Plenarsitzung
des Nationalrates


Stenographisches Protokoll

 

78. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

Montag, 27. Mai 2019

 

XXVI. Gesetzgebungsperiode

 

 

 

Großer Redoutensaal

 


Stenographisches Protokoll

78. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXVI. Gesetzgebungsperiode                         Montag, 27. Mai 2019

Dauer der Sitzung

                                               Montag, 27. Mai 2019: 10.00 – 10.05 Uhr

                                                                                             13.05 – 16.17 Uhr

*****

Inhalt

Nationalrat

Mandatsverzicht der Abgeordneten Mag. Johann Gudenus, M.A.I.S. und Ing. Wolfgang Klinger    ............................................................................................................................... 13

Angelobung der Abgeordneten Thomas Dim, MMag. DDr. Hubert Fuchs, Ing. Norbert Hofer und Herbert Kickl ............................................................................................................................... 13

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 773/A der Abge­ordneten Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Verfassungs­gesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG, zuletzt geändert mit BGBI. I Nr. 14/2019) hinsichtlich der Anklage vor dem Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 142 Abs. 2 lit. b) geändert wird, gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 11. Juni 2019 zu setzen – Annahme          15, 67

Unterbrechung der Sitzung .......................................................................................... 15

Verlesung der vorgesehenen Fassung eines Teiles des Amtlichen Protokolls die­ser Sitzung durch Präsidentin Doris Bures .............................................................................................. 68

Genehmigung des verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls .................................. 68

Bundesregierung

Schreiben des Bundeskanzlers Sebastian Kurz betreffend Entlassung des Bun­desministers für Inneres Herbert Kickl, Enthebung des Bundesministers für öf­fentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Heinz-Christian Strache, der Bundesmi­nisterin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein, des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie Ing. Norbert Hofer, des Bundesministers für Landesverteidigung Mario Kunasek sowie des Staatssekretärs im Bundesministerium für Finanzen MMag. DDr. Hu­bert Fuchs vom Amt, Ernennung von Herrn Bundesminister für Finanzen Hart-


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 2

wig Löger zum Vizekanzler, Herrn Dr. Eckart Ratz zum Bundesminister für Inne­res, Herrn Dr. Walter Pöltner zum Bundesminister für Arbeit, Soziales, Gesund­heit und Konsumentenschutz, Herrn Generalleutnant Mag. Johann Luif zum Bun­desminister für Landesverteidigung und Frau Dr. Valerie Hackl zur Bundesminis­terin für Verkehr, Innovation und Technologie sowie Betrauung von Bundesmi­nisterin Mag. Dr. Juliane Bogner-Strauss mit der Leitung des Bundesministeriums für öffentlichen Dienst und Sport durch den Bundespräsidenten ......................................................................................................... 14

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 14

Auslieferungsbegehren

gegen den Abgeordneten Dr. Markus Tschank ....................................................  14, 15

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an den Bun­deskanzler betreffend „Scheitern der Bundesregierung Kurz“ (3619/J) ............................................................ 16

Begründung: Mag. Jörg Leichtfried ............................................................................. 20

Bundeskanzler Sebastian Kurz .................................................................................. 25

Debatte:

Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc ................................................................................. 29

August Wöginger ......................................................................................................... 33

Herbert Kickl ................................................................................................................. 35

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES .............................................................................. 37

Dr. Alfred J. Noll ........................................................................................................... 40

Dr. Johannes Jarolim ................................................................................................... 43

Gabriela Schwarz ......................................................................................................... 44

Herbert Kickl (tatsächliche Berichtigung) ..................................................................... 45

Ing. Norbert Hofer ........................................................................................................ 46

Dr. Irmgard Griss ......................................................................................................... 48

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA ......................................................................... 49

Mag. Martin Engelberg ................................................................................................. 50

Dr. Nikolaus Scherak, MA ........................................................................................... 51

Dr. Peter Pilz ................................................................................................................. 53

Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann ...........................................................................  55, 66

Gabriele Heinisch-Hosek ............................................................................................. 57

Efgani Dönmez, PMM ................................................................................................... 58

Josef Schellhorn .......................................................................................................... 60

Mag. Andrea Kuntzl ..................................................................................................... 61

Karl Nehammer, MSc ................................................................................................... 62

Dr. Peter Wittmann ....................................................................................................... 64

Dr. Walter Rosenkranz ................................................................................................ 65


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 3

Entschließungsantrag (Misstrauensantrag) der Abgeordneten Dr. Pamela Ren­di-Wagner, MSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Versagen des Vertrauens gegenüber der Bundesregierung und der Staatssekretärin“ gemäß Art. 74 Abs. 1 B-VG – Annahme (E 75) .........................  32, 67

Entschließungsantrag (Misstrauensantrag) der Abgeordneten Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundeskanzler“ gemäß Art. 74 Abs. 1 B-VG – Abstimmung erübrigt sich ........................................................................................  42, 67

Eingebracht wurden

Petition .......................................................................................................................... 15

Petition betreffend „NEIN zur geplanten Baurestmassendeponie bei Schwoich“ (Ordnungsnummer 28) (überreicht vom Abgeordneten Christian Kovacevic)

Berichte ......................................................................................................................... 15

III-284: Bericht betreffend Universitätsräte; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2019/22; Rechnungshof

III-285: Bericht betreffend Zahlungsströme zwischen den Gebietskörperschaften mit dem Schwerpunkt Bedarfszuweisungen in den Ländern Niederösterreich und Steiermark; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2019/23; Rechnungshof

III-288: Jahresbericht 2018 des ORF gemäß § 7 ORF-Gesetz; BM f. EU, Kunst, Kultur und Medien

Anträge der Abgeordneten

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Zahl, den Wirkungsbereich und die Einrichtung der Bundesministerien (Bundesministeriengesetz 1986 – BMG) und das Bundesgesetz vom 25. Jänner 1989 über die Ausschreibung bestimmter Funktionen und Arbeitsplätze sowie die Besetzung von Planstellen im Bundesdienst und über die Änderung des Bun­des-Personalvertretungsgesetzes (Ausschreibungsgesetz 1989 – AusG) geändert wer­den (827/A)

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Finanzierung politischer Parteien (Partei­engesetz 2012 – PartG) geändert wird (828/A)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Finanzierung politischer Parteien (Parteienge­setz 2012 – PartG) geändert wird (829/A)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfas­sungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (830/A)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes(verfas­sungs)gesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Finanzierung politischer Parteien (Parteiengesetz 2012 – PartG) und das Bundesgesetz über Förderungen des Bundes für politische Parteien (Parteien-Förderungsgesetz 2012 – PartFörG) geändert werden (831/A)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 4

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Medienkooperations- und -förderungs-Transparenzgesetz (MedKF-TG) geändert wird (832/A)

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Finanzierung politischer Parteien (Partei­engesetz 2012 – PartG) geändert wird (833/A)

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Finanzierung politischer Parteien (Partei­engesetz 2012 – PartG) geändert wird (834/A)

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Finanzierung politischer Parteien (Partei­engesetz 2012 – PartG) geändert wird (835/A)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeiterkammergesetz 1992 geändert wird (836/A)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert wird (837/A)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz (KBGG) geändert wird (838/A)

Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 7. Juli 1988 über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 – EstG 1988) geändert wird (839/A)

Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Haftung der Organe der Gebietskörperschaften und der sonstigen Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts für Schäden, die sie dem Rechtsträger in Vollziehung der Gesetze unmittelbar zugefügt haben (Organhaft­pflichtgesetz – OrgHG), geändert wird (840/A)

Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Haftung der Gebietskörperschaften und der sonstigen Kör­perschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts für in Vollziehung der Gesetze zu­gefügte Schäden (Amtshaftungsgesetz – AHG) geändert wird (841/A)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen und Inverkehrbringen von Tabakerzeug­nissen und verwandten Erzeugnissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse und den Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutz (Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetz – TNRSG) geändert wird (842/A)

Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Organisation der Sicherheitsverwaltung und die Ausübung der Sicherheitspolizei (Sicherheitspolizeigesetz – SPG) geändert wird (843/A)

Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wirtschaftskammergesetz 1998 geändert wird (844/A)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abnahme der rechtswidri­gen Beschilderungen der Erstaufnahmestellen als Ausreisezentren (845/A)(E)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 5

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Finanzierung politischer Parteien (Parteiengesetz 2012 – PartG) geändert wird (846/A)

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Finanzierung politischer Parteien (Parteiengesetz 2012 – PartG) geändert wird (847/A)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bundesgesetze, mit denen das Parteiengesetz 2012 sowie das Parteien-Förderungsgesetz 2012 geändert werden (848/A)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Finanzierung politischer Parteien (Parteienge­setz 2012 – PartG) geändert wird (849/A)

August Wöginger, Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc, Herbert Kickl, Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die XXVI. Gesetzgebungsperiode des Nationalrates vorzeitig beendet wird (850/A)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) geändert wird (851/A)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz zum Schutz der Trinkwasserversorgung (852/A)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen und Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen sowie die Werbung für Tabaker­zeugnisse und verwandte Erzeugnisse und den Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucher­schutz (Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetz – TNRSG) ge­ändert wird (853/A)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Schutz der Tiere (Tierschutzgesetz – TSchG) geändert wird (854/A)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Eva­luierung des Arbeitszeitgesetzes, des Arbeitsruhegesetzes und des allgemeinen So­zialversicherungsgesetzes (12h-Arbeitstag/ 60-Stunden-Arbeitswoche) (855/A)(E)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Führung des Bundeshaushaltes (Bundeshaushaltsge­setz 2013 – BHG 2013) geändert wird (856/A)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 24. Oktober 1967 betreffend den Familien­lastenausgleich durch Beihilfen (Familienlastenausgleichsgesetz 1967) geändert wird (857/A)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsge­setz, mit dem das Bundesgesetz über die Finanzierung politischer Parteien (Parteien­gesetz 2012 – PartG), BGBl Nr. 56/2012, geändert wird (858/A)

Anfragen der Abgeordneten

Rudolf Plessl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Re­formen, Deregulierung und Justiz betreffend Justizskandal: Politisch-motivierte Einstel­lung der Eurofighter-Verfahren (3566/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend Umfärbung der Austro Control GmbH – Folgeanfrage zu 2867/J (3567/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 6

Renate Gruber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend umweltfreundliche Donauschifffahrt (3568/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend weitere Fragen zur Hausdurchsuchung bei dem Identitären-Sprecher (3569/J)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltig­keit und Tourismus betreffend CO2-Reduktion durch bisherige Maßnahmen der Bun­desregierung (3570/J)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend CO2-Reduktion durch bisherige Maßnahmen der Bundesregierung (3571/J)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltig­keit und Tourismus betreffend illegale Greifvogelverfolgung (3572/J)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Pensionen­gerechtigkeit (für Frauen) bei Kindererziehungszeiten (3573/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Auskunftsverweigerung bezüglich Sperrvermerk (3574/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend die Gefahreneinschätzung des deutschen Verfassungsschutzes bezüglich einer neuen Dynamik des Rechtsextremismus (3575/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres betreffend Ausflug der FPÖ zum Grenzzaun von Ceuta (3576/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Ausflug der FPÖ zum Grenzzaun von Ceuta (3577/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend ÖVP-Alleingang bei Schuldiskus­sionen (3578/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend kurz mal 1000 EU-Verordnungen/EU-Richtlinien ab­geschafft (3579/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend kurz mal 1000 EU-Verordnungen/EU-Richtlinien abgeschafft (3580/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung betreffend kurz mal 1000 EU-Verordnungen/EU-Richtlinien abgeschafft (3581/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend kurz mal 1000 EU-Verordnungen/EU-Richtlinien abgeschafft (3582/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, Inte­gration und Äußeres betreffend kurz mal 1000 EU-Verordnungen/EU-Richtlinien abge­schafft (3583/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 7

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend kurz mal 1000 EU-Verordnungen/EU-Richtlinien abgeschafft (3584/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend kurz mal 1000 EU-Verordnungen/EU-Richtlinien ab­geschafft (3585/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, So­ziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend kurz mal 1000 EU-Verordnun­gen/EU-Richtlinien abgeschafft (3586/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wis­senschaft und Forschung betreffend kurz mal 1000 EU-Verordnungen/EU-Richtlinien abgeschafft (3587/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport betreffend kurz mal 1000 EU-Verordnungen/EU-Richtlinien abge­schafft (3588/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend kurz mal 1000 EU-Verordnungen/EU-Richtlinien abge­schafft (3589/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Fa­milien und Jugend betreffend kurz mal 1000 EU-Verordnungen/EU-Richtlinien abge­schafft (3590/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend kurz mal 1000 EU-Verordnungen/EU-Richtlinien abgeschafft (3591/J)

Rudolf Plessl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Justizskan­dal – Einstellungsversuch der Eurofighter-Verfahren (3592/J)

Rudolf Plessl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Refor­men, Deregulierung und Justiz betreffend Eurofighter-Ermittlungsteam der WKStA & Schuld­spruch München (3593/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Fusions- und Beratungskos­ten durch die sogenannte Sozialversicherungsreform (3594/J)

Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend „Folgeanfrage zur Folgeanfrage: Die Qualität von Gutachten der psychischen Gesundheit“ (3595/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfas­sung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Vorwurf der Anstiftung zum Amts­missbrauch durch Generalsekretär Pilnacek (3596/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfas­sung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Verdacht des Verrats der Haus­durchsuchung an Martin Sellner – Amtsmissbrauch durch Angehörige des Innenminis­teriums (3597/J)

Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Stand der Dinge im Verfahren „Ideen­schmiede“ (3598/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 8

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Untersagung des Ustascha-Treffens in Bleiburg am 18.5.2019 (3599/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend kurz mal 1000 EU-Verordnungen/EU-Richtlinien abgeschafft (3600/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend AUFKLÄRUNG NACH IBIZA (3601/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfas­sung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend AUFKLÄRUNG NACH IBIZA (3602/J)

Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Streichung von 1000 EU-Verordnungen“ (3603/J)

Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend „Streichung von 1000 EU-Verordnungen“ (3604/J)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Re­formen, Deregulierung und Justiz betreffend Asylwerber im Maßnahmenvollzug (3605/J)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wis­senschaft und Forschung betreffend die Universität Wien und die Universität Innsbruck in Zusammenhang mit dem Rechnungshofbericht zu „Nebenbeschäftigungen der Uni­versitätsprofessorinnen und ‑professoren“ (Reihe BUND 2019/20) (3606/J)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Ver­säumnisse der Eurofighter Ermittlungen (3607/J)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Versäumnisse in den Eurofighter Er­mittlungen (3608/J)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung betreffend Versäumnisse der Eurofighter Ermittlungen (3609/J)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend Versäumnisse der Eurofighter Ermittlungen (3610/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Verjährung der Steuerrückforderung in Cum/Ex-Fällen (3611/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend ELGA-Evaluierungsstudie (3612/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Frühpensionierungen bei Staatsbetrieben (3613/J)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend Sicherstellung der Fördermittel für die Land­wirtschaft bei GAP Restrukturierung durch das BMF (3614/J)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Sicherstellung der Fördermittel für die Landwirtschaft bei GAP Re­strukturierung durch das BMF (3615/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 9

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Frühpensionierungen bei Staatsbetrieben (3616/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Umsetzung der Empfehlungen des Rechnungshofes zu KESt-Rückerstattun­gen (3617/J)

Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Parteienfinanzierung im Umfeld der FPÖ (3618/J)

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Scheitern der Bundesregierung Kurz (3619/J)

*****

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Natio­nalrates betreffend Tätigkeit von Guiseppe Rizzo (31/JPR)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (3094/AB zu 3108/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen (3095/AB zu 3106/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen (3096/AB zu 3158/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen (3097/AB zu 3110/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Bacher, Kolleginnen und Kollegen (3098/AB zu 3123/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen (3099/AB zu 3111/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Doug­las Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (3100/AB zu 3115/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (3101/AB zu 3117/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (3102/AB zu 3122/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (3103/AB zu 3126/J)

des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen (3104/AB zu 3112/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 10

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Rainer Wimmer, Kolleginnen und Kollegen (3105/AB zu 3121/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (3106/AB zu 3119/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Doug­las Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (3107/AB zu 3124/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen (3108/AB zu 3128/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abge­ordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen (3109/AB zu 3125/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen (3110/AB zu 3129/J)

der Präsidentin des Rechnungshofes auf die Anfrage der Abgeordneten Angela Lue­ger, Kolleginnen und Kollegen (3111/AB zu 3279/J)

des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen (3112/AB zu 3153/J)

des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Wolfgang Gerstl, Kolleginnen und Kollegen (3113/AB zu 3185/J)

des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Ing. Maurice Androsch, Kolleginnen und Kollegen (3114/AB zu 3243/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen (3115/AB zu 3127/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen (3116/AB zu 3134/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen (3117/AB zu 3150/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen (3118/AB zu 3157/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Katharina Kucha­rowits, Kolleginnen und Kollegen (3119/AB zu 3171/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Kolleginnen und Kollegen (3120/AB zu 3182/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Konrad Antoni, Kolleginnen und Kollegen (3121/AB zu 3221/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (3122/AB zu 3252/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 11

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Za­dić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (3123/AB zu 3333/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Robert Laimer, Kolleginnen und Kollegen (3124/AB zu 3188/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen (3125/AB zu 3215/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (3126/AB zu 3196/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen (3127/AB zu 3305/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Konrad Antoni, Kolleginnen und Kollegen (3128/AB zu 3222/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (3129/AB zu 3225/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kol­leginnen und Kollegen (3130/AB zu 3275/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Za­dić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (3131/AB zu 3130/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Za­dić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (3132/AB zu 3132/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Za­dić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (3133/AB zu 3133/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Za­dić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (3134/AB zu 3131/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Doug­las Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (3135/AB zu 3141/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Kolleginnen und Kollegen (3136/AB zu 3183/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (3137/AB zu 3251/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen (3138/AB zu 3151/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (3139/AB zu 3253/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Doug­las Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (3140/AB zu 3340/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen (3141/AB zu 3169/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen (3142/AB zu 3170/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 12

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Andreas Ottenschläger, Kolleginnen und Kollegen (3143/AB zu 3175/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen (3144/AB zu 3135/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Kolleginnen und Kollegen (3145/AB zu 3176/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (3146/AB zu 3156/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen (3147/AB zu 3147/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen (3148/AB zu 3146/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Doris Margreiter, Kolleginnen und Kollegen (3149/AB zu 3160/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen (3150/AB zu 3143/J)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen (3151/AB zu 3138/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen (3152/AB zu 3149/J)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen (3153/AB zu 3155/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Stephanie Cox, BA, Kolleginnen und Kollegen (3154/AB zu 3136/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen (3155/AB zu 3148/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Maurice Androsch, Kolleginnen und Kollegen (3156/AB zu 3190/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Maurice Androsch, Kolleginnen und Kollegen (3157/AB zu 3195/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Drozda, Kolle­ginnen und Kollegen (3158/AB zu 3142/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen (3159/AB zu 3145/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 13

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (3160/AB zu 3139/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen (3161/AB zu 3152/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (3162/AB zu 3140/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der Abgeordneten Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen (3163/AB zu 3144/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (3164/AB zu 3168/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger, Kolleginnen und Kollegen (3165/AB zu 3165/J)


 


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 14

10.00.01Beginn der Sitzung: 10.00 Uhr

Vorsitzende: Präsident Mag. Wolfgang Sobotka, Zweite Präsidentin Doris Bures.

*****

10.00.02


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abge­ordnete! Ich darf die 78. Sitzung des Nationalrates, die aufgrund eines ausreichend un­terstützten Verlangens gemäß § 46 Abs. 6 des Geschäftsordnungsgesetzes einberufen wurde, eröffnen. Ich darf Sie recht herzlich begrüßen, auch die Vertreter der verschie­denen Medien, die Gäste auf der Galerie und die Zuseherinnen und Zuseher zu Hause vor den Fernsehgeräten.

Die Amtlichen Protokolle der 74. und der 75. Sitzung vom 15. Mai sowie der 76. und der 77. Sitzung vom 16. Mai 2019 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und wur­den nicht beanstandet.

10.00.49Mandatsverzicht und Angelobung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Von der Bundeswahlbehörde sind die Mitteilun­gen eingelangt, dass die Abgeordneten Mag. Johann Gudenus, M.A.I.S. und Ing. Wolf­gang Klinger auf ihre Mandate verzichtet haben.

Das Mandat des Abgeordneten Mag. Johann Gudenus, M.A.I.S. wurde Abgeordneter Ricarda Berger zugewiesen.

Das Mandat des Abgeordneten Ing. Wolfgang Klinger wurde Abgeordnetem Mag. Ro­man Haider zugewiesen, und an dessen Stelle wurde Herr Thomas Dim in den Natio­nalrat berufen.

Außerdem ist von der Bundeswahlbehörde die Mitteilung eingelangt, dass Ing. Norbert Hofer, Herbert Kickl sowie MMag. DDr. Hubert Fuchs jeweils das Mandat, welches sie aus Anlass ihrer Ernennung zu Mitgliedern der Bundesregierung beziehungsweise zum Staatssekretär zurückgelegt haben, erneut zugewiesen wurde. Damit sind die Ab­geordneten Christian Ries und Alois Kainz aus dem Nationalrat ausgeschieden.

Da die Wahlscheine bereits vorliegen, werde ich sogleich die Angelobung vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel und über Namensaufruf durch die Schriftführung werden die neuen Abgeordneten ihre Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ zu leisten haben.

Ich darf die Schriftführerin, Frau Abgeordnete Angela Lueger, herzlich um die Verle­sung ersuchen.


Schriftführerin Angela Lueger: „Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze und gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.“

*****

(Über Namensaufruf durch Schriftführerin Lueger leisten die Abgeordneten Thomas Dim, MMag. DDr. Hubert Fuchs, Ing. Norbert Hofer und Herbert Kickl ihre Angelo­bung mit den Worten „Ich gelobe“.)

*****



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 15

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf den neuen Abgeordneten und die wieder in ihr Amt eintretenden Abgeordneten herzlich in unserer Mitte begrüßen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

10.02.45Einlauf


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Vom Bundeskanzler ist folgendes Schreiben ein­gelangt (Unruhe im Saal) – darf ich um Aufmerksamkeit bitten? –:

„Hiermit darf ich mitteilen, dass der Herr Bundespräsident auf meinen Vorschlag hin mit Entschließung vom 22. Mai 2019 [...] gemäß Artikel 70 Absatz 1 Bundes-Verfassungs­gesetz den Bundesminister für Inneres, Herbert KICKL, entlassen sowie gemäß Arti­kel 74 Absatz 3 Bundes-Verfassungsgesetz den Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport, Vizekanzler Heinz-Christian STRACHE, die Bundesministerin für Arbeit, So­ziales, Gesundheit und Konsumentenschutz, Mag. Beate HARTINGER-KLEIN, den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie, Ing. Norbert HOFER, den Bundesminister für Landesverteidigung, Mario KUNASEK, und gemäß Artikel 74 Ab­satz 3 in Verbindung mit Artikel 78 Absatz 2 Bundes-Verfassungsgesetz den Staatsse­kretär im Bundesministerium für Finanzen, MMag. DDr. Hubert FUCHS, von ihren Äm­tern enthoben hat.

Gleichzeitig wurden gemäß Artikel 70 Absatz 1 Bundes-Verfassungsgesetz auf meinen Vorschlag hin durch den Bundespräsidenten der Bundesminister für Finanzen, Hartwig LÖGER, zum Vizekanzler, Dr. Eckart RATZ zum Bundesminister für Inneres, Dr. Wal­ter PÖLTNER zum Bundesminister für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumenten­schutz, Generalleutnant Mag. Johann LUIF zum Bundesminister für Landesverteidi­gung und Dr. Valerie HACKL zur Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Tech­nologie ernannt.

Schließlich wurde Bundesministerin Mag. Dr. Juliane BOGNER-STRAUSS gemäß Arti­kel 77 Absatz 4 Bundes-Verfassungsgesetz mit der Leitung des Bundesministeriums für öffentlichen Dienst und Sport betraut.“

Einlauf und Zuweisungen


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsge­genstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäfts­ordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 3566/J bis 3619/J

Schriftliche Anfrage an den Präsidenten des Nationalrates: 31/JPR

2. Anfragebeantwortungen: 3094/AB bis 3165/AB

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 31d Abs. 5a, 32a Abs. 4, 74d Abs. 2, 74f Abs. 3, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Immunitätsausschuss:

Ersuchen der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption, GZ. 17 St 25/17t, um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Markus Tschank


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 16

Ersuchen der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption, GZ. 17 St 2/19p, um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Markus Tschank

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 28 betreffend „NEIN zur geplanten Baurestmassendeponie bei Schwoich“, überreicht vom Abgeordneten Christian Kovacevic

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Rechnungshofausschuss:

Bericht des Rechnungshofes betreffend Universitätsräte; Follow-up-Überprüfung – Rei­he BUND 2019/22 (III-284 d.B.)

Bericht des Rechnungshofes betreffend Zahlungsströme zwischen den Gebietskörper­schaften mit dem Schwerpunkt Bedarfszuweisungen in den Ländern Niederösterreich und Steiermark; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2019/23 (III-285 d.B.)

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Verfassungsausschuss:

Jahresbericht 2018 des ORF gemäß § 7 ORF-Gesetz, vorgelegt vom Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien (III-288 d.B.)

*****

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die sozialdemokratische Parlamentsfraktion hat gemäß § 93 Abs. 2 der Geschäftsordnung das Verlangen gestellt, die am Beginn der Sitzung eingebrachte schriftliche Anfrage 3619/J der Abgeordneten Mag. Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler Kurz betreffend „Scheitern der Bun­desregierung Kurz“ dringlich zu behandeln.

Fristsetzungsantrag


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Vor Eingang in die Tagesordnung darf ich mittei­len, dass Abgeordneter Noll beantragt hat, dem Verfassungsausschuss zur Berichter­stattung über den Antrag 773/A der Abgeordneten Noll, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geän­dert wird, eine Frist bis zum 11. Juni 2019 zu setzen.

Der gegenständliche Antrag wird gemäß der Geschäftsordnung nach Beendigung der Verhandlungen in dieser Sitzung zur Abstimmung gebracht werden.

Der Aufruf der Dringlichen Anfrage wird um 13 Uhr erfolgen.

Ich darf bekannt geben, dass die Sitzung von ORF 2 und anschließend von ORF III live übertragen wird.

Ich darf die Sitzung bis 13 Uhr unterbrechen.

10.05.39*****


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 17

(Die Sitzung wird um 10.05 Uhr unterbrochen und um 13.04 Uhr wieder aufge­nommen.)

*****

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abge­ordnete! Ich darf die unterbrochene Sitzung wieder aufnehmen und darf alle herzlich begrüßen, vor allem auch auf der wirklich dicht besetzten Zuschauergalerie und zu Hause vor den Fernsehgeräten.

Ich habe auch den Herrn Bundespräsidenten eingeladen. Er ließ sich entschuldigen, weil heute viele internationale Gäste bei ihm sind, unter anderem auch der UN-Gene­ralsekretär. Ich darf mich bei ihm herzlich für seine Arbeit in den letzten Tagen bedan­ken. Tausende Interessierte und Kritische sehen heute zu, und der politische Diskurs des Parlaments steht auf dem Prüfstand.

Ich habe viel Verständnis für politisch profilierte Positionen, aber ich bitte Sie alle, im Ton, in der Wortwahl und im Respekt miteinander so umzugehen, dass es auch ein Danach gibt. Denken Sie bei all Ihren Entscheidungen an unsere Republik, an Öster­reich!

13.05.10Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an den Bun­deskanzler betreffend „Scheitern der Bundesregierung Kurz“ (3619/J)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 3619/J. Da sie inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

„‘Zeit für Neues‘, versprach Sebastian Kurz 2017 – und neue Zeiten sind in der Tat an­gebrochen, wenn auch völlig anders, als Kurz sich das in seinen düstersten Albträu­men hätte ausmalen können. Österreich kommt aus dem Wundern nicht heraus, was politisch alles möglich ist: Türkis-Blau, großspurig auf zehn Jahre angelegt, hochkant nach nur eineinhalb Jahren gescheitert.“, Profil, 26. Mai 2019, S. 32.

Was aber haben die eineinhalb Jahre in Österreich verursacht? Die Gesellschaft ist ge­spalten, die Solidarität in Österreich wurde abgebaut, nur die Hasspostings in den so­zialen Netzwerken sind radikal angestiegen. Die Sozialdemokratie hat diese Entwick­lung seit der Regierungsbildung im Jahr 2017 heftig kritisiert. Im Gegensatz dazu hat Bundeskanzler Sebastian Kurz diese Entwicklungen schöngeredet, bis vorvergange­nen Freitag aufgrund der Berichterstattung des Spiegels und der Süddeutschen Zei­tung Ausschnitte des Ibiza-Videos an die Öffentlichkeit gelangten.

In der Diskussionssendung „Im Zentrum“ hat der engste Vertraute vom Bundeskanzler Kurz, sein Kanzleramtsminister Blümel, am 19. Mai 2019 Folgendes ausgeführt:

„Der Auslöser für die Situation, die wir jetzt haben, ist das Video, das wir alle gesehen haben, von dem wir offensichtlich alle erschüttert waren, wo es um möglichen Macht­missbrauch geht, um potentielle illegale Parteienfinanzierung und andere Themen. Und es ist ja vollkommen klar, dass man wenn solche Vorwürfe im Raum stehen, nicht einfach zur Tagesordnung übergehen kann, auch nicht wenn die direkt betroffenen Personen zurücktreten. Da braucht es glaubwürdige, lückenlose Aufklärung und nach­dem das in unseren gestrigen Gesprächen auch nicht in der Form da war, wie das aus unserer Sicht notwendig war, war es notwendig dieses Projekt auch zu beenden.“


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 18

Es handelt sich dabei um keinen Vertreter der Opposition, nein, sogar einer der wich­tigsten Bundesminister dieser Regierung spricht von illegaler Parteienfinanzierung, Macht­missbrauch durch Teile dieser Bundesregierung und anderen, nicht genauer beschrie­benen Themen.

Aus der Formulierung und aus vielen anderen Hinweisen ergibt sich aber zwingend der Sachverhalt, dass Bundeskanzler Kurz entgegen der Meinung der Bürgerinnen und Bürger gar nicht in Neuwahlen gehen wollte, sondern diese Koalition fortsetzen wollte, wenn sich Bundesminister Herbert Kickl damit abgefunden hätte, ein anderes Ressort zu übernehmen. Mit diesem Hintergrundwissen erscheint das öffentliche Auftreten des Bundeskanzlers in den letzten Tagen noch hinterfragenswerter. Reiner Machterhalt und ein egozentrischer Grundzugang des Bundeskanzlers bestimmen seine Entschei­dungen, die alle auf eine Frage hinauslaufen: Was nützt Sebastian Kurz am meisten?

Diese Feststellung musste aber nicht alleine die Opposition machen, nein vielmehr musste sein Vorgänger als ÖVP Parteivorsitzender diese Charakterzüge an sich selbst spüren. In einer putschähnlichen Situation hat Sebastian Kurz die ÖVP übernommen und sich selbst beinahe unbeschränkte Machtbefugnis eingeräumt. Dies alles ist minu­tiös in Reinhold Mitterlehners Buch „Anstand“ nachzulesen, welches ein detailliertes Psychogramm von Sebastian Kurz zeichnet. Es verwundert nicht, dass dieses Buch sofort Nummer 1 in Österreich im Bereich der verkauften Sachbücher wurde.

Fest steht, dass Sebastian Kurz zu jedem Zeitpunkt dieses gefährlichen Experiments wusste, was er tat. Sein Experiment, das er allen Warnungen zum Trotz verwirklichte, hat nachhaltigen Schaden für die Demokratie, die Pressefreiheit, den Rechtsstaat, das internationale Ansehen Österreichs und den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft angerichtet.

Denn das wird letztlich die Bilanz dieses desaströsen Experiments, das Sebastian Kurz entgegen jeder Vernunft durchzuführen entschied, sein. In der Amtszeit dieser Bundes­regierung wurde die Sozialversicherung zerschlagen, die 60 Stundenwoche eingeführt, der Verfassungsschutz international handlungsunfähig gemacht, die soziale Absiche­rung für kinderreiche Familien wurde herabgesetzt und Österreich im Pressefreiheits­ranking um fünf Plätze zurückgeworfen.

Für alle diese Dinge trägt Sebastian Kurz als Bundeskanzler die Verantwortung.

Als vergangenen Freitag die Videos vom Vizekanzler der Regierung Kurz und dem Klubobmann der FPÖ bekannt wurden und eine Welle des Entsetzens durch Öster­reich rollte, meldeten sich viele Verantwortungsträgerinnen und Verantwortungsträger zu Wort, versuchten Wege aus dieser Situation für alle Menschen im Land aufzuzei­gen. Politikerinnen und Politiker positionierten sich, Medien recherchierten und kom­mentierten, das Herz der Demokratie schlug im sicheren Takt weiter.

Nicht so beim Bundeskanzler.

Obwohl er bereits 48 Stunden davor Kenntnis von den Videos und ihren Inhalten er­langt haben soll, gab Kanzler Kurz den gesamten Samstag über kein Statement ab. Im Gegenteil, die Menschen am Ballhausplatz, vor den Fernsehern und Radios warteten den gesamten Tag vergeblich auf ein Statement des Bundeskanzlers, das immer wie­der verschoben wurde.

Als Kurz abends schließlich doch noch vor die Kamera trat, war Erstaunliches zu vernehmen. Er habe viel erdulden müssen in den vergangenen zwei Jahren, er habe quasi leiden und sich opfern müssen. Nicht jene, die unter dem Rechtspopulismus, der Spaltung der Gesellschaft und der Politik dieser Bundesregierung zu leiden hatten. Nicht wir. Nur er.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 19

Kurz erklärte den über acht Millionen Menschen im Land tatsächlich, er habe es nicht kommen sehen, die Regierung sei ausgezeichnet gewesen und er werde auch in Zu­kunft seinen Zugang nicht ändern.

Binnen nur 24 Monaten trägt Kurz also die Verantwortung dafür, zweimal eine Bundes­regierung aufgelöst zu haben, weil es für ihn, und für niemand anderen, eine Besse­rung bedeutet. Dies zeigt einen beispiellosen politischen Zugang, der aus persönli­chem Streben nach Macht alle anderen Interessen hintanstellt.

Genauso bedeutend für die Einschätzung der Situation ist allerdings, wie Sebastian Kurz seit Bekanntwerden des Videos als Bundeskanzler agierte. Ohne Gespräche mit den Vorsitzenden der anderen im Nationalrat vertretenen Parteien zu führen, rief der Bundeskanzler einseitig Neuwahlen aus. In einem parlamentarischen Regierungssys­tem wäre es eine Selbstverständlichkeit, zunächst mit den anderen im Nationalrat ver­tretenen Parteien bezüglich der Frage in Kontakt zu treten, ob für die Bundesregierung bzw. für die verbliebenen Mitglieder der Bundesregierung noch eine Mehrheit im Na­tionalrat besteht und wie die Zukunft der Zusammenarbeit aussehen soll.

Der Bundeskanzler hat sich jedoch für eine Vorgangsweise entschieden, die auch in allen Medien als Wahlkampfrede verstanden wurde und in der er versuchte, die sozial­demokratische Partei mit dem beschämenden Video in Zusammenhang zu bringen. Letztlich ging es ihm also wieder darum, seine persönlichen Interessen zu stärken und aus dieser desaströsen Situation politischen Profit zu ziehen.

Auch im Zusammenhang mit der Bestellung von neuen anstelle der ausgeschiedenen Mitglieder der Bundesregierung, die der FPÖ angehörten, wurden die anderen im Na­tionalrat vertretenen Parteien nicht miteinbezogen. Noch verstörender jedoch war die Vorgangsweise bei der Bestellung der sogenannten Kabinettschefs. Für die neuen Mit­glieder in der Bundesregierung wurden engste Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bundeskanzlers ausgesucht und als Kabinettsmitarbeiter bestellt. In den Medien wurde dieser Vorgang als Bestellung einer ÖVP-Alleinregierung gewertet.

Es ist also festzuhalten, dass Bundeskanzler Sebastian Kurz auch nach der Veröffentli­chung des Videos keine vertrauensbildenden Maßnahmen gegenüber dem Nationalrat setzte, sondern all seinem Handeln seine eigenen Interessen unterlegte.

Aus den obigen Gründen stellen die unterzeichneten Abgeordneten daher folgende

Anfrage

1.          Wann haben Sie als Bundeskanzler die Entscheidung Neuwahlen anzustreben getroffen und wann wurden die ersten Vorbereitungshandlungen dafür gesetzt?

2.          Wann und woher haben Sie als Bundeskanzler erstmals von der Existenz von den Ibiza-Videoaufnahmen erfahren, die Teile ihrer Bundesregierung belasten?

3.          Wann und woher haben Sie als Bundeskanzler erstmals vom Inhalt der Ibiza-Videoaufnahmen erfahren?

4.          Wann und wo haben Sie als Bundeskanzler erstmals Ausschnitte der Ibiza-Videoaufnahmen gesehen, um welche Ausschnitte handelte es sich dabei, und über welche Quelle erlangten sie Zugriff auf diese Aufnahmen?

5.          Wann haben Sie als Bundeskanzler erstmals die Möglichkeit erhalten, das ge­samte Ibiza-Videomaterial zu sehen, und über welche Quelle erlangten sie Zu­griff darauf?

6.          Welche Personen und Organisationseinheiten des Bundes haben Sie bzw. Ihr Generalsekretär oder Bedienstete Ihres Kabinetts oder des Büros des General-


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 20

sekretärs zu welchem Zeitpunkt über die Existenz der Ibiza-Videoaufnahmen und deren Inhalt informiert?

a.          Haben Sie als Bundeskanzler dieses Material insbesondere der WKStA und dem Bundeskriminalamt zur Verfügung gestellt, zu welchem Zeitpunkt und auf welche Art und Weise erfolgte dies jeweils?

b.          Welche Maßnahmen haben Sie als Bundeskanzler im Hinblick auf die derzeit prekäre Situation der WKStA getroffen, um die Unabhängigkeit der Ermittlungen sicherzustellen?

c.          Welche Maßnahmen haben Sie als Bundeskanzler im Hinblick auf eine etwaige Berichtspflicht an Generalsekretär Christian Pilnacek in dieser Angelegenheit getroffen?

7.          Wurden Sie als Bundeskanzler vom BVT über diese Sachverhalte informiert und zu welchem Zeitpunkt und auf welche Art und Weise erfolgte diese Infor­mation?

8.          Haben Sie als Bundeskanzler bezüglich dieser Sachverhalte von Ihrem Aus­kunftsrecht gegenüber dem BVT, dem Heeresnachrichtenamt oder dem Ab­wehramt Gebrauch gemacht, wenn ja zu welchem Zeitpunkt und auf welche Art und Weise?

9.          Haben Sie als Bundeskanzler Informationen, wonach das BVT in diese Sach­verhalte verwickelt war oder ist?

10.        Wann haben Sie als Bundeskanzler über diese Sachverhalte (Ibiza-Video) den Bundespräsidenten informiert und was waren die Reaktionen des Herrn Bun­despräsidenten?

11.        Wann haben Sie als Bundeskanzler die ersten Gespräche mit den Klubvorsit­zenden der anderen im Nationalrat vertretenen Parteien geführt, um diese über die Vorfälle umfassend zu informieren, wie das in einer parlamentarischen De­mokratie üblich ist?

12.        Mit der Entlassung von Herbert Kickl als Innenminister wurde erstmals in dieser Republik ein solcher Vorgang gesetzt. Wann haben Sie die RepräsentantInnen der im Nationalrat vertretenen Parteien über diesen in Aussicht genommenen außergewöhnlichen Schritt informiert?

13.        Können Sie als Bundeskanzler ausschließen, dass Sie als Bundeskanzler oder einer Ihrer Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter die Medien bereits im Vorfeld – al­so vor den Gesprächen mit den Parteivorsitzenden - über die geplante Entlas­sung des Bundesministers für Inneres das erste Mal informiert haben?

14.        Wann haben Sie als Bundeskanzler die im Nationalrat vertretenen Parteien da­rüber informiert, dass Sie Bundesminister Hartwig Löger dem Bundespräsiden­ten als Vizekanzler vorschlagen werden?

15.        Wann haben Sie als Bundeskanzler die im Nationalrat vertretenen Parteien da­rüber informiert, welche Personen Sie dem Bundespräsidenten für die vakanten Funktionen in der Bundesregierung vorschlagen werden?

16.        Können Sie ausschließen, dass Sie als Bundeskanzler oder einer Ihrer Mitar­beiterinnen oder Mitarbeiter die Medien bereits im Vorfeld – also vor den Ge­sprächen mit den Parteivorsitzenden – über diese Personen unterrichtet haben?

17.        Warum haben Sie als Bundeskanzler die gemeinsamen Gespräche mit den an­deren im Nationalrat vertretenen Parteien erst nach allen personellen Entschei­dungen geführt?


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 21

18.        Welche Kenntnisse haben Sie als Bundeskanzler und Vorsitzender der Öster­reichischen Volkspartei darüber, wie viele Plakatflächen die ÖVP samt allen Gliederungen derzeit in jedem Bundesland und insgesamt reserviert hat und wann wurden die Aufträge erteilt, diese Reservierungen vorzunehmen?

19.        Haben Sie als Bundeskanzler und Chef dieser Bundesregierung Maßnahmen gesetzt, um zu verhindern, dass irgendein Aktenmaterial, Aktenvermerke, E-Mails oder andere Aufzeichnungen der Regierungsmitglieder, deren Kabinette, der Generalsekretäre und deren Büros sowie aller anderen Bediensteten des Res­sorts unzulässiger Weise und rechtswidrig vernichtet werden? Wenn ja, wie lau­tet die Anordnung an die Ressorts zum Umgang mit Akten?

20.        Haben Sie als Bundeskanzler bereits Schritte eingeleitet, um allen möglichen Korruptionsvorgängen und illegalen Parteifinanzierungen nachzugehen und wenn ja, welcher Art sind diese Untersuchungen?

21.        In den Medien werden Sachverhalte dargestellt, wonach auch die Regierungs­partei ÖVP in ihrem Naheverhältnis Vereine habe, die unter anderem der Par­teienfinanzierung dienen. Welchen Kenntnisstand als Bundeskanzler und Par­teivorsitzender haben Sie hinsichtlich solcher Vereine im Umfeld der ÖVP?

22.        Zu welchem genauen Zeitpunkt haben Sie entschieden, die Koalition mit der FPÖ nicht fortsetzen zu wollen?

a.          Aus welchen Gründen haben Sie diese Entscheidung getroffen?

b.          Aus welchen Gründen sind Sie nicht unverzüglich nach dieser Entscheidung in Kontakt mit dem Nationalrat getreten?

23.        Was hätte sich an diesen Gründen geändert, wenn Herbert Kickl anstatt des BMI ein anderes Ressort – etwa das heikle Verteidigungsressort oder das wirt­schaftlich grundlegend bedeutende Infrastrukturressort übernommen hätte?

24.        Sind Sie als Bundeskanzler und ressortzuständiges Regierungsmitglied für die Parteienfinanzierung den Vorwürfen des ehemaligen Vizekanzlers Heinz Chris­tian Strache bereits nachgegangen, wonach die beiden Regierungsfraktionen mög­licherweise rechtswidrige Spenden von Großspendern erhalten haben, wobei insbesondere die Namen Glock, Novomatic, Horten und Benko ausdrücklich ge­nannt wurden?

25.        Laut Medienberichten wurden zu Kabinettschefs bzw. Kabinettsmitgliedern der neuen vier Mitglieder der Bundesregierung Ihnen persönlich und politisch äu­ßerst nahestehende Personen ernannt. Haben Sie oder Bedienstete Ihres Ka­binetts, Ihr Generalsekretär oder Bedienstete Ihres Büros auf die Bestellung der Kabinette der neuen Mitglieder der Übergangsregierung Einfluss genommen?

In formeller Hinsicht wird darum ersucht, diese Anfrage dringlich zu behandeln.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf Herrn Abgeordnetem Leichtfried als ers­tem Fragesteller zur Begründung der Anfrage, die gemäß § 93 Abs. 5 der Ge­schäftsordnung 20 Minuten nicht überschreiten darf, das Wort erteilen. – Herr Abgeord­neter, Sie sind am Wort.


13.05.35

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren auf der Galerie und vor den Fernsehschirmen! Ob die Österreicherinnen und


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 22

Österreicher nach den Szenen, die das ganze Land vor eineinhalb Wochen gesehen haben, wieder Vertrauen in die Politik fassen werden, wird von verantwortungsvollen und verantwortungsbewussten Politikerinnen und Politikern abhängen. Die letzten Ta­ge haben zur großen Enttäuschung vieler Menschen bewiesen, dass die politische Führung im Land nicht verantwortungsvoll mit der schwierigen Situation umgeht.

Die Frage, die beantwortet werden muss, ist folgende: Wer trägt die Verantwortung für das Chaos und welche Konsequenzen werden gezogen? Fakt ist: Die Regierung Kurz ist gescheitert. Sebastian Kurz, Obmann der ÖVP, hat die Gesamtsituation, in der wir uns jetzt befinden, zu verantworten. Das aktuelle „Profil“ fasst folgendermaßen zusam­men:

„‚Zeit für Neues‘“, versprach Sebastian Kurz 2017 – und neue Zeiten sind in der Tat an­gebrochen, wenn auch völlig anders, als Kurz sich das in seinen düstersten Alpträu­men hätte ausmalen können. Österreich kommt aus dem Wundern nicht heraus, was politisch alles möglich ist: Türkis-Blau, großspurig auf zehn Jahre angelegt, hochkant nach nur eineinhalb Jahren gescheitert.“ „Profil“, 26. Mai 2019. – Ja, das türkis-blaue Experiment ist gescheitert. Kurz hat seine Chancen verspielt, und, Herr Bundeskanzler, Sie tragen die volle Verantwortung! (Beifall bei SPÖ und JETZT.)

Diese Bilanz ist im negativen Sinn wirklich beachtlich. In zwei Jahren hat Sebastian Kurz zwei Regierungen gesprengt. Um an die Macht zu kommen, hat er unter anderem zugelassen, dass seine Österreichische Volkspartei die Wahlkampfkosten um 6 Millio­nen Euro überschritten hat. Dabei ist vollkommen unklar, wie die ÖVP ihren teuren 2017er-Wahlkampf überhaupt finanziert hat und woher Sebastian Kurz die 13 Millionen Euro dafür hatte. Offengelegt wurden offensichtlich nur 2 Millionen Euro an Konzern­spenden. Ich frage: Wo ist der Rest dieser Spenden? Wo ist der Rest, geschätzte Da­men und Herren? Damit so etwas in Zukunft nicht mehr geschehen kann, werden wir heute einen Antrag auf Deckelung der Wahlkampfspenden einbringen. Allein der An­schein von Bestechlichkeit ist Gift für unsere parlamentarische Demokratie in Öster­reich. (Beifall bei SPÖ und JETZT.)

Zum Video, das uns alle bewegt, möchte ich Ihnen folgende Aussage vorlesen. Sie stammt von Gernot Blümel, er sagte am 19.5. „Im Zentrum“:

„Der Auslöser für die Situation, die wir jetzt haben, ist das Video, das wir alle gesehen haben, von dem wir offensichtlich alle erschüttert waren, wo es um möglichen Macht­missbrauch geht, um potenzielle, illegale Parteienfinanzierung und andere Themen. Und es ist ja vollkommen klar, dass man wenn solche Vorwürfe im Raum stehen, nicht einfach zur Tagesordnung übergehen kann, auch nicht, wenn die direkt betroffenen Personen zurücktreten. Da braucht es glaubwürdige, lückenlose Aufklärung und nach­dem das in den gestrigen Gesprächen auch nicht in der Form da war, wie das aus un­serer Sicht notwendig war, war es notwendig dieses Projekt auch zu beenden.“

Da spricht die engste Vertrauensperson von Sebastian Kurz, Kanzleramtsminister Blü­mel, er spricht von illegaler Parteienfinanzierung, Machtmissbrauch und anderem. Spen­den an Parteien spielen in diesem sogenannten Ibizavideo eine große Rolle. Im Video redet Strache darüber, wie man mithilfe von Großspendern und intransparenten Ver­einen den Wahlkampf gewinnen, Medien kontrollieren und sich danach die Republik unter den Nagel reißen kann. Unsere öffentlichen Aufträge für die staatliche Infrastruk­tur, unsere Pressefreiheit, ja unsere Heimat soll an russische Oligarchinnen und Oligar­chen verscherbelt werden. Das ist nicht Heimatliebe, geschätzte Damen und Herren. (Beifall bei SPÖ und JETZT sowie bei Abgeordneten von NEOS.)

Um noch einmal auf das von der ÖVP Gesagte zurückzukommen: Die ÖVP erhält im letzten Wahlkampf Millionen Euro an Spenden von Großkonzernen und reichen Spon­soren. Im Gegenzug, hört man, sollte die Unternehmensbesteuerung um 1,5 Milliarden


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 23

Euro gesenkt werden. (Rufe bei der ÖVP: Unfassbar! Keine Ahnung!) Das hilft genau jenen Großkonzernen, Steuern zu sparen, höhere Gewinne einzufahren, während die Allgemeinheit, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nichts davon haben. (Abg. Haubner: Das ist ja so ein Schmarrn! Das ist ja eine Frechheit!) Auch durch die Ab­schaffung der Grunderwerbsteuer für Immobilieninvestoren entsteht schon der An­schein, dass Politik vielleicht käuflich sein könnte.

Umso erstaunlicher ist die erste Reaktion des Bundeskanzlers, der zumindest 48 Stun­den davor schon über das Video und dessen Inhalt Bescheid wusste. Den gesamten Samstag lang gab es kein Statement. – Im Gegenteil! Es kamen Tausende Menschen auf den Ballhausplatz, vor den Fernsehbildschirmen warteten wahrscheinlich Hundert­tausende den ganzen Tag über vergeblich auf ein Statement des Bundeskanzlers, das immer wieder verschoben wurde. Schließlich war das Erste, was die österreichische Bevölkerung nach dem Video vom Kanzler zu hören bekam, eine Wahlkampfrede. Mitt­lerweile wissen wir, dass Bundeskanzler Kurz entgegen der Meinung der Bürgerinnen und Bürger gar keine Neuwahlen wollte. (Ruf bei der ÖVP: Geh bitte!) Sein Ziel war es, an der Macht zu bleiben und die Koalition fortzusetzen, wenn sich Innenminister Her­bert Kickl damit abgefunden hätte, ein anderes Ressort zu übernehmen. Das ist, wie wir jetzt wissen, die traurige Realität, geschätzte Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Loacker und Meinl-Reisinger.)

Ich möchte jetzt auf die Frage zu sprechen kommen, was Sebastian Kurz seit der Auf­lösung der Koalition getan hat, und das ist meines Erachtens wirklich essenziell. Ohne Gespräche mit den Vorsitzenden der anderen Parlamentsparteien zu führen, rief der Bundeskanzler einseitig Neuwahlen aus. In einem parlamentarischen Regierungssys­tem wäre es doch eine Selbstverständlichkeit, in so einer Situation zuerst mit dem Parlament in Kontakt zu treten. Dabei muss die Frage geklärt werden, ob es für diese Regierung, wenn er sie fortsetzen möchte, wenn er eine Minderheitsregierung machen möchte, wenn er ein Übergangskabinett einsetzen möchte, überhaupt eine Mehrheit in diesem Haus, in diesem Parlament gibt.

Kurz hat sich leider für einen anderen Weg entschieden. Er hat seinen ÖVP-Finanz­minister Löger zum Vizekanzler gemacht. Er hat Expertinnen und Experten ausgewählt und zu NachfolgerInnen der FPÖ-Ministerinnen und -Minister gemacht. Zugleich hat Kurz seine ÖVP-Leute als deren Mitarbeiter in den Ministerbüros installiert. Die Dialog­verweigerung, die diesen Prozess die ganze Zeit über begleitet hat, wurde fortgesetzt. (Abg. Winzig: ... nicht erschienen!) Gleichzeitig hat sich Herr Kurz ein Maximum an Medienpräsenz gesichert. Ja, das war wohl Zweck der ganzen Sache. (Abg. Haubner: So ein Unsinn! – Abg. Winzig: Peinlich!) Bei den substanzlosen Pressekonferenzen im Bundeskanzleramt hatten die anwesenden Journalistinnen und Journalisten nicht ein­mal die Möglichkeit, Fragen zu stellen. (Abg. Haubner: Peinlich!) Das muss man sich einmal vergegenwärtigen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten von JETZT.)

Das erste große Interview nach der Neuwahlankündigung wurde der deutschen „Bild“-Zeitung statt dem ORF oder einer anderen österreichischen Zeitung gegeben. (Abg. Nehammer: Na mit dir reden sie ...!) Stattdessen waren die Anstrengungen von Se­bastian Kurz umso größer, wenn es um ÖVP-Wahlwerbung ging – bezeichnend und höchst besorgniserregend! (Abg. Winzig: So eine schwache Rede!) Das setzt sich jetzt bei Ihnen hier fort, das merkt man recht gut, das Abweisen von Schuld und Wegreden jeder Verantwortung, geschätzte Damen und Herren. (Abg. Haubner: Schwache Rede!)

Dass der Bundeskanzler in so einer Situation bis zum heutigen Tag kein Wort der Ent­schuldigung an die österreichische Bevölkerung richtet, hat mich wirklich erstaunt – Herr Bundeskanzler. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haubner: Das ist ja peinlich! – Ruf bei der ÖVP: ... Wahlergebnis!)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 24

Was ist die wichtigste Aufgabe eines Bundeskanzlers in einer derartigen Situation, in einer derartigen Regierungskrise? – Er muss sich um parlamentarische Mehrheiten kümmern, er muss sein Verhältnis zur Opposition verantwortungsbewusst und verant­wortungsvoll gestalten, aber es ist leider nichts, überhaupt nichts in diese Richtung ge­schehen. (Abg. Haubner: ... die SPÖ! Diese Rede richtet sich selbst!) Nachdem die FPÖ-Ministerinnen und -Minister zurückgetreten sind, hat sich Herr Kurz nicht und kei­neswegs um eine stabile und handlungsfähige Übergangsregierung bemüht, für die es eine parlamentarische Mehrheit braucht. (Abg. Winzig: Das stimmt ja nicht!)

Er hat sich ausschließlich um die neue ÖVP-Alleinregierung bemüht, die er auf eigene Faust installiert hat. Und das ist es! (Abg. Nehammer: Geh bitte!) Die Opposition wur­de zu keinem Zeitpunkt in die Entscheidungsfindung eingebunden (Abg. Strasser: ... Bundespräsident!), und die OppositionsführerInnen und Oppositionsparteien wurden erst nach der Auswahl der Ministerinnen und Minister für die schwarz-schwarze Allein­regierung informiert. Die Gespräche waren reine Verlautbarungen ohne Substanz. Dass der schwarze Finanzminister Löger Vizekanzler werden soll, erfuhr man aus den Medien. (Zwischenruf der Abg. Winzig.)

Wir von der SPÖ haben immer eines ganz klar gesagt: Wir wollen eine Expertenregie­rung, in der alle Regierungsämter von unabhängigen Experten besetzt sind, die für diese schwierige Situation verlässlich die beste Lösung sind. Sie aber, Herr Kurz (Abg. Winzig: Kanzler!), der innerhalb von zwei Jahren schon zwei Regierungen aufgelöst hat, haben erneut den Alleingang ohne Dialog oder ernsthafte Gespräche gewählt. Verantwortung für unser Land zu übernehmen, Herr Kurz, das schaut anders aus. (Beifall bei SPÖ und JETZT. – Ruf bei der ÖVP: Völliger Schwachsinn! – Abg. Wögin­ger: Sie stürzen das Land in eine Krise, ist Ihnen das überhaupt bewusst? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

In den vergangenen 17 Monaten, in denen Kurz regierte, mussten wir uns für vieles rechtfertigen, insbesondere bei unseren internationalen Partnern. Für das Parlament und die österreichische Demokratie hat Ihre Regierung, Herr Kurz, seit Dezember 2017 nur mehr Missachtung und wenig Respekt übriggehabt. (Heftiger Widerspruch bei der ÖVP.) Gesetze wurden durchs Parlament gepeitscht und entweder viel zu kurz oder überhaupt nicht begutachtet, weder von Experten noch von der Öffentlichkeit. Anträge, Sie erinnern sich vielleicht, wurden absichtlich, damit es schneller geht, in die falschen Ausschüsse gebracht. (Abg. Nehammer: Geh bitte! Das ist so absurd!) Sogar ein Selbstermächtigungsgesetz wurde versucht – zum Glück ist es hier abgedreht worden. (Abg. Haubner: Das letzte Aufbäumen!)

Parlamentarische Anfragen, eine Kernaufgabe von Regierenden, wurden dürftig, un­vollständig und absichtlich falsch beantwortet. Sebastian Kurz selbst war kaum präsent und bei jeder zweiten Sitzung nicht anwesend. (Abg. Wöginger: Das stimmt ja nicht!) Es gibt keine Diskussion auf Augenhöhe, weder im Plenum noch in den parlamentari­schen Ausschüssen oder darüber hinaus. (Abg. Wöginger: Das stimmt ja einfach nicht!) Wenn überhaupt wird die Opposition nur informiert, von Einbindung ist keine Rede. (Beifall bei SPÖ und JETZT. – Abg. Wöginger: Das ist die Unwahrheit!)

Auch wenn es Sie jetzt ärgert, es ist so. Jeder Demokrat und jede Demokratin weiß, wie wichtig der gemeinsame Dialog ist. Der Dialog ist für die Demokratie unerlässlich. (Abg. Nehammer: Dann verweigern Sie ihn nicht!) Man hat das Gefühl, diese Regie­rung, wie sie hier sitzt – mit Ausnahme derer, die jetzt dazugekommen sind, die kann ich noch nicht beurteilen –, will oder versteht den Parlamentarismus nicht, geschätzte Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Holzinger-Vogtenhuber. – Heftiger Widerspruch und Rufe bei der ÖVP: Das ist wirklich ein Wahnsinn! Unfass­bar! – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 25

Das Miteinander, der Dialog (Abg. Nehammer: Dann verweigern Sie ihn nicht!), die Kompromissbereitschaft zum Wohle aller, das ist Ihnen in den letzten 17 Monaten nichts wert gewesen. (Ruf bei der ÖVP: Das ist wirklich ein Wahnsinn! Unfassbar! – Zwischenruf des Abg. Rädler.) Stattdessen wurde alle Energie in den Alleingang inves­tiert, um währenddessen Heerscharen von politischen Akteuren in allen Ministerien zu installieren. (Zwischenruf des Abg. Lopatka.) Es gibt nicht nur die Generalsekretäre, es gibt eigene Stäbe für PR, Öffentlichkeitsarbeit, Unmengen Menschen, die dafür be­zahlt werden. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

In den vergangenen 17 Monaten wurde durch die Alleingänge und die Dialogverweige­rung das Vertrauen, das gegenseitige Vertrauen sehr, sehr schwer beschädigt. (Abg. Winzig: ... beschädigen Sie es! Beschädigt sind Sie selber! – Abg. Schwarz: Sie!) Ich sage Ihnen ganz offen, die letzten Tage dieser Regierungskrise haben nicht dazu bei­getragen, dieses Vertrauen wieder zu erhöhen. (Abg. Winzig: ... Sie!) Herr Bundes­kanzler, ich selbst konnte letzte Woche Donnerstag Zeuge werden, wie Sie Gespräche mit der Opposition führen. Nachdem die Runde eingelangt war, war einmal der wich­tigere Termin der Medientermin (Ruf bei der ÖVP: Mei!), das Foto als Hauptzweck (Abg. Winzig: Wer will schon ein Foto mit Leichtfried haben? – Ruf bei der ÖVP: Uh!), und das Angebot, das Sie gemacht haben, Herr Bundeskanzler, war ein reiner PR-Gag. (Weitere Zwischenrufe der Abgeordneten Winzig und Haubner.)

Was Kurz hier vorschlägt und anbietet, das sind ja Selbstverständlichkeiten: Ihr Vor­schlag der Aufklärung der schweren Vorwürfe (Abg. Schwarz: Gegen wen?) – ja, was denn bitte sonst ist selbstverständlicher, als das alles aufzuklären, Herr Kurz? (Abg. Wöginger: Wenn du so weitertust, rennt der letzte Eisenbahner auch noch über!)

Ihr Vorschlag, dass die Opposition bei den Ministerräten sitzen soll – ja, wenn eh nichts mehr beschlossen wird, ist das eine unglaublich tolle Idee. (Ruf bei der ÖVP: Dialog­verweigerung!) Gleichzeitig wurde angekündigt, dass ohnehin keine Gesetze und Pos­tenbesetzungen mehr beschlossen werden sollen. – Ich frage Sie: Was soll das Gan­ze? (Abg. Haubner: Das ist eine Kraut-und-Rüben-Rede!)

Die Ankündigung, U-Ausschüsse nach der Wahl wieder einzusetzen – da kündigen Sie etwas an, wofür dieses Parlament zuständig ist, nicht die Bundesregierung, Herr Kurz. (Beifall bei SPÖ und JETZT sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

Stattdessen haben Sie vorgeschlagen, dass jetzt Regierungsinserate auf Informationen über die Nationalratswahl eingeschränkt werden. Das heißt im Klartext: schwarze Re­gierungsinserate mit türkiser Schrift. Das ist auch nicht das, was wir in dieser Zeit brauchen, geschätzte Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Winzig: Schau­en Sie einmal ins rote Wien!) Fast 45 Millionen Euro haben Sie letztes Jahr für Inserate und PR ausgegeben. Umgelegt auf vier Monate bis zur Nationalratswahl werden das noch einmal 15 Millionen Euro Steuergeld. Ist das der Plan gewesen? (Abg. Winzig: Das war Ihr Plan! – Abg. Wöginger: Das hat der Häupl früher an einem Wochenende ausgegeben!)

Meinen Vorschlag, eine Spendenobergrenze von 10 000 Euro einzuführen, haben Sie nicht einmal aufgegriffen. Was Sie wollen, ist, dass die ÖVP weiter Spenden ohne Limit kassieren und die Wahlkampfkostenobergrenze ohne Folgen überschreiten kann. (Abg. Wöginger: Wir legen es wenigstens offen, im Gegensatz zu euch!) Aber den anderen Parteien, die nicht über Großspender verfügen (Zwischenruf der Abg. Win­zig), denen wollen Sie die Mittel kürzen. – Das ist kein Dialog, Herr Kurz, das ist nur Schein und PR.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die letzten Tage haben ein hässliches Bild unseres schönen Landes gezeichnet. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich bin zu 100 Prozent beim Bundespräsidenten, der gesagt hat: „So sind wir nicht!“ (Zwischenruf


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 26

des Abg. Lopatka.) Wovon ich auch zu 100 Prozent überzeugt bin, ist, dass die Art und Weise, wie eine neue ÖVP-Alleinregierung installiert wurde, nicht den demokrati­schen Ansprüchen genügt, die ich mir für Österreich erwarte. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten von JETZT. – Abg. Haubner: Die Wähler haben das gestern anders gesehen!)

Sebastian Kurz hat in zwei Jahren zwei Regierungen gesprengt, währenddessen hat er soziale Errungenschaften zerstört (Abg. Wöginger: Familienbonus!) und den Ruf Ös­terreichs im Ausland grob beschädigt. (Abg. Winzig: Niedrige Einkommen entlastet! – Abg. Schwarz: So ein Blödsinn!) Sein türkis-blaues Experiment, geschätzte Damen und Herren, ist krachend gescheitert, und jetzt versucht er, die ÖVP-Herrschaft auszu­bauen und verzichtet darauf, für eine parlamentarische Mehrheit zu werben. Diese Vorgangsweise ist verantwortungslos und lässt viele Fragen offen. Die Österreicherin­nen und Österreicher haben Antworten verdient! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Noll.)

Herr Kurz, heute und hier müssen Sie das erste Mal Fragen zu dem ganzen Chaos, das Sie angerichtet haben, beantworten. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich hoffe, Sie tun das und halten in diesem Haus nicht wieder eine Wahlkampfrede. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und JETZT. – Abg. Wöginger: Ein Wahnsinn! Ein Wahnsinn! Das ist ja unfassbar! Das Ende der Sozialdemokratie! – Abg. Haubner: War das jetzt alles?)

13.25


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundeskanzler. – Bitte.


13.25.29

Bundeskanzler Sebastian Kurz: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich bin normal ein eher ruhiger Mensch, und ich habe mir schon viel anhören müssen und habe schon viel ausgehalten (Zwischenrufe bei der SPÖ) – ich muss zugeben, in diesem Fall ist es mir etwas schwergefallen, aber ich ha­be mich entschieden, mich von Ihnen nicht provozieren zu lassen, Herr Abgeordneter Leichtfried. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dönmez.)

Ich werde daher auch nicht auf alle Unterstellungen und Anpatzversuche reagieren, die Sie da jetzt schrittweise aufgelistet haben – ich glaube, es würde auch den zeitlichen Rahmen sprengen –, ich möchte vielmehr die Möglichkeit nutzen, Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, und natürlich auch den Österreicherinnen und Öster­reichern noch einmal meine Sicht auf die Dinge zu skizzieren und Ihnen auch zu be­schreiben, warum wir in der letzten Woche die Entscheidungen so getroffen haben, wie wir sie getroffen haben.

Ich möchte vielleicht zunächst mit einem Punkt beginnen, in dem wir, vermutlich wirk­lich alle Fraktionen, übereinstimmen. Die vergangene Woche war eine sehr turbulente Zeit für Österreich, war eine herausfordernde Zeit für die Republik, für die Politik in Summe, und sie hat sicherlich nicht dazu beigetragen, das Ansehen Österreichs in der Welt und auch das Ansehen der Politik in Österreich zu steigern.

Die vergangene Woche war, wenn wir so wollen, auch eine Zäsur in der politischen Arbeit in diesem Land. Ich möchte daher zu Beginn noch einmal festhalten, dass ich sehr, sehr stolz und auch zufrieden bin mit der Arbeit, die wir als Bundesregierung in den letzten eineinhalb Jahren geleistet haben. Ich möchte mich ganz deutlich bei allen Regierungsmitgliedern, ganz gleich, ob von Volkspartei oder Freiheitlicher Partei, für diese Zusammenarbeit bedanken! Es war eine Zeit, in der es uns gelungen ist, die Schuldenpolitik nach 60 Jahren zu beenden, in der es uns gelungen ist, gegen illegale Migration anzukämpfen, in der es uns gelungen ist, Steuerentlastungen durchzuführen, den Standort Österreich zu attraktivieren, die Arbeitslosigkeit zu senken und das Land endlich wieder in die richtige Richtung zu führen. Es war eine gute Arbeit, die geleistet


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 27

wurde, und ich bedanke mich bei allen Mitgliedern der Bundesregierung dafür. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Enthüllungen der vergangenen Woche haben leider Gottes nicht nur dazu geführt, dass eine politische Partei, nämlich die FPÖ, sich beschädigt hat, sie haben nicht nur dazu geführt, dass das Ansehen Österreichs in der Welt gelitten hat, sie haben nicht nur dazu geführt, dass das Vertrauen in die Politik zurückgegangen ist, sondern die Enthüllungen haben auch dazu geführt, dass diese gute, sehr erfolgreiche Zusammen­arbeit beendet wurde.

Ich habe mich daher in den Tagen nach den Enthüllungen um eines bemüht, nämlich in Österreich für Stabilität zu sorgen. Ich habe mich bemüht, gemeinsam mit dem Bun­despräsidenten sicherzustellen, dass wir eine handlungsfähige Regierung haben und vor allem auch, dass es zur Aufklärung aller Vorwürfe, die im Raum stehen, kommt. Das betrifft zum einen die Inhalte des Videos, die Ideen von Machtmissbrauch, den Umgang mit Steuergeld und ein falsches Politikverständnis, das betrifft aber auch die Art und Weise, wie dieses Video entstanden ist, die Frage, wer es erstellt hat und vor allem, wer es bezahlt und beauftragt hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte mich an dieser Stelle beim Bundespräsidenten bedanken. Wie Sie wissen, kommt der Bundespräsident parteipolitisch nicht gerade aus der Ecke der Volkspartei, aber ich habe in dieser Woche erlebt, dass der Bundespräsident sich Tag und Nacht bemüht hat, für Stabilität zu sorgen, einen Beitrag zu leisten, dass die Monate bis zur Wahl in aller Ruhe und Ordnung über die Bühne gehen können, und ich bedanke mich an dieser Stelle explizit für die gute Zusammenarbeit in dieser für uns alle sehr for­dernden Phase. (Beifall bei der ÖVP.)

Abgeordneter Leichtfried hat die Ereignisse der letzten Woche aus seiner Sicht Revue passieren lassen, ich möchte noch einmal die Möglichkeit nutzen, auch meine Sicht der Dinge darzulegen.

Der Bundespräsident hat mich am Dienstag beauftragt, eine Expertenregierung zusam­menzustellen. Er hat mich gebeten, die frei werdenden Ressorts mit Personen aufzu­füllen, die über die notwendige Fachkenntnis verfügen, aber auch ein hohes Maß an Integrität mitbringen und betreffend diese Tätigkeit unumstritten sind. Ich habe binnen 24 Stunden gemeinsam mit meinem Team versucht, diese Expertinnen und Experten zu finden. Ich darf mich bei den Personen, die heute hier sitzen, ganz herzlich dafür bedanken, dass sie über Nacht bereit waren, in dieser schwierigen Situation für die Re­publik bereitzustehen und Verantwortung zu übernehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte mich dafür bedanken, dass Sie bereitgestanden sind, der Bitte des Bundes­präsidenten und auch meiner Bitte zu folgen, alles stehen und liegen zu lassen, teil­weise aus anderen Bundesländern nach Wien aufzubrechen und bereitzustehen, der Republik in dieser heiklen Phase zu dienen.

Wir als Übergangsregierung haben vergangenen Mittwoch bereits die Arbeit aufge­nommen, 24 Stunden nach dem Auftrag des Bundespräsidenten die erste Ministerrats­sitzung abgehalten und haben uns auf drei Ziele geeinigt, nämlich erstens: volle Auf­klärung aller im Raum stehenden Vorwürfe; zweitens: Handlungsfähigkeit der Regie­rung in Österreich zur Fortsetzung der Amtsgeschäfte bis zu den Wahlen, aber auch internationale und europäische Handlungsfähigkeit in einer für Österreich und Europa nicht unentscheidenden Phase. Wir haben uns zum Dritten dazu entschieden, die Op­positionsparteien einzuladen, an den Ministerratssitzungen teilzunehmen, um auch ein Maximum an Transparenz und Einbindung sicherzustellen.

Ich möchte auch gerne festhalten, dass ich in den vergangenen Tagen – auch wenn das teilweise anders medial kolportiert wurde – nicht nur mit dem Bundespräsidenten, sondern auch mit allen Parteichefs mehrere persönliche und auch telefonische Ge-


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 28

spräche geführt habe. (Ah-Rufe bei der ÖVP.) Ich möchte mich explizit bei den NEOS für die konstruktive Herangehensweise bedanken. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Winzig: Super!) Es war nicht immer so, dass wir einer Meinung waren, wir sind es auch heute nicht – weder in inhaltlichen Fragen noch in Fragen der Vorgehensweise. Die NEOS waren aber trotzdem die einzige Partei, die mir ganz klare Wünsche und Anregungen mitgegeben hat, wie sie sich erwarten würde, dass diese Übergangsregierung agiert. (Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.)

Ich möchte darüber hinaus festhalten – und das erscheint mir durchaus wichtig –, dass ich bis heute keine einzige kritische Stimme zu den ausgewählten Experten gehört ha­be, zur Auswahl dieser Expertinnen und Experten, die parteipolitisch sehr unterschied­liche Hintergründe haben, die alle fachlich qualifiziert und integer sind. (Ruf bei der FPÖ: Na ja!)

Im Gegenteil: Landeshauptmann Doskozil, ein hochrangiger Vertreter der Sozialdemo­kratie, hat sogar öffentlich in Interviews festgehalten, dass es bei diesem Misstrauens­votum eigentlich um ganz etwas anderes geht. Er hat wörtlich gesagt – ich zitiere: Es geht dabei um Parteiinterna. Man könne jetzt schlicht und ergreifend nicht mehr zurück. (Abg. Zarits: Ein Wahnsinn! – Abg. Winzig: Ein Wahnsinn! Ah! – Ruf bei der ÖVP: Die eigenen Leute sagen so etwas!)

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, lassen Sie mich abschließend noch ei­nen Punkt festhalten, der mich wirklich verblüfft: Ich verstehe ja bei all der aufgeheizten Stimmung die Rachegelüste mancher, den Wunsch, sich vielleicht für die Wahl in eine bessere Position zu bringen, auch die Idee, Parteiinterna sprechen zu lassen und nicht das Wohl des Staates im Blick zu haben. (Abg. Noll: Geh bitte!) Was ich aber wirklich nicht verstehe, ist, dass die Reaktion auf das gestrige Wahlergebnis ist (Abg. Winzig: Unglaublich!), dass der Misstrauensantrag gegen meine Person jetzt auf die ganze Re­gierung ausgedehnt wird. Vor wenigen Tagen war noch das Ziel, mich als Bundes­kanzler abzuwählen, als Taktik vielleicht durchaus verständlich. Jetzt aber auch noch wenige Monate vor einer Wahl die ganze Regierung stürzen zu wollen, ist etwas, das, glaube ich, niemand in diesem Land nachvollziehen kann. (Lang anhaltender Beifall bei der ÖVP sowie Beifall der Abg. Meinl-Reisinger.)

Sehr geehrte Damen und Herren, ich bleibe bei meiner Haltung. Ich glaube, was wichtig ist, ist eine handlungsfähige Regierung in Österreich, auf europäischer Ebene und international, die Aufklärung aller Vorwürfe, die im Raum stehen, und eine partei­übergreifende Zusammenarbeit.

Ich möchte heute gerne das Versprechen abgeben, dass ich, ganz gleich, in welcher Funktion, meinen Beitrag dazu leisten werde, für Stabilität in Österreich zu sorgen. Sollte dieses Votum heute so ausgehen, wie ich es erwarte, dann werden wir der nächsten Regierung – ganz gleich, wie sie aussehen wird – sicherlich keine Steine in den Weg legen, sondern sie bestmöglich unterstützen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dönmez.)

Ich glaube, dass die Wählerinnen und Wähler – Gott sei Dank! – das Recht haben, am Wahltag eine Entscheidung zu treffen. Bis dahin ist allerdings das Parlament am Wort. Wir haben uns seitens der Bundesregierung bemüht, und auch ich persönlich habe mich bemüht, in der letzten Woche unseren beziehungsweise meinen Beitrag zur Sta­bilität zu leisten. Wir haben uns bemüht, eine handlungsfähige Regierung auf die Beine zu stellen, die die Amtsgeschäfte bis zur Wahl in aller Ruhe verwalten kann, die uns in Europa und international vertreten kann und die bereit ist, diese Aufgabe auch wahr­zunehmen. Im September ist die Bevölkerung am Wort, bis dahin liegt allerdings die Verantwortung, eine Entscheidung zu treffen, beim Parlament. (Abg. Noll: Wer sagt denn, dass im September die Bevölkerung am Wort ist?) Ich bin überzeugt davon, Sie


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 29

werden das auch tun! – Vielen Dank. (Lang anhaltender Beifall bei der ÖVP sowie Bei­fall des Abg. Dönmez.)

Da mir schriftlich einige Fragen zugegangen sind, darf ich die gestellten Fragen beant­worten beziehungsweise die Antworten verlesen. Ich fasse aufgrund der Zeitknappheit die Antworten zu den einzelnen Fragen zusammen:

Zu den Fragen 1 bis 5, 10, 22 und 23:

So wie wohl die meisten von Ihnen, habe ich am Freitagabend um 18 Uhr erstmals das besagte Video gesehen. Der Vizekanzler hat mich bereits am Abend davor darüber in­formiert, dass aufgrund von Bild- und Tonaufnahmen eine mögliche negative Bericht­erstattung über ihn im Raum steht. Über Details konnte er mich aber damals auch noch nicht informieren.

Die Inhalte des Videos und die Reaktion der Freiheitlichen Partei haben uns sehr er­schüttert und gezeigt, dass es hier einen anderen Zugang zur Politik gibt. Das Video und auch der Umgang der FPÖ damit haben darüber hinaus dem Ansehen unseres Landes geschadet. Vor diesem Hintergrund war für mich klar, dass das das Ende der Koalition bedeutet.

Nach dem Erscheinen des Videos bin ich mit dem Bundespräsidenten in Kontakt ge­treten, der sich über die Inhalte auch sehr schockiert gezeigt hat. Seitdem stehe ich mit dem Bundespräsidenten selbstverständlich in laufendem Kontakt.

Zu den Fragen 6 und 7:

Wie gesagt, ich habe das Video das erste Mal gesehen, als es am Freitag um 18 Uhr online gestellt wurde. Seither sind diese Inhalte sowohl der Öffentlichkeit als auch den Ermittlungsbehörden gleichermaßen zugänglich.

Zu den Fragen 8 und 9:

Ein Auskunftsrecht des Bundeskanzlers gegenüber den genannten Behörden gibt es nicht. Im Regierungsprogramm war die Einführung entsprechender Berichtspflichten an Bundeskanzler und Vizekanzler vorgesehen. Eine Umsetzung war für die kommenden Monate bis zum Sommer geplant.

Zu den Fragen 11 bis 17:

Mein Ziel ist es, in dieser Phase alles zu tun, um Stabilität in Österreich sicherzustellen und auch zu gewährleisten, dass die Amtsgeschäfte in allen Ressorts fortgeführt wer­den können. Das ist laut Verfassung meine Aufgabe als Bundeskanzler und das ist auch das, womit mich der Bundespräsident betraut hat.

Der Bundespräsident hat mir am Dienstag den Auftrag gegeben, eine handlungsfähige Übergangsregierung auf die Beine zu stellen, das habe ich versucht, innerhalb von 24 Stunden zustande zu bringen.

Auch die Vertreter der im Parlament vertretenen Fraktionen und die Landeshauptleute habe ich zu Gesprächen getroffen. Ich habe sowohl persönlich mit ihnen Gespräche geführt als sie auch telefonisch am Laufenden gehalten.

Zur Frage 18:

Nach Bekanntgabe von Neuwahlen wird sich die neue Volkspartei selbstverständlich entsprechend für diese Wahl vorbereiten. Bis jetzt sind aber keine Plakatflächen reser­viert.

Zur Frage 19:

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kabinette pflegen einen sorgsamen Umgang mit Informationen und vor allem mit den Akten. Dazu sind sie verpflichtet. Bestehende


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 30

Kabinettsakte werden nach Ausscheiden eines Regierungsmitglieds dem Österreichi­schen Staatsarchiv übergeben.

Zu den Fragen 20 und 24:

Ermittlungstätigkeiten zu strafrechtlich relevanten Vorwürfen obliegen der Exekutive und der Justiz. Ich setze mein Vertrauen in unseren Rechtsstaat und habe die zustän­digen Bundesminister ersucht, alle notwendigen Ressourcen zur Verfügung zu stellen, um eine unabhängige Aufklärung sicherzustellen.

Zur Frage 21:

Die neue Volkspartei hält sich selbstverständlich an alle geltenden gesetzlichen Rege­lungen in diesem Zusammenhang. Aufwendungen werden gemäß Parteiengesetz und allfälligen sonstigen Verpflichtungen auch entsprechend gemeldet.

Zur Frage 25:

Der Bundespräsident und ich haben uns bestmöglich bemüht, alles in unserer Macht Stehende zu tun, um Stabilität zu gewährleisten und die neuen Minister bestmöglich or­ganisatorisch zu unterstützen. Als oberste Organe sind sie natürlich letztverantwortlich und sind auch für Personalentscheidungen in ihren Ressorts und vor allem auch in ih­ren Kabinetten selbst verantwortlich. – Vielen Dank. (Anhaltender Beifall bei der ÖVP.)

13.41


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Klubob­frau Rendi-Wagner. – Bitte. (Abg. Haubner: Jetzt kommt die Probe für die SPÖ-Partei­tagsrede! – Abg. Winzig: Das war schon gestern beim Wolf peinlich!)


13.41.41

Abgeordnete Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Bundesregierung! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! (Abg. Hammer: ... im Hintergrund, wie gestern!)

Herr Bundeskanzler! Sie haben jetzt sehr viel gesagt, aber Sie haben noch nicht ge­sagt, dass Ihre Bundesregierung gescheitert ist. Sie wissen, dass Sie als Bundeskanz­ler alleine verantwortlich dafür sind, was die Auswahl Ihrer Minister und Ihres Koali­tionspartners betrifft. (Abg. Haubner: Hervorragende Minister!) Es war trotz aller War­nungen der Fall, dass Sie diese Koalition eingegangen sind, und Sie tragen aus unse­rer Sicht somit auch die Verantwortung für das Scheitern Ihrer Koalitionsregierung und die Verantwortung für die derzeitige Situation. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordne­ten von JETZT.)

Ihre Politik stößt Österreich, stößt dieses Land jetzt zum zweiten Mal in Neuwahlen, weil Sie nicht bekommen haben, was Sie wollten. (Abg. Winzig: Blödsinn! – Zwischen­ruf des Abg. Hörl.) Sie hätten diese Koalition nämlich einfach weitergeführt (Abg. Wö­ginger: Ich weiß nicht ...!) – das haben Sie jetzt auch nicht gesagt –, wenn Sie ein Mi­nisterium mehr dafür bekommen hätten, nämlich das Innenministerium. (Abg. Winzig: Sie kennen sich ja wirklich nicht aus in der Politik! – Widerspruch bei der ÖVP. – Präsi­dent Sobotka gibt das Glockenzeichen.) Jetzt, nachdem Ihr Scheitern, Herr Bundes­kanzler, offensichtlich geworden ist, fordern Sie von uns Abgeordneten des Nationalra­tes Stabilität ein. (Abg. Haubner: Sie sollten die Berater wechseln, glaube ich!) Ja, Sie wollen Zustimmung für eine Regierung, die keine parlamentarische Mehrheit hat. (Bei­fall bei SPÖ und JETZT.)

Nennen wir es beim Namen, Sie wollen Zustimmung und Vertrauen für eine ÖVP-Al­leinregierung, und zwar im Nachhinein (Abg. Haubner: Das ist ja voll daneben! – Zwi­schenrufe der Abgeordneten Nehammer und Zarits), denn Sie haben es selbst im Moment des Scheiterns Ihrer eigenen Bundesregierung nicht der Mühe wert gefunden,


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 31

mit der Opposition dieses Hauses zur Bildung einer Übergangsregierung den Dialog zu suchen und um eine stabile Unterstützung zu werben. (Abg. Zarits: Sie sind ja nicht gekommen! – Abg. Strasser: Sie hätten ja in das Bundeskanzleramt gehen können!) Nein, Ihr Handeln hat nichts mit Verantwortung zu tun! (Beifall bei der SPÖ. – Wider­spruch bei der ÖVP.)

Ihre Vorgangsweise ist einzigartig in der Geschichte der Zweiten Republik. (Abg. Ne­hammer: Ihre Vorgehensweise! – Rufe bei der ÖVP: Ihre! Ihre! – Abg. Wöginger: Das ist ein Wahnsinn! Unglaublich! – Präsident Sobotka gibt erneut das Glockenzeichen.) Es ist ein schamloser, es ist ein zügelloser und verantwortungsloser Griff nach Macht, den wir hier sehen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Die Macht in unserem Land, Herr Bundeskanzler, geht aber vom Volk aus und von den Menschen und nicht von Ihnen. (Beifall bei SPÖ sowie demonstrativer Beifall bei der ÖVP. – Abg. Zarits: Das hast du eh gestern gesehen, wie sie ausgeht! – Abg. Ham­mer: Was war gestern? Gestern! – Zwischenruf der Abg. Schwarz.  Weitere Zwi­schenrufe bei der ÖVP. – Präsident Sobotka gibt erneut das Glockenzeichen.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie – bei aller Emotion –, der Würde des Hauses zu entsprechen und zuzuhören.


Abgeordnete Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc (fortsetzend): Ich verstehe, dass die ÖVP am heutigen Tag etwas nervös ist (Heiterkeit bei der ÖVP – Abg. Nehammer: Las­sen wir die Wähler entscheiden! – Abg. Winzig: Wer hat denn die Wahlen gewonnen gestern?), aber ich sage Ihnen: Es ist ungeheuerlich (Ruf bei der ÖVP: Also bitte!), in einer solchen Situation, die ein Präzedenzfall in der Geschichte der Zweiten Republik ist (Abg. Nehammer: Ja, genau! – Ja-Rufe bei der ÖVP), Zustimmung und Vertrauen für das einzufordern, was nur Ihren eigenen Wünschen entspricht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strasser: Und des Bundespräsidenten!) Wir Abgeordnete des Parla­ments sind den Menschen verpflichtet, die uns gewählt haben (Abg. Wöginger: Du redest aber nicht mit denen!), und nicht den persönlichen Interessen eines Einzelnen. (Ruf bei der ÖVP: Genau! Die sind ja ziemlich negativ!)

Die Situation, in der Sie sich als Bundeskanzler befinden, ist keine alltägliche, und man kann verstehen, dass es keine einfache ist. Gerade in solchen Situationen zeigt sich jedoch wahre Führungsstärke. (Heiterkeit bei der ÖVP. – Ruf bei der ÖVP: Genau! Die hast du!) Anstatt das Verbindende vor das Trennende zu stellen, die Unterstützung der Abgeordneten dieses Hauses zu suchen, haben Sie sich entschlossen, den Weg alleine zu gehen und somit den Weg der Stabilität, die unser Land, die die Menschen in Österreich so dringend bräuchte, zu verlassen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haubner: Das ist ja voll daneben!)

Ist es vollkommen gleichgültig, wer die Bundesregierung bildet? Ist es für Sie vollkom­men nebensächlich, vorher abzuklären, ob die von Ihnen vorgeschlagene Regierung eine Mehrheit im Nationalrat hat? (Abg. Strasser: Sie haben ... wieder nicht wahrge­nommen! – Ruf bei der ÖVP: Hat er ja!) Sie, Herr Bundeskanzler, gehen davon aus, dass es die Pflicht von uns Abgeordneten ist, Ihr Handeln im Nachhinein zu rechtfer­tigen. Das hat nichts mit demokratischer Haltung zu tun. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ und JETZT.)

Die Österreicherinnen und Österreicher haben sich von Ihnen verantwortungsvolles Handeln gewünscht und erwartet, und diese Erwartung haben Sie nicht erfüllt. (Abg. Winzig: Das haben wir ja am Wahlergebnis gestern gesehen!) Es ist die Aufgabe des Bundeskanzlers, insbesondere in Krisenzeiten die Stabilität zu bewahren und zu för­dern (Ruf bei der ÖVP: Hat er ja! Hat er ja gemacht! Sie nicht!), und dieser Aufgabe sind Sie nicht gerecht geworden. (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 32

Wer Vertrauen will, muss Verantwortung leben, sehr geehrter Herr Bundeskanzler! (Ruf bei der ÖVP: Ja, genau!) Das gilt in jeder Lebenssituation und insbesondere gilt das für eine Bundesregierung und ein Staatsamt wie Ihres.

Was heißt Verantwortung? – Aus unserer Sicht heißt Verantwortung, die mit einem Staatsamt verbunden ist, ein würdiger Repräsentant dieses Staates zu sein, und es bedeutet, das Gemeinwohl, die Allgemeinheit im Blick zu haben. Es bedeutet auch, einen Weg einzuhalten, der von Respekt, der von Kooperation und Dialogbereitschaft getragen ist. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haubner: Nehmen Sie sich bei der Nase! – Abg. Himmelbauer: Als ob ihr in der SPÖ das machen würdet!)

Sie hingegen, Herr Bundeskanzler, appellieren an Verantwortung und meinen sich selbst. Sie stellen das Ich vor das Wir. Verantwortung heißt, nicht aus dem Staatsamt heraus Wahlkampf zu führen. Staatsämter sind keine Wahlkampfbüros! Verantwortung heißt, den vor ein paar Tagen bestellten Ministern Ihrer Regierung keine ÖVP-Aufpas­ser in die Kabinette zu setzen. Ja, Staatsämter verpflichten dazu, nicht den eigenen Vorteil in den Vordergrund zu stellen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Hammer und Haubner.) Sie verpflichten auch dazu, das Gemeinwohl, die Res publica, das Interesse des Landes und der Menschen vor alles andere zu stellen. Das bedeutet, respektvoll miteinander umzugehen (Abg. Steinacker: Für Sie gilt das aber auch!), es bedeutet, dass man weiß, dass Kooperation und Dialog Grundvoraussetzungen und Basis für Vertrauen sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Vertrauen wiederum ist Voraussetzung für eine Mehrheit im Parlament, sehr geehrte Damen und Herren.

Herr Bundeskanzler, Sie wollen nicht überzeugen, Sie wollen erzwingen! Vertrauen kann man aber nicht erzwingen, Vertrauen muss man sich erwerben, man muss hart dafür arbeiten. (Abg. Ofenauer: Schlechte, schwache Rede!) Es ist mit der Würde des Staatsamtes des Bundeskanzlers unvereinbar, den Dialog mit Abgeordneten zu ver­meiden. (Abg. Strasser: Sie haben ja nicht einmal die Termine wahrgenommen, Frau Kollegin!) Verantwortung bedeutet auch, sein eigenes Scheitern zu erkennen und zu­zugeben. (Ruf bei der ÖVP: Selbstanklage! – Präsident Sobotka gibt das Glockenzei­chen.) Nur ein verantwortungsvoller Umgang mit seinem Staatsamt bildet Vertrauen, ein verantwortungsloser Umgang mit seinem Staatsamt bereitet den Boden für Miss­trauen. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundeskanzler, Sie und Ihre ÖVP-Regierung genießen das Vertrauen der sozial­demokratischen Abgeordneten nicht. Ich stelle daher folgenden Antrag gemäß § 55 der Geschäftsordnung des Nationalrates (Abg. Nehammer: Das ist verantwortungslos!):

Misstrauensantrag

der Abgeordneten Dr. Pamela Rendi-Wagner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Versagen des Vertrauens gegenüber der Bundesregierung und der Staatssekretärin“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesregierung und der Staatssekretärin wird gemäß Art. 74 Abs. 1 iVm Art. 78 Abs. 2 B-VG durch ausdrückliche Entschließung des Nationalrats das Vertrauen ver­sagt.“

*****

Danke schön. (Lang anhaltender Beifall bei der SPÖ und Beifall bei Abgeordneten von JETZT. – Abg. Haubner: Wie war das mit der Verantwortung? – Ruf bei der ÖVP: Un­glaublich!)

13.51


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 33

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Misstrauensantrag

gemäß § 55 GOG-NR

der Abgeordneten Dr.in Pamela Rendi-Wagner

Kolleginnen und Kollegen

betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber der Bundesregierung und der Staats­sekretärin

eingebracht im Zuge der Debatte über die Dringliche Anfrage betreffend „Scheitern der Bundesregierung Kurz“

Begründung

Aufgrund der Vorkommnisse der letzten Tage, insbesondere der am politischen Ei­geninteresse orientierten Vorgehensweise des Bundeskanzlers, die er mit den anderen im Parlament vertretenen Parteien nicht abgesprochen hat, ist Folgendes festzuhalten:

Der Bundeskanzler trägt die Hauptverantwortung für das Scheitern dieser Koalition und für die derzeitige Situation. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass er in zwei Jahren be­reits das zweite Mal eine Regierung auflöst und in Neuwahlen geht. Damit ist das Ver­trauen in die Regierungsfähigkeit dieses Bundeskanzlers nicht mehr gegeben.

Er agiert wie ein Spieler und verwendet als Einsatz die Stabilität Österreichs, um mit seinem riskanten Spiel ausschließlich seine politischen Eigeninteressen zu verfolgen.

Dazu kommt noch, dass er, nachdem er die Koalition beendet hat, kein Interesse an einem nationalen Konsens gezeigt hat und weder die eingesetzten Minister noch die weitere Vorgehensweise mit den Parlamentsparteien abgesprochen hat.

Vielmehr ist es so, dass er im Alleingang eine ÖVP-Alleinregierung installiert hat, um damit Vorteile für seinen Wahlkampf erzielen zu können.

Da der Bundeskanzler die Hauptverantwortung für diese instabile Situation trägt und er ausschließlich seine eigenen Machtinteressen verfolgt und auch für die Auswahl seiner Minister verantwortlich ist, ist das Vertrauen in die gesamte Bundesregierung nicht mehr gegeben.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesregierung und der Staatssekretärin wird gemäß Art. 74 Abs. 1 iVm Art. 78 Abs. 2 B-VG durch ausdrückliche Entschließung des Nationalrats das Vertrauen ver­sagt.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ausreichend unterstützt, ordnungs­gemäß eingebracht und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Wöginger. – Bitte.



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 34

13.51.48

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­kanzler! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Es ist eigentlich unfassbar und unglaublich, wie die SPÖ heute hier ihre Dringliche Anfrage begründet und dass sie soeben einen Misstrauensantrag gegen die gesamte Bundesregierung eingebracht hat. Die Sozialde­mokratische Partei handelt hier gegen das Volk und auch gegen den Willen unseres Bundespräsidenten. Es ist einfach unfassbar! (Beifall bei der ÖVP.)

Bundeskanzler Sebastian Kurz hat seit Bekanntwerden des Ibizavideos und den Rücktritten in der FPÖ umsichtig und verantwortungsvoll gehandelt. Er hat gezeigt, dass er dieses Land auch in einer schwierigen Situation gut leiten kann, und konnte in Absprache mit dem Herrn Bundespräsidenten letzten Endes diese Bundesregierung mit absoluten Expertinnen und Experten sozusagen ergänzen.

Ich möchte noch eines festhalten: Dass wir im September Neuwahlen haben, war kein Wunsch, sondern das war eine Notwendigkeit. Wenn man diese Bilder gesehen hat, was da in Ibiza vorgefallen ist, dann kann man nur sagen: So kann man nicht zur Ta­gesordnung übergehen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Eines muss auch klar sein: Dass gerade das Innenministerium mit einem unabhängi­gen Experten besetzt werden muss, das ist für den Bundeskanzler ganz klar gewesen und das ist auch für die Österreicherinnen und Österreicher klar. Wir wollen hier volle Transparenz, volle Aufklärung, daher kann es nicht sein, dass ein ehemaliger FPÖ-Generalsekretär weiterhin im Innenministerium sitzt. Es muss mit einem unabhängigen Experten, so wie es jetzt auch der Fall ist, besetzt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Ja, es ist bedauerlich, dass diese sehr gute Zusammenarbeit so zu Ende gehen muss, weil wir viel weitergebracht haben. Wir, ich als Klubobmann und die gesamte Volks­partei, sind auf diese Zeit stolz, weil – und das sagen auch die Menschen draußen – selten zuvor so viel weitergebracht worden ist, im positiven Sinne. Die Menschen an­erkennen und respektieren das. Es ist aber letzten Endes notwendig, in diese Neu­wahlen zu gehen, damit die Bürgerinnen und Bürger nach diesen skandalösen Vorfäl­len die Entscheidung treffen können, wie es in Österreich weitergehen soll.

Ich möchte an dieser Stelle – da das schon ein einzigartiger historischer Augenblick ist, den wir heute hier leider miterleben müssen – Herrn Bundespräsidenten Van der Bel­len noch einmal zitieren. Er hat bei seiner Ansprache an alle Österreicherinnen und Österreicher Folgendes festgehalten:

„Ich appelliere an alle Verantwortungsträger in diesem Land, die politische Verantwor­tung auch für dieses Land zu tragen. Denken Sie jetzt nicht daran, was Sie für Ihre Partei kurzfristig herausschlagen können, sondern denken Sie daran, was Sie für Ös­terreich tun können.

Fragen Sie nicht: Hilft es mir bei der Wahl? Fragen Sie: Hilft es Österreich? Hilft es uns im Inneren und stärkt es unsere Glaubwürdigkeit in der Welt?“

Das hat der Bundespräsident gesagt und das sind eindeutige Worte für diese Bundes­regierung. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Österreich braucht jetzt Stabilität. Das ist auch das, was die Menschen in unserem Land zu Recht verlangen. Rot-Blau macht heute genau das Gegenteil und stürzt das Land ins Chaos. Wenn Sie heute den Bundeskanzler oder gar die gesamte Bundesregierung abwählen, dann haben Sie auch die Verantwortung da­für zu tragen, meine sehr geehrten Damen und Herren von SPÖ und FPÖ! (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 35

Es versteht absolut niemand, wenn rund drei Monate vor einer Wahl eine handlungsfä­hige Bundesregierung, die vom Bundespräsidenten eingesetzt wurde, abgewählt wird. Das verstehen auch Ihre eigenen Wählerinnen und Wähler nicht. Gestern bei der EU-Wahl hat die Bevölkerung ganz klar den Kurs von Sebastian Kurz und damit den Kurs einer politischen Mitte unterstützt und gestärkt, meine Damen und Herren! Wir danken den Wählerinnen und Wählern dafür. (Beifall bei der ÖVP.)

Die aktuellen Umfragen zeigen ganz genau, was die Bevölkerung will. Zwei Drittel der Menschen wollen, dass Sebastian Kurz bis zur Nationalratswahl Bundeskanzler bleibt – 65 Prozent sind gegen einen Misstrauensantrag –, und fast drei Viertel, nämlich 73 Pro­zent, befürworten diese Bundesregierung, um die Stabilität im Land aufrechtzuerhalten. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Jetzt erzähle ich etwas, das ich gestern erlebt habe. Ich war Wahlbeisitzer in meiner kleinen 800-Einwohner-Gemeinde Sigharting. Es war auch Erstkommunion, alle haben sich am Ortsplatz herumgetummelt; Wahllokal, Kirche, Ge­meindeamt liegen nicht weit voneinander entfernt. Ich bin auf den Ortsplatz gegangen und habe mit den Menschen gesprochen – man kennt sich; es waren aber auch ein paar Leute aus Nachbargemeinden da –, und es ging natürlich nur um das eine The­ma: Was ist jetzt mit der Regierung? Wie geht das morgen aus? – Das war gestern das Thema.

Ich habe mit sehr vielen geredet, weil sie auch auf mich zugekommen sind, und das waren nicht nur ÖVPler; wir haben zwar 55 Prozent bei mir daheim gemacht, aber es sind nicht nur ÖVPler. Alle haben gesagt, wir sollen an die Mandatsträger von SPÖ und FPÖ appellieren. Das kann es doch nicht sein, dass diese Bundesregierung heute abgewählt wird. – Alle, es war unisono! Ich habe keinen einzigen Menschen getroffen, keine Frau und keinen Mann, und man findet auch niemanden in der Bevölkerung, der das goutiert, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Wut und Emotion sind schlechte Ratgeber in einer solchen Zeit; das hat Daniela Kittner vor wenigen Tagen im „Kurier“ geschrieben. Ich kann ihr da nur voll zustimmen.

Sie sagt zum einen: „Es gibt keinen inhaltlichen Anlass für ein Misstrauensvotum ge­gen den Kanzler.“ Aufgrund der Ereignisse rund um das Ibizavideo war diese Regie­rungskoalition mit der FPÖ nicht mehr fortsetzbar, sagt sie. Zum Zweiten, sagt sie, ste­hen in den kommenden Wochen zahlreiche Weichenstellungen für die Europapolitik der kommenden fünf Jahre an. Wer, außer Bundeskanzler Sebastian Kurz, kann unser Land denn glaubwürdig vertreten? Er ist dazu politisch legitimiert, genießt international hohe Anerkennung und verfügt über ein Standing, das kein noch so hoch qualifizierter Beamter haben könnte. (Abg. Meinl-Reisinger: Das ist so peinlich, bitte!) Das schreibt Daniela Kittner im „Kurier“. Sie sollten es lesen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Drittens: Das Argument der SPÖ, ein reines Expertenkabinett würde für mehr Stabilität sorgen, ist lächerlich und ohne jegliche Grundlage. Da geht es um Wahltaktik zum Schaden Österreichs.

Genau das ist es, was Sie hier gerade geboten haben, wenn Sie von der Grunder­werbsteuer und von Steuerfragen reden und damit die Dringliche Anfrage und den An­trag, mit dem Sie jetzt in einigen Stunden diese Bundesregierung abwählen, begrün­den. Ich kann Ihnen nur eines sagen – Sie, Frau Kollegin Rendi-Wagner, haben ge­sagt, die Macht geht vom Volk aus –: Das Volk hat gestern gezeigt, wie es entscheidet, und Sie werden es sehen, das Volk wird auch im September so entscheiden, da die Bevölkerung das nicht mitträgt! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bedanke mich bei dieser Bundesregierung. Es ist heute ein Tag, den sich dieses wunderbare Land nicht verdient hat, meine Damen und Herren! Ich danke dieser Bun-


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 36

desregierung. Ich appelliere einmal noch an Ihre Vernunft, an Ihr staatspolitisches Ver­halten, nicht Ihr Parteiinteresse in den Vordergrund zu stellen (die Abgeordneten Hai­der und Bösch – in Richtung ÖVP zeigend –: Da rüber!), sondern unsere wunder­schöne Republik Österreich. Dazu sind Sie verpflichtet, meine Damen und Herren! (An­haltender Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

14.00


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Kickl. – Bitte.


14.01.07

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Liebe Zuseher, die Sie die Debatte vor den Bildschirmen zu Hause verfolgen! Es sind keinesfalls einfache Stunden, es sind kei­nesfalls alltägliche Stunden, die unser Land seit dem 18. Mai dieses Jahres durchlebt. Vieles ist undurchsichtig, vieles ist verworren, vieles ist unklar, und ich denke, umso wichtiger ist es, Klarheit zu schaffen, Zusammenhänge aufzuzeigen, Hintergründe her­zustellen, aufzuklären, wie es der Herr Bundeskanzler heute gesagt hat, und damit die Basis für Weichenstellungen zu haben, die für zwei Dinge in diesem Land sorgen: für Stabilität, aber auch für Sauberkeit – für Stabilität und für Sauberkeit. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine solche Vorgangsweise nenne ich ver­antwortungsbewusst. Das ist die staatspolitische Verantwortung, die in diesen Stunden gefragt ist. Das ist die Staatsräson, von der so viel die Rede ist. Wir Freiheitliche neh­men diese Verpflichtung zur Staatsräson genauso ernst und wir nehmen sie genauso wahr, wie wir die Tätigkeit in unseren einzelnen Ressorts im Zuge dieser Bundesregie­rung von der ersten bis zur letzten Minute wahr- und ernst genommen haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich habe Ihre Aussagen sehr genau verfolgt, Herr Bundeskanzler. Sie sagen, dass die Arbeit gut und notwendig für das Land gewesen ist. Da gebe ich Ihnen recht. Sie sagen, dass es Ihnen leid tut, dass diese Koalition zerbrochen ist. Da glaube ich eher, dass es Ihnen leid tut, dass Ihre Machtstrategie nicht aufgegangen ist. (Rufe bei der ÖVP: Geh!) Und Sie sagen, dass die Freiheitliche Partei sich nicht nur selbst ge­schadet, sondern mit dem Video und den Enthüllungen die ganze Regierungsarbeit zerstört und beendet hat. Und da ist die Wahrheit definitiv eine andere.

Wir – und da spreche ich für die freiheitlichen Regierungsmitglieder, meine sehr geehr­ten Damen und Herren – haben an jedem Tag unserer Regierungsarbeit mit voller Lei­denschaft, mit allem Einsatz und – ich spreche auch für mich persönlich – mit einem großen rot-weiß-roten, mit einem patriotischen Herzen gearbeitet – gegen viele Wider­stände und Anfeindungen, die es gegeben hat. Ich stehe auch nicht an zu sagen, wir haben sehr gut mit den Kolleginnen und Kollegen der Volkspartei zusammengear­beitet, auf Regierungsebene und auch auf der Ebene des Parlaments. – Danke schön dafür. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Auf Augenhöhe, ich möchte fast schon von einer freundschaftlichen Basis sprechen, haben wir gerade auch mit dem Bundeskanzler zusammengearbeitet. Und ich möchte sogar so weit gehen, zu sagen, dass unser Vertrauen in den Bundeskanzler in Wahr­heit auch das ideelle Fundament dieses neuen Regierens gewesen ist.

Wir haben nach dem Erscheinen dieses Skandalvideos selbstverständlich keine Se­kunde gezögert, die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen. Das ist ja eine Selbst­verständlichkeit. Jedem von uns war unmittelbar klar, dass es personelle Konsequen­zen und dass es inhaltliche Konsequenzen braucht. Und jene, die diese Bilder betrof­fen haben, haben sich genau so, wie wir es vertrauensvoll mit dem Bundeskanzler ver-


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 37

einbart haben, entsprechend zurückgezogen. Sie haben genau das getan, was wir in einem Vertrauensverhältnis miteinander vereinbart haben. Und genauso haben wir freundschaftlich und vertrauensvoll den Weg weiter definiert: dass wir Norbert Hofer vorschlagen werden, um die Rolle des Vizekanzlers zu übernehmen, und dass wir ein inhaltliches Paket auf den Weg bringen werden, um all die Vorwürfe abzuarbeiten, um die es auch in diesem Video geht. – Wir haben unseren Teil der Vereinbarung gehalten und wir haben darauf vertraut, Herr Bundeskanzler, dass auch Sie den Ihren einhalten.

In diesen nicht leichten Stunden haben wir ein ganz anderes Gesicht des Herrn Bundeskanzlers erlebt als dasjenige, das wir immer kennen: dieses freundliche und ewig lächelnde. Er hat ein anderes Gesicht gezeigt. Er hat die ganze FPÖ für das Fehl­verhalten von zwei Personen – die die Konsequenzen gezogen haben, so wie wir ver­einbart haben – in Sippenhaft genommen. Das hat er getan. Er hat versucht, eine schwierige Phase eines Regierungspartners auszunützen. Er hat versucht, den eige­nen Machtbereich zu erweitern. Das war die Reaktion des Bundeskanzlers in diesen Stunden. Es ging ihm und seinen Beratern nur darum, das Innenministerium in den Griff zu bekommen, denn, Herr Bundeskanzler, ich habe mit Ibiza und mit russischen Oligarchen vielleicht weniger zu tun als andere, die hier auf dieser Regierungsbank sitzen – ich habe gar keinen Bezug zu diesen Leuten! (Beifall bei der FPÖ.)

Es ging um etwas ganz, ganz anderes, es ging um die Wiederherstellung der wahren Machtachse der alten ÖVP, meine sehr geehrten Damen und Herren! Und diese Achse besteht aus zwei Ressorts: Das eine ist das Justizressort, das befindet sich in schwar­zen Händen, das zweite ist das Innenressort, und da hat es ein Problem gegeben. Die­ses Leck musste geschlossen werden. In einer Ho-ruck-Aktion, mit der Sie den Bun­despräsidenten wahrscheinlich genommen haben – um es salopp zu formulieren –, ha­ben Sie eine Situation herbeigeführt, dass diese beiden Ressorts (Abg. Wöginger: Ei­ne ordentliche Verschwörungstheorie!) wieder in den Händen derselben Partei sind, und damit genau das gemacht, was der Bundespräsident bei der Regierungsbildung ausschließen wollte. Jetzt haben Sie sie wieder fest in Ihren Händen.

Jetzt können wir uns fragen, warum das so ist. Ich gehe davon aus, meine Damen und Herren, dass wir in den kommenden Wochen und in den kommenden Monaten viel­leicht Dinge erfahren werden, ja, vielleicht in den Zusammenhängen auch ein Sittenbild zum Vorschein kommen wird, wozu ich Ihnen nur sagen kann, dass vielleicht das, was wir auf den Bändern von Ibiza sehen, diese Dinge, die unter Alkoholeinfluss gespro­chen wurden, gegen die Wirklichkeit, die nüchtern ist, verblassen könnten. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Bundeskanzler, Sie reden in einer generösen Art über Ermittlungen. Das zeigt ja Ihr Selbstverständnis. Ich weiß nicht, ich war immer der Meinung, dass die Justiz von sich selbst aus ermittelt, Sie haben sich hier so hingestellt und so getan, als ob Sie ir­gendetwas in Richtung Ermittlungen freizugeben hätten. Und jetzt gibt es einen zaghaf­ten Ansatz, nachdem Tage verstrichen sind, in denen alles beseitigt werden konnte, was zu beseitigen gewesen ist. (Rufe bei der ÖVP: Was?)

Herr Bundeskanzler, Sie sind getrieben worden. Sie sind getrieben worden von jener alten ÖVP, bezüglich derer Sie den Menschen im letzten Wahlkampf versprochen ha­ben, dass Sie sie überwunden haben (Abg. Hofinger: Das stimmt ja gar nicht! Das stimmt nicht!), dass Sie sie hinter sich gelassen haben und dass Sie sie mit Ihrer groß inszenierten Generalvollmacht kontrollieren. – Nichts davon ist wahr, meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Treiben kann man nur denjenigen, der sich treiben lässt, und Sebastian Kurz hat sich treiben lassen. Sie sind am Scheideweg gestanden: da das Regierungsprojekt, das Ihnen angeblich wichtig und teuer gewesen ist, dort die Machtinteressen, insbesondere


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 38

der ÖVP Niederösterreich (Heiterkeit bei der ÖVP); wobei ich mich frage, wo die große Problematik liegt, wenn andere politische Kräfte als jene, die aus Niederösterreich kommen, in dieses Innenressort vielleicht einmal einen Einblick nehmen. Diese Frage halte ich für unglaublich spannend und für unglaublich aufklärenswert. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir Freiheitlichen haben uns für das Regieren entschieden. Wir haben uns für die Wei­terarbeit im Interesse der Bevölkerung entschieden, weil wir wissen, dass die Men­schen diese Regierungsarbeit geschätzt haben (Zwischenruf des Abg. Wöginger) und dass niemand diese Neuwahlen will, da sie nur Geld kosten und in Wahrheit nicht not­wendig sind.

Sie haben sich für etwas anderes entschieden. Sie haben, getrieben von anderen, Herr Bundeskanzler – ich weiß nicht, ob ich Ihnen das zugutehalten soll oder ob ich Ihnen das vorwerfen soll; beides kann man tun, beides wäre zulässig –, in diesen Stunden nach der Macht gegriffen, inklusive der Möglichkeiten des Verschleierns, des Verhin­derns und möglicherweise auch (Abg. Zarits: Das ist eine Unterstellung!) des Zude­ckens – im Interesse der alten ÖVP, nicht im Interesse der österreichischen Bevölke­rung! (Beifall bei der FPÖ.)

Und, Herr Bundeskanzler, Sie haben gedacht, die Freiheitliche Partei wird einknicken. Sie haben gedacht, dieses Spiel wird aufgehen und wir lassen uns mit irgendetwas ab­speisen, damit Sie weitermachen können und dieses Problem erledigt haben. – Da ha­ben Sie uns unterschätzt.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte um den Schlusssatz.


Abgeordneter Herbert Kickl (fortsetzend): Da haben Sie uns wirklich unterschätzt, denn wir sind bei diesem Regierungsprojekt angetreten, um genau diese alte Form der Politik zu überwinden, die Sie jetzt wieder beleben. Niederösterreich hat das Komman­do übernommen. (Beifall bei der FPÖ. – Heiterkeit bei der ÖVP.)

Es ist ein mehrfacher - -


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte um den Schlusssatz, Herr Abgeordneter!


Abgeordneter Herbert Kickl (fortsetzend): Es ist ein mehrfacher Vertrauensbruch, den wir hier erleben. (Abg. Wöginger: Waldhäusl ...!)

Herr Bundeskanzler, ich verwende jetzt Ihre eigene Diktion: Dieser Griff nach der Macht ist widerlich, das geht sich für uns nicht mehr aus. – Und auch darüber werden die Wählerinnen und Wähler im September entscheiden. (Anhaltender Beifall bei der FPÖ.)

14.12


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Klubobfrau Meinl-Reisinger. – Bitte.


14.12.19

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuschauer! Jetzt ein bisschen weniger Emotion, viel­leicht ein bisschen mehr Sachlichkeit und kühlen Kopf! Es ist zweifelsohne die turbu­lenteste Zeit der österreichischen Innenpolitik, die nicht nur ich, sondern wahrscheinlich alle erlebt haben, und es ist höchst bedauerlich, welches Bild wir als Österreich im Ausland, aber auch als Politik gegenüber den Menschen abgeben. Die Verunsicherung und vor allem der Vertrauensverlust bei den Menschen, der vor allem natürlich mit den Bildern in dem Video, das wir gesehen haben, einhergegangen ist, sind sehr, sehr schwer wiedergutzumachen. Wir alle miteinander haben dafür Sorge zu tragen, dass


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 39

wir beweisen und sicherstellen, dass klar ist, dass wir nicht so sind. (Beifall bei den NEOS.)

Wir haben davor gewarnt, dass mit den Populisten kein Staat zu machen ist, und wir haben auch davor gewarnt, dass die Nähe der FPÖ zu Russland auch dubiose Bezie­hungen beinhaltet. Wir haben noch am Tag vor der Veröffentlichung des Videos Sie, Herr Bundeskanzler, gefragt, ob Österreich über die nötig scharfen Parteienfinanzie­rungsgesetze verfügt, sodass wir ausschließen können, dass über dubiose Kanäle, über möglicherweise illegale Kanäle Parteien finanziert werden. Und Sie haben uns ab­geschasselt, Sie haben gemeint, wir sind eines der transparentesten Länder. – Recht haben wir gehabt! Und wissen Sie was? – Ich bedaure, dass wir recht gehabt haben. Wie recht wir gehabt haben, haben wir im Video gesehen: Da ist eine Partei, die bereit ist, für den Griff zur Macht die Interessen Österreichs, die Schätze Österreichs, das Wasser, zu verraten und zu verkaufen – für Macht, für Einfluss und aus Gier. (Zwi­schenruf bei JETZT.)

Das ist eine besondere Kategorie, die wir da gesehen haben, für die ich mich sehr schäme. Aber, und das möchte ich auch sagen – ein historischer Moment, ich nehme die FPÖ in Schutz –, das, was wir in dem Video auch gesehen haben, diese Bereit­schaft, dass man über Vereine finanziert, dass man sagt: Na ja, da können wir schon irgendetwas machen, wenn wir an der Macht sind!, dass man auch zumindest versucht, über Medien Einfluss zu bekommen, das ist ja nicht neu, das ist ja ein Biotop in der österreichischen Politik, das wir über Jahrzehnte gesehen haben; in dem Video natürlich besonders in einer Form, die möglicherweise auch strafrechtlich relevant ist. Aber dass die Kultur der Intransparenz, der Freunderlwirtschaft, der Postenvergaben an Freunde, der Auftragsvergaben an Freunde, der – sagen wir einmal – etwas ver­strickten Parteienfinanzierung – sodass wir nicht wirklich offenlegen müssen, wie es ist – gepflegt wurde, und zwar über Jahrzehnte von SPÖ und ÖVP zur Perfektion kulti­viert wurde, das wissen die Menschen in unserem Land auch. (Beifall bei den NEOS.)

Deshalb habe ich klar gesagt: Wenn wir eine Lehre daraus ziehen, dann die, dass die­se Krise eine Chance ist, jetzt endlich ein für alle Mal mit diesem Sumpf aufzuräumen. Macht macht anfällig für Machtmissbrauch, und niemand ist davor gefeit, das sage ich auch. Das heißt, wir müssen alle miteinander dafür Sorge tragen, dass es Politiker gibt, die freiwillig ihre Macht beschränken, die sich freiwillig einer umfangreichen Kontrolle unterwerfen und die freiwillig den Weg der größtmöglichen Transparenz gehen, denn nur dann können die Menschen in Österreich sicher sein, dass die Politikerinnen und Politiker, die sie vertreten, ausschließlich die Interessen dieser Menschen und von niemandem sonst vertreten. (Beifall bei den NEOS sowie der Abgeordneten Rädler und Zadić.)

Ja, das türkis-blaue Experiment ist gescheitert. Sie stehen auf dem Scherbenhaufen dieses Projekts, das – und das ist, glaube ich, kein Geheimnis – wir in vielerlei Hinsicht aus tiefer Überzeugung abgelehnt haben; inhaltlicher Natur, personeller Natur und auch struktureller Natur. Wir sind nicht der Meinung gewesen, dass der Weg, den Sie in den letzten Monaten beschritten haben, der beste Weg für Österreich ist. Es waren sehr viele Luftblasen, sehr viel Schaumschlägerei, kaum die Reformen, die wir wirklich eingemahnt haben, und wir hatten große Sorge um die Errungenschaften der liberalen Demokratie in unserem Land.

Es war ein Fehler, die Rechtspopulisten an die Schalthebel der Macht zu lassen. Ich glaube, auch das hat man gesehen. Und da ich gerade vorhin gehört habe, es sei das Wiederergreifen der Macht: Es war ein Fehler, der FPÖ alle Schalthebel im Bereich der Sicherheitspolitik in die Hand zu geben. Das ist wohl wirklich jedem sonnenklar.

Ich bin allerdings auch etwas überrascht, Herr Kollege Kickl, dass die Bewertung der Person Sebastian Kurz vom Messias zum Leibhaftigen in so wenigen Sekunden von-


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 40

stattengehen kann. Das ist ja wirklich ein Rosenkrieg der Sonderklasse, der auch sehr unglaubwürdig ist.

Herr Bundeskanzler! Ich bin der Meinung und sehr viele Menschen in Österreich waren über die letzten Monate der Meinung, dass rote Linien viel früher hätten gezogen wer­den müssen. Rote Linien erst dann zu ziehen, wenn das Strafrecht da hineinfährt, ist zu spät. Der moralische Verfall findet viel früher statt oder – um einen Richter dieser Republik zu zitieren –: Nicht alles, was stinkt, ist strafrechtlich relevant! Daher ist unse­rer Meinung nach auch nach dem Auftauchen dieses Videos klar gewesen, dass an Neuwahlen kein Weg vorbeiführt.

Was soll bis dahin passieren? – Meines Erachtens alles, damit wir das Vertrauen der Menschen in die Politik wiedererlangen. Ich habe auch klar gesagt – und man kann sich ja nicht aussuchen, von welcher Seite Lob kommt, aber es ist keine Anregung ge­wesen und auch kein Wunsch, sondern eine Forderung –, dass diese Regierung eine Verwaltungsregierung sein soll, dass jetzt keine wesentlichen Gesetze auf den Weg gebracht werden, die nicht vielleicht noch bis nach der Wahl Aufschub haben könnten. Es ist im Übrigen auch eine Forderung an dieses Haus, dass wir uns selbst verpflich­ten, nicht wieder im freien Spiel der Kräfte teure Wahlzuckerl zu verteilen – wir haben das eh nie gemacht, Sie müssen sich an der Nase nehmen –, an denen sich die Steu­erzahlerinnen und Steuerzahler am Ende verschlucken. Daher habe ich auch vorge­schlagen, dass wir diesen Pakt für Verantwortung alle gemeinsam unterzeichnen, denn das ist auch verantwortungsvoll für die nächste Zeit.

Ich habe damit schon klar gesagt, was ich von Ihnen als Regierung, als Kanzler und übrigens auch als ÖVP-Parteichef erwarte. Ich nehme Sie beim Wort, wenn Sie sagen: umfangreiche Aufklärung. Da will ich Sie auch gar nicht aus der Verantwortung lassen, da will ich Ihnen als Parlament ein enges Korsett geben, damit wir jetzt endlich den Sumpf aufräumen. Ich will Ihnen auch als ÖVP-Parteichef ein enges Korsett geben, sodass Sie endlich offenlegen, wer die 13 Millionen Euro des Nationalratswahl­kampfs 2017 finanziert hat. Ich will Ihnen auch ein enges Korsett geben, damit wir hier endlich miteinander beschließen, dass es bei illegaler Parteienfinanzierung klare straf­rechtliche Sanktionen gibt. Und ich will Ihnen auch ein enges Korsett geben, dass Sie das Amt des Bundeskanzlers und der Minister und Ministerinnen in den Ministerien nicht für Wahlkampf missbrauchen.

Das alles können wir tun als Parlament, und das ist unsere Aufgabe als Parlament – und dieser Aufgabe wollen wir als NEOS in den nächsten Monaten nachkommen. (Bei­fall bei den NEOS.)

Das ist eine Aufforderung: Tun wir das jetzt! Beschließen wir jetzt, dass es keine Par­teiwerbung oder parteitaktisch gefärbte Werbung mehr aus den Ministerien, von den Ministern gibt! Wenn wir miteinander für die Zukunft ausschließen wollen, dass ein Bundeskanzler das Parkett für Wahlwerbung nutzen kann, dann wäre das ein richtiger Schritt für die Zukunft. Im Übrigen hat mir das auch in der Vergangenheit nicht gefallen, und da habe ich es auch immer wieder gesehen.

Mir war letzte Woche klar, dass ich daran glaube, dass jetzt Parteitaktik tatsächlich kei­nen Raum einnehmen sollte. Es gibt in dieser Republik tendenziell zu viel Taktiererei und parteipolitische Spielchen als zu wenig. Was es jetzt von uns allen braucht, ist ein Verantwortungsbewusstsein für die Menschen und ein Verantwortungsbewusstsein für die Republik.

Die Österreicherinnen und Österreicher werden im September zu der Frage: Wer soll den Kurs unseres Landes weiter bestimmen?, zu Wort kommen. In den kommenden Monaten erwarte ich nichts anderes als eine Verwaltungsregierung, die sozusagen das Nötigste auf den Weg bringt, aber ich erwarte mir auch, dass wir Druck aufbauen, dass


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 41

wir endlich diese Chance nutzen, zu einer neuen politischen Kultur in diesem Land zu kommen, zu einer Kultur der Transparenz, zu einer Kultur der Sauberkeit, zu einer Kul­tur, die Kontrolle sucht und nicht umgeht, zu einer Kultur, die ausschließt, dass wir die Interessen von Spenderinnen und Spendern anstatt die Interessen der Österreicherin­nen und Österreicher vertreten.

Das ist unser Auftrag für die nächsten Monate. Das ist das, was wir den Menschen in unserem Land schuldig sind, und das ist auch das, was Bundespräsident Van der Bel­len gemeint hat – im Übrigen in Richtung aller Parteien, auch in Richtung ÖVP –, als er gesagt hat, dass es jetzt darum geht, Verantwortung für das Land zu übernehmen, damit wir sagen können: So sind wir nicht, wir Österreicherinnen und Österreicher, so sind wir aber auch nicht als Politikerinnen und Politiker! – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Dönmez.)

14.22


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Noll. – Bitte.


14.22.31

Abgeordneter Dr. Alfred J. Noll (JETZT): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr verehrte Mitglieder der Bundesregierung! Herr Bundeskanzler! Welch Freude, dass ich die Her­ren Kickl und Hofer jetzt auf dieser Seite (in Richtung FPÖ-Sitzreihen weisend) und nicht neben mir (in Richtung Regierungsbank weisend) sitzen sehe – das zunächst ein­mal vorweg –, aber wir haben ein anderes Thema.

Herr Bundeskanzler, Sie haben Ende Jänner 2017 – die Zeitungen stammen vom 30. Jän­ner 2017, meinem Geburtstag (Abg. Rosenkranz: Gratuliere!), darum habe ich es na­türlich mit besonderer Aufmerksamkeit gelesen – ein Regierungsprogramm unter­schrieben. Sie haben damals bezeugt, dass Sie sich an dieses Programm halten wer­den, Sie haben sich mit dem Ziel einer gemeinsamen Regierungsarbeit verpflichtet, selbst verpflichtet. Ungeachtet Ihrer Selbstverpflichtung haben Sie dann die Koalition mit der SPÖ aufgekündigt und so 2017 vorgezogene Neuwahlen erzwungen. Ganz nüchtern betrachtet – und da kommt wahrscheinlich der Rechtsanwalt in mir durch –: Ihre Unterschrift war nichts wert. Sie haben Ihren Partner damals in die Irre geführt, und vielleicht haben Sie ihn sogar politisch betrogen.

Mitte Dezember 2017 haben Sie sich mit der FPÖ auf ein Regierungsübereinkommen geeinigt. Wiederum haben Sie damit bezeugt, dass Sie sich an dieses gemeinsame Programm halten werden, denn wozu sonst unterschreibt man und macht etwas aus. Sie haben versprochen, dass Sie sich mit dem Ziel einer gemeinsamen Arbeit selbst verpflichten. Ungeachtet Ihrer Selbstverpflichtung haben Sie dann vor nicht einmal zwei Wochen die Koalition mit der FPÖ aufgekündigt und so erneut vorgezogene Neu­wahlen 2019 oder auch später – wir werden ja noch sehen – erzwungen. Wiederum ganz nüchtern betrachtet: Schon wieder war Ihre Unterschrift nichts wert.

Da ich einer der wenigen wirklich Konservativen hier im Haus bin (Heiterkeit bei ÖVP und FPÖ – Zwischenruf bei der ÖVP), muss ich Ihnen sagen: Ein Bundeskanzler der Republik Österreich, dessen Unterschrift sich binnen zwei Jahren zweimal als völlig wertlos erweist, ist vertrauensunwürdig! (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ.) Er provoziert bei wohlwollender Betrachtung entweder den Verdacht, generell politisch geschäftsunfähig zu sein oder es im Bereich politischer Gewerbsmäßigkeit da­rauf abzusehen, seinen jeweiligen Partner durch seine Unterschrift täuschen bezie­hungsweise betrügen zu wollen. – Ich empfinde das als schändlich. Das widerspricht allen Vorstellungen von Treu und Glauben. Es ist entweder Zeugnis eines überaus zweifelhaften Charakters oder es ist Ausdruck eines ausschließlich auf eigene Macht­erweiterung zielenden politischen Raubrittertums.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 42

Die von der „Neuen Zürcher Zeitung“ am vergangenen Wochenende für Sie gefundene Bezeichnung eines Sprengmeisters ist sachlich berechtigt. Diese treffende Bezeich­nung zielt aber nur auf die Tatsächlichkeit Ihres Handelns. Lässt man nämlich Revue passieren, was Sie in den letzten beiden Jahren staatspolitisch gemacht haben, dann zeigt sich, Sie sind ein gegenüber sich selbst unkritischer Verräter an den von Ihnen selbst eingegangenen Verpflichtungen und Überzeugungen. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Sie haben damit den Beweis erbracht, dass Ihre Unterschriften nichts wert sind, und Sie haben gezeigt, dass Ihre Zusagen unglaubwürdig sind. Sie haben demons­triert, dass Ihre bezeugten Selbstverpflichtungen nur taktische Sprossen auf Ihrer ego­zentrischen Karriereleiter sind.

Damit – das ist meine Ansicht – darf ein österreichischer Bundeskanzler nicht durch­kommen, wenn die Rede von politischem Anstand, persönlichem Charakter und staats­relevanter Vertragstreue für Politiker in Zukunft noch irgendeine Bedeutung haben soll. Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten Dr. Noll, Dr. Pilz und die weiteren Abgeordneten von JETZT folgenden Antrag (Zwischenruf bei der ÖVP):

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Alfred J. NolI, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundeskanzler“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Dem Bundeskanzler wird im Sinne des Art. 74 Abs. 1 B-VG durch ausdrückliche Ent­schließung des Nationalrates das Vertrauen versagt.“

*****

So, das war die Pflicht.

Jetzt wird es etwas holprig, weil es wirklich kompliziert ist. Was ich von der FPÖ poli­tisch halte, muss ich dem Hohen Haus, so meine ich, nicht weiter darlegen, Sie alle wissen es. Für mich ist der vormalige FPÖ-Chef ein Rechtsradikaler, ein Xenophober, ein politisch-genetisch seit jeher Korruptionsanfälliger und deshalb mit allen demokra­tisch-rechtlichen Mitteln zu bekämpfender politischer Gegner. Strache und Gudenus haben uns aber durch das Ibizavideo die Evidenz für etwas geliefert, was wir alle – und gerade auch die ÖVP – seit jeher schon über Strache und Gudenus wussten. Bis hi­nein in die abstrusen Gedankenspiele Ihres vormals höchsten Funktionärs zeigt sich im Ibizavideo eine antidemokratische, realitätsuntüchtige und auch regierungsuntaugliche Gesinnung. Dennoch – so viel nämlich jetzt dann zu meinem Konservativismus –: Auch gegenüber der FPÖ muss gelten, was gegenüber allen anderen gelten muss: Ein Handschlag verpflichtet! Die Vertreter der FPÖ hier im Haus, meine ich, werden mir beipflichten, dass ich selbst ungeachtet politischer Abgründe, die uns trennen, stets das Gespräch gesucht und nach persönlicher Verbindlichkeit getrachtet habe. Und ich meine mit ganz pathetischer republikanischer Inbrunst: Wer sich wie der Herr Bundes­kanzler gegenüber der FPÖ verpflichtet, ist zur Vertragstreue auch gegenüber der FPÖ verpflichtet.

Nun, das Ibizavideo gäbe durchaus einen sachlichen Anlass, von der einmal eingegan­genen Verpflichtung zurücktreten zu wollen. Die Besonderheit der Sache liegt – und das ist das Holprige und etwas Komplizierte an der Sache – darin, dass die FPÖ nach 17, 18 Monaten völlig zu Recht davon ausgehen durfte, dass der Rücktritt von Strache und Gudenus die ausreichende Basis dafür abgibt, die Regierungsarbeit fortzusetzen. Sebastian Kurz hat bei allen sogenannten Einzelfällen zwar gelegentliche Nöte gehabt,


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 43

seine Peristaltik zu kontrollieren, er hat aber niemals seinen Zweifel daran gelassen, dass er die ach so erfolgreiche Regierungsarbeit mit dieser FPÖ fortsetzen will.

Sebastian Kurz hat geschwiegen, nicht weil er sich beherrscht hat, er hat geschwiegen, weil für ihn diese Einzelfälle eben keine Überraschung waren und weil er immer schon darum wusste, mit wem er es zu tun hat. Anders gesagt: Kurz darf gegenüber der FPÖ jetzt nicht geltend machen, was er immer schon über die FPÖ wusste oder zumindest gewusst haben musste. (Beifall bei JETZT.)

Ich persönlich vermag dieser mangelnden Fairness gegenüber einem demokratisch gewählten Regierungspartner auch dann nicht die Absolution zu erteilen, wenn es die FPÖ trifft, eine Partei, die ich lieber hinter dem Mond als auf der Regierungsbank se­hen würde, denn diese Form mangelnder Treue zu einer freiwillig eingegangenen Ver­pflichtung widerspricht meines Erachtens dem höchsten Gebot zivilisierter Bürgerlich­keit: pacta sunt servanda. Was der Bundeskanzler getan hat, zeugt davon, dass er ei­nen Anlass zum Vorwand genommen hat, um das zu tun, was er immer schon vorhat­te: auch diesen Partner, wie schon zuvor die SPÖ, hineinzulegen und abzuservieren.

In meiner ersten Rede hier im Hohen Haus habe ich die FPÖ als die größten Verlierer gekennzeichnet. Heute wissen Sie, meine Damen und Herren von der FPÖ – die Sie mich damals allesamt ausgelacht haben –, warum ich Sie so gekennzeichnet habe. Sie haben sich von Sebastian Kurz täuschen lassen und sich für seine egomanischen Ziele unumschränkter Führerschaft instrumentalisieren lassen. (Ruf bei der ÖVP: Unglaub­lich! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wer Bundeskanzler Kurz noch traut, der soll ihm das Vertrauen aussprechen, so wie die NEOS das heute machen werden. (Abg. Ofenauer: Wir auch!) Ich kann ihm nicht vertrauen und werde ihm deshalb mein Vertrauen versagen. – Danke. (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Ofenauer.)

14.31

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Alfred Noll, Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundeskanzler

eingebracht im Zuge der Debatte über die Dringliche Anfrage in der 78. Sitzung des Nationalrates, XXVI. GP, am 27. Mai 2019.

Begründung

In den letzten beiden Jahren hat Sebastian Kurz zwei Bundesregierungen zum Schei­tern gebracht: als Außenminister eine Regierung mit der SPÖ und jetzt als Bundes­kanzler eine Regierung mit der FPÖ.

Zunehmend entsteht der Eindruck, dass dieses Scheitern kein Zufall ist. Es geht Kanzler Kurz nicht darum, eine bestimmte Partei und eine bestimmte Politik von der Regierungsverantwortung auszuschließen. Es geht ihm offensichtlich vor allem darum, die eigene Macht auszubauen.

Stabilität kann in der aktuellen Situation wohl kein Wahlkampfkabinett Kurz, sondern nur eine Regierung, die ausschließlich aus parteiunabhängigen Expertinnen und Ex­perten besteht, schaffen. Die Versagung des Vertrauens in Bundeskanzler Kurz durch den Nationalrat ist eine Voraussetzung, damit der Bundespräsident diese parteifreie


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 44

Regierung bis zur Bildung einer neuen Bundesregierung nach der Nationalratswahl einsetzen kann.

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Dem Bundeskanzler wird im Sinne des Art. 74 Abs. 1 B-VG durch ausdrückliche Ent­schließung des Nationalrates das Vertrauen versagt.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, aus­reichend unterstützt und steht in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Jarolim. – Bitte. (Abg. Hammer: Das letzte Aufge­bot der SPÖ ...! – Abg. Rädler: Der letzte SPÖ-Wähler! – Abg. Jarolim – auf dem Weg zum Rednerpult –: Vielleicht fällt Ihnen ja noch etwas ein! Ich glaube, es wird dann not­wendig sein!)


14.32.15

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Damen und Herren auf der Regierungsbank! Kolleginnen und Kollegen! Vor allem auch liebe Zuseher vor den Fernsehgeräten! Kollege Noll, ich glaube, Faktizität sticht Anstand und Zivilisation. Das erleben wir gerade hier in einer dramatischen Art und Weise. Genauso haben wir er­lebt: So eine Regierung wie diese gab es in der Zweiten Republik eigentlich noch nie.

Dort, wo wir früher Frieden, Kooperation, gemeinsame Ziele, Umgang hatten – Werte, die die Zweite Republik ausgezeichnet haben –, haben wir nunmehr unbewältigte Kon­flikte, Auseinandersetzungen, Konfrontation der ultimativen Form. Da kann ich nur das eine oder andere Wort meiner Vorredner unterstreichen: Nach außen hin – und das ist vor allem, glaube ich, für die Damen und Herren vor den Fernsehgeräten interessant – wird ein salbungsvolles, nettes Gesicht gezeigt, aber dahinter – dort, wo es eigentlich tatsächlich um etwas geht – findet Machtmissbrauch statt, finden sich ultimative Ansät­ze von Interessendurchsetzung, die eigentlich erschaudern lassen. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Bedauerliche ist, dass dies nach dieser relativ kurzen Amtszeit der Regierung na­türlich noch nicht so richtig herauskommt. Meine Damen und Herren, Herr Kurz, es sind nicht wir, die Sie damit getroffen haben, es sind nicht die Vertreter der Opposition, sondern es sind die Menschen draußen auf der Straße, die wir vertreten, es ist der Mittelstand und es sind vor allem auch jene, die nicht so vermögend sind. Ihnen ge­genüber sollten Sie hier Rechenschaft ablegen – und das werden Sie im Herbst auch machen. Ich bin überzeugt davon, dass das eine oder andere dann wirklich zum Vor­schein kommt. (Beifall bei der SPÖ. – Widerspruch bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, wir brauchen ja gar nicht viel herumzureden. Schauen wir es uns doch an! Es gibt das Buch von Mitterlehner. Schauen wir uns an, wie der Vor­gänger des Herrn Bundeskanzlers von ihm behandelt worden ist! (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Er ist am Boden gelegen, und es ist noch auf ihn draufgestiegen worden! Darauf brauchen Sie wirklich nicht stolz zu sein, Herr Bundeskanzler. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

Genauso ergeht es den anderen: Sie haben Begutachtungen so durchgeführt, dass sie in der Realität nicht stattgefunden haben, die Fristen wurden verkürzt, es wurde am Parlament vorbei gearbeitet. Sie wollten vor lauter Angst, dass die Unsachlichkeit Ihrer


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 45

Vorträge erkennbar wird, nicht einmal das Parlament einschalten, sondern haben jede Diskussion hier abgedreht. Das ist natürlich etwas Arges. (Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Meine Damen und Herren, zuletzt das Eurofighter-Verfahren: Zunächst ist einmal der zuständige Staatsanwalt abgezogen und das Verfahren in eine andere Staatsanwalt­schaft überstellt worden. In der anderen Staatsanwaltschaft ist der Generalsekretär aufgetreten, hat dort verlangt, dass das Verfahren verkürzt, beendet werden soll – oh­ne Kenntnis des Aktes! –, worauf die Staatsanwälte – meine Damen und Herren, das müssen Sie sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen – beim Minister eine Anzeige (Zwischenruf bei der ÖVP) gegen den Generalsekretär eingebracht haben. Meine Da­men und Herren, der macht das nicht aus Eigenem. Herr Kurz, erklären Sie uns bitte, warum es zu derartigen absurden Vorfällen gekommen ist! Das ist im Rechtsstaat in der Zweiten Republik – und auch davor – noch nie passiert. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage Ihnen eines: Das, was Sie hier von uns verlangen, funktioniert so einfach nicht. Vertrauen ist nichts, was Sie sich verdient haben. Vertrauen ist nichts, was Sie sich erarbeitet haben. Sie haben nach außen hin salbungsvoll gesprochen, nach innen haben Sie alles verhindert, machtpolitisch alles durchgesetzt – ohne irgendeine Koope­ration, die ja genau die Zweite Republik ausgezeichnet hat! Jetzt haben Sie die Sozial­partnerschaft auch noch zertrümmert – ja, super! –; ich glaube, wir werden sie dann wieder aufbauen müssen (Abg. Rädler: Sie nicht!), weil es genau das ist, wofür wir im Ausland bewundert werden – genauso wie für den sozialen Wohnbau, der sicherstellt, dass wir keine Mieten haben, die sich die jungen Leute nicht leisten können. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundeskanzler, Sie werden Folgendes zur Kenntnis nehmen müssen: Demokratie statt Egomanie! – Das ist das, was wir verlangen, und das ist das, was letztlich auch zählen wird. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Rädler.)

14.36


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Schwarz. – Bitte.


14.36.41

Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP): Werter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor allem aber werte Österreicherinnen und Österreicher! Sie sind es, an die ich mich wen­de, denn Sie erwarten sich von uns zu Recht, dass wir für dieses Land und für Ös­terreich arbeiten, für Sie arbeiten. (Beifall bei der ÖVP.)

Das haben wir auch seit unserer Angelobung im November 2017 getan. Wir haben dies mit einer türkis-blauen Koalition getan, und wir haben sehr viele positive Dinge auf den Weg gebracht. Wir haben Familien entlastet, wir haben Geringverdiener entlastet, und wir haben den kleinen und mittleren Unternehmen endlich wieder die Wertschät­zung zukommen lassen, die sie sich verdienen. (Beifall bei der ÖVP.)

Am Freitag vor einer Woche tauchen Sequenzen aus einem Video auf, die nicht nur mich, sondern Zigtausende Menschen in diesem Land fassungslos werden lassen. Ich darf Sie, Herr Kollege Kickl, schon daran erinnern, dass Sie damals, als dieses Video aufgenommen und da über verdeckte Parteispenden gesprochen wurde – nennen wir es einmal gesprochen –, Generalsekretär der FPÖ waren und sehr wohl für die Fi­nanzen verantwortlich waren. (Abg. Kickl: Das ist falsch! Das Erste stimmt, das Zweite ist falsch!) Das Einzige, was wir verlangen, ist die wirkliche Aufklärung, nämlich eine unabhängige Aufklärung all dieser Vorfälle. (Beifall bei der ÖVP.)

Ihre Argumente und die Argumente der Opposition sind für mich und auch für viele andere Österreicherinnen und Österreicher überhaupt nicht schlüssig. Wie erklären Sie


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 46

sich sonst, dass das im Grunde genommen keiner will? – 65 Prozent sprechen sich ge­gen die Abberufung dieser Bundesregierung und des Bundeskanzlers aus. Gestern gab es ein deutliches Zeichen bei der Wahl. In meinem Heimatland Burgenland gab es ein historisches Wahlergebnis: Die ÖVP verweist die SPÖ im Burgenland klar auf Platz zwei. Das ist der Wählerwillen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Dass die Liste JETZT so agiert, wie sie agiert, wundert mich jetzt nicht. Ich möchte Sie nur im Namen aller Österreicherinnen bitten, Herr Kollege Pilz – ich glaube, im Moment ist er nicht da –, wenn Sie in den Wahlkampf ziehen: Lassen Sie das Wort Moral im Zu­sammenhang mit Ihrer Person hintangestellt, denn das wäre wirklich an Absurdität nicht zu übertreffen! (Beifall bei der ÖVP.)

Zur SPÖ: Kollege Noll hat den 30. Jänner erwähnt, ich nehme an, jenen aus dem Jahr 2019. (Abg. Noll: 2017!) Da hat die SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner dem Bun­deskanzler Mutlosigkeit vorgeworfen, ich zitiere: „[...] denn ,hätten Sie nur ein bisschen Courage‘, hätte der Kanzler nicht Kickl angerufen, ‚sondern wäre direkt zum Bundes­präsidenten gegangen‘, um sich um die Entlassung des Ministers zu bemühen.“ – Misstrauensantrag gegen Kickl, „Stopp Kickl!“-Schilder der SPÖ. Kollege Noll fand Kickl als Innenminister „untragbar“. (Abg. Noll: Bis heute!)

Jetzt auf einmal steht Herr Landeshauptmann Doskozil auf und sagt – ich zitiere –, es sei politisches Kalkül, den Innenminister zu entlassen, und er fordert seine Partei auf, den Kanzler zu stürzen. – Also wie jetzt? Was will denn die SPÖ? (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bin ja nur gespannt, was nach der Nationalratswahl im September passiert. Wird sich die SPÖ mit Landeshauptmann Doskozils rot-blauem Kurs bewähren oder werden es die anderen sein, die, die seinerzeit, schon im Jahr 2017, noch in der Wahlnacht bei der FPÖ angeklopft haben, um eine Koalition herbeizuführen, oder werden es die sein, die sagen: Nie mit dieser FPÖ!?

Fakt ist, der Weg, den wir gemeinsam mit Sebastian Kurz in diesem Hohen Haus ein­geschlagen haben, ist ein guter Weg. Wir werden diesen Weg gemeinsam mit ihm, ob als Bundeskanzler oder Bundesparteiobmann, voll der Hoffnung fortsetzen, denn wir wissen, dass die Österreicherinnen und Österreicher erkennen werden, wie gut dieser Weg ist; und Gott sei Dank sind immer zuletzt die Wählerin und der Wähler am Wort. – Danke schön! (Anhaltender Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

14.40


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Klubobmann Kickl zu Wort gemeldet. – Bitte.


14.40.58

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Hohes Haus! Frau Abgeordnete Schwarz hat soeben in ihrer Rede behauptet, dass ich zur Zeit der Aufnahme des Ibizavideos Gene­ralsekretär der FPÖ gewesen und damit für die Finanzen der Partei zuständig oder ver­antwortlich gewesen wäre.

Ich berichtige tatsächlich: Laut den Statuten der FPÖ gibt es keine Finanzzuständigkeit des Generalsekretärs. (Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP.)

Vielleicht ist das in der ÖVP anders, da müssten Sie Kollegen Blümel fragen, der diese Funktion sehr, sehr lange in der ÖVP ausgeübt hat. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Hammer. – Abg. Rosenkranz: Das war eine fehlerfreie tatsächliche Berichti­gung!)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 47

14.41


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Herr Klubobmann Hofer. – Bitte.


14.41.55

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Ge­schätzte Mitglieder der Bundesregierung! Eine sehr beliebte und sehr erfolgreiche Koa­lition ist zu Ende gegangen. Ich glaube und ich behaupte: zu rasch, und ich behaupte auch: zu leichtfertig.

Es ist in dieser Zeit sehr viel gelungen. Es wurde die Schuldenpolitik beendet; es wur­den die Menschen entlastet, Familien mit dem Familienbonus unterstützt, Arbeitslosen­versicherungs- und Sozialversicherungsbeiträge gesenkt. Es sind auch Dinge offenge­blieben, wie die Frage der Erhöhung von Mindestpensionen für all jene Menschen, die eine sehr geringe Pension haben, denen wir es aber verdanken, dass wir in diesem Land ohne große Sorgen leben dürfen – in einem Land, in dem es alles gibt, was Men­schen brauchen: eine gute Ausbildung, eine intakte Umwelt, eine gesunde Wirtschaft und ein gutes Bildungssystem. All das verdanken wir den Generationen vor uns. (Bei­fall bei der FPÖ.)

Diese Bundesregierung hat sich auch um mehr Sicherheit bemüht: eine Personaloffen­sive, damit junge Polizistinnen und Polizisten in diesem wirklich spannenden Beruf Fuß fassen können; Maßnahmen gegen die illegale Migration; auch die Nachfolge für sehr, sehr alte Hubschraubermodelle beim Bundesheer. Wenn Militärs aus dem Ausland in Österreich zu Besuch waren und die Alouette gesehen haben, haben die geglaubt, das sind Ausstellungsstücke. Die waren dann sehr verwundert, dass Menschen eingestie­gen und weggeflogen sind. Auch die Nachfolge der Saab 105, die jetzt angestanden wäre, ist noch offen. Es ist ein Flugzeug, das 50 Jahre alt ist. Bedenken Sie, welche Fahr­zeuge man vor 50 Jahren noch gefahren ist!

Offengeblieben ist auch die Frage der Finanzierung des Bundesheers. Auch der Bun­despräsident hat immer wieder betont, dass unser Bundesheer die nötigen finanziellen Mittel benötigt, damit es den verfassungsmäßigen Auftrag erfüllen kann. – Auch dieser Punkt ist noch offengeblieben.

Wenn ich mir mein Ministerium ansehe, dann ist vieles passiert: Schwerpunkt For­schung: Dekarbonisierung, autonomes Fahren; die Donauinitiative, um die Probleme, die wir dort mit der Verschmutzung der Donau haben, in den Griff zu bekommen; die Entbürokratisierung in der Luftfahrt; die 13,9 Milliarden Euro, die in nur fünf Jahren in die Schieneninfrastruktur investiert werden; die 700 Millionen Euro, die jährlich in den Personenverkehr, und die 100 Millionen Euro, die in den Güterverkehr investiert werden.

Offengeblieben ist mein Hauptprojekt – und das tut mir sehr, sehr leid –, nämlich die Nahverkehrsmilliarde. Mit dieser Nahverkehrsmilliarde wäre es gelungen, auch in an­deren größeren Städten in Österreich, die ähnliche Probleme wie Wien haben, den öf­fentlichen Verkehr massiv zu unterstützen. Dieses Projekt steht jetzt ebenfalls.

Unerreicht geblieben ist auch das Ziel, den Transit durch Österreich teurer zu machen, es für überladene Lkws schwieriger zu machen, die Grenzen zu queren. Geplant war, unmittelbar nach der Grenze eine automatische Gewichtsmessung durch Sensoren im Boden durchzuführen – die Technik ist vorhanden –; wir hätten damit viel mehr Lkws auf die RoLa, die Rollende Landstraße, gebracht.

Es gab auch Gespräche zur NoVA, um die Menschen auch bei der NoVA deutlich zu entlasten, sowie zur Frage, ob man nicht auch jene, die sehr alte Fahrzeuge haben, welche die Umwelt sehr stark belasten, finanziell unterstützt, damit sie auf Fahrzeuge umsteigen können, die weniger umweltbelastend sind, weniger verbrauchen und damit auch geringere Betriebskosten haben.

Offengeblieben ist auch ein Projekt, das gegen Ende der Regierungsperiode einge­plant war, nämlich ein Modell der direkten Demokratie, sodass erstmals Bürger und


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 48

Bürgerinnen aus eigener Kraft heraus in der Lage gewesen wären, verbindliche Volks­abstimmungen in die Wege zu leiten. Das wäre ein völlig neuer Zugang gewesen. Frei­lich konnten wir uns in den Regierungsverhandlungen nicht darauf einigen, dass alles abgefragt werden kann, aber es wäre ein erster Schritt gewesen, ganz bestimmte Din­ge auch direkt aus der Bewegung der Bürger heraus umsetzen zu können.

Ich glaube daher, dass wir dieses Projekt zu leichtfertig aufs Spiel gesetzt haben.

Gabi Schwarz war vorher am Rednerpult, daher ein Blick ins Burgenland: Auch dort hat die ÖVP nach dem Video von Ibiza, dessen Inhalt natürlich nicht entschuldbar ist, be­tont: Keine Koalition mit der FPÖ! – Ich kann aus meiner eigenen Erfahrung als Mi­nister aber sagen, ich habe niemals Einfluss auf Bauaufträge genommen. Das käme für mich absolut nicht infrage, und das würden sich auch die ÖBB und die Asfinag nicht gefallen lassen. Seien Sie versichert! Wir haben an der Spitze der ÖBB eine hervorra­gende Persönlichkeit, und auch die Asfinag ist hervorragend geführt.

Nach diesen Ereignissen hat eben auch die ÖVP im Burgenland gesagt: Keine Koali­tion mit der FPÖ! Die SPÖ hat aber die Koalition nicht aufgekündigt. Ich behaupte, es ist in einer Koalition ähnlich wie in einer Freundschaft im Leben, in der vielleicht ein Freund, ein Partner etwas tut, das unentschuldbar ist, wozu man im ersten Augenblick sagt: Das ist mit unserer Partnerschaft, mit unserer Freundschaft nicht vereinbar. – Wenn man es dann doch schafft, eine schwierige Zeit zu überstehen, dann funktionie­ren solche Freundschaften und Partnerschaften oftmals besser als jene, die noch nie einer Krise unterworfen waren. (Beifall bei der FPÖ.)

Das Argument, dass Innenminister Kickl in dieser Funktion nicht gegen sich selbst er­mitteln kann, trifft es deswegen nicht auf den Punkt, weil in der FPÖ der Generalse­kretär keine Finanzverantwortung hat. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Auch ich, meine Da­men und Herren, war in diesem Jahr stellvertretender Bundesparteiobmann, und auch ich hatte keine Verantwortung für die Finanzen. (Ruf bei der ÖVP: Niemand!) – Nein, natürlich, der Finanzreferent hat Verantwortung für die Finanzen. Ich habe die Finan­zen aber prüfen lassen und kann Ihnen versichern, dass es keine Großspenden gege­ben hat. Wir werden auch einen Antrag einbringen, damit es künftig für alle Parteien keine Großspenden mehr gibt. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeordneten Noll und Dönmez.)

Wir wollen auch sicherstellen, dass all das, was an Personenkomitees oder Vereine geht, den für die Obergrenze relevanten Wahlkampfkosten der jeweiligen Partei zuge­rechnet wird, und zwar alle Beträge, und dass sich auch alle Parteien daran halten müssen!

Meine Damen und Herren, jetzt aber noch einmal zu dem Gedanken, dass Herbert Kickl nicht gegen sich selbst ermitteln kann. Erstens: Es gibt keine Ermittlungen! (Abg. Rosenkranz: Richtig!) Und zweitens: Denken wir doch an die Causa Innenminister Strasser zurück! Damals hatten wir auch einen Innenminister, der von der ÖVP gestellt wurde, und einen Justizminister, der ebenfalls von der ÖVP gestellt wurde, und trotz­dem wurde ordentlich ermittelt, trotzdem kann man in die Behörden und in die Justiz Vertrauen haben. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Dönmez.)

Daher glaube ich – noch einmal –, dass dieses Projekt zu leichtfertig aufgegeben wur­de. Es war eine sehr beliebte, sehr erfolgreiche Regierung, und ihre Zeit geht nun lei­der zu Ende. Heute steht ein Misstrauensantrag auf der Tagesordnung, und es ist da­rüber zu befinden und abzustimmen. Ich möchte eines betonen: Es gibt keine Krise des Staates! Wir haben eine Bundesverfassung, die sicherstellt, dass der Staat auch in schwierigen Situationen ohne Staatskrise in eine positive Zukunft blicken kann. Keine Einzelperson, keine Partei alleine kann eine Staatskrise in Österreich auslösen – und dafür bin ich den Machern der Bundesverfassung, den Autoren, sehr, sehr dankbar. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Dönmez.)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 49

Eine Regierung braucht eine Mehrheit, und darum geht es heute. Eine Regierung braucht eine Mehrheit, denn es ist vollkommen klar, dass in diesem Machtgleichge­wicht zwischen Bundesregierung, Bundespräsidenten und Parlament keine Regierung ohne eine Mehrheit im Nationalrat arbeiten kann. Auch der Bundespräsident, der seine Aufgabe in diesen Tagen sehr verantwortungsvoll wahrnimmt, kann eine Bundesregie­rung ohne Mehrheit im Parlament nicht ernennen. Das ist unmöglich, weil diese Bun­desregierung schon nach kurzer Zeit wieder davon bedroht wäre, dass sie die Mehrheit verliert. (Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.) – Daher, Frau Kollegin, funktioniert es nicht, man braucht als Regierung die Mehrheit im Haus – unbedingt! –, sonst funk­tioniert es nicht. (Abg. Meinl-Reisinger: Wenn keine Gesetze kommen!)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Schlusssatz bitte!


Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (fortsetzend): Daher darf ich den Menschen versi­chern: Bitte machen Sie sich keine Sorgen, eine Expertenregierung ist eine Regierung aus Experten, nicht aus Menschen, die von ihrem Fach nichts verstehen! – Besten Dank. (Anhaltender Beifall bei der FPÖ. – Abg. Meinl-Reisinger: Die haben auch ... Mehrheit im Parlament!)

14.52


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Griss. – Bitte.


14.52.43

Abgeordnete Dr. Irmgard Griss (NEOS): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Ge­schätzte Mitglieder der Bundesregierung! Meine Damen und Herren! Ich möchte mit ei­nem Zitat beginnen, und zwar mit einem Zitat von Egon Friedell, des großen Kulturphi­losophen, Schriftstellers, Theaterkritikers. Egon Friedell hat gesagt: „Immer ist der Vor­hang unten, nur einmal ist er oben: im Theater. Gerade dort also, wo sich nach“ land­läufiger Vorstellung „der Herrschaftsbereich der [...] Verstellung“, des Kostüms „befin­det, springt der Mensch“ wahrer, nackter, „ungeschminkter hervor als sonst irgendwo.“

Damit hat Egon Friedell gesagt, dass nicht das Theater der Ort der Verstellung ist, sondern das sogenannte wirkliche Leben. Und das Ibizavideo hat das wieder einmal gezeigt: Da war der Vorhang oben, die Videokameras waren eingeschaltet. Was wir da gesehen und gehört haben, war schockierend und demaskierend zugleich: Es war schockierend, weil man ja doch noch immer diesen alten Kinderglauben hat: Wem Gott ein Amt gibt, dem gibt er Verstand und vielleicht auch Anstand! (Beifall bei den NEOS.) Es war demaskierend, da die Maske des Saubermanns, die Maske des Kämpfers für den kleinen Mann, für die kleinen Leute, die Maske des patriotischen Österreichers gefallen ist.

Was ist unsere Reaktion darauf? – Wir können sagen: Das ist ein Einzelfall; das ist ein „narzisstischer Höhenrausch“ – so hat das Reinhard Haller genannt –, die sind ohne­dies zurückgetreten! Viele Menschen tun das und gehen zur Tagesordnung über. Ich glaube aber, dass das zu kurz greift, dass Ibiza Symptom einer Politik ist, die ganz grundsätzlich fehlgeleitet ist, einer Politik, die von Misstrauen statt Vertrauen, von Ver­achtung statt Achtung bestimmt wird, die davon bestimmt wird, dass es nicht um das Gemeinwohl geht, sondern um das Wohl der eigenen Partei.

Ibiza ist ein Weckruf, dass diese Politik ein Ende haben muss. Manche hören die Trompeten von Jericho und meinen, dass die brüchigen Fassaden unserer politischen Kultur zum Einsturz gebracht werden. Ich bin ein optimistischer Mensch, ich denke, wir können etwas tun, wir können die Politik verändern, wir können eine ehrliche, eine sau­bere, eine lösungsorientierte Politik machen.

Ehrlich ist die Politik, wenn sie den Menschen nichts vormacht, wenn sie nicht Ängste schürt und Vorurteile befeuert. Sauber ist die Politik, wenn man weiß, wer sie finan-


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 50

ziert. „Wer zahlt, schafft an!“ darf nicht das Losungswort sein. Lösungsorientiert ist eine Politik, die versucht, im Ausgleich mit anderen Lösungen für die Probleme zu finden, die akzeptiert werden, die auch nachhaltig sind und die für unser Land notwendig sind.

Wir haben es jetzt in der Hand, die Weichen für eine solche Politik zu stellen; wir ha­ben eine ganze Menge von Anträgen eingebracht. Ergreifen wir diese Chance, machen wir das, werden wir unserer Verantwortung für dieses schöne Land gerecht! Wenn wir eine solche Politik machen, müssen wir nicht ängstlich darauf bedacht sein, dass der Vorhang unten ist. – Danke. (Beifall bei den NEOS sowie der Abgeordneten Lindner, Cox und Bißmann.)

14.57


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Holzin­ger-Vogtenhuber. – Bitte.


14.57.58

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Herr Präsident! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger! Geschätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Wir sind heute mit einer eigentlich ganz simplen Frage konfrontiert, und diese lautet: Hat Sebastian Kurz unser aller Vertrauen verdient? (Ruf bei der ÖVP: Ja!) Trauen wir ihm zu, unser Land durch jene politische Krise zu führen, in die uns seine Regierung gestürzt hat? Meinen wir, dass eine Allein­regierung Kurz das Verbindende vor das Trennende stellt? Glauben wir, dass für Bun­deskanzler Kurz das Wohl der Republik Österreich vor dem Wohl der türkisen Partei steht? (Ruf bei der ÖVP: Ja!)

Ich habe meine berechtigten Zweifel, aber lassen Sie uns gemeinsam einen kleinen Rückblick wagen: Mitte Mai 2017 stürzte Kurz kalkuliert und eiskalt den damaligen Par­teiobmann und Vizekanzler dieser Republik. Von einer Art staatspolitischen Verantwor­tung oder von Stabilität, vom Wohl des Staates – Schlagwörter, die heute von Ihnen, Herr Bundeskanzler, mehrfach bemüht worden sind – war damals in keinster Weise die Rede. Sie sind damals auch nicht der Grund gewesen, um Sie in irgendeiner Art und Weise zu bremsen. Weder dachten Sie damals daran, die Funktion des Vizekanz­lers zu übernehmen, noch daran, die Koalition aufrechtzuerhalten. Sebastian Kurz woll­te damals ganz nach oben – und das möglichst schnell. Das alles ist übrigens in einem Buch mit dem bezeichnenden Titel „Haltung“ nachzulesen.

Was kam dann? – Nicht nur einer der schmutzigsten Wahlkämpfe der Zweiten Repu­blik (Zwischenruf des Abg. Hörl), nein, wohl auch einer der teuersten. Statt maximal 7 Millionen Euro gemäß Wahlkampfkostenbeschränkung wurden von der Kurz-ÖVP 13 Millionen Euro ausgegeben – beinahe das Doppelte des gesetzlich Erlaubten. Die zu erwartende Strafe hat man einfach einkalkuliert.

Was aber ist das anderes als vermittelter Stimmenkauf? Und was bedeutet es, wenn Personen und Parteien sich auf eine derartige Vorgehensweise verständigen? (Zwi­schenruf der Abg. Steinacker.) Was bedeutet das für die Gesetze in diesem Land, die da gezielt von einer Partei gebrochen werden, nur um sich einen eigenen Vorteil zu verschaffen? (Beifall bei JETZT.) In der Privatwirtschaft würde das als Wettbewerbs­verzerrung gelten, und Sie erwarten von der Bevölkerung, dass sie ein derartiges Ver­halten einfach duldet. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Es geht aber noch weiter: Herr Bundeskanzler, in absoluter Herrlichkeit haben Sie in den letzten eineinhalb Jahren Ihre Regierungsarbeit am Parlament vorbeigeführt. An­statt in parlamentarische Debatten zu gehen, anstatt Interessenorganisationen, die So­zialpartner einzubinden, anstatt Reformvorhaben auf eine breite Basis des Kompromis­ses zu stellen, haben Sie mit Ihrer Fraktion Geschäftsordnungstricks genutzt, um De­batten hier in diesem Hohen Haus möglichst kleinzuhalten, Stichwort 12-Stunden-Tag. (Zwischenruf des Abg. Hörl.)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 51

Dann hat Sebastian Kurz am Ende des Tages, beinahe auf den Tag genau zwei Jahre nach dem Sprengen der ersten Regierung, auch noch die zweite in die Luft gejagt; dies aber nicht, wie viele glauben könnten, weil es moralisch mit der Freiheitlichen Partei nicht mehr gehen würde, sondern weil er ihre Schwäche ausnutzen wollte, um sich die alleinige Macht in der Koalition zu sichern, um die Schlüsselressorts dieser Republik in seine Hände zu bekommen und unangenehme Einblicke in schwarz-türkise Netzwerke zu verunmöglichen. (Zwischenruf der Abg. Winzig.) Die Freiheitlichen haben diesen Plan durchkreuzt, und was wir heute sehen, ist totale und uneingeschränkte Macht, die hier vor uns sitzt, totale und uneingeschränkte Macht in den Händen des Sprengmeis­ters dieser Republik.

Ganz zu guter Letzt möchte ich noch folgende Frage aufwerfen: Welche Rolle haben Sebastian Kurz und die ÖVP im Zusammenhang mit dem Ibizavideo gespielt (Abg. Wöginger: Um Gottes willen! Versündig dich nicht! – Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP), und wann hat Bundeskanzler Kurz wirklich von diesem Video erfahren? Wir kennen die Antworten darauf nicht, aber ein gesundes Misstrauen (weitere Zwischen­rufe bei der ÖVP) – sehr verehrte KollegInnen, regen Sie sich nicht auf, kommen Sie heraus und halten Sie Ihre Rede! – gegenüber dem Bundeskanzler und seiner ÖVP-Al­leinregierung ist allemal angebracht. – Vielen Dank. (Beifall bei JETZT. – Abg. Wögin­ger: Die dritte Partei, oder? Es ist wie ein Regenbogen bald, deine Parteizugehörigkeiten!)

15.03


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Martin Engel­berg zu Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.


15.03.23

Abgeordneter Mag. Martin Engelberg (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Kolleginnen und Kollegen! Zuschauerinnen und Zuschauer! Ich mache etwas Unkonventionelles: Ich komme ohne vorbereitete Rede hier ans Pult und lasse mich von den Eindrücken und den Emotionen dieser Debatte leiten. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

Ich sage das, was ich jetzt hier sagen möchte, von der Position aus, dass ich für mich Folgendes in Anspruch nehme: Wann immer ich an dieser Stelle gesprochen habe, ha­be ich versucht, neutral zu sein, über Parteigrenzen hinweg zu denken und mich auch auszusprechen. Mitunter wurde ich in meinem eigenen Klub gefragt, warum ich das oder jenes eigentlich gesagt habe. Von dieser Position aus und nachdem ich diese De­batte sehr genau mitverfolgt habe – ich habe Ihre Reden wirklich in Betracht gezogen und mir die Argumente angehört –, sage ich, wie der Lateiner so schön sagt, sine ira et studio: Ihr Misstrauensantrag ist völlig ungerechtfertigt. (Beifall bei der ÖVP.)

Er ist ungerechtfertigt gegenüber dem Herrn Bundeskanzler, der eigentlich, umgekehrt, gerade in den letzten Tagen bewiesen hat, wie sehr er für dieses Amt qualifiziert ist (Beifall bei der ÖVP); er ist völlig ungerechtfertigt gegenüber den Mitgliedern der Bun­desregierung, die bisher eine tadellose Arbeit geleistet haben (Beifall bei der ÖVP), und völlig unverständlich gegenüber den neuen Mitgliedern der Bundesregierung, die, kaum ein paar Tage im Amt, vollkommen über jeden Verdacht erhaben, bestens quali­fiziert für dieses Amt sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Mir fiel folgender Gedanke ein: In der jüdischen Liturgie gibt es in den Pirke Avot, das sind die Sprüche der Väter, ein Kapitel, das mit den Worten LaKol Sman – alles hat seine Zeit – anfängt. Ich habe in der Politik lernen müssen, dass es eine Zeit des Zwis­tes, des gegenseitigen Beinstellens gibt, der Trickserei – das gehört dazu, ist zwar nicht meines, aber wohl Teil der Politik. Es muss aber auch eine Zeit der Besonnenheit geben, es muss eine Zeit der Staatsräson geben, es muss eine Zeit geben, in der man über Parteigrenzen hinweg Vernunft regieren lässt – eine Haltung, wie sie unser Bun-


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 52

despräsident Van der Bellen in den letzten Tagen in wirklich hervorragender Weise bewiesen hat. Es gebührt ihm wirklich nochmals größter Respekt und Anerkennung für diese Haltung. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn diese Haltung des Bundespräsidenten noch nicht genug wäre – und ich wende mich jetzt direkt an die Kolleginnen und Kollegen, ich gehe sogar noch weiter: an die Freunde der Sozialdemokratie –, wenn das noch nicht genug wäre, dann würde ich euch bitten, zu berücksichtigen, dass jeder politische Kommentar in den letzten 24 be­ziehungsweise 48 Stunden nur Kopfschütteln für euch und für euren Misstrauensantrag übrig hat. (Beifall bei der ÖVP.) Ich glaube, ihr handelt nicht im Sinne der Demokratie; ich glaube, ihr handelt nicht im Sinne der Republik Österreich; ich glaube, dass euch die Geschichte und vor allem die Menschen in Österreich dafür zur Rechenschaft zie­hen werden. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Wöginger.)

Ich verhehle nicht, dass ich auch eine persönliche Enttäuschung empfinde. Ich bin mit einigen von euch auch persönlich befreundet. Alle die, die meine Geschichte kennen, wissen, dass ich nicht in einer Partei sozusagen groß geworden bin. Es verbindet mich auch persönlich, freundschaftlich sehr viel mit einigen KollegInnen von der Sozialde­mokratie. Daher würde ich jetzt noch einmal diesen Appell an euch richten, das noch einmal zu überdenken.

Eines ist aber sicher – und da möchte ich die Worte des Bundeskanzlers wiederho­len ‑: Wie auch immer diese Abstimmung ausgeht, wir stehen dazu. Es lebe die Demo­kratie! Es lebe die Republik Österreich! (Anhaltender Beifall bei der ÖVP.)

15.08


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Nikolaus Sche­rak zu Wort. – Bitte.


15.09.17

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Bundes­kanzler! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Ich glaube, eines der wesentli­chen Dinge, die wir in den letzten Tagen und Wochen mitbekommen haben, ist die un­fassbare Dreistigkeit der Aussagen in diesem Ibizavideo.

Ich denke, diese Unverfrorenheit, wie in diesem Video diskutiert wurde, hat uns alle er­schrocken; was mich aber noch mehr erschrocken hat, waren die Reaktionen darauf. Was wir in diesem Video gesehen haben, ist, dass der Vizekanzler beziehungsweise der mittlerweile ehemalige Vizekanzler der Republik Österreich, langjähriger Parteiob­mann der FPÖ, sich hinstellt und erklärt, wie man in Österreich Gesetze umgehen und brechen kann. Das funktioniert deswegen, weil es in Österreich ein System gibt, das leider Gottes über Jahrzehnte von ÖVP, SPÖ und FPÖ so eingeführt wurde; ein Sys­tem, das es nicht nur ermöglicht, die Regeln so einfach zu umgehen, sondern de facto auch keine Sanktionen vorsieht. (Beifall bei den NEOS.)

Das Erschreckende an diesen Aussagen war ja, wie klar er dargelegt hat, wie man das macht – ein Vizekanzler, der Teile der Republik Österreich verkaufen will, der für Geld­leistungen öffentliche Aufträge verspricht, der sagt, wie man Parteispenden mittels ille­galer Parteienfinanzierung über irgendwelche dubiosen Vereine am Rechnungshof vor­beischleusen kann! Und ich habe nicht das Gefühl, dass hier irgendjemand von ÖVP, SPÖ und FPÖ ein ernsthaftes Interesse hat, daran etwas zu ändern. Ich habe dahin gehend meiner Meinung nach bis jetzt viel zu wenig gehört. (Beifall bei den NEOS.)

Herr Bundeskanzler, es sind ja auch Sie hier in der Verantwortung, nämlich nicht nur als Bundeskanzler, sondern auch als ÖVP-Parteiobmann. Wir hören immer wieder von der ÖVP, sie sei so transparent. Das sind schöne Ankündigungen, die allerdings sehr durchschaubar sind, muss man dazusagen; denn wenn wir uns die Sache genau an-


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 53

schauen, wird uns klar, dass wir über die Wahlkampffinanzen und die Parteifinanzen der ÖVP ganz, ganz viel nicht wissen. Wir wissen bis heute nicht, woher die 13 Millio­nen Euro gekommen sind; man kann Teile nachvollziehen, aber nicht alles. Wir wissen nicht, wie der EU-Wahlkampf finanziert wurde, wie viel budgetiert wurde, wie viel aus­gegeben wurde. Wir kennen das ja, es ist ja auch bei der ÖVP nichts Neues, dass man versucht, über irgendwelche Vereine Konstruktionen zu schaffen.

Die Homepage des Herrn Bundesministers Blümel, der gerade nicht da ist, wird von einem Verein betrieben – kein Mensch weiß, wieso. Ich glaube, die Funktionäre dieses Vereins haben vor Kurzem einer Tageszeitung gegenüber gesagt, sie wissen eigentlich auch nicht, wieso es den Verein gibt, und werden sich das jetzt überlegen. Es ist also offensichtlich ein System, das hier geschaffen wurde.

Wir brauchen uns nur den EU-Wahlkampf anzuschauen: Zur Unterstützung Ihres Kan­didaten Lukas Mandl aus Niederösterreich wurde der Verein Vorzugsstimme Mandl ge­gründet. Dieser Verein hat jetzt seine Finanzen offengelegt: 40 000 Euro hat er einge­nommen. Spannend ist: Im Gesetz steht, dass man nur 15 000 Euro für seine eigene Vorzugsstimmenwahlkampagne verwenden darf und alles, was darüber ist, im Rechen­schaftsbericht der Partei ausgewiesen sein muss. (Zwischenbemerkung von Bundes­kanzler Kurz.) Ich bin sehr gespannt, ob das dann auch entsprechend drinnen steht. Es ist ein System.

Herr Bundeskanzler, es ist schön, dass Sie es dann ausweisen, aber wir erinnern uns auch noch an die 13 Millionen Euro. Generalsekretär Nehammer ist herausgegangen und hat gesagt: Wir haben da das Recht gebrochen, und das tut uns leid! – Ja, schön! Das Problem ist, dass diese Sanktionen so lächerlich gering sind, dass Sie das nach­her einfach aus der Portokasse, mit dem Steuergeld, das Sie bekommen, bezahlen. Das ist das Hauptproblem, dass es hier ein System gibt, das Sie aufgebaut haben. (Beifall bei den NEOS.) Es ist ein System, und wir wissen vieles noch gar nicht, etwa über welche anderen Vorfeldorganisationen, Bünde und Vereine, Sie sonst noch ir­gendetwas finanzieren.

Um auch gleich auf die FPÖ einzugehen: Herr – neuer – Bundesparteiobmann Hofer, als Sie in einem Interview auf die Forderung der Rechnungshofpräsidentin nach origi­nären Einsichtsrechten in die Parteifinanzen angesprochen wurden, haben Sie gesagt: Nein, das wollen wir nicht bei der FPÖ! Ich sage Ihnen etwas: Wenn jemand bei seinen eigenen Parteifinanzen nicht transparent ist und Angst vor dem Rechnungshof hat, dann hat er offensichtlich etwas zu verstecken; anders erklärt sich das gar nicht. (Bei­fall bei den NEOS.)

Wie übrigens die FPÖ tickt, und das fand ich fast noch beschämender als das Ibiza­video: Ihr ehemaliger Parteiobmann und der ehemalige Vizekanzler der Republik Ös­terreich, H.-C. Strache, hat in einem Video gesagt, dass diese Gedankenspiele keinem Politiker fremd seien. Gedankenspiele wie jene von H.-C. Strache, wie man Österreich verkauft, wie man öffentliche Aufträge als Gegenleistung für Zuwendungen vergibt, wie man Geld am Rechnungshof vorbeischleust, wie man bewusst das Gesetz missachtet und verletzt, diese Gedankenspiele sollen angeblich keinem Politiker fremd sein. Ich sage Ihnen etwas: Jedem vernünftigen Menschen in Österreich und anderswo sind sol­che Gedankenspiele fremd, und es sagt einiges über H.-C. Strache und auch über die FPÖ, wenn solche Dinge gesagt werden. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Schieder.)

Ich finde, dass es jetzt an der Zeit ist, dass es hundertprozentige Transparenz bei Par­teienfinanzen gibt. Herr Bundeskanzler, ich erwarte mir von Ihnen als ÖVP-Obmann auch, dass Sie Ihre Finanzen einmal offenlegen. Ich glaube, dass die Steuerzahlerin­nen und Steuerzahler das Recht haben, zu wissen, was mit dem Steuergeld passiert. Ich erwarte mir von allen hier im Haus vertretenen Parteien, dass es ganz logisch ist, dass es echte Einsichts- und Prüfungsrechte des Rechnungshofes in Parteifinanzen


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 54

gibt. Das ist das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, und es gibt überhaupt keinen Grund dafür, dass das weiterhin im Dunkeln sein soll.

Ich glaube, wir müssen ernsthaft darüber reden und klarstellen – und das sage ich ins­besondere in Richtung ÖVP –, dass wir alle Vorfeldorganisationen, alle Vereine, die im Umkreis einer Partei sind, in die Rechenschaftsberichte hineinnehmen, damit solche Dinge in Zukunft in keinster Art und Weise noch einmal passieren können. Wir brau­chen einen Straftatbestand illegale Parteienfinanzierung. Ich glaube wirklich, dass es jetzt an der Zeit ist, dass wir das endlich hinkriegen und damit hoffentlich wieder das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik zurückbekommen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.15


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Peter Pilz zu Wort. – Bitte. (Abg. Hörl: Oje, oje! – Weitere Oje-Rufe bei der ÖVP.)


15.15.15

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Herr Bundeskanzler! Ich sage das besonders deutlich: Herr Bundeskanzler! Werte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Danke für das ahnungsvolle und berech­tigte mehrstimmige „Oje, oje!“ aus den ÖVP-Bänken. Ich werde versuchen, diese Er­wartung nicht zu enttäuschen. Ich lese Ihnen einmal etwas vor:

„[...] diese Vermischung von öffentlichem Amt und privaten Interessen, wie sie für diesen Fall typisch zu sein scheint, ist auch ein typisches Kennzeichen feudaler Syste­me. [...] Einer demokratischen Republik ist das unwürdig! [...] Wenn jemand nicht bereit ist, die Mindest-Spielregeln einer demokratischen Republik zu beachten, dann [...] bleibt uns wohl nichts anderes übrig, als ihn zum Rücktritt aufzufordern. [...] In formaler Hinsicht stelle ich daher folgenden Antrag: [...] Der Nationalrat wolle beschließen: Dem Bundesminister [...] wird durch ausdrückliche Entschließung gemäß Artikel 74 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz das Vertrauen versagt.“

Dieser Entschließungsantrag, dieser Misstrauensantrag stammt vom 18. Juni 2003. Das war der erste Entschließungsantrag gegen das Role Model von Sebastian Kurz, nämlich Karl-Heinz Grasser. Der Abgeordnete, der diesen Entschließungsantrag einge­bracht und mit diesen Worten erklärt hat, warum er meint, dass diesem Minister das Vertrauen zu versagen ist, heißt Alexander Van der Bellen. Alexander Van der Bellen hatte 2003 gegenüber Karl-Heinz Grasser genauso recht, wie die antragstellenden Abgeordneten der SPÖ und unserer Liste heute gegenüber Sebastian Kurz recht ha­ben. (Beifall bei JETZT. – Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Winzig: ... das passt nicht zusammen!)

Es ist sehr selten, in meinen über 30 Jahren als Abgeordneter habe ich nur zwei Mal Politiker in führenden Regierungsfunktionen erlebt, die ein außerordentliches Talent mit einem außerordentlichen Ehrgeiz und einer außerordentlichen Skrupellosigkeit verbun­den haben (Hallo-Ruf bei der ÖVP – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP), und deren Handeln nur ein Ziel hatte: sie selbst und niemand anderer. – Das war Karl-Heinz Grasser und das ist Sebastian Kurz. (Abg. Winzig: Und Peter Pilz!) Beide haben größ­ten Schaden für diese Republik angerichtet (Ruf bei der ÖVP: Und Sie?), und es ist notwendig (Abg. Winzig: Sie entziehen sich ja den Ermittlungen!), nach Karl-Heinz Grasser auch Sebastian Kurz zur Verantwortung zu ziehen. (Ruf bei der ÖVP: Wer sagt das? – Weiterer Ruf bei der ÖVP: ... aus der Verantwortung ...!)

Es gibt einen großen Unterschied zwischen Grasser und Kurz. Bei Grasser ist das fi­nanzielle Interesse im Vordergrund gestanden, bei Sebastian Kurz gibt es ein ganz an­deres, alles dominierendes Interesse: das Interesse, die gesamte Macht sich und sei­ner Partei zu sichern. (Ruf bei der ÖVP: Welches Interesse haben Sie?) Das zieht sich


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 55

durch das Handeln von Sebastian Kurz als Außenminister, als Parteiobmann und jetzt als Bundeskanzler. (Abg. Haubner: Moralapostel Pilz! – Abg. Winzig: Stellen Sie sich den Ermittlungen!)

Gehen wir die Vorkommnisse der letzten Tage miteinander durch: zuerst das Ibizavi­deo – und es lohnt sich wirklich, das Ibizavideo im Detail zu studieren, weil es uns noch lange beschäftigen wird. (Abg. Haubner: Auf Wiedersehen! Ist das die Abschieds­rede?)

Ich lese Ihnen das vor, weil es fast unter Wahrheitspflicht von H.-C. Strache in Kame­ras gesagt worden ist: Ja, es gibt ein paar sehr Vermögende – Sie kennen alle diese Vermögenden, Herr Kurz –, die zahlen zwischen 500 000 und 1,5 bis 2 Millionen; die zahlen aber nicht an die Partei, sondern an einen gemeinnützigen Verein. Das musst du erklären: Verein. Du musst erklären, dass das nicht an den Rechnungshof geht. Die Spender, die wir haben, sind in der Regel Idealisten; die wollen Steuersenkungen, Steuersenkungen von Regierungen, Steuersenkungen. Gaston Glock als Beispiel, ge­nau – und so weiter –, und René Benko, der die ÖVP und uns zahlt, einer der größten Immobilienmakler Österreichs. Novomatic zahlt alle. – Zitatende.

So, und jetzt stellt sich eine weitere Frage: Warum musste nach Bekanntwerden dieses Videos nicht nur, was eine Selbstverständlichkeit ist, H.-C. Strache sein Amt zur Verfü­gung stellen, Herr Gudenus sein Mandat zur Verfügung stellen, sondern auch der In­nenminister gehen? Wären wir in der Regierung oder wären wir in irgendeiner verant­wortlichen Position gewesen, wir hätten hundert Gründe dafür gehabt, dass der Innen­minister gehen muss; aber der Bundeskanzler selbst hat ja immer wieder beteuert: Zwischen mich und Innenminister Kickl passt kein Blatt Papier, wir sind ein Herz und eine Seele (Abg. Winzig: Welches Zitat ist das? Zitieren Sie richtig!), in der Ausländer­politik, in der Einwanderungspolitik, in der Politik, die Kleinen zu verfolgen und die Gro­ßen zu schonen! (Ruf bei der ÖVP: ... peinlich! – Zwischenrufe der Abgeordneten Stein­acker und Schwarz.)

Da hat doch nichts zwischen Sie gepasst, und plötzlich muss Herbert Kickl als Innen­minister gehen. – Ich habe ja nichts dagegen, ich habe persönlich nichts dagegen, aber warum Sie das gemacht haben, das veranlasst haben, Herr Bundeskanzler, das ist eine wichtige Frage. Sie haben damit jedenfalls eine Brücke zur Freiheitlichen Partei abgebrochen.

Dann haben Sie gesagt: Ich mache ein Expertenkabinett!, und plötzlich war das Exper­ten-und-Expertinnen-Kabinett eine ÖVP-Minderheitsregierung. Bruno Kreisky hat auch einmal eine Minderheitsregierung angeführt. Sein erster Weg hat ihn ins Parlament ge­führt, und seine erste Frage war die Frage ans Parlament: Ich stelle die Vertrauensfra­ge, ich möchte wissen, ob meine Minderheitsregierung das Vertrauen des Parlaments genießt. (Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Kanzler Kurz interessiert das Parlament nicht, er erklärt öffentlich, es ist eine - - (In Richtung Bundeskanzler Kurz, der auf sein Handy blickt:) Entschuldigung, dass ich Sie am Handy störe, ich kann meine Rede kurz unterbrechen. (Abg. Hörl: Sie stören nicht! – Abg. Winzig: Sie stören nicht! Das gelingt Ihnen nicht! Ist ziemlich wurscht! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Nein, ich habe auch das Gefühl: Auch in der Stunde seiner möglichen Abwahl interessiert sich der Bundeskanzler nicht fürs Parla­ment (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ – Zwischenrufe bei der ÖVP), er interessiert sich für sein Handy. Vielleicht schreibt er René Benko gerade eine SMS: René, ist eh okay, wir hätten da noch eine Immobilie in der Mariahilfer Straße! (Beifall bei JETZT.) Vielleicht gibt es da einige, die dringend etwas vom Bundeskanzler erfah­ren müssen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Winzig und Haubner.) Das werden wir ja hoffentlich erfahren, wenn sich die Staatsanwaltschaft hier einiges anschaut. (Abg. Wöginger: Ja, genau! – Abg. Winzig: Ihre Abschiedsrede!)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 56

So, und dann kommt der nächste Punkt; dann wird der SPÖ signalisiert: Ich mach eine ÖVP-Alleinregierung, ich pfeif euch was, ich red nicht mit euch! Das Sozialministerium wird mit einem ehemaligen SPÖ-Mitglied besetzt, die Provokation auf die Spitze getrie­ben (Zwischenruf des Abg. Rädler); dazwischen wird immer gesagt: Silberstein, Silber­stein, Silberstein!, damit es richtig wirkt, und dann gesagt: Die SPÖ will nicht mit mir, die SPÖ vertraut mir nicht mehr! (Zwischenruf des Abg. Haubner. – Weitere Zwischen­rufe bei der ÖVP.) Eine Riesenüberraschung: Die SPÖ vertraut Sebastian Kurz nach diesen ganzen Verhöhnungen nicht mehr.

Dann sagen wir: Machen wir doch einen Misstrauensantrag!, weil es uns allen reicht – uns allen, bis auf wenige in der ÖVP. Hätten wir eine geheime Abstimmung, würden einige von Ihnen (Zwischenrufe bei der ÖVP) auch gegen Sebastian Kurz stimmen. (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ.) – Präsident Sobotka nicht, der ist diszipliniert, aber andere, bei denen noch Hoffnung ist. (Heiterkeit des Abg. Sobotka.)

An diesem Punkt war es klar: Hoppla, jetzt könnte etwas passieren, mit dem Miss­trauensantrag – und prompt die nächste Kurve. Die nächste Kurve war: Ich lade euch alle zu mir ins Bundeskanzleramt ein und mache Vorschläge. Vorschlag eins: Ich, Se­bastian Kurz, gewähre euch als Bundeskanzler das Gnadenrecht: Es darf in der nächs­ten Legislaturperiode Untersuchungsausschüsse geben. (Abg. Schwarz: Da sind Sie eh nicht mehr dabei!) Gnadenrecht des Bundeskanzlers!

Gnadenrecht zwei: Ich, Sebastian Kurz, mache, solange ich Bundeskanzler bin, keine ÖVP-Parteibuchwirtschaft bis September! (Ruf bei der SPÖ: Großzügig!) – Fußnote: Nachher geht’s weiter, nachher wird wieder umgefärbt. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Und drittens: Ich möchte im Ministerrat nicht allein mit meinen schwarzen Freundinnen und Freunden Gesetze und Regierungsvorlagen beschließen, ich hätte gerne ein paar Klubobleute der Opposition als Muppets dabei – die nichts zum Reden haben, nichts zum Mitstimmen haben, die nur zuschauen können, wie die Politik beschlossen wird, die sie zutiefst ablehnen! An diesem Punkt sind wir.

Herr Kurz, das begründet kein Vertrauen! (Abg. Haubner: Schlechte Rede! Schlechte Rede!) Das ist Ihnen nicht passiert, Sie sind nicht zufällig hingefallen oder es hat Ihnen wer ein Haxl gestellt und Sie sind hingefallen und dann als Märtyrer wieder aufgestan­den.


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie müssen den Schlusssatz formulie­ren, bitte.


Abgeordneter Dr. Peter Pilz (fortsetzend): Mein ganz einfacher Schlusssatz lautet: Auch wenn mir der SPÖ-Misstrauensantrag in einigen Punkten zu weit geht und auch wenn ich es für einen Fehler halte, dass dem Innenminister, den ich in jeder Hinsicht sehr schätze, voreilig das Misstrauen ausgesprochen wird, halte ich es trotzdem für richtig, dass dieses Misstrauen von einer möglichst großen Zahl von Abgeordneten ausgesprochen wird. Nur dieser Misstrauensantrag und eine große Mehrheit für diesen Antrag gibt uns eine Chance für mehr Stabilität, für ein Ende des Kurz-Chaos und für einen politischen Neubeginn in dieser Republik. – Danke sehr. (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: JETZT ist eh nicht mehr dabei! – Abg. Rädler: Pilz bei der SPÖ! – Abg. Haubner: Bewerbungsrede für die SPÖ! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

15.26


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dipl.-Ing.in Martha Bißmann. – Bitte.


15.26.38

Abgeordnete Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsi­dentin! Geschätzte Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Regie-


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 57

rungsvertreter! Herr Bundeskanzler! Verehrte Presse! Bürgerinnen und Bürger vor den Bildschirmen! Vor genau 100 Jahren setzte sich ein Mann namens Hans Kelsen an den Schreibtisch, mit keinem geringeren Auftrag als den, unsere demokratische Bun­desverfassung zu entwerfen.

Welches Bild hatte Kelsen im Kopf, als er sich an die Arbeit machte? (Abg. Rosen­kranz: Grundnorm!) Wovon träumten er und Gleichgesinnte damals, als Österreich aus den Ruinen des Ersten Weltkriegs auferstand? Österreich hatte 80 Prozent seiner Landmasse verloren, und mit den Abspaltungsbewegungen in Kärnten, Tirol, Salzburg und Vorarlberg drohte noch mehr verloren zu gehen. Der neu gegründete Staat Deutschösterreich hatte keine Überlebenschance. Extremistische Tendenzen in allen Lagern führten zu angespannten politischen Zeiten, jedoch war der Traum eines libera­len und demokratischen Österreichs präsent, und dieser Traum – genau dieser Traum – ist in der Verfassung von 1920 aufgegangen. Es war die Vision einer liberalen, stabilen Demokratie, in der die Menschenrechte fest verankert sind, einer Verfassung, die un­sere Minderheiten schützt und uns in Tagen einer Regierungskrise Halt gibt.

Kelsen hat ganze Arbeit geleistet. Die Verfassung zeigt uns dieser Tage, was sie drauf­hat. Sie allein, die Verfassung, kann zwar keinen Krieg verhindern, wie die Geschichte zeigt, in Tagen der Regierungskrise, wie wir sie jetzt erleben, hält sie allerdings für jede Situation, die von der Norm abweicht, eine Antwort parat. Unser Bundespräsident ist derjenige, der unser Regierungsschiff momentan durch wilde Wasser navigiert; aller­dings tut er das in hundertprozentiger Anlehnung an unsere Verfassung. Expertenre­gierung, Entlassung von Ministern, Misstrauensanträge, Minderheitsregierung – all die­se Maßnahmen beschreiben nicht den Regelfall, es sind aber die verfassungsmäßig verankerten Tools, die einer stabilen Demokratie zur Verfügung stehen.

Liebe Bürgerinnen und Bürger, liebe Kolleginnen und Kollegen in der Politik, ich möch­te Sie daran erinnern, dass es wichtig ist, für das, was unsere Vorfahren in schweren Zeiten geleistet haben, was sie geschaffen haben und wovon wir jeden Tag profitieren, dankbar zu sein. Die Verfassung ist definitiv etwas, wofür wir jeden Tag dankbar sein sollten. Wir werden dieser Tage Zeuginnen und Zeugen, wie dieser Gesetzestext in wilden Zeiten die Republik zusammenhält. Vor etwa einem Jahr habe ich es am eige­nen Leib erfahren und gespürt, wie es sich anfühlt, von der Verfassung und den darin festgeschriebenen Bestimmungen und Regeln getragen zu werden. Das gibt Halt und Stabilität, wenn sonst überall der Boden bebt. Genau dieses Gefühl, Halt und Stabilität, wünsche ich in diesen Tagen allen Österreicherinnen und Österreichern.

Wir erleben also dieser Tage eine demokratische wasserfeste Verfassung, die uns durch die Krise trägt. Was aber braucht es zusätzlich, damit es nicht wieder zu einer derartigen Krise kommt? Was braucht es jetzt in der Politik, das präventiv wirkt, damit wir kein Ibizagate 2.0 erleben? Da hilft uns nämlich weder die Verfassung noch die rechtsstaatliche Gerichtsbarkeit, denn im Fall von Ibizagate hat nicht der Rechtsbruch den Vizekanzler zum Rücktritt bewogen, sondern die ungeschriebenen Gesetze der politischen Ethik. Über politische Ethik ist von der Antike an so viel geschrieben wor­den, dass ganze Bibliotheken damit gefüllt sind. Wer aber bestimmt in einer Demokra­tie darüber, was ethisch erlaubt ist, was der Anstand gebietet? Der Gesetzgeber eben sicher nicht.

Sicher ist allerdings, dass gerade staatliche FunktionsträgerInnen Vorbild für Verant­wortungsbewusstsein und Anstand sein sollten. Genau das braucht es meines Erach­tens auch, den Aufstand der Anständigen, ja von mir aus auch der Gutmenschen, der „verdammten“.

Lassen Sie uns über Werte, Haltungen, Moral und Ethik in der Politik sprechen, meine Damen und Herren! Wären ein Vizekanzler, der mit schweren Korruptionsdelikten flir­tet, ein Innenminister, der die rechtsextremen Identitären als Gleichgesinnte bezeich-


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 58

net, nach wie vor möglich, wenn die Werte der Anständigen und Guten Einzug in der Politik gehalten hätten? Ich glaube nicht. Es geht da um Werte wie Toleranz, Re­spekt, Achtung, Verantwortung, Vertrauen, Empathie, Ehrlichkeit, Nachhaltigkeit, Mut, Stabilität, Authentizität, Integrität, Demut, Bescheidenheit, Freundlichkeit, Fröhlichkeit auch, Sachlichkeit. – Wie klingt das für Sie?

Wollen wir uns mutig und herzhaft dafür entscheiden, diese Werte in die Politik zu tragen? Wissen Sie, was dann kommt, was uns dann erwartet? – Es erwartet uns eine ehrliche, ehrenvolle und ethische Politik, eine Politik, die in der Bevölkerung Vertrauen schürt, eine Politik ohne Angst, ohne Angstmache, eine Politik, die Angstmache nicht mehr braucht, um für Wählerstimmen zu werben, weil die ethischen und hochanständi­gen Politikerinnen und Politiker eine unglaubliche Sogwirkung ausstrahlen werden, die stärker als Angst ist.

Es erwartet uns außerdem, ja, vielleicht auch so etwas wie Liebe, das Gefühl von Zu­sammenhalt, von Zusammengehörigkeit. Wir werden in unserem wunderschönen Land der Vielfalt als Menschen zusammenwachsen, in unseren Bräuchen und Traditionen, voller Respekt vor dem Leben, der Natur und den Unterschiedlichkeiten. – Klingt das zu sehr nach Utopia?

Bevor Sie mich als Utopistin und Spinnerin abkanzeln, möchte ich Sie daran erinnern: Im Lauf der Geschichte sind alle oder die meisten Visionäre und VordenkerInnen als Spinner bezeichnet worden, auch diejenigen, die von einem friedlichen, vereinten Eu­ropa der offenen Grenzen geträumt haben, unter anderen Stefan Zweig.

Daher möchte ich Sie einladen: Ich glaube, der Zeitpunkt ist jetzt perfekt, es ist die Zeit gekommen, gemeinsam – mit allen Fraktionen, auch der FPÖ – den Wertewandel zu beschreiten. Mein Eindruck aus Vieraugengesprächen mit Kolleginnen und Kollegen Ihrer Fraktion ist, dass die Mehrheit im Raum das Bedürfnis nach einer Kultur der Menschlichkeit eint, aber Sie sind oft in Ihren Kontexten verhaftet. (Abg. Rosenkranz: Nicht nur die Mehrheit, alle! Alle! Da brauchst kein Vieraugengespräch!)

Der Wertewandel wird uns helfen, unsere Mitmenschen nicht länger nach dem Ausse­hen oder der Kleidung – sei es das Kopftuch oder der Bart – zu bewerten, sondern nach dem Grad der gelebten Menschlichkeit. Die von einer Mehrheit gewollte und ge­lebte Menschlichkeit, ihre Werte, die Werte der neuen Politik, sie werden uns in Zu­kunft tragen und uns den Halt geben, den wir brauchen. Sie werden Regierungskrisen, wie wir sie in diesen Tagen erleben, gar nicht mehr aufkommen lassen, gar nicht mehr erlauben. Damit werden wir unsere Verfassung zukünftig auch nur mehr wirklich in den allergrößten Notfällen bemühen müssen.

Ja, sehr geschätzte Kollegin Irmgard Griss, da bin ich ganz bei Ihnen: Ich bin über­zeugt, wir können die Politik verändern. Schließlich und endlich geht es um nichts we­niger als darum, das angeschlagene Vertrauen der Menschen in diesem Land in die Politik wiederherzustellen. Das ist, glaube ich, wohl unser wichtigster Auftrag hier im Hohen Haus. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Friedl.)

15.35


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Gabriele Hei­nisch-Hosek. – Bitte, Frau Abgeordnete.


15.35.20

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Frau Präsidentin! Mitglieder der Bun­desregierung! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zuseherinnen und Zuseher! Wenn junge Menschen die Demokratiewerkstatt des Parlaments besuchen, dann dis­kutieren sie dort – unter anderem, aber sicherlich – über die drei Säulen, die unsere Demokratie ausmachen.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 59

Das ist zum einen dieses Parlament, also wir alle, die Abgeordneten dieses Hohen Hauses. Das ist die öffentliche Verwaltung, die dann die Gesetze, die wir hier beschlie­ßen, exekutiert, ausführt, mit den vielen, vielen Bediensteten im öffentlichen Bereich, die helfen, diese Gesetze umzusetzen, oder sie direkt umsetzen, und es ist, als dritte Säule, die Gerichtsbarkeit, die kontrolliert und schaut, ob wir alle – jeder Bürger, jede Bürgerin in diesem Land – uns nach bestem Wissen und Gewissen an diese Gesetze halten.

Genau dieses Dreieck, wie ich diese drei Säulen nennen möchte, ist sicher in der La­ge, nicht nur in den nächsten vier Monaten bis zur Wahl auch ohne diese Mitglieder der Bundesregierung die Demokratie aufrechtzuerhalten, sondern auch für unser Parla­ment, für die Bürgerinnen und Bürger gute Arbeit zu leisten.

Ich bin, so wie Sie alle, auf die Verfassung vereidigt, und wir alle haben den Eid abge­legt, nach bestem Wissen und Gewissen unsere Arbeit zu leisten. Wenn aber zwischen anständig und unanständig nur mehr ein so schmaler Grat ist, wenn es nicht mehr anständig ist, in einer Krisensituation – einer politischen Krise wohlgemerkt, wie wir sie jetzt verspüren – genau diese Legislative, die Mitglieder des Hohen Hauses oder Ver­treterInnen derselben, zu kontaktieren und zu fragen: Wie können wir alle gemeinsam diese Krise schnell bewältigen und den nächsten Schritt bis zur Neuwahl machen?, wenn das nicht passiert, dann ist der Schritt in die Unanständigkeit nur mehr ein sehr kleiner. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundeskanzler! Sie müssen es sich gefallen lassen, dass wir festhalten, dass es nicht anständig war, wenige bis keine Versuche zu unternehmen, mit allen vertretenen Parteien so ins Gespräch zu kommen, dass man diese Krise gemeinsam bewältigt. Das haben Sie verpasst und versäumt.

Ich möchte nicht anstehen zu sagen, dass die neuen Mitglieder der Bundesregierung durchaus Expertinnen und Experten sein mögen (Ah-Rufe bei der ÖVP!  Abg. Haub­ner: Parteipolitisches Kalkül!), aber dass es für uns nicht geht – ausreden lassen! –, dass sie türkise Aufpasserinnen oder Aufpasser an der Seite haben. (Abg. Haubner: Zuerst die SPÖ, dann das Land!) – Nein, wir wollen kein Wahlkampfkabinett, wir wollen ein funktionierendes Kabinett! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Noll.)

Der Herr Bundeskanzler wollte sich ein Wahlkampfkabinett aufbauen, das lehnen wir ab. Das Vertrauen ist nicht gegeben, und wenn man einander nicht mehr vertraut, dann muss man sich trennen. (Abg. Strasser: Vertrauen Sie dem Bundespräsident ...? Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Zu gewährleisten, dass bis zur Wahl Staatshan­deln sichergestellt ist, dass sicher und ganz ruhig in diese Wahl gegangen werden kann, das ist Grund genug, dieser Regierung nicht mehr zu vertrauen und ihr das Ver­trauen zu entsagen. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Haubner: Zuerst die SPÖ, dann das Land!)

15.39


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ef­gani Dönmez. – Bitte.


15.39.12

Abgeordneter Efgani Dönmez, PMM (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Geschätzte Mitglie­der der Bundesregierung! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Medienver­treter und ZuseherInnen zu Hause vor den Bildschirmen!

Unsere Bundesverfassung, unser Glaube an Gleichheit und Freiheit, unsere historisch robuste Mittelschicht, unser großer Wohlstand, unser hoher Bildungsstand und unsere breit aufgestellte Wirtschaft, all dies sollte uns gegen einen Zusammenbruch der De­mokratie, wie wir ihn tagtäglich anderswo erleben, gefeit machen.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 60

Trotzdem müssen wir besorgt sein, wenn führende Politiker – wenn auch bei illegal und geheim mitgefilmten Szenen in Urlaubsdestinationen – auch nur in Gedankenspielen andeuten, wie unter Nutzung von demokratischen Mitteln und deren Institutionen diese ausgehöhlt und an Günstlinge verscherbelt werden könnten. Wohin dieser Weg führt, erkennt man am Beispiel der ehemals säkular-laizistischen Türkei. Solche Leute versu­chen, die institutionellen Puffer unserer Demokratie – die Gerichte, die Nachrichten­dienste, die Exekutive, die Aufsichtsbehörden und so weiter – zu schwächen. Sosehr die öffentliche Empörung über die getätigten Aussagen der Protagonisten des illegal mitgefilmten Ibizavideos berechtigt ist, so sehr sind diese artikulierten Gedankenspiele nur die Spitze des Eisbergs unserer demokratischen Fassade.

Die Wahlen in Österreich sind zwar frei, aber sie sind nicht fair; viele der Vorredner und Vorrednerinnen haben es auch schon angesprochen. Wenn Parteien die Wahlkampf­kostenobergrenze um das Zigfache überschreiten, wenn Gerichte und Staatsanwalt­schaften sowie Antikorruptionsbehörden personalschwach, abhängig und stark politi­siert sind, wenn das Vereinsrecht missbraucht werden kann, um Konstruktionen für in­direkte Wahlkampffinanzierung zu legitimieren, oder wenn dem politischen Mitbewer­ber und Vereinen, die ihm nahestehen, Geldflüsse unterstellt werden, diese sich aber dann bei näherer Betrachtung als unwahr herausstellen – diese Anpatzerei, diese Unkul­tur muss ein Ende haben! –, wenn öffentliche Aufträge im Wert von unter 100 000 Euro ohne Ausschreibung und Transparenz vergeben werden können, wenn politische Un­terstützung zu einer Beschleunigung von Karrieren in den Bereichen Justiz, Exekutive und im Verwaltungsapparat führt und Personen mit mangelnden Qualifikationen durch persönliche Freundschaften und Seilschaften in höchste Ämter gehievt werden, dann reden wir hier nicht von Dschibuti, der Türkei oder Somalia, sondern von Österreich.

Der demokratische Rückschritt beginnt mit dem Vertrauensverlust durch Handlungen, welche von Politikern und Parteien gesetzt werden, und endet an der Wahlurne durch die Wähler. Die Erosion der Demokratie geschieht so unmerklich, dass sie viele nicht wahrnehmen.

Wir werden im September dieses Jahres wieder zur Wahlurne schreiten. (Abg. Noll: Wer sagt dir das?) Unabhängig davon, dass alle bisher im Parlament vertretenen Par­teien wieder antreten werden, muss eines als Gradmesser für uns alle herangezogen werden: Wenn mit Angst, mit Opportunismus und Feindbildern gearbeitet wird, dann ist dies nicht förderlich für unser Land und auch nicht für unsere Demokratie. Die nächs­ten Wochen und Monate bis zum Wahltag sollten von Achtung und Zurückhaltung ge­prägt sein. Die Parteien dürfen sich nicht gegenseitig bis aufs Messer bekämpfen und dabei die Demokratie schwächen, denn aus der Schwächung der Demokratie resul­tieren eine Polarisierung und ein Erstarken der Extremen. Diese Situation öffnet nun auch eine einzigartige Möglichkeit, dass sich neue Parteien mit neuen Ideen und Hal­tungen einbringen. Vielleicht gelingt es diesen, einen tatsächlichen Systemwechsel herbeizuführen.

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Eines möchte ich zum Abschluss noch sagen: Ich werde weder Ihnen noch dieser Bundesregierung das Misstrauen aussprechen, denn es gehört nicht zu meinem Charakter und entspricht auch nicht meiner Person, dass ich Freunden, Weggefährten, Kollegen, ehemaligen Kollegen in den Rücken falle, auch wenn ich bei der erstbesten Gelegenheit aufgrund von Interpretationen, böswilligen Un­terstellungen wie eine heiße Kartoffel fallen gelassen worden bin.

In jeder Demokratie stehen Politiker gelegentlich vor großen Herausforderungen. Sie, geehrter Herr Bundeskanzler, und auch unser geschätzter Herr Bundespräsident ha­ben in diesen schwierigen Tagen eine ruhige Hand und viel Besonnenheit an den Tag gelegt. Dafür möchte ich Ihnen aufrichtig danken. (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 61

Danken möchte ich auch unserem Ex-Vizekanzler, Herrn Heinz-Christian Strache, wel­cher sofort nach Bekanntwerden der Causa die notwendigen Konsequenzen gezogen hat und den höchsten Preis, den man als Politiker bezahlen kann, bezahlt hat. Er hat sehr viel bösen Spott und Häme geerntet. Ich möchte aber dennoch hier meinen Dank für sein Engagement für unser Land aussprechen, auch wenn ich viele oder manche seiner Inhalte und Zugänge nicht geteilt habe.

Ich wünsche allen Entscheidungsträgern unserer Republik viel Kraft und ein scharfes Urteilsvermögen, um das Wohl unseres Staates und der Bürger über die eigenen Par­teiinteressen zu stellen. Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

15.46


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Josef Schellhorn. – Bitte, Herr Abgeordneter.


15.46.20

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Ge­schätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Jetzt komme ich fast am Schluss, also am Ende der Rednerliste, zu Wort, und ich hätte mir wirklich gewünscht, dass ei­ner meiner Vorredner den folgenden Satz sagt, damit ich ihn nicht sagen muss. Viel­leicht hätte es auch der Herr Bundeskanzler sagen können.

Wer heute in der Früh am Burgring vorbeigefahren ist, hat ein desaströses Bild gese­hen. Ich schäme mich für die erneute Zerstörung der Bilder der Hinterbliebenen des Holocaust am Burgring. Ich bitte alle um Entschuldigung, ziehe aber jene in Verantwor­tung, die das in der Vergangenheit toleriert, sogar gefördert haben. Das gehört abge­stellt! (Beifall bei NEOS, SPÖ und JETZT.)

Dieses Gedankengut wurde auch von dieser Seite (in Richtung ÖVP) toleriert, und Sie haben oft genug weggeschaut. (Abg. Zarits: Jetzt reicht’s aber! Zwischenruf des Abg. Sobotka.) – Nein, es reicht nicht, es reicht nicht! Beim Rattengedicht brauche ich gar nicht anzufangen, da gehen wir ein bisschen weiter zurück. Es ist auch so.

Warum aber wollen wir Sie nicht aus der Verantwortung lassen? – Weil Sie auch für eine gewisse Hygiene zuständig sein müssten, und das sollte auch in den nächsten Monaten schnellstmöglich passieren.

Es sollte auch schnellstmöglich passieren, dass Antworten von Ihnen, Herr Vizekanz­ler, dazu kommen, dass Sie im Finanzministerium und auch bei der Casinos Aus­tria AG parteipolitische Bestellungen und eine Freunderlwirtschaft haben einziehen las­sen. Ich erwarte mir, dass Sie unsere Anfrage schnellstmöglich beantworten: Wie konnte das passieren mit Sidlo und Braun? Wie konnte es passieren, dass man so jemanden in den Generalrat hievt und so jemanden in die Casinos Austria AG? Das sind Themen der Hygiene, die Sie in den nächsten Wochen hoffentlich noch mit Rück­grat beantworten werden, denn das gehört sich nicht in diesem Land! (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Genauso gehört es sich in diesem Land nicht, dass man untergelagerte Vereine hat. Ich höre jetzt nichts, Karlheinz Kopf, ich höre auch nichts von der SPÖ und von der FPÖ. Sie alle haben untergelagerte Vereine und Sie wissen, was da passiert. (Abg. Kopf: Das ist unglaublich!) Sie wissen von der versteckten Parteienfinanzierung. (Zwi­schenruf des Abg. Wöginger.)

Ich glaube, wir müssen das Haus hier grundlegend säubern und reinigen, und dazu braucht man nicht nur einen Besen. Sie alle sind, wenn wir so eine Krise haben, dazu aufgefordert, diese Verantwortung zu tragen. Wenn du etwas verändern willst, dann schaffe eine Krise! – Diese Krise ist jetzt da. Und da appelliere ich an Sie, Herr Bun-


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 62

deskanzler, solange Sie es noch sind – oder danach als Parteiobmann –, dass Sie da­für sorgen, dass wir bald saubere Hände bekommen. Die Einzigen, die hier saubere Hände haben, sind wirklich wir (Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ), vielleicht weil wir zu jung sind, bei uns ist alles transparent bis zur letzten Wurstsemmel. Machen Sie sich keine Sorgen!

Mit Ihren parteipolitischen Besetzungen, mit Ihren untergelagerten Vereinen, mit den versteckten Parteienförderungen gehört aufgeräumt! – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

15.49


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag.a An­drea Kuntzl. – Bitte, Frau Abgeordnete.


15.49.44

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Nur ein kleiner Nachsatz zu meinem Vorredner: Ich verwahre mich schon aufs Schärfste dage­gen, dass die NEOS die Einzigen hier sein sollen, die saubere Hände haben. (Beifall bei der SPÖ.) Ich halte das Gerede von: alle sind gleich, alle machen das, alle haben schmutzige Hände, demokratiepolitisch für extrem schädigend, und es ist Ihrer, liebe Kollegen von den NEOS, gar nicht würdig. Ich würde Sie ersuchen, das zu überden­ken. (Beifall bei der SPÖ.) Wir haben einen eigenen Antrag zur Verbesserung der Si­tuation hinsichtlich Spenden an Parteien eingebracht und sind da selbstverständlich gesprächsbereit.

Sehr geehrte Damen und Herren, zum eigentlichen Thema: Heute ist ein bedeutender Tag im österreichischen Parlament. Es geht um Verantwortung und um Vertrauen. (Abg. Wöginger: Soll es gehen, ja!) Die SPÖ, die im Herzen immer eine staatstragen­de Partei war und auch heute ist (Ruf bei der ÖVP: Gewesen ist! – weitere Zwischen­rufe bei der ÖVP) – auch wenn Sie das nicht glauben, sehr geehrte Kollegen und Kol­leginnen –, hat sich diese Entscheidung gar nicht leicht gemacht. (Abg. Haubner: Die Partei geht bevor! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wir haben das ausführlich diskutiert und abgewogen und sind zu dem Schluss gekommen, dass heute ein Schlusspunkt gesetzt werden soll. (Abg. Sobotka: Der Doskozil hat’s erklärt!)

Die Frage betreffend die erfolgreiche Politik der letzten Wochen und Monate, die uns immer wieder dargestellt wird, sehen wir anders. Aus unserer Sicht sind die 60-Stun­den-Woche, die Verschlechterung der sozialen Absicherung von kinderreichen Fami­lien keine erfolgreiche Politik, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Steinacker, Schwarz und Winzig.) Da kann man aber noch sagen, das sieht man anders.

Kommen wir aber zum politischen Klima, das Sie in den letzten Jahren erzeugt haben, dazu, wie diese Maßnahmen gesetzt worden sind! – Das war alles andere als vertrau­ensbildend. Der Umgang mit dem Parlament: respektlos, Dialogverweigerung. Selbst wenn Sie die Zustimmung der Opposition für Zweidrittelmaterien gebraucht haben, ha­ben Sie keine Gespräche gesucht. (Abg. Wöginger: Das stimmt nicht!) Im Umgang mit den Ländern wird, auch wenn alle betroffen sind, nur mit schwarzen Landeshauptleu­ten geredet. Die Sozialpartner werden nicht eingebunden. Der Umgang mit den Me­dien: Stichwort Orbánisierung. – Es ist insgesamt ein bedrückendes Klima, das Sie in den letzten Jahren erzeugt haben. Das war alles andere als vertrauensbildend. (Beifall bei der SPÖ.)

Und dann, sehr geehrte Damen und Herren, kommt die Stunde der Krise, die Stunde der Regierungskrise. Man erwartet sich Sebastian Kurz als verantwortungsvollen Staatsmann, auch wenn man in vielem nicht seiner Meinung ist. Aber was passiert? – Schon in der ersten Erklärung in dieser Situation, auf die wir Stunden gewartet haben, sehen wir keine Spur von staatsmännisch – gar keine Spur! –, sondern eine beinharte


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 63

Wahlkampfrede. Das war dieser Situation unwürdig! Das war der Rolle eines österrei­chischen Bundeskanzlers in einer Krisensituation unwürdig. (Beifall bei der SPÖ. – Zwi­schenrufe bei der ÖVP.)

Was in dieser Situation angebracht gewesen wäre, wäre ein Ausloten mit den im Parla­ment vertretenen Parteien, ein Zugehen auf das Parlament gewesen, ein Ausloten der Unterstützung: Neuwahlen? Minderheitsregierung? Wie schauen die Mehrheitsverhält­nisse aus?

Was hat es gegeben? – Wenige Gespräche, nur Mitteilungen, kein Dialog, Provoka­tionen der anderen Parteien. (Abg. Wöginger: Wer hat wen provoziert? Wer hat provo­ziert? Wer, Frau Kollegin?) Sehr geehrte Damen und Herren, so erwirbt man sich Ver­trauen nicht, so verspielt man Vertrauen! (Zwischenruf der Abg. Steinacker.) Das war die Vorgangsweise der letzten Wochen.

In den letzten Tagen mussten wir den Versuch einer kalten Machtübernahme beobach­ten (Abg. Wöginger: Jessas Maria!), den Versuch, mit 30, 31 Prozent der Stimmen 100 Prozent der Macht zu übernehmen. Das ist die Wahrheit! Es ist die Wahrheit, dass unter dem Titel Expertenregierung eine verdeckte ÖVP-Alleinregierung installiert wer­den soll (Abg. Wöginger: Eine Übergangsregierung!), dass Experten ernannt werden, denen aber ein Kreis von ÖVP-Aufpassern zur Seite gestellt wird, sodass das ganze Werkel in allen Ministerien bis zur Wahl als Wahlkampfkabinett funktionieren soll. (Abg. Haubner: Der SPÖ geht es nicht um das Land, sondern um die Partei! – Zwischenruf der Abg. Winzig.)

Das, sehr geehrte Damen und Herren, ist nicht vertrauensbildend, ganz im Gegenteil! (Abg. Wöginger: Um Gottes willen!) Daher lehnen wir das ab. So erwirbt man sich nicht Vertrauen, so erarbeitet man sich Schritt für Schritt Misstrauen. (Abg. Haubner: Erst die Partei, dann das Land!)

Die beste Erzählung, finde ich, ist, dass Sie, sehr geehrter Herr Bundeskanzler (Abg. Sobotka: Der Kollege Doskozil ...!), der Garant für Stabilität sein sollen – jemand, der innerhalb von wenigen Monaten zwei Regierungen in die Luft gesprengt hat. (Abg. Winzig: Sie sprengen! – Zwischenruf des Abg. Sobotka.) Sie, sehr geehrter Herr Bun­deskanzler, sind ganz und gar nicht Garant für Stabilität, Sie sind der Sprengmeister, Sie sind der Regierungssprengmeister der Republik. (Abg. Winzig: Sie sprengen!) Herr Bundeskanzler, daher gilt auch für Sie: Genug ist genug! (Beifall bei der SPÖ.)

15.55


Präsidentin Doris Bures: Nun ist Herr Abgeordneter Karl Nehammer zu Wort gemel­det. – Bitte.


15.55.12

Abgeordneter Karl Nehammer, MSc (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Mitglieder der Bundesregierung! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Es ist wirklich dramatisch, was in den letzten Tagen passiert ist, und auch ein Teil des Verlaufs der Sitzung zeigt diese Dramatik an. Wir waren über all das, was in den letzten Tagen gekommen und passiert ist, überrascht, aber das, was wirklich jetzt auch hier im Plenum überraschend ist, ist eine neue Rendi-Wagner-Kickl-Koalition (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ – Abg. Kickl: Da sind wir weit davon entfernt!) in Verschwörungstheorien und Anschuldigungen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn Herbert Kickl hier heraußen steht und von Vertrauen spricht, dann müssen wir schon darüber nachdenken, dass es eine Chance gegeben hätte, diese Koalition auch fortzusetzen, nämlich dann, wenn die Einsichtsfähigkeit gegeben wäre – jetzt muss man schon sagen: gegeben gewesen wäre –, dass das, was wir in dem Video gesehen


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 64

haben, untragbar ist, dass das ein Infernal für die Politik ist und dass man dann zum Handeln aufgefordert ist. Man kann nicht, wenn die zwei handelnden Personen zurück­treten – die ohnehin gar keine andere Chance hatten, als zurückzutreten, denn nach dem, was sie dort gesagt haben, gab es gar keine andere politische Möglichkeit ‑, ein­fach nur sagen: Es geht weiter wie bisher! – Das geht sich nicht aus.

Deswegen damals die Ansage an den Koalitionspartner: Wir müssen eine Verände­rung bewirken und ein Zeichen der Veränderung für die Menschen setzen, damit wir die Glaubwürdigkeit wieder zurückholen! Und was war? – Geht Herbert Kickl, geht die Koalition! (Abg. Rosenkranz: Warum der Kickl? Warum der Kickl? Warum nicht Hofer?)

Die FPÖ hätte eine Chance gehabt. Gerade ihr in der Fraktion der FPÖ wisst, wie ich als Generalsekretär zu dieser Koalition gestanden bin. Ihr hättet es in der Hand gehabt, Staatsräson zu zeigen. Für Herbert Kickl haben aber eure Minister die Regierung ver­lassen, und wir haben dann keine andere Chance gehabt, als den Wähler und die Wählerin im September um ihr Vertrauen zu bitten. Das müsst ihr selbst hinterfragen, ihr habt die Koalition gesprengt! (Beifall bei der ÖVP.)

Mit Verschwörungstheorien zu argumentieren, um von dem Schrecklichen, was in dem Video gesagt worden ist, abzulenken: Herbert, das funktioniert nicht! (Abg. Kickl: Ich habe auch noch Redezeit!) Das ist auch keine tragfähige Argumentation. Verschwö­rungstheorien, die kruder nicht sein könnten, denn irgendwo kann ja irgendetwas dran sein. Da gibt es dann plötzlich auch eine Achse Pilz und Kickl in Verschwörungstheo­rien. Peter Pilz wiederholt schon deine Verschwörungstheorien. Welche Allianzen fin­det ihr noch, um jetzt diese Plenarsitzung zu dem zu führen, was ihr vorhabt, nämlich der Regierung das Misstrauen auszudrücken?

Und dann die SPÖ, die sich herausstellt und sagt: Auch uns geht es um staatspoliti­sche Verantwortung! Die staatspolitische Verantwortung der SPÖ schaut eher nach Chaos aus: eine Vorsitzende, drei Meinungen – Burgenland, Kärnten und noch viele mehr. (Abg. Rendi-Wagner: Das stimmt ja nicht!) Oder ein Lächeln gestern bei einer Wahlniederlage, aber auch eine Unentschlossenheit: Rücktritt zuerst, dann doch keine Neuwahlen, schon Neuwahlen. Ich weiß, Sie führen als Vorsitzende den Stil des Weg­lächelns, aber in dieser Frage ist mir auch das Lächeln vergangen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Noll: Falsche Rede ...!)

Reden wir über Verantwortung und neuen Stil! Damit man weiß, welcher Geist derzeit in der SPÖ umgeht, darf ich ein Zitat eines Kommunikationsreferenten der SPÖ-Par­teizentrale in der Löwelstraße bringen: „Heute ist Nasse-Fetzen-Tag. Jagen wir diesen Versager endlich raus und freuen wir uns des Lebens!“ Das schreibt ein Kommunika­tionsreferent der SPÖ, gerade jetzt in den sozialen Medien, Claus Pándi hat es auch schon aufgenommen. (Abg. Sobotka: Schande! Schande!) Das ist der Stil, der neue Stil oder der alte Stil der SPÖ (Abg. Sobotka: Letztklassig!), auch unter der Vorsitzen­den Rendi-Wagner, der nicht staatstragend, sondern demokratiegefährdend ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Der Misstrauensantrag aber, den Sie jetzt in der Rendi-Wagner-Kickl-Koalition einbrin­gen, zeigt auch ein Misstrauen gegenüber dem wirklichen Bemühen des Bundespräsi­denten, Stabilität und Handlungsfähigkeit in dieser Republik zu bewahren. Es ist das Bemühen des Bundespräsidenten, mit dem Bundeskanzler gemeinsam eine Über­gangsregierung zu definieren, Frau Kollegin Kuntzl, die ganz klar in ihren Handlungs­möglichkeiten eingeschränkt ist. Und warum, Frau Kollegin Kuntzl? – Weil das Parlament so stark ist und die Regierung eben keine Mehrheit mehr in diesem Hohen Haus hat. Zweifeln Sie also nicht an unserer Bundesverfassung! Das würde auch der SPÖ guttun. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kuntzl: Ich zweifle nicht an der Bundesver­fassung! Ich zweifle an ...!)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 65

Was wir aber als Volkspartei immer gesagt haben und was auch der Bundeskanzler immer bei allen Gesprächen, die er mit Ihnen geführt hat, gesagt hat – das ist das, was Sie so ärgert und was Sie in Ihrer Seele trifft –, ist: Wir werden uns nicht erpressen las­sen und werden unsere Glaubwürdigkeit nicht aufs Spiel setzen.

Im September werden wir die Wählerin und den Wähler befragen. Bei dieser letzten Wahl, der Europawahl, haben die Wählerin und der Wähler dem Bundeskanzler ein ganz starkes Vertrauensvotum gegeben, denn es war das beste Ergebnis einer Partei bei einer EU-Wahl in Österreich. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir suchen und werben um das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger, auch bei der Nationalratswahl im September. Wir werden unterwegs sein und den Dialog führen. (Zwischenruf des Abg. Pilz. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wir werden darum bitten, dass wir das, womit wir begonnen haben, auch fortsetzen können: den Reformkurs für Österreich, für dieses Land. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bin seit November 2017 Abgeordneter, Mandatar dieses Hauses, so wie viele mei­ner Kolleginnen und Kollegen in den Fraktionen. Gestatten Sie mir, noch eines zu sa­gen: Es ist und war mir eine große Ehre, dem Land und den Menschen zu dienen und mit dieser Bundesregierung mit Bundeskanzler Kurz an der Spitze viel für dieses Land zu bewegen, den Reformkurs und die Erneuerung zu beginnen. Herr Bundeskanzler, ich sage dir ein herzliches Danke und Glück auf für die Zukunft! (Lang anhaltender, stehend dargebrachter Beifall bei der ÖVP.)

16.01


Präsidentin Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren, da noch Wortmel­dungen vorliegen, gehen wir nun weiter in der Debatte.

Als Nächster ist Herr Abgeordneter Dr. Peter Wittmann zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Hammer: Heute kommen die Dinosaurier!)


16.02.56

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Es ist eine ernste Si­tuation. (Ruf bei der ÖVP: Für die SPÖ!) Dieses Misstrauen ist etwas, das nicht von einer Aktion kommt. Dieses Misstrauen ist nicht von einer Aktion ableitbar, denn es ist über Jahre hinweg entstanden.

Herr Bundeskanzler, Sie waren es, der den Konsensweg in Österreich verlassen hat. Sie wurden vor dieser Art der Politik gewarnt. Sie haben den Konsensweg verlassen. Sie haben den Streit mit den Sozialpartnern gesucht. Sie haben den Streit mit der Sozialdemokratie in der Regierung gesucht, wobei Kollege Sobotka ausführendes Or­gan war, der überall gestritten hat, damit man dann sagen konnte: Es ist nun alles so zerstritten, ich brauche eine neue Regierung. (Zwischenruf der Abg. Schwarz.)

Sie waren derjenige, der diesen Konsensweg verlassen hat. Nun haben Sie auch den Konsens mit der Freiheitlichen Partei aufgekündigt. Was auch immer dazu geführt hat, Sie haben den Konsensweg verlassen. (Abg. Pfurtscheller: Stichhaltige Gründe, Herr Wittmann! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie rufen wieder Neuwahlen aus, weil Sie ausschließlich an die Erweiterung Ihrer Macht denken – ausschließlich. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Noll. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das ichbezogene Er­weitern der Macht: Ich will mehr Macht, die anderen sind mir egal! – Ihr Kollege Mit­terlehner hat das in seinem Buch hervorragend beschrieben. Er hat gesagt, im Nach­hinein ist er draufgekommen, dass Sie ein Machtpolitiker erster Güte sind, der das Ri­siko nicht scheut.

Dieses Spiel, das Sie da betreiben, ist aber ein ganz gefährliches Spiel, zudem ist es ein Spiel auf dem Rücken dieser Republik. Nur Ihre Machtinteressen sehend treiben


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 66

Sie dieses Spiel spekulativ voran: Ja, ich werde schon gewinnen, und dann gehen sich andere Konstellationen aus. – Diese Republik ist mehr wert, als dass Sie sie für Ihre Spielchen missbrauchen, etwas mehr wert als ichbezogene Politik! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Noll. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wenn Sie dann noch in Art eines Handstreichs mit 35 Prozent der Wählerunterstützung eine 100-Prozent-Alleinregierung der ÖVP machen wollen, dann ist das Fass überge­laufen (Abg. Nehammer: Übergangsregierung! – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP), weil nicht 35 Prozent die Mehrheit in diesem Parlament repräsentieren (Abg. Sobotka: Der Bundespräsident ...!), sondern mehr als 50 Prozent. Deswegen bekommen Sie heute die Rechnung präsentiert (Zwischenrufe der Abgeordneten Haubner und Sobot­ka), weil Sie ganz einfach handstreichartig mit 35 Prozent eine ÖVP-Alleinregierung etablieren wollten. (Abg. Nehammer: Der Bundespräsident schlägt das vor! Was ist denn los mit dir? – Abg. Wöginger: Das ist eine Übergangsregierung! – Abg. Winzig: Der Bundespräsident will das so! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Noch einmal: Da ist das Parlament gefragt. Das ist eine Aufgabe des Parlaments (Abg. Schwarz: Der Bundespräsident hat das vorgeschlagen!), zu bestimmen, wer die Re­gierung bildet, und dabei ist nur die Mehrheit des Parlaments gefragt – das sei Ihnen ins Stammbuch geschrieben (Zwischenrufe bei der ÖVP)  und nicht die ichbezogene, selbstherrliche Show des Bundeskanzlers zu mehr Machtergreifung. Er muss hier die Mehrheit bekommen! (Abg. Nehammer: Du greifst den Bundespräsidenten gerade an!)

Deswegen ist es notwendig, Ihnen zu zeigen, dass Sie sich um Mehrheiten bemühen müssen, dass Mehrheiten mit Vertrauen erarbeitet werden müssen und dass Mehrhei­ten (Zwischenruf des Abg. Nehammer) letztendlich auf Konsens beruhen und nicht auf egoistischer Machtergreifung. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Holzinger-Vogtenhuber und Noll. – Abg. Wöginger: Schlechter Ratgeber!)

16.06


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz zu Wort gemeldet. – Bitte.


16.06.26

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Hohes Haus! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Warum ich jetzt noch hier herauskomme: Es muss etwas zurechtge­rückt werden, nämlich in Bezug auf diese entscheidenden Stunden, die sich Freitag­nachmittag und untertags am Samstag abgespielt haben.

Mir persönlich tut es sehr leid, weil ich während der gesamten Zeit dieser Bundesregie­rung auf der Ebene der Regierung, der Koordinierung, aber auch hier zu den Abgeord­neten im Hause eine gute Beziehung entwickelt habe; ja, ich möchte sogar sagen, eine Freundschaft – ob das Sebastian Kurz ist, Gernot Blümel, Gust Wöginger, Karl Ne­hammer und viele andere, die hier sind. Dieses Reformprojekt für Österreich war auf einem ausgezeichneten Weg.

Ich war bei dem, was sich da in dieser Nacht abgespielt hat, im Vizekanzleramt dabei, und das bis in die frühen Morgenstunden hinein. Die ursprüngliche Sicht der Dinge war, dass nach Veröffentlichung dieses Videos ganz klar war, dass die beiden Propo­nenten – die beiden Schauspieler, die sich darin gezeigt haben – rücktrittsreif waren, und das haben sie auch gemacht. Wenn man von einem Stil der Aufklärung spricht: Selbstverständlich waren wir immer willens, alles, was dort gefaselt wurde, von Spen­den vom Herrn - - Ich erwähne sie gar nicht, weil das zu Unrecht ein Bild hier auf der Bühne abgeben würde, das ihnen nicht zukommt.

In dieser Nacht jedenfalls war es immer klar, dass diese beiden Rücktritte genügen. Dann am nächsten Tag, Samstagfrüh, war laut dem ursprünglich ausgemachten Zeit­plan ein Treffen von H.-C. Strache mit Sebastian Kurz um 9 Uhr in der Früh geplant.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 67

Das wurde abgesagt, und dann haben wir gesehen, wie die schwarzen Limousinen der schwarzen Landeshauptleute zum Bundeskanzleramt gefahren sind. (Bundeskanzler Kurz: Stimmt nicht, ist ein Blödsinn!) Da haben wir schon gesagt: Oh, das bedeutet ja wohl nichts besonders Gutes! (Weitere Zwischenbemerkung von Bundeskanzler Kurz.)

Diese Diskussionen führten dann zu einem Gespräch mit H.-C. Strache um 11 Uhr (Abg. Strasser: Das ist ja das größte G’schichtl! – Abg. Sobotka: Das ist ein Irrtum!), bei dem man ihm gesagt hat: Ja, ihr geht, aber um weiterzumachen, muss Herbert Kickl aus dem Amt, und es darf auch kein Freiheitlicher mehr das Innenressort füh­ren. – Das war etwas, was in der Politik als die rote Linie bezeichnet wird. Was wäre denn die Folge gewesen? – Vielleicht war das das taktische Kalkül in der ÖVP, der dort anwesenden Berater. Das geht mit der DNA der FPÖ nicht (Beifall bei der FPÖ), weil so ein Schritt eines bedeutet, nämlich dass man den Keim einer Spaltung in die FPÖ hineintragen möchte. Und das lassen wir mit Sicherheit nicht zu! (Abg. Nehammer: Parteipolitik!)

Wir haben aus dem Jahr 2002 unsere Lehren gezogen. Darum stehen wir als Freiheitli­che Partei auch derartig geschlossen da, was letztlich die Wähler honoriert haben, auch gestern. (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Richtig!) Vielleicht war diese Geschlossenheit überraschend.

Man hat gesagt, Herbert Kickl ist das Problem, weil er nicht gegen sich selbst ermitteln könne. Meine Frage ist: Welches Ermittlungsverfahren? Und: Wer würde denn ein Er­mittlungsverfahren einleiten? Das Innenministerium? – Nein, mit Sicherheit nicht! (Abg. Kickl: Das BAK ist bei Edtstadler!) – Der Zuruf ist auch noch: Die Korruptionsbekämp­fung im Innenressort ist bei Staatssekretärin Edtstadler angesiedelt – das sind aber Feinheiten. Es gab und es gibt kein Ermittlungsverfahren gegen Herbert Kickl! Wenn Sebastian Kurz gesagt hätte, er warte nun darauf, ob es ein Ermittlungsverfahren ge­gen Herbert Kickl gibt, dann wäre dieser wahrscheinlich sogar der Erste gewesen, der gesagt hätte: Ich möchte hier bei nichts anstreifen, da gehe ich lieber selbst, bevor ich mir das antue.

So weit sollte es aber gar nicht kommen, und der Grund dafür ist der: Herbert Kickl hat als Innenminister dieser Regierung zu 100 Prozent das freiheitliche Programm umge­setzt, auch mit seiner Verordnung, die mit der ÖVP akkordiert war, bei der es darum ging, den Stundensatz für die Arbeit der Asylwerber – diesen symbolischen Betrag – mit 1,50 Euro zu begrenzen, was sie ja zusätzlich zu dem, was sie ohnehin vom Staat erhalten, bekommen. Das war an sich akkordiert und wurde nach einer Begutachtungs­phase beschlossen. Das ist bereits am ersten Tag zurückgenommen worden, obwohl wir vorher gehört haben, es wird nichts zurückgenommen, was in die Politik hineingeht.

Nein, das sind Maßnahmen, die kein Vertrauen bilden, und wir sehen in dieser Situa­tion auch weiterhin kein Vertrauen. Wir sind unter diesen Umständen gezwungen, un­ser freiheitliches Lager – auch für die Republik Österreich – in Zukunft entsprechend gut aufzustellen. Wir haben einen Wählerauftrag, wir sind demokratisch legitimiert und wir bleiben es, wir hoffen natürlich auch, stärker denn je, weil das Reformprojekt für Österreich nur mit uns Freiheitlichen funktionieren kann. (Beifall bei der FPÖ.)

16.11


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Bißmann zu Wort. – Sie haben noch 2 Minuten, weil es Ihre zweite Wortmeldung ist. Bitte.


16.11.44

Abgeordnete Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsi­dentin! Geschätzte Damen und Herren! Erlauben Sie mir nur ganz kurz einen Kom­mentar zu meinem Abstimmungsverhalten: Mich hat der SPÖ-Misstrauensantrag ge­genüber der gesamten Bundesregierung gestern Nacht auch etwas kalt erwischt und


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 68

überrascht. Es war wenig Zeit, mir eine Meinung zu bilden. Ich habe ja keinen Klub, keine Parteilinie, an der ich mich orientieren kann, das heißt, meine Meinung muss ich mir nach freiem Wissen und Gewissen bilden. Ich habe mir nun eine Meinung, eine Positionierung gebildet: Ich bin nicht bereit, der gesamten Bundesregierung mein Miss­trauen auszusprechen.

Ich vertraue einem Gutteil der verbliebenen Minister und auch der neuen Expertenre­gierung. Allerdings kann ich auch nicht dagegen stimmen, denn, sehr geehrter Herr Bundeskanzler, Sie haben mich in einer Frage massiv enttäuscht, nämlich beim Klima­schutz. Der Klimawandel ist die größte Bedrohung, auf die die Menschheit zusteuert, und ich habe von Ihnen die Ernsthaftigkeit in dieser Thematik vermisst. Deshalb werde ich mich dieser Abstimmung enthalten. Ich bitte um Verständnis. (Abg. Wöginger: Fern­bleiben!)

16.12

16.12.48


Präsidentin Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mir liegt nun keine Wortmeldung mehr vor. Damit ist die Debatte geschlossen.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung.

Ich werde zunächst über den eingebrachten Misstrauensantrag der Abgeordneten Dr.in Rendi-Wagner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Versagen des Vertrauens gegenüber der Bundesregierung und der Staatssekretärin“ abstimmen lassen.

Ich mache jetzt schon darauf aufmerksam, dass, sofern dieser Antrag eine Mehrheit findet, die Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Noll, Kol­leginnen und Kollegen betreffend „Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundes­kanzler“ entfallen wird.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr.in Rendi-Wagner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Versagen des Vertrauens gegenüber der Bundesregierung und der Staatssekretärin“ gemäß Art. 74 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 78 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes.

Da zu einem solchen Beschluss des Nationalrates gemäß Absatz 2 der zitierten Ver­fassungsbestimmung die Anwesenheit der Hälfte der Abgeordneten erforderlich ist, stelle ich diese ausdrücklich fest.

Ich bitte nun jene Damen und Herren, die sich für den gegenständlichen Misstrauens­antrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der ge­genständliche Antrag ist somit angenommen. (E 75) (Abg. Wöginger: Ein Wahnsinn! Unfassbar! – Abg. Nehammer: Die neue Koalition: Kickl und Rendi-Wagner! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Damit hat der österreichische Nationalrat der Bundesregierung das Vertrauen ver­sagt.

Nach Zustellung des Beschlusses obliegt es nun nach unserer Bundesverfassung dem Herrn Bundespräsidenten, eine einstweilige Bundesregierung mit der Fortführung der Verwaltung zu betrauen.

Ich erwähne noch einmal, dass durch die Beschlussfassung die Abstimmung über den anderen Misstrauensantrag entfällt.

16.15.21Abstimmung über einen Fristsetzungsantrag


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Abgeordneten Noll, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 773/A der Abgeordneten Dr. Noll, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Ver­fassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz hinsichtlich der Anklage vor dem Verfassungsgerichtshof geändert wird, eine Frist bis 11. Juni 2019 zu setzen.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll78. Sitzung, 27. Mai 2019 / Seite 69

Wer sich für diese Fristsetzung ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (Abg. Wöginger: Geht schon dahin! – Ruf bei der ÖVP: Die neue Koalition! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

16.15.56Verlesung eines Teiles des Amtlichen Protokolls


Präsidentin Doris Bures: Es liegt mir das schriftliche Verlangen von 20 Abgeordneten vor, die vorgesehene Fassung des Amtlichen Protokolls hinsichtlich des eben ange­nommenen Entschließungsantrages der Abgeordneten Dr.in Rendi-Wagner, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „Versagen des Vertrauens gegenüber der Bundesregie­rung und der Staatssekretärin“ zu verlesen, damit dieser Teil mit Schluss der Sitzung als genehmigt gilt.

Ich verlese:

„Die Abgeordneten Rendi-Wagner, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschlie­ßungsantrag Beilage C/1 EA betreffend Misstrauensantrag gegen die Bundesregierung und die Staatssekretärin ein.

Abstimmung:

Der Misstrauensantrag Beilage C/1 EA wird bei Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten angenommen.“

*****

Erheben sich Einwendungen gegen die Fassung oder den Inhalt dieses verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls? – Das ist nicht der Fall.

Dieser Teil des Amtlichen Protokolls gilt daher gemäß § 51 Abs. 6 der Geschäftsord­nung mit Schluss dieser Sitzung als genehmigt.

16.17.11Einlauf


Präsidentin Doris Bures: Ich gebe bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selb­ständigen Anträge 827/A bis 857/A eingebracht worden sind.

*****


Präsidentin Doris Bures: Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsord­nungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 16.18 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen. (Während die Mitglieder der Bundesregierung sowie die Staatssekretärin den Saal verlassen, erheben sich die Abgeordneten der ÖVP und verharren für einige Zeit stehend auf ihren Plätzen. – Rufe bei der ÖVP in Richtung SPÖ: Partei vor Österreich! Zuerst die Partei, dann das Land! Darauf könnt ihr stolz sein! Daran werdet ihr noch lange zurückdenken!)

16.17.40Schluss der Sitzung: 16.17 Uhr

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien