Bodenkultur.

In dieser Anfragebeantwortung hat mir Bundesminister Pröll mitgeteilt, dass eine vertragliche Vereinbarung zwischen dem Land- und Forstwirtschaftsministerium und Ihrem Ministerium, Frau Bundesministerin Gehrer, in Ausarbeitung sei. – Daher folgen­de Fragen: Wie sieht es konkret mit dieser Einrichtung aus? Wurde das bereits um­gesetzt? Gibt es hiezu eine vertragliche Vereinbarung? Ist ein solches Bakkalaureats-


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studium bereits eingerichtet? – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der SPÖ.)

15.59

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Schasching 3 Minuten zu uns. – Bitte.

 


15.59

Abgeordnete Beate Schasching (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zum Tagesordnungspunkt Akademien-Studiengesetz zu sprechen, habe ich mir vorgenommen, und zwar über die Verleihung eines Diplom­grades für Pädagogen.

„Diplom-Pädagoge“ – gut, schön, hat keine Auswirkungen aufs Budget, leider auch keine Auswirkungen auf die Qualität und schon gar keine Auswirkungen auf dringend notwendige Veränderungen in pädagogischer oder schulorganisatorischer Hinsicht. Schulschluss ist, und Schulschluss ist leider für viele Lehrerinnen und Lehrer in Österreich ein für alle Mal, wissen wir doch, dass viele von denen, die sich vielleicht jetzt den Titel „Diplom-Pädagogin“ sozusagen abholen könnten, für immer Schul­schluss haben, denn es wird Hunderte geben, die nach Ende dieses Schuljahres nicht mehr in ihre Schule zurückkehren können. Und um diese tut es mir ganz besonders Leid, denn diese Lehrerinnen und Lehrer bekommen ihre Verträge nicht verlängert.

Das muss man auch anführen, wenn man sagt: Schulschluss ist!

Schulschluss ist aber auch für Tausende Schülerinnen und Schüler, die negativ abgeschlossen haben. Ihre Eltern investieren nun in den Ferien – oder vielleicht haben sie es auch schon während der Schulzeit getan – in teure Nachhilfestunden. Eine Studie der Arbeiterkammer sagt uns, dass es in Österreich mittlerweile zu einem Höchst­stand dieser Ausgaben, nämlich zirka 100 Millionen € jährlich, gekommen ist.

Sehr verehrte Damen und Herren! Geschätzte Frau Bundesministerin! Diese Zahl sollte einen schon zum Nachdenken anregen, denn wir wissen, dass mitschuld an diesen immer höher steigenden Kosten für Privatunterricht durchaus auch das Zurück­fahren der Qualität in unseren Schulen ist. Mitschuld an diesen eklatanten Ausgaben ist die Stundenkürzung, mitschuld sind mit Sicherheit Klassenzusammenlegungen, das Wegfallen von Förder- und Stützunterricht und die eine oder andere Unverbindliche Übung, die uns fehlt.

Vor diesem permanenten Qualitätsverlust können uns kein Titel und auch keine neue Berufsbezeichnung retten, Frau Bundesministerin, auch wenn wir hier gerne zustim­men. Was uns aber vielleicht retten könnte – und dazu fordere ich Sie alle auf –, ist, die Zukunftskommission und die reformpädagogischen Ansätze wirklich ernst zu nehmen und sich die Zeit zu nehmen und die Mühe zu machen, die Ergebnisse auch dahin gehend zu lesen, dass es sehr wohl auch Reformen und Veränderungen in organisatorischer Hinsicht geben soll.

In diesem Sinne schöne Ferien! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.02

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Bundesministerin Elisabeth Gehrer. – Ich erteile Ihnen das Wort, Frau Bundesministerin.

 


16.02

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich verstehe nicht ganz die Sehnsucht der Opposition, unser Schulwesen permanent schlecht zu reden. Wir haben ein gutes Schulwesen mit besten


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Lehrern und Lehrerinnen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

Und ich glaube, der Schulschluss sollte Anlass sein, den Lehrern und Lehrerinnen für ihren Einsatz und für das, was alles sie an der Schule neben der Unterrichtstätigkeit machen, ein aufrichtiges Danke zu sagen. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Herr Kollege Rada hat in der vorhergehenden Diskussion gesagt, Unterrichtstätigkeiten werden zurückgeschraubt, Prüfungstätigkeiten werden zurückgeschraubt. – Das stimmt einfach nicht! Die Unterrichtstätigkeit für die Lehrer und Lehrerinnen ist nicht zurückgeschraubt worden. Sie leisten unglaublich viel! Sie leisten noch mehr, weil sie sich an der Zukunftsdiskussion beteiligen. Die Prüfungstätigkeiten haben zugenom­men, weil jährlich 600 bis 700 Lehrlinge, die die Berufsreifeprüfung machen, zu den Prüfungen kommen. Das heißt, Lehrer und Lehrerinnen haben noch viel mehr im Prüfungsbereich zu tun.

Zu der heutigen Beschlussfassung, dass wir allen guten Pädagoginnen und Päda­gogen in Österreich, wenn sie es wollen, den Titel „Diplompädagoge“ geben, halte ich Folgendes fest:

Lehrer und Lehrerinnen in Österreich leisten viel, haben die beste Ausbildung, und wir wollen alles dazu beitragen, damit das, was sie können, was sie tun, in der Öffent­lichkeit, in der Bewusstseinsbildung den richtigen Stellenwert hat. Und Sie wissen ganz genau, dass, wenn man ausschildert, dass die Lehrer und Lehrerinnen diplomierte Pädagogen, diplomierte Pädagoginnen sind, dann auch ihr Stellenwert in der Gesell­schaft steigt, diese Tätigkeit dann auch im Bewusstsein der Menschen als eine Tätigkeit mit Diplom verankert ist. Und ich glaube, das ist wichtig. Es ist neben der besten Ausbildung, neben einer guten Basis zur Finanzierung, wie wir sie haben, auch wichtig, dass wir im Bewusstsein der Österreicher und Österreicherinnen den Stellen­wert unserer Lehrer und Lehrerinnen entsprechend verankern. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich danke allen, die diesem Gesetz zustimmen. Wir legen damit eine gute Basis für die besten Bildungsangebote in Österreich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

16.04

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rossmann. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


16.05

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Ich möchte noch einmal zurückkommen auf die Gebärdendolmetscherin (Abg. Heinisch-Hosek: Zwei!), die heute hier die Möglichkeit hatte, uns durchaus symbolisch die Gebärdensprache zu demonstrieren. Es war wirklich eine schöne Geste, wir freuen uns darüber, und ich bedanke mich auch dafür. Es war aber symbolisch, glaube ich, und es ist eigentlich traurig, dass das rein symbolisch war und dass man nicht allgemein bei interessanten Debatten, die auch vom Fernsehen übertragen werden, eine Gebärdendolmetscherin hat. Das wäre nämlich sinnvoll. Ich sehe das daher nur als ersten Schritt und hoffe, dass diese Personen, das heißt jene, die das wirklich brauchen, auch einmal die Möglichkeit haben werden, an den parlamentarischen Sitzungen teilhaben zu können.

Zur Frau Kollegin Schasching: Ich bin bei Ihnen, Nachhilfe, das ist ein Thema, das auch mich sehr beschäftigt, seit mehr als zehn Jahren beschäftigt. Ich habe auch zwei schulpflichtige Kinder. Eine ist noch in der sechsten Klasse, die Zweite hatte auch Nachhilfe in verschiedenen Phasen, und ich habe mich oft gefragt, warum das


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notwendig ist. Ich glaube, ein Grund liegt schon auch darin, dass es einen großen, einen maßgeblichen Autoritätsverlust der Lehrer gibt. Dieser ist durch eine falsche Bildungspolitik von sozialdemokratischen Bildungsministern eingeleitet worden, von der 68er-Generation. Dort ist der Ursprung. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Lehrer haben heute nahezu keine Handhabe mehr, Kinder dazu zu bringen, am Unterricht teilzuhaben, wenn sie das bei Gott nicht wollen. Und wenn sie keine Aufgaben bringen, gibt es ebenfalls fast keine Handhabe für die Lehrer mehr. Und dann ist halt die letzte Konsequenz Nachhilfe. Das ist, glaube ich, das Grundübel.

Frau Bildungsminister! Ich habe wirklich eine große Bitte an Sie. Vielleicht gelingt es einmal, im Rahmen einer Studie dieser Sache auf den Grund zu gehen; ich glaube, es muss der gesamte Nachhilfebereich wirklich einmal tiefgründig erforscht werden.

Ganz kurz noch zum vorliegenden Antrag das Diplom betreffend. Wir haben dem auch als Anerkennung für die Lehrer zugestimmt, dass sie nach vier- und sechssemestriger Ausbildung das Diplom des Diplompädagogen bekommen. Es ist kein Amtstitel, es ist nur eine Bezeichnung. Man kann jetzt generell darüber sprechen, wie wichtig nach wie vor Titel in Österreich sind. Ich habe da einen anderen Zugang, aber ich sage, die Lehrer verdienen es, als Diplompädagogen bezeichnet zu werden, aber nur dann, wenn man sie mit Möglichkeiten ausstattet, die ihnen eine entsprechende Autorität in der Klasse verleihen. Ich glaube, das wird ein wichtiger Schritt sein. Die Lehrer müssen Schüler auch wieder motivieren können – ein Umstand, auf den auch in der Jung­lehrerausbildung Bedacht genommen werden muss.

Ich sage Ihnen – auch wenn Sie das Bildungssystem noch so schlecht reden –: Unsere Lehrer sind gut, und die Schüler sind lernwillig, sie brauchen nur manchmal auch den Fingerzeig. Und da müssen auch die Eltern mit einbezogen werden, es kann nicht alles nur auf die Schule abgeschoben werden. Die Erziehung, die Motivation der Kinder zum Lernen sind auch Aufgaben des Elternhauses. Dass Erziehung nicht nur allein von der Schule geleistet werden kann, da sind wir uns, glaube ich, alle einig. – Danke sehr. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.08

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hütl. 3 Minuten. – Bitte.

 


16.08

Abgeordneter Dipl.-Ing. Günther Hütl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte nun auf das Bundesgesetz eingehen, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Bundes­schulgesetz geändert wird.

Eine multifunktionale Land- und Forstwirtschaft benötigt sowohl für die Ausbildung der verschiedensten Erwerbskombinationen als auch im Bereich der mittleren Führungs­ebene eine umfassende und fundierte Ausbildung, die eine Anpassung in den Lehr­plänen erfordert. Die neuen Lehrpläne treten ja jetzt im Herbst 2004 in Kraft.

Vor dem mehrsprachigen Hintergrund der Europäischen Union und bei steigender internationaler Ausrichtung des Agrarsektors erhält die Fremdsprachenkompetenz eine besondere Bedeutung. Konkret bedeutet das nun, dass in allen Fachrichtungen mit Ausnahme der Fachrichtung „Land- und Ernährungswirtschaft“ zusätzlich zum Pflicht­gegenstand „Lebende Fremdsprache“ alternativ die Pflichtgegenstände „Zweite leben­de Fremdsprache“ beziehungsweise ein Englischfachseminar eingeführt werden. Mit diesem Fachseminar kann sogar das Niveau „Independent User B2“ und in einzelnen Fertigkeiten das Niveau des „Proficient User C1“ erreicht werden.


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Ganz kurz auch noch zum Abänderungsantrag zu dieser Regierungsvorlage. Sie wissen ja, wir haben vor wenigen Wochen im Rahmen des Agrarrechts­änderungs­gesetzes Artikel 6 die Zusammenlegung einiger Bundesanstalten und Forschungs­institute in Wieselburg und in Raumberg beschlossen, um neue, starke und effiziente regionale Bildungs- und Forschungscluster zu schaffen: die Bundesanstalt für Land­technik in Wieselburg mit der höheren Bundeslehranstalt Francisco Josephinum und die höhere Bundeslehranstalt in Raumberg mit der Bundesanstalt für alpenländische Landwirtschaft.

Ich würde auch die Idee aufgreifen, neue FH-Studiengänge einzuführen, um diese Forschungs- und Bildungscluster vielleicht noch weiter zu stärken.

In diesem Abänderungsantrag geht es nun darum, die schulrechtlichen Grundlagen für diese Neuorganisation zu schaffen. Die Änderung dieses Land- und forstwirt­schaft­lichen Bundesschulgesetzes soll nun parallel mit dem Bundesgesetz über die Bundesanstalten am 1. Jänner 2005 in Kraft treten.

Zum Akademien-Studiengesetz. Ich freue mich, dass das mit der Verleihung des Diplomgrades nun gelungen ist, und ich gratuliere von dieser Stelle aus den neuen Diplompädagoginnen und Diplompädagogen sehr herzlich zu diesem Titel, insbe­sondere den Lehrerinnen und Lehrern aus dem Mostviertel, ganz besonders jenen aus meinem Bezirk Scheibbs. (Beifall bei der ÖVP.)

Abschließend möchte ich mich auch bei den zuständigen Ministern, bei allen Mit­arbeitern des Bildungsministeriums, des Lebensministeriums und bei den Schulen bedanken, die an diesem Land- und forstwirtschaftlichen Bundesschulgesetz bezie­hungsweise an den neuen Lehrplänen mitgearbeitet haben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

16.11

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Rada. 3 Minuten. – Bitte.

 


16.12

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Es wird ja allmählich langweilig, wenn ich mich jedes Mal zu Beginn meiner Rede mit Ausführungen der Frau Abgeordneten Rossmann zu beschäftigen habe, möchte aber trotzdem zu der von Ihnen erwähnten angeblich verfehlten Unter­richtspolitik der Sozialdemokraten festhalten: Seit zehn Jahren gibt es einen Unter­richtsminister, der kein Sozialdemokrat ist! – Das nur für Sie, Frau Abgeordnete Rossmann.

Und wenn Sie das noch verstärken wollen, was Autorität in der Klasse bedeutet, dann machen Sie bitte eine andere Unterrichtspolitik, eine andere Schulpolitik, dann setzen Sie endlich die Klassenschülerhöchstzahl herunter! Dann werden es nämlich auch die Lehrer leichter haben, wenn sie mit 25 oder 24 Kindern arbeiten können anstatt mit 30, wie es derzeit der Fall ist. Aber das war nur ein kurzer Ausflug zu den Ausführungen von Frau Abgeordneter Rossmann.

Diplompädagoge: klingt unheimlich gut; es handelt sich hier um eine Berufs­bezeichnung. Ich möchte jetzt nicht alle anderen „Diplom“-Titel schmälern. Ein Diplom­ingenieur hat in Österreich einen Stellenwert, und zwar deswegen, weil er ein ganz anderes Gehaltsschema hinter sich hat. Und weil wir das bei den Lehrern nicht wollen, uns das nicht leisten können, weil wir Lehrer abqualifizieren, geben wir ihnen halt einen „Diplompädagogen“.

Meine lieben Kollegen von den Regierungsparteien! Wenn es Ihnen ernst damit wäre, Lehrerinnen und Lehrer in all den Bereichen, in denen sie arbeiten, von der Grund-


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schule bis zur Sekundarstufe I und II, gleichsetzen zu wollen, dann brauchen Sie dafür nicht unterschiedliche Titel! Warum gibt es dort einen Magister und da einen Diplompädagogen? Warum gilt für den Magister ein anderes Gehaltsschema als für jenen, der „nur“ Diplompädagoge ist, obwohl beide die gleiche Arbeit für die 10- bis 14-Jährigen machen, ohne jetzt den Begriff „Diplom“ schmälern zu wollen? Es ist dies eindeutig ein klares Bekenntnis dazu, dass Sie diese beiden Lehrergruppen, die die gleiche Arbeit verrichten, nicht gleichgestellt haben wollen, und das müssen wir auch in diesem Zusammenhang festhalten, obwohl – grundsätzlich –: besser „Diplompäda­goge“ als überhaupt kein Titel.

Zur Erwachsenenbildung in wenigen Sätzen. Viel zu wenig wird hier getan. Wir alle, die wir uns im Schulbereich bewegen, wissen, dass viele Schülerinnen und Schüler im Alter von 14 bis 16 Jahren vieles erleben wollen, nur Lehrer wollen sie keinen mehr sehen. Daher wollen sie aus diesem traditionellen Bildungsbereich aussteigen – aber mit Begeisterung zu einem späteren Zeitpunkt wieder einsteigen. Es ist aber für sie dann mit sehr hohen Kosten verbunden, vieles, was in dieser Zeit vertan, versäumt, nicht gewollt wurde, wieder nachzuholen. Wir haben klare und deutliche Signale, dass die Wirtschaft ein lebenslanges begleitendes Lernen benötigt und verlangt – wir brauchen deshalb die Erwachsenenbildung. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.15

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Felzmann. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


16.15

Abgeordnete Carina Felzmann (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Erfreulich ist, dass wir uns im Ausschuss bei vielen Punkten und Anträgen einigen konnten, dass wir hier doch eine Gemeinsamkeit gefun­den haben. Erfreulich ist auch, dass am 2. Juli in der APA unter dem Titel „Er­wachsenenbildung“ stand: „Österreich erreicht das von der EU für 2010 formulierte Ziel einer Weiterbildungsquote von 12,5 Prozent schon heuer.“ (Beifall bei der ÖVP.)

Diese Erhebung der Statistik Austria zum lebenslangen Lernen hat ergeben, dass wir schon heuer mit diesen genannten 12,5 Prozent die anderen überflügeln; der EU-Durchschnitt liegt nämlich bei 9,7 Prozent. Vielleicht nur kurz zur Erklärung dieser Prozentangaben: Der EU-Maßstab für diese Weiterbildungsquote ist die Anzahl der 25- bis 65-jährigen Menschen, die an einer Weiterbildung teilnehmen. Neben dem formalen Lernen wie dem Besuch einer Universität, einer Institution des tertiären Bildungssektors wird auch das nicht formale Lernen – wie Kurse am Wifi, an der Volkshochschule et cetera – erhoben. Diese Zahlen freuen uns sehr! Angesichts dessen können wir unserer Bundesministerin als Weichenstellerin dankbar sein und auch eine Gratulation an all jene aussprechen, die diese Kurse besucht haben und die damit einem ÖVP-Grundsatz, der ja auch im Programm verankert ist, nämlich dem Grundsatz des lebenslangen Lernens, gedanklich sehr nahe stehen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Auch wenn Kollege Brosz und andere diese Zahlen hinterfragen, Faktum ist, sie liegen nun einmal auf dem Tisch, und es ist auch eine Tatsache, dass 21,8 Prozent unserer Bevölkerung, das heißt der über 15-Jährigen, bereits an den Weiterbildungs­maßnahmen teilnehmen.

Es hat uns erstaunt, dass Kollege Niederwieser diesen Antrag im Ausschuss ein­gebracht hat, weil wir sehr wohl sehen, auch was die Ausgaben betrifft, dass hier eine Veränderung zum Besseren stattgefunden hat. Auch was die Personenanzahl betrifft: 1998 bereiteten sich 2 080 Personen auf die Berufsreifeprüfung vor, heute sind es rund


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7 000 Menschen. Das sind immerhin dreieinhalb Mal so viele! Ebenso bei den Fördermitteln: 1998 wurden 210 000 € an Budgetmittel in diesem Bereich eingesetzt, 2004 1,6 Millionen €. Zu den berufsbegleitenden FH-Studiengängen: 1998 wurden dafür 6,4 Millionen € eingesetzt, heute ist der Beitrag fünfmal so hoch und liegt bei rund 33 Millionen €.

Wir werden im Herbst weiterführende Strategie diskutieren und eine Steuerungsgruppe einsetzen, die sich mit der Definition der strategischen Zielsetzung bis zum Jahr 2010 beschäftigen wird. Es sollen thematische Schwerpunkte ausgearbeitet, organisato­rische und zeitliche Eckpunkte zum Thema „Erwachsenenweiterbildung“ geklärt werden.

Wir laden Sie ein, werte Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, genauso wie beim großen Dialog „klasse:zukunft“ daran mitzuwirken, um hier mit uns an einem Strang zu diesem wesentlichen Thema „Bildung in Österreich“ zu ziehen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

16.19

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


16.19

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zuerst eine kurze Replik auf die Ausführungen der Frau Bundesministerin, die uns – wie so gern in den Bildungs­debatten – vorgeworfen hat, die Opposition würde das Schulsystem schlecht reden.

Frau Bundesministerin, Ihre Politik zu kritisieren, heißt nicht, das Schulsystem schlecht zu reden! Verwechseln Sie das bitte nicht! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Wir haben ein gutes Schulsystem, aber wir haben die Sorge, dass dieses Schulsystem durch Ihre Politik kaputtgespart wird. Wir haben ein gutes Schulsystem, aber wir sehen viele Notwendigkeiten, dieses gute System zu verbessern und weiterzuentwickeln. Und da eine kurze Replik auf die vorherige Debatte über Hauptschulen am Land, Chancen, weiterführende Schulen, Studien: Natürlich ist es noch immer von großer Bedeutung, wo man aufwächst. Die soziale und die regionale Herkunft haben nach wie vor eine viel zu große Bedeutung für spätere Bildungschancen. Ich würde Ihnen gerne mehr Zahlen dazu nennen, werde mich aber nur auf ganz wenige beschränken.

Bei Mädchen aus der Stadt, deren Eltern ein Studium abgeschlossen haben, sind es 59 Prozent, die auch ein Studium abschließen. Hingegen sind es bei Mädchen vom Land, deren Eltern lediglich eine Pflichtschulbildung haben, nur 2 Prozent, die ein Studium abschließen. Schon diese beiden Zahlen zeigen deutlich, dass noch viel zu tun ist. Nicht zuletzt wären Vorschläge von der eigenen Zukunftskommission aufzu­greifen. Das halte ich für sehr wichtig. Da gäbe es viele notwendige Ansatzpunkte.

Nun zum Thema „Erwachsenenbildung“, zu dem ich auch ein paar Bemerkungen machen möchte. – Ich verstehe die vorherigen Ausführungen nicht, denn Faktum ist, dass das Budget für die Erwachsenenbildung einen historischen Tiefstand erreicht hat. Würde man versuchen, auf das Niveau des Jahres 1996, und zwar inflations­angepasst, zu kommen, so würde das eine Verdoppelung des Ansatzes von 2003 bedeuten. Daraus ist die Dramatik in der Entwicklung klar ersichtlich.

In Sonntagsreden und in Regierungsprogrammen bekennt man sich zwar immer wieder dazu, aber die dafür notwendigen finanziellen Mittel werden nicht zur Verfügung gestellt.


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Um da zu fördern und zu unterstützen, ist es notwendig, an zwei Punkten anzusetzen: Es geht einerseits um Geld für diejenigen, die sich weiterbilden wollen, und anderer­seits um Zeit, da eine Unterstützung zu finden.

Es gibt wunderbare Programme der SPÖ zu beiden Punkten aus dem Netzwerk „Innovation“ – man darf auch ein bisschen Eigenwerbung betreiben –:

Erster Punkt: Da geht es um die Frage der finanziellen Unterstützung – in der Kürze der Zeit kann ich das leider nicht genauer ausführen –, wo es darum geht – Stichwort: Bildungsprämie –, eine Kombination aus Eigenleistung, aus Eigenverantwortung und aus sozial differenzierter staatlicher Unterstützung zu finden.

Zweiter Punkt: Da geht es um die Frage der Weiterentwicklung der Flexibilisierung der Bildungskarenz. Leute, die sich neben ihrem Beruf einer Weiterbildung unterziehen, haben häufig das Problem, dass sie mit der derzeitigen Form der Bildungskarenz nicht zurechtkommen. Dazu gibt es seitens der SPÖ auch Vorschläge. Ein entsprechendes Programm beziehungsweise ein entsprechendes Konzept der SPÖ liegt vor. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.22

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Großruck. – Bitte. (Abg. Faul – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Großruck –: Bitte keinen Vierzeiler! Verschonen Sie uns! – Gegenrufe bei der ÖVP: O ja!))

 


16.22

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Herr Präsident! Herr kommender Diplompädagoge Faul! Ich nehme an, dass du, wenn das Gesetz beschlossen wird, gleich darum ansuchen wirst. (Heiterkeit bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Man kann natürlich das Akademien-Studiengesetz sehen, wie man will. Wenn man es negativ sieht, sagt man: Ein Titel ohne Mittel! Wenn man es positiv sieht, so wie wir, dann sagt man: Es ist eine Anerkennung der Leistung unserer Pflichtschullehrerinnen und Pflichtschullehrer, um, wie heute schon angeklun­gen ist, ihren Stellenwert in der Gesellschaft zu erhöhen! – Das ist ein wichtiger, erster Schritt, dem sicherlich noch weitere folgen werden!

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich diese Gelegenheit auch dazu nützen, ein Dankeschön auch unseren vielen Pflichtschullehrerinnen und -lehrern zu sagen. Das, was wir, was die Gesellschaft, was die Schüler und was die Eltern von ihnen verlangen, ist fast schon etwas schier Unmögliches.

Die Schüler verlangen von ihnen eine freie Entwicklung und eine optimale Wissens­vermittlung. Darüber hinaus soll der Lehrer eine Bezugsperson, ein Freund und ein Kumpel sein, er soll Autorität haben und immer gute Noten geben.

Die Eltern verlangen von den Lehrern Erziehungspartnerschaft. Sie verlangen, dass die Schule und dort die Lehrer die Aufgaben des Elternhauses übernehmen, was Erziehung anbelangt. Sie sollen Aufsichtspersonen und Freizeitgestalter in einem sein.

Auch die Öffentlichkeit hat Wünsche und Forderungen an die Lehrer, an die Schulen. Stichworte: verlässliche Schule, Schule nach Maß, Professionalisierung und Stärkung des Lehrberufes, effektives Schulmanagement, fit für Berufe von morgen.

All das sind legitime Anforderungen, die an die Lehrerinnen und Lehrer gestellt werden, und sie meistern sie auch. Dafür möchte ich ihnen ein ganz großes Dankeschön von unserer Fraktion sagen. Allzuoft werden sie ja von verschiedener Seite kritisiert.

Herr Dr. Rada, Sie haben vorhin gesagt, wir würden die Lehrer runtermachen; so habe ich es zumindest verstanden. Ich verstehe nicht, wie Sie darauf kommen. Das ist ein


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völliger Unsinn! Dem muss man sofort entgegentreten, wenn so etwas behauptet wird! Im Gegenteil: Wir wissen um den Stellenwert unserer Pädagogen!

Meine Damen und Herren! In der Pädagogik würde man sagen: Wir verlangen – in der Landwirtschaft kennt man den Begriff einer Eier legenden Wollmilchsau oder so ähnlich – erziehende, Bildung vermittelnde, Werte vermittelnde, leistungsfördernde, freundliche, kompetente „Wunderpädagogen“. (Abg. Neugebauer: Sie können es auch!) Wir verlangen es – und sie können es auch! Dafür ein herzliches Dankeschön!

Meine Damen und Herren! Abschließend kommt mein Vierzeiler. Den lassen Sie mich aber im Hinblick auf die gestrige Angelobung unseres Herrn Bundespräsidenten sagen, denn auch von ihm verlangen wir viel. Wir verlangen von ihm viel, die Erwartungen an ihn sind hoch, und ich möchte ihm ein paar Wünsche mitgeben.

Wir wünschen ihm fürs Vaterland

eine umsichtige Hand,

ich meine, er hat nichts dagegen,

wir wünschen ihm auch Gottes Segen!

(Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Faul: Da haben wir schon bessere gehört!)

16.26

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Walther. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


16.26

Abgeordnete Heidrun Walther (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Zu den angesprochenen Themen möchte ich nur ein paar Feststellungen treffen.

„Diplompädagogin“/„Diplompädagoge“: Diese Berufsbezeichnung ist nicht abzulehnen. Dass in der Frage der gleichwertigen, der gleichen Besoldung der Lehrer der 10- bis 14-jährigen noch einiges zu klären ist, hat schon Kollege Rada angemerkt.

Die Zusammenlegung von land- und forstwirtschaftlichen Schulen zu Forschungs- und Bildungsclustern hat Kollege Hütl bereits ausführlich behandelt. Es ist zu begrüßen, dort, wie Kollege Pirklhuber angeregt hat, Fachhochschulstudiengänge zu installieren. Das sollte geprüft werden. Es ist auf jeden Fall positiv zu sehen.

Nun ein paar kurze Bemerkungen zur Erwachsenenbildung. Diese liegt derzeit im Argen. Angesichts der Forderung des lebenslangen Lernens ist das unbedingt zu sanieren. Das ist eine Aufgabe, die man für das nächste Jahr planen sollte, die man nicht aus dem Auge verlieren darf.

Weiterer Punkt: Schlechtreden zum Schulschluss. – Auch unsere Fraktion bedankt sich selbstverständlich bei allen Lehrerinnen und Lehrern für ihre Tätigkeit in vergangenen Jahren, bedankt sich für ihre Leistungen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Man darf jedoch angesichts der wirklich herzzerreißenden Szenen in Schulen, wenn Kinder ihre Lehrer verlieren, weil diese viel zu früh in Pension geschickt werden, ein bisschen mit ihnen trauern und Wehmut verspüren.

Ich möchte am Schluss meiner Ausführungen mit einer Fata Morgana aufräumen: Auch ich bin in meinem Wahlkreis auf die angeblichen Pläne des SPÖ-Vorsitzenden Gusenbauer, nämlich der Zusammenlegung aller Schulen mit weniger als 300 Schülern, und zwar für einen Direktorsposten, angesprochen und kritisiert worden. (Abg. Mag. Molterer: Das ist ein SPÖ-Vorschlag! – Abg. Scheibner: Die „Fata Mor-


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gana“ hat einen realen Hintergrund!) Ich möchte klarstellen, dass das keine Aussage des SPÖ-Vorsitzenden Gusenbauer ist, sondern dass das Überlegungen von SPÖ-Leuten im Österreich-Konvent sind, und zwar zu der Frage – und die ist ja wirklich eine brennende –: Was macht man dagegen, dass auf dem Land immer mehr Schulstandorte geschlossen werden? Was macht man in einer solchen Situation?

Das Problem ist weiterhin ungelöst! Aber es ist so behandelt worden und nicht anders. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.29

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Rada zu Wort gemeldet. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


16.29

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Hohes Haus! Herr Abgeordneter Großruck hat vorhin behauptet, dass ich gesagt hätte, die Regierungsparteien machen die Lehrer runter. – Sie haben das etwas anders formuliert! Das habe ich nicht gesagt!

Ich behaupte und berichtige Sie tatsächlich, dass Sie nicht bereit sind, Grund­schullehrer, AHS-Lehrer und Pflichtschullehrer für die gleiche Arbeit gleich zu entlohnen und diese gleichzustellen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Großruck: Das war keine tatsächliche Berichtigung, sondern eine Wortmeldung!)

16.30

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Diese tatsächliche Berichtigung war grenzwertig. – Letzte Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. – Bitte.

 


16.30

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Die Notwendigkeit lebensbegleitenden Lernens ist unbestritten, daher kommt der Erwachsenenbildung eine überaus große Bedeutung zu. Sie kann nach der Schule und nach der Universität als dritte Säule bezeichnet werden. Allerdings bröckelt das Fundament dieser Säule ganz erheblich, denn es sind, wie wir schon mehrmals gehört haben, die finanziellen Mittel dafür in den letzten Jahren sehr gekürzt worden.

Schauen wir uns einmal die Zahlen an, da es doch immer um Zahlen geht!

Es sind im Jahr 2003 für die Erwachsenenbildung nur 9 Millionen € aus dem Budget des Bildungsministeriums zur Verfügung gestanden. Das ist ein international sehr niedriger Wert! Zum Vergleich: Finnland hat im Jahr 2003 rund 550 Millionen € für die Erwachsenenbildung ausgegeben. Man sieht: Das ist eine unwahrscheinliche Dif­ferenz! Diese Zahlen sind sehr eindrucksvoll! Sie zeigen, auf welchem Niveau in Österreich das lebensbegleitende Lernen angesiedelt ist – obwohl das Problem­bewusstsein vorhanden ist, obwohl wir wissen, dass sich in unserer Zeit das Wissen immer schneller verändert und es ohne lebensbegleitendes Lernen gar nicht mehr geht.

Es gibt das Beispiel eines durchschnittlichen Amerikaners. Da heißt es, dass ein Amerikaner mit Hochschulabschluss in 40 Arbeitsjahren rund 15-mal die Stelle wechselt und dabei seine Kenntnisbasis wenigstens dreimal komplett auswechselt.

Was also fehlt, sind auf der einen Seite Konzepte, aber auch die ausreichende Dotierung in der Erwachsenenbildung auf der anderen Seite.


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Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Daher appelliere ich an Sie: Stimmen Sie unserem Antrag auf eine umfassende Erwachsenenbildung zu! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und des Abg. Dr. Grünewald.)

16.32

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlusswort des Berichterstatters wird nicht gewünscht.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Akademien-Studiengesetz 1999 geändert wird, samt Titel und Eingang in 573 der Beilagen.

Der vorliegende Entwurf kann im Sinne des Artikels 14 Abs. 10 B-VG nur in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen beschlossen werden.

Somit stelle ich zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte nun jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dieser ist einstimmig angenommen.

Ich stelle die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung dem vorliegenden Gesetzentwurf die Zustimmung erteilt, den bitte ich um eine entsprechendes Zeichen. – Frau Kollegin Mandak, bitte! (Abg. Mandak erhebt sich nun auch von ihrem Sitz.) Jetzt ist es einstimmig.

Auch in dritter Lesung findet der Gesetzentwurf die einstimmige Zustimmung und hat damit die Zweidrittel-Hürde genommen.

Ich komme nun zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 574 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich auch in dritter Lesung dafür aus­sprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist auch in dritter Lesung einstim­mig angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Unterrichtsausschusses, seinen Bericht 575 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu Ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Der Antrag findet die Mehrheit des Hohen Hauses und ist somit angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 575 der Beilagen beigedruckte Entschließung.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Diese Ausschussentschließung findet die Mehrheit des Hohen Hauses und ist somit angenommen. (E 67.)

14. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regie­rungs­vorlage (517 d.B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Slowakischen Republik über wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit (602 d.B.)

15. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 414/A der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Mag. Dr. Magda Bleckmann, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitäts­gesetz 2002 geändert wird (603 d.B.)

16. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 185/A (E) der Abgeordneten Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Studiengebühren und Verbesserungen des Studienförderungs­gesetzes (604 d.B.)

17. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 186/A (E) der Abgeordneten Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Studium (605 d.B.)

18. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 214/A (E) der Abgeordneten Josef Broukal, Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend 100 Millionen Euro als Sofortmaßnahme für die Universitäten (606 d.B.)

19. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 341/A (E) der Abgeordneten Josef Broukal, Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend 100 Millionen Euro als Sofortmaßnahme für die Universitäten (607 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zu den Punkten 14 bis 19 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.


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Zu Wort gemeldet ist als Erster Herr Abgeordneter Broukal. Wunschredezeit: 6 Minuten. – Herr Kollege, Sie sind am Wort.

 


16.36

Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Der Verfassungsgerichtshof hat Ende Jänner 2004 Teile des Universitätsgesetzes 2002 aufgehoben, und zwar auf Antrag der sozialdemokratischen Nationalratsfraktion. Die heute von Frau Dr. Brinek und Frau Dr. Bleckmann vorgelegten Änderungen sanieren diese Verfassungswidrigkeiten. Die Universitäten sind demnach beim Streit um Geldmittel in Zukunft nicht mehr letzt­endlich dem Urteil des Bildungsministeriums unterworfen. Sie können zu Gericht gehen, wie das unserer Rechtsordnung entspricht. In diesem Sinne: Danke für diese Änderung!

Wir von der SPÖ haben derzeit eine zweite Verfassungsklage laufen, die Sie mit einer Änderung, die Sie heute hier einbringen, vorbeugend in unserem Sinn klar- und richtig stellen. Vielen Dank dafür! Das nächste Mal vielleicht schon, bevor wir zum Verfas­sungsgerichtshof gehen. (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Gehrer.)

Frau Bundesministerin, auf diese Stelle weisen wir seit zwei Jahren hin! Also an Warnungen hat es nicht gefehlt. Erst das Einbringen der Klage hat dann in Ihren Fraktionen zu einer Änderung der Meinung geführt.

Wir haben jetzt fast ein halbes Jahr lang – zumindest hier im Saal – über die Univer­sitäten und über ihre Lage nicht gesprochen, und ich möchte diese Gelegenheit nützen, mich mit Ihnen über dieses Thema auszutauschen.

Punkt 1. Immer noch die finanzielle Lage der Universitäten.

Das „Horrorjahr“ 2003 liegt zum Glück hinter uns, die Unis haben überlebt, aber sie leiden heute noch an den Folgen. Für dieses Jahr sind den Universitäten 6 Prozent mehr Mittel versprochen worden, bis jetzt kommen die Teilbeträge auch wie geplant, und zwei große Universitäten haben besondere Steigerungen zu verzeichnen: die Wirtschaftsuniversität Wien 16 Prozent, die Hauptuniversität Wien 11 Prozent.

Das ist insofern überraschend – ich kann es mir nicht verkneifen, das zu sagen –, als Sie uns letztes Jahr immer erklärt haben, die Dotierung 2003 sei knapp, aber aus­reichend. Mit der großzügigen Höherdotierung heute gestehen Sie uns rückblickend ein, dass Sie letztes Jahr wirklich versucht haben, zu schauen, wie lang man auf den Balken drücken kann, bis er bricht. Aber besser spät als nie! (Beifall bei der SPÖ.)

Sind mit diesen plus 6 Prozent, über alle Universitäten gesehen, die Sorgen der Universitäten vorbei, sind die Finanzprobleme gelöst? – Wer auch nur ein wenig mit Rektoren, Professoren oder AssistenzprofessorInnen darüber spricht, wer mit der Hochschülerschaft darüber spricht, der kommt zu der begründeten Ansicht: Nein! Es ist ein wenig Frischluftzufuhr, es ist eine Atempause, aber es ist nach wie vor zu wenig Geld da.

Kollege Grünewald und ich haben vor einem Jahr auf Grund begründeter Recherchen an den Universitäten ein Soforthilfepaket von 100 Millionen € gefordert. Als ich vor zwei Tagen mit Rektor Winckler darüber gesprochen habe, meinte er, 200 Millionen € seien eigentlich angemessener, und er verwies darauf, dass insbesondere im Bereich der Gebäudesanierung, wo durch die Privatisierung der Universitäten auf die Unis große Aufgaben im Arbeitnehmerschutzbereich und im Bereich der Ausstattung der Labors, zukommen, ein enormer Bedarf an zusätzlicher Finanzierung gegeben sei. – Wer Weltklasse-Universitäten will, muss auch Weltklasse-Labors finanzieren.


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Im Jahr 2002 hatten die Universitäten nach der Rechnung der Rektorenkonferenz 1,59 Milliarden € zur Verfügung, heuer werden es 1,44 Milliarden € sein. Das sind 10 Prozent weniger, wenn man – das sage ich einschränkend, aber das ist wohl richtig – das herausnimmt, was die Universitäten bekommen haben, damit sie die großen wirtschaftlichen und organisatorischen Umstellungen bewältigen können, die das UG 2002 von ihnen verlangt.

Auch wenn man weiter zurückschaut, Frau Dr. Brinek, wird es nicht viel besser. Die Unis haben heuer im Vergleich zu 1999 – wieder Zahlen der Rektorenkonferenz – 3 Prozent mehr Geld zur Verfügung. Allerdings haben wir in diesen fünf Jahren etwa 8 Prozent Inflation gegenzurechnen, sodass plus 3 eigentlich minus 5 ist.

Den Unis geht es also heuer besser – das, glaube ich, kann man außer Streit stellen –, aber gut geht es ihnen immer noch nicht. Ich lade Sie herzlich – wenn auch sicher vergeblich – ein, vielleicht heute dem Antrag von Kollegen Grünewald und mir zuzustimmen und die Frau Bildungsministerin aufzufordern, dafür zu sorgen, dass die Unis heuer noch 100 Millionen € Soforthilfe bekommen.

Punkt zwei: Wir werden den heute von Dr. Brinek und Dr. Bleckmann vorgeschlagenen Änderungen nicht zustimmen. Wir bekämpfen dieses Gesetz ja nicht, weil Teile davon verfassungswidrig sind, sondern weil wir überhaupt die Grundtendenz ablehnen: die Beseitigung der Mitbestimmung des Mittelbaus; die starke Einschränkung der Mit­bestimmung der Studierenden; diese merkwürdige Konstruktion zum Teil unverant­wortlicher Universitätsräte, die nach Belieben ernannt werden können; die Tatsache, dass einige dieser Universitätsräte inzwischen mit Studierenden handgreiflich gewor­den sind, aber sich immer noch im Amt befinden; die Tatsache, dass es an der Technischen Universität Wien einen Universitätsrat gibt, der entgegen den Bestim­mungen des Gesetzes bestellt, aber nicht abberufen wird. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

16.41

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Brinek. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


16.42

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich kann dort anknüpfen, wo mein Vorredner aufgehört hat, und möchte ihn doch einladen, darüber nachzudenken und gemeinsam den Blick nach Europa zu wenden. Dort wird insgesamt die Lage der Universitäten diskutiert. Und ich kann gleich zum Ergebnis kommen: Europäische Reformer schauen nach Österreich, bezeichnen das Universitätsgesetz 2002 als vorbildlich (Abg. Parnigoni: Das sind aber ganz wenige!) in jeder Hinsicht und nehmen daran Maß. Auch bezeichnen sie unsere Budgetierung als eine, die natürlich auf einer nach oben hin offenen Richterskala sozusagen angesiedelt ist, aber angesichts der gemeinsamen Budgetkonsolidierungsziele der Haushalte in Europa insgesamt als eine, sage ich jetzt einmal, die angemessen ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich wünsche mir auch mehr Geld, ich wünsche mir auch mehr Möglichkeiten, aber alles in einer Relation und alles in einem bestimmten Rahmen. Wir müssen nämlich sonst sagen, aus welchen Bereichen wir Geld nehmen und in das Kapitel Budget/Uni­versitäten verschieben. (Abg. Parnigoni: Unnötige Abfangjäger!)

Ich möchte auch noch ein wenig klarstellen, dass verschiedene gesetzlich definierte Leistungen der Universität über andere Töpfe finanziert werden, sodass die Vergleich­barkeit hinter das Jahr 2002 zurück immer weniger gegeben ist. Und wenn, wie Sie selbst zitiert haben, Herr Kollege Broukal, die WU mit einem Plus von 16 dann sagt:


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„Ich möchte gerne ein Sonderprojekt zur besseren Gestaltung der Studienein­gangs­phase als Dauerbudget ansehen!“, um dann jammern zu können – pardon: um dann sagen zu können: „Uns fehlen Mittel!“, dann ist das nicht ganz fair.

Lassen Sie mich resümieren, in Anlehnung an ein Wort einer Vizerektorin, Sonja Punscher-Riekmann – nicht gerade eine Regierungsunterstützerin –, die sagt, das neue Uni-Gesetz habe effiziente Strukturen geschaffen, Abläufe vereinfacht, neue Akzente in Lehre und Forschung gesetzt und unsere Studierenden besser auf die Herausforderungen des Berufsleben vorbereitet. – Ich stimme dem zu. (Beifall bei der ÖVP.)

Lieber Kollege Broukal, du hast eine Veränderung angesprochen, die wir auf Grund des VfGH-Spruches vorgenommen haben. Es ist schade, dass du nicht zustimmst, weil es in Wirklichkeit eine Verbesserung ist, die du mit deiner Klage erreichen wolltest. Was wurde mit dieser Klage erreicht? – Einerseits mehr Rechtssicherheit. Eine Schieds- und Schlichtungskommission kann nun einen Bescheid erlassen, kann eine Entscheidung treffen, gegen die dann auf dem Rechtsweg vorgegangen werden kann, beziehungsweise ist sie bescheidmäßig als Kollegialbehörde eingerichtet, und es ist absolute Unabhängigkeit für die dort agierenden Personen gewährleistet.

Mit der UG-Novelle regeln wir auch den Zugang von Ärztinnen und Ärzten in der Facharztausbildung zum Senat und ergänzen diese im Ausschuss vorgestellte Regelung durch einen weiteren Abänderungsantrag, den der Kollege Donnerbauer vorstellen wird. Ich hoffe, mit dieser Gesamt-Regelung finden wir breitestmögliche Zustimmung.

Es gibt auch eine Novelle zur Rückerstattung beziehungsweise Befreiung von Studien­beiträgen, indem wir die alte Reziprozitätsregelung verändern. Wir schaffen damit, meine ich, mehr Gerechtigkeit auch für die am wenigsten entwickelten Länder – ich versuche jetzt, political correctness walten zu lassen, was die Sprache anlangt –, weil wir auch respektieren – trotz der Bologna-Erklärung –, dass es eine von der Gesamt­ausrichtung her geschlossene Auffassung über die Frage: Wohin geht die Universitäts­struktur in Europa? gibt, die wir unterstützen, aber geichzeitig müssen wir respektieren, dass es noch ein vielfältige Universitäts- und Hochschullandschaft gibt, die zwischen Privatuniversitäten, staatlichen Universitäten, Mischuniversitäten nicht in dem Maß unterscheidet, wie es die Reziprozitätsregelung, die geltende Regelung für die Rück­erstattung, vorsehen würde.

Alles in allem also eine wichtige Besserstellung. Natürlich aber muss ein so großes Gesetz, ein von europäischen Universitäten als vorbildlich apostrophiertes Gesetz immer wieder evaluiert und verbessert werden. Wir laden Sie jetzt schon dazu ein, bei den nächsten Schritten mitzumachen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.46

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. 7 Minuten Redezeit. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


16.47

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sechs Themen­kreise stehen jetzt auf der Tagesordnung, und diese in 6 oder 7 Minuten abzuhandeln beziehungsweise auf alles einzugehen, ist kaum möglich. Da wird wieder einmal deutlich, wie groß der Schwerpunkt Wissenschaft und Bildung ist.

Ich möchte nur einige Punkte hervorheben. Dass in diesem Gesetz eine Novelle des Universitätsgesetzes 2002 enthalten ist und auch ein Abänderungsantrag, dem wir


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zustimmen werden, hat Erklärungsbedarf. Da gebe ich Kollegen Broukal Recht: Auch wir waren gegen dieses Universitätsgesetz – aus verschiedensten Gründen, wie etwa, weil wir aus guten und nachvollziehbaren Gründen glauben, dass den Universitäten weniger Autonomie als vielmehr Scheinautonomie geboten wurde, dass dieses Gesetz sehr viele junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hinauf bis zu den Rektoren und Vizerektorinnen vielfach demotiviert hat, weil Anspruch und Wirklichkeit massiv auseinander driften, weil mangelnde Partizipation Mitentscheidung und Transparenz erschweren, und weil die Mehrkosten, die durch das Gesetz entstehen, eigentlich nicht so vergütet werden, wie Sie und Grasser uns ursprünglich zugesagt haben.

Auch die Loslösung der Medizin ist nicht überwunden. Das verursacht massive Kosten, und ich werde, wenn Zeit bleibt, Beispiele dafür anführen.

Es ist auch nicht notwendig, angesichts dieser Novelle und des Abänderungsantrages vor Dankbarkeit zu zerfließen. Sie wurden dazu, sage ich jetzt einmal vielleicht etwas scharf, eigentlich genötigt, dadurch genötigt, weil eben beim VfGH Beschwerde erhoben wurde beziehungsweise der VfGH zur Abgabe einer Meinung aufgerufen wurde.

Wenn jetzt Leistungsverträge auf eine rechtmäßige, verfassungsrechtlich korrekte Basis gestellt werden, ist das für mich ein Motiv, der Sache zuzustimmen, weil nie­mand davon etwas hat, ein Gesetz, das pauschal kritisiert wird, auch in Einzelheiten, wo man es kritisieren könnte, gleich schlecht, gleich unzulänglich wie vorher zu belassen. Das ist mein Motiv.

Ich möchte aber schon daran erinnern, dass Leistungsverträge etwas sehr Diffiziles sind. Was ist universitäre Leistung? Wie schaut Leistung an Kunsthochschulen aus? Muss ein Dirigent wissenschaftliche Abhandlungen schreiben, oder ist es eine Leis­tung, wenn er einmal große Orchester dirigieren darf? Hier die richtigen Maßstäbe für die richtigen Institute und Fakultäten zu finden, ist eine Übung, die begonnen hat, aber die laufend evaluiert werden muss und auf ihre Richtigkeit – ich sage nicht Recht­mäßigkeit, weil das ja viel schneller geht – und Plausibilität überprüft werden muss. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Nachdem 20 Prozent des Budgets über Leistungsvereinbarungen festgelegt werden, ist es, glaube ich, wichtig, dass Chancengleichheit besteht und dass irgendwo eine Balance zwischen – sage ich jetzt einmal – der Kraft und Macht Ministerium und der schon weniger großen Kraft und Macht der Universitäten gegeben ist. Das heißt, dass so etwas auch einklagbar sein muss, hinterfragbar sein muss, verlässlich sein muss, rechtmäßig sein muss, und hier hat uns der Verfassungsgerichtshof sicher geholfen – und letztlich auch Ihnen.

Es ist aber auch notwendig, sich diese Indikatoren für Leistungen von verschiedensten Warten aus anzuschauen und sich nicht, wie Kollegin Brinek meint, auf etwas zu verlassen, was ich Ferndiagnose nennen möchte. (Beifall bei den Grünen.)

Von außen zu sagen, unser Gesetz ist so super: Bitte sagen Sie mir ehrlich – und ich traue Ihnen diese Ehrlichkeit zu –, ob der Nobelpreisträger, der eingeflogen wird, hier bewirtet wird, dem man erzählt, wie gut wir sind, auch die 200 Seiten Gesetz und Erläuterungen wirklich gelesen hat, auf die Unis gegangen ist und mit den Leuten gesprochen hat! – Ich glaube das nicht, und dazu habe ich mehr als eine gute Annahme.

Dass etwas verbessert wurde, dafür bin ich dankbar. Es war aber auch notwendig, dass Ärztinnen und Ärzte in Facharztausbildung – die dauert zumindest sechs Jahre – nicht von Wahlen ausgeschlossen werden. Die Entdemokratisierung wurde ja schon weit vorangetrieben, aber ganze Gruppen von ÄrztInnen in Ausbildung oder wissen-


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schaftlichen MitarbeiterInnen vom Wahlrecht herauszunehmen, das schlägt dem Fass mehr als einen Boden aus.

Abschließend: Was die Reziprozität von zwischenstaatlichen Abkommen bezüglich Studiengebühr und Befreiung betrifft, habe ich mich überzeugen lassen, dass letztlich nur zwei Staaten, nämlich Weißrussland und die Türkei davon betroffen sind. Diese Lösung halte ich für nicht glücklich. Wenn Universitäten untereinander sozusagen zwischenstaatliche Abkommen ersetzen sollen, halte ich das für eine massive Bürokratisierung, und nachdem Universitäten finanziell mit dem Rücken an der Wand stehen, wird es nicht gerade den Wunsch der Unis, Studiengebühren zu erlassen, beflügeln.

Und ganz zum Schluss dazu, was Broukal und ich einmal beantragt haben: 100 Millionen € mehr für die Unis. – Dass sich Rektor Winkler einmal ein Apfel­bäumchen hat schenken lassen und nun draufkommt, dass 200 Millionen € fehlen, das lässt auch einige Fragen offen, von beiden Seiten Frage offen. Aber ich sage Ihnen ein anderes Beispiel: Das AKH muss 137 Planposten in der medizinischen Versorgung einsparen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek.) Ich kenne den Brief.

Es wurde einmal vereinbart, dass diese Einsparung langfristig zu erfolgen hat. Aber Nachtdienste einzusparen oder Dienste überhaupt einzusparen, und das im Ausmaß von zirka 8 Prozent des dort tätigen Personals, hat natürlich Auswirkungen nicht nur auf die Patientenversorgung, sondern auch auf die Forschung, weil der Rest der dort noch Verbliebenen, sicher der große Rest, 92 Prozent, natürlich die Arbeit der anderen übernehmen muss. – Außer man ist der Meinung, die hätten bislang nur geschlafen, Däumchen gedreht oder wären in Privatpraxen gesessen, was ich übrigens auch ablehne und jederzeit bereit wäre, das mit Ihnen zu diskutieren. Dass in Innsbruck Leute nach Dienst auf Anweisung des Rektors heimgeschickt werden, weil er kein Geld hat, das entweder zu entlohnen oder im Zeitausgleich zu entgelten, obwohl Bedarf auf den Stationen, bei den PatientInnen direkt gegeben ist, ist auch nicht gerade ein Zeichen dafür, dass unser Antrag völlig unberechtigt ist.

Ich würde vorschlagen: Setzen wir den Dialog fort! Und statt Nobelpreisträger ein­zuladen, wäre es vielleicht wirklich klüger, dass ich wieder einmal zu Ihnen komme, vielleicht oder sicher in Begleitung, und wir das ausreden und besprechen. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.54

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Dr. Bleck­mann. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


16.55

Abgeordnete Mag. Dr. Magda Bleckmann (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Wir haben einige Thematiken ... – Hohes Haus! Bitte um Entschuldigung, liebe Kollegen! Wir haben einige Themen, die wir schon öfter diskutiert haben. Insofern kann ich mich kurz fassen.

Die Uni-Räte sind alle gesetzmäßig und gesetzlich korrekt bestellt, entsprechen alle den gesetzlichen Vorschriften und haben alle gute Reputationen. Insofern kann man hier niemandem ans Bein pinkeln. Das Uni-Gesetz-Neu wurde gemacht, damit wir jetzt ein modernes, im europäischen Vergleich gutes Gesetz haben, und jetzt sollen wir doch auch einmal die Universitäten arbeiten lassen und zeigen lassen, was sie alles können. Denn es geht auch darum, dass die Unis jetzt in die Wirtschaftlichkeit entlassen werden, und dann sollen sie einmal zeigen, was sie alles können.

Aber da kommen immer diese Schreckgespenster, angefangen davon, dass die Scheiben nicht mehr geputzt werden können, bis hin dazu, dass der Nachtdienst nicht


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mehr gemacht werden kann! Es ist schon auch Sache der Universitäten, dass sie sich ihre Gelder auch ordentlich und richtig einteilen. Und ich glaube, dass das wirklich nicht zu viel verlangt ist. Sie werden eben lernen müssen, dass das eigenes Geld ist, mit dem man umgeht, und dass nicht immer, wenn man wieder etwas braucht, sofort etwas, sondern man muss mit dem auskommen, was vorhanden ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zum Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes bezüglich Leistungsvereinbarung. – Dieser Punkt ist jetzt bereinigt beziehungsweise berichtigt worden mit einer Schlich­tungskommission, sodass der entsprechende Rechtschutz gegeben ist, der gewünscht war. Ich denke mir, es ist jetzt eine gute Lösung, zwar ein bisschen komplizierter als vorher, aber es wurde den Wünschen des Verfassungsgerichtshofes Rechnung getragen.

Über die Studiengebühren haben wir uns, glaube ich, schon oft genug unterhalten. Es gibt diesbezüglich nun einmal unterschiedliche Meinungen; mehr braucht man jetzt nicht mehr dazu zu sagen.

Zu den Studiengebühren für Ausländer möchte ich anmerken: Was die anderen von uns verlangen, können wir auch von ihnen verlangen. Und es gab eben leider viel mehr ausländische Studierende in Österreich als österreichische Studierende im Ausland, die keine Studiengebühren zahlen mussten. Jetzt haben die Universitäten ihre Auto­nomie, und insofern haben sie die Möglichkeit, hier partnerschaftliche Abkommen zu schließen, und sie können die Vereinbarungen treffen, die sie wollen. Das entspricht der Autonomie, und das halte ich auch für richtig. Ich halte es nicht für sinnvoll, hier irgendwelche Länder zu bevorzugen, indem man ihnen die Studiengebühren erlässt, wo sie selbst sie trotzdem einheben. Ich glaube nicht, dass das der richtige Weg ist.

Ich glaube, dass wir insgesamt ein gutes Paket geschnürt haben, dass wir die Dinge, die der Verfassungsgerichtshof aufgehoben hat, jetzt bereinigt haben. Es war nur ein kleiner Teil; Sie hätten sich sicher gewünscht, dass noch viel mehr aufgehoben worden wäre. Es ist aber nur dieser Teil der Leistungsvereinbarung aufgehoben worden, die Organisation ist seitens des Verfassungsgerichtshofes ja so goutiert worden. Das ist gut so, und wir freuen uns auf die Arbeit der Universitäten. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.58

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Broukal zu Wort gemeldet. – Politische Wertungen können nicht tat­sächlich berichtigt werden. – Bitte.

 


16.58

Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Herr Präsident! Gott soll abhüten, dass ich das schon je getan hätte!

Frau Dr. Bleckmann hat soeben behauptet, alle Universitätsräte wären dem Gesetz nach bestellt worden. (Abg. Dr. Bleckmann: Entsprechend den gesetzlichen Vor­schriften, habe ich gesagt!) – Entsprechend den gesetzlichen Vorschriften bestellt worden. – Das ist unwahr!

Wahr ist vielmehr, dass der Universitätsrat an der Technischen Universität Wien, Dipl.-Ing. Helmut Krünes, entgegen den gesetzlichen Bestimmungen bestellt wurde. Dipl.-Ing. Krünes war bis 24. März 2002 stellvertretender Landesparteiobmann der FPÖ Niederösterreich. Das Universitätsgesetz schreibt vor, dass jemand nur Universitätsrat werden kann, wenn er vier Jahre vorher keine politische Funktion innehatte. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.58

 



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Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner: Herr Abgeordneter DDr. Nieder­wieser. 6 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


16.59

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Herr Staatssekretär, ich rätsle schon die ganze Zeit, was Sie zu uns führt. Vielleicht wollen Sie sich in der Wissenschaft ein wenig einarbeiten, um diese dann auch noch zu übernehmen.

Die heutige Tagesordnung beinhaltet ein Abkommen mit der Slowakischen Republik, das wir sehr gut finden und dem wir auch zustimmen werden, und die Reparatur des Universitätsgesetzes 2002, des europa- oder weltweit besten Gesetzes, das nur den kleinen Schönheitsfehler hat, dass der Verfassungsgerichtshof nicht nur etwas daran auszusetzen gehabt hat, Kollegin Bleckmann, sondern er hat festgestellt, dass es unserer Bundesverfassung widerspricht. Und das ist doch etwas anderes, als etwas auszusetzen zu haben.

Sie hätten sich diese Sanierung ohneweiters ersparen können, wären Sie auf einige unserer Einwände schon bei der Beschlussfassung eingegangen.

Dieses Ungleichgewicht zwischen zwei Vertragspartnern wurde schon damals kritisiert, es wurde schon damals abgelehnt. Es wurde schon damals darauf hingewiesen, dass das verfassungswidrig ist. – Jetzt haben Sie es eben schwarz auf weiß. Manches wollen Sie nicht anders.

Ungeachtet dessen bleiben große Probleme nach wie vor bestehen. Erklären Sie, wenn wir heute einige kleine Gruppen wieder in ihre Rechte hineinversetzen, ob es nicht eine berechtigte Grundkritik daran gibt, dass beispielsweise der habilitierte Mittel­bau jetzt in den letzten Wochen und Monaten bei der Dekanatswahl nicht mitwählen durfte, aber umgekehrt sehr wohl passiv wahlberechtigt gewesen wäre – das ist ja überhaupt eine Chuzpe der Sonderklasse! – oder dass Gastprofessorinnen und Gast­professoren wahlberechtigt sind, nicht aber jene, die seit 20 Jahren da sind und habilitiert sind. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)

Dasselbe gilt ja auch für diese Reparatur der Studiengebühr. Diejenigen, die damals bei der Gesetzwerdung dabei waren, wissen ganz genau: Dass diese Reparatur erfor­derlich ist, hat einen Grund, und dieser heißt Martin Graf. Es war allen klar, dass es ein völliger Unsinn ist, Leuten zunächst die Studiengebühr abzunehmen, um sie dann wieder zurückzuüberweisen, noch dazu, wenn sie aus sehr schwach entwickelten Regionen der Welt kommen, dass das eine nahezu unüberwindliche Hürde ist. Das war aber genau die Hürde, die eine damals jedenfalls sehr ausländerfeindliche Univer­sitätspolitik der FPÖ diesen Studierenden bewusst auferlegt hat, mit den ent­sprechen­den Folgen.

Kollegin Bleckmann! Das halten wir für keine gute Lösung, zu sagen: Wenn zum Beispiel jemenitische Studierende nach Österreich kommen und ÖsterreicherInnen nach Jemen, dann wollen wir, dass das alles völlig gleichgestellt wird. – Ich denke, wir sind eines der reichsten Länder der Welt, wir haben eine Verpflichtung auch den ärmeren Ländern gegenüber, auch der dortigen Entwicklung gegenüber, und diese Verpflichtung sollten wir auch ernst nehmen und nicht sagen: Wir behandeln hier alles gleich, dann passt es uns. (Beifall bei der SPÖ.)

Was das 100-Millionen-€-Paket der Kollegen Broukal und Grünewald betrifft, so wurde heute von Ihnen schon erwähnt: Die haben ja ohnedies genug Geld! – Kollegin Brinek hat das heute etwas vorsichtiger formuliert als im Ausschuss. Heute hast du gesagt, das ist angemessen, was sie bekommen. Im Ausschuss hast du noch gesagt, die


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Forderungen der Universitäten sind eigentlich übererfüllt. (Abg. Dr. Brinek: Nein, die 100 Millionen € ...!)

Kollegin Bleckmann hat dasselbe gesagt: Irgendwann muss es einmal reichen!, und Kollegin Achleitner hat gar von überkandidelten Wünschen gesprochen. Und die Bundesministerin wird das heute vielleicht auch noch sagen: dass die Universitäten alles bekommen haben, was sie brauchen, und wir sollen aufhören, diese zu ver­unsichern.

Da komme ich auf einen Passus aus diesem Entschließungsantrag zu sprechen und stelle konkret eine Frage, Frau Bundesministerin: Wir haben darin die dringend not­wendigen Sanierungsmaßnahmen an der Medizinuniversität Wien angeführt, General­sanierung und Erweiterung des Instituts für Gerichtsmedizin, Ersatz für das Institut für Krebsforschung, an der TU Wien den Neubau der chemischen Institute, an der Universität Innsbruck die Sanierung und Erweiterung der Fakultätsbibliothek. Die Chemie an der Universität Innsbruck wird demnächst zugesperrt werden, weil das Arbeits­inspektorat die dortigen Verhältnisse nicht mehr zulassen will!

Da frage ich ganz konkret: Was von diesen Maßnahmen, von denen Sie sagen, sie seien eigentlich schon übererfüllt, ist denn tatsächlich schon erfüllt worden? – Keine einzige dieser Maßnahmen! Daher wäre es an der Zeit, nicht zu vertrösten oder schönzureden, sondern endlich den Universitäten das zu geben, was sie tatsächlich brauchen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald.)

17.04

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesministerin Gehrer. – Bitte.

 


17.04

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Zur generellen Entwicklung der Universitäten ist festzu­stellen, dass alle Implementierungsschritte gemacht wurden, dass die Universitäten die Implementierung, wie zugesagt, vom Bund abgegolten erhalten haben. Die Rektoren sind bestellt, die Eröffnungsbilanzen sind gemacht, die Organisationen an den Univer­sitäten sind gemeinsam beschlossen worden.

Ich möchte mich bei allen, die an der Universität Verantwortung tragen, herzlich dafür bedanken, dass sie in einem guten Klima die Umsetzung und Implementierung des neuen Universitätsgesetzes vorgenommen haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Freiheitlichen.)

Wenn ich mir das Universitätsgesetz anschaue, dann steht darin ein Globalbudget, ein Grundbudget von 1,66 Milliarden €. Sie wissen genau, dass da Gehaltserhöhungen, alle notwendigen Sachen, die für die Führung der Universitäten wichtig sind, noch dazukommen. Sie werden sehen, wenn wir am Ende des Jahres die Rechnungs­abschlüsse bekommen, werden die Universitäten fast annähernd diese 100 Mil­lionen €, die Sie immer wieder nennen, auch dazuhaben: durch die Forschungs­infrastruktur, durch die Vorziehprofessuren, durch die Gehaltsabgeltungen, durch die erhöhten Abgeltungen für die notwendigen Pensionsbeiträge – alles, was notwendig ist. Sie werden sehen, dass im Rechnungsabschluss dann etwa dieser Betrag dabei sein wird, weil wir ja zugesagt haben, zusätzliche Belastungen auch abzugelten.

Zur heutigen Novelle ist festzustellen: Die Sozialdemokratische Partei hat über 50 Absätze des Universitätsgesetzes beanstandet. Tatsache ist, dass der Verfas­sungs­gerichtshof drei Absätze aufgehoben hat. Das ist ein schöner Erfolg und ein schönes Ergebnis. Wir können sagen, unser Universitätsgesetz 2002 ist zu 99 Prozent verfassungskonform.


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Wir reparieren heute das, was der Verfassungsgerichtshof gesagt hat. Wir brauchen die Rechtssicherheit für beide Parteien, die Rechtssicherheit für beide Vertragspartner: für die Universität, für das Ministerium. Ich freue mich, dass die Grünen dieser Novelle zustimmen werden. Es zeigt, dass wir im Universitätsbereich manches miteinander umsetzen können. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Dr. Bleck­mann. – Abg. Mandak: Weil es eine Schadensbegrenzung ist, deswegen!)

17.06

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Wolf­mayr zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


17.07

Abgeordnete Dr. Andrea Wolfmayr (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich möchte auf das Thema Studien­gebühren eingehen, ein Thema, das wir im Ausschuss ja bereits durchaus emotional diskutiert haben. Im Lauf der Diskussion hat sich herausgestellt, dass wir vielleicht gar nicht so weit auseinander liegen – außer in dem einen grundsätzlichen, maßgeblichen Punkt, dass Sie von der Opposition die Studiengebühren abschaffen wollen, wir diese aber beibehalten wollen, weil sie sich bewährt haben.

Ich möchte zwei Bestätigungen für unseren Kurs nennen: Vor Einführung der Studien­gebühren betrug der Anteil der Studierenden, die im ersten Jahr keine einzige Prüfung machten, 38,8 Prozent. Heute liegt er bei 19,8 Prozent.

Auch in den Absolventenzahlen spiegelt sich die größere Ernsthaftigkeit bei Studien­verlauf und Studiendauer wider: 2002/2003 haben 18,2 Prozent mehr Studierende ihr Studium beendet als 1999/2000.

Entgegen Ihren ständigen Behauptungen haben wir es seit Einführung der Studien­beiträge also mit einer durchaus positiven Entwicklung zu tun. Nach dem ersten Rückgang im Jahr der Einführung haben wir wieder kontinuierliche Steigerungen zu verzeichnen, und zwar bei den Studierendenzahlen ebenso wie bei den Anfängern von Doktoratsstudien. Wir haben mehr als 200 000 Studierende – gegenüber dem Winter­semester 2002 besteht bereits ein Zuwachs von 3,3 Prozent.

Entgegen Ihren Behauptungen sind Studienbeiträge auch keine soziale Hürde. Die Autoren der IHS-Studie belegen das. Sie belegen weiters, dass es auch in der Folge zu keinen Verschiebungen kommt. Die Zahl der Studienanfänger, die einen Vater ohne Matura haben, bleibt bei etwa 55 Prozent, der Anteil der Studienanfänger mit Arbeiter­vätern änderte sich ebenfalls nur minimal.

Meine Damen und Herren! Die Studienförderung gewährleistet, dass alle, die die Voraussetzungen dafür mitbringen und studieren wollen, auch studieren können. Soziale Unterschiede werden ausgeglichen. Studierende, die von ihren Eltern nicht oder nur wenig unterstützt werden können, erhalten zum Ausgleich eine staatliche Unterstützung. Wir sagen das alles oft genug, aber anscheinend wollen Sie es nicht zur Kenntnis nehmen.

Abgesehen davon ist die Studienförderung, wie Sie wissen, in den Novellen 2000 und 2003 verbessert worden und wird weiter verbessert. Kollegin Brinek ist ja auch auf einen Punkt eingegangen. Ich nenne folgende Verbesserungen gegenüber früher: Studienbeiträge werden ersetzt. Die Absetzbeträge für Geschwister und den zweiten Elternteil werden angehoben. Die Zuverdienstmöglichkeiten werden erweitert. Die Studienbeihilfen für verheiratete Studierende werden erhöht. Die Studienförderung für behinderte Studierende wird verlängert. Die Studienabschlussstipendien werden aus­geweitet.


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Meine Damen und Herren der Opposition! Bei allem Respekt für Ihren Einsatz für die Beseitigung sozialer Hürden im Studienbereich: Die Studienbeiträge sind nun wirklich keine Hürde! Im Gegenteil, sie haben geholfen, Scheininskribierende abzubauen, und sie haben das Studium zu dem gemacht, was es sein soll: einer Ausbildungs­mög­lichkeit, die vollen Einsatz braucht und zu der, falls Unterstützung von staatlicher Seite notwendig wird, diese auch erbracht wird. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Dr. Bleckmann.)

17.10

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


17.10

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Zuerst kurz zu meiner Vor­rednerin zum Thema Studiengebühren: Natürlich hat sich etwas verändert an den Universitäten! In der Studie über die Auswirkungen der Studiengebühren, die das Bildungsministerium selbst in Auftrag gegeben hat, stellt sich heraus, dass bei denen, die auf Grund der Studiengebühren das Studium abgebrochen haben, besonders viele aus bildungsfernen Elternhäusern dabei waren und von denen, die jetzt neu an die Universitäten kommen, weniger aus bildungsfernem Elternhaus kommen. Also die Studie wurde aus – unter Anführungszeichen – „guten Gründen“ im Bildungs­minis­terium lange unter Verschluss gehalten und sicher nicht zufällig. Genauer wird auf dieses Thema mein Kollege Jan Krainer eingehen.

Zur Verhandlung steht ein Antrag zum Thema Vereinbarkeit von Beruf und Studium. Wir haben das im Ausschuss schon sehr ausführlich diskutiert. Unter anderem zur Sprache gekommen ist die Situation der Kinderbetreuung an den Universitäten. Zu meiner großen Überraschung hat die Frau Bundesministerin im Ausschuss gemeint, dass im Bereich der Kinderbetreuungseinrichtungen an der Universität viel weiterge­gangen ist, unkonventionelle Dinge eingerichtet wurden an den Universitäten. Ich habe mich erkundigt: Es ist so, dass die Situation tatsächlich nach wie vor sehr unbefrie­digend ist und dass die wenigen zusätzlichen Angebote, die es in den letzten Jahren tatsächlich gegeben hat, nicht von den Universitäten initiiert wurden, sondern seitens der Studentenvertretung. Also dieses Fähnchen können Sie sich nicht wirklich an den Hut stecken, und ich denke, dass wir da noch einiges an Unterstützung bieten sollten.

Der dritte Punkt, den ich kurz ansprechen möchte, betrifft die Frage der Frauen­förderung und die Mittel, die für die Frauenförderung im Rahmen der Leistungs­ver­einbarungen gebunden und zur Verfügung gestellt werden sollten. Aus unserer Sicht wäre es sehr wichtig, an den Universitäten einmal eine ganz konsequente detaillierte Evaluierung der Situation durchzuführen. Es ist so, dass zwar über 50 Pro­zent derer, die ein Studium beginnen, Frauen sind, dass aber dann dieser Anteil dramatisch abnimmt, dass bei denjenigen, die ein Studium abschließen, der Frauen­anteil wesent­lich geringer ist und bei denen, die ein Doktorratsstudium beginnen, wieder geringer und dass er – wir kennen das – bis hinauf zu den Professorinnen immer weiter abnimmt. Das sollte man einmal analysieren, man sollte sich genau die Ursachen anschauen, damit man auch weiß, mit welchen Instrumenten man hier ansetzen kann. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ sowie der Grünen.)

Gleichzeitig wissen wir, dass auch bei denen, die beruflich an den Universitäten arbeiten, die geschlechtsspezifische Verteilung höchst unterschiedlich ist. Das sollte man sich auch an jeder Universität anschauen, wie das ist mit dem Anteil der Frauen bei den Professoren/Professorinnen, Assistenten/Assistentinnen beziehungsweise beim externen Personal, weil offensichtlich hier die Entwicklung einsetzt, dass beim


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externen Personal der Frauenanteil höher ist, weil auch die Bezahlung geringer ist. Das sollten wir uns anschauen und die entsprechenden Rückschlüsse ziehen, nach Studium, nach Standort die Gründe analysieren und die entsprechenden Empfeh­lungen für Instrumente ausarbeiten und – was uns sehr wichtig ist – dann auch in den Leistungsvereinbarungen eigene Posten vorsehen, um hier die Instrumente zum Ausbau der Frauenförderung zu entwickeln und zu unterstützen.

Der vierte und letzte Bereich, den ich ansprechen möchte, ist die Frage der Studentenvertretung. Wir haben die Österreichische HochschülerInnenschaft, und man hört läuten, dass dort Änderungen stattfinden sollen. Frau Bundesministerin! Ich würde Sie bitten, hier Stellung zu nehmen zu der Frage, ob Sie planen, in den nächsten Monaten eine Novelle zum HochschülerInnenschaftsgesetz vorzunehmen, ob es hier zu Veränderungen kommen soll. Wenn ja, bitte ich Sie, uns auch zu informieren, welche Veränderungen da vorgesehen sind. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

17.15

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Achleitner zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


17.15

Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Frau Bun­desministerin! Herr Staatssekretär! Werte Kollegen im Hohen Haus! Frau Kollegin Kuntzl, gerade dem Bereich der Frauenförderung im Universitätsgesetz wird im Bereich der Leistungsvereinbarung breiter Raum gegeben. Erst am Dienstag hatten wir im Bereich des frauenpolitischen Beirates, der dankenswerterweise von der Bun­desministerin eingerichtet worden ist, ein sehr interessantes Gespräch, bei dem auch Konzepte über Vorzugs- oder Anreizsysteme zum Einsatz von Professorinnen vorge­stellt wurden.

Mich hat nur sehr gewundert, dass Kolleginnen und Kollegen von der Opposition nicht zu diesem Gespräch gekommen sind. (Abg. Dr. Brinek: Von den Grünen schon!) Von den Grünen dann nach einer gewissen Zeit, ja, aber von der SPÖ ist niemand erschienen. Das heißt, dass Sie eigentlich kein Interesse haben, gerade in diesem Bereich konstruktiv mit uns mitzuwirken. Ich würde Sie einladen, dass Sie gerade in diesem Frauenbereich, im frauenpolitischen Beirat an den Universitäten, wenn es wieder Gespräche gibt, auch dabei sind, sodass wir da gemeinsam ein Konzept entwickeln können. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Broukal: Wir haben keine Einladung gehabt! Das habe ich schon einmal gesagt ...!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Es stimmt, dass die Universitäten durch das Univer­sitätsgesetz vor geänderten Situationen stehen. Die Lage für die Universitäten ist nicht einfach – das stimmt auch –, aber nicht, weil sie eventuell zu wenig finanzielle Mittel haben, sondern Tatsache ist, dass ganz einfach viele Änderungen vorgenommen wer­den müssen, dass im Verwaltungsbereich Änderungen vorgenommen werden müssen und dass eine höhere Eigenverantwortlichkeit auf die Universitäten zukommt, insbe­sondere wenn es darum geht, wie das Geld eingesetzt wird. Und da ist wirklich die Frage nicht: Wie viel Geld ist schon vorhanden?, sondern: Wie sinnvoll wird das Geld eingesetzt? – Da sind die Universitäten vor große Herausforderungen gestellt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber gerade in diesem Bereich geht es in eine positive Richtung: dass die Univer­sitäten modernisiert werden, dass sie ihre Verwaltungen effizient gestalten und dass wir in Richtung eines modernen Universitätswesens in Österreich gehen. Im Bereich der Leistungsvereinbarungen können sich die Universitäten in Zukunft profilieren und


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zeigen, wie ihre Strategien, ihre gesellschaftlichen Strategien aussehen, die sie dann schwarz auf weiß auf Papier auflisten müssen.

Wir haben heute schon über die Sinnhaftigkeit der Studiengebühren gesprochen. Ich möchte nur ganz kurz erwähnen, dass in den Studien, die uns vorliegen, die positiven Aspekte überwiegen, dass die Studienabschlüsse schneller erfolgen, dass eine Beschleunigung des Studiums erfolgt. Und eines ist auch ganz klar zu sagen: Durch den Ausbau, durch die Novellierung der Studienförderungen, die wir ja letztes Jahr beschlossen haben, ist niemand, der studieren will und der die Befähigung dazu hat, davon ausgeschlossen, an einer Universität ein Studium zu ergreifen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Anträge von der Opposition entbehren wirklich jeglicher Grundlage. (Abg. Dr. Niederwieser: Jeglicher? ...!) Ich fordere Sie auf: Hören Sie endlich damit auf, die Universitäten krankzujammern! Geben Sie den Universitäten eine Chance, eine Chance für eine gute Zukunft, damit wir moderne und auch zukunftsweisende Universitäten haben! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.19

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Krainer. Seine Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


17.19

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollegin Achleitner, zwei Dinge zu Ihren Ausführungen. Das Erste ist: Wenn Sie wollen, dass wir an Gesprächen teilnehmen, dann müssen Sie uns auch einladen, sonst werden wir nie kommen, denn wir riechen das natürlich nicht. – Das ist das Erste.

Und das Zweite ist: Wir brauchen Universitäten nicht krankzujammern, sondern wir hören nur genau zu, wenn Menschen, die im universitären Bereich arbeiten, wie beispielsweise Rektoren, über den Zustand an den Universitäten sprechen. Und wenn diese von erschreckenden Zuständen sprechen, dann nehmen wir das ernst und berichten das hier. Das ist also kein Krankjammern, sondern das ist einfach eine Wiedergabe der Situation.

Wieso sind wir gegen Studiengebühren? – Das hat mehrere Gründe. Zum Ersten gibt es prinzipielle Gründe: Wir von der Sozialdemokratie sagen, dass wir gewisse Risiken und gewisse Chancen nicht individuell, sondern solidarisch gelöst haben wollen. Das ist das Risiko, alt zu werden, das Risiko, krank zu werden, das Risiko, die Arbeit zu verlieren, aber das ist auch die Chance auf Bildung. Da sind wir der Meinung, dass wir diese Fragen solidarisch und nicht individuell lösen sollten. Auch die Zugangs­beschränkungen vor allem im Bereich der Bildung sind möglichst gering zu halten. Die Studiengebühren sind eine Barriere, auch eine soziale und monetäre Barriere gegen den Zugang zum Studium, und deswegen sind wir dagegen.

Es gibt auch andere Gründe, wieso wir dagegen sind. So ist etwa bewiesen worden, dass Studiengebühren schlecht sind und negative Auswirkungen haben. Kollegin Kuntzl hat bereits hingewiesen auf die Kolland-Studie, die vom Ministerium finanziert und dann lange nicht herausgerückt wurde – aus einem guten Grund: weil das Urteil dieser Kolland-Studie genau belegt, dass jene Befürchtungen, die wir gehabt haben, auch eingetreten sind, nämlich dass aus bildungsfernen Schichten der Zugang zu den Universitäten geringer wird, dass Kinder von Familien aus bildungsfernen Schichten weniger oft studieren und dann natürlich auch weniger oft ein Studium abschließen können, als das vor Einführung der Studiengebühren der Fall war.

Das Zweite ist, dass durch die Studiengebühren Studenten dazu gezwungen werden, mehr zu arbeiten, und dass mehr Zeit für die Arbeit aufzuwenden natürlich auch


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bedeutet, weniger Zeit fürs Studium aufzuwenden. Das kann sicher nicht im Sinne dessen sein, was auch Sie immer ansprechen, nämlich schneller zu studieren.

Die Frage ist aber nicht nur, was wir zu den Studiengebühren sagen, sondern es ist auch die Frage, was die Betroffenen sagen. Da gibt es ja einige Studien, zuletzt eine von der Österreichischen Hochschülerschaft (Abg. Mag. Molterer: Das ist ungefähr so, wie wenn man die Steuerzahler zu Steuerbefreiungen befragt!), eine Umfrage von SORA, die genau eruiert hat, wie zufrieden Studierende mit Studiengebühren et cetera sind.

Da kommt ein ganz klares Bild heraus, nämlich dass 60 Prozent der Studenten die Studiengebühren für ungerechtfertigt halten und – immerhin, muss man sagen – 5 Prozent der Studenten der Meinung sind, dass sich durch die Einführung der Studiengebühren die Studienbedingungen verbessert hätten. 50 Prozent meinen, sie sind genauso schlecht wie vorher, und 33 Prozent meinen, sie wurden noch schlechter. Wenn wir noch dazu an die Bilder von Massenvorlesungen in Wiener Kinos denken, dann kann ich diesen 33 Prozent in Wahrheit nur Recht geben. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Es ist auch spannend, was wir sehen, wenn wir uns diese Zahlen genauer anschauen. Es gibt eine Gruppe, die Studiengebühren zahlt, sie aber zurückerstattet bekommt. Wie steht eigentlich diese Gruppe zu Studiengebühren? – Das Spannende ist, dass auch hier 58 Prozent – also nur um 2 Prozent weniger als von der Gesamtgruppe – sagen, dass sie Studiengebühren ablehnen. Theoretisch wären sie an und für sich gar nicht davon betroffen, aber trotzdem ist auch diese Gruppe gegen die Studiengebühren.

Ein Letztes dazu, was Studierende zur Zukunft sagen, weil man immer wieder hört, dass jetzt auch überlegt wird, weitere Zugangsbeschränkungen einzurichten, nicht nur solche monetärer Art, sondern auch andere: 70 Prozent der Studierenden lehnen Zugangsbeschränkungen massiv ab und sprechen sich dagegen aus.

Auch wir sprechen uns dagegen aus, und wir sind natürlich weiterhin für die Abschaffung der Studiengebühren. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald.)

17.23

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hütl zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


17.24

Abgeordneter Dipl.-Ing. Günther Hütl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Nachdem es schon eine jahre­lange wissenschaftliche Zusammenarbeit bezüglich Wissenschaft, Bildung und Kultur zwischen Österreich und der Slowakei gibt, reden wir heute über ein Abkommen über die Zusammenarbeit im wissenschaftlichen und technischen Bereich zwischen den beiden Ländern, wobei besonders die Gegenseitigkeit und die gemeinsam verein­barten Ziele betont werden. Es gibt ja solche Abkommen schon mit Großbritannien, Frankreich, Ungarn, Spanien, Tschechien, China, Kroatien, Polen und Russland, und vor wenigen Monaten haben wir über ein Abkommen mit der Ukraine gesprochen.

Ziel dieses Abkommens ist die Intensivierung der wissenschaftlich-technischen Zusam­menarbeit durch Förderung der Mobilität im Rahmen bilateraler wissenschaftlicher Projekte. Dabei können gegenseitig die Kosten für den Forschungsaufenthalt sowie die Reisekosten finanziert werden. Auch der Austausch von Studierenden soll forciert werden. Im Wintersemester 2003 studierten in Österreich schon etwa 1 670 ordentliche und außerordentliche Studierende aus der Slowakei.


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Ich möchte auch einige Beispiele für die bisherigen Kooperationen nennen. Es gibt schon seit mehr als zehn Jahren die „Aktion Österreich – Slowakei, Wissenschafts- und Erziehungskooperation“. Das ist ein gemeinsames, bilaterales Programm zur Förderung der Zusammenarbeit zwischen Österreich und der Slowakei im Bereich der schulischen Bildung, des Hochschulwesens sowie im Forschungsbereich. 1992 wurde diese Aktion vom damaligen Wissenschaftsminister Dr. Erhard Busek mit unterzeichnet, und mittlerweile wurde diese Aktion einige Male verlängert.

Weitere Beispiele sind Kooperationen im Rahmen des 5. Forschungsrahmen­pro­gramms; hier wurden 69 Projekte von österreichischen und slowakischen Partner­organisationen durchgeführt. Auch im 6. Forschungsrahmenprogramm werden derzeit 24 Projekte durchgeführt, daran sind 40 österreichische und 26 slowakische Partner­organisationen beteiligt. Es beteiligen sich nahezu alle österreichischen Universitäten an diesen Kooperationen, und von slowakischer Seite sind zu erwähnen die Comenius Universität Bratislava, die Technische Universität Bratislava, die Universität Zilina oder die Landwirtschaftliche Universität Nitra und so weiter.

Abschließend möchte ich sagen, mit unserer Frau Bundesministerin Elisabeth Gehrer sind wir auf einem guten Weg zu einem österreichischen Hochschul- und Forschungs­raum. Dazu ist es auch notwendig, jungen Forscherinnen und Forschern, Studentinnen und Studenten die größtmögliche Unterstützung zu gewähren. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

17.26

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Rada zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


17.27

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Werte Regierungsmitglieder! Ich möchte mich zu Beginn an Frau Abgeordnete Wolfmayr wenden, da sie behauptet hat, dass die Studiengebühren überhaupt keine Hürde für das Studium darstellen würden. Ich beglückwünsche Sie dazu, dass Ihre Kinder und Sie selbst ein so gutes Milieu hatten, dass Studiengebühren überhaupt keine Hürde für ein Studium darstellen (Zwischenrufe bei der ÖVP), und wünsche Ihnen auch in Zukunft alles Gute!

Ein zweites kritisches Wort dazu, dass unsere Ressortvorsitzende sagt, wir werden beim Rechnungsabschluss hören, dass alles bestens sein wird und alles korrekt abgelaufen sein wird: Niemand unterstellt Ihnen, Frau Bundesministerin, dass irgend­etwas nicht korrekt sei. Aber es ist etwas spät. Ich würde mir schon wünschen, zu einem früheren Zeitpunkt genauere Auskünfte zu bekommen. – Aber jetzt zu unserer derzeitigen Situation.

Wir haben Geburtenrückgänge, wir haben die Probleme im normalen Pflichtschul­bereich, und diese Geburtenrückgänge werden sich mit Sicherheit auch auf die Hoch­schulen auswirken. Dort wird es noch einige Jahre länger dauern, wir werden aber mit Sicherheit ein großes Defizit an – wie manche es nennen – geistigem Potenzial, auf alle Fälle jedoch eines an Hochschulabsolventen in Österreich haben. Schon derzeit ist festzustellen, dass wir in Österreich nicht zu den Ersten gehören, nicht innerhalb Europas und schon gar nicht in der gesamten Welt.

Aber eines möchte ich heute noch grundsätzlich anmerken: Die Fachhochschulen in Österreich haben eine enorme Entwicklung genommen! Fachhochschulen sind ganz wesentlich geworden für die Situation der jungen Menschen, die in den Beruf einsteigen wollen. Aber die Fachhochschulen haben viel zu wenige freie Plätze – wenn ich mir nur hernehme, dass wir zuletzt 92 000 Anmeldungen von Bewerberinnen und


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Bewerbern hatten, aber nur 37 000 aufgenommen werden konnten. Deshalb gehe ich davon aus, dass in diesem Bereich sehr viele Möglichkeiten gegeben wären und hier der Bund und die Regierung nicht einfach aus der Verantwortung entlassen werden können. Daher: Die Fachhochschulausbildung müsste noch verstärkt werden!

Ich wiederhole das, was andere Vorredner bereits gesagt haben, weil es mir persönlich ein Bedürfnis ist: Die Vereinbarkeit von Beruf und Studium muss erleichtert werden, das passt derzeit in keiner Weise zusammen! Studienförderungen sind gegeben, passen aber in keiner Weise mit jenen Studierenden zusammen, die nicht unbedingt am Studienort die Möglichkeit haben, im Hotel Mama zu wohnen, sondern sich am Studienort selbst verpflegen müssen. (Beifall bei der SPÖ.)

17.30

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Abge­ordneten Mag. Donnerbauer das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minu­ten.

 


17.30

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich darf zu Beginn den schon von Frau Kollegin Brinek angekündigten Abänderungsantrag der Abgeord­neten Dr. Gertrude Brinek, Mag. Dr. Magda Bleckmann, Dr. Kurt Grünewald, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 414/A der Abgeordneten Brinek, Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitäts­gesetz 2002 geändert wird – 603 der Beilagen –, einbringen und ersuche die Frau Präsidentin wegen des Umfangs des Abänderungsantrags gemäß § 53 Abs. 4 Ge­schäftsordnungsgesetz um die Verteilung an die Abgeordneten.

Ich darf hier diesen Abänderungsantrag nur ganz kurz in seinem Kernpunkt erläutern. Es geht darum, dass zukünftig auch Ärztinnen und Ärzte in Facharztausbildung zum Senat wahlberechtigt sein sollen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf aber in der Folge noch ganz kurz auf die Frage der Berufstätigkeit und der Vereinbarkeit von Beruf und Studium eingehen (Abg. Mag. Molterer: Aber ganz kurz!), weil uns das auch im Ausschuss beschäftigt hat und heute überdies ein Entschließungsantrag der Abgeordneten Broukal und Kollegen vorliegt.

Wir haben es im Ausschuss schon sehr intensiv diskutiert, und es mag durchaus sein – ich möchte das gar nicht bezweifeln –, dass zunehmend mehr Studierende neben ihrem Studium oder gleichzeitig mit ihrem Studium in unterschiedlichem Ausmaß einer Berufstätigkeit nachgehen. Die Frage ist nur – das hat uns schon im Ausschuss getrennt und trennt uns, glaube ich, nach wie vor –, ob man das positiv oder negativ bewertet. Sie bewerten das – zumindest war das die Conclusio im Ausschuss – überwiegend negativ und sehen das nur als ein Hindernis für die Studierenden bei ihrem Studium.

Ich und auch, glaube ich, meine Kolleginnen und Kollegen von den Regierungs­fraktionen sehen das nicht so wie Sie, sondern – und ich kann das durchaus aus eigener Erfahrung schon während meines Studiums sagen – wir sehen, dass so eine Berufstätigkeit neben dem Studium den Studierenden wichtige zusätzliche Erfahrun­gen, wichtige zusätzliche Qualifikationen ermöglicht und daher nicht als ein verlorener Aufwand zu sehen ist, sondern sehr wohl auch für die zukünftige Berufslaufbahn positive Seiten mit sich bringt. Wir alle wissen, dass schon heute und insbesondere in Zukunft zum Beispiel auch soziale Fähigkeiten zunehmend gefordert werden und dass ein Studienabschluss – Sie haben das ja auch immer wieder kritisiert – laut Arbeits-


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marktstudien heute keine Garantie für einen Arbeitsplatz ist, sondern dass die Arbeit­geber sich zu Recht auch verschiedene andere Qualifikationen ansehen und als wichtiges Kriterium für die Einstellung heranziehen. Daher sehen wir das auch positiv. (Abg. Mag. Molterer: Kurz!)

Insgesamt geht Ihr Entschließungsantrag, den Sie heute eingebracht haben, leider genau in die falsche Richtung, nämlich wieder etwas vorzugeben und von Seiten des Ministeriums Konzepte für Österreich zu entwickeln. Wir wollen das nicht. Wir haben die Universitäten gezielt in die Autonomie entlassen, und wir vertrauen auch den Universitäten, dass sie im Rahmen dieser Autonomie entsprechende Möglichkeiten zur Verfügung stellen. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP.)

17.33

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben in seinen Kernpunkten erläuterte Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Brinek, Dr. Bleckmann, Dr. Grünewald, Dr. Rasinger, Kolleginnen und Kollegen wurde auch schriftlich überreicht, ist genügend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag wird auf Grund seines Umfangs verteilt und ist auch, wie ich annehme, bereits zur Verteilung gelangt.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Mag. Dr. Magda Bleckmann, Dr. Kurt Grüne­wald, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 414/A der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Mag. Dr. Magda Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 geändert wird (603 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. Die Z 12 wird zu Z 13 und Z 12 (neu) und Z 13 lauten:

„12. § 94 Abs. 1 Z 3 entfällt; in § 94 Abs. 3 Z 5 wird der Punkt durch einen Strichpunkt ersetzt und folgende Z 6 wird angefügt: „6. die Ärztinnen und Ärzte in Facharztausbildung.“

13. In § 122 Abs. 2 Z 5 wird nach dem Wort „KUOG“ die Wortfolge „und Ärztinnen und Ärzte in Ausbildung zur Fachärztin oder zum Facharzt gemäß § 33 Abs. 1 Z 1 UOG 1993 in Verbindung mit § 19 Abs. 2 Z 1 lit. f UOG 1993 (Universitätsassistenten)“ eingefügt; in § 122 Abs. 2 Z 9 und Z 10 wird jeweils die Wortfolge „Forschungs­stipendiatinnen und Forschungsstipendiaten gemäß § 96“ durch die Wortfolge „wissen­schaftlichen und künstlerischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Forschungs-, Kunst- und Lehrbetrieb gemäß § 100“ ersetzt; in § 122 Abs. 2 Z 11 werden die Wortfolge „gemäß § 33 Abs. 1 Z 3 UOG 1993 in Verbindung mit § 19 Abs. 2 Z 3 UOG 1993 oder gemäß § 33 Abs. 1 Z 1 UOG 1993 in Verbindung mit § 19 Abs. 2 Z 1 lit. f UOG 1993 (Universitätsassistenten) gelten“ durch die Wortfolge „gelten, soweit sie nicht unter Z 5 oder Z 9 fallen,“ und das Zitat „§ 94 Abs. 1 Z 3“ durch das Zitat „§ 94 Abs. 3 Z 6“ ersetzt.“

2. Z 13 und Z 14 werden zu Z 15 und Z 16 und Z 14 (neu) lautet:

„14. § 135 Abs. 3 zweiter Satz lautet:


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Die Ärztinnen und Ärzte gemäß § 94 Abs. 3 Z 5 und Z 6 sind zum Betriebsrat für das wissenschaftliche und künstlerische Personal aktiv und passiv wahlberechtigt.““

3. Z 16 (neu) lautet:

„16. Dem § 143 wird folgender Abs. 10 angefügt:

„(10) Das Inhaltsverzeichnis, § 13 Abs. 1 bis 3 und Abs. 8 bis 10, § 13a, § 31 Abs. 4, § 32 Abs. 1 erster Satz und Abs. 2, § 94 Abs. 1 und 3, § 122 Abs. 2 Z 5, 9, 10 und 11, § 135 Abs. 3 sowie § 141 Abs. 3 und 7 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXXX/2004 treten mit 1. Oktober 2004 in Kraft.““

Begründung:

Durch diese Änderungen sind zukünftig auch die Ärztinnen und Ärzte in Facharzt­ausbildung zum Senat wahlberechtigt.

Die Änderung in § 135 Abs. 3 ist lediglich eine Anpassung an den neuen § 94 Abs. 3 Z 6.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kurzbauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


17.34

Abgeordneter Johann Kurzbauer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Herr Kollege Niederwieser, Sie haben am Schluss Ihrer Ausführungen gemeint: den Universitäten das geben, was sie brauchen. Und im Antrag 214/A (E) von Kollegen Broukal wurde gefordert: 100 Millionen für die Universitäten; heute sind es – darauf wurde bereits hingewiesen – 200 Millionen für die Universitäten.

Geschätzte Damen und Herren! Das ist das Wichtige, das ist die Herausforderung an die Universitäten: die Balance zu finden, die vorhandenen Mittel richtig und wirt­schaftlich einzusetzen. Ich bin davon überzeugt, wenn wir den Universitäten die Möglichkeit geben, in Ruhe zu arbeiten, dann werden sie das auch erfüllen. Gerade das Universitätsgesetz 2002 bietet ja diese gesicherte Finanzierung mit dem Global­budget. Es gibt erstens Planungssicherheit, es gibt weiters Sicherheit für eine strate­gische Planung, aber vor allem, geschätzte Damen und Herren, sind die Universitäten unabhängig von den Budgets des Finanzministeriums, und das ist besonders wichtig!

Um 6 Prozent gibt es heuer insgesamt mehr Geld für die Universitäten, und zusätzlich zu den Globalbudgets und den Studienbeiträgen stehen den Universitäten die Sonder­programme zur Verfügung. Ganz kurz: 18 Millionen für „Uni-Infrastruktur II“, wobei jede Universität einen Sockelbeitrag von zirka 50 000 € hat; oder 10,9 Millionen zusätzlich für Vorziehprofessuren; 73 000 € für Sonderlehrveranstaltungen; 527 000 € für For­schungsstipendien.

Geschätzte Damen und Herren! Zusammenfassend: Das Universitätsgesetz 2002 ist ein zukunftsorientiertes, nachhaltiges Gesetz, und vor allem geht es darum, die Qualität zum Wohle unserer Studenten zu steigern. (Beifall bei der ÖVP.)

17.36

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Wöginger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 



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17.37

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Ich werde noch kurz auf die viel diskutierten Studienbeiträge und das Budget eingehen, da ich der Meinung bin, dass seit der Einführung der Studienbeiträge eine positive Entwicklung und eine positive Bilanz nachgewiesen werden können. Wir haben mehr als 200 000 Studierende, und die Zahl der Absolventen an den Universitäten ist von 15 500 auf 18 500 Studierende gestie­gen. 57 Prozent der Studienanfänger sind Frauen, das möchte ich an dieser Stelle auch betonen. Weiters ist der Anteil der Scheinstudenten, also jener Studierenden, die in einem Studienjahr keine einzige Prüfung absolvieren, in den letzten vier Jahren von 38,8 auf 19,8 Prozent zurückgegangen. Das ist eine gute und richtige Entwicklung, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Es ist nicht richtig, dass die Studienbeiträge der ausschlaggebende Grund für einen Studienabbruch sind. Studienabbrecher geben meist mehrere Gründe an, wie zum Beispiel falsche Studienwahl, umstrukturierte Lernsituation, im Lauf des Studiums zunehmende Erwerbstätigkeit, Änderung der Interessen, lange Studiendauer oder fehlende Prüfungsaktivität. Das möchte ich in diesem Zusammenhang auch erwähnen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch der Bericht über die soziale Lage der Studierenden belegt klar, dass es infolge der Studienbeiträge zu keinen Verschiebun­gen in der sozialen Zusammensetzung der Studienanfänger kam. So haben beispiels­weise 55 Prozent der Studienanfänger einen Vater ohne Matura.

Das Budget der Universitäten ist heuer um rund 6 Prozent aufgestockt worden. Zu­sätzlich erhalten die Unis 2004 noch 18 Millionen € für die Forschungsinfrastruktur, 10,9 Millionen € für Professuren, 73 000 € für Sonderlehrveranstaltungen und 527 000 € für Forschungsstipendien. Das ist eine positive Entwicklung für unsere Uni­versitäten!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich danke unserer Bundesministerin für die gute Arbeit und bitte um Ihre Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.39

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als vorläufig letzter Redner hiezu zu Wort ge­meldet ist Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minu­ten. – Bitte.

 


17.39

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Werte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich möchte es kurz machen. In unserem Abänderungsantrag ist unter anderem eine Korrektur enthalten. Es geht darum, ein bisher nicht gewährtes Recht auch den Ärzten in Ausbildung zu geben, nämlich die Möglichkeit, im Senat mitzustimmen.

Ich halte es für richtig und für fair, dass auch diejenigen, die wissenschaftlich arbeiten, hier mitbestimmen können. – In diesem Sinn: danke! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.40

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Von Seiten der Berichterstattung wird kein Schlusswort gewünscht.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.


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Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wissen­schaft und Forschung, dem Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen mit der Regierung der Slowakischen Republik über wissenschaftlich-technische Zusammen­arbeit, in 517 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 geändert wird, in 603 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Brinek, Dr. Bleckmann, Dr. Grünewald, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über die vom Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betroffenen Teile, und zwar der Systematik des Gesetzentwurfs entsprechend, und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfs abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Dr. Brinek, Dr. Bleckmann, Dr. Grünewald, Kolleginnen und Kol­legen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der die Einfügung neuer Z 12 und 14 zum Inhalt hat.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Brinek, Dr. Bleckmann, Dr. Grünewald, Kolleginnen und Kol­legen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Z 13 (Z 12 alt) bezieht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu die Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dies ist einstimmig angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Brinek, Dr. Bleckmann, Dr. Grünewald, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Z 15 und 16 (Z 13 und 14 alt) bezieht.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfs samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichts.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung, seinen Bericht 604 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung, seinen Bericht 605 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.


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Ich bitte auch hier jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung, seinen Bericht 606 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung, seinen Bericht 607 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte auch hier die Damen und Herren um ein entsprechendes Zeichen im Fall der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

20. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (468 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Haschemitischen Königreich Jordanien über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen (594 d.B.)

21. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (513 d.B.): Beendigung des Übereinkommens über die gegenseitige Anerken­nung von Prüfungszeugnissen und Konformitätsnachweisen (595 d.B.)

22. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (411 d.B.): Übereinkommen zwischen den Vertragsstaaten des Übereinkommens zur Gründung einer Europäischen Weltraumorganisation und der Europäischen Weltraumorganisation über den Schutz und Austausch von der Geheimhaltung unterliegenden Informationen (596 d.B.)

23. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (457 d.B.): Übereinkommen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union über die Rechtsstellung des zum Militärstab der Europäischen Union ab­gestellten beziehungsweise abgeordneten Militär- und Zivilpersonals, der Haupt­quartiere und Truppen, die der Europäischen Union gegebenenfalls im Rahmen der Vorbereitung und Durchführung der Aufgaben im Sinne des Artikels 17 Absatz 2 des Vertrags über die Europäische Union, einschließlich Übungen, zur Verfügung gestellt werden, sowie des Militär- und Zivilpersonals der Mitglied­staaten, das der Europäischen Union für derartige Aufgaben zur Verfügung gestellt wird (EU-Truppenstatut) samt Erklärungen (597 d.B.)


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24. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (519 d.B.): Übereinkommen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union über Ansprüche eines Mitgliedstaats gegen einen anderen Mitgliedstaat wegen Beschädigung von in seinem Eigentum stehenden, von ihm genutzten oder betriebenen Sachen oder wegen Körperverletzung oder Tod von Mitgliedern des Militär- oder Zivilpersonals seiner Einsatzkräfte im Rahmen einer Krisen­bewältigungsoperation der Europäischen Union (598 d.B.)

25. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (515 d.B.): Beschluss der im Rat der Europäischen Union vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten betreffend die Vorrechte und Immunitäten von ATHENA (599 d.B.)

26. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (549 d.B.): Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Euro­päischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Chile andererseits samt Anhängen, Schlussakte und Berichtigungsprotokoll (600 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 20 bis 26 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich eröffne nun die Debatte.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


17.46

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Von den sieben Übereinkommen beziehungsweise Abkommen sind sechs im Konsens aller Parteien und eines im Konsens von drei Parteien im Ausschuss beschlossen worden. Das zeigt eine hohe Bereitschaft zum Konsens in der Außenpolitik. Ich bedanke mich daher bei der Frau Bundesministerin für die gute Vorbereitung, aber auch bei allen Fraktionen, die im Außenpolitischen Ausschuss in einer sehr qualitätsvollen Diskussion zu diesen Abkommen Stellung genommen haben.

Ich möchte kurz vor der Sommerpause auch einen Wunsch und einen Dank aus­sprechen. Wir haben gerade in Wien die Konsularkonferenz aller zuständigen Beamten aus den österreichischen Vertretungsbehörden durchgeführt, und es zeigte sich wie immer, dass jedes Jahr die Zahl der Aufgaben unserer Vertretungsbehörden steigt, vor allem deswegen, weil sie Österreicher, die im Urlaub zum Beispiel den Reisepass verlieren oder denen er gestohlen wird, unterstützen.

Im letzten Jahr waren es, glaube ich, insgesamt 620 000 Fälle, in denen konsularische Aktivitäten seitens der österreichischen Vertretungsbehörden stattgefunden haben. Jedes Jahr wächst diese Aufgabe um zigtausend Fälle. Ich möchte mich bei dieser Gelegenheit bei allen Damen und Herren, die im Dienste des Außenministeriums bei


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den Vertretungsbehörden dafür zuständig sind und ihre Tätigkeit, so meine ich, sehr qualitätsvoll und dienstleistungsorientiert ausüben, herzlich bedanken und diesen Dank auch der Frau Bundesministerin übermitteln. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie der Abgeordneten Mag. Lunacek und Mandak.)

17.48

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Schieder zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeord­neter.

 


17.48

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Vorlagen des Außenpolitischen Ausschusses, die wir heute behandeln, finden alle unsere Zustim­mung. Anmerkungen, die notwendig sind, werden noch von unseren Rednern gemacht werden. Ich hoffe, dass sie auch die Zustimmung aller Fraktionen finden werden und es nicht so ist wie im Ausschuss, wo eine Fraktion gegen eine Vorlage gestimmt hat.

Die heute vorliegenden Vorlagen sind aber, Frau Bundesminister, ein guter Anlass, darüber zu sprechen, wie und aus welchem Anlass Außenpolitik und europäische Fragen im Plenum behandelt werden. Wir haben diese Vorlagen heute auf der Tages­ordnung, von denen manche sehr wichtig sind, manche reine Formsachen sind, die aber behandelt werden müssen, weil es sich um Übereinkommen handelt. Alle anderen wichtigen Fragen, also die großen EU-Vorhaben, die Frage, wer Kom­missionspräsident wird, wie Kommissionsmitglieder ausgesucht werden et cetera, werden nicht auf Grund von Vorlagen behandelt, sondern dann, wenn es eine Erklärung gibt, wenn es eine Dringliche Anfrage dazu gibt oder wenn es sich um ein Vorhaben handelt und es im EU-Hauptausschuss besprochen wird.

Wir sollten uns also eigentlich einmal darüber unterhalten, ob es die richtigen und wichtigen Dinge sind, die ins Plenum kommen, oder ob es nicht andere Dinge sein sollten, die der Bedeutung des Plenums entsprechend hier behandelt werden. Es sollte also vielleicht überlegt werden, ob manche Dinge, die im EU-Hauptausschuss ver­handelt werden, nicht im Rahmen von eigenen Plenartagen hier im Plenum behandelt werden sollten, weil es erstens ihrer Bedeutung entspricht und zweitens dann auch Fragen der EU durch Übertragungen und so weiter jene Aufmerksamkeit fänden, die sie im EU-Hauptausschuss, den wir zwar öffentlich gemacht haben, an dem jedoch die Öffentlichkeit nicht wirklich teilnimmt, leider nicht bekommen.

Wir sollten uns wahrscheinlich auch überlegen, ob die Verfassungsbestimmungen, die wir erfüllen müssen, nämlich dass wir genau festlegen, in welchen Sprachen und wo diese Vorhaben zur Einsichtnahme aufgelegt werden, noch zeitgemäß sind, ob die öffentliche Auflage nicht durch einen Zugang im Internet ersetzt werden könnte, ob das wirklich noch in jedem einzelnen Fall so ausdrücklich mit beschlossen werden muss und ob sich das nicht automatisch ergeben könnte. All das sollte auch im Zusam­menhang mit Änderungen der Verfassung überlegt werden.

Genauso wäre auch zu überlegen, ob nicht gerade auf Grund der Bedeutung von außenpolitischen und insbesondere EU-Fragen die Arbeit der Parlamente selbst in diesem Zusammenhang, also die Berichte über die Tätigkeit der COSAC wie auch Berichte aus anderen interparlamentarischen Einrichtungen, so wie es früher der Fall war, auch heute wieder in Form eines eigenen Berichts ins Hohe Haus kommen sollte, um auch die Haltung der Parlamente und ihrer Vertreter zu Fragen der EU hier wieder debattieren zu können. Diese kleinen Gruppen wie COSAC zum Beispiel und auch andere Delegationen, Europarat, WEU, NATO et cetera, haben zwar viele Möglich­keiten, ein Verhalten für das Parlament zu setzen, aber es gibt weder einen Auftrag


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des Parlaments noch eine Debatte, noch eine Rückkoppelung über die Haltung dieser Delegationen. Ich glaube, diese Vorlagen sind ein guter Anlass dafür, auch darüber nachzudenken, wie wir in Zukunft EU-Vorlagen besser hier ins Haus bringen könnten. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und des Abg. Dipl.-Ing. Dr. Pirklhuber.)

17.52

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Klub­obmann Scheibner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: ebenfalls 5 Minuten. – Bitte.

 


17.52

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Herr Kollege Schieder, ich gebe Ihnen völlig Recht, wenn Sie sagen, dass wir versuchen müssen, ich würde nicht sagen, das Parlament europafit zu machen, aber doch zumindest dafür zu sorgen, dass wir mehr gehaltvolle, auch in der Sache selbst geführte europäische und außenpolitische Debatten hier führen können.

Ich gehe davon aus, dass Kollege Cap Ihnen das berichtet hat: Wir haben hier im Parlament seit einiger Zeit ein Projekt aller Fraktionen laufen, mit ersten Ergebnissen, wo es darum geht, wie wir in Zukunft auf diese Notwendigkeit reagieren können. Und da gibt es eine ganze Reihe von Vorschlägen, die jetzt noch in den Klubs diskutiert werden sollten, die dahin gehen, dass wir auch unsere Europa-Abgeordneten hier stärker einbinden können, dass wir auch versuchen sollten, die Kommissare auch einmal zu uns ins Parlament einzuladen, um mit ihnen zu diskutieren, dass wir ganz konkrete, auch aktuelle Anlässe dazu nützen, um hier entsprechende Debatten abzu­halten. Ich denke aber, dass sich das nicht nur auf die Ebene der Europäischen Union beschränken sollte, sondern Sie wissen, dass wir hier oft so nebenbei über sicher­heitspolitische Fragen, über aktuelle Krisensituationen diskutieren. Wir werden heute am Ende der Tagesordnung – ich glaube, auch das ist ein bisschen symbolhaft – über eine humanitäre Katastrophe etwa im Sudan diskutieren. Ich glaube, das sind die Dinge, mit denen wir uns stärker beschäftigen sollen.

Wir haben heute als dritten Punkt der Tagesordnung eine sicherlich wichtige Materie behandelt, dass man nämlich jetzt per Telebanking irgendwelche Gebühren einzahlen kann. Der letzte Tagesordnungspunkt ist ein sicherheitspolitischer und humanitärer Fall, der uns alle betreffen sollte. Ich denke, es geht auch um die Wertigkeit. Da brauchen wir meiner Meinung nach nicht irgendwelche Kommissionen, sondern es geht darum, wie wir selbst unsere Tagesordnung gestalten.

In diesem Sinne, Herr Kollege Schieder, gehe ich davon aus, dass auch Sie aktiv mitarbeiten werden bei diesem Projekt, wie wir besser als bisher auf diese euro­papolitische, aber auch außenpolitische Komponente des Parlaments reagieren und diesen Fragen auch einen größeren Stellenwert einräumen können.

Zu den Materien, die jetzt auf der Tagesordnung stehen, haben meine Vorredner schon gesagt, dass sie Konsensmaterien sind. Ich möchte nur ein Wort zum Überein­kommen mit Jordanien über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen sagen. Ich denke, derartige Abkommen sind von ganz beson­derer Bedeutung, sie zeugen von Solidarität. Ich gehe davon aus, dass wir das mit möglichst vielen Ländern so gestalten werden, dass man Länder, egal, wo sie sich befinden, in derartigen Notfällen nicht im Stich lässt und nach den eigenen Möglich­keiten auch unterstützt. Wenn man das professionell machen möchte, dann ist es auch notwendig, durch derartige Übereinkommen sicherzustellen, dass man vor Katastro­phen­einsätzen durch Übungen, durch Abstimmungen, durch entsprechende Infor­mationen auch einen effizienten und positiven Einsatz garantieren kann. Deshalb halte ich diese Abkommen und vor allem dieses eine für besonders nützlich.


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Ich bedanke mich auch bei der Frau Außenministerin, dass sie uns die im Ausschuss versprochenen zusätzlichen Informationen aus dem Innenministerium gegeben hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.56

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. Auch sie: 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


17.56

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Auf Grund der Kürze der Zeit werde ich mich in meinen Ausführungen auf eine der Vorlagen beschränken. (Beifall des Abg. Dr. Mitterlehner.) Das wird aber vielleicht nicht ganz so kurz sein, wie Sie vielleicht wünschen, wer immer sich da jetzt mit Applaus gemeldet hat. (Abg. Dr. Fasslabend: Oje, das war voreilig!)

Die grüne Fraktion wird allen Vorlagen außer einer zustimmen. Kollege Schieder hat schon die Situation im Außenpolitischen Ausschuss erwähnt. Ich werde jetzt auch begründen, warum meine Fraktion dem Assoziationsabkommen zwischen der EU und Chile nicht zustimmen wird.

Ich und auch meine Fraktion hätten das an sich sehr gerne getan. Ich persönlich kenne Chile beinahe seit mehr als 25 Jahren, ich habe das Land kennen gelernt zu Zeiten der Pinochet-Diktatur, habe den Weg zurück zur Demokratie mitverfolgt mit vielen Leuten, die darauf die Hoffnung gesetzt haben, dass alles wieder besser wird, dass die Diktatur aufgearbeitet wird, dass die Schuldigen bestraft werden und dass auch die Wirtschaft sich so weiterentwickelt, dass alle etwas davon haben und nicht nur die Reichen. Das war nämlich der Weg Pinochets, das war nicht nur eine grausame Diktatur, sondern das war auch das Vorzeigeprojekt für ein neoliberales Wirtschaftsmodell, dessen makro­ökonomischen Daten sehr viele beeindruckt haben, wo es einigen in diesem Land um sehr viel besser gegangen ist, was auch weiterhin anhält, wo aber die große Mehrheit der Bevölkerung nichts bis kaum etwas davon hat.

Diese Hoffnung war verknüpft mit der Rückkehr zur Demokratie vor mehr als zehn Jahren. Sie war verknüpft auch mit einer Weiterentwicklung der internationalen Bezie­hungen Chiles. Viele in Chile haben auch die Hoffnung in verbesserte Beziehungen zur Europäischen Union gesetzt, um dadurch dem Druck, der von Seiten der Vereinigten Staaten gegeben ist, diesem Hegemonialbestreben von US-Amerika, sozusagen auf seinem Kontinent alle in eine geplante Freihandelszone einzubeziehen, zu entgehen. Das war auch mit ein Wunsch bei diesem Freihandelsabkommen Chiles mit der EU, nämlich zu diversifizieren, die Wirtschaft, den Exportmarkt zu diversifizieren, auch mehr in Richtung der Europäischen Union gehen zu können und dadurch die Abhängig­keit von den Vereinigten Staaten zu reduzieren. Das war die Hoffnung. Diese habe ich von vielen Leuten in Chile, und zwar von Abgeordneten, als einige von uns letztes Jahr bei der IPU-Konferenz in Chile waren, gehört, auch als vor kurzem eine Delegation hier war. Das habe ich auch von zahlreichen Personen aus Nicht-Regierungsorganisationen gehört.

Jetzt, als dieses Abkommen hier zur Ratifizierung angestanden ist, habe ich es mir näher angesehen und musste feststellen, dass dieses Abkommen diese Hoffnungen nicht erfüllt. Dieses Abkommen ist – das hat EU-Kommissar Lamy auch festgestellt – ein Präzedenzfall, es geht weit über alle schon vorhandenen WTO-Verpflichtungen hinaus.

Meine Damen und Herren, wissen Sie, was das heißt? – Das bedeutet eine nie zuvor gesehene Liberalisierung der Dienstleistungen, auch von Teilen der öffentlichen


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Dienstleistungen, und eine weit reichende Öffnung des öffentlichen Beschaffungs­wesens. Und jetzt müssen Sie sich vorstellen, es werden jetzt nicht die großen chilenischen Firmen kommen und das in Österreich wollen, vielleicht manche auch, aber das Ungleichgewicht zwischen der Wirtschaftsmacht einer Europäischen Union und einem Chile ist gewaltig. Das heißt, dass der Druck auf die chilenischen Behörden, auf die chilenische Wirtschaft steigen wird, im öffentlichen Dienstleistungsbereich, im öffentlichen Beschaffungsbereich zu liberalisieren, und zwar in einem Ausmaß, das bisher noch nie da gewesen ist. Dieses Abkommen ist ein Präzedenzfall für derartige Liberalisierungen, wie sie in der WTO bisher verhindert werden konnten.

Dieses Abkommen ist ein Präzedenzfall für derartige Liberalisierungen, wie sie in der WTO bisher verhindert werden konnten.

Meine Damen und Herren! Ich denke, dass wir innerhalb der Europäischen Union auch die Verantwortung haben, darauf zu achten, dass nicht gegenüber einem kleinen Land, das weit weg ist am anderen Ende der Welt, bereits sozusagen Dinge in der inter­nationalen Wirtschaft etabliert werden, hinsichtlich welcher man dann sagen kann: Das gibt es eh schon einmal! Machen wir einfach weiter so! – Meine Damen und Herren! Das geht für uns Grüne in dieser Form nicht! (Beifall bei den Grünen.)

Es wäre möglich gewesen – und ich denke, diese Verantwortung hätte die Europäische Union sehr wohl auch –, in dieses Abkommen Rahmenbedingungen für den sozialen Bereich, für den Arbeitsmarktbereich und auch für den ökologischen Bereich hineinzu­verhandeln. Wie Sie vielleicht wissen, hat Chile auf Grund des Erbes der Pinochet-Diktatur große Schwächen gerade im Bereich der Arbeitsgesetzgebung und der Umwelt­gesetzgebung. Es ist in den vergangenen zehn bis zwölf Jahren auch auf Grund der politischen Situation im Land noch nicht gelungen, diesbezüglich sehr viel weiterzubringen. Ich habe jetzt leider keine Zeit, Ihnen das näher zu erläutern. Jetzt hätte es die Chance für ein Abkommen gegeben, in welches man solche Rahmen­bedingungen einbringt.

Viele von Ihnen sagen ja auch hier ständig, wie wichtig öffentliche, staatliche Rahmen­bedingungen für den Arbeitsmarkt und für die Umweltgesetzgebung sind! Daher wundert es mich, dass gerade von der SPÖ bisher noch keine diesbezüglichen kritischen Anmerkungen zu dem Abkommen gekommen sind. Im Ausschuss hat es jedenfalls keine Kritik gegeben, vielleicht kommt sie aber jetzt noch von einigen Kollegen oder Kolleginnen. (Zwischenruf des Abg. Schieder.) Herr Kollege Schieder! Jetzt bin ich am Wort, Sie können sich dann aber gerne noch einmal zu Wort melden! (Abg. Schieder: Zuerst fragen Sie, und dann wollen Sie keine Antwort hören!) Natürlich, es werden ja noch Kolleginnen oder Kollegen von Ihrer Fraktion das Wort ergreifen. (Abg. Dr. Cap: Hören Sie auf Kollegen Schieder!) Herr Kollege Cap! Nicht immer höre ich auf Kollegen Schieder! Manchmal schon, aber diesmal nicht!

Dieses Abkommen hat leider die diesbezüglichen Hoffnungen, die auch in Chile geweckt wurden, nicht erfüllt. Es soll zum Beispiel ein Sustainability Impact Assess­ment, also eine Nachhaltigkeitsprüfung, stattfinden. Wissen Sie aber, wie dieser Vorschlag zustande gekommen ist? – Das Ganze lief über eine luxemburgische Beratungsfirma, die sich das lediglich über Statistiken angesehen hat! Es wurde aber keine einzige Organisation der chilenischen Zivilgesellschaft mit einbezogen! Meine Damen und Herren! Das wäre in Europa nicht denkbar und nicht möglich! Aber gegen­über einem kleinen lateinamerikanischen Land sagt man eben: Was soll’s! Da macht man das halt so.

Meine Damen und Herren, so geht es nicht! Wir von der grünen Fraktion wollen mit unserer Ablehnung dieses Abkommens fraglos heute nicht jegliche Abkommen in diesem Bereich für die Zukunft unmöglich machen. Aber wir müssen die Dinge, die wir


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von unserem eigenen Land und von der Europäischen Union verlangen, wohl auch in solche Abkommen mit hineinnehmen. Da darf es nicht passieren, dass die Fischerei an der 4000 Kilometer langen Küste Chiles, die den Fischern den Lebensunterhalt bietet, gerade durch ein solches Abkommen betroffen ist und die kleinen Fischer – es sind meist Männer, es sind kaum Frauen dabei – gefährdet sind, ihre traditionellen Fisch­gründe verpachten oder verkaufen zu müssen. Durch dieses Abkommen werden die großen Firmen einfach reingelassen, ein Schutz dieser Fischer oder auch der natür­lichen Ressourcen ist hingegen nicht enthalten.

Meine Damen und Herren! Ich habe versucht, einige der Punkte dieses Abkommens und der Schwierigkeiten, die dieses Abkommen beinhaltet, darzustellen. Ich hoffe, ich konnte begründen, warum wir aus guten Gründen diesem Abkommen in dieser Form nicht zustimmen können. (Abg. Marizzi: Ein bisschen lang war es!) Ich hoffe, dass das nicht ein Präzedenzfall für andere Abkommen dieser Art mit Ländern wird, welche die Absatzmärkte brauchen, welche aber nicht die wirtschaftliche und politische Macht haben, das gegenüber der EU auch durchzusetzen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.05

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Großruck zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.05

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bun­desministerin! Herr Staatssekretär! Letzterer befindet sich diesmal in neuer Position; sonst ist er immer vor mir gesessen, jetzt sitzt er vis-à-vis. (Staatssekretär Mag. Mainoni: Jetzt sitze ich hinter dir!) Alles Gute wünsche ich dir, lieber Freund!

Hohes Haus! Ich werde ganz kurz exemplarisch das Abkommen zwischen Österreich und dem Haschemitischen Königreich Jordanien erwähnen, und zwar deshalb exem­plarisch, weil es natürlich – das hat Kollege Scheibner schon gesagt – auch für andere Staaten zu gelten hat. Das ist ja keine Einbahn, sondern wir vereinbaren, dass gegenseitige Hilfeleistung schnell und unbürokratisch ermöglicht wird, ob es sich nun um Grenzübertritt oder Einreise auch für Hilfsorgane handelt. Wer sagt uns denn, dass Österreich vor jeglichen Katastrophen gefeit ist und wir nicht auch einmal die Hilfe jener brauchen, mit welchen wir heute in der Sichtweise, dass wir ihnen helfen werden, dieses Abkommen abschließen?

Meine Damen und Herren! Ich darf diese Gelegenheit, bei welcher Rechtssicherheit auch für die NGOs gegeben wird, auch dazu nützen, diesen einmal herzlich zu danken, und zwar nicht nur für ihre aktive Hilfe in Katastrophensituationen, sondern für ihre permanenten weltweiten Aktionen. Ich kenne das zum Beispiel ganz besonders auch von Albanien: Es werden Millionenbeträge und Zigtausende von Stunden von freiwil­ligen und ehrenamtlichen Helfern investiert, um den Menschen wirklich permanent zu helfen, und das ist nur ein Beispiel von vielen dafür, dass Österreicher auf der ganzen Welt tätig sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Es bedarf natürlich auch einer Regelung für Katastrophenfälle. (Zwischenruf des Abg. Wittauer .) – Lieber Freund! Ich weiß, du musst auf den Flugplatz. Lass mich aber noch fertig sprechen, ich bin’s gleich!

Auch das Rote Kreuz, die Feuerwehr und auch das Bundesheer haben Rechts­sicherheit, wenn sie im Einsatz sind. – Ich komme jetzt ganz kurz zum Bundesheer, meine Damen und Herren. Eine heutige Schlagzeile in der „Kronen Zeitung“ besagt, dass Abfangjäger den Luftraum über Wien während des morgigen Begräbnisses bewachen werden, weil eine große Zahl von Staatsmännern anwesend sein wird. – Auch für diese Zwecke, meine Damen und Herren, brauchen wir Abfangjäger, um


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Sicherheit zu gewährleisten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheit­lichen. – Zwischenruf des Abg. Gaál.)

Ich darf zur Sicherheits- und Verteidigungspolitik à la Opposition kommen. (Abg. Gaál: Wer gefährdet uns denn, um Gottes willen?) Herr Gaál! Hör jetzt zu! Es geht nämlich auch um die Verkürzung des Bundesheeres! Du hast dazu gesagt, dass das zu schnell geht, Herr Pilz hat gesagt, es geht zu langsam.

Ich bringe daher zum Schluss einen doppelten Vierzeiler (Zwischenruf des Abg. Eder):

2006, so sprach der Kanzler,

brauchen wir nur mehr a klan’s Heer.

Zu bald!, posaunt der rote Gaál.

Zu spät!, so Pilz, auf jeden Fall!

Rot und Grün, was soll denn das:

Sicherheit als „Wünsch dir was!“?

Ich frage Sie nun, meine Herren:

Wie hätten Sie´s denn demnach gern?

(Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Gaál: Der Vierzeiler war aber hatschert! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

18.08

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Heinzl zu Wort. Redezeit: 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


18.08

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Nach dem ersten außenpolitischen Vierzeiler des Herrn Abgeordneten Großruck möchte ich ein paar Sätze zu dem in Verhandlung stehenden Sicher­heitsübereinkommen der Europäischen Weltraumagentur sagen. (Zwischenruf des Abg. Marizzi.)

Die Unterzeichnung und Ratifizierung des ESA-Sicherheitsübereinkommens ist eine Voraussetzung dafür, dass sich österreichische Firmen an internationalen Aus­schreibungen der ESA beteiligen können. Das umfasst auch, wie wir wissen, das europäische unabhängige Navigationssystem Galileo.

Wissenschaftsminister Einem hat sich bereits seinerzeit sehr intensiv dafür eingesetzt, dass dieses technologische Großprojekt eines unabhängigen Radionavigations­sys­tems gegen den Willen der USA und gegen den EU-internen Druck Großbritan­niens, aber mit Hilfe Frankreichs und Deutschlands durchgesetzt werden konnte. – Eine eigenständige europäische Sicherheitspolitik wird erst durch die technologische Unabhängigkeit vom System der Vereinigten Staaten und auch der Russischen Föderation möglich sein.

Die vielen durch Galileo ermöglichten Anwendungen reichen, wie wir wissen, von militärischen Anwendungen bis zu dem satellitenunterstützten Mautsystem, das die derzeit installierte Technologie mittel‑ bis langfristig ablösen wird. (Zwischenruf des Abg. Wittauer.) Die Entwicklung, die Fertigung und der Abschuss der notwendigen Satelliten dieses Systems in den Erdorbit stellen eine technologische Kraftanstrengung europäischer Forschung dar, von welcher die österreichischen Forschungseinrich­tungen und Technologieunternehmen nicht ausgeschlossen werden dürfen. (Abg. Wittauer: Das ist das falsche Thema, Herr Abgeordneter!)


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Herr Abgeordneter Wittauer, ich verstehe Ihre Zwischenrufe nicht! Setzen Sie sich in die erste Reihe! Ihre Stimme dürfte in den letzten Tagen durch die Zwischenrufe, die Sie gemacht haben, schon ein wenig heiser geworden sein!

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Die Unterzeichnung und Ratifizierung dieses Sicherheitsabkommens sind jedoch nur der erste Schritt. Das möchte ich hier ganz klar und deutlich festhalten.

Es ist notwendig, mit geeigneter Technologie und Forschungsförderung auch diese Chance zu nützen. Außerdem ist – auch davon bin ich fest überzeugt – die aktive Unterstützung der österreichischen Hochtechnologie-Unternehmungen, die an der Ausschreibung der ESA teilnehmen möchten, durch die zuständigen Ministerien notwendig, um an der Entwicklung von Schlüsseltechnologien teilnehmen zu können. Diese Teilnahme ist deshalb erforderlich, weil es sich dabei auch um Arbeitsplätze von morgen handelt. Diese Arbeitsplätze müssen nicht notwendigerweise im Bereich der Raumfahrtindustrie entstehen, es besteht aber eine Verknüpfung mit der Beherrschung der bereits angesprochenen Schlüsseltechnologien.

Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn ich mir die laufenden Kürzungen der Mittel für Forschungseinrichtungen generell ansehe (Abg. Mag. Molterer: Wir haben aufgestockt!), dann habe ich leider den Eindruck, dass diese Regierungsvorlage im Außenpolitischen Ausschuss zwar behandelt wurde und hier beschlossen wird, die Chancen, die dadurch eröffnet werden, von der Bundesregierung aber, wie ich glaube, nicht richtig aktiv genutzt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

18.12

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Abgeord­netem Dr. Bösch das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.12

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Viele Vorredner haben schon gesagt, dass die Tagesordnungspunkte 20 bis 26 mit ganz wenigen Ausnahmen im Wesentlichen unstrittig waren. Unter anderem beschließen wir jetzt auch das Übereinkommen über das EU-Truppenstatut. Das ist ein ganz wesentlicher Schritt in diesem Bereich.

Es sind jetzt auch noch andere europäische Themen in diesem Block zu behandeln. Ich möchte anknüpfen an das, was Kollege Scheibner und auch Kollege Schieder in Bezug auf die künftige Behandlung vor allem europäischer Themen in den Aus­schüssen des Nationalrates, aber auch hier im Plenum, gesagt haben.

Wir müssen davon ausgehen, dass, wenn die neue EU-Verfassung in Kraft tritt, die nationalen Parlamente auch das Recht haben werden, Einspruch gegen Gesetzes­vorhaben der Kommission zu erheben, die dann auch hier im Plenum des National­rates vorgetragen werden müssen. Wir sollten deshalb rechtzeitig die Geschäfts­ordnung in die Richtung adaptieren, dass wir die notwendigen Mechanismen haben, um diesen neuen Herausforderungen gerecht zu werden. – Ich danke Ihnen sehr. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.14

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeord­nete Felzmann zu Wort. Ihre Redezeit beträgt 3 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


18.14

Abgeordnete Carina Felzmann (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Minis­terin! Herr Staatssekretär! Es gab ein sehr konsensuales Vorgehen im Ausschuss,


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daher möchte ich nur ganz kurz ein, zwei Bemerkungen zu dem Abkommen bezüglich der ESA machen.

Österreich hatte, obwohl es Mitglied in der ESA, in der Europäischen Weltraum­gemeinschaft, ist, keinen Zugang zu vielen Ausschreibungen, da diese mit der Geheimhaltung bestimmter Informationen verbunden waren. Auf Grund dieses Abkom­mens wurde nun die Tür zur Teilnahme an diesen Ausschreibungen geöffnet, und zwar auf der einen Seite für die Wissenschaft, auf der anderen Seite aber natürlich auch für die Wirtschaft.

Ich darf kurz daran erinnern: Es geht darum, dass die Gemeinschaft bis zum Jahr 2008 ein Netz von insgesamt 30 Satelliten im Weltall positionieren und damit ein weltweit unabhängiges, europäisches Radionavigationssystem schaffen möchte. Die Gesamt­kosten für dieses Projekt Galileo betragen 3,6 Milliarden €, und es sind zirka hunderttausend Arbeitsplätze europaweit damit verbunden.

Das bedeutet große Chancen für die österreichische Zulieferindustrie, in den Bereichen Elektronik, Software, Mechanik und auch in der Materialentwicklung. Die Bedeutung dieser Aufträge für die Wirtschaft und die Wissenschaft habe ich erwähnt.

Wir danken unserer Außenministerin für ihren Einsatz beim Zustandekommen dieses Abkommens und freuen uns, dass eine gemeinsame Vorgehensweise im Parlament gelungen ist! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

18.16

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeord­nete Mag. Muttonen zu Wort. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


18.16

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich heute dem Abkommen zur Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten und der Republik Chile widmen.

Ich halte dieses Abkommen deshalb für wichtig, weil es dazu beitragen kann, die Beziehung der Europäischen Union zu einer der stärksten und stabilsten Volkswirt­schaften Südamerikas zu vertiefen und damit auch die politische und wirtschaftliche Präsenz der EU in einer Region zu stärken, die traditionell enge Kontakte mit den USA hat.

Ich hoffe daher sehr, dass die Verhandlungen der EU und der Staaten des Mercosur über ein Assoziationsabkommen mit Freihandelszone ebenfalls bald erfolgreich abge­schlossen werden und die Probleme, die sich zuletzt im Bereich der Agrarsubventionen ergeben haben, beseitigt werden können.

Frau Außenministerin, ich hoffe, dass Sie sich dafür einsetzen werden, dass Österreich zu jenen EU-Mitgliedstaaten gehört, die bereit sind, den südamerikanischen Ländern wesentliche Erleichterungen beim Marktzugang für deren landwirtschaftliche Produkte zu machen.

Das Assoziationsabkommen mit Chile enthält im Handelsbereich sehr weit reichende Regelungen. Kollegin Lunacek hat diese Frage angesprochen. Ich verstehe auch ihre Sorge, es erhebt sich diesbezüglich aber die Frage, ob es aus diesem Grund sinnvoll ist, das gesamte Abkommen nicht zu unterzeichnen.

Wie den Erläuterungen des Abkommens zu entnehmen ist, werden die Europäische Union und Chile im Rahmen des politischen Dialogs gemeinsam demokratische Werte fördern und sich insbesondere für die Wahrung der Menschenrechte, die Freiheit des Einzelnen und die Beachtung rechtsstaatlicher Prinzipien einsetzen.


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Ganz eng im Zusammenhang damit stehen die Probleme der indigenen Völker. In den Vorbereitungen zu diesem Assoziationsabkommen haben die Organisationen der chilenischen Mapuche ihre Sorgen artikuliert, dass im Wirtschaftsvertrag zwischen der Europäischen Union und Chile Aspekte der Menschenrechte, der nachhaltigen Entwicklung, der ökonomischen Politik sowie des Respekts und Schutzes für die indigenen Völker zu wenig Beachtung finden.

Zusätzlich verschärft wird die Situation dieser indigenen Völker in Chile auch dadurch, dass es keine Anerkennung der indigenen Völker in der chilenischen Verfassung gibt und die chilenische Regierung das so genannte internationale Abkommen Nr. 169 über indigene Völker unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen aus dem Jahre 1989 nicht ratifiziert hat. – An dieser Stelle möchte ich anmerken, dass auch Österreich das noch nicht getan hat. Sie haben heute aber die Möglichkeit, einem Entschließungsantrag der Kollegin Bayr zuzustimmen!

Frau Außenministerin, ich hoffe, dass Sie sich dafür einsetzen werden, dass die Fragen der Minderheitenrechte und des Schutzes der indigenen Völker im politischen Dialog zwischen der EU und Chile thematisiert werden, ebenso die Frage der Aufarbeitung der Militärdiktatur und in diesem Zusammenhang vor allem auch die Frage der Verschwundenen.

Ich denke, dass, obwohl es einige Punkte in diesem Assoziationsabkommen gibt, die man kritisch sehen kann, das Abkommen, wie ich erwähnt habe, auch eine Vielzahl von Chancen bietet. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.19

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner hat sich Herr Abgeordneter Ledolter zu Wort gemeldet. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


18.20

Abgeordneter Johann Ledolter (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Verehrte Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch ich möchte anschließen an die Vorrednerin beziehungsweise an die Kritik, die Frau Kollegin Lunacek bereits im Außenpolitischen Ausschuss angebracht hat. Ich glaube aber – bei allem Zugeständnis, das ich Ihnen gerne mache, dass Sie Chile sehr gut kennen –, dass Ihre Einschätzung und Ihr Blick vielleicht ein bisschen dadurch getrübt sind, dass Sie zu engen Kontakt mit chilenischen NGOs haben, deren Wahrnehmung ähnlich vorsichtig sein könnte wie manchmal die grüne Wahrnehmung bei wirt­schaftlichen Fragen auch im europäischen Umfeld.

Meine Damen und Herren! Ich gehe also davon aus, dass es schon notwendig ist, die Wirtschaft zu liberalisieren, die Märkte zu öffnen, und dass wir uns darüber im Klaren sein sollten – und das europäische und das globale Beispiel zeigen es –, dass wesent­liche politische, wesentliche gesellschaftliche Prozesse immer wieder durch politische und wirtschaftliche Prozesse induziert wurden, und insofern die Sorge vor diesem Abkommen meiner Meinung nach übertrieben ist. Umso mehr als es ja in diesem Abkommen darum geht, alle drei wesentlichen Bereiche zum Leben zu bringen, nämlich den politischen Dialog, bei dem es um die Hochhaltung der demokratischen Werte geht, um die Einhaltung der Menschenrechte, die hier expressis verbis geregelt wird, und natürlich auch um die Einhaltung des rechtsstaatlichen Prinzips, ebenso um eine verstärkte Zusammenarbeit in der Außen- und Sicherheitspolitik bis hin zur Terrorismusbekämpfung.

Im zweiten großen Block, im Kooperationskapitel, ist natürlich auch die Förderung der nachhaltigen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Entwicklung geregelt und


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festgelegt, ein Bereich, der sicherlich zum Nutzen beider Partner ist und der auch der chilenischen Bevölkerung die Chance gibt, sich am wirtschaftlichen Entwicklungs­prozess zu beteiligen.

Im Handelskapitel, das im Wesentlichen die Erweiterung weit über den WTO-Rahmen hinaus regelt und auch den Zugang zur Liberalisierung der entsprechenden Marktteile bis hin zur Chance, das Wertesystem zu übernehmen, dokumentiert, ist auch ein guter Ansatz gegeben.

Darüber hinaus bin ich davon überzeugt: Sollte die europäische Gesellschaft diese Möglichkeit nicht wahrnehmen, dann werden die USA mit wesentlich weniger Fein­fühligkeit unter Umständen diesen Raum noch weiter hegemonisieren.

Insofern ist dies ein klarer Auftrag für die Fortsetzung der bewährten Außenpolitik, die die Frau Bundesministerin macht. (Beifall bei der ÖVP.)

18.22

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesministerin Dr. Ferrero-Waldner. – Bitte, Frau Bundesministerin.

 


18.22

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ganz kurz: Zum ersten Punkt, Herr Abgeordneter Schieder: Im Vorfeld der neuen Bestimmungen für eine EU‑Verfassung bin ich sicher, dass das Parlament hier zu guten neuen Überlegungen kommen wird, wie auch eine außen- und europapolitische Debatte verstärkt geführt werden kann. – Erster Punkt.

Zweiter Punkt: Ganz kurz nur zu EU – Chile. Hier geht es eben, wie schon einige Vor­redner gesagt haben, um ein wichtiges Globalabkommen. Und Chile ist heute tatsächlich das stabilste Land Südamerikas. Seien wir froh, dass es so ein Präzedenz­globalabkommen gibt, denn wenn man sich das genauer anschaut, Frau Abgeordnete Lunacek, dann sieht man, dass hier von nachhaltiger wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung gesprochen wird, dass hier verantwortliche Staatsführung eingefordert wird und dass hier – ganz wichtig auch – die Maßnahmen im Zusammenhang mit der Wirtschaftsliberalisierung im Einklang mit den WTO-Regelungen stehen. Also ich glaube, das muss man schon sehr genau lesen.

Es ist auch nicht so, dass NGOs überhaupt nicht dabei waren, sondern – ich habe mir das angeschaut – es ist ganz klar auch die Zivilgesellschaft hier eingebunden worden, und zwar in der Form, dass die Inhalte auch im Internet waren. Die Liste der im Vorfeld konsultierten nichtstaatlichen Akteure umfasst eine ganze Seite im Internet.

Gerade, wenn man weiß, dass es dort eine relativ junge Demokratie gibt, ist es gut, diese Demokratie mit Hilfe dieses Abkommens zu festigen und zu fördern, und zwar indem man selbstverständlich die Minderheitenrechte anspricht, indem man auch durch den politischen Dialog Fragen wie zum Beispiel jene nach den Verschwundenen, die bereits angesprochen wurden, anspricht und indem man in jedem Bereich versucht, die gute Regierungsführung zu fördern. Das heißt, es ist ein Wirtschaftsabkommen, das global und umfassend ist und, wie ich glaube, als gutes Beispiel für andere globale Abkommen dienen kann. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.25

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeord­nete Hagenhofer zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 



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18.25

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Der Erfolg oder der Profit, wenn Sie wollen, Österreichs durch den Beitritt zur Europäischen Weltraum­organi­sation ist neben dem Zugang österreichischer Wissenschafter und Unternehmen zu Ausschreibungen und Aufträgen der ESA auch die eigentliche Förderung der öster­reichischen Weltraumindustrie als so genannte Leittechnologie, aus der wiederum für die heimischen Unternehmen viel abgeleitet werden kann. Wenn Sie so wollen, sind für die heimische Industrie so genannte Folgegewinne auf jeden Fall zu sehen.

Durch diesen Beitritt könnten auch die Wissenschaftsmarktanteile gegenüber Konkur­renzländern gehoben werden, es könnten die Wachstumsaussichten für öster­reichische Exporte erhöht werden und unter Umständen die relativ schwache Markt­stellung österreichischer Anbieter in Fernost gesteigert werden.

All das sind kreative Ansätze, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, nämlich kreative Ansätze, Marktpositionen von österreichischen Unternehmen zu stärken, zu fördern gegenüber jenen Ansätzen, Herr Kollege Wittauer, die da lauten, die Marktposition der Unternehmen nur durch Lohnkostenkonkurrenz mit Niedriglohnländern zu sichern.

Wir von der Sozialdemokratie unterstützen diese Vorlage, und wir glauben, dass mit der Förderung der Wissenschaft auch die Weltraumindustrie gestärkt wird. Wir unterstützen diese Vorlage gerne. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Wittauer.)

18.27

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Murauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


18.27

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Hohes Haus! In aller Kürze zum Übereinkommen der europäischen Staaten: Hier geht es darum, dass es Rechtssicherheit gibt zwischen den europäischen Staaten und außerhalb dieser europäischen Staaten, dass man also den Militärs und Zivilpersonen bei Schaden­ersatzansprüchen respektive bei Haftungsansprüchen entsprechend Rechtssicherheit gibt.

Zum Zweiten möchte ich einige Worte zum Abkommen betreffend eine Assoziation der europäischen Staaten und der Republik Chile erwähnen. Natürlich, geschätzte Damen und Herren, finden sich in diesem Abkommen keine Details, aber ich denke, es ist der richtige Weg, der richtige Ansatz, um die Entwicklung in diesem Land fördern zu können, aber auch der US-Abhängigkeit ein wenig entgegenzuwirken.

Ich denke, wir sollten neben dem wirtschaftlichen Interesse, neben der Entwicklungs­möglichkeit auch sehen, dass die Delegation, die unter der Leitung von Kammer­präsident Pablo Lorenzini Basso am 25. Mai hier war, sehr vehement auf diesen Vertrag hingewiesen und uns ersucht hat, wir mögen diesen ebenfalls beschließen und unterzeichnen.

Ich möchte zum Abschluss erwähnen, dass selbstverständlich die Menschenrechte, die Rechtsstaatlichkeit, die Freiheit und die ökologische sowie die soziale Entwicklung in diesem Land angesprochen sind. Das scheint mir also doch ein sehr umfassendes Abkommen zu sein, das von unserer Ministerin vorgelegt wurde und dem wir zustimmen sollten. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Wittauer.)

18.29

 



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als vorläufig letzte Rednerin hiezu zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Sburny. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.29

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Herr Staats­sekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte noch einmal zu diesem Abkommen mit Chile Stellung beziehen.

Sie, Frau Außenministerin, haben vor allem von dem politischen Dialog gesprochen, und mehrmals in der Debatte ist jetzt eben auch gesagt worden, dass dieser politische Dialog mit Chile wichtig ist und dass auch die Handelsbeziehungen einen Beitrag zur Stabilisierung und zu den guten Beziehungen leisten sollen.

Wir halten das für richtig. Faktum ist nur, dass die wirtschaftlichen Mechanismen immer jegliche Art von politischem Dialog überlagern. Es gibt eine Studie der Weltbank, eine Untersuchung aus dem Jahr 1999 im Hinblick auf die WTO-Handelsbeziehungen, in der die Weltbank, die, glaube ich, diesbezüglich unverdächtig ist, feststellt, wer von derartigen Abkommen in der Regel profitiert. Das sind a) ganz bestimmte Länder weltweit und b) in diesen Ländern noch einmal bestimmte Gruppen. Und das ist es, was wir auch im Hinblick auf Chile befürchten, dass auch dort das, was tendenziell bei solchen Abkommen immer wieder passiert, geschieht und dass dieses Abkommen eine Tendenz verstärkt, nämlich das Auseinanderklaffen von Arm und Reich.

In diesem Sinne sind wir einfach der Meinung, dass sich Österreich auch auf EU-Ebene – wir sagen das auch bei den WTO-Verhandlungen immer wieder bei all diesen Abkommen – verstärkt dafür einsetzen sollte, dass in solche Abkommen bestimmte Rahmenbedingungen hineinkommen. Das bezieht sich jetzt sowohl auf den Schutz von Naturressourcen etwa, aber auch auf arbeitsrechtliche Beziehungen. Aus unserer Sicht müsste Österreich da eine Position einnehmen, mit der es in der EU quasi auch eine Vorreiterrolle spielt, und sich nicht nur auf schöne Worte beschränken und sagen: Wir erwarten, dass Chile da etwas tut. Dann hielten wir diese Liberalisierung der Handelsbeziehungen auch für gut.

Aus diesem Grund werden wir heute diesem Abkommen eben nicht zustimmen. (Beifall bei den Grünen.)

18.32

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Aus­schusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen zwischen der Republik Österreich mit dem Haschemitischen Königreich Jordanien über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen, dessen Artikel 3 Abs. 2 und Artikel 8 Abs. 1 und 2 verfassungsändernd sind, in 468 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Mit Rücksicht auf die erwähnten verfassungsändernden Bestimmungen stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeord­neten fest.


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Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages die Genehmigung zu erteilen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dieser Antrag ist einstimmig angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Aus­schusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Beendigung des Übereinkommens über die gegenseitige Anerkennung von Prüfungszeugnissen und Konformitäts­nach­weisen, dessen Artikel 2 Abs. 3.1 bis 3.4, Artikel 6 Abs. 2 bis 4, Artikel 8, Artikel 9 Abs. 1, 2 und 4 sowie Artikel 10 Abs. 4 verfassungsändernd sind, in 513 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Mit Rücksicht auf die erwähnten verfassungsändernden Bestimmungen stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeord­neten fest.

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages die Genehmigung zu erteilen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle die einstimmige Annahme fest.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Aus­schusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Übereinkommen zwischen den Ver­trags­staaten des Übereinkommens zur Gründung einer Europäischen Weltraumorgani­sation und der Europäischen Weltraumorganisation über den Schutz und Austausch von der Geheimhaltung unterliegenden Informationen in 411 der Beilagen die Geneh­migung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Ich lasse jetzt über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, wonach der vorliegende Staatsvertrag im Sinne des Art. 50 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen ferner zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Aus­schusses im Sinne des Art. 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes, dass die Kundmachung der französischen Sprachfassung des Übereinkommens dadurch zu erfolgen hat, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme beim Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegt.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschus­ses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Übereinkommen zwischen den Mitglied­staaten der Europäischen Union betreffend EU-Truppenstatut samt Erklärungen in 457 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Ferner kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Aus­schusses im Sinne des Art. 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes, dass die dänischen, englischen, finnischen, französischen, griechischen, italienischen, nieder­län­dischen, portugiesischen, schwedischen und spanischen Sprachfassungen dadurch


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kundgemacht werden sollen, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme beim Bundes­ministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Aus­schusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Übereinkommen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union über Ansprüche eines Mitgliedstaates gegen einen anderen Mitgliedstaat wegen Beschädigung von in seinem Eigentum stehenden, von ihm genutzten oder betriebenen Sachen oder wegen Körperverletzung oder Tod von Mitgliedern des Militär- oder Zivilpersonals seiner Einsatzkräfte im Rahmen einer Krisenbewältigungsoperation der Europäischen Union in 519 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Ferner kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschus­ses im Sinne des Art. 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes, dass die däni­schen, englischen, finnischen, französischen, griechischen, italienischen, niederlän­dischen, portugiesischen, schwedischen und spanischen Sprachfassungen dadurch kundgemacht werden, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme beim Bundes­ministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegen.

Ich bitte auch hier jene Damen und Herren, die dem zustimmen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Aus­schusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Beschluss der im Rat der Euro­päischen Union vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten betreffend die Vorrechte und Immunitäten von ATHENA in 515 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte die Damen und Herren um ein entsprechendes Zeichen bei Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Ferner kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Aus­schusses im Sinne des Art. 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes, dass die dänischen, englischen, finnischen, französischen, griechischen, italienischen, nieder­län­dischen, portugiesischen, schwedischen und spanischen Sprachfassungen dadurch kundzumachen sind, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme beim Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegen.

Ich bitte auch hier jene Damen und Herren, die dem zustimmen wollen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Aus­schusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen zur Gründung einer Asso­ziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Chile andererseits samt Anhängen, Schlussakte und Berichtigungs­protokoll in 549 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Ferner kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschus­ses im Sinne des Art. 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes, dass alle Sprach-


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fassungen mit Ausnahme der deutschen zur öffentlichen Einsichtnahme beim Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

27. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 428/A (E) der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Mag. Karin Hakl, Petra Bayr, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend rasches Handeln gegen massive Menschenrechtsverletzungen sowie Verbrechen gegen die Menschlichkeit in den Darfur-Provinzen (Sudan) (601 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 27. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich eröffne nun die Debatte.

Zu Wort gemeldet ist als Erste Frau Abgeordnete Mag. Hakl. Freiwillige Redezeit­beschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


18.40

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! – Staatssekretär Morak ist am Gehen, aber noch da. – Sehr geehrte Damen und Herren! Im Sudan ereignet sich gerade die derzeit schlimmste humanitäre Krise, die wir auf dieser Welt zu bewältigen haben. Das ist vielleicht auch im Hohen Haus noch nicht jedem einzelnen der Kollegen bekannt.

Im Wesentlichen geht es bei dem Konflikt um Rohstoffvorkommen. Zwei schwarz­afrikanische Rebellengruppen kämpfen gegen die von der sudanesischen Regierung unterstützten Milizen. Vergewaltigungen, Vertreibungen und Zwangsrekrutierungen von Kindersoldaten sind an der Tagesordnung. Im Besonderen können die Hilfsorganisa­tionen kaum zu Hilfe eilen, weil man Freund von Feind nicht mehr unterscheiden kann.

Mit diesem Antrag wollen wir unserer Frau Außenminister den Rücken stärken, damit sie sich weiterhin – so wie bisher – innerhalb der EU, auf allen internationalen Ebenen und bei der UNO dafür einsetzt, dass der Druck auf die Regierung des Sudan so groß bleibt und so groß wird, dass insbesondere der Konflikt nicht auf den Tschad übergreift und dass die Flüchtlinge sicher in ihr Land zurückkehren können.

Sehr geehrte Damen und Herren! Unser Flieger geht um 19 Uhr. Lassen Sie mich trotzdem sagen: Wir gehen alle in eine, wie ich glaube, wohlverdiente Sommerpause. Wenn aber der eine oder andere von Ihnen, von uns, denen es gut geht, auf eines der Spendenkonten einer der vielen Organisationen zugunsten des Sudan den einen oder anderen Euro einzahlt, dann ist Ihr Geld so gut investiert wie selten irgendwo. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.42

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeord­nete Bayr zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Frau Abge­ord­nete.

 


18.42

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Dieser Vier-Parteien-Antrag unterstreicht auf jeden Fall, dass wir hier alle der Meinung sind,


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dass der politische Druck auf den Sudan erhöht werden muss. Der Konflikt in Darfur hat politische Gründe, und ich denke, er wird sich auch nur politisch lösen lassen.

Meine Kollegin Bettina Stadlbauer und ich haben namens der SPÖ-Frauen am Anfang der Woche zu einem Runden Tisch zum Thema Sudan eingeladen, um die Hilfe zu bündeln, Informationen auszutauschen und Synergien zu schaffen. Ich denke, es ist auch sehr gut gelungen. Sehr viele Organisationen sind unserer Einladung gefolgt, zum Beispiel „Ärzte ohne Grenzen“, die UNICEF, das Österreichische Rote Kreuz, die Caritas, die Österreichisch-Sudanesische Gesellschaft, das Darfur-Komitee, UNIFEM, Amnesty, CARE, die Sudan-Plattform und einige andere.

Es war ein sehr fruchtbarer Austausch über die Frage, wie wir alle gemeinsam am besten helfen können. Ein Thema war ganz besonders zentral, nämlich die Frage der Koordinierung der Not- und Katastrophenhilfe. Eine NGO-Mitarbeiterin hat sehr drastisch geschildert, dass zwar die Mittel und die Möglichkeiten da sind, die Men­schen quasi aus den Trümmern zu ziehen, aber dann, wenn sie geborgen sind, wenn sie sozusagen gerettet sind, ist für die nächste Zeit, bis die Entwicklungshilfe einsetzt, oft kein Geld da, und man kann die Menschen dazwischen quasi einfach nur verhungern lassen.

Aus meiner Sicht ist es unglaublich notwendig, dass es einerseits wirklich zwei klar abgegrenzte Budgetposten für Nothilfe und für Katastrophenhilfe gibt, dass es transparente Vergabekriterien für diese Gelder gibt und dass es vor allem auch klare Zuständigkeiten bei einem Ministerium geben soll.

Gerade im Katastrophenfall, das wissen wir alle, hilft der doppelt, der schnell hilft. Es ist also auch Kongruenz wichtig, und es ist einfach unglaublich wichtig, in dieser Frage alle bürokratischen Unklarheiten abzubauen. Die Hilfe ist wirklich dringend, und es geht oft um Stunden oder Tage. Gerade jetzt setzt im Sudan die Regenzeit ein, und es ist wirklich dringend etwas zu tun.

Ich möchte auch noch kurz etwas zum vorliegenden UN-Resolutionsentwurf sagen. Ich glaube, dass es wichtig wäre, das Waffenembargo auf den kompletten Sudan auszu­dehnen. Die Milizen könnten ohne die Steuerung, die Finanzierung und die versteckte Unterstützung der sudanesischen Regierung ihre Verbrechen an der Bevölkerung überhaupt nicht erst begehen.

Im Resolutionsentwurf sind „measures“ angesprochen. Ich denke, es ist wichtig zu spezifizieren, welche Maßnahmen es sind, die gesetzt werden sollen. Wenn es zum Beispiel darum geht, sudanesische Auslandskonten einzufrieren, dann halte ich das für einen ganz schlauen Schritt, weil es vor allem die sudanesische Regierung trifft und nicht die Bevölkerung. Die Spezifizierung dieser „measures“ wäre mir ein großes Anlie­gen.

Noch kurz zur Rolle der sudanesischen Regierung: Ihrer Ankündigung, die Milizen zu entwaffnen, sind bisher leider keine Taten gefolgt. – Sie sind immer noch bewaffnet. Diese Tatsache macht das Sieben-Punkte-Programm des Präsidenten nicht unbedingt viel glaubwürdiger. Es ist leider auch nach wie vor eine Tatsache, dass Hilfsor­ganisationen dabei behindert werden, Zugang zum Krisengebiet zu bekommen.

Es geschieht quasi ein Völkermord in Zeitlupe. Die Regierung versteckt sich nur allzu oft hinter dem neuen Friedensabkommen im Süden und versucht, die Probleme und den Konflikt in Darfur herunterzuspielen. Wenn nichts passiert, dann sind die Bruta­litäten, die an der Bevölkerung des Sudan – speziell in Darfur, und es geht um Mill­ionen Menschen – begangen werden, wahrscheinlich nur ein Vorspiel zu einer noch viel größeren humanitären Katastrophe.


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Ich denke, dass der Vier-Parteien-Antrag ein guter erster Schritt ist und eine Basis, den österreichischen Druck wie auch den europäischen und den UNO-Druck zu erhöhen. Ich freue mich, dass wir ihn gemeinsam einbringen können. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

18.46

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Klub­obmann Scheibner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


18.47

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Frau Außenminis­terin! Ich glaube, wir haben es hier wieder einmal mit einer humanitären Katastrophe zu tun, die leider ein bisschen am öffentlichen Interesse in Europa vorbeigeht, wie überhaupt Afrika und der gesamte Raum äußerst sensibel ist, aber wenn dort etwas passiert, sagt jeder, das ist alles sehr weit weg, bis die Auswirkungen dann auch an unsere Grenzen kommen und auch in Europa spürbar sind.

Konflikte finden für uns nur dann statt, wenn sie über die Medien zu sehen sind und über die Fernsehschirme laufen, und da gibt es derzeit andere Prioritäten. Das ist schade, denn menschliches Leid, Menschenrechtsverletzungen sind überall gravierend und nicht davon abhängig, ob dort gerade Kamerateams mitfilmen oder nicht.

Die Mechanismen sind leider immer dieselben: Regierungen, Nachbarländer und irgendwelche angeblich unkontrollierbaren Milizen sind involviert, auf der Strecke bleiben zehntausende unschuldige Zivilisten wie jetzt im Sudan: 10 000 Tote, 100 000 Flüchtlinge, über 1 Million Betroffene.

Die UNO schickt zwar irgendwelche Kommissäre und Beobachter und verabschiedet Resolutionen, die nicht eingehalten werden, die Europäische Union beschäftigt sich überhaupt nicht mit dieser Frage, und wir können hier im österreichischen Parlament eigentlich nur hilflos Resolutionen verabschieden – wenigstens das!

Das ist das, was wir tun können. Es ist viel zu wenig, aber wir sollten trotzdem ein Zeichen der Solidarität mit diesen Opfern, mit der Bevölkerung setzen und auf der Ebene der Europäischen Union und der Vereinten Nationen alles tun, dass nicht nur verurteilt wird, sondern dass es auch Sanktionen gegen den Sudan und gegen alle Regime gibt, die aktiv oder indirekt derartige Menschenrechtsverletzungen zu ver­antworten haben. Hinter all dem steht wie so oft das wirtschaftliche Interesse. Es geht ja auch hier um Ölvorräte.

Ich glaube, dass man auch in der Öffentlichkeit – hier in Österreich und in Europa – stärker zum Ausdruck bringen muss, dass all diese Konflikte auch auf uns eine direkte oder indirekte Auswirkung haben und dass es auch sinnvoll wäre, mit den wenigen wirklich stabilen afrikanischen Ländern stärker zusammenzuarbeiten, damit sie diese stabilisierende Wirkung auch etwa, wenn es darum geht, internationale Friedens­kontingente auszurüsten und zu organisieren, ausüben können.

Frau Außenministerin! Nehmen Sie diese einstimmige Entschließung als Auftrag und als Unterstützung für Ihre Initiativen wahr und tun Sie das Ihnen Mögliche, um über die Europäische Union und über die Vereinten Nationen Druck auszuüben, damit diese menschliche, humanitäre Katastrophe so bald wie möglich beendet werden kann! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.50

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeord­nete Mag. Lunacek zu Wort. – Bitte.

 



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18.50

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Ich freue mich sehr, dass es möglich war, aus einer Initiative von mir – einem Entschließungsantrag – tatsächlich einen Vier-Parteien-Antrag zu machen, der die massiven Menschenrechtsverletzungen im Westsudan, die zum Teil schon an Genozid grenzen, verurteilt.

Das Regime in Khartoum soll zu einem tatsächlichen Handeln aufgefordert werden und nicht, wie schon mein Vorredner gesagt hat, immer noch wegschauen, so tun, als ob die Janjaweed-Milizen mit ihm nichts zu tun hätten, und außerdem immer noch einem Großteil der Hilfsorganisationen den Zutritt zu den Vertriebenen verwehren.

Ich denke, es ist höchst an der Zeit, dass sowohl auf europäischer Ebene – da ist schon einiges passiert – als auch auf UNO-Ebene, aber auch auf bilateraler Ebene von jedem Staat Druck ausgeübt wird.

Frau Ministerin! Ich freue mich sehr, dass Sie diesem gemeinsamen Antrag jetzt auch positiv gegenüberstehen. Es war leider so, dass Sie noch vor knapp zwei Monaten im Auswärtigen Rat, als ich einen ähnlichen Antrag gestellt habe, nicht bereit waren, zum Beispiel auch gegenüber dem sudanesischen Botschafter in Wien deutlich Ihre persönliche Meinung und die Meinung der EU kundzutun. Ich habe das damals sehr bedauert.

Es sind mittlerweile fast zwei Monate vergangen. Im Sudan sind weiterhin Menschen umgekommen, Frauen vergewaltigt worden, Menschen vertrieben worden. Die Situation ist tatsächlich dramatisch. Und es stimmt, was auch Frau Hakl und Frau Bayr gesagt haben: Es gibt immer noch viel zu wenig Aufmerksamkeit dafür. Ich denke, ein Entschließungsantrag im österreichischen Parlament, von allen vier Parteien getragen, unterstützt dieses Anliegen.

Frau Außenministerin! Ich ersuche Sie, dieses Anliegen tatsächlich auch gegenüber dem sudanesischen Botschafter öffentlich und offen kundzutun und zu sagen, dass dieses Regime in Khartoum umdenken muss! – Das geht so nicht mehr! (Beifall bei den Grünen.)

Ein Zweites: Wenn Kollege Scheibner gesagt hat, wir sind hier hilflos, wir können nur Resolutionen verabschieden, so stimmt das zu einem Teil. Ganz so hilflos sind wir aber nicht. Es ist sehr wohl möglich, politischen Druck zu machen und Geld zur Verfügung zu stellen. Österreich hat einmal 200 000 € zur Verfügung gestellt. Das ist immer noch viel zu wenig für das, was dort passiert.

Auch ein Drittes: Es war vorgesehen, für die Einhaltung und Absicherung des Waf­fenstillstandes vom April auch Militärbeobachter zu entsenden. Auch Österreich wurde dazu aufgefordert, dies zu tun. Heute früh hat Minister Platter auf meine diesbezügliche Frage gemeint, das müsse man erst überlegen, und Schwerpunkt sei Südosteuropa.

Frau Ministerin! Ich bedauere, dass Österreich nicht bereit war, zumindest einen Militärbeobachter in diese Region zu entsenden und im Rahmen einer internationalen Delegation zum Beispiel die Entwaffnung der Milizen und den Schutz der Zivil­bevölkerung voranzutreiben. – Das finde ich bedauerlich, und hier wären wir nicht hilflos, Herr Kollege Scheibner! Da könnte auch Österreich etwas tun. (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Insgesamt möchte ich noch einmal sagen: Ich freue mich, dass es diesen Vier-Parteien-Antrag gibt. Die Freude ist insofern gedämpft, als die Situation vor Ort ganz dramatisch ist. Ich hoffe, dass es zumindest auch dazu beiträgt, dass Sie, meine Damen und Herren, auch wenn Sie jetzt in den wohlverdienten Urlaub gehen, diesem Thema doch auch Ihre Aufmerksamkeit widmen und etwas dazu tun, dass dieses


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Thema auch in Österreich bekannter wird und die Aufmerksamkeit für die Zusam­menhänge zwischen Süd und Nord geweckt wird. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.54

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Dr. Ferrero-Waldner. – Bitte.

 


18.54

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Herr Präsident! Hohes Haus! In der Frage, wie wir zum Sudan stehen, sind wir uns alle einig. Verehrte Damen und Herren! Ich nehme daher diese Entschließung wirklich als eine unterstützende an. Ich darf Ihnen aber berichten, dass natürlich seit dem 30. Juni, seit unserer Debatte im Außenpolitischen Ausschuss, einige wichtige Aktionen gesetzt wurden, die doch Hoffnung geben, dass in Zukunft von sudanesischer Seite auch wirklich Aktionen gesetzt werden.

Erstens: Der US-Secretary of State Colin Powell war im Sudan und hat Gespräche mit der sudanesischen Regierung geführt und sie ganz stark unter Druck gesetzt. Es sind bereits Debatten für einen Resolutionsentwurf auf Basis des Kapitels VII der UN-Charta zirkuliert, sodass zusätzlicher Druck auf Khartoum ausgeübt werden konnte.

Weiters hat sich der UNO-Generalsekretär Kofi Annan am 29. Juni und am 3. Juli in Khartoum aufgehalten, um ebenfalls mit der sudanesischen Regierung Einvernehmen über folgende Maßnahmen zu finden, die ich Ihnen ganz kurz aufzählen möchte:

Die sudanesische Regierung verpflichtete sich unter anderem zur Gestattung der Bewegungsfreiheit für alle in Darfur tätigen humanitären Helfer. – Das war eine wich­tige Forderung.

Sie verpflichtete sich auch zur Aufhebung der Restriktionen für die Einfuhr und den Einsatz humanitären Hilfsmaterials. – Das war eine zweite wichtige Forderung.

Weiters verpflichtete sie sich dazu, dass auch Individuen und Gruppen, die Verlet­zungen der Menschenrechte begangen haben, ehestmöglich der Justiz zugeführt wür­den, und im Bereich der Sicherheit auch zu einer unverzüglichen Entwaffnung der Janjaweed-Milizen.

Zusätzlich ist ein Mechanismus eingesetzt worden, der sich „Joint Implementation Mechanism“ nennt, der ganz bewusst vom sudanesischen Außenminister und vom Spezialbeauftragten des UNO-Generalsekretärs geleitet wird, um zu sehen, dass die sudanesische Regierung auch Wort hält.

Gleichzeitig darf ich sagen, dass es nicht so ist, dass sich die Europäische Union mit diesem Thema nicht beschäftigt. Beim letzten Rat haben wir dazu schon Schluss­folgerungen verabschiedet, und auch beim nächsten Rat am Montag wird es Kon­klusionen geben, die ebenfalls androhen, dass bestimmte weitere Maßnahmen von der Europäischen Union – also gewisse Sanktionen – kommen würden, wenn die sudanesische Regierung diesem Druck, der ausgeübt wird, jetzt nicht nachgibt.

Ich selbst habe – wie übrigens mein Haus schon vorher, und das haben wir Ihnen gesagt, Frau Abgeordnete! – immer mit dem sudanesischen Botschafter Kontakt gehalten. Ich habe ihn inzwischen auch selbst kontaktiert und selbstverständlich genau diesen Druck weitergegeben, der uns allen ein Anliegen ist.

Schließlich – und das ist etwas Konkretes – haben wir sofort 200 000 € zur sofortigen Hilfe bereitgestellt, die in zwei Bereichen eingesetzt werden: beim UN-Flüchtlings­hilfswerk und beim Welternährungsprogramm. Und ich bin sicher, dass wir Öster-


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reicher dann, wenn es zu einer Geber-Konferenz kommen wird, sicher noch einmal etwas „pledgen“ werden.

Darüber hinaus ist auch das ECHO-Programm der Europäischen Union, innerhalb dessen 14 Millionen € zur Verfügung gestellt werden, selbstverständlich auch von Österreich mit ausgestattet. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.57

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der vorläufig letzte Redner hiezu: Herr Abgeordneter Mag. Posch. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


18.58

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Es wurde schon sehr viel zu der vorliegenden Entschließung gesagt, daher kann ich mich jetzt auf ein paar Dinge beschränken.

Ein paar nüchterne Zahlen mögen die Katastrophe verdeutlichen, die sich im Sudan abgespielt hat und abspielt: Seit zwei Jahrzehnten herrscht ein Bürgerkriegsgemetzel mit 2 Millionen Toten, 1 Million Menschen, die vertrieben worden sind, und 300 000 Menschen, die unmittelbar vom Hungertod bedroht sind. – Das ist eine Situation, die dem um nichts nachsteht, was sich vor einigen Jahren im Bürgerkrieg in Ruanda ereignet hat.

Es fehlt an allem: an Wasser, an Nahrungsmitteln, an Medikamenten. Es fehlt auch am guten Willen der Regierung im Sudan, und daher ist es positiv, dass sich die Staaten­gemeinschaft zu einem gemeinsamen Handeln entschlossen hat. Es ist auch positiv, dass es diesen Entschließungsantrag gibt, der sich im Wesentlichen auf ein paar zentrale Punkte stützt, nämlich dass man dazu beitragen möge, dass die Kampfhand­lungen umgehend gestoppt werden, dass Hilfsorganisationen Zutritt zum Bürgerkriegs­gebiet erhalten, dass jene, die Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen haben, vor ein Gericht gestellt werden, dass alle Milizen entwaffnet werden und dass es eine wirksame Hilfe für Flüchtlinge vor Ort gibt.

Ich freue mich, dass es diesen Entschließungsantrag gibt. Es ist auch erfreulich, dass sich Österreich den internationalen Aktionen, den Aktionen der EU anschließt, weil es insgesamt gesehen nicht nur eine Verantwortung der Regierung im Sudan gibt, da der Sudan am Schnittpunkt der kolonialen Interessen Frankreichs und Englands liegt und es dort blutige Auseinandersetzungen zwischen Frankreich und England gegeben hat. Daher können sich die europäischen Kolonialmächte ihrer Verantwortung im Sudan nicht so einfach entziehen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

19.00

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 601 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Diese Zustimmung erteilt das Hohe Haus einstimmig. (E 68.)

28. Punkt

Wahl eines Ersatzmitgliedes in die Parlamentarische Versammlung des Euro­parates

 



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73. Sitzung / Seite 198

Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen zum 28. Punkt der Tagesordnung.

Auf Grund des Ausscheidens von Mag. Eduard Mainoni aus dem Nationalrat ist die Wahl eines Ersatzmitgliedes vorzunehmen.

Der Vorschlag des freiheitlichen Parlamentsklubs für das zu wählende Ersatzmitglied lautet auf Klaus Wittauer.

Da hinsichtlich des zu wählenden Ersatzmitgliedes nur ein Wahlvorschlag vorliegt, werde ich im Sinne des § 66 Abs. 1 der Geschäftsordnung hierüber nicht mit Stimmzetteln, sondern durch Erheben von den Sitzen abstimmen lassen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das scheint nicht der Fall zu sein.

Wir gelangen nun zur Wahl eines Ersatzmitgliedes in die Parlamentarische Versamm­lung des Europarates.

Ich ersuche jene Damen und Herren Abgeordneten, die für den Wahlvorschlag der freiheitlichen Parlamentsfraktion sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Somit ist Klaus Wittauer einstimmig zum Ersatzmitglied in die Parlamentarische Versammlung des Europarates gewählt. (Allgemeiner Beifall.)

29. Punkt

Wahl eines Ordners/einer Ordnerin

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zum 29. Punkt der Tagesordnung.

Auf Grund des Ausscheidens des besagten Staatssekretärs Mag. Eduard Mainoni aus dem Nationalrat ist auch die Wahl eines Ordners vorzunehmen.

Der Vorschlag des freiheitlichen Parlamentsklubs für den zu wählenden Ordner lautet auf Sigisbert Dolinschek.

Da hinsichtlich des zu wählenden Ordners nur ein Wahlvorschlag vorliegt, werde ich im Sinne des § 66 Abs. 1 der Geschäftsordnung hierüber nicht mit Stimmzetteln, sondern durch Erheben von den Sitzen abstimmen lassen.

Wird gegen diesen Vorgang eine Einwendung erhoben? – Niemand meldet sich zur Geschäftsbehandlung. Das ist also nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Wahl eines Ordners/einer Ordnerin, und ich ersuche jene Damen und Herren Abgeordneten, die für den Wahlvorschlag der freiheitlichen Parla­mentsfraktion lautend auf Sigisbert Dolinschek sind, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Auch diese Wahl erfolgt einstimmig.

Sigisbert Dolinschek ist hiemit einstimmig zum Ordner gewählt. (Ruf bei der SPÖ: Nimmt er die Wahl an?) – Diese Frage ist geschäftsordnungsmäßig nicht vorgesehen! Wen das Hohe Haus wählt, auf wen die Gnade des Hohen Hauses fällt, hat gefälligst zu parieren. (Allgemeine Heiterkeit.) Er wird einstimmig gewählt. Das ist ein Auftrag.

Die Tagesordnung, meine Damen und Herren, ist erschöpft.

Einlauf

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 435/A bis 445/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 1993/J bis 2083/J eingelangt.


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Ferner hat Herr Abgeordneter Karl Öllinger eine Frage bezüglich parlamentarischer Fragerechte an mich gerichtet, das ist die Anfrage 23/JPR. Diese wäre fast vergessen worden, aber ich habe sie nicht vergessen, Herr Kollege Öllinger!

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betrifft, berufe ich für 19.05 Uhr, also für jetzt, ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 19.05 Uhr

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien