Parlament Österreich

 

 

 

 

Stenographisches Protokoll

 

 

 

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37. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXIV. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 23., und Donnerstag, 24. September 2009

 

 


Stenographisches Protokoll

37. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIV. Gesetzgebungsperiode

Mittwoch, 23., und Donnerstag, 24. September 2009

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 23. September 2009: 10.01 – 24.00 Uhr

                                Donnerstag, 24. September 2009:    0.00 –    0.09 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bericht über den Antrag 746/A der Abgeordneten Josef Bucher, Dr. Josef Cap, Karlheinz Kopf, Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930, geändert wird

2. Punkt: Bericht über den Antrag 766/A der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Mag. Wilhelm Molterer, Mag. Ewald Stadler, Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kol­legen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Rechnungshofgesetz 1948 geändert wird

3. Punkt: Bericht über den Antrag 744/A der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Her­mann Gahr, Mag. Christine Lapp, Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 99 Abs. 1 GOG auf Beauftragung des Rechnungshofes mit der Durchführung eines be­sonderen Aktes der Gebarungsprüfung hinsichtlich des Bankenpaketes

4. Punkt: Bericht über den Antrag 745/A(E) der Abgeordneten Josef Bucher, Mag. Christine Lapp, Hermann Gahr, Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neuordnung und Effizienz der Gebarungsprüfung von Gemeinden

5. Punkt: Bericht über den Antrag 686/A der Abgeordneten Dr. Martin Bartenstein, Wolfgang Katzian, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ökostromgesetz geändert wird

6. Punkt: Bericht über den Sozialbericht 2007/2008 des Bundesministers für Soziales und Konsumentenschutz

7. Punkt: Bericht über den Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2008/11

8. Punkt: Bericht über den Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2009/1; Band 4 – WIEDERVORLAGE

9. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Barbara Prammer, Fritz Neu­gebauer, Mag. Dr. Martin Graf, Herbert Scheibner, Dieter Brosz, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsord­nung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (702/A)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 2

10. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Barbara Prammer, Fritz Neu­gebauer, Mag. Dr. Martin Graf, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (705/A)

11. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kol­legen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kranken- und Kuranstaltengesetz (KAKuG) sowie das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz (ASVG) abgeändert wer­den (627/A)

12. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Gesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz geändert wird (664/A)

13. Punkt: Ersuchen der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Korruption (GZ 1 St 126/09s) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Karl Öllinger

14. Punkt: Ersuchen des Landesgerichtes Klagenfurt (GZ 17 Hv 69/07h) um Zustim­mung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Stefan Petzner

15. Punkt: Ersuchen des Landesgerichtes Klagenfurt (GZ 17 Hv 67/07i) um Zustim­mung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Stefan Petzner

16. Punkt: Ersuchen der Staatsanwaltschaft Wien (GZ 502 St 26/08f) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westen­thaler

*****

Inhalt

Nationalrat

Mandatsverzicht der Abgeordneten Mag. Elisabeth Grossmann ............................. 16

Angelobung der Abgeordneten Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher ................................ 16

Personalien

Verhinderung .................................................................................................................. 16

Ordnungsrufe ......................................................................................................  130, 167

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft zur Berichterstattung über den Antrag 760/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Sofortmaßnahmen für die Zukunft der Milchbe­triebe gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 20. Oktober 2009 zu setzen                       37

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kur­zen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................................... 38

Redner/Rednerinnen:

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................ ... 164

Mag. Kurt Gaßner ................................................................................................... ... 167


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 3

Fritz Grillitsch .......................................................................................................... ... 168

Harald Jannach ....................................................................................................... ... 170

Dr. Wolfgang Spadiut ............................................................................................. ... 171

Dr. Gabriela Moser ................................................................................................. ... 172

Ablehnung des Fristsetzungsantrages ........................................................................ 173

Antrag der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen, dem Rech­nungshofausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 768/A der Abgeordne­ten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungs­gesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, und ein Bundesgesetz, mit dem das Rechnungshofgesetz 1948 geändert wird, gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäfts­ordnung eine Frist bis 20. April 2010 zu setzen – Ablehnung ...................................................................  38, 282

Antrag der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen, dem Verfas­sungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 767/A der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsge­setz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, und ein Bundesgesetz, mit dem das Rechnungshofgesetz 1948 geändert wird, gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäfts­ordnung eine Frist bis 20. April 2010 zu setzen – Ablehnung ...................................................................  38, 282

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 38

Aktuelle Stunde (8.)

Thema: „Kampf dem Verbrechen statt leerer Versprechen“ ................................ 16

Redner/Rednerinnen:

Mag. Dr. Manfred Haimbuchner ........................................................................... ..... 17

Bundesministerin Mag. Dr. Maria Theresia Fekter .................................................. 19

Otto Pendl ..................................................................................................................... 22

Günter Kößl ............................................................................................................. ..... 23

Heinz-Christian Strache ......................................................................................... ..... 24

Ing. Peter Westenthaler .......................................................................................... ..... 26

Mag. Alev Korun ..................................................................................................... ..... 27

Mag. Gisela Wurm .................................................................................................. ..... 29

Ing. Norbert Kapeller .............................................................................................. ..... 30

Harald Vilimsky ....................................................................................................... ..... 32

Ursula Haubner ....................................................................................................... ..... 33

Dr. Peter Pilz ............................................................................................................ ..... 35

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 16

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................  36, 266, 271, 273, 275

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen an den Bundesminis­ter für Gesundheit betreffend „Steuererhöhungen statt zukunftsweisender Ge­sundheitsreform“ (3072/J) ............... 106

Begründung: Ursula Haubner ..................................................................................... 117

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ................................................................... 120


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 4

Debatte:

Dr. Martin Strutz ..................................................................................................... ... 127

Wilhelm Haberzettl ................................................................................................. ... 130

Dr. Erwin Rasinger ................................................................................................. ... 131

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .................................................................... ... 133

Dr. Kurt Grünewald ................................................................................................ ... 135

Dr. Wolfgang Spadiut ............................................................................................. ... 137

Dietmar Keck ........................................................................................................... ... 139

Karl Donabauer ....................................................................................................... ... 140

Dr. Andreas Karlsböck ........................................................................................... ... 142

Karl Öllinger ............................................................................................................ ... 144

Kurt List ................................................................................................................... ... 146

Mag. Johann Maier ................................................................................................. ... 148

Ing. Norbert Hofer ................................................................................................... ... 148

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................ ... 151

Gerald Grosz ........................................................................................................... ... 154

Dr. Sabine Oberhauser, MAS ................................................................................ ... 156

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll ................................................................................ ... 158

Erwin Spindelberger .............................................................................................. ... 160

Bernhard Vock ........................................................................................................ ... 162

Entschließungsantrag (Misstrauensantrag) der Abgeordneten Ursula Haub­ner, Kollegin und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Gesundheit gemäß Artikel 74 Abs. 1 des Bundes-Verfas­sungsgesetzes – Ablehnung ................................................  129, 163

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesundheitsgefährdende Babyfläschchen – Ablehnung .....................................  150, 163

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kennzeichnungspflicht für Lebensmittel von Tieren, die mit gentechnisch veränderten Futtermitteln ernährt wurden – Ableh­nung ...............................................................................  153, 163

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Dr. Erwin Ra­singer, Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Inhaltsstoffe in Babyschnullern (Bisphenol A) – Annahme (E 46)    161, 163

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 746/A der Ab­geordneten Josef Bucher, Dr. Josef Cap, Karlheinz Kopf, Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930, geändert wird (329 d.B.)                                                                                                                                                       39

2. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 766/A der Ab­geordneten Dr. Peter Wittmann, Mag. Wilhelm Molterer, Mag. Ewald Stadler, Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Rechnungshofgesetz 1948 geändert wird (338 d.B.)             ............................................................................................................................... 39

Redner/Rednerinnen:

Dr. Josef Cap ........................................................................................................... ..... 39

Mag. Wilhelm Molterer ........................................................................................... ..... 41

Heinz-Christian Strache ......................................................................................... ..... 43

Josef Bucher ........................................................................................................... ..... 46

Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ..... 48

Staatssekretär Dr. Josef Ostermayer ................................................................... ..... 51


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 5

Dr. Peter Wittmann ................................................................................................. ..... 53

Mag. Dr. Beatrix Karl .............................................................................................. ..... 55

Mag. Dr. Manfred Haimbuchner ........................................................................... ..... 56

Gerald Grosz ........................................................................................................... ..... 57

Dr. Gabriela Moser ................................................................................................. ..... 58

Staatssekretär Dr. Reinhold Lopatka ................................................................... ..... 59

Mag. Christine Lapp ............................................................................................... ..... 61

Mag. Heribert Donnerbauer ................................................................................... ..... 62

Mag. Harald Stefan ................................................................................................. ..... 63

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................ ..... 64

Mag. Daniela Musiol ..................................................................................................... 66

Alois Gradauer (tatsächliche Berichtigung) ................................................................. 67

Ing. Christian Höbart .............................................................................................. ..... 67

Herbert Scheibner .................................................................................................. ..... 71

Gerhard Huber ........................................................................................................ ..... 73

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 329 und 338 d.B. ........................................... 74

3. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Antrag 744/A der Ab­geordneten Mag. Werner Kogler, Hermann Gahr, Mag. Christine Lapp, Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 99 Abs. 1 GOG auf Beauftragung des Rechnungshofes mit der Durchführung eines besonderen Aktes der Geba­rungsprüfung hinsichtlich des Bankenpaketes (335 d.B.) ............................................. 75

Redner/Rednerinnen:

Dr. Günther Kräuter ............................................................................................... ..... 75

Konrad Steindl ........................................................................................................ ..... 77

Wolfgang Zanger .................................................................................................... ..... 77

Gerald Grosz ........................................................................................................... ..... 78

Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ..... 80

Alois Gradauer ........................................................................................................ ..... 82

Martina Schenk ....................................................................................................... ..... 85

DDr. Werner Königshofer ...................................................................................... ..... 86

Gerhard Huber ........................................................................................................ ..... 88

Entschließungsantrag der Abgeordneten Alois Gradauer, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Reform des Bankenrettungspakets – Ablehnung ........................................................................  83, 88

Annahme des Ausschussantrages ................................................................................ 88

4. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Antrag 745/A(E) der Abgeordneten Josef Bucher, Mag. Christine Lapp, Hermann Gahr, Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neuordnung und Effizienz der Ge­barungsprüfung von Gemeinden (336 d.B.) .................................. 88

Redner/Rednerinnen:

Mag. Christine Lapp ............................................................................................... ..... 89

Hermann Gahr ........................................................................................................ ..... 90

Wolfgang Zanger .................................................................................................... ..... 91

Maximilian Linder ................................................................................................... ..... 92

Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ..... 94

Mag. Kurt Gaßner ................................................................................................... ..... 96

Bernhard Vock ........................................................................................................ ..... 98

Ernest Windholz ...................................................................................................... ..... 98

Christian Faul .......................................................................................................... ..... 99

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 336 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Neuordnung und Effizienz der Gebarungsprüfung von Ge­meinden (E 45) ................. 101


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 6

5. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den An­trag 686/A der Abgeordneten Dr. Martin Bartenstein, Wolfgang Katzian, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ökostromgesetz ge­ändert wird (272 d.B.) ............................................................ 101

Redner/Rednerinnen:

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................ ... 101

Dr. Martin Bartenstein ............................................................................................ ... 173

Mag. Christiane Brunner ....................................................................................... ... 175

Wolfgang Katzian .................................................................................................... ... 179

Mag. Ewald Stadler ................................................................................................. ... 180

Ing. Norbert Hofer ................................................................................................... ... 182

Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner ......................................................... ... 185

Dr. Ruperta Lichtenecker ....................................................................................... ... 188

Ing. Hermann Schultes ........................................................................................... ... 189

Herbert Scheibner .................................................................................................. ... 190

Franz Kirchgatterer ................................................................................................ ... 196

Gerhard Huber ........................................................................................................ ... 196

Bernhard Themessl ................................................................................................ ... 198

Dr. Martin Strutz ..................................................................................................... ... 201

Peter Mayer ............................................................................................................. ... 202

Ing. Mag. Hubert Kuzdas ........................................................................................ ... 203

Carmen Gartelgruber ............................................................................................. ... 203

Konrad Steindl ........................................................................................................ ... 204

Dr. Christoph Matznetter ....................................................................................... ... 205

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ..................................................................................... ... 208

Franz Hörl ................................................................................................................ ... 209

Ing. Christian Höbart .............................................................................................. ... 210

Franz Glaser ............................................................................................................ ... 211

Mag. Josef Lettenbichler ....................................................................................... ... 212

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Strompreise senken – Umwelttechnologie und erneuer­bare Energien fördern – Ablehnung           103, 215

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kollegin­nen und Kollegen betreffend 15 000 neue, krisensichere Grüne Arbeitsplätze im Jahr 2010 – Ablehnung .....  177, 216

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung eines EEG (Erneuerbaren Energien Gesetz) – Ablehnung ..............  184, 216

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Dr. Martin Bar­tenstein, Wolfgang Katzian, Kolleginnen und Kollegen betreffend weitere För­derung von Photovoltaik – Annahme (E 47)         184, 216

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fortsetzung von Förderungen thermischer Sanierung privater Haushalte – Ablehnung  200, 216

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Martin Bartenstein, Wolfgang Katzian, Kolleginnen und Kollegen betreffend erhöhte Ökostromaufwendungen – Annahme (E 48) .........  207, 216

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Martin Bartenstein, Wolfgang Katzian, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vorlage eines Novellierungsent­wurfs des Ökostromgesetzes bis September 2010 – Annahme (E 49) ..................................................................................................  214, 216

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 215


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 7

6. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Sozial­bericht 2007/2008 des Bundesministers für Soziales und Konsumentenschutz (III-27/240 d.B.) ................... 216

Redner/Rednerinnen:

Herbert Kickl ........................................................................................................... ... 216

Renate Csörgits ...................................................................................................... ... 218

Sigisbert Dolinschek .............................................................................................. ... 219

August Wöginger .................................................................................................... ... 221

Ing. Norbert Hofer ................................................................................................... ... 224

Karl Öllinger ............................................................................................................ ... 226

Bundesminister Rudolf Hundstorfer ................................................................... ... 227

Gerald Grosz ........................................................................................................... ... 231

Heidrun Silhavy (tatsächliche Berichtigung) .............................................................. 233

Franz Riepl ............................................................................................................... ... 233

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .................................................................... ... 234

Oswald Klikovits ..................................................................................................... ... 236

Werner Neubauer .................................................................................................... ... 237

Mag. Birgit Schatz .................................................................................................. ... 239

Ulrike Königsberger-Ludwig ................................................................................. ... 241

Anna Höllerer .......................................................................................................... ... 241

Josef Muchitsch ...................................................................................................... ... 243

Dietmar Keck ........................................................................................................... ... 243

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhöhung der Freibeträge für außergewöhnliche Belastun­gen aufgrund von Behinderung – Ablehnung       225, 244

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vergütung von 20 Prozent des Kaufpreises bei der Anschaf­fung von Kraftfahrzeugen durch Behinderte – Ablehnung ............................................................................................................  235, 245

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Inflationsanpassung des Pflegegeldes – Ablehnung ...........................................  238, 245

Kenntnisnahme des Berichtes III-27 d.B. ..................................................................... 244

Gemeinsame Beratung über

7. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rech­nungshofes, Reihe Bund 2008/11 (III-2/333 d.B.) ........................................................................................ 245

8. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rech­nungshofes, Reihe Bund 2009/1; Band 4 – WIEDERVORLAGE (III-19/334 d.B.)                                                 245

Redner/Rednerinnen:

Rosemarie Schönpass ........................................................................................... ... 245

Erwin Hornek .......................................................................................................... ... 246

Mag. Roman Haider ................................................................................................ ... 247

Martina Schenk ....................................................................................................... ... 248

Dr. Gabriela Moser ................................................................................................. ... 249

Mag. Kurt Gaßner ................................................................................................... ... 251

Mag. Josef Lettenbichler ....................................................................................... ... 252

Alois Gradauer ........................................................................................................ ... 253

Ernest Windholz ...................................................................................................... ... 253

Mag. Christiane Brunner ....................................................................................... ... 255

Ewald Sacher .......................................................................................................... ... 256

Johann Singer ......................................................................................................... ... 257


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 8

Carmen Gartelgruber ............................................................................................. ... 258

Mag. Ruth Becher ................................................................................................... ... 258

August Wöginger .................................................................................................... ... 259

Ing. Erwin Kaipel ..................................................................................................... ... 260

Stefan Prähauser .................................................................................................... ... 261

Rechnungshofpräsident Dr. Josef Moser ............................................................... 261

Kenntnisnahme der beiden Berichte III-2 und III-19 d.B. ........................................... ... 262

9. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Barbara Prammer, Fritz Neugebauer, Mag. Dr. Martin Graf, Herbert Scheibner, Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (702/A) .......................................................................................................................... 263

Redner/Rednerinnen:

Herbert Scheibner .................................................................................................. ... 263

Stefan Prähauser .................................................................................................... ... 264

Mag. Dr. Beatrix Karl .............................................................................................. ... 265

Dr. Peter Fichtenbauer ........................................................................................... ... 265

Dieter Brosz ............................................................................................................. ... 265

Zuweisung des Antrages 702/A an den Geschäftsordnungsausschuss ..................... 266

10. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Barbara Prammer, Fritz Neugebauer, Mag. Dr. Martin Graf, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsord­nung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (705/A)                                                                                                                                                          266

Redner/Rednerinnen:

Mag. Barbara Prammer ......................................................................................... ... 266

Fritz Neugebauer .................................................................................................... ... 268

Dr. Peter Fichtenbauer ........................................................................................... ... 269

Herbert Scheibner .................................................................................................. ... 269

Dieter Brosz ............................................................................................................. ... 269

Mag. Christine Muttonen ....................................................................................... ... 270

Zuweisung des Antrages 705/A an den Geschäftsordnungsausschuss ..................... 271

11. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kranken- und Kuranstal­tengesetz (KAKuG) sowie das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz (ASVG) abgeändert werden (627/A) ................................ 271

Redner/Rednerinnen:

Karl Öllinger ................................................................................................................ 271

Mag. Christine Lapp ................................................................................................... 272

Ridi Maria Steibl ......................................................................................................... 272

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................. 272

Zuweisung des Antrages 627/A an den Ausschuss für Arbeit und Soziales ............... 273

12. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Gesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz geän­dert wird (664/A) ...................... 273

Redner/Rednerinnen:

Karl Öllinger ............................................................................................................ ... 273

Ulrike Königsberger-Ludwig ................................................................................. ... 273


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 9

Dr. Johannes Hübner ............................................................................................. ... 274

Sigisbert Dolinschek .............................................................................................. ... 275

Zuweisung des Antrages 664/A an den Ausschuss für Arbeit und Soziales ............... 275

13. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Korruption (GZ 1 St 126/09s) um Zustim­mung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Karl Öllin­ger (324 d.B.) ...................................................................... 275

Redner/Rednerinnen:

Dr. Peter Sonnberger ............................................................................................. ... 275

Werner Neubauer .................................................................................................... ... 275

Dr. Martin Strutz ..................................................................................................... ... 276

Dieter Brosz ............................................................................................................. ... 277

Dr. Harald Walser ....................................................................................................... 279

Otto Pendl ................................................................................................................... 279

Mag. Dr. Martin Graf (tatsächliche Berichtigung) ...................................................... 280

Annahme des Ausschussantrages .............................................................................. 280

14. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landes­gerichtes Klagenfurt (GZ 17 Hv 69/07h) um Zustimmung zur behördlichen Verfol­gung des Abgeordneten zum Nationalrat Stefan Petzner (325 d.B.) ...................................................................................................................... 280

Annahme des Ausschussantrages .............................................................................. 281

15. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landes­gerichtes Klagenfurt (GZ 17 Hv 67/07i) um Zustimmung zur behördlichen Verfol­gung des Abgeordneten zum Nationalrat Stefan Petzner (326 d.B.) ...................................................................................................................... 281

Annahme des Ausschussantrages .............................................................................. 281

16. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Staatsan­waltschaft Wien (GZ 502 St 26/08f) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westenthaler (337 d.B.) ............................................................................................... 281

Annahme des Ausschussantrages .............................................................................. 281

Eingebracht wurden

Regierungsvorlagen ................................................................................................... 36

339: Bundesgesetz, mit dem das BIFIE-Gesetz 2008 geändert wird

340: Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz, das Väter-Ka­renzgesetz, das Mutterschutzgesetz 1979, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selb­ständigenvorsorgegesetz, das Landarbeitsgesetz 1984, das Angestelltenge­setz 1921, das Gutsangestelltengesetz 1923, das Allgemeine Sozialversiche­rungsgesetz und das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz geändert werden

341: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regie­rung Montenegros über wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit

342: Bundesgesetz, mit dem das Unterrichtspraktikumsgesetz und das Prüfungs­taxengesetz – Schulen/Pädagogische Hochschulen geändert werden

Bericht ........................................................................................................................... 37

III-95: Bericht über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Öster­reich 2008; BM f. Wirtschaft, Familie und Jugend


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 10

Unterrichtung gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG ................................................................. 37

Aufnahme der Verhandlungen mit Irland zum Abschluss eines Protokolls zur Ab­änderung des am 24. Mai 1966 unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen in der Fassung des am 19. Juni 1987 unterzeichneten Protokolls, BGBl. Nr. 66/1968 idF 12/1989

Aufnahme der Verhandlungen mit Gibraltar zum Abschluss eines Abkommens über den Auskunftsverkehr in Steuersachen

Aufnahme der Verhandlungen mit dem Fürstentum Andorra zum Abschluss eines Abkommens über den Auskunftsverkehr in Steuersachen

Aufnahme der Verhandlungen mit Neuseeland zum Abschluss eines Protokolls zur Abänderung des am 21. September 2006 unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkom­men und vom Vermögen samt Protokoll, BGBl. III Nr. 127/2007

Anträge der Abgeordneten

Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen betreffend beschränkten Zugang zu Post-Schlüsseln (769/A)(E)

Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Abschaffung des Krankenhaus-Selbstbehaltes für Kinder (770/A)(E)

Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einforderung einer um­fassenden Gesundheitsreform und Zusammenlegung der 22 Sozialversicherungsträger (771/A)(E)

Marianne Hagenhofer, Wolfgang Großruck, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Unterstützung der Rechte der christlichen Assyrer in der Türkei und für den Erhalt des christlichen Klosters Mor Gabriel (772/A)(E)

Wolfgang Großruck, Marianne Hagenhofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die weltweite Unterstützung von Meinungsfreiheit und MenschenrechtsverteidigerInnen (773/A)(E)

Wolfgang Großruck, Marianne Hagenhofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stärkung der Menschenrechte und Schutz der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflik­ten durch den Sicherheitsrat (774/A)(E)

Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung geändert werden (775/A)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend vorgezogenen Finanzausgleich der Länder (776/A)(E)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend die geplante Verlegung von 100 Polizisten nach Graz-Straßgang (777/A)(E)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reparatur der Vereinba­rung gemäß Art. 15a B-VG über die Einführung der halbtägigen kostenlosen und verpflichtenden frühen Förderung in institutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen (778/A)(E)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Unterstützungsfonds für Contergan-Geschädigte (779/A)(E)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 11

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten und ihre Studien (Universi­tätsgesetz 2002) geändert und einige universitätsrechtliche Vorschriften aufgehoben werden (Universitätsrechts-Änderungsgesetz 2009) (780/A)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Weiterentwicklung des Behindertengleichstellungsrechtes und der daraus resultierenden Bündelgesetze (781/A)(E)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Unterzeich­nung des Berichts des Weltagrarrates (782/A)(E)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Weiterführung und Ausbau von bestehenden Initiativen und Projekten zur Unterstützung von Mädchen und Frauen bei der nicht-traditionellen Berufs- und Berufsausbildungswahl (783/A)(E)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Gesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird (784/A)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Namensrecht geändert wird (Namensrechtsänderungsgesetz 2009) (785/A)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 geändert wird (Staatsbürgerschaftsände­rungsgesetz 2009) (786/A)

Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bankengebühren (787/A)(E)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend mehr Fahrgastrechte für Öffi-Pendlerinnen und -Pendler – Entschädigung bei Unpünktlichkeit, verpassten An­schlüssen, ausgefallenen Verbindungen und weiteren gravierenden Qualitätsmängeln (788/A)(E)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bündelgesetz zur fakti­schen Verbesserung der Rahmenbedingungen zur Anwendung der Österreichischen Gebärdensprache (ÖGS) (789/A)(E)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Bekämpfung der Frau­enarmut in Österreich (790/A)(E)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Streichung der Verlängerung der S 31 im Bereich der Gemeinde Schützen am Gebirge aus dem GVP bei gleichzeiti­gem Bau einer kleinräumigen Umfahrung und der Errichtung von PV-Anlagen auf Lärmschutzwänden (791/A)(E)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherstellung der vertragskonfor­men Umsetzung der Koralmbahn bis 2018 (792/A)(E)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsge­setz und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert werden (793/A)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Finanzierung des Brenner Basistunnels ohne Beteiligung des Landes Tirols (794/A)(E)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend gezielten Humusaufbau in österreichischen Böden (795/A)(E)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend gezielten Humusaufbau in österreichischen Böden (796/A)(E)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 12

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhöhung der Freibeträge für außergewöhnliche Belastungen aufgrund von Behinderung (797/A)(E)

Leopold Mayerhofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend besondere Kennzeichnung von Verkehrszeichen in sensiblen Bereichen (798/A)(E)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bankenpaket für Konsumen­ten (799/A)(E)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vergütung von 20 Prozent des Kaufpreises bei der Anschaffung von Kraftfahrzeugen durch Behinderte (800/A)(E)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Schaffung einer Führerschein-Ausnahmeregelung für Feuerwehr-Einsatzfahrzeuge bis 5,5 Tonnen (801/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Auswirkungen von Geschwindigkeitsbeschränkun­gen gemäß IG-L auf die Luftgüte (3061/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft und Forschung betreffend Praxis der Anerkennung von in Drittstaaten erbrach­ten Studienleistungen durch österreichische Staatsbürger (3062/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Leitfäden für Mitarbeiter des Bundesasylamtes in „I-Ghost“ (3063/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Arbeitsanleitungen für Mitarbeiter des Bundesasylamtes in „I-Ghost“ (3064/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Checklisten von Arbeitsschritten für einzelne Arbeitsbereiche in „I-Ghost“ (3065/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Erlässe aus dem Bereich Recht in „I-Ghost“ (3066/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Sicherheitsbericht 2008 (3067/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Sicherheitsbericht 2008 (3068/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Auswirkungen von Geschwindigkeitsbeschränkun­gen auf den Umgebungslärm (3069/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend offensichtlich geplante Privatisierung der Post (3070/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Schulungsunterlagen, Handouts, Programmbroschüren und Schulungsinformatio­nen in „I-Ghost“ (3071/J)

Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betref­fend „Steuererhöhungen statt zukunftsweisender Gesundheitsreform“ (3072/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend AMS-Kurse (3073/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 13

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Umfahrung Lienz–Sillian (3074/J)

Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Rassenkontrolle“ durch die Wiener Polizei (3075/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Brenner-Basistunnel (3076/J)

Mag. Josef Auer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die An­bietungs- und Ablieferungspflicht des Druckwerks „Der Olympe“ (3077/J)

Stefan Petzner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend die Abschaffung der österreichischen Flagge als sichtbares Symbol an Grenz­dienststellen (3078/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Hubschraubereinsatz für ein prominentes Einbruchsopfer (3079/J)

Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Fami­lie und Jugend betreffend Inserate in Werbeprospekten von Firmen (3080/J)

Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Inserat in einem Werbeprospekt der Firma Hartlauer (3081/J)

Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Universitätslehrgang für Migrationsmanagement (3082/J)

Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Umgang mit Bewerbungsunterlagen (3083/J)

Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Umgang mit Bewerbungsunterlagen (3084/J)

Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Soldaten und Eisenbahner als Gefängnismitarbeiter (3085/J)

Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend die Förderung der thermischen Sanierung und deren Fortführung (3086/J)

Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Förderung der thermi­schen Sanierung und deren Fortführung (3087/J)

Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Schutz der Abg. z. nö. Landtag MMag. Dr. Madeleine Petrovic vor Straf­taten“ (3088/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Beschwerden über die Wildtier- und Winterfütterung in Revieren der Österreichischen Bundesforste (3089/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend mögliche Missstände bei der Ver­pachtung von Jagdrevieren durch die Österreichischen Bundesforste (3090/J)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Ausfuhrförderungen (3091/J)


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Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend irreführende Sonnen­energie-Inserate auf Kosten der SteuerzahlerInnen (3092/J)

Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend unzulässige Auflösung einer angemeldeten Veranstaltung am 24.5.2009 durch die Bundespolizei in Salzburg (3093/J)

Dr. Sabine Oberhauser, MAS, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „persönliche Ausrüstung von Polizistinnen und Polizisten“ (3094/J)

Dr. Sabine Oberhauser, MAS, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Leasing-Einsatzfahrzeuge der Polizei“ (3095/J)

Dr. Sabine Oberhauser, MAS, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Mehrdienstleistungen im Anschluss an den Plandienst von Polizis­tinnen und Polizisten“ (3096/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend „Erträge, Tatwerkzeuge und Vermögensgegenstände aus Straftaten: Einzie­hung (Organisierte Kriminalität)“ (3097/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, So­ziales und Konsumentenschutz betreffend „Personalsituation in den Arbeitsinspektora­ten“ (3098/J)

Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Machenschaften des Bereichsleiters eines Tochterunternehmens der ÖBB-Holding AG im Zusammenhang mit Auftragsvergaben (3099/J)

Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Verhalten von Beamten des Polizeipostens Wien Westbahnhof (3100/J)

Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Maßnahmen der Bundesregierung zur Risikominimierung im Finanzmanage­ment der öffentlichen Haushalte (3101/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend „Zahnarzttourismus“ (3102/J)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Ermittlungsverfahren gegen Frau Bundesministerin Dr. Claudia Schmied in Zusam­menhang mit ihrer Vorstandstätigkeit bei der Kommunalkredit (3103/J)

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, In­novation und Technologie betreffend Telefonkostenzuschuss für Asylwerber (3104/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend „Das Kriegsverbrechen deutscher Gebirgsjäger: Massenmord auf der Insel Ke­falonia im September 1943“ (3105/J)

Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäi­sche und internationale Angelegenheiten betreffend gezielte Provokation der tschechi­schen Republik (3106/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Fi­nanzen betreffend die Behandlung der Magna-Gruppe (3107/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft, Familie und Jugend betreffend die Behandlung der Magna-Gruppe (3108/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 15

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend ihren mündlichen Bericht am 30. Juni 2009 im Ministerrat (3109/J)

DDr. Werner Königshofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft, Familie und Jugend betreffend Büro-Sperren der Österreich-Werbung (3110/J)

Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Umgang mit Bewerbungsunterlagen (3111/J)

Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Umgang mit Bewerbungsunterlagen (3112/J)

Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öf­fentlichen Dienst betreffend Umgang mit Bewerbungsunterlagen (3113/J)

Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Umgang mit Bewerbungsunterlagen (3114/J)

Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Fami­lie und Jugend betreffend Umgang mit Bewerbungsunterlagen (3115/J)


10.01.24


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 16

Beginn der Sitzung: 10.01 Uhr

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich darf Sie bitten, Ihre Plätze einzunehmen. Die Sitzung ist eröffnet.

Die Amtlichen Protokolle der 35. und der 36. Sitzung vom 18. September 2009 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als am heutigen Sitzungstag verhindert gemeldet ist Herr Abgeordneter Praßl.

10.01.56Mandatsverzicht und Angelobung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Von der Bundeswahlbehörde ist die Mitteilung eingelangt, dass Frau Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann auf ihr Mandat ver­zichtet hat und an ihrer Stelle Frau Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher in den Nationalrat berufen wurde.

Da der Wahlschein bereits vorliegt und die Genannte im Hause anwesend ist, werde ich sogleich ihre Angelobung vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch den Schriftführer wird die neue Mandatarin ihre Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ zu leisten haben.

Ich ersuche nun den Schriftführer, Herrn Abgeordneten Jakob Auer, um die Verlesung der Gelöbnisformel.

 


10.02.40

Schriftführer Jakob Auer: „Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze und gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.“

 


10.02.54

Abgeordnete Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher (SPÖ): Ich gelobe.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich begrüße die neue Abgeordnete sehr herz­lich in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Michael Spindelegger wird durch den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner, der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung Dr. Jo­hannes Hahn wird durch die Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Fekter und der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich wird durch die Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner vertreten.

10.04.05Aktuelle Stunde

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

„Kampf dem Verbrechen statt leerer Versprechen“

Die Sitzung wird vom ORF heute bis 13 Uhr übertragen.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Haimbuchner. Ich mache darauf auf­merksam, dass die Redezeit 10 Minuten beträgt. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 17

10.04.34

Abgeordneter Mag. Dr. Manfred Haimbuchner (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehr­te Frau Ministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Der Titel der heutigen Aktuellen Stunde lautet: „Kampf dem Verbrechen statt leerer Versprechen“. – Was heißt das?

Immer wieder wird betont, wie sicher Österreich ist. Österreich ist ein sicheres Land, das hören wir auch und vor allem in den Wahlkämpfen tagtäglich. – Nun, im Verhältnis zu anderen Staaten, im Verhältnis zu manchen Großstädten auf dieser Welt ist Öster­reich ein eher sicheres Land, keine Frage (demonstrativer Beifall bei der ÖVP – Abg. Kickl: Aber! Aber!), aber – kein so voreiliger Applaus bei den Damen und Herren der Österreichischen Volkspartei! – seitdem die ÖVP die Innenminister in Österreich stellt, ist die Kriminalität explodiert. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Strache: Das ist die Realität! Das ist die Realität!)

Einige Zahlen, meine sehr verehrten Damen und Herren, betreffend die Kriminalitätsent­wicklung von 2001 bis 2008: Im Jahr 2001 hat es in Österreich 70 814 Straftaten gege­ben, im Jahr 2008 76 425 Straftaten; das ist eine Steigerung von 5 611 Straftaten in­nerhalb von sieben Jahren, eine Steigerung von 8 Prozent. – Meine sehr verehrten Da­men und Herren vor allem von der Österreichischen Volkspartei, das haben Ihre ÖVP-Innenminister in den letzten Jahren zu verantworten! (Zwischenruf des Abg. Höfinger.)

Aber eines haben Sie geschafft: Sie haben den Polizeiapparat umgefärbt. Darum ist es Ihnen bei den Reformen in den vergangenen Jahren gegangen, vor allem bei der Strasser-Reform! (Abg. Hornek: Denk einmal an Gorbach und Co.!) Ich erinnere da­ran, wie da umgefärbt worden ist.

Weitere Zahlen, die Tatverdächtigen im Bundesland Oberösterreich: Fremde Tatver­dächtige im Jahr 2000 4 983, im Jahr 2008 9 860. – Das ist eine Verdoppelung, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Im Bereich der Asylwerber: Im Jahr 2000 215 Tatverdächtige, im Jahr 2008 1 737 al­leine in Oberösterreich. – Das ist eine Verachtfachung, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Das ist unglaublich!)

Und da gehen Sie durch das Land, vor allem auch jetzt im Wahlkampf, und behaupten, alles ist toll, alles ist sicher, seitdem die ÖVP die Innenminister stellt – denn das ist ja das Wichtigste: Das Wichtigste in Österreich ist, dass die ÖVP die Macht innehat, und am allerwichtigsten ist, dass möglichst viele Beamte schwarze Beamte sind. Darum geht es Ihnen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Grillitsch.) Das ist Ihnen am wichtigsten.

Aber kommen wir ein bisschen zur Einzelfallbetrachtung: Vor Kurzem wurde in Oberös­terreich in der „Kronen Zeitung“ ein Fall abgebildet: „Verurteilter Vergewaltiger kann seine Abschiebung verhindern“. Ein Herr Francis F., 34 Jahre alt, schwarzafrikanischer Vergewaltiger und Drogendealer, vor fünf Jahren illegal aus Kamerun eingereist, vor drei Jahren wegen Vergewaltigung verurteilt, kann noch immer die Abschiebung mit Folgeanträgen verhindern. (Abg. Kickl: Skandal!) Er lebt noch immer vom Steuergeld der Österreicherinnen und Österreicher, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist unfassbar! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Strache: Das ist unfassbar! Das sind keine Einzelfälle!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Innenministerin Fekter! Warum gibt es derartige Fälle, warum passiert hier nichts? – Ich kann Ihnen das deswegen so ein­drucksvoll schildern, weil sich dieser Fall in meinem Bezirk abgespielt hat, im Bezirk Wels-Land, in Marchtrenk: eine brutale Vergewaltigung. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat eine umgehende Abschiebung angeordnet, aber bis dato ist nichts pas-


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siert. Dieser Herr kann noch immer freie Kost und Logis in Österreich genießen. – Mei­ne sehr verehrten Damen und Herren, das ist ein Skandal, das ist untragbar! (Beifall bei der FPÖ.)

Solche Menschen haben in unserem Land nichts verloren. Frau Innenministerin, sor­gen Sie dafür, dass solche Leute unseres Landes verwiesen werden! (Beifall bei der FPÖ.)

Weitere Zahlen betreffend Tatverdächtige im Alter von 14 bis 18 Jahren: Im Jahre 2001 gab es 3 777 Tatverdächtige in dieser Altersgruppe – im Jahre 2008 hingegen 7 184. Ein Problem, mit dem wir uns schon seit einiger Zeit beschäftigen müssen, ist die stei­gende Jugendkriminalität vor allem in den größeren Städten. (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Dr. Fekter.) – Frau Innenministerin, Sie sagen nein, ich aber sage, schauen Sie sich doch etwa nur die Zahlen von Linz an. Da sehen Sie ganz eindeutig, dass vor allem auch die Landeshauptstadt Linz von steigender Jugendkriminalität be­troffen ist. Das sind ja immerhin Zahlen aus Ihren eigenen Anfragebeantwortungen, Zahlen Ihres Ministeriums. Tatverdächtige 10- bis 14-Jährige: Im Jahre 2000 waren es 406 Tatverdächtige – im Jahre 2008 hingegen schon 1 012.

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch ein Artikel in der „Kronen Zeitung“ vom 29. August 2009 über einen Bericht, und zwar über den Sicherheitsmonitor. Da ist ein interner Bericht des Innenministeriums an die Öffentlichkeit gelangt, aus dem man Fol­gendes ersehen kann: Anstieg der Kriminalität in Oberösterreich in den Monaten April bis Juni 2009 im Vergleich zum Vorjahr um 2 Prozent.

Und dazu jetzt weitere interessante Zahlen: bei Einbrüchen in Wohnungen – alles Da­ten für Oberösterreich – ein Plus von 32 Prozent, bei Einbrüchen in Wohnhäuser ein Plus von 61 Prozent und bei Drogendelikten ein Plus von 55 Prozent!

Da behaupten Sie, Frau Innenministerin, Österreich sei ein sicheres Land?! Und da be­haupten Sie, die Kriminalität sinke; Sicherheit sei gegeben?! (Abg. Strache: Das ist eine Vogel-Strauß-Politik!) Da dürfen Sie sich wirklich nicht wundern, dass Ihnen die Menschen nicht glauben. Die Menschen haben kein Vertrauen mehr in Ihre Politik, kein Vertrauen mehr in die Sicherheitspolitik, ja eigentlich in die Verunsicherungspolitik der Österreichischen Volkspartei. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Na, Sie haben gesagt, Österreich ist ein sicheres Land!)

Interessant finde auch, was da jetzt so ein bisschen im Wahlkampf in Oberösterreich erzählt wird, und zwar gerade angesichts folgender Tatsache (Zwischenruf des Abg. Großruck): Stand der Zahl der Exekutivbeamten in Oberösterreich 3 435, und zwar mit Stichtag 1. Juli 2008 – und mit Stichtag 1. Mai 2009 3 350 Exekutivbeamte, al­so ein Abbau von 85 Exekutivbeamten. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.)

Da Sie, Herr Kollege Großruck, zuvor gesagt haben, ich sollte mehr unter die Leute ge­hen: Ich war vor Kurzem in Grieskirchen; so viele Leute haben Sie in Grieskirchen bei einer Parteiveranstaltung überhaupt noch nie gesehen, denn das war eine Veranstal­tung der Freiheitlichen Partei. (Beifall bei der FPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Großruck.) – Herr Kollege Großruck, Sie sind nicht mehr Bürgermeister von Grieskirchen, aber Sie dürfen halt noch hier sitzen, und ich wünsche Ihnen alles Gute. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Frau Innenministerin, erklären Sie mir das doch einmal: Seit wann unterstützen Sie in dieser Ihrer Funktion den Wahlkampf in Oberösterreich? Das Bundesministerium für Inneres inseriert in der „Kronen Zeitung“ vom 20. September 2009 Folgendes (die ent­sprechende Seite der „Kronen Zeitung“ hochhaltend):

„125 zusätzliche Polizisten 2009, 400 zusätzliche Polizisten bis 2011, 249 neue Ein­satzfahrzeuge“. (Abg. Dr. Pirklhuber: Haben Sie kein schöneres Taferl? Das kann man so schlecht lesen!)


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Sie, Frau Bundesministerin Fekter, lassen also ganz offensichtlich vor der Landtags­wahl in Oberösterreich Inserate schalten und versuchen so, den Herrn Landeshaupt­mann Pühringer zu unterstützen. (Zwischenruf des Abg. Strache.) In einer Anfragebe­antwortung aber haben Sie, Frau Ministerin, festgestellt, dass bis zum Jahre 2013 über 330 Exekutivbeamte in Pension gehen werden, und daher meine Frage: Warum inse­rieren Sie das nicht, Frau Innenministerin Fekter? Das würde mich schon interessieren.

Weiters: Warum schalten Sie solche Inserate nicht eine Woche nach der Wahl? War­um hauen Sie Tausende Euro mehr oder weniger beim Fenster hinaus, wo man dieses Geld doch auch anders und besser verwenden könnte?! Es ist schon interessant, wie mit dem Steuergeld der Österreicherinnen und Österreicher umgegangen wird, wie in einem Wahlkampf das Innenministerium ganz offensichtlich „Parteipolitik“ – unter An­führungszeichen – über Umwege betreibt. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Dr. Pirkl­huber: Wir sind im Parlament, nicht im Landtag!)

Herr Landeshauptmann Pühringer behauptet seit Monaten, es werde in Oberösterreich in den nächsten Jahren 400 neue Exekutivbeamte geben, aber wir wissen doch ganz genau, dass eben viele Exekutivbeamte in Oberösterreich bis zum Jahr 2013 in Pen­sion gehen werden. Ich glaube, das werden Sie, Frau Innenministerin, ja auch nicht be­streiten.

Abschließend: Die Menschen haben genug von all diesen leeren Versprechungen. (Beifall bei der FPÖ.) Die Menschen wollen nicht nur ein Sicherheitsgefühl, sondern die Menschen wollen, dass es tatsächlich mehr Sicherheit in unserem Land gibt – und dafür werden wir von der Freiheitlichen Partei sorgen. (Beifall bei der FPÖ.)

10.14


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer einleitenden Stellungnahme hat sich Frau Bundesministerin Dr. Fekter zu Wort gemeldet. Ich mache darauf aufmerksam, dass eine Redezeit von 10 Minuten nicht überschritten werden soll. – Bitte.

 


10.15.07

Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher vor den Fernseh­schirmen! Herr Kollege Haimbuchner hat zu Beginn seiner Ausführungen gesagt, Ös­terreich ist ein sicheres Land. – Ja, Österreich liegt von 133 Ländern an sechster Stel­le, was eben Sicherheit sowie Schutz von Eigentum anlangt. (Beifall bei der ÖVP.) Da­raus können Sie erkennen, dass Österreich tatsächlich ein sicheres Land ist. Es ist aber mein engagiertes Ziel, Österreich zum sichersten Land zu machen, und zwar zu einem mit der höchsten Lebensqualität. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ing. Westentha­ler: Da müssen Sie aber noch ein paar SOKOs einsetzen! „SOKO Fekter“!)

Dazu haben wir uns drei prioritäre Schwerpunkte gesetzt: erstens einen Rückgang bei der Einbruchskriminalität zu schaffen, zweitens ein geordnetes Fremdenrecht zu be­werkstelligen und drittens die Integration zu schaffen, sodass ein Wir-Gefühl entsteht. (Abg. Strache: Eindeutig gescheitert!)

Nun konkret zu den drei Prioritäten: Die Einbruchskriminalität können wir nur dann be­kämpfen, wenn wir einerseits die Mannschaft aufstocken, andererseits mit modernen, gezielten Strategien gegen diese zum Teil ausländischen Einbruchsbanden vorgehen. (Abg. Öllinger – in Richtung des Abg. Dr. Haimbuchner weisend, der in den Bankrei­hen der ÖVP mit Abg. Jakob Auer spricht –: Das interessiert ihn nicht, was Sie sa­gen! – Abg. Dr. Pirklhuber: Der redet lieber mit seinem zukünftigen Koalitionspartner!) Wir werden 1 000 Polizisten pro Jahr ausbilden, und – Herr Kollege Haimbuchner, Sie haben so viel von Oberösterreich gesprochen (Abg. Dr. Lichtenecker: Passen Sie auf! – Abg. Dr. Haimbuchner: ... Multi-Tasking!) – Oberösterreich bekommt bis 2011


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400 neue Polizistinnen und Polizisten. (Beifall bei der ÖVP.) Bis 2011 werden in etwa 200 in Pension gehen; das ist ein Nettozuwachs von 200 Polizisten. (Abg. Ing. Wes­tenthaler: Für das riesige Land?!)

Weiters habe ich angeordnet, dass zusätzlich dazu zehn Polizistinnen und Polizisten ab sofort verstärkt im fremdenpolizeilichen Bereich eingesetzt werden.

Die modernen Methoden, die wir brauchen, um die Bekämpfung der Einbruchskrimina­lität zu bewerkstelligen und diese zurückzudrängen, haben wir aufgesetzt mit der SOKO Ost. Wir haben reagiert! Wir haben ganz gezielt erstmalig das Landespolizei­kommando Wien, das Landespolizeikommando Niederösterreich und das Landespoli­zeikommando Burgenland intensiv zusammenarbeiten lassen, und die Erfolge geben uns recht. (Beifall bei der ÖVP.) Wir haben einen Rückgang bei den Pkw-Einbrü-
chen, wir haben auch einen Rückgang bei den Geschäftseinbrüchen. (Zwischenruf des Abg. Grosz.)

Wir entwickeln derzeit die SOKO Ost weiter mit dem Schwerpunkt einer neuen Kfz-Sondertruppe beim Landeskriminalamt Burgenland, weil man dort das meiste Know-how im Hinblick auf den Verschub der Kfz in den Osten hat. Die Wirkung ist nachhaltig, insbesondere auch die Maßnahmen dieser Ermittlungen mit kriminalpolizeilichem Hin­tergrund, und diese nachhaltige Wirkung führt dazu, dass wir uns insbesondere um die ausländischen Tätergruppen aus Moldawien, Georgien und Serbien kümmern und ih­nen das Handwerk legen.

Dazu ist es notwendig, dass wir durch Verbindungsbeamte auch mit den Behörden der Herkunftsländer kooperieren, damit wir Hintergrundinformationen bekommen, wie sie ihre Logistik in Österreich aufbauen, und vor allem, damit wir auch die illegale Zuwan­derung dieser Tätergruppen wirklich massiv bekämpfen. Ich habe kein Verständnis da­für, wenn von einer Fraktion, die sich hier im Haus befindet, Anzeigen an die Staatsan­waltschaft eingebracht werden, nur weil wir uns dieser Täter besonders annehmen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Strache: Da bin ich auf Ihrer Seite! Da bin ich auf Ih­rer Seite! – Abg. Kickl: Das ist richtig!)

Bereits jetzt stellen wir uns ganz gezielt für die zu erwartenden Dämmerungseinbrüche auf. Diese Täter brauchen nicht zu meinen, dass wir nicht gerüstet wären! Mit dem Know-how, das wir uns angeeignet haben, werden wir die Dämmerungseinbrüche im Herbst im Griff haben.

Ein anderes Beispiel dafür, was wir tun, meine Damen und Herren, damit sich die Men­schen in öffentlichen Verkehrsmitteln sicher fühlen: Es gibt gezielte U-Bahn-Schwer­punkte. Die Polizei ist verstärkt in den U-Bahnen vertreten. Wir wollen gezielt die Dro­genkriminalität und die Handtaschenkriminalität in den U-Bahnen bekämpfen. (Rufe bei FPÖ und BZÖ: Ja! – Abg. Kickl: Handtaschen!) – Natürlich! Auch dieses Phänomen bekämpfen wir ganz gezielt. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Die Polizei und Sicherheitsbehörden verlassen sich nicht auf althergebrachte Arbeits­weisen aus dem vorigen Jahrhundert, sondern reagieren punktgenau auf aktuelle Ent­wicklungen. Und damit sind wir auch erfolgreich.

Nun zur Kriminalitätsentwicklung in Oberösterreich: Wer von einem Anstieg der Krimi­nalität in Oberösterreich in der jüngsten Vergangenheit spricht, sagt die Unwahrheit. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist ja alles unglaublich!) In Oberösterreich ist die Krimi­nalität in den ersten Monaten dieses Jahres nämlich rückläufig. (Abg. Strache: Schau­en Sie auf den Sicherheitsmonitor!) Ich ersuche schon, nicht Äpfel mit Birnen zu ver­gleichen! (Abg. Dr. Haimbuchner: Sicherheitsmonitor!) Wir müssen uns anschauen, was jetzt passiert! Innerhalb der letzten neun Monate ist die Zahl der Einbrüche in


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Oberösterreich um über 900 zurückgegangen. Nehmen Sie das zur Kenntnis! Wenn wir jetzt Erfolge haben, dann muss man das der Bevölkerung auch so sagen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ihre Unsicherheitspropaganda wirkt nämlich nicht, wenn wir faktisch beweisen können, dass die Strategien, die wir seit Herbst fahren, erfolgreich sind. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Weinzinger: Die Bevölkerung sieht da also Gespenster?!) Die Polizei ist erfolg­reich. Und als Oberösterreicherin bin ich stolz darauf, dass Oberösterreich zu einem der sichersten Bundesländer mit der höchsten Aufklärungsrate gehört. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.) Wir haben in Oberösterreich eine Aufklärungsrate von über 50 Prozent! Das würde ich mir in anderen Bundesländern wünschen. (Abg. Weinzin­ger: 50 Prozent! Ein Wahnsinn!) – Herr Weinzinger, da hilft Ihre Unsicherheitspropa­ganda überhaupt nichts! Loben Sie doch die oberösterreichische Polizei, die hervorra­gende Arbeit macht! (Abg. Strache: Also, von Ihrer Schönfärberei haben die Bürger gar nichts!) Ich lasse mir nicht die Arbeit der oberösterreichischen Polizei madig reden. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

In Oberösterreich funktioniert das Zusammenspiel zwischen Polizei, Sicherheitsbehör­den, Gewerbebehörden und auch der Politik, die in Oberösterreich regiert, hervorra­gend. Und deshalb haben sie auch die Erfolge! Dafür, dass euch von der FPÖ das ein bisschen weh tut, weil wir euch das Thema weggenommen haben (ironische Heiterkeit bei der FPÖ – Abg. Strache: Ihre Schönfärberei ist bar jeder Realität!), weil wir näm­lich Erfolg damit haben, habe ich Verständnis. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich komme nun zu jenem Teil des Themas, zu dem bereits ein Gesetzentwurf im Parla­ment liegt, Herr Kollege Haimbuchner. Sie haben den Fall erwähnt, dass wir einen kri­minellen Asylwerber nicht in sein Herkunftsland zurückschicken können, weil er immer wieder Folgeanträge stellt. – Ja, das ist ein enormes Problem. Das haben wir aber er­kannt und bereits im Koalitionsübereinkommen verankert, dass wir Lösungen anbieten. Der Gesetzentwurf ist fertig, er liegt hier im Hohen Haus.

Ich ersuche das Hohe Haus, das positiv zu erledigen. Wir werden sehen, ob Sie dem zustimmen können, was wir vorgeschlagen haben. Wir wollen den Missbrauch unter­binden, die Verfahren verkürzen, diese mutwilligen Folgeanträge hintanhalten, aber den Schutz für Verfolgte aufrechterhalten. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kickl: Sie schaffen es nicht einmal, einen einzigen Scheinasylanten abzuschieben!)

Dieses Gesetz unterbindet auch den Identitätsmissbrauch, jene Betrügereien, die mit der Altersfeststellung ständig passieren. Es geht nicht an, dass sich 29-Jährige in diese Privilegien der Verfahren für Jugendliche hineinschwindeln wollen. Auch das werden wir unterbinden, indem wir die DNA-Analyse bezahlen, die der Betroffene freiwillig aber machen muss. Und wenn er sie nicht macht, dann wird das in die Beweiswürdigung einfließen, ob er überhaupt ein Jugendlicher ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Bezüglich der Möglichkeiten für Asylwerber: Wir werden ihnen mehr Pflichten auferle­gen. Sie werden sich ständig bei der Polizei melden müssen, damit wir wissen, ob sie überhaupt noch im Land sind.

Wir geben sehr viel Steuergeld dafür aus, dass wir menschenrechtskonform, verfas­sungskonform und human Verfolgte schützen. Aber ich habe kein Verständnis dafür, wenn viele dieses System missbrauchen und sich mit falschen Angaben in unser Sys­tem hineinschwindeln. Das neue Gesetz wird das unterbinden. Es hat gezeigt, dass wir effizienter werden, wenn es darum geht, jemanden in das Herkunftsland zurückzufüh­ren. Jene beispielweise, die erst vorige Woche versucht haben, sich wieder in das 117. Verfahren hineinzukatapultieren, waren zwei Tage später wieder zurück im Koso­vo. (Anhaltender Beifall bei der ÖVP. – Abg. Scheibner: Das geht ja seit Jahren!)

10.26



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 22

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich mache darauf aufmerksam, dass die Rede­zeit aller weiteren Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Aktuellen Stunde laut § 97a Abs. 6 der Geschäftsordnung 5 Minuten nicht übersteigen darf.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Pendl. 5 Minuten Redezeit. – Bitte. (Bundesminis­terin Dr. Fekter: Wir gestalten Sicherheit!)

 


10.26.44

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine ge­schätzten Damen und Herren! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! In Zeiten, wo Landtagswahlen geschlagen werden, verlagert sich die Diskussion aus den Ländern hier ins Hohe Haus. Bis zu einem gewissen Grad verstehen wir das alles.

Lassen Sie mich aber eingangs dieser Debatte festhalten: Die Sicherheit ist ein wert­volles Gut. Die Sicherheit ist ein sensibler Bereich. Lassen Sie mich auch namens der Sozialdemokratie klar zum Ausdruck bringen, dass soziale Sicherheit und die klassi­sche Sicherheit in einem zu sehen sind. Es ist ein Grundrecht für alle Bürgerinnen und Bürger, die bestmögliche Sicherheit in ihrem Heimatland vorzufinden. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Kickl: Sie wollen sie ja auch für die Nicht-Bürger haben! Das ist ja das Problem!) Meine geschätzten Damen und Herren, dafür werden wir uns gemein­sam in dieser Bundesregierung einsetzen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Herr Kollege Haimbuchner, es kann noch so oft von diesem Rednerpult aus zum Aus­druck gebracht werden, ich werde auch nicht müde werden, es immer wieder in Erinne­rung zu rufen: Ihre Partei hat mit Regierungsverantwortung getragen, als die größten Wegrationalisierungen der Planposten in dieser Republik stattgefunden haben! (Beifall bei der SPÖ.)

Und lassen Sie mich aber auch eines klar zum Ausdruck bringen! (Abg. Kickl: Falsch!) – Macht euch das selbst aus, wer orange und wer blau ist!

Ich sage Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren: Diese Bundesregierung, die­ser Bundeskanzler und Vizekanzler haben erstmals die Trendwende herbeigeführt. Ich bedanke mich hier und heute bei der Bundesregierung dafür, meine sehr geehrten Da­men und Herren. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wir haben im Bereich der inneren Sicherheit erstmals wieder 2 000 Planstellen mehr, und wir haben auch in den Budgetansätzen wieder erstmals seit Jahren mehr an bud­getärer Vorsorge getroffen, um die Ausrüstung an den heutigen Stand der Technik he­ranführen zu können.

Frau Bundesministerin, die ersten Maßnahmen, die Sie mit Ihrem Stab und wir gemein­sam besprochen haben, zeigen bereits die ersten Früchte. Wenn Sie von der FPÖ schon Zahlen zitieren, dann zitieren Sie nicht Zahlen aus dem Jänner und Februar, sondern zitieren Sie Zahlen von jetzt – von August, von September –, denn dann wer­den Sie sehen, dass in allen klassischen Bereichen der Kriminalität eine eindeutige teil­weise zweistellige rückläufige Tendenz eingesetzt hat! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dafür gebührt unser gemeinsamer Dank den österreichischen Exekutivbeamten. Das tun wir doch gern: Herzlichen Dank für Ihren Einsatz, meine geschätzten Damen und Herren! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Strache: Die werden heute von der Frau Ministerin im Stich gelassen! – Abg. Mag. Stadler: Fleisch gewordene Danksagung!)

Frau Bundesministerin, ich meine, diesen von dieser Bundesregierung eingeschlage­nen Weg sollten wir in aller Deutlichkeit und mit allem Nachdruck weiterhin gehen. Ich sage: Die Zahlen machen uns sicher.

Meine geschätzten Damen und Herren, ich würde nur um eines bitten: Wir sollten die Menschlichkeit, die Humanität nicht auf die Seite schieben! Es ist nicht angepasst, hier


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ganze Völker pauschal zu verurteilen. Das lehne ich auch namens meiner Fraktion ab, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Jede Straftat ist zu verurteilen; jede Straftat ist eine zu viel. Wir sollten aber auf Grund­lage des Rechtsstaates auch mit Menschlichkeit an diese sensible und so wichtige Ar­beit für die Menschen in unserer Heimat herangehen. Wir sollten aber dieses so wichti­ge Thema nicht dazu benutzen, dass wir Menschen verunsichern. – Das ist auch abzu­lehnen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Kickl.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich lade Sie alle ein, an diesem eingeschla­genen Weg im Interesse unserer Bevölkerung, im Interesse der Menschen in unserer Heimat mitzuarbeiten! Wir werden im nächsten Monat in zwei Sitzungen des parlamen­tarischen Innenausschusses und auch hier im Plenum die notwendigen Beschlüsse zu fassen haben. Zeigen wir den Menschen in unserer Heimat, dass wir dieses Anliegen ernst nehmen! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

10.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kößl. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


10.32.03

Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Geschätz­te Damen und Herren! Ich kann nahtlos an die Worte meines Vorredners anschließen. Ich glaube, dass es wirklich in unseren Händen liegt, verantwortungsvolle Sicherheits­politik zu machen. Gerade das Parlament hat die Möglichkeit, in den nächsten Mona­ten im Zuge der Fremdenrechtsnovelle die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Ich möchte zu dieser heutigen Aktuellen Stunde eines schon sagen: Statt einer kon­struktiven Arbeit und einer verantwortungsvollen Rhetorik ist an und für sich nur Angst­macherei und Populismus an den Tag gelegt worden, der seinesgleichen sucht. (Abg. Strache: Die Realität wollen Sie gänzlich verleugnen?! – Abg. Dr. Haimbuchner – eine Zeitung in die Höhe haltend –: Das ist Populismus!) Gerade die FPÖ soll wirklich nicht den Landtagswahlkampf von Oberösterreich hierher in das Parlament verlegen! Das ist nicht angebracht. Ich glaube, gerade die Polizei in Oberösterreich hat eine aus­gesprochen gute Arbeit in den letzten Monaten und Jahren geleistet. Es ist nicht ange­bracht, das schlechtzureden! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Cap.)

Wenn hier von „Kampf dem Verbrechen statt leerer Versprechen“ gesprochen wird, dann möchte ich sagen: Das sind bei uns keine Schlagworte, sondern es wird tatsäch­lich in diese Richtung gearbeitet. (Abg. Strache: Wo denn?) Die leeren Versprechun­gen kommen von euch! Sagt mir einmal, was ihr in den letzten Monaten und Jahren in diese Richtung gemacht habt! (Beifall bei der ÖVP. – Ironische Heiterkeit bei der FPÖ.)

Eines muss man auch sagen: Es ist eine Gegebenheit – und da gebe ich Ihnen recht –, wir haben eine steigende Kriminalitätsrate von 5,5 Prozent von Jänner bis August des heurigen Jahres. Ehrlich wäre aber gewesen, wenn Sie von der Kriminalstatistik reden, dass Sie sagen, dass es eine Erhöhung der Aufklärungsquote in der Größenordnung von 8,1 Prozent gegeben hat. Das ist eine super Leistung unserer Exekutive. Das muss ebenfalls von dieser Stelle aus dementsprechend erklärt werden. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Neubauer: Super!)

Es wäre auch ehrlich gewesen, wenn ihr gesagt hättet: In den letzten drei Monaten hat es österreichweit einen Rückgang bei der Kriminalität in einer Größenordnung zwi­schen 10 und 15 Prozent gegeben. – Das wäre auch richtig und ehrlich gewesen. Das zeigt aber auch, dass genau die Maßnahmen, die von der Frau Innenminister und von


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der Polizei gesetzt werden, greifen. Das wäre ehrlich, und das ist richtig. So soll die Bevölkerung informiert werden. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Neubauer: Schaum­schläger!)

Eines muss man auch sagen: Die Kriminalität ist nicht nur in Österreich gestiegen, son­dern sie ist europaweit gestiegen. (Abg. Ing. Westenthaler: Also ist sie doch gestie­gen! – Abg. Strache: Jetzt ist sie doch gestiegen!) Die Frau Bundesminister hat es ja schon gesagt, wir zählen nach wie vor zu den sichersten Ländern der Welt.

Gerade bei uns ist alles unternommen worden, um die Strukturen bei der Polizei den geänderten Verhältnissen anzupassen. Das wurde gemacht und wird ständig gemacht. Es wurde auch erklärt, welche Maßnahmen gerade in Wien gesetzt wurden, die wirk­lich greifen.

Eine weitere Situation, die ehrlich und realistisch dargestellt werden muss, ist die Pres­seaussendung des Kollegen Strache, der erklärt hat, dass die DNA-Untersuchungen sündteuer sind und nur vom gerichtsmedizinischen Institut Innsbruck durchgeführt wer­den. Das ist nicht richtig. Es werden die DNA-Untersuchungen auch vom gerichtsmedi­zinischen Institut in Wien und natürlich auch in Salzburg durchgeführt. (Rufe beim BZÖ: Auch von Graz!) – Graz auch! Das ist eine ehrliche Sache. Der genannte Betrag von 250 € stimmt auch nicht, weil es gerade bei den DNA-Untersuchungen unter­schiedliche Kostensätze gibt. Da muss man sich schon besser informieren!

Gerade die Ergebnisse aus DNA-Untersuchungen sind in den letzten Jahren ein ganz wichtiger Beweisfaktor geworden. Ich meine, das müssen wir unterstützen und for­cieren. (Abg. Mag. Stadler: Aber sobald das Budget aufgebraucht ist, hören Sie auf! – Bundesministerin Dr. Fekter: Nein, haben wir aufgestockt und schichten um!)

Wir haben 2,8 Millionen € im vergangenen Jahr gerade nur für DNA-Untersuchungen eingesetzt! Ich glaube, das ist der richtige Weg. Ich bitte euch alle, dass wir die zukünf­tigen legistischen Maßnahmen, dass die Polizei effizienter arbeiten kann, gemeinsam hier in diesem Hohen Haus beschließen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

10.37


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Klubobmann Strache zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


10.37.04

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Innenministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde es schon beachtlich: Die Frau Innenministerin hat vorhin dargestellt, dass wir eine sinken­de Kriminalität haben, und Herr Kollege Kößl hat das zum Glück richtiggestellt, wie es in der Realität aussieht. (Bundesministerin Dr. Fekter: Nicht in Oberösterreich!) Wir haben eine steigende Kriminalität um 5,5 Prozent in Österreich, das heißt um 394 277 Straftaten. Wir haben eine Steigerungsrate, wo pro Minute 1,1 Straftat pas­siert. Auch der Sicherheitsmonitor in Oberösterreich zeigt eine Steigerungsrate auf.

Da können Sie heute hier schönfärben und Dinge schönreden, wie Sie das seit Jahren tun, aber davon hat der Bürger gar nichts, Frau Innenministerin! (Beifall bei der FPÖ.) Er hat gar nichts davon, dass Sie permanent so tun, als gäbe es keine Steigerungsrate in Österreich, wobei die Bürger ganz anderes wahrnehmen! Wir haben eine steigende Kriminalitätsentwicklung in vielen, vielen Bereichen, und Sie stellen sich dann her und verkaufen das als Erfolg.

Es bleibt Ihnen überlassen, wenn Sie das als Erfolg verkaufen. Wir haben im Bereich von Wohnungs- und Hauseinbrüchen Steigerungsraten von 40 bis 60 Prozent. Wien hat bei der Gesamtkriminalität einen Anteil von 45 Prozent aller Verbrechen, die in Ös­terreich stattfinden. In Oberösterreich sind es auch noch immer über 10 Prozent des Gesamtanteiles.


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Wir hatten in diesem Bereich eine Aufklärungsquote von nur 3 bis 5 Prozent in man­chen Bundesländern. Das heißt, 95 Prozent der Wohnungs- und Hauseinbrüche wer­den gar nicht aufgeklärt. Da können die Verbrecher frei Haus wieder nach Hause fah­ren und werden nicht erwischt, weil Sie nicht bereit sind, ohne Vorankündigung die Schengen-Grenzen einmal auszusetzen, um diese Gauner auch zu erwischen und dingfest zu machen. (Beifall bei der FPÖ.)

Da ist viel, viel zu tun, wo Sie nicht bereit sind, gegenzusteuern. Sie bilden eine SOKO Ost, ziehen die Beamten aus Oberösterreich, aus Kärnten, aus anderen Bundeslän­dern ab, wo sie dann fehlen. (Ruf bei der ÖVP: Aus der Steiermark!) Dann haben wir dort die Steigerungsraten! Wir haben einen Sicherheitskollaps, einen Sicherheitsnot­stand in Österreich, während Sie permanent von den Zahlen des Sicherheitsmonitors bis zur Veröffentlichung der Kriminalstatistik die Zahlen umoperieren und anders in der Öffentlichkeit darstellen.

Ich sage danke an die Exekutive, die, obwohl die Beamten heute von Ihnen als Innen­ministerin im Stich gelassen werden (Beifall bei der FPÖ), tausende Beamte mit Unter­besetzung zu kämpfen haben, damit zu kämpfen haben, dass sie teilweise auch keine gute Ausrüstung haben, trotz dieser personellen Unterbesetzung – wobei wir heute we­niger Exekutivplanstellen als im Jahr 1999 haben, das sind um 5 000 Exekutivplanstel­len weniger! – so gute Arbeit wie möglich leistet! Sie kann aber natürlich im Bereich der Prävention, im Bereich der Verbrechensbekämpfung und der Aufklärung mit dieser per­sonellen Unterbesetzung gar nicht erfolgreich sein.

Genau dort muss man doch gegensteuern. Da muss man doch statt einer SOKO Ost und dieses Schildbürgerstreiches zumindest 3 000 zusätzliche Exekutivplanstellen in Österreich umsetzen. Das wäre notwendig. Und da müssten mindestens 50 Prozent der neuen Planstellen in Wien angesetzt werden, wenn man heute die Gesamtkrimi­nalitätsentwicklung näher betrachtet. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben eine Situation, in der sich die Kriminalität in Österreich dramatisch ver­schlechtert und nicht verbessert. Und da können Sie als Innenministerin und als Regie­rung wegschauen, da können Sie so tun, als gäbe es das nicht, aber das wird nicht aufgehen, weil die Realität eine andere ist.

Ich sage Ihnen daher noch einmal: Setzen Sie die Schengen-Grenzen immer wieder ohne Vorankündigung für ein oder zwei Wochen aus – das hat bei der Fußball-Europa­meisterschaft funktioniert, es wird auch in diesem Bereich möglich sein –, damit wir dieser Kriminalität entgegenwirken können.

Sehen Sie auch der neuen Entwicklung in die Augen! Ich meine – das haben Sie heute angesprochen –, dass die organisierte Kriminalität osteuropäischer Banden natürlich ein spezielles Augenmerk verdient, dass wir, was die kriminalpolizeiliche Arbeit betrifft, natürlich auch die ethnischen Verbrechergruppen bewerten müssen, weil sie anders vorgehen, weil sie auch auf unterschiedliche Verbrechensbereiche spezialisiert sind und wir daher auch das besonders bewerten müssen. Da nützt auch nichts. Die heile multikulturelle Welt, die die Grünen da immer vorgeben, ist leider Gottes nicht Realität, sondern ganz im Gegenteil: Sie haben nichts Besseres zu tun, als die Wiener Polizei wegen angeblicher rassistischer Ermittlungsmethoden anzuzeigen. (Zwischenruf des Abg. Kickl.)

Das, sage ich Ihnen, ist wirklich schäbig, was Sie da getan haben, weil natürlich die Realität so aussieht, dass es Moldawier, Georgier et cetera, spezielle Gruppen gibt, die auf Wohnungs- und Hauseinbrüche spezialisiert sind, die auf Kfz-Einbrüche speziali­siert sind, auf die man mit unterschiedlichen Methoden auch von der polizeilichen Ar­beit her eingehen muss.


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Wir brauchen 3 000 zusätzliche Exekutivplanstellen, wir müssen die Schengen-Gren­zen zwischenzeitlich auch ohne Vorankündigung aussetzen, und wir müssen endlich die Sicherheitsentwicklung ernst nehmen und dürfen sie nicht schönreden, Frau Innen­ministerin! Die Bürger haben nichts davon, wenn Sie permanent versuchen, die Reali­tät anders darzustellen, als sie in Wirklichkeit heute der Fall ist. (Beifall bei der FPÖ.)

10.42


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Ing. Westentha­ler zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


10.42.29

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon interessant, wenn sich die Innenministerin hier her­stellt und die Augen vor der Realität verschließt und von einer sinkenden Kriminalität spricht. Alles nicht so schlimm, alles kein Problem.

Frau Ministerin, überlegen Sie sich einmal, was Sie da sagen, wenn Sie das auch auf Oberösterreich beziehen, denn Sie haben heute das Beispiel Oberösterreich erwähnt – no na net! –, es sind ja dort am Sonntag Wahlen. Aber das sollten sich auch die Bürger überlegen.

Ich frage Sie, ich frage Sie wirklich, Frau Ministerin: Was sollen sich jene 50 000 Ober­österreicherinnen und Oberösterreicher dabei denken, Familien, Frauen, Kinder, die in diesem Jahr Opfer einer strafbaren Handlung geworden sind? Was sollen sich die da­bei denken, wenn die amtierende Innenministerin von der Regierungsbank aus verkün­det, alles in Ordnung, nichts ist passiert? Was sollen sich die Familien, die Bewohner von Einfamilienhäusern und Wohnungen in Linz, in Freistadt, in Oberösterreich, in Ried dabei denken, wenn sie, 7 500 an der Zahl, Opfer eines Überfalles geworden sind und die Innenministerin sagt, es ist alles in Ordnung? – Frau Ministerin, nichts ist in Ord­nung! Wir haben eine Kriminalitätsstatistik und Zahlen wie noch nie zuvor, und das soll­ten Sie endlich eingestehen, Frau Ministerin! (Beifall beim BZÖ.)

68 strafbare Handlungen pro Stunde passieren derzeit in Österreich, Kollege Strache hat es gesagt: rund 400 000 insgesamt. Wir haben 1 600 strafbare Handlungen pro Tag. Da Sie auch Oberösterreich erwähnt haben: Was die Wohnungseinbrüche anbe­langt, ist vor allem Linz ganz besonders betroffen. In Linz hat es bei der Zahl der Woh­nungseinbrüche eine Steigerung von 10 Prozent gegeben. Und wissen Sie, wie hoch die Aufklärungsrate in Linz ist? – 1,4 Prozent! Wissen Sie, was das heißt, Herr Kollege Kapeller? – Nur jeder 70. Wohnungseinbruch in Linz wird überhaupt aufgeklärt! Das ist in Wirklichkeit eine Bankrotterklärung Ihrer Politik und keine ordentliche Entwicklung der Aufklärungsrate! (Beifall beim BZÖ.)

Man könnte das fortsetzen mit Zahlen aus Wien, die wirklich beeindruckend sind, wo wir 41 Prozent Steigerung bei der Zahl der Einbrüche in Einfamilienhäuser, bei Woh­nungen 11 Prozent haben. So zieht sich das quer durch die Bank, Frau Ministerin, und Sie reden so, wie wenn nichts wäre. Ist eh logisch, denn Sie haben ja anderes zu tun. Die Frau Ministerin kümmert sich nicht um die Aufklärung von Kriminalität und um die Vermeidung von Kriminalität und Verbrechen, sondern die Frau Innenministerin verfolgt lieber die Oppositionspolitiker mit dem BIA, mit der schwarzen Geheimpolizei im Innen­ministerium. Da werden Handys überwacht. Da werden, wie wir jetzt im Untersu­chungsausschuss erfahren haben, für jede Partei Wächter abgestellt, die aufpassen, dass die Oppositionsparteien nur nichts anstellen.

Frau Ministerin, das, was Sie da betreiben, ist in Wirklichkeit ein echter Skandal: Be­spitzelung von Abgeordneten, Wächterstaat gegenüber Oppositionsparteien.

Ich sage Ihnen hier an dieser Stelle eines ganz deutlich: Sie können die Kriminalitäts­statistik leugnen, Sie können die Menschen draußen für dumm verkaufen, Sie können


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von uns Oppositionspolitikern, Uschi Haubner, Ewald Stadler oder auch von mir, von wem auch immer, die Handys überwachen, Sie können uns via BIA bespitzeln lassen, Sie können uns schikanieren, anzeigen, ja sogar verurteilen, aber eines, Frau Ministe­rin, werden Sie nicht können: uns den Mund verbieten, um so zu verhindern, dass wir uns für die Menschen einsetzen und der Anwalt der Bürger sind, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Einer IMAS-Studie (der Redner zeigt diese) – haben Sie das gelesen? –, also einer Studie eines international renommierten Institutes, mit dem Titel „Erlebte Kriminalität“, ist Folgendes zu entnehmen: Jeder zweite Österreicher ist schon einmal Opfer einer Straftat geworden. 28 Prozent waren Opfer von Diebstählen, 12 Prozent haben bereits Einbrüche in Österreich erlebt. Frau Ministerin! Das ist die „erlebte Kriminalität“, nicht die, von der Sie sprechen, die es angeblich nicht gibt. Auch eine beeindruckende Ge­schichte.

Und was machen Sie dagegen? – Sie gründen eine SOKO nach der anderen, zum Bei­spiel die SOKO Ost. Da ziehen Sie die Polizisten von Oberösterreich ab, damit sie wo­anders Dienst versehen. Das bringt überhaupt nichts. Ich glaube, heute haben Sie die Einsetzung einer „SOKO Handtaschendiebstahl“ angekündigt, die Sie für sich selber einrichten, damit Sie Ihre Handtasche wiederfinden. Sie richten eine SOKO ein, die völ­lig sinnlos ist. Sie installieren per Gesetz ein Bleiberecht, damit kriminelle Ausländer, nur wenn sie Bleiberecht schreien, im Land bleiben dürfen. Und Sie führen letztlich auch ein Haftentlastungspaket ein, das seit der Einführung voriges Jahr 2 000 Verbre­cher wieder auf die offene Straße gestellt hat, nur weil sie sich gemeldet haben und wieder freikommen wollten. Das ist ein Skandal!

Wissen Sie, was die einzige Maßnahme ist, die Sie endlich einmal durchführen sollten, um die Kriminalität von Ausländerbanden, von Einbruchsdiebstahlbanden und so wei­ter zu verhindern? – Schließen Sie endlich die Grenzen! Nur wenn Sie die Grenzen nach Schengen dicht machen, dann haben wir die Möglichkeit, dass wir die Kriminalität ein für alle Mal in die Schranken weisen! (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Und zum Schluss, Frau Ministerin: Wir haben jetzt von Ihrem obersten Terrorbekämp­fer, von BVT-Chef Gridling, erfahren, dass hier in diesem Land bestausgebildete Terro­risten, die sich im Ausland in Terroristencamps ausbilden lassen, frei herumlaufen. Die sind alle unter uns, unter den Menschen hier in diesem Land, laufen herum, werden nicht angehalten, können nicht verfolgt werden, weil es diese Regierung sei zwei Jah­ren nicht zustande bringt, dass die Ausbildung in einem ausländischen Terrorcamp hier in Österreich zu einem Straftatbestand wird. Da sind Sie säumig. Wir werden heute einen Antrag einbringen, damit endlich auch die Terrorbekämpfung in diesem Land Hand und Fuß bekommt, damit Terroristen von der Bildfläche in diesem Land auch endlich verschwinden. (Beifall beim BZÖ.)

10.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Mag. Korun zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


10.47.56

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste auf der Galerie! Nun ist es eine Tatsa­che, dass die Zahl der Wohnungseinbrüche, die Zahl der Eigentumsdelikte in den letz­ten Jahren und Monaten massiv gestiegen ist. Sehr geehrte Frau Ministerin, lassen wir bitte die Kirche im Dorf! Wenn es eine Gesamtaufklärungsquote von zirka 5 Prozent bei Eigentumsdelikten, bei Wohnungseinbrüchen gibt, wenn diese Aufklärungsquote in


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Wien ganze 3 Prozent – ich wiederhole: 3 Prozent! – beträgt, dann ist es wohl ein Witz, wenn Sie sich hier herstellen und sagen, Österreich wird bald zum sichersten Land der Welt. Und das sage ich nicht nur als Abgeordnete dieses Hauses, sondern das sage ich als Betroffene eines solchen Eigentumsdelikts, eines Wohnungseinbruchs, der lei­der und „natürlich“ – unter Anführungszeichen – unaufgeklärt geblieben ist.

Den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Haimbuchner schließe ich mich in einem einzigen Punkt an, nämlich dass es wirklich stimmt, dass die Zerschlagung der Polizei­strukturen unter ÖVP-Innenministern zwecks Einfärbung, Schwarzeinfärbung der Poli­zei nun uns allen dieses Ergebnis beschert. (Bundesministerin Dr. Fekter: Rot-weiß-rot!) – Schwarz eingefärbt, sehr geehrte Frau Ministerin, das wissen Sie auch, was uns diese Polizeireform beschert hat.

Zweiter Punkt. Die Rede der Frau Innenministerin war (Ruf bei der ÖVP: Ausgezeich­net!) sehr typisch, nämlich Einwanderung wieder einmal als Sicherheitsthema. Hier geht es um Wohnungseinbrüche, hier geht es um Kriminalität. Und was nennt die In­nenministerin wieder einmal? – Asylwerber als pauschal verdächtigte Gruppe, Asylwer­ber angeblich als pauschal kriminelle Gruppe. Sie redet von DNA-Tests und von Alters­feststellungen, von falschen Angaben bei den Asylbehörden. (Abg. Scheibner: Was haben Sie dagegen, dass man das aufklärt?)

Ich frage mich, was falsche Angaben zur Identität bei Asylbehörden mit Straftaten und Kriminalität zu tun haben, Frau Ministerin. (Beifall bei den Grünen. – Ironische Heiter­keit.)

Falsche Angaben sind falsche Angaben, und die werden auch zu bestimmten Ergeb­nissen führen. Eine falsche Angabe ist aber kein Diebstahl, ist kein Wohnungsein­bruch, ist keine Vergewaltigung und ist kein Mord. (Zwischenbemerkung von Bundes­ministerin Dr. Fekter.) Also lassen wir die Kirche im Dorf! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Jene – egal, ob sie Asylwerber, Ausländer oder Inländer sind –, die eine Straftat bege­hen, gehören vor Gericht gestellt. Die müssen ein Gerichtsverfahren bekommen, und wenn ihre Schuld bewiesen wird, bekommen sie hoffentlich von unseren Gerichten ihre gerechte Strafe. Und das ist auch gut so. (Beifall bei den Grünen.)

Frau Ministerin, nun zu einem anderen Punkt, wo Sie den Grünen vorgeworfen haben, eine Anzeige erstattet zu haben. Natürlich haben die Grünen eine Anzeige erstattet, denn was die Wiener Polizei unter dem Titel „Überprüfung von Ethnien“ aufführt, das ist wirklich jenseits von Gut und Böse. Und ich erzähle Ihnen jetzt, wie das abläuft. (Ruf: Geht schon!) Wiener Polizeibeamte besuchen völlig unbescholtene Bürger und Bürgerinnen, die in Wien leben, die zufällig aus einem bestimmten Land stammen, und bekommen die Frage präsentiert – ich zitiere aus dem „Falter“-Bericht –: „Sind Sie Tschetschene, Moldawier oder so irgendetwas?“

Das sind Polizisten in Zivil, die Leute aufsuchen, beispielsweise einen Sozialarbeiter, der seit 16 Jahren in Österreich lebt, legal hier lebt, als Sozialarbeiter arbeitet, oder den Schachtrainer der georgischen Frauennationalmannschaft, einen Opernsänger, sogar die Konsulin, einen Restaurator oder Künstler.

Das ist Ihre Sicherheitspolitik, sehr geehrte Frau Ministerin? Durch „Ethnic Profiling“, also sozusagen Rassenkontrolle, würde ich es nennen (Zwischenrufe beim BZÖ), wer­den Daten von Menschen weitergeleitet ohne ihr Wissen, sie werden dann zu Hause aufgesucht und bekommen die Frage gestellt: „Sind Sie Tschetschene, Moldawier oder so irgendetwas?“, und dann werden sie verdutzt zurückgelassen. Verstehen Sie das wirklich allen Ernstes unter Sicherheitspolitik (Abg. Hagen: Das sind organisierte Ban­den!), unbescholtene ausländisches Staatsangehörige, nur weil sie einen georgischen oder moldawischen Pass haben, aufzusuchen? (Beifall bei den Grünen.)


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Das ist ein Skandal, sehr geehrte Frau Ministerin! Das ist ein menschenrechtlicher Skandal! Und der zweite Punkt, der genauso wichtig ist, ist, das führt auch zu nichts. Durch diese Vorgehensweise wird keine einzige Kriminaltat aufgeklärt werden können. Und Sie sind verantwortlich für diese Politik, sehr geehrte Frau Ministerin! (Beifall bei den Grünen.)

10.53


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

 


10.53.15

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Österreich besteht aus neun Bundesländern, nicht nur aus Oberösterreich oder aus Wien, wo entweder nächsten Sonntag die Landtags­wahlen stattfinden werden oder in einem Jahr. Ich komme aus dem Westen Öster­reichs. Dort, kann ich Ihnen sagen, ist die Trendwende geglückt. Wir haben in Tirol mehr aufgeklärte Fälle, wir haben in Tirol weniger angezeigte Fälle, in Vorarlberg und in Salzburg das gleiche Bild.

Noch etwas: Wir haben in Tirol, in Innsbruck vor allen Dingen, große Probleme mit der sogenannten Nordafrikanerszene gehabt. Ich kann nur sagen: Einen herzlichen Dank der Polizei! Es wurde gearbeitet, punktgenau gearbeitet, die Lage hat sich entspannt (Zwischenruf des Abg. Dr. Königshofer) – Herr Abgeordneter Königshofer, Sie wissen das auch –, Gott sei Dank für die Bevölkerung in Innsbruck und für die Sicherheit in un­serer Stadt. (Beifall bei der SPÖ.)

Wie ist das gelungen? – Aufnahmeoffensive statt Aufnahmestopp, vermehrte Schu­lungsmaßnahmen im Bereich des Tatorts, der Spurensicherung. Frau Ministerin, was da noch notwendig ist, ist eine Evaluierung dieser Polizeireform. Wir brauchen neue Antworten für die städtischen Bereiche, für jene Bereiche, wo sehr viele Menschen le­ben. Ich vermisse immer noch das mobile Einsatzkommando für die mittlere Gefahren­lage. Da sollte nachjustiert werden.

Sehr geehrte Damen und Herren, sicher ist es so, dass jetzt die Zahl der Raubüberfälle zurückgegangen ist, dass auch die Kriminalität bei den Selbstbedienungstankstellen et cetera zurückgegangen ist. Was aber immer wieder nicht so im Fokus der Öffentlich­keit steht, das ist ein wichtiger Bereich, jede fünfte Frau ist davon betroffen, das ist die Frage der Gewalt in der Familie.

Gestern – und da möchte ich der Frau Präsidentin ganz herzlich danken – erlebte der Film „Das weiße Band“ hier im Haus seine Premiere. Das war ein eindrucksvoller Film, das war ein eindrucksvoller Abend, Bilder sagen mehr als tausend Worte, das war auf­wühlend und hat gezeigt, wie subtil Gewalt oft ausgeübt wird. Gewalt, Tod in dem Raum, wo es oft am schwierigsten zu erleiden ist, wo ein Mensch am verletzlichsten ist, nämlich in den eigenen vier Wänden. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben dagegen gearbeitet, diese Bundesregie­rung, wir im Parlament haben das 2. Gewaltschutzpaket beschlossen, das genau da­rauf Rücksicht nimmt, das lang andauernde Gewalt in Familien, Beziehungen bekämp­fen wird. Es ist in Kraft getreten, der erste Teil im Mai, der zweite Teil im August dieses Jahres. Ich bin mir sicher, auch mit Unterstützung der Gewaltschutzzentren, denen ich hier danken möchte, die eine gute Arbeit für die Opfer leisten, dass den Opfern von Gewalttaten in der Familie vermehrt Schutz gegeben wird, dass für diese vermehrt et­was getan wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren, ein wichtiger Problempunkt ist auch Menschenhan­del, mit dem sich gerade letzte Woche die OSZE zwei Tage lang beschäftigt hat, und


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das ist eines der grauslichsten Verbrechen, die in den letzten Jahrzehnten zu verzeich­nen sind. Es werden nach wie vor Menschen als Ware verbracht, oft vom Osten Euro­pas, ob von Moldawien, von der Ukraine, von Russland, von wo auch immer. Hier wer­den diese Frauen ihrer Identitätspapiere beraubt – sie arbeiten hier nicht als Serviere­rin, als Haushaltshilfe oder als Kindermädchen – sondern müssen hier der Zwangs­prostitution nachgehen. Das ist eine Schande. (Abg. Strache: Da sollten Sie mit Bür­germeister Häupl reden!)

Ein Mensch ist keine Ware! Auch da ist Österreich vorbildlich. Wir werden immer wie­der als Beispiel genannt, ob im Europarat, ob bei der OSZE. Da haben wir vorbildliche Gesetze. Wir müssen noch eines schaffen – und das ist im Koalitionsübereinkommen verankert, Herr Kollege Strache –: eine Notwohnung für die Opfer, damit diese Opfer – und das sind vor allen Dingen Frauen – entsprechenden Zeugenschutz erhalten, damit diese Frauen ihre Peiniger, die Schlepper, entsprechend anzeigen können, entspre­chend aussagen können. Das muss unser Angriffspunkt sein, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Reden Sie mit Bürgermeister Häupl! Bür­germeister Häupl schützt diese Struktur! Das ist der Skandal!)

Wir müssen überall dort helfen, wo Gewalt passiert, und nicht nur den Fokus auf das legen, was uns gerade gefällt.

Herr Kollege Strache, ich sage Ihnen eines: Österreich besteht aus neun Bundeslän­dern, und die Gerichtsmedizin Innsbruck macht vorbildliche Arbeit unter Professor Scheithauer und Professor Rabl. Ich glaube, es schadet nicht, wenn auch ein anderes Bundesland Arbeiten machen kann wie DNA-Analysen. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf: Bravo!)

10.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Ka­peller. 5 Minuten. – Bitte.

 


10.58.44

Abgeordneter Ing. Norbert Kapeller (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzte Frau Bundesministerin! Lieber Manfred! Missstände sollst du dort aufzeigen, wo sie auch sind, und darum bitte ich dich als Mitglied des Prüfungsausschusses in deiner Heimatgemeinde Steinhaus rund um deinen FPÖ-Bürgermeister. (Abg. Dr. Haimbuchner: Das ist ein Skandal! – Abg. Strache: Seit 30 Jahren erfolgreicher Bürgermeister! Das tut der ÖVP weh!) – Einleitend. (Beifall bei der ÖVP.)

Zweitens einleitend: Ich danke dir herzlich dafür, dass wir heute auch via Fernsehen die Möglichkeit haben, den guten oberösterreichischen Weg auch in der Sicherheitspo­litik dazustellen, denn dank eines Landeshauptmannes und Finanzreferenten Dr. Josef Pühringer ist Oberösterreich schuldenfrei und kann daher die Finanz- und Wirtschafts­krise, die derzeit herrscht oder geherrscht hat, am besten bewältigen. Dank eines Lan­deshauptmannes Dr. Josef Pühringer gibt es im Bundesländervergleich in Oberöster­reich für die meisten Menschen Arbeit und die niedrigste Arbeitslosenquote seit jeher. (Zwischenrufe beim BZÖ.) Dank eines Landeshauptmannes Dr. Josef Pühringer ist das gemeinsam mit der Frau Bundesministerin Maria Fekter auch im Sicherheitsbereich möglich.

Zusätzliche 400 Beamte sorgen in Oberösterreich für Sicherheit! – Noch etwas, lieber Manfred: Bitte, nenn die richtigen Zahlen!

Jetzt möchte ich mich auf Oberösterreich konzentrieren (Zwischenruf bei der FPÖ), denn in Oberösterreich sind wir meinen Kolleginnen und Kollegen wirklich zu Dank ver­pflichtet.

Es ist auch in Oberösterreich, einem großen Bundesland mit Ballungszentren und Grenzraum, gelungen, die Trendwende herbeizuführen, und das möchte ich anhand


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einiger richtiger Zahlen dokumentieren. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Strache: Sind das die geschönten Fekter-Zahlen nach dem Sicherheitsmonitor?) – Nein. Ich möchte das dokumentieren, denn die genannten Zahlen sind einfach irgendwo herausgenommen oder falsch interpretiert, und zwar bewusst falsch interpretiert. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

In Oberösterreich ist beim Indikatordelikt Einbruchsdiebstahl ein Rückgang in zwei ver­schiedenen kriminalpolizeilichen Lagen evident: Auf der einen Seite sind Einbruchs­diebstähle im Grenzraum rückläufig – in meinem Heimatbezirk um 8,6 Prozent, in Rohrbach um fast 40 Prozent und in Urfahr-Umgebung um 20 Prozent. Das ist der Grenzraum, eine spezielle Sicherheitslage.

Auf der anderen Seite ist der Ballungsraum Linz – und da verstehe ich Ihre Zahlen nicht. (Abg. Strache: Was sagt der Vizebürgermeister der ÖVP? – Linz ist die unsi­cherste Stadt Österreichs! Der ÖVP-Vizebürgermeister spricht von der unsichersten Stadt, und die Frau Bundesminister hört nicht einmal auf ihren eigenen Bürgermeister!) Westenthaler nannte plus 10 Prozent. Die letzten Zahlen beweisen aber, dass im letz­ten Vierteljahr das Indikatordelikt Einbruchsdiebstahl auch im Ballungsraum Linz um 10 Prozent rückläufig war.

Das ist auf die gute Arbeit der Polizei, der Kolleginnen und Kollegen zurückzuführen, aber auch auf die gute kriminalstrategische Arbeit der oberösterreichischen Polizeifüh­rung.

Aber nicht nur, dass wir denen zu Dank verpflichtet sind. In Wirklichkeit sind solche Zahlen nur dann möglich, wenn vorausschauend Politik betrieben wird, wenn es auch in der Vergangenheit immer gepasst hat. Und in Oberösterreich passt es einfach! Da­her bin ich froh, wenn am kommenden Sonntag auch die entsprechende Wahlentschei­dung getroffen wird.

Herr Kollege Westenthaler, Sie haben 50 000 Opfer genannt. Die Zahl 50 000 ist wirk­lich erschreckend. Das macht Angst. Aber ich möchte Sie auch einmal darauf hinwei­sen, dass bei diesen 50 000 Opfern auch Tausende Beteiligte an Verkehrsunfällen mit­gezählt sind. Das muss man zur Kenntnis nehmen (Abg. Ing. Westenthaler: Nein! Nein!) Ja, doch! Das sind Vergehen! Ein Verletzter bei einem Verkehrsunfall mit Fremdverschulden, das ist ein Vergehen (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Dr. Fekter) und wird da mit eingerechnet.

Nennen Sie richtige Zahlen! Machen Sie Mut! Schüren Sie nicht nur Angst! (Beifall bei der ÖVP.)

Die Österreicherinnen und Österreicher verdienen in einer Zeit, in der es für den Ein­zelnen nicht so einfach ist – aus wirtschaftlichen oder anderen Gründen –, Politiker, die ihnen Mut machen, die sie an der Hand nehmen und gekonnt mit Wissen und Kompe­tenz durch schwierige Zeiten begleiten – und nicht nur Polemik betreiben und immer al­les schlecht darstellen. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Ursula Haubner.)

Der oberösterreichische Weg hat es gezeigt: In Oberösterreich wird durch voraus­schauende Politik schon über Jahrzehnte hinweg in allen Lebensbereichen ein Gefühl der Sicherheit geschaffen; ein Gefühl, das bewirkt, dass man gerne in Oberösterreich lebt und wohnt.

Ich danke dir, lieber Manfred Haimbuchner, dass wir das heute bei diesem Thema dar­stellen konnten. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Ich bin überzeugt davon, dass es eines ge­meinsamen Kraftaktes bedarf, damit diese Entwicklung in ganz Österreich stattfinden kann, und dazu sind Sie alle herzlichst eingeladen.

Es liegen einige Gesetzentwürfe im Justizministerium, im Parlament und im Innenres­sort auf, mit denen die Kompetenzen und Befugnisse der Polizei dahin gehend gestärkt


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werden sollen, dass die Kriminalität mit modernen und adäquaten Mitteln bekämpft werden kann. – Danke. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Die ÖVP-Fraktion glaubt, sie ist auf dem Oktoberfest!)

11.03


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Vilimsky mit 5 Minuten Redezeit zu Wort. – Bitte.

 


11.04.01

Abgeordneter Harald Vilimsky (FPÖ): Frau Präsident! Frau Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich jetzt den Stand der Diskussion un­gefähr so zusammenfassen: Es gibt eine ÖVP, die sagt, sie hat die beste Sicherheits­politik Österreichs, vielleicht die beste Sicherheitspolitik der Welt oder die beste Sicher­heitspolitik des Universums. (Abg. Kopf: Tun wir nicht übertreiben!) – Die realen Fak­ten sprechen leider von einer völlig konträren Politik.

Wir haben eine SPÖ, die zur Sicherheitspolitik nicht viel zu sagen hat, die ihre Wunden leckt und überlegt, wie sie die letzten treuen Genossen (Ruf bei der SPÖ: Haha!) in den Sektionen noch vor der Wählerflucht retten kann.

Und es gibt uns, es gibt uns als stärkste Oppositionspartei, die durch parlamentarische Anfragen, durch Investigativarbeit, durch Kontakt zu den Exekutivbeamten Dinge auf­zeigt, die Ihnen, Frau Minister, unangenehm sind. Aber wenn wir die Dinge nicht auf­zeigen, ändert sich überhaupt nichts! (Beifall bei der FPÖ.)

Frau Bundesminister, ich erinnere mich an eine Sitzung des parlamentarischen Innen­ausschusses, die noch nicht allzu lange her ist, in der Sie mich vor versammelter Mannschaft gescholten haben und sich ungeheuer beklagt haben darüber, dass Harald Vilimsky so viele parlamentarische Anfragen stellt (Bundesministerin Dr. Fekter: Ich habe Sie nicht gescholten!) und Sie gar keine Zeit mehr haben, die Kriminalität zu be­kämpfen. Nur, weil Sie endlich das Zahlenmaterial herausrücken müssen, das Sie mit Tricks, mit Verschleierung, mit Vernebelung gegenüber der Öffentlichkeit irgendwo ver­harmlosen wollen.

Ich kann Ihnen nur eines sagen: Ich werde mit diesen parlamentarischen Anfragen nicht aufhören! (Beifall bei der FPÖ.) Ich werde mich auch nicht davon abhalten las­sen, wenn Sie mir das BVT, das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismus­bekämpfung, nachschicken, um zu erfahren, wie meine parlamentarischen Anfragen zustande kommen. (Abg. Ing. Westenthaler: Spitzelpolizei!) Es ist ein heiliges Recht dieses Hohen Hauses, Anfragen zu stellen! Nur, weil es Ihnen unangenehm ist (Zwi­schenruf des Abg. Großruck) und Ihnen die Kriminalität und deren Bekämpfung an al­len Ecken und Enden aus den Händen rutscht, lasse ich mir das mit Sicherheit nicht verbieten! (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren von der ÖVP, eine Behauptung in Ihre Richtung: Die Polizei- und die Exekutivbeamten verdienen es nicht, aus Ihrem Mund gelobt zu werden. Sie lassen die Exekutive, wo es geht, im Regen stehen. (Beifall bei der FPÖ.) Sie sorgen nicht für ordentliche Bedingungen. Sie sorgen nicht für eine ordentliche Besoldung der Exekutivbeamten. Die Polizeiinspektionen verwahrlosen! Gehen Sie einmal in eine Po­lizeiinspektion! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Schauen Sie sich das an!

Die Arrestanten, die Verhafteten, können dort unter fünf Menüs gratis wählen, während sich die Polizisten bei irgendeinem Fleischhauer um zwei Leberkässemmeln anstellen müssen. Das ist Ihre Politik! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Großruck: Wo lebst denn du?)

Ich behaupte eines: Wenn einmal der Ernstfall eintritt – wie es in Krems war, mit einem tragischen Zwischenfall, der untersucht und aufgeklärt gehört –, hätte die Innenministe-


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rin die Pflicht, sich hinter die Beamten zu stellen und den Beamten einen Vertrauens­vorschuss zu geben (Beifall bei der FPÖ) – einen Vertrauensvorschuss, und zwar so lange, bis das Gegenteil bewiesen ist. Sie sollte einen Verbrecher nicht auf die gleiche Stufe wie einen Polizisten stellen! Das ist eine Sicherheitspolitik, die irre, unanständig und schlecht ist! (Neuerlicher Beifall bei der FPÖ.)

Man kann Frau Kollegin Korun, die sagt, die ganze Kriminalität, die sich hier manifes­tiert, ist fernab vom Phänomen der Migration, nur entgegenhalten, dass sie völlig an den Fakten vorbei argumentiert, denn überall steht deutlich, dass es Georgier, Molda­wier oder Ukrainer sind, die in den Schengenraum eindringen und bei uns nach Asyl schreien; und der einzige Grund dafür, hier eine Aufenthaltsgenehmigung zu erreichen, ist, hier kriminellen Machenschaften nachgehen zu können.

30 000 offene Verfahren haben wir, zirka 10 000 kommen im Jahr dazu, und 10 000 Asy­lanten werden jedes Jahr straffällig. Und Sie verharmlosen es, wenn irgendjemand einen falschen Namen und eine falsche Identität angibt, und sagen, das sei doch in Ordnung. Ich sage Ihnen: Ein ordentlicher Mensch macht vor einer Behörde keinen fal­schen Namen, keine falsche Meldeadresse und keine falsche Identität namhaft. Bei einer Person, die das tut, kann man davon ausgehen, dass sie kriminell ist. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf bei den Grünen.)

Wenn Sie etwas Sinnvolles zur Bekämpfung der Kriminalität tun möchten – es ist heute schon mehrfach gefallen –, dann bedenken Sie Folgendes: Schengen ist jetzt, zumin­dest über einen gewissen Zeitraum, dicht zu machen! Denn: Jeder Kriminalist wird Ih­nen sagen, dass ein Gutteil der Diebesgüter direkt in den Osten geht und die Leute aus der Ukraine, aus Moldawien, aus Georgien zu uns kommen, hier die Häuser ausräu­men, die Autos aufbrechen und teilweise Sachen mit der Post nach Hause schicken.

Wenn wir das nicht in den Griff bekommen, dann werden Sie die Kriminalität nicht zu­rückdrängen können, schon gar nicht dann, wenn Sie nur ein bisschen an den Zahlen arbeiten.

Gehen Sie einmal hinaus und reden Sie mit den Menschen! Es gibt kaum noch jeman­den in Wien (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen), der nicht traurige Bekanntschaft mit der Kriminalität gemacht hat.

Ich wünsche mir für Oberösterreich einen Landesrat Haimbuchner – dann wird es bes­ser! Und für Wien wünsche ich mir einen Bürgermeister Strache – das ist Sicherheits­politik im Interesse der Wiener! – Danke. (Beifall und Bravorufe bei der FPÖ. – Zwi­schenrufe bei der ÖVP.)

11.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Haubner zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


11.09.39

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Herr Kollege Kapeller – ich weiß nicht, ob er im Saal ist (Ruf bei der ÖVP: Natürlich!) – hat gesagt, dass die Menschen sich wünschen, dass die Politik sie an der Hand nimmt. Ich glaube, damit haben Sie sich arg getäuscht, Herr Kollege, denn die Menschen wollen nicht an der Hand genommen werden, son­dern die Politiker beim Wort nehmen können. (Beifall beim BZÖ.)

Die Menschen haben es satt – auch in Oberösterreich –, ständig mit leeren Verspre­chungen vor den Wahlen hingehalten zu werden; seien es die leeren Versprechungen betreffend die zusätzlichen Polizisten, die Arbeitsplätze in der Ökobranche, das Perso­nal im Pflegebereich. (Zwischenruf des Abg. Großruck.)

Die Menschen haben es aber auch satt, wenn die SPÖ sagt: Wir machen in Oberöster­reich einen Vertrag mit Oberösterreich! – Dieser Vertrag mit Oberösterreich bezie-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 34

hungsweise mit Österreich ist ein alter Hut, den hat Jörg Haider schon im Jahre 1995 gemacht. Sie greifen da etwas auf, was Ihnen kein Mensch mehr glaubt.

Gerade mit der Sicherheit soll man sich nicht spielen, meine Damen und Herren (Bei­fall beim BZÖ), denn Sicherheit ist für die Menschen ein Maßstab für die Lebensquali­tät. Und die Lebensqualität gerät bei den Menschen – dies hört man, wenn man mit ih­nen spricht – gehörig ins Wanken, da müssen sie gar nicht Opfer eines Überfalls ge­worden sein. Die Menschen haben Angst! Sie haben ein Gefühl der zunehmenden Un­sicherheit – der Unsicherheit in ihren Wohnungen, in ihren Häusern, was ihr Eigentum anlangt, was Gewaltdelikte und Gewaltakte anlangt.

Da hier Zahlen ausgetauscht wurden – die vorliegenden Fakten sind ganz klar; Kollege Westenthaler hat das Beispiel Linz schon gebracht –: In Linz wurde im Jahr 2009 bei Einbrüchen in Betriebsgebäude, Scheckbetrug, Diebstahl von Geldausgabeautomaten, Raubüberfällen in Geldinstituten und Postämtern bislang kein einziger Täter ausge­forscht! Da kann doch die Welt nicht in Ordnung sein, da kann man doch nicht sagen, dass wir in einer heilen Welt leben! (Beifall beim BZÖ.)

Niemand weist darauf hin, dass die Jugendkriminalität in den letzten Jahren so stark gestiegen ist. Um 23 Prozent ist die Jugendkriminalität angestiegen – bei Jugendli­chen, die in einem Alter sind, in dem sie fast noch Kinder sind. Wo sind die Antworten darauf? Was tun wir da? – Da machen Sie alle die Augen zu und tun so, als wäre die Welt in Ordnung!

62 Prozent der oberösterreichischen Bevölkerung haben laut einer Market-Umfrage ge­sagt, dass sie überzeugt davon sind, dass eine der Ursachen für die große Unsicher­heit in unserem Land der Wegfall der Grenzkontrollen ist. Und genau diese Grenzkon­trollen müssen vorübergehend wieder eingeführt werden. Das ist eine Forderung, die das BZÖ hier schon gestellt hat und die wir auch in Oberösterreich stellen! (Beifall beim BZÖ.)

Zu den Exekutivbeamten: Ich weiß genauso wie Sie alle, dass die Exekutivbeamten großartige Arbeit leisten. Wer in den Dienststellen ist und mit den Exekutivbeamten spricht, der weiß auch, dass niemand daran glaubt, dass das Personal aufgestockt wird. Sie alle sind sehr frustriert, weil sie nicht genügend Personal für den Außendienst haben.

Da muss man mit ehrlichen Zahlen zielgerichtet agieren, und daher sage ich noch ein­mal: Bitte versprechen Sie vor den Landtagswahlen nicht wieder 400 Polizisten für Oberösterreich, wenn Sie genau wissen, dass 320 Polizisten in Pension gehen und die tatsächliche Zahl nicht stimmt. (Beifall beim BZÖ.)

Größter Handlungsbedarf besteht aus meiner Sicht bei den straffällig gewordenen Asylwerbern. Im Jahr 2008 sind allein in Oberösterreich 1 800 Asylwerber straffällig ge­worden – mit Delikten gegen Leib und Leben, mit Diebstahl, Sittlichkeit und so weiter.

Ein Fall, der medial bekannt wurde, ist ja heute schon erwähnt worden: der Fall des Vergewaltigers aus Kamerun, der zwar abgeurteilt wurde, seine Haft abgesessen hat, aber nun seit fünf Jahren in Oberösterreich bei freier Kost und Logis leben kann (Ruf beim BZÖ: Auf Steuerzahlerkosten!) und dessen Abschiebung von Tag zu Tag, von Woche zu Woche verzögert wird.

Diese Brisanz der Problematik, Frau Bundesministerin, ist Ihnen nicht erst seit diesem Fall bekannt, sondern das wissen Sie schon seit April 2008. (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Dr. Fekter.) Es hat einen gemeinsamen Beschluss der Landeshaupt­leutekonferenz, damals noch auf Drängen von Jörg Haider, gegeben, dass straffällig gewordene Asylwerber zügiger abzuschieben sind, auch über Initiative der Bundeslän-


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der, und die Möglichkeit zu schaffen ist, diese bis zur Abschiebung in Verwahrung zu nehmen und aus der Grundversorgung zu entlassen. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Eineinhalb Jahre lang haben Sie nichts gemacht, Frau Innenministerin. Einzig das Bun­desland Kärnten unter einer BZÖ-Regierung hat hier etwas zum Schutze der Bevölke­rung getan. (Beifall beim BZÖ.)

Daher sage ich zum Schluss: Kein Spiel mit falschen Zahlen, sondern ganz klar: Wer il­legal hier lebt, wer den Rechtsstaat nicht akzeptiert, wer strafbare Handlungen setzt, für den gilt kein Pardon, der gehört sofort abgeschoben! – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

11.15


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Pilz zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


11.15.32

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! In einem einzigen Punkt sind wir wahrscheinlich alle der Meinung: In Österreich gibt es ein Problem mit der Kriminalität von Ausländern; egal, ob es georgische oder moldawi­sche Einbrecherbanden oder Drogendealer aus verschiedenen Staaten dieser Welt sind. Und wir brauchen eine Kriminalpolizei, die die Bevölkerung vor Kriminellen, egal, ob sie Ausländer oder Inländer sind, wirkungsvoll schützen kann, und wir brauchen eine Innenministerin, die diese Kriminalpolizei mit all ihren Kräften und Möglichkeiten unterstützt.

Genau da liegt das Problem: Genau diese Innenministerin haben wir nicht! Es ist nicht Schuld der Wiener Kriminalbeamtinnen und Kriminalbeamten, der Linzer Kriminalbe­amtinnen und Kriminalbeamten, dass die Aufklärungsquoten in österreichischen Groß­städten etwa bei einem Fünftel jener der deutschen Großstädte liegen.

Das ist nicht die Schuld der Kriminalpolizei – die arbeitet zum Teil an der Grenze der Belastbarkeit –, sondern das ist die Schuld von Parteibuchwirtschaftsexzessen, Umfär­bungen und einer völlig missglückten parteipolitischen Polizeireform, für die die Krimi­nalpolizei und damit die Sicherheit der österreichischen Bevölkerung einen viel zu ho­hen Preis zahlt. (Beifall bei den Grünen.)

Und dort, wo Sie, Frau Bundesministerin, nicht in der Lage sind, Straftäter zu verfol­gen, sagen Sie nur: Wenn ich keine Straftäter erwische, dann verfolge ich eben Her­kunftstäter! Hauptsache, es sind Täter. – Ja was sind denn „Herkunftstäter“? Erklären Sie das einmal! Diesen Begriff habe ich heute von Ihnen zum ersten Mal gehört. Ist jetzt nicht nur die Straftat entscheidend, sondern auch die Staatsangehörigkeit? (Zwi­schenbemerkung von Bundesministerin Dr. Fekter.) Reicht ein moldawischer oder ge­orgischer Pass, dass man in den Augen der Ministerin ein Verbrecher oder eine Ver­brecherin ist? (Ruf bei den Grünen: Das ist unglaublich!)

Ich sage Ihnen eines: Verfolgen Sie nicht georgische Opernsänger, sondern verfolgen Sie Einbrecherbanden! Verfolgen Sie nicht georgische Schachtrainer, sondern verfol­gen Sie die Einbrecher, die in Wien, in Linz und sonst wo in Österreich für Unsicherheit und für zusätzliche und nicht notwendige Bedrohung sorgen! (Beifall bei den Grünen.)

Frau Innenministerin, Rassismus ist keine Antwort auf die Sicherheitsbedürfnisse der österreichischen Bevölkerung. Und Ihre Politik des Verdächtigmachens ganzer Ethnien ist zum ersten Mal seit Jahren in der österreichischen öffentlichen Sicherheit offener Rassismus. (Abg. Kößl: Das ist unvorstellbar! Das ist furchtbar!) Das, was hier pas­siert, ist offener Rassismus, nämlich wenn Polizeibeamte an der Tür von völlig unbe­scholtenen Menschen, die in Österreich ihrem Beruf nachgehen, anklopfen und fragen: Haben Sie irgendetwas zu verbergen? Sie sind ja Georgier, Sie sind ja Tschetschene, Sie sind ja Moldawier!


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Erfreulich ist da nur der Vorschlag der Freiheitlichen Partei – und diesen begrüße ich ausdrücklich –, der Vorschlag von Bundesparteiobmann Strache, aufgrund ihrer Sprach- und Kulturkenntnisse jetzt endlich georgische, moldawische und tschetscheni­sche Polizisten in Österreich einzusetzen. (Ironische Heiterkeit des Abg. Strache.) Das ist ein vernünftiger Vorschlag, Herr Strache (Abg. Strache: Das ist Ihr Vorschlag, aber nicht meiner! Das ist typisch wieder einmal der Peter-Pilz-Vorschlag!), weil es vollkom­men richtig ist, dass Sprachkenntnisse und Kulturkenntnisse die Voraussetzung dafür sind, Einbruchskriminalität, die aus diesen Raum kommt, effizient bekämpfen zu kön­nen.

Herr Strache, ich möchte von Ihnen nur eines wissen: Wie viele moldawische Polizis­ten sollen auf Vorschlag der Freiheitlichen Partei in Österreich ihre Arbeit aufnehmen? (Abg. Strache: Keiner!) Wie viele georgische Polizisten sollen ihre Arbeit aufnehmen? (Abg. Strache: Keiner!) Und wie viele tschetschenische Polizistinnen und Polizisten? (Abg. Strache: Keiner! Aber die internationale Arbeit ist notwendig!) Das ist ein ver­nünftiger Vorschlag, der überraschenderweise von der Freiheitlichen Partei kommt. (Abg. Strache: Den Sie gerade machen! Absurd!) Lassen Sie uns gemeinsam darüber reden (Abg. Strache: Einfach absurd!), wie wir diese Sprachkenntnisse und Kultur­kenntnisse zur Steigerung der Sicherheit der österreichischen Bevölkerung nützen kön­nen! (Abg. Strache: Einfach absurd!)

Jetzt noch ein Letztes, was wir wirklich brauchen – und da geht es nicht um die oberös­terreichischen Landtagswahlen, die wichtig genug sind, da geht es um die Sicherheit in ganz Österreich:

Wir brauchen den Wiederaufbau einer funktionierenden Kriminalpolizei. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wir brauchen eine große Rück-Reform der Kriminalpolizei, damit die Be­amtinnen und Beamten wieder unbelastet von Parteibuchwirtschaft arbeiten können. (Beifall bei den Grünen.)

Wir brauchen Polizistinnen und Polizisten, die sich nicht bei jeder Amtshandlung über­legen müssen, ob das vielleicht freiheitliche Interessen oder Interessen der Österreichi­schen Volkspartei betrifft. Wir brauchen eine Polizei, die unabhängig vom Parteibuch für die öffentliche Sicherheit und die Sicherheit unserer Bevölkerung sorgt. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

11.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

11.21.05Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsge­genstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsord­nung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 3061/J bis 3071/J;

2. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das BIFIE-Gesetz 2008 geändert wird (339 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz, das Väter-Karenzgesetz, das Mutterschutzgesetz 1979, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsor-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 37

gegesetz, das Landarbeitsgesetz 1984, das Angestelltengesetz 1921, das Gutsange­stelltengesetz 1923, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz geändert werden (340 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Unterrichtspraktikumsgesetz und das Prüfungstaxenge­setz – Schulen/Pädagogische Hochschulen geändert werden (342 d.B.).

B. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Wissenschaftsausschuss:

Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung Mon­tenegros über wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit (341 d.B.);

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Tourismusausschuss:

Bericht des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend über die Lage der Tou­rismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 2008 (III-95 d.B.).

C. Unterrichtung gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG:

Aufnahme der Verhandlungen mit Irland zum Abschluss eines Protokolls zur Abände­rung des am 24. Mai 1966 unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppel­besteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen in der Fassung des am 19. Juni 1987 unterzeichneten Protokolls, BGBl. Nr. 66/1968 idF 12/1989,

Aufnahme der Verhandlungen mit Gibraltar zum Abschluss eines Abkommens über den Auskunftsverkehr in Steuersachen,

Aufnahme der Verhandlungen mit dem Fürstentum Andorra zum Abschluss eines Ab­kommens über den Auskunftsverkehr in Steuersachen,

Aufnahme der Verhandlungen mit Neuseeland zum Abschluss eines Protokolls zur Ab­änderung des am 21. September 2006 unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Ver­mögen samt Protokoll, BGBl. III Nr. 127/2007.

*****

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der Klub des BZÖ hat gemäß § 93 Abs. 2 der Geschäftsordnung das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tagesordnung einge­brachte schriftliche Anfrage 3072/J der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend „Steuererhöhung statt zu­kunftsweisender Gesundheitsreform“ dringlich zu behandeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird die Dringliche Anfrage um 15 Uhr behandelt wer­den.

Fristsetzungsanträge

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich wei­ters mit, dass Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Pirklhuber beantragt hat, dem Aus-


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schuss für Land- und Forstwirtschaft zur Berichterstattung über den Antrag 760/A(E) betreffend Sofortmaßnahmen für die Zukunft der Milchbetriebe eine Frist bis zum 20. Oktober 2009 zu setzen.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung ge­stellte Verlangen vor, eine kurze Debatte über diesen Fristsetzungsantrag durchzufüh­ren.

Da für die heutige Sitzung die dringliche Behandlung einer schriftlichen Anfrage ver­langt wurde, wird die kurze Debatte im Abschluss an diese stattfinden.

Die Abstimmung über den Fristsetzungsantrag wird nach Schluss dieser Debatte durchgeführt werden.

*****

Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich ferner mit, dass Herr Abgeordneter Klubob­mann Josef Bucher beantragt hat, dem Rechnungshofausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 768/A betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, und ein Bundesgesetz, mit dem das Rechnungshofgesetz 1948 geändert wird, eine Frist bis zum 20. April 2010 zu setzen.

Der gegenständliche Antrag wird gemäß der Geschäftsordnung nach Beendigung der Verhandlungen in dieser Sitzung zur Abstimmung gebracht werden.

*****

Weiters teile ich vor Eingang in die Tagesordnung mit, dass Herr Abgeordneter Klubob­mann Josef Bucher beantragt hat, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 767/A betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, und ein Bundesgesetz, mit dem das Rechnungshofgesetz 1948 geändert wird, eine Frist bis zum 20. April 2010 zu setzen.

Der gegenständliche Antrag wird gemäß der Geschäftsordnung nach Beendigung der Verhandlungen in dieser Sitzung zur Abstimmung gebracht werden.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 1 und 2 sowie 7 und 8 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen nun in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über Gestaltung und Dauer der Debatten erzielt. Es wurde eine Tagesblockzeit von 8 „Wie­ner Stunden“ vorgeschlagen, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 108 Minuten, FPÖ 96 Minuten sowie BZÖ und Grüne je 84 Minuten.

Für die Dauer der Fernsehdirektübertragung durch den ORF nach der Aktuellen Stun­de von 11.20 Uhr bis 13 Uhr wurde folgende Redeordnung vereinbart: Eine RednerIn­nenrunde mit 8 Minuten, ein Regierungsmitglied mit 10 Minuten, eine weitere Runde mit 4 Minuten, ein Regierungsmitglied mit 5 Minuten und eine weitere Runde mit 4 Mi­nuten, insgesamt somit 95 Minuten.


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Der/die vorsitzführende Präsident/Präsidentin verteilt spätestens vor Beginn der letzten Runde nach Rücksprache mit den Klubvorsitzenden die verbleibende Redezeit auf die fünf Fraktionen, damit noch alle Fraktionen in der Fernsehzeit gleichmäßig zu Wort kommen.

Weiters besteht Einvernehmen, dass tatsächliche Berichtigungen erst nach Ende der Fernsehübertragung aufgerufen werden.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein diesbezüg­liches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

11.24.521. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 746/A der Abgeordneten Josef Bucher, Dr. Josef Cap, Karlheinz Kopf, Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930, geändert wird (329 d.B.)

2. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 766/A der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Mag. Wilhelm Molterer, Mag. Ewald Stadler, Mag. Daniela Mu­siol, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Rech­nungshofgesetz 1948 geändert wird (338 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 1 und 2 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gelangt mit einer Redezeit von 8 Minuten Herr Klubobmann Dr. Cap. – Bitte.

 


11.25.48

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich möchte gleich eingangs meinen Respekt und meine Anerkennung gegenüber der Arbeit des Rech­nungshofes zum Ausdruck bringen. Es ist eine Institution des Parlamentes, und ich muss sagen, dass vor allem auch unter der Leitung des Präsidenten Moser auch in der Öffentlichkeit die Arbeit des Rechnungshofes sehr, sehr geschätzt wird. (Abg. Mag. Molterer: Warum haben Sie ihn dann abgelehnt? – Abg. Ing. Westenthaler: Ihr wart ja gegen ihn!)

Wir sind daher froh, dass wir am heutigen Tag hier auch eine Ausweitung der Möglich­keiten der Prüfarbeit des Rechnungshofes beschließen können. Die Gespräche, die es diesbezüglich zwischen den vier Parteien gegeben hat und die im Endeffekt zu diesem Übereinkommen geführt haben, nämlich Gespräche zwischen SPÖ, ÖVP, BZÖ und Grünen, waren ja auch vom Willen getragen, dass man die Prüfmöglichkeiten des Rechnungshofes erweitert. Das ist gelungen, und ich denke, dass das auch ein wich­tiges Signal gegenüber den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern ist, denn es ist doch logisch, dass sich der Steuerzahler denkt: Wenn ich schon Steuern zahle, dann will ich wissen, ob damit auch korrekt umgegangen wird! Wenn öffentliche Gelder in Firmen, in Einrichtungen investiert werden, dann will ich wissen, ob dort auch sauber damit umge­gangen wird, ob da nicht irgendwelche Spekulationen betrieben werden!


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Deswegen haben wir, die vier genannten Parteien, in diesen Gesprächen auch ver­schiedene Bereiche angesprochen, und ein Bereich ist die Prüfung bei den Gemein­den, wo noch an einem Prüfkonzept gearbeitet werden soll, weil die Gemeinden zu Recht sagen: Jetzt haben wir ohnehin schon so viele Prüfebenen, am allerbesten wäre es, wenn nur der Bundesrechnungshof prüfen würde, man könnte die anderen Prüf­ebenen weglassen, die dann bei kleinen oder großen Gemeinden vielleicht stichpro­benartig ihre Prüfarbeit machen würden!

Das alles ist noch zu besprechen, auszuarbeiten, auszuverhandeln, aber es wäre wich­tig, weil das natürlich auch – und da stimme ich Herrn Präsidenten des Rechnungs­hofes Moser zu – eine Beratungsqualität hat. Denn: Wenn man so eine Prüfung macht und dann diese Prüfung abgeschlossen ist, dann kann man natürlich auch beraten und dann kann der jeweilige Bürgermeister oder die jeweilige Bürgermeisterin aus dieser Beratung die nötigen Schlüsse ziehen – zum Nutzen der Einwohnerinnen und Einwoh­ner in den Gemeinden, zum Nutzen der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler! Das ist doch, meine ich, ein ganz wesentlicher Aspekt.

Ein zweiter Punkt – das, weil es oft missverstanden wurde – ist die Frage mit der 100 Milliarden-Haftung für die Banken. Auch da besteht jetzt die Möglichkeit, zu prüfen, wie sorgfältig im Rahmen dieser Haftung mit den Geldern umgegangen wird, ob hier die Verträge in Ordnung sind, ob das alles in Ordnung ist. Auch da sind, glaube ich, Signale ausgesendet worden, dass der Bürger, die Bürgerin sieht, hier soll, hier muss, hier wird verantwortungsvoll mit dem Geld umgegangen. Und der Rechnungshof wird hier auch entsprechend seine Prüftätigkeit durchführen. (Abg. Dr. Königshofer: Wo bleiben die Zinsen von den Banken?)

Ich halte das für ein ganz wesentliches Signal, weil oft auch aus der Bevölkerung bei Versammlungen, auf Plätzen und Märkten, wo auch immer wir Diskussionen hatten, die Frage kam: Was passiert da jetzt? Unsere kleinen und mittleren Unternehmungen, die Kredite wollen, die natürlich auch Unterstützung wollen, die auch gefördert werden sollen, damit Beschäftigung gegeben ist, damit auch die entsprechenden Wachstums­raten da sind und der Konsum angekurbelt wird, haben gesagt: Na, Moment, den Ban­ken schenken könnt ihr nichts! – Den Banken wird nichts geschenkt Sie sind nur wich­tig im Wirtschaftskreislauf, die Haftungen sind wichtig, und auch das muss daher ent­sprechend kontrolliert werden. (Abg. Dr. Königshofer: Die Zinsen sind allein heuer 165 Millionen €!)

Aber das, was heute zur Beschlussfassung vorliegt – das ist die Diskussion, die wir hier im Hohen Haus schon einmal hatten –, berührt auch Unternehmungen, wo der öf­fentliche Anteil unter 50 Prozent liegt, aber wo nicht nur rechtliche Beherrschung auf­grund der Syndikatsverträge, sondern auch eine tatsächliche Beherrschung vorliegt.

Das ist, glaube ich, eine ganz heikle Sache, aber: Es geht um öffentliche Gelder, wie das eben bei der Flughafengesellschaft der Fall ist, wo Wien und Niederösterreich je 20 Prozent an dieser Gesellschaft halten. Diese Art der tatsächlichen Beherrschung liegt vor, und klar ist aber auch, dass neben diesen öffentlichen Geldern – eben durch eine Prüfkompetenz des Rechnungshofes – auch Investoren aus dem privaten Bereich angesprochen werden sollen, sodass diese sagen können: Der Rechnungshof wird im Endeffekt mit seiner Prüfmöglichkeit dafür sorgen, dass hier sorgfältig mit dem Geld umgegangen wird und unser investiertes Kapital daher genau jene Ziele erreichen wird, derentwegen wir dort investiert haben, und wir uns daher keine Sorgen machen müssen!

Daher ist das, dass der Rechnungshof auch dort, wo diese tatsächliche Beherrschung vorliegt, untersuchen kann und soll, ein Signal in Richtung mehr Rechtssicherheit, ja ich würde sagen, ein Signal für Investitionssicherheit. Das ist eine Unterstützung für


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die vielen Modelle, wo es diese Kombination gibt und wo wir daran interessiert sind, dass auch in Zukunft Private zu investieren bereit sind sowie Menschen bereit sind, Ak­tien zu kaufen, sich an dieser Gesellschaft zu beteiligen, und wo man davon ausgehen kann, dass mit dieser Einrichtung, dass diese Prüfarbeit möglich ist und gemacht wird, also eingefordert werden kann, der Rechnungshof diese Schritte dann tatsächlich set­zen kann.

Wir haben mit der Formulierung, dass eine tatsächliche Beherrschung dann vorlie­gen soll – wir wollten das in der Ausschussfeststellung sozusagen erleichtern, falls das doch irgendwann einmal beim Verfassungsgerichtshof wieder einlangt –, dass also eine tatsächliche Beherrschung dann vorliegen soll, wenn aufgrund der finanziellen, rechtlichen und faktischen Gegebenheiten klar ist, dass der Bund allein oder gemein­sam mit anderen der Rechnungshofkontrolle unterliegenden Rechtsträgern die Unter­nehmung dominiert.

Entscheidend ist also, dass hiermit eine Grundlage gegeben und der Wille des Gesetz­gebers klar erkennbar ist und dass für eine allfällige Behandlung im Verfassungsge­richtshof, wenn das dort landen sollte, Hilfestellung geleistet wird vom Gesetzgeber, was da sein eigentlicher Wille ist, was im Endeffekt heißt, dass es so auch mehr Rechtssicherheit gibt. (Abg. Silhavy: Heißt das, dass wir noch besser auf das Geld vom Steuerzahler aufpassen?)

Das heißt, dass wir auch da jetzt noch besser aufpassen auf das Geld des Steuerzah­lers, als das bisher der Fall war. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Strache.) Das ist daher eine, wie ich meine, ganz, ganz wichtige Botschaft, die wir hier aussenden, wo wir froh sind, dass es hiefür hier im Parlament die notwendige Mehrheit gibt. (Abg. Ing. Westenthaler: Ist das die Klubspaltung?) – Das ist purer Neid. Das hätten Sie ger­ne, aber da bekommen Sie von uns die Zwischenrufe und nicht aus der eigenen Frak­tion.

Jedenfalls senden wir so an die Steuerzahlerin und den Steuerzahler die Botschaft, dass wir alles unternehmen, damit verantwortungsvoll mit ihrem Geld umgegangen wird, dass wirklich geprüft wird und dass das Parlament die Kontrolltätigkeit – eben durch den Rechnungshof – im Interesse der Bürgerinnen und Bürger voll erfüllt und auch in Zukunft zu erfüllen gewillt ist.

In diesem Paket haben wir – bis hin zum Untersuchungsausschuss als Minderheits­recht – eine Punktation festgelegt, wobei wir danach trachten, dass im ersten Quar-
tal 2010 auch dieser Punkt erfüllt werden wird. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeord­neten der ÖVP. – Abg. Grosz: Die SPÖ-Stiftungen gehören auch einmal überprüft!)

11.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Mol­terer, und zwar für 8 Minuten. – Bitte.

 


11.34.01

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Mitglieder der Bundesregierung! Gestern ist in Paris eine für Österreich wichtige Entscheidung getroffen worden: Die OECD hat Österreich von der „grauen Liste“ genommen. (Abg. Dr. Königshofer: Das hat uns schlaflose Nächte be­reitet!) Meine Damen und Herren, Sie wissen, dass war jene Liste, wo gedroht hätte, dass, wenn Österreich da nicht tatsächlich agiert hätte, unser Land wirtschaftlichen Sanktionen ausgesetzt worden wäre (Abg. Dr. Königshofer: Wie hätten denn die aus­gesehen?), etwas, was ein Land wie Österreich, dessen Wirtschaft stark exportorien­tiert ist, natürlich ins Mark getroffen hätte.

Ich begrüße es daher und bedanke mich nochmals ausdrücklich dafür, dass das Hohe Haus mit breiter Mehrheit – und in einer Sondersitzung – das Amtshilfedurchführungs-


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gesetz beschlossen hat. Das bedeutet, dass wir unser Bankgeheimnis so modifiziert haben, dass Österreich selbstverständlich klarstellt, dass Österreich kein Steuerpara­dies ist und dass Österreich kein Hort der Steuerhinterzieher ist, sondern Österreich agiert und ist ein fairer, ein offener Partner in der Welt. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zum Amtshilfedurchführungsgesetz darf ich Josef Pröll recht herzlich gratulieren, denn das ist ein wichtiger Schritt, dass das Ansehen Österreichs und die wirtschaftlichen Möglichkeiten Österreichs auch in Zukunft positiv und stark sein werden. Wir sind da­her nicht in der Gemeinschaft mit von Antigua bis Vanuatu reichenden Ländern, die noch immer auf dieser „grauen Liste“ sind. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.) Das ist positiv, meine Damen und Herren, und ein echter Fortschritt.

Für positiv halte ich es auch, dass hier im Hohen Haus diese Beschlussfassung auf breiter Basis, also nicht nur seitens der Regierungsfraktionen, sondern mit den Stim­men von BZÖ und Grünen erfolgt ist. Dafür bedanke ich mich ausdrücklich; das ist ver­antwortungsvolle Politik auch aus der Sicht von Oppositionsparteien; allerdings gilt die­ses Maß an Verantwortung nicht für alle. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Herr Kollege Strache, es obliegt Ihnen, zu beurteilen, warum Sie sich schützend vor Steuerhinterzieher stellen. Ganz offen gesagt: Ich persönlich kann das überhaupt nicht verstehen! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich kann ganz einfach nicht verstehen, dass die FPÖ Steuerhinterzieher schützt und sich schützend vor jene stellt, die geglaubt haben, ihr Geld aus dem Ausland in Öster­reich veranlagen zu können, nur damit sie sich sozusagen vor ihrem eigenen Fiskus schützen. – Wen Sie hiermit schützen wollen, Herr Kollege Strache, das entzieht sich meiner Kenntnis, und ich glaube, niemand versteht diese Position der FPÖ. Aber man­che, ja eigentlich viele Positionen der FPÖ sind eben nicht verständlich. Das ist aber Ihr Problem, nicht unseres. (Abg. Dr. Rosenkranz: Das ist ein Problem der ÖVP gene­rell!)

Meine Damen und Herren, in diesem Zusammenhang ist etwas geschehen, was man­che in unserem Lande, auch hier im Haus, als „Kuhhandel“ bezeichnet haben. Ich aber meine, es ist etwas ganz Normales geschehen: Vertreter der Parlamentsparteien ha­ben sich zusammengesetzt und gesagt: Finden wir in der Frage des Amtshilfedurch­führungsgesetzes einen breiten Konsens! Und ein Teil dieses breiten Konsenses war, dass wir – ja, nach Diskussionen – ein Paket geschnürt haben, wonach die Prüfkompe­tenz des Rechnungshofes ausgeweitet wird. Meine Damen und Herren, das ist „unser“ Rechnungshof – der Rechnungshof als ein Organ des Parlaments.

Herr Kollege Cap, ich finde es ja nett, dass die Selbsterkenntnis der SPÖ offensichtlich immer größer wird, und da verweise ich darauf, dass du ja vorige Woche in Bezug auf das ORF-Gesetz, das wir beschlossen haben, dagegen gestimmt und auch eine flam­mende Rede dagegen gehalten hast, während heute aber seitens der SPÖ der Rech­nungshofpräsident gelobt wird. Ich kann mich erinnern, die SPÖ hat gegen den Rech­nungshofpräsidenten Dr. Moser gestimmt – jetzt aber sind Sie von der SPÖ plötzlich zufrieden mit ihm. Das heißt, viele Entscheidungen aus dieser Zeit sind gut, nur dauert es etwas lange, bis sich das sozusagen in der Erkenntnis der SPÖ durchsetzt. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, die Prüfkompetenz des Rechnungshofes wird also in drei Bereichen ausgeweitet – und das ist gut so. Auf der einen Seite wird sie ausgeweitet nicht nur in Richtung jener Unternehmen, wo der Bund respektive öffentliche Gebiets­körperschaften mehr als 50 Prozent halten, sondern auch dahin gehend, dass auch dann, wenn weniger als 50 Prozent öffentliches Eigentum besteht, aber eine tatsächli­che Beherrschung durch öffentliche Hände gegeben ist, der Rechnungshof prüfen können soll.


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Wir haben mit diesem Kompromiss – und es ist ein Kompromiss – die Rechtsgrundlage verändert, und das bedeutet, dass der Rechnungshof selbstverständlich diese Ent­scheidung zuerst treffen muss. Ich gehe jedenfalls ganz selbstverständlich davon aus, dass die Rechnungshofprüfer in Zukunft nicht mehr vor verschlossenen Türen stehen werden, wenn es eben um die Prüfung von Skylink geht. Skylink ist zu prüfen, meine Damen und Herren, und zwar selbstverständlich und zweifelsfrei! (Beifall bei der ÖVP.)

Das bedeutet aber auch, dass dadurch die Verantwortung für den Rechnungshof selbstverständlich noch größer wird. Der Rechnungshof muss mit dieser Frage sensi­bel umgehen, weil die Frage der tatsächlichen Beherrschung von Unternehmen eben nicht eine ganz klare und eindeutige Sache ist. Daher obliegt das erstens der Be­urteilung des Rechnungshofes, aber zweitens es ist selbstverständlich in zukünftigen Streitfragen der Verfassungsgerichtshof, der die finale Entscheidung trifft.

Ich halte das für richtig, ich halte das für eine gute Entscheidung. Damit wird einerseits die Prüfkompetenz und die Ausweitung der Prüfkompetenz des Rechnungshofes re­spektiert, wobei aber gleichzeitig geregelt ist, dass eine tatsächliche Beherrschung gegeben sein muss, wenn geprüft wird – und eben nicht eine willkürliche Definition stattfindet.

Ja, meine Damen und Herren, wir werden heute noch einen zweiten Beschluss fassen, und zwar, dass im Rahmen des Bankenpaketes, das übrigens eine der wichtigsten wirtschaftspolitischen Entscheidungen der abgelaufenen zwölf Monate war, die Durch­führung und die Auflagen, die in den Verträgen stehen, jetzt auch der Prüfung des Rechnungshofes geöffnet werden. Das ist gut so, weil es letztendlich ja Steuergeld ist, das dahintersteht, und die Banken die Verpflichtung haben, das umzusetzen, was wir von ihnen erwarten.

Das sage ich ganz besonders motiviert an diesem Punkt, weil ja ich diese Entscheidun­gen als damaliger Finanzminister zu treffen hatte. Ich stehe dazu, es war richtig, aber wer A sagt, muss auch B sagen – das heißt, dass das, was wir von den Banken erwar­ten, auch kommen muss. (Abg. Bucher: Jetzt auf einmal! Wie schnell das geht!)

Meine Damen und Herren, wir werden auch die Prüfkompetenz der Gemeinden klar­stellen. Ich sage Ihnen sehr offen, was ich will. Ich will, dass in Zukunft die Österreiche­rinnen und Österreicher wissen, wer für die Prüfung von Gemeinden zuständig ist. Ich will keine Doppelgleisigkeiten, keine Mehrfachgleisigkeiten sondern Klarheit der Prü­fung. Darauf haben die Menschen ein Recht! Daher werden wir diese Grenze definie­ren: keine Doppelgleisigkeiten. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Aber ich sage an dieser Stelle auch: Ich möchte eine Lanze für die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in diesem Lande brechen. Was alles unter dem Titel „Ausweitung der Kontrolle des Rechungshofes“ an unqualifizierten Vorwürfen unseren Bürgermeis­terinnen und Bürgermeistern gegenüber unternommen wurde, das ist nicht fair, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Was aufzuklären ist, ist aufzuklären, aber ich will die Arbeit unserer Gemeindevertreter nicht schlechtmachen. Ganz im Gegenteil! Wir brauchen sie, dort findet Demokratie auf unterster Ebene statt. Das ist gut so, das ist richtig so. Kontrolle ja, aber Verunglimp­fung nein! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.42


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Klubobmann Strache mit 8 Mi­nuten Redezeit zu Wort. – Bitte.

 


11.42.11

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herr­schaften auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist ja


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schon interessant gewesen, wie der Herr Klubobmann Cap heute den Rechnungshof und auch den Präsidenten gelobt hat. Manchmal darf man ja auch im Nachhinein ge­scheiter werden, und das ist durchaus eine Bestätigung dafür, dass das auch möglich sein kann. Das hat er heute bewiesen, der Herr Klubobmann Cap. (Abg. Hörl: Gut zu­gehört! Abg. Mag. Gaßner: Das kann auch an der Arbeit des Präsidenten liegen! Abg. Mag. Scheibner: Dafür seid ihr beim Ökostrom umgefallen!)

Zum Herrn Kollegen Molterer: Herr Kollege, ich werde es Ihnen noch einmal erklären, damit Sie vielleicht doch irgendwann auch verstehen, was der Hintergrund war. (Abg. Mag. Molterer: Ich glaube, Sie haben es nicht verstanden!) Wir stehen zum österrei­chischen Bankgeheimnis, und wir wollen nicht, was Sie mit Unterstützung der anderen Oppositionsparteien beschlossen haben, nämlich dass Österreicher mit österreichi­scher Staatsbürgerschaft, die im Ausland leben, dieses Bankgeheimnis jetzt verloren haben – durch Ihren Beschluss! (Beifall bei der FPÖ.  Abg. Petzner: ...kapitalisten!)

Das widerspricht dem Gleichheitsgrundsatz, und das wird dazu führen, dass das Bank­geheimnis – durch Ihren falschen Beschluss – in Folge generell durch den Verfas­sungsgerichtshof oder den Europäischen Gerichtshof aufgehoben werden wird, und damit haben Sie das Bankgeheimnis zu Grabe getragen! (Beifall bei der FPÖ.)

Wir unterstützen die österreichischen Interessen, und da können Sie hundertmal sa­gen: Es ist nicht so! Wir werden sehen, und vielleicht werden auch Sie dann im Nach­hinein gescheiter werden, wenn wir in dieser Frage Recht behalten. (Beifall bei der FPÖ.)

Der Antrag, der heute zur Abstimmung vorliegt, ist ein rot-schwarz-grün-oranger An­trag, der auf den ersten Blick ja auch ganz nett aussieht. Es herrscht große Einigkeit dieser vier Parteien, sie tanzen schon fast gemeinsam symbolisch Walzer in dieser Frage. (Zwischenrufe der Abgeordneten Grosz und Mag. Molterer.) Aber wir sehen sehr wohl, dass jene Forderungen, die eigentlich von der Opposition erhoben worden sind, nicht erfüllt werden, ganz im Gegenteil: Den großen Sonnenschein, der darge­stellt wird, den gibt es nicht.

Da gibt es das Problem, dass die vorgesehene Kompetenzerweiterung des Rech­nungshofes auf die Prüfung von Betrieben mit staatlicher Minderheitenbeteiligung vo­raussichtlich so gehandhabt werden wird, dass sie sich ausschließlich auf die Prüfung des Flughafens Wien-Schwechat bezieht. Genau so ist es auch formuliert, der Flugha­fen und Skylink werden explizit erwähnt, das wird – wenn der Verfassungsgerichtshof aufgrund der gesetzlichen Vorgabe das dann auch entscheiden wird, bis dahin kann man das nämlich hinauszögern – überprüft werden. Aber es wird ausschließlich der Bereich Skylink überprüft werden, darüber hinaus gibt es keine Bereiche.

Das ist sehr, sehr dürftig und sehr, sehr wenig, und ich frage, ob es das wert war, dass Grün und Orange das Bankgeheimnis mit Ihnen gemeinsam für die Europäische Union auf dem österreichischen Altar geopfert haben. Das wage ich mehr als zu bezweifeln. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist zu wenig. Es gibt hier unklare Tatbestände, Sie haben es selbst auch formu­liert. (Abg. Mag. Steinhauser: ... Ökostrom! Zwischenruf des Abg. Dr. Walser.) Was ist die tatsächlich beherrschende Stellung? Die findet man nur in diesem Bereich, sonst gibt es die eigentlich nirgendwo. Dass da Rot und Schwarz natürlich intensiv betroffen sind, das wissen wir. Wir haben als Freiheitliche Partei in Wien zumindest dafür Sorge getragen, dass es jetzt eine Untersuchungskommission im Wiener Landtag zu Skylink geben wird. Das haben wir umgesetzt, ohne irgendwelche Zugeständnisse zu machen, ohne Positionen aufzugeben, ohne uns zu verkaufen. Das ist schön, denn wir werden in der Untersuchungskommission im Wiener Landtag auch die Zusammenhänge und die Vorfälle, was Skylink angeht, genauer durchleuchten können.


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Wir werden heute auch einen Abänderungsantrag einbringen, in dem wir fordern, dass der Rechnungshof in Zukunft alle Unternehmen, bei denen es eine 25-prozentige Be­teiligung der öffentlichen Hand gibt, auch zu überprüfen hat. (Beifall bei der FPÖ.)

Das wäre nämlich notwendig, nicht solche Formulierungen, wo man die Überprüfung nur auf Skylink reduziert, aber alles andere außen vor lässt.

Aber befassen wir uns mit Skylink: Einmal mehr hat es die SPÖ zusammengebracht, ein großes Grab, einen großen, ausgewachsenen Bauskandal verantworten zu müs­sen – gemeinsam mit der Österreichischen Volkspartei. (Abg. Mag. Lapp: ... Flugha­fen! Wer war verantwortlich?) Es gibt ja schon einige solche Bauskandale  angefan­gen vom AKH über das Krankenhaus Wien-Nord, das das nächste große Millionengrab Wiens werden wird, bis hin zu Skylink –, die Sie zu verantworten haben.

Da muss man natürlich auch die ÖVP an Bord nehmen. Da gebe ich Ihnen schon recht, das sind schon Sie beide im Sinne des rot-schwarzen Proporzsystems. Da darf man niemanden aus der Ziehung lassen, weder den Wiener Bürgermeister Michael Häupl noch den Landeshauptmann Erwin Pröll, da gebe ich Ihnen schon recht. Da hat es ja auch viele, viele schwarze Hoffnungsträger gegeben, die da mitkassiert haben. Auch Raiffeisen war wieder eine Zeit lang an Bord. Herr Mag. Hameseder von der Raiffeisen-Holding Niederösterreich-Wien hat natürlich in seiner Aufsichtsratsposition der Flughafen AG gleich einmal am österreichischen Bundesgesetz und an den Verga­berichtlinien vorbei 2,4 Millionen €, natürlich an die Raiffeisen evolution, vergeben – und es ist interessant, welche Entwicklungen es dann gab: Als das dann zutage getre­ten ist, ist er wegen Arbeitsüberlastung zurückgetreten!

Dies zeigt nur auf, welche Systeme es da gibt, und das sind natürlich politisch besetzte Systeme. Skylink ist nicht nur ein Häupl-Denkmal, natürlich gehört der Erwin Pröll da auch an Bord, und beide sind ja engstens befreundet, wie wir wissen. Wenn es darum geht, Parteifreunde zu decken sowieso, aber auch in diesem Fall geht es zwischen der SPÖ und der ÖVP freundschaftlich hin und her, da kennt man keine Parteigrenzen, da ist man bei Skylink hergegangen und hat so gut auf das Steuergeld der Österreicher aufgepasst, wie der Herr Klubobmann Cap das vorher beschrieben hat.

So gut hat man auf das Steuergeld aufgepasst, dass die Kosten für den Terminalaus­bau zu Baubeginn 2005 bei 280 Millionen € gelegen sind, um dann im Jänner 2006 be­reits auf 400 Millionen € angestiegen zu sein. 2008 reden wir schon von 657 Millio­nen €, und jetzt liegt man schon bei unfassbaren 830 Millionen €, und man muss be­fürchten, dass sogar die Milliardengrenze überschritten werden kann.

So gut wird auf das Steuergeld der Österreicher aufgepasst! Na vielen Dank, da wird der Österreicher sich wirklich bedanken bei Ihnen, da kann man nur „Gute Nacht!“ sa­gen. Natürlich gibt es eine rechtlich abgesicherte Beherrschung der Flughafen Wien AG durch die Länder Wien und Niederösterreich mittels eines Syndikatsvertrages, und na­türlich – wie könnte es auch anders sein? – gibt es damit die rot-schwarze politische Einflussnahme, wo die Präsidenten und Vizepräsidenten des Aufsichtsrates alle nach rot-schwarzen Proporzmustern besetzt werden und wo die politische Verantwortung auch direkt festzumachen ist.

Nun kurz zum Bankenbereich: Wir haben heute gehört, wie „gut“ auf das Geld der Ös­terreicher aufgepasst wird, so auch beim Bankenpaket. Ich kann immer nur wiederho­len: Der Rechnungshof hätte die Bilanzen überprüfen müssen! Das wird bis heute nicht umgesetzt. Wenn Geld geschenkt wird  wie bei der Hypo Alpe Adria oder auch bei den Volksbanken, die jetzt nämlich mit Bilanzen, die natürlich ein Minus haben, ihre Zinsen aufgrund der Verträge, die Sie gemacht haben, nicht zahlen müssen –, dann hat der Steuerzahler aktuell 165 Millionen € verloren, und Sie haben damit Gelder ver­schenkt. Da müssen wir doch bei der Wahrheit bleiben! (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 46

Ein 15-Milliarden-€-Bankenpaket, bei dem man den Banken einfach ohne rechtliche Vorgaben das Geld in den Rachen wirft und dann die kleinen und mittleren Unterneh­men noch schlechter zu Krediten kommen, weil der Wirtschaftskreislauf von den Ban­ken nicht in Gang gesetzt wird, ist kein gutes Paket. Sie aber sind leider Gottes bis heute noch immer nicht bereit, so nachzujustieren, dass wir endlich ein gutes Paket ha­ben und der Wirtschaftskreislauf in Gang gesetzt wird, die kleineren und mittleren Un­ternehmen wieder leichter zu günstigen und besseren Krediten kommen und damit die Arbeitsplätze in Österreich auch sichergestellt werden können. Das fordern wir ein! Wir fordern einen KMU-Fonds ein, wir fordern Gehaltsdeckelungen bei Managern jener Banken ein, die öffentliche Staatsgelder bekommen, und wir fordern ein, dass der Staat bei jenen Banken, die ja jetzt, bitte, nur durch Steuergelder Unterstützung erfah­ren, auch prozentuelle Anteile übernimmt.

Solange die die Steuergelder nicht zurückgezahlt haben, sollten wir auch mit Anteilen und mit einem Aufsichtsrat sicherstellen, dass sie diese Gelder an die österreichischen Steuerzahler zurückzahlen. Das wäre verantwortungsvolle Politik, die leider hier nicht gelebt wurde! (Beifall bei der FPÖ.)

Abschließend: Skylink ist ein rot-schwarzer Sumpf, und den werden wir trockenlegen. Mit der Untersuchungskommission im Wiener Landtag haben wir einmal den ersten Schritt dafür gesetzt. (Beifall bei der FPÖ.)

11.50


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Klubobmann Bucher zur Wort. Redezeit: 8 Minuten. – Bitte.

 


11.50.32

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Strache! Wir sind uns in einigen Punkten einig, was die sorg­same und dringendst notwenige Prüfung des Flughafens Wien und vor allem von Sky­link anlangt. Allerdings ist schon differenziert festzuhalten – und das bleibt unverrück­bar klar so stehen: Das österreichische Bankgeheimnis bleibt unangetastet, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ. Zwischenruf des Abg. Dr. Königs­hofer.)

Der § 38 bleibt so bestehen, wie er ist, da ändert sich gar nichts für die Österreicherin­nen und Österreicher. Da ändert sich gar nichts! (Abg. Strache: Auslandsösterreicher! Österreichische Staatsbürger im Ausland!) Das ist für mich schon befremdend, wenn eine Partei wie die FPÖ, die immer so auf die Ausländer schimpft, plötzlich der Schutz­herr der ausländischen Steuersünder wird, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ. Abg. Strache: Österreichische Staatsbürger im Ausland!)

Sie stellen sich mit Ihrer Haltung schützend vor die ausländischen Steuersünder, das ist völlig klar, indem Sie dieses Amtshilfedurchführungsgesetz abgelehnt haben. (Abg. Strache: 100 000 Auslandsösterreicher! Die betrifft es! Österreichische Staats­bürger!)

Und dann kommt ja noch Folgendes dazu, weil Sie ja heute auch dem Ökostromgesetz zustimmen: Sie sind für die ausländischen Steuersünder, und gleichzeitig, wenn Sie dem Ökostromgesetz heute zustimmen, dafür, dass sich die Strompreise in Zukunft er­höhen. Die Strompreise erhöhen sich mit diesem Ökostromgesetz, das Sie heute mit beschließen, um 14 Prozent, Herr Kollege Strache! (Beifall beim BZÖ. Abg. Dr. Haimbuchner: 1,2 Millionen ...! Abg. Grosz in Richtung FPÖ : Das ist ja un­glaublich! ... Strompreiserhöhung! Sozial ... mit der Strompreiserhöhung!)

Mit Ihrer Haltung sind Sie der Strompreiserhöher dieser Republik, das sollten Sie auch einmal so zur Kenntnis nehmen. Lesen Sie sich doch einmal die Gesetze durch, reden


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 47

Sie doch nicht immer so einen Unsinn und verunsichern Sie nicht die Bevölkerung die­ser Republik! (Beifall und Bravorufe beim BZÖ. Abg. Strache: Sie meinen Kärnten damit! Da meinen Sie Kärnten damit!)

Das Entscheidende ist ja auch – die Einsicht des Herrn Kollegen Cap –: Hinterher sind alle dafür, dass der Rechnungshof prüft. Seit vielen Wochen und Monaten arbeiten wir auf diesen Tag hin, dass der Rechnungshof in die staatsanteiligen Unternehmen, in die Gemeinden unter 20 000 Einwohner, in das Bankenrettungspaket Einschau hält – seit Wochen und Monaten weisen wir darauf hin! –, und heute wird das eingesehen! Heute sagt der Kollege Cap, gut, dass dieser Tag endlich gekommen ist, gut, dass der Rech­nungshof endlich prüfen darf. (Abg. Hörl: Seppi! ... ganz wichtig! Kärnten ist pleite!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich sage, es darf niemals ein Zweifel darüber aufkommen, dass der Rechnungshof dort, wo Steuergelder zum Einsatz kommen, auch prüfen darf. Das muss ein Grundprinzip sein. (Beifall beim BZÖ.)

Daher bin ich glücklich und froh darüber, dass wir diesen Rechnungshof haben, dass wir an der Spitze des Rechnungshofes wirklich einen unabhängigen, weisungsfreien und sorgfaltspflichtigen Präsidenten haben – an der Spitze eines Unternehmens, eines Instituts der Republik, eines Organs, das uns, dem Nationalrat, zur Verfügung steht –, der im Auftrag der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler wirklich unbefangen, unbe­scholten und sehr sorgsam prüft.

Wir waren Auslöser für all diese Initiativen, die gesetzt wurden, sie wurden letztendlich vom BZÖ und von den Grünen erwirkt. – Das bleibt so. Wir haben in einer einzigartigen Initiative diese Chance erkannt und auch genützt, um den Nationalrat davon zu über­zeugen, dass der Rechnungshof gerade jetzt das Skylink-Projekt am Flughafen Wien prüfen soll, weil die Zustände, wie sie sich derzeit dort präsentieren, wirklich nicht mehr zu überbieten sind. Sie haben ja schon richtigerweise ausgeführt, 1 Milliarde € wird das den Steuerzahler kosten, wenn das so weitergeht. Dort haben in beispielloser Art und Weise rote und schwarze Parteigünstlinge aus der Wirtschaftskammer und der Arbei­terkammer bewiesen, dass sie von Wirtschaftspolitik rein gar nichts verstehen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ. Zwischenruf bei der ÖVP.)

Wollen Sie Fakten wissen? Beispielsweise bekommt ein Herr Domany aus der Wirt­schaftskammer für diesen Skandal – 1 Milliarde € in den Sand gesetzt – eine Prämie von 170 000 €. Das lässt sich nahtlos einreihen in die Skandale der AUA, wo 500 Mil­lionen € vom Steuerzahler notwendig waren, damit man die AUA an die Lufthansa ver­scherbelt und dem Herrn Ötsch noch eine Prämie mit auf den Weg gibt. (Abg. Grosz: Und mit einem Dienstwagen fährt er noch! Mit einem Luxusdienstwagen!)

Das lässt sich auch nahtlos in Ihre Wirtschaftspolitik bei den ÖBB einreihen – die ÖBB, die heute einen Schuldenberg von über 20 Milliarden € ausweisen, die 600 Millionen € verspekuliert haben. (Abg. Dr. Moser: Das war Ihr Verkehrsminister!) Das muss man sich einmal vorstellen, und das sage ich gerade in Richtung ÖVP, denn das sollten Sie Ihrer Klientel in der Wirtschaft einmal erklären, wie es möglich ist, dem Unternehmen ÖBB 4 Millionen € pro Jahr aus Steuermitteln zu geben, damit es 2 Milliarden € Umsatz machen kann! Das müssen Sie einmal einem Unternehmer in der Privatwirtschaft er­klären, wie so etwas zu unterstützen ist, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Bei­fall beim BZÖ. Abg. Dr. Moser: Unter Ihrem Verkehrsminister!)

Und dann hat man noch an der Spitze jemanden wie den Herrn Huber, der auch mit 300 000 € abgefertigt worden ist und einen Beratervertrag bekommen hat. Herr Fay­mann ist uns heute noch die Antwort darauf schuldig, was dieser Beratervertrag eigent­lich für einen Inhalt aufweist, wofür der Herr Huber diese 100 000 € überhaupt be­kommt. Niemand weiß das, niemand hat das aufgeklärt, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Dr. Moser: ... Rechnungshofbericht!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 48

Daher bin ich sehr glücklich darüber, dass wir heute dieses Gesetz beschließen kön­nen und damit auch klarstellen, dass das Skylink-Projekt am Flughafen Wien geprüft werden kann und der Oberste Gerichtshof dieses Prüfungsverfahren nicht vier Jahre hinauszögern kann, gerade auch in Anbetracht der enormen Schuldenentwicklung, der wir in Zukunft entgegengehen. Diese Bundesregierung sorgt ja geradezu dafür, dass sich die Schuldenberge in unermessliche Höhen auftürmen und die Spielräume der Zu­kunft im Bereich der Gesundheitsverwaltung, der Verwaltung generell oder der Bildung so einengen, dass man heute schon davon ausgehen kann, dass die Pensionen der Zukunft bei Weitem nicht abgesichert werden können.

Da sind Maßnahmen zu setzen, damit der Rechnungshof auch sorgfältig prüft, und überhaupt bin ich der Ansicht, dass alle unter das Dach der ÖIAG gestellten Unterneh­men, ob das jetzt die Telekom ist oder auch die OMV, vom Rechnungshof geprüft ge­hören, gerade weil wir sehen, dass überall, wo der Staat sich einmischt, wo die Regie­rung sich einmischt, wo die Regierung die Manager stellt, missbräuchliche Geldver­wendungen zu Tage treten und Missbrauch herrscht. (Abg. Silhavy: ... in Kärnten!) Es ist dringend ratsam und wichtig, dem Rechnungshof überall dort Einblick zu gewähren, wo der Staat seine Finger drinnen hat, meine sehr geehrten Damen und Herren, weil wir sehen, dass überall Geld und Steuermittel verschwendet werden. (Beifall beim BZÖ.)

Es geht ja so weit, dass der Finanzminister die Steuermittel verspekuliert, dass die Krankenkassen die Steuermittel verspekulieren, es gibt ja fast überhaupt kein Maß mehr, das dies rechtfertigt! (Abg. Grosz: Spekulationsregierung! So ist es!) Es ist ja unvorstellbar, wie hier mit den Mitteln der Republik, nämlich mit dem erwirtschafteten Steuergeld der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und der Wirtschaftstreibenden umgegangen wird, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Abg. Silhavy: Reden Sie von Kärnten?) Das spottet jedem Gleichmaß und jeder Gerechtigkeit, so etwas darf nie und nimmer zugelassen werden! (Beifall beim BZÖ.)

Wir sind dafür, um all diese Skandale abzuschalten und den Rechnungshof prüfen zu lassen – auch alle staatsanteiligen Unternehmen, ob das jetzt die ÖBB sind, ob das die ASFINAG, die OMV oder die Telekom Austria ist –, endlich alle unter eine Infrastruktur-Holding zu stellen, mit unabhängigen Managern an der Spitze, die eine klare, struktur­geleitete Ausrichtung für die Zukunft haben, wo die Republik sich hinentwickeln will.

Das ist aus unserer Sicht das Maß aller Dinge. In diese Richtung muss es gehen, und es sollen nicht Unternehmen gehalten und verwaltet werden, die von Politgünstlingen von Rot und Schwarz gemanagt werden, Unternehmen, in denen Steuergelder versi­ckern und Geld vernichtet wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieses Gesetz ist ein Ausdruck von sorgsa­mer, gewissenhafter und verantwortungsvoller Oppositionspolitik, und ich glaube, dass eine Opposition nicht mehr leisten kann, als im Interesse der Bürger sorgsam zu ent­scheiden. (Beifall beim BZÖ.)

11.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Mag. Kogler zu Wort. Redezeit: 8 Minuten. – Bitte.

 


11.58.57

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das ist ein guter Herbstbeginn für die SteuerzahlerInnen, für die Gemeindebür­gerInnen, für die KleinaktionärInnen, und es kommen schlechtere Zeiten auf die inter­nationalen Steuerbetrüger, auf Geldwäscher und damit verbunden auf Waffenhändler, Menschenhändler, Drogenhändler zu. Das ist in Summe eine gute Sache! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 49

Es ist auch eine gute Sache, dass sich mehrere Parteien hier im Haus auf dieses Ge­setz verständigen konnten, was wieder dazu führen kann, dass über den Weg des Rechnungshofes – ich sage nicht „den Umweg“, sondern den direkten Weg des Rech­nungshofes – unter Ausweitung seiner Prüfkompetenzen auch wieder mehr Vertrauen geschaffen wird, weil der Rechnungshof tatsächlich Vertrauen und Ansehen genießt – vermutlich mehr als dieses Haus hier, doch das ist ein anderes Problem; aber vielleicht gewinnt ja auch die Politik, das parlamentarische System wieder mehr Vertrauen, wenn man sich der Reihe nach auf diese vernünftigen Dinge einigt, die dieses Ergebnis er­zeugen wie beschrieben.

Wie geht das? – Das war eigentlich eine relativ einfache Übung zum Schluss: indem wir die Prüfkompetenzen des Rechnungshofes ausweiten, etwa um bestimmte öffentli­che oder zumindest beherrschte Unternehmen besser prüfen zu können, indem das sogenannte Bankenpaket geprüft wird und indem wir ganz klare Zielvereinbarungen darüber getroffen haben, wie künftighin das System der Gemeinden und der tatsäch­lich durcheinander geratenden Gemeindeaufsichten geprüft wird. (Präsident Neuge­bauer übernimmt den Vorsitz.)

Erinnern wir uns zurück: Vor über einem Jahr ist – zwar schon länger, glaube ich, ent­gegen anderer Behauptungen – endgültig die Finanzkrise und damit die Weltwirt­schaftskrise ausgebrochen. Wir haben es uns in diesem Haus nicht leicht gemacht – alle Fraktionen im Übrigen, gerade auch die Grünen nicht. Ich kann mich erinnern, wie wir gerungen haben, ob wir dem Bankenpaket – wir haben auch damals schon verhan­delt – in dieser Form zustimmen sollten; wir haben ja leider nur ein paar Verbesserun­gen untergebracht. Aber wir haben deshalb zugestimmt, weil damals zumindest die ge­setzliche Grundlage – man muss fast sagen – über Nacht dafür geschaffen werden sollte – weil keiner wusste, was am nächsten Tag passiert –, dass es dieses Sicher­heitsnetz gibt, dass nicht systemrelevante Banken umfallen – im bösesten Sinn des Wortes – und sich damit ein massiver Schaden durch das volkswirtschaftliche System frisst. Ich glaube, das war sehr verantwortungsvoll.

Auch die Freiheitliche Partei war an dieser Stelle noch dabei. Allerdings – und jetzt ist es vorbei mit der Harmonie und Gemütlichkeit – war natürlich schon vereinbart oder er­wartbar, dass dann auf dem Verordnungswege und erst recht in den konkreten Ver­handlungen mit den Banken und in den Verträgen die Intentionen dieses Gesetzes so­zusagen weiterleben sollten. Das war aber mitnichten der Fall – gerade auch, was die möglichen Nachprüfungen des Einhaltens der Bedingungen, die die Banken bekom­men haben, betrifft. Kollege Molterer hat es heute ja gesagt.

Mit diesem Antrag, den wir anschließend beschließen werden – Prüfauftrag an den Rechnungshof, das Bankenpaket zu prüfen –, erreichen wir zumindest – erstens –, dass wir die Verträge genauer kennen werden, zweitens, welche Auflagen dort enthal­ten sind, und viel wichtiger noch: ob die Banken in der Summe diese Auflagen einhal­ten werden. Und deshalb entsteht ein ganz großer Nutzen für die BankkundInnen, auch für die Klein- und Mittelbetriebe und für die Ein-Personen-Unternehmen – wir ha­ben entsprechend viele Zuschriften –, weil sie zu Recht erwarten dürfen, dass es eine Verhaltensänderung auch schon hier und heute erzeugt – dass man nämlich diese Auf­lagen erfüllt –, wenn diese Auflagen greifen sollen, und die Banken dahin gehend ge­prüft werden, ob das Kreditvolumen im festgelegten Ausmaß ausgeweitet wurde oder eben nicht. Das ist der schlichte Vorgang, aber der große Nutzen dieser Sache. – Herr Kollege Molterer, Sie schauen mich so treuherzig an. Es war zwar das Gesetz okay, aber wir waren nicht mehr damit einverstanden, wie Ihr Nachfolger, Minister Pröll, die Sache hier verhandelt hat. (Beifall bei den Grünen.)

Wir mussten den Eindruck gewinnen, dass in diesem Land tatsächlich – ich spiele da nicht auf die Herkunft des Herrn Vizekanzlers an, wir haben andere Befunde auch, und


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nicht nur wir – in entscheidenden finanzpolitischen Fragen die Regierung von den Ban­ken kontrolliert wird, und nicht, dass die Regierung die Banken kontrolliert und mit Auf­lagen versieht. Das zieht sich seit Jahren hier durch. Je mehr wir hier hineinleuchten, desto größer ist unser diesbezüglicher Verdacht.

Jetzt haben wir allerdings ein unbestrittenes Institut, ein Institut des Hauses, den Rech­nungshof, der dieser Sache nachgeht. Deshalb ist das letztendlich eine große Sache, ein großer Erfolg. Und ich stehe auch nicht an, zuzugeben, dass gerade jene, die sich am meisten bewegen mussten – und das war bei diesen Verhandlungsergebnissen in der Regel die ÖVP –, hier über ihren Schatten gesprungen sind. Auch das soll Aner­kennung verdienen. Letztlich profitiert ja vielleicht die Regierung am meisten von die­sem Vorgang, weil man jetzt nicht mehr ohne Weiteres behaupten kann, dass die gan­ze Sache noch nicht einmal geprüft wird. Das haben wir jetzt erreicht, und das ist letzt­lich natürlich ein Erfolg der Oppositionsparteien, die Sie auf diesen Weg zwingen mussten, das muss man natürlich hier hinzufügen; allerdings ohne die FPÖ (der Red­ner berührt das Mikrophon, das daraufhin etwas rauscht) – da braucht sich aber das Mikrophon nicht zu fürchten, wenn man FPÖ sagt.

Dieser Vorgang ist mir ja völlig schleierhaft. Das Junktim, das Sie hier bekrittelt haben, sagt doch nichts anderes aus, als dass wir einerseits den internationalen Steuerbetrug besser bekämpfen wollen und auf der anderen Seite endlich die Banken überprüfen können – nicht in dem weiten Ausmaß, wie es vielleicht viele gern gehabt hätten, aber in entscheidendem Ausmaß. Wieso Sie aber den internationalen Steuerbetrug – die großen Fische des ausländischen Steuerbetrugs – decken, das müssen Sie gesondert erklären. Was Herr Strache hier abgeliefert hat, war diesbezüglich wenig glaubwürdig. Das bleibt Ihr Erklärungsnotstand, und Sie werden heute noch einen ganz anderen be­kommen; dazu komme ich aber am Schluss noch.

Zweiter Punkt: Flughafen, Skylink wird geprüft – wunderbar! Da gebe ich Ihnen aller­dings recht, es wäre eine Gesetzesänderung notwendig, die klar vorschreibt, dass wir bei 25 Prozent öffentlicher Beteiligung – meinetwegen auch 30 Prozent, auch dieser Kompromiss war nicht möglich – einfachere Regeln hätten.

Jetzt haben wir das allerdings so weit geschärft, dass zumindest Skylink geprüft wer­den kann. Ein großer Erfolg! Für weitere Fälle wird wahrscheinlich da oder dort der Verfassungsgerichtshof – nicht der Oberste Gerichtshof im Übrigen – entscheiden müssen, aber auf anderer Rechtsbasis, sodass wir sicher mehr prophylaktische Wir­kung des Rechnungshofs erzeugen und weitere Skandale auf diese Art und Weise leichter verhindert werden können.

Letzter Punkt: die Gemeinden. Viele Bürgermeister – mittlerweile auch Bürgermeiste­rinnen – verdienen unsere Anerkennung. Es gibt aber gar nicht so wenige schwarze Schafe, und ich sage ganz bewusst „schwarze Schafe“. (Abg. Hornek: Es gibt nur schwarze Bürgermeister!) Sehr viele Bürgermeister haben sich ohne Not in diese Fi­nanzspekulationen hineinbegeben. (Zwischenruf des Abg. Mag. Gaßner.) Ich bleibe nur bei einem Beispiel: Hartberg, da komme ich her, da kenne ich mich aus. Ich sage Ihnen, was dort abgegangen ist, ist eine Sauerei! Das ganze Prüfsystem des Landes Steiermark hat völlig versagt. Es sind Millionen verspekuliert worden – Millionen für eine so kleine Gemeinde. Daher wird es höchste Zeit, dass die Prüfkompetenzen nachgeschärft werden, damit die Bürgermeister endlich auch einmal damit rechnen müssen, dass jemand nachschauen kommt. (Zwischenruf des Abg. Großruck.)

Aber noch viel wichtiger ist, dass das Gemeindeaufsichtssystem immunisiert wird. Das ist wichtig, damit die nicht mit denen unter einer Decke stecken und im Nachhinein rote Aufsichten rote Gemeinden und schwarze Aufsichten schwarze Gemeinden decken werden. Wenn der Rechnungshof prüft und die Gemeinden anschaut, dann werden die


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Aufsichtssysteme reformiert werden, weil das nicht mehr auszuhalten ist. Das ist der große Gewinn, auch für die GemeindebürgerInnen und SteuerzahlerInnen. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Jury.)

Abschließend: Wir haben ja heute noch eine weitere Zweidrittelmaterie, der seitens der Oppositionsparteien nur die FPÖ ihre Zustimmung gibt. Ich muss sagen, das ist eine massive Niederlage. Es werden Gelder versprochen, die in keiner Weise frisch – neu – finanziert werden für die Ökostromsache. Ich sage Ihnen, das ist kein Ökostrom-, das ist ein Ökostoppgesetz – offensichtlich ein Martin-Graf-Bleiberechtsgesetz mit zugehö­riger Durchhalteverordnung. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Also darauf brauchen Sie wirklich nicht stolz zu sein.

Das ist eben der Unterschied: Wenn die Grünen verhandeln, kommt man auf einen grünen Zweig, Sie torkeln mit zwei blauen Augen heraus. Das ist eine große Niederla­ge, die Sie hier zu verantworten haben! (Beifall bei den Grünen.)

12.07


Präsident Fritz Neugebauer: Meine Damen und Herren, ich darf aufgrund zahlreicher Anfragen von Fernsehzuschauern, die wissen möchten, welches Symbol viele Abge­ordnete heute tragen, kurz einen Hinweis geben: Die rosa Schleife ist das Symbol der Krebsprävention und ein Signal für Prävention und Solidarität. (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gelangt nun Herr Staatssekretär Dr. Ostermayer. – Bitte.

 


12.08.03

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Josef Ostermayer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrter Herr Rech­nungshofpräsident! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Haus und vor den Bild­schirmen! Wir reden jetzt über die Ausweitung der Prüfkompetenz des Rechnungshofs, um hier eine Lücke zu schließen. Es geht dabei zum einen um die tatsächliche Be­herrschbarkeit, im Hintergrund geht es aber auch um kürzere Worte, nämlich um ein „Nein“, das dann später zu einem „Ja, aber“ wurde. „Nein“ deshalb, weil es ursprüng­lich keine Zustimmung der Opposition gab – einerseits zur Beschlussfassung der Auf­hebung des Bankgeheimnisses für ausländische Staatsbürger und andererseits, auch heute noch, zum Thema Ökostromgesetz.

Ich bin dankbar, dass in beiden Fällen jeweils eine Zweidrittelmehrheit gefunden wur­de, weil es von hohem Verantwortungsbewusstsein zeugt, nämlich in dem einen Fall von Verantwortungsbewusstsein für Arbeitsplätze, für die Wirtschaft in Österreich. Ganz konkret: Wäre gestern nicht veröffentlicht worden, dass wir von der Grauen Liste auf die Weiße Liste der OECD kommen, hätte das langfristig einen großen Schaden für das Land bedeuten können. (Abg. Dr. Haimbuchner: Welchen?) Es gibt Ökonomen, die von einem Schaden im zweistelligen Milliardenbereich reden, der durch verschie­denste Maßnahmen für die österreichische Wirtschaft, die ja sehr stark exportorientiert ist, eingetreten wäre.

Im anderen Fall geht es ums Ökostromgesetz. Wie Sie wissen, ist ein Teil davon von der Kommission aufgehoben worden.

Es gibt sehr viele Interessenten, die Ökostromanlagen errichten wollen, es gibt in Ös­terreich das Bedürfnis, Ökostrom weiterhin auszuweiten. – Das zu verhindern, würde ich nicht verstehen; es zu begünstigen, halte ich tatsächlich für sehr verantwortungs­voll.

Aber noch einmal zurück zur Frage Bankgeheimnis für Ausländer. Es hat sehr inten­sive Gespräche gegeben – vom Bundeskanzler, vom Vizekanzler, Staatssekretär Schieder war verantwortlich dafür, Doppelbesteuerungsabkommen abzuschließen –,


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und das Ziel war, dass wir einmal die Schwelle überschreiten und zwölf Doppelbe­steuerungsabkommen haben, um von der sogenannten Grauen auf die Weiße Liste zu kommen.

Wenn hier gesagt wird, wir seien vor der EU in die Knie gegangen, dann muss ich an dieser Stelle darauf hinweisen, dass das nicht eine Liste der EU, sondern eine Liste der OECD ist. Falls darüber Informationsbedarf besteht: Die OECD geht weit über die EU hinaus. Australien, Kanada, Japan, Korea, Mexiko, Neuseeland und die Vereinig-
ten Staaten zum Beispiel und auch Island sind dabei. Also es geht weit über die EU hinaus.

Was wäre gewesen, wären wir nicht von der Grauen und auf die Weiße Liste gekom­men? – Es wären zum Beispiel die British Virgin Islands von der Grauen auf die Weiße Liste gekommen, es wären die Cayman Islands von der Grauen Liste auf die Weiße Liste gekommen, es wären die Niederländischen Antillen von der Grauen auf die Wei­ße Liste gekommen. Ich könnte die Aufzählung auch noch etwas fortsetzen. Was wäre gewesen, wenn Österreich nicht auf die Weiße Liste gekommen wäre? – Wir wären bei Staaten wie Andorra, Anguila, Antigua und Barbuda, Saint Kitts and Nevis, Saint Vincent and the Grenadines und einigen weiteren geblieben. Es wurde schon in den Raum gestellt, dass Projekte der EIB nicht finanziert werden, wenn österreichische Un­ternehmen beteiligt sind. Es hat von der EBRD entsprechende Hinweise gegeben.

Das heißt, es hat ganz dringenden Handlungsbedarf gegeben, und die Lösung, die ge­funden wurde, war eine hervorragende, nämlich: das Bankgeheimnis für die Österrei­cher und Österreicherinnen weiterhin aufrechtzuerhalten (Abg. Strache: Für Auslands­österreicher nicht!) und auf der anderen Seite das Bankgeheimnis für ausländische Staatsbürger zu beseitigen (Abg. Strache: Für die Wohnsitzösterreicher, aber nicht für die Auslandsösterreicher! Das ist eindeutig unwahr!), um den großen Schaden von Ös­terreich, um den großen Schaden für die österreichischen Arbeitnehmerinnen und Ar­beitnehmer und für die österreichische Wirtschaft abzuwenden. – Wer das nicht sehen will, dem sind dieses Land beziehungsweise die Menschen in diesem Land egal. (Bei­fall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Geben Sie doch zu, dass das die Wohnsitzösterrei­cher sind und nicht die Auslandsösterreicher!)

Ich möchte aber auch noch eine Anmerkung zum eigentlichen Thema machen, nämlich zur Frage der Ausweitung der Prüfkompetenz auf Unternehmen mit weniger als 50 Prozent staatlicher Beteiligung, die aber trotzdem unter beherrschendem Einfluss stehen. Herr Klubobmann Bucher hat gesagt, überall dort, wo Steuergeld zum Einsatz kommt, soll der Rechnungshof prüfen können. – Klingt im ersten Moment relativ ver­nünftig, wenn man es aber genauer betrachtet, hätte das extreme Konsequenzen.

Ich nenne nur ein Beispiel aus meinem Bereich: Presseförderung. – Wir stellen öster­reichischen Zeitungsherausgebern Steuergeld zur Verfügung, damit Medienvielfalt ge­wahrt bleibt. Wenn die Konsequenz daraus wäre, dass jedes Zeitungsunternehmen vom Rechnungshof geprüft wird oder in anderen Fällen jedes andere Unternehmen, je­der andere Subventionsnehmer geprüft wird, dann würde das, glaube ich, nicht nur zu einem absurden Ergebnis führen, sondern auch zu einer völligen Überlastung des Rechnungshofs, und das würde wahrscheinlich jede Steuerungsfunktion, die eine För­derung haben soll, ad absurdum führen. Gemeint kann daher meines Erachtens nur sein, dass die Stellen, die Geld zur Verfügung stellen, geprüft werden. Ich glaube, das ist, soweit ich das überblicken kann, flächendeckend der Fall.

Es gibt aber noch einen zweiten Aspekt. Es hat ja im Zuge des Österreich-Konvents in­tensive Diskussionen genau zu dieser Frage gegeben. Man hat damals überlegt, ob man eine 25-Prozent-Beteiligung als Grenze ziehen soll. Wir haben auch jetzt intensiv darüber diskutiert, wo diese Grenze sein kann; Anlassfall waren, wie jeder weiß, Sky­link und Flughafen Wien. Es hat natürlich Positionen gegeben, die besagt haben: mög-


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lichst breit ausweiten, und es hat Positionen dahin gehend gegeben: Wenn wir wollen, dass auch weiterhin „Public Private Partnership“-Modelle beispielsweise funktionieren, dann müssen wir einen gewissen Spielraum zulassen.

Ich glaube, auch vor dem Hintergrund der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, ausgehend vom jetzigen Rechtsbestand im Bundesverfassungsgesetz, war es richtig, zu sagen, der springende Punkt ist eigentlich, dass wir die ökonomische Beteiligung, die wirtschaftliche Beteiligung, die Frage, wie hoch die Anteile sind, verknüpfen mit der Frage der faktischen, der tatsächlichen Beherrschbarkeit. Es wird dazu natürlich immer wieder Diskussionen geben, aber die Bundesverfassung sieht ja vor, dass für diesen Fall der Verfassungsgerichtshof eine Entscheidung zu treffen hat.

Ich glaube daher, der Weg, der gegangen wurde, war richtig. Es war auch klug, das Thema entsprechend gründlich zu diskutieren, weil man natürlich verschiedene Aspek­te berücksichtigen muss. Ich bin froh, dass es jetzt zu dieser Einigung gekommen ist.

Zu den Ausführungen des Kollegen Bucher möchte ich noch eine Anmerkung betref­fend ÖBB machen. Ich meine, man muss schon unterscheiden können, ob es um In­vestitionen geht, die vorgenommen werden und langfristige Wirkung haben, oder ob es sozusagen um Geld geht, das – vereinfacht formuliert oder deutlich formuliert – verspe­kuliert wird. Ich finde es erstaunlich, dass das BZÖ das sozusagen anprangert, das Thema ÖBB auf den Tisch bringt, weil nämlich die Spekulationen, die bei den ÖBB mit diesen sogenannten CDO Squares passiert sind, in die Amtszeit des damaligen Vize­kanzlers und Infrastrukturministers Hubert Gorbach fallen. Werner Faymann hat dann, als das bekannt wurde, diese Praxis sofort beendet und erreicht, dass nicht weiterhin mit Steuermitteln – und da ging es um Steuermittel – spekuliert wird, sondern dass die Gelder vernünftig, sicher, nicht hoch riskant veranlagt werden – wenn es Gelder gibt, die zu veranlagen sind – und man primär die Gelder dazu verwendet, einen ordentli­chen Betrieb bei den ÖBB zu gewährleisten und entsprechende Investitionen in den Ausbau des Schienennetzes vorzunehmen, der viele, viele Jahre versäumt wurde und bezüglich dessen wir daher entsprechenden Nachholbedarf haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Eine letzte Anmerkung noch zu den Ausführungen des Abgeordneten Molterer. – Wie positiv das Bild ist, das wir vom Rechnungshof und auch vom derzeit amtierenden Rechnungshofpräsidenten haben, ist, glaube ich, in vielfältiger Art und Weise kundge­tan worden. Ich nenne jetzt auf der einen Seite Herrn Bürgermeister Häupl, der gesagt hat: Die Prüfer sind meine Freunde! (Zwischenrufe bei FPÖ und Grünen.)

Auf der anderen Seite haben wir nicht nur die Berichte, die der Rechnungshof liefert, jeweils ausführlich, gründlich studiert und entsprechende Maßnahmen veranlasst, son­dern wir haben den Rechnungshof und den Rechnungshofpräsidenten explizit auch in den Konsolidierungsprozess eingebunden, also in das große Vorhaben der Bundesre­gierung, Verwaltungskosten einzusparen, zu überprüfen: Wo kann man effizienter wer­den? Das Bild ist also ein sehr positives. – Ich danke Ihnen schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.18


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. – Bitte.

 


12.18.37

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein kurzer Abstecher zur der doch Doppelgleisigkeit in der Argumentation der FPÖ. Zunächst wird gesagt, man schützt ausländische Steuerbetrüger, indem man das Bankgeheimnis in Österreich schützt. – Das ist in der Argumentation nicht schlüssig! Auch ein österrei-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 54

chischer Steuerbetrüger ist, wenn ein Strafverfahren anhängig ist, nicht geschützt durch das Bankgeheimnis, sondern auch in diesem Fall hat die Bank Auskunft zu ertei­len. Ein ausländischer Steuerbetrüger, der nach ausländischen Gesetzen einen Betrug begeht und Steuerhinterziehung betreibt, ist nach ausländischen Grundsätzen zu beur­teilen, und wenn der Verdacht einer strafbaren Handlung besteht, dann hat die öster­reichische Bank Auskunft zu erteilen. – Weshalb also soll ein ausländischer Steuerbe­trüger besser gestellt werden als ein österreichischer? Ich verstehe Ihre Argumentation nicht – ich verstehe sie ganz einfach nicht! –, und das noch dazu unter einem faden­scheinigen Vorwand. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wenn man andere Mechanismen zur besseren Überprüfung der öffentlichen Gebarung schafft, dann weigern Sie sich wieder, mitzustimmen! Sie sind nicht interessiert an tat­sächlicher Prüftätigkeit, an tatsächlicher Aufklärung von Verbrechen oder Missständen (Abg. Riepl: Genauso ist es!), denn Sie verabschieden sich immer wieder dann, wenn es um die Verschärfung geht. Dann stimmen Sie nicht mit! (Abg. Weinzinger: Hier geht es ja nicht um Verschärfung! Hier geht es um ganz was anderes!) Sie reden zwar darüber, aber Sie stimmen nicht mit. Das ist sehr, sehr doppelzüngig und sehr doppel­bödig in der Argumentation. Und das sollen die Leute draußen durchaus wissen, dass Sie zwar immer dann für Recht und Ordnung sind, wenn Sie am Wirtshaustisch sind, wenn es jedoch hier im Parlament darum geht, verschärfte Bedingungen zu schaf-
fen, dann sind Sie nicht dabei! Das ist eine sehr doppelbödige Argumentation! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Weinzinger: Die Aufhebung des Bankgeheimnisses, das ist das Thema!)

Ich glaube, dass es vernünftig ist, dass man eine Regelung schafft, wo die tatsächliche Beherrschung durch die öffentliche Hand dazu führt, dass der Rechnungshof auch prü­fen kann. Und die tatsächliche Beherrschung wurde auch definiert in der Begründung zum § 12 des Rechnungshofgesetzes, sodass auch Klarheit darüber besteht, was „tat­sächlich beherrscht“ heißt, und damit auch die Möglichkeit der Prüfung von Skylink ge­schaffen wird.

Und wieder sind Sie nicht dabei! Wir schaffen die Möglichkeit, dass Skylink geprüft wird – und die FPÖ stimmt wieder nicht mit! (Abg. Grosz: Sie haben es sechs Monate lang verhindert!) Sie hat ganz einfach andere Interessen. Jedes Mal, wenn es darum geht, tatsächlich bessere Bedingungen für eine Prüfung zu schaffen, dann ist die FPÖ nicht an Bord. (Abg. Mag. Stefan: Aber es war keine Initiative der SPÖ, die Skylink-Prüfung, oder?)

Diese Argumentation ist also sehr, sehr doppelzüngig, und ich halte es für äußerst be­denklich, dass man zwar überall danach schreit, alles zu verschärfen, aber in Wirklich­keit keinen Beitrag dazu leistet, dass das auch wirklich passiert.

Ich halte diese Regelung für vernünftig. Diese Regelung gilt dann natürlich nicht nur für Skylink und wird wahrscheinlich auch zu einigen Grenzfällen führen, die aber dann letztendlich vom Verfassungsgerichtshof zu entscheiden sind. Ich glaube, dass man damit eine Möglichkeit schafft, die dem Steuerzahler sicherlich gefallen wird, weil das Geld, das er dafür investiert, das über den Staat in diese Firmen investiert wird, auch tatsächlich überprüfbar wird.

Auch die weitere Prüfung der Gemeinden halte ich für vernünftig, weil ich glaube, dass die Gemeinden durch falsche Beratung in prekäre Finanzsituationen gekommen sind, und wenn das vom Rechnungshof auch geprüft werden kann, dann wird alleine die An­drohung der Prüfung beziehungsweise der Umstand, dass hier die Möglichkeit einer Prüfung besteht, eine weitere Investition in fragwürdige Papiere wahrscheinlich hintan­halten. Ich glaube daher, dass es vernünftig ist, dass man sich hier mit Augenmaß an diese Prüftätigkeit herantastet.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 55

Ich glaube aber auch, dass es notwendig ist, die Gemeinden nicht so zu belasten, dass sie vier- oder fünfmal geprüft werden, sondern dass es eine klare Struktur gibt, nach der sie geprüft werden können, und dann letztendlich die Konsequenzen daraus gezo­gen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

12.23


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Karl. – Bitte.

 


12.23.06

Abgeordnete Mag. Dr. Beatrix Karl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kol­leginnen und Kollegen! Die vorliegende Gesetzesänderung stärkt den Rechnungshof in seiner Verantwortung, indem auf der einen Seite seine Kontrollkompetenz ausgeweitet wird. Das ist natürlich zu begrüßen. Auf der anderen Seite darf man aber nicht überse­hen, dass damit nicht alle Probleme gelöst sind. Bei der „tatsächlichen Beherrschung“ handelt es sich ja um einen unbestimmten Gesetzesbegriff, dessen Interpretation dem Rechnungshof und dem Verfassungsgerichtshof überlassen ist. Es stellt sich hier na­türlich die Frage, wann von einer tatsächlichen Beherrschung auszugehen ist bezie­hungsweise, umgekehrt gefragt, wann eine solche zu verneinen ist. Bisher wurde eine Beherrschung durch die öffentliche Hand und damit eine Prüfungszuständigkeit des Rechnungshofes erst ab einer 50-prozentigen Beteiligung der öffentlichen Hand oder bei einer dieser gleichzuhaltenden Beherrschung angenommen.

Nun kommt zur Beherrschung das Wort „tatsächliche“ hinzu – ein kleines Wort mit großer Wirkung, vor allem auch mit einem großen Interpretationsspielraum. Laut dem Bericht des Verfassungsausschusses soll eine tatsächliche Beherrschung dann vorlie­gen, wenn aufgrund der finanziellen, rechtlichen und faktischen Gegebenheiten klar ist, dass der Bund allein oder gemeinsam mit anderen der Rechnungshofkontrolle unterlie­genden Rechtsträgern die Unternehmung dominiert.

Die Wortfolge „finanzielle, rechtliche und faktische Gegebenheiten“ spricht für eine ta­xative, das heißt abschließende, Aufzählung dieser drei Kriterien. Anders der Geset­zestext, wonach eine tatsächliche Beherrschung durch finanzielle oder sonstige wirt­schaftliche oder organisatorische Maßnahmen zum Ausdruck kommt. Wie diese finan­ziellen, wirtschaftlichen und organisatorischen Maßnahmen konkret auszusehen ha­ben, wird hingegen nicht näher ausgeführt und bedarf daher einer eingehenden Prü­fung in jedem konkreten Einzelfall.

Meiner Überzeugung nach ist dabei eines klar: Eine Prüfung jener Unternehmen, an denen der Staat zwar Anteile hält, aber keine faktische Mitsprache hat, darf nicht statt­finden. Ebenso wenig dürfen Betriebsinterna detailliert veröffentlicht werden oder stra­tegische und betriebswirtschaftliche Entscheidungen, die im Unternehmen getroffen werden, einer öffentlichen Überprüfung durch den Rechnungshof unterliegen. Eine sol­che Offenlegung würde nämlich zu Wettbewerbsnachteilen und damit natürlich auch zu einer Gefährdung des wirtschaftlichen Erfolgs der Unternehmen führen.

Herr Klubobmann Cap hat ja bereits die Bedeutung von Rechtssicherheit und Investi­tionssicherheit angesprochen. Das kommt auch im Bericht des Verfassungsausschus­ses klar und deutlich zum Ausdruck. In diesem Bericht ist nämlich davon die Rede, dass ein Verständnis der „tatsächlichen Beherrschung“ geboten ist, das Rechtssicher­heit auch für Investoren gibt und Zweifelsfälle vermeidet. Diese wichtige Prämisse gilt es vom Rechnungshof sowie vom Verfassungsgerichtshof zu berücksichtigen, wenn darüber zu urteilen ist, ob eine tatsächliche Beherrschung im Sinne des Gesetzes vor­liegt.

Es wird insbesondere natürlich auch am Rechnungshof liegen, diese neuen Bestim­mungen in einem vernünftigen und vorsichtigen Maß anzuwenden und nicht auf Zuruf eine Prüfung zu veranlassen. Wir übertragen dem Rechnungshof mit unserem heuti-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 56

gen Beschluss ein bedeutendes Maß mehr an Verantwortung, nämlich eine Verantwor­tung, sorgsam mit der neuen Bestimmung umzugehen. Es wurden heute bereits mehr­fach von meinen Vorrednern der Respekt und die Anerkennung gegenüber dem Rech­nungshof zum Ausdruck gebracht. Ich vertraue auch im gegenständlichen Zusammen­hang auf die Arbeit des Rechnungshofes und seine Kompetenz. Er hat nämlich bereits vielfach bewiesen, dass er eine zentrale Einrichtung des Parlaments ist und seine Kompetenzen gewissenhaft wahrnimmt.

Dieses Vertrauen setze ich auch in den Verfassungsgerichtshof, dem es ohne Zweifel gelingen wird, bei seiner Interpretation der „tatsächlichen Beherrschung“ eine gefestig­te Judikatur zu entwickeln und damit Rechtssicherheit zu schaffen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.27


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Haimbuch­ner. – Bitte.

 


12.27.45

Abgeordneter Mag. Dr. Manfred Haimbuchner (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrter Herr Präsident des Rechnungshofes! Ich bin vorhin noch vom Herrn Kollegen Kapeller „angeschüttet“ worden, der hier unter­griffig geworden ist und mir irgendetwas aufgrund meiner Tätigkeit in meiner Heimatge­meinde Steinhaus vorgeworfen hätte.

Ich habe mir überhaupt nichts vorzuwerfen! Ich habe immer korrekt gehandelt – im Unterschied zu Ihrem Parteikollegen von der ÖVP und Obmann des Prüfungsaus­schusses in Steinhaus, der im Grünland eine nicht genehmigungsfähige Wohnung er­richtet hat, Herr Kollege Kapeller. (Beifall bei der FPÖ.)

Also, das werden wir uns noch genauer anschauen! So schaut es aus im Wahlkampf in Oberösterreich! Das ist ein bisschen schäbig.

Jetzt zur Sache, meine sehr verehrten Damen und Herren. – Was da immer behauptet wird betreffend das Bankgeheimnis, dass da irgendjemand von uns das Bankgeheim­nis nicht entsprechend aufweichen will, weil man ausländische Steuerbetrüger schüt­zen will, das ist absurd! Und Sie wissen das ganz genau! Darum geht es überhaupt nicht, denn es war bis dato möglich, jeden Steuersünder in Österreich zu verfolgen, ob es ein Inländer war oder ein Ausländer. (Beifall bei der FPÖ.)

Was Sie hier behaupten, ist einfach unrichtig! Und die Menschen haben ja wirklich schön langsam Angst, denn Sie wollen ja – und das will offensichtlich auch die OECD – den gläsernen Menschen, dass man alles im Detail verfolgen kann. Darum geht es Ihnen, und darum geht es auch den anderen Staaten, offensichtlich nach der Devise: Wir müssen zuerst einmal wissen, welches Vermögen jeder hat – das soll dann irgendwann einmal die weitere Folge sein –, damit wir ein System Hartz IV auch in Österreich durchsetzen können, sodass man, wenn man sein Leben lang fleißig ge­arbeitet hat, wenn man sich ein Vermögen geschaffen hat, erst dann zu einer Sozial­leistung kommt, wenn man sein gesamtes fleißig erarbeitetes Vermögen aufgebraucht hat. (Beifall bei der FPÖ.)

Darum geht es Ihnen in Wirklichkeit! Sagen Sie einmal den Menschen die Wahrheit, bevor Sie hier die ganze Zeit irgendwelche Geschichten erzählen! Deswegen müssen Sie sich ja auch die ganze Zeit rechtfertigen: weil Ihnen niemand glaubt, was Sie im Zusammenhang mit dem Bankgeheimnis an Politik betreiben.

Zur Novelle des Bundes-Verfassungsgesetzes: Wir werden dieser Novelle in dritter Le­sung auch zustimmen. Es ist gut, wenn Skylink überprüft wird, das ist überhaupt keine Frage. Aber das ist eine reine Anlassgesetzgebung, und da haben sich die anderen


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Parteien auch nicht durchgesetzt, denn wir fordern ständig – das BZÖ, die Grünen, wir Freiheitlichen –, dass auch Unternehmen, an denen die öffentliche Hand mit 25 Pro­zent beteiligt ist, überprüft werden. Da hat man sich wieder einmal nicht durchgesetzt. Das wollen wir!

Wir wollen auch eine Überprüfung der Gemeinden, nicht eine „Über-Überprüfung“ der Gemeinden – das wird ja auch immer wieder behauptet: verschiedenste Stellen prüfen die Gemeinden; das wollen wir auch nicht –, sondern es soll eine unabhängige, eine sachliche, eine objektive Überprüfung geben. Es kann nicht sein, dass irgendwelche Behörden, die parteipolitisch gefärbt sind, in den Ländern überprüfen. Es gehört auch der gesamte Bereich der Gemeindeaufsicht novelliert. Es kann nicht sein, dass der schwarze Landesrat die schwarzen Gemeinden überprüft oder mehr oder weniger be­aufsichtigt und der rote Landesrat die roten Gemeinden überprüft. Das ist, bitte, nicht zuträglich!

Was wir brauchen, ist eine objektive, eine ordentliche Kontrolle, und wir werden den Bundesrechnungshof auf allen Ebenen unterstützen. Ich hoffe, dass hier auch bei den anderen Parteien einmal Vernunft einkehrt, weil das wichtig ist. Und die Bürgermeister brauchen sich gar nicht zu fürchten, im Gegenteil: Die sind daran interessiert, dass or­dentlich überprüft wird, und nicht durch die parteipolitische Brille. – Darum geht es uns! (Beifall bei der FPÖ.)

Es wird ja alles Mögliche versucht, um zu argumentieren, warum dort, wo 1 Cent Steu­ergeld fließt, nicht kontrolliert werden soll – und das zeigt halt auch eine gewisse Ten­denz der Regierungsparteien. (Beifall bei der FPÖ.)

12.31


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Grosz. – Bitte.

 


12.32.00

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungs­hofes! Zum Kollegen Haimbuchner: Wissen Sie, wenn Sie hier heraußen stehen und oberösterreichischen Landtagswahlkampf – nachdem Sie mit Hubschraubern, sündteu­ren Hubschraubern, in der Gegend herumfliegen – in das Hohe Haus tragen, dann fra­ge ich Sie am heutigen Tag schon: Wie können Sie es mit Ihrem Gewissen vereinba­ren, dass Ihre Fraktion heute diesem Ökostromgesetz zustimmt und in Zukunft die oberösterreichischen Haushalte mit 30 € mehr belastet werden, Menschen, die sich oh­nedies das Leben in diesem Land nicht mehr leisten können, weil Sie, sehr geehrte Damen und Herrn von den ach so polternden Freiheitlichen – die Sie aber, wenn es um die Umsetzung geht, dann eingehen –, die Steigbügelhalter einer großen Koalition sind, wenn es darum geht, den Menschen in diesem Land Geld abzuknöpfen und sie beim Strompreis „auszusackeln“, den kleinen Mann, der es sich ohnedies nicht mehr leisten kann?! (Beifall beim BZÖ.)

Das ist eine Schande, was Sie hier aufführen, aber dann in der täglichen Arbeit auch umsetzen! Und die Wählerinnen und Wähler in Oberösterreich sollen wissen, was Sie planen: 30 € Stromkosten mehr – eine Aussackelei der Haushalte! (Rufe bei der FPÖ: 1,2 Prozent!) Das sei hier nur klargestellt, auch für alle kommenden Wahlen, in der Steiermark und wo immer sie auch sein sollten.

Aber nun zum eigentlichen Thema. Es ist schon ein Tiefpunkt der Kontrollrechte im Interesse der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler unseres Landes, dass es erst das BZÖ, Seppi Bucher und Uschi Haubner gebraucht hat, damit wir hier heute einen Be­schluss fassen, dass der Rechnungshof endlich seinen Kontrollmöglichkeiten nach­kommen kann (Abg. Kickl: Was?! – Steuererhöhungspartei!), wenn es um die Verlude­rung von Steuergeld geht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 58

Ich frage mich, warum es die Eigentümervertreter, die Sozialdemokraten im gleichen Umfang wie die ÖVP, Landeshauptmann Erwin Pröll, der Wiener Bürgermeister Mi­chael Häupl, mit Zähnen und Klauen, mit Händen und Füßen seit sechs Monaten ver­weigert haben, dass bei diesem Megaskandal endlich Licht ins Dunkel kommt. 500 Mil­lionen € Baukostenüberschreitung! Verschwinden und Versickern von 500 Millionen € Steuergeld bei einem Gesamtvolumen von 1 Milliarde €! Ein Vergabeverfahren, dass einem nur so graust! In jeder kleinen Gemeinde würde man den Bürgermeister raus­werfen, wenn er so ein Vergabeverfahren durchführen würde. Rätselhafte und über­teuerte Beraterverträge und ein Schweigegeld für einen ehemals geschassten Vor­stand, der jetzt bis zum Ende dieses Monats 150 000 € nachgeworfen bekommt, damit er seit Februar den Mund hält und damit ja nicht endlich die Verantwortung von ÖVP und SPÖ ans Tageslicht kommt.

Das ist genau der Stoff, aus dem in den achtziger Jahren der AKH-Skandal entwickelt wurde (Beifall beim BZÖ) – unter Zuhilfenahme der gleichen Parteien. Die Methoden, wie Sie Steuergeld verschwenden, wie Sie ins Kriminal abrutschen, sind über die Jahr­zehnte die gleichen geblieben.

Was haben Sie, sehr geehrte Damen und Herrn von SPÖ und ÖVP, zu befürchten? Was haben Sie zu befürchten, dass wir heute auf Initiative von Uschi Haubner und Seppi Bucher einen Beschluss fassen müssen, dass endlich kontrolliert wird? Was ha­ben Sie zu befürchten? Ist es vielleicht das Schweigegeld des Herrn Domany, das Sie zu befürchten haben? Ist es das Luxusauto, mit dem er bis Ende September noch in der Gegend herumfährt, damit er es ja schön bequem hat, damit er ja nicht seinen Mund aufmacht zu dem, was hier passiert ist? Was haben Sie zu befürchten?

Die ÖVP – das ist mir schon klar – hat ein Interesse, dass dieser Skandal nicht aufge­deckt wird. Es riecht förmlich nach illegaler Parteifinanzierung. Wo sind die 500 Millio­nen € versickert? Wer hat davon profitiert? Welche Kriegskassen sind seitdem gefüllt?

Daher bin ich froh, dankbar und auch glücklich, dass es Seppi Bucher und dem BZÖ gelungen ist, hier endlich Rechtmäßigkeit wiederherzustellen und dem Präsidenten des Rechnungshofes wieder die Möglichkeit zu geben, seiner Arbeit nachzukommen, wenn es darum geht, dass Steuergeld der Österreicherinnen und Österreicher verludert wird. (Abg. Großruck: „Verludert“, sagt er!)

Rot und Schwarz muss man kontrollieren, das wissen wir. Das wissen wir seit der EStAG-Pleite in der Steiermark, das wissen wir seit dem Stiftungsskandal der Stiftung des Herrn Erich Haider in Oberösterreich oder des Herrn Franz Voves in der Steier­mark, und das wissen wir bei dem Skandal rund um den oberösterreichischen Lan­desenergieversorger, das wissen wir seit Ihrem BAWAG-Skandal, seit Ihrer „Konsum“-Pleite.

Sie gehören an die Leine genommen, an die Leine des Steuerzahlers, damit der Steu­erzahler auch einen Anspruch auf Kontrolle und auf Recht in diesem Land hat! – Ich danke Ihnen. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Großruck: Herr Präsident! Darf man „verlu­dert“ ohne Ordnungsruf sagen? – „Verludert“, hat er gesagt! Die Gemeinden „verlu­dern“ das Geld!)

12.36


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

 


12.36.21

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­te Staatssekretäre! Meine Damen und Herren! Ja, ich glaube, jede/jeder von Ihnen hier und auch zu Hause hat von diesem heutigen gemeinsamen Beschluss der Ausweitung der Kompetenz, der Prüftätigkeit des Rechnungshofes auch persönlich einen Vorteil, persönlich einen Nutzen, denn – Herr Präsident des Rechnungshofes, Sie wissen es


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ja – es geht darum, dass insgesamt die österreichischen Steuergelder durch die Kon­trolltätigkeit, durch die Beratungstätigkeit des Rechnungshofes viel effizienter, viel sparsamer und viel wirtschaftlicher eingesetzt werden. Und es ist auch notwendig, dass der Rechnungshof seine Prüfkompetenz in verschiedene Bereiche ausdehnt, da­mit dieses Effizienz-, Sparsamkeits- und Wirtschaftlichkeitsgebot wirklich überall greift und uns das Geld bleibt für die wichtigen Vorhaben, für die wichtigen Vorhaben hier in Wien oder auch in Oberösterreich, die da sind: Beschäftigungsinitiativen im Ökobe­reich, Bildungsbereich, bessere Schulen und Ausbau des öffentlichen Verkehrs.

Da fehlt uns das Geld – das hat der Rechnungshof auch öfters festgestellt –, da wird es zum Teil falsch verwendet, und da brauchen wir Mittel, die wir einsparen können durch eine effizientere Herangehensweise in der Bundesverwaltung, der Landesver­waltung und auch in den Gemeinden.

Deshalb: Wenn es um Kontrolle geht, wenn es um klare Verhältnisse geht, dann bin ich auch dafür, dass die Affäre Haimbuchner vor Ort aufgeklärt wird, damit auch in Ober­österreich, in Steinhaus klare Verhältnisse geschaffen werden. (Beifall bei den Grü­nen. – Abg. Dr. Haimbuchner: Wir werden Ihren Kollegen fragen, ob er ...!)

Wie wichtig die Tätigkeit des Rechnungshofes ist, zeigt uns ja gerade das Beispiel AUA oder auch – damit verwoben – das Beispiel Skylink, Ausbau des Flughafens, wo jeweils – bitte, Achtung! – eine halbe Milliarde € Steuergeld womöglich versickert ist. Bei der AUA wissen wir es: Für die AUA wurde eine halbe Milliarde € aufgewendet, da­mit die Lufthansa sie kauft. Und gerade bei der AUA hat der Rechnungshof mühsam fast drei Jahre lang prozessieren müssen, drei Jahre lang Verhandlungen beim Verwal­tungs- und Verfassungsgerichtshof führen müssen, damit er überhaupt an die Tür hat klopfen dürfen. Diese drei Jahre waren ein Versäumnis! Hätten wir den Rechnungshof­bericht über die AUA früher gehabt, wäre dieses AUA-Debakel zu Lasten der Steuer­zahlerInnen, zu Lasten von uns allen, vielleicht gar nicht möglich gewesen beziehungs­weise hätte verhindert werden können. Und darum: Ausweitung der Prüfkompetenz!

Bei der AUA war es strittig. Bei Skylink haben sich die Verantwortlichen, sei es die ÖVP in Niederösterreich durch ihre Aufsichtsräte, seien es die Verantwortlichen von der SPÖ in Wien durch ihre Aufsichtsräte, bis heute – bis heute! – geweigert, den Rechnungshof vorzulassen. Dabei sprechen die Schlagzeilen eindeutig von einem „Mil­lionengrab“, von „Honorar-Dorado“! Bei „Skylink stinkt es zum Himmel“ – der Name sagt es ja schon –: „Ahnungslose ließen Planer sich blöd verdienen“. Und auf der an­deren Seite: Das Gröbste kommt noch! Und da wurde dem Rechnungshof der Zugang verweigert.

Wir Grünen haben dem Rechnungshof den Syndikatsvertrag überantwortet, der ihn dann ermutigt hat, endlich an die Tür zu klopfen. Niederösterreich lehne die Sonderprü­fung ab, war die Antwort. „Mauern gegen den Rechnungshof“ war zu lesen, „Flughafen Wien weist den Prüfern des Rechnungshofes die Tür“. – Das ist die Vorgeschichte zum heutigen gemeinsamen Beschluss. Es ist ein Skandal, dass eine Flughafenmanage­mentgesellschaft im Endeffekt eine halbe Milliarde € für ein Projekt verprasst, das öko­nomisch und ökologisch völlig widersinnig ist. Wir brauchen deshalb rechtzeitig Rech­nungshofprüfungen und der heutige Beschluss ist deshalb der richtige Weg. Kontrol-
le, damit wir einen Nutzen für sinnvolle Projekte hier und in Oberösterreich haben. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.40


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Staatssekretär Dr. Lopatka. – Bitte.

 


12.40.46

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Reinhold Lopatka: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wo Steuergeld fließt, soll auch


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 60

Kontrolle möglich sein. Heute, mit diesem Beschluss, wird diesem Grundsatz entspro­chen. Das entspricht auch der Sicht des Finanzministeriums: Überall dort, wo öffentli­ches Geld im Spiel ist, soll auch sorgsam damit umgegangen werden und wenn damit nicht sorgsam umgegangen wird, muss man die entsprechenden Möglichkeiten haben, das mit Kontrollen aufzuzeigen und entsprechende Vorkehrungen für die Zukunft zu treffen, damit so etwas nicht mehr passiert. Im heute vorliegenden Initiativantrag wird nun eine Lücke geschlossen.

Tatsächlich war es so, dass diese Diskussion in den letzten Wochen nur von wenigen verstanden worden ist! Nämlich, dass der Rechnungshof – aufgrund der derzeitigen Rechtslage – darum kämpfen muss, dass er kontrollieren darf. Und dass am Ende des Tages, nach Wochen oder Monaten an Verzögerung, der Verfassungsgerichtshof die Entscheidung zu treffen gehabt hätte, ob jetzt kontrolliert werden darf oder nicht.

Wenn mit dem heutigen Beschluss Rechtssicherheit geschaffen wird, ist das im Inter­esse von allen. Man hat bereits bei der Diskussion im Wiener Gemeinderat und auch bei ganz klaren Stellungnahmen – sowohl vom Wiener als auch vom niederösterreichi­schen Landeshauptmann – gesehen, dass es hier sehr wohl Verständnis dafür gibt, dass Kontrollen vom Rechnungshof durchgeführt werden, wenn die Rechtsgrundlage gegeben ist.

Der zweite Punkt ist etwas untergegangen. Wir haben gemeinsam mit den Stimmen al­ler im Haus vertretenen Parteien vor rund einem Jahr sehr rasch reagiert, als seiner­zeit die Finanzkrise von den USA direkt nach Europa und somit auch nach Österreich herübergeschwappt ist.

Wir haben damals mit dem Interbankmarktstärkungsgesetz am 20. Oktober 2008 rasch und erfolgreich reagiert. Das können wir jetzt schon sagen. Wir haben unseren Finanz­markt sehr rasch mit diesen Maßnahmen stabilisiert und viel größere Schäden, die sonst auf unseren Finanzmarkt zugekommen wären, abwenden können.

Wenn hier mit Haftungen, mit Partizipationskapital, mit Milliarden Euro diese Stabilisie­rung herbeigeführt wird, so halte ich es für richtig, dass diese Abwicklung nun auch einer Kontrolle unterzogen werden soll. Dieses Recht wird nicht nur von der Opposition in Anspruch genommen, sondern das wird natürlich auch von den Regierungsparteien so gesehen, weil es unsere Verpflichtung den Steuerzahlern gegenüber ist.

Der dritte Punkt – wo man das Kind nicht mit dem Bad ausschütten soll – ist der Be­reich der Kontrollen der Gemeinden. – Ja, wir sind dafür, dass Gemeinden kontrolliert werden. Wir sind aber gegen Vielfach- und Mehrfachkontrollen, denn sie nützen kei­nem. (Beifall des Abg. Großruck.)

Meine Damen und Herren, was wir brauchen, ist eine Neuregelung dieser Kontrollen, eine gesamte Neuordnung. Hier liegt es nicht nur an den Parlamentsparteien mitzuar­beiten, sondern es müssen uns Gemeindebund und Städtebund auch dabei unterstüt­zen, damit wir gemeinsam – auch mit der Expertise des Rechnungshofes – zu einem guten Stufensystem kommen.

Wir haben Kleinstgemeinden. Da frage ich mich, ob bei diesen Kleinstgemeinden mit 100, 200, 300 Einwohnern wirklich der Bundesrechnungshof das richtige Organ für die Kon­trolle ist.

Aber warum soll sich nicht ein Landesrechnungshof diese Gemeinden stichprobenartig ansehen? – Erstens ist die Gemeindekompetenz eine Landeskompetenz. Also hier kor­reliert die Zuständigkeit des Landesrechnungshofes. Wir sollten uns auch gemeinsam ansehen, welche Möglichkeiten es in den einzelnen Bundesländern innerhalb der Prü­fungsausschüsse auf Gemeindeebene gibt und wie in den einzelnen Bundesländern die Gemeindeaufsicht funktioniert. (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 61

Hier österreichweit zu einheitlichen Standards zu kommen, das muss in unserem ge­meinsamen Interesse sein. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Mag. Wurm.)

12.45


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Lapp. Für alle Rednerinnen und Redner bis 13 Uhr gleiche Chancen: knapp 3 Minuten Redezeit. Bitte beim Einläuten wirklich die Rede zu beenden!

 


12.46.00

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Herr Präsident! Die Herren Staatssekre­täre! Herr Präsident des Rechnungshofes! Hohes Haus! Wir fassen heute zu Beginn der Tagesordnung sehr wichtige Entschlüsse. Es geht darum, dass wir in Zeiten der Krise, die immer wieder Thema in unseren Besprechungen ist, auch darauf schauen müssen, dass das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler effizient, sparsam, zweckmäßig und wirtschaftlich eingesetzt wird und dass dieses Steuerzahlerinnengeld und Steuerzahlergeld für die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger verwendet wird.

Ich denke, wir hatten eine sehr lange Diskussion über die Erweiterung der Prüfkompe­tenzen des Rechnungshofes. Wir haben uns heute gemeinsam im Zuge des neuen Parlamentarismus in diesem Haus quer über Parteigrenzen hinweg auf Themen ge­einigt. Es gab eine längere parlamentarische Diskussion und heute können wir weitere wichtige Etappen abarbeiten.

Offen bleibt noch bezüglich der Prüfung durch den Rechnungshof die Möglichkeit von EU-Förderungen und auch bei den Agrarmarktbereichen gibt es noch Wege, genauer zu prüfen, wie das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler verwendet wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die ersten Punkte sind auf der einen Seite, dass es bei den Unternehmen, bei denen die öffentliche Hand beteiligt ist oder eine tatsächliche Beherrschung vorliegt, für den Rechnungshof möglich wird, Einschau zu halten.

Ein weiterer Punkt ist das Bankenrettungspaket, das wir heute beschließen werden. Hier soll ebenfalls der Rechnungshof Einschau halten und die Gemeinden prüfen kön­nen. Im Gegensatz zu Herrn Staatssekretär Lopatka denke ich, dass es schon einen Unterschied macht, dass man allen Gemeinden die Möglichkeit gibt, die Serviceleis­tungen und Beratungen des Rechnungshofes in Anspruch zu nehmen. Man kann nicht sagen: Wo nur hundert Leute wohnen, ist es egal, da braucht man nicht reinzu­schauen. Ich denke, es darf auch nicht die Angst aufkommen, dass bei den Gemein­den herumgeschnüffelt wird. Wenn der Rechnungshof kommt, wenn Kontrollinstitutio­nen kommen, dann geht es um mehr Effizienz und nicht um Quälen und Sekkieren von Gemeinden und politisch Verantwortlichen, sondern um Weiterentwicklung. – Das woll­te ich hier klarstellen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte einen Abänderungsantrag ein­bringen, der in die Richtung geht, dass es eine Klarstellung in der Verfassung gibt ...

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ihre Redezeit wird bald zu Ende sein. – Bitte um den Antrag!

 


Abgeordnete Mag. Christine Lapp (fortsetzend): Ich werde ihn sehr schnell einbrin­gen. – Danke. (Zwischenruf des Abg. Bucher.)

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Bucher, Dr. Cap, Kopf, Mag. Kogler, Kolleginnen und Kollegen zum Antrag 746/A


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 62

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

1. Der Zitierungsanweisung „Art. 126b Abs. 2 lautet:“ wird „1.“ vorangestellt.

2. Es werden folgende Ziffern 2 und 3 angefügt:

„2. In Art. 127 Abs. 3 lautet der zweite Satz:

„Hinsichtlich der Prüfzuständigkeit bei einer tatsächlichen Beherrschung gilt Art. 126b Abs. 2 sinngemäß.“

3. Im Art. 127a Abs. 3 lautet der zweite Satz:

„Hinsichtlich der Prüfzuständigkeit bei einer tatsächlichen Beherrschung gilt Art. 126b Abs. 2 sinngemäß.““

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren – die Redezeit wurde gut ausgeschöpft von meiner Seite –, wir treffen hier einen wichtigen Beschluss. (Beifall bei der SPÖ.)

12.49


Präsident Fritz Neugebauer: Stark überzogen.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Donnerbauer. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim: Herr Präsident! Wollen Sie nicht den Herrn Rechnungshofpräsidenten begrüßen?)

 


12.50.01

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Kontrolle ist wichtig. Ich glaube, das ist unbestrit­ten. Kontrolle der Verwaltung und auch des effizienten Einsatzes von Steuermitteln ist ebenfalls eine wichtige Aufgabe von gewählten Mandataren und natürlich auch dieses Hauses, aber auch von gewählten Mandataren auf allen Ebenen, bei allen Gebietskör­perschaften. Dass der Bundesrechnungshof gute Arbeit leistet, dass da Kompetenz für eine gute Prüfung der Verwaltung und auch öffentlicher Unternehmen vorhanden ist und dass die Qualität der Ergebnisse der Rechnungshofprüfungen auch eine wichtige Richtschnur für die geprüften Institutionen und die Verwaltung sind, aber auch eine wichtige Basis für unsere Arbeit, für unsere Arbeit in der Gesetzgebung bieten, ist, so glaube ich, ebenso unbestritten.

Daher sind wir heute auch mit dabei und haben maßgeblich an dieser zu beschließen­den Ausweitung der Prüfkompetenz des Rechnungshofes mitgearbeitet, sind auch überzeugt davon, dass das, was hier am Tisch liegt und heute beschlossen wird, richtig und positiv ist.

Aber auch das sei gesagt: Eine funktionierende und effiziente Kontrolle mit einer nach­haltigen Wirkung – und ich glaube, das muss in unserem Sinne sein – ist nur dann möglich, wenn Prüfungen abgestimmt funktionieren, wenn sie nach einheitlichen Krite­rien und auch mit System vorgenommen werden und nur dann, wenn auch die geprüf­ten Institutionen und Organe letztlich überzeugt sind von der Fairness und von der Richtigkeit dieser Prüfung, von der Kompetenz der Prüfer und auch davon, dass das, was an Ergebnissen herauskommt, für sie Richtschnur für ihre weitere Arbeit sein kann.

Niemand hat etwas davon, wenn geprüfte Institutionen, öffentliche Unternehmungen, solche Prüfungen quasi wie eine Plage, eine Naturkatastrophe sehen, die sie einfach regelmäßig überstehen müssen, und dann so weiter tun wie vorher. Ich glaube, auch das ist ein wichtiger Teil der Kontrollarbeit, nämlich die geprüften Institutionen davon zu überzeugen, dass das, was am Schluss an Ratschlägen, an Beanstandungen heraus­kommt, für die weitere Arbeit berücksichtigt wird.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 63

In diesem Sinne ist, gerade wenn es in den nächsten Wochen darum geht, auch die Ausweitung von Prüfkompetenzen des Rechnungshofes auf die Gemeinden zu disku­tieren und zu beschließen, darauf hinzuweisen, dass die Gemeinden jetzt schon zu den meist geprüften Institutionen und Gebietskörperschaften in diesem Lande durch die Prüfungsausschüsse, durch gewählte Mandatare, durch die Gemeindeaufsicht und letztlich auch durch die Landesrechnungshöfe gehören. (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Daher soll das auch bei dieser Diskussion mit berücksichtigt werden. Es geht um eine Prüfung mit System, um eine abgestimmte Prüfung nach einheitlichen Richtlinien und Kriterien und um Ergebnisse, die letztlich auch dazu führen, dass sich Dinge verbes­sern, Abläufe verbessern und Steuermittel effizienter eingesetzt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

12.52


Präsident Fritz Neugebauer: Der zuvor eingebrachte Abänderungsantrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Josef Bucher, Dr. Josef Cap, Karlheinz Kopf, Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen zu Antrag 746/A der Abgeordneten Josef Bucher, Dr. Josef Cap, Karlheinz Kopf, Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 geändert wird, in der Fassung des Ausschussberichtes (329 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

1. Der Zitierungsanweisung „Art. 126b Abs. 2 lautet:“ wird „1.“ vorangestellt.

2. Es werden folgende Ziffern 2 und 3 angefügt:

„2. In Art. 127 Abs. 3 lautet der zweite Satz:

„Hinsichtlich der Prüfzuständigkeit bei einer tatsächlichen Beherrschung gilt Art. 126b Abs. 2 sinngemäß.“

3. In Art. 127a Abs. 3 lautet der zweite Satz:

„Hinsichtlich der Prüfzuständigkeit bei einer tatsächlichen Beherrschung gilt Art. 126b Abs. 2 sinngemäß.““

Begründung:

Lehre und Rechtssprechung sind schon bisher davon ausgegangen, dass sich die Ver­wendung des Begriffs der „finanziellen Beteiligung“ in Art. 127 Abs. 3 sowie Art. 127a Abs. 3 BV-G auf den Beherrschungstatbestand bezieht und es folglich auch bei Lan­des- und Gemeindegebarung einen Beherrschungstatbestand bei der Unternehmens­prüfung gibt. Die neugefassten Verweise dienen der Klarstellung und folgen der neuen Systematik des Art. 126b Abs. 2 B-VG.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stefan. – Bitte.

 


12.53.06

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Es ist heute wieder einmal festzustellen, dass


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 64

die FPÖ genau richtig gelegen ist, das Bankgeheimnis nicht aufzuweichen. Denn diese Rechtfertigungsorgie, die wir heute von allen Parteien gehört haben, war ja entlarvend; auch die ständig falschen Argumente, wie beispielsweise: es werden Ausländer ge­schützt – tatsächlich setzt die Steuer nicht an der Staatsbürgerschaft an, sondern am Wohnsitz. (Beifall bei der FPÖ.)

Also kann es hier ja wohl nur um die in Österreich befindlichen Personen oder die eben nicht in Österreich befindlichen Personen gehen. Daher ist es wohl richtig, dass Aus­landsösterreicher jetzt weniger geschützt sind, als sie es bisher waren.

Auch zu den sonstigen Rechtfertigungen, dass jetzt in Finanzstrafverfahren Auskunft erteilt werden könne, ist zu sagen: Auch das war bis jetzt bereits Gesetzeslage. (Abg. Scheibner: Die, die hier nicht Steuer zahlen wollen, ...!) Dafür hätte es keine Aufweichung des Bankgeheimnisses geben müssen. (Beifall bei der FPÖ.)

Was war jetzt wirklich der Preis dafür? – Eine „Lex Skylink“ ist dabei herausgekommen; etwas, wofür es bereits einen großen politischen und medialen Druck gegeben hat, et­was, wo die Regierungsparteien, die sowieso ständig an Wählern verlieren, nachgeben mussten. Das wurde jetzt als großes Ergebnis präsentiert. Wenn das „Parlamentaris­mus neu“ ist, dann gute Nacht! (Beifall bei der FPÖ.)

Es wurde also eine „Lex Skylink“ ins Leben gerufen, anstatt dass, wie es an sich richtig wäre, die Prüfkompetenz auf jene Unternehmen erweitert worden wäre, bei denen 25 Prozent Beteiligung durch den Bund gegeben ist. Das wäre der richtige Weg gewe­sen. (Zwischenruf des Abg. Großruck. – Abg. Mag. Widmann: Zustimmen!)

Ja, das ist eben der Kompromiss, dem Sie so leichtfertig nachgegeben haben. Das sa­ge ich ja. Ich bin froh, dass ich nicht dabei war, das Bankgeheimnis dafür zu opfern, dass man jetzt eine „Lex Skylink“ macht, die sowieso gekommen wäre. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Scheibner: Für die Ausländer das Bankgeheimnis!) – Herr Kollege Scheibner! Das haben Sie wieder nicht verstanden. Die Ausländer, die in Österreich le­ben, sind jetzt genauso geschützt oder eben nicht geschützt wie bisher. (Abg. Grosz: Für die Russenmafia! – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von FPÖ und BZÖ.)

Tatsache ist jedenfalls, dass es richtiger gewesen wäre, die Banken zu überprüfen und nicht wie im vorliegenden Initiativantrag nur das Finanzressort. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Grosz: Ökostromgesetz ...! ... auch daneben!)

Enttäuschend ist auch die wieder einmal sehr schwammige Formulierung, wie die Ge­meindeprüfung in Zukunft durchgeführt werden soll. Wenn man ein Problem mit der Rechnungshofkontrolle hat, dann soll man das auch sagen und sich nicht mit Schein­argumenten darüber hinwegturnen und behaupten, es gebe zu viele Regulierungen, es gebe zu viele Prüfungen. (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Wenn man nicht will, dass hier einheitlich geprüft wird, wenn man ein Problem mit den Konsequenzen hat, dann soll man es sagen, aber eben nicht mit Scheinargumenten die Wähler für dumm verkaufen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Grosz: Strompreis erhö­hen tut ihr um 30 €!)

12.56


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Widmann. – Bitte.

 


12.56.16

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Das war wieder ein gelebtes Beispiel für die FPÖ nach dem Motto „schön dane­ben“, denn, lieber Kollege, um das Bankgeheimnis ist es ja nie gegangen. Es ist um


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 65

das Amtshilfe-Durchführungsgesetz gegangen und nicht um das Bankwesengesetz. (Abg. Kickl: ... Pfusch fabriziert! – Zwischenrufe bei der FPÖ.) Aber Äpfel und Birnen verwechseln ist ja typisch für die FPÖ. Ihr kennt euch gut aus bei Schüttelreimen, da seid ihr besser, aber in Sachfragen, in Gesetzesfragen seid ihr einfach daneben, wie zu beweisen war. (Beifall beim BZÖ. – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich frage mich ja nur, warum die FPÖ hier nicht zustimmt, dass auch kleine Gemeinden vom Rechnungshof geprüft werden kön­nen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Stefan und Dr. Haimbuchner.) Ich denke an den Spitzenkandidaten der FPÖ in Oberösterreich. Prüfen wir doch die Gemeinde Steinhaus noch vor den Wahlen, was wirklich dran ist! Das wäre einmal ein Punkt, wo ihr zustimmen könntet, oder ist eh alles Luft? (Abg. Kickl: So viel Wirtschaftskom­petenz ...!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Skylink ist debattiert worden: ein rot-schwar­zer Skandal, Proporz, Parteibuchwirtschaft, Günstlingswirtschaft. Keine Vergabericht­linien wurden eingehalten. Viel Geld, viel Steuergeld ist den Bach hinuntergegangen. Die Kosten sind von 400 auf nahezu 900 Millionen € explodiert. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Ich weiß schon, dass ihr aufgeregt seid bei der FPÖ. Das denke ich mir bei diesen Vorhaltungen, die hier im Raum stehen. (Ironische Heiterkeit bei der FPÖ.)

Daher ist es notwendig, dass der Rechnungshof hier prüft. (Zwischenruf des Abg. Neubauer.) Es ist aber auch notwendig, dass der Rechnungshof andere Bereiche prüft. Ich denke etwa an die Wohnungsgenossenschaften. (Abg. Dr. Haimbuchner: Fusioniert euch mit den Gsibergern!) – Hört einmal zu, vielleicht könntet ihr noch etwas lernen, ihr von der FPÖ! (Beifall beim BZÖ.)

Ich denke an die Wohnungsgenossenschaften auch in Oberösterreich, die rot-schwarz dominiert sind, wo es auf der einen Seite gut bezahlte Generaldirektoren gibt, die aber auf der anderen Seite eine Milliarde horten, die von Wohnungsmietern einbehalten worden ist. Dieses Geld könnte man für thermische Sanierung oder für Mietensenkung verwenden. (Abg. Großruck: Jetzt kannst du wieder seriös werden!)

Oder: Beispiel Energiekonzerne. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist nicht einzusehen, dass es in Oberösterreich einen schwarzen Landesenergieversorger gibt, wo der Generaldirektor mehr verdient als der Landeshauptmann. Auf Bundesebene gibt es da auch einen Generaldirektor beim Verbund (Abg. Grosz: Der ist sicher von der ÖVP!), der mehr als der Bundeskanzler verdient. Das sind die Gelder der kleinen Strombezieher. Ich denke, auch hier sollte der Rechnungshof einmal ordentlich prüfen. (Beifall beim BZÖ.)

Die Zeche zahlt letztlich der Konsument. Wir wissen, dass Cross-Border-Leasing-Ge­schäfte von Rot und Schwarz auch gemeinsam mit der FPÖ im Aufsichtsrat beschlos­sen wurden. (Abg. Neubauer: Was? – Abg. Dr. Karlsböck: Das ist ja unerhört!)

Die Energie AG hat Gewinne mit Überschüssen von 140 bis 150 Millionen €. Da zockt man den kleinen Bürgern das Geld aus der Tasche! (Rufe bei der FPÖ: Das ist falsch! – Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Und jetzt – als Gipfel des Ganzen! – stimmt die FPÖ dem Ökostromgesetz zu.

 


Präsident Fritz Neugebauer: Den Schlusssatz, bitte!

 


Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (fortsetzend): Sie stimmt dem Ökostromgesetz zu, was letztlich nichts anderes bedeutet, als dass wir 14 Prozent mehr für den Öko­strom bezahlen und in Summe eine 10-prozentige Strompreiserhöhung nach den Wah­len bekommen werden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 66

Daher ist es wichtig und klar, dass der Rechnungshof mehr Prüfkompetenzen be­kommt, diese Prüfungen auch durchführt, weil in Österreich ein leistbarer Strompreis für alle Menschen das Ziel sein muss und keine Strompreiserhöhung, wie sie auch von der FPÖ mitgetragen wird. (Beifall beim BZÖ.)

12.59


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Musiol. – Bitte.

 


12.59.31

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Das ist ein guter Tag, ein großer Erfolg für Sie, die SteuerzahlerInnen, die GemeindebürgerIn­nen, die mit dieser Erweiterung der Rechnungshofprüfkompetenz nun die Möglichkeit haben, mit uns gemeinsam nachzuvollziehen, wo denn die öffentlichen Gelder hinwan­dern, wo Verschwendung passiert und wo wirklich effizient und sparsam gewirtschaftet wird.

Es ist ein großer Erfolg für uns, für die beiden Oppositionsparteien Grüne und BZÖ, oh­ne deren Beharrlichkeit dieser nächste Schritt in Richtung Transparenz und Kontrolle nicht gelungen wäre. (Beifall bei den Grünen.)

Aber dieser nächste Schritt ist, wie gesagt, nur ein Schritt und noch nicht das Ideal. Es gibt noch einiges zu tun – es ist heute schon angesprochen worden –: Untersuchungs­ausschuss als Minderheitsrecht, Prüfkompetenz der Gemeinden. Da wird es nicht da­rum gehen, sich die Vorhaben bloß auf die Fahne zu schreiben, sondern da wird es da­rum gehen, sie dann auch tatsächlich so auszugestalten, dass Kontrolle möglich ist.

Klubobmann Cap hat heute unter anderem auch davon gesprochen, welch wichtiger Tag heute ist und wie wichtig das denn für die SteuerzahlerInnen ist. Doch man muss sich schon wundern, wenn man sich die Reaktionen der Wiener SPÖ auf diverse Initia­tiven der Opposition anschaut, sei es der Sondergemeinderat oder die Untersuchungs­kommission, denn die Wiener SPÖ, allen voran Michael Häupl und Renate Brauner, sind entrüstet, wie man auch nur auf die Idee kommen kann, dass es hier eine politi­sche Verantwortung geben kann. Das ist die Art und Weise, wie die Wiener SPÖ mit Transparenz und Kontrolle umgeht!

Selbst wenn man anerkennt, dass das Ernennen von zwei Aufsichtsratsmitgliedern –alle gelernten WienerInnen, NiederösterreicherInnen und ÖsterreicherInnen können sich hier ein eigenes Bild machen – vielleicht noch nicht die Einflussnahme, die tat­sächliche Beherrschung begründet, ist schon zu fragen, warum der Vertreter der Stadt Wien, der an der Hauptversammlung im April teilgenommen hat, als sich bereits das Ausmaß des finanziellen Desasters abgezeichnet hat, weder eine Frage gestellt noch eine Anmerkung gemacht hat, sprich: seine Möglichkeiten als Eigentümervertreter nicht wahrgenommen hat.

Wir – die Wiener Opposition, allen voran die Grünen – werden weiter darauf schauen beziehungsweise weiter darum kämpfen, dass hier ganz klar die politische Verantwor­tung der SPÖ-Regierung wahrgenommen wird. Die SPÖ muss endlich einmal erken­nen, dass es nicht so wie in den letzten 50, 60, 70 Jahren angehen kann, dass der Par­teibuchwirtschaft beziehungsweise der Freunderlwirtschaft der Vorrang gegeben wird, sondern dass hier ganz klar nur jene Personen, die tatsächlich die notwendigen Qualifi­kationen mitbringen, zum Zug kommen und dass es notwendig ist, vor allem in absolut regierten Ländern Kontrolle und Transparenz walten zu lassen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

13.02


Präsident Fritz Neugebauer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Ab­geordneter Gradauer zu Wort gemeldet. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 67

13.02.54

Abgeordneter Alois Gradauer (FPÖ): Hohes Haus! Herr Abgeordneter Rainer Wid­mann hat behauptet, dass beim Cross-Border-Leasinggeschäft der Energie AG in Oberösterreich neben der ÖVP und SPÖ auch die Freiheitlichen zugestimmt haben. – Diese Aussage ist unrichtig! (Abg. Mag. Widmann: Aufsichtsrat!)

Richtig ist: Ich war selbst damals Aufsichtsrat in der Energie AG, und wir haben zu zweit, der Herr Dr. Hintermayr und ich, Alois Gradauer, dagegen gestimmt. – Danke. (Beifall und Bravoruf bei der FPÖ.)

13.03


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Höbart. – Bitte.

 


13.03.34

Abgeordneter Ing. Christian Höbart (FPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär Os­termayer! Hohes Haus! Ich muss mich jetzt auch an den Kollegen Gradauer anhalten und ihm recht geben. Die Nervosität in den Reihen der Orangen ist ja zum Bersten spürbar, und ich denke, dass die „großartigen“ Erfolge, wie sie letzte Woche in Vor­arlberg erreicht wurden, in Oberösterreich ihre Fortsetzung finden werden. Es muss schon einiges schieflaufen, wenn man solche Unwahrheiten behauptet. Der Wähler wird wieder ein eindeutiges Signal in diese Richtung ausschicken. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir von der Freiheitlichen Partei Österreichs unterstützen – und das haben ja auch mehrere meiner Vorredner bereits gesagt – selbstverständlich eine Prüfkompetenz­erweiterung des Rechnungshofes, mit entsprechend kompetenten Mitarbeitern. Es gab dafür – ich möchte jetzt wirklich ganz bewusst „Horrorprojekt“ dazu sagen – das Projekt „Skylink“ den Ausschlag, und das ist wirklich schon Grund genug, die Prüfkompeten­zen des Rechnungshofes auszuweiten.

Ich möchte diese Gelegenheit hier dazu nützen, auch ein paar Daten und Fakten zu diesem Sittenbild des rot-schwarzen Proporzes zu liefern, zu diesem Filz, der sich lei­der auch in der Wirtschaft findet.

Faktum eins: Die geplanten Projektkosten lagen bei 350 Millionen €. Ein bisschen Re­servebudget ist bei solchen Projektgrößen immer drinnen, keine Frage. Im Moment lie­gen wir bei knapp 900 Millionen €! Und wohlgemerkt, es handelt sich um Steuergelder. Aber das scheint hier niemanden zu interessieren, man versucht, diese Dinge unter den Teppich zu kehren.

Faktum zwei: Projektbeginn war 2001/2002. Mittlerweile stehen wir am Ende des Jah­res 2009. Es besteht da ein Hülle ohne Innenausbau. Ich frage mich daher, was hier schiefgelaufen ist.

Langer Rede kurzer Sinn: ein schlichtes rot-schwarzes „Millionengrab“ der Sonderklas­se – und das auf Kosten der Steuerzahler. Das kann und darf nicht sein, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

De facto wird ja der Flughafen Wien über Syndikatsverträge von der Stadt Wien und vom Land Niederösterreich beherrscht. Und auch da wissen wir zur Genüge, die Lan­desfürsten sowohl in Wien als auch in Niederösterreich spielen immer unter dem sel­ben Motto: Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts!, sie wollen damit nichts zu tun haben.

Nehmen wir auch einmal den Vorstand unter die Lupe, was da alles an „kompetenten“ Persönlichkeiten den Vorstand repräsentiert!

Dr. Kaufmann, ehemaliger Nationalrat, seit einigen Jahren Vorstandsvorsitzender der Flughafen Wien AG. – Ich sage einmal ganz salopp: von Wirtschaft keine Ahnung!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 68

Ing. Schmid, ehemaliger Büroleiter von Helmut Zilk in Wien. – Ich frage mich, was die­sen Menschen befähigt, in einem Vorstand in einem Wirtschaftsunternehmen tätig zu sein.

Letztendlich die Günstlinge von Landeshauptmann Pröll. Da wäre einmal der unsägli­che Mag. Domany, der seit einem Jahr bei vollen Bezügen und bei Dienstwagennut­zung ein wunderbares Dasein fristet.

Das können sich doch die Menschen draußen nicht mehr erklären: Unfähigkeit, keine Wirtschaftskompetenz und dann ein Jahr lang – ich sage es einmal ganz salopp – mit einer saftigen Gage herumzulaufen, bei so viel „Kompetenz“, die er bei diesem Projekt bewiesen hat. – Das ist ja eigentlich unglaublich! (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.)

Das können Sie doch nicht von der Hand weisen! War dieser Mann kompetent? (Neu­erlicher Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.) Nein! Das müssen Sie besser recherchie­ren. (Beifall bei der FPÖ.)

Nächste Person aus dem Umfeld von Landeshauptmann Pröll: Ernest Gabmann, Lan­deshauptmann-Stellvertreter, langjähriger Politiker – wow, super, das „befähigt“ ihn na­türlich sofort, im Vorstand eines Unternehmens tätig zu sein! (Zwischenruf des Abg. Hornek.) Sie wissen aber schon, wie „erfolgreich“ die eigenen Unternehmen von Herrn Gabmann waren?

Der Aufsichtsrat der Flughafen Wien AG ist ja auch so ein Sammelbecken an abgehalf­terten Politikern. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie in diesem Hohen Haus wissen aber schon, dass der Aufsichtsrat Kontrollaufgaben wahrzunehmen hat!

Der Aufsichtsrat muss den Vorstand kontrollieren und natürlich auch solche Projekte wie Skylink, die mit tatsächlichen Risiken behaftet sind, entsprechend prüfen. Aber was hat denn der Aufsichtsrat in diesem Zusammenhang getan? – Ich sage es ganz deut­lich: Er hat nichts getan und hat eben diesen unfähigen Vorstand schalten und walten lassen, wie er nur wollte! (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.) – Ja, gut, man kann ja einiges davon lernen.

Wir werden, wie auch schon unser Bundesparteiobmann heute gesagt hat, diesen Sumpf trockenlegen, da können Sie sichergehen. Wir haben im Wiener Landtag bereits eine Untersuchungskommission eingerichtet. Wie gesagt, mit Sicherheit wird die FPÖ diesen Sumpf trockenlegen, da können Sie sicher sein. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich möchte zum Schluss noch folgenden Antrag einbringen:

Abänderungs- und Zusatzeintrag

des Abgeordneten Ing. Höbart und weiterer Abgeordneter zum Antrag der Abgeordne­ten Josef Bucher, Dr. Josef Cap, Karlheinz Kopf, Werner Kogler, Kollegen und Kolle­ginnen (746/A)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Antrag der Abgeordneten Josef Bucher, Dr. Josef Cap, Karlheinz Kopf, Werner Kogler, Kollegen und Kolleginnen (746/A) wird wie folgt geändert:

1. Art. 126b Abs. 2 B-VG lautet:

„(2) Der Rechnungshof überprüft weiter die Gebarung von Unternehmungen, an denen der Bund allein oder gemeinsam mit anderen der Zuständigkeit des Rechnungshofes unterliegenden Rechtsträgern mit mindestens 25 vH des Grundkapitals, Stammkapitals oder an dem die Gesellschaft kontrollierenden Kapitals beteiligt ist oder die der Bund allein oder gemeinsam mit anderen solchen Rechtsträgern betreibt. Einer solchen fi-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 69

nanziellen Beteiligung ist die Beherrschung von Unternehmungen durch andere finan­zielle oder sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maßnahmen gleichzuhalten. Die Zuständigkeit des Rechnungshofes erstreckt sich auch auf Unternehmungen jeder weiteren Stufe, bei denen die Voraussetzungen gemäß diesem Absatz vorliegen.

2. In Artikel 127 Abs. 3 und Artikel 127a Abs. 3 wird die Zahl „50“ durch die Zahl „25“ ersetzt.

3. In Artikel 127 Abs. 3 und Artikel 127a Abs. 3 wird die Wortfolge „Stamm-, Grund- und Eigenkapitals“ durch die Wortfolge „Grundkapitals, Stammkapitals oder an dem die Gesellschaft kontrollierenden Kapitals“ ersetzt.“

*****

Ich bringe einen weiteren Antrag ein:

Abänderungsantrag

des Abgeordneten Ing. Höbart und weiterer Abgeordneter zum Antrag der Abgeordne­ten Dr. Wittmann, Mag. Molterer, Mag. Stadler, Mag. Daniela Musiol betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Rechnungshofgesetz 1948 geändert wird (766/A)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Antrag der Abgeordneten Dr. Wittmann, Mag. Molterer, Mag. Stadler, Mag. Daniela Musiol betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Rechnungshofgesetz 1948 geändert wird, (766/A) wird wie folgt geändert:

1. § 12 Abs. 1 lautet:

§ 12 (1) Dem Rechnungshof obliegt die Überprüfung der Gebarung sonstiger Unter­nehmungen, an denen der Bund allein oder gemeinsam mit anderen der Zuständigkeit des Rechnungshofes unterliegenden Rechtsträgern mit mindestens 25 v.H. des Grund­kapitals, Stammkapitals oder an dem die Gesellschaft kontrollierenden Kapitals betei­ligt ist oder die der Bund allein oder gemeinsam mit anderen solchen Rechtsträgern betreibt. Einer solchen finanziellen Beteiligung ist die Beherrschung von Unternehmun­gen durch andere finanzielle oder sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maß­nahmen gleichzuhalten. Die Zuständigkeit des Rechnungshofes erstreckt sich auch auf Unternehmungen jeder weiteren Stufe, bei denen die Voraussetzungen gemäß diesem Absatz vorliegen. Die Überprüfung des Rechnungshofes hat sich auf die ziffernmäßige Richtigkeit, die Übereinstimmung mit den bestehenden Vorschriften, ferner auf die Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Gebarung dieser Unterneh­mungen zu erstrecken.

2. In den §§ 15 Abs. 1 und 18 Abs. 1 wird die Zahl „50“ durch die Zahl „25“ ersetzt.

3. In den §§ 15 Abs. 1 und 18 Abs. 1 wird die Wortfolge „Stamm-, Grund- und Eigenka­pitals“ durch die Wortfolge „Grundkapitals, Stammkapitals oder an dem die Gesell­schaft kontrollierenden Kapitals“ ersetzt.

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

13.11


Präsident Fritz Neugebauer: Beide Anträge stehen mit in Verhandlung.

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 70

Abänderungs- und Zusatzantrag

des Abgeordneten Ing. Höbart und weiterer Abgeordneter zum Antrag der Abgeordne­ten Josef Bucher, Dr. Josef Cap, Karlheinz Kopf, Werner Kogler, Kollegen und Kolle­ginnen (746/A)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Antrag der Abgeordneten Josef Bucher, Dr. Josef Cap, Karlheinz Kopf, Werner Kogler, Kollegen und Kolleginnen (746/A) wird wie folgt geändert:

1. Art. 126b Abs. 2 B-VG lautet:

"(2) Der Rechnungshof überprüft weiter die Gebarung von Unternehmungen, an denen der Bund allein oder gemeinsam mit anderen der Zuständigkeit des Rechnungshofes unterliegenden Rechtsträgern mit mindestens 25 vH des Grundkapitals, Stammkapitals oder an dem die Gesellschaft kontrollierenden Kapitals beteiligt ist oder die der Bund allein oder gemeinsam mit anderen solchen Rechtsträgern betreibt. Einer solchen fi­nanziellen Beteiligung ist die Beherrschung von Unternehmungen durch andere finan­zielle oder sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maßnahmen gleichzuhalten. Die Zuständigkeit des Rechnungshofes erstreckt sich auch auf Unternehmungen jeder weiteren Stufe, bei denen die Voraussetzungen gemäß diesem Absatz vorliegen.

2. In Artikel 127 Abs. 3 und Artikel 127a Abs. 3 wird die Zahl „50“ durch die Zahl „25“ ersetzt.

3. In Artikel 127 Abs. 3 und Artikel 127a Abs. 3 wird die Wortfolge „Stamm-, Grund- und Eigenkapitals“ durch die Wortfolge „Grundkapitals, Stammkapitals oder an dem die Gesellschaft kontrollierenden Kapitals“ ersetzt.

Begründung

Die herrschende Rechtslage hat in der Vergangenheit wiederholt zu Streitfällen hin­sichtlich der Prüfkompetenz in Bezug auf Unternehmungen, die teilweise im Eigentum von Gebietskörperschaften stehen, geführt. Dabei wurde wiederholt deutlich, dass eine Prüfkompetenz ab einer Beteiligung von 50 % der öffentlichen Hand dem allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis nicht entspricht. Auch die aktuell vorgeschlagene Änderung auf eine „tatsächliche Beherrschung“ abzustellen ist nicht geeignet hier Klarheit zu schaf­fen. Die Senkung der Hürde für die Prüfzuständigkeit auf 25 % ist daher der klare-
re und sachlich gerechtfertigte Weg um einen zeitgemäßen Prüfungsstandard zu eta­blieren.

*****

Abänderungsantrag

des Abgeordneten Ing. Höbart und weiterer Abgeordneter zum Antrag der Abgeordne­ten Dr. Wittmann, Mag. Molterer, Mag. Stadler, Mag. Daniela Musiol betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Rechnungshofgesetz 1948 geändert wird (766/A)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Antrag der Abgeordneten Dr. Wittmann, Mag. Molterer, Mag. Stadler, Mag. Daniela Musiol betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Rechnungshofgesetz 1948 geändert wird, (766/A) wird wie folgt geändert:

1. § 12 Abs. 1 lautet:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 71

§ 12. (1) Dem Rechnungshof obliegt die Überprüfung der Gebarung sonstiger Unter­nehmungen, an denen der Bund allein oder gemeinsam mit anderen der Zuständigkeit des Rechnungshofes unterliegenden Rechtsträgern mit mindestens 25 v.H. des Grund­kapitals, Stammkapitals oder an dem die Gesellschaft kontrollierenden Kapitals betei­ligt ist oder die der Bund allein oder gemeinsam mit anderen solchen Rechtsträgern betreibt. Einer solchen finanziellen Beteiligung ist die Beherrschung von Unternehmun­gen durch andere finanzielle oder sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maß­nahmen gleichzuhalten. Die Zuständigkeit des Rechnungshofes erstreckt sich auch auf Unternehmungen jeder weiteren Stufe, bei denen die Voraussetzungen gemäß diesem Absatz vorliegen. Die Überprüfung des Rechnungshofes hat sich auf die ziffernmäßige Richtigkeit, die Übereinstimmung mit den bestehenden Vorschriften, ferner auf die Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Gebarung dieser Unterneh­mungen zu erstrecken.

2. In den §§ 15 Abs. 1 und 18 Abs. 1 wird die Zahl „50“ durch die Zahl „25“ ersetzt.

3. In den §§ 15 Abs. 1 und 18 Abs. 1 wird die Wortfolge „Stamm-, Grund- und Eigenka­pitals“ durch die Wortfolge „Grundkapitals, Stammkapitals oder an dem die Gesell­schaft kontrollierenden Kapitals“ ersetzt.

Begründung

Die herrschende Rechtslage hat in der Vergangenheit wiederholt zu Streitfällen hin­sichtlich der Prüfkompetenz in Bezug auf Unternehmungen, die teilweise im Eigentum von Gebietskörperschaften stehen, geführt. Dabei wurde wiederholt deutlich, dass eine Prüfkompetenz ab einer Beteiligung von 50 % der öffentlichen Hand dem allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis nicht entspricht. Auch die aktuell vorgeschlagene Änderung auf eine „tatsächliche Beherrschung“ abzustellen ist nicht geeignet hier Klarheit zu schaf­fen. Die Senkung der Hürde für die Prüfzuständigkeit auf 25 % ist daher der klare-
re und sachlich gerechtfertigte Weg um einen zeitgemäßen Prüfungsstandard zu eta­blieren.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

 


13.11.25

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Mein bedauernswerter Vorredner hat ja ziemlich eindeutig hier unter Beweis gestellt, in welchem Dilemma er und seine Fraktion sich befinden: Man spricht sich dauernd für et­was aus, man verlangt etwas, aber letztlich muss man dann, aus welchem Grund auch immer, dagegen stimmen.

Das war in der Ausländerfrage schon so: Man war für eine Verschärfung des Asylge­setzes. – Als wir es gemacht haben, war die FPÖ dagegen. Man hat sich für eine Ver­schärfung der Staatsbürgerschaftskriterien ausgesprochen. – Als wir es gemacht ha­ben, hat man dagegen gestimmt.

Man ist selbstverständlich – so wie wir alle hier – für eine Ausweitung der parlamentari­schen Prüfrechte unseres Organs, des Rechnungshofs, dafür, dass er endlich auch Betriebe, die unter staatlicher Kontrolle beziehungsweise unter öffentlicher Kontrolle und unter öffentlichem Einfluss stehen, prüfen kann.

Wir sind dafür, dass er das Bankenpaket prüfen kann. Wie oft haben wir hier schon dis­kutiert, dass dieses Bankenpaket endlich so ausgerichtet und umgesetzt werden muss,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 72

dass es denen zugute kommt, für die es gedacht gewesen ist – nicht den Großbanken, sondern den kleinen und mittelständischen Unternehmungen. Endlich kann man jetzt mit der Ausweitung der Prüfkompetenz auch diesem Wunsch gerecht werden.

Selbstverständlich geht es auch uns allen darum, dass man die Gemeinden, die zwar in vielen Fällen klein an Größe, an Fläche sind, aber sehr groß an Wirtschaftskraft und Wirtschaftsleistung, unter eine entsprechende Kontrolle stellen kann.

Das haben wir alle gefordert. Wir, das BZÖ und die Grünen, haben uns mit den Regie­rungsparteien in harten Verhandlungen darauf geeinigt – die FPÖ jedoch ist dagegen! Warum? – Da würde ich jetzt gern den Abgeordneten Stefan ansprechen, der ist aber nicht mehr da. Er hat zu mir nämlich gesagt, ich würde mich da nicht auskennen. Das finde ich doch etwas lustig.

Übrigens, nur einen kleinen Tipp an meinen Vorredner: Man kann die Einbringung von Abänderungsanträgen auch so gestalten, dass sie verteilt werden. Man muss sie nicht Paragraph für Paragraph hier vorlesen. Man kann da vielleicht bei uns nachfragen, wir beraten euch da gerne. (Beifall beim BZÖ.)

Aber wenn es darum geht, das Bankgeheimnis hier zu vertreten, dann kommt eine in­teressante Argumentation. Denn wer wird hier geschützt? – Es werden nach Lesart der FPÖ die Ausländer, die in Österreich ihre Schwarzgeldkonten haben, geschützt oder sind zu schützen. – Eine merkwürdige Politik, dass man in diesem Fall gegen eine Ausweitung der Prüfkompetenz ist!

Nun sagte mir aber der Abgeordnete Stefan, ich würde mich nicht auskennen, denn es ginge auch um die Auslandsösterreicher, die in Österreich Konten haben.

Da sage ich Ihnen ganz bewusst: Dieses wichtige Bankgeheimnis soll für jene Österrei­cher gelten, die hier in Österreich Steuern zahlen, die hier ihren Beitrag zum Sozialsys­tem leisten – und nicht für diejenigen, die Privilegien im Ausland nutzen, aber dann hier das Bankgeheimnis von allen Österreichern in Anspruch nehmen wollen. Dafür sind wir nicht eingetreten! Und dafür setzen wir nicht aufs Spiel, dass wir diese wichti­ge Ausweitung der Kontrollrechte dann nicht bekommen! (Beifall beim BZÖ.)

Aber das ist Ihre Art von Politik: dass man dann, wenn man sieht, dass man auf dem falschen Dampfer ist, vordergründige Argumente bringt (Zwischenruf des Abg. Dr. Kö­nigshofer), denn in Wahrheit, lieber Kollege, habt ihr euch nicht ausgekannt. Ihr habt nur gesehen: Aha, da macht die Regierung etwas – na, da sind wir dagegen, denn wir fordern ja nur, aber wir können nirgends mitstimmen, weil wir uns nicht auskennen; deshalb sind wir dagegen!

Dann habt ihr aber gemerkt, dass eure Vorgangsweise doch nicht so gut ankommt. Ihr habt feststellen müssen, dass es in der Öffentlichkeit eine positive Stimmung gegeben hat, und zwar auch für die beiden Oppositionsparteien, die sich da durchgesetzt ha­ben – nicht zu 100 Prozent, wir hätten auch gerne mehr gehabt, aber wir haben diese wichtige Prüfkompetenz auch gegen den Widerstand mancher in den Reihen der Re­gierungsparteien durchgesetzt.

Also, es kommt nicht so gut an, wenn man nur dagegen ist. Da hat man anscheinend gelernt, und man hat gesagt: Bei der nächsten Gelegenheit machen wir es anders!

Nur, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ: Da habt ihr wieder ein bisserl übers Ziel geschossen, denn beim Ökostromgesetz ohne Verhandlung ganz einfach den Mehrheitsbeschaffer für die Regierung zu machen, war auch wieder der falsche Weg.

Also, zuerst einmal ohne Wenn und Aber dagegen zu sein, ist falsch, aber ohne Wenn und Aber dafür zu sein, ist genauso falsch. Vielleicht schaffen Sie es beim nächsten Mal, den richtigen Weg zu finden. (Beifall beim BZÖ.)

13.16



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 73

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Huber. – Bitte.

 


13.16.15

Abgeordneter Gerhard Huber (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Geschätzte Staatssekretäre! Hohes Haus! Von der Maßnahme, die Prüfkompe­tenzen des Rechnungshofes auszuweiten, profitiert wirklich ganz Österreich. Neben dem Projekt „Skylink“, wo es äußerst wichtig ist, dass geprüft wird, möchte ich ein Bei­spiel aus meiner Heimatstadt Lienz in Tirol bringen, und zwar das Bezirkskrankenhaus.

Der Anstaltsträger des Bezirkskrankenhauses in Lienz sind die Gemeinden. Diese Ge­meinden muss man dringend prüfen, denn Folgendes liegt vor: Im Jahr 2007 hat die Ärztekammerzeitschrift geschrieben, in Lienz werden Psychiater dringend gesucht. Es wurde im Jahr 2003 um 4,5 Millionen € eine psychiatrische Abteilung gebaut, diese ist seit dem Jahr 2004 komplett fertig, aber bis heute nicht in Betrieb genommen worden, weil die Gemeinden überfordert waren, dort Ärzte anzustellen.

Die Ärztekammerzeitschrift schreibt, dass die Gemeinden sich da zur Lachnummer Ös­terreichs machen. Es müsste doch leicht möglich sein, in der schönsten Region Öster­reichs, wo sehr viele Leute Urlaub machen, gute Ärzte hinzubekommen, die dort arbei­ten, wo andere Urlaub machen.

Ja wir haben in Tirol noch ganz andere Zustände: Wir haben in den Bezirkskranken­häusern Primarärzte, die nebenbei Universitätsprofessoren sind, und die haben jährlich ein Millioneneinkommen, und auf der anderen Seite haben wir Ärzte, Oberärzte, die 80 Stunden pro Woche um ein klägliches Einkommen arbeiten. Hier ist es äußerst er­forderlich, dass der Rechnungshof prüfen geht. (Beifall bei Abgeordneten des BZÖ.)

Das Sagen haben zwar die Gemeinden, aber wie funktioniert es in Tirol wirklich? – Da gibt es schwarze Bürgermeister, dann gibt es einen schwarzen Landeshauptmann und einen schwarzen Landesrechnungshof. Bitte, da muss doch der Bundesrechnungshof diese Gemeinden unbedingt kontrollieren! Das verstehen nämlich die Leute ansonsten nicht mehr.

Es gehört in den Bezirkskrankenhäusern auch die Beschaffung der Geräte ganz drin­gend vom Rechnungshof kontrolliert. Da gibt es Krankenhäuser, wo Ärzte behaupten, da werden, um Budgets auszuschöpfen, Geräte gekauft, die dann jahrelang im Keller stehen.

Noch etwas: Sogar die SPÖ hat am 11. November 2008 im Tiroler Landtag eine Anfra­ge gestellt, in welcher sie fragt: Warum ist es nicht möglich, dass das Bezirkskranken­haus Lienz mit ärztlichem Personal besetzt wird? – Darauf schreibt der zuständige Landesrat: Der Zuständigkeitsbereich ist im Anstaltsträger zu finden, das ist die Ge­meinde, und somit außerhalb der Landeskompetenz. – Also bitte, wenn der Rech­nungshof da nicht kontrolliert, wo dann?

Ein nächster wichtiger Punkt ist die Tourismuswerbung. – Wenn man heute schaut, so sieht man, Osttirol ist auch sehr erfolgreich, ja Osttirol ist heuer das erste Mal tirolweit die erfolgreichste Sommertourismusregion. Da hat die Osttirolwerbung sehr, sehr gute Arbeit geleistet. Aber in der jetzigen Wirtschaftskrise braucht man selbstverständlich eine Ausweitung der Förderungen. Doch wer wird denn das kontrollieren? Wer kon­trolliert die Werbemittel?

Auch da gehört starke Kontrolle eingeführt, weil die Bevölkerung, die heute mit 1 200 € monatlich leben muss, kein Verständnis mehr dafür hat, dass zum Beispiel im Bezirks­krankenhaus Lienz solche schlampigen Zustände herrschen. Es wird jedes Jahr ver­sprochen und versprochen, aber es werden immer mehr Versprechungen gebrochen, es wird nichts getan.


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Wenn die Gemeinden überfordert sind, ein Krankenhaus zu betreiben, dann müssen sie das abgeben. Ansonsten muss hier der Rechnungshof sofort lückenlos kontrol­lieren. (Beifall beim BZÖ.)

13.21

13.21.20

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, in 329 der Beilagen.

Hiezu liegen ein Abänderungs- beziehungsweise Zusatzantrag der Abgeordneten Ing. Höbart, Kolleginnen und Kollegen sowie ein Abänderungs- beziehungsweise Zu­satzantrag der Abgeordneten Bucher, Dr. Cap, Kopf, Mag. Kogler, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich lasse zunächst über die von den Abänderungsanträgen betroffenen Teile des Ge­setzentwurfes und anschließend über die Zusatzanträge der Systematik des Bundes-Verfassungsgesetzes entsprechend abstimmen.

Da es sich bei dem vorliegenden Entwurf um ein Bundesverfassungsgesetz handelt, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 GOG die für die Abstimmung erforder­liche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Die Abgeordneten Ing. Höbart, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsan­trag eingebracht, der sich auf Artikel 126b bezieht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesen Antrag unterstützen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Die Abgeordneten Bucher, Dr. Cap, Kopf, Mag. Kogler, Kolleginnen und Kollegen ha­ben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich ebenfalls auf Artikel 126b bezieht.

Ich lasse daher sogleich über Artikel 126b in der Fassung des Ausschussberichtes un­ter Berücksichtigung des erwähnten Abänderungsantrages abstimmen und ersuche Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen. Ich stelle die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Weiters haben die Abgeordneten Ing. Höbart, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz­antrag eingebracht, der Änderungen in den Artikeln 127, 127a B-VG zum Inhalt hat.

Wer diesen Antrag unterstützt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Die Abgeordneten Bucher, Dr. Cap, Kopf, Mag. Kogler, Kolleginnen und Kollegen ha­ben ebenfalls einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die Artikel 127, 127a B-VG bezieht.

Wenn Sie diesen Antrag unterstützen, bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen. Die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit ist gegeben.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Ich bitte Sie um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen. Ich stel­le die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 75

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Entwurf auch in dritter Lesung ihre Zustim­mung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. Der Entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Rechnungshofgesetz in 338 der Beilagen geändert wird.

Dazu haben die Abgeordneten Ing. Höbart, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über die von diesem Antrag betroffenen Teile des Entwurfes, an­schließend über die Zusatzanträge, der Systematik des Gesetzes entsprechend, und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile samt Titel und Eingang abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Ing. Höbart, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsan­trag betreffend § 12 des Entwurfes eingebracht.

Wenn Sie diesen Antrag unterstützen, bitte ich um ein Zeichen. – Das ist abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist angenommen.

Weiters haben die Abgeordneten Ing. Höbart, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz­antrag gestellt, der sich auf die §§ 15 und 18 bezieht.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Ich komme zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Entwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte Sie um ein bejahendes Zeichen. – Das ist angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wenn Sie auch in dritter Lesung für den vorliegenden Entwurf sind, bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Entwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig ange­nommen.

13.25.58 3. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Antrag 744/A der Abgeordne­ten Mag. Werner Kogler, Hermann Gahr, Mag. Christine Lapp, Josef Bucher, Kol­leginnen und Kollegen gemäß § 99 Abs. 1 GOG auf Beauftragung des Rech­nungshofes mit der Durchführung eines besonderen Aktes der Gebarungsprü­fung hinsichtlich des Bankenpaketes (335 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich rufe den 3. Punkt der Tagesordnung auf.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. – Bitte.

 


13.26.30

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Her­ren Staatssekretäre! Herr Präsident des Rechnungshofes auf der Galerie! Ja, Sie freu­en sich zu Recht über die Neuordnung der Kompetenzen, und auch die steuerzahlende Bevölkerung hat Anlass zur Freude über diese Beschlüsse, die eigentlich eingeleitet


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sind. Erfreulich ist auch, dass dieser Tagesordnungspunkt, nämlich die Sonderprüfung der Tätigkeit der Vollziehung bei der Umsetzung des Bankenpaketes, einstimmig be­schlossen werden wird.

Die SPÖ hat ja nachweislich – egal, ob in der Oppositionszeit oder in der Regierungs­zeit – die Reform der Kontrolle vorangetrieben. Was sind die zentralen Punkte, Fra­gen? Kurz in Erinnerung rufend: die Gemeindeprüfungen, wo es ja bisher nur ab 20 000 Einwohnern die Möglichkeit zur Prüfung für den Rechnungshof gab, die Prü­fung der Unternehmungen, wo ja die 50-Prozent-Grenze bei der Beteiligung der öffent­lichen Hand festgeschrieben war, und die Direktförderungen der EU. Da bleibt uns noch eine Arbeit über, Herr Präsident, das ist ja derzeit noch nicht dabei.

Einerseits ist es ja eine Ironie und andererseits wieder eine gewisse Logik, dass nicht die Verfassungsmehrheit, als es diese bei den Regierungsparteien gegeben hat, zu diesem Durchbruch geführt hat – die ÖVP war da sperrig in der vergangenen Legisla­turperiode –, sondern eine Mehrheitsfindung hier im Parlament stattfindet. Die SPÖ hat geradlinig, glaubwürdig und konsequent diese Linie verfolgt, und das zahlt sich aus, meine Damen und Herren.

Zur Sonderprüfung Bankenpaket. Was das Besondere ist: Rechnungshofprüfungen ha­ben natürlich ein großes öffentliches Interesse, eine Publizität. Die Erkenntnisse wer­den dann auch hier im Parlament diskutiert und interpretiert. Und das Primitivargument von Herrn Strache beispielsweise, dass den Banken Geld nachgeschmissen bezie­hungsweise geschenkt wird, wird ja klar und deutlich widerlegt. Es wird sich nämlich zeigen, dass es sich selbstverständlich um geborgtes Geld der Republik handelt und dass die Banken das zurückzuzahlen haben, und zwar mit Zinsen. (Zwischenruf des Abg. Zanger.)

Polemisiert – Herr Kollege, da sind Sie der Richtige – wird ja auch im Zusammenhang mit Gemeinden und mit der Prüfungsreform. Ja, glaubt denn wirklich wer, dass in jedes Bergdorf, das vielleicht ein paar hundert Einwohner hat, Rechnungshofprüfer hinauf­stiefeln, die dann die Halbtagssekretärin tagelang sekkieren?! So ist es natürlich nicht. Es geht um Stichproben, um einzelne Gemeinden, die vom Rechnungshof überprüft werden. (Abg. Zanger: Fohnsdorf!) Und letztlich kommen diese Prüfungen ja dann al­len Gemeinden zugute. Es geht um Richtlinien, um Empfehlungen. Eine Handvoll Ge­meinden in jedem Bundesland wird geprüft werden, und das hat ja wirklich Sinn.

Es wird eine Abstimmung mit den Landesrechnungshöfen geben, denn es soll ja nicht eine zusätzliche Kontrolle entstehen. Sie soll nur besser organisiert und effizienter durchgeführt werden.

Apropos Landesrechnungshöfe – das ist mir auch noch ein Anliegen –: Da braucht es auch dort und da Reformen, denn die politischen Abhängigkeiten sind erdrückend. In Tirol beispielsweise ist tatsächlich in der Landesverfassung bezüglich des Landesrech­nungshofdirektors zu finden: Wiederbestellung nach der Dauer von sechs Jahren. Das führt natürlich zu Abhängigkeiten. Und man hört ja, dass in Tirol, weil der aktuelle Lan­desrechnungshofdirektor seine Arbeit ernst nimmt, seine Tage gezählt sind.

Oder in Oberösterreich, Pühringer: Was wir kontrollieren, das bestimmen wir schon sel­ber! – Da hat sich leider auch der grüne Anschober als Kontrollmuffel herausgestellt.

Zu Niederösterreich kann ich nur sagen: Macht braucht Kontrolle. Es kann ja nicht sein, dass ein Landeshauptmann die Finanz- und Gebarungskontrolle gewissermaßen per­sönlich dirigiert und instrumentalisiert.

Wir kommen heute bei der Kontrolle gute Schritte weiter, allerdings ist noch vieles zu tun. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Mag. Kogler.)

13.30



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 77

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Steindl. – Bitte.

 


13.30.30

Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren im Hohen Haus! Zunächst ist zu sagen, es ist sehr erfreulich, dass es hier einen gemein­samen Antrag der Parteien gibt, eine Sonderprüfung des Rechnungshofes bezüglich dieses Bankenpaketes durchzuführen.

Wie ist es zu dem Bankenpaket eigentlich gekommen? Wir wissen, dass in etwa vor einem Jahr die Lehman Brothers-Pleite eine globale Finanzkrise ausgelöst hat und da­raus eine wirklich schwierige Situation für die Marktteilnehmer eingetreten ist. Vor al­lem Sparer und Anleger haben das Vertrauen in den Banken- und Finanzsektor ver­loren.

In einer so schwierigen Situation hat sich gezeigt, dass Banken ohne staatliche Haftun­gen nicht entsprechend arbeiten können. Es war sogar so, dass sie sich untereinander nicht mehr getraut haben. Und hier waren eben entsprechende Maßnahmen dringend notwendig.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben gesehen, dass die Finanzminister Molterer und Pröll mit der gesamten Regierung in Österreich sehr rasch gehandelt haben, in en­ger Absprache mit der Europäischen Union, und ein Bankenpaket in der Größenord­nung von 100 Milliarden € geschnürt haben. Davon waren in etwa 85 Milliarden € für Haftungen und 15 Milliarden € für Partizipationskapital vorgesehen. Beim Partizipa­tionskapital sind schon fast 11 Milliarden vergeben. Ich glaube, daran erkennt man, wie wichtig diese Maßnahme tatsächlich war.

Es soll nun geprüft werden, ob die strengen Auflagen dieses Bankenpaketes, dieser Verträge, die mit den einzelnen Banken geschlossen wurden, eingehalten werden, auch was die Kreditvergabe an die österreichische Wirtschaft betrifft. Neben den ande­ren Kontrollinstanzen wie beispielsweise der Finanzmarktaufsicht oder dem Finanzmi­nisterium oder auch der FIMBAG kann mit diesem heutigen Antrag auch der Rech­nungshof dieses Bankenpaket, die in diesem Rahmen abgeschlossenen Verträge prü­fen. Ich glaube, dass wir mit diesem heutigen Beschluss eine wichtige Maßnahme set­zen, gerade was das Kontrollrecht und die Transparenz dieses Bankenhilfspaketes in Österreich anbelangt.

Abschließend möchte ich noch ausführen, dass ich mir wünschen würde und sehr hof­fe, dass auch international Regelungen am Finanzsektor in nächster Zukunft möglich sind, sodass auch von einem Finanzaufsichtsorgan zumindest europaweit, wenn nicht weltweit entsprechend geprüft werden könnte. Ich glaube, wir hätten die größten Pro­bleme, neuerlich eine Finanzkrise dieses Ausmaßes, wie wir sie in den letzten zwölf, dreizehn, vierzehn Monaten erlebt haben, durchzustehen. Setzen wir alles daran, dass auch die übrige Welt so handelt, wie Österreich gehandelt hat. Mit Kontrolle und Trans­parenz wird den Teilnehmern am Finanzmarkt alles besser und leichter ermöglicht. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.34


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Zanger. – Bitte.

 


13.34.48

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Es ist schön und gut, dass das Bankenpaket jetzt geprüft werden darf, aber anschließend an den Kollegen vor mir: Es ist richtig, es wird nur das Paket ge­prüft, nur die Verträge. Das ist zu wenig, das muss weiter gehen: Wir wollen wissen, was mit diesem Geld passiert, das den Banken hier in den Rachen gestopft wird. Denn eines ist ganz klar: Es ist nicht dort gelandet, wo wir es haben wollten – und darauf


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konzentrierten sich immer die freiheitlichen Forderungen –: bei den Konsumenten, bei den Bürgern, bei den Kreditnehmern, ob groß oder klein ist hier nebensächlich.

Die Banken verwendeten dieses Kapital hauptsächlich dafür, um ihr Eigenkapital zu stärken. Das bedeutet nichts anderes, als sich selbst wieder attraktiv zu machen für die Aktionäre. (Zwischenruf des Abg. Dr. Bartenstein.) Es geht aber darum, dass dieses Geld bei den Kleinen unten ankommt, und das ist nicht geschehen! Die Kreditvergabe­richtlinien wurden restriktiv gehandhabt, und kein Kleinunternehmer und kein kleiner Privater hat Kredite erhalten. Herr Kollege Bartenstein, das ist die Wahrheit! Und wenn Sie es mir nicht glauben, dann gehen Sie mit mir hinaus und fragen Sie die Leute! (Bei­fall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Hornek.) – Darüber, wer eine Ahnung hat und wer nicht, können wir uns gern unterhalten, aber nicht hier und jetzt.

Wir haben immer gefordert, dass für die Konsumenten Kredite zur Verfügung gestellt werden sollen, und das ist nicht passiert. Wir haben gefordert, dass angesichts der dra­matischen Ereignisse die Managergehälter beschränkt werden sollten. Jetzt ist es so­gar schon der EU zu viel, und man denkt darüber nach, eine Forderung der Freiheitli­chen aus dem kleinen Österreich zu übernehmen. Und Sie scheuen sich nach wie vor, hier tätig zu werden! Das schlägt ja dem Fass nahezu den Boden aus.

Eine weitere Diskussion, die entbrannt ist, auch von der EU kommend, ist die Spesen­geschichte. Die österreichischen Konsumenten zahlen Spesen in der Höhe von rund 140 € pro Jahr; das sind in „echtem“ Geld 2 000 S, eine enorme Summe. Die Banken agieren hier intransparent bis zum Gehtnichtmehr.

Des Weiteren sind die Leitzinsen in Europa stark gesunken. Was passiert mit den Kon­ditionen für die Kreditnehmer und Kunden? Gar nichts! Hier werden wir noch entspre­chende Anträge einbringen, dass diese gesunkenen Refinanzierungskosten, die höhe­re Margen für die Banken bedeuten, auch in Form von Kostenvorteilen an die Konsu­menten weitergegeben werden. Denn das kann es nicht sein, dass man hier von einer Krise spricht, die offensichtlich die Banken ausgelöst haben, und dass sich genau jene dann zuerst sanieren, die schuld daran sind, aber nicht an jene gedacht wird, die ganz unten dieses Geld dringendst benötigen. (Beifall bei der FPÖ.)

13.37


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Grosz. – Bitte.

 


13.37.44

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich bin ja sehr dankbar, dass der Nationalrat sich heute nach einem Jahr immerhin einmal Ge­danken macht, wie man 100 Milliarden € Steuergeld in irgendeiner Form nachgeht, wie man die Verwendung kontrolliert.

Vor einem Jahr hat dieser Nationalrat einen Beschluss gefasst in Form eines Banken­paketes, wo man 100 Milliarden €, die unvorstellbare Summe von 100 Milliarden € Steuergeld lockergemacht hat, um Banken zu unterstützen, Banken, die die letzten Jahre dadurch aufgefallen sind, dass sie ihre Bilanzen frisiert haben mit miesen Speku­lationsgeschäften, die sie in den Erweiterungsländern getätigt haben. (Abg. Amon: Das war schon für die Sparer auch!)

Ich persönlich hätte diesen Beschluss niemals gefasst, ich hätte an so einem Ent­schluss niemals mitgewirkt, ich war zum damaligen Zeitpunkt diesem Haus nicht ange­hörig. (Abg. Hornek: Hat auch seine Vorteile!) Aber dieses Haus hat auf Vorschlag zweier Regierungsparteien, SPÖ und ÖVP, ein Bankenpaket geschnürt, um jene zu unterstützen, die de facto die Wirtschaftskrise erst ausgelöst haben. Das ist Faktum! Das ist den Teufel mit dem Beelzebuben austreiben, ein Bankenpaket zu schnüren für jene, die mit Spekulationsverlusten eine weltweite, eine globale Wirtschaftskrise ausge-


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löst haben, die dann tatsächlich zum Verlust von Arbeitsplätzen hier in unserem Land, in unseren Ortschaften, in unseren Gemeinden geführt hat.

Es freut mich, dass sich der Nationalrat, auch wiederum auf Vorschlag des heute auch viel zitierten Kuhhandels rund um das Bankgeheimnis, wie ich schon wieder gehört ha­be, auf Vorschlag des BZÖ, auf Vorschlag von Josef Bucher, auch auf Vorschlag der Grünen, muss man fairerweise dazusagen, endlich dazu durchringt, dass wir dieses Bankenpaket kontrollieren.

Dass es so, wie es sich die Maxis in den Kämmerlein der Regierungsparteien vorge­stellt haben, nicht funktioniert, wissen wir ja. Kredite werden an Klein- und Mittelbetrie­be nicht gegeben, das ist auch Faktum, das hören Sie von Ihren Klein- und Mittelbe­trieben. Sofern Sie mit ihnen überhaupt noch sprechen, werden jene Ihnen sagen: Wir bekommen keinen Kredit. Ergo: Was man eigentlich bezwecken wollte, nämlich mit Krediten Klein- und Mittelbetriebe zu stützen, findet nicht statt!

Daher stellt sich für mich schön langsam die Frage: Wo sind dann diese 100 Milliar­den €? Sind sie im selben Loch versunken, in dem durch Skylink 500 Millionen € versi­ckern, vielleicht in irgendwelchen Parteitöpfen?! Daher ist zu kontrollieren und über­haupt darüber nachzudenken, ob wir dieses Bankenpaket nicht überhaupt einfrieren sollten. Ich sage, es wäre viel sinnvoller – wir haben genug Bürgermeister und Kommu­nalpolitiker in Ihren Reihen, sehr geehrte Damen und Herren von SPÖ und ÖVP –, wenn wir dieses Bankenpaket zur Stunde einfrieren und dieses Geld viel besser in einem vorgezogenen Finanzausgleich in die Gemeinden investieren würden. (Beifall beim BZÖ.)

Wir haben Gemeinden – und da rede ich nicht von dem Kriminalfall Trieben der SPÖ, von Hartberg, Fohnsdorf oder den burgenländischen Gemeinden –, die aufgrund der Wirtschaftskrise und der immer höheren Ausgaben schuldlos in ein Finanzdebakel hi­neinrutschen.

Daher wäre es viel wichtiger – Herr Staatssekretär Lopatka, wenn Sie später, wenn Sie mit dem Zeitungsstudium fertig sind, sich vielleicht einmal kurz diesen Vorschlag anhören würden, wäre das vielleicht sinnvoll, denn so gute Vorschläge hören Sie in Ih­ren politischen Büros nicht! –, es wäre viel wichtiger, dass das Finanzministerium das Geld im Rahmen eines vorgezogenen Finanzausgleichs investiert, sonst werden die Gemeinden bis 2013 nicht überleben!

Diese Antwort werden Sie dann Ihren schwarzen und roten Bürgermeistern geben kön­nen, aber die Politik wird sie jenen Bürgerinnen und Bürgern geben müssen, die mit ihren Gemeinden und mit ihren Gemeindebudgets an die Wand fahren! Gemeinden wissen, wie man Klein- und Mittelbetriebe unterstützt; Gemeinden können Aufträge erteilen: vom Kindergarten- und Schulausbau bis hin zur Straßensanierung der Ge­meindestraßen. Warum sind Sie nicht in der Lage, das Debakel, das Sie mit dem Ban­kenpaket ausgelöst haben, endlich einzubremsen, zu stoppen – und zwar unabhängig von der Prüfung, die jetzt anläuft – und dieses Geld in den österreichischen Ge­meinden zu investieren, damit es tatsächlich den Opfern der Wirtschaftskrise zugute kommt?!

Wir sagen: Die Prüfung war längst notwendig, die Prüfung hätte schon gleich beim Be­schluss des Bankenpaketes vor einem Jahr eingeleitet werden sollen. Wir sind aber dankbar, dass aufgrund von BZÖ und Grünen dem Rechnungshof heute endlich grü­nes Licht dafür gegeben wird, 100 Milliarden € Steuergeld zu überprüfen. – Ich danke Ihnen! (Beifall beim BZÖ.)

13.42


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 80

13.42.44

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Vielleicht sollten wir uns noch einmal vergegenwärtigen, was das sogenannte Banken­paket ist. Ich habe nicht das Gefühl, dass alle Abgeordneten genau Bescheid wissen, wie das gegliedert ist. Manche haben ja die Gnade, damals gerade noch nicht angelobt gewesen zu sein. Mich wundert ja, dass Kollege Grosz heute nicht überhaupt gegen das Bankenpaket als solches gewettert hat.

Man muss auseinanderhalten, was dort sinnvoll ist und was dort vielleicht nicht ver­geigt wurde, aber jedenfalls unter sehr rudimentären Bedingungen via Verordnung be­ziehungsweise Vertragsverhandlung zur Anwendung gekommen ist.

Erinnern wir uns: Dieses Bankenpaket besteht aus mehreren Artikeln. Unter anderem geht es um Haftungsübernahmen, im zweiten Teil geht es um Eigenkapitalstärkungen, das war ja gerade der Disput zwischen den Abgeordneten Zanger und Bartenstein. Es ging im Übrigen auch um die Einlagensicherung. Alles in einem Paket. Ich möchte mich zunächst auf die zwei Hauptpunkte Haftung und Eigenkapitalfragen beschränken.

Haftungen: Dazu muss man sagen, dass das Geld dann – und nur dann – schlagend wird, wenn die Haftung fällig wird, bis dorthin gibt es ein Haftungsentgelt. So weit, so gut, die Grundkonstruktion ist da sicher nicht falsch. Wir haben dann auch gesehen, dass das gar nicht im angedachten Ausmaß gebraucht wird, es war ja ein Schutz­schirm. Deshalb war es, glaube ich, vernünftig, genau von dieser Stelle die 10 Milliar­den € für die Industriehaftungen, wenn man so will, „wegzubuchen“.

Dass man dort wieder zu wenig Auflagen gemacht hat, hat dazu geführt, dass einzelne Abgeordnete und Fraktionen dem dann wieder nicht zugestimmt haben; aber es war grundvernünftig, das dort wegzunehmen, weil wir schon erkennen konnten, dass der Schirm in dieser Größe zumindest vorläufig nicht gebraucht wurde.

Zur Rolle des Rechnungshofes: Was ist da zu prüfen? – Zu prüfen wird sein, ob und in­wieweit die Entgeltzuschreibungen dieser Haftungsentgelte genau der Situation ent­sprochen haben und was das Gesetz tatsächlich für Möglichkeiten dafür hergibt. Das Gesetz selbst wird der Rechnungshof auch nur insofern hinterfragen können, als er uns Empfehlungen abgibt, dass wir da und dort – da es bei der Umsetzung große Pro­bleme gegeben hätte – etwas ändern sollten. Sonst wird es darum gehen, zu schauen, ob die Exekutive, sprich: im Wesentlichen das Finanzministerium – im Übrigen in Ein­heit mit dem Bundeskanzleramt –, das so umgesetzt hat.

Aber ich sehe bei diesem Haftungsteil, wie gesagt, gar nicht das größere Problem; doch ist das ohnehin nur eine Vermutung, es soll ja alles geprüft werden, das ist jeden­falls die Intention des Antrages.

Zweiter Punkt: Eigenkapitalstärkung. – Ja, so wäre es. Artikel 2 beschäftigt sich jeden­falls im Wesentlichen damit, mit anderen Dingen auch. Dort wird es natürlich schon in­teressanter, wenn es darum geht, dass bestimmte Banken diese Eigenkapitalstärkung bekommen haben, aber genau und ausgerechnet nur als Partizipationskapital. Was heißt das? – Kein entsprechendes Mitspracherecht. Und dann, wenn Nullmeldungen oder Verluste in der Bilanz stehen, gibt es auch keine Rückzahlungen an den Staat.

Deshalb ist der Begriff „Zinsen“ falsch. Die Freiheitlichen haben jetzt dauernd moniert und gefragt, warum es keine Zinsen gebe. – Deshalb wurde es ja genau so gemacht. Das halte ich an sich für gescheit. Man kann nicht von jemandem, der eigentlich ge­stützt werden soll, wie den Banken, verlangen, dass er im Verlustfall auch noch etwas zahlt. So können wir gleich das ganze Bankenpaket wegschmeißen; dafür bin ich nicht.

Das Unglück ist erstens das Partizipationskapital. Es gibt allerdings, zweitens, ein ganz anderes Problem: Warum wurde und wird in solch einem Fall – und das ist noch


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schlimmer – auf ein Wandlungsrecht verzichtet? Jedenfalls wissen wir unwiderspro­chen aus Medienberichten im Fall von Raiffeisen und der Erste Bank, dass auf dieses Wandlungsrecht verzichtet wurde.

Wenn es dort passiert, dass keine Gewinne geschrieben werden, gibt es auch keine Rückzahlungen. Dort würden aber die größeren Brocken herkommen. Dass man bei der Hypo Alpe-Adria, bei Volksbanken und anderen aus diesem Sektor damit nicht rechnen musste, war ja klar. Das ist sozusagen einkalkuliert, das kann man an den Budgetzahlen nachlesen. Das finde ich auch soweit in Ordnung, die Frage ist nur: Was passiert im anderen Fall? – Meines Erachtens sind diese Vertragsbedingungen mit Raiffeisen und der Erste Bank wirklich geradezu verurteilenswert. Sie können sogar die Bilanzen jährlich so gestalten, dass sie einmal null Gewinn haben, dann wieder mehr, ohne dass in diesem Fall eine automatische Wandlung eintritt – das fürchten die Ban­ken ja wie der Teufel das Weihwasser! Umso besser, wenn wir dann dort Staatskapital hätten. So hätten sie, weil sie das so fürchten, einen Anreiz, entsprechend zu bilan­zieren und sich entsprechend zu verhalten. Das halte ich für einen Grundfehler. Ich bin gespannt, zu welcher Auffassung diesbezüglich der Rechnungshof kommt.

Die Gesetzeslage hätte leicht ausgereicht, die Verhandlungen so zu führen. Man hat ja bei anderen Banken gesehen, dass es gelungen ist. Und ob Raiffeisen und die Erste Bank von vornherein so viel besser sind, wird sich auch noch herausstellen. Von dort kommt, glaube ich, zu Recht sehr viel Unbehagen, was die Ausführung dieses ganzen Bankenpaketes betroffen hat.

Im Teil 1 hätte ich durchaus dem Abgeordneten Bartenstein recht gegeben, im Teil 2 muss man wohl dem nicht so präzise formulierten, aber immerhin geäußerten Unbeha­gen des Abgeordneten Zanger folgen. Das ist da, glaube ich, die Auflösung. Aber am Schluss – und das ist das Gute an der Sache – werden wir jetzt eine Rechnungshof­prüfung in die Wege leiten, die all diese Aspekte beleuchten kann.

Der Rechnungshof kann nach wie vor nicht in die Banken hineingehen, aber er kann über die Notenbank, die FIMBAG, die ÖIAG, die Finanzmarktaufsicht und vor allem über die Prüfung des Finanzministeriums selbst, das ja hauptverantwortlich ist, ent­sprechende Rückschlüsse ziehen und Empfehlungen abgeben, was es hier mit diesem Bankenpaket auf sich hat. Ich sehe es vorläufig nicht als großen Nachteil, dass man bei den Banken nicht überall in jedes Einzelgeschäft hineinleuchten kann. Sollte das da oder dort für die Grundfrage, die zu klären ist, notwendig sein, wird der Rechnungs-
hof das dann in seinem Bericht und vor allem in seiner mündlichen Auseinanderset­zung mit dem Rechnungshofausschuss auf den Tisch legen können. Vielleicht müssen wir dann tatsächlich noch nachschärfen und auch da eine Kompetenzänderung vor­nehmen, was die Möglichkeiten des Rechnungshofs betrifft. So einfach würde ich das sehen.

Jetzt ist es allerdings ein ganz großer Fortschritt. Ich nehme an, dass die Freiheitlichen letztendlich zustimmen werden – wie vorher auch, das ist uns ja nicht entgangen. Ich glaube, es wäre ein ganz großes und wichtiges Signal – der Rechnungshofpräsident wird Ihnen das bestätigen –, wenn der Nationalrat diese Sonderprüfung einstimmig be­schließt und damit ein ganz klares Zeichen gibt, dass es ihm nicht wurst ist, wie diese 100 Milliarden € tatsächlich verwendet wurden.

Deshalb möchte ich zum Schluss noch eine Mitteilung machen – es ist ja ein sehr um­fassendes Paket; damit niemand enttäuscht ist und das in seinem Wahlkreis erklären kann –: Es wird noch weitere Gespräche und Verhandlungen mit dem Rechnungshof­präsidenten brauchen. Wir wickeln das am besten über die Rechnungshofausschuss-Fraktionsführer und mit mir als Vorsitzendem ab, so wäre es angedacht, weil diese Prüfaufträge im Detail Spezifizierungen brauchen – damit wir als Auftraggeber danach nicht enttäuscht sind.


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Diese Gespräche wird es geben, bis hin zur Frage, was der optimale Prüfzeitraum ist. Es kann durchaus sein, dass wir zur Auffassung gelangen, dass es gescheiter ist, erst im ersten Quartal nächsten Jahres zu starten und nicht gleich, weil dann ein besser zu überprüfender Zeitraum vorhanden ist.

Wir werden Sie darüber auf dem Laufenden halten, damit Sie das in Ihrem Wahlkreis entsprechend vertreten können. Der Hauptpunkt ist aber, dass jetzt der Grundstein da­für gelegt wird, dass überhaupt geprüft werden kann – und das ist ein großer Fort­schritt! (Beifall bei den Grünen.)

13.51


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gradauer. – Bitte.

 


13.51.08

Abgeordneter Alois Gradauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatsse­kretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Es ist schon auffallend, dass heute noch niemand über den Wahlausgang in Vorarlberg gesprochen hat. (Ruf bei der ÖVP: Aber Sie werden das tun! – Abg. Mag. Hakl: Endlich!)

Ich persönlich möchte schon sagen, dass ich meinen Parteifreunden von der FPÖ in Vorarlberg zum Wahlausgang ganz herzlich gratuliere. (Beifall bei der FPÖ.) Dass die­ser Wahlausgang so verlaufen ist, verdankt man mutigen Wählern und mündigen Bür­gern. Dafür möchte ich mich ganz, ganz herzlich bedanken.

Zur Rechnungshof-Gebarungsprüfung: Meine Damen und Herren, ich frage, ob es nicht selbstverständlich sein sollte, dass der Rechnungshof überall dort prüfen kann, wo hohe Steuermittel zum Einsatz kommen, wie zum Beispiel beim Banken-Hilfspaket, beim Skylink-Projekt, aber auch dort, wo Steuergeld verspekuliert beziehungsweise in großen Beträgen verwirtschaftet wird – wie in so manchen österreichischen Gemein­den oder Finanzagenturen; es gibt viele Beispiele, man braucht nur hinzugreifen und hat schon eines in der Hand.

Aus meiner Sicht ist das eine Selbstverständlichkeit! Ich kann überhaupt nicht nach­vollziehen, dass man da in einem Gegengeschäft – man sagt auch „Kuhhandel“ dazu – Rechnungshofprüfung gegen Verlust des Bankgeheimnisses getauscht hat. Das ver­stehe ich nicht! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Scheibner: Seid ihr jetzt dafür oder dage­gen?)

Wir stimmen dem vorliegenden Gesetzentwurf natürlich zu, weil es besser ist, wenn der Rechnungshof in dieser Breite prüfen kann, als wenn gar keine Prüfung möglich ist. Wir stimmen auch deshalb zu, weil dieser Gesetzentwurf Teilen eines Entschließungs­antrages der Freiheitlichen Partei entspricht, den wir am 17. Februar 2009 eingebracht haben.

Der Gesetzentwurf geht uns jedoch zu wenig weit, deshalb bringe ich heute folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gradauer, Zanger, DDr. Königshofer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Reform des Bankenrettungspakets

Der Nationalrat möge beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend eine Regierungsvorlage zur Ände­rung des Bankenrettungspakets dem Nationalrat zuzuleiten, die unter anderem die fol­genden Punkte sicherstellt:

Vergabe von Staatskrediten für österreichische Banken nur unter der Voraussetzung einer verpflichtenden Bilanzkontrolle durch den Rechnungshof;


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Verbot, Staatskredite zum Stopfen der Spekulationslöcher im Osten oder an anderen Spekulationsschauplätzen zu verwenden;

Zweckbindung der Staatskredite zur Stärkung des österreichischen Binnenmarktes und zur Erleichterung von Kreditvergaben in Österreich;

Deckelung der Managergehälter in Höhe des Einkommens des Bundeskanzlers;

Verlust des Abfertigungsanspruches für verantwortliche Bankmanager bei deren Rück­tritt aufgrund von Spekulationsversagen;

Übernahme von Eigentumsrechten an Banken durch den Staat sowie Kontrolle solcher Banken durch staatlich gestellte Aufsichtsräte.“

*****

Ich möchte noch eines anfügen und damit doch etwas richtig stellen: Die Aufweichung des Bankgeheimnisses für Ausländer führt – und das ist nicht nur meine Meinung –nach einer gewissen Zeit automatisch unweigerlich auch zum Verlust des Bankgeheim­nisses für Österreicher! (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist ganz sicher damit zu rechnen, dass ein deutscher Einleger in Österreich nach dem Gleichheitsgrundsatz klagen wird. Dann wird das Bankgeheimnis auch für die Ös­terreicher Geschichte sein. Dagegen verwahren wir uns ganz entschieden! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich vermute, dass Finanzminister Pröll unbedingt den gläsernen Menschen nach deut­schem Vorbild haben will. Wahrscheinlich will er Ersparnisse für sich lukrieren, die er abkassieren möchte, ehe es zu Staatshilfen für betroffene Mitbürgerinnen und Mitbür­ger kommt. Vor allem die ÖVP will an die Reserven des kleinen Mannes herankom­men, um den aufgeblähten Staatsapparat mit seinen schwarzen und roten Pfründen am Leben zu erhalten. (Abg. Dr. Bartenstein: Was reden Sie da für einen Unsinn, Herr Kollege?!) – Das ist kein Unsinn, das werde ich Ihnen gleich beweisen!

Die Schweiz zum Beispiel hat pro 1 000 Bürger 8 Beamte. In Österreich haben 1 000 Bürger 22 Beamte, die für sie arbeiten. Die Deutschen verwalten sich um 27 Pro­zent günstiger als die Österreicher. Das spricht Bände. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

13.56


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Entschließungsantrag steht mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gradauer, Zanger, DDr. Königshofer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Reform des Bankenrettungspakets

eingebracht in der 37. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 23. September 2009 im Zuge der Behandlung des Berichtes des Rechnungshofausschusses über den An­trag 744/A der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Hermann Gahr, Mag. Christine Lapp, Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 99 Abs. 1 GOG auf Beauftra­gung des Rechnungshofes mit der Durchführung eines besonderen Aktes der Geba­rungsprüfung hinsichtlich des Bankenpaketes (335 d.B.)

Als im Grunde problematisch hat sich herausgestellt, dass die heimischen Banken als maßgebliche Akteure an den Finanzmärkten in Osteuropa zentrale Spieler im Spekula-


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tionsskandal der letzten Zeit waren. Unter den dadurch mittlerweile eingetretenen Schwierigkeiten lassen sie dies jetzt die Realwirtschaft spüren, indem sie keine Kredite vergeben bzw. diese nicht in angemessener Höhe. Dies gefährdet eindeutig die organi­sche Funktion der Gesamtwirtschaft. Außerdem ist durch nichts zu rechtfertigen, dass die Masse der Bürger und KMUs unter der Gier führender Bank- und Fondsmanager und der Unfähigkeit der Bundesregierung leiden soll.

Als konkretes Beispiel kann die Causa Constantia Privatbank angeführt werden: Im vergangenen Herbst kam die Constantia Privatbank in Bedrängnis. Die Bank war im Zuge der Turbulenzen um Immofinanz und Immoeast in Schwierigkeiten geraten und musste von großen Banken des Landes, aufgrund ihrer Wichtigkeit als Depotbank und Eigentümerin der Maklerfirma CPB Immobilientreuhand, aufgefangen werden. Ur­sprünglich wollte die ehemalige Eigentümerin, Christine de Castelbajac, die Bank ver­kaufen. Diesbezügliche Pläne scheiterten jedoch.

Die fünf größten Banken Österreichs übernahmen die marode Constantia um einen „symbolischen Betrag“ und schossen der Bank 400 Millionen Euro zu, um sie liquide zu machen; die Republik haftet im Rahmen des Finanzmarktstabilitätsgesetzes dafür. Weitere 50 Millionen erhält die Privatbank von der Nationalbank, die sich zu 70 Prozent im Besitz der Republik Österreich befindet. Im Zuge der Verkaufsvorbereitungen wur­den die Vorstandsverträge von Karl Arco, Norbert Gertner und Karl Petricovics aufge­löst. Für die beiden Erstgenannten gab es neue Verträge mit kürzeren Laufzeiten. Karl Arco legte sein Vorstandsmandat mit Ende Jänner 2009 zurück. Aktuell leiten Andreas Grünbichler und Helmut Urban die Bank.

Gehälter, Gewinnbeteiligung und Abfertigung für die drei ehemaligen Vorstandsmitglie­der der Bank ergeben im Einzelnen für Karl Arco 6,5 Millionen Euro und für Norbert Gertner 4,5 Millionen Euro. Spitzenreiter ist Karl Petricovics mit etwa 8 Millionen Euro. Bei den Herren Arco und Gertner müssen noch Optionen auf Constantia-Privatbank-In­haberaktien hinzugezählt werden. Der Ertrag dieser Optionen liegt bei etwa 6 Millionen für Karl Arco und bei etwa 3,5 Millionen für Norbert Gertner, die allerdings in seinem Fall noch nicht ausbezahlt wurden.

Die heimischen Bankmanager bekommen weiter ihre Sonderzahlungen, obwohl sie rie­sige Verluste erwirtschaften und auf die Hilfe des österreichischen Staates angewiesen sind. Dabei war es gerade das Verhalten und Agieren dieser Banken-Elite, welches die jetzige Weltwirtschaftskrise durchaus mit verschuldet hat.

Das ist den österreichischen Bürgern nicht zuzumuten und wird von ihnen zu Recht nicht eingesehen. US-Präsident Obama: „Was die Menschen zu Recht ärgert, ist, Ver­sagen zu belohnen.“

Aus Sicht der FPÖ sind nicht nur die fraglichen Manager direkt zur Verantwortung zu ziehen (Entlassungen, Beschränkung der Gehälter, gegebenenfalls Regressforderun­gen), sondern es ist unter allen Umständen sicher zu stellen, dass der Liquiditätskreis­lauf uneingeschränkt aufrecht bleibt. Dies ist volkswirtschaftlich von höchster Wichtig­keit.

Wenn die heimischen privatwirtschaftlich organisierten Banken dies aus verschiedens­ten Gründen nicht leisten können und wollen, so hat die Bundesregierung das Funktio­nieren der Wirtschaft sicherzustellen. Der Staat kann und hat sich - wenn nötig - direkt an Banken zu beteiligen und diese dann über die Ausübung von Eigentumsrechten zu einer vernünftigen Kreditpolitik anzuhalten.

Die halbherzige Lösung durch die mögliche Bereitstellung von Partizipationskapital hat zur Folge, dass die Manager munter weiter ihre Spielchen treiben können und für ein­gegangene Risiken null Verantwortung tragen, im Zweifel springt „eh der Staat ein, oh­ne aber mitreden zu wollen“.


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Eine völlige Sozialisierung der Verluste - und in guten Jahren eine völlige Privatisierung der Gewinne - ist nicht im Sinne eines freiheitlich demokratischen Staatsverständnis­ses. Die Banken haben sich für die zur Verfügung gestellten astronomischen Summen entsprechend zu verhalten.

Im Interesse Österreichs, seiner Bürger und seiner Volkswirtschaft stellen die unterfer­tigten Abgeordneten daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat möge beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend eine Regierungsvorlage zur Ände­rung des Bankenrettungspakets dem Nationalrat zuzuleiten, die unter anderem die fol­genden Punkte sicherstellt:

Vergabe von Staatskrediten für österreichische Banken nur unter der Voraussetzung einer verpflichtenden Bilanzkontrolle durch den Rechnungshof;

Verbot, Staatskredite zum Stopfen der Spektulationslöcher im Osten oder an anderen Spekulationsschauplätzen zu verwenden;

Zweckbindung der Staatskredite zur Stärkung des österreichischen Binnenmarktes und zur Erleichterung von Kreditvergaben in Österreich;

Deckelung der Managergehälter in Höhe des Einkommens des Bundeskanzlers;

Verlust des Abfertigungsanspruches für verantwortliche Bankmanager bei deren Rück­tritt aufgrund von Spekulationsversagen;

Übernahme von Eigentumsrechten an Banken durch den Staat sowie Kontrolle solcher Banken durch staatlich gestellte Aufsichtsräte.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schenk. – Bitte.

 


13.56.52

Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Herr Präsident! Zu meinem Vorredner: Das Bankgeheimnis ist nicht Geschichte, und Sie brauchen hier Ihr Abstimmungsverhalten nicht schönzureden, Kollege Gradauer von der FPÖ! (Abg. Gradauer: Selbstverständ­lich ist das Geschichte!) – Nein, das ist nicht Geschichte! (Beifall beim BZÖ. – Zwi­schenrufe bei der FPÖ.)

Nun zum aktuellen Tagesordnungspunkt: Die Regierung hat endlich einmal erkannt, dass auch sie bei vernünftigen Vorschlägen der Opposition nachgeben muss. Diese Vorschläge sind nämlich schon lange auf dem Tisch gelegen, nur haben sie die Regie­rungsparteien bis dato verweigert. Die Bundesregierung hat sich bis jetzt stur gestellt. Erst die „Graue Liste“ hat hier anscheinend zu einem Umdenken geführt. Vor allem aber ist es dem Verhandlungsgeschick unseres Klub- und Parteiobmannes Seppi Bu­cher zu verdanken (Beifall beim BZÖ), dass wir heute hier über diesen Antrag diskutie­ren und ihn auch beschließen werden.

Die Prüfung wird nicht umgehend erfolgen können. Sobald der Antrag beschlossen ist, wird Präsident Moser mit den fünf Parteienvertretern ein Prüfkonzept festlegen und die­ses in weiterer Folge zur Prüfung führen. Dieser Antrag ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Es muss allerdings mehr ins Detail gegangen werden.

Geprüft werden soll die Erfüllung aller abgeschlossenen Verträge, vor allem hinsichtlich der Kreditversorgung der Wirtschaft. Das ist sehr gut, denn über diverse Verträge er­fährt man nie etwas. Ich darf in diesem Zusammenhang an den Konsulentenvertrag


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des Herrn Huber von den ÖBB erinnern, der ohne genaue Bedingungen betreffend sei­nen Arbeitseinsatz et cetera abgeschlossen wurde. (Beifall beim BZÖ.)

In Deutschland zum Beispiel ist eine Kontrolle durch den Rechnungshof vorgeschrie­ben. Banken, die öffentliche Gelder in Anspruch nehmen, müssen die Verwendung die­ser Gelder transparent gestalten, insbesondere was Managerzahlungen, Boni-Zahlun­gen und Abfindungen betrifft.

Auch dort gibt es ein Dividendenverbot für derartige Banken. In Österreich sind ange­messene Dividenden auf Steuergeldbasis erlaubt. Ich finde, es ist generell eine Frech­heit, dass Unternehmen, die staatliche Hilfe in Form von Beihilfen und Haftungen in Anspruch nehmen, ihren Managern weiterhin Boni in Millionenhöhe zahlen.

Managergehälter sollen in diesem Fall transparenter sein. Bankgewinne sind privat – Verluste hat der Steuerzahler zu tragen. Das kann es sicher nicht sein! Wenn sich ein Konsument, wie erst kürzlich den Medien zu entnehmen war, bei mehreren Banken wegen eines Kredites erkundigt – was ja notwendig ist, weil teilweise enorme Unter­schiede bestehen –, wird das zu seinem Nachteil ausgelegt.

Zum Hin-und-her-Schwenken der FPÖ: nur nein zu sagen ist in Krisenzeiten zu wenig. Nur hin und her zu schwenken ist in Krisenzeiten auch zu wenig. (Beifall beim BZÖ.)

Die Menschen verlangen von einer Opposition, dass sie kritisiert, sie verlangen aber auch, dass sie Vorschläge macht, Lösungen anbietet und diese Lösungen dann auch umsetzt. Wir wollen diese Lösungen umsetzen. Wir wollen, dass der Rechnungshof die Gemeinden ausreichend prüfen darf. Wir werden zukünftig Vorschläge mittragen und werden dann eben dafür sorgen, dass diese umgesetzt werden. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Das BZÖ steht als Anwalt der Bürger für mehr Kontrolle, und wir verlangen von der SPÖ und vor allem von der ÖVP Pakttreue und keine leeren Worthülsen. – Vielen Dank. (Beifall beim BZÖ.)

14.00


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Dr. Königshofer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


14.00.26

Abgeordneter DDr. Werner Königshofer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Zur Sache ist schon genug gesagt worden. Es ist ein geringes Maß, das hier umgesetzt wird. Aber ein kleiner Schritt in die richtige Richtung ist uns lieber als gar keiner, und deshalb werden wir dem zustimmen.

Meine Damen und Herren, ich möchte im Zuge dieser Diskussion um das Bankenpaket auf die neue Diktion, Terminologie und Ausdrucksweise der Banker eingehen.

Punkt eins: Es wird immer wieder gesagt, dass die Verluste im Ausland – sei es durch dubiose Kreditvergaben im Osten oder in Bayern oder durch dubiose Veranlagungen in Island oder bei Lehman Brothers – kein Problem darstellten, denn die Verluste im Aus­land könne man ja durch das Inlandsgeschäft bei den inländischen Kunden wieder wettmachen. So, wie es Kollege Zanger dargestellt hat, mit erhöhten Gebühren, Mar­gen und so weiter.

Meine Damen und Herren, das ist eine Ungeheuerlichkeit der Sonderklasse (Beifall bei der FPÖ), dass sich die Banken jene Beträge, die von den Herren im Nadelstreif, von den Bossen, von den großen Managern im Ausland verzockt wurden, von ihren inländi­schen Kunden wieder zurückholen wollen. Darauf werden wir noch ein Auge werfen, und das werden wir nicht so ohne Weiteres durchgehen lassen. (Beifall bei der FPÖ.)

Die zweite – ganz kuriose – Argumentationsweise der Banker ist jene, dass sie sagen: Nicht sie wären an dem Desaster in ihren Banken und im Bankenbereich schuld und


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dafür zuständig, sondern Schuld daran trägt die Finanzkrise. Das ist überhaupt eine sehr eigenartige Argumentationsweise. Das ist so, wie wenn ein Unfalllenker sagen würde: Schuld an den zwei Toten bin nicht ich, schuld ist der Unfall an den Toten. Das ist eine Argumentation, bei der sich die Katze in den Schwanz beißt. Natürlich sind die Banker daran schuld und verantwortlich für diese Misere. (Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt komme ich auf einen konkreten Anlassfall zurück, bei dem diese Argumentations­weise verwendet wird, nämlich zur Kommunalkredit. Sie wissen, die Kommunalkredit war eine Bank, die Kommunen finanziert hat und sich kurz-, mittel- und langfristig refi­nanziert hat. Dann sind die Vorstände auf die Idee gekommen – darunter war auch Frau Dr. Claudia „Hase“ – ich weiß von nichts! –, vormals Schmied, die von 2004 bis Anfang 2007 Vorstandsdirektorin in dieser Kommunalkredit war –, Refinanzierungen über eine Tochtergesellschaft in Zypern aufzunehmen und auf dem internationalen Ca­sinomarkt – sozusagen dort, wo auch die BAWAG und Elsner spekuliert haben – das Geld zu veranlagen. (Abg. Kickl: Aber der sitzt!)

Insgesamt – so stand es im „FORMAT“ – hat die Tochtergesellschaft der Kommunal­kredit große Räder in der Höhe von zirka 16 Milliarden € steuerschonend über Zypern gedreht. (Abg. Jakob Auer: Da haben sie uns ausgebremst!) – Stimmt, keine Frage.

Im Sommer 2008 ist dieses ganze System zusammengebrochen. Die Refinanzierun­gen konnten nicht mehr in dem Maße durchgeführt werden, weil das Geld knapp wur­de, die Anleihen waren zum Teil nichts mehr wert – siehe Lehman Brothers –, und dann kam es zur Katastrophe der Kommunalkredit AG.

Ich darf Ihnen kurz aus dem Bericht zum Bankenpaket des Herrn Finanzministers über die Kommunalkredit AG zitieren, da heißt es auf Seite 14: Der Liquiditätsbedarf der Kommunalkredit Austria AG stellt sich als sehr hoch dar. Die Beträge konnten wegen der herrschenden Situation auf den Geld- und Kapitalmärkten weder von den Eigentü­mern noch von der Kommunalkredit Austria AG selbst aufgebracht werden, sodass mit Anfang November 2008 die Zahlungsunfähigkeit drohte. Die erforderliche Liquidität wurde am 3. November 2008 für drei Tage unmittelbar vom Bund im Wege der öster­reichischen Bundesfinanzierungsagentur zur Verfügung gestellt. – Zitatende.

Die Bank war pleite, sie wurde nur durch das Eingreifen der Republik über Steuermittel gerettet. Das zieht sich bis heute durch.

Eine Auswirkung dieser Katastrophe stellt sich für die Mutterbank, die Volksbanken-AG, dar: Diese hat ihre Refinanzierungsmittel gegenüber der Kommunalkredit verloren, hat 1 Milliarde € Partizipationskapital aufgenommen und ist heuer nicht in der Lage, die 9,3 Prozent Zinsen dafür zu bezahlen.

Dadurch entgehen dem Herrn Finanzminister und dem Herrn Staatssekretär – Sie ni­cken – 93 Millionen € an Steuereinnahmen. Ich möchte das einmal den kleinen Han­dels- und Gewerbebetrieben vorrechnen, die Steuerprüfungen haben, bei denen es um 500 € oder um 1 000 € geht. (Beifall bei der FPÖ.) Da entgehen dem Staat 93 Millio­nen €!

Bei der Hypo Alpe-Adria entgehen dem Staat 72 Millionen €.

165 Millionen € – und mitverantwortlich für diesen Entgang ist auch die Frau Bundes­ministerin Dr. Claudia „Hase“ – ich weiß von nichts! –, vormals Schmied. (Zwischenruf des Abg. Mag. Ikrath.) Deshalb hat sie auch zu dieser ihrer Verantwortung zu stehen, meine Damen und Herren. Wir werden sie aus dieser Verantwortung nicht entlassen. Als Opposition werden wir darauf achten, dass sie auch dazu steht. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.06


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner hiezu ist Herr Abgeord­neter Huber zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 



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14.06.36

Abgeordneter Gerhard Huber (ohne Klubzugehörigkeit): Geschätzter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Das Bankgeheimnis ist in Österreich wirklich sehr aufklärungsbedürftig. Das deutsche Modell gehört eingeführt, dass endlich geprüft wird, wie die Banken die Gelder verwenden. In Österreich besteht das Problem, dass die Bankdirektoren – ich sage jetzt bewusst nicht: „die Bonzen“ – die Probleme der Bürger nicht verstehen. Diese wissen nicht, was es bedeutet, mit 500 € im Monat zu le­ben, wenn die Rate bezahlt ist. (Abg. Hörl: Du auch nicht!)

So kommen zum Beispiel immer mehr Leute zu mir, die einen Kreditrahmen von 5 000 € brauchen, sie müssen die Mutter, die Großmutter und noch eine Immobilie als Sicherheit bringen. Dieses Basel II ist mehr als überfällig und gehört sofort aufgeho­ben. Wenn die Banken nicht sofort umdenken und eine andere Geldpolitik machen, dann müssen sie von der Politik, von Politikern, die Mut, Hausverstand, Hirn und Zivil­courage haben, in die richtige Richtung gelenkt werden.

Wenn man die BA-CA hernimmt – die Bank Austria verhandelt jetzt massiv mit dem Herrn Finanzminister über ein Paket von 2 Milliarden € –, so muss man sich schon fra­gen: Warum macht das nicht die Mutter UniCredit in Italien? – In Italien ist es über­haupt kein Problem. Aber ich kann Ihnen sagen, warum sie es in Italien nicht macht: weil Finanzminister Tremonti darauf schaut, dass von den Banken für das Bankenpa­ket, das sie bekommen, mindestens der achtfache Betrag an Krediten ausbezahlt wird. Das geht sogar so weit, dass in Italien die Gemeinden bei der Kreditvergabe mitspre­chen können.

Das Nächste sind die Dividenden. Es gehört sofort ein Dividendenverbot gemacht. Es kann nicht sein, dass mit Geld von Steuerzahlern Dividenden ausbezahlt werden. Kein Bürger versteht das. (Beifall des Abg. Hagen.)

Eines muss schon klar sein: Der Bürger ist der Hafter, und der Hafter ist somit der Zah­ler. Die abgehobenen Banken werden letztendlich vom Hafter, dem Bürger, bezahlt. Und niemand versteht diese Entscheidungen der Politik. (Beifall der Abgeordneten Ha­gen und Scheibner.)

14.09

14.09.10

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die zustimmen, den Rechnungshof mit der besonde­ren Gebarungsprüfung gemäß dem Ausschussantrag in 335 der Beilagen zu beauftra­gen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig so angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Gradauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reform des Bankenrettungs­paketes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

14.09.55 4. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Antrag 745/A(E) der Abgeord­neten Josef Bucher, Mag. Christine Lapp, Hermann Gahr, Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neuordnung und Effizienz der Gebarungs­prüfung von Gemeinden (336 d.B.)

 



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Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Lapp. Freiwillige Redezeitbeschrän­kung: 4 Minuten. – Bitte.

 


14.10.34

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ho­hes Haus! In diesem Antrag beschäftigen wir uns mit der Neuordnung und Effizienz der Gebarungsprüfung bei den Gemeinden. Das ist im Gegensatz dazu, wie das manche Gemeindebundvertreter formuliert haben, kein Anschlag auf die kommunale Selbstver­waltung, sondern wir setzen uns hier in diesem Haus selbst das Ziel, innerhalb von sechs Monaten ein Prüfkonzept zu erarbeiten, das beinhaltet, wie in den unterschiedli­chen Ebenen auch Gemeinden überprüft werden können.

Es gibt nämlich viele Prüfebenen, und unserer Meinung nach kann ein gut abgestimm­ter Mix ein effizientes Instrument sein, das für die Gemeinden auch die Möglichkeit der Beratung ergeben könnte. Es gibt bereits mehrere Prüfinstanzen bei den Gemeinden: die Prüfausschüsse, das Kontrollamt, die interne Revision, die Gemeindeabteilungen der Länder, die Landesrechnungshöfe, das Finanzamt, die Sozialversicherung und dann auch noch die Bezirkshauptmannschaften.

Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister hier im Hohen Haus formulieren ja immer wieder sehr markant, dass es nicht noch eine zusätzliche Ebene der Prüfung geben könne, weil es ja schon sehr viele Ebenen gibt, sondern dass eine effiziente Gestaltung dieser Prüfungsmöglichkeiten wichtig ist.

Es gibt Beispiele für Gemeinden, bei denen die Finanzgebarung so überbordend ist, dass sie die Aufgaben für die Bürgerinnen und Bürger nicht mehr wahrnehmen kön­nen. Diese Gemeinden sind bekannt – eine Illustrierte in unserem Land hat ja eine Lis­te veröffentlicht. Es geht also nicht um eine Prüfung nur der Prüfung willen, als Selbst­zweck, sondern es ist wichtig, ein Instrument zu finden, um Beispielwirkung hervorru­fen zu können, damit eine Gemeinde von der anderen Gemeinde lernen kann, wie die Leistungen für die Bürgerinnen und Bürger möglichst gut organisiert werden können.

Unserer Meinung nach darf keine Grenze an den Einwohnerinnen- und Einwohner­zahlen oder an den Budgetzahlen festgemacht werden. Für uns ist es wichtig, dass alle Gemeinden einmal beziehungsweise überhaupt geprüft werden können. Da ich schon den Aufschrei höre, der da kommt: Dann ist der Rechnungshof oder eine sonstige In­stanz jedes Jahr in jeder Gemeinde in Österreich!, möchte ich sagen: Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren, diese Angst braucht man nicht zu haben, denn es ist so, dass es hier um punktuelle Prüfungen geht. Es gibt auch den Vorschlag, zu verschie­denen Themenbereichen Querschnittsprüfungen zu machen, eben eine abgestufte Möglichkeit der Prüfungen einzuführen.

In der politischen Konstruktion unseres Staates muss es auch so sein, dass das als Unterstützung für die Gemeinden erlebt wird, denn es ist so – wie auch immer wieder in diesem Haus formuliert wird –, dass die Gemeinden vor Ort für die Bürgerinnen und Bürger sehr viele Servicemaßnahmen und sehr viele wichtige Infrastrukturmaßnahmen anbieten. Diese Kraft und Stärke des österreichischen Gesamtstaates gilt es zu erhal­ten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben uns heute auch schon mehrmals mit dem oberösterreichischen Wahlkampf beschäftigt, und da möchte ich Ihnen eine Initiative der SPÖ-Frauen Oberösterreich vorstellen, die sich das Ziel gesetzt haben, in Oberösterreich 1 200 Frauen in Oberösterreichs Gemeindepolitik hineinzubringen. (Die Rednerin hält einen Folder in die Höhe. – Abg. Scheibner: Das ist aber nicht notwen-


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dig!) Darin sehe ich auch einen wichtigen Ansatz. So hat zum Beispiel die ÖVP in Oberösterreich seit 1945 nicht einmal noch eine Frau in der Landesregierung gehabt, und bei den anderen Parteien schaut es ähnlich aus.

Meiner Meinung nach ist wichtig: Je mehr Frauen in der Gemeindepolitik verankert und tätig sind, desto besser geht es den Gemeinden in Österreich. (Beifall bei der SPÖ.)

14.14


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gahr. Freiwilli­ge Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


14.14.46

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Präsi­dent des Rechnungshofes, der Sie heute die ganze Debatte mitverfolgen! Ich denke, Sie können erfreut sein, dass wir heute intensiv über die Zukunft der Arbeit des Rech­nungshofes diskutieren.

Es geht um die Prüfung der Gemeinden, und ich denke, es ist für uns alle eine Heraus­forderung, dass wir nicht immer unbedingt von einem Problem der Gemeinden spre­chen, sondern dass wir uns darüber unterhalten, wie wir die Prüfungs-, Kontroll- und Beratungstätigkeit für unsere Gemeinden entwickeln und optimieren können. Ich glau­be, wir sind uns einig, dass wir das neu aufstellen wollen, und vielleicht schaffen wir es in einer kürzeren Zeit als in sechs Monaten, ein besseres und effizienteres Konzept für die Zukunft zu haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Derzeit gibt es vier Instanzen, und die Sorge von einigen Gemeinden und vom Ge­meindeverband ist, dass man eine zusätzliche Kontrollinstanz schaffen will. – Nein, das lehnen wir alle einheitlich ab, sondern es geht einfach darum, dass wir zukünftig mit weniger Bürokratie und mit mehr Effizienz kontrollieren und beraten können.

Frau Kollegin Lapp hat gesagt, dass in einer Illustrierten dargestellt wurde, wie pleite unsere Gemeinden seien und welche Bürgermeister Schuldenkaiser seien. Zwei Tiroler Gemeinden führen diese „Hitliste“ an, und zwar Kaisers und Gramais im Lechtal. Ich habe mir erlaubt, diese Hitliste zu hinterfragen und habe mich mit den Bürgermeistern dieser beiden Gemeinden verständigt. Diese waren relativ enttäuscht, dass man so et­was so präsentiert.

Ich darf erzählen: Der Bürgermeister der Gemeinde Kaisers, Markus Lorenz, hat ge­sagt, er war immer schuldenfrei und hat in ein Kraftwerk investiert, das auf 30 Jahre zurückgezahlt wird. Es geht ihm und seiner Gemeinde jetzt maximal besser, sie sind zum ersten Mal lebensfähig. Es ist eine Gemeinde mit 90 Einwohnern, und er hat ge­sagt, er will noch ein Kraftwerk dazubauen, und wenn er noch mehr Schulden hat und er noch einmal in die Zeitung kommt, ist ihm das recht und teuer. Ihm ist wichtig, dass er für seine Bürger die Infrastruktur im Dorf sichern kann. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Königshofer.)

Die zweite Gemeinde – und die ist der Spitzenreiter – ist die Gemeinde Gramais. Das ist noch intensiver: Die haben 1,2 Millionen € in eine Kläranlage investiert, weil sie 8 Ki­lometer vom nächsten Anschluss weg sind. Es war billiger, selbst eine Kläranlage zu errichten, als öffentlich 8 Kilometer talauswärts zu fahren. Sie haben investiert, haben eine Bundesförderung bekommen, das Ganze wurde aufsichtsbehördlich überprüft
und genehmigt. Die Gemeinde Gramais hat zwei Kleinwasserkraftwerke gebaut,
und der Bürgermeister sagt, es ist erfreulich, in dem Jahr hat er aus dieser Investition
von 1,8 Millionen € für diese zwei Kraftwerke 30 000 € Gewinn. Diese Gemeinde hat 65 Einwohner.

Das sind die beiden Spitzenreiter, und die haben überhaupt keine Schulden, das Gan­ze amortisiert sich. (Zwischenruf des Abg. Hornek.) Wir präsentieren hier Dinge, die


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wirklich nicht der Wahrheit entsprechen, und beleidigen kleine Bürgermeister, die sich wirklich tagtäglich für die Bürger bemühen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich will damit nur aufzeigen, dass wir mit diesem Thema ganz sensibel umgehen müs­sen und die tatsächlichen Probleme bekämpfen müssen, nämlich ausgelagerte Be­triebe, in denen nicht nachvollziehbare Finanzströme getätigt werden.

Die tatsächlichen Probleme sind da und dort die Beratungen, wo es ums Thema Wirt­schaftlichkeit geht, und auch die Abstimmungen zwischen Bundes- und Landesrech­nungshof. Wir haben genug Informationen auch für die Landesrechnungshöfe. Es gibt gerade bei der Gebarungsprüfung Möglichkeiten für Bundes- und Landesrechnungs­hof, ein Prüfansuchen zu stellen und das in Ländern und Stiftungen auch umzusetzen.

Auch da, glaube ich, brauchen wir eine klare Abgrenzung zwischen diesen beiden Ein­richtungen, damit sie sich ergänzen und nicht streiten, wer wie was prüfen kann, son­dern sich einig sind. Ich bin durchaus auch dafür zu haben, dass der Bundesrech­nungshof einheitliche Standards in den Landesrechnungshöfen vorgeben soll, weil die Einsatz- und die Personalausstattung unterschiedlich ist. Was auch noch ganz klar ist, ist, dass es derzeit unterschiedliche Regelungen gibt.

Worum geht es in Zukunft? – Es geht darum, dass wir mit Sparsamkeit und Effizienz arbeiten. Die Einnahmen sinken, die Ausgaben steigen, die Verwaltungsstrukturen müssen schlank gehalten werden. Aus meiner Sicht muss auch die Beratung ausge­baut werden.

Ich glaube, es geht einfach darum, dass wir unsere Gemeinden, die die wirtschaftliche und gesellschaftliche Basis für die Entwicklung unseres Landes sind, auf einen guten und gemeinsamen Weg mitnehmen und dass wir nicht öffentlich die Gemeinden schlechtmachen, denn es sind immerhin Menschen, die da im Ehrenamt und mit viel Verantwortung arbeiten. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Scheibner: Warum wehren Sie sich dann gegen die Kontrolle? Kontrolle ist ja etwas Gutes!) – Kollege Scheibner, wir bekennen uns zur Kontrolle, gemeinsam mit Beratung.

Ich denke, dieser Entschließungsantrag geht in die richtige Richtung, und ich bedanke mich bei allen, die da mitgehen. Ich wünsche mir, dass wir nach einer Diskussion ein System haben, mit dem wir alle arbeiten und wirtschaften können. – Vielen Dank. (Bei­fall bei der ÖVP.)

14.20


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Zanger. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


14.20.11

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Herr Kollege Gahr, ich glaube, Sie haben da etwas missverstanden. Kein Mensch hat Bürgermeister durch den Dreck gezogen, Gemeinden schlechtgemacht et cetera. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das haben ja nicht wir gemacht! Das haben nicht wir oder irgendein Abgeordneter gemacht, das hat irgendein Zeitungsfritze gemacht. (Abg. Gahr: Distanzieren Sie sich!) Verwechseln Sie doch nicht Äpfel mit Birnen! (Bei­fall bei der FPÖ.)

Eines auch noch dazu: Ich glaube, wir alle sollten sagen, dort, wo etwas schief läuft, wollen wir draufkommen und sozusagen die Schmutzfinken aus dem Verkehr ziehen. Das wird ja wohl auch in eurem Interesse sein, ganz egal, ob es ein Roter oder ein Schwarzer ist. Es geht da um Gerechtigkeit und um nichts anderes. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Gahr: Haben wir ja gesagt! Zuhören!)

Im Großen und Ganzen ist dieses Papier, das heute beschlossen wird, ein Schritt in die richtige Richtung, denn insgesamt sind die österreichischen Gemeinden mit rund 11 Milliarden € verschuldet. Das ist aber noch nicht alles, da fehlt ein erklecklicher Teil,


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der in sogenannten Betrieben mit marktbestimmter Tätigkeit ausgelagert ist. Da kom­men noch einmal 7 Milliarden € dazu, die allerdings nicht geprüft werden können – von keiner Instanz, nicht vom Prüfungsausschuss in der Gemeinde, nicht von der Gemein­deaufsicht und auch sonst von niemandem. Das ist meiner Meinung nach ein bisschen eine Flucht aus dem Budget und eine Flucht aus der Kontrolle, aber das ist leider ge­setzmäßig so. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wenn jetzt angedacht wird, dass die Zahl der Gemeinden, die geprüft werden, durch die Einziehung einer Budgetgrenze von 24 auf 224 steigt, so sind das noch immer erst 9 Prozent aller Gemeinden in Österreich. Mein Zugang ist ganz einfach: Wir sollten es dem Rechnungshof möglich machen, sämtliche Gemeinden in Österreich zu prüfen! Das ist nur eine Kann-Bestimmung, und das heißt nicht, dass der Rechnungshof alle Jahre in jede Gemeinde ausrückt. Das ist ja ein Unsinn, das ist auch nicht der Sinn der Sache. (Beifall bei der FPÖ.)

Aber es kommt auch vor, dass in kleineren Gemeinden Malversationen passieren. Spätestens dann, wenn kleine Gemeinden geprüft werden können, stellt man sozusa­gen ein bisschen die Rute ins Fenster, und das macht dann auch Sinn. Allein die Mög­lichkeit, dass der Rechnungshof prüfen darf, erhöht meines Erachtens die Disziplin. Deswegen fordern wir grundsätzlich die Prüfmöglichkeit für alle Gemeinden.

Einen Blick möchte ich noch in die Steiermark machen, in die Gemeinde Fohnsdorf. Diese steht vor einem finanziellen Desaster. Dort wurden Millionen in eine Therme in­vestiert, und die privaten Investoren sind alle abgesprungen. Wer musste einspringen für einen Bürgermeister, der dort nichts anderes macht, als Statussymbole zu errich­ten? – Die öffentliche Hand! 60 Millionen € Schulden hat die Gemeinde Fohnsdorf, und das bei 8 000 Einwohnern; das heißt, 7 500 € pro Einwohner, vom Baby bis zum Greis – das sind in guter alter, echter Währung über 100 000 Schilling pro Einwohner! Das wird die Fohnsdorfer Bevölkerung noch treffen. (Zwischenrufe des Abg. Grillitsch.) Herr Kollege Grillitsch, bitte ein bisschen Ruhe! Ich rede gerade mit den Freunden von der Sozialdemokratie.

Dann kommt noch Herr Landeshauptmann Voves zur Eröffnung und sagt dort: Endlich haben wir etwas Gescheites und nicht nur Erdäpfel in der Region! – Diese Überheb­lichkeit wird bei den Wahlen abgestraft werden, das garantiere ich Ihnen. (Beifall bei der FPÖ.)

Das gilt ebenso für die Vergabepraktik, die jetzt kurz vor Gemeinderats- und Landtags­wahlen in der Steiermark herrscht. Da gehen die beiden Landesfürsten Voves und Schüt­zenhöfer mit geöffneten Taschen her: Jetzt ist alles egal, die Bürgermeister bekommen Bedarfszuweisungen, dass es gleich so raschelt. Jetzt schert sich niemand mehr um irgendwelche Sparerfordernisse, und überall, wo sie auftreten, kommen 5 000 € in die Kameradschaftskasse da, 5 000 € dort, und der Rest der Gemeinden – dort, wo die Herrschaften nicht hinkommen – schaut durch die Finger.

Das kann es nicht sein, wir fordern Gerechtigkeit für alle! (Beifall bei der FPÖ.)

14.24


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Linder. Ge­wünschte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


14.24.25

Abgeordneter Maximilian Linder (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Im Vorjahr hat der Österreichi­sche Gemeindebund eine Umfrage in Auftrag gegeben, wonach den Bürgermeistern unter allen Politikern am meisten Vertrauen entgegengebracht wurde – weil wir Bürger­nähe zeigen, weil wir vertrauenerweckend sind und vor allem, weil wir eine transparen­te, offene Gemeindeführung haben. (Beifall beim BZÖ.)


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Derzeit wird aber leider an diesem Image gekratzt – von den Medien und auch von den Bürgern. Skandalgeschichten wie „Unsere Pleitegemeinden“ und dergleichen tun unse­rem Ansehen sicherlich nicht gut.

Wenn Sie heute sagen, die Gemeinden sind pleite, so stimmt das in vielen Fällen. Es stimmt in vielen Fällen, weil wir unsere Aufgaben nicht erfüllen können, weil wir das Geld nicht mehr haben, weil mir mit Belastungen zugedeckt werden. Es gibt aber leider auch schwarze Schafe unter uns, die spekuliert haben, die mit Steuergeldern gespielt haben und so ganz bestimmt nicht zum Ansehen der Gemeinden beigetragen haben. (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.)

Deshalb glaube ich, dass es da dringenden Handlungsbedarf gibt. Dass Handlungsbe­darf gegeben ist, zeigt der Gemeindebund selbst, indem er Richtlinien herausgegeben hat, wie man mit Geldveranlagungen umgehen soll. Wenn wir heute hören, dass sich zwei oberösterreichische Kollegen darüber streiten, welche Zustände es in der Ge­meinde Steinhaus gibt, so muss ich sagen, dass das meiner Ansicht nach, wenn es eine ordnungsgemäße Prüfung gibt, hier herinnen gar kein Thema sein dürfte. (Beifall beim BZÖ. – Zwischenruf des Abg. Weinzinger.)

Deshalb, liebe Kollegen, ist es notwendig, dass wir eine ordnungsgemäße Prüfung ha­ben, wirklich eine Prüfung auf Herz und Nieren, die dazu dient, Missstände aufzude­cken, die aber auch dazu dient, die Gemeinden in ganz Österreich vergleichbar zu ma­chen, dass wir Zahlen haben, mit denen wir arbeiten können und die wir vergleichen können, dass wir aber auch Tipps und Hilfen vom Rechnungshof bekommen. Ich glau­be, eine jede Prüfung ist auch eine Chance, die eigene Arbeit zu evaluieren, die Ge­meindearbeit zu überprüfen und nachzubessern.

Das Wichtigste für uns ist die Vergleichbarkeit. Jeder, der Bürgermeister ist, weiß, wenn wir uns treffen, ist die erste Frage: Wie groß ist deine Gemeinde? Wie geht es dir mit dem Budget? Wie kommst du mit der Schule zurecht? Welche finanziellen Proble­me hast du? – Liebe Kollegen, wenn es uns gelingt, da repräsentative Zahlen zu be­kommen, so sollten wir uns, glaube ich, der Prüfung nicht verschließen.

Wir brauchen aber kein Prüfungswirrwarr, und wir brauchen keine zusätzliche Prüfin­stanz. Wir brauchen auch keine parteipolitisch gesteuerte Prüfung; Kollegen, das kön­nen wir uns sparen!

Deshalb glaube ich, dass es ganz wichtig ist, dass wir österreichweit ein Prüfungskon­zept erarbeiten, dass wir für die Gemeinden österreichweit ein einheitliches Prüfungs­system herausarbeiten, dass wir Zahlen bekommen, die uns ein Benchmarken möglich machen, dass wir uns vergleichen können und so, glaube ich, auch gute Unterlagen für einen neuen Finanzausgleich haben, weil wir dann eher Chancen haben werden, den Unterschied zwischen kleinen und großen Gemeinden auszugleichen. Wenn es dann noch so ist, dass der Rechnungshof beteuert, dafür kein zusätzliches Personal zu brauchen, so ist das, glaube ich, für uns etwas ganz, ganz Gutes.

Weil wir aber dem Vier-Parteien-Antrag nicht ganz trauen, haben wir vom BZÖ noch einen eigenen Antrag eingebracht, damit wir den sicherheitshalber noch deponiert ha­ben.

Aber, liebe Kollegen, liebe Bürgermeister-Kollegen, ich fordere euch auf: Stimmt dieser Rechnungshofkontrolle zu, damit den Spekulationen Einhalt geboten wird, damit wir österreichweit vergleichbare Zahlen bekommen, damit wir die Tipps vom Rech­nungshof bekommen und damit wir vor allem den Bürgern und den Medien zeigen kön­nen, dass wir für eine offene Gemeindeführung sind und ganz bestimmt keine Dorfkai­ser sind! (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Mag. Gaßner.)

14.28



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 94

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Mag. Kogler. Gewünschte Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


14.28.50

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Meine Damen und Herren! Jetzt müssen wir, glaube ich, ein paar Dinge auseinanderhalten und dann wieder sinnvoll zusam­menführen. Die Verhandler, die ja diesem Entschließungsantrag auch folgen sollen, nämlich die Regierungsstellen und der Rechnungshofpräsident, werden, wenn sie gescheit sind auch unter Hinzuziehung der Ländervertreter, auch in den Protokollen nachlesen, und wir sollten daher eher zur Klarheit und nicht zur Verwirrung beitragen.

Der Reihe nach – erstens: die Gemeindeschulden. Schauen Sie, jetzt hat ein Abgeord­neter der ÖVP etwas völlig Zutreffendes, ökonomisch Vernünftiges gesagt: Bei den Schulden kommt es nicht auf die Schulden als solche an, sondern darauf, was mit dem Geld gemacht wurde. Er hat sehr treffend ausgeführt, dass dort Investitionen getätigt worden sind. Das ist im Übrigen eine Erkenntnis, die hier sehr lange verloren gegan­gen war. Daran hatte ein gewisser Minister Grasser großen Anteil, der immer alle mit seinem neoliberalen ökonomischen Herumgeplärre verwirrt hat.

Es ist völlig richtig, was Sie sagen, und das gilt ja im Großen wie im Kleinen. Deshalb ist der Schuldenindikator allein auch nicht das Schlaueste. Ich habe auch selbst schon öffentlich gesagt, dass wir vielleicht solche Pro-Kopf-Verschuldensquoten hernehmen können. Man sieht aber, wie gefährlich das sein kann, da gebe ich Ihnen völlig recht.

Die andere Sache: Was in den Budgets natürlich immer eine große Rolle spielt, sind die laufenden Ausgaben. Wenn die laufenden Ausgaben die laufenden Einnahmen ständig übersteigen, gibt es schon ein Problem, weil natürlich das Defizit, gerade so wie im Gesamthaushalt, auch im Gemeindehaushalt dort seine Grenzen findet, wo wir durch die Zinszahlungen, wenn sie einmal zu hoch werden, auf ganz andere Möglich­keiten verzichten.

Deshalb gilt im Übrigen auch für jede Investition, dass sie gesamtwirtschaftlich/volks­wirtschaftlich dann und nur dann eine gute ist, wenn der erwartbare gesamtwirtschaftli­che Nutzen diese Zinszahlungen kompensiert. Da gilt das Gleiche wie beim Betrieb, aber natürlich ist ein gesamtwirtschaftlicher Nutzen anders zu messen. Das sollte die Weisheit sein.

Der Rechnungshof wird im Übrigen – davon haben wir uns neulich wieder überzeugen können – in diese Richtung zusätzlich investieren und hier sozusagen mehr aus volks­wirtschaftlichem Sachverstand eine eigene Abteilung einrichten. Diese kann sich dann gleich selbst prüfen und in Stellung bringen, wenn wir nämlich – und darauf komme ich zum Schluss selbstverständlich zurück – die Prüfkompetenzen entsprechend erwei­tern. Darum geht es ja. Es ist nur jetzt einmal wichtig, zu erklären, worum es bei den Gemeindeproblemen überhaupt geht, damit am Ende alle vom Gleichen reden.

Der nächste Problempunkt ist aber ein wirklicher, da geht es schön langsam um Inef­fizienz und Misswirtschaft. Das ist von den vorigen Punkten völlig zu unterscheiden, weil es bei diesen Punkten darum geht, dass die Gemeinden eigentlich unsere Unter­stützung brauchen. Die Gemeinden sind vernünftige Investoren in der Region, sie hät­ten jetzt in der Krise, wenn sie mehr Budget gehabt hätten, viel mehr zur Arbeitsplatz­sicherheit beitragen können, als es dadurch geschehen ist, dass diese Großpakete ge­schnürt worden sind. (Abg. Mag. Gaßner: Darum geht es immer noch! – Weitere Zwi­schenrufe bei der SPÖ.)

Ja, und das würde noch ein Jahr gelten. Deshalb ist es ja unser Konzept, dass wir den Gemeinden eine gute Milliarde – jetzt wirklich guten Gewissens – zur Verfügung stel­len, weil das, was dort investiert wird – unter der Voraussetzung, dass es halbwegs ef­fizient geschieht –, natürlich auch im Besonderen den Klein- und Mittelbetrieben zugute


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kommt und weil dort in der Regel vernünftige Projekte durchaus baureif vorliegen. Aber diesem Vorschlag folgen ja andere nicht.

Lassen wir jetzt einmal das Nutzenpaket, das Gute an den Gemeinden, dort stehen. Wo der Rechnungshof seine besondere Wirkung entfalten würde – und darauf setzen wir natürlich sehr stark –, ist die prophylaktische Wirkung, und nicht – das hat nie je­mand behauptet, und es ist gut, wenn wir uns jetzt zunehmend darüber einig werden –, dass der Rechnungshof – selbst wenn er, was meiner Ansicht nach sinnvoll wäre, die Prüfkompetenz über alle Gemeinden bekäme – dauernd in jede Gemeinde hineinrennt. Das ist doch völlig undenkbar – es gibt zweieinhalbtausend Gemeinden in der Re­publik, meine Damen und Herren! –, das will niemand, das behauptet auch niemand, das war immer ein Schreckgespenst.

Wir werden dann noch zu dieser angeblichen Überprüfung der Gemeinden kommen. Dass das Prüfungssystem ineffizient ist, ist wahr. Aber geprüft werden sie ja in Wirk­lichkeit nicht, sondern sie werden gedeckt. Das ist das Problem: Das Prüfsystem ist das Problem. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wir reden jetzt von den Gemeinden, in denen es Probleme gibt. Das ist Gott sei Dank die Minderheit der Gemeinden! Trotzdem haben wir ein Problem. Das sind weniger die Bürgermeister als das Versagen jener Aufsichtssysteme, die die Bürgermeister prüfen sollen.

Jetzt kommt die große Weisheit dieses Antrags erst wirklich zum Tragen. Der Herr Prä­sident wird mir recht geben, er nickt ja bereits. Fürs Protokoll: Der Präsident des Rech­nungshofes, der auf der Besuchergalerie sitzt, nickt. – Die Möglichkeit des Rechnungs­hofes, die Gemeinden selbst prüfen zu können, versetzt ihn in eine viel bessere Lage, die Wirkungsweise der Gemeindeaufsicht zu überprüfen. Wenn er nämlich dort hinein­schauen kann, dann kann er viel besser feststellen, wo eigentlich dieses System lahmt, das zur Immunisierung der Gemeinden beitragen sollte.

Aber in Wirklichkeit ist es ein Virus, der dort herrscht. In der Steiermark, in Niederöster­reich und im Burgenland – nicht, weil dort gerade Gemeindewahlen sind – finden sich leider die größten Missstände. Das ist auch in anderen Prüfungen schon herausge­kommen. Die Gemeindeaufsicht versagt, und da gehört hingegriffen! Die Bürgermeister verdienen unterm Strich schon noch unseren Schutz, und zwar dort, wo sie überfordert sind.

Dann gibt es noch jene, die mutwillig Unsinn machen – auch die gibt es. Ich bleibe bei meinem Lieblingsbeispiel; auch da noch einmal fürs Protokoll: Das sind gar nicht jene, die zu viele Schulden machen, sondern ich rede von jenen, die zufälligerweise viel Geld in die Hand bekommen haben  das ist bei den Böswilligen meistens das größere Problem –, die zum Beispiel, wie im Fall Hartberg, die gemeindeeigene Sparkasse viel zu billig verkaufen (Ruf bei der ÖVP: Stimmt ja nicht!), weil sie sich auf ein Schätzgut­achten des Käufers verlassen. Da sind allein schon Millionen verloren gegangen.

Dann ist das hereingekommene Geld veranlagt worden, in dem Fall in vier Strategien. Wissen Sie, was da dabei war? – Karibik, Madoff, Meinl, und das vierte weiß ich jetzt nicht; es war jedenfalls das Viertschlechteste, das man hat erwischen können. Da ge­hört schon etwas dazu! Das ist von der Wahrscheinlichkeit her fast wie ein Lotto-Sech­ser, dass man überall so danebengreift, und das unter Zuhilfenahme sauteurer Berater. Man fragt sich, wer da am Schluss wieder das Geld bekommen hat. Das sind die Zu­stände!

Wissen Sie, wo da die Gemeindeaufsicht war? – Nirgends! In Deckung! Und im Nach­hinein wird sie dazu gebraucht oder missbraucht, das Ganze weiter zu decken; da passt der Begriff. Wenn wir das nicht angreifen, dann haben wir überhaupt versagt! (Beifall bei den Grünen.)


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Dass da der Rechnungshof nicht prüfen können soll, werden Sie nie irgendjemandem erklären können. Deshalb haben Sie ja jetzt auch, nicht nur aus der Not der Verhand­lungssituation heraus, dem zugestimmt. Ich akzeptiere das auch, weil wir uns jetzt alle einen Schritt weiterbewegt haben und weil Sie selbst einsehen, dass bestimmte Dinge einfach geprüft gehören.

Nach welchen Kriterien das aufgeteilt wird – Landesrechnungshöfe, Rechnungshof –, das ist eine Frage der Verhandlungen. Ich wiederhole unsere Position: Es wäre das Vernünftigste, alle Rechnungshöfe würden alle Gemeinden prüfen können, weil sie ja bis jetzt auch schon in der Lage sind, abgestimmte Prüfpläne auszuarbeiten. Selbstver­ständlich! Das wäre im Übrigen die einzige Chance, dass wir Querschnittsprüfungen machen können: Wie funktionieren Gemeindeaufsichten in Tirol, in Salzburg oder im Burgenland im Vergleich, unter Betrachtung der Gemeinden selbst? – Das bekommen wir nur zustande – da stimme ich mit der blauen Fraktion überein –, wenn wir die Prüf­kompetenz über alle Gemeinden grundsätzlich festlegen.

Am Schluss kann es so sein, dass ein Kompromiss herauskommt. Ich bitte Sie nur, da­rüber nachzudenken, weil wir von der jetzigen Formulierung im Entschließungsantrag nie mehr zurückkommen – es gibt darin eine entscheidende Formulierung, und die be­kommen Sie nicht mehr zurück in die Tube, das haben wir schon einmal festgestellt –, dass nämlich der Bundesrechnungshof – ich verwende jetzt ganz bewusst diesen Aus­druck – mehr Prüfkompetenzen erhalten wird. Das steht schon in der Zielformel drin. Sie wissen ganz genau – und ich weiß auch, dass Sie da nicht mehr wortbrüchig wer­den –, dass wir uns hier einigen werden.

Das Gescheiteste wäre trotzdem, so weit zu denken – wenn wir uns ohnehin schon auf die Reise gemacht haben –, den Rechnungshöfen zu vertrauen, ihnen die Kompetenz zu geben, die völlige Freiheit der Prüfkompetenzen aufzumachen und dann darauf zu vertrauen, dass die Prüfer selbst effizient vorgehen. Das wäre der größte Nutzen für die SteuerzahlerInnen, für die GemeindebürgerInnen und am Schluss für die Bürger­meister, weil die Schwarzen früher oder später ausgesiebt werden – nämlich die schwarzen Schafe, nicht die schwarzen Bürgermeister, Entschuldigung! –, weil dann alle etwas davon haben und Sie sich nicht mehr von solchen Reden wie jetzt belästi­gen lassen müssen. Aber einstweilen gönne ich es Ihnen noch! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.36


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. Gewünschte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


14.36.59

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Eigentlich bin ich froh darüber, dass durch diesen heutigen Be­schluss die ewige Gemeindeprüfungs-Debatte zu Ende ist. Seit Langem haben wir es in fast jedem Rechnungshofausschuss gehört – der Herr Präsident wird es mir bestäti­gen –, in jeder Debatte hier herinnen geht es immer wieder darum: Die Gemeinden müssen mehr geprüft werden, die Gemeinden hin und die Gemeinden her.

Ich bin eigentlich sehr froh darüber, dass sich in den Gemeinden noch genügend Funk­tionärinnen und Funktionäre finden, die eine hervorragende Arbeit machen. (Ruf bei der ÖVP: Es wird auch schon schwierig!) 2 357 Gemeinden sind bestückt mit freiwilli­gen Funktionären, und diese müssen sich dauernd anhören, dass sie das nicht kön­nen, dass sie nicht dazu imstande sind und so weiter. Da müssen wir uns, glaube ich, schon einmal darauf besinnen, dass es gar nicht mehr so leicht ist, diese Funktionärin­nen und Funktionäre zu finden!


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Ich stehe hier nicht an, ihnen allen einmal wirklich Dank für die Arbeit zu sagen, die sie machen! Sie sind nicht alle schlecht, und sie sind nicht alle lauter Geldverstecker, Spe­kulanten und so weiter. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten von FPÖ und Grünen.)

Wenn es da einige schwarze Schafe gibt, okay, dann sollten diese bestraft werden. Ich frage mich aber – und da gebe ich Herrn Abgeordnetem Kogler völlig recht –: Wieso kommt es denn überhaupt so weit, wenn wir eine so tolle Überprüfung der Gemeinden haben, wenn wir hervorragende Kontrollorgane haben? – Ich frage mich schon, wie es überhaupt dazu kommen kann.

Daher ist es gut und recht, das Prüfsystem jetzt neu zu ordnen und zu überlegen, wie man das effizient machen kann. Für mich und für meine Fraktion gibt es hier einige Punkte, die nicht übersehen werden sollten. Ein bundeseinheitliches Prüfkonzept mit ganz klaren Kriterien ist einmal notwendig. Es kann nicht sein, dass, je nach Farbe ver­schieden, die Landesräte bestimmen, wer wo geprüft wird. Das macht keinen Sinn. Es muss ein ganz klares Konzept mit einheitlichen Kriterien sein.

Und genau dieses Konzept – das ist auch eine Bedingung von uns – soll für alle Ge­meinden gelten! Ich habe noch kein Kriterium gesehen, das das wirklich aufschließen würde. Ob klein oder groß, ob viel Geld oder wenig Geld: Für alle Gemeinden soll das gelten. Es kann in der kleinsten Gemeinde etwas passieren, und es kann in der größ­ten Gemeinde etwas passieren, daher sollten alle gleich geprüft werden.

Der zweite Punkt, der ganz wesentlich ist, ist das Abstellen der Mehrfachkontrollen. Das heißt nicht, dass ich dafür bin, dass weniger kontrolliert wird, sondern dafür, dass effizient kontrolliert wird. In Oberösterreich – ich wiederhole es jetzt nicht, es ist ja schon x-mal gesagt worden – wird vier Mal kontrolliert! Und ich frage mich immer noch, was eine BH bei einer Gemeindeprüfung verloren hat. Das macht überhaupt keinen Sinn! – Also, weniger Überprüfungen.

Ob das jetzt die Landesrechnungshöfe machen oder ob das der Bundesrechnungshof macht (Zwischenruf des Abg. Großruck), Herr Rechnungshofpräsident, ich denke mir, dieses Match haben die Rechnungshöfe in erster Linie einmal untereinander zu führen. Überlegen Sie einmal: Wir haben neun Gesetze der Landesrechnungshöfe – die sind unterschiedlichst unterwegs –, und dann haben wir den Bundesrechnungshof. Das in sechs Monaten auf eine Linie zu bringen, wird relativ schwierig werden.

Und noch ein Letztes: Die Überprüfungen dürfen keine Einbahnstraße sein! Es muss auch eine Gemeinde die Möglichkeit haben, Prüfer anzufordern beziehungsweise sich Prüfer und Berater hereinzuholen, was gerade für die Prüfungsausschüsse in den Ge­meinden ein ganz wesentliches Faktum wäre.

Meine Damen und Herren, wenn das alles geschehen ist, wird es hoffentlich ein ordent­liches Prüfsystem für die Gemeinden geben. Ich hoffe nur, dass dann mit so viel Initia­tive, mit so viel Einsatz und mit so viel Elan auch dafür gekämpft wird, dass die Ge­meinden genügend Mittel zur Verfügung haben – ich denke gerade an diese Gemein­demilliarde, von der die Herren Leitl und Mödlhammer wieder gesprochen haben –, um eben die Investitionen ankurbeln und die Krise bekämpfen zu können. Wenn wir darauf nämlich nicht Wert legen, dann werden die Gemeinden bald keine Prüfer mehr brau­chen, weil es dort nichts mehr zu prüfen gibt. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Ab­geordneten der FPÖ.)

14.41


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Vock. Eingestellte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 98

14.41.50

Abgeordneter Bernhard Vock (FPÖ): Hohes Haus! Mit der Volkszählung 1991 hat meine Heimatstadt Mödling die 20 000-Einwohner-Grenze überschritten, und damit wa­ren nicht nur höhere Ertragsanteile verbunden, sondern erstmalig auch die Überprü­fung durch den Rechnungshof.

Wenn ich hier im Haus immer wieder höre, dass die vielfache Prüfung eine Mehrbelas­tung für die Gemeinde ist, so muss ich sagen: Das habe ich in meiner Heimatstadt nicht so gesehen, und ich war von 1995 bis 2000, also gerade während der ersten Pe­riode, in der der Rechnungshof regelmäßig geprüft hat, Obmann des Prüfungsaus­schusses, also des internen Kontrollorganes. (Zwischenruf des Abg. Großruck.) Ich habe diese Rechnungshofkontrollen als Prüfungsausschussobmann begrüßt, weil die­ser genau dort ansetzt, wo der Prüfungsausschuss aufhört, denn den Mitgliedern mei­nes Prüfungsausschusses, also ehrenamtlichen Mitarbeitern, fehlte für umfangreiche Prüfungen die Zeit. Man ist ehrenamtlich tätig, man hat nicht stundenlang Zeit, sich in die Gemeindeverwaltung zu setzen, und teilweise, ganz ehrlich – als engagierter Ob­mann kann ich das sagen, auch für meine Mitglieder, die sich alle sehr bemüht ha­ben –, fehlt in gewissen Bereichen die Fachkompetenz. Wenn ein Prüfer tagtäglich im­mer wieder dieselben Bereiche prüft, hat er einfach mehr Fachkompetenz, als wenn ich erstmalig einen Großbau begleitend kontrollieren muss.

Diese Handicaps kann man natürlich durch Fachorgane, die sich der Prüfungsaus­schuss hereinholt, durchaus ausgleichen, aber warum soll man diese Fachorgane nicht beim Rechnungshof selbst anfordern, der die Organe hat, der die Prüfer hat? Warum soll jede Gemeinde das Rad neu erfinden und überlegen: Wo hole ich mir die kompe­tenten Leute, die mir da helfen?

Wenn ich von den Überprüfungen des Landes höre, dann muss ich feststellen, dass es dort, wo man bei Überprüfungen durch das Land aufschreit, für die Gemeinde meistens schon zu spät ist. Es ist meistens so, dass das Land erst dann aufschreit, wenn es in der Gemeinde wirklich kriselt. (Zwischenruf des Abg. Großruck.) Daher kann ich die Überprüfung durch den Rechnungshof nur begrüßen.

Wie gesagt, ich habe das in meiner Heimatgemeinde auch nicht als Mehrarbeit, son­dern das Prüfungsorgan als eine Ergänzung gesehen. Und wenn man es so sieht, dass es genau dort eine Ergänzung ist, weil der Rechnungshof dort beginnt, wo der Prüfungsausschuss mit seiner Tätigkeit aufhört, dann muss man sagen: Das ist ein Vorteil! Auch in der Privatwirtschaft würde kein Unternehmen ein kostenloses Control­ling, das es zusätzlich bekommen könnte – sprich: eine Kontrolleinheit, die gratis ins Unternehmen kommt und dieses prüft –, ablehnen. Nur die Bürgermeister diskutieren darüber, ob man es ablehnt oder nicht. (Abg. Scheibner: Wenn der Bericht veröffent­licht wird?!)

Die zusätzliche Überprüfung durch den Rechnungshof sehe ich daher als eine Chance. Sie ist keine zusätzliche Belastung und kann den Gemeinden und Bürgermeistern hel­fen, die Verwaltung kostengünstig und effizient zu gestalten. (Beifall bei der FPÖ.)

14.44


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Windholz. Eingestellte Redezeit: ebenfalls 3 Minuten. – Bitte.

 


14.44.44

Abgeordneter Ernest Windholz (BZÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Der heutige Beschluss soll in die Richtung gehen, 2 500 Gemeinden einer Über­prüfung durch den Rechnungshof zu unterwerfen. Darüber diskutiert wird schon lan­ge – wenn ich an Kollegen Gaßner erinnern darf, daran, dass dieser gesagt hat, er sei froh, dass dieses Thema, die Gemeinden gehören noch zusätzlich überprüft, jetzt end-


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lich weg ist, damit er es nicht immer hört; die Stellung der ÖVP hat immer wieder ge­zeigt, dass man sich Sorgen macht.

Ich darf einmal das Spannungsfeld insgesamt beleuchten; das Spannungsfeld zwi­schen jenen, die regieren und fragen: Wozu brauchen wir noch eine Prüfung, wir ma­chen doch alles so gut?! – damit ist jetzt schon ein bisserl das Thema gestreift: ja, wenn geprüft wird! – und der Opposition. Die Opposition behauptet in aller Regel das Gegenteil, nämlich dass es eben auch einen Mangel an Prüfungen gibt, und dann gibt es ein Prüfergebnis, mit dem man auch einen Beweis führen kann.

Ich darf jetzt in Richtung ÖVP Folgendes sagen: Wenn alles in Ordnung ist, dann kann das Prüfergebnis ja auch hergezeigt werden, um zu belegen, dass die Arbeit des jewei­ligen Bürgermeisters, des Gemeindevorstandes, der Gemeinderäte – diese sind ja dann auch mit Beschluss heranzuziehen – positiv sein kann!

Wenn immer wieder der Begriff Prüfung in den Vordergrund gestellt wird, möchte ich diesen eigentlich in den Hintergrund rücken. Das Wichtigste aus meiner Sicht ist die Beratung durch den Rechnungshof! Ich meine, der Rechnungshofpräsident, der Rech­nungshof mit seiner Arbeit insgesamt steht außerhalb jeder Kritik. (Abg. Großruck: Na, es gibt einen ...!) Ich habe noch keine einzige Ausschusssitzung erlebt, noch keinen einzigen Plenartag, an dem man auch nur den leisesten Vorwurf vorgebracht hätte. Ganz im Gegenteil: Die Kompetenz des Rechnungshofes wird immer wieder in höchs­tem Maße positiv erwähnt, was auch richtig ist.

Wohin sollen diese Prüfergebnisse führen? – Zu einer schlanken Verwaltung, zur Ver­meidung von unnotwendigen Ausgaben – man muss sich immer wieder vor Augen füh­ren, wie viele Menschen wirklich schon jeden Euro umdrehen müssen! –, denn wohin führt eine schlechte Verwaltung, wohin geht es, wenn zu viel ausgegeben wird? – In Richtung Erhöhung von Abgaben und Gebühren! Dann wandelt sich alles das um in eine Erhöhung beim Wassergeld, in eine Erhöhung bei den Kanalgebühren und so wei­ter. Das gilt es zu vermeiden! (Abg. Hornek: Das stimmt aber nicht!) – Da sagt man bei der ÖVP gerade, das stimme nicht. Na, da kann ich den Beweis führen. (Abg. Hornek: Das stimmt nicht! Wasser- und Kanalgebühren haben damit nichts zu tun!) – Na, selbstverständlich! Wenn das Geld knapp wird, dann wird man es sich woanders holen. Und Überschüsse können im Budget überall verwendet werden. Da gibt es zig nieder­österreichische Gemeinden unter ÖVP-Führung, die das so praktizieren. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Großruck: ... Gemeinden Steuerhoheit! – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hornek.)

Wir wollen, dass es eine zusätzliche Beratung gibt, die im Vordergrund steht, und eine sinnvolle Kontrolle. Ich meine, die nächsten Monate sollten dazu genützt werden, um das sicherzustellen, und ich hoffe, dass das auch alle so breit mittragen, wie sie es von diesem Rednerpult kundgetan haben.

Ich teile die Ansicht des Kollegen Gaßner: Auch ich bin froh, und es ist gut und recht, wenn es heute zu diesem Beschluss kommt. (Beifall beim BZÖ.)

14.48


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu diesem Punkt ist Herr Abgeordneter Faul zu Wort gemeldet. Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


14.48.27

Abgeordneter Christian Faul (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär – er ist jetzt leider nicht da! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon viel Gescheites zu diesem Thema gesagt worden. Ich denke, da muss man nicht weitermachen, aber man muss einmal Grundsätzliches hinterfragen, und das Grundsätzliche sollte eigent­lich alle Parteien angehen.


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Jeder nimmt das Wort „Verwaltungsreform“ in den Mund: Die Landeshauptleute reden davon, was man einsparen kann, der Bund, die Ministerien reden davon, aber letztlich (in Richtung Rechnungshofpräsident Dr. Moser, der auf der Galerie sitzt), Herr Rech­nungshofpräsident, haben Ihre Leute in einem Überblicksrahmen grundsätzlich festge­stellt, was man sich dabei ersparen kann.

Wenn wir nach der letzten Diskussion im Ausschuss jetzt Briefe von den Präsidenten und den Geschäftsführern der Landesrechnungshöfe bekommen, in denen diese uns mitteilen, dass diese Reform in Richtung einer Vereinheitlichung – wurscht, wie sie dann letztlich aussieht, aber nach einheitlichen Standards – nicht geht, weil – wörtlich übersetzt – die Bundesbeamten zu blöd sind, dass sie die Probleme der Gemeinden verstehen können, und nur ein Landesbediensteter dort vor Ort sein kann, weil nur er die Probleme kennt, dann fragt man sich ja wirklich: Was zum Teufel ist da los?

In anderen Bereichen ist das klar: In der Schule können wir sie durchziehen, im Spi­talswesen können wir sie durchziehen, in der Verwaltung können wir sie durchziehen – aber ohne unsere Landeshauptleute, weil ein Landeshauptmann immer dagegen ist: weil ihm die Lehrer wichtig sind, weil ihm der Prüfbericht des Landesrechnungshofes wichtig ist, weil er ja in Wirklichkeit dem Landesrechnungshof schon vorgibt, welches Ergebnis er hervorbringen soll, weil er gar nicht daran interessiert ist, dass bei dieser Prüfung etwas herauskommt!

Darin liegt das große Dilemma, das schon von vielen Bürgermeistern angesprochen wurde: Die Prüfung durch die Bezirkshauptmannschaft gehört längst weg! – Menschen, die in einer Kommunalpolitik mit den Leuten nichts zu tun haben, die sollen in der Kom­munalpolitik auch nicht tätig sein, denn sie entscheiden nur entsprechend ihrem per­sönlichen Können und wissen oft gar nicht, was sie dort entscheiden. Also, darüber müssen wir wirklich einmal nachdenken!

Wenn ich noch auf die Ausführungen des Kollegen Zanger eingehen darf: Es ist schon richtig, Kollege Zanger, was du sagst, nämlich dass Bürgermeister in Teilbereichen – man kann vieles suchen! – bei ihren Investitionen einfach überfordert sind. Es hilft auch nichts, wenn man hinterher dann noch gescheiter ist, als man vorher hätte sein müs­sen, in Wirklichkeit muss das gelten, was ein Vorredner von mir schon gesagt hat: Die Wirtschaftlichkeit eines Projekts muss gegeben sein, wurscht, wie groß, in welcher Di­mension es geplant ist, und da gehört einfach Beratung her, da gehören Leitlinien der Privatwirtschaft her, die die Bürgermeister auch einhalten.

Ich bin selbst einer, der in einer Gemeinde tätig war, und ich weiß, was es heißt, dass sich jeder Bürgermeister seinen persönlichen Wunsch erfüllen möchte. Nur: Manche Bürgermeister berechnen eben nicht die Folgekosten. In Wirklichkeit können sie aber auch nichts dafür, weil sich viele der Gemeindereferenten den Wünschen der Bürger­meister einfach nicht widersetzen können. Und so kommt es dazu – um nur ein Bei­spiel zu sagen –, dass fünf Randgemeinden, die in einer Entfernung von drei Kilome­tern rund um Weiz liegen, sieben Feuerwehren unterhalten, fünf Abfallwirtschaftsver­bände und -höfe unterhalten, sechs Kultursäle betreiben, nur weil man sich nicht eini­gen konnte. (Zwischenruf des Abg. Dr. Sonnberger.) – Ich glaube, da ist Regionext von Landeshauptmann Voves das richtige Konzept.

Kollege Zanger, ich sage dir noch etwas: Vier deiner Gemeinden – du hast vier – ma­chen je 15 Millionen Minus, das sind auch 60 Millionen. Diese muss dann Landes­hauptmann Voves bedecken. Nur, damit du das auch hörst! (Beifall bei der SPÖ.)

14.52

14.52.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist hiezu niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.


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Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 336 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (E. 45.)

14.52.455. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den Antrag 686/A der Abgeordneten Dr. Martin Bartenstein, Wolfgang Katzian, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ökostromgesetz geändert wird (272 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich als Erster Herr Abgeordneter Mag. Widmann. Eingestellte Redezeit: 6 Minuten. – Bitte.

 


14.53.18

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Durch das Ökostromgesetz sollte eigentlich den Anteil der erneuerbaren Energie in Österreich ausgebaut werden. Das passiert aber, wenn man die Erläuterungen zum Ökostromgesetz ernst nimmt, nicht. Ganz im Gegenteil: Die Quotenziele werden ver­fehlt, es erhöht den Strompreis – und darüber müssen wir diskutieren.

Es gibt ja bekannterweise den Ökostrombericht der E-Control, der einige Missstände aufgezeigt hat, insbesondere bei der Weiterverrechnung des Ökostroms an die Haus­halte. Der Sukkus ist der, dass in den letzten drei Jahren zwischen 50 und 80 Millio­nen € jährlich zu viel an die Haushalte und auch an die Unternehmer weiterverrechnet wurde. Und ich denke, solange man diesen Missstand nicht beseitigt hat, so lange kann man ernsthafterweise auch kein Ökostromgesetz beschließen, und zwar aus fol­gendem Grund – da zitiere ich eine Meldung, die erst vor wenigen Minuten über die APA gekommen ist –:

„Insbesondere muss per Gesetz ausgeschlossen werden, dass Stromversorger ihren Kunden pro Jahr um bis zu 77 Millionen Euro mehr Ökostromkosten verrechnen wer­den, als tatsächlich erforderlich sind, wie die Energieregulierungsbehörde E-Control im Juli bekanntgegeben hat.“ – Zitatende.

Das Zitat stammt von Wirtschaftskammerpräsident Leitl, meine sehr geehrten Damen und Herren, daher hoffe ich, dass Sie von der ÖVP diesen Tagesordnungspunkt von der Tagesordnung absetzen und ein wirklich gutes, ein vernünftiges Gesetz machen (Beifall beim BZÖ), weil es einfach unerträglich ist, dass man die Stromkonsumenten um zweistellige Millionenbeträge abzockt und damit letztlich die Stromkonzerne füttert.

Dafür stehen wir nicht zur Verfügung, weil die Ökostromkostenmehrverrechnung den Ökostrompreis um rund 14 Prozent erhöhen wird. Die Unternehmen kostet das im Schnitt 150 € mehr pro Jahr, die Haushalte kostet es im Schnitt 15 bis 20 € mehr pro Jahr. Das sind Dinge, die wir nicht wollen! Das ist im Prinzip eine versteckte Steuer­erhöhung, für die die ÖVP, die SPÖ und natürlich auch die FPÖ stehen, die ja im We­sentlichen beim Ökostromgesetz nichts herausverhandelt hat. (Ruf bei der FPÖ: ... das kann ich dir sagen!)

Ein weiterer wichtiger Punkt ist – auch das ist bei einer Strompreis-Enquete, die wir gestern gemeinsam mit Herrn Wirtschaftsminister Mitterlehner und dem Chef der E-Control, Boltz, im BZÖ-Klub durchgeführt haben, herausgekommen –, dass es keine


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verlässliche Messung gibt, wie viel Ökostrom die Haushalte tatsächlich beziehen. Das heißt, es beruht alles auf Schätzungen, und daher muss auch das vorab einmal recht­lich geregelt werden – das ist technisch machbar –, um hier eine faire Weiterverrech­nung sicherzustellen.

Auch der Anbieterwechsel ist zu beschleunigen. Hier gibt es erste richtige Ansätze im Wettbewerbsbeschleunigungsgesetz, das ja vorsieht, dass man maximal drei Wochen nach dem Anbieterwechsel auch den Strom von ihm beziehen kann. Das würde eine Ersparnis von 60 bis 100 € je Haushalt ergeben oder bei den KMUs eine solche von bis zu 250 € im Schnitt.

Eine weitere wichtige Maßnahme wird sein, dass man die Strompreissenkungen bei Großhandelspreisen auch tatsächlich weitergibt. Wenn man nur daran denkt, dass im Juli des Vorjahres der Großhandelspreis von 116 € je Megawattstunde in kurzer Zeit auf 68 € je Megawattstunde gesunken ist und die KMUs nichts davon gehabt haben, dann muss man sagen: Da müsste doch gerade von der Wirtschaftspartei ÖVP deswe­gen ein großer Aufschrei kommen, damit auch die Klein- und Mittelbetriebe ihren Nut­zen davon haben. (Abg. Dr. Bartenstein: Das hat aber nichts mit dem Ökostrom zu tun, Herr Kollege!)

Das Ökostromgesetz verfehlt also eindeutig seine Wirkung. Es bringt nicht mehr Öko­strom in Österreich. Ganz im Gegenteil: Die Klimaschutzziele und auch die Ökostrom­quotenziele werden verfehlt.

Daher müssen wir zunächst diese Einsparungen nutzen, um dadurch die Stromkun­den, die Endnutzer nicht zu belasten – das ist möglich, das habe ich soeben auch vor­gerechnet –, und dann muss man mehr Mittel für eine echte Ökostromoffensive in die Hand nehmen, um Österreich mittelfristig/langfristig energieautark zu machen. Es sollte auch eine Energieautarkie-Zielbestimmung in der Umwelt- und Energiepolitik Öster­reichs geben; am Beispiel Güssing haben wir gezeigt, dass das machbar ist.

Wir müssen auch verstärkt Zukunftstechnologien in diesen Bereichen fördern.

Es ist auch wichtig, dass wir in Zukunft generell als Ziel festlegen, dass die Weiterver­rechnung des Ökostroms gerecht und sachlich fundiert erfolgt. (Beifall beim BZÖ.)

Wir müssen die Großhandelspreise an die KMUs korrekt weitergeben, wir müssen den Anbieterwechsel beschleunigen, und wir müssen die Energieautarkie Österreichs durch eine echte Förderoffensive in den Bereichen Photovoltaik, Solarthermie, Wind­energie, Kleinwasserkraft und auch Biomasse vorantreiben. – Auch das ist notwendig.

Die Thermische Sanierung, die man massiv ausbauen müsste, sei hier gleichfalls er­wähnt.

Die Wertschöpfung bei Förderungen sollte generell beziehungsweise zu einem hohen Anteil im Inland bleiben – auch das sollte ein Kriterium für die Fördervergabe sein –, und wir müssen die Zersplitterung des Förderwesens zwischen Bund, Land und Ge­meinden evaluieren und auf neue Beine stellen.

Das heißt, zuerst müssen wir diese Hausaufgaben machen. Wir haben diese Hausauf­gaben in einen Entschließungsantrag einfließen lassen; dieser ist in schriftlicher Form verteilt worden und liegt vor, er steht zur Diskussion und Beschlussfassung. Sinnvollerweise können wir erst dann, wenn diese Hausaufgaben gemacht sind, auch darüber reden, ob wir ein Ökostromgesetz, das diese Ziele erfüllt, beschließen. – Dan­ke schön. (Beifall beim BZÖ.)

14.58


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag wur­de ob seines Umfanges gemäß § 53 Abs. 4 Geschäftsordnungsgesetz an die Abgeord­neten verteilt; er wurde in seinen wesentlichen Kernpunkten erläutert und steht mit in Verhandlung.


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Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Widmann, Ing. Lugar, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Strompreise senken – Umwelttechnologie und erneuerbare Energien fördern

eingebracht in der Sitzung des Nationalrates am 23.09.2009 im Zuge der Debatte zum Tagesordnungspunkt 5: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den Antrag 686/A der Abgeordneten Dr. Martin Bartenstein, Wolfgang Katzian, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ökostromgesetz geändert wird (272 d.B.)

Ökostrom-Körberlgeld für Energieversorger

Das derzeitige System der Finanzierung des Ökostroms basiert zum einen auf einer di­rekt beim Konsumenten eingehobenen Zählpunktpauschale und zum anderen auf Ver­rechnungspreisen, die zunächst von den Stromlieferanten bezahlt und dann aber den Stromkonsumenten weiterverrechnet werden.

Die Art der Weiterverrechnung der Aufwendungen für die Verrechnungspreise ist je­doch gesetzlich nicht im Detail geregelt.

Die Weiterverrechnung der Mehraufwendungen führte in den vergangenen Jahren da­zu, dass die Stromlieferanten – insbesondere die Landesenergieversorgungsunterneh­men aber auch andere – aus diesem Titel Mehreinnahmen zulasten der Stromkonsu­menten lukrierten.

Nach Berechnungen der e-control erfolgt eine durchschnittlich um etwa 0,14 Cent/kWh überhöhte Weiterverrechnung der Ökostrom-Verrechnungspreiskosten, was in Zahlen ausgedrückt bedeutet, dass die Stromlieferanten um nicht weniger als 77 Mio Euro pro Jahr mehr bei den Endkunden in Rechnung stellen als es entsprechend den tatsächli­chen Aufwendungen gerechtfertigt wäre.

Dies bedeutet, dass allein jeder Privathaushalt mit einem Durchschnittsverbrauch von 3.500 kWh pro Jahr die Energieversorger mit sechs bis zu acht Euro jährlich „subven­tioniert“. Somit liefert der Stromkonsument – ohne sein Wissen – bis zu 24 % seines für Ökostrom zu leistenden Gesamtaufwandes in der Höhe von rund 34 Euro jährlich an die Energieversorger ab, ohne dafür eine Gegenleistung zu erhalten.

Gewerbetriebe werden sogar mit rund 150 Euro jährlich ungerechtfertigt unter dem Deckmäntelchen „Ökostrom“ belastet.

Das Abstellen dieser Vorgangsweise ist daher ein Gebot der Stunde und sollte man sich für den Fall einer weiteren ungerechtfertigten Verrechnung von nicht tatsächlich entstandenem Aufwand auch entsprechende Sanktionsmechanismen überlegen. Eine mögliche Maßnahme in diesem Zusammenhang wäre die Schaffung einer sogenann­ten „Robin-hood Steuer“, wie sie in einigen Ländern bereits eingeführt wurde, um unge­rechtfertigte Gewinne abzuschöpfen.

Aus Sicht der unterfertigten Abgeordneten ist es daher im Sinne einer transparenten und den tatsächlichen Kosten entsprechenden Verrechnung der vom Stromverbrau­cher zu tragenden Ökostromaufwendungen dringend erforderlich, diesen Missstand durch entsprechende legistische Maßnahmen umgehend abzustellen.

Keine Weitergabe von Strompreissenkungen an die Verbraucher

Ein weiteres Problem, unter dem die Stromkonsumenten zu leiden haben, liegt in der Tatsache der Nichtweitergabe von Strompreissenkungen durch die Energieversorger.


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„Die Strompreise für KMU sollten deutlich niedriger sein als das, was wir derzeit ha­ben,“ waren die klaren und unmissverständlichen Worte des Chefs der e-controll GmbH Walter Boltz in einer entsprechenden Stellungnahme vom 15. Juni 2009 (OTS191/15.06.2009) und er führt weiter aus, dass es vor allem bei kleinen und mittleren Unternehmen mas­sive Benachteiligungen gebe. Das betrifft insbesondere die mangelnde Transparenz der Tarife ebenso wie die derzeitige asymmetrische Gestaltung der Preisgleitklauseln.

In dieselbe Kerbe schlägt der Präsident der Wirtschaftskammer Österreichs, wenn er in diesem Zusammenhang feststellt, dass zwar die Großhandelspreise massiv gesunken sind – und zwar von 116 Euro/MWh im Juli des Vorjahres auf 68 Euro/MWh im Juli 2009 – jedoch die KMU davon kaum etwas spüren.

Im Gegenteil. Die Arbeiterkammer kritisiert in einer Aussendung die unerfreuliche Tat­sache, dass die Strompreise nicht nur nicht gesunken sondern im vergangenen Jahr sogar um fünf Prozent gestiegen sind und fordert daher die Energieversorger auf, die sinkenden Preise auch an die Konsumenten weiterzugeben.

Auch hier sind staatliche Maßnahmen erforderlich, um – notfalls durch eine Robin Hoodsondersteuer – marktkonforme Preise zu erreichen.

Anbieterwechsel dauert zu lange

Die Bundesregierung hat seit Monaten einen Gesetzesentwurf betreffend ein „Wettbe­werbsbeschleunigungsgesetz“ in der Schublade, in dem den EVUs eine Frist von max. drei Wochen zur Abwicklung eines Anbieterwechsels gesetzt würde. Obwohl ein Anbie­terwechsel den Stromkunden Einsparungen ermöglichen würde, wagt es die Bundesre­gierung bis dato nicht, dieses Gesetz auch zu beschließen.

Trotz der bestehenden Einsparungspotentiale und Ungereimtheiten im Zusammenhang mit der Ökostromfinanzierung im Bereich der Strompreise beschließen SPÖ, ÖVP und FPÖ nun eine Ökostromnovelle, die einerseits beim Konsumenten Mehrkosten verur­sacht und andererseits aber nicht die zu erwartende Wirkung erzielt.

Ökostromgesetz verfehlt Wirkung!

So ist den Erläuterungen zur Ökostromgesetzesnovelle 2008, die nunmehr „wieder be­schlossen“ werden soll, folgendes wörtlich zu entnehmen.

„Die Förderung von Ökostrom reicht - unabhängig von den dafür aufgewendeten För­dermitteln - zur Erreichung von Klimaschutz- und Ökostrom-Quotenzielen nicht aus.“

Daher sind zunächst die dargelegten Einsparungspotentiale umgehend zu realisieren, womit ohne zusätzliche Belastungen für die Stromkunden mehr Mittel für Investitionen im Bereich alternative Energieträger zur Verfügung stünden und nachstehende Forde­rungen umgesetzt werden könnten:

Energieautarkie als Zielbestimmung

Im Vordergrund einer zukunftsorientierten, nachhaltigen Energie- und Umweltpolitik muss die Zielsetzung der Erreichung von Energieautarkie auf allen Ebenen stehen. Es ist daher ein Gebot der Stunde, dass die Bundesregierung Energieautarkie als grund­legende Zielbestimmung in der österreichischen Energiepolitik verankert. Ziel muss es letztlich sein, völlige Energieunabhängigkeit für jede Gemeinde und damit alle privaten Haushalte, Gewerbebetriebe etc. zu erreichen. Als weit über die Landesgrenzen hinaus bekanntes Vorzeigeprojekt ist in diesem Zusammenhang die burgenländische Stadtgemeinde Güssing zu erwähnen, der es gelungen ist, in nur zehn Jahren die völli­ge energetische Unabhängigkeit bei Strom, Wärme und Kraftstoffen von allen Energie­versorgern sicherzustellen. Das energieautarke Güssing konnte damit neben der Schaffung von hunderten zusätzlichen Arbeitsplätzen die gesamte Wertschöpfung in der Region halten. Darüber hinaus gelang Güssing nicht nur die 100 %ige Energiever-


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sorgung ihrer Einwohner durch Biomasse, Biodiesel und Solarenergie, sondern es wur­de mittlerweile sogar zum Energieexporteur.

Förderung von Zukunftstechnologien

Die Förderung neuer Technologien, wie beispielsweise Photovoltaik, ist trotz derzeit noch hoher dafür erforderlicher Mittel zu forcieren. Dabei ist insbesondere ein Augen­merk auf die Forschung und Entwicklung zu legen, um so ein Heranführen dieser Ener­gie an die Marktreife zu begünstigen.

Inlandswertschöpfung als Voraussetzung für Förderungen

Ein maßgebliches bzw. mitentscheidendes Kriterium für die Zuerkennung von Förder­mitteln muss der Nachweis sein, dass vom jeweiligen Projekt ein bestimmtes Maß an inländischer Wertschöpfung ausgeht.

Evaluierung des Förderwesens im Bereich der Energie- und Umweltförderung

Das Förderwesen im Bereich der erneuerbaren Energie ist in vielen Bereichen geprägt durch eine Zersplitterung auf alle Ebenen der Gebietskörperschaften, und es werden bei der Festlegung der Förderkriterien bzw. der Zuerkennung von Fördermitteln immer wieder Einzelinteressen von Gebietskörperschaften über die tatsächlichen von einem Projekt ausgehenden positiven ökologischen und ökonomischen Effekte gestellt. So kann und darf es nicht sein, dass beispielsweise die Förderwürdigkeit eines Projektes vom Hauptwohnsitz des Förderwerbers abhängt.

Aus den genannten Gründen und nicht zuletzt im Interesse der Entlastung der Strom­konsumenten aber auch im Sinne der Sicherstellung von Transparenz und Kosten­wahrheit im Bereich der Ökostromfinanzierung stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend wird aufgefordert, umgehend, längstens jedoch bis 1. November 2009, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf vor­zulegen, der geeignet ist, künftig eine überhöhte und nicht den tatsächlichen Aufwen­dungen entsprechende Weiterverrechnung der Ökostrom-Verrechnungspreiskosten durch die Stromlieferanten zu verhindern.

Darüber hinaus wird der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend ersucht, im Rahmen seiner Möglichkeiten entsprechende Maßnahmen zu setzen bzw. auf die hei­mischen Energieversorgungsunternehmen entsprechend einzuwirken, dass gesunkene Großhandelspreise im Sinne einer Entlastung der Konsumentinnen und Konsumenten und insbesondere der kleinen und mittleren Unternehmen auch umgehend an die End­verbraucher weitergegeben werden.

Des Weiteren wird der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend aufgefordert, dem Nationalrat umgehend einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der eine Beschleuni­gung des Anbieterwechsels gewährleistet.

In weiterer Folge wird die Bundesregierung ersucht, im Sinne der Erreichung vollstän­diger Energieautarkie in Österreich durch die Förderung von Investitionen im Bereich der Umwelttechnologie und die Forcierung erneuerbarer Energieträger nachstehende Maßnahmen umzusetzen:

Das Prinzip der vollständigen Energieautarkie ist als grundlegende Zielbestimmung in der österreichischen Energie- und Umweltpolitik zu verankern.


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Für Zukunftstechnologien im Bereich der erneuerbaren Energieträger, wie Solarther­mie, Windenergie, Photovoltaik aber auch Kleinwasserkraft sind zusätzliche Mittel zur Verfügung zu stellen.

Ein Schwerpunkt bei der Förderung der Photovoltaik ist auf den Bereich der Forschung und Entwicklung zu legen, um so auch im Interesse der Entlastung der Stromkonsu­menten ein rascheres Heranführen dieser Energie an die Marktreife zu begünstigen.

Für den Bereich der thermischen Sanierung ist eine staatliche Förderung über zinsfreie Kreditmodelle zu schaffen, womit gerade im Bereich der Sanierung von Einfamilien­häusern nach der durchgeführten Sanierungsmaßnahme die anfallenden Energiekos­ten erheblich sinken würden.

Ein maßgebliches bzw. mit entscheidendes Kriterium für die Zuerkennung von Förder­mitteln muss der Nachweis sein, dass vom jeweiligen Projekt ein bestimmtes Maß an inländischer Wertschöpfung ausgeht.

Das derzeit in vielen Bereichen der Energie- und Umweltförderung auf alle Ebenen der Gebietskörperschaften zersplitterte Förderwesen ist umgehend hinsichtlich allfälliger Doppelgleisigkeiten, Effizienz, Treffsicherheit und hinsichtlich der jeweils zugrunde lie­genden Förderkriterien nach deren Sinnhaftigkeit und Zweckmäßigkeit zu evaluieren und dem Nationalrat bis längstens 1. Jänner 2010 ein entsprechender Ergebnisbericht vorzulegen.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen über Punkt 5 der Tagesordnung, damit die verlangte Behandlung einer Dringlichen Anfrage gemäß der Geschäftsordnung um 15 Uhr stattfinden kann.

14.59.41Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen an den Bundesminis­ter für Gesundheit betreffend „Steuererhöhungen statt zukunftsweisender Ge­sundheitsreform“ (3072/J)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung der schrift­lichen Anfrage 3072/J.

Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich deren Verle­sung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Im Regierungsprogramm der SPÖVP Retrokoalition findet sich zum Thema einer „zu­kunftsweisenden Gesundheitsreform“ – angesichts der bereits zum Abschluss der Re­gierungsverhandlungen im Herbst 2008 dramatischen Lage der Krankenkassen mit einer Finanzierungslücke in Höhe von 500 Millionen Euro – lediglich folgende (milde) Vorgabe:

„Die Bundesregierung bekennt sich zum schrittweisen Abbau des negativen Reinver­mögens der Krankenversicherungsträger und knüpft diese an eine erbrachte oder fix vereinbarte, nachvollziehbare Dämpfung der Ausgabendynamik und neue Verteilungs­modelle unter stärkerer Berücksichtigung von Strukturfragen.“

Des weiteren wird eine einnahmenorientierte Ausgabenpolitik und das Heben aller Effi­zienzpotentiale im Gesundheitswesen angestrebt. Diese werden vom Rechnungshof mit immerhin 3 Milliarden Euro beziffert.


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Dem Bundesminister für Gesundheit, SPÖ-Minister Alois Stöger diplomé – nunmehr fast ein Jahr im Amt – gelingt es dennoch, sogar die Minimalerfordernisse dieses ohne­hin nicht sehr ambitionierten Programms durch politisches Unvermögen und Versagen zu unterlaufen:

Nach monatelangem, ergebnisarmen Ringen um Vorschläge für eine umfassende Kas­senreform bzw. Reform des nicht mehr finanzierbaren österreichischen Gesundheits­systems kam sein Vorschlag „sämtliche Kapitalerträge künftig gleich hoch wie Arbeits­einkommen zu besteuern“. In einem „Standard“-Interview vom 16. September 2009 meinte der Minister, „dass er sich eine Verdoppelung des derzeitigen 25%-igen Steuer­satzes auf Kapitalerträge auf 50% vorstellen könne“. Dies interpretiert man sogar im koalitionär ÖVP-geführten Finanzministerium als Verdoppelung der Kapitalertrags­steuer (die bekanntlich auch auf Sparbuchzinsen eingehoben wird) von 25 auf 50 Pro­zent. Bundeskanzler Faymann scheint ob des „wahnwitzigen Vorschlages“ vom Ge­sundheitsminister aus Oberösterreich das Lachen eingefroren zu sein. Auch das (ehe­malige) SPÖ-Leibblatt „Kronenzeitung“ will mittlerweile Stögers Ablöse.

Die von Bundesminister Stöger offen gelebte Überzeugung, dass das Gesundheitssys­tem weiterhin mit massiven Steuergeldern zusätzlich finanziert werden muss, schlägt sich schon darin nieder, dass er die Ausschüttung von 600 bis 900 Millionen Euro an Zuschüssen für die maroden Krankenkassen gegenüber den österreichischen Steuer­zahlern und Steuerzahlerinnen als Verhandlungserfolg darstellt. Die vom Finanzminis­ter zu Recht zumindest in Ansätzen eingemahnten Einsparungsziele werden aber of­fenkundig bestenfalls halbherzig verfolgt.

Die Politik von Bundesminister Stöger ist bis dato lediglich geprägt durch:

seine Wünsche nach finanziellen Belastungen der Steuerzahler,

die mangelnde Fähigkeit zu erkennen, welche Auswirkungen sein Untätigsein in Re­formfragen auf die Gesundheit der heute jungen Österreicherinnen und Österreicher hat,

die seltsam einseitige Taktik, mit lediglich zwei Stakeholdern der Gesundheitspolitik – dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger und der Ärztekammer – über Ein­sparungen zu „verhandeln“ sowie

das Unvermögen, die Sozialpartner zu nachhaltigen Reformschritten in die Pflicht zu nehmen.

Fast ein Jahr nach seinem Amtsantritt als Bundesminister für Gesundheit hat Alois Stö­ger diplomé somit eindeutig unter Beweis gestellt, dass er den ihm gestellten Aufga­ben – der Führung des Gesundheitsressorts und der Umsetzung von nachhaltigen Strukturreformen im Österreichischen Gesundheitssystem – nicht gewachsen ist und deshalb als Bundesminister versagt hat. Aufgrund seiner Inkompetenz hat sich Bun­desminister Stöger endgültig verzichtbar gemacht, weshalb ihm auch vom Nationalrat das Vertrauen entzogen werden sollte.

Die Amtszeit von Bundesminister Stöger war bisher von folgenden Fehlleistungen ge­kennzeichnet:

1. Unvermögen zur Reorganisation und zur nachhaltigen Sicherung des österreichi­schen Gesundheitssystems

2. Vorschlag, sämtliche Kapitalerträge künftig gleich hoch wie Arbeitseinkommen zu besteuern

3. Versagen in der Organisation der angekündigten Schweinegrippe-Informationskam­pagne und mangelnde Transparenz


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4. Übergebührliche Erhöhung der Medikamentenpreise zu Lasten der Sozialversicher­ten im direkten Aufsichtsbereich

5. Nichtumsetzbarkeit der e-Medikation mit 1. Jänner 2010

6. Fehlende Lösungskompetenz bei der Strukturreform der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES)

7. Durchsichtiges Manöver einer mehrdeutigen Ministeriums-Kampagne vor den Wahlen

1. Unvermögen zur Reorganisation und zur nachhaltigen Sicherung des österreichi­schen Gesundheitssystems

Die Zahlen der Statistik Austria zeigen es deutlich: Das österreichische Gesundheits­system ist in seiner derzeitigen Form nicht mehr finanzierbar. Im Zeitraum von 1997 bis 2007 sind die Gesundheitsausgaben in Österreich um 52,4% gestiegen. Die finanzielle Lage der 19 Krankenversicherungen ist entsprechend desaströs. Die neun Gebiets­krankenkassen sind mit wenigen Ausnahmen hoch verschuldet und haben zusätzlich auch noch verpflichtende Rücklagen in Höhe von insgesamt 1,1 Milliarden Euro ausge­räumt. Dazu kommen die noch nicht mit offiziellen Zahlen belegten verminderten Bei­tragszahlungen des Jahres 2009 und der Folgejahre aufgrund der aktuellen Wirt­schaftskrise. Eines ist jedoch sicher:

Die gesamte Finanzierungslast dieses, durch Beitragszahlungen finanzierten Systems liegt auf den Schultern der arbeitenden Bevölkerung. Die heute junge Generation muss aber bereits jetzt zu Recht befürchten, in ein paar Jahren selbst nicht mehr in den Ge­nuss von heute noch selbstverständlichen Sozialleistungen zu kommen. Die Prognose des Rechnungshofes 2009 in Alpbach machte es deutlich: Bei unveränderter Weiter­führung des derzeitigen Systems ist mit einer Kostensteigerung von zusätzlichen 29% bis zum Jahr 2013 zu rechnen.

Im Regierungsübereinkommen der SPÖVP ist die Aufgabe der Kassensanierung fest­geschrieben und diese fällt eindeutig in den Arbeitsbereich des Gesundheitsministers Stöger. Die in Österreich erforderlichen und vom Rechnungshof in Alpbach klar formu­lierten massiven Strukturänderungen des gesamten Sozialversicherungs- und Gesund­heitsbereiches würden die maximale Lösungskompetenz aller am Sozialversicherungs­system beteiligten Partner erfordern, wobei der Staat hier „optimale und nachhaltig wir­kende Rahmenbedingungen zu schaffen habe“. Das wurde von der Regierung bislang eindeutig verabsäumt.

Anstatt die zur Umsetzung des Regierungsübereinkommens erforderlichen Verhand­lungen zur Chefsache zu erklären und selbst ernsthaft in Angriff zu nehmen, hat Alois Stöger diplomé diese gleich zu Beginn seiner Ministerschaft zur großen Irritation der sonstigen Beteiligten (Apothekerkammer, Länder und Pharmaindustrie) an den Haupt­verband der Sozialversicherungsträger und die Ärztekammer delegiert.

Bereits zu Beginn der Verhandlungen, im Jänner 2009, kündigte der Vorstandsvorsitzen­de im Hauptverband der Sozialversicherungsträger, Hans Jörg Schelling, an, 2009 ein „Re­formpapier“ vorzulegen, damit entsprechend dem Regierungsprogramm im Jahr 2010 auch weiterhin kräftig Steuermittel zur Sanierung der Krankenkassen fließen können. Allein mit dieser Aussage zu Beginn der Verhandlungen ist das ernsthafte Bemühen al­ler daran Beteiligten, tatsächlich Reformerfolge zur Entlastung der österreichischen Steuerzahler erzielen zu wollen, in Frage gestellt. Es wäre Aufgabe von Bundesminis­ter Stöger gewesen hier energisch einzuschreiten und klarzustellen, dass ernsthafte Sparmaßnahmen unumgänglich sind.

Dennoch einigten sich SPÖ und ÖVP bereits bei der Regierungsklausur in Sillian am 10. Februar 2009 darauf, in den nächsten Jahren, ohne radikale Reformvorschläge ein­zufordern,


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die illiquiden Krankenkassen mit drei mal 150 Millionen Euro (sohin insgesamt 450 Mil­lionen Euro) aus Steuergeldern finanziell zu stützen,

ihnen weiters eine jährliche dauerhafte Überbrückungshilfe in Höhe von 30 bis 50 Mi­llionen Euro zur Verfügung zu stellen sowie

einen mit jährlich 100 Millionen Euro aus Steuergeldern ausgestatteten „Kassenstruk­turfonds“, einzurichten.

Zusätzlich konnte sich Gesundheitsminister Stöger bereits zu diesem Zeitpunkt vorstel­len, diesen "Kassenstrukturfonds" später auch noch mit mehr Geld als den für 2010 vereinbarten 100 Millionen Euro auszustatten. Damit nahm Bundesminister Stöger zu Lasten der Steuerpflichtigen offiziell in Kauf, ab 2010 mit Zuschüssen aus Steuermit­teln "die halbe Entschuldung" der Kassen zu schaffen, noch bevor die Verhandlungs­partner ihre Reformverhandlungen überhaupt aufgenommen hatten.

Die damals widerspruchslose Billigung dieser Vorgangsweise stellt aber auch eindeutig die Lösungskompetenz des zuständigen Finanzministers, Vizekanzlers und ÖVP-Par­teiobmannes DI Josef Pröll in Frage, der dieser unzureichenden Verhandlungsrichtung damit von Beginn an seine Zustimmung erteilt hat.

Offenbar unsicher in seinen eigenen Entscheidungen, lässt Vizekanzler Pröll ab die­sem Zeitpunkt aber immer wiederkehrend, durch ÖVP und ÖVP-nahe Einrichtungen diese, nur noch als „Alibi-Verhandlungen ohne tatsächlichen Reformwillen“ zu bezeich­nenden Verhandlungen zwischen dem Hauptverband und der Ärztekammer medial tor­pedieren.

Die „Verhandlungen“ selbst waren von den Verfassungsklagen zweier Bundesländer wegen der mit dem Budget für 2009 und 2010 beschlossenen Verwendung des Katas­trophenfonds (!) zum Befüllen der Finanzlücken der besonders stark verschuldeten Wiener Gebietskrankenkasse überschattet. Die Proteste der Bundesländer, wie auch der Apothekerkammer, des Verbands der Pharmazeutischen Industrie sowie sonstiger Stakeholder der Gesundheitsprävention, die allesamt von den Verhandlungen ausge­schlossen waren, verhallten wirkungslos.

Bereits am 16. Juni 2009 war laut „Presse“ das Thema Gesundheit innerhalb der rot-schwarzen Koalition ein offener Konfliktherd; mit gezielter ÖVP-Taktik übte VP-Wirt­schaftsminister Reinhold Mitterlehner noch vor der Präsentation des Verhandlungser­gebnisses offen Kritik am Koalitionspartner.

Die Präsentation des „Reformpapiers“ am 26. Juni 2009, welche Bundesminister Stö­ger gemeinsam mit dem Hauptverbandschef Hans Jörg Schelling und Ärztekammer-Vi­zechef Günther Wawrovsky vornahm, geriet so zum Desaster. Die Kritiken an dem vor­gelegten Papier, das lediglich eine Aneinanderreihung von Absichtserklärungen (ohne konkrete gesetzliche Vorschläge), Zeitplänen, Finanzierungshintergründen und einer Darstellung der langfristigen Finanzierung des österreichischen Gesundheitssystems war, brachte der langjährige Verhandlungspartner und Kenner des Hauptverbandes „Pharmig“ auf folgenden Punkt: „Die Vorschläge zeugen von Verantwortungslosigkeit.“

Auch die durchsichtige Verteidigung von Hauptverbandschef Schelling als auch von Ärztekammer-Vizechef Wawrowsky „dass es sich ohnehin um kein Sparpaket handle, vielmehr gehe es nur darum, den Anstieg der Kosten zu bremsen“, lässt den Gesund­heitsminister ungerührt.

Bundeskanzler Faymann persönlich verhinderte am 1. Juli 2009 den Untergang seines SPÖ-Bundesminister Stöger durch Ziehen der medialen Notbremse und Vertagung der Klärung des Problems auf Herbst 2009. Stöger selbst war nämlich mittels OTS-Aus­sendung aus dem Finanzministerium ausgerichtet worden, dass seine Reform „nicht


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ausreichend“ sei. Letztendlich wurde der von Stöger als „Erfolg“ dargestellte Reform­vorschlag durch VP-Finanzminister Pröll mit der Forderung nach „Nachbesserungen“ klar abgelehnt. Ein Kommentator der neuen „Kärntner Tageszeitung“ schrieb dazu: „Niemand beherrscht das Sich-selbst-in-Szene-Setzen derart perfide wie ein Josef Pröll“ sowie „und dabei hätte es ein schlichtes Nein im ersten Akt auch getan“.

Von dieser letzten SPÖVP-Posse vor den Sommermonaten bleibt zu Lasten der öster­reichischen Steuerzahler das unbefriedigende Ergebnis, dass nach monatelangen Ver­handlungen weder ein für die Zukunft Österreichs tragbarer Verhandlungserfolg mit einem Strukturwandel zur langfristigen Absicherung des Gesundheitssystems erzielt wurde noch Einsparungen geplant sind, die sich dem Entlastungsziel von drei Milliar­den Euro auch nur angenähert hätten.

In den Sommermonaten wurde dieses „Kassenpaket“ sogar von der Tagesordnung des Sommer-Ministerrats entfernt; dafür gab es erneuten medialen Zuruf (diesmal von der jungen ÖVP) nach „mehr Mut zur Strukturänderung“ an den mit der Situation offen­sichtlich heillos überforderten Gesundheitsminister. Zur Wirtschaftskompetenz des Hauptverbands wie auch der Krankenkassen gab es seitens der „Pharmig“ in einer Pressekonferenz am 27. August 2009 ein vernichtendes Urteil (näher dazu später), welches jedenfalls eines aufzeigt: Bundesminister Stöger ließ auch diese zweite Chan­ce, mit entsprechenden Argumenten im Rücken die Neuorganisation des österreichi­schen Gesundheitssystems einerseits wie auch die Kassenreform andererseits zur Chefsache zu erklären und die von beiden Sozialpartnern in den Hauptverband ent­sandten Vertreter in die Pflicht zu nehmen, ungenutzt verstreichen.

Am 15. September 2009 wurde schließlich genau das vom Hauptverband am 26. Ju­ni 2009 vorgelegte Papier zur Finanzkonsolidierung der Krankenkassen mit den im Budgetbegleitgesetz bereits beschlossenen Mitteln als Einigung des Regierungsgipfels präsentiert: 450 Millionen Euro, welche in drei Tranchen zur Schuldentilgung über­wiesen werden sollen, 50 Millionen Euro als Soforthilfe sowie zusätzlich 100 Millio­nen Euro jährlich für einen Kassenstrukturfonds. Die Kassen müssen lediglich bei der Auszahlung nachweisen, dass sie ihr Einsparungsziel auch tatsächlich erfüllen.

Und genau über diesen Punkt tobte hinter den Kulissen bereits der nächste Kampf:

Die Einigung hielt, wie die „Kronen Zeitung“ vom 16. September genüsslich berichtet, genau zwei Stunden, da – so die Aussagen aus dem Büro von Finanzminister Pröll – bereits im kommenden Jahr zusätzlich 197 Millionen Euro gespart werden müssen, wovon Bundesminister Stöger aber angeblich nichts wusste. Finanzminister Pröll rühm­te sich aber, 900 Millionen Euro an Rückvergütungsforderungen von Hauptverband und Ärztekammer an das Finanzministerium verhindert zu haben – interessanterweise gab es laut Gesundheitsminister Stöger jedoch nie eine derartige Forderung.

Die Ergebnisse dieses prolongierten Chaos sind für die Österreicherinnen und Öster­reicher aber von weit reichender und schmerzlicher Bedeutung:

Das von Bundesminister Stöger mit der Duldung aller anderen Regierungsmitglieder vorgelegte „Sanierungskonzept für das österreichische Gesundheitssystem“ wider­spricht jeglichem wirtschaftlichen Reformgedanken.

Erzielbare Reformpotentiale, wie eine Zusammenlegung aller Sozialversicherungsträ­ger oder deren Finanzierung aus einer Hand, werden nicht genutzt. Dazu gehören wei­ters auch die österreichweit vergleichbare Finanzierung und Bezahlung von Gesund­heitsleistungen, die Realisierung bundesweit einheitlicher Abrechnungsmodalitäten im Rahmen des bereits bestehenden Krankenanstaltenfinanzierungssystems, die Lösung der Schnittstellenproblematiken zwischen intra- und extramuralem Bereich sowie bun­desweit einheitliche Standards in der Leistungserbringung.


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Durch Nutzung dieser Einsparungspotentiale könnten auch Maßnahmen im eigenen Bereich des Gesundheitsministeriums, wie Senkung der Personal-, Infrastruktur-, EDV- und Verwaltungskosten ermöglicht werden.

Die von Bundesminister Stöger als reines „Kostensenkungspaket“ vorgelegten Maß­nahmen sind aber völlig ungeeignet um das derzeitige Leistungsangebot und die zu er­wartenden Ausgabensteigerungen im Gesundheitssystem abzusichern, weil es im Ver­hältnis zur Gesamtbevölkerung viel zu wenig berufstätige Vollzahler gibt. Somit ist eine langfristige Absicherung unseres Gesundheitssystems überhaupt nicht in Sicht. Im Ge­genteil: Die Forderung nach einer höheren Besteuerung von Vermögen gleich einen Tag nach Bekanntgabe seiner „Reform“ entlarvt die wahren Finanzierungsabsichten von Bundesminister Stöger.

Selbst externe Fachleute richten dem Gesundheitsminister mittlerweile schon öffentlich aus, dass schon allein die reine Sicherung der Finanzierbarkeit (ganz abgesehen von einer echten Gesundheitsreform mit Mehrwert für die Bevölkerung) beherztere Reform­schritte verlangt:

Der langjährige Verhandlungspartner und Kenner des Hauptverbandes „Pharmig“ schlägt Bundesminister Stöger in seiner Presseunterlage vom 27. August 2009 eine Reduktion von 19 auf fünf Krankenversicherungsträgern mit vier österreichweiten Standorten sowie massive interne Reformen vor.

Der Rechnungshof zeigte in einer Prognose in Alpbach am 3. September 2009 folgen­de konkretee Zukunftsszenarien auf: Bei Beibehaltung der derzeitigen „Reform“ werden

der Anteil der Gesundheitsausgaben am BIP weiter ansteigen,

die Krankenkassen auf eine weitere Verschuldung zusteuern,

die Potentiale der präventiven Gesundheitsförderung nicht genützt werden,

das österreichische Gesundheitssystem bezüglich seiner Kompetenzlage, Organisa­tionsstruktur und Finanzierungsinstrumente zersplittert bleibt und

die Leistungserbringung zwischen den Akteuren weiterhin nicht abgestimmt wird.

Bundesminister Stöger lässt aber weiterhin ungerührt alle Fähigkeiten zur Durchfüh­rung dieser unbedingt notwendigen Reformen vermissen: klarer politischer Wille zu einer echten Reform, außer Streit stellen fundierter Entscheidungsgrundlagen, Einbe­ziehung und In-die-Pflicht-Nehmen aller staatlichen Ebenen in gesamthafter Sicht und zielstrebiges Verhandeln mit dem Ziel einer nachhaltigen Sanierung des österreichi­schen Gesundheitssystems ohne finanzielle Mehrbelastung der Versicherten.

2. Sämtliche Kapitalerträge künftig gleich hoch wie Arbeitseinkommen zu besteuern

Der kontraproduktive Vorschlag von Bundesminister Stöger, die Österreicherinnen und Österreicher in Zeiten einer internationalen Wirtschaftskrise mit einer bis zu 50-prozen­tigen Steuer auf Kapitalerträge noch mehr zu belasten, ist aus Sicht des BZÖ vollkom­men inakzeptabel.

Dieser Vorschlag zeigt nur die wahre Gesinnung dieses rein parteipolitisch motivierten SPÖ-Ministers, der offensichtlich davon ausgeht, dass es im Zweifelsfall zur Lösung der Probleme im Gesundheitswesen reicht, den Sparstrumpf des immer kleiner wer­denden Mittelstandes der österreichischen Steuerzahlers heranzuziehen.

Diesem Wunschdenken Stögers kann im Interesse der Betroffenen aber nur eine klare Absage erteilt werden, zumal es sich bei den veranlagten Geldern um bereits versteu­ertes Geld handelt.

3. Versagen in der Organisation der angekündigten Schweinegrippe-Informationskam­pagne und mangelnde Transparenz


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Die Österreicherinnen und Österreicher wurden in allen Belangen rund um die Schwei­negrippe buchstäblich „im Regen stehen gelassen“. Die von Bundesminister Stöger groß angekündigte „Informationskampagne“ zu Schulbeginn beschränkte sich bislang lediglich auf ein paar teure Plakate in Schulen. Weder Eltern schulpflichtiger Kinder noch sonstige Steuerzahlerinnen und Steuerzahler haben bis dato irgendeine fundierte Information seitens des Gesundheitsministers erhalten.

Eine sinnvolle Aufklärung ist bis heute definitiv unterblieben. Nach wie vor können die zur Verteilung in Form einer „Hygienekampagne“ des Gesundheitsministeriums vorge­sehenen Informationen die wichtigste Frage, die sich derzeit alle Österreicherinnen und Österreicher aus gegebenem Anlass stellen: „Soll ich mich impfen lassen oder nicht?“ nicht beantworten.

Nun sollen immerhin die weiland von Bundesministerin Rauch-Kallat angeschafften Gesichtsschutzmasken an die österreichische Bevölkerung verteilt werden. Der Trep­penwitz dabei ist jedoch, dass diese aufgrund ihrer zu großen Poren für den Schutz vor Viren vollkommen ungeeignet sind.

Trotz berechtigter Hinweise seitens Fachexperten, dass die „Schweinegrippe“ für den Normalverbraucher eine Grippe wie jede andere darstellt, ja sogar im Vergleich zur jährlich regelmäßig auftretenden herbst- und winterlichen Grippewelle eine äußerst mil­de Verlaufsvariante zeigt, wurden mit der Pharmaindustrie Vorverträge zum Ankauf von Impfstoffen in Höhe von 16 Millionen Euro abgeschlossen. Transparente Informa­tionen an die österreichischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler (die das alles im­merhin finanzieren) über die daraus tatsächlich zu erwartenden Kosten bzw. allfällige Vertragsstrafen bei Nichtabnahme des Impfstoffes sowie über die sonstigen Auswir­kungen der sich bald täglich ändernden „Schweinegrippe-Politik“ erfolgen aber nicht.

Erwartet man nun jedoch, dass nunmehr in Österreich aufgrund dieser bereits abge­schlossenen Vorverträge zumindest ausreichend Impfstoff vorrätig ist, liegt man weit ab von der bitteren Realität. Nach Berichterstattung der APA soll Österreich in den nächsten Wochen rund 300.000 Dosen an Impfstoff erhalten – falls dieser zugelassen wird... Dann sollen pro Woche lediglich maximal 100.000 Dosen nachgeliefert werden. Streng nach der bekannten Maxime „zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel“ ist dies aber im Ernstfall einer tatsächlichen Pandemie schlicht zu wenig und enthüllt nur einmal mehr die derzeit von Bundesminister Stöger zu verantwortende Politik der „Mut­maßungen“ und „halben Lösungen“ statt eines starken Bekenntnisses zu einer an den Bedürfnissen der Betroffenen interessierten politischen Linie.

Experten der Universität Wien schätzen weiters, dass mittlerweile mehrere Hundert Produkte auf dem Markt sind, welche künstliche Nanoteilchen – also Partikel mit einer Größe von unter 100 Nanometern – enthalten. Diese besitzen aufgrund ihrer Kleinheit ganz besondere Eigenschaften in Verarbeitungsprozessen. Risikoforscher wiederum wiesen aber darauf hin, dass zB Nanoteilchen aus Titandioxid - wie sie bereits etwa in Sonnenschutzmitteln oder Lacken eingesetzt werden - negative Auswirkungen auf die Mikrobiologie von Gewässern haben. Die Präsentation eines Vortragenden der Univer­sität Graz zeigte, dass Nanoteilchen bereits jetzt versuchsweise als Hilfsstoffe (lat. Ad­juvantien) in Impfstoffen Verwendung finden. Der Wunsch der österreichischen Bevöl­kerung hier im Lichte einer allenfalls bevorstehenden Massenimpfung gegen das Schweinegrippe-Virus Aufklärung über die Inhaltsstoffe des von Österreich angekauf­ten Impfstoffes zu erhalten, ist zwar evident, wird aber von Bundesminister Stöger of­fensichtlich ignoriert.

4. Übergebührliche Erhöhung der Medikamentenpreise im direkten Aufsichtsbereich

Mit 1. Jänner 2009 wurde die Mehrwertsteuer auf Medikamente von 20 % auf 10 % ge­senkt. Gleichzeitig erfolgte aber bereits eine Preiserhöhung bei rund 900 Arzneimitteln.


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Damit wurde aber verhindert, dass die sonst notwendige Verbilligung der Arzneimittel aufgrund einer vorangegangenen 10-prozentige Mehrwertsteuersenkung tatsächlich für den Konsumenten spürbar erschien, womit diese zu Gunsten der Pharmaindustrie auf Kosten der Beitragspflichtigen wieder ad absurdum geführt wurde.

Während im Jänner 2007 für rund 600 Arzneimittel und im Jänner 2008 für rund 300 Ar­tikel die Preise erhöht wurden, sind die Preise mit Jahresbeginn 2009 für rund 900 Arz­neimittel gestiegen. Diese ungewöhnlich hohe Anzahl – immerhin das 3-fache im Ver­gleich mit dem Vorjahr – ist kaum nachvollziehbar. Bei rund 700 Artikeln liegt die Preis­erhöhung noch innerhalb der Mehrwertsteuersenkung, was dazu führt, dass von der Senkung der Mehrwertsteuer nicht mehr viel übrig blieb. Bei rund 200 Arzneimitteln übersteigt die Preiserhöhung aber sogar die Mehrwertsteuerreduktion.

Bundesminister Stöger bevorzugt jedoch auch in dieser Frage trotz Kenntnis dieser of­fensichtlichen Benachteiligung lieber den geschützten „Deckungsbereich“ seines Minis­teriums, anstatt schleunigst – trotz mehrmaliger medialer Aufforderung – im Rahmen seiner Aufsichtspflicht oder im Zuge von Verhandlungen Änderungen im Interesse der Bürgerinnen und Bürger herbeizuführen.

5. Nichtumsetzbarkeit der e-Medikation mit 1.1.2010

Die bereits mehrfach erwähnte mangelnde Bereitschaft zur Verhandlungsführung wie auch die mangelnde Organisationsfähigkeit und Termintreue von Bundesminister Stö­ger führen auch bei dieser, ebenfalls im Regierungsprogramm vorgesehenen Maßnah­me dazu, dass weder die für Ende 2009 angekündigte österreichweite Umsetzung der e-Medikation, also der elektronischen Überprüfung der Sinnhaftigkeit der Verschrei­bung eines Medikamentes, noch die damit erreichbare Kostenersparnis in Höhe von 150 Millionen Euro/Jahr erfolgen kann.

Der Aufbau von eHealth in Österreich scheitert laut Manfred Müllner, Geschäftsführer-Stellvertreter des Fachverbandes der Elektro- und Elektronikindustrie (FEEI) „an einem fehlenden Dachmanagement mit den notwendigen Kompetenzen und an der mangel­haften Vernetzung der verschiedenen Stakeholder“.

Zu viele offene Fragen bei den Stakeholdern und stagnierende Arbeitsgruppen in die­sem Bereich lassen bereits jetzt einzelne Länder – wie z.B. Wien – zu Selbstmaßnah­men greifen und erneut eigene „Pilotprojekte“ einrichten.

6. Fehlende Lösungskompetenz bei der Strukturreform der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES)

Das Missmanagement der letzten Jahre hat ohne Zweifel die Pleite der AGES herbei­geführt. Internen Berichten und Diskussionen im Landwirtschaftsausschuss zufolge be­nötigt die AGES in den nächsten zwei Jahren Zuschüsse in Höhe von bis zu 30 Millio­nen Euro, um ein mit den tatsächlichen Gegebenheiten übereinstimmendes Budget zu­sammenzubringen.

Beinahe wöchentliche Meldungen über billig erzeugte Lebensmittelimitate wie „Analog­käse“ und „Schummelschinken“ lassen die österreichische Bevölkerung ohnehin schon an der Kompetenz der AGES zweifeln. Die Situation wird für die Verbraucherinnen und Verbraucher noch bedrohlicher, wenn sie nun auch noch finanziell in Gefahr gerät, ihre Aufgaben nicht einmal mehr im bisherigen Umfang wahrnehmen zu können.

Kurios sind dabei in diesem Zusammenhang die Aussagen von BM Stöger, der in ein und derselben Fragestunde im Parlament, am 10. Juli 2009 einerseits erklärte, dass die AGES kein Sanierungsfall sei, andererseits aber die Fragesteller mit der Informa­tion verblüffte, dass er bis Herbst 2009 sehr wohl ein Sanierungskonzept für die AGES in Auftrag gegeben habe.


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Laut parlamentarischer Anfragebeantwortung möchte Bundesminister Stöger die wirt­schaftliche Entwicklung der AGES zwar tatsächlich „überprüfen“ – hat aber, wie er selbst eingesteht, im laufenden Budget 2009/2010 leider keine Ressourcen mehr zur Verfügung, um sie budgetär zu unterstützen.

Fest steht jedenfalls, dass die AGES mit 1. Oktober 2009 nicht mehr liquide sein wird, und die Geschäftsführerhaftung eintritt. Damit wird die ohnehin schon fragliche Ernäh­rungssicherheit in Österreich weiter gefährdet.

7. Durchsichtiges Manöver einer mehrdeutigen Ministeriums-Kampagne vor den Wahlen

Großflächige und teure, mit Steuergeldern finanzierte Inserate des Gesundheitsminis­teriums „erfreuen“ die Österreicherinnen und Österreicher in österreichischen Printme­dien kurz vor den laufenden Landtagswahlen. Das Ziel solch teurer verdeckter Partei­werbung in einem Ressort, das eigentlich die Gelder der Steuerzahler sinnvoller einset­zen sollte als es für bunte Plakatflächen zu verprassen, ist aber unklar, weil weder nachvollziehbar ist, in welchem Themenbereichen seines Ressorts Bundesminister Stöger nunmehr den Schwerpunkt seiner Arbeit sieht noch ob er sein Ministerium ge­nerell als staatlich finanzierte Partei-Vorfeldorganisation wahrnimmt.

Wie aus diesen Ausführungen erhellt, hat Alois Stöger diplomé fast ein Jahr nach sei­nem Amtsantritt als Bundesminister für Gesundheit nach Ansicht der unterzeichneten Abgeordneten damit eindeutig unter Beweis gestellt, dass er den ihm gestellten Aufga­ben - Führung des Gesundheitsressorts, Organisation von nachhaltigen Strukturrefor­men im österreichischen Gesundheitssystem sowie Schutz und sachgerechte Informa­tion der österreichischen Bevölkerung - nicht gewachsen ist und als Bundesminister für Gesundheit versagt hat.

Aus gegebenem Anlass stellen daher die unterfertigten Abgeordneten an den Herrn Bundesminister für Gesundheit folgende

Dringliche Anfrage:

1. Ist der Vorschlag zur Erhöhung der Kapitalertragsteuer auf 50 % als Ausfluss koali­tionsinterner Vereinbarungen zu verstehen oder handelt es sich um einen nicht abge­stimmten Vorstoß Ihrer Person?

2. Gibt es insgesamt neue Besteuerungsvorhaben der Bundesregierung, wenn ja wel­che, wenn nein, können Sie diese dezidiert ausschließen?

3. Ist dieser Vorstoß zur Erhöhung der Kapitalertragssteuer der Versuch Ihrer Partei, neue „Kanten“ zu zeigen und wie lautet die Meinung Ihres Koalitionspartners zu die­sem Vorschlag?

4. Welche aktuellen Zahlen über die demografische Entwicklung in Österreich, die Ent­wicklung der Finanzierungssituation des Gesundheitssystems und die Wirtschaftslage sind Ihnen bekannt und welche Aufgaben leiten Sie daraus für eine 5-jährige Minister­tätigkeit ab?

5. Welche ernstzunehmenden Vorschläge zur Reform des österreichischen Gesund­heitssystems wie z.B. vom Rechnungshof, der Pharmig, der Wirtschaftskammer sowie von Experten aus der Versicherungswirtschaft liegen derzeit vor und warum halten Sie bei aller Kritik aus Expertenkreisen an dem derzeitigen System fest?

6. Ist die Verhandlungsführung für eine umfassende Gesundheitsreform Angelegenheit des zuständigen Bundesministers? Wenn ja, warum haben Sie diese Aufgabe bisher nicht ernsthaft wahrgenommen, sondern von Anfang an den Hauptverband der Sozial­versicherungsträger mit offenbar ungenügenden Vorgaben verhandeln lassen? Wenn nein, warum meinen Sie, dass sich ein Gesundheitsminister nicht selbst direkt mit die­ser Aufgabe zu befassen hat?


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7. Die Verhandlungsvorgaben zur Gesundheitsreform wurde von Anfang an von allen Beobachtern und Medien als „zu wenig ambitioniert“ kritisiert; warum haben Sie sich entschieden, sie dennoch in dieser Form weiterzuführen?

8. Welches Fernziel verfolgen Sie mit der jetzt laufenden Reform: Mehrbelastungen der Beitrags- bzw. Steuerzahlerinnen und -zahler oder eine Sicherung der Leistungsfinan­zierung mit den bisher zur Verfügung stehenden Mitteln?

9. Ist eine Mehrbelastung in der bestehenden Wirtschaftskrise der Bevölkerung ausge­rechnet in einem Bereich zumutbar, in dem die Fehlallokation eines beachtlichen An­teils der zur Verfügung stehenden Mittel schon seit Jahren evident ist?

10. Österreich ist europaweit führend bei der Anzahl an Spitalsbetten, die Akutbetten­dichte ist um 70 % höher als in der EU, 60 % der Fondskrankenanstalten haben weni­ger als 300 Betten und bei den Ausgaben für den stationären Bereich liegt Österreich im europäischen Spitzenfeld. Welche Maßnahmen zur österreichweiten und sektor­übergreifenden Spitalsplanung sind möglich und warum waren diese nicht Thema bei den Verhandlungen zur Gesundheitsreform?

11. Welche konkreten Maßnahmen werden Sie zur Finanzierung des Gesundheitssys­tems bis 2013 setzen?

12. Welche Prognosen sind Ihnen zur Finanzierung des Gesundheitssystems von 2013 bis 2025 bekannt?

13. Welche konkreten Maßnahmen werden Sie aufgrund dieser Prognosen zur Finan­zierung des Gesundheitssystems von 2013 bis 2025 setzen?

14. Welches Detailergebnis wurde bisher von der Bundesregierung in Sachen Gesund­heitsreform erreicht und welche Punkte sind aus Ihrer Sicht bzw. aus Sicht des BMF noch offen?

15. Wie beurteilen Sie die laufenden Zurufe Ihres Ministerkollegen DI Josef Pröll „bis zum ersten Juli 2009 keine umfassende Reform zustande gebracht zu haben“ und die erneuten Ungereimtheiten bezüglich des vereinbarten Einsparungspotentiales am 14. September 2009 im Lichte der Tatsache, dass sich dieser bei der Regierungs­klausur in Sillian am 10. Februar 2009 zu dem von Ihnen eingeschlagenen – unserer Meinung nach ungenügenden – „Reformweg“ bekannte?

16. Mit Verfassungsklage wiesen zwei Bundesländer-Kassen darauf hin, dass sie in der Lage sind, ihren Betrieb wirtschaftlich zu führen. Wird Ihrer Meinung nach mit dem Beschluss der SPÖVP-Koalition zur Verwendung der Steuermittel des Katastrophen­fonds zum Ausgleich der Finanzierungslücken in der besonders stark verschuldeten Wiener Gebietskrankenkasse der Leistungsgedanke oder die Qualität des Führungs­personals der genannten Kasse gestärkt oder verbessert? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum wurden diese Mittel ohne notwendigen Druck auf Strukturreformen zur Verfügung gestellt?

17. Halten Sie den Sozialpartner-dominierten Hauptverband der Sozialversicherungs­träger (der schon bisher aus Eigeninteresse der beteiligten Gruppen ein deutliches En­gagement für effiziente Strukturen eher vermissen ließ) für das geeignete Gremium, um den Gesundheitsbereich in Österreich mit einer geeigneten Struktur zu maximaler Effizienz für den stationären und niedergelassenen Bereich zu führen? Wenn ja, war­um? Wenn nein, warum haben Sie ausgerechnet dieser Institution den Auftrag zur Ver­handlung eines Reformkonzepts erteilt?

18. Werden Sie den Rechnungshof, der bereits umfangreiche Vorschläge für die Ge­sundheitsreform gemacht hat, umgehend einladen, eine Strukturreform im österreichi­schen Gesundheitswesen im Rahmen seiner verfassungsrechtlichen Möglichkeiten zu begleiten? Wenn nein, warum nicht?


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19. Welche Meinung haben Sie zu dem in der Öffentlichkeit dominierenden Bild, auf Kosten der Steuerzahler nach monatelangen Verhandlungen keinen für die Zukunft Österreichs tragbaren Verhandlungserfolg erzielt zu haben?

20. Aufgrund welcher Entscheidungsgrundlage oder Beratung sollen Österreicherinnen und Österreicher Ihrer Meinung nach eine qualifizierte Entscheidung treffen, ob sie sich gegen Schweinegrippe impfen lassen sollen oder nicht?

21. Wird der in Österreich gegen die Schweinegrippe für den Menschen zur Verfügung stehende Impfstoff Nanopartikel als Adjuvans beinhalten? Wenn nein, wie können Sie das garantieren? Wenn ja, wie werden Sie die österreichische Bevölkerung über die damit verbundenen Risiken informieren?

22. Die Mehrwertsteuersenkung auf Medikamente um 10 Prozentpunkte wurde bereits im ersten Jahr durch die Erhöhung der Medikamentenpreise egalisiert. Welche Auf­sichtspflicht obliegt Ihnen in dieser Angelegenheit als zuständiger Minister, wie nehmen Sie diese wahr, wie beurteilen Sie diese unerfreuliche Entwicklung und welche Maß­nahmen werden Sie setzen, damit die Mehrwertsteuersenkung den Bürgern und nicht der Pharmaindustrie zugutekommt?

23. Das Regierungsprogramm für die XXIV. Gesetzgebungsperiode kündigte die Um­setzung der e-Medikation für Ende 2009 an. Welche konkreten Maßnahmen haben Sie bisher gesetzt um diese Vorgabe zu erreichen und warum waren diese bislang nicht von Erfolg gekrönt?

24. Im als Kommunikationsplattform eingerichteten Teil des Intranet der Österreichi­schen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit berichten Mitarbeiter resignie­rend „sie hätten es sich abgewöhnt ein schlechtes Gewissen zu haben am Abend aus­geruht von der Arbeit nach Hause zu kommen“. Wann beenden Sie die Management­fehler der AGES mit ihrem überbordenden Verwaltungssystem und sorgen dafür, dass die AGES sich ihren eigentlichen Aufgaben – Stichworte Analogkäse und Schummel­schinken – im Interesse der Bevölkerung mit mehr Wirksamkeit widmet?

25. Halten Sie eine Schuldzuweisung an die verbliebenen Beamten in der AGES, ihre „Unflexibilität“ sei der Grund für die Managementfehler der AGES und die dadurch her­beigeführte Situation der Unfinanzierbarkeit für einen geeigneten Ansatz um diese Feh­ler zu beheben bzw. die Situation der Unfinanzierbarkeit zu lösen, und wenn ja, war­um? Welche konkreten Maßnahmen werden Sie setzen, um die finanzielle Basis der AGES abzusichern?

26. Halten Sie den Rechnungshof für eine geeignete Einrichtung, um die Neustrukturie­rung der Bereiche Lebensmittel, Veterinär-Medizin und Pharm-Med der AGES mit dem Ziel maximaler Effizienz im Rahmen seiner verfassungsrechtlichen Möglichkeiten zu begleiten? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, werden Sie ihn bei der Planung der überfälligen Reformen einbeziehen?

27. Das Vertrauen in die Qualität Ihres eigenen Ministeriums ist offensichtlich schon so weit gesunken, dass Kampagnen im Stile Ihrer Vorgängerin Kdolsky gemacht werden. Sind Ihrer Meinung nach die Informationen des Gesundheitsministeriums wirklich so unbedeutend und uninteressant, dass sie nur noch mit Hilfe zweideutiger Textierungen von den Menschen gelesen werden?

28. Welche Assoziationen sollen Ihrer Erwartung nach mit der zur Zeit laufenden Er­nährungskampagne Ihres Hauses ohne die Abbildung von zum Verzehr geeigneten Le­bensmitteln aber einer Betonung der Farbe Rot geweckt werden?

29. Welche Gesamtkosten entstehen durch diese Kampagne Ihres Ressorts?


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In formeller Hinsicht wird gemäß § 93 (2) GOG-NR verlangt, diese Anfrage dringlich zu behandeln und der Erstanfragestellerin Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich erteile Frau Abgeordneter Haubner als Fragestel­lerin zur Begründung der Anfrage, die gemäß § 93 Abs. 5 der Geschäftsordnung 20 Mi­nuten nicht überschreiten darf, das Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


15.00.07

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren Minister! Hohes Haus! Die Abgeordneten Ursula Haubner, Dr. Strutz und Dr. Spadiut bringen heute aus einem ganz einfachen Grund eine Dringliche Anfrage an den Ge­sundheitsminister ein: Wir sind der Meinung, dass sich ein Minister, der für Gesundheit zuständig ist, zu viel mit Steuererhöhungen als Finanzquelle für eine zukunftsweisende Gesundheitsreform beschäftigt. Für uns sind viele Fragen offen, was seine Arbeit an­belangt.

Schon die Vorgängerkoalition, die sogenannte „Es reicht!“-Koalition ist unter anderem daran gescheitert, dass sie in der Gesundheitsreform nichts weitergebracht hat. (Beifall beim BZÖ.)

Ich erinnere mich als Abgeordnete in diesem Haus an die damalige Gesundheitsminis­terin Andrea Kdolsky, die auch nichts zustande gebracht hat und damals von der SPÖ, die zwar Koalitionspartner war, sehr heftig kritisiert wurde, dass sie nicht imstande war, aus dem System das Geld loszulösen und dorthin zu bringen, wo es gebraucht wird, nämlich in der besten medizinischen Versorgung und in den besten Leistungserbrin­gungen.

Nun hat die SPÖ einen eigenen Minister, einen Praktiker der Gebietskrankenkasse aus Oberösterreich. (Abg. Königsberger-Ludwig: Ein sehr guter Minister!) Herr Minister, Herr Bundesminister Stöger, Sie sind seit fast einem Jahr im Amt, aber Ihre Ambitionen bezüglich Gesundheitsreform halten sich wahrlich in Grenzen! (Beifall beim BZÖ.)

Ihre politische Arbeit wird sichtbar, wenn Sie Wünsche nach finanziellen Belastungen der Steuerzahler in Interviews kundtun. Ihre politische Arbeit wird erkennbar, wenn Sie nicht geneigt sind, echte Reformfragen aufzugreifen und auch an die Gesundheit der zukünftigen Generation zu denken, oder wenn man sich ansieht, mit welch eigenartiger Taktik Sie nur mit zwei Vertretern des Bereichs der Gesundheitspolitik diskutieren – und zwar mit dem Hauptverband und mit der Ärztekammer –, aber alle anderen nicht einbezogen werden. Für mich ist auch befremdend, dass Sie es in einer rot-schwarzen Koalition nicht schaffen, die Sozialpartner wirklich zu nachhaltigen Reformschritten in die Pflicht zu nehmen. (Beifall beim BZÖ.)

Daher herrscht aus unserer Sicht Chaos in der Gesundheitspolitik, aber vor allem auch Uneinigkeit mit dem Koalitionspartner. Ich denke da nur an das Beispiel, wo Sie ge­meinsam mit dem Chef des Hauptverbandes und dem Vizechef der Ärztekammer das sogenannte „Reformpapier“ vorgestellt haben – das war vor der Sommerpause –, das inhaltlich eigentlich wenig ausgesagt hat und nur ein Aneinanderreihen von Absichtser­klärungen gewesen ist. Es ist da nur darum gegangen, wie man den Anstieg der Kos­ten im Gesundheitssystem bremsen kann. Es ist aber wirklich nicht klar, um welche Reformen es da geht.

Da hat sofort Finanzminister Pröll von der ÖVP gesagt, hier müsse es Nachbesserun­gen geben, die notwendig sind. Am 15. September 2009 wurde dieses Papier trotz-


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dem – ob es Nachbesserungen gegeben hat, weiß man nicht – als ein großer Erfolg der Regierungsklausur dargestellt.

Was ist der große Erfolg? – 450 Millionen € in drei Tranchen zur Schuldentilgung, 50 Millionen € als Soforthilfe sowie zusätzlich 100 Millionen € jährlich für einen Kassen­strukturfonds. Die Kassen müssen lediglich bei der Auszahlung nachweisen, dass sie ihr Einsparungsziel auch tatsächlich erreicht haben. Also: Schwammiger und weicher kann man es wirklich nicht machen! (Beifall beim BZÖ.)

Das Sonderbare war aber, dass zwei Stunden nach dieser sogenannten Einigung Fi­nanzminister Pröll gesagt hat: Es müssen im kommenden Jahr trotzdem 197 Millio­nen € gespart werden! – Sie, Herr Bundesminister Stöger, haben aber davon angeblich nichts gewusst!

Da frage ich mich schon: Welche Zusammenarbeit besteht in dieser Koalition? Wer gibt dort den Ton an? Wer hat wirklich die Gesundheitspolitik und die Reform des Ge­sundheitswesens im Auge?

Die Forderung nach einer höheren Besteuerung von Vermögen ist etwas, womit Sie  ich würde sagen – Schlagzeilen gemacht haben. Das war gleich einen Tag nach Bekannt­gabe dieses sogenannten Reformpapiers. Sie haben damit entlarvt, wie Sie gedenken, Ihre Finanzabsichten zu gestalten. (Abg. Riepl: Sind Sie dagegen, Frau Haubner?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten kann es nicht sein, dass man das Sparguthaben der Österreicherinnen und Österrei­cher mit einer höheren Kapitalertragssteuer, und zwar bis zu 50 Prozent, belastet. (Abg. Riepl: Das hat ja kein Mensch verlangt!) Und das ist für uns als BZÖ absolut in­akzeptabel. (Beifall beim BZÖ.) Der Herr Minister hat ja jetzt die Möglichkeit, das zu er­läutern. (Abg. Riepl: Sie verwechseln da etwas!)

Das ist eine klare Absage an eine Lösungskompetenz à la SPÖ, die da lautet: Wenn das Geld nicht mehr reicht, dann belasten wir die Menschen mit neuen Steuern. – Das wollen wir nicht! (Beifall beim BZÖ.)

Ein weiteres Versagen des Herrn Gesundheitsministers – er hat heute die Möglichkeit, auf unsere 29 Fragen klare Antworten zu geben; er kann, falls er es anders gemeint hat, das aufklären! – drückt für mich die Informationskampagne zum Thema Schweine­grippe aus. Der Herr Bundesminister hat groß angekündigt, er werde klare Information für die Bevölkerung geben. Bisher ist eigentlich nichts bekannt. Man hat sich auf ein paar teure Plakate in Schulen beschränkt. Eine sinnvolle Aufklärung ist bis heute defi­nitiv unterblieben.

Trotz berechtigter Hinweise seitens von Fachexperten, dass die Schweinegrippe für den Normalverbraucher eine Grippe wie jede andere darstellt, ja sogar im Vergleich zur jährlich regelmäßig auftretenden Herbst- und Wintergrippe eine äußerst milde Verlaufs­variante zeigt, wurden mit der Pharmaindustrie Vorverträge zum Ankauf von Impf­stoffen um einen Betrag in der Höhe von 16 Millionen € abgeschlossen. (Abg. Dr. Jaro­lim: Das ist eine tolle Einstellung! Sehr sozial!)

Ich möchte ganz klar von meinem, von unserem Gesundheitsminister wissen, wie er dazu steht! Man kann sich da nicht durchwinden und sagen: Ja vielleicht, wir fassen auf jeden Fall eine Möglichkeit ins Auge! In anderen Ländern gibt es klare Informatio­nen dazu, und die Bürgerinnen und Bürger wissen, worauf sie sich einlassen und was sie zu tun haben. Dazu erwarte ich mir eine klare Aussage! (Beifall beim BZÖ.)

Ein drittes Thema, wozu ich von Ihnen, obwohl es in Ihrem direkten Aufsichtsbereich liegt, nie etwas gehört habe, betrifft die Senkung der Mehrwertsteuer auf Medikamente. Das war damals eine BZÖ-Initiative, wobei ich mich sehr freue, dass alle anderen Par-


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teien dem zugestimmt haben. Trotzdem sind damals 700 bis 900 Medikamente teurer geworden. Die Konsumenten haben dadurch nichts gewonnen, sondern wurden weiter belastet.

Ich erwarte mir von Ihnen, Herr Bundesminister, dass Sie im Rahmen Ihrer Aufsichts­pflicht auch Verhandlungen führen und sagen: Hier wollen wir im Interesse der Bürge­rinnen und Bürger etwas ändern! Da sind Sie auch im geschützten Deckungsbereich, man hört nichts von Ihnen.

Ein Weiteres ist die fehlende Lösungskompetenz bei der Strukturreform der Österrei­chischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit, bei der AGES. Internen Berichten und Diskussionen im Landwirtschaftsausschuss zufolge benötigt die AGES in den nächsten zwei Jahren Zuschüsse in der Höhe von bis zu 30 Millionen €. Sie sa­gen aber, Sie hätten kein Budget. Ich weiß nicht: Bekommen Sie das dann vom Fi­nanzminister? Sie sagen auch, die AGES sei auch kein Sanierungsfall, sagen aber dann auf eine Anfragebeantwortung, dass es bis zum Herbst 2009 sehr wohl ein Sa­nierungskonzept für die AGES geben wird.

Auch da bestehen also Unklarheiten, Unsicherheiten gerade für eine Einrichtung, die in der jetzigen Zeit so wichtig ist, wo wir ständig mit sogenannten falschen Lebensmitteln und Lebensmittelimitaten konfrontiert sind und sich die Bürger eine ordentliche Infor­mation erwarten. (Beifall beim BZÖ.)

Was Sie aber machen – und das fällt ein bisschen auf –, ist, dass Sie eine Kampagne nach dem Motto gestartet haben: „Machen Sie es auch 5x am Tag?“, „Tun Sie es zu­mindest 2x wöchentlich?“, „Mögen Sie es auch gerne zu dritt?“ – Sie werden uns sicher die Auflösung sagen!

Ich denke, man sollte die Menschen nicht mit zweideutigen Fragen belasten, sondern man sollte das Geld dorthin bringen, wo es letztendlich gebraucht wird: bei Leistungen, in einem guten Gesundheitssystem und vor allem auch bei der Prävention. (Beifall beim BZÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim. – Abg. Riepl: Ihre Sorgen möchte ich haben!)

Daher rate ich Ihnen, Herr Bundesminister: Fallen Sie nicht in die Art, wie es Ihre Vor­gängerin gehandhabt hat, die auch gerne die Menschen mit solchen Kampagnen „be­glückt“ hat!

Sie, sehr geehrter Herr Bundesminister, haben bisher unter Beweis gestellt – das sage ich jetzt nicht polemisch, sondern mit aller Kritik, die mir als Abgeordnete dieses Hau­ses zusteht, und auch als Mitglied des Gesundheitsausschusses –, dass unter Ihrer Führung im Gesundheitssystem und in der Gesundheitspolitik im wahrsten Sinne alles auf Rot steht. Ich meine dabei nicht die Farbe, sondern das Haltesignal. Es geht ein­fach nichts weiter, auch das nicht, was Sie ankündigen! Sie haben zum Beispiel ge­sagt, Sie wollen so rasch wie möglich die Selbstbehalte für Kinder im Krankenhaus ab­schaffen. Bis heute ist nichts geschehen!

Sie sind ein Minister, der es verabsäumt, der Bevölkerung wirklich sachgerechte Infor­mationen zu geben, wenn es um wesentliche Probleme im Gesundheitsbereich geht. Das betrifft beispielsweise gerade die Information, was die sogenannte Schweingrippe betrifft. Sie sind vor allem auch ein Minister, der nicht fähig ist, die nachhaltigen Struk­turreformen im Gesundheitssystem einzuleiten, geschweige denn umzusetzen. (Beifall beim BZÖ.)

Ich bin wirklich sehr gespannt, wie Ihre Antworten auf die 29 Fragen lauten! Wir stellen aber heute nicht nur diese 29 Fragen an Sie, sondern wir sprechen Ihnen heute auch das Misstrauen für Ihre Arbeit aus.

Ich bringe daher folgenden Misstrauensantrag ein:


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Misstrauensantrag

gemäß § 55 GOG-NR

der Abgeordneten Ursula Haubner, Dr. Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Gesundheit.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen nachgehenden

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Dem Bundesminister für Gesundheit wird gemäß Art. 74 Abs. 1 B-VG durch ausdrück­liche Entschließung des Nationalrates das Vertrauen versagt.“

*****

(Beifall beim BZÖ.)

15.13


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Sehr geehrte Frau Abgeordnete, ich darf Ihre Frak­tion ersuchen, diesen Antrag dann in der Debatte einzubringen. Daher ist dieser Antrag jetzt nicht ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch noch nicht mit in Ver­handlung. (Abg. Dr. Jarolim: Das passt zu der ganzen Anfrage dazu! – Abg. Riepl: Peinlich! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Dr. Graf gibt das Glocken­zeichen.)

Zur Beantwortung der Anfragen hat sich der Herr Bundesminister für Gesundheit zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht überschreiten. Ich erteile ihm das Wort. – Bitte.

 


15.14.05

Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Meine Kollegen auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren Abge­ordnete! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, ganz besonders die Betriebsräte der GMTN in Linz, die mit ihrer Aktion „Gesundheit zum Quadrat – Gesund in die Arbeit, gesund von der Arbeit“ einen Beitrag dazu leisten, dass Gesundheitsschutz auch in den Betrie­ben stattfindet! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Stummvoll.)

Ich bedanke mich ausdrücklich bei allen Abgeordneten, die heute diese rosa Schleife tragen, weil sie einen Beitrag dazu leisten, aufmerksam zu machen, dass es Krebs in der Gesellschaft gibt und dass man Gesundheitsbeiträge leisten kann.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Mittelpunkt meiner Gesundheitspolitik und der Gesundheitspolitik der Regierung Faymann stehen die Patientinnen und Pa­tienten. Es geht darum, Gesundheit zu sichern, und es geht darum, Zugang für alle Menschen zu Gesundheitsleistungen zustande zu bringen, und zwar unabhängig da­von, wie dick das Geldbörsel ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Es geht darum, Gesundheitsleistungen auf höchstem Niveau zustande zu bringen. Die Österreicherinnen und Österreicher bringen das zustande.

Wenn wir über Gesundheitspolitik reden, dann müssen wir auch über Gesundheitspoli­tik in der Krise reden. Wir schaffen auch in der Krise die Sicherung der Gesundheit ge­rade mit dem Kassenpaket, und zwar auf mehreren Ebenen. Die wichtige Ebene – ich bin sehr froh, dass beide hier sitzen, nämlich Bundesminister Hundstorfer und Bundes­minister Mitterlehner – ist diejenige im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit, denn das si-


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chert die Einnahmen für eine Krankenversorgung und das sichert auch die Gesundheit. Arbeitslose Menschen sind öfter krank.

Ich möchte auch darauf hinweisen, dass das österreichische Gesundheitssystem die Gesundheitsversorgung dort erbringt, wo die Menschen tatsächlich leben, nämlich in der Region, dezentral organisiert, und dass 10 Prozent der Wertschöpfung in diesem Land im Gesundheitsbereich erarbeitet werden.

Zur Gesundheitsreform. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Gesundheitsreform findet tagtäglich statt. Die Menschen, die in den Gesundheitsdiensten arbeiten, bemü­hen sich jeden Tag, gute Leistungen zu erbringen und die Bedingungen für Patientin­nen und Patienten zu verbessern. (Abg. Strache: Das stimmt schon! Aber sie werden alleine gelassen!) Und die Bundesregierung hat dazu ihren Beitrag geleistet. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Bucher: Der Steuerzahler!)

Ich möchte in der Gesundheitsdebatte einen neuen Weg gehen, und ich gehe seit zehn Monaten einen neuen Weg. Ich erinnere an die Ausgangslage: Vor mehr als einem Jahr haben wir streikende Ärztinnen und Ärzte gehabt, verunsicherte Patientin­nen und Patienten, eine Blockade in der Gesundheitsberichterstattung, und wir haben einen Stillstand in der Gesundheitspolitik vorgefunden.

Was war der neue Weg? – Es war ganz entscheidend, in Kooperation mit den Ärztin­nen und Ärzten, in Kooperation mit den Menschen im Gesundheitswesen daran zu ar­beiten, dass die Leistungen bei den Menschen tatsächlich ankommen, dass im Dialog das Notwendige getan wird. Ich habe den Hauptverband, die Ärzteschaft, aber auch die anderen Berufsgruppen eingeladen, dazu ihre Beiträge zu liefern. Das Ergebnis hat der Hauptverband gemeinsam mit den Ärzten abgeliefert.

Übrigens, eine Studie bestätigt das: 80 Prozent der Bevölkerung begrüßen dieses Pa­ket. Warum? – Weil es zu keinen Beitragserhöhungen, zu keinen zusätzlichen Kosten kommt. Es werden keine neuen Selbstbehalte eingeführt, und – ganz wichtig für die Bevölkerung! – es kommt zu keiner Rationierung in den Gesundheitsbereichen. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist die Politik dieser Bundesregierung unter der Führung von Bundeskanzler Fay­mann und Vizekanzler Pröll, die ein klares Bekenntnis zu diesem Gesundheitswesen abgegeben hat. Wir versuchen auch in Zusammenarbeit mit Bundesminister Mitterleh­ner immer wieder, Schritte zu einem modernen Gesundheitssystem zu setzen und so­mit eine Verbesserung des Gesundheitssystems zustande zu bringen.

Ein zentrales Element ist dieser neue Kassenstrukturfonds. Mit diesem wollen wir ers­tens 100 Millionen € sicherstellen, die für integrierte Versorgung und für die weitere Verbesserung der Qualität verwendet werden, und wir wollen auch die Nahtstellen im Gesundheitssystem angehen.

Da muss man sich anstrengen, da sind alle Partner gefordert, da sind die Menschen im Gesundheitswesen gefordert, das zu tun, und sind auch bereit dazu.

Was können sich die Patientinnen und Patienten erwarten? – Sie können sich zu Recht ein Gesundheitssystem erwarten, das beste Leistungen auf dem höchsten Niveau an­bietet, und sie wollen Transparenz. Beides wollen wir mit diesem System erreichen.

Ich bin bereit für einen konstruktiven Dialog. Ich bin bereit dazu, mit den Menschen zu diskutieren, mit den Interessenvertretern zu diskutieren, und ich erwarte mir vom Hauptverband, von den Ärzten, von der Pharmawirtschaft, von allen Menschen, dass sie ihren Beitrag dazu leisten. Und dazu hat diese Bundesregierung aufgefordert, und das werden wir auch in die Praxis umsetzen, ja wir haben damit schon begonnen.


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Ich komme zur Beantwortung Ihrer Fragen. Ich beantworte als Erstes die Fragen 1, 2, 3 und 8. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler.) Ich stelle klar, dass es von mir kei-
nen Vorschlag gab oder gibt, die Kapitalertragsteuer zu erhöhen. (Zwischenrufe beim BZÖ.)

Es gibt keine Überlegungen, die Bevölkerung mit neuen Massensteuern zu belasten, auch nicht zur Finanzierung des Gesundheitssystems. (Abg. Ing. Westenthaler: War das Interview wahrscheinlich eine Fata Morgana! Am besten gar nichts mehr sagen!) Ich habe deutlich gesagt und sage es immer wieder, dass ich keine neuen Steuern will und auch keine Steuerdiskussion führen will. Eine solche fällt ja in die Zuständigkeit des Bundesministers für Finanzen.

Erlauben Sie mir aber trotzdem, zum Thema Gerechtigkeit jeden Tag eine Meinung zu haben und insbesondere zum Thema Steuergerechtigkeit eine klare Meinung zu ha­ben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir müssen alles unternehmen, dass die Menschen, die arbeiten, auch entlastet wer­den, und dazu gehört auch, dass die Menschen erstens Arbeit haben und dass sie zum beitragsfinanzierten Gesundheitssystem Beiträge leisten können. Mehr Arbeit bedeutet auch mehr Beiträge.

Die Bundesregierung hat Anfang September 2009 beschlossen, auf europäischer Ebe­ne für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer einzutreten. Ich halte das für einen wichtigen Schritt. Aus meiner Sicht ist aber auch wichtig, schon jetzt eine gerech­te Finanzarchitektur auf europäischer Ebene zu haben.

Das Kassenpaket führt dazu, die Leistungsfähigkeit und die finanzielle Situation der Gebietskrankenkassen zu verbessern. Während in Zeiten von Regierungen, denen das BZÖ angehört hat, die Krankenkassen massiv benachteiligt wurden, gehen wir hier einen anderen Weg. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich beantworte die Frage 4:

Selbstverständlich wird von mir die demographische Entwicklung ebenso wie die aktu­elle Finanzsituation im österreichischen Gesundheitswesen beobachtet. So sagen die Bevölkerungsprognosen, dass wir im Jahr 2050 9,5 Millionen Menschen sein werden. Derzeit sind 22 Prozent der Bevölkerung im Alter von 60 Jahren und älter. Es werden im Jahr 2020 26 Prozent sein. Aber langfristig wird diese Zahl über 2030 hinaus auf 30 Prozent steigen. Die Gesundheitsausgaben liegen 2007 bei 27 Milliarden €. Sie lie­gen aber im Vergleich zum Bruttoinlandsprodukt in den letzten zehn Jahren konstant zwischen 9,9 und 10,4 Prozent, wobei sich die öffentlichen Ausgaben zwischen 7,6 Prozent und 7,9 Prozent entwickelt haben.

Laut Erfolgsrechnung zum 15. August 2009 werden die Krankenversicherungsträger zum Jahresende insgesamt einen Bilanzgewinn von 7,5 Millionen € ausweisen. Die Reformmaßnahmen, die wir setzen, führen dazu, dass wir, wenn wir die Zusammenar­beit der Leistungserbringer zustande bringen und eine sektorenübergreifende Steue­rung, Planung vorhanden ist, das Gesundheitssystem sehr gut absichern können.

Zur Frage 5:

Weder der Rechnungshof noch die Wirtschaftskammer oder die Pharmig stellen das österreichische Gesundheitssystem grundsätzlich in Frage. Immer ringt man um die Weiterentwicklung.

Für mich ist bei dieser Frage sehr entscheidend, wie wir das Gesundheitssystem beur­teilen. Für mich kommt immer zuerst die Zufriedenheit der Österreicherinnen und Ös­terreicher. (Abg. Bucher: Das ist der erste Minister, der das sagt!) Das ist für mich die Richtschnur. Wenn das BZÖ irgendetwas abschaffen will, vor allem das beste Gesund­heitssystem der Welt, dann soll es das laut und deutlich sagen. (Beifall bei der SPÖ.)


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Zu den Fragen 6 und 7:

Natürlich ist es die Aufgabe eines Bundesministers für Gesundheit, die Sicherung und Weiterentwicklung der gesetzlichen Krankenversicherung und des Gesundheitssys­tems voranzutreiben. Ich bekenne mich dazu und habe es auch immer getan. Ich darf Sie daran erinnern, wo die Gesundheitspolitik vor meinem Amtsantritt gestanden ist. Ich habe von der Stunde null an begonnen, den Dialog mit der Ärzteschaft wiederher­zustellen. (Abg. Mag. Stadler: Stunde null!) Und es ist gelungen, eine Kostendämp­fung von rund 1,7 Milliarden € bis 2013 in Angriff zu nehmen.

Es geht um Teilentschuldung, es geht um Steuerung mit Hilfe des Kassenstruktur­fonds. Und was auch ganz entscheidend ist: Ärztekammer und Hauptverband haben sich geeinigt, einen verbindlichen Kriterienkatalog für Honorarabschlüsse zustande zu bringen. Ich denke, es ist eine hohe Herausforderung, im Eigen- und Vollkostenbereich versorgungswirksam die richtigen Leistungen zu den Patientinnen und Patienten zu bringen. Diesen Weg werde ich weiterführen, weil es mir darum geht, Politik für die Menschen zu machen.

Zur Frage 9:

Diese Fragestellung führt in die Irre. Es ist ein Grundkonsens dieser Bundesregierung, dass es zu keinen nachhaltigen Steuer- oder Beitragserhöhungen kommen wird. Es gibt daher auch keinen Vorschlag aus dem Gesundheitsministerium für Beitragserhö­hungen oder eine Mehrbelastung für die Versicherten in der sozialen Krankenversiche­rung.

Zur Frage 10:

Diese Frage 10 geht von einem falschen Informationsstand aus. Die Grundlage für die integrierte stationäre und ambulante Planung des Gesundheitswesens bildet der in den Jahren 2005 und 2006 von der Bundesgesundheitskommission beschlossene Österrei­chische Strukturplan Gesundheit. Dieser ÖSG wurde bereits im Jahr 2009 einer ersten Revision unterzogen. Der Schwerpunkt liegt zurzeit auf der Planung des ambulanten Bereiches. In fast allen Landesgesundheitsplattformen wurden die Regionalen Struk­turpläne Gesundheit abgestimmt. Die für die Krankenanstalten relevanten Teile der RSGs wurden zum Großteil in Form von Verordnungen erlassen.

Zur Frage 11:

Worum geht es? – Ich halte fest am Bekenntnis der Bundesregierung, die solidarische Finanzierung des österreichischen Gesundheitswesens zu sichern. Der Hauptverband muss am nun vorgelegten Kostendämpfungsvolumen und verbindlichen Kostendämp­fungspfad arbeiten und diesen auch umsetzen. Das haben wir in Salzburg sehr klar ge­macht.

Ziel ist, die Entschuldung der Gebietskrankenkassen sowie eine ausgeglichene Geba­rung der Gebietskrankenkassen bis zum Ende der Legislaturperiode zu erreichen. Die Bundesregierung ist durch die bisher gesetzten Maßnahmen auf dem besten Wege, das auch zustande zu bringen.

Es ist meine Aufgabe, in jährlichen Verhandlungen mit dem Bundesminister für Finan­zen über die Dotierung des Kassenstrukturfonds in adäquater Höhe zu sprechen. Ich habe das für 2010 bereits getan. Für 2011 und die Folgejahre wird das Thema in den Budgetverhandlungen sein.

Wir haben die e-Medikation so weit eingeführt, dass es einen einstimmigen Beschluss aller Beteiligten in der Bundesgesundheitskommission gibt. Die Ärztekammer, die Apo­thekerkammer, die Krankenanstalten und auch die Sozialversicherungsträger haben sich gemeinsam dazu bekannt, die e-Medikation auch einzuführen.


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Hinsichtlich der Spitalsfinanzierung geht es darum, die Effizienzpotentiale zu analysie­ren und geeignete Maßnahmen zu entwickeln, zum Beispiel über sektorenübergreifen­de Finanzierungsmodelle, die wir bereits in Angriff genommen haben.

Und natürlich bleiben Finanzausgleichsverhandlungen betreffend die Spitalsfinanzie­rung nicht aus.

Zu den Fragen 12 und 13:

Die Prognose zur Finanzierung des Gesundheitssystems für die Jahre 2013 bis 2025 wird, wenn Sie einen Hauch von Solidarität in sich tragen, nur von der Fortschreibung der Entwicklung der letzten Jahre ausgehen.

In den letzten zehn Jahren ist der Anteil der Aufwendungen für das Gesundheitssys­tem, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, stabil geblieben, und das ist die einzig rele­vante Zielgröße.

Zur Frage 14:

Ich darf nochmals auf die von der Bundesregierung gesetzten Maßnahmen hinweisen. Erstens: zur kurzfristigen Sanierung der Liquidität der einzelnen Gebietskrankenkassen Einmalbetrag von 45 Millionen € für die Gebietskrankenkasse im Jahr 2009, Auflösung der gebundenen Rücklage im Ausgleichsfonds, das war der Katastrophenfonds des Ausgleichsfonds, rund 42 Millionen €, Aufteilung an die Gebietskrankenkasse. Die Hö­he der GSBG-Mittel wurde beibehalten.

Zweitens: mittelfristige und langfristige Sanierung oder Sicherung der ausgeglichenen Gebarung, Errichtung des Kassenstrukturfonds mit dem Geschäftsjahr 2010 und das Sanierungspaket des Hauptverbandes.

Als dritter Punkt die Entschuldung der Gebietskrankenkassen, die in den Jahren 2010, 2011 und 2012 in der Höhe von jeweils 150 Millionen € bei der Bundesfinanzierungs­agentur stattfinden wird.

Zur Frage 15:

Dem BZÖ dürfte entgangen sein, dass es bei der Klausur in Salzburg einen gemeinsa­men Regierungsbeschluss gab, der von Bundeskanzler Werner Faymann und Vize­kanzler Josef Pröll präsentiert wurde. Klar ist, dass die Auszahlung von 100 Millionen € des Kassenstrukturfonds für 2010 an die Erreichung der konkret vorgeschriebenen Sparziele gebunden ist. Die Teilentschuldung von dreimal 150 Millionen € ist freigege­ben in Verknüpfung und auf Basis des gesamten Sanierungskonzeptes des Hauptver­bandes.

Zur Frage 16:

Der sogenannte Katastrophenfonds – eigentlich handelt es sich dabei um eine gebun­dene Rücklage im Rahmen des Ausgleichsfonds der Gebietskrankenkassen – wurde nicht durch Steuermittel gespeist, sondern ist durch Beiträge der Versicherten gespeist. Die Stärkung und Verbesserung des Leitgedankens oder der Qualität des Führungs­personals waren nicht Ziel der getroffenen Verteilungsregelung. Eine solidarische Hal­tung – und darum geht es bei einem Ausgleichsfonds, wenn einer in Zahlungsschwie­rigkeiten ist und dieser in Zahlungsschwierigkeiten befindlichen Kasse geholfen wird – hat das Potential, den Leistungswillen und den Leitungswillen einer Institution auch zu stärken.

Zur Frage 17:

Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger spiegelt als Dachor­ganisation aller gesetzlichen Sozialversicherungsträger die durch die Sozialpartner ge­tragene Struktur der Selbstverwaltung wider. Daher sind das die geeigneten und beru-


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fenen Organisationen, um im niedergelassenen Bereich die Weichen für effiziente und effektive Strukturen zu stellen. Dies kann nur dann gelingen, wenn die einzelnen Versi­cherungsträger in gemeinsamer Verantwortung handeln, indem sie Ziele definieren, bereit sind, sich einem Benchmarking zu unterziehen, und auch die Verantwortung für das Ergebnis beim jeweiligen Versicherungsträger verbleibt. Für den stationären Be­reich hat der Hauptverband keine Verantwortung, sie liegt bei den Ländern, und des­halb ist auch kein Auftrag an den Hauptverband ergangen.

Zur Frage 18:

Ich habe immer gesagt, dass ich zum Rechungshof stehe, und zwar zu seinen Aufga­ben, wie sie im Artikel 121 B-VG vorgesehen sind. In diesem Rahmen gab es auch in der Vergangenheit immer wieder sehr, sehr konstruktive Gespräche und einen Gedan­kenaustausch mit meinem Ressort und dem Rechnungshof, und wir kommen durchaus zu übereinstimmenden Lösungsansätzen. So darf ich zum Beispiel an den Gedanken des früheren Rechnungshofpräsidenten Fiedler erinnern, der im Rahmen der Arbeiten im Verfassungskonvent Veränderungen der Kompetenzen auf dem Gebiet des Ge­sundheitswesens vorgeschlagen hat, die allerdings auch nicht 2003, als der Konvent eingesetzt wurde, und 2007, als meine Partei wieder Regierungsverantwortung über­nahm, Verwirklichung fanden.

Zur Frage 19:

In der Gesundheitspolitik, insbesondere für die Patientinnen und Patienten, zählen nicht nur Meinungen, sondern Ergebnisse. In diesem Zusammenhang darf ich auf die Ausführungen zu Beginn meiner Anfragebeantwortung verweisen und auf das, was die Regierung alles unternimmt. Es geht um die Absicherung der Gesundheitsversorgung auch in der Zukunft. Ich habe schon darauf hingewiesen, 80 Prozent der Bevölkerung sagen, wir haben ein gutes Papier vorgelegt bekommen.

Zur Frage 20:

Es geht um die neue Grippe. Aufgrund internationaler Erkenntnisse haben wir Zielgrup­pen zur Impfung gegen das Influenza-A-Virus H1N1 festgelegt. Es ist zuerst das Ge­sundheitspersonal, um bereits kranke und damit gefährdete PatientInnen vor Infektio­nen zu schützen. Dann sollen Menschen bis zum 49. Lebensjahr mit bestimmten chro­nischen Grunderkrankungen, die zu einer Risikogruppe gehören, geimpft werden. Es ist ausreichend Impfstoff zur Verfügung. Sobald dieser Impfstoff in Österreich zugelas­sen ist, können wir diesen Zielgruppen die Impfung auch empfehlen. Die unmittelbare Beratung muss durch den Hausarzt oder durch den Impfarzt speziell für die betroffene Person erfolgen.

Zur Frage 21:

In Österreich wird ausschließlich ein Impfstoff zum Einsatz kommen, der weder Adju­vantien, also Wirkungsverstärker, noch Konservierungsmittel oder Nanopartikel enthält. Das war auch die Grundlage für meine Entscheidung für diesen Impfstoff.

Zur Frage 22:

Die Frage zeigt, dass die Anfragesteller die Kostenentwicklung im Arzneimittelbereich für 2009 nicht kennen. Wir gehen im heurigen Jahr im Sozialversicherungsbereich be­reits um den Umsatzsteuereffekt bereinigt von einer Kostensteigerung von knapp 1,8 Prozent aus. Das ist der niedrigste Wert seit vielen Jahren. Die Diskussion um das Kassenpaket hat bereits ihre Früchte getragen. (Beifall bei der SPÖ.)

Zur Frage 23:

Ich habe es schon angesprochen, beim wichtigen Projekt e-Medikation habe ich mich persönlich dafür eingesetzt, dass die Spitäler von Beginn an und zusätzlich zu den nie-


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dergelassenen Ärztinnen und Ärzten, zu den Apothekerinnen und Apothekern einge­bunden werden. Wir haben maximale Kosteneffizienz, und wir werden dieses funktio­nierende System plangemäß im Jahr 2010 in Österreich zur Verfügung haben.

Zur Frage 24 betreffend AGES-MitarbeiterInnen und was sie so in Plattformen sagen:

Ich habe Kontakt zu den AGES-Betriebsräten. Dort wurde nichts Derartiges an mich herangetragen. Der Anteil der Verwaltungskosten an den Gesamtkosten der AGES ist nicht höher als in vergleichbaren Betrieben.

Zu Ihren Stichworten Analogkäse und Schummelschinken: Es dürfte Ihnen entgan­gen sein, dass die AGES im Bereich der Lebensmittel weder kontrollierende noch voll­ziehende Behörde ist. Die AGES begutachtet Proben, die die Lebensmittelkontrollore der Länder ziehen. Wenn die AGES-Gutachter Proben beanstanden, sind erneut die Länder am Zug. Es gehört nicht zu den eigentlichen Aufgaben der AGES, Schummel­schinken oder Analogkäse zu suchen oder vom Markt fernzuhalten. Die AGES ist Dienstleister und Erfüller von Analyse- und Begutachtungsaufträgen des Ministeriums oder der Länder.

Ich habe die AGES bezüglich Kunstkäse mit einer Sonderauswertung beauftragt. Das Ergebnis: Bei 60 Proben Käse beziehungsweise Lebensmitteln mit Käse lag nur in vier Fällen eine Verfälschung oder eine Irreführung vor. Die Beanstandungsquote ist daher niedriger als die durchschnittliche Beanstandungsquote bei allen Lebensmitteln.

Niemand hat jemals – und damit bin ich bei Beantwortung der Frage 25  die in der AGES arbeitenden Beamtinnen und Beamten für die Finanzsituation des Unterneh­mens verantwortlich gemacht. Richtig ist vielmehr, dass die AGES bei ihrer Gründung durch den damaligen FPÖ- oder BZÖ-Minister Herbert Haupt mit zu wenig Finanzmit­teln ausgestattet wurde. (Abg. Silhavy: Da schau her!)

Der wahre Bedarf wäre damals bei 73 Millionen € gelegen, der Wirtschaftsberater hat 71 Millionen empfohlen. Tatsächlich hat die AGES 54 Millionen bekommen. (Zwischen­ruf des Abg. Mag. Stadler.) – An dieser gravierenden Fehlentscheidung leidet das Un­ternehmen auch heute noch!

Ich weise darauf hin, dass die AGES ein hervorragendes Unternehmen ist, das interna­tional anerkannt und führend ist im Bereich der AGES PharmMed, im Bereich der Blut­sicherheit, und auch im Bereich des Instituts für Lebensmitteluntersuchung eine der Kompetenzstellen in Europa darstellt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Mit Ausnahme vom Käse und vom Schinken!)

Zur Frage 26:

Ich habe schon in der Beantwortung der Frage 18 gesagt, dass ich die Eignung des Rechnungshofes zur Wahrnehmung seiner Aufgaben nicht in Zweifel ziehe. Ich habe immer sehr, sehr gute Gespräche mit dem Rechnungshof geführt und auch immer wie­der erkennen können, dass es gute Beiträge gibt, die man in die Praxis umsetzen kann.

Zu den Fragen 27 und 28 – es geht um die Ernährungskampagne „Ernährung kann was“ –:

Ich als Gesundheitsminister habe die Aufgabe, sowohl die Verhältnisse als auch das Verhalten von Menschen zu ändern. Die Infokampagne „Ernährung kann was“ ist ein Baustein auf dem Weg zu einer gesünderen Ernährung. Die Inhalte basieren auf dem dem Parlament vorgelegten Ernährungsbericht, und zwar auf den dort genannten häu­figsten Ernährungsfehlern der Österreicherinnen und Österreicher. Die Einschaltungen enthalten leicht nachvollziehbare Ernährungstipps sowie Rezepte.

Ziel jeder gut gemachten Kampagne muss es sein, Aufmerksamkeit zu wecken und leicht verständliche Informationen zu vermitteln. Unterstützt wird dies sinnvollerweise


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durch eine Farbgestaltung mit Signalwirkung. Und so, wie dafür beispielsweise die Far­be Orange verwendet werden kann, ist das auch mit der aus meiner Sicht viel schöne­ren Farbe Rot möglich. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich komme zur letzten Frage, zur Frage 29:

Die Kampagne im Herbst ist eine Informationskampagne. Sie dient in erster Linie dazu, das Bewusstsein für eine gesunde Ernährung zu erhöhen und der Bevölkerung die Wahl von gesunden Lebensmitteln zu erleichtern. Dem einzelnen Bürger, der einzel­nen Bürgerin soll aufgezeigt werden, dass auch im Rahmen traditioneller Essgewohn­heiten gesunde Ernährung möglich ist.

Ich habe sehr gute Rückmeldungen über die fachlich sehr hochstehende Kampagne bekommen. Sie wurde von einem Marktführer auf diesem Gebiet erarbeitet. (Abg. Bucher: Was für eine rote Agentur war denn das?) Die Erarbeitung und die in­haltliche und mediale Vorbereitung, die Graphik, Fotos et cetera, haben rund 55 000 € gekostet. (Abg. Grosz: Und die Inseratekosten?) Bis dato haben wir Rechnungen von 11 506 € bezahlt. (Abg. Grosz: Die Gesamtkosten?) Ich werde das natürlich, wie alle Ausgaben des Ministeriums, auch öffentlich darlegen, wenn alle Rechnungen im Res­sort eingelangt sind.

Sehr geehrte Damen und Herren, Sie sehen, die österreichische Bundesregierung be­müht sich (Abg. Grosz: Fragen beantworten, Herr Minister! Wie viel haben Sie inse­riert? – Gegenrufe bei der SPÖ), das Thema Gesundheit so zu gestalten, dass wir den Menschen die Sicherheit geben können, dass dieses gute Gesundheitssystem weiter­entwickelt wird, damit wir auch in Zukunft gute, beste Gesundheitsversorgung für alle Menschen zur Verfügung haben. – Danke. (Anhaltender Beifall und Bravorufe bei der SPÖ sowie Beifall bei der ÖVP.)

15.44


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner länger als 10 Minuten sprechen darf, wobei jedem Klub eine Gesamtredezeit von 25 Minuten zukommt.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Strutz. Eingestellte Redezeit: 10 Minu­ten. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim: Das ist aber eine seltsame Rednerauswahl! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 


15.45.26

Abgeordneter Dr. Martin Strutz (BZÖ): So, wenn sich die Genossen in den SPÖ-Rei­hen einigermaßen beruhigt haben, dann begrüße ich das Hohe Haus. (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.)

Herr Bundesminister, für uns war Ihre Beantwortung mehr als enttäuschend. Sie war inhaltsleer, eine Art Placebo, das seine Wirkung verfehlen wird. Es war vor allem Reali­tätsverweigerung, die Sie in Ihrer Antwort dem Hohen Haus präsentiert haben (Zwi­schenruf des Abg. Petzner), denn Ihre Sicht der Dinge ist nicht die Sicht der Ärzte, der Vertreter der Apotheken, der Ländervertreter – die ja mittlerweile gegen Ihre Konzepte Klagen beim Höchstgericht eingebracht haben –, der Krankenhausbetreiber, von Ge­sundheitsökonomen, vor allem aber ist sie nicht die Sicht der Wirtschaftsexperten. Wenn Sie diese Realitätsverweigerung betreiben, ist das Ihre Art, mit dem Problem der Sanierung des Gesundheitsbereiches umzugehen.

Schon unter Ihrer Vorgängerin Kdolsky war ja Chaos das Führungsprinzip im Gesund­heitsministerium. Ich hätte mir nie gedacht, dass wir einmal feststellen müssen, dass sich der Spruch „Es kommt nichts Besseres nach!“ bewahrheitet. (Beifall beim BZÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 128

Zumindest in einem Punkt haben Sie das Hohe Haus belogen und die Unwahrheit ge­sagt. (Abg. Riepl: Seien Sie vorsichtig bei Ihrer Wortwahl!) Als Sie festgestellt haben, dass Sie über neue Steuern ... (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ich werde es Ihnen be­weisen: Der Herr Bundesminister hat gesagt, er hat nie über Steuererhöhungen nach­gedacht und denkt auch nicht daran. (Ruf bei der SPÖ: Das hat er nicht gesagt!)

Welcher Alois Stöger war es, der im Interview mit dem „Standard“ mit der Überschrift „Pröll vertraut den eigenen Leuten nicht“ gesagt hat, dass er die Sparpläne des Finanz­ministers für unrealistisch hält und höhere Steuern auf Kapitalerträge fordert? Waren Sie das, Herr Bundesminister, oder ist das eine Falschmeldung der Zeitung „Stan­dard“?

Sie sagen – und werden hier so zitiert –: „Ohne zusätzliches Steuergeld wird die Sanie­rung der Krankenkassen nicht funktionieren.“

Auf die konkrete Frage, woher dieses zusätzliche Steuergeld kommen soll, antworten Sie: „Ich denke dabei vor allem an Kapitalerträge.“

Die Sparbuchsteuer – nichts anderes ist das, was Sie der Öffentlichkeit in einem Inter­view mit dem „Standard“ mitgeteilt haben. (Zwischenrufe beim BZÖ.)

Ich möchte Ihnen auch gleich, weil Sie es angesprochen haben, den Unterschied (Ruf bei der SPÖ:  zu lang im Solarium!) – am Wörthersee scheint noch die Sonne, des­halb waren wir nicht im Solarium (Heiterkeit und Beifall beim BZÖ) – zwischen Ihrer Art der Gesundheitspolitik und jener der ÖVP-FPÖ/BZÖ-Koalition erklären. (Abg. Riepl: Aber Kärnten ist pleite!)

Herr Präsident, könnten Sie vielleicht ein bisschen darauf einwirken, dass sich die Ge­nossen beruhigen? Die Diskussion ist ihnen natürlich unangenehm. (Abg. Riepl: Kärn­ten ist pleite!)

Der Unterschied zwischen Ihrer Politik, Herr Gesundheitsminister, und jener der bür­gerlichen Koalition ist folgender: Die ÖVP-FPÖ-Regierung hat die Krankenkassen zu­nächst zu Sparmaßnahmen aufgefordert und danach Steuergeld zugeschossen. Sie geben zunächst einmal Geld und hoffen, dass dann Verwaltungsschritte gesetzt wer­den. (Abg. Riepl: Warum ist Kärnten pleite? Sagen Sie das einmal! – Abg. Bu­cher: ... pleite! Zuerst nachdenken!)

Herr Bundesminister, Sie haben zwei sehr entlarvende Sätze in Ihrer Beantwortung ge­sagt. Sie haben gesagt, wir müssen über das Gesundheitssystem sprechen, wir müs­sen über das Gesundheitssystem in der Krise reden. – Jawohl, Professor Freud hätte mit dieser Aussage seine Freunde (Abg. Krainer: „Freunde“?), denn das Gesundheits­system steckt tatsächlich in einer Krise. Und wenn Sie davon sprechen, dass Sie einen neuen Weg gehen wollen, dann ist das eine gefährliche Drohung. (Beifall beim BZÖ.)

Lesen Sie die Schlagzeilen von heute: „IWF warnt vor Explosion der Schulden auf 300 Prozent.“

Auch der Wirtschaftsexperte Kramer, der Ex-Wifo-Chef, sagt, dass das vor allem auf zwei Bereiche zurückzuführen ist, und zwar auf den Gesundheitsbereich und auf den Pflegebereich, die wir nicht in den Griff bekommen.

Herr Bundesminister, wenn ich Sie frage, was Sie von den Ankündigungen im Regie­rungsprogramm tatsächlich umgesetzt haben, dann können Sie nur sagen, dass das zwischen Hauptverband und Ärztekammer verhandelte Sanierungskonzept allen wirt­schaftlichen Reformgedanken widerspricht und nicht tragbar ist. Die Länder mit ihren Krankenanstalten wurden nicht eingebunden! Es wurde darauf vergessen, jene Kos­tenträger und jene Spieler, die im Gesundheitssystem die wichtigste Rolle innehaben, mit einzubinden. Sie haben ja die Klagen von zwei Ländern beim Höchstgericht bereits am Hals.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 129

Die Strukturreform aller Sozialversicherungsträger wurde bisher noch immer nicht in Angriff genommen. Deshalb bringen wir heute einen Entschließungsantrag bereits zum dritten Mal ein. (Abg. Silhavy: Deswegen wird er auch nicht besser!) Dieser sieht vor, dass die 19 gleichartigen Organisationen mit ihren aufgeblähten Verwaltungsapparaten endlich zusammengelegt werden. Allein die Kostenexplosion in den letzten fünf Jahren in diesem Bereich beträgt mehr als 52 Prozent – mehr als 52 Prozent! Ein kleines Land wie Österreich leistet sich in Summe 22 Träger im Sozialversicherungsbereich.

Aus diesem Grund muss – und das fordern wir – eine Zusammenführung aller Finan­zierungs- und Steuerungsfunktionen im Gesundheits- und im Sozialbereich erfolgen. Das ist in mehr als einem Jahr nicht geschehen, und Sie lassen auch die notwendigen legistischen Maßnahmen vermissen. (Beifall beim BZÖ.)

In einer Stellungnahme zum Entwurf des Bundesgesetzes, mit dem das Krankenan­stalten- und Kuranstaltengesetz geändert wird – das haben wir noch zu beschließen –, stellen die Länder fest, dass nach wie vor die zur Umsetzung des Österreichischen Strukturplanes 2006 notwendigen legistischen Schritte seitens des Bundesgrundsatz­gesetzgebers vermisst werden. Zwar sind die Länder verhalten, im Rahmen des öster­reichischen Strategiegesetzes regionale Strukturpläne für das Gesundheitswesen, die sowohl den intra- als auch den extramuralen Versorgungsbereich umfassen, zu entwi­ckeln, die Länder weisen aber in einem Schreiben darauf hin, dass die dafür notwendi­ge regionale Strukturplanung zwingend notwendige legistische Instrumentarien benö­tigt und dass diese fehlen.

Die Transformation der Strukturqualitätskriterien für die Privatkrankenanstalten ist zur­zeit ebenfalls mangels gesetzlicher Determination rechtlich nicht möglich. Sie fordern eine längst fällige gesetzliche Initiative, damit jene Strukturpläne, die auf Länderebene schon erarbeitet wurden, umgesetzt werden können. Auch in diesem Bereich sind Sie mehr als säumig.

Die finanzielle Durchführbarkeit der Reform, die man nur als gewaltsame Umvertei­lungsaktion bezeichnen kann, wackelt an allen Ecken und Enden. (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.) Die Finanzierung ist in diesem Bereich nicht möglich. Die angekün­digten regionalen Töpfe für Maßnahmen zur Strukturbereinigung wurden nicht einge­richtet und die für Ende 2009 groß angekündigte e-Medikationsdatenbank nicht umge­setzt, elektronische Krankenhausakten nicht einmal in Angriff genommen.

Herr Bundesminister, Sie haben versprochen, im Bereich des Mutter-Kind-Passes für Verbesserungen zu sorgen. Sie haben ein Strategiepapier angekündigt. – Dieses liegt noch immer nicht vor.

Herr Bundesminister, Sie haben keine strategischen Verhandlungen mit der Pharmig und der Apothekerkammer geführt, um jene Kosten, die aufgrund der Preiserhöhung trotz der Senkung der Mehrwertsteuer auf 10 Prozent bei den einzelnen Personen und Kranken zu Buche schlagen, zu verringern.

Wir könnten diese Liste fortsetzen. Deshalb bringen wir einen Misstrauensantrag ein:

Misstrauensantrag

gemäß § 55 GOG-NR

der Abgeordneten Ursula Haubner, Dr. Spadiut, Kollegin und Kollegen betreffend Ver­sagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Gesundheit

eingebracht im Zuge der Debatte zur Dringlichen Anfrage der Abgeordneten Ursula Haubner, Dr. Strutz, Dr. Spadiut, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Ge-


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sundheit betreffend „Steuererhöhungen statt zukunftsweisender Gesundheitsreform“ in der 37. Sitzung des Nationalrates

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen nachstehenden

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Dem Bundesminister für Gesundheit wird gemäß Art. 74 Abs. 1 B-VG durch ausdrück­liche Entschließung des Nationalrates das Vertrauen versagt.“

*****

(Abg. Dr. Jarolim: Kommt jetzt der Herr Petzner auch dran?)

Herr Bundesminister, Sie agieren fahrlässig. (Zwischenruf des Abg. Krainer.) Sie stel­len durch Ihre Untätigkeit weiterhin eine große Gefahr für das Gesundheitssystem in Österreich dar! (Beifall beim BZÖ. – Ruf bei der SPÖ: Warum lesen Sie die Begrün­dung nicht vor?)

15.55

15.55.10

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Misstrauensantrag ist aus­reichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Herr Abgeordneter Dr. Strutz, Sie haben gegenüber dem Minister den Vorwurf der Lü­ge mit den Worten „Sie haben zumindest in einem Punkt gelogen“ erhoben. Dafür er­teile ich Ihnen einen Ordnungsruf.

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Haberzettl. Eingestellte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


15.55.54

Abgeordneter Wilhelm Haberzettl (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Werte Regie­rungsmitglieder! Hohes Haus! Vorweg ein paar Bemerkungen zum Antrag: Ich habe noch nie einen Misstrauensantrag mit solch einer Leere gesehen – darin stimme ich mit Ihnen überein, Herr Strutz (Zwischenruf des Abg. Bucher) –, nämlich nicht ein Wort der Begründung des Misstrauens in diesem Antrag! (Abg. Scheibner: Ist ja auch nicht notwendig! Ist ein Geschäftsordnungsantrag!) Es wäre schön, wenn Sie ihn wenigstens begründen könnten – aber vielleicht können Sie das auch gar nicht.

Herr Strutz, ich darf Ihnen noch einen persönlichen Tipp geben: Gehen Sie nicht so viel in die Wörthersee-Sonne, sonst erwachsen dem System unter Umständen noch Unkosten. Tun Sie das nicht! Meiden Sie bitte in Zukunft die Sonne! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe beim BZÖ.)

Ich bin eigentlich überrascht, dass gerade die Abgeordnete Haubner – Sigisbert Dolin­schek, ich darf Sie mit einschließen in diesen Kreis (Ruf beim BZÖ: Wie ist das mit den Krankendaten bei den ÖBB?) – davon spricht, dass der Gesundheitsminister am Sys­tem gescheitert ist, denn die Abgeordnete Haubner sollte da vor ihrer eigenen Tür keh­ren, denn auch sie war in der Vergangenheit für ein wesentliches Element des Ge­sundheitssystems, nämlich für den Hauptverband, zuständig. Ich war selbst dort anwe­send und war nicht unbedingt beeindruckt vom Reformwillen der damaligen Sozialmi­nisterin.

Wir sollten – das ist unumstritten – eine Diskussion um die weitere Verbesserung und Erhaltung des besten Gesundheitssystems auf diesem Globus führen. Wir sollten nicht Menschen verunsichern, die durch dieses System sozial abgesichert werden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 131

Es ist allen bewusst, dass Ende 2009 dieses System mit 1,2 Milliarden € verschuldet ist. Es gibt verschiedene Gründe dafür: Das sind allgemeine Kostensteigerungen, aber auch eine enorme Weiterentwicklung der Wissenschaft im technischen und im medizi­nischen Bereich. In diesem System sind aber auch Kosten versteckt, die mit Versiche­rungszugängen überhaupt nichts zu tun haben. Das wissen alle hier Anwesenden. Ge­rade unter Ihrer (in Richtung BZÖ) Regierungsbeteiligung wurden von Ihnen enorme Kosten in dieses System verschoben.

Die Bundesregierung ist entschlossen, bis 2012 die Gesamtsumme von 450 Millio­nen € in dieses System durch Entschuldungsmaßnahmen, durch Teilentschuldungs­maßnahmen zu investieren, aber auch durch den Strukturfonds für 2010 100 Millio­nen € zusätzlich und in der Folge noch durch Verhandlungen abzudeckende adäquate Beträge. Das ist ein erster ganz, ganz wichtiger Schritt, weil das System einfach Luft braucht und allein durch diese Teilentschuldung eine Entlastung im Bereich der Zin­sendienste eintritt und die Versicherungsträger selbst und das System selbst wieder zu einer vernünftigen Arbeit und zu einer vernünftigen Tätigkeit kommt.

Ich glaube, dass Herr Bundesminister Stöger außerordentlich klug gehandelt hat, in­dem er den Hauptverband und damit verbunden auch die einzelnen Träger im Zuge der Trägerkonferenz in diese Lösung, in eine Reform integriert hat. Denn wenn die Trä­ger selbst eine Reformlinie erarbeiten, müssen sie sich auch zu deren Umsetzung be­kennen. Ich behaupte auch, die kompetentesten Menschen sitzen in den Trägern – letztendlich kommt auch der Bundesminister aus diesem Trägersystem, und wir haben schon lange nicht einen solch kompetenten Bundesminister in diesem Bereich gehabt. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich gebe zu, auch ich bin ungeduldig, weil ich erkenne, wie wichtig die Reform des Systems ist, wie wichtig Maßnahmen in diesem Bereich sind. Das Allerwichtigste sind die finanziellen Maßnahmen; die sind jetzt vereinbart, die stehen vor der Umsetzung. Aber dieser Bundesminister hat etwas geschafft, was Sie vermurkst haben in der alten Regierung, denn damals gab es ein gestörtes Gesprächsverhältnis zwischen Ärzte­schaft und den Trägern und der Politik.

Und seien Sie nicht so vermessen, Sie wissen genau, dass die Pharmaindustrie bereits Verträge besitzt, die bindend sind. Und wenn Sie behaupten, die Krankenhäuser seien nicht einbezogen, sollten Sie wissen, dass die Krankenhäuser im Zuge der Artikel 15-Vereinbarung bis 2011 zu bestimmten Maßnahmen verpflichtet sind und 2011 eine Evaluierungsphase ist. Auch das sollten Sie wissen, wenn Sie Kritik üben.

Abschließend: Dieses System verdient Vertrauen, dieser Minister verdient Vertrauen. Er hat hoffentlich die Geduld und den Mut, diese Reform in diesem Stil auch weiter vo­ranzutreiben. Alles Gute! (Beifall bei der SPÖ.)

16.00


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Rasinger. Eingestellte Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


16.01.00

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Minister! Wie allgemein bekannt ist, bin ich Arzt. Jeder Arzt muss bei einem Pa­tienten erst einmal eine Diagnose stellen, und wenn die Diagnose falsch ist, dann geht es meistens dem Patienten schlecht oder er stirbt sogar. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Wenn ich das heute auf diese Dringliche Anfrage übertrage und eine Diagnose stellen darf: Ich habe nicht bemerkt, dass Sie auf diesen zehn Seiten wirklich zukunftsweisen­de Gesundheitsreformen aufzeigen, und vor allem sind für mich die Mittel und Metho-


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den überhaupt nicht nachvollziehbar. Ich bin schon einige Zeit in der Gesundheitspolitik tätig und kann daher das Wort „schwammig“ nur zurückgeben. Etwas so Schwammi­ges wie diese Anfrage, wo ich wirklich Mühe hatte, mich da durchzuarbeiten und den roten Faden zu finden, muss man mir einmal „vorhupfen“. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich möchte aber nun etwas näher darauf eingehen. Was hat die Schweinegrippe, was hat die AGES, was hat die e-Medikation, was haben Medikamentenpreise, was hat das Hauptverbandpapier, was hat ein Unvermögen, etwas zu durchschauen, was haben die Kapitalerträge mit einer umfassenden Gesundheitsreform zu tun? – Leider: Nicht genügend, setzen! (Abg. Scheibner: Das ist natürlich Aufgabe des Ministers! Was denn sonst?!)

Es ist am Sonntag Landtagswahl, aber tun Sie das dem österreichischen Gesundheits­wesen trotzdem nicht an! Ich kann nur eines sagen: Man kann ein System so lange re­formieren oder so lange krankreden, bis es wirklich krank ist. England hat das ge­macht, Deutschland hat das gemacht – die Erfolge sind niederschmetternd!

Ich glaube, wir sollten bei allen Schwierigkeiten, die jedes Gesundheitswesen der Welt hat, einmal auf den Punkt zurückkommen: Worum geht es? – Es geht erstens darum, eine hochqualitative Versorgung sicherzustellen, zweitens für alle, drittens unabhängig vom Alter und vom Einkommen und viertens flächendeckend. Wer das schafft, der hat eine Gesundheitsreform geschafft, und wir liegen da gar nicht so schlecht.

Vor zwei Wochen war in CNN ein einstündiger Bericht über das österreichische Ge­sundheitswesen als Quasivorbild für Barack Obama, der sich mit dem Problem herum­schlagen muss, dass es 49 Millionen Amerikaner, also 17 Prozent, ohne irgendeinen Schutz und 21 Millionen Unterversicherte gibt.

21 Millionen Unterversicherte, das heißt zum Beispiel auch: Eine Frau kommt mit Brustkrebs ins Spital und wird operiert. Dann sagt die Versicherung: Aber die Chemo­therapie zahlen wir nicht, Wiederschauen! – Das wäre in Österreich nicht denkbar.

Ich glaube, man sollte auch da die Kirche im Dorf lassen und einmal danke sagen: den 350 000 Beschäftigten und auch allen Politikern, die sich über Jahrzehnte im Gesund­heitsbereich bemüht haben.

Ich möchte nur ein Beispiel dafür bringen, wie angewandte Gesundheitspolitik aus­schaut. Ein bekannter Österreicher bricht in seinem Garten in Kärnten zusammen – ich habe es in der Zeitung gelesen. Es wird Erste Hilfe geleistet. 7 Minuten später landet im Garten ein Notarzthubschrauber, er wird in kritischem Zustand ins Spital gebracht. Acht Wochen später erwacht er aus dem Koma, heute ist er in Rehab.

Wissen Sie, was ich als Gesundheitspolitiker mir gedacht habe? – Gott sei Dank haben wir eine ordentliche Notarzthubschrauberversorgung. In ganz Finnland – ein Land, das uns oft als Beispiel vorgehalten wird; dort sei es besser, heißt es – gibt es zwei Not­arzthubschrauber bei einem fünfmal größeren Gebiet! Ich habe vor vier Jahren bei einem Parlamentarierturnier Erste Hilfe leisten müssen. Wissen Sie, wie unangenehm es ist, wenn jemand sterbend auf dem Spielfeld liegt und die Rettung 45 Minuten braucht, bis sie überhaupt kommt, und dann dauert es noch einmal 45 Minuten bis ins Spital? Wenn das mein Vater wäre, meine Mutter wäre, dann würde ich sagen, mir ist das österreichische System, wo wir uns schon aufregen, wenn nach 8 Minuten Hilfe kommt, zehnmal lieber! (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald.)

Gerade von einem Arzt wollen Sie klare Antworten hören, und ich sage Ihnen: Spar­samkeit ja, rationieren nein.

Diese Kraut-und-Rüben-Anfrage – ich möchte nur auf einen Punkt eingehen – hat dem Thema sicher nicht genützt!


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Schweinegrippe: Auf der einen Seite sagen Sie, impfen ja, impfen vielleicht, weil es un­gefährlich ist, andererseits fragen Sie: Warum Impfstoff einkaufen? – Ich sage Ihnen, auch wenn diese Grippe wahrscheinlich ungefährlicher ist als die normale Grippe, ha­ben wir den WHO-Daten zufolge Grund zur Annahme, dass wahrscheinlich 2 500 Leu­te möglicherweise daran sterben werden. Das ist nicht lustig, und das sind auch nicht wenige. Ich bin für das Impfen! Natürlich können Sie bezüglich der 2,4 Millionen, die vielleicht umsonst geimpft werden, sagen: Das ist wurst, das interessiert mich nicht!

Zum Hauptverband und Ärztepapier: Ja, das ist ein engagierter Versuch, es ist ein Schritt weiter. Der deutsche Minister Seehofer hat gesagt, am Tag nach der Reform ist der Tag vor der Reform. Nichts ist so kompliziert wie das Gesundheitswesen – es ist wesentlich komplizierter als die Pensionsreform oder viele andere Themen.

Unsere Fraktion wird den Misstrauensantrag ablehnen. Ich glaube, Minister Stöger hat sich Vertrauen verdient. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.) Ich glaube, er ist ein Minister, der sich gut auskennt, und hat auch das Herz, das man im Gesundheitswesen braucht, denn: 20 Prozent der Patienten benötigen 80 Prozent der Leistungen. Und ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage, das sind meistens Hochbetagte, die sich nicht wehren können. Und diese Menschen brauchen auch in der Gesundheitspolitik einen An­sprechpartner und einen, der sich dafür einsetzt. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie Bravorufe bei der SPÖ.)

16.07


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Belako­witsch-Jenewein. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 7 Minuten. – Bitte.

 


16.07.21

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Präsident! Sehr ge­ehrte Herren auf der Regierungsbank! Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Ein Wort zum Kollegen Haberzettl: Ich habe es etwas überraschend gefunden, dass die SPÖ zum Gesundheitsbereich den Kollegen Haberzettl ans Rednerpult schickt. Ich weiß nicht, ob das Studium von Krankenakten von Kollegen unbedingt die Befähigung ist, zum Gesundheitsthema Stellung zu nehmen. Vielleicht ist das jetzt die Antwort der SPÖ auf die Kritik am Bundesminister, die hier gekommen ist. (Beifall bei FPÖ und BZÖ. – Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Frau Kollegin Silhavy, Sie haben genug Zeit, sich zu Wort zu melden. Kommen Sie hier heraus und schreien Sie nicht immer dazwischen. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Dr. Jarolim: Sie verwechseln die Sachverhalte! Das ist ein Problem!)

Nun zum eigentlichen Thema. – Wir haben heute hier eine Dringliche Anfrage zum Thema Gesundheit, wo auch der Herr Bundesminister bezüglich vielem, was er tut oder was er eben nicht getan hat, kritisiert wird. Vieles kann man unterstreichen. Ja, es ist also nicht der Überschwang, den der Herr Bundesminister für Gesundheit hier gemacht hat – das kann man allerdings für die gesamte Regierung sagen. Mir ist nicht ganz klar, warum es hier einen Misstrauensantrag gegen den Bundesminister für Ge­sundheit gibt, denn genauso gut könnte man hier gegen jeden anderen Bundesminister einen Misstrauensantrag stellen. Sie haben es wahrscheinlich selbst nicht gewusst, deshalb haben Sie es auch nicht kritisiert und nicht begründet. Wenn es einen Miss­trauensantrag gibt, dann, bitte schön, gegen Herrn Bundeskanzler Faymann, denn die­ser ist nämlich der wirklich Verantwortliche. Er ist der Chef dieser Regierung, die hier überhaupt nichts zustande bringt! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Scheibner: Warum brin­gen Sie keinen ein?)

Herr Bundesminister Stöger, selbstverständlich haben Sie vieles nicht gemacht, im Gesundheitswesen ist noch vieles im Argen. Das wissen wir alle. Die Finanzierung ha­ben Sie jetzt mit viel, viel Bauchweh so halb über die Runden gebracht, aber in Wirk-


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lichkeit wird sich erst noch zeigen, wie weit die Kassen damit kommen, wie lange die Kassen damit überleben können. Das ist das Einzige, das Sie bis jetzt wirklich vorwei­sen können, aber sonst schaut es im Gesundheitsbereich eher traurig aus.

Es ist nichts geschehen, was eine Zusammenlegung der Krankenkassen betrifft. Wir haben in Österreich nach wie vor 19 Krankenkassen für 8 Millionen Einwohner. Das ist völlig unnötig! Wir haben 19 Kassen, 19 Obleute, 19 Vorstände, also wir haben alles 19-fach. Das ist ein massiver Verwaltungsaufwand, den man sich selbstverständlich sparen könnte. Ich meine, dass man das wirklich einmal in Angriff nehmen müsste. Herr Bundesminister, das müssten Sie auch wirklich einmal machen!

Gleiches gilt für die sogenannte Finanzierung aus einer Hand, also die Bündelung der Geldflüsse, aller Geldflüsse im Gesundheitssystem. Selbstverständlich ist das auch ein ganz wichtiges Thema, weil das auch dazu führt, dass Patienten hin und her verscho­ben werden. Wir haben Doppeluntersuchungen, wir haben Mehrfachuntersuchungen, und all das verursacht natürlich enorme Kosten, die hier ganz einfach eingespart wer­den könnten, ohne dass die Patienten einen Verlust hätten. Das haben Sie nicht in An­griff genommen.

Was den Missbrauch im Gesundheitswesen, den Missbrauch der e-card angeht: Da ist überhaupt nichts geschehen, da haben Sie sogar einen Schritt zurück gemacht. Im­merhin hat Ihre Vorgängerin schon angekündigt, dass das Foto kommen wird. Sie ha­ben dann gesagt, nein, es braucht kein Foto, obwohl selbst der Seniorenchef der SPÖ, Herr Blecha, gesagt hat, ein Foto ist eine gute Sache, man könnte die Karte dann auch gleichzeitig als Pensionistenkarte verwenden. Da sind Sie völlig untätig.

Die Leistungsharmonisierung der Krankenkassen: nichts geschehen!

Die Vorsorge, ein ganz großes, ambitioniertes Thema im Regierungsübereinkommen: Vorsorge gibt es de facto nicht. Das ist einfach nur ein Wort im Regierungsübereinkom­men, aber geschehen ist in der Zwischenzeit überhaupt nichts! Wenngleich ich auch anerkenne – ich hoffe, dass das jetzt keine Zeitungsente war –, dass die Pneumokok­kenimpfung ab nächstem Jahr für Kinder kostenlos angeboten werden soll. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber bei weitem viel zu wenig.

Der Arzneimittelsicherheitsgurt: bis heute nicht umgesetzt.

Diese Liste ließe sich noch lange fortführen. Es gäbe noch vieles zu tun, und bei vie­lem haben Sie noch nicht einmal begonnen. Dennoch meine ich, jetzt zu sagen, dass der Herr Gesundheitsminister das Misstrauen verdient, ist ein bisschen eine schwache Sache. Meine Damen und Herren vom BZÖ, dann könnten wir gleich der gesamten Regierung das Misstrauen aussprechen, denn es ist in allen Bereichen nichts gesche­hen und nichts umgesetzt worden. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich glaube, es ist schon ein durchsichtiges Spiel, einen Minister, der halt – sage ich jetzt einmal – das Pech hat, aus Oberösterreich zu sein, oder das Pech hat, zufällig in Oberösterreich beheimatet zu sein, jetzt zur Zielscheibe zu machen. Das ist ein durch­sichtiges Spiel, das ist ein Wahlkampfgag, der in Wirklichkeit eine Sinnlosaktion dar­stellt. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir werden daher diesem Misstrauensantrag mit Sicherheit nicht zustimmen. Ich glau­be auch, dass gerade Bundesminister Stöger einer ist, der im Gegensatz zu dieser dumpfen Faymann-Rudas-Linie, die es da gibt, nämlich der Ausgrenzung der FPÖ und dem permanenten Hinhauen auf die FPÖ, einen ganz anderen Weg geht, der sehr wohl bereit ist, auch in Sachfragen mit uns Gespräche zu führen, in Sachfragen auch immer wieder die Opposition mit einzubeziehen. Allein aus diesem Grund, würde ich sagen, ist Herr Bundesminister Stöger ein positives Beispiel in dieser Regierung, weil er sich eben nicht scheut, auch die Opposition zu Wort kommen zu lassen. (Beifall bei FPÖ und SPÖ. – Zwischenrufe beim BZÖ.)


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Ich glaube, dass das etwas sehr Positives ist, denn es ist im Sinne dessen, was uns al­len hier wichtig sein soll. Man sitzt hier als Opposition nicht, um immer nur dumpf zu kritisieren, sondern – und das ist meine Aufgabe, das ist mein Anspruch – es ist mir wichtig, auch etwas umsetzen zu können. Und wenn ich in Sachfragen mit den Regie­rungsparteien etwas umsetzen kann, dann ist es auch meine Pflicht, das zu tun, denn das sind wir alle, glaube ich, den Menschen in diesem Land schuldig.

Wir sind nicht dafür gewählt, dass wir irgendwelche Wahlkampfgags hier vom Zaun brechen. Wir sind dafür gewählt, dass wir für die Menschen in diesem Land so gut wie möglich arbeiten, und das auch über ideologische Grenzen und Parteigrenzen hinweg. Es ist schlimm genug, dass es einige Politiker, vor allem in der SPÖ, gibt, die diesen Weg absolut nicht gehen möchten. Herr Bundesminister Stöger ist es nicht. Daher wer­den wir heute diesem Misstrauensantrag nicht zustimmen. (Beifall bei der FPÖ. – Oje-Rufe beim BZÖ.)

16.13


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Grünewald mit gewünschten 9 Minuten zu Wort. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Der beste Minis­ter der Freiheitlichen: Stöger! – Heiterkeit beim BZÖ.)

 


16.14.00

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzter Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Das BZÖ hat einen Antrag gestellt, der so viel bedeutet wie: der Patient/die Patientin im Mittelpunkt, die Steuerzahlerin/der Steuerzahler im Mittelpunkt, und rundherum ist aber dann eigentlich nichts mehr. Etwas in den Mittelpunkt zu stellen, vielleicht auch den Minister, aber kei­ne Gegenvorschläge zu bringen, ist wenig. Und wenn ich in Ihre Reihen schaue: Es sind wahrscheinlich gerade 50 Prozent entweder in der Apotheke, in einer Ambulanz oder beim niedergelassenen Arzt, oder sie belagern den Hauptverband; ich weiß es nicht. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Grillitsch: Bei Ihnen sind oft nicht einmal 2 Pro­zent da! So eine Arroganz!)

Entscheidend wäre aber – Rasinger hat es angesprochen –, eine richtige Diagnose zu stellen. Es ist auch dem BZÖ bekannt: Die Gebietskrankenkassen haben 1,3 Milliar­den € Schulden. Sie zahlen jährlich 40 Millionen € Zinsen, nur um die Kredite zur Schul­dentilgung zu zahlen!

Jetzt darf man sich fragen: Warum machen sie Schulden? Oder: Warum haben sie Schulden? Einer der Chefs der Pharmig, also der Vereinigung der pharmazeutischen Industrie, den das BZÖ ja als Vorbild, als Ideenstifter nennt, hat gesagt, die Zustände der Gesundheitsreform und die Zustände der Krankenkassen spiegeln koreanische Verhältnisse wider. Ich habe ihm geantwortet, wenn in den Krankenkassen koreani­sche Verhältnisse sind, trägt unsere „koreanische“ Regierung dazu maßgeblich bei.

Warum? – Wenn eine Regierung den Kassen vorschreibt, welche Leistungen diese den Österreicherinnen und Österreichern zu bieten haben, nämlich angemessen dem medizinischen Fortschritt, und gleichzeitig den Kassen vorschreibt, über welche Ein­nahmen sie verfügen dürfen, man aber nach kurzer Zeit draufkommt, dass sich das nicht ausgeht, und als Fazit dann sagt: Köpferollen, Sallmutter muss gehen, der muss gehen, wir färben um, wir holen dann so tolle Leute wie Sickl, Gaugg, Waneck!, möch­te ich Ihnen schon die Frage stellen: Sollen wir diese Leute wieder reaktivieren, um das Gesundheitssystem zu reformieren?

Haben Sie zentrale Probleme angesprochen, die alle ExpertInnen nennen, nämlich die maximale Zersplitterung von Kompetenzen, Verantwortung und Finanzströmen? – Die hat nicht der Herr Minister erfunden, die sind vor Jahren politisch verantwortet und po­litisch vorgegeben worden!


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Man redet über Korruption im Gesundheitswesen und fragt: Was geht da an Geld ver­loren? Was kann man dagegen tun? – Ich nenne es jetzt nicht Korruption, aber ich fra­ge Sie: Was ist es, wenn in einer Republik, damit Länder einem Bundesgesetz zustim­men, in Artikel-15a-Verträgen 100 Millionen und mehr an die Länder fließen müssen, damit die Länder ein Gesetz unterschreiben? Ich frage Sie: Wie nennt man das? Wie nennt man es, wenn Staatsverträge mit den Ländern geschlossen werden müssen über Krankenhäuser, die im Landesbereich alle defizitär sind, allen voran das Landes­krankenhaus Klagenfurt, und die Länder die Verantwortung tragen, ein Minister, eine Ministerin, der Hauptverband aber im Landeskrankenhausbereich mit relativ gebunde­nen Händen dasteht?

Ist es ein politisches Versagen, wenn in einer Gesundheitsreform unter ÖVP-Ministerin Rauch-Kallat – Fortsetzung: Kdolsky – eine Gesundheitsplattform in den Ländern er­richtet wird, die politisch aberwitzig in drei Arbeitskreise geteilt wird: niedergelassener Bereich, stationärer Bereich, Reformbereich? Überall hat ein anderer Verantwortlicher die absolute Stimmenmehrheit, und alle drei konkurrenzieren sich!

Das Institut für Höhere Studien ist Ihnen bekannt. Dort ist man gesundheitspolitisch äußerst kompetent und hat festgestellt, dass die Gesundheitsplattformen kaum die Gelder aus dem Strukturfonds, über die sie verfügen könnten, abrufen. Diese 2 Pro­zent werden nicht genutzt, und man kann als Bundespolitiker nur zuschauen. Das ist politische Verantwortung!

Warum erwähnen Sie nicht, dass der Krankenkasse – der Rechnungshof hat das fest­gestellt – weit über 100 Millionen € entzogen werden durch kassenfremde Leistungen: für Zuschüsse an Privatkrankenhäuser über 80 Millionen, Unterdeckelung bei Arbeits­losen 40 Millionen, Wochengeldzahlungen 26 Millionen nur bei der Wiener Gebiets­krankenkasse, und vieles andere mehr? Wo ist der politische Deal, und wer traut sich zu dem zu stehen, wo Gebietskrankenkassen offensichtlich geschädigt werden, wenn Vertragsbedienstete der Länder und Gemeinden plötzlich bei der BVA landen, wenn Privatangestellte der Universitäten – und die gibt es seit vier Jahren nur mehr bei Neu­anstellungen – nicht zur Gebietskrankenkasse gehören, sondern bei der BVA sind? Das sei der BVA gegönnt, aber den Gebietskrankenkassen hilft das nicht, ihre Defizite abzubauen – im Gegenteil.

Und warum spricht niemand die essenziellen Dinge an, die auch alle ExpertInnen be­stätigen, nämlich dass die Kassen eine Einnahmenerosion haben, einen Einbruch der Einnahmen, und der gesamte Reformanlauf an und für sich eine Farce ist? Die Defizite werden weiter steigen. Man wird sie nicht einmal einfrieren können, weil durch die pre­käre Wirtschafts- und Finanzlage mehr Teilzeitbeschäftigte sind, niedrige Lohnniveaus, mehr Arbeitslose, mehr prekär Beschäftigte. Das wird sich zu Buche schlagen.

Und dann sagt jeder: Die PatientInnen stehen im Mittelpunkt, es wird euch nichts ge­schehen! Wie ein Messias sprechen die Verantwortlichen das aus: Es wird euch nichts geschehen! Aber wenn alle schreien, dass die Kassen nicht mehr Einnahmen bekom­men dürfen, ja wie soll das dann gehen?! Sie wissen, dass der Fortschritt der Medizin es notwendig macht, den Fortschritt auch allen anzubieten – unabhängig von ihrer Stellung in der Hierarchie der Gesellschaft und unabhängig von ihrem Einkommen; al­len, fair und gerecht. Und das ist nicht zu machen! Warum sagt das niemand? Das ist mit Defiziten nicht zu machen, und es ist auch mit diesen wackeligen Sanierungsmaß­nahmen nicht zu machen.

Warum ist nicht eine/einer in der ÖVP Manns oder Frau genug und sagt, dass Vertre­ter aus ihren Kreisen – zum Beispiel aus der Wirtschaftskammer Präsident Leitl; ande­re will ich jetzt gar nicht nennen, um sie nicht zu schädigen – selbst einmal vorgeschla­gen haben, die Höchstbeitragsgrenze aufzumachen, weil nichts anderes übrig bleibt,


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und zumindest darüber nachzudenken, ob nicht-lohnabhängige Einkommen für die Verbreiterung der Kasseneinnahmen herangezogen werden sollen? Warum sagt das niemand?! Das finde ich schlimm.

Wenn der Hauptverband, vertreten durch einen ehemaligen ÖVP-Abgeordneten, zu­sammen mit der Ärztekammer, die ja auch nicht unendlich weit von der ÖVP entfernt ist, etwas beschließt und ein ÖVP-Vizekanzler dann sagt: So aber nicht!, dann ist das eine schäbige Sache. (Beifall bei den Grünen.)

Die Politik delegiert an die Sozialpartner ein zentrales politisches Instrument der Ge­sundheitsreform, ein ganz essenzielles Instrument. Sie lässt die Sozialpartner arbeiten und sagt: Nein, so nicht, es gibt dieses Geld nicht! Aber die Kassen, die Patienten können nicht warten.

Ich sage Ihnen eines: Die meisten Leute in Österreich  dazu gibt es auch Umfragen – würden gerne – ich sage: gerne – etwas mehr zahlen, um dann die Sicherheit zu ha­ben, auf medizinische Leistungen nicht aus ihrer eigenen Brieftasche draufzuzahlen oder diese überhaupt vollständig zu zahlen. Diese Versorgungslücke gibt es in Öster­reich. Die Belastung privater Haushalte durch Gesundheitskosten ist weit über dem internationalen Schnitt, weit darüber, und ich glaube, man kann die Leute nicht noch mehr belasten.

Es gibt Defizite, die behoben werden müssen, weil sie PatientInnen und BürgerInnen zweiter Klasse schaffen. Es gibt in ganz Westösterreich keine einzige Kassenstelle für Kinderpsychiatrie. Es gibt massive Versorgungsdefizite psychisch Erkrankter durch mangelnde Versorgung mit FachärztInnen. Es gibt Psychotherapie auf Krankenschein nur für einen rudimentären Teil der Bevölkerung – und vieles mehr.

Zum Schluss noch etwas zur Doppelbödigkeit der ÖVP: Die Wirtschaftskammer Öster­reich hat eine riesige Studie gemacht – spannende Daten, alles interessant – und schwelgt in höchster Euphorie, denn sie kam zu dem Befund, dass sich die Gesund­heitskosten in Österreich in 20 Jahren verdoppeln werden. Hurra, wir machen Geschäf­te, wir bekommen neue Kammermitglieder, Zehntausende Arbeitsplätze werden ge­schaffen! – Die jubeln. Die anderen schreien Apokalypse, und Pröll sagt einfach Nein. Das ist keine Politik. Ich würde die Wirtschaftskammer schon ersuchen, wenn sie sich schon so freut, dass die Gesundheitskosten explodieren, in ihrem Programm nicht nur über Wellness und Gesundheitstourismus zu schreiben, als Innovation nicht nur Zungenreiniger und als Berufsgruppe nicht nur die Astrologen zu empfehlen. Vie­len Dank. (Beifall bei den Grünen.)

16.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Spadiut zu Wort. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 5 Minuten. – Bitte.

 


16.24.14

Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Frau Präsidentin! Meine Dame und mei­ne Herren auf der Regierungsbank! Meine Damen und Herren! Zuerst einige Worte zum Redebeitrag des Kollegen Rasinger: Herr Kollege Rasinger, das gute Gesund­heitssystem Österreichs steht nicht in Frage. In Frage steht die Art und Weise der Fi­nanzierung und die Tatsache, dass von Jahr zu Jahr die Unkosten und die Defizite der Krankenkassen immer weiter steigen – und das, obwohl es Möglichkeiten gäbe, diese Kosten zu senken und einzusparen. Aber da ist der Herr Minister säumig!

Herr Minister, vor knapp einem Jahr bin ich hier gestanden und habe an Sie die Forde­rung gerichtet, Aktivitäten zu setzen, um die Krankenkassen zu sanieren und das Ge­sundheitssystem zu reformieren. Getan haben Sie gar nichts!

In der Folge haben wir vom BZÖ Ihnen unzählige konstruktive, effiziente Vorschläge vorgelegt. Weil die Kollegen sagen, dass wir keine Vorschläge haben, werde ich Ihnen


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ein paar vorlesen: Zusammenlegung der 22 Krankenversicherungsträger, Finanzierung aus einer Hand, eine Verrechnungsstelle österreichweit, einheitliche Leistungskatalo­ge, eine bundesweit einheitliche Honorarnote für Ärzte und Spitäler, die Neugestaltung der e-card, um den Missbrauch zu verhindern, die Speicherung von Daten, um eine Doppelgleisigkeit bei der Behandlung zu verhindern, die Verwendung der e-card als Impf-e-card, wie es zum Beispiel von Ärzten in der Zeitschrift „MEDIZINpopulär“ gefor­dert wird, oder eine österreichweite Spitalsreform mit einem Gesamtfinanzierungsplan, eine bundesweite Preisfestlegung für alle Krankenhäuser, vorgeschriebene Qualitäts­kriterien für die Krankenhäuser, eine Senkung der Bettenzahl, die Öffnung der Spitals­ambulanzen für niedergelassene Ärzte oder eine Änderung der Packungsgröße der Medikamente.

Sie sagen, wir haben keine Vorschläge gemacht? – Dann waren Sie nicht anwesend und haben unsere Anträge nicht gelesen! (Beifall beim BZÖ.)

All diese Vorschläge haben Sie, Herr Minister, nicht einmal ignoriert. Ich war ja von An­fang an skeptisch, ob eine Kassenreform durch Strukturreformen von einem ehemali­gen Krankenkassenobmann durchgeführt werden würde. Wie man sieht, war meine Skepsis berechtigt.

Wir haben Sie des Weiteren darauf hingewiesen, dass mit der Senkung der Mehrwert­steuer auf Medikamente auf 10 Prozent der Preis für 900 Medikamente angehoben wurde, sodass die Mehrwertsteuersenkung wirkungslos blieb. Sie zeigten null Reaktion darauf.

Was haben Sie getan? – Sie sind, wie Sie heute gesagt haben, Ihren neuen Weg ge­gangen. Sie haben vorerst einmal für die einstweilige Entlastung der Krankenkassen Geld lockergemacht, das haben Sie zur Verfügung gestellt, und dann haben Sie – und das ist ungeheuerlich! – den Hauptverband und die Ärztekammer dazu angehalten, Reformvorschläge auszuarbeiten, Ihnen diese zu unterbreiten, und Sie würden dann entscheiden, ob das in Ordnung gehe oder nicht.

Herr Minister Stöger, Sie haben sich damit aus der Verantwortung gestohlen! Sie ha­ben es sich zu einfach gemacht! Der richtige Weg wäre gewesen, sich selbst etwas zu überlegen, das effektiv und wirksam ist, und dann hätten Sie sagen müssen: Hallo, meine Freunde, das ist Status quo, so wird das gemacht – aus, Pause!

Es wäre Ihnen auch kein Stein aus der Krone gefallen, wenn Sie einige unserer produk­tiven Vorschläge – oder alle – angenommen hätten. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirkl­huber.)

Der Ansatz dieser ganzen Verhandlung zwischen Hauptverband und Ärztekammer – der Vorschlag, vermehrt Generika zu verwenden – ist ja nicht schlecht. Es war jedoch entbehrlich, dieses Vorhaben öffentlich zu diskutieren und auch noch 1 € als Beloh­nung bei der Verwendung von Generika auszusetzen. Dadurch ist in der Bevölkerung der Eindruck entstanden, dass Generika minderwertige Medikamente wären.

Herr Minister, wenn ich in meinem Beruf als Tierarzt ein Jahr lang kein Tier hätte heilen können, dann wäre ich zu dem Schluss gekommen, den falschen Beruf gewählt zu ha­ben und fehl am Platz zu sein, und ich hätte mir ein anderes Betätigungsfeld gesucht.

Genau das, Herr Minister, trifft bei Ihnen und auf Ihren Arbeitsbereich zu: Sie können in einem Jahr nicht den kleinsten Erfolg bei der Kassensanierung oder bei der Gesund­heitsreform verbuchen.

Wir haben ja nicht einmal verlangt, dass Sie die maroden Krankenkassen auf einen Schlag heilen. Wir wären schon zufrieden gewesen, wenn es Schritt für Schritt voran­gegangen wäre, aber gelungen ist Ihnen gar nichts.


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Es ist nicht meine Art, jemanden vorschnell zu verurteilen, aber Sie haben ein Jahr lang gezeigt, Herr Minister, dass Ihnen die Kompetenz für dieses Amt fehlt und dass Sie als Gesundheitsminister eine Fehlbesetzung sind.

Herr Minister Stöger, bei aller persönlichen Sympathie: Ich meine, Sie sollten nach Oberösterreich zurückkehren, da Sie bei der dortigen Gebietskrankenkasse den letzten achtbaren Erfolg einfahren konnten! (Beifall beim BZÖ.)

16.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Keck. Ich stelle die Uhr auf 4 Minuten ein. – Bitte.

 


16.29.21

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Ja, es stimmt, die österreichischen Krankenkassen haben ein fi­nanzielles Problem. Und ja, es stimmt auch, dass Minister Stöger dafür sorgen wird, dass Mittel aus dem Budget verwendet werden, um die angeblich so kranken Kassen finanziell abzusichern.

Glauben Sie mir, meine Damen und Herren, Gesundheitsminister Stöger leistet damit Pionierarbeit. Durch seinen Einsatz erhält das Gesundheitssystem erstmals Geld zuge­führt. Es sind dies 550 Millionen € zur Sicherung und Aufrechterhaltung eines Systems auf höchstem Niveau, um das wir international beneidet und wegen dem wir beachtet werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Durch seine Initiativen, meine Damen und Herren, wird ein Kassenstrukturfonds im Umfang von 100 Millionen € eingerichtet, von dem ab 2010 alle Versicherten profitieren werden. Dank seines Einsatzes startet endlich die so dringend notwendige Entschul­dung der Krankenkassen. Um die Fakten zu nennen: Bis 2012 werden drei Mal je 150 Millionen € – das sind nach alter Geldrechnung mehr als 2 Milliarden Schilling pro Jahr – investiert. Und zum ersten Mal seit der Übernahme durch die schwarz-blau-orange Kürzungskoalition bekennt sich ein Minister dazu, das hohe Niveau des Ge­sundheitssystems erhalten zu wollen, anstatt es schlechtzureden und es durch unso­ziale Maßnahmen zu boykottieren, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Schade, dass Frau Haubner gleich nach dem Begründen der Dringlichen Anfrage wie­der gegangen ist, denn gerade sie hat mit ihren Freunden von damals – Blau und dann Orange – das Gegenteil von dem getan, was sie heute gesagt hat. Um nur einige Bei­spiele zu nennen: Schwarz-Blau-Orange haben in ihrer Regierungszeit die Rückerstat­tung der Mehrwertsteuer auf Medikamente gekürzt. Schwarz-Blau-Orange haben den Ersatz für das Wochengeld gekürzt. Schwarz-Blau-Orange haben den Bundesbeitrag zu den Spitälern gestrichen. Schwarz-Blau-Orange haben den Kassenbeitrag für Ar­beitslose nicht mehr voll abgegolten. Und Schwarz-Blau-Orange haben Tausende jun­ge Vertragsbedienstete in ÖVP-dominierte Kassen verschoben und damit den anderen Kassen Beiträge entzogen.

Es wurden nicht nur die Kassen belastet, sondern auch unsere Bürgerinnen und Bür­ger (Zwischenruf der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein Abg. Kickl: Da ist es ihnen besser gegangen als bei euch!): mit Rezeptgebührenerhöhungen, mit Ambulanzgebüh­ren, die eingeführt wurden, mit erhöhten Spitalkostenbeiträgen und vielem, vielem mehr. (Zwischenruf des Abg. Dr. Sonnberger.) Damals wurden den Menschen un­glaubliche 2,2 Milliarden € aus der Tasche gezogen. Zusammen mit den 2,7 Milliar­den €, mit denen die Kassen belastet wurden, ist das eine unglaubliche Summe von 4,9 Milliarden €, Kollegin Haubner, die Sie zu verantworten haben und nicht der jetzige Minister Alois Stöger. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Dr. Sonnberger: Oberösterreich ist ...!)


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Meine Damen und Herren! Der Rechnungshof hat objektiv berechnet, dass zum Bei­spiel die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse mit mehr als 71 Millionen € an Mehrbelastung – das ist rund 1 Milliarde Schilling – belegt wurde. Genau durch diese Maßnahmen, die ich vorhin erwähnt habe, haben Sie eine gesunde Kasse mit Ihrem Schuldenvirus infiziert und es in wenigen Jahren geschafft, fast ein Viertel eines Bei­tragsjahres von den Kassen für Aufgaben, die eigentlich der Bund zu tragen hätte, zweckbinden zu lassen.

Meine Damen und Herren! Herr Minister Stöger hat in dieser Zeit als Obmann der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse mit den Ärzten verhandelt. Er hat Quali­tätssicherung betrieben, er hat die Verschreibungspraxis bei Medikamenten und Heil­behelfen durchleuchtet, er hat die Kosten gedämpft und Leistungen ausgebaut. Alois Stöger war schon damals ein eindeutiger Gegenspieler dieser falschen Gesundheits­politik, die über Jahre betrieben wurde.

Gerade Sie, Kollegin Haubner, haben mit Reinhard Waneck am System der Pflichtver­sicherung gesägt (Abg. Ursula Haubner: Ich bin nicht Gesundheitsministerin gewe­sen!), während es für Minister Stöger die oberste Pflicht war, sich für die Menschen und ihre Gesundheit einzusetzen. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Ursula Haubner: Ich war nicht Gesundheitsministerin!)

Ich kann nur eines sagen, meine Damen und Herren: Wir wissen, was er, nämlich Mi­nister Stöger, will, daher wissen wir, was wir an ihm haben, und er wird Gesundheitsmi­nister bleiben. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Ursula Haubner: Danke für die Werbung!)

16.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Donabauer zu Wort. Redezeit: wunschgemäß 5 Minuten. – Bitte.

 


16.33.46

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Frau Präsident! Mitglieder der Bundesregie­rung! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Vorhaltungen an die Vergangenheit lö­sen überhaupt kein Problem, mögen sie auch noch so ernst gemeint sein, sondern bringen nichts anderes als ein Fortschreiben alter Dinge. Dazu, glaube ich, ist die Si­tuation zu ernst. (Abg. Riepl: Nur, wer die Vergangenheit kennt, weiß, wie die Zukunft zu gestalten ist!)

Punkt zwei: Eine Feststellung in der Dringlichen Anfrage heute hat unter anderem ge­lautet, der Minister wende sich zu wenig der Sache zu. Die Sachlichkeit, Frau Kollegin Haubner, habe ich, bei aller Wertschätzung, auch bei diesem Antrag kaum erkennen können. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Pirklhuber: Das ist eine Anfrage!) Es war lei­der so, ich muss auch das sagen, weil ich denke, dass es keinen Sinn macht, wenn wir an den Dingen vorbeidiskutieren. (Abg. Grosz: Das ist eine Anfrage!)

Natürlich: Der Standort bestimmt den Standpunkt, überhaupt keine Frage, und in der Gesundheitspolitik gibt es viele Ansichten. Eine ist jedenfalls falsch: wenn man die Ge­sundheitspolitik in der Farbe sieht und nicht in der Sache diskutiert. (Zwischenruf der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein.) Und so, Herr Bundesminister, ist bei aller Anerken­nung der Darstellung eines, bitte, nicht okay: zu meinen, nur deshalb, weil die Orangen eine Anfrage stellen, sei alles falsch, und nur deshalb, weil die Farbe Rot dominiert, sei alles richtig. Also darüber müssen wir auch diskutieren.

Und so komme ich zur Sache. Wenn heute mehrmals gesagt wurde, dass die vergan­genen Regierungen Schlechtes gemacht haben oder hätten, so muss ich entgegnen, dass die vergangene Regierung, soweit ich mich erinnere, eine rot-schwarze Regie­rung war. (Abg. Riepl: Das ist richtig!) Ja, okay. Und an der Regierung davor waren die Freiheitlichen beziehungsweise das BZÖ beteiligt. Und diese Regierung hat unter anderem die e-card eingeführt, kein schlechtes Produkt, obwohl viele dagegen waren.


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Diese Regierung hat, bitte, nicht nur die Kassen belastet. Ich zeige Ihnen ein Papier von Kandlhofer, Hartinger und Dr. Probst, die deutlich sagen, dass die Krankenkassen Österreichs in den Jahren 2001 bis 2006 mit 2,7 Milliarden € entlastet und mit 1,7 Mil­liarden € belastet wurden. (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe.) Es gab einen Rebbach, einen Gewinn von 953 Millionen €. Hören wir also einmal auf, immer zu sa­gen, das sei alles schlecht gewesen! Auch diese Regierungen haben sich bemüht. Man hat vielleicht noch nicht den ganz richtigen Weg gefunden – den wir heute auch noch nicht haben.

Wenden wir uns einmal der Sache zu: Wir haben eine demographische Entwicklung, über die wir nachdenken müssen. Meine Damen und Herren, wenn heute in Österreich etwa 22 Prozent der Bevölkerung über sechzig Jahre alt sind – und da braucht man er­fahrungsgemäß die höheren Leistungen –, und im Jahre 2020 sind es bereits mehr als 26 Prozent und im Jahr 2030 mehr als 30 Prozent, dann müssen wir heute beginnen, mit allen Generationen über diese Frage zu diskutieren.

In weiterer Folge: Es stimmt, wir haben auch eine Leistungsverbesserung in allen Be­reichen. Bekennen wir uns auch dazu! Alle Parteien sagen, ja, aber es darf nichts ge­macht werden bei den Beiträgen, da darf nirgendwo etwas gemacht werden. Aber die Mehrleistungen müssen erledigt werden, und das ist die große Herausforderung! Ich habe so viele Besserwisser heute gehört, aber noch keinen Bessermacher angetrof­fen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich glaube, wir sind alle dazu aufgerufen, uns da einzubringen. Ich darf Ihnen noch ein paar Zahlen nennen: Im Jahr 2000 – das ist nicht sehr lange her – haben wir für die Krankenhäuser in Österreich 2,7 Milliarden € aufgewendet, acht Jahre später 3,9 Mil­liarden € – plus 40 Prozent. Bei der ärztlichen Hilfe ist der Betrag von 2,4 Milliarden € auf 3,4 Milliarden € gestiegen, bei den Heilmitteln, Medikamenten von 1,9 Milliarden € auf mehr als 3 Milliarden €.

Nebenbei wissen wir, dass ein beachtlicher Teil der Heilmittel nicht endverbraucht wird. Vielleicht dürfen wir auch darüber einmal in Expertenkreisen, in Arbeitskreisen oder wo auch immer eine Diskussion führen. Das ist unser aller Geld, für das wir verantwortlich sind, das in Wahrheit aber den Bürgern nur mittelmäßig nutzbringend ist. Das sind Din­ge, über die ich reden möchte.

Wenn hier heute gesagt wird, die Zusammenlegung der Krankenkassen sei die Lö­sung, dann sage ich, ich bin nicht dagegen. Ich wollte vor Jahren zwei Institute zusam­menführen. Ich nenne Ihnen nur einen Vergleich: Der Verwaltungsaufwand aller Sozial­versicherungen hat sich im Jahr 2000 mit 366 Millionen € dargestellt, und im Jahr 2008 mit 393 Millionen €. Also darin liegt nicht das große Potential. Das große Potential liegt in allen anderen Bereichen, in der Schnittstellenproblematik genauso wie in dem Punkt, den Herr Professor Grünewald erwähnt hat: Sie haben recht, wir zahlen heute an die Privatkrankenhäuser. Das haben wir auch gewollt, das haben wir auch hier im Rahmen des PRIKAF beschlossen. Da haben wir seit dem Jahr 2000 auch mehr als 800 Millio­nen € Mehraufwand.

Also, auf den Punkt gebracht: Wir sind nicht so schlecht drauf, wir sind nicht so schlecht dran. Das Gesundheitswesen steht europaweit, weltweit in Diskussion, auch bei uns, und ich denke, wir werden uns dieser Herausforderung stellen. Kritische Mei­nungen, meine Damen und Herren, Hohes Haus, sind erlaubt, wenn es um die Sache geht – innerhalb oder außerhalb einer Koalition, gar keine Frage. Ich denke, wir sehen keinen Grund, Herr Bundesminister, Ihnen das Vertrauen zu versagen, also werden wir diesen Antrag natürlich ablehnen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

16.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck zu Wort. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 7 Minuten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 142

16.39.53

Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Die Gesundheitsdiskussion, die uns heute hier von den Kollegen des BZÖ „geschenkt“ wurde, die zwei netten Stun­den, die wir hier mit diesem Thema verbringen dürfen, zeigen das ganze Dilemma der letzten Jahrzehnte im Bereich der Gesundheitspolitik. Herr Kollege Donabauer, ich ge­be Ihnen recht, wenn Sie sagen, man soll das Gesundheitssystem nicht nach der Far­be, sondern nach der Sache beurteilen.

Wenn unser Gesundheitssystem – davon bin ich vollkommen überzeugt – eines der besten der Welt ist, wenn wir stolz darauf sein können, dass das Sozial- und Gesund­heitssystem in einer derart guten Verfassung ist und uns viele Länder in diesem Be­reich als Vorbild sehen, dann frage ich mich, warum die Grenze der Finanzierbarkeit erreicht ist. Wir wissen, dass diese Grenze erreicht ist – schon seit Jahrzehnten –, wir kennen die Diskussionen, wie Sie richtig sagen. Ich gebe Ihnen recht, Kollege Dona­bauer, Besserwisser gibt es viele, Bessermacher wenige. Es wird viel um dieses The­ma herumschwadroniert, aber keine Lösung gefunden.

Es ist genügend Geld im System, hören wir immer wieder. Ich bin der Meinung, dass der Grund dafür, dass dieses System nicht funktioniert, obwohl es eigentlich funktionie­ren müsste – von der finanziellen Seite her –, darin liegt, dass viel zu viele Spieler auf dem Spielfeld sind; viel zu viele spielen hier im System mit. Ich glaube, dass das die Auswirkungen einer unseligen Geschichte sind, die vor Jahrzehnten begonnen hat – bei der Gründung der Zweiten Republik –, und das ist das Proporzsystem. In dieser Zeit haben sich Rot und Schwarz dieses Land strikt aufgeteilt – auch im Gesundheits­bereich –, und das führt zu diesen verqueren, vollkommen undurchschaubaren und hemmenden Strukturen, die wir heute sehen.

Das Proporzsystem nützt den Parteien, aber es schadet dem Staat – das muss man so sagen. Das Proporzsystem in der heutigen Form führt genau dazu, dass sich das Ge­sundheitssystem in der Geiselhaft befindet und dass wir, wenn wir gescheite Ideen dis­kutieren – ich kann das jetzt nur bestätigen: bei jeder Diskussion gibt es unzählige, vollkommen frei im Raum stehende Diskutanten mit hervorragenden Diskussionsbeiträ­gen –, einfach nicht kompatibel sind. Das Grundproblem, das wir in der Diskussion während des Sommers sehen, ist, dass es auf der einen Seite einen Gesundheitsmi­nister gibt, der probate Vorschläge vorlegt, und auf der anderen Seite das Pendant, den schwarzen Ersatz-Gesundheitsminister – muss man sagen –, den Chef des Haupt­verbandes, der genau gegenteilige Vorschläge bringt. Das kann einfach nicht funktio­nieren. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Minister, ganz aus der Verantwortung kann ich Sie jetzt aber nicht entlassen an­gesichts dessen, was Sie in der Anfragebeantwortung hier teilweise gesagt haben. Sie haben uns geschildert, dass wir heuer mit einer Entlastung der Krankenkassen rech­nen können, Sie haben den Betrag von 7,5 Millionen € genannt, haben aber verschwie­gen, dass diese Erträge nicht nachhaltig sind. Das ist einfach ein einmaliges Ereignis, vielleicht ein ein- oder zweimaliges Ereignis, vielleicht nächstes Jahr auch noch. Die Entlastung durch die Halbierung der Mehrwertsteuer auf Medikamente auf 10 Pro­zent – ein einmaliger Effekt; die Entlastung durch die Auflösung des Katastrophen­fonds, 43 Millionen € – auch ein einmaliger Effekt; die Entlastung durch die Verteilung der anderen Mittel, die es so gibt, mit 48 und 45 Millionen €, die Sie genannt haben – auch ein einmaliger Effekt. Es stimmt, hier bewegen wir uns in einer Diskussion, in der einfach nur eine Darstellung gemacht wird, die so in keiner Weise zu halten ist. Wir ha­ben ein massives Finanzproblem!

Noch etwas kommt mir sehr seltsam vor: Sie sprechen davon, dass der Anteil der Auf­wendungen in den letzten Jahren stabil geblieben ist. Einer Ihrer Vorzeigegesundheits­politiker, Ihr Ex-Kollege Bittner, Obmann der Wiener Gebietskrankenkasse, hat in


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einem sehr beeindruckenden Vortrag anlässlich einer Veranstaltung vorgerechnet, dass die Ausgaben für Gesundheit jährlich mit 5,3 Prozent nominell steigen. Richtig! Das bedeutet, wir stehen heuer – im Jahr 2009 – bei einem Betrag von 27,5 Milliar­den €. Wenn das aber so weitergeht, wird der nächste Betrag, der berechnet wird, im Jahr 2012 bei 34 Milliarden liegen. Es fehlen einige Milliarden, und ich frage mich – in diesem Punkt sind Sie die Antwort wirklich schuldig geblieben –, wie Sie das finanzie­ren wollen. Welche Ideen haben Sie in diesem Bereich?

Es fehlt mir noch etwas: Es sprechen alle davon, dass der Patient im Mittelpunkt steht, aber ich habe bei diesen Diskussionen immer den Eindruck, dass der Patient nicht im Mittelpunkt steht, sondern im Weg herumsteht. Wir verkennen, dass alles, was wir im Gesundheits- und Sozialbereich besprechen, dem Patienten – also letztendlich uns al­len – zugute kommen muss und nicht in irgendwelcher Form Machtspielen dienen darf. Der Patient ist kein Kostenfaktor, er ist kein Kunde, er ist ernst zu nehmen. Er ist Be­günstigter und Nutznießer in diesem Fall.

Den Patienten interessiert überhaupt nicht, was wir hier im akademischen Bereich diskutieren. Den Patienten interessiert, wie lange er warten muss, wenn er in die Am­bulanz geht; den Patienten interessiert, ob es seinen Hausarzt morgen noch geben wird oder ob er wegrationalisiert wird; den Patienten interessiert, ob es die Apotheke ums Eck noch geben wird und ob er uneingeschränkten Zugang zu seinen Medika­menten hat, ob er uneingeschränkten Zugang zu innovativen Produkten hat.

Ich möchte Ihnen ein Beispiel nennen. Sie haben gesagt, Sie wollen einen Zugang für alle, egal, wie dick die Geldbörse ist, und Sie haben auch gesagt, jeden Tag eine Mei­nung zu haben, ist jeden Tag eine Meinung zum Thema Gerechtigkeit. Ich kann Ihnen jetzt einen Vorwurf nicht ersparen und nehme zwei Beispiele heraus.

Eine Krankheit: Blutzucker, Diabetes. – In diesem Fall ist es in Österreich anders als in allen Ländern um uns herum und in ganz Europa. Es gibt ein Medikament, dessen Na­men ich jetzt nicht nennen werde, und dieses Medikament sichert dem Patienten eine relativ beschwerdefreie Zukunft. Bei uns bekommt der Patient dieses Medikament aber erst dann, wenn bestimmte Beschwerden auftreten; auf Deutsch heißt das – im Fall von Diabetes –: Wenn Gefäßerkrankungen auftreten, das Bein abgenommen werden muss, dann bekommt der Patient dieses Medikament. Das halte ich persönlich für einen Skandal und hat mit dem Anspruch, jeden Tag eine Meinung zum Thema Ge­rechtigkeit, nichts zu tun. Die Patienten besorgen sich dieses Medikament, wenn sie Geld haben, anderenfalls müssen sie darauf verzichten.

Ein zweites Beispiel – mein Lieblingsthema in diesem Bereich – sind die Selbstbehalte, vor allem im zahnärztlichen Bereich. Das ist ein Thema, bei dem ganz klar ist, dass je­mand, der eine dicke Geldbörse hat, einen besseren Zugang hat und eine bessere Versorgung bekommt. Warum, frage ich mich, müssen die Patienten in Österreich – vor allem im ostösterreichischen Raum, aber auch in Oberösterreich – ins benachbarte Ausland pendeln? Warum müssen Heerscharen nach Ungarn fahren, nur weil sie es dort billiger bekommen? Wieso schaffen wir es nicht, die notwendigen Strukturen vor­zusehen, um die Patienten im Land zu halten? – Das ist eine einfache Aufgabe. Ich könnte Ihnen unzählige Beispiele nennen, wie das funktioniert. Es muss hier eine Infra­struktur geschaffen werden, damit diese Patienten eben nicht mehr ins Ausland fahren müssen und in Österreich sich nur mehr diejenigen, die das Geld haben – die soge­nannten Reichen –, diese Grundversorgung leisten können.

Auch die Leistungserbringer fragen sich, warum sie in diesem Land nur als Kostenver­ursacher gesehen werden. Pfleger, Ärzte und Pharmaindustrie erbringen Leistungen und sind keine Kostenerzeuger. – Das ist eine Einstellungssache in unseren Gehirnen, möchte ich Ihnen zum Nachdenken mitgeben.


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Herr Minister, oft habe ich mir in den letzten Tagen, in der Diskussion, die wir hier ge­führt haben, die Frage gestellt – und ich komme schon zum Ende –, wer eigentlich der Herr im eigenen Haus ist. Sind Sie der Herr im Gesundheitsministerium, sind Sie der Herr in der österreichischen Gesundheitspolitik, oder lassen Sie sich von allen Seiten her die Butter vom Brot nehmen?

Ich möchte nicht anmaßend wirken, aber ich möchte sagen, dass ich es als eine un­glaubliche Frechheit empfinde, dass Querschüsse – vor allem aus dem Lande Oberös­terreich – auf den eigenen Gesundheitsminister abzielen. Ihre eigenen Parteifreunde haben Sie offensichtlich im Visier, um ein Feld aufzubereiten, um nach einer verlore­nen Wahl, die am Sonntag ansteht, einen Versorgungsposten für ihren jetzigen Spit­zenkandidaten Erich Haider zu haben. Ich sage Ihnen, Herr Minister, lassen Sie sich das nicht gefallen, hauen Sie auf den Tisch! (Abg. Mag. Gaßner: Glauben Sie das sel­ber?) – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

16.48


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 9 Minuten. – Bitte.

 


16.48.16

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um das gleich klarzustellen: Die Grünen werden dem Misstrauensantrag des BZÖ nicht beitreten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn Sie mich fragen, meine sehr geehrten Damen und Herren, wer in dieser Bundes­regierung das Misstrauen verdient, muss ich sagen, da fielen mir schon einige andere Kandidaten (Rufe bei den Grünen: Fekter! Fekter!) – Kandidatinnen, um das zu gen­dern (Heiterkeit bei den Grünen) –, ein, die eher geeignet sind, das Misstrauen ausge­sprochen zu bekommen. Wir sollten außerdem – und da greife ich das auf, was der Kollege von der ÖVP gesagt hat – nicht nur zurückschauen, sondern nach vorne: Was erwartet uns?

Ich stelle mir die Frage, ob die Bundesregierung gut beraten ist, das Thema Gesund­heit, Gesundheitswesen, notwendige Reformen so nonchalant anzugehen, wie sie das tut, nämlich indem sich ihre Mitglieder einerseits selbst beweihräuchern und sagen: Wir haben ja ohnehin das beste Gesundheitswesen! Es bleibt dabei, liebe Freundinnen und Freunde, das beste Gesundheitswesen der Welt – habe ich heute gehört; Europas sowieso. Das bleibt! – Na, super! Jeder wird diese Vorstellung vom besten Gesund­heitswesen der Welt – das wir angeblich haben – mit dem verbinden, was seine eige­nen Erlebnisse sind.

Ich könnte Ihnen jetzt – ich habe das auch schon gemacht, Herr Minister – Erlebnisse von Patienten, von Versicherten schildern, die nicht immer darauf hindeuten, dass wir das beste Gesundheitswesen haben. Auch Abgeordneter Karlsböck hat recht: Wir ha­ben in diesem angeblich besten Gesundheitswesen der Welt zumindest ein Mehrklas­sensystem. Ich sage gar nicht, ein Zweiklassensystem, wir haben mehrere Klassen in diesem System. Es wird folgendermaßen beurteilt: Ist man bei der Gebietskrankenkas­se, dann muss man sich auf eine Wartezeit von sechs Monaten einstellen, ist man bei einer der kleineren Kassen, dann sind es drei Monate, ist man privat versichert und kann etwas dazuzahlen, dann kommt man sofort dran.

So ist es, das ist eine Realität im österreichischen Gesundheitswesen! – Da kann doch niemand hergehen und sagen, es ist so super, dass wir eigentlich nichts verbessern müssen, sondern froh und stolz auf den Minister sein dürfen, wenn er diesen Standard hält!

Nein, ich bin nicht zufrieden. Ich bin nicht zufrieden, und das ist keine Kritik an Minister Stöger, sondern an der gesamten Bundesregierung, die jetzt die Situation Krise nicht


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nutzt, um das, was sie in normalen Zeiten wahrscheinlich wirklich kaum schaffen wür­de, in Angriff zu nehmen, nämlich die notwendigen Strukturreformen im Gesundheits­wesen.

Es wurden schon einige Hinweise quer durch die Parteien – von BZÖ, FPÖ bezie­hungsweise auch von anderen – gegeben, was tatsächlich die Probleme sind: dass der stationäre Bereich bei dem, was derzeit als Reform oder als Sanierung diskutiert wird, völlig herausgehalten wird. Daher, Herr Kollege Haberzettl, reicht auch nicht der Hin­weis, dass die Krankenhäuser oder die Spitalserhalter im Jahr 2011 ohnehin etwas ab­liefern müssen und dann evaluiert wird. Das ist zu wenig! Jetzt müssen wir die Reform schaffen.

Ich verrate kein Geheimnis, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn ich Ihnen sage, dass wir heuer mit den Beitragseinnahmen bei den Krankenkassen wahrschein­lich noch Glück haben werden, weil die Lohnerhöhungen vom Vorjahr sozusagen den Niedergang der Beschäftigung noch ausgleichen werden – heuer! –, aber nächstes Jahr wird es einen Einbruch bei den Versicherungseinnahmen geben, einen tatsächli­chen Einbruch, ganz sicher! Und was machen wir dann? – Dann stehen wir für ein nächstes Kassensanierungspaket hier, und dann wird uns wieder erzählt: Wir haben das beste, wir brauchen nicht zu reformieren!?

Es gibt aber auch Vorschläge von Ihrer Seite, Frau Abgeordnete Haubner, die nicht da­zu angetan sind, das wirklich vorwärtszubringen. Einer der Vorschläge, den das BZÖ gemacht hat, wurde auch umgesetzt. Dankenswerterweise erwähnen Sie den auch noch: die Senkung der Mehrwertsteuer auf Medikamente. – Das ist das Eingeständnis des Scheiterns, das Sie gemeinsam mit der FPÖ, wenn ich mich recht erinnere, und der SPÖ beschlossen haben. Die Mehrwertsteuersenkung bei Medikamenten hat eines bewirkt – das, was wir gesagt haben –: Die Preise für Medikamente sind unmittelbar erhöht worden, und so war der Effekt da, den wir prophezeit haben. Gott sei Dank ist das nicht auch für Lebensmittel beschlossen worden.

Das heißt aber nicht, dass wir auf der anderen Seite zu denjenigen gehören und gehö­ren wollen, die jetzt schon darüber nachdenken, die Mehrwertsteuer insgesamt zu er­höhen, um daraus vielleicht einen kleinen 100-Millionen-€-Betrag ins Gesundheitswe­sen hinüberzuschaufeln. Das könnte ja auch angedacht werden von den Regierungs­parteien. Ich vermute fast, dass Sie das als Wahrscheinlichstes andenken.

Deshalb, Frau Kollegin Haubner, verstehe ich auch die Kritik an Minister Stöger inso­fern nicht, als er einen Vorschlag gebracht hat, über den man – auch gerade in Ihren Reihen – nachgedacht hat, nämlich: gleiche Steuern, gleiche Steuerhöhe, egal, ob es ein Arbeitseinkommen oder ein Kapitaleinkommen ist. – Das ist doch von Ihrer Seite gekommen. Sie haben sich damals mit der Haider’schen Flat-Tax einen Steuersatz von 20 oder 25 Prozent vorgestellt, für Kapitaleinkommen und Arbeitseinkommen einheit­lich, gleich – das ist natürlich die Essenz der Flat-Tax –, und das, was jetzt diskutiert wurde, von Ihrer Seite ins Spiel gebracht wurde, war ein einheitlicher Steuersatz auf ... (Zwischenruf des Abg. Bucher.) – 50 Prozent, dass wir darüber nicht zu diskutieren brauchen, steht außer Frage. Aber generell die Frage, das, was dahinter steht, näm­lich: Warum wird Vermögen in Österreich kaum besteuert beziehungsweise nicht be­steuert?, Warum haben wir die ungerechtesten Steuersätze dort, wo Vermögen beson­ders hoch ist?, Warum sollen besonders Vermögende nicht für das Gesundheitswesen, für die Pflege, für den Sozialbereich einen Beitrag leisten, wenn sie davon profitieren? (Beifall bei den Grünen sowie Bravoruf des Abg. Mag. Kogler), diese Frage beantwor­ten Sie überhaupt nicht. Sie versuchen auszuweichen, und das ist wirklich nicht in Ord­nung.

Sie können Minister Stöger wegen der Mehrwertsteuersenkung kritisieren – da müssen Sie sich aber selbst kritisieren, den Misstrauensantrag gegen sich selbst richten –, Sie


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können natürlich auch das Flat-Tax-Modell kritisieren – das stammt aber auch von Ih­nen, eben nur in einer anderen Höhe –, nur der Punkt ist doch der: Wenn Ihnen nichts anderes einfällt – es gibt noch einen Vorschlag von BZÖ-Seite, den ich für ebenfalls unsinnig halte –, dann ist das mit Verlaub zu wenig!

Ich gestehe Ihnen zu, Sie sprechen in Ihrer Anfrage einige Probleme richtig an. – Aber die lösen wir nicht, indem wir zu den Rezepten von vorgestern zurückkehren. Ich sage Ihnen jetzt auch, wo Sie Probleme richtig ansprechen: Mich würde auch interessieren, Herr Bundesminister, was mit den Grippeschutzmasken ist, die von Ihnen angespro­chen wurden. Was ist mit den Kosten für die Impfstoffe für die Grippeschutzimpfung? Wo sind die Verträge, Herr Bundesminister, die uns, den SteuerzahlerInnen, den Bür­gerInnen, den Abgeordneten, klarmachen, welche Aktion hier beschlossen wurde, zu welchen Konditionen? Nur, Herr Abgeordneter Bucher, der Punkt ist doch auch in die­sem Fall folgender: Die Grippeschutzmasken und, wie ich glaube, auch die Impfschutz­aktion gehen ja im Wesentlichen auf das Konto eines Sektionschefs, der sozusagen auch noch zu den Altlasten aus ÖVP/FPÖ-Zeiten gehört.

Es war Herr Dr. Hrabcik, der als Sektionschef in all diese Sachen für FPÖ oder BZÖ, weiß ich jetzt nicht genau, eingebunden wurde und für den sogar Frau Bundesministe­rin Rauch-Kallat sozusagen geradestehen musste in der öffentlichen Wirkung, was die Grippeschutzmasken betrifft. – Ich habe mich immer gefragt, warum Frau Rauch-Kallat den Kopf für Herrn Dr. Hrabcik hinhält. Ich frage mich das auch jetzt wieder. Warum gibt es keine öffentliche Debatte, keine Aufklärung?

Somit sind wir beim Grundproblem des Gesundheitswesens, beim Grundproblem, das nicht nur in Bezug auf Grippeschutzmasken, nicht nur in Bezug auf das Grippeschutz­impfmittel sozusagen anzuwenden ist: Das Gesundheitswesen in Österreich hat keine Transparenz! Wir brauchen Transparenz in diesem System. Wir brauchen wirklich transparente Verhältnisse, die dem Versicherten offenlegen, was gespielt wird, worauf es ankommt. Aber die Versicherten, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind ge­nauso wie die Patienten eigentlich nur eine Begleiterscheinung; eine manchmal, nicht sehr nützliche oder geduldete Begleiterscheinung dieses Systems, in dem ganz andere das Sagen haben. – Und damit, meine sehr geehrten Damen und Herren, sollte eigent­lich Schluss sein! Diesbezüglich wäre die Bundesregierung, wären aber auch Sie, Herr Bundesminister, als Person etwas mehr gefordert, als wir bis jetzt gesehen haben. (Beifall bei den Grünen.)

16.57


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter List. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 5 Minuten ein. – Bitte.

 


16.58.07

Abgeordneter Kurt List (BZÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren auf der Ministerbank! Werter Herr Bundeskanzler Faymann als moralische Unterstützung für den angezählten Gesundheitsminister Stöger! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Jeder Österreicher hat ein Recht auf die bestmögliche medizinische Versorgung, und diese Grundversorgung ist unter Bundesminister Stöger massivst gefährdet.

Geschätzte Damen und Herren, Sie verkennen den Ernst der Lage! Vor wenigen Wo­chen war in einer Zeitung zu lesen: Hilfeschrei der Ärzte, überlastete Ärzte, zu wenig Personal, ausgebrannte Ärzte und kaum noch Zeit für die Patienten. – Spitzenärzte schildern darin erstmals den katastrophalen Zustand an den heimischen Spitälern. Kli­nikchefs stünden mit dem Rücken zur Wand. Die Ärzte beklagen, dass sie mit wenig Geld immer komplexere Behandlungen durchführen müssen und dass die überborden­de Bürokratie jene Zeit auffrisst, die sie eigentlich für Behandlungen investieren sollten.


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Beispiel: In einem Krankenhaus tippen derzeit 16 Ärzte – 16 Ärzte! – rund 12 000 Arzt­briefe im Jahr. – Das ist ein Wahnsinn! Hier überbordet der Dokumentationsaufwand. Die rechtliche Absicherung mit dem nötigen Personal ist derzeit auch nicht möglich. Viele können nicht mehr ausgebildet werden. Die jungen Ärzte stehen vor Problemen, und das ist fatal für die Zukunft.

Gleichzeitig gibt es Probleme bei den Ärzten, die natürlich überlastet sind. Es gibt eine Burn-out-Rate bei manchen Ärzten, und ich kann mir nicht vorstellen, dass der eine oder andere von Ihnen wirklich von einem Arzt operiert werden möchte oder sich unter das Messer eines Arztes begeben möchte, der kurz vor dem Burn-out steht oder sich bereits darin befindet. Ich denke, das würde katastrophale Folgen haben.

Wie stehen Sie dazu, Herr Dr. Rasinger? Wie geht es Ihren Kollegen, die auf die Barri­kaden gestiegen sind, in der Steiermark? Oder wissen Sie nicht, dass es im Gesund­heitssystem wirklich sehr, sehr krankt?

Geschätzte Damen und Herren, das Gesundheitssystem ist wirklich krank. Als Ge­sundheitsminister sind Sie selbstverständlich für die aktuellen Missstände auch in die­ser Angelegenheit verantwortlich. Sie haben, geschätzter Herr Bundesminister, als Ge­sundheitsverantwortlicher versagt. Es besteht nämlich akuter Handlungsbedarf in un­serem Gesundheitswesen. (Beifall beim BZÖ.)

Wir haben es bereits gesagt, Kollege Spadiut hat es in seiner Rede getan: Wir haben die entsprechenden Konzepte zur Sanierung des Gesundheitssystems. Es ist nichts passiert! Wir haben ein Jahr darauf gewartet, und Sie haben nichts unternommen. Es muss rasch zu einer umfassenden Struktur- und Verwaltungsreform im Gesundheits­system kommen. Dabei muss im System und nicht beim Patienten gespart werden.

Wir verlangen die Zusammenlegung der 22 Sozialversicherungsträger. Das ist eine ur­alte Forderung des BZÖ. Das mögliche Einsparungsvolumen würde hier zwischen rund 2,5 und 3 Milliarden € betragen. Das wäre gutes Geld, sehr gutes Geld für die Versor­gung der Patienten mit der besten Medizin.

Sehr geehrter Herr Bundesminister Stöger, da Sie selbst Chef einer Gebietskranken­kasse waren, werden Sie vermutlich diese sinnvolle Zusammenlegung mit allen Mitteln behindern oder verhindern. Sie, Herr Bundesminister, verlangen aber zusätzlich Steu­ergeld zum Stopfen von Löchern der chronisch defizitären Krankenkassen – und das ist der falsche Weg. Das ist ungeheuerlich und eine Kurpfuscherei in der Gesundheits­politik! (Beifall beim BZÖ.)

Sie, Herr Bundesminister Stöger, verhindern bewusst die Sanierung des jetzt bereits maroden Gesundheitssystems. Das ist Grund genug, den Ministersessel zu räumen. Weil uns die Gesundheit der Österreicher aber besonders wichtig ist, müssen wir jetzt zum schärfsten parlamentarischen Mittel greifen, nämlich dem Misstrauensantrag. (Abg. Mag. Gaßner: Da wird aber keiner gesünder dadurch!) Sie, Herr Bundesminister, werden keine Gesundheitsreform schaffen, und deswegen haben Sie auch nicht mehr unser Vertrauen verdient. Sie haben unser Vertrauen verloren.

Ähnlich, geschätzte Damen und Herren, sieht es auch die Tageszeitung von Bundes­kanzler Faymann. Das Amtsblatt der SPÖ (Abg. Mag. Gaßner: Was?! Welches Blatt?) mit einer Auflage von drei Millionen, diese Tageszeitung sagt, SPÖ-Gesundheitsminis­ter Stöger ist reif für eine Ablöse.

Herr Bundesminister, ziehen Sie die Konsequenzen! Treten Sie zurück! Machen Sie den Weg frei für eine neue Gesundheitspolitik! (Beifall beim BZÖ. – Abg. Silhavy: Da klatschen nicht einmal die eigenen Abgeordneten!)

17.03



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Mag. Maier zu Wort. Ich stelle die Uhr auf gewünschte 3 Minuten. – Bitte. (Abg. Pendl – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Mag. Maier –: Bravo, Jacky! – Abg. Sil­havy: Endlich ein qualifizierter Beitrag!)

 


17.03.20

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich teile die kritische Auffassung des Kollegen Grünewald. Ich habe mich auch gewundert, was in dieser Dringlichen Anfrage alles enthalten war, und empfinde sie in vielen Bereichen als eine Unverfrorenheit gegenüber diesem Hohen Haus, weil genau BZÖ-Vertreter für die jetzige Situation im Gesundheitswesen, aber insbesondere auch in der AGES, verantwortlich waren.

Hohes Haus, meine sehr verehrten Damen und Herren! Hier sitzt ja einer, der direkt neben dem damals verantwortlichen Bundesminister Haupt gesessen ist: Gerald Grosz, jetzt Abgeordneter. Ich bin neugierig, welche Worte er in der heutigen Debatte noch finden wird. Er ist verantwortlich für die Unterdotierung der AGES, Hohes Haus, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Abg. Grosz – die Hände zusammenschla­gend –: Ich bin verantwortlich für die Unterdotierung der AGES?!) Die AGES ist seit ihrer Einrichtung 2002 vom damaligen BZÖ-Minister Haupt unterfinanziert gewesen. Nehmen Sie das endlich einmal zur Kenntnis! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn man in dieser Anfrage des BZÖ dann noch den Satz liest: „... Missmanagement der letzten Jahre hat ohne Zweifel die Pleite der AGES herbeigeführt“, dann frage ich Sie wirklich: Wo stehen wir jetzt? – Niemand weiß etwas von einer Pleite! Wenn es eine Pleite gäbe, dann müsste die Arbeit eingestellt werden, ein Insolvenzverfahren eingeleitet werden! – Hohes Haus! Im Gegenteil: Die Mitarbeiter der AGES machen eine hervorragende Arbeit, und ich bedanke mich namens meiner Fraktion (Abg. Pendl: Bravo!) für die exzellente Tätigkeit, die sie in den letzten Wochen und Monaten erbracht haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Nicht die Pleite ist das Thema, sondern die erfolgreiche Arbeit der AGES muss das Thema sein. Ich denke hier nur an die AGES-Schwerpunktaktion Analogkäse: heraus­gefunden bei 58 Proben, bei zwölf fand man eine irreführende Kennzeichnung, ein Pro­dukt stand diesbezüglich auf der Kippe. Oder – aktuell für das Hohe Haus und für die Biertrinker in diesem Hohen Haus –: Es wurden die Schankanlagen in Gasthausbraue­reien untersucht und Mängel durch unzureichende Hygiene nachgewiesen.

Hohes Haus, meine sehr verehrten Damen und Herren, man muss daher diese Argu­mentation des BZÖ mit aller Deutlichkeit zurückweisen.

Im Regierungsübereinkommen von SPÖ und ÖVP ist von der Weiterentwicklung der AGES die Rede. Wir bekennen uns zu dieser Weiterentwicklung und Neuorientierung der AGES, die notwendig ist, nicht zuletzt aufgrund neuer Aufgaben und Herausforde­rungen. Neue Strukturen, aber auch Gebühren werden in Zukunft notwendig sein.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich abschließend Folgendes feststellen: Misstrauen ist nicht Herrn Bundesminister Stöger auszuspre­chen, sondern dieser Anfrage des BZÖ! (Beifall bei der SPÖ.)

17.06


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Ing. Hofer zu Wort. 7 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


17.07.01

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister Stöger!


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Zweifellos ist das, was Dr. Rasinger gesagt hat, dass man nämlich bei einer Gesund­heitsreform sehr vorsichtig vorgehen und auch zur Kenntnis nehmen muss, dass wir über ein gutes Gesundheitssystem in Österreich verfügen, vollkommen richtig. Tatsa­che ist aber auch, dass man, wenn man eine Reform angeht – und es ist klug, jetzt die richtigen Maßnahmen zu setzen –, diese nicht umsetzen kann, ohne die Bundesländer einzubinden, ohne die Kammern einzubinden, ohne die Interessenvertretungen einzu­binden.

Und hier, meine Damen und Herren, wird das große Problem für diese Bundesregie­rung entstehen, denn: Sie wissen ganz genau, dass Sie, wenn es um Reformvorhaben geht, die den Menschen zugute kommen, mit Sicherheit die notwendige Mehrheit hier im Hause erreichen würden – ja Sie würden sogar die notwendige Zweidrittelmehrheit erreichen, um hier Verfassungsgesetze zu verabschieden, falls die Bundesländer oder Interessenvertretungen den Plänen nicht zustimmen würden. Realpolitisch ist das frei­lich nicht der Fall, weil die Landeshauptleute, oder in einigen Fällen die Landsobmän­ner der Parteien, in dieser Funktion immer auch im Bundesvorstand vertreten sind und es sich keine Partei leisten kann, mächtige Landeshauptleute im Bundesvorstand ge­gen sich zu wissen. Daher wird es jetzt an Ihnen liegen, wenn es darum geht, eine Ge­sundheitsreform umzusetzen, auch die Bundesländer davon zu überzeugen, dass die Maßnahmen, die Sie planen, die richtigen sind.

Genau in diesem Bereich, den wir heute besprechen, im Gesundheitswesen, ist es so, dass der zuständige Minister ganz besonders wenig an Möglichkeiten hat, wenn es um die Reform geht. Das müssen wir uns leider eingestehen. Daher ist er auch nicht der richtige Adressat für einen Misstrauensantrag. Er ist in seinen Möglichkeiten, die er re­alpolitisch hat, sehr, sehr beschränkt und für vieles, was Sie ihm heute auch zum Vor­wurf gemacht haben, nicht verantwortlich. So gesehen glaube ich auch, dass es so ist, dass er einfach den Wohnsitz im falschen Bundesland hat und sich genau deswegen heute mit einem Misstrauensantrag konfrontiert sieht.

Das Wichtigste, was wir vornehmen müssen, wenn wir unser Gesundheitssystem oder die Finanzierung des Gesundheitssystems reformieren wollen, ist, eine Finanzierung aus einem Topf sicherzustellen. Es kann doch nicht sein, wenn beispielsweise ein Krebspatient aus dem Krankenhaus entlassen wird und zu Hause vom Hausarzt weiter betreut wird, dass sich dann natürlich die Krankenkasse wehrt, weil dieser Krebspatient in dem Moment, wo er vom Hausarzt betreut wird, ja den Krankenkassen auf der sprichwörtlichen Tasche liegt – und dies, obwohl erstens eine Weiterbetreuung im Krankenhaus gar nicht notwendig wäre und zweitens wir auch wissen müssen, dass die Betreuung zu Hause beim Hausarzt wesentlich günstiger erfolgen kann als im Krankenhaus. Deswegen brauchen wir diese Finanzierung aus einem Topf. Und eine echte Reform, die auch Lob verdient, muss diese Finanzierung aus einem Topf sicher­stellen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Vorrangiges Ziel einer Gesundheitsreform kann es nicht sein, bei den Gesundheitsaus­gaben zu sparen. Wir haben gehört, dass wir die Ausgaben in diesem Bereich etwa um 5 Prozent pro Jahr erhöhen, das hat Dr. Karlsböck ausgeführt. Das heißt, die Ausga­benerhöhung, die Steigerung ist hier größer als die Veränderung beim Bruttoinlands­produkt – in diesen Zeiten sowieso, aber auch in Zeiten eines normalen Wirtschafts­wachstums. Das heißt, die Ausgaben erhöhen sich, und wenn wir eine Reform ange­hen, dann müssen wir versuchen, die internen Reibungsverluste hintanzuhalten, die wir mit diesen Finanzierungssystemen aus verschiedenen Töpfen haben.

3 Milliarden €, meine Damen und Herren, verlieren wir durch diese internen Reibungs­verluste im System. Das ist Geld, das bei den Patienten wesentlich besser aufgehoben wäre. Wir müssten heute nicht über Selbstbehalte reden, wenn wir die interne Organi-


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sation unseres Gesundheitswesens so verbessern könnten, dass sich diese Reibungs­verluste – 3 Milliarden € pro Jahr – nicht im Gesundheitsbudget niederschlagen würden.

Es gibt noch etwas, was in nicht allzu ferner Zukunft auf uns zukommt: die Umsetzung der sogenannten EU-Gesundheitsrichtlinie. Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, dass die Umsetzung dieser Gesundheitsrichtlinie auch mit hohen Kosten verbunden sein wird, weil nämlich dann ein Gesundheitstourismus in Europa entstehen wird, weil sich jedermann in jedem Staat behandeln lassen kann, und zwar zu jenem Tarif, der im Heimatland dafür zu entrichten ist. Das wird für unser Gesundheitssystem, das ein gu­tes ist, ein großes Problem darstellen.

Meine Damen und Herren, ich möchte noch einen Antrag einbringen, der mir auch ein großes Anliegen ist. Die Grünen haben dankenswerterweise einen Antrag vorbereitet, der sich mit der Gesundheitsgefährdung bei Schnullern beschäftigt. Es gibt da einen zweiten Bereich, nämlich die Babyfläschchen. Bisphenol A – das wissen Sie – kommt in CDs und im Innenplastikbereich von Kraftfahrzeugen vor, ist aber besonders dann gefährlich, wenn es erhitzt wird. Und wenn man eine Babyflasche erhitzt – oft passiert das auch in der Mikrowelle –, dann ist es leicht möglich, dass sich diese krebserregen­de Substanz auch aus der Flasche löst, was natürlich für Kinder ganz besonders ge­fährlich ist.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Ing. Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesundheitsgefähr­dende Babyfläschchen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Gesundheitsminister, wird aufgefordert, eine rasche Überprüfung aller am Markt befindlichen Plastikbabyfläschchen auf den Stoff Bisphenol A zu veranlassen, die Prüfergebnisse zu veröffentlichen und sich bei den Produzenten von Plastikbabyfläschchen beziehungsweise auf europäischer Ebene da­für einzusetzen, dass Plastikbabyfläschchen sowie andere Babyartikel, die derzeit Bi­sphenol A enthalten, diesen Wirkstoff künftig nicht mehr enthalten.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, ganz zum Ende bitte ich auch noch darum, wenn man an der Reformschraube dreht, ganz besonders auf den Bereich der Vorsorge zu achten, aber auch auf den Bereich der Nachsorge, der bei uns noch stiefmütterlich behandelt wird. Wir können, wenn wir uns auf diese beiden Bereiche stärker als bisher konzen­trieren, nicht nur den Menschen sehr viel Leid ersparen, sondern auch die Kostenbe­lastung im Gesundheitssystem signifikant reduzieren. (Beifall bei der FPÖ.)

17.14


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht damit mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Ing. Hofer betreffend gesundheitsgefährdende Babyfläschchen


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eingebracht im Zuge der Debatte über Dringliche Anfrage an den Bundesminister für Gesundheit betreffend „Steuererhöhungen statt zukunftsweisender Gesundheitsre­form“, in der 37. Sitzung des Nationalrates am 23. September 2009

Babys und Kleinkinder erhalten Babynahrung in der Regel aus Babyfläschchen aus Plastik. Die Wahl fällt vor allem deshalb auf Kunststofffläschchen, weil diese viel leich­ter als Glasflaschen und zudem bruchsicher sind.

Nichtsdestotrotz sind Plastikbabyfläschchen vor allem durch die Chemikalie Bisphe­nol A sehr umstritten, wodurch es zu Störungen der Gehirn- und Verhaltensentwicklung kommen kann.

Medienberichte über Bisphenol A, kurz BPA, lösen immer wieder bei Eltern große Be­sorgnis aus. Dabei waren sich die Experten lange weitgehend einig, dass BPA für den Menschen ungefährlich ist. Seit einiger Zeit kommt es aber auch unter Wissenschaft­lern aufgrund von Studien an Mäusen und Ratten, die nach der Verabreichung von BPA unter anderem Entwicklungsstörungen, Veränderungen im Erbgut und ein erhöh­tes Krebsrisiko aufweisen, zunehmend zu Diskussionen. Dies führt dazu, dass mittler­weile einzelne Staaten erwägen, Bisphenol A zu verbieten.

BPA ist eine der wichtigsten Alltagschemikalien, mehr als drei Millionen Tonnen dieser Substanz werden jährlich produziert. In Epoxidharzlacken findet es sich auf der Innen­seite von Konservendosen und Thermoskannen; als Bestandteil des Kunststoffes Poly­carbonat taucht es in CD-ROMs, Handys, Autoteilen und Plastikverpackungen auf – und eben in Babyfläschchen aus Kunststoff.

Da eine niedrige Konzentration von BPA nach derzeitigem Stand keine Gefahr für Menschen darstellt, sich aber Spuren des Stoffes, der eine hormonähnliche Wirkung hat, bei starker Hitze aus Plastik lösen, beispielsweise wenn Babyflaschen in der Mi­krowelle erwärmt werden, stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Gesundheitsminister, wird aufgefordert, eine rasche Überprüfung aller am Markt befindlichen Plastikbabyfläschchen auf den Stoff Bisphenol A zu veranlassen, die Prüfergebnisse zu veröffentlichen und sich bei den Produzenten von Plastikbabyfläschchen bzw. auf europäischer Ebene dafür einzu­setzen, dass Plastikbabyfläschchen sowie andere Babyartikel, die derzeit Bisphenol A enthalten, diesen Wirkstoff künftig nicht mehr enthalten.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Pirkl­huber. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 5 Minuten; Gesamtrestredezeit: 6 Minu­ten. – Bitte.

 


17.14.40

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Frau Kollegin Haubner, ich bin überhaupt etwas überrascht über Ihre heutige Dringliche Anfrage. Ich habe mir gedacht, Sie hätten eigentlich ein viel dringlicheres Thema auf die Tagesord­nung setzen können, nämlich den europaweiten Milchstreik der Bäuerinnen und Bau­ern und damit 45 Prozent des europäischen Budgets, nämlich eine verfehlte Agrarpoli-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 152

tik, die derzeit auf dem Kopf steht und auf Kosten der Kulturlandschaft, der Qualität und auch der bäuerlichen Arbeitsplätze geht. Aber Sie haben ein anderes Thema ge­wählt. Okay, sei’s drum.

Herr Bundesminister Stöger, ich möchte auf zwei Maßnahmen hinweisen, wo Sie aus meiner Sicht eigentlich sehr rasch gehandelt haben, und ich möchte das auch noch einmal positiv bewerten.

Das eine waren die Bestimmungen zu den Transfettsäuren. Völlig klar, hier hat Öster­reich mit Dänemark mitgezogen, gleichgezogen, und hat hier die höchsten europäi­schen Standards eingeführt. Das möchte ich noch einmal positiv erwähnen. (Demons­trativer Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) – Ja, das soll man hier auch erwähnen.

Und zweitens: Sie, Herr Bundesminister, waren auch bereit, Fehlsteuerungen, die an und für sich noch Ihre Vorgängerin zu verantworten hat, nämlich in der Frage der Blau­zungenkrankheit und vor allem der Impfmaßnahmen und der Zwangsmaßnahmen, schrittweise zurückzunehmen und haben auch entsprechende Verordnungen erlassen, damit das auch praxisgerecht umgesetzt werden kann. Dafür möchte ich Ihnen bei die­ser Gelegenheit auch einmal danken. Das würde sich meiner Meinung nach auch ge­hören. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es bleibt nämlich genug übrig, worüber es kritisch zu verhandeln gilt, und damit sind wir gleich beim Schwerpunkt der Lebensmittelsicherheit in Österreich, nämlich der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit. Kollege Maier hat hier angezogen, dass es in der Verantwortung von FPÖ – und, Kollege Maier, ÖVP! – lag, damals die­ses Budgetkonzept zu entwickeln. Sie dürfen hier nicht Ihre mitregierende – sagen wir es einmal so –, von dieser Seite mitregierende ÖVP vergessen, auf keinen Fall den Fi­nanzminister!

Die notwendigen Mittel, Herr Bundesminister, für die AGES sind derzeit nicht gesichert! Sie haben das völlig zu Recht gesagt. Es fehlen 18 Millionen €, meine Damen und Her­ren – 18 Millionen €, die heuer abgehen im Budget der AGES! –, und ich erwarte mir von Ihnen, Herr Minister Stöger, öffentlich ein klares Bekenntnis dazu, dass diese Mit­tel vom Budget auch einzufordern sind. Es sind im Budget diese Mittel nicht vorgese­hen worden, Sie wissen es. Ich würde da eine Antwort erwarten.

Nun zu den Aufgaben, die die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit eigentlich zu leisten hat: Sie hat zukunftsorientiert Vorsorgepolitik zu machen, im Inter­esse der österreichischen Konsumentinnen und Konsumenten, auch im Interesse des Wirtschaftsstandortes Österreich. Es braucht hier, genauso wie im Gesundheitsbe­reich, weitaus mehr Transparenz: Klarheit und Transparenz in der Produktetikettierung, in der Kennzeichnung, aber auch was die Analyseergebnisse betrifft. Das Verursacher­prinzip muss hier auch stärker als bisher vorangetrieben werden, damit sichtbar ist: Wer hat Missstände am Markt zu verantworten?

Jetzt möchte ich auf unseren Antrag Bezug nehmen, den wir heute vorbereitet haben, aus dem nun ein Dreiparteienantrag, wie ich sehe, wird, nämlich betreffend gefährliche Inhaltsstoffe. Kollege Hofer hat die Frage der Babyflaschen angezogen. Es geht um den Stoff Bisphenol A. Sie haben völlig recht, dieser ist bei der Herstellung dieser Kunststoffflaschen und der Schnuller verantwortlich dafür beziehungsweise es ist mög­licherweise ein Nebenaspekt, dass Reste oder Verunreinigungen mit diesem Stoff ge­sundheitsgefährdend sein können. Und damit das abgestellt wird, Herr Bundesminister, sind rasch Schritte zu setzen.

Wir werden jetzt dazu keinen eigenen Antrag einbringen, weil es diesbezüglich eine Vereinbarung gibt und wir diesen Antrag gemeinsam tragen werden.

Ich bringe aber dennoch einen Antrag ein, nämlich im Bereich der Kennzeichnungs­pflicht für Lebensmittel von Tieren, die mit gentechnisch veränderten Futtermitteln er-


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nährt wurden. Meine Damen und Herren, Sie wissen, gerade in diesem Bereich, gen­technikfreie Produktion beziehungsweise tierische Produkte, gibt es keine Kennzeich­nungsregelungen auf EU-Ebene.


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Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere der Gesundheitsminister, wird aufgefordert,

1) sich für eine Anpassung der EU-Verordnung 1829/2003 hinsichtlich der Kennzeich­nung tierischer Lebensmittel dahin gehend einzusetzen, dass auch Produkte von Tie­ren (wie zum Beispiel Fleisch, Milch und Eier), die mit gentechnisch veränderten Fut­termitteln ernährt wurden, kennzeichnungspflichtig werden

2) in Österreich verstärkt Markenprogramme zur Auslobung gentechnikfreier Produkte auch im Fleischbereich zu unterstützen und eine Informationsoffensive über gentech­nikfreie Lebensmittel in Zusammenarbeit mit dem Konsumentenschutz-Ressort umzu­setzen.

*****

Herr Bundesminister, das wünschen sich die Konsumentinnen und Konsumenten und da müssen Sie Ihren Regierungspartner, die ÖVP, noch überzeugen. Wir stehen hinter dieser Forderung. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

17.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kennzeichnungs­pflicht für Lebensmittel von Tieren, die mit gentechnisch veränderten Futtermitteln er­nährt wurden

Begründung

Die in der dringlichen Anfrage thematisierte Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) ist sowohl für die Untersuchung von Lebensmitteln als auch von Futtermitteln zuständig.

Seit April 2004 müssen entsprechend der EU-Verordnung 1829/2003 Futtermittel, die aus gentechnisch veränderten Pflanzen hergestellt werden, als solche gekennzeichnet werden, wenn deren Ausgangsstoffe zu mehr als 0,9 Prozent aus gentechnisch verän­derten Produkten bestehen. Von der Kennzeichnungspflicht ausgenommen sind jedoch die tierischen Erzeugnisse wie Fleisch, Milch und Eier von Tieren, die mit gentechnisch veränderten Futtermitteln gefüttert werden.

Eine kontrolliert gentechnikfreie Erzeugung ist ein besonderes Qualitätsmerkmal, das der Erwartung der überwiegenden Mehrheit der KonsumentInnen nach hochwertigen Lebensmitteln voll entspricht. Dem Wunsch der KonsumentInnen nach einer klaren Kennzeichnung gentechnisch veränderter Produkte wird jedoch in der EU-weit gültigen Kennzeichnungsregelung nicht Rechnung getragen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Gesundheitsminister, wird aufgefordert,

1) sich für eine Anpassung der EU-Verordnung 1829/2003 hinsichtlich der Kennzeich­nung tierischer Lebensmittel dahingehend einzusetzen, dass auch Produkte von Tieren (wie z. B. Fleisch, Milch und Eier), die mit gentechnisch veränderten Futtermitteln er­nährt wurden, kennzeichnungspflichtig werden

2) in Österreich verstärkt Markenprogramme zur Auslobung gentechnikfreier Produkte auch im Fleischbereich zu unterstützen und eine Informationsoffensive über gentech­nikfreie Lebensmittel in Zusammenarbeit mit dem Konsumentenschutz-Ressort umzu­setzen.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Grosz. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 5 Minuten; Gesamtrestredezeit: 6 Minuten. – Bitte.

 


17.20.19

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrte Da­men und Herren! Kollege Maier, ich stehe heute vor Ihnen, reuig und in Demut. Ich ge­stehe. (Heiterkeit beim BZÖ.)

Ich gestehe, ich habe das österreichische Gesundheitssystem in meiner Verantwortung als Pressesprecher des Bundesministeriums für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz an die Wand gefahren.

Herr Maier, Sie haben recht. Ich gestehe, ich habe in Österreich 22 Sozialversiche­rungsanstalten gegründet. Herr Maier! Sie haben recht. Mit Demut blicke ich darauf zu­rück, dass ich Hunderte von Obleuten bestellt habe, eine Hundertschar von Generaldi­rektoren, ohne auf deren Qualifikation zu schauen, sondern nur auf das rot-schwarze Parteibuch. (Abg. Donabauer: Auch bei der Hartinger?) Aber ich habe sie trotzdem be­stellt. (Beifall beim BZÖ. – Zwischenruf des Abg. Amon.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich entschuldige mich in aller Form vor diesem Ho­hen Haus, dass ich es getan habe.

Sehr geehrter Herr Maier, Sie haben recht, ich gestehe. Ich habe in meiner Funktion als Obmann der Steirischen Gebietskrankenkasse im vorigen Jahr einen Abgang von 57 Millionen € verursacht (Zwischenruf des Abg. Mag. Gaßner) und Gehaltskosten in der gleichen Größe von 50,4 Millionen € in die Höhe getrieben. Es tut mir leid. Ich ent­schuldige mich bei den Beitragszahlern, denen ich Monat für Monat 22,7 Prozent ihres Gehaltes herunterreiße, um es dem Funktionärsapparat in den Sozialversicherungsan­stalten zu geben. Ich habe das leider getan. Es tut mir leid. Ich zeige mich reuig und hoffe, Sie werden mir verzeihen. (Beifall beim BZÖ.)

Herr Abgeordneter Maier, ich hoffe, Sie haben in Ihrem bescheidenen Radius jetzt ver­standen, worum es in der Gesundheitspolitik geht. Ich hoffe, ich habe Ihren intellektuel­len Radius ein wenig erweitert, dass nicht nur ich dafür zuständig bin und war, sondern Sie sich vielleicht einmal die Latte an Mitgliedern der Bundesregierung ansehen (Zwi­schenruf des Abg. Dr. Matznetter), im Besonderen an einem, der aus diesem System kommt, das das Gesundheitssystem an die Wand fährt, dem ehemaligen Obmann einer Gebietskrankenkasse, Herrn Gesundheitsminister Stöger.


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Bei dieser Gelegenheit begrüße ich den nächsten Obmann einer Gebietskrankenkas­se, der höchst defizitären Steirischen Gebietskrankenkasse, Pesserl. (Der Redner deu­tet in Richtung Besuchergalerie.) Vielleicht kommt er auch herunter und zeigt sich reuig gegenüber den steirischen Sozialversicherten.

Allein die Steirische Gebietskrankenkasse: 1 220 Mitarbeiter, 50,4 Millionen € Gehalts­kosten, 74 Dienstkraftwagen, zwei Audi A 6, ein Defizit, das die nächsten Jahre die 100-Millionen-€-Grenze überspringen wird, 612 Dienstreisen im Jahr 2007 – Ihre parla­mentarische Anfragebeantwortung. Sie wissen also Bescheid. 482 Dienstfahrten im Jahr 2008. Kosten insgesamt in der Höhe von 187 000 €. PR-Texte und Inserate in der Höhe von 565 000 € (Abg. Dolinschek: Das ist ja unglaublich!), Buffets für den Herrn Obmann und seine Gefährten, mit denen er fröhliche Urstände in der Gebietskranken­kasse feiert, in der Höhe von 34 000 €. (Abg. Ing. Westenthaler: Skandalös! Ein ech­ter Skandal! Pfui! – Abg. Mag. Stadler: Eine Schande!) Herr Maier! Das multiplizieren Sie, berühmter Herr Maier, mit 22, mit allen Sozialversicherungsanstalten. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Mag. Stadler: Reinste „Bonzokratie“!)

Sehr geehrte Damen und Herren, daher wundere ich mich heute, wie Sie von der FPÖ herauskommen, aber auch Sie von den Grünen und hier in langen Sätzen den Nieder­gang des Gesundheitssystems bejammern. Aber im letzten Satz sagen Sie: Nein, die Kritik des BZÖ und von der Uschi Haubner ist nicht gerechtfertigt. Das ist alles schlecht. Wir fahren an die Wand. Wir können die Gesundheitsversorgung der Öster­reicherinnen und Österreicher schon längst nicht mehr garantieren. Aber es soll nichts geändert werden, denn wenn es die Uschi Haubner und das BZÖ vorschlagen, dann ist es Makulatur, dann verwerfen wir es und machen so weiter wie bisher.

Das war schwindelig, das war bühnenreif, was Sie hier heute geleistet haben, vor allem Sie, sehr geehrte Damen und Herren von Grünen und FPÖ, denn von den Regierungs­parteien sind wir es gewohnt, solange Spindelbergers, Spindeleggers, Donabauers und wie sie von den Sozialversicherungsanstalten alle heißen, hier die Hand darauf halten, dass sich in diesem System seitens der Regierungsparteien nichts ändert. Ich bin ja von diesen beiden Seiten (auf SPÖ und ÖVP weisend) nichts anderes gewohnt. Aber dass Sie heute keinerlei Einsicht gezeigt haben, das überrascht mich.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir sprechen dem Gesundheitsminister zu Recht mit gutem Gewissen und offenem Herzen das Misstrauen aus. Ein Bundesminister, der nicht in der Lage ist, darüber nachzudenken, wie man die Verwaltungsaufwände, wie man die aufgeblähten Versicherungsapparate endlich in den Griff bekommt, der ist im Vorfeld gescheitert. Er verursacht jeden Tag, an dem er länger im Amt ist, nur noch Mehrkosten für die Versicherten in diesem Lande, die von ihrem Gehalt Monat für Mo­nat keinen unbeträchtlichen Teil in dieses System abliefern.

Daher wollen wir eine neue Gesundheitspolitik in diesem Land, eine herausfordernde Gesundheitspolitik, die Zusammenlegung und die Reform der Sozialversicherungsträ­ger, bevor Sie, sehr geehrte Damen und Herren, noch einmal in Ihrem Leben darüber nachdenken, ob Sie Beiträge erhöhen oder in sonstiger Weise die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes belasten sollen. Dagegen werden wir uns zur Wehr setzen. (Beifall beim BZÖ.)

Herr Abgeordneter Maier, nach Ihrer Suada gegenüber dem Herrn Haupt: Herr Haupt hat die Pensionsversicherungsanstalt für Arbeiter und Angestellte zusammengelegt. Herr Haupt hat BSE und die Maul- und Klauenseuche in Österreich gemeinsam mit dem damaligen Minister Molterer bewältigt. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.) Aus diesen beiden Lebensmittelskandalen und Gesundheitsaffären in diesem Land ist dann die AGES entstanden. Nachdem die AGES gegründet worden ist – für Ihre histo­rischen Ausflüge, sehr geehrter Herr Maier –, hat die ÖVP sie übernommen. Dass Sie heute zum Steigbügelhalter einer Ernährungspolitik werden, in der auf der einen Seite


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Kunst- und Analogkäse zugelassen werden und der Weg dafür breitgemacht wird, aber auf der anderen Seite unsere Bauern und deren Familien in den Ruin getrieben wer­den, das wundert mich, Herr Maier.

Schämen Sie sich, Herr Maier! (Beifall beim BZÖ.)

17.26


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Oberhauser zu Wort. Gewünschte Redezeit: 10 Minuten. – Bitte.

 


17.26.32

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundes­kanzler! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Herr Abgeordneter Grosz, die Gewerk­schaft der Gemeindebediensteten Kunst, Medien, Sport, freie Berufe hat heute ein an­gemessenes Gehalt für die Angestellten der Bundestheater verlangt. Ich glaube, das ist in Ihrem Sinn. Sie könnten sich wirklich bewerben. Es war fast burgtheaterreif. (Ruf bei der ÖVP: Simpl! – Abg. Silhavy: Das ist eine Beleidigung!) Ein bisschen untergriffig und ein bisschen tief, aber fast burgtheaterreif. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir sind heute mit einem Misstrauensantrag konfrontiert, der – wie schon mehrfach ge­sagt wurde – nichts enthält, außer dass er das Wort „Misstrauen“ enthält. Es gibt keine Begründung – überhaupt nichts. Da Frau Haubner den Antrag gestellt hat, ist es viel­leicht so, dass sich die Plakatserie, die derzeit in Oberösterreich klebt – „Weil sie weiß, was er wollte ...“ –, auch darauf bezogen hat, dass wir auch wissen, was Sie wollten. Ich glaube, das ist nicht so, und wenn man so etwas macht, dann sollte man einen An­trag ordentlich begründen und ihn auch ordentlich einbringen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren vom BZÖ, gerade Ihre Fraktion hat es notwendig, einem Minister, der seit zehn Monaten im Amt ist und ordentlich seine Arbeit macht, das Misstrauen auszusprechen. (Abg. Ursula Haubner: Was hat das mit Misstrauen zu tun? – Abg. Scheibner: Das ist kein Amt für einen Beamten!)

Wenn man nur in den derzeitigen Nationalratsklub schaut: Abgeordneter Huber – der­zeit parteifrei – steht derzeit unter Verdacht der Anstiftung zu Körperverletzung. Es wa­ren sexuelle Anzüglichkeiten gegenüber einer FPÖ-Abgeordneten in Diskussion und der Versuch, eine private Vergnügungsreise nach Italien über Parlamentsspesen abzu­rechnen.

Der Herr Westenthaler, ein verurteilter Sicherheitssprecher im Nationalrat; Herr Strutz, der seine Unterhaltungszahlungen nicht leistet (Abg. Ursula Haubner: Was hat das mit Gesundheit zu tun?), und Herr Stadler, der Parallelen zwischen der Fristenregelung und den NS-Vernichtungslagern zieht – das sind wirklich „absolut vertrauenswürdige“ Politiker des BZÖ, die wir hier sitzen haben. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Scheibner und Petzner.)

Wenn sie nicht im Nationalrat sitzen, dann waren sie damals in der Regierung. Für die, die es vergessen haben, habe ich mir die Mühe gemacht, herauszufinden, was damals unter der Regierung Schüssel I und Schüssel II an BZÖ-Ministern da war (Abg. Ursula Haubner: Vergangenheitsbewältigung statt Gesundheitsreform!):

Am 4. Februar 2000 wurde die Regierung Schüssel angelobt, und 25 Tage nach Amts­antritt ist der erste Minister, damals FPÖ, der Regierung abhanden gekommen. Das war Justizminister Krüger, der wegen Überlastung zurückgetreten ist. Die einzige Amtshandlung, die er zu setzen versucht hat, war, dass er einen Jaguar als Dienstwa­gen bekommt. (Abg. Silhavy: Da schau her!)

Sieben Monate und 18 Tage nach ihrer Angelobung musste Elisabeth Sickl die Regie­rung verlassen und wurde durch Herbert Haupt ersetzt. Was mir von Sickl in Erinne­rung geblieben ist – und Ihnen vielleicht auch –, waren einige sehr unglückliche Pres-


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seauftritte, die Erkenntnis, dass eine Ministerin keine Sachkenntnis haben muss, son­dern nur Charaktereigenschaften, denn für die Sachkenntnis hat sie ihre Beamtinnen und Beamten. Und es war die Frage, ob bei Renovierungsarbeiten auf Schloss Albeck Schwarzarbeiter beschäftigt waren. (Abg. Bucher: Wie viele Misstrauensanträge ha­ben Sie geschrieben, während Sie in der Opposition waren? Das ist unerhört! Gehen Sie wieder zurück in Ihre Reihen!)

Es war der Beginn einer sehr, sehr teuren Umfärbeaktion in diversen Ministerien, bei der gegen enorm viel Geld Beamtinnen und Beamten in den sogenannten Vorruhe­stand versetzt wurden, um Platz für treue Parteigänger zu schaffen. (Abg. Bucher: Wollen Sie uns vorschreiben, ob wir einen Misstrauensantrag stellen?)

Herbert Haupt war Frauenminister und hat just am Weltfrauentag die Männerabteilung eröffnet. (Zwischenruf der Abg. Ursula Haubner.)

Folgendes vielleicht noch so ein bisschen als Aufruf an diverse Abgeordnete: Wir wür­den uns wünschen – das ist ein Wunsch von Gisela Wurm –, dass Sie auch in der Sprache, die Sie hier verwenden, die männliche und die weibliche Form verwenden. Frau Haubner, ich weiß, dass Ihnen das auch ein Anliegen ist. (Abg. Ursula Haubner: Danke!)

Noch ein paar „Highlights“ von Herbert Haupt. Vielleicht erinnern Sie sich noch: Er hat einen Lügendetektortest bei sexuellen Übergriffen gefordert, und zwar von Täter und Opfer. Er musste diesen Vorschlag zurückziehen, weil Experten heftige Kritik geübt haben.

Herbert Haupt hat die Ambulanzgebühren eingeführt, er hat die Unfallrentenbesteue­rung eingeführt. Beides wurde vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben, denn das war wieder gegen die kleinen Leute.

Personelles. Eine Ute Fabel gab es da. (Abg. Silhavy: Ja, Fabel!)

Reinhart Gaugg, erinnern Sie sich vielleicht? – Ich versuche damit, nur zu sagen, dass unser seriöser Minister sich Ihr Misstrauen wirklich nicht verdient. Jetzt nur zur Erinne­rung für all diejenigen, die damals noch nicht hier waren, ein bisschen die Geschichte von früher. (Beifall bei der SPÖ.)

Reinhart Gaugg sollte zum stellvertretenden Generaldirektor der Pensionsversiche­rungsanstalt ernannt werden. Damals ist die Abstimmung schiefgegangen, damals war die Frage, ob man nicht die Stimmzettel namentlich kennzeichnen sollte, was verfas­sungsrechtlich bedenklich war und diskutiert wurde. Zu dieser Wahl kam es aber nicht, weil Gaugg – eine Entscheidung eines Ministers des BZÖ – alkoholisiert am Steuer er­wischt wurde und sich dann im Prinzip nicht der Wahl gestellt hat. (Abg. Petzner: Gaugg war nie beim BZÖ!) – Das war noch FPÖ. Es ist ein bisschen schwierig, das auseinanderzuhalten, muss man sagen. (Abg. Bucher: Für Sie!)

Aber auch der nächste Nachfolger, nämlich Herr Reinhard Ammer, hat es nicht lange ausgehalten, denn er wurde fristlos entlassen, weil er eine zweite Beschäftigung an der Hochschule Wismar gehabt hat und dann in Wismar entlassen wurde. Das heißt, die Personalpolitik, die sich da durchzieht, zeugt nicht wirklich von großem Vertrauen.

Schmid, Forstinger. – Vielleicht erinnern Sie sich an Forstinger, auch eine Ministerin. Um einen Erfolg nach 100 Tagen zu haben (Abg. Ursula Haubner: Erfolgreiche Unter­nehmerin!) – ja, ja, –, hat sie eine Rufnummernverordnung unterschrieben, wo sie sich im Nachhinein ausgeredet und gesagt hat, das habe ihr ein Sektionschef fälschlicher­weise zur Unterschrift vorgelegt. Diese Rufnummernverordnung hätte die Wirtschaft und den Staat Millionen gekostet. Nur um einen Erfolg vorzulegen!

Und Sie sagen, unser Minister verdient das Misstrauen? Also ich würde mich an Ihrer Stelle wirklich lieber erinnern. (Beifall bei der SPÖ.)


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Stöckelschuhe-Erlass, Minirock-Erlass; die Frage, ob Beamtinnen Stöckelschuhe oder Miniröcke tragen dürfen. Auch das war eine wirkliche „Glanzleistung“ einer Ministerin, die, glaube ich, schon Ihren Reihen zuzurechnen ist.

Hubert Gorbach – auch das ein „Highlight“. Hubert Gorbach wollte ein Blaulicht für sein Auto, er wollte 160 km/h auf der Autobahn fahren, hat sich eine Teststrecke einrichten lassen: also für einen Infrastrukturminister eine wirklich vertrauenswürdige Vorgangs­weise. (Abg. Riepl: Jetzt ist er ruhig, der Petzner!) Und Sie sprechen unserem Minister das Misstrauen aus?

Eduard Mainoni. – Ich gestehe, der ist an mir vorübergegangen, aber vielleicht wissen Sie nicht, dass Eduard Mainoni und vor allem die Aussagen, die er getätigt hat, dafür verantwortlich waren, dass die gute Justizministerin Gastinger nicht nur ihr Amt zurück­gelegt hat, sondern auch aus dem BZÖ ausgetreten ist. Er gibt in einer Studie über die „Diskursstrategien im Rechtspopulismus“ Einblick in die Strategie der FPÖ beziehungs­weise des späteren BZÖ und erklärt die Instrumentalisierung der Ausländerproblematik als Mittel, um neue Wählerschichten zu gewinnen.

Was ist der Hintergrund? – Es ist die Angst der Menschen. Alle politischen Parteien, sogar ein Teil der Wirtschaft, funktionieren über die Angst, über das Geschäft mit der Angst. Wenn wir das in Österreich zum Thema erheben, haben wir Sympathien, haben wir ein Wählerklientel, das zutiefst verunsichert ist. Nicht umsonst haben wir auch die­ses Volksbegehren gemacht. – So viel zur Regierungsbeteiligung Ihrer Parteimitglieder.

Grasser: YLine, Home-Page-Affäre, all diese Dinge.

Kehren Sie vor Ihrer eigenen Tür! Unser Minister Stöger ist gerade einmal zehn Mona­te im Amt, hat einiges an Leistung vollbracht, und wir sprechen ihm unser vollstes Ver­trauen aus. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

17.34


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll zu Wort. 5 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


17.35.02

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundes­kanzler! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Ein Miss­trauensantrag gegen Minister Stöger, das heißt, das BZÖ will den Gesundheitsminister auswechseln.

Meine Damen und Herren, Sie wissen, ich bin schon sehr lange in diesem Haus. Ich war zum Beispiel von 1983 bis 1988 Gesundheitssprecher meiner Partei und Obmann der Gesundheitsausschusses. (Demonstrativer Beifall des Abg. Dr. Rasinger. – Abg. Neugebauer: Eine gute Zeit!) Ich habe damals, in diesen fünf Jahren, vier Gesund­heitsminister als Gegenüber gehabt: zuerst Kurt Steyrer, dann Franz Löschnak, der als Kanzleramtsminister Gesundheitsagenden innehatte, dann Franz Kreuzer und schließ­lich Harald Ettl. Vier Gesundheitsminister in fünf Jahren!

Glauben Sie wirklich, dass das ein Beitrag zur schon damals diskutierten Gesundheits­reform war? Was wir bitte brauchen, ist Kontinuität, ist Verlässlichkeit, ist Nachhaltig­keit. Und daher brauchen wir Minister Stöger auch für die nächsten Monate und Jahre, meine Damen und Herren. Nur deshalb, weil wir hier Kontinuität und Verlässlichkeit brauchen. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

Eines muss man auch sagen, meine Damen und Herren, und ich sage das deshalb, weil wir hier in diesem Hohen Haus noch oft über Gesundheitspolitik diskutieren wer­den: Ich möchte an fünf Punkten aufzeigen, wie gewaltig die Herausforderungen sind, vor denen ein Gesundheitsminister steht – ein Gesundheitsminister, der wenige Kom­petenzen hat, der aber für alles verantwortlich gemacht wird.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 159

Erster Punkt. Es gibt wenige so sensible Bereiche wie den Gesundheitsbereich. In der Bedürfnisskala, wahrscheinlich von Ihnen allen, kommt Gesundheit ganz, ganz oben. Das heißt, mit diesem Thema muss man sehr behutsam umgehen, da kann man nicht politische Schnellschüsse machen, da kann man nicht mit der Brechstange vorgehen. Da muss man behutsame, kontinuierliche und verlässliche Politik machen.

Zweiter Punkt: Im Gesundheitswesen – der Herr Minister hat es kurz angedeutet – ver­ändern sich die Dinge ständig. Es ist ständig alles in Bewegung, auf der Angebotseite und auf der Nachfrageseite. Auf der Angebotseite: Es werden immer mehr, immer bes­sere, immer teurere medizinische Leistungen angeboten. Auf der Nachfrageseite steht die Altersstruktur der Bevölkerung, alle zehn Jahre steigt die Lebenserwartung um zwei Jahre. Das ist eine gewaltige Herausforderung von der Nachfrageseite her. Es gibt zu­nehmend Verkehrs- und Sportunfälle, es werden viele andere Dinge nachfragewirk­sam, das heißt, es kommt zu einer überproportionalen Kostensteigerung.

Dritter Punkt: Die Herausforderung ist eine doppelte, meine Damen und Herren. Die Herausforderung lautet: Qualitätssicherung bei gleichzeitiger Kostendämpfung, was fast die Quadratur des Kreises ist. Man könnte Qualitätssicherung sehr leicht machen, wenn man auf die Kosten nicht Rücksicht nehmen müsste, man könnte sehr leicht Kos­tendämpfung machen, wenn man die Qualitätssicherung nicht hätte. Aber die Kombi­nation beider Zielsetzungen ist die Quadratur des Kreises.

Viele Vorredner haben es bereits gesagt, wir haben in Österreich ein Gesundheitssys­tem, das bei jedem internationalen Vergleich immer unter den Top 3 weltweit ist. Auch was die Patientenzufriedenheit betrifft, ist es so, dass wir eine hohe Patientenzufrie­denheit mit unserem Gesundheitssystem haben.

Meine Damen und Herren! Das ist ein Wert an sich, es haben einige Vorredner schon darauf hingewiesen, auch Erwin Rasinger. Ich möchte bitte in keinem anderen Land der Welt krank werden und dort dem Gesundheitssystem überlassen sein! Wenn ich im Ausland wäre und krank würde, ließe ich mich sofort nach Österreich zurückfliegen, weil ich hier die beste medizinische Versorgung habe.

Vierter Punkt: Gerade im Gesundheitsbereich gehen die rein isolierte Expertensicht und die politische Sicht oft diametral auseinander. Ich nenne ein konkretes Beispiel aus meinem Wahlkreis Waldviertel.

Da stand jahrelang bei den Spitälern Allentsteig und Eggenburg im Spitalsplan die Fußnote „zur Schließung vorgesehen“. Ich konnte es keinem reinen Gesundheitsexper­ten verübeln, zu sagen: Wozu brauchen wir diese zwei Spitäler? Die Politik musste al­lerdings sagen – und es waren alle Fraktionen im Waldviertel –, neben dem gesund­heitspolitischen gibt es einen regionalpolitischen, einen arbeitsplatzmäßigen, einen wertschöpfungsmäßigen Aspekt und es gibt Zukunftstrends im Bedarf.

Was haben wir gemacht? – Die Standorte wurden erhalten, aber der eine als Klinik für Psychosomatik und der andere als Neurorehabilitation. Und beide Kliniken haben heu­te Wartelisten, so attraktiv sind sie. Natürlich hätten wir die Kosten senken können, hät­ten wir beide Standorte geschlossen, aber das wäre zu Lasten der Qualität der medizi­nischen Versorgung gegangen.

Fünfter und letzter Punkt, Herr Minister: Ich habe schon kurz darauf hingewiesen: Ich beneide keinen Gesundheitsminister. Wenig Kompetenzen, die Länder haben bei den Krankenanstalten das Sagen, aber man wird für alles verantwortlich gemacht. Keine lustige Aufgabe!

Herr Minister Stöger, natürlich werden Sie nach der Leistung beurteilt – von uns als Ih­rem Koalitionspartner, von der eigenen Partei, von der Bevölkerung, aber ich halte es angesichts der Dinge, die ich genannt habe, für absurd, nach zehn Monaten einer Leistungsbilanz zu sagen: Und jetzt wird der Minister ausgetauscht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 160

Das ist der falsche Weg, meine Damen und Herren! Ich sage noch einmal: Wir brau­chen Kontinuität, Verlässlichkeit und Nachhaltigkeit. Daher sind wir für Minister Stöger. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

17.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Spindelberger zu Wort. Ich stelle die Uhr auf 2 Minuten. Restredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


17.40.11

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Nicht nur Abgeordneter Grosz, sondern auch ich möchte ein Geständnis ablegen: Es tut, glaube ich, dem österreichischen Par­lament wirklich nicht gut, wenn sich solche Zyniker als Showman hier herstellen und in jeder einzelnen Rede nur denunzieren und ihre Ausführungen jeder Sachlichkeit ent­behren. Dann dürfen wir uns nicht wundern, wenn uns die Menschen draußen den Rü­cken zukehren und sagen: Schaut euch diese Politiker an! (Beifall bei der SPÖ.)

Bisher habe ich vom Inhalt her vom Kollegen Grosz überhaupt noch nichts gehört. Und gerade als Vertreter einer Partei, welche das Gesundheitswesen an die Wand gefah­ren hat, indem sie den Krankenkassen zusätzlich Milliardenbeträge aufgehalst hat, würde ich, muss ich sagen, nicht den Mund so groß wie manche Tiere aufreißen. (Bei­fall bei der SPÖ.)

Ich möchte nun diese Gelegenheit wahrnehmen, einen Antrag einzubringen. Es ist im Zuge der Diskussion über die Dringliche Anfrage wiederum der Fall gewesen, dass die Mitarbeiter der AGES denunziert wurden. Und da möchte ich schon sagen, dass die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit nicht nur, wie in der vorliegenden Dringlichen Anfrage thematisiert, für die Untersuchung und Begutachtung von Lebensmitteln zuständig ist, sondern auch für die Produktsicherheit von Baby­schnullern und Babyfläschchen.

Nachdem ja bereits vom Kollegen Hofer von den Freiheitlichen ein ähnlich lautender Antrag eingebracht worden ist, der unserer Meinung aber zu wenig weitgehend ist und der, wie ich meine, sachlich nicht ganz korrekt ist, darf ich folgenden Entschließungs­antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Dr. Rasinger, Mag. Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Inhaltsstoffe in Babyschnullern (Bisphenol A)

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Gesundheit wird ersucht,

1. im Rahmen einer Schwerpunktaktion eine Untersuchung von am Markt befindlichen Babyschnullern auf den Stoff Bisphenol A zu veranlassen, entsprechende Migrations­werte zu überprüfen und eine Risikobewertung durch die AGES durchzuführen;

2. einen zusammenfassenden Bericht über die Ergebnisse dieser Untersuchungen der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen;

3. aufgrund der Ergebnisse zielführende Maßnahmen zu ergreifen, insbesondere wenn die Untersuchung gesundheitsgefährdende Elemente nicht ausschließen kann.“

*****

Ich glaube, dass wir mit diesem Antrag auch die europäische Ebene mit eingebunden haben. Deswegen bitte ich um Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Pirklhuber.)

17.42



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 161

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Dr. Rasinger und Kolleginnen und Kollegen be­treffend Inhaltsstoffe in Babyschnullern (Bisphenol A)

eingebracht im Zuge der Debatte über die Dringliche Anfrage an den Bundesminister für Gesundheit betreffend „Steuererhöhungen statt zukunftsweisender Gesundheitsre­form“

Die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) ist nicht nur – wie in der vorliegenden dringlichen Anfrage thematisiert – für die Untersuchung und Begutachtung von Lebensmitteln zuständig, sondern auch für die Produktsicher­heit von Babyschnullern und Babyfläschchen.

Mitte September 2009 veröffentlichte die Umweltorganisation Global 2000 eine Studie, die nachweist, dass in Babyschnullern, Babyflaschen und Spielzeug der hormonell wirksame Inhaltsstoff Bisphenol A enthalten ist. Migrationswerte hat Global 2000 leider nicht vorgelegt. Es bleibt daher unklar, ob diese Substanz auch tatsächlich migriert d.h. von Kindern, die diese Schnuller in den Mund nehmen, auch tatsächlich in gesund­heitsschädlicher Dosis aufgenommen werden.

Die folgende mediale Berichterstattung bewirkte eine Verunsicherung bei den Konsu­mentInnen, da nicht bekannt ist, welche am Markt befindlichen Produkte belastet sind und welche nicht.

Bisphenol A ist ein Hauptbestandteil bei der Herstellung des Kunststoffs Polycarbonat. Bei Bisphenol A handelt es sich um eine hormonell wirksame Chemikalie, solche Stoffe werden auch als „Endokrin wirksame Substanzen“ (endocrine disrupting chemicals) be­zeichnet. Es besteht der Verdacht, dass diese Substanzen das Hormonsystem stören können und mit der Zunahme von Prostata- und Brustkrebs, Diabetes Typ 2, Abnahme der Spermienzahl, Übergewicht oder verfrühter Geschlechtsreife bei Mädchen in Zu­sammenhang stehen. Auch laut Hans-Peter Hutter von der MedUni Wien handelt es sich bei Bisphenol A um eine Substanz, die die Fruchtbarkeit beeinträchtigen kann.

Die Verwendung von Bisphenol A ist auf europäischer Ebene geregelt: Kunststoffe, die für den Kontakt mit Lebensmitteln bestimmt sind, unterliegen den Regeln der Europäi­schen Plastic Directive, die durch die Kunststoffverordnung BGBl. II Nr. 476/2003 in nationales Recht umgesetzt wurde. Bisphenol A stellt dort einen zugelassenen Aus­gangsstoff dar, für den bestimmte Grenzwerte festgesetzt sind.

Im Gegensatz dazu enthält aber die Europäische Norm „Artikel für Säuglinge und Kleinkinder – Schnuller für Säuglinge und Kleinkinder“ (EN 1400) keine Anforderung hinsichtlich Bisphenol A.

Wenn man davon ausgeht, dass gesundheitsschädliche Wirkungen des Stoffes Bisphe­nol A wissenschaftlich nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden können, ist dafür Sorge zu tragen, dass dieser zumindest in Artikeln für Säuglinge und Kleinkinder nicht mehr enthalten ist. Als erster Schritt soll daher auf nationaler Ebene zunächst überprüft werden, inwieweit in Babyschnullern bzw. in den Saugteilen tatsächlich Bisphenol A enthalten ist und in wie weit eine Migration stattfindet. In weiterer Folge haben die Kon­sumentInnen ein Recht darauf, über bedenkliche Inhaltsstoffe informiert zu werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 162

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Gesundheit wird ersucht,

1. im Rahmen einer Schwerpunktaktion eine Untersuchung von am Markt befindlichen Babyschnullern auf den Stoff Bisphenol A zu veranlassen, entsprechende Migrations­werte zu überprüfen und eine Risikobewertung durch die AGES durchzuführen;

2. einen zusammenfassenden Bericht über die Ergebnisse dieser Untersuchungen der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen;

3. aufgrund der Ergebnisse zielführende Maßnahmen zu ergreifen, insbesondere wenn die Untersuchung gesundheitsgefährdende Elemente nicht ausschließen kann.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Vock. Ge­samtrestredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


17.42.41

Abgeordneter Bernhard Vock (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister, an und für sich könnten Sie diesem Misstrauensantrag ja schon gelas­sen entgegensehen, denn nicht nur Ihre Mitglieder auf der Regierungsbank stützen Sie – das hofft man als Minister immer, dass man von der eigenen Regierung gestützt wird –, sondern es haben auch zwei Oppositionsparteien gesagt, dass sie diesen Wahlkampfgag – und letzten Endes wird es wahrscheinlich nichts anderes sein – nicht mittragen wollen.

Aber ich darf Ihnen schon in Erinnerung rufen, was hier gesagt wurde, und zwar einer­seits vom BZÖ, aber noch viel konkreter von unserer Gesundheitssprecherin Belako­witsch-Jenewein, nämlich dass die Reformen, die ausständig sind, genau das sind, was die Bevölkerung von Ihnen erwartet. Ich weiß, es ist schwierig, Reformen zu star­ten, wenn man von einer Wahlniederlage zur nächsten stolpert, da hat man halt nicht so den Mut zu Reformen. Aber ich glaube, genau das erwartet die Bevölkerung von dieser Regierung und vor allen Dingen von den Genossen in der Regierung!

Ich weiß schon, die Bremser sitzen nicht in der SPÖ, sondern die sitzen woanders, aber man muss den Mut haben, gegen die Bremser vorzugehen und der Bevölkerung zumindest zu zeigen, wo die Reformbereitschaft ist und wer in der Regierung bei Re­formen nicht mitgeht. Man muss den Mut haben, das aufzuzeigen. (Zwischenruf des Abg. Großruck.)

Nächster Punkt, den ich vor allem als Tierschutzsprecher ansprechen möchte: Als das Tierschutzgesetz 2005 beschlossen wurde, gab es einen Allparteienkonsens darüber, dass der Tierschutz auch in den Verfassungsrang kommen soll. Aber in den letzten Jahren wird das immer wieder von der ÖVP blockiert. Daher eine Hausaufgabe an Sie, die ich Ihnen mitgeben möchte: Setzen Sie sich bitte mit der ÖVP zusammen, sorgen Sie endlich dafür, dass der Tierschutz in den Verfassungsrang kommt, denn das wäre ganz wichtig! Haben Sie Mut zu Reformen! Schauen Sie, dass Sie möglichst viele Re­formen umsetzen! Wir sind sicher bei vielen Reformen gerne dabei und werden diese, wenn wir hier Reformwillen sehen, auch unterstützen.

Ich weiß, die Bremser sitzen woanders. Daher müsste der Misstrauensantrag in eine ganz andere Richtung gehen. Aber er richtet sich halt jetzt gegen den Gesundheitsmi­nister, der ja gar nicht wirklich die Schuld daran trägt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 163

Wenn man, wie Kollege Stummvoll, sagt, wir haben ein gutes Gesundheitssystem, dann muss man auch bereit sein, das gute Gesundheitssystem zu reformieren, denn Stillstand ist Rückschritt. Man muss auch bei einem guten System den Mut haben, es fortzuführen beziehungsweise zu verbessern. (Zwischenruf des Abg. Großruck.) Ver­bessern kann man alles. Dazu muss man auch den Mut haben. Und da erwarte ich mir vor allem von der ÖVP, dass sie nicht nur heute diesen Misstrauensantrag hier nieder­stimmt, sondern auch den Minister Stöger und die anderen Genossen bei Reformen wirklich unterstützt und nicht bremst.

Das wäre mein Wunsch an diese Regierung: dass man hier mehr Mut zeigt! Und das ist das, was die Bevölkerung von Ihnen erwartet.

Bei dem heutigen Wahlkampfgag können wir nicht mitgehen. (Zwischenrufe beim BZÖ.) Sie weiß, was er wollte, aber sie kann nicht, was er könnte. (Heiterkeit.) Und da­her mehr Mut zu Reformen, Herr Minister! (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.45

17.45.20

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist hiezu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Gesundheit gemäß Artikel 74 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes.

Da zu einem solchen Beschluss des Nationalrates gemäß Abs. 2 der zitierten Verfas­sungsbestimmung die Anwesenheit der Hälfte der Abgeordneten erforderlich ist, stelle ich diese ausdrücklich fest.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für den gegenständlichen Misstrauensantrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Dieser An­trag ist somit abgelehnt. (Lang anhaltender lebhafter Beifall bei der SPÖ sowie Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Ing. Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesundheitsgefährdende Baby­fläschchen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen ferner zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordne­ten Dr. Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kennzeichnungspflicht für Le­bensmittel von Tieren, die mit gentechnisch veränderten Futtermitteln ernährt wurden.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordne­ten Mag. Johann Maier, Dr. Rasinger, Mag. Schatz, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Inhaltsstoffe in Babyschnullern (Bisphenol A).

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Dieser Antrag ist einstimmig angenommen. (E 46.)

17.48.20Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur Durchführung der kur-
zen Debatte betreffend den Antrag des Herrn Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Pirklhuber,


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dem Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft zur Berichterstattung über den An­trag 760/A(E) betreffend Sofortmaßnahmen für die Zukunft der Milchbetriebe eine Frist bis zum 20. Oktober 2010 zu setzen. (siehe S. 167)18 Uhr!

Nach Schluss dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Frist­setzungsantrag stattfinden.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner/keine Rednerin länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei die Erstrednerin/der Erstredner zur Begründung über eine Redezeit von 10 Minuten verfügt. Stellungnah­men von Mitgliedern der Bundesregierung oder zu Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Pirklhuber. 10 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


17.49.21

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im gegenständlichen Fristsetzungsantrag geht es uns im Kern um ein Thema, das derzeit ganz Europa bewegt. Und es ist bezeichnend, dass der zustän­dige Bundesminister Berlakovich bei diesem Fristsetzungsantrag auch heute wieder einmal durch Schweigen und Abwesenheit glänzt. (Abg. Prinz: Der Bundesminister ist entschuldigt für heute! – Weitere anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, da muss ich Sie jetzt sofort unterbrechen, denn Herr Bundesminister Berlakovich ist für heute entschuldigt und wird vertreten.

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (fortsetzend): Frau Präsidentin, das ist mir selbstverständlich bewusst, aber man muss auch dazusagen, wo Herr Bun­desminister Berlakovich ist. Er ist heute in Moskau, um dort Geschäfte für den Lebens­mittelsektor Österreichs zu verhandeln. (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.) So hat der Herr Bundesminister das öffentlich kundgetan, und das ist in der Sache auch in Ordnung. (Neuerlicher demonstrativer Beifall bei der ÖVP.)

Das wäre vor allem dann in Ordnung, Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, wenn Bundesminister Berlakovich auch die eigenen Hausaufgaben erledigen würde, und die­se Hausaufgaben würden bedeuten, dass der Herr Bundesminister mit jenen Bäuerin­nen und Bauern spricht, die sich in einer wirklich krisenhaften Situation befinden, die in ganz Europa auf der Straße sind und Widerstand ausüben sowie verschiedene Aktio­nen durchführen.

Der Herr Bundeskanzler hingegen, der soeben hier war, hat sich Zeit genommen und hat vergangenen Freitag mit den Bäuerinnen und Bauern gesprochen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ihr Minister Berlakovich aber hat gar nichts gemacht und solche Gesprä­che bis heute verweigert. Ihre Interessenvertretung, die sogenannte Bauernbund-Ver­tretung, hat bis heute jeden Diskussionsansatz, der seitens streikender Milchbäuerin­nen und Milchbauern gekommen ist, verweigert. Die Vertreter des Bauernbundes ha­ben jede Diskussion verweigert. (Abg. Ing. Schultes: Das ist doch überhaupt nicht wahr!) Das ist überhaupt nicht wahr, sagt Kollege Schultes. Also bleiben wir bei den Fakten, schauen wir uns diese einmal an! (Abg. Hornek: Faktum ist, dass der Pirklhu­ber einen Unsinn redet!)

Herr Kollege, Sie können gerne hier herunterkommen und die Dinge erläutern. Ich stel­le nur die Frage: Wer hat denn die Agrarpolitik in den letzten 20, 30 Jahren gestaltet? Wer gestaltet die Agrarpolitik in Europa? (Ruf bei der ÖVP: Die Bauern!) – Sind es die Sozialdemokraten? Sind es die Grünen? (Abg. Grillitsch: Nein!) Meine Damen und


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Herren, werte Kolleginnen und Kollegen, wer gestaltet denn die Agrarpolitik in Öster­reich, wer gestaltet sie in Europa? – Es sind die konservativen Bauernverbände. (Abg. Grillitsch: Gott sei Dank!)

Und wer tritt dann auf, wenn Bauern und Bäuerinnen in Not sind, sich zusammen­schließen, um sich zu wehren, und gemeinsam versuchen, das Problem zu lösen? Wer ist die erste Adresse, um aufzustehen gegen diese Bäuerinnen und Bauern, die sich wehren? – Der Österreichische Bauernbund! (Abg. Wöginger: Der Pirklhuber!) Das Erste ist, dass diese Bäuerinnen und Bauern ausgegrenzt werden. Ja, das ist Ihre Poli­tik: Anstatt für alle Bäuerinnen und Bauern da zu sein, grenzen Sie aus! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Wöginger.) Sie sind verantwortlich für eine Politik, die Tausen­de, ja Hunderttausende Arbeitsplätze in Europa gefährdet und zerstört. – Das, meine Damen und Herren, ist doch Zynismus ersten Ranges.

Wenn 40 000 Milchbäuerinnen und Milchbauern Aktionen durchführen, die so weit ge­hen, dass sie Milch, ein hochwertiges Lebensmittel, auf Feldern ausbringen, verschüt­ten oder sonst irgendwie zu verteilen versuchen, weil sie keinen Preis mehr dafür be­kommen (Abg. Ing. Schultes: Weil ihr verhindert habt, dass die Bauern liefern kön­nen!), dann ist das doch, Kollege Schultes, ein Warnsignal schlechthin. Diese Bäuerin­nen und Bauern stehen mit dem Rücken zur Wand. Und statt Solidarität, Zustimmung und Unterstützung zu signalisieren, machen Sie das Gegenteil: Sie fallen diesen Bäue­rinnen und Bauern in den Rücken! Das ist unsolidarisch innerhalb der Bauernschaft, und das kann ich nur ablehnen, und zwar ganz massiv ablehnen. (Beifall bei den Grü­nen sowie bei Abgeordneten der FPÖ. – Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Schauen wir uns doch die Preisentwicklung an! – Im letzten Jahr minus 30 Prozent bei den Erzeugermilchpreisen. Für einen Liter Milch erlösen Bäuerinnen und Bauern der­zeit gerade einmal 25 Cent. Ein Bauer muss 13, 14 Liter Milch ... (Abg. Wöginger: In Deutschland vielleicht!) – In Österreich! Ein Bauer/eine Bäuerin muss 13 Liter Milch melken, damit er/sie sich überhaupt eine Halbe Bier im Wirtshaus kaufen kann. Das ist die Realität. Es ist doch einfach schauerlich, wenn man gleichzeitig davon spricht, dass Milch ein hochwertiges Lebensmittel ist. 25 Cent für einen Liter Milch! Das ist doch ge­radezu ein Hohn, und überdies liegt das weit unter allen Gestehungskosten, weit unter den Produktionskosten. (Abg. Ing. Schultes: Sie wissen nicht einmal den Milchpreis!)

Herr Kollege Schultes, reden S’ kan Blödsinn! Was Sie die letzte Zeit aufgeführt ha­ben ... (Abg. Grillitsch: Das habt ihr verschlafen!) – Wir haben nichts verschlafen, son­dern Sie, Herr Kollege Grillitsch, haben die Petition der IG Milch nicht mitgetragen. Vier Parteien im Haus, BZÖ, FPÖ, SPÖ und Grüne, haben gemeinsam, als die De­monstration der Milchbauern stattfand, diese Petition ins Parlament gebracht. (Abg. Grillitsch: Ihr verschlaft alles!) Sie jedoch, Herr Kollege Grillitsch, haben sich da ver­weigert und Sie haben sich auch einer Diskussion verweigert.

Das ist jetzt mein Appell auch an die SPÖ: Hochachtung, dass Sie da mitgegangen sind, aber bitte stehen Sie zu Ihrem Wort, diese Petition ernst zu nehmen, damit wir endlich im Ausschuss beraten – und deshalb dieser Fristsetzungsantrag –, welche Strategien wir entwickeln und wie wir uns mit Expertinnen und Experten austauschen können, und zwar im Interesse der Bäuerinnen und Bauern!

Kollege Grillitsch, da sind Sie gefordert! (Abg. Ing. Schultes: Sie betreiben billige Pole­mik auf Kosten der Menschen!) Kommen Sie endlich einmal aus Ihrem Eck, aus Ihrem Schmollwinkel heraus, aus jenem Eck, in dem Sie sich verschanzt haben, hinter Ge­meinplätzen und Stehsätzen. Sie, Herr Kollege Grillitsch, haben die vergangenen zehn Tage keinen Milchbauern gesehen; das ist ganz offensichtlich. Ansonsten würden Sie nämlich begreifen, dass diese Bäuerinnen und Bauern – übrigens viele davon Mitglie­der des Bauernbundes, zumindest noch bis vor Kurzem – enttäuscht sind von einer po-


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litischen Entwicklung, die eindeutig in die falsche Richtung geht. (Abg. Hornek: In Oberösterreich werden wir sehen, wie viele Bauern die Grünen wählen!)

Schauen wir uns an, was diese kritischen Bäuerinnen und Bauern wollen!

Der European Milk Board – in diesem sind immerhin mehr als acht Mitgliedstaaten der Europäischen Union – fordert eine flexible Mengenregelung, was bedeutet, Quoten an den Bedarf anzupassen, um einen kostendeckenden Milcherzeugerpreis zu erreichen.

Gefordert wird außerdem, dass es eine Rechtsgrundlage dafür geben muss, dass er­zeugerfinanzierte Umlagen eingehoben werden, um gegen Spekulation aufzutreten; eine sehr vernünftige Maßnahme des EMB.

Gefordert wird auch, einen freiwilligen Milchlieferverzicht durchzuführen und zu unter­stützen, wie wir es in Österreich unter dem damaligen Landwirtschaftsminister Josef Riegler schon hatten, wo wir mit so einer Politik sehr erfolgreich waren. Erinnern Sie sich doch daran, Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP! Das wäre auch eine Chance, diese Politikmaßnahmen auf europäische Ebene zu heben.

Darum sollten wir gemeinsam kämpfen und versuchen, dass wir im Ausschuss mit Ex­pertInnen eine Linie des Parlaments entwickeln, um dann einem österreichischen Mi­nister, wenn er da offensiv auftritt – was der Bundesminister bisher nicht getan hat –, auch für die EU den entsprechenden Rückhalt zu geben. (Abg. Ing. Schultes: Scha­den Sie nicht dem Absatz durch Ihre Behauptung!)

Herr Kollege Schultes, wenn Sie von Schädigung reden, dann muss ich Ihnen schon sagen: Wenn Milliarden an Steuermitteln in den Sand gesetzt werden, 600 Millionen € im Jahre 2009, Steuergelder dafür verwendet werden, um Lagerbestände, um Export­erstattungen zu finanzieren, wo kein einziger Bauer nur einen einzigen Cent davon sieht, dann ist es doch einfach zynisch, wenn Sie behaupten, dass das eine Maßnah­me sei, die erfolgreich für bäuerliche Arbeitsplätze da sei. (Abg. Ing. Schultes: ... und Spekulanten entgegenarbeiten!) Das ist doch wirklich zynisch, und Sie wissen das doch auch ganz genau, daher müssen Sie so viel „dazwischenkläffen“. Das zu sagen kann ich Ihnen leider nicht ersparen, aber es ist halt so, dass Sie, wenn Sie nicht mehr weiterwissen, versuchen, die Debatte zu stören beziehungsweise überhaupt zu verhin­dern.

In Oberösterreich haben wir bisher drei Veranstaltungen gehabt, zu welchen die IG Milch eingeladen hat. Gekommen sind die FPÖ-Bauern, gekommen sind die SPÖ-Bauern, gekommen sind die grünen Bäuerinnen und Bauern, und eingeladen waren die ÖVP-Bauern, der Bauernbund – doch der hat durch Abwesenheit seine Ignoranz signalisiert! (Abg. Grillitsch: Wo war das?) Es waren nicht 50, nicht 60 Bauern, son­dern es waren 200, 300, 400 Bauern bei diesen Versammlungen. (Die Abgeordneten Ing. Schultes und Grillitsch: Wo war das?)

Jetzt schreien sie, die Bauernbündler! Dort hat man keine Stimme von ihrer Seite ge­hört, dort haben sie durch Abwesenheit geglänzt. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Gril­litsch: Wo war das, Pirklhuber?)

Meine Damen und Herren, und was tut die Europäische Kommission? – Die europäi­sche Kommissarin Fischer-Boel tritt, Gott sei Dank, kein zweites Mal an, sie wird das Feld räumen. Und das ist aus unserer Sicht gut so. Sie hat erst Vorschläge gemacht, die dem Fass wirklich den Boden ausschlagen. Denn: Zuerst die Quoten in Europa zu erhöhen und dann die Nationalstaaten aufzufordern, sie sollen Quoten mit Steuergel­dern auf nationaler Ebene herauskaufen, ist wirklich Perfidie schlechthin, das ist viel­leicht ein guter Scherz, aber mehr nicht, statt einfach ganz klipp und klar anzuerken­nen, dass man Fehler gemacht hat.


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Ja, die Erhöhung der Milchmenge in Europa ist ein Fehler, denn wenn eine Quotenauf­stockung dazu führt, dass wir Milchseen und einen Preisverfall haben, dann ist die ein­fachste politische Maßnahme die, diese Quotenaufstockung zurückzunehmen und da­mit dem Markt zu signalisieren: Wir wollen das Marktgleichgewicht wiederherstellen, wir wollen ein Gleichgewicht zwischen Angebot und Anfrage herstellen! Und wenn wie­der wirklich mehr Nachfrage da ist, dann kann man selbstverständlich wieder Quoten beziehungsweise Produktionsmengen an Bäuerinnen und Bauern verteilen. Derzeit ist das Gegenteil der Fall. (Abg. Ing. Schultes: Gnadenlos ahnungslos!)

Die Vorschläge vom Bauernbund – das muss man festhalten – sind ja wirklich kurios. Erst schreien Sie: Stopp, das darf man nicht machen, lauter Splittergruppen, militant, so geht es nicht, gewerkschaftliche Methoden!, und dann, wenn Feuer auf dem Dach ist, laufen Sie und sagen: Wir sind die Vertretung, alle anderen sind nicht befugt!

So geht es nicht weiter! Die Agrarpolitik muss vom Kopf auf die Füße gestellt werden. Dafür werden wir kämpfen. – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Grillitsch: Sie stehen aber auf dem Kopf! – Gegenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.)

17.59

17.59.20

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Pirklhuber, für den Ausdruck „Reden S’ kan Blödsinn!“ erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Abg. Dr. Pirklhuber: Ja, super! Finde ich okay! Da bin ich glücklich über diesen Ordnungsruf!)

Ich möchte nur für das Protokoll festhalten, weil im Croquis ein Fehler war und ich es daher falsch verlesen habe: Es ist dies die Debatte über die Fristsetzung bis 20. Okto­ber 2009. Nur damit da Klarheit herrscht; das stand falsch in den Unterlagen.

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. 5 Minuten Redezeit für ihn und alle nachfolgenden Rednerinnen und Redner. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


18.00.13

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Trotz der geballten Kraft des Bauernbundes zu meiner Rechten darf ich Ihnen versi­chern, Herr Kollege Pirklhuber (Abg. Auer: Aber der Pendl ist auch nicht schwach!), dass ich sehr wohl zu der Petition stehe, die wir gemeinsam übernommen haben, und ich kann mich erinnern, dass dort auch Herr Grillitsch gesagt hat, er wird sie mittragen. Aber die Zeit ist vorbei. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Der heutige Antrag ist für mich der Versuch, das Problem der Milchbauern endlich auf parlamentarische Ebene zu heben. Sie werden verstehen, Herr Pirklhuber, dass es für uns sicher nicht in Frage kommt, diesem Antrag zuzustimmen, weil wir der Meinung sind, die Koalition bringt zurzeit doch weit mehr weiter, als wenn wir uns wieder zerstrit­ten. Das ist einmal der erste Punkt. (Abg. Dolinschek: Das glaubst du ja selber nicht!)

Der zweite Punkt, warum ich diesem Antrag nicht zustimmen kann, ist die Tatsache, dass gerade heute für den 8. Oktober ein Landwirtschaftsausschuss vereinbart wurde und ich soeben noch eine APA-Meldung bekommen habe, wonach am 5. Oktober ein Sonderrat der EU-Agrarminister zur Milchkrise stattfinden wird. Und ich glaube, das ist, wenn man das versachlichen will, wirklich der Weg, den wir gehen sollten. Es macht wenig Sinn, wenn wir einander da herinnen jetzt stark gegenübertreten und die Schä­del einhauen – darf man das sagen?, nein, darf man nicht sagen –, sondern es wäre sinnvoller, in Europa und dann auch auf nationaler Ebene darüber zu reden.

Es kann doch nicht so schwer sein, dass wir uns auch – da lade ich euch wirklich ein – diejenigen Menschen hereinholen, die hier auf die Straße gehen und wirklich nicht mehr wissen, was sie tun sollen, die mit dem Rücken an der Wand stehen. Wir holen nicht eine Bauerndemonstration herein, aber ich würde einladen, Herr Kollege Gril­litsch, dass wir uns die Vertreter der IG-Milch, einen, zwei, herholen und einmal eine


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ganz offene Diskussion auf parlamentarischer Ebene mit ihnen führen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Das, glaube ich, ist wichtig. Als unser Bundeskanzler sich eine Stunde oder länger da­für Zeit genommen hat, mit den Bauern zu reden, hat dies gezeigt, dass dies diesen Leuten zumindest wieder Hoffnung gibt, dass sich jemand um sie kümmert. Wenn wir sie einfach nur im Regen stehen lassen, dann hat das keinen Sinn, und das verdienen sie auch nicht!

Es kann ja nicht so sein, dass man dieses Problem mit der Diktion des Landesrates von Oberösterreich abtut, nämlich mit dieser „Verschrottungsprämie für Kühe“. Das ist mir ein bissel zu unangenehm, muss ich schon sagen, geht es doch da um Lebewe­sen. Und auf der anderen Seite geht es um Existenzen. Diese Leute fürchten um ihre Existenz, die echt gefährdet ist, und daher, glaube ich, haben sie es verdient, dass man mit ihnen hier auf parlamentarischer Ebene einmal ganz normal dieses Problem diskutiert und dass wir diese ihre Meinung, diese ihre Haltung auch in den Ausschuss mitnehmen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Dazu lade ich Sie wirklich ein, damit wir einmal eine breite Basis bekommen und uns da nicht ständig gegenseitig anagitieren müssen. Noch einmal: Es geht darum, dass sich die Leute nicht mehr heraussehen. Es geht um Arbeitsplätze, es geht um Fami­lien, und es geht – man könnte das jetzt lang und breit ausführen – auch um unsere schöne Gegend und einfach darum, dass man Leute nicht so im Regen stehen lassen kann. Dazu würde ich einladen. Diesen Fristsetzungsantrag können wir dann verges­sen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.04


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Grillitsch. – Bitte.

 


18.04.42

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, wir haben insgesamt eine Krise zu bewältigen und stehen vor Herausforderungen, vor einer Wirtschaftskrise, wo wir mit dem Verlust von Arbeitsplät­zen zu kämpfen haben, wo wir mit geringeren Einkommen zu kämpfen haben und wo auch die Kaufkraft gefährdet ist. Und das wirkt sich natürlich auch auf die Bäuerinnen und Bauern aus, auf die Agrarrohstoffe, auf den Agrarmarkt und im Besonderen natür­lich, wie wir es jetzt erleben, auf den Milchmarkt.

Ich habe vorweg nur eine Bitte. Die Situation bei den Milchbauern ist derzeit wirklich ruinös. Das wissen wir. (Abg. Grosz: Dann macht etwas!) Ich werde jetzt im Staccato-Stil aufzählen, was alles schon geschehen ist, und ich werde auch aufzählen, was alles noch zu machen sein wird – auf europäischer Ebene, aber auch auf nationaler Ebene. Aber ich habe nur eine Bitte hier: Instrumentalisieren wir nicht diese Gruppe, die große Sorgen hat, für politisches Kleingeld, meine lieben Freunde! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei BZÖ und Grünen.)

Herr Kollege Gaßner, ich bin gerne zu Gesprächen bereit. Ich bin gerne zu Gesprä­chen mit vernünftigen Kräften aus dieser Gruppe bereit. Dazu waren wir immer bereit. Das, was ich aber ablehne, ist Radikalismus, Milch wegschütten, weil das dem Image der Bäuerinnen und Bauern schadet und weil kein Konsument und kein Mensch in die­sem Land und Europa dafür Verständnis haben wird. (Beifall bei der ÖVP.) Und das im Besonderen, wenn wir über Wirtschaftskrise, Kaufkraftverlust und Teuerung diskutieren müssen.

Meine Damen und Herren, ich bin gerne bereit, mit vernünftigen Kräften zu reden, aber ich bin nicht bereit, mit jenen Kräften zu reden, die sich so verhalten wie beispielsweise diese Gruppe in Deutschland, die Begriffe verwendet wie „bayrische SS“ und damit Seehofer und Söder meint, und von einer „Stasi-Kanzlerin Merkel“ spricht. Das lehne


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ich ab! Das lehne ich ab! (Abg. Mag. Gaßner: Das hat ja mit uns nichts zu tun!) Radi­kalismus, Aggressivität lehne ich ganz einfach auch bei uns in Österreich ab und war­ne davor! (Beifall bei der ÖVP.) Ich warne auch davor, diese Gruppe hochzustilisieren.

Ich sage Ihnen, ich bin sehr froh, dass beim Großteil der Milchbäuerinnen und Milch­bauern Gott sei Dank Vernunft herrscht, weil sie wissen, dass der Streik keine Lösung bringt. (Abg. Dr. Pirklhuber: Wenn Sie streiken, ist es okay – wenn andere streiken, nicht! Das ist doch nicht fair!) Der Streik bringt nicht die Lösung, Herr Kollege Pirkl­huber! Steigen Sie herunter davon! Nehmen Sie Ihre parlamentarische Verantwortung wahr! Setzen wir uns mit der Problematik auseinander, so wie wir das in unserer ge­wählten Interessenvertretung tun, und analysieren wir mit Experten: Was ist das Beste für die Bäuerinnen und Bauern?!

Wir wollen den Bauern nicht schaden. Wir wollen den Konsumenten nicht schaden. Wir wollen den Bauern dienen und das Beste für die Bauern tun. Beispielsweise die Saldie­rung. Was würde das Abschaffen der Saldierung bringen? Das ist ja letztlich auch nicht die Lösung für das Problem im Milchsektor. Die Abschaffung der Saldierung würde bringen, dass die Bäuerinnen und Bauern noch einmal gestraft würden, indem sie die ganze Superabgabe von 27,65 Cent zahlen müssten, und das bei einem Milchpreis von 27 bis 30 Cent! (Abg. Dr. Pirklhuber: Aber die Milchmenge wird sich reduzieren, Herr Kollege!)

Wenn Sie das wollen und die Bauern so strafen wollen, dann sagen Sie das auch laut! Wir wollen das nicht! Deswegen haben wir gesagt, wir verschärfen die Saldierung, je­ne, die weniger überliefern, zahlen weniger Superabgabe, jene, die mehr überliefern, zahlen mehr Superabgabe. Das ist, glaube ich, wirklich ein gerechtes System, das wir gemeinsam mit der SPÖ in diesem Hohen Haus auch beschlossen haben.

Wir haben auch das Milchpaket im Ausmaß von 50 Millionen € beschlossen. Wir haben die Milchprämie beschlossen. Wir haben jetzt auch der EU-Kommission gesagt: Das ist zu wenig! Und wir lehnen auch diese Ignoranz der EU-Kommission ab. Minister Berla­kovich macht das auf Agrarministerebene, wir machen das mit unseren Freunden von den Bauernverbänden Deutschland, Frankreich, Belgien. Wir machen auch Druck auf das Europaparlament, um weiter eine Exporterstattung, weiter eine Ankaufsprämie bei­spielsweise für die Verarbeitungsbetriebe zu haben, damit wieder Milch in Speiseeis und dergleichen, auch in Backwaren verwendet werden kann. All das haben wir ge­macht.

Wir haben beispielsweise auch in der Lebensmittelkodexkommission durchgesetzt, dass bei Analogkäse das Wort „Käse“ nicht mehr verwendet werden darf. Auch das ist auf einen Erfolg von uns zurückzuführen. Sagen Sie nicht, dass wir nichts tun! Wir ha­ben einiges getan. Vieles ist noch zu tun.

Und wenn Sie schlafen wollen, Herr Jannach, dann schlafen Sie weiter! Wenn Sie nicht wissen, was wir getan haben, dann haben Sie vieles hier in diesem Land verschlafen.

Mich ärgert schon eines, und das muss ich jetzt zum Koalitionspartner sagen, und ich warne davor – schade, dass der Herr Bundeskanzler nicht mehr hier ist –: Wenn je­mand glaubt, in Österreich bäuerliche Landwirtschaft ohne Ausgleichszahlungen be­treiben zu können, und meint, gerechte Preise seien das Nonplusultra, wir brauchen keine Ausgleichszahlungen, dann hat er nicht erkannt, was diese bäuerliche Landwirt­schaft in Österreich wirklich braucht. Damit öffnet er in Wahrheit Tür und Tor für eine industrialisierte Landwirtschaft. Und das wollen wir nicht, lieber Herr Bundeskanzler! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Gaßner: Der Bundeskanzler hat geredet mit den Bauern, und der Herr Bundesminister hat sich versteckt!)

18.09


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Jannach. – Bitte.

 



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18.10.28

Abgeordneter Harald Jannach (FPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Also allein der Blick auf die Regierungsbank zeigt ja die ganze Missachtung des Problems in der Landwirtschaft. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Dr. Pirklhuber.) Frau Präsidentin, Sie haben gesagt, Herr Minister Berlakovich wird vertreten, aber da ist heute niemand auf der Regierungsbank zum Thema Landwirtschaft. Es ist offensichtlich kein Problem für die Bundesregierung, dass heute niemand auf der Regierungsbank sitzt und sich der Probleme der Bauern annimmt. Ich frage mich, wer den Minister heute vertritt. Er ist jedenfalls nicht hier. (Abg. Kopf: Das ist eine Fristsetzungsdebatte, lieber Freund, sonst gar nichts!)

Wir werden dem Antrag der Grünen heute zustimmen, denn wir sind auch der Mei­nung, dass in Sachen Milchkrise von Seiten der Bundesregierung gar nichts gemacht wurde. Erst jetzt, wo die Bauern zu streiken angefangen haben, wacht ihr auf einmal auf und sagt: Jetzt müssen wir etwas tun, jetzt werden wir helfen!

Es ist das anscheinend dem Bauernbund – da muss ich dir schon den Vorwurf ma­chen – völlig egal. Es hat bis dato keinen Ausschuss gegeben, es hat keinen Milchgip­fel gegeben, und seit Mai liegt der Preis bei 27 Cent für den Bauern. Das ist eine Schande, muss ich wirklich ganz offen sagen! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Grillitsch: Den Ausschuss hat die Opposition abgelehnt! Den haben Sie abgelehnt, Kollege Jan­nach!)

Noch etwas, und da beginnt die ganze Skurrilität: Seit Jahren verurteilt ihr uns Freiheit­liche dafür, dass wir nur auf die EU schimpfen und sagen, dass das alles so böse ist, und jetzt fangt ihr selber an, jetzt sagt ihr auf einmal, die EU lässt die Bauern im Stich, der EU-Agrarminister ist unfähig! Das sind Worte aus eurem Mund! (Beifall bei der FPÖ.)

Ja, ihr macht euch doch lächerlich damit! Seit 1995 lobt ihr die EU über den grünen Klee, was die Landwirtschaft betrifft, aber in Wirklichkeit hat seit dem EU-Beitritt jeder fünfte Bauer zugesperrt. Und das ist kein Erfolg, den ihr euch auf eure Fahnen heften könnt, das ist eine Schande für uns! (Beifall bei der FPÖ.)

Lieber Herr Abgeordneter Grillitsch, du hast angekündigt, es werde Gespräche mit dem Handel geben. – Die Gespräche mit dem Handel haben bis jetzt noch nicht gefruchtet, wie ich sehe. Die „Kronen Zeitung“ hat einen Artikel veröffentlicht, aus dem hervorgeht, wer wirklich an der Milch verdient: An der Milch verdienen nicht die Bauern, die 365 Tage im Jahr in den Stall gehen, die bekommen für einen Liter Milch 27 Cent. (Abg. Grillitsch: 30 Cent!) Aber der Handel bekommt 36 Cent dafür, dass er die Milch nur umschlägt und sonst gar nichts macht. Und das ist der „Erfolg“, den Sie zu verbu­chen haben! (Beifall bei der FPÖ.)

Aber die größte Frechheit ist, dass Sie solche Handelsketten mit EU-Agrarmitteln auch noch fördern. Ich habe schon einmal erwähnt, die Hofer KG bekommt jährlich über 220 000 € dafür, dass sie Milch um 59 Cent an den Konsumenten verscherbelt. Da könnten Sie längst etwas machen, aber da haben Sie überhaupt nichts gemacht! (Bei­fall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Grillitsch.) – Schauen Sie in die Transpa­renzdatenbank, da sehen Sie bei der Hofer KG Sattledt 225 000 € EU-Förderung aus dem Agrarbudget. Es ist eine Schande, wenn diese Firma noch dafür gefördert wird, dass sie diese Agrarprodukte um einen Schleuderpreis verschenkt. Das ist wirklich eine Schande! (Beifall bei der FPÖ.)

Einen Punkt möchte ich auch noch ansprechen, der jetzt nicht den Milchbereich betrifft, sondern die Einheitswerterhöhungen, die von euch geplant werden. Wir haben Unterla­gen von der Landwirtschaftskammer Kärnten, die das berechnet hat. (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe.) Im Jahr 2010 gibt es eine Neufeststellung der Einheits-


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werte, und da haben sie das für zwei Betriebe berechnet: Vergleichsbetrieb Grünland und Vergleichsbetrieb Ackerbau. Für einen Grünlandbetrieb – und das ist die große Mehrzahl der heimischen Betriebe – mit 20 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche kommt eine Erhöhung um 84,8 Prozent heraus. So schaut das aus mit eurer Agrarpoli­tik! (Abg. Neubauer: Unfassbar! Ein Skandal!) Und für die großen Ackerbaubetriebe gibt es nach den Berechnungen der Landwirtschaftskammer Kärnten eine Senkung des Einheitswerts. Das kann ich Ihnen gerne geben, das können Sie sich anschauen.

Wir verlangen, dass offen und ehrlich mit den Bauern diskutiert wird. Mit jeder einzel­nen Berufsgruppe wird verhandelt. Da verhandelt die Bundesregierung, da verhandeln die Kammern. Bei den Bauern macht ihr eine Geheimniskrämerei. 2010 kommt die Er­höhung der Einheitswerte. Gebt es einfach zu, dass ihr das so macht! Wir lehnen das auf jeden Fall ab! (Beifall bei der FPÖ.)

18.14


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Spadiut. – Bitte.

 


18.14.35

Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Um es vorauszuschicken: Auch wir werden diesem Antrag zustimmen. In die­sem Parlament ist seit Monaten für die Bauern nichts getan worden, obwohl sie ... (Abg. Grillitsch: Ich habe auch nichts anderes erwartet von dir!) – Lieber Freund Gril­litsch, ich glaube, du weißt gar nicht, wovon du sprichst! Ich bin hundert Mal mehr bei den Bauern als du als Bauernbundpräsident! Das möchte ich dir sagen! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten von Grünen und FPÖ.) Ich weiß, was den Bauern fehlt, während du dich da herstellst und nur ein bissel plapperst, ich bin gegen den Streik. – Tu einmal etwas für die Bauern! (Abg. Grillitsch: Schäm dich! Schäm dich!) Aber geh, nichts tust du! Ich brauche mich nicht zu schämen. Du musst dich schämen, weil deine Leute stehen vor dem Nichts! Was hilft ihnen das Image, das du nicht beschädigt ha­ben willst, wenn sie nichts zum Essen haben?! Da ist gescheiter kein Image und etwas zu beißen! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Es ist wirklich an der Zeit, dass jetzt einmal die Bauern selber die Initiative ergreifen, und sie müssen leider zu Streiks greifen, damit sie einmal in Brüssel gehört werden. Aber auch in Österreich müsste man etwas tun. Es gibt Bauern, die überliefern 200 000 Liter Milch. Die Saldierung gehört ausgesetzt, dann geht die Milchmenge zu­rück, und der Preis steigt. (Abg. Grillitsch: Ja, genau! Ja, genau!) Na sicher! Du hast ja keine Ahnung! (Beifall beim BZÖ.)

Die Saldierung gehört ausgesetzt, der freiwillige Lieferverzicht der Bauern gehört ein­geführt, und der 50-prozentige Verdienstentgang gehört vom Bund gestützt. Wir haben ein Bankenpaket um 100 Milliarden € beschlossen, und monatelang redet keiner von der Landwirtschaft da herinnen! (Abg. Jannach: Eine Schande ist das!) Eine ganze Berufssparte geht zugrunde, weiß nicht, wie sie sich ernähren soll.

Dann rede ich mit einem ehemaligen Aufsichtsrat einer Molkerei, der erzählt mir, als er noch aktiv war, haben sie fünf Käsesorten zu probieren gehabt, um die Qualität zu be­urteilen. Den zweiten Platz hat ein Analogkäse bekommen. Dann hat der Aufsichtsrat zu mir gesagt, mit dem Käse hat die Molkerei eigentlich am meisten verdient.

Jetzt möchte ich einmal hinterfragen, wer denn ... (Abg. Grillitsch: Das behauptest du?) – Nein, ich habe berichtet, was der zu mir gesagt hat. – Ich möchte jetzt hinterfra­gen, ich möchte wissen, wer für die Herstellung von Kunstkäse zuständig ist. Ich habe im Internet nachgeschaut, das lässt sich nirgends herauslesen. (Abg. Grillitsch: Die Klage ist dir sicher! Nächste Auslieferung!)


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Die ÖVP stellt die vorgezogene Auszahlung der Förderungen als riesengroßen Erfolg hin. Bitte, wo ist da der Erfolg? Die Bauern müssen jetzt zwei Monate länger auf das Geld warten. Wenn ihr es zusätzlich zur Förderung ausgezahlt hättet, dann wäre das ein Erfolg gewesen, aber so nicht, lieber Herr Grillitsch! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.) Du musst einmal schauen, dass du zu deinen Bauern kommst, damit du einmal hörst, was sie wirklich für Probleme haben, anstatt zu sagen, wir machen das, wir machen vielleicht das, und halbe Gespräche zu führen, bei denen gar nichts herauskommt. (Beifall und Bravorufe beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

18.17


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

 


18.17.24

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für einen Liter Milch (die Rednerin hält ein Milchpackerl in die Höhe) bekommt der Er­zeuger/die Erzeugerin seit Mai – stellen Sie sich das vor! – 27 Cent. Das ist Ihre Klien­tel, die Sie im Stich gelassen haben. Wir haben es ja heute schon gehört: Es ist eine Frage der Quote, den Preis wieder steigen zu lassen. Ich verstehe nicht, warum gera­de Österreich, wo sich die österreichische Landwirtschaft immer rühmt, sehr kleinstruk­turiert zu sein, einen großen Grünlandanteil zu haben, viele Arbeitsplätze für Milchbau­ern zu bieten, warum Sie da so wenig auf EU-Ebene gemacht haben, dass die Quote gesenkt wird.

Ich bin ja eine einfache Konsumentin, ich kaufe gerne „faire Milch“ und bin auch bereit, einen besseren, fairen Preis dafür zu zahlen. Nur: Sie sprechen ja vom Markt. Ich als Konsumentin merke schon den Markt. Das sind Lebensmittelketten, wo an die 60 Pro­zent in einer Hand sind. Der Agrarmarkt ist ein hoch reguliertes Preisgefüge, das ist ja kein Markt mehr, das ist ein reguliertes Preisgefüge. Und da mit der Quote herunterzu­gehen würde meines Erachtens nur einen Federstrich bedeuten. Aber selbst das wird nicht gemacht.

Sie schauen zu, wie da Arbeitsplätze verloren gehen, wie im Landwirtschaftsbereich, wo Potential ist im Hinblick auf Landschaftspflege kombiniert mit Milcherzeugung, wo also Arbeitsplätzepotenzial vorhanden ist, angesichts dieser Dumpingpreise einer nach dem anderen womöglich zusperren muss. Und auf der anderen Seite nehmen Sie Bud­getgeld in die Hand – ich nenne nur die Verschrottungsprämie: 25 Millionen € Ver­schrottungsprämie in Österreich! (Zwischenruf bei der ÖVP.) Ja, da geht es um Ar­beitsplätze in der Zulieferindustrie. Da nimmt man sofort Budgetgeld in die Hand. Ich verlange ja von Ihnen gar kein Budgetgeld für die „faire Milch“, ich verlange ja nur eine Quotensenkung, ich verlange ja nur, dass sozusagen das Angebot reduziert wird.

Schauen Sie sich ein anderes Beispiel an: Sie fördern flott vor sich hin den Export von Red Bull in die USA. Ein Liter Red Bull – ein Getränk, das ich in meinem Leben noch nie genossen habe – kostet 4 €. Die Landwirtschaft hat nur insofern etwas davon, als darin Zucker enthalten ist. Und deswegen subventionieren Sie diesen Red Bull-Ex­port – 4 € pro Liter – mit Geld in der Höhe von 9,5 Millionen €! (Abg. Mag. Stefan: Ein Skandal!) Wo ist denn da der Hausverstand?! – Der bleibt auf der Strecke! Für uns ist es wichtig, eine ordentliche, gute Milch zu einem fairen Preis zu haben, die Beschäfti­gung im ländlichen Raum zu sichern, aber nicht, mit Steuergeldern und falschen EU-Quoten unsere Leute ins Abseits zu drängen und Kunstprodukte zu exportieren! Das ist für mich indiskutabel! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Herr Kollege Grillitsch, mich würde Folgendes sehr interessieren: Aus meiner sozusa­gen Außenseitersicht ist diese Milchpreisgeschichte ein Kampf zwischen den etablier­ten Großbauern im „Großbauernbund“ – so nenne ich das eben, ich betrachte das von


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außen – und den im Bauernbund nicht so organisierten Kleinbauern, die eben demons­trieren gehen müssen, weil sie sonst gar nicht gehört werden. Ist es nicht so? (Abg. Mag. Stefan: Genau so ist es!) So stellt sich das für mich dar. Da ist die feudale Ober­schicht und da ist die arme Unterschicht, die um die Preisquoten kämpft.

Ich hätte wirklich gerne gewusst: Was kann der Bauernbund, der sich doch noch nicht „Großbauernbund“ nennt, obwohl er es wahrscheinlich ist – ich sage: wahrscheinlich –, jetzt im Zuge dieser Gespräche mit SPAR, REWE und Hofer den Milchbauern an Er­gebnissen anbieten?

Die Milchbauern sollen ja ruhig sein, damit Sie reden und etwas ausverhandeln kön­nen. Die Milchbauern sollen nicht demonstrieren, damit jetzt nicht irgendwie ein fal­sches Bild vom Bauern in der Öffentlichkeit entsteht. Und sie sollen vor allem schauen, dass die verwaltende Bauernbundbürokratie in Brüssel das Wohl für sie erwirkt. Nur: Das Wohl in Brüssel ist unspürbar, denn der Preis beträgt 27 Cent!

Auf diese Frage hätte ich von der ÖVP gerne eine Antwort. Sie können sie mir gerne auch privat geben. Es gehen jetzt auch die Schweizer schön langsam auf die Straße, obwohl sie nicht in der EU sind und obwohl es dort keinen „Großbauernbund“ gibt.

Diese Frage ist offen, das Parlament muss sich endlich dieser Sache annehmen! Ich nehme mich jetzt speziell Ihrer persönlich an, Herr Bauernbundspräsident, und schen­ke Ihnen ein Glas Milch ein. (Abg. Dr. Moser begibt sich zu Abg. Grillitsch und schenkt diesem ein Glas Milch ein. – Heiterkeit und Beifall bei Grünen und FPÖ.)

18.22

18.22.20

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist hiezu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Pirkl­huber, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft zur Be­richterstattung über den Antrag 760/A(E) betreffend Sofortmaßnahmen für die Zukunft der Milchbetriebe eine Frist bis zum 20. Oktober 2009 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Fristsetzungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

18.23.20 Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich nehme die Verhandlung über den Punkt 5 der Ta­gesordnung wieder auf.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Bartenstein. – Bitte.

 


18.23.38

Abgeordneter Dr. Martin Bartenstein (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Von der Milch zum Öko­strom – verwandt, aber keinesfalls ident.

Herr Abgeordneter Widmann hat in seiner Stellungnahme, die an dem Ökostrom und der Gesetzesnovelle ja kein gutes Haar gelassen hat, einen Aspekt erwähnt, dem man schon nachgehen muss:

Stimmen die Vorwürfe, stimmt die Kritik des Regulators in der Richtung, dass den Ös­terreichern bis zu 77 Millionen € an Ökostromkosten zu viel verrechnet wurden, oder nicht? – Dem soll oder muss man nachgehen, wobei man sich dazu folgende Fragen stellen muss: Was war der Marktpreis? Was haben EVUs als Berechnungsgrundlage dafür herangezogen? Und: Wie viel Ökostromzuschlag war daher tatsächlich gerecht­fertigt? So lässt sich das objektiv nachvollziehen und dann gegebenenfalls auch die richtige Konsequenz daraus ziehen.


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Das war es aber auch schon, was ich an Übereinstimmungen mit Herrn Widmann fest­stellen kann. Herr Grosz vom BZÖ, der heute ja schon öfter das Wort ergriffen hat, hat davon gesprochen, dass durch die Novelle Ökostromkunden in Österreich pro Haus­halt Mehrkosten von 30 € pro Jahr zu gewärtigen hätten. Der Herr Bundeskanzler sprach unlängst übrigens von 3 €, Herr Widmann sprach dann von 15 bis 20 €. Mit Ver­laub, glauben Sie mir, ich habe mich vergewissert: Es werden 10 bis 15 € sein, die an Mehrkosten auf Österreichs Stromkunden pro Haushalt aus diesem Titel zukommen.

Wenn gut Ding Weile braucht, dann muss diese Ökostromnovelle, die jetzt in Kraft tre­ten wird, ein besonders gutes Ding sein. Es ist nicht so, dass wir in Österreich die Schuld daran tragen würden – es war die EU-Kommission, die sich besonders lange Zeit gelassen hat, bevor sie dann doch – kein ganz grünes Licht, sondern nur ein – zu 90 Prozent grünes Licht gegeben hat. Diese 90 Prozent beziehen sich auf den wesent­lichen Teil des Gesetzes, 10 Prozent hängen, wenn man so will – kein schnelles Ver­fahren, ein Hauptprüfungsverfahren, die Ausnahmen betreffen den Industriedeckel, zu dem wir, glaube ich, geschlossen stehen sollten.

Wir sollten dazu stehen, dass wir jetzt eine provisorische Lösung für Österreichs energieintensive Unternehmungen – Stichwort: De minimis – beschließen, 500 000 € sind allerdings die Obergrenze. Nur: Die wenigen, die es besonders trifft und die im in­ternationalen Wettbewerb stehen, brauchen hier mehr, daher muss in diesem Bereich so schnell wie möglich nachgebessert werden!

Ökostrom ist ein Thema, bei dem sich Österreich mit Deutschland in jeder Beziehung messen kann, das sei den Kritikern von den Grünen gleich einmal gesagt. Bis zum Jahr 2015 wird es ein Anteil von 15 Prozent sein, unter Einbeziehung der Kleinen und Mittleren Wasserkraft.

Wenn ich Österreich mit Deutschland vergleiche, muss ich feststellen, dass heute 70 Prozent unseres Stroms aus nachhaltiger Energie gewonnen werden – inklusive Wasserkraft, aber daran ist nichts Schlechtes. Und in Deutschland sind es gerade mal 15 Prozent, dieser Unterschied „steht im Prospekt“!

Ja, meine sehr verehrten Damen und Herren, Ökostrom soll und kann einen größer werdenden, wenngleich relativ teuren Beitrag zum Klimaschutz leisten. 3 Millio­nen Tonnen CO2-Einsparung lukrieren wir aus diesem Titel heute, und per 2015 sollten es – wiederum unter Einbeziehung der Kleineren und Mittleren Wasserkraft – noch ein­mal 3 Millionen Tonnen sein. Das ist nicht wenig, das ist etwa so viel, wie aus dem Masterplan Wasserkraft lukrierbar wäre – nur mit dem kleinen Unterschied, dass wir für die Verwirklichung des Masterplans Wasserkraft, meine sehr verehrten Damen und Herren von den Grünen, eben kein Steuergeld und auch kein Geld von Stromkunden brauchen, das rechnet sich von selber.

Zu den Kosten für Haushalte habe ich schon Stellung genommen. Ich bin durchaus dankbar dafür, dass es im letzten Abdruck gelungen ist – auf Initiative der Freiheitli­chen, sei hier hinzugefügt –, fast eine Verdoppelung der Photovoltaik-Förderung zu er­reichen. 35 Millionen sollen es in Zukunft aus dem KLI.EN sein – das sage ich sehr deutlich: aus dem KLI.EN! Das ist gut so, wenngleich man nicht uneingeschränkt sa­gen soll, das sei ein Arbeitsplatzmotor, die Solarbranche könne nur eine goldene Zu­kunft haben.

Das geht in Richtung Goldgräberstimmung, und wir wissen ja, wohin Goldgräberstim­mungen im Regelfall führen – schlag nach im Wilden Westen! (Heiterkeit bei der ÖVP.)

Die „Frankfurter Allgemeine“ von gestern titelt in ihrem Wirtschaftsteil „Solarbranche zwischen Expansion und Pleite“ – und das anlässlich der großen Europäischen Photo-


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voltaik-Konferenz, die am Montag in Hamburg begonnen hat. Die „FAZ“ schreibt unter anderem, es gebe Fürs und Widers, aber die Zukunft sehe nicht nur rosig aus, vor al­lem in Europa nicht; weil man wie mit den Chips aus der Elektronik auch in diesem Be­reich doch mit massiven Abwanderungen nach Asien rechnen müsse.

Seien wir daher zurückhaltend und vorsichtig optimistisch! Goldgräberstimmung ist nicht angebracht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, bei allem Bekenntnis zu Ökostrom und Pho­tovoltaik sage ich: Wasserkraft ist heute bereits per se und seit Langem marktreif, ge­rade auch die Mittlere und die Kleine Wasserkraft; die Windkraft ist fast marktreif, und die Photovoltaik ist eben noch ein Stück davon entfernt, dessen müssen wir uns be­wusst sein. Der Beitrag zum Klimaschutz ist, wie ich gesagt habe, wichtig und wird noch wichtiger werden.

Mal sehen, was die nächsten Wochen und Monate ergeben. Was dazu der US-Präsi­dent vor der UN-Generalversammlung gesagt hat, ist bemerkenswert, aber – Hand aufs Herz –: Ein Vorgänger von Präsident Obama hat nicht nur Ähnliches gesagt, son­dern dereinst das Kyoto-Protokoll unterschrieben. – Es wurde trotzdem nie ratifiziert!

Bemerkenswert ist auch, was die Chinesen sagen, allerdings: verbindlich war es denn auch nicht. Die Inder haben nach wie vor die Position: Nur über unsere Leiche, wir tun gar nichts, 200 Jahre lang haben die Industrieländer dieser Welt das Klima belastet, sie sollen mal schauen, dass das Ganze vorankommt!

Es ist übrigens bemerkenswert, meine sehr verehrten Damen und Herren, was der Bundespräsident in New York gesagt hat – weniger zum Thema Ökostrom als zum Umgang mit dem Thema Atomkraft. So etwas, nämlich diesen Realismus, habe ich in Österreich nicht oft gehört: Im eigenen Land können wir walten. Wir wollen die Atom­kraft nicht. Wir lehnen sie ab, sie ist für uns keine Zukunftsoption, aber wenn China oder auch andere souveräne Staaten derartiges wollen, können wir nicht einfach sa­gen: Das verbieten wir euch, ihr sollt nach unseren Regeln glücklich werden.

Auch diese bemerkenswerten Worte des Bundespräsidenten aus New York sind mir noch in guter Erinnerung. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

18.30


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Brunner. – Bitte.

 


18.30.43

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolle­ginnen und Kollegen! Hohes Haus! Ich finde, der heutige Tag ist ein schwarzer Tag für den Ökostrom, den Klimaschutz und den Arbeitsmarkt in Österreich. Für den Klima­schutz ist es deswegen ein schwarzer Tag, weil eine österreichische Tageszeitung auch heute bestätigt hat: Österreich ist beim Klimaschutzindex auf Platz 50 angelangt. Auf den Klimaschutz werden wir auch später noch eingehen, aber das Ökostromgesetz wäre ein wichtiger Beitrag dazu gewesen. Das gibt leider jetzt nicht den notwendigen Schwung in diese Richtung. Da frage ich mich schon, mit welcher Glaubwürdigkeit der Landwirtschaftsminister dann zur Klimakonferenz nach Kopenhagen fahren wird. (Bei­fall bei den Grünen.)

Es ist heute ein schwarzer Tag für den Ökostrom. Kollege Bartenstein ist schon weg, aber ich meine, gerade das von ihm erwähnte Sprichwort „Gut Ding braucht Weile“ ist hier alles andere als angebracht, denn was hier passiert ist, bedeutet maximal ein En­de des völligen Ausbaustopps, ein Ende der völligen Behinderung der Ökoenergiebran­che in Österreich. – Das ist aber noch lange nicht fördern!


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Die angesprochenen 35 Millionen € werden eben, wie Kollege Bartenstein angespro­chen hat, aus dem Klima- und Energiefonds kommen. Das heißt, das ist kein zusätzli­ches Geld, es geht bei anderen wichtigen Ökoenergie- und Klimaschutzprojekten ver­loren.

Der Vorschlag, den Deckel bei der Photovoltaik innerhalb des Ökostromgesetzes auf­zuheben, bedeutet einfach nur, dass das Ganze dann eben zu Lasten der anderen, der Windkraft, der Biomasseanlagen beziehungsweise der Wasserkraft gehen wird. Das heißt: kein Cent mehr für Ökostrom in Österreich. Das Ganze ist somit alles andere als ein Ökostrom-Förderungsgesetz. (Beifall bei den Grünen.)

Ich weiß, es werden jetzt sicher wieder salbungsvolle Worte kommen, wie wichtig er­neuerbare Energien sind. Ich weiß aber nicht, worauf Sie jetzt stolz sind. Darauf, dass Sie es endlich geschafft haben, Biogasanlagen vor dem Konkurs zu bewahren, oder vielleicht auch darauf, dass noch das eine oder andere im Bereich der Windkraft ge­baut werden kann? – Das kann ja wohl nicht investieren in die Zukunft sein! Sie von­seiten der Regierungsparteien haben damit eine sehr, sehr große Chance verschlafen, und die FPÖ, muss man leider sagen, ist liegend umgefallen und hat alles andere als Umweltkompetenz bewiesen. (Beifall bei den Grünen.)

Wir haben ein klares Verhandlungsangebot gemacht. Ich möchte deswegen auch heu­te noch einmal folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend 15 000 neue, krisensi­chere Grüne Arbeitsplätze im Jahr 2010

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Wirtschaft, Jugend und Familie sowie der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Was­serwirtschaft werden aufgefordert, umgehend ein Grünes Job-Paket zur Schaffung von 15.000 krisensicheren Arbeitsplätzen auf den Weg zu bringen:

1. Alle Haushalte, die eine Sonnenstromanlage errichten wollen, sollen dafür auch eine Förderung erhalten. Die Investitionsförderung für private Photovoltaikanlagen bis 5 kWpeak soll im Rahmen des Klimafonds um 100 Mio. Euro angehoben und dafür das Budget des Klimafonds in den Jahren 2009 und 2010 um jeweils 50 Mio. Euro aus Bundesmitteln erhöht werden.

2. 10 000 Haushalte sollen eine Bundesförderung zur Sanierung ihrer Häuser erhal-
ten. Dazu soll die Bundesregierung einen zweiten Sanierungscheck in der Höhe von 100 Mio. Euro zur Verfügung stellen.

3. Das Ökostromgesetz zum Jobmotor machen:

a) In einem ersten Schritt soll der Förderdeckel im Gesetz von derzeit 21 auf 50 Mio. Euro angehoben werden.

b) Bis September 2010 soll das Ökostromgesetz nach Vorbild des deutschen EEG völ­lig neu gestaltet werden (u. a.: längere Förderlaufzeiten, Wegfall des Förderdeckels, Steigerung der Fördereffizienz etc.), um in den kommenden Jahren zehntausende neue, grüne Jobs zu schaffen

c) Die per Verordnung des BM für Wirtschaft, Jugend und Familie festzulegenden Ein­speisetarife für Ökostromanlagen sollen – insbesondere im Bereich Windkraft – auf europäisches Niveau angehoben werden.“

*****

(Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 177

Das sind klare Ansagen – und nicht ein Wischi-Waschi-Antrag, wie Sie ihn hier vorge­bracht haben. Was, wie ich finde, in diesem Fall dem Fass den Boden ausschlägt, sind die Werbungen des Landwirtschaftsministers. Heute wirbt er mit 35 Millionen € für neue Jobs – mittels Inseraten in verschiedenen Tageszeitungen. (Die Rednerin hält ein Exemplar der Zeitung „Die Presse“ in die Höhe.)

Das ist Irreführung der Bevölkerung durch Halbwahrheiten. Es ist hier nämlich kein zu­sätzliches Geld vorhanden. Da frage ich mich, was sich jemand denkt, der zu den 10 000 Menschen, die sich für eine Förderung der Photovoltaik beworben haben, ge­hört, aber nicht zu den 1 500 Glücklichen, die eine bekommen haben! Ich frage mich, was sich diese Menschen denken, wenn sie das sehen, da doch die 35 Millionen € auch im nächsten Jahr bei Weitem nicht ausreichen können, um all diesen Menschen eine Photovoltaikförderung zukommen zu lassen.

Der Landwirtschaftsminister ist heute entschuldigt, aber ich möchte ihm dennoch sa­gen: Inserate kann man kaufen, um sein Image, seine Bekanntheitswerte zu verbes­sern. Umweltengagement kann man hingegen nicht kaufen! (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) Engagement und Einsatz vermissen wir beim Ökostromgesetz, bei der Anti-Atompolitik und beim Klimaschutz. Daher bin ich nach wie vor und immer mehr der Meinung, dass Österreich ein unabhängiges und starkes Umweltministerium braucht. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.36


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Antrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Brunner, Freundinnen und Freunde betreffend 15.000 neue, krisen­sichere Grüne Arbeitsplätze im Jahr 2010

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den Antrag 686/A der Abgeordneten Dr. Martin Bartenstein, Wolfgang Katzian, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Öko­stromgesetz geändert wird (272 d.B.)

Österreich hat dringenden Handlungsbedarf:

Beim Klimaschutz: Im Dezember 2009 findet die entscheidende internationale Klima­konferenz in Kopenhagen statt. Österreich zählt nicht zu den Vorreitern, sondern ist – ganz im Gegenteil – eines der EU-Schlusslichter. Österreich muss seine CO2-Emis­sionen gemäß EU-Vereinbarung im Zeitraum 2008 - 2012 um 13 % unter das Niveau von 1990 senken. Im Jahr 2007 lagen die Emissionen um 11,3 % über dem Niveau von 1990.

In der Energiepolitik: Österreich ist zu mehr als 70 % von Energieimporten abhängig und bezahlt jährlich 12 Mrd. Euro bezahlt für fossile Energieimporte. Durch Investitio­nen in Ökoenergien könnte Österreich den Eigenanteil an der Strom- und Wärmepro­duktion deutlich steigern, die Auslandsabhängigkeit reduzieren, Arbeitsplätze schaffen und Österreichs Wirtschaft stärken.

In der Wirtschaftspolitik: Bis zu 400.000 Menschen werden im Jahr 2010 ohne Arbeit sein, das ist der höchste Wert seit 1946. In der Ökoenergiebranche werden aber – mit­ten in der Wirtschaftskrise – neue, krisensichere Jobs geschaffen, in Deutschland, Tschechien, Spanien, den USA. Nicht in Österreich, mit wenigen Ausnahmen, wie bei­spielsweise in Oberösterreich. Weltweit verzeichnete die Photovoltaik-Branche im


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Jahr 2008 ein Rekord-Wachstum von 117 %. In Europa sichert die PV-Branche mittler­weile ca. 100.000 hochwertige Arbeitsplätze. Deutschland ist Weltmarktführer, Spanien ist Rekordhalter bei den Zuwachsraten, auch die Märkte in Italien, Frankreich, Belgien und Portugal entwickeln sich stark. Nur in Österreich herrscht Sonnenfinsternis. Weil die Rahmenbedingungen nicht stimmen.

Das Ökostromgesetz war ein Herzstück der österreichischer Klimaschutzpolitik, in den Jahren 2003 bis 2006 wurden hunderte Anlagen pro Jahr errichtet. Durch die Geset­zesnovelle 2006 wurde der Öko-Aufschwung gestoppt. Beispiel Windkraft: In den Jah­ren 2003 bis 2006 wurden durchschnittlich 100 Anlagen pro Jahr errichtet. Im Jahr 2007 wurden nur zehn Windkraftanlagen, im Jahr 2008 gar nur mehr sieben Anla­gen errichtet. Heuer wird kein einziges Windrad aufgestellt werden. Ähnlich sieht es auch bei anderen Ökostromanlagen aus. Es herrscht Flaute. Auch die aktuelle Geset­zesnovelle bringt keine spürbaren Verbesserung für die Ökoenergiebranche. Stattdes­sen steigen die Atomstromimporte nach Österreich.

Ein funktionierendes Ökostromgesetz kann einen zentralen Beitrag zum Klimaschutz und Versorgungssicherheit leisten und schafft großartige Chancen für die Wirtschaft und zehntausend neue Arbeitsplätze in Österreich. Der Ausbau Erneuerbarer Energie bringt regionale Wertschöpfung und schafft sichere Arbeitsplätze. Dazu braucht es aber ein Ökostrom-FÖRDERUNGS-Gesetz nach Vorbild des deutschen Erneuerbaren-Energie-Gesetzes (EEG), das in den letzten Jahren 280.000 Arbeitsplätze geschaffen bzw. gesichert hat.

Der Ansturm auf die Investitionsförderung des Klimafons für kleine Photovoltaikanlagen hat gezeigt, dass die ÖsterreicherInnen ihre Energieversorgung selbst in die Hand neh­men wollen und unabhängig werden wollen. Innerhalb kurzer Zeit haben sich im Au­gust 2009 mehr als 10.000 Haushalte für eine Förderung beworben. Aufgrund der ge­ringen Mittel von nur 18 Mio. Euro werden nur 1.500 tatsächlich eine Förderung er­halten.

Der mit 100 Mio. Euro dotierte Sanierungscheck im Rahmen des Konjunkturpakets II der Bundesregierung hat das große Interesse der ÖsterreicherInnen an thermischer Sanierung gezeigt. 10.000 Haushalte konnten saniert, 90 % der Heizkosten je Haushalt reduziert und 7.000 Arbeitsplätze geschaffen werden. Die Bundesmittel für die Althaus­sanierung waren mit Anfang Juli 2009 ausgeschöpft.

Angesicht der Klimakrise und der Krise am Arbeitsmarkt ist ein Grünes Job-Paket
ein Gebot der Stunde. 15.000 krisensichere Jobs könnten dadurch schon für das Jahr 2010 geschaffen werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Wirtschaft, Jugend und Familie sowie der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasser­wirtschaft werden aufgefordert, umgehend ein Grünes Job-Paket zur Schaffung von 15.000 krisensicheren Arbeitsplätzen auf den Weg zu bringen:

1. Alle Haushalte, die eine Sonnenstromanlage errichten wollen, sollen dafür auch eine Förderung erhalten. Die Investitionsförderung für private Photovoltaikanlagen bis 5 kWpeak soll im Rahmen des Klimafonds um 100 Mio. Euro angehoben und dafür das Budget des Klimafonds in den Jahren 2009 und 2010 um jeweils 50 Mio. Euro aus Bundesmitteln erhöht werden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 179

2. 10.000 Haushalte sollen eine Bundesförderung zur Sanierung ihrer Häuser erhal-
ten. Dazu soll die Bundesregierung einen zweiten Sanierungscheck in der Höhe von 100 Mio. Euro zur Verfügung stellen.

3. Das Ökostromgesetz zum Jobmotor machen:

a) In einem ersten Schritt soll der Förderdeckel im Gesetz von derzeit 21 auf 50 Mio. Euro angehoben werden.

b) Bis September 2010 soll das Ökostromgesetz nach Vorbild des deutschen EEG völ­lig neu gestaltet werden (u.a.: längere Förderlaufzeiten, Wegfall des Förderdeckels, Steigerung der Fördereffizienz etc.), um in den kommenden Jahren zehntausende neue, grüne Jobs zu schaffen

c) Die per Verordnung des BM für Wirtschaft, Jugend und Familie festzulegenden Ein­speisetarife für Ökostromanlagen sollen – insbesondere im Bereich Windkraft – auf europäisches Niveau angehoben werden.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Katzian. – Bitte.

 


18.36.37

Abgeordneter Wolfgang Katzian (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir haben ja schon letzten Freitag sehr intensiv und durchaus kontroversiell zum Thema Ökostromgesetz diskutiert. Ich möchte die Gelegenheit gerne benützen, um noch einmal einige mir sehr wichtige Aspekte anzusprechen, die sicher auch schon am Freitag Thema gewesen sind.

Das Ökostromgesetz ist aktuell noch nicht in Kraft getreten, und das nicht weil die Bun­desregierung säumig gewesen wäre oder weil sonst irgendjemand eine Blockadepolitik betrieben hätte, sondern weil wir es mit einem sehr langwierigen Prüfungsverfahren der Europäischen Kommission zu tun hatten. So hat sich vor dem Sommer schon ab­gezeichnet, dass möglicherweise entsprechende Informationen, was mit unserem Öko­stromgesetz geschieht, kommen. Letztlich ist erst im Laufe des Sommers die Stellung­nahme der Kommission gekommen und man konnte mit der Reparatur der kritisierten Teile beginnen.

Diese Stellungnahme ist anders ausgefallen als ursprünglich angenommen. Trotzdem hat es Punkte gegeben, die man sich ansehen und zu denen man neue Lösungen ver­einbaren musste. Ich möchte wirklich noch einmal klarstellen, dass alle Beteiligten vom ersten Moment an begonnen haben, die Gespräche zu führen und auch dafür zu sorgen, dass es rasch zu dieser Novelle, zu dieser Veränderung im Ökostromgesetz kommt. Es geht zum einen darum, das schon einmal beschlossene Gesetz zu be­stätigen, zum anderen darum, die Punkte, die kritisiert wurden, entsprechend zu repa­rieren.

Es freut mich auch sehr, dass es im Zuge dieser Verhandlungen und Gespräche gelun­gen ist, sicherzustellen, dass wir heute hier im Hohen Haus dieses Ökostrom-Gesetz mit einer relativ breiten Beschlussfassung beschließen können. Ursprüngliche Intention im Zusammenhang mit dem sogenannten „Industriedeckel“ war es, energieintensive Betriebe finanziell zu entlasten. Genau das ist der Punkt, der vonseiten der Kom­mission kritisiert wurde und jetzt einem Hauptprüfungsverfahren unterzogen wird.

Wir können heute nicht sagen, ob und wann die Europäische Union ihr Okay zu dieser Regelung gibt, deshalb musste ein europarechtlich konformer Ersatz erarbeitet wer­den. Dieser Ersatz ist jetzt da. Es ist eine Übergangslösung, und die Industrie wird nicht so viel bekommen, wie im Industriedeckel vorgesehen gewesen wäre. Deshalb ist es auch wichtig, dass wir dieses Hauptprüfungsverfahren genau beobachten und auch


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schauen, wie sich da die Dinge weiterentwickeln, um dann rasch – nach Abschluss die­ses Verfahrens – zu einer endgültigen Lösung zu kommen.

Die Entlastung der Industrie, die wir hier heute auch beschließen, betrachte ich auch als einen Beitrag zur Standort- und Arbeitsplatzsicherung, weil es uns nach wie vor um qualitativ gute und abgesicherte Arbeitsplätze geht. Diese qualitativ guten und abgesi­cherten Arbeitsplätze werden beispielsweise mit der Erhöhung der Mittel für den Fern­wärme- und Fernkälteleitungsausbau erreicht. Diese zusätzlichen Mittel, welche auf Ini­tiative der Sozialdemokratie zur Verfügung gestellt werden, sind erstens ein wichtiges Signal zur Stärkung der Konjunktur und zweitens werden damit Einsparungen bei CO2-Emissionen ermöglicht.

Ökostromgesetz und Leitungsbau sind wichtige Bestandteile einer nachhaltigen Ener­giepolitik. Ich freue mich sehr, dass wir in der Lage sind, diese Beschlüsse heute ent­sprechend zu fassen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.39


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stadler. – Bitte.

 


18.40.25

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Zunächst wiederhole ich die Position des Kollegen Rainer Widmann: Wir werden dieses Gesetz ablehnen – aber nicht, weil wir inhaltlich besonders anderer Meinung wären, sondern weil es ein Problem gibt, das auf den Strompreiszahler durchschlägt, das von diesem Gesetz und vom Minister bisher nicht gelöst wurde, nämlich das Problem, dass die Stromgesellschaften rund 77 Millionen € pro Jahr – das sind rund 30 € pro Jahr pro Haushalt – unter dem Titel Ökostromkosten auf die Haushalte verumlagen und zu viel kassieren.

Während man jedem Greißler in dem Land zumutet, eine ordentliche Kostenrechnung zu machen, verschanzen sich die Stromkonzerne hinter der Behauptung, sie könnten diese Stromkosten nicht wirklich errechnen und dann durchschlagen lassen. Die schät­zen schlicht und einfach! Das schaue ich mir einmal an, wie da die Arbeiterkammern den kleinen Greißlern auf die Kappe steigen würden, wenn man in Zukunft sozusagen nur mehr in etwa schätzen würde, was Milch kosten soll und was nicht.

Meine Damen und Herren, so geht es nicht, und daher werden wir keine Bereitschaft haben, derartige Gesetze mitzutragen, solange der Konsument sich nicht darauf ver­lassen kann, dass die tatsächlichen Kosten für den Ökostrom auch tatsächlich ermittelt und dann auch auf den Konsumenten nach echten Kosten verumlagt werden.

Vor allem muss sichergestellt werden, dass es zu keinen Strompreiserhöhungen kommt, meine Damen und Herren von der freiheitlichen Fraktion! Ich glaube, da sind Sie diesmal auf der falschen Fährte, wenn Sie da mitstimmen, denn das bedeutet ein weiteres Argument für die Stromkonzerne, die Strompreise zu erhöhen und das alles noch mit dem Öko-Argument zu kaschieren. Lieber Kollege Themessl, das wirst du erst den Leuten erklären müssen, so einfach ist das nicht, dass man hier den Stromgigan­ten die Mauer macht.

Die westlichen Stromgesellschaften sind hier nach Auskunft des Herrn Bundesminis­ters fairer, bei den östlichen schaut es eher ärger aus.

Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Gestatten Sie mir noch eine persönliche Replik, nachdem ich von Frau Kollegin Dr. Oberhauser persönlich angesprochen wurde.

Frau Kollegin Oberhauser, ich sage Ihnen in aller Form, es mag manche Fraktion in diesem Haus geben, die berechtigt ist, uns die eine oder andere Vorhaltung zu ma­chen, aber niemand aus der sozialdemokratischen Fraktion. Ich habe Ihnen eine


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 181

„Chronique scandaleuse“ der SPÖ mitgebracht. Ich bringe Ihnen nur ein paar Schlag­wörter, damit Sie sehen, wie dick das ist; ich kann es gern einmal mit Ihnen in einem Privatissimum durchgehen: Stiftung Steiermark der SPÖ, BAWAG, ÖGB, Konsum, Normalia, Sekyra, Streicher, Rechberger, lauter Abfertigungskaiser, die Zahl der Abfer­tigungskaiser ist bei Ihnen besonders hoch. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Weiters: Draukraftwerke, Ennskraftwerke, Steiermärkische Elektrizitäts-AG, Tauern­kraftwerke, Donaukraftwerke – lauter sozialistische Privilegienbaustellen! –, AMAG-Skandal, DDSG-Pleite, Pyhrn Autobahn AG, und, und, und. Ich könnte das endlos fort­setzen. (Beifall beim BZÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, ich habe gewartet, bis die erste Dame herauskommt und die Abtreibungsproblematik thematisiert.

Glauben Sie mir, ich habe eine andere Auffassung, sie ist aus Glaubens- und Gewis­sensgründen so, und ich lasse mir von Ihnen hier den Mund nicht verbieten! Glauben Sie mir das!

Ich sage Ihnen in aller Form: Ich schäme mich für einen Landeshauptmann und Bür­germeister Häupl, der einer Klinik eine Auszeichnung dafür gibt, dass sie 30 Jahre lang Kinder ermordet, meine Damen und Herren! Dafür schäme ich mich, meine Damen und Herren! (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Wissen Sie, wer hinter dieser Klinik am Fleischmarkt steht? – Ich werde Ihnen das sa­gen: Ich habe hier einen englischen Firmenbuchauszug. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) Diese Klinik am Fleischmarkt gehört MS International. MSI, Ma­rie Stopes International, ist eine Gründung einer Dame, die schlicht und einfach eine „Nazi-Tante“ war, meine Damen und Herren. Sie hat noch glühende Liebesgedichte an den Herrn Hitler geschrieben. Sie hat an einer Bevölkerungskonferenz im Jah­re 1935 teilgenommen, bei der sie die Sterilisation von Juden, von Nicht-Weißen, von Trinkern und „Menschen zweiter Klasse mit schlechtem Charakter“ verlangt hat.

Das ist die geistige Wurzel, die am 3. September geehrt wurde, meine Damen und Herren. Das ist ein Skandal! Das ist eine neue Form der Niedertracht gegenüber allen diesen hunderttausenden Kindern, die unschuldig umgebracht wurden, meine Damen und Herren. (Beifall beim BZÖ.)

Dazu werde ich niemals schweigen! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) – Herr Kollege, lesen Sie das einmal, das ist nicht in irgend­einem Schmauswaberl-Verlag erschienen, sondern im Springer Verlag, Mayer-Maly und Bydlinski, hoch geachtete Professoren der österreichischen Rechtswissenschaft. Darin wird nachgewiesen – aufgrund einer Enquete in der Volksanwaltschaft, die ich durchgeführt habe –, dass es immer noch ein Unrechts- und ein Tötungsdelikt ist, das nur unter bestimmten Voraussetzungen nicht verfolgt wird, meine Damen und Herren.

Für ein Tötungsdelikt verteilt der Wiener Landeshauptmann und Bürgermeister Prei­se, meine Damen und Herren. Das halte ich für eine Niedertracht der Sonderklasse! Das ist das, was wir dazu zu sagen haben. (Beifall beim BZÖ.)

Stellen Sie sich vor, der Kärntner Landeshauptmann hätte ein Institut geehrt, das von einer „Nazi-Tante“ gegründet worden wäre, da hätte ich mir das Aufschreien der Da­men und Herren aus der SPÖ gar nicht vorstellen wollen – zu Recht –, aber wenn es der Herr Wiener Landeshauptmann und Genosse Häupl macht, dann wird das auch noch verteidigt, meine Damen und Herren, dann werden jene, die dagegen protestie­ren, zu kriminalisieren versucht!

Das werden Sie mit mir nicht machen können! Ich lasse mir als Katholik von Ihnen aus Glaubens- und Gewissensgründen keine Regelung aufoktroyieren, die sogar die öster­reichische Rechtsordnung noch als Kriminalfall behandelt! (Beifall beim BZÖ.)

18.46



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 182

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Hofer. – Bitte.

 


18.46.26

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Wenn wir heute das Ökostromgesetz behandeln, dann erlauben Sie mir, aus meinem Herzen keine Mördergrube zu machen. Ich habe mit dem Beschluss, den wir heute fassen, nicht uneingeschränkt Freude, weil Sie ja wissen, dass wir uns sehr für ein Erneuerbare-Energien-Gesetz in Österreich einsetzen. (Zwischenrufe der Abge­ordneten Grosz und Ing. Westenthaler.)

Gerade das BZÖ, meine Damen und Herren, das heute wieder einmal seine Linie ge­ändert hat und bei Podiumsdiskussionen immer aufzeigt und sagt: Der Deckel muss weg!, ist verantwortlich für das Ökostromgesetz 2006, das schlechteste Gesetz, das wir je hatten. (Anhaltende Zwischenrufe beim BZÖ.)

Herr Kollege Grosz, Ihre rhetorischen Rülpser sind wirklich lästig. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Hören Sie einmal ein bisschen zu, denn Tatsache ist, dass Sie bei Podiumsdiskussio­nen immer wieder behaupten, Sie setzen sich für Ökostrom ein, aber dann genau das Gegenteil tun. (Abg. Ing. Westenthaler: Strompreistreiber!)

Meine Damen und Herren, wenn es um den Strompreis geht, schauen wir uns doch einmal die Strompreisentwicklung in Kärnten an. Wie schaut es denn in Kärnten aus mit dem Strompreis, wie hat sich der denn entwickelt? (Abg. Hörl: Blendend!) – Ich glaube, der ist gestiegen, meine Damen und Herren. Da sind Sie wirklich wenig glaub­würdig.

Aber jetzt zum Ökostromgesetz. (Weitere Zwischenrufe beim BZÖ.) – Ihr redet immer so einen Blödsinn, ihr da drüben in diesem Schmolleck, das muss ich euch schon sa­gen! (Beifall bei der FPÖ.)

Also ein wahres Wort: Ihr habt in euren Reihen jemanden sitzen, nämlich den Ewald Stadler, der immer recht hat. Der Ewald hat immer recht. Er hat einmal gesagt, ihr seid ein Haufen von Freimaurern und warmen Brüdern. Das ist eure Gesinnung, meine Damen und Herren, dass ihr so beliebig seid: Einmal auf dieser Seite, dann auf der an­deren Seite, dann dafür, dann dagegen. Das macht euch wirklich unglaubwürdig. (Bei­fall bei der FPÖ. – Abg. Scheibner: War das so selbstverständlich, dass du bei der FPÖ bleibst?) – Herbert, bitte. Aber der Wähler hat euch die Antwort gegeben: 1,2 Pro­zent – aus meiner Sicht zu viel, aber das habt ihr verdient.

Zum Ökostromgesetz: Wir haben in den Verhandlungen erreicht, dass für den Bereich der Photovoltaik mehr Geld zur Verfügung gestellt wird, meine Damen und Herren, 35 Millionen € im Bereich der Investitionsförderung bei der Photovoltaik. Am Deckel, der immer ein Tabu war, wird endlich gerüttelt. Ich halte das für sehr wichtig. Ich be­danke mich auch beim Herrn Klubobmann Kopf für die wirklich fruchtbaren und guten Gespräche, die wir führen konnten.

Nichtsdestotrotz halte ich an meinem Ziel fest, ein Erneuerbare-Energien-Gesetz in Österreich auch Wirklichkeit werden zu lassen, und bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Hofer, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 183

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine Regierungsvorlage vorzulegen, die eine vollständige Novellierung des derzeitigen Ökostromgesetzes hin zu einem Erneuerba­ren Energie Gesetz (EEG) nach deutschem Vorbild, sicherstellt.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, jetzt zum Verhandlungsergebnis, und ich muss noch einmal betonen: Unsere Zustimmung zur Gesetzesvorlage sehen wir als Notlösung. Natürlich hätten wir sagen können: Wir stimmen überhaupt nicht zu, wir schicken dieses Gesetz wieder nach Brüssel, lassen es neu notifizieren. Aber dann wären viele Betriebe in Ös­terreich von der Pleite bedroht gewesen. Da gibt es Arbeitsplätze, die zu erhalten sind. (Zwischenrufe beim BZÖ.) – Ihr habt noch keinen Arbeitsplatz geschaffen. Da gibt es Windkraftwerke, die weiter ausgebaut werden sollen. Es gibt Biomassebetriebe, die weiterarbeiten wollen. Wir müssen die Verantwortung auch für diese Menschen wahr­nehmen.

Daher bringe ich den Antrag der Abgeordneten Ing. Hofer, Dr. Bartenstein, Katzian, Kolleginnen und Kollegen betreffend weitere Förderung von Photovoltaik ein. Dieser Antrag wird ergänzend zum Beschluss über das Ökostrom-Gesetz heute abgestimmt werden.

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft wird aufgefordert, die Investitionsförderung für private Photovoltaikanlagen bis 5 KW/peak im Rahmen des Klimafonds auszubauen und bereits für das Jahr 2010 mit 35 Millionen Euro zu dotieren. Gleichzeitig sollte die Höhe der Einzelförderung pro KW/peak der Entwicklung bei den Investitionskosten angepasst werden. Das Procedere der Antrags­einreichung ist aufgrund des großen Interesses und der bisherigen Erfahrungen zu adaptieren. Der Bundesminister für Wirtschaft, Jugend und Familie wird aufgefordert, im Zuge einer weiteren Novellierung des Ökostromgesetzes im Jahr 2010 der aktuellen Entwicklung Rechnung zu tragen und dem Nationalrat eine Öffnung bei der bestehen­den Deckelung der Förderung von Strom aus Photovoltaik zur Beschlussfassung vor­zuschlagen, wobei Effizienzkriterien im Hinblick auf den Stand der Technik für diese Anlagen als Fördervoraussetzungen festzulegen sind.“

*****

Meine Damen und Herren! Es beginnt mit dem heutigen Tag die Phase der Diskussion über das neue Ökostromgesetz, das wir zu beschließen haben. Ich hoffe, dass wir uns mit dem neuen Ökostrom-Gesetz, das wir im nächsten Jahr beschließen, dem Erneu­erbare-Energien-Gesetz in Deutschland auch wirklich annähern können. (Beifall bei FPÖ, SPÖ und ÖVP.)

18.51


Präsident Fritz Neugebauer: Die Anträge sind ausreichend unterstützt und stehen mit in Verhandlung.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 184

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Ing. Hofer und weiterer Abgeordneter betreffend Einführung eines EEG (Erneuerbaren Energien Gesetz)

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 5, Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den Antrag 686/A der Abgeordneten Dr. Martin Bartenstein, Wolf­gang Katzian, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ökostromgesetz geändert wird (272 d.B.), in der 37. Sitzung des Nationalrates am
23. September 2009

Ökostrom ist eine vielversprechende Alternative zu der heute noch verwendeten Stromgewinnung aus Öl und Gas. So kann eine nachhaltige Entlastung der Umwelt durch die Vermeidung oder Verringerung von Schadstoffen erreicht werden. Auch er­möglicht diese Form der Energiegewinnung den schrittweisen Ersatz von Öl und Gas durch andere Träger, wodurch die Importabhängigkeit gemildert wird. Nicht zuletzt er­möglicht Ökostrom der Landwirtschaft neue Perspektiven beziehungsweise neue Ein­nahmequellen; ein Punkt, der angesichts der Produktionssenkungen bei den meisten Agrarprodukten nicht zu unterschätzen ist. Somit könnte sich Ökostrom als Lösungsan­satz für zahlreiche Probleme anbieten.

Österreich hat als reiches Land mit hohem technologischem Niveau die Pflicht, im Be­reich erneuerbarer Energie beispielgebend voranzuschreiten. Engagement in diesem Bereich schafft zu dem zehntausende neue Arbeitsplätze und erhöht die Wertschöp­fung im Inland. In Österreich wurden beispielsweise im Jahr 2006 um 500-mal weniger Photovoltaikanlagen errichtet, als in der Bundesrepublik Deutschland. In Deutschland wurden im Bereich der Photovoltaik in den letzten Jahren mehr als 50.000 Arbeitsplät­ze geschaffen. Des Weiteren würde ein kräftiger heimischer Markt die Technologiefüh­rerschaft österreichischer Unternehmen auf dem Gebiet der erneuerbaren Energie er­möglichen, die somit auch auf Auslandsmärkten erfolgreich agieren könnten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine Regierungsvorlage vorzulegen, die eine vollständige Novellierung des derzeitigen Ökostromgesetzes hin zu einem Erneuerba­ren Energie Gesetz (EEG) nach deutschem Vorbild, sicherstellt."

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Dr. Martin Bartenstein, Wolfgang Katzian Kolle­ginnen und Kollegen betreffend weitere Förderung von Photovoltaik

eingebracht im Zuge der Debatte über den Antrag 686/A der Abgeordneten Dr. Martin Bartenstein, Wolfgang Katzian, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ökostromgesetz geändert wird, in der Fassung des Ausschussberichtes 272 d.B.

Der kontinuierliche Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern ist ein wichtiger Beitrag zur Erreichung der nationalen Klimaschutzziele. Dabei kommt der Photovoltaik zunehmende Bedeutung zu.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 185

Die Photovoltaik-Branche ist auch ein wichtiger Wirtschaftszweig. Die Wachstumszah­len sind beeindruckend: innerhalb von 10 Jahren stieg die Anzahl der Beschäftigten in diesem Bereich in Österreich von unter 100 auf gegenwärtig 1.800 Personen. In aus­gewählten Nischen der Photovoltaik-Wertschöpfungskette ist es mittlerweile drei heimi­schen Unternehmen gelungen, sich an der Weltmarktspitze (zwei Weltmarktführer und ein Weltmarktzweiter) zu etablieren.

Im Vorjahr wurden in Österreich etwa 7 MW Photovoltaik installiert. Mit insgesamt 30 MW installierter Leistung lag Österreich per Jahresende 2008 an 9. Stelle aller 27 EU-Staa­ten. Im Jahr 2009 wurde bereits eine weitere Förderaktion in Höhe von € 18 Mio. abge­wickelt. Um eine kontinuierliche Fortführung des Ausbauprogramms in Österreich ge­währleisten zu können, muss auch 2010 eine ausreichende Dotierung der Förderung im Klima- und Energiefonds erfolgen. Weiters muss auch die Deckelung bei der Förde­rung von Strom aus Photovoltaik im Ökostromgesetz in Frage gestellt werden.

Daher stellen die unterzeichnenden Abgeordneten folgenden Antrag:

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat hat beschlossen:

„Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft wird aufgefordert, die Investitionsförderung für private Photovoltaikanlagen bis 5 KW/peak im Rahmen des Klimafonds auszubauen und bereits für das Jahr 2010 mit 35 Millionen Euro zu dotieren. Gleichzeitig sollte die Höhe der Einzelförderung pro KW/peak der Entwicklung bei den Investitionskosten angepasst werden. Das Procedere der Antrags­einreichung ist aufgrund des großen Interesses und der bisherigen Erfahrungen zu adaptieren.

Der Bundesminister für Wirtschaft, Jugend und Familie wird aufgefordert, im Zuge einer weiteren Novellierung des Ökostromgesetzes im Jahr 2010 der aktuellen Ent­wicklung Rechnung zu tragen und dem Nationalrat eine Öffnung bei der bestehenden Deckelung der Förderung von Strom aus Photovoltaik zur Beschlussfassung vorzu­schlagen, wobei Effizienzkriterien im Hinblick auf den Stand der Technik für diese Anla­gen als Fördervoraussetzungen festzulegen sind.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Die Anträge sind ausreichend unterstützt und stehen mit in Verhandlung.

Herr Kollege Hofer, die Wortschöpfung „rhetorischer Rülpser“ ist auch mir neu. (Heiter­keit im Saal.) Ich hoffe, dieser Begriff verfestigt sich nicht. Aber ich gebe Ihnen die Chance, das Wort „Blödsinn“, das Sie in eine bestimmte Richtung pauschal gesagt ha­ben, zurückzunehmen. (Abg. Ing. Hofer: Also es war ein rhetorischer Ausrutscher und kein Rülpser!) – Das ist so akzeptiert. (Abg. Grosz: Entschuldigung angenommen!)

Zu Wort gelangt nun Herr Bundesminister Dr. Mitterlehner. – Bitte, Herr Bundesmi­nister.

 


18.52.15

Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf an das anknüpfen, was einer meiner Vorredner schon gesagt hat. Mit diesem Gesetz, das jetzt zum zwei­ten Mal beschlossen wird, verbinden sich nicht nur positive Erwartungshaltungen, son­dern teilweise sehr gemischte Gefühle.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 186

Ich darf an die Gefühlshaltung und beispielsweise auch an die Berechnungen der In­dustrie anknüpfen, denn wir hätten mit der Beschlussfassung im vorigen Jahr durchaus darauf blickend, dass wir auch wettbewerbsfähige Betriebe brauchen, vorgesehen, dass bei den Kosten insofern ein Industriedeckel eingesetzt wird, als bei 0,5 Prozent des Nettoproduktionswertes eine Rückerstattung stattgefunden hätte, wenn das über­schritten worden wäre. Das ist in etwa dieselbe Regelung, wie sie in Deutschland um­gesetzt wurde. Da wir da in enger Verflechtung sind, ist das ganz wichtig.

Da das Hauptprüfungsverfahren seitens der EU eingeleitet wurde, ist die Konsequenz, dass wir, wenn der ein Teil noch in Prüfung ist, den anderen Teil nicht in Kraft setzen können.

Ich bin einerseits der Industrie für die knirschende – ich muss sagen, wirklich knir­schende – Akzeptanz sehr dankbar, dass sie Einsehen hat, dass wir mit diesem Teil der Umsetzung jetzt beginnen und auf der anderen Seite mit dem Entschließungsan­trag auch eine Möglichkeit vorsehen, eine beihilfenrechtlich EU-konforme Situation her­zustellen, was diesen Punkt anbelangt.

Ich bin auf der anderen Seite auch denjenigen sehr dankbar, die heute für die Be­schlussfassung sorgen. Daher gilt mein Respekt der FPÖ. Mein Dank gilt unserem Klubobmann Karlheinz Kopf (Beifall bei der ÖVP), aber auch unserem Koalitionspart­ner, weil es ganz wichtig ist, dass wir mit der Umsetzung beginnen.

Was wird nämlich dadurch bewirkt? – Würden wir das nicht tun, hätten wir ein Haupt­prüfungsverfahren, das für niemanden etwas bringt, und so setzen wir Investitionen in Gang, die insgesamt, was das Jahr 2015 anbelangt, in den 3 Milliarden-Bereich hinein­gehen. Wir tun etwas für die Kleinwasserkraft. Wir tun etwas für die Photovoltaik.

Auch was den Entschließungsantrag anlangt, glaube ich, dass es eine richtige Variante ist, über den KLI.EN die Förderungen zu erhöhen. Man kann ja auch bei der Förder­höhe ansetzen, eine bessere Abstimmung mit den Landesorganisationen erreichen und damit möglicherweise auch mehr Förderwerber zum Zug kommen lassen, denn ich glaube, von der Umsetzung her ist der Weg über die Projektförderung der richtige. Je stärker wir in den Tarifbereich gehen, umso weniger Druck ist in Richtung Technologie da und umso weniger wird sich am Markt bewegen. Daher ist dieser jetzt ins Auge ge­fasste Weg genau der richtige, um uns da weiterzubringen. Das ist der eine Punkt.

Der zweite Punkt: Ich war gestern im BZÖ-Klub, und es gab eine sehr sachorientierte Diskussion. Ich bedaure, dass da nicht mitgestimmt wird, denn auf der anderen Seite ist das mit der Problematik verbunden worden, was mit der Weiterverrechnung der Kosten durch die einzelnen Erzeugungsbetriebe ist. – Ich habe zugesichert – das ist nicht meine Aufgabe, sondern die der Wettbewerbsbehörde –, dass das nachgerech­net wird. Der springende Punkt dabei ist – darum ist es auch so schwer nachvollzieh­bar –, dass sich die Frage stellt: Was ist das günstigste Angebot und was ist der Ver­rechnungspreis? – Das muss man sich in der Praxis anschauen. Es wird entsprechend nachweisbar sein, und dann gibt es auch die entsprechenden Konsequenzen.

Herr Kollege Scheibner, ich möchte aber vorher schon den Unschuldsvorbehalt haben, dass jemand, wenn er sagt: Das ist nicht so!, auch die Möglichkeit hat, das Gegenteil darzustellen. Das ist in diesem Fall auch gegeben.

Der nächste Punkt betrifft – was heute der erste Redner noch kurz vor der Dringlichen Anfrage angesprochen hat – die Fragestellung oder auch die Behauptung, dass wir jetzt mit dem nicht vollzogenen Ökostrom-Gesetz eine Riesenchance vergeben, auch die Klimaschutzziele umzusetzen. Ich würde, ohne jetzt das Ökostrom-Gesetz abzu­werten, doch ein bisschen relativieren.

Meine Damen und Herren, ist Ihnen bewusst, dass wir vom Gesamtenergieverbrauch rund 20 Prozent Stromanteil haben? – 20 Prozent vom Gesamtenergieverbrauch be-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 187

trägt der Stromanteil, und von diesem Stromanteil macht der geförderte Anteil derzeit in etwa, wenn man die Wasserkraft, Kleinkraftwerke wegnimmt, rund knapp über 8 Pro­zent aus. Das ist relativ wenig.

Wir haben auch versucht, es noch anders zu berechnen. Am 34 Prozent-Ziel der er­neuerbaren Energie hat der Ökostrom-Bereich, der geförderte Strombereich, ungefähr einen Anteil von 6 Prozent. Daher ist es wichtig, da etwas zu tun. Da können wir, auch was die CO2-Ziele anbelangt – die 3 Millionen Tonnen sind schon angesprochen wor­den –, durchaus Beträchtliches sicherstellen.

Aber der entscheidende Punkt, meine Damen und Herren, liegt bei der Effizienz. Der entscheidende Punkt liegt bei der Wärme, was wir alles sozusagen in die Luft blasen, und der entscheidende Punkt liegt im Bereich des Autoverkehrs. Dort werden wir die Klimaschutzziele erreichen können, und dort müssen wir noch stärker nachsetzen. Ich würde aber davor warnen, Kyoto mit dem einen Ziel zu stark zu vermischen. Wichtig ist, dass wir dieses Ziel einmal freisetzen.

In diesem Zusammenhang ist auch immer die Frage in den Raum geworfen worden: Warum und wieso schreibt ihr nicht einfach das deutsche Energiegesetz in dem Be­reich ab und habt dann genau dieselben Vorteile? – Weil die Umsetzung etwa zwei Jahre dauern würde, bis wir dieses System auf uns übertragen.

Das Problem im deutschen Bereich ist aber ein anderes. Die haben keine Wasserkraft, daher rechnen sie die Ökostrom-Kosten direkt in den Preis hinein. Dort fällt es auch nicht besonders auf. Würden wir das hingegen tun, sozusagen unbeschränkt in den Preis hineinrechnen, dann hätten wir eigentlich ein Aus-dem-Markt-Hinaustreiben ohne Deckel der anderen Energieträger. Dann hätten wir weniger Windräder, weniger Bio­gas, weniger in anderen Bereichen, auch was Wasserkraft anbelangt.

Daher ist es wichtig, auch da im Interesse des Konsumenten ausgewogene Verhält­nisse sicherzustellen. Ich glaube, wir tun das. Niemand verschließt sich dem Faktum, dass Photovoltaik, Solarenergie die Energie der Zukunft ist.

Es muss aber so sein, dass unsere Möglichkeiten – und auch die des Konsumenten, auch die der anderen alternativen Energieerzeuger – im Einklang mit den Förderungen stehen. Das, glaube ich, ist mit diesem Gesetz durchaus gelungen.

Ich habe auch nichts dagegen – was hier als Entschließungsantrag eingebracht wur­de –, dass man sagt: Schauen wir uns das System an! Überarbeiten wir es! Da können wir auch die Beihilfenproblematik der Großbetriebe mitnehmen. Denen helfen wir jetzt mit der De-minimis-Regelung. Es bleiben aber immer noch 15 Betriebe über, die prak­tisch kostenmäßig überproportional belastet sind.

Meine Damen und Herren, es wäre schlecht, wäre das ein Gesetz, bei dem alle nur sa­gen, das ist das Optimum, weil irgendjemand dann ja auch möglicherweise benachtei­ligt wäre. Es ist ein Kompromiss, wie viele andere Novellen auch.

Ich danke allen Beteiligten, die jetzt mithelfen, dass es umgesetzt wird, und möchte ge­nau bei dem anschließen, was Sie gesagt haben, Herr Hofer: Im Endeffekt ist es viel besser, dass wir jetzt einmal den einen Teil umsetzen und damit jenen helfen, die es brauchen, als wenn wir ewig diskutieren, nichts beschließen und damit gar nichts ha­ben. Also etwas ist besser als gar nichts. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und FPÖ.)

18.59


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Lichten­ecker. – Bitte.

 



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19.00.08

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Herr Minister Mitterlehner, Sie sa­gen – ich zitiere Sie –: Wir tun ja etwas dafür!, und Sie betonen immer das Etwas. „Et­was“ ist dennoch zu wenig, auch wenn Sie relativieren und Vergleiche ziehen und be­tonen, was das denn für ein Beitrag sein könnte. – Sie betonen in diesem Zusammen­hang, dass insbesondere der Anteil der Wärme am Energieverbrauch ein großer ist, und Sie haben recht.

Da stellt sich natürlich die Frage: Warum unterstützen Sie dann nicht den von Frau Kol­legin Brunner eingebrachten Entschließungsantrag, die Förderung der thermische Sa­nierung wiederum auf 100 Millionen € zu erhöhen? – Das ist ein guter und wichtiger Beitrag, und das wäre ganz in Ihrem Sinne, Herr Minister.

Herr Abgeordneter Hofer, zu dem Beschluss, den Sie und Ihre Fraktion heute unter­stützen: Ich kann mich an mehrere Situationen in den letzten Jahren erinnern, als Sie hier am Rednerpult gestanden sind und den Ökostrom und seine großen Mängel ganz klar kritisiert haben. Ich sage Ihnen: Was herausgekommen ist, ist wirklich eine sehr magere Geschichte! Die großen Mängel, Herr Hofer, das sage ich Ihnen und das wis­sen Sie ganz genau, sind nicht behoben. Sie sind nicht behoben, und das, was heute da geredet wurde, ist großes Reden und kleinkariertes Umsetzen.

Letztendlich zu Ihnen, Herr Bartenstein und Herr Katzian: Sie beklagen, dass es ein Jahr gedauert hat, dass die Europäische Union sich gerührt hat, rückgemeldet hat und endlich die nächsten Schritte in Österreich gesetzt werden. Das ist das eine. Das ande­re ist, dass Sie bei Beschlussfassung des letzten Ökostromgesetzes genau gewusst haben, dass es diese Mängel hat und genau deswegen auch zurückkommen wird.

Herr Kollege Hofer, die 35 Millionen €, mit denen die Photovoltaikanlagen im nächsten Jahr gefördert werden, werden heute so gelobt. – Schauen wir uns doch einmal an, wie weit man denn mit dieser Summe springt! Wir haben heuer im August die Förderaktion beim KLI.EN ausgeschrieben gehabt, und was ist passiert? – Die 18 Millionen hätten für 1 500 Anlagen gereicht, und innerhalb von zwei Stunden, meine Damen und Her­ren, waren 6 000 Förderansuchen beim KLI.EN eingelangt! Das heißt, es war viermal überzeichnet. Das zeigt Ihnen ja ganz deutlich, dass die 35 Millionen nicht wirklich den Sprung bringen, den wir in dieser Branche so dringend brauchen.

Wenn Sie sich den Ausbau der Photovoltaik in Europa und weltweit ansehen, sehen Sie, dass das dennoch sehr magere 7 Megawatt/Peak sind, die in Österreich 2008 in­stalliert wurden. Vergleichen Sie diesen Wert mit jenem eines Nachbarn, der sehr be­liebt ist, wenn es darum geht, Energiekennzahlen heranzuziehen, nehmen Sie Tsche­chien her: Da waren es 51 Megawatt/Peak. Das ist schon ein Alarmsignal, sodass man nicht immer relativieren kann und, wie Kollegen Bartenstein das macht, eine ganze Branche in Kritik ziehen und schlechtzureden versuchen kann. Das ist meiner Meinung nach jedenfalls der falsche Weg.

Wenn Kollege Bartenstein, der selbst Unternehmer ist, sich die Märkte ansieht, dann ist ja völlig klar, dass dann, wenn die Nachfrage in einem Bereich gut gesteigert wird, auch die Kosten sinken werden. Dann wird das marktreif, und die Preise entsprechen dem, was in dieser Form auch sehr gut tragbar ist. Aber bis dahin ist klar, dass es die Unterstützung der öffentlichen Hand braucht, oder auch der Haushalte und der Wirt­schaft gemeinsam.

Wenn das Thema Klimaschutz heute etwas unter den Teppich gekehrt wird, Herr Ho­fer, dann muss man sagen, dass es sogar die Wirtschaftkammer ist, die inzwischen be­klagt, dass wir das Klimaschutz-Schlusslicht sind und was das kosten wird. Die großen Kosten, meine Damen und Herren, werden nicht jene sein, die der Ökostrom für die


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Wirtschaft und für die Privaten verursacht, sondern das werden die volkswirtschaftli­chen Adaptionskosten sein, wenn Österreich gezwungen sein wird, auf erneuerbare Energien umzusteigen, auf Energieeffizienz, weil fossile Energieträger so teuer sind. Das wird dann tatsächlich schmerzhaft werden!

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz ist in mancherlei Hinsicht direkt mit unserem Öko­stromgesetz vergleichbar, in mancherlei Hinsicht jedoch weniger. Was es in jedem Fall geschafft hat – und wo Österreich weit hinterherhinkt –, ist, dass es in Deutschland 240 000 Arbeitsplätze geschaffen hat. Wenn es nicht ein so gutes Gesetz wäre, meine Damen und Herren, dann hätte es, nehme ich an, die letzte große Koalition in Deutsch­land nicht überlebt. Daher: Das war eine gute grüne Initiative, die sich da durchgesetzt hat.

So wie das Ökostromgesetz kein Signal für eine zukunftsorientierte Energiepolitik ist, so ist es die Forschungspolitik im Energiebereich genauso wenig. Herr Minister, Sie haben vor Kurzem in einer Anfragebeantwortung auch klar die Zahlen bekannt gege­ben. Meine Damen und Herren, wenn die Forschungsquote in Österreich im Jahr 2008 allgemein bei 2,66 Prozent liegt, dann hat das in den letzten Jahren eine gewisse Dy­namik gehabt. Da möchte ich gar nicht anstehen, das auch wertzuschätzen, wiewohl ich glaube, dass wir 2015 letztendlich bei 4 Prozent sein müssen und dass es da viel an Arbeit gibt.

Aber ich nenne Ihnen jetzt den Anteil der Energieforschung in diesem Bereich. Wie viel, glauben Sie, wird das sein? 1 Prozent? 0,5 Prozent? – Es sind magere 0,088 Pro­zent vom Bruttoinlandsprodukt! Da ist es völlig klar, dass wir in der Energiepolitik nicht wirklich weiterkommen.

Abschießend: Der Stillstand, der hier produziert wird, wird sehr teuer werden. (Beifall bei den Grünen.)

19.06


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Schultes. – Bitte.

 


19.06.33

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren im Hohen Haus! Zu­erst einmal darf ich zu diesem Ökostromgesetz einen Abänderungsantrag einbringen, formuliert von den Abgeordneten Bartenstein, Katzian, Kolleginnen und Kollegen. Die­ser Abänderungsantrag ist sozusagen der Kern unserer heutigen Verhandlungen.

Die Europäische Union hat ja das Ökostromgesetz intensiv geprüft – auf intensive An­regung auch der Arbeiterkammer mehrfach geprüft – und ist zu dem Beschluss gekom­men, das im Hybridverfahren zuzulassen. Ein großer Teil des Gesetzes ist brauchbar, ein Teil muss geändert werden. Diese Änderungen müssen wir heute beschließen. Einige Punkte dazu möchte ich erläutern.

Ein Punkt betrifft die Streitsituation zwischen Ökostromabwicklungsstelle und den Stromhändlern. Da wird jetzt klargestellt, dass das die Gerichte entscheiden.

Der wichtigste Punkt ist die Frage der Rückvergütung, denn diese regelt in Wirklichkeit die Notwendigkeiten, die vorher durch den Industriedeckel geregelt waren. Dieses Rückvergütungsverfahren ist genau beschrieben und bedeutet in Wirklichkeit, dass Be­triebe, die mehr als ein halbes Prozent des Nettoproduktionswertes als Ökostromauf­wendungen erbringen müssten, diesen darüber hinausgehenden Betrag rückverrech­nen dürfen, und das im Rahmen der europäischen „De-minimis“-Regelungen.

Der zweite wichtige Punkt sind die Formulierungen im § 32d, in dem es um das Inkraft­treten des Ökostromgesetzes geht. Die Teile, die das Prüfungsverfahren sozusagen


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unbeschädigt überlebt haben, werden mit Veröffentlichung in Kraft treten, und die Tei­le, die verändert werden müssen, werden nach Genehmigung und Notifizierung durch die EU in Kraft treten – was nicht notwendig sein wird, weil wir bis dahin wahrscheinlich wissen, wie es weitergeht.

Meine Damen und Herren! Wir haben derzeit einen 66-Prozent-Anteil erneuerbarer Energie an der Inlands-Stromerzeugung. Wir glauben, dass wir bis 2015, bei steigen­dem Stromverbrauch, mit diesem Gesetz auf 69 Prozent kommen werden. Das ist nicht berauschend, aber es ist die richtige Richtung, und es ist im Rahmen der Möglichkei­ten, die sich als Kompromiss ergeben haben, ein ordentliches Ergebnis.

Ich möchte mich beim Kollegen Norbert Hofer dafür bedanken, dass er den Weg zu diesem Kompromiss mit uns gesucht hat, in den Verhandlungen seine Vorstellungen eingebracht hat und, ganz ehrlich, bei mir offenen Türen eingelaufen hat, denn wir ha­ben vom letzten Mal für die Kollegen von der sozialdemokratischen Fraktion die Frage der Dotierung der Kälte- und Wärmeleitungen noch offen gehabt. Wir haben gewusst, dass mit der Photovoltaik etwas geschehen muss, wenn der KLI.EN innerhalb von so kurzer Zeit ausgeräumt ist. Wir haben uns gerne in dem Punkt gefunden, die Förde­rung der Photovoltaik in Zukunft aufzustocken, was zeigt, dass wir in diesem Haus durchaus gute Kompromisse zustande bringen.

Der Weg, den wir gehen wollen, ist einer, den unser Bundesminister Mitterlehner sehr ordentlich vorzeichnet. Ich bin sehr froh darüber, dass er die Dinge mit Augenmaß wei­tertreibt, Koalitionen findet, Partner findet und der Wirtschaft mit dem Ökostromgesetz die richtigen Impulse gibt. Die Investitionen in diesem Bereich werden steigen, und die Betreiber werden jetzt endlich verlässliche Bedingungen vorfinden, dass sie mit diesem Ökostromgesetz einen guten und wertvollen Beitrag zu unserer Energiewirtschaft leis­ten können.

Meine Damen und Herren, es wäre schön gewesen, wenn die Grünen zu diesem The­ma auch etwas zu sagen gehabt hätten. (Abg. Mag. Brunner: Das haben wir!) Aber leider ist es nur das Übliche gewesen: Es wäre schöner und besser, wenn es anders wäre. (Abg. Mag. Brunner: Sie haben es nur nicht gehört! – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.) Aber wirklich etwa dazu sagen, heißt eben nur: Ich bin dafür!, und ich be­danke mich bei allen, die dafür sind. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.10


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte. (Abg. Mag. Kogler – in Richtung ÖVP –: Es hat ja das Reden nichts geholfen! Sie ha­ben da etwas verwechselt!)

 


19.10.47

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Kollege, so gefällt Ihnen das natürlich, wenn eine Opposition ohne Wenn und Aber zustimmt und keine besonderen eigenen Interessen mit einbringt. Das sind wir nicht! Das sind die Grünen nicht, und das sind auch wir vom BZÖ nicht. Da haben Sie eben in der FPÖ diesmal einen einfacheren Gesprächspartner gehabt.

Meine Damen und Herren, ich möchte jetzt nicht das wiederholen, was ich schon am Vormittag beim Thema Rechnungshof über das gesagt habe, was ich glaube, das hin­ter dieser Einigung steht. Aber, lieber Herr Abgeordneter Hofer, wir sollten nicht Per­sönliches austauschen, weil ich glaube, wir alle sind doch Sachpolitiker, und vor allem du, glaube ich, bist das auch, soweit ich dich kenne. Jedem ist es unbenommen, ein­mal irgendwo mitzustimmen, und man wird seine Gründe haben, die wir nicht kennen.

Nur hat mich Folgendes besonders verwundert: Wir versuchen hier, auch als Opposi­tion eine gewisse Kraft in diese Verhandlungen einzubringen, und wir wissen doch alle,


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dass diese Regierungsparteien leider eine Koalition der uralten Art bilden, von der Ini­tiativen der Opposition von vornherein einmal abgelehnt werden, weil sie ohnehin so viele Interessenvertretungen, Verbände und Sonstiges haben, was sie auf einen Nen­ner bringen müssen; es schaut meistens ohnehin nichts heraus. Da haben wir kaum eine Chance, auch wirklich positive Initiativen einzubringen, außer, sie brauchen uns für Verfassungsgesetze und Verfassungsbestimmungen. Gott sei Dank hat diese Re­gierung keine Zweidrittelmehrheit! Wir wissen alle, was sie mit dieser Zweidrittelmehr­heit alles gemacht haben.

Aber wir müssen es schaffen, zumindest bei solchen wichtigen Materien eine gemein­same Linie zu entwickeln. Im Endeffekt kann man vielleicht sagen, okay, es ist uns trotzdem noch zu wenig, wir stimmen doch nicht mit, aber zumindest, solange es geht, müssen wir versuchen, möglichst viel von unseren Initiativen einzubringen. Sonst wer­den wir gar nichts durchbringen, sonst werden wir nichts durchsetzen, sondern dann werden wir uns jedes Mal wieder gegeneinander ausspielen lassen. Das können die beiden perfekt, und so war es auch hier.

Lieber Kollege Hofer, wir hatten – und da geht es auch ein bisschen um die Form – vo­rige Woche Fünf-Parteien-Gespräche vereinbart. Bevor es noch zu einem solchen Ge­spräch gekommen ist, habt ihr euch hinter unserem Rücken schon mit der Regierung geeinigt. Das ist doch ein bisschen eine merkwürdige Art und Weise! Ich bin gespannt, wie wir das in Zukunft machen werden. Vielleicht gibt es auch einmal das eine oder an­dere, was ihr umsetzen möchtet, wofür ihr einen von uns braucht und wo ihr nicht ha­ben wollt, dass die Grünen oder das BZÖ hinter eurem Rücken irgendein Geschäft ab­wickeln. Aber wir werden sehen, wie das in Zukunft ist.

Noch dazu weiß ich nicht, warum man das schon vorige Woche abschließen musste. Wir hätten noch so viele Tage dafür Zeit gehabt, Druck auszuüben und zu verhandeln, zum Beispiel darüber, dass man einmal über das Körberlgeld, das die Stromgesell­schaften da einheimsen, diskutiert. (Beifall beim BZÖ.)

Das erinnert mich wirklich an die Förderung der Olivenbäume in Spanien, Griechen­land und Italien; dort müsste es nach den Förderungen zu schließen mehr Bäume ge­ben, als diese drei Länder zusammen an Fläche haben. Genau so ist es da: Die Strom­gesellschaften haben anscheinend mehr Förderungen ausgegeben, als überhaupt möglich gewesen ist, als es Anträge gegeben hat, nach dem, was sie den Stromkun­den zu viel an Kosten verrechnet haben. Dieses Körberlgeld hätten wir gerne zurück­gehabt, und daran ist es letztlich auch gescheitert, weil die Regierung nicht bereit ge­wesen ist, eine gesetzliche Garantie dafür zu verankern, dass so etwas nicht mehr möglich ist.

Mit diesem Körberlgeld hätten wir gerne den Ökostrom und die Alternativenergie-Pro­jekte gefördert. Das wäre ein interessanter Ansatz gewesen. Oder dass wir einmal Druck ausüben, dass dieser Kompetenzdschungel endlich aufhört, dass diese Förde­rungen Bundeskompetenz werden, und nicht, dass es die Landeshauptleute und die Bürgermeister als ihre eigene Kompetenz ansehen, wem sie, wo sie und wie sie die Förderungen verteilen. Das muss bundeseinheitlich geregelt werden, aber nicht im Burgenland anders als in Vorarlberg.

Oder es geht darum, dass man bei diesen Projekten inländische Wertschöpfung ver­langt. Wir haben es mit dem Wirtschaftsminister auf einer sehr sachlichen Ebene dis­kutiert, das muss ich wirklich anerkennen. Das ist beispielhaft, Herr Bundesminister Mitterlehner – das möchte ich hier auch sagen –, dass Sie in den Klub kommen und ein kontroversielles Thema mit uns auf einer sehr sachlichen Ebene ausdiskutieren. (Beifall bei BZÖ und ÖVP.)

Es wäre eine interessante Initiative, dass die Gelder für die Förderung der Projekte nicht nach China und Indien gehen – weil dort gerade bei diesen erneuerbaren Ener-


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gieanlagen die billigen Produzenten sind –, sondern dass hier inländische Wertschöp­fung verlangt wird. Das wären noch interessante Dinge gewesen, die wir hier in die Verhandlungen einbringen wollten. Aber das alles ist nicht mehr gegangen, weil ihr Rot und Schwarz vorschnell zugestimmt habt.

Meine Damen und Herren! Aus unserer Sicht sind diese erneuerbaren Energien Tech­nologien der Zukunft, wodurch Zehntausende Arbeitsplätze neu entstehen könnten. Österreich war ein Vorzeigeland. Ich erinnere an die Initiative in Güssing, eine energie­autarke Gemeinde, die früher ein Abwanderungsgebiet war und jetzt plötzlich wieder eine boomende Region im Burgenland darstellt. Das ist beispielgebend! Aber wir lau­fen Gefahr, dass wir zwar wieder in die Historie schauen und uns selbst loben, jedoch die Zukunft vergessen.

Der heutige Tag ist kein Tag, der in die Zukunft weist, sondern leider einer, der den Stillstand perpetuiert. Aber wir werden nicht lockerlassen, dass wir in diesem wichtigen Bereich den Motor wieder anspringen lassen. (Beifall beim BZÖ.)

19.17


Präsident Fritz Neugebauer: Der zuvor von Abgeordnetem Schultes in seinen Grund­zügen erläuterte Abänderungsantrag steht mit in Verhandlung und wird an die Abge­ordneten verteilt.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Martin Bartenstein, Wolfgang Katzian, Kolleginnen und Kollegen zum Antrag 686/A der Abgeordneten Dr. Martin Bartenstein, Wolfgang Katzian, Kolle­ginnen und Kollegen in der Fassung des Ausschussberichtes 272 der Beilagen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Ökostromgesetz geändert wird

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der im Titel bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. Die Z 1 und 2 erhalten die Bezeichnungen „2“ und „5“; Z 1 lautet:

„1. Im Inhaltsverzeichnis wird die neue Überschrift zu § 30e nach der Überschrift
zu § 30d eingefügt.“

2. Nach Z 2 werden folgende Z 3 bis 4 eingefügt:

„3. In § 22a Abs. 1 und 2 wird jeweils das Wort „2009“ durch das Wort „2012“ und in
§ 22a Abs. 2 wird das Wort „2010“ durch das Wort „2013“ ersetzt.

4. Nach § 22b Abs. 6 wird folgender Abs. 7 angefügt:

„(7) In Streitigkeiten zwischen der Ökostromabwicklungsstelle und den Stromhändlern, insbesondere auf Zahlung des Verrechnungspreises, entscheiden die ordentlichen Ge­richte.““

3. In Z 5 wird die Wortfolge „Übertragungsnetzbetreiber haben“ durch die Wortfolge „Ökostromabwicklungsstelle hat“ ersetzt.

4. Nach Z 5 werden folgende Z 6 und 7 angefügt:

„6. Nach § 30d wird folgender § 30e samt Überschrift eingefügt:

„Übergangsbestimmung zur ÖSG-Novelle 2009

§ 30e. (1) Für den Zeitraum vom 1. Jänner 2008 bis 31. Dezember 2010 sind Endver­brauchern auf Antrag die von den Stromhändlern innerhalb des vorangegangenen Ka­lenderjahres (Wirtschaftsjahres) an sie weiterverrechneten und von ihnen bezahlten Ökostromaufwendungen rückzuvergüten, wenn


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1. im vorangegangenen Kalenderjahr (Wirtschaftsjahr) ein Anspruch auf Rückvergü­tung im Sinne des § 2 Abs. 2 Z 1 des Energieabgabenvergütungsgesetzes, BGBl.
Nr. 201/1996, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 92/2004, besteht, sowie

2. die Ökostromaufwendungen im vorangegangen Kalenderjahr (Wirtschaftsjahr) 0,5% des Nettoproduktionswertes (§ 1 Abs. 1 des Energieabgabenvergütungsgesetzes) über­steigen.

(2) Der Antrag auf Rückvergütung ist innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Kalen­derjahres (Wirtschaftsjahres) bei der Energie-Control GmbH zu stellen. Ihm sind geeig­nete Nachweise gemäß Abs. 1 (Bescheid über die Energieabgabenrückvergütung, schriftliche Erklärung des Stromhändlers über die im vorangegangenen Jahr verrech­neten und bezahlten Mehraufwendungen) sowie die Erklärung des Antragstellers anzu­schließen, dass er die Voraussetzungen für die Gewährung der Rückvergütung erfüllt. Der Antragsteller hat alle seit 1. Jänner 2008 gewährten „De-minimis“ Beihilfen im Sin­ne des Abschnitts 4.2. des vorübergehenden Gemeinschaftsrahmens für staatliche Beihilfen zur Erleichterung des Zugangs zu Finanzierungsmitteln in der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise, ABl. Nr. C 16 vom 22.01.2009 S. 1, anzugeben und zu erklären, dass die kumulierte „De-minimis“ Höchstgrenze von 500 000 Euro im Zei­traum vom 1. Jänner 2008 bis 31. Dezember 2010 eingehalten wird.

(3) Die Rückvergütung für den Endverbraucher ist pro Kalenderjahr (Wirtschaftsjahr) auf das Ausmaß seiner von den Stromhändlern weiterverrechneten und von den End­verbrauchern bezahlten Ökostromaufwendungen, die 0,5% des Nettoproduktionswer­tes überschreiten, begrenzt. Bei der Gewährung der Rückvergütung ist sicher zu stel­len, dass das nach dem Gemeinschaftsrecht höchstzulässige Förderausmaß nicht überschritten wird. Die Bestimmungen des vorübergehenden Gemeinschaftsrahmens für staatliche Beihilfen zur Erleichterung des Zugangs zu Finanzierungsmitteln in der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise, ABl. Nr. C 16 vom 22.01.2009 S. 1, sowie die Entscheidung der Europäischen Kommission vom 20. März 2009 im Verfahren
N 47a/2009 ua., Zl. K(2009)2155, gelten sinngemäß. Die Höhe der Rückvergütung ist von der Energie-Control GmbH auf der Grundlage der bei der Antragstellung erbrach­ten Nachweise gemäß Abs. 2 mit Bescheid zu bestimmen. Stellt sich heraus, dass die Gewährung der Rückvergütung aufgrund unvollständiger oder unrichtiger Angaben er­folgt ist, hat die Energie-Control GmbH die Auszahlung des Rückvergütungsbetrages zurückzufordern. Die Energie-Control GmbH ist ermächtigt, Vorkehrungen dafür zu treffen, dass die Verfahren auf Rückvergütung teilweise oder vollständig elektronisch abgewickelt werden.

(4) Unbeschadet § 45 ElWOG haben Stromhändler auf Verlangen der Endverbraucher zum Nachweis des Antrages gemäß Abs. 2 schriftlich zu bestätigen, in welchem Um­fang sie pro Kalenderjahr (Wirtschaftsjahr) den Endverbrauchern Ökostromaufwendun­gen als Folgen der Zuweisung von Ökostrom gemäß § 19 Abs. 1 verrechnet und be­zahlt erhalten haben.

(5) Die Auszahlung der Rückvergütung hat durch die Ökostromabwicklungsstelle zu er­folgen. Die ausbezahlten Beträge und der Verwaltungsaufwand für die Auszahlungen sind Mehraufwendungen gemäß § 21 Z 2.“

7. § 32d Abs. 1 lautet:

„§ 32d. (1) Die Bestimmungen der 2. Ökostromgesetz-Novelle 2008, BGBl. I
Nr. 114/2008, mit Ausnahme von § 15 Abs. 1a, § 19 Abs. 1a, § 22c, § 23 Abs. 2 Z 3 sowie der Abs. 2 bis 4 und Abs. 6 bis 10, jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 114/2008, treten mit Ablauf des Tages der Kundmachung des Bundesge­setzes BGBl. I Nr. xxx/2009 in Kraft. Das Inkrafttreten von §§ 15 Abs. 1a, 19 Abs. 1a,


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22c und 23 Abs. 2 Z 3 erfolgt nach der Genehmigung oder Nichtuntersagung der Kom­mission der Europäischen Gemeinschaften gemäß Art. 88 Abs. 3 EGV. Der Bundesmi­nister für Wirtschaft, Familie und Jugend hat diesen Zeitpunkt im Bundesgesetzblatt kundzumachen. Das Inkrafttreten der §§ 15 Abs. 1a, 19 Abs. 1a, 22c und 23 Abs. 2 Z 3 erfolgt mit Ablauf des Tages dieser Kundmachung.““

Begründung:

Zu Z 3 bis 5:

Die Änderungen dienen der Richtigstellung von Bezeichnungen sowie der Vereinfa­chung der Förderaufbringung und -abwicklung.

Bei der Abnahmepflicht der Stromhändler in Bezug auf den zugewiesenen Ökostrom wird durch die Schaffung des § 22b Abs. 7 ÖSG klargestellt, dass es sich hierbei um einen Zwangskauf handelt, der den zivilrechtlichen Regelungen unterliegt; hierüber ha­ben im Fall von Streitigkeiten die Zivilgerichte zu entscheiden.

Zu Z 1 und 6 (§ 30e):

Energieintensive Unternehmen sind im besonderen Maße dem internationalen Wettbe­werb ausgesetzt. Zusätzliche Ökostromkostenbelastungen führen zu Wettbewerbs­nachteilen gegenüber Staaten, welche keine finanziellen Beiträge von Stromverbrau­chern zur Finanzierung der Förderung von Ökostrom vorschreiben oder eine betrags­mäßige Deckelung von Aufwendungen für Ökostrom zugunsten energieintensiver Unternehmen normiert haben. Insbesondere in der derzeitigen Finanz- und Wirt­schaftskrise können weitere Kostenbelastungen, wie jene, welche den im Wettbewerb stehenden Endverbrauchern durch das Inkrafttreten der 2. ÖSG-Novelle 2008 durch die Weiterverrechnung der neu festzulegenden Verrechnungspreise durch die Strom­händler zusätzlich auferlegt werden, existenzbedrohend sein.

Die 2. Ökostromgesetz-Novelle 2008 wurde von der Europäischen Kommission am 22. Juli 2009 in einer sogenannten Hybridentscheidung, Zl. K(2009)3548, weitgehend genehmigt. Über die in § 22c vorgesehene Ausgleichsregelung für energieintensive Unternehmen wurde hingegen ein weiterführendes förmliches EU-beihilferechtliches Hauptprüfverfahren eröffnet. Da es das Durchführungsverbot gemäß Art. 88 Abs. 3 3. Satz EGV untersagt, beihilfenrechtlich relevante Bestimmungen schon vor ihrer Ge­nehmigung oder Nichtuntersagung durch die Europäische Kommission in Kraft treten zu lassen, kann die Ausgleichsregelung des § 22c noch nicht in Kraft gesetzt werden, und es ist angesichts der Finanz- und Wirtschaftskrise eine vorübergehende, EU-beihil­ferechtskonforme Überbrückungslösung notwendig.

EU-beihilferechtliche Grundlagen des § 30e sind der vorübergehende Gemeinschafts­rahmen für staatliche Beihilfen zur Erleichterung des Zugangs zu Finanzierungsmitteln in der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise (ABl. Nr. C 16 vom 22.1.2009 S. 1) sowie die Entscheidung der Europäischen Kommission vom 20.3.2009, Zl. K(2009)2155, staatliche Beihilfe N 47a/2009-Österreich betreffend mit dem gemeinsa­men Markt vereinbare begrenzte Beihilfen nach dem vorübergehenden Gemeinschafts­rahmen (Österreichregelung Kleinbeihilfen).

Förderungen nach der Österreichregelung Kleinbeihilfen und dem vorübergehenden EU-beihilferechtlichen Gemeinschaftsrahmen, ABl. Nr. C 16 vom 22.1.2009 S. 1, dür­fen nicht an Unternehmen gewährt werden, die sich am 1.7.2008 in Schwierigkeiten befanden. Es gilt die Definition der Unternehmen in Schwierigkeiten gemäß Art. 1
Abs. 7 der Verordnung (EG) Nr. 800/2008 zur Erklärung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt in Anwendung der Artikel 87
und 88 EG-Vertrag (allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung), ABl. Nr. L 214 vom 9.8.2008, S. 3. Unternehmen, die sich am 1.7.2008 nicht in Schwierigkeiten befanden,


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aber aufgrund der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise danach in Schwierigkeiten ge­raten sind, sind aus diesem Grunde allein nicht von einer Förderung ausgeschlossen.

Der Gesamtbetrag der einem Unternehmen gewährten „De-minimis“ Beihilfen darf im Zeitraum vom 1.1.2008 bis zum 31.12.2010 den kumulierten Höchstbetrag von 500.000,-- Euro nicht überschreiten. Im Übrigen gelten für die Rückvergütung sämtl­iche formalen und inhaltlichen Voraussetzungen der Österreichregelung Kleinbeihilfen und des vorübergehenden Gemeinschaftsrahmens.

Dem Antrag auf Rückvergütung sind alle für ihre Zuerkennung erforderlichen Nachwei­se (ds. insbesondere der Bescheid über die Energieabgabenrückvergütung und die schriftliche Erklärung des Stromhändlers über die im vorangegangenen Jahr verrech­neten und bezahlten Mehraufwendungen) anzuschließen. Weiters hat der Antragstel­lers zu erklären, dass er die Voraussetzungen für die Gewährung der Rückvergütung erfüllt, alle seit 1. Jänner 2008 gewährten „De-minimis“ Beihilfen im Sinne des Ab­schnitts 4.2. des vorübergehenden Gemeinschaftsrahmens für staatliche Beihilfen zur Erleichterung des Zugangs zu Finanzierungsmitteln in der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise, ABl. Nr. C 16 vom 22.01.2009 S. 1, anzugeben und zu erklären, dass die kumulierte „De-minimis“ Höchstgrenze von 500 000 Euro im Zeitraum vom 1. Jän­ner 2008 bis 31. Dezember 2010 eingehalten wird. Die Energie-Control GmbH hat auf Grundlage dieser Angaben den Bescheid auf Gewährung der Rückvergütung zu erlas­sen. Stellt sich heraus, dass die Gewährung der Rückvergütung aufgrund unvollständi­ger oder unrichtiger Angaben erfolgt ist, hat die Energie-Control GmbH den gesamten Rückvergütungsbetrag einschließlich der angefallenen Zinsen zurückzufordern.

Im Sinne der Verfahrensvereinfachung und -beschleunigung ist eine teilweise oder voll­ständige elektronische Abwicklung der Rückvergütungsverfahren durch die Energie-Control GmbH zulässig.

Zu Z 7 (§ 32d):

Mit Entscheidung vom 22. Juli 2009 zur beihilfenrechtlichen Notifikation der 2. ÖSG-Novelle 2008 hat die Europäische Kommission eine sogenannte „Hybridentscheidung“ getroffen, mit welcher keine Einwände gegen die Unterstützungsmaßnahmen für die Ökostromerzeugung erhoben werden, jedoch das Hauptprüfungsverfahren gemäß
Art. 88 Abs. 2 EGV im Hinblick auf die Ausgleichsregelung für energieintensive Unter­nehmen (§ 22c ÖSG) eingeleitet wird. Da es das Durchführungsverbot gemäß Art. 88 Abs. 3 3. Satz EGV untersagt, beihilfenrechtlich relevante Bestimmungen schon vor ih­rer Genehmigung oder Nichtuntersagung durch die Europäische Kommission in Kraft treten zu lassen, ist ein getrenntes Inkrafttreten der einzelnen Bestimmungen der
2. ÖSG-Novelle 2008 gesetzlich vorzusehen. Es treten daher die mit der Ausgleichsre­gelung für energieintensive Unternehmen in Zusammenhang stehenden Bestimmun­gen (§§ 15 Abs. 1a, 19 Abs. 1a, 22c und 23 Abs. 2 Z 3) erst nach ihrer Genehmigung oder Nichtuntersagung durch die Europäische Kommission in Kraft. Die übrigen Be­stimmungen, sofern sie nicht zu einem gesonderten Zeitpunkt in Kraft treten, treten mit Ablauf des Tages der Kundmachung der ÖSG-Novelle 2009 in Kraft.

Das Inkrafttreten der Bestimmungen der ÖSG-Novelle 2009 erfolgt mit dem Ablauf des Tages der Kundmachung und bedarf daher gemäß Art. 49 Abs. 1 B-VG keiner explizi­ten gesetzlichen Regelung.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kirchgatterer. – Bitte.

 



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19.17.20

Abgeordneter Franz Kirchgatterer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Mei­ne Damen und Herren! Hohes Haus! Zu meinem Vorredner: Es wird bestimmt noch ge­nug Möglichkeiten geben, Verantwortung mitzutragen. Verantwortung mitzutragen, wä­re auch beim Ökostromgesetz angebracht gewesen. Ich denke, es ist sehr wesentlich, die Zielrichtung dieses Gesetzes, aber auch dessen tatsächliche Wirkung in der Praxis zu sehen.

Vor zirka einem Monat wurde von der Europäischen Kommission entschieden, dass, mit Ausnahme des Industriedeckels, unser Ökostrombeschluss des Vorjahres in Kraft treten kann. Für den Industriedeckel soll bis 2010 eine Lösung gefunden werden.

Es gilt festzuhalten – und die europäische Kulturhauptstadt Linz ist wohl ein sehr gutes Beispiel dafür –, dass unsere energieintensiven Betriebe mit vorbildlich hoher Umwelt­qualität arbeiten. Sie stehen aber im Wettbewerb, in Konkurrenz zu Werken, die noch einen enormen Umwelt- und Klimaschutz-Aufholbedarf haben. Bis zur Akzeptanz die­ses Deckels oder Ähnlichem besteht die Übergangsbestimmung, die Arbeitsplätze der Facharbeiter und Facharbeiterinnen sichert.

Erwähnen möchte ich auch die Innovationskraft und Leistungsstärke vieler Klein- und Mittelbetriebe im Bereich der erneuerbaren Energie und Energieeffizienz. Sie ist beein­druckend und wird allgemein auf bestem internationalen Niveau bewertet.

Bedeutende Schritte zur Energiewende sind bei gleichzeitiger Versorgungssicherheit und mit leistbaren Preisen auch von den Regionen notwendig. Als Oberösterreicher bin ich stolz auf die äußerst positiven Initiativen unseres Wohnbau-Landesrates Hermann Kepplinger. Seine Förderschiene vereint hohe Klimaziele und leistbares Wohnen für alle.

Heute wurde auch Güssing wieder erwähnt. Ich gratuliere Güssing, darf aber auch auf eine weitere Vorzeigegemeinde und Vorzeigestadt verweisen: die Messestadt Wels mit 60 000 Einwohnern. Sie ist nicht nur wegen der Energiesparmesse hervorzuheben, der Leitmesse von beachtlicher internationaler Bedeutung mit den zentralen Themen Öko­energie und Energieeffizienz, deren Besucher- und Ausstellerzahlen ständig steigen, sondern auch wegen des Bündels von Maßnahmen zur Forcierung der erneuerbaren Energie im ganzen städtischen Bereich.

Zum Schluss, meine Damen und Herren, möchte ich auf den Punkt eingehen, in dem wir – alle Fraktionen! – uns einig sind, nämlich auf die Ablehnung der Kernenergie, des Atomstroms, und das aus gutem Grund: wegen des großen Gefahrenpotenzials, aber auch der kaum kalkulierbaren Kosten.

In Oberösterreich ist es dank des Engagements von Landeshauptmann-Stellvertreter Dipl.-Ing. Erich Haider (Abg. Weinzinger: ... schon wieder?) und mit Unterstützung von mehr als 100 000 Oberösterreicherinnen und Oberösterreichern gelungen, dass unser landeseigenes Energieunternehmen von der Atom-Lobby ferngehalten wird. – Die Oberösterreicherinnen und Oberösterreicher wissen das sehr zu schätzen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.21


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Huber. – Bitte. (Abg. Hörl: Schon wieder? – Abg. Weinzinger: Ich habe geglaubt, der kommt zum Schluss! – Abg. Huber – auf dem Weg zum Rednerpult –: Ja, schon wieder!)

 


19.21.25

Abgeordneter Gerhard Huber (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Herr Bundesminister! Geschätzte Zuschauer! Hohes Haus! 1839 wurde die Pho­tovoltaik von französischen Physikern entdeckt. (Zwischenruf des Abg. Riepl.) – Doch,


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die sind da! – 1905 hat sie Albert Einstein das erste Mal erklären können. (Abg. Riepl: Ist das ein Physikvortrag oder ...? – Zwischenrufe des Abg. Weinzinger und bei der ÖVP.) – Ja! Dafür wurde er 1921 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Wir sind ja einmal in die Schule gegangen!

Jetzt, nach über 100 Jahren, haben wir eine Situation, in der wir alle Landwirte entlas­ten könnten, indem wir danach trachteten, dass wir, wie in Deutschland, auf die Scheu­nendächer Photovoltaikanlagen montieren. Das würde jährliche Investitionen in der Höhe von 2,2 Milliarden € bringen, und ins Budget würden 440 Millionen € an Mehr­wertsteuer fließen. Das bräuchte keine direkten Förderungen, es müsste nur der De­ckel wegfallen und es bräuchte einen garantierten Einspeisetarif. (Abg. Riepl: Geniale Lösung!)

Ich möchte schon an Folgendes erinnern: Am 9. September 2008 haben im Gewerbe­haus Wien bei einer Podiumsdiskussion, die „Sonnenstrom – Quo Vadis?“ hieß, die Energiesprecher aller Parteien, auch jene der SPÖ und der ÖVP, versprochen, dass die Deckelung fällt. Jetzt seid Ihr wieder umgefallen! Da muss man sich wirklich nicht wundern, wenn die Bürger fordern, dass die Wahlversprechen einklagbar werden. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Du wirst dich noch schämen müssen für das, was du jetzt gesagt hast. – Wir könnten in Österreich jährlich 600 Megawatt peak installieren, aber leider tun wir nichts!

Die Mehrkosten sollen auch nicht auf den Stromkunden abgewälzt werden – nein, ab­solut nicht! Das kann man mit den Mehreinnahmen im Budget leicht finanzieren. (Zwi­schenruf des Abg. Hörl.) Und es sollte auch für die Hausbesitzer und für die Landwir­te – jene Landwirte, die Energiewirte werden wollen –, sofort etwas gemacht werden, indem man ihnen endlich hilft.

Der nächste Punkt ist, dass für nichts Geld da ist, aber letztes Jahr hat der Herr Bun­desminister die Biogasanlagen mit 20 Millionen € wegen der hohen Rohstoffpreise ge­fördert. – Das ist eine absolute Frechheit! Die Rohstoffpreise waren noch nie so nied­rig, wie sie heuer sind und letztes Jahr waren. Bei diesem lächerlichen Maispreis wird von Bundesminister Berlakovich wieder in Erwägung gezogen, 20 Millionen € an die Biogasanlagen unter dem Titel „hohe Rohstoffpreise“ auszuzahlen.

Die Getreidebauern leiden im Moment noch viel stärker als die Milchbauern: Ihre Ein­nahmen sind katastrophal! Für die Tonne Mais wird von Raiffeisen, von RWA, im Mo­ment 60 € bezahlt. Wenn man weiß, dass die Tonne Mais in der Produktion 105 € kos­tet, dann versteht man, dass sich die Landwirte für diese „gute“ Politik wirklich sehr be­danken, und vor allem, dass dann noch diese Frechheit begangen wird, 20 Millionen € zusätzlich an die Betreiber von Biogasanlagen unter dem Titel „hohe Rohstoffpreise“ auszubezahlen.

Allein in Tirol gibt es 25 000 Bauern mit Stalldächern (Zwischenruf des Abg. Hörl), die man mit Photovoltaik-Anlangen überziehen könnte. Aber das wollt Ihr nicht! Ihr habt keine Visionen!

2010 werden wir die ersten Elektroautos bekommen. Warum strebt man nicht an, dass alle Elektroautos in Österreich – man schätzt, 2020 werden es 100 000 sein – an einer Photovoltaik-Tankstelle tanken können? Warum regt ihr nicht an, dass in jeder Stadt je­der Parkscheinautomat eine Photovoltaik-Insel wird? Da schläft man tief und fest!

Bedenken wir, dass wir in Österreich beste Firmen in dieser Technik haben, die Top-Mitarbeiter haben, die top motiviert sind! Es ist nicht so, dass alle Aufträge in den Os­ten gehen, im Gegenteil! Die Politik müsste da schauen, dass die Wertschöpfung im Land bleibt und dass die Firmen entsprechende Aufträge haben. Unsere Firmen sind da wirklich Pioniere; zum Beispiel ist die Firma Solon in Tirol der weltweit größte Aus­statter von Sonnenkraftwerken.


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Noch einmal: Gott sei Dank haben wir in Österreich die Sonne (Abg. Hörl: Die scheint in Deutschland auch! – Ruf beim BZÖ: ... Wörthersee!), da hilft uns der Herrgott. Und die Sonne – das darf man nicht vergessen! – liefert uns den Strom im Sommer, zur Spitzenzeit, wenn wir am meisten davon brauchen.

Auch in der Lagerung wird ständig weitergeforscht, diese wird immer billiger!

Und es ist nicht so, wie Kollege Bartenstein letzten Mittwoch gesagt hat, dass die Son­nenenergie, die Photovoltaikenergie 30 Cent pro Kilowatt kostet; mittlerweile kann man sie in Österreich dank österreichischer Technik um 19 Cent produzieren.

Mit dem neuen Ökostromgesetz bricht über Österreich eine Sonnenfinsternis herein! Ihr schaut nur, dass die Landesstromgesellschaften und der Verbund Millionengewinne machen – da seid Ihr da! –, statt dass man schaut, dass diese Gewinne zum kleinen Mann umverteilt werden und dass es endlich ein Umdenken bei der Energiepolitik gibt.

In Osttirol, das ja eine sehr starke Tourismusregion ist, hat man mit der Energieversor­gung überhaupt keine Probleme, wenn es da Sonnenkraftwerke gibt. (Zwischenruf des Abg. Neubauer.) Die Politik braucht nur umzudenken und zu handeln, dann wird man das auch sehen und dem Ziel, das man sich gesteckt hat, nämlich dass man bis 2020 energieautark sein will, näherkommen.

Dabei darf nichts ausgelassen werden: Selbstverständlich muss auch die Wasserkraft ausgebaut werden, aber nicht so wie bisher, indem sich nur die Konzerne bereichern. Nein, das gehört so gemacht, dass die Bevölkerung einbezogen wird, dass die Bevöl­kerung dafür ist und dass die Bevölkerung davon profitiert! Da könnt ihr euch ein Bei­spiel daran nehmen, was der Alt-Landeshauptmann von Kärnten ... (Abg. Grillitsch: Herr Präsident, wie viel Redezeit hat denn der Herr Huber?) – Ich habe noch genug Redezeit! Aber ich bin schon fertig, wenn du mich ausreden lässt, Herr Grillitsch. Melde dich selber zu Wort, dann kannst du auch zu dem Thema reden! (Beifall beim BZÖ.)

Schauen wir, wie das in Kärnten gemacht wird! Dort profitiert die Bevölkerung in Form eines günstigeren Strompreises davon und dadurch, dass die Gemeinden Geld von den Konzernen zur Verfügung stellen. Selbstverständlich muss auch die Wasserkraft ausgebaut werden! (Beifall beim BZÖ.)

19.28


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Themessl. – Bitte. (Ruf: Wahlgewinner!)

 


19.28.29

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ho­hes Haus! Herr Bundesminister, Sie haben eines richtig gesagt: Besser ein Teil als gar nichts. – Ich glaube, recht viel mehr muss man zu diesem Ökostromgesetz nicht sa­gen. Den Kommentar, den vor zwei Jahren Ihr Alt-Parteimitglied – oder immer noch Parteimitglied – Franz Fischler diesbezüglich gemacht hat, möchte ich jetzt nicht wie­derholen.

Dass das Ökostromgesetz als solches schwer renovierungsbedürftig wäre, das, glaube ich, haben in der Zwischenzeit alle hier im Hohen Haus begriffen. Wenn ich die Aussa­ge des Herrn Kollegen Bartenstein richtig gedeutet habe, der gesagt hat, es handelt sich hier heute um eine kurzfristige Reparatur des Gesetzes beziehungsweise dieser Novelle (Abg. Dr. Bartenstein: ... Industriedeckel!), dann habe ich das so verstanden oder so gedeutet, dass Sie gemeint haben, Sie werden innerhalb der nächsten Monate darangehen, das Ökostromgesetz generell auf neue Beine zu stellen. Das würden wir nur begrüßen, weil das schon mehrere Parteien in diesem Hohen Haus auch so ver­langt haben. (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 199

Aber worum es mir eigentlich geht – ich will auf ein anderes Thema kommen, das da­mit natürlich unmittelbar zusammenhängt –, das ist die thermische Sanierung von pri­vaten Haushalten.

Wir wissen, dass es in Österreich über eine Million Ein-, Zwei- und Mehrfamilienhäuser gibt, die in den sechziger, siebziger und achtziger Jahren gebaut wurden, die, speziell in thermischer Hinsicht, äußerst sanierungsbedürftig wären, und dass dort natürlich un­heimliches Energieeinsparpotenzial vorhanden wäre.

Herr Bundesminister Mitterlehner, Sie haben in einer der letzten Sitzungen vor der Sommerpause hier erklärt, dass die 50 Millionen € an Förderungen, die dafür vorgese­hen wurden, bereits vor der Sommerpause ausgeschöpft wurden. – Sie sehen, dass der Bedarf besteht und dass die Bevölkerung die Förderungen in Anspruch nimmt.

Sie, Herr Minister, haben weiters gesagt, dass diese 50 Millionen € an Förderungen et­was ganz Phantastisches bewirkt haben: Sie haben bewirkt, dass die Investitionen von privaten Haushalten in thermische Sanierung bei 400 bis 500 Millionen € gelegen sind. Das heißt, wenn Sie 400 Millionen € einzig durch eine 50-Millionen-Förderung lukrieren beziehungsweise in Gang setzen und aus diesen 400 Millionen € allein an Mehrwert­steuer 80 Millionen € zurückbekommen, dann war das an und für sich in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ein Gewinn beziehungsweise ein Geschäft für den Staat.

Ich hoffe, dass Sie die Sache ernst nehmen, die thermische Sanierung vorantreiben und auch die Fördermittel in entsprechender Höhe zur Verfügung stellen, denn eines ist klar: Die thermische Sanierung in privaten Haushalten führt dazu, dass unmittelbar die regionale heimische Wirtschaft gestärkt wird und davon profitiert. Und wenn Sie sich das Volumen an Investitionen anschauen, das diese thermische Sanierung in Gang gesetzt hat, und Sie in weiterer Folge dann wissen, wie viele Arbeitsplätze in wirtschaftlich schwierigen Zeiten dadurch gesichert werden, und nicht nur den Mehr­wertsteuerrückfluss, der aus diesen Investitionen und aus diesen Summen zu lukrieren ist, sondern in weiterer Folge darüber hinaus die Einnahmen aus den Betrieben, die durch diese thermische Sanierung auch in Zukunft Arbeit haben, mit dazurechnen, dann hoffe ich wirklich, dass Sie hier in diesem Hohen Haus unserem Antrag zustim­men werden, weil dieser wirklich auch für die nächsten Jahre richtungsweisend wäre.

Ich bringe also folgenden Antrag ein:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 200

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Hofer, Themessl und weiterer Abgeordneter

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 201

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, weitere Fördermittel in ausreichender Höhe für die thermische Sanierung insbesondere für private Haushalte zur Verfügung zu stel­len.“

*****

Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

19.32


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Antrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Hofer, Themessl und weiterer Abgeordneter betreffend Fort­setzung von Förderungen thermischer Sanierung privater Haushalte

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 5, Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den Antrag 686/A der Abgeordneten Dr. Martin Bartenstein, Wolfgang Katzian, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ökostromgesetz geändert wird (272 d.B.), in der 37. Sitzung des Nationalrates am 23. September 2009

Wohnungen in Altbauten und alte Wohnungen haben einen jährlichen Energiebedarf von bis zu 500 kWh/m². Dies ist mehr als doppelt so viel als der durchschnittliche Ener­giebedarf von Wohnungen in Österreich, der 230 kWh/m² beträgt, und stellt eine er­hebliche finanzielle Belastung für die betroffenen Bürger dar. Ein Niedrigenergiehaus braucht im Vergleich 75 kWh/m², ein Passivhaus nur 17 kWh/m².

Eine energetische Sanierung des gesamten Althaus- und Altwohnungsbestandes in Österreich würde den Energiebedarf im Land drastisch senken, was zur Folge hätte, dass dauerhaft und nachhaltig jährlich 6 Millionen Tonnen CO2 weniger in die Luft emittiert werden, Österreich einen großen Schritt in Richtung Energieautonomie setzen könnte und auch dem Import von Atomstrom, der zum erheblichen Teil aus unsicheren Kraftwerken aus der Ukraine stammt, die baugleich mit dem Katastrophenreaktor von Tschernobyl sind, könnte ein Ende gesetzt werden.

Mitte April 2009 wurden von der Bundesregierung Fördermittel in Höhe von 100 Millio­nen Euro - je 50 Millionen für private Haushalte bzw. Betriebe - zur thermischen Sanie­rung privater oder gewerblicher Immobilien zur Verfügung gestellt. Privaten Haushalten wurde im Zuge dieser Förderaktion 20%, maximal jedoch 5.000.- Euro, ihrer Investi­tionskosten zurückerstattet.

14.900 private Haushalte mit einer durchschnittlichen Investitionssumme von 34.000 Euro haben einen Förderantrag gestellt. Die durchschnittliche Fördersumme lag bei 4.300 Euro. Mit den Investitionen von insgesamt 700 bis 800 Millionen Euro können rund 5,3 Millio­nen Tonnen CO2 eingespart sowie 7.000 Arbeitsplätze geschaffen oder gesichert wer­den.

Laut Berechnungen des Wifo würden bei Folgeinvestitionen von 650 Millionen Euro Nettoeinnahmen in Höhe von 150 bis 200 Millionen Euro durch Steuerrückflüsse und ersparten Arbeitslosengeldern an den Fiskus zurückfließen.

Dieser an sich für die Jahre 2009 und 2010 vorgesehene Fördertopf für private Haus­halte war innerhalb von nur 2½ Monaten leer. In Folge wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend lediglich jenen Förderwerbern, die bis Anfang Juli einen Förderantrag eingebracht hatten, eine positive Erledigung ihres Förderansu­chens zugesagt, eine Erhöhung der Fördermittel und somit ein Fortführen dieser För­deraktion ist bislang aber nicht erfolgt.

Da die thermische Sanierung positive Auswirkungen auf die Umwelt hat, den Energie­verbrauch und damit die Abhängigkeit Österreichs von ausländischen Energielieferan­ten reduziert, gleichzeitig die Investitionen im Zuge von thermischen Sanierungen die österreichische Wirtschaft stärken und zur Arbeitsplatzsicherung beitragen, stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, weitere Fördermittel in ausreichender Höhe für die thermische Sanierung insbesondere für private Haushalte zur Verfügung zu stel­len.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Strutz. – Bitte.

 


19.32.17

Abgeordneter Dr. Martin Strutz (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Die Debatte zeigt einmal mehr, dass die Regierung – ähnlich wie im Bereich der Gesundheitspoli­tik – Einzellösungen präferiert und für die großen Probleme kein Konzept hat. Es geht um Einzelförderungen, es geht darum, dass viele durch den Rost fallen, es geht um Besteuerung sowohl der einzelnen Strombezieher als auch der Industrie, und es geht um Kosten, die in Wirklichkeit verschleiert oder überhöht weitergegeben werden.

Das Konzept der ökologischen Wende der Bundesregierung, wie sie es in ihrem Regie­rungsprogramm angekündigt hat, ist ein Lippenbekenntnis: Es gibt keine Wende! Diese Wende ist nicht feststellbar, auch nicht in dem Gesetz, das wir aufgrund der Vorgaben der Europäischen Union notdürftig zu beschließen haben.

Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass aber, wenn wir nicht tatsächlich in ver­schiedenen Bereichen eine radikale Wende vollziehen, auch gesetzlich eine Wende vollziehen, eine enorme Belastung in Form von Strafzahlungen in den verschiedenen Bereichen auf Österreich zukommen wird, beispielsweise die Strafzahlungen, die im Zusammenhang mit der Erreichung des Kyoto-Zieles vorgegeben sind: Schafft es Ös­terreich bis zum Jahr 2012 – dieses ist rascher da, als wir ahnen – nicht, die Emis­sionsreduktionsziele des Kyoto-Protokolls zu erfüllen, werden wir kräftig zur Kasse ge­beten werden!

Unter den 27 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union ist Österreich am drittweitesten vom Kyoto-Ziel entfernt. Der Klimaschutzbericht und auch der Rechnungshof beschei­nigen, dass dessen Erreichung höchst unwahrscheinlich ist. Was bedeutet das? – Mo­mentan liegen wir bei zirka 20 Millionen Tonnen CO2-Überschuss. Dies würde allein in diesem Bereich 2 Milliarden € an Strafe bedeuten, wenn man die Vorgaben der Euro­päischen Union berücksichtigt. – Das verschweigt der Finanzminister, das verschweigt der Umweltminister, dass diese Probleme auf Österreich zukommen!

Woher werden wir das Geld nehmen? Warum wird das vonseiten der Bundesregierung nicht thematisiert? Und vor allem: Gibt es einen Notfallplan? Gibt es einen finanziellen Notfallplan? Gibt es ein Ausstiegsszenario?

Das Gleiche gilt auch im Zusammenhang mit dem Atomstrom und den damit verbunde­nen Kosten. Die kolportierte Summe von 40 Millionen € stammt aus einer Anfragebe­antwortung aus dem Jahr 2004. Da sich das Euratom-Budget im Jahr 2007 verdrei­facht hat, ist auch mit einer Verdreifachung der österreichischen Zahlungen zu rech­nen. Leider ist die Bundesregierung nicht bereit, diesbezüglich auch klare Zahlen und Fakten auf den Tisch zu legen.

Angesichts der Tatsache, dass die EU-Mittel für die Fusionsforschung erhöht wurden und wir unseren Beitrag im Rahmen der Europäischen Union zu leisten haben wer-
den, kommen auf die Europäische Union konkret 2,78 Milliarden € aus diesem Pro­gramm zu; der Anteil der Kosten für Österreich wird sich laut Berechnung von „atom­stopp_oberoesterreich“ auf zirka 200 Millionen € belaufen.

Das heißt, wenn wir weiterhin eine Politik betreiben, die „Loch auf, Loch zu!“ bedeutet, indem wir nur marginal Korrekturen auch im Bereich des Ökostroms und der Strom-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 202

regulierungen vornehmen, dann lügen wir uns in die eigene Tasche: Wir werden das Kyoto-Ziel bis zum Jahr 2012 nicht erreichen, und es werden hohe Strafzahlungen auf uns zukommen!

Wir finanzieren indirekt den Atomstrom und werden dafür budgetär zur Kasse gebeten; diese Kosten werden in Form von Strompreiserhöhungen auf jeden einzelnen österrei­chischen Strombezieher umgelegt werden. Das, was wir vonseiten des BZÖ heute im Kleinen verhindern möchten, nämlich dass es zu einer drastischen Strompreiserhö­hung kommt, wird in den kommenden Jahren noch viel dramatischer werden, wenn die Bundesregierung ihren Kurs in der Umweltpolitik und in der Strompolitik nicht radikal ändert. (Beifall beim BZÖ.)

19.37


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mayer. – Bitte.

 


19.37.17

Abgeordneter Peter Mayer (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Bundesminister! Die Prioritäten für die österreichische Landwirtschaft sind klar: Zuerst decken wir den Tisch, dann füllen wir den Futtertrog, und dann wird saubere erneuerbare Energie pro­duziert. (Beifall bei der ÖVP.)

Jetzt ist die Zeit der Erntedankfeiern und überall wird für eine ertragreiche Ernte ge­dankt (Zwischenruf des Abg. Zanger), aber wir wissen: Ertragreiche Ernten gehen meistens mit einem Preisverfall für agrarische Produkte Hand in Hand – und gerade jetzt macht der Preisverfall den Bauern massiv zu schaffen. Ich denke, jetzt ist ein gu­ter Zeitpunkt, um über Energieproduktion aus der Landwirtschaft zu sprechen. Gerade dieses Ökostromgesetz, das eigentlich fast schon zu lange auf sich warten ließ, kann dazu beitragen, wieder mehr Wertschöpfung in den Regionen und speziell in der Land­wirtschaft zu machen.

Erneuerbare Energieträger sichern nicht nur Wertschöpfung, sondern sorgen auch nachhaltig für Arbeitsplätze. Derzeit sind das im Umweltbereich 180 000, und bei einer angepeilten Erhöhung des Anteils der erneuerbaren Energieträger an der Energiepro­duktion insgesamt von 23 auf 34 Prozent haben wir noch Potenzial für 75 000 zusätzli­che Arbeitsplätze.

Es geht aber auch um die Unabhängigkeit von Energielieferanten aus Krisengebieten, und wenn die Ökostromerzeugung intensiv ausgebaut und die Verwendung von Bio­treibstoffen vorangetrieben wird, kann uns das auch gelingen. Es ist auch interessant, dass durch den Einsatz von Biotreibstoffen der CO2-Ausstoß bereits um eine Million Tonnen hat verringert werden können.

Kein Verständnis habe ich für Aussagen der Arbeiterkammer, die andeuten, dass es beim Ökostromgesetz um eine versteckte Förderung für die Landwirtschaft geht. Kriti­siert wurde auch – heute speziell von Herrn Abgeordnetem Huber – die Möglichkeit, einen Rohstoffzuschlag für Biogasanlagen zu gewähren.

Aber warum sind uns diese Biomasseanlagen so wichtig? – Sie haben den Vorteil, dass sie im Gegensatz zu Wind- und Sonnenkraft bedarfsorientiert produzieren kön­nen. Gleichzeitig ermöglichen sie eine energetische Verwertung von Rohstoffen, die für Teller und Trog nicht mehr geeignet sind. (Abg. Hornek: Genau!)

Es stimmt mich eigentlich traurig, dass die Grünen heute nicht mit uns mitstimmen wer­den, und wenn ich das herunterbreche auf die oberösterreichische Landtagswahl, dann sehe ich schwarz für einen grünen Anschober-Effekt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Mag. Steinhauser.)

19.40


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kuzdas. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 203

19.40.02

Abgeordneter Ing. Mag. Hubert Kuzdas (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! So manche Kollegin und so mancher Kollege hat heute ein Gesetz kriti­siert, das noch gar nicht in Kraft ist. Die Argumente sind nach dem Motto „Und ewig grüßt das Murmeltier“ gleich wie vor einem Jahr, als wir das gleiche Thema auch auf der Tagesordnung hatten.

Wir reparieren heute das Ökostromgesetz. Kollege Hofer hat schon recht, wenn er sagt: Nur mit dieser Reparatur können wir den Stopp, den Stau beseitigen! Und das ist ganz wichtig, wie ich meine. Auch der Herr Bundesminister hat es schon erwähnt: Dem Ausbau der Ökostromanlagen steht nach dem Beschluss nichts mehr im Wege.

Ich möchte zwei Aspekte aus einer Vielzahl von Verbesserungen herausgreifen, denn würden wir das heute nicht beschließen, hätten wir das Regulativ aus dem Jahr 2006, und das ist doch wohl das Allerschlechteste!

Zu den zwei Aspekten: Die fehlende Planungssicherheit wurde immer wieder kritisiert. Diese Planungssicherheit gibt es jetzt. Zum Beispiel ist der maßgebliche Zeitpunkt für die Festlegung der Tarife der Zeitpunkt der Einreichung. Des Weiteren ist die Verlänge­rung der Warteschleife von zwei auf vier Jahre und zusätzlich eine Verlängerung der Förderzeiten zu nennen.

Zum Thema Photovoltaik: Ich glaube, auch im Bereich Photovoltaik stehen wir jetzt so gut wie noch nie da. (Abg. Dr. Pirklhuber: Oje!) – Bitte? (Abg. Dr. Pirklhuber: Wenn Sie sagen, wir stehen so gut da, ist das leider ein Irrtum!) Zum einen sind die Häusel­bauer-Anlagen mit der Erhöhung des Förderbetrages auf 35 Millionen € zu nennen. Die Antragseinreichung wird aufgrund des großen Interesses auch modifiziert. Die großen Anlagen bleiben im Förderregime des Ökostromgesetzes.

Herr Scheibner, ich bin nicht Ihrer Meinung, wenn Sie sagen, es ist kein guter Tag für die Ökostromanlagen. Ich meine, es ist ein guter Tag für die zukünftigen Ökostrombe­treiber. (Abg. Scheibner: Dann wären wir auch in der gleichen Partei!) – Das ist klar! Sie haben aber auch gute Vorschläge gemacht, die in ein neues Ökostromgesetz ein­fließen sollen. Da erwarten wir spannende Diskussionen in der Zukunft.

Ich denke, vielen in diesem Haus ist klar, dass wir ein neues Ökostromgesetz brau­chen. Es wurde auch mit dem eingebrachten Entschließungsantrag dargelegt, dass wir, wenn möglich, alle fünf Parteien gemeinsam, in einem Jahr in etwa ein neues Öko­stromgesetz beschließen können.

Nach dem heutigen Beschluss ist der Herr Bundesminister am Zug. Ich bin guter Dinge und optimistisch, dass er attraktive Tarife festlegen wird.

Abschließend, meine Damen und Herren: Wind und Sonne sind ohne Zweifel jetzt und auch in Zukunft die besten und zukunftssichersten Energieträger. Sie stehen uns be­sonders kostengünstig zur Verfügung, sie schicken keine Rechnung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.42


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gartelgruber. – Bitte.

 


19.42.56

Abgeordnete Carmen Gartelgruber (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wir befinden uns im Bereich der Energiepoli­tik noch immer in einer Phase der schönen Sonntagsreden. Fakt ist, dass wir die Ab­hängigkeit von fossilen Energieträgern nicht beseitigen können, wir sie aber vermin­dern müssen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 204

Was die Stromerzeugung betrifft, muss uns klar sein, dass an einem weiteren Ausbau der Wasserkraft kein Weg vorbeiführt. Dass die Wasserkraft mit all ihren Problemen im Bereich der Stromerzeugung oberste Priorität haben muss, wird durch die jährlichen Energieberichte belegt. So waren die neuen Ökostromtechnologien im Jahr 2008 auf­grund ihrer Einspeisungstarife ohne Subventionierung weiterhin nicht wettbewerbs­fähig.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben nun die Hoffnung, dass insbesondere die Photovoltaik technisch immer mehr ausgereift wird. Hier wollen wir auch zukünftig in­vestieren. Immerhin wurde auf Verlangen der FPÖ mit den Regierungsparteien verein­bart, dass der Deckel für die Photovoltaik-Förderungen und die Investitionsförderungen für private Kleinanlagen auf 35 Millionen € erhöht wird. Zudem sollen auch die umstrit­tenen Förderungsrichtlinien überarbeitet werden. Dann wird es uns gelingen, unser An­liegen, diese wertvolle neue Technologie zum Wohle der breiten Masse zu nutzen, um­zusetzen. (Beifall bei der FPÖ.)

Dank des Verhandlungserfolges unseres Kollegen Norbert Hofer wird dieses Haus heute eine wichtige Vorleistung dafür erbringen.

Ein weiterer Anspruch, der auf dem Gebiet der Ökostromproduktion verwirklicht wer­den muss, ist die Herstellung von transparenten Tarifen. Es geht nicht an, dass die tat­sächliche Kostenbelastung der Stromlieferanten durch geförderten Ökostrom in den Jahren 2007 bis 2009 im Bereich von 0,36 bis 0,46 Cent pro Kilowattstunde liegt, die Tarife für die Weiterverrechnung aber im Durchschnitt von 0,51 bis 0,60 Cent betragen. Dies kann nur als Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung der betreffenden Lie­feranten betrachtet werden. Die Ankündigung der E-Control, in diesem Zusammen­hang die Bundeswettbewerbsbehörde einzubinden, ist dabei sehr positiv zu betrach­ten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das neue Ökostromgesetz ist keineswegs ein großer Wurf. Vielmehr stellt es eine Notlösung dar, um Rahmenbedingungen für Betriebe zu schaffen, die aufgrund des Zeitverlustes bei einer umfassenden Änderung des vorliegenden Entwurfes in ihrer Existenz gefährdet gewesen wären. Es geht hier um heimische Firmen, die in der Ökostrombranche tätig sind. Es geht um viele Arbeits­plätze und damit auch um die Existenz von Tausenden Familien in Österreich.

Insofern ist dieser Kompromiss, allen Beteiligten mit dem vorliegenden Entwurf Luft zu verschaffen und anschließend mit den Verhandlungen für ein neues Ökostromgesetz zu beginnen, vertretbar und findet unsere Zustimmung. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

19.46


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Steindl. – Bitte.

 


19.46.37

Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminis­ter! Meine Damen und Herren im Hohen Haus! Die österreichische Ökostromentwick­lung braucht sich im europäischen Vergleich wirklich nicht zu verstecken. Wir haben entsprechende Werte vorzuweisen. Ich darf dazu einige Fakten und Daten ausführen.

Zum Ersten sind die Ziele klar abgesteckt. Wir werden bis zum Jahr 2015 in etwa einen Anteil von 15 Prozent an Ökostrom haben. Wir werden zusätzlich die Unterstützung im Jahr von 17 Millionen € auf 21 Millionen € Förderungen erhöhen. Ganz gut schaut die Entwicklung aus, was die Förderung von Ökostrom anbelangt. Im Jahr 2003 haben wir mit einer Jahresförderung von 139 Millionen € begonnen, und jetzt im Jahr 2009 liegen wir bei 276 Millionen €. Das spricht doch für sich, dass wir in Österreich alle Anstren­gungen unternehmen, um in Sachen Ökostrom weiterzukommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 205

Natürlich ist Ökostrom oder Energie überhaupt gleichzeitig auch immer wieder eine Standortfrage. Wir müssen deswegen genau schauen, wie viel Fördergelder wir unse­ren Bürgerinnen und Bürgern und vor allem unseren Betrieben abverlangen können. Da stellt sich ganz klar heraus, dass Photovoltaik mit den alten Einspeisetarifen von 60,05 Cent, die jetzt auf etwa 45 Cent zurückgenommen werden, aber trotzdem noch einen Anteil von 90 Prozent an Förderkosten verursachen, natürlich nur einen be­stimmten Anteil ausmachen kann. Wir haben aber trotzdem – gerade was die Klein­photovoltaik-Anlagen anbelangt – eine massive Ausweitung der Fördermöglichkeiten von 18 Millionen € auf 35 Millionen € geplant. Wir werden in dieser Richtung ganz klar weiterkommen.

Insgesamt können wir davon ausgehen, dass wir mit diesen Maßnahmen der Novelle zum Ökostromgesetz einen großen Schritt in Richtung 34 Prozent erneuerbarer Ener­gie weiterkommen werden. Wir werden auch einen großen Schritt machen, was die so­genannten Green Jobs anlangt. Wir haben heute gehört – die grüne Abgeordnete Lich­tenecker hat das ausgeführt –, dass die Deutschen in etwa 275 000 Green Jobs haben und wir in Österreich auch schon mehr als 140 000 haben. Ich meine daher, es ist durchaus gelungen, auch in Österreich an der ökologischen erneuerbaren Energie ent­sprechend zu partizipieren. – Besten Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

19.50


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. – Bitte.

 


19.50.03

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Der Herr Bundesminister hat zu Recht darauf hingewiesen: Wir hätten uns gewünscht, dass wir eine langfristigere Lösung heute schon präsentieren können. Das ist richtig.

Es gilt aber gleichzeitig dabei auch, dass wir versuchen, mit Augenmaß jenen weiteren Ausbau des Ökostroms vorzunehmen, der für alle Beteiligten erträglich ist. Es bringt uns nicht viel, wenn die einzelnen Akteure zum Teil mit herausgegriffenen Zahlen agie­ren! Meine „geliebte“ grüne Fraktion etwa sagt: Für die Windenergie bekommt man bei uns nur 5,24 Cent – das stand ja auch in der Dringlichen Anfrage vom vergangenen Freitag –, und in Deutschland ist es so toll, dort erhalten sie 7 bis 9 Cent!

Die Realität ist die, wenn man sich etwa die Situation in Deutschland anschaut: Gerade einmal in den ersten fünf Jahren werden 9,2 Cent pro Kilowatt gewährt, dann wird die Grundvergütung auf 5,02 Cent heruntergefahren. Das zeigt uns, dass es in Wahrheit über 20 Jahre hinweg 7,1 Cent Förderung in der Bundesrepublik gibt. In Österreich sind wir bei 7,53 Cent.

Man sieht also: So abwegig sind die Dinge nicht, und wir befinden uns in einem breiten europäischen Kontext.

Es ist klar, wir belasten mit diesen Kosten einerseits den Konsumenten und anderer­seits die Industrie. Bei der Konsumentenseite kam der Verdacht auf, dass die verrech­neten Positionen nicht jenem Ausmaß entsprechen, in dem tatsächlich gezahlt worden ist. Der Herr Bundesminister hat schon darauf hingewiesen: Die Regierung macht das einzig Richtige: Die zuständige Bundeswettbewerbsbehörde wird eine entsprechende Untersuchung vornehmen.

Ich darf die Gelegenheit gleich nutzen, um folgenden Antrag einzubringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Martin Bartenstein, Wolfgang Katzian, Gabriele Tamandl, Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend erhöhte Ökostromaufwen­dungen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 206

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend wird ersucht, den Bericht über das Prüfungsergebnis der Bundeswettbewerbsbehörde betreffend die Verrechnung der Ökostrommehraufwendungen dem Nationalrat vorzulegen. Sollten sich durch diesen Bericht Verbesserungsmaßnahmen als notwendig erweisen, wird der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend aufgefordert, im Rahmen der Umsetzung des 3. Energie-Binnenmarktpaketes dem Nationalrat einen Gesetzentwurf vorzulegen, der eine transparente, den tatsächlichen Aufwendungen entsprechende Ausweisung der Ökostrommehraufwendungen durch die Stromlieferanten sicherstellt.“

*****

Ich glaube, dass wir mit diesem Entschließungsantrag – ich lade die anderen herzlich ein, dem zuzustimmen! – genau das machen, was alle hier wollen. Wenn es die Situa­tion gibt, dass etwas Falsches verrechnet wurde, gehört das richtiggestellt und in Zu­kunft auch geändert.

Ich komme aber zum zweiten Punkt, weil der Traum von allen Dächern mit Photovol­taik heute sehr oft hier angesprochen wurde. Eine Reihe von Kolleginnen und Kollegen haben darauf hingewiesen, dass beim heutigen Stand der Technik die Einspeisekosten eine enorme Belastung letztlich für Konsumentinnen und Konsumenten und Wirtschaft darstellen. Wir sind bei der Technik der Photovoltaik leider noch nicht an dem Punkt, dass wir ähnlich nahe den Gestehungskosten anderer Energieträger – wie zum Bei­spiel der Windenergie – halbwegs günstige Ökostromformen haben. Trotzdem wollen viele Österreicherinnen und Österreicher jetzt schon so etwas bauen.

Ich halte es für richtig, den Mittelweg zu gehen und mit 35 Millionen € an Förderungen gerade die Kleinstanlagen zu ermöglichen, den Schwerpunkt aber auf die Entwicklung zu setzen. Durch Forschung soll ermöglicht werden, dass wir bei der Photovoltaik an einen Punkt kommen, dass wir tatsächlich nachhaltig zu erträglichen Kosten aus der Photovoltaik Strom bekommen. Gleichzeitig aber soll das weiter betrieben werden, was die Österreicherinnen und Österreicher längst tun, dass sie nämlich die Sonnenenergie in viel höherem und besserem Wirkungsgrad für die Thermie nützen!

Halten wir uns vor Augen: Wenn wir heute 7 Megawatt aus Photovoltaik haben, so lie­gen wir im Verhältnis dazu bei den Sonnenkollektoren für Warmwasser in Wahrheit schon bei 2 300 und mehr Megawatt, was respektabel ist, wenn man sich anschaut, was die Deutschen zum Beispiel in dem Bereich haben. Ich finde daher, es macht we­nig Sinn, dass wir mit dem Ökostromgesetz die Leute anregen, jetzt Photovoltaik dort aufzubringen, wo es eigentlich in der Kombination Dämmung des Hauses und Thermie eine bessere Nützung der Dachflächen gäbe.

Ich glaube, in diesem Sinn haben wir einen vernünftigen Schritt mit dieser Novelle ge­tan. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.) Ich lade herzlich auch die zwei Fraktionen, die nicht mitstimmen, ein, zuzustimmen!

Auch wenn meine Zeit vorbei ist, will ich einen Punkt nicht unerwähnt lassen: Herrn Mag. Stadler mit seiner Suada, die null mit dem Thema zu tun hatte. Ein paar Punkte nur: Wenn von diesem Rednerpult jene – leider! – Tausenden Frauen, die eine so schwierige Entscheidung in den letzten 30 Jahren treffen mussten, dass sie einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen ließen, des Tötungsdeliktes bezichtigt werden, wenn dieser Zustand hier in Österreich wieder anfängt, dass Frauen als eine Art Ge­bärmaschine betrachtet werden, die gefälligst, wenn der Zustand eintritt, ohne weitere Entscheidung sich zu fügen haben, dann hat das in diesem Haus bei aller Hochach­tung des freien Wortes nicht viel verloren! Beim Thema Ökostrom hat es gar nichts verloren!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 207

Ich möchte an der Stelle ausdrücklich die Stadt Wien und auch ihren Bürgermeister nennen, der den Frauen, die eine der schwierigsten Entscheidungen in ihrem Leben getroffen haben, die Chance gibt, den Schwangerschaftsabbruch unter menschenwür­digen Bedingungen durchführen zu lassen. Wir haben endlich die Zeit hinter uns ge­bracht, wo Engelmacherinnen und andere Tausende Tote im Jahr verursacht haben. So etwas hier zu brandmarken sehe ich nicht ein! Die Empörung darüber, hier auf die Frauen loszugehen, sei an der Stelle angebracht. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.56


Präsident Fritz Neugebauer: Der Entschließungsantrag, den Kollege Matznetter ein­gebracht hat, steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Martin Bartenstein, Wolfgang Katzian, Kolleginnen und Kollegen betreffend erhöhte Ökostromaufwendungen, eingebracht im Zuge der Debatte über den Antrag 686/A der Abgeordneten Dr. Martin Bartenstein, Wolfgang Katzian, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ökostromgesetz geän­dert wird, in der Fassung des Ausschussberichtes 272 d.B.

Ausgehend von den energiepolitischen Zielen der Versorgungssicherheit, der Wettbewerbs­fähigkeit und der Nachhaltigkeit hat sich die Europäische Union bis zum Jahr 2020 das Ziel gesetzt, 20% ihres Endenergieverbrauchs aus erneuerbaren Energiequellen zu de­cken. Für Österreich bedeutet dies einen Anteil von 34% erneuerbarer Energieträger zu erreichen. Österreichs Umwelttechnologie zählt zu den innovativsten der Welt und ist ein Wachstumsmotor für die Wirtschaft mit unmittelbaren positiven Umwelteffekten.

Zur Finanzierung der Ökostromaufwendungen können die österreichischen Stromver­sorger ihren Kunden Kosten weiterverrechnen, die ihnen aufgrund der Verrechnungs­preisverordnung erwachsen. Da der finanzielle Umfang des Unterstützungsvolumens gemäß Ökostromgesetz rund 300 Mio. € pro Jahr beträgt, ist es notwendig, die weiter­verrechneten Kosten zu ermitteln und langfristig eine transparente Verrechnung einzu­führen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend wird ersucht, den Bericht über das Prüfungsergebnis der Bundeswettbewerbsbehörde betreffend die Verrechnung der Ökostrommehraufwendungen dem Nationalrat vorzulegen. Sollten sich durch diesen Bericht Verbesserungsmaßnahmen als notwendig erweisen, wird der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend aufgefordert, im Rahmen der Umsetzung des 3. Energie-Binnenmarktpaketes dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der eine transparente, den tatsächlichen Aufwendungen entsprechende Ausweisung der Ökostrommehraufwendungen durch die Stromlieferanten sicherstellt.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Dei­mek. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 208

19.56.40

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Ho­hes Haus! Wir haben heute für dieses Ökostromgesetz schon heftige Kritik aus zwei Segmenten dieses Hauses gehört, aus zwei schmalen, teilweise auch schmäler wer­denden Segmenten. Es ist Kritik, die teilweise widersprüchlich ist. Ich möchte auf ein paar Punkte dieser Kritik eingehen. Man hat immer wieder vonseiten der Grünen, kon­kret vom Herrn Anschober, gehört, dass Chancen auf Tausende Arbeitsplätze zerstört wurden und Tausende Oberösterreicher auch in Zukunft nicht in Voltaik investieren können.

Na gut, teilweise hat das ja Herr Scheibner schon widerlegt, indem er gesagt hat: Nicht der Herr Landesrat, nicht die Länder schaffen diese Jobs und nicht die Länder machen, dass das investiert werden kann. Das machen sehr wohl die Leute, die ihre Abgaben und ihren Strompreis bezahlen.

Das heißt, es wäre einmal gut, wenn vonseiten der Grünen – zumindest in Oberöster­reich – sich nicht immer irgendein Ökomascherl umgehängt wird. Und es wäre auch gut, wenn man vonseiten der Grünen nicht so täte, als wenn es da irgendwelche Uni­versallösungen gäbe, und man nicht nur immer auf diese Ökojobs hinweist und auf an­dere Berufssparten hinhaut.

Frau Kollegin Lichtenecker hat gesagt: Mehr F & E ist notwendig. – Grundsätzlich kann man ihr recht geben, aber für F & E ist vor allem in den Betrieben, die diese Tech­nologien herstellen, eines notwendig, nämlich Umsatz. Daher brauchen wir dieses Ge­setz – auch wenn es nur ein Übergangsgesetz ist, es ist notwendig.

Wir haben auch weiters vonseiten der Grünen gehört, dass Tausende „Häuselbauer“ leer ausgehen werden. – Ja, bitte, sollen wir es herschenken? Was stellt man sich vor? Das ist ja der kommunistische Wirtschaftsansatz!

Worum geht es denn wirklich? – Erstens: Wir haben – und das ist Fakt – die Deckelung aufgehoben. Diese wird wegfallen, wir erhöhen auf 35 Millionen € für die privaten Klein­anlagen.

Frau Lichtenecker hat auch gesagt: In zwei Stunden waren 6 000 Projekte vergeben. Mit der Limitierung der Projekte, wie wir sie vorher hatten, wird das auch weiter stei­gen, und wir werden mehr Projekte fördern können.

Ich will Ihnen ein Beispiel aus meiner unmittelbaren Nachbarschaft sagen: Wenn je­mand eine Investition von 4 000 € tätigt und die Bundes- und Landesförderungen mit­einander 3 000 € ausmachen, dann investiert jemand nur mehr 1 000 € selbst. Da ist es natürlich locker und lässig, da ist es klar, dass in zwei Stunden die 6 000 Projekte weg waren. Wenn wir diese Förderung limitieren, dann wird die Zahl der Projekte grö­ßer, dann wird es auch besser sein und dann wird es auch mehr F & E geben. (Beifall bei der FPÖ.)

Schauen wir zur anderen Seite, zum BZÖ: Kollegin Haubner und Kollege Widmann ha­ben in ihren Aussendungen sinngemäß gesagt, das Ökostromgeld sei ein Körberlgeld für die EVUs und eine Strompreiserhöhung für Österreich oder Oberösterreich um gleich bis zu 60 € pro Jahr und Haushalt werde ins Haus stehen.

Ich hoffe einmal, dass auch pensionierte Lehrerinnen und Beamte den Unterschied zwischen Kosten und Preis auch für die EVUs kennen, und ich möchte natürlich auch dem Bildungsauftrag des Parlaments für das BZÖ ein bisschen nachkommen. (Präsi­dent Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Es gibt einen Effekt, und den wird Ihnen jeder Experte bestätigen – ihr habt ja angeb­lich ein Expertenhearing gehabt –, Experten von der TU Wien, vom Fraunhofer Institut, der TU Karlsruhe, der Uni Paris, der TU Prag und so weiter und so fort: den sogenann-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 209

ten Merit-Order-Effekt. So bezeichnet man in der Literatur die Verdrängung teurer produzierender Kraftwerke durch den Markteintritt eines billigeren Kraftwerkes. Das heißt nichts anderes, als dass das Ökostromgesetz dazu führt, dass selbst zu markt­gängigen Preisen produzierende konventionelle Kraftwerke durch gesetzlich erzwunge­ne Maßnahmen vom Markt gedrängt werden.

Was das für marktfähige, funktionierende Wasserkraftwerke heißt, das kann Kollege Hörl erzählen, der ist ein Fan von denen. Aber die Grünen wissen das, liebe Freunde vom BZÖ, die Grünen wissen – lesen Sie die „oekonews“ vom 15.9.! –: Ökostrom ver­ringert den Strompreis. Es wäre schön, wenn ihr vom BZÖ das auch wüsstet. (Zwi­schenruf des Abg. Grosz.) – Kollege Grosz, bitte nicht dazwischenquaken! Ihr kommt mir ein bisschen vor wie Statler und Waldorf von der „Muppet-Show“.

Resümierend bleibt mir zu sagen, in Richtung BZÖ: Weil sie weiß, was er wollte, aber nicht kann, was er konnte, wollen wir heute ein Gesetz beschließen, damit sich jeder ein Stück Freiheit, wie wir sie uns vorstellen, auf seinem Dach leisten kann. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

20.01


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Hörl. Eingestellte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


20.01.37

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Herr Präsident, ich freue mich, dass Sie heute wie in Tirol auch auf der Ehrentribüne sind. – Herr Bundesminister! Hohes Haus! Mit diesem Gesetz gehen wir einen wichtigen und richtigen Schritt weiter in Richtung eines von den Bundesministern geforderten energieautarken Österreich. Ich gratuliere Ihnen, Herr Minister.

Der sehnsuchtsvolle Hinweis auf das deutsche Ökostromgesetz beleuchtet die Situa­tion sehr einseitig. In vielen Bereichen sind wir ambitionierter und besser als die Deut­schen. Auch über die Förderung der Solaranlagen und Photovoltaik wurde genug ge­sprochen. Bei Photovoltaik wird die Förderung fast verdoppelt. Auch die Einspeisetarife mit 45 Cent sind immer noch sehr hoch. Immerhin werden 90 Prozent von den Strom­kunden gefördert. Österreich liegt bei der Photovoltaik an neunter Stelle – ist auch schon gesagt worden.

Ganz wichtig ist, dass wir die Fernwärme fördern. Hier werden 60 Millionen € in den nächsten Jahren zur Verfügung gestellt.

Erfreulich ist natürlich auch, dass der Strom aus Windkraft inzwischen marktkonform oder annähernd marktkonform ist. Uns Tiroler freut ganz besonders, dass ungefähr 350 neue Windräder gebaut werden sollen, hoffentlich im Osten. Das freut uns in Nord- und Südtirol, weil die Firma Leitner aus Sterzing und Telfs bei der Erzeugung solcher Windräder stark aufholt.

Die Förderung von Wasserkraft wird bei Kleinkraftwerken fast bis zu 30 Prozent aus­machen.

Auch unser Konjunkturprogramm im Bereich der thermischen Sanierung war ein voller Erfolg.

An dieser Stelle darf ich aber auch festhalten, dass der Ausbau der Wasserkraft die Chance für die Zukunft Österreichs ist. Wir liegen hier nicht schlecht. Derzeit werden ungefähr 2,5 Milliarden in Elektrizität aus Wasserkraft investiert. 70 Prozent der In­landsproduktion kommen aus Wasserkraft. Allerdings muss da mehr geschehen. Ins­besondere in meinem Bundesland Tirol wurde in den letzten Jahren zu wenig vorange­bracht. Die Kultur, große Kraftwerke zu bauen, ist in den letzten zwei Jahrzehnten lei­der verloren gegangen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 210

Wir beschränken uns aber selbst durch unsere selbst geschaffene Umweltbürokratie. Augenmaß und Hausverstand sind die großen Fremdworte unserer Umweltpolitik. Sankt Bürokratius feiert fröhliche Urständ, und das die ganze Zeit.

Die ganze unselige Entwicklung mit Cross-Border hat auch zum negativen Image der EVUs beigetragen. Hier müssen wir mit vereinten Kräften wieder für eine positive Stim­mung in der Bevölkerung werben. Die Gemeinden sind mit einzubeziehen, und zwar beim Ertrag mit einzubeziehen. Wenn Sie die Bürgermeister bei den Kraftwerksdiskus­sionen nicht mitnehmen, werden sie auch keine Kraftwerke bauen.

Wir müssen den Menschen signalisieren, dass der Ausbau der Wasserkraft eine große Chance für unser Land und auch alternativlos ist.

Derzeit liegt der Nationale Gewässerbewirtschaftungsplan zur Begutachtung auf. Sollte der Entwurf so durchgehen, haben wir bei den bestehenden Kraftwerken mit Verlusten von zwischen 7 und 32 Prozent zu rechnen. Der insgesamt zu erwartende Verlust von Restwasser liegt bei 1,8 Terawattstunden, immerhin ein Siebtel der gesamten Ausbau­wassermenge Österreichs. Das ist echt ein schlechter Witz.

Um das hehre Regierungsziel von 34 Prozent für erneuerbare Energien bis 2020 zu er­reichen, müssen wir nach vorne gehen. Mit den zu erwartenden Auswirkungen des Na­tionalen Gewässerbewirtschaftungsplanes gehen wir retour.

Kein Mensch will weniger Natur- und Umweltschutz, aber wir brauchen Energie, und zwar saubere Energie aus heimischer Ressource. Dazu bekennen wir uns, und dafür haben wir zu kämpfen.

Frau Kollegin Brunner, für mich ist das heute kein schwarzer Tag, ein Kompromiss ge­wiss. Es ist aber für mich ein ehrlicher Tag, an dem wir realistisch und verantwortungs­voll mit dem Produktionsstandort Österreich umgehen. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP.)

20.05


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Ing. Höbart. 3 Minuten eingestellte Redezeit. – Bitte.

 


20.05.18

Abgeordneter Ing. Christian Höbart (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Wir Frei­heitlichen werden der Ökostromgesetz-Novelle heute deswegen zustimmen, weil wir der Meinung sind, der festen Meinung sind, dass es ein weiterer Schritt in die richtige Richtung ist. Manchmal muss man halt in Etappen denken. Dass es nicht der große Wurf ist, wie es sich manche vielleicht vorgestellt hätten, ja, das ist halt manchmal der Wunsch. Aber wir sind der Meinung, ein klarer Schritt in die richtige Richtung, und wir denken auch, dass gerade die Förderung von Photovoltaik-Anlagen auch in die richtige Richtung geht. Wir sprechen ja hier von einer klassischen Verdoppelung der Förde­rungssumme. Ganz, ganz wichtig, auch für die heimischen Häuselbauer und Familien, da ihnen das ermöglicht, ihre Dächer mit diesen Anlagen auszustatten. Eine ganz, ganz tolle Sache.

Ich selbst war vorgestern auch in einer Windkraftanlage, in einer Anlage für Windräder, und auch in diese Richtung geht es ja ganz intensiv. Es wird hier auch zukünftig Inves­titionsförderungen geben. Ich muss ehrlich gestehen, ich war sehr beeindruckt in die­ser Windkraftanlage – das war in Stixneusiedl in Niederösterreich. Hier möchte ich Ih­nen ein paar Daten und Fakten vor Augen führen: Ein einziges Windrad, eine einzige Windkraftanlage liefert 4 Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr. Das liefert in etwa Strom für rund 1 200 Haushalte und erspart am Ende des Tages auch 1 600 Tonnen an Kohle.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 211

Wir haben in Österreich im Moment 618 Anlagen. Das bedeutet, dass in etwa 995 Me­gawatt an Leistung umgesetzt werden, was wiederum bedeutet, dass 2 Milliarden Kilo­wattstunden Strom erzeugt werden, was doch 3 bis 4 Prozent des österreichischen Stromverbrauches darstellt.

Es sind rund 7 000 Österreicher Miteigentümer an diesen Windkraftanlagen, und 40 Prozent aller Windkraftanlagen stehen im Eigentum von lokalen Bürgerinitiativen. Also man sieht, da geschieht einiges, und zwar in die richtige Richtung.

Diese Anlagen haben natürlich noch weitere Möglichkeiten und bringen positive Dinge mit sich. Und zwar bringt die Errichtung einer einzigen Windkraftanlage heimischen Un­ternehmen ein Auftragsvolumen von rund 1 Million €. Während der 20-jährigen Lebens­dauer, also des Lebenszyklus, werden weitere 2 Millionen € für Wartung und Betrieb ausgegeben und damit auch in die österreichische Wirtschaft investiert. In Arbeitsplät­zen bedeutet dies wiederum zehn Jahresarbeitsplätze bei der Errichtung und ungefähr zwei für die Wartung und den Betrieb einer solchen Anlage.

Man muss aber auch feststellen, dass seit dem Jahr 2006 der Bau von Windkraftanla­gen leider zurückgeht. Das wird in Zukunft besser werden. Deswegen werden weitere kraftvolle Schritte notwendig sein. Daher auch mein Appell an den Herrn Wirtschaftsmi­nister, da weiter tätig zu bleiben und diesen Schritt in die richtige Richtung fortlaufend zu unterstützen. (Beifall bei der FPÖ.)

20.08


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Glaser. 3 Minu­ten eingestellte Redezeit. – Bitte.

 


20.08.47

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Bundes­minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei der Sondersitzung am vergan­genen Freitag und auch heute wurde wiederholt das Modell Güssing als ein gelunge­nes Beispiel für erneuerbare Energie apostrophiert. Und ich möchte hier an dieser Stel­le ausdrücklich sagen, dass ich mich darüber freue, weil ich als Abgeordneter aus die­sem Bezirk komme, mich vor allem auch deswegen darüber freue, weil dieses Modell Güssing vor 20 Jahren, als es initiiert wurde, zunächst belächelt und von einigen Teilen sogar bekämpft wurde.

Ich möchte aber auch dazu sagen, dass das Modell Güssing nicht nur die Energie­schiene umfasst, sondern durchaus auch Initiativen im Bereich der Landwirtschaft und im Bereich des Gewerbes und auch eine sehr stark grenzüberschreitende Komponente hat.

Dazu muss man auch sagen, dass dieses Modell Güssing ursprünglich einzig und al­lein von ÖVP-Bürgermeistern und ÖVP-Regionalpolitikern initiiert wurde. Heute wird es Gott sei Dank von allen Parteien mitgetragen.

Es ist richtig, dass mit diesem Modell Güssing weit über 1 000 Arbeitsplätze geschaf­fen werden konnten. Wir haben aber damit die Abwanderung aus dieser Region noch nicht zur Gänze stoppen können, wie es heute teilweise gemeint wurde, sondern diese Abwanderung setzt sich fort. Es zeigt aber gerade das Beispiel erneuerbare Energie, dass wir damit eine der wenigen Möglichkeiten haben, in den ländlichen Regionen Ar­beitsplätze zu schaffen und Wertschöpfung zu erzielen.

Das ist letztlich auch für die Umwelt ein doppelter Gewinn, nicht nur dass der CO2-Aus­stoß entsprechend reduziert wird, denn es wird auch die Umwelt im wahrsten Sinne des Wortes gepflegt, indem Wälder gepflegt, Grasflächen genutzt werden, ebenso Bioabfälle und auch Ernterückstände genutzt werden. Das ist also in jeder Hinsicht eine tolle Sache.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 212

Nun, heute reden wir hier von der Ökostromgesetz-Novelle. Ich möchte aber dazusa­gen: Es ist im Bereich der erneuerbaren Energie nicht nur der Strom, der eine große Rolle spielt, denn im konkreten Fall Güssing ist zum Beispiel die Erzeugung von Gas beziehungsweise anderen Treibstoffen aus Biomasse momentan der Fokus der Ent­wicklung.

Interessant ist zum Beispiel auch, dass in der kommenden Woche 20 Personen aus Schweden, aus einer Kooperationsfirma, nach Güssing kommen werden, die an einem kleinen Modell für eine große Anlage in Schweden forschen und sich diesbezüglich in Güssing orientieren werden.

Gas hat in diesem Zusammenhang auch den Vorteil, dass es praktisch ohne Verluste transportiert werden kann. Ich glaube, ein weiterer Punkt, der in diesem Zusammen­hang wichtig ist, ist, dass wir die Energieeffizienz in allen Bereichen der Energie, aber auch im Bereich der erneuerbaren Energie entsprechend hochhalten.

Das Modell Güssing zeigt also auf, dass man gerade in ländlichen Regionen erneuer­bare Energie optimal einsetzen kann. Und ich glaube, das, was Güssing kann, können im Prinzip fast alle Gemeinden Österreichs, wahrscheinlich aber nicht die Großstädte.

Frau Kollegin Brunner, in diesem Zusammenhang und weil Sie Herrn Minister Berlako­vich mangelndes Engagement vorgeworfen haben: Bundesminister Berlakovich hat vor einigen Monaten über den Klima- und Energiefonds 4,5 Millionen € für Gemeinden zur Verfügung gestellt, damit sie entsprechende Energie- und Klimamodelle entwickeln und Umsetzungspläne hiezu erstellen können. Das ist doch etwas ganz anderes, als Sie, Frau Kollegin Brunner, hier gesagt haben. (Zwischenruf der Abg. Mag. Brunner.) Da sind Sie offensichtlich auf beiden Augen blind, denn Herr Bundesminister Berlako­vich hat einen großartigen Weg aufgezeigt, und ich glaube auch, dass das Engage­ment unseres Ministers Berlakovich außer Streit steht. (Beifall bei der ÖVP.)

Zum Schluss kommend: Mit dieser Ökostromgesetz-Novelle machen wir zweifelsohne einen guten Schritt nach vorne, jedoch steht außer Streit, dass wir auch noch in ande­ren Bereichen die Rahmenbedingungen ändern müssen, auch was den gesetzlichen Bereich anlangt, wenn wir der erneuerbaren Energie zum Durchbruch verhelfen wol­len. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

20.13


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner hiezu zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Lettenbichler. 3 Minuten eingestellte Redezeit. – Bitte.

 


20.13.27

Abgeordneter Mag. Josef Lettenbichler (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglie­der der Bundesregierung hier auf der Regierungsbank! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Mit der heute vorliegenden Fassung des Ökostromgesetzes wird ein weiterer wichtiger und wesentlicher Schritt in Richtung Erreichung der sehr ambitionierten Kli­maschutzziele gesetzt.

Vergangene Woche wurde in konstruktiven Gesprächen dazu ein Kompromiss gefun­den. Vieles dazu ist ja heute, aber auch schon bei der Sondersitzung vergangenen Freitag gesagt worden, aber Folgendes möchte ich schon noch festhalten, nämlich dass mich das Verhalten einer Fraktion, nämlich das der Grünen, aufgrund ihres heuti­gen Stimmverhaltens doch sehr enttäuscht. Ich kann mich eigentlich nur mehr wun­dern, dass eine Partei, die ja eigentlich aus der Ökobewegung heraus entstanden ist, dieser Ökostromgesetz-Novelle nicht zustimmt. Sie von den Grünen sagen lieber wie­der einmal Nein und sind damit auch gegen all jene Verbesserungen, die mit dem heu­tigen Gesetz initiiert werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich wünsche mir für kommenden Sonntag selbstverständlich und in erster Linie einen Wahlerfolg für Josef Pühringer und seine


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 213

ÖVP (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP) und wünsche unseren Freunden aus Oberös­terreich von dieser Stelle aus viel Erfolg. Aber etwas Wahlglück – natürlich nicht auf unsere Kosten – möchte ich auch Ihrem grünen Parteikollegen Anschober wünschen, der aber wahrscheinlich von der Njet-Politik der Grünen auf Bundesebene mit nach un­ten gerissen werden wird. Das würde ich ein wenig bedauern, denn Rudi Anschober hätte sich eine Bestätigung seines Kurses des konstruktiven Miteinanders verdient. An­schober ist im Gegensatz zu Ihnen hier von den Grünen bereit, Verantwortung zu über­nehmen. (Zwischenruf bei den Grünen.) Anschober ist gewillt, eine stabile und hand­lungsfähige Regierung mit zu bilden sowie Kompromisse einzugehen.

Sie von den Grünen hier im Hause aber sind mit Ihren Justamentstandpunkten meilen­weit von einer Regierungsbeteiligung entfernt und damit auch von einer konstruktiven und verantwortungsvollen Mitarbeit.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei aller berechtigten Freude über die Öko­stromgesetz-Novelle möchte ich aber auch nicht verhehlen, dass sich die Industrie eine Begrenzung der Kosten für energieintensive Unternehmen gewünscht, ja erwartet hät­te – dieser Umstand ist ja heute auch schon einige Male angesprochen worden –, denn durch die Nichtdeckelung entsteht für die betroffenen Betriebe ein Wettbewerbsnach­teil, der so rasch wie möglich beseitigt gehört. Die neue De-minimis-Regelung hilft hier zwar, aber eben nur begrenzt. Unternehmen in der Papier-, Stahl-, Chemie- und Ze­mentbranche sind besonders betroffen und damit Tausende Arbeitsplätze in diesen Betrieben.

Ich bin aber optimistisch, dass wir bereits bis Mitte nächsten Jahres ein neues Modell zum Aufbringungsmechanismus erarbeiten können und dieser Wettbewerbsnachteil im Sinne der Sicherung der Arbeitsplätze beseitigt werden kann. Dazu darf ich nun folgen­den Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Martin Bartenstein, Wolfgang Katzian, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vorlage eines Novellierungsentwurfs des Ökostromgesetzes bis Septem­ber 2010

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend wird aufgefordert, dem Natio­nalrat bis September 2010 einen Novellierungsentwurf zur Finanzierung der Förderung erneuerbaren Stroms unter Berücksichtigung folgender Punkte vorzulegen:

1) Neugestaltung des Aufbringungsmechanismus unter Berücksichtigung der gemein­schaftsrechtlichen Vorgaben;

2) Verbrauchsabhängige Finanzierungsgrundlage bei fairer und transparenter Kosten­verteilung zwischen allen Stromverbrauchern;

3) Kostenbegrenzung für energieintensive Unternehmen mit regelmäßig wiederkehren­dem Monitoring der Effizienz dieser Maßnahme. (...)

4) Transparente Endverbraucherrechnungen mit Ausweispflicht für Ökostromaufwen­dungen.“

*****

Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Kollege Lettenbichler, Sie müssen den Punkt 3 zur Gänze vorlesen, Sie haben nur den ersten Satz vorgelesen. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 214

Abgeordneter Mag. Josef Lettenbichler (fortsetzend): Ich wiederhole den Punkt 3:

„3) Kostenbegrenzung für energieintensive Unternehmen mit regelmäßig wiederkeh­rendem Monitoring der Effizienz dieser Maßnahme. Die Kostenbegrenzung für energie­intensive Betriebe innerhalb dieses Konzepts soll gleichwertige Rahmenbedingungen bieten wie § 22c in der Fassung der 2. Ökostromgesetz-Novelle 2008 beziehungsweise Kostenbegrenzungen in anderen EU-Staaten.“

(Beifall bei der ÖVP.)

20.18


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Martin Bartenstein, Wolfgang Katzian, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vorlage eines Novellierungsentwurfs des Ökostromgesetzes bis Septem­ber 2010

eingebracht im Zuge der Debatte über den Antrag 686/A der Abgeordneten Dr. Martin Bartenstein, Wolfgang Katzian, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ökostromgesetz geändert wird, in der Fassung des Ausschussberichtes 272 d.B.

Die Entscheidung der Europäischen Kommission vom 22.7.2009 zum Ökostromgesetz ist Anlass für eine Novellierung, die den Erwägungen der Kommission Rechnung trägt und den Aufbringungsmechanismus zur Förderung von Ökostrom neu gestaltet.

Ziel einer solchen Novelle ist die Schaffung einer transparenten, am Stromverbrauch anknüpfenden Finanzierungsgrundlage für die Förderung von Ökostrom, die die not­wendige Kostenbegrenzung für energieintensive Betriebe nach dem Vorbild des § 22c in der Fassung der 2. Ökostromgesetz-Novelle 2008 gewährleistet sowie eine faire Kostenaufteilung zwischen allen Stromverbrauchern garantiert.

Unter der Federführung des BMWFJ ist daher eine Arbeitsgruppe einzurichten, in wel­cher Vorschläge ausgearbeitet werden, wie der Aufbringungsmechanismus unter Be­rücksichtigung der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben neu gestaltet und sowohl für die Investoren- als auch die Zahlerseite Rechtssicherheit garantiert werden kann. Die Vorschläge der Arbeitsgruppe sind bis Mai 2010 einem allgemeinen Begutachtungsver­fahren zu unterziehen.

Zur Verbesserung der Markttransparenz ist festzulegen, dass die Stromhändler auf den Endverbraucherrechnungen ihre Ökostromaufwendungen auszuweisen haben.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend wird aufgefordert, dem Natio­nalrat bis September 2010 einen Novellierungsentwurf zur Finanzierung der Förderung erneuerbaren Stroms unter Berücksichtigung folgender Punkte vorzulegen:

1) Neugestaltung des Aufbringungsmechanismus unter Berücksichtigung der gemein­schaftsrechtlichen Vorgaben


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 215

2) Verbrauchsabhängige Finanzierungsgrundlage bei fairer und transparenter Kosten­verteilung zwischen allen Stromverbrauchern;

3) Kostenbegrenzung für energieintensive Unternehmen mit regelmäßig wiederkehren­dem Monitoring der Effizienz dieser Maßnahme. Die Kostenbegrenzung für energiein­tensive Betriebe innerhalb dieses Konzepts soll gleichwertige Rahmenbedingungen bieten wie § 22c in der Fassung der 2. Ökostromgesetz-Novelle 2008 bzw. Kostenbe­grenzungen in anderen EU-Staaten.

4) Transparente Endverbraucherrechnungen mit Ausweispflicht für Ökostromaufwen­dungen.“

*****

 

20.17.59

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 272 der Beilagen.

Dazu haben die Abgeordneten Dr. Bartenstein, Katzian, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungs- beziehungsweise Zusatzantrag eingebracht.

Da nur dieser eine Antrag gestellt wurde, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des Abänderungs- bezie­hungsweise Zusatzantrages abstimmen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf eine Verfassungsbestimmung enthält, stelle ich zu­nächst im Sinne des § 72 Abs. 2 Z. 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung er­forderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordne­ten fest.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des Abänderungs- bezie­hungsweise Zusatzantrages der Abgeordneten Dr. Bartenstein, Katzian, Kolleginnen und Kollegen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen der Zu­stimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mehrheit­lich angenommen.

Ausdrücklich stelle ich wiederum die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehr­heit fest. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 216

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mag. Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Strompreise senken – Umwelttechnologie und erneuerbare Energien fördern.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mag. Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend 15 000 neue, krisensi­chere Grüne Arbeitsplätze im Jahr 2010.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Auch das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Ing. Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung eines EEG (Er­neuerbaren Energien Gesetz).

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Auch das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Ing. Hofer, Dr. Bartenstein, Katzian, Kolleginnen und Kollegen betreffend wei­tere Förderung von Photovoltaik.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Angenommen. (E 47.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Ing. Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fortsetzung von Förderun­gen thermischer Sanierung privater Haushalte.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Bartenstein, Katzian, Kolleginnen und Kollegen betreffend erhöhte Öko­stromaufwendungen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 48.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Bartenstein, Katzian, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vorlage eines Novellierungsentwurfs des Ökostromgesetzes bis September 2010.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Angenommen. (E 49.)

20.22.296. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Sozialbericht 2007/2008 des Bundesministers für Soziales und Konsumentenschutz (III-27/240 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen zum 6. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Kickl. Eingestellte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


20.23.02

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das, was uns hier in Form des Sozialbe­richts 2007/2008 vorliegt, ist ein dickes Konvolut sozialpolitischen Versagens, ein ein­drucksvolles Dokument des Scheiterns und der Wegentwicklung von einem Weg, der uns eigentlich zu mehr sozialer Gerechtigkeit führen sollte.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 217

Es sind also Versäumnisse aus der jüngeren Vergangenheit dokumentiert, die in Rich­tung Ungerechtigkeit führen, und das passt sehr gut zu der Art und Weise, wie Sie auch in diesen Tagen und in der aktuellen Regierung mit den sozialpolitischen Heraus­forderungen umgehen.

Dazu gehört unter anderem auch, dass man in einer Zeit, in der wir von der größten Ar­beitslosigkeit seit den dreißiger Jahren geplagt sind, sage und schreibe zwei Aus­schusstermine des Ausschusses für Arbeit und Soziales in diesem heißen politischen Herbst zustande bringt, obwohl wir wissen, dass es im Grunde genommen drunter und drüber geht. Das zeigt ja schon, welche Bedeutung Sie der ganzen Thematik bei­messen.

Meine Damen und Herren, diese Ausschusssitzung wird dann wahrscheinlich so wie die vorherige. Wir sind damals gemeinsam mit den Kollegen vom BZÖ aus dem Aus­schuss ausgezogen, weil die Sitzung von vorne bis hinten mit Tagesordnungspunkten vollgestopft war, von denen es sich jeder einzelne Punkt verdient hätte, lange und aus­führlich debattiert zu werden. (Abg. Grosz: Ja!) Ich gehe davon aus, dass es in dieser Tonart weitergehen wird.

Meine Damen und Herren! Wir haben am heutigen Vormittag gehört, nämlich im Zu­sammenhang mit der Sicherheit – untermauert mit vielen Statistiken und Zahlen –, dass Österreich eines der sichersten Länder ist. Man muss jedoch kein Prophet sein, um zu wissen, wie die Debatte vonseiten der rot-schwarzen Regierungsparteien jetzt ablaufen wird. Man wird versuchen, mit vielen Zahlen, mit vielen Statistiken zu unter­mauern, dass Österreich ein Land ist, in dem soziale Sicherheit ganz groß geschrieben wird.

Das Interessante sowohl bei der ersten Sache als auch bei der zweiten Sache ist, dass das, was uns hier sehr, sehr wortreich erklärt und mit viel Zahlenmaterial untermauert wird, nicht mit dem zusammenstimmt, was das tatsächliche, das persönliche Empfin­den der Bevölkerung ist. Die Menschen sehen das nämlich ganz anders und haben ge­nug von dieser sozialpolitischen Beweihräucherung, wie Sie sie seit Jahr und Tag be­treiben. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, das, was wir in diesem Bericht nämlich nicht finden zwi­schen all den Statistiken und Zahlen, ist die unbestreitbare Tatsache, dass der Sozial­staat, der uns als Freiheitliche Partei wichtig ist, aufgrund einer tiefgreifenden Krise – ich möchte das durchaus als moralische und geistige Krise bezeichnen, die hinter den Entwicklungen auf den Finanzmärkten und hinter dieser Krise des Wirtschaftssystems steht –, aufgrund dieser Entwicklungen in eine brutale Schieflage gerät, ja das ist wahr­scheinlich noch untertrieben, dass er im Grunde genommen in seiner Existenz bedroht ist. Das mag manchen Damen und Herren vor allem auf dieser Seite des Plenums durchaus recht sein, uns Freiheitlichen passt diese Entwicklung aber schon überhaupt nicht! (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn man versucht, diese entmutigende Bilanz in einigen Dingen zusammenzufassen, kommt man zu dem Ergebnis, dass die Pensionisten zum Beispiel von dieser Regie­rung und von der Vorgängerregierung als Dank und Anerkennung für ihre Leistungen, die sie unbestritten erbracht haben, mit „Pensionserhöhungen“ belohnt worden sind, bei denen bei manchem unter dem Strich nach der Erhöhung weniger herausge­kommen ist als vorher. Das sind die Pensionserhöhungen Marke SPÖ insbesondere. (Abg. Riepl: Von welchem Land reden Sie?)

Oder man kommt drauf, dass die Pflegebedürftigen – natürlich wieder entgegen den Versprechen der SPÖ, eine tatsächliche Wertanpassung in den notwendigen Berei­chen des Pflegegeldes vorzunehmen – mit Almosen abgespeist werden, obwohl Sie genau wissen, dass jede Investition in diesem Bereich – und das Geld haben Sie, das


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 218

haben Sie beim Bankenpaket eindrucksvoll bewiesen – auch denen zugute kommt, die es tatsächlich brauchen. Sie sind gescheitert und haben wieder eines Ihrer Verspre­chen gebrochen!

Und man kommt zu dem Ergebnis, dass die Armut in diesem Land, in dem sich Ihre Repräsentanten auf Regierungsebene immer selbst auf die Schultern klopfen dafür, dass es eines der reichsten dieser Welt ist, inzwischen erschreckende Ausmaße ange­nommen hat. Wenn ich sehe, wie es im Bereich der Einkommensverteilung ausschaut, dass ganz, ganz wenige sehr, sehr viel vom Kuchen haben und umgekehrt, dass sehr, sehr viele sehr, sehr wenig vom großen Einkommenskuchen haben, dann frage ich mich, wozu sozialistische Regierungsverantwortung über viele Jahre und Jahrzehnte in diesem Land führen kann. Es ist das, gelinde gesagt, eine erbärmliche Bilanz, die Sie uns hier vorgelegt haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Der wichtigste Punkt – und damit komme ich zum Schluss –: All das ist der Befund aus einer Zeit, in der wir eine Hochkonjunktur hatten. Es war ja nicht so, dass es uns schlecht gegangen ist, es war ja nicht so, dass es nicht genügend Beiträge gegeben hätte, es war ja nicht so, dass die Steuereinnahmen nicht sogar über den Erwartungen geblieben sind – und trotzdem kommt das heraus, was ich Ihnen jetzt in ein paar Grundzügen skizziert habe. Und da Sie es schon damals nicht zustande gebracht ha­ben, fürchte ich mich, muss ich ganz ehrlich sagen, heute schon vor dem Sozialbericht, den Sie in absehbarer Zeit über die jetzige Phase vorlegen werden. (Beifall bei der FPÖ.)

20.28


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeord­nete Csörgits. Eingestellte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


20.28.23

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Bundes­minister! Zu meinem Vorredner kann ich nur mehr feststellen: Ich glaube, Sie reden von einem anderen Land und nicht von Österreich (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP), denn Sie müssen ja wissen, dass gerade die österreichische Bundesregie­rung sehr viel Geld in die Hand genommen hat, um schwerpunktmäßig sehr, sehr ge­zielte Arbeitsmarktpolitik zu machen. (Abg. Kickl: Was ist aus der SPÖ geworden, Frau Csörgits?)

Wir können mit Stolz feststellen, dass Österreich, dass diese Bundesregierung und vor allem der zuständige Minister es geschafft haben, den Anstieg der Arbeitslosigkeit in Österreich sehr stark zu dämpfen, so stark, wie das in keinem anderen Land in diesem Ausmaß der Fall war. (Abg. Kickl: Eine Million Menschen an der Armutsgrenze!) Schauen Sie sich also vorher ganz genau an, wovon Sie reden, und verunsichern Sie nicht die Leute! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Strache: Mit Ihrer Gage als Abge­ordnete und Gewerkschafterin! Mit diesem Doppelverdienst!)

Ich kann Ihnen das auch gerne schriftlich geben: Diese Bundesregierung wird auch weiterhin alles dafür tun, dass es zur Schaffung von mehr Arbeitsplätzen kommt und dass Armut und Arbeitslosigkeit ganz gezielt bekämpft werden. Der vorliegende Sozial­bericht zeigt ja auch, dass der Weg, der schon in den Jahren 2007 und 2008 einge­schlagen wurde, nämlich ganz gezielt Maßnahmen zu setzen, um Arbeitslosigkeit nicht nur zu verwalten, sondern auch Qualifizierungsmaßnahmen zu setzen, ein guter Weg ist. (Abg. Kickl: Die Leute tanzen schon auf der Straße vor Begeisterung!) Denn genau mit diesen Qualifizierungsmaßnahmen ist es gelungen, sehr geschätzte Damen und Herren, dass bis Ende August mehr als 402 000 Menschen wieder neu in den Arbeits­prozess eingegliedert werden konnten. 402 000 Menschen konnten vom AMS wieder neu vermittelt werden!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 219

Dazu muss man den Kolleginnen und Kollegen im AMS herzlichen Dank sagen, denn das ist eine hervorragende Leistung, aber es zeigt natürlich auch, dass der Weg in Richtung mehr Qualifikation, mehr Schulungsmaßnahmen für arbeitslose Menschen ein guter Weg ist, den wir gegangen sind und auch weiterhin gehen werden.

Sehr geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Besserqualifizierung von Arbeitneh­mern und Arbeitnehmerinnen ist ein sehr wichtiger Schlüssel, um Arbeitslosigkeit zu vermeiden, und ist darüber hinaus auch ein Garant dafür, dass Menschen, die in Ar­beitslosigkeit gekommen sind, wesentlich leichter wieder in den Arbeitsprozess einge­gliedert werden können.

Dieser Weg ist ein guter Weg. Ich bedanke mich sehr herzlich bei den Damen und Her­ren der Bundesregierung, insbesondere bei Herrn Bundesminister Hundstorfer, und ich bin mir sicher, dass dieser Weg zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit auch in Zukunft weitergegangen wird, denn jeder Arbeitslose, den wir in Österreich haben, ist ein Ar­beitsloser zu viel. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.31


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dolinschek. Eingestellte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


20.31.26

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Kollegin Csörgits, dieser Bericht über die soziale Lage 2007/2008 sagt natürlich aus, dass die Zahlen betreffend Ar­beitslosigkeit 2007/2008 noch wesentlich besser waren als danach, weil noch die Aus­wirkungen der vorherigen Bundesregierung zu spüren waren, nämlich einer aktiven Ar­beitsmarktpolitik von ÖVP und BZÖ. (Beifall beim BZÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Mittlerweile ist die Arbeitslosigkeit enorm gestiegen. Man kann natürlich sagen, in Ös­terreich ist sie ohnehin noch wesentlich niedriger als woanders, aber Tatsache ist, dass sie gestiegen ist.

Geschätzte Frau Kollegin Csörgits, man kann einen Bericht lesen, wie man will, aber auf jeden Fall haben die Beamten mit der Zusammenstellung dieses Berichtes ausge­zeichnete Arbeit geleistet. Er ist sehr umfangreich und ist ein wichtiges Nachschlage­werk.

Diesem Bericht ist zu entnehmen, dass 90 000 Kinder in Österreich in Armut leben und 250 000 armutsgefährdet sind, dass 1 Million Menschen unter der Armutsgrenze lebt. Das ist ein Alarmsignal! (Zwischenruf des Abg. Strache.) Ich weiß, dass es in anderen Ländern oft noch viel schlimmer ist, aber Tatsache ist, dass es so ist. Und aufgrund der Arbeitsmarkt- und der Wirtschaftslage wird sich das jetzt auch kaum bessern. Das wis­sen wir, das ist nicht so einfach. Diesbezüglich mache ich der Regierung auch nicht einmal einen Vorwurf. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.– Frau Kollegin, Sie waren kur­ze Zeit in der Regierung, aber umgesetzt haben Sie in dieser Zeit auch nichts. Das ist halt das Problem.

Konkrete Maßnahmen, Frau Silhavy, sind nicht umgesetzt geworden. (Abg. Grosz: Sie war ja nur drei Monate Ministerin, dann haben sie sie eh abgewählt!) Beispielsweise verdienen Frauen beträchtlich weniger als Männer. Und ich sage Ihnen, ich bin bei je­dem, der dafür kämpft, dass Frauen dasselbe verdienen wie Männer. Gleicher Lohn für gleiche Leistung! (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) Aber ich wünsche Ihnen viel Glück, das endlich einmal umzusetzen! (Beifall beim BZÖ.) Das, was Herr Bundesminister Hundstorfer jetzt gemeinsam mit Frau Bundesministerin Heinisch-Hosek macht, ist reine Schaumschlägerei. Ich wünsche Ihnen alles Gute, setzen Sie sich endlich einmal durch!


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Wer verhandelt denn die Löhne? – Der Österreichische Gewerkschaftsbund hat in der Vergangenheit versagt – das ist Tatsache! –, genauso wie Sie! Und das ist das Pro­blem. (Beifall bei BZÖ und FPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Jetzt doktern Sie im Zusammenhang mit einem gesetzlichen Mindestlohn herum! Wis­sen Sie, Frau Kollegin Silhavy, dass Branchen, in denen hauptsächlich Frauen be­schäftigt sind, bei Ärzten als Arzthelferinnen, Ordinationshilfen, bei Zahnärzten, als Bü­romitarbeiterinnen bei Rechtsanwälten und bei Notaren – das ist nicht die Klientel, die am ärmsten ist –, ihre Mitarbeiter am schlechtesten bezahlen? Setzen Sie dort einmal den Hebel an! (Abg. Grosz: Eine Mitarbeiterin hat gehen müssen, damit die Frau Sil­havy in Graz wieder einen Job hat!)

Kollege Katzian sagt, wir haben einen Mindestlohn von 1 000 € brutto dort umge­setzt. – Das ist ja traurig. Wenn man die Differenz zwischen der bedarfsorientierten Mindestsicherung und diesem Mindestlohn hernimmt, muss man sagen, dafür geht ja keiner mehr arbeiten. Da ist es ja besser, gleich die Mindestsicherung zu nehmen! (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Es ist also höchst an der Zeit, dass wir den Mindestlohn auf 1 300 € brutto anheben, damit netto 1 000 € herauskommen. Sie haben jede Unterstützung von der Gewerk­schaft – ich bin selbst Gewerkschaftsmitglied – zur Umsetzung dieses Mindestlohns. Bisher haben Sie ganz einfach versagt!

Im Pflegebereich hat die SPÖ – Frau Kollegin Silhavy, daran erinnere ich mich noch sehr gut – ein Gesamtkonzept verlangt. Sie haben damals im Jahr 2006 sogar den Pflegenotstand ausgerufen, aber bis heute ist in diesem Bereich überhaupt nichts um­gesetzt worden. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ebenso ist es bei der Kinderbetreuung. Es gibt keine Verbesserung beim Unterhalts­vorschuss für die Kinderbetreuung. 50 000 Kinder sind jährlich davon betroffen, Frau Kollegin.

Die Förderung und der Ausbau der Tagesbetreuung für pflegebedürftige Personen sind nach wie vor nicht in Sicht.

Und jetzt sage ich Ihnen noch etwas, Frau Kollegin Silhavy, zu den Pensionen (Abg. Grosz – in Richtung der Abg. Silhavy –: Eine Frau hat gehen müssen, ist rausge­schmissen worden, dass Sie einen Job haben! Das diskutieren wir jetzt!): Ich würde mich dafür genieren, dass man im vorherigen Jahr bei der Pensionsanpassung für die Pensionisten und Pensionistinnen die Pensionen unter dem Ausgleichszulagenricht­wert um nur 1,7 Prozent erhöht hat. (Abg. Strache: Aber sagen Sie dazu, dass durch unsere Klage das jetzt gesichert ist!) – Vollkommen richtig. Ich kann euch nur dazu gratulieren, dass ihr das eingeklagt habt. Wir befinden uns diesbezüglich auf einer Ebene, denn die 1,7 Prozent für jene, die eine Pension unter dem Ausgleichszulagen­richtwert beziehen, sind eine Frechheit – und die anderen bekommen 2,8 Prozent. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Die Befreiung der Einmalzahlung zukünftiger Pensionsanpassungen von der Lohnsteu­er wurde im Jahr 2008 ebenfalls abgelehnt. Das findet sich auch in diesem Bericht. So ist es nun einmal, man darf ja nicht die Augen davor verschließen.

Die unbefristete Verlängerung der Hacklerregelung – Herr Bundesminister Hundstorfer, ich warte darauf, wie Sie das regeln werden –: Wie wirkt sich das aus, was ist der Unterschied zwischen einem, der am 31.12.1953 geboren ist, und einem, der am 1.1.1954 geboren ist? Ein solch abruptes Ende dieser Regelung kann es ja nicht ge­ben. Also ich bin neugierig, wie die Übergangsregelung in diesem Fall aussehen wird. Wir sind natürlich für eine unbefristete Weiterführung der Hacklerregelung, weil sie sich ganz einfach bewährt hat.


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Die Einführung eines Generationengeldes in Österreich wurde ebenfalls bisher abge­lehnt.

Jetzt komme ich noch auf die Freiwilligen in Österreich zu sprechen – das ist auch in diesem Bericht enthalten. Österreich hat sehr viele freiwillige Helfer. 44 Prozent der Bevölkerung – darauf können wir wirklich stolz sein – der über 15-Jährigen sind in frei­williger Arbeit tätig (Beifall beim BZÖ), ob bei den Feuerwehren, Körperschaften öffent­lichen Rechts oder gemeinnützigen Vereinen. Diese Menschen machen enorm wichti­ge soziale Arbeit im Sinne der Bevölkerung, aber für diese hat man bisher keine Maß­nahmen zur arbeits- und sozialrechtlichen Absicherung getroffen. Die freiwilligen Helfer gehören in diesem Bereich ebenfalls berücksichtigt. Eine gesetzliche Verankerung die­ser Freiwilligen oder eines freiwilligen Sozialdienstjahres ist ebenfalls ausgeblieben. Aber dort gehört der Hebel schon noch angesetzt.

Ich wollte jetzt einmal von der anderen Seite beleuchten, wie die soziale Lage so ist. Herr Bundesminister, bitte nehmen Sie sich das zu Herzen und setzen Sie das um. (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

20.37


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Wöginger. Eingestellte Redezeit: 8 Minuten. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Jetzt liegt die Latte hoch!)

 


20.37.37

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Sigi Dolinschek, ich habe gar nicht gewusst, dass du um diese Zeit noch eine so engagierte Rede halten kannst. Du bist ja um diese Zeit in Hochform! (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Kopf.)

Es bewahrheitet sich wieder einmal: Der Standort bestimmt den Standpunkt! – In die­sem Bericht sind auch Dinge aus der Zeit enthalten, in der Kollegin Haubner Sozialmi­nisterin war (Abg. Dolinschek: Das sind die positiven Dinge!), nämlich vom Jahr 2006 bis zum Frühjahr 2007, und dann war Herr Buchinger Sozialminister.

Ich kann dir auch mitteilen, es sind im Jahr 2006 gute und wichtige Maßnahmen für die Sozialpolitik beschlossen worden, und das hat sich dann auch vom Jahr 2007 bis heu­te fortgesetzt – auch in Zeiten einer wirtschaftlich schwierigen Situation, auch in einer Krisensituation. Es hat die Vorgängerregierung, aber auch die Vorvorgängerregierung gehandelt, wenn es notwendig war – das haben auch die beiden letzten Regierungen gemacht –, um die Arbeitsplätze für die Menschen in diesem Land zu sichern, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Und Folgendes in Richtung FPÖ und Kollegen Kickl: Das ist ein österreichischer So­zialbericht! Es geht um Österreich! Dieser Sozialbericht betrifft nicht Zentralafrika oder irgendein anderes Land, sondern Österreich! Und Österreich ist ein soziales Land,
und das seit Jahrzehnten. Das beweisen ja auch schon die Zahlen, die eingangs drin stehen.

Sie haben gesagt, sicher kommen wieder Zahlen. – Ja, lieber Herr Kollege Kickl, wenn wir in Österreich 29 Prozent des BIP für soziale Leistungen ausgeben (Abg. Kickl: Da fragt man sich eh!) und damit im oberen Viertel der EU-27 stehen, dann können wir auch ein bisschen stolz darauf sein. (Abg. Kickl: Möglicherweise versanden sie ...!) Das ist ja für die Menschen in diesem Lande gedacht und nicht gegen die Bevölkerung. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Hören Sie also auf mit dieser Schlechtrederei unseres Sozialsystems und unserer so­zialen Leistungen, auf die wir alle stolz sein können. Diese sozialen Leistungen gibt es für die Bevölkerung in diesem Land. (Zwischenruf des Abg. Kickl.) – Nein, der hinkt


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überhaupt nicht. Wir geben 8 268 € pro Kopf und Jahr für sozialen Schutz aus. Portu­gal gibt die Hälfte aus, Rumänien gibt 1 087 € aus. Jetzt möchte ich uns nicht unbe­dingt mit Rumänien vergleichen, denn wer schon einmal in Rumänien war, weiß, was nach wie vor die Missstände in diesem Land sind, obwohl Rumänien zur Europäischen Union gehört. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Kickl.)

Aber das, was Sie sagen, dass wir einen schlechten sozialen Standard haben, das ist die glatte Unwahrheit, Herr Kollege Kickl. Und damit sollten Sie aufhören, weil damit helfen Sie überhaupt niemandem in diesem Land, und schon gar nicht den betroffenen Menschen! (Beifall bei der ÖVP.)

Nun zu einigen Bereichen aus diesem Bericht, die meiner Meinung nach schon auch erwähnenswert sind.

Bei der gesetzlichen Sozialversicherung fällt einem, wenn man sich diesen Bericht durchliest, eines auf – weil es ja immer heißt, dass es in diesem Bereich auch finanziel­le Probleme gibt –: Wir haben seit dem Jahre 1990 hier einen Ausgabenanteil gemes­sen am BIP von 15,2 Prozent, im Jahr 2007 lagen wir bei 15,8 Prozent. Das heißt, die­ser Bereich hat sich eigentlich in den letzten 15, 16 Jahren nicht oder nur ganz wenig verändert, und das heißt, dass dieses System auch funktioniert, meine sehr geehrten Damen und Herren. Wir können doch auch hier als Abgeordnete auf unser System der gesetzlichen Sozialversicherung stolz sein!

Das Gleiche gilt bei den Pensionen. Und da sage ich auch dazu, lieber Kollege Dolin­schek: Wir haben die Pensionssicherungsreform gemacht – gegen viel Widerstand, mit vielen Hürden, aber sie war richtig und notwendig. Der Bundesbeitrag ist in den letzten Jahren um ein Prozent angestiegen. Das heißt, wir haben der demographischen Ent­wicklung entgegengewirkt.

Aus dem Bericht geht ja ganz klar hervor: Die Lebenserwartung steigt. Das bedeutet, das Pensionsantrittsalter bei Männern und Frauen steigt an – Gott sei Dank, sagen wir dazu –, auch auf Grund eines sehr guten Gesundheitssystems, und die Zahl der Pen­sionsbezieherInnen insgesamt nimmt zu.

Diese Schritte auch unter der Regierung Schüssel waren also richtig. Das belegt auch dieser Bericht im Nachhinein für die Jahre 2006 und 2007.

Ein Wort noch zu den Pensionen. Herr Bundesminister, mir und der Volkspartei geht es bei den Pensionen auch in der zukünftigen Diskussion um Gerechtigkeit, nämlich in­nerhalb des Systems, innerhalb der Berufsgruppen und auch innerhalb der Generatio­nen. Das muss ein Zusammenspiel werden, diese drei Faktoren müssen auch in Zu­kunft berücksichtigt werden.

Die Langzeitversichertenregelung wurde bereits einige Male angesprochen. Sie ist bis 2013 verlängert. Und da gebe ich dir recht: Es muss hier etwas passieren. Das ist aber auch im Regierungsprogramm festgehalten, und der Herr Bundesminister hat ja auch schon einmal im Ausschuss zugesagt, dass er im Herbst rechtzeitig auch hier eine Vor­lage unterbreiten möchte.

Ich möchte in diesem Zusammenhang als Oberösterreicher Folgendes sagen: Pen­sionsangelegenheiten dieser Art sind Bundessache und nicht Landessache. Und wenn der Herr Landeshauptmann-Stellvertreter Haider in Oberösterreich meint, er wür­de die Langzeitversichertenregelung bis 2018 verlängern, wenn er Landeshauptmann werden sollte, so ist dem eine klare Absage zu erteilen. Das ist Bundesangelegen­heit! (Abg. Dr. Haimbuchner: Das glaubt er nicht einmal selber!) – Das glaubt er nicht einmal selber, aber sagt es eben vor der Wahl.

Das ist, wie gesagt, Bundessache und keine Ländersache und ist auch rechtlich nicht in Ordnung. Und es ist eigentlich ein Wahlgeplänkel erster Klasse (Beifall bei der


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ÖVP), nur um hier bei diesem Thema punkten zu können (Zwischenruf bei der ÖVP) – erster Klasse von der Aufmachung her, habe ich gemeint, nämlich wie pompös er ver­sucht hat, das der Bevölkerung zu vermitteln.

Die bedarfsorientierte Mindestsicherung wurde schon angesprochen, eine Maßnah­me, die auf Schiene ist. Auch die Gespräche mit Kärnten, glaube ich, werden ... (Abg. Petzner: Noch nicht abgeschlossen! Da gibt es schon noch haarige Punkte!) Sie sind noch nicht abgeschlossen, aber sie werden wahrscheinlich zu einem guten Ende kom­men: zwölf Mal ausbezahlt in etwa der Höhe des Ausgleichszulagenrichtsatzes, um den sozial und finanziell Schwächeren zu helfen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Darum geht es bei dieser Maßnahme.

Auf die außerordentliche Erhöhung der Mindestpension werden wir auch in Zukunft achten müssen, und die Einführung des Mindestlohns von 1000 € auf KV-Ebene unter­stützt die Betroffenen ebenfalls.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Kollegen Klikovits und Höllerer werden noch auf die Pflege und auf die restlichen Punkte dieses Berichtes eingehen. Ein The­ma möchte ich abschließend noch erwähnen, das mir seit 20 Jahren sehr am Herzen liegt: Das ist die Freiwilligenpolitik. Du hast sie gerade angesprochen, Kollege Dolin­schek.

Es stimmt, wir haben einen sehr hohen Anteil an Menschen in der österreichischen Be­völkerung, die sich bei den verschiedensten Vereinen, Körperschaften und Organisa­tionen freiwillig engagieren. 44 Prozent der Gesamtbevölkerung sind in diesem Bereich tätig. Es ist sowohl volkswirtschaftlich als auch gesellschaftspolitisch enorm wichtig, dass wir einen so hohen Prozentsatz an Freiwilligen haben, aber als Mitarbeiter des Roten Kreuzes weiß ich auch, dass der Prozentsatz hier nicht mehr steigerbar ist. Das heißt, wir gelangen hier an die Grenzen.

Wir sind in diesem Bereich sehr gut in Österreich, was sehr wichtig ist, weil es auch zu einer funktionierenden Bürgergesellschaft beiträgt, wenn es einen hohen Anteil im Eh­renamt und in der Freiwilligkeit gibt. Im Übrigen findet aber auch die Jugend hier eine sehr sinnvolle Tätigkeit.

Ich möchte nun noch zwei Punkte ansprechen, die man in Zukunft mit betrachten soll­te. Das eine ist – du hast es angesprochen, Kollege Dolinschek – die sozialrechtliche Absicherung im Gesetz. Wir haben das jahrelang im Freiwilligenrat diskutiert, auch un­ter der Führung deiner Minister, und wir sind immer wieder zu dem Entschluss gekom­men, dass es nicht sinnvoll ist, wenn man einem Mitarbeiter, einem freiwilligen Mitar­beiter das als Rucksack mitgibt, wenn er sich in der Privatwirtschaft für einen Posten bewirbt. Das kann nämlich nachteilig sein, wenn der Betreffende zu einem Einsatz muss, wenn der Piepser losgeht und dergleichen. Da könnte ein Firmenchef sagen, das ist nicht in Ordnung.

Deshalb, glaube ich, sollten wir einen anderen Zugang finden als ersten Schritt, näm­lich im öffentlichen Bereich. Viele Bürgermeister machen das ja: Sie bevorzugen bei Einstellungen bei gleicher Qualifikation einen Feuerwehrler, einen Rot-Kreuzler, in wel­chen Organisationen auch immer sie tätig sind, weil sie sich freiwillig in den Dienst der Mitmenschen und der Bevölkerung stellen. Das, glaube ich, wäre ein Zugang, den man einmal überdenken sollte – nicht nur auf Gemeindeebene, sondern auch auf der Ebene der Länder und auch auf der Ebene des Bundes.

Der zweite Punkt in diesem Bereich, den ich ansprechen möchte: Herr Bundesminister, Sie haben ja dankenswerterweise im Ministerrat vorgeschlagen, die Sonderrichtlinie beim Freiwilligen Sozialen Jahr zu verlängern. Das ist wichtig. Aber das Freiwillige So­ziale Jahr ist eine wichtige Einrichtung für unsere Jugend und für unsere Freiwilligenar­beit in Österreich, und ich ersuche, Herr Minister, dass wir uns in Zukunft damit ausein­andersetzen, dies auch in einen gesetzlichen Rahmen zu bringen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 224

Ich biete auch als neuer Sozialsprecher der Volkspartei allen Fraktionen die Zusam­menarbeit hier im Hause herzlich an. Ich bin schon sehr gespannt auf die Arbeit, die wir im Herbst aufnehmen werden. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.47


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Ing. Hofer. Eingestellte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


20.47.31

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister Meine Damen und Herren! Ich bringe gleich zu Beginn einen Antrag ein, der sich mit den Frei­beträgen für außergewöhnliche Belastung auf Grund von Behinderung beschäftigt. Die­se Freibeträge sind seit dem Jahr 1988 nicht mehr erhöht worden.

Daher bringen die Abgeordneten Ing. Hofer, Neubauer und weitere Abgeordnete fol­genden Entschließungsantrag ein:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, alle erforderlichen Schritte zu setzen, um die geltenden, aus dem Jahr 1988 stammenden Jahresfreibeträge betreffend außerge­wöhnliche Belastungen auf Grund von Behinderung anzupassen. Diese Jahresfreibe­träge für geistig oder körperlich behinderte Menschen sowie die monatlichen Pauschal­beträge für Krankendiätverpflegung, für Mehraufwendungen wie Taxifahrten oder das eigene Fahrzeug von körperbehinderten Menschen soll über eine Indexanpassung hi­naus angemessen erhöht werden und ebenso wie die Jahresfreibeträge an den Grad der Behinderung gekoppelt werden. Als Basis für eine entsprechende Änderung der im § 35 Abs 3 Einkommensteuergesetz bzw. in der Einkommensteuer-Verordnung zu den §§ 34 und 35 angeführten Frei- bzw. Pauschbeträge ist der Lebenshaltungskostenin­dex aus dem Jahr 1988 heranzuziehen“.

*****

Meine Damen und Herren, das ist deswegen notwendig, weil wir auch aus dem Bericht erkennen, dass behinderte Menschen ganz besonders von Armut betroffen sind und es auch besonders schwer haben, gegen diese Armut anzukämpfen. Die versteckte Ar­mut ist in Österreich ein sehr bedeutender Faktor, vor allem im ländlichen Raum. Und ich möchte hier auch etwas ansprechen, was noch nicht oft erwähnt worden ist, näm­lich die Armut von Familien, die behinderte Kinder haben und sich um diese behinder­ten Kinder kümmern.

Ich möchte jetzt von einem Ereignis berichten, das mich sehr getroffen hat, und ich möchte Sie sehr herzlich bitten, mir auf Grund der handelnden Personen nicht Auslän­derfeindlichkeit vorzuwerfen. Das ist nicht mein Ziel, aber ich muss Ihnen trotzdem von diesem Ereignis berichten.

Ein Mitarbeiter eines großen Medienunternehmens hat mir erzählt, dass er ein behin­dertes Kind hat und dass die Familie alles daran gesetzt hat, dieses Kind zu unter­stützen, mit Delphin-Therapien, mit allem, was es eben gibt, damit dieses Kind dann auch in den Regelschulunterricht eintreten kann und auch die Volksschule besuchen kann.

Man hätte einen Betreuungslehrer gebraucht, aber als es dann daran gegangen ist, das Kind einzuschulen, war kein Betreuungslehrer für diese Klasse frei. Der Grund war, dass zwei Mädchen in dieser Klasse waren, die, obwohl gesund, von der eigenen Familie so vernachlässigt worden sind, dass man für diese beiden Mädchen, die noch


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bis zum sechsten Lebensjahr eine Windel getragen haben und wirklich in einem be­dauernswerten Zustand waren, die Betreuungslehrer gebraucht hat. Das behinderte Kind konnte dann nicht betreut werden.

Es handelt sich bei der Familie der beiden Mädchen um eine Familie aus einer Glau­bensgemeinschaft, die den Wert der Frau nicht besonders hoch einschätzt und daher auch den Wert von Mädchen nicht besonders hoch einschätzt. Und ich glaube, es ist unsere ganz besondere Aufgabe, dass wir jedem, der in Österreich lebt, auch klar ma­chen, dass in Österreich Männer und Frauen gleiche Rechte und gleiche Pflichten ha­ben und dass Mädchen und Burschen für uns gleich viel wert sind und die gleiche Un­terstützung erfahren müssen. (Beifall bei der FPÖ.)

20.51


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht auch mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Hofer, Neubauer und weiterer Abgeordneter betreffend Erhö­hung der Freibeträge für außergewöhnliche Belastungen aufgrund von Behinderung

eingebracht im Zuge der Debatte zum Tagesordnungspunkt 6, Bericht des Ausschus­ses für Arbeit und Soziales über den Sozialbericht 2007/2008 des Bundesministers für Soziales und Konsumentenschutz (III-27/240 d.B.), in der 37. Sitzung des Nationalra­tes am 23. September 2009

Das geltende Einkommensteuergesetz sieht im § 35 vor, dass Steuerpflichtigen, die außergewöhnliche Belastungen durch eine körperliche oder geistige Behinderung ha­ben, ein steuerlicher Freibetrag zusteht. Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich da­bei nach dem Grad der Behinderung.

Nachstehende Jahresfreibeträge haben sich seit dem Jahre 1988 nicht mehr erhöht und entsprechen somit heute bei weitem nicht mehr dem damaligen Wert:

Grad der Behinderung                                                                                      Jahresfreibetrag

25 bis 34 %                                                                                                                           75 €

35 bis 44 %                                                                                                                           99 €

45 bis 54 %                                                                                                                        243 €

55 bis 64 %                                                                                                                        294 €

65 bis 74 %                                                                                                                        363 €

75 bis 84 %                                                                                                                        435 €

85 bis 94 %                                                                                                                        507 €

     Ab 95 %                                                                                                                        726 €

Auch die in der Einkommensteuer-Verordnung zu den §§ 34 und 35 angeführten mo­natlichen Pauschbeträge für Krankendiätverpflegung sowie für Mehraufwendungen wie Taxifahrten oder das eigene Fahrzeug von körperbehinderten Menschen wurden seit 1988 nicht dem Lebenshaltungskostenindex angepasst.

Die durch die massive Teuerung entstandene, finanzielle Schlechterstellung dieser be­nachteiligten Bevölkerungsgruppe muss also gelindert werden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 226

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, alle erforderlichen Schritte zu setzen, um die geltenden, aus dem Jahr 1988 stammenden Jahresfreibeträge betreffend außerge­wöhnliche Belastungen auf Grund von Behinderung anzupassen. Diese Jahresfreibe­träge für geistig oder körperlich behinderte Menschen sowie die monatlichen Pauschal­beträge für Krankendiätverpflegung, für Mehraufwendungen wie Taxifahrten oder das eigene Fahrzeug von körperbehinderten Menschen sollen über eine Indexanpassung hinaus angemessen erhöht werden und ebenso wie die Jahresfreibeträge an den Grad der Behinderung gekoppelt werden. Als Basis für eine entsprechende Änderung der im § 35 Abs 3 Einkommensteuergesetz bzw. in der Einkommensteuer-Verordnung zu den §§ 34 und 35 angeführten Frei- bzw. Pauschbeträge ist der Lebenshaltungskostenin­dex aus dem Jahr 1988 heranzuziehen“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Öllinger. Es ist eine Redezeit von 5 Minuten eingestellt. – Bitte.

 


20.51.20

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister, um es kurz zusammenzufassen: Der Sozialbericht ist gut, ist sehr gut (Beifall und Bravorufe bei Abgeordneten der SPÖ), die Sozialpolitik der Bundesregie­rung entspricht dem leider nicht. Ich werde Ihnen das auch begründen, meine sehr ge­ehrten Damen und Herren, und Ihnen – nämlich den Vertretern der Regierungspar­teien – klar machen, dass Sie eigentlich allen Grund hätten, gegen diesen Sozialbe­richt zu stimmen, weil er Festlegungen trifft im Bereich Bedarfsorientierte Mindestsiche­rung, die Sie nicht einhalten.

Ich kann es Ihnen vorlesen, was da drinnen steht zur Mindestsicherung: „Die Höhe der Leistungen aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung soll sich – mit Ausnahme der Mindeststandards für Kinder – an den Ausgleichszulagenrichtsätzen in der Pensions­versicherung orientieren. Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung soll 14-mal ... ausge­zahlt werden. Darüber hinausgehende Sonder- beziehungsweise Zusatzbedarfe wie et­wa Heizkostenzuschüsse können weiterhin zusätzlich durch die Länder geleistet wer­den ...“.

Vierzehn Mal Ausgleichszulage, meine sehr verehrten Damen und Herren – vor allem von der ÖVP – und nicht zwölf Mal pro Jahr!

Der Einwand, den der Kollege Dolinschek gebracht hat, hat ja nur bedingt Gültigkeit, aber ich will ihn nicht abtun. Er hat nämlich behauptet, das sei deswegen der Fall, weil der Mindestlohn so niedrig ist. – Ich teile diese Auffassung. Er ist zu niedrig, und 1 000 € Mindestlohn in sieben oder acht Jahren durchkämpfen, wie das so schön heißt, ist kein Erfolgsausweis – absolut nicht!–, denn der Mindestlohn von 1 000 € ist schon zu Beginn dieses Jahrtausends auf der Tagesordnung gestanden. Und jetzt, im Jahr 2009, sagt man: Jetzt haben wir es dann langsam! – Das ist zu wenig. Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt, Kollege Dolinschek, ist aber: Wenn ich 730 € zwölf Mal im Jahr ha­be, dann habe ich nicht genug zum Leben, dann ist das keine „Hängematte“. Aber das, was du angeführt hast, hat so geklungen, als würden die Leute deshalb nicht mehr ar-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 227

beiten gehen, weil 730 € mal zwölf so viel ist. Und 730 € mal zwölf ist nicht viel. 730 € netto mal 14 ist auch nicht viel. Das ist das, was die Pensionistinnen und Pensionisten als Ausgleichszulage erhalten.

Wir haben es hier mit einem Regelsatz zu tun bei der Pensionsversicherung, bei der Ausgleichszulage, der eindeutig – auch nach dem, was uns wahrscheinlich die neuen Daten erzählen werden, die ja in diesen Wochen herauskommen sollen – zu niedrig ist. Nur, wenn man dann noch vergleicht nicht nur die Pensionen, sondern die Mindestsi­cherung – und wir wissen, 730 € mal zwölf, das liegt dann um fast 200 € unter dem, was als Armutsschwellenwert liegt, um 200 € pro Monat, nicht pro Jahr! –, so sieht man, die Differenz sind 2 000 € in etwa, ein bisschen weniger, was die Leute, wenn sie Mindestsicherung erhalten, unter dem Armutsschwellenwert kriegen. Und sich dann noch da hinstellen und sagen: Das ist eigentlich eine wunderbare soziale Großtat!, das ist zu wenig.

Was die Mindestlöhne betrifft, so wissen Sie, und da haben wir uns auch innerhalb der Oppositionsparteien immer wieder getroffen, dass wir 1 000 € brutto für viel zu niedrig halten.

Sie wissen aber auch, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass mit den Sätzen, die bei der 24-Stunden-Pflege bezahlt werden, ganze – und nicht kleine – Personen­gruppen mit ihren Monatseinkommen weit unter diesen 1 000 € liegen. Also, es sind in den letzten Jahren durch die Bundesregierung beziehungsweise durch ihre Sozialpoli­tik – und ich will ja jetzt nicht alles thematisieren – neue Personengruppen geschaffen worden für den Markt, etwa im Bereich Pflege, die unter 1 000 € pro Monat erhalten – ganz wissentlich.

Der Unterschied ist nur – und da bin ich jetzt vielleicht in einer abschließenden Bemer­kung beim Kollegen Hofer –: Bei dem einen, bei der 24-Stunde-Pflege, geht es um die Ausländer. Denen trauen wir uns weniger zu bezahlen. Es geht „eh nur“ um die Tsche­chen, um die Slowaken, um die rumänischen Pfleger und was weiß ich wen noch.

Herr Kollege Hofer, abschließend zu Ihnen: Das Beispiel ist nicht sauber, denn selbst­verständlich kann ich mit einer zusätzlichen Betreuungskraft den Unterricht so organi­sieren – nur bräuchte ich einen gänzlich anderen Unterricht, aber dem verweigern Sie sich ja –, dass ich mit zwei Kräften in einer Klasse oder in einer Unterrichtseinheit, wenn ich von dem Klassenprinzip weggehe, durchaus auskommen kann und auch auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Leute eingehen kann.

Das Problem ist, dass das derzeitige Unterrichtsprinzip, die Organisation des Unter­richts, es so kompliziert macht, auf Sonderbedarfe für verschiedene Gruppen, für ver­schiedene Personen einzugehen, dass das unmöglich wird. Und da zu sagen, das wa­ren vielleicht Muslime – oder was weiß ich, wen Sie beschuldigen wollen –, das liegt am Frauenbild einer anderen Religion, warum behinderte Kinder nicht unterrichtet wer­den, das ist eine zu billige Polemik gewesen, die dem Problem, das dahintersteht, ab­solut nicht angemessen ist. (Beifall bei den Grünen.)

20.57


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminis­ter Hundstorfer zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm dieses. – Bitte.

 


20.57.27

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstor­fer: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muss ein paar Punk­te, glaube ich, ein bisschen dorthin rücken, wo sie hingehören, beziehungsweise ein paar Punkte klarstellen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 228

Punkt eins: Wir haben seit Ende August bis heute um 8 000 Arbeitslose weniger. War­um haben wir um 8 000 Arbeitslose weniger? – Weil wir uns ganz einfach uns bemü­hen, tagtäglich die Zahl der Arbeitslosen zu reduzieren. (Abg. Ing. Westenthaler: Ist das bei Siemens gewesen?) – Wo ist bei Siemens einer gekündigt worden, Herr Wes­tenthaler? Lesen Sie die Aussendungen von Siemens, und dann wissen Sie, was die Realität ist!

Punkt zwei: Wenn wir eine so schlechte Arbeitsmarktpolitik hätten, gäbe es nicht – zur Vergangenheit kommend – eine Verdoppelung der Mittel des AMS gegenüber der alten Bundesregierung. Das nur zur Qualität, weil Sie das angesprochen haben, Herr Abge­ordneter Dolinschek.

Und wenn wir so eine schlechte Arbeitsmarktpolitik hätten, gäbe es zwei Dinge nicht: Wir hätten nicht europaweit den geringsten Anstieg an Arbeitslosigkeit von allen europäischen Ländern. – Punkt eins.

Punkt zwei. Wir hätten nicht die zweitniedrigste Arbeitslosenquote in Gesamteuropa.

Und Punkt drei. Es würde mich nicht am Montag die OECD als einzigen Sozialminis­ter Europas einladen, um unsere Arbeitsmarktpolitik dort zu erklären. (Beifall bei der SPÖ.)

Nehmen Sie zur Kenntnis: Wir haben in Österreich den niedrigsten Anstieg an Arbeits­losigkeit von allen europäischen Ländern – den niedrigsten Anstieg von allen euro­päischen Ländern! Und das hüpfen Sie, bitte, einmal vor in anderen Ländern Europas!

Wir haben ganz einfach etwas gemacht, nämlich aktive Arbeitsmarktpolitik. Wir haben über eine Milliarde € in die Hand genommen, um Menschen umzuschulen, Menschen weiterzubilden, um Menschen Jobs zu bringen. Und wir haben vom 1. Jänner 2009
bis 31. August dieses Jahres 402 000 Menschen neu vermittelt, 402 000 Menschen in neue Jobs gebracht.

Sie sprechen von schwierigen Regionen. – Ja, es gibt sehr schwierige Regionen in die­sem Land, aber wenn Sie heute in Vöcklabruck arbeitslos werden und Facharbeiter sind, haben Sie innerhalb von drei Wochen einen neuen Job – in Vöcklabruck! Das nur als Beispiel dafür, wie man auch aktive Arbeitsmarktpolitik betreiben kann. (Abg. Dolin­schek: Zu unserer Zeit hatten wir Vollbeschäftigung!)

Sehr geehrter Herr Dolinschek, ja, zu Ihrer Zeit war Vollbeschäftigung, aber erklären Sie mir, in welchem Land Europas damals nicht Vollbeschäftigung war! (Abg. Dolin­schek: Ganz Europa hat uns beneidet! Geringste ...! Abg. Ing. Westenthaler: Deutschland!)

Wenn Sie glauben, jetzt hier mit Polemik eine Weltwirtschaftskrise wegreden zu kön­nen (Abg. Dr. Jarolim: Das kapiert er nicht! Das ist ja das Problem!), wenn Sie glau­ben, Sie können sich hier herstellen, in einem Land, das im Vergleich zum Vorjahr, lie­ber Herr Westenthaler, nehmen Sie das bitte zur Kenntnis, den niedrigsten Anstieg an Arbeitslosigkeit von allen europäischen Ländern hat (Abg. Ing. Westenthaler: Weil ihr schon so hoch oben seid! Ihr könnt ja gar nicht mehr steigen! Wie willst du noch stei­gen, wenn ihr eine Rekordarbeitslosigkeit habt?!), während der Herr Dolinschek hinten behauptet hat, es hat Vollbeschäftigung gegeben (Abg. Ing. Westenthaler: In unserer Zeit! Vollbeschäftigung!) – bitte, stimmen Sie sich klubintern ein bisschen ab, wenn Sie hier Zwischenrufe tätigen –, dann sage ich Ihnen: Nehmen Sie ganz einfach zur Kennt­nis, wir haben eine enorm exportorientierte Industrie, und in dieser enorm exportorien­tierten Industrie gibt es ganz einfach Mechanismen, die wir nationalstaatlich nicht lösen können.

Ich kann bei General Motors die Kurzarbeit zur Überbrückung als Lösung anbieten. Ich kann bei General Motors die Qualifikationen mit Aufschulungen als Lösung anbieten.


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Ich kann bei der Firma Engel Kurzarbeit als Lösung anbieten. Ich kann bei der Firma Engel Kurzarbeit plus Schulung als Lösung anbieten. Das können wir lösen, aber das Problem der Spritzgussmaschinen, die in China nicht gekauft werden, das Problem der Spritzgussmaschinen, die in Korea nicht gekauft werden oder in Amerika, das können wir hier nicht lösen, und das ist ganz einfach unser Problem bei der Arbeitslosigkeit in der Industrie. Das verstehen die Menschen, und das ist den Menschen auch verständ­lich zu machen. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Grosz: Der Herr Androsch, Genosse An­drosch, der die Betriebe verlegt! Oder Leykam!)

Wenn hier gesagt wird, wir vergessen auf Menschen, die pflegebedürftig sind, dann ge­statten Sie mir ganz einfach einen zarten Hinweis: Ich weiß nicht, ob man das „verges­sen“ nennen kann, wenn man vom Jahr 2008 auf das Jahr 2009 um 200 Millionen € mehr ausgibt. Die Frage ist, wo die 200 Millionen hingehen – nach Ihren Worten müs­sen die ja irgendwo hinfliegen. Sie fließen zu den Pflegestufen I bis VII. Dort fließen sie hin, denn um genau 200 Millionen € geben wir innerhalb von zwölf Monaten mehr für das Pflegegeld aus. (Abg. Kickl: Versprochen habt ihr aber etwas ganz etwas ande­res, gell?!) Wir haben 2008 1,7 Milliarden € ausgegeben, und wir werden heuer Ende des Jahres 1,9 Milliarden € ausgegeben haben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Weil hier ein bisschen das Thema Mindestlohn aufgekommen ist und behauptet wurde, da tue sich nichts:

Punkt eins: Über 80 Prozent der Kollektivverträge haben als Mindestentlohnung 1 200 €. (Abg. Ing. Westenthaler: Brutto! Was bleibt ihm netto? 800 € bleiben ihm!)

Punkt zwei: Wenn Sie hier meinen, die Rechtsanwälte zahlen das nicht, dann lade ich Sie gerne ein: Reden Sie mit der Kärntner Ärztekammer – Sie kommen von dort! –, dass die überall die 1 000 € bezahlen! (Abg. Riepl: Wer zahlt?) Reden Sie mit der Kärntner Rechtsanwaltskammer, dass die überall die 1 000 € bezahlen! Wir machen etwas anderes: Wir machen hier keine Polemik, sondern wir arbeiten daran, dass die Kollektivverträge unterschrieben werden, und sie sind auch unterschrieben und sie sind auch da. (Abg. Ing. Westenthaler: Es gibt keine 1 000 €!)

Wir sind auf dem Weg zu 1 200 € Mindestlohn in diesem Land, denn über 80 Prozent der KVs haben das bereits, und die restlichen 20 Prozent werden wir auch noch schaf­fen. (Abg. Ing. Westenthaler: Wie viel ist das netto?) Es wird noch ein langer Weg, aber wir werden es schaffen. Das auch nur zur Darstellung. (Beifall bei der SPÖ.)

Da das heute auch so ein bisschen angesprochen wurde, möchte ich zu den Pensio­nen Folgendes ganz klar feststellen: Wenn wir all das betrachten, was wir derzeit in dieser Weltwirtschaft an Krise erlebt haben (Abg. Ing. Westenthaler: Was machert’s ihr, wenn die Krise nicht wäre?!), dann hat sich erwiesen: Das umlagefinanzierte Al­terssicherungssystem ist das stabilste, das es gibt. Ich glaube, das ist eine ganz klare Antwort an all diejenigen, die meinen, nur Kapitaldeckungsverfahren sind das Positive. (Abg. Kickl: Da braucht’s ihr eine gescheite Familienpolitik!)

Unser umlagefinanziertes Alterssicherungssystem namens ASVG ist der stabilste Fak­tor, um alten Menschen in ihrer Pension einfach Sicherheit zu geben – nicht wie in vie­len Ländern Europas und weltweit, wo kapitalgedeckte Verfahren im Vordergrund ste­hen und wir heute eine verarmende Seniorenbevölkerung haben. (Beifall bei der SPÖ. Zwischenruf des Abg. Dolinschek.)

Zum Thema Mindestsicherung nur ein paar Bemerkungen, weil ich glaube, wir werden das in diesem Haus noch ein paar Mal diskutieren.

Punkt eins: Wir haben eine Mindestsicherung in der Pipeline, die umfasst als Grundbe­trag keine 733 €, denn in die 733 € ist ein 25-prozentiger Wohnanteil inkludiert.


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Wir sind uns, glaube ich, auch einig, dass man mit diesem 25-prozentigen Wohnanteil nicht wohnen kann. Demzufolge wird das sein, was heute ist: In allen Bundesländern wird das Wohnen extra bewertet und extra bezahlt – in vielen Ländern nicht aus der Sozialhilfe, sondern aus der Wohnbeihilfe (Abg. Dr. Moser: Und aus der Wohnbauför­derung!), ein anderer Topf, um das einmal klarzustellen. In Vorarlberg wird das aus der Wohnbeihilfe bezahlt, in Wien wird das aus der Wohnbeihilfe bezahlt, und im Burgen­land nicht anders. Das ist einmal Punkt eins.

Punkt zwei ist die Frage, was mit Sonderzahlungen geschieht. Es gibt Bundesländer, die zahlen 14 Mal aus, und es gibt Bundesländer, die zahlen zwölf Mal aus, weil zum Beispiel die Heizbeihilfe in einem Bundesland auf zwölf Zwölftel dazugerechnet wird, im nächsten Bundesland ist die Heizbeihilfe der dreizehnte Auszahlungsbetrag. In einem anderen Bundesland ist die Bekleidungsbeihilfe zwölf Zwölftel, im nächsten Bun­desland ist der vierzehnte Auszahlungsbetrag die Bekleidungsbeihilfe. Das heißt, wir haben vollkommen unterschiedliche Systeme, in jedem Bundesland anders gewach­sen – historisch, wie auch immer. (Abg. Neubauer: Genau!) Das ist nicht zu kritisieren, das ist so, 50 Jahre Sozialpolitik in jedem Bundesland.

Was wir erreichen wollen, und das ist genau das Ziel, das Sie bitte einmal verinnerli­chen mögen: Wir sind wahrscheinlich das einzige Land der Welt, das es sich mitten in einer der schwierigsten Wirtschaftskrisen erlaubt, es sich leistet, über eine Verbesse­rung der Sozialhilfe nicht nur zu diskutieren, sondern sie auch zu beschließen. Wir sind mit hoher Wahrscheinlichkeit das einzige Land dieser Welt – von Europa weiß ich es hundertprozentig –, in dem nicht von einer Kürzung von Sozialsystemen geredet wird, sondern von einer Verbesserung. (Abg. Ing. Westenthaler: Die Backhendeln fliegen auch gleich!)

Wir können darüber streiten, ob die Verbesserung ausreichend ist, ja, darüber können wir streiten, aber ich glaube, wir sollten uns darüber einig sein, dass eine Verbesse­rung des Sozialsystems in dieser wirtschaftlichen Situation, in der wir uns derzeit welt­weit befinden, einzigartig ist, und das sollten wir einmal alle in den Vordergrund unse­rer Kritik stellen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es wird ja mit der Mindestsicherung sicher nicht weniger Geld ausgegeben, sondern es wird mehr Geld ausgegeben. Alleine von Bundesseite haben wir einen Mehrauf­wand von 170 Millionen €. Das ist ja nicht irgendetwas – nur von Bundesseite, die Länder jetzt gar nicht mitgerechnet. In den Ländern sind es mindestens noch einmal 50 Millionen €. Das ist ein Mehraufwand, den wir bereit sind, auszugeben.

Wir haben auch Verschiebungen, weil wir mit der Mindestsicherung endlich einmal er­reicht haben, dass es in ganz Österreich einen einheitlichen Vermögensbegriff und einen einheitlichen Regressbegriff gibt und nicht das, was in einigen Bundesländern passiert: Wenn man Arbeit annimmt, muss man die Sozialhilfe zurückbezahlen. Das haben wir damit in Zukunft verhindert.

Wir haben auch einen einheitlichen Zugang, wie wir mit AlleinerzieherInnen umgehen. All das ist in dieser Mindestsicherung mit verbunden, und das sollte es uns wert sein, einmal über das Gesamtpaket zu diskutieren. Und dann werden wir über den Jahres­betrag diskutieren, und in diesem Jahresbetrag ist es dann sekundär, ob ich durch zwölf oder durch vierzehn dividiere. – Das ist der entscheidende Point. (Abg. Dr. Bela­kowitsch-Jenewein: „Point“!?) Dieser Jahresbetrag wird aber weiterhin das Wohnen nicht beinhalten, weil der Bereich Wohnen weiterhin über die Wohnbeihilfen zu erledi­gen ist, weil wir auch unterschiedliche Wohnungskosten haben.

Wir werden das Thema Wohnungskosten einerseits in Salzburg Stadt oder anderer­seits in Eisenstadt bundesweit nie regeln können. Das werden wir nie lösen können, das müssen wir weiterhin individuell zugänglich lösen. Ich ersuche nur darum, auch bei


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dieser Diskussion diese Versachlichung hineinzubringen, immer getragen von dem Ge­danken: Wir sind das einzige Land Europas, das in der schwersten wirtschaftlichen Kri­se, in der sich derzeit die Weltwirtschaft befindet – und hoffentlich nicht mehr lange be­findet –, eine Verbesserung der Mindestsozialstandards diskutiert, verhandelt und be­schließt. Ich danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

21.09


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Grosz. Eingestellte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Zurück zur Wahrheit!)

 


21.10.22

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Ho­hes Haus! Ich darf mich gleich einmal an Frau Abgeordnete Silhavy und an Frau Abge­ordnete Csörgits wenden, die beiden Abgeordneten in der gleichen Reihe, die auch in der heutigen Debatte quasi gleichermaßen das soziale Gewissen der Sozialdemokratie darstellen.

Da komme ich natürlich nicht umhin, die „Kleine Zeitung“ vom 18. März 2009 zu zitie­ren – Frau Silhavy und ihr soziales Gewissen –:

„Nach der Neuwahl zählte sie nicht mehr zu Faymanns erster Wahl, sitzt derzeit aber als Abgeordnete und Tourismussprecherin der SPÖ im Nationalrat. Mit einer Gage von brutto 8 160 Euro pro Monat plus Nebengebühren. Als sie in die Regierung gewechselt war, war Silhavy von ihrem Job als Landes-Frauensekretärin des ÖGB karenziert wor­den, jetzt will sie diesen Job zurück. (Abg. Ing. Westenthaler: Aha!) Ab September soll es so weit sein. ‚Pech‘ für Gerrit Taucar, die inzwischen engagiert das Geschäft als Landessekretärin übernommen hat. Sie hat immer nur befristete Verträge bekommen, ab September steht die Mutter von zwei Kindern nun auf der Straße. (Abg. Ing. Wes­tenthaler: Unglaublich! Das ist ja unglaublich!) Jetzt ist sie auf Jobsuche. (...) Vom ÖGB gab es bisher keine Hilfe für Taucar.“ – Norbert Swoboda, Claus Albertani, „Stei­ermark intern“, „Kleine Zeitung“ vom 18. März 2009. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist Sozialpolitik! Eine Mutter auf die Straße setzen!)

Ich danke für Ihre Arbeitsmarktpolitik, Frau Silhavy. Frau Taucar und alle arbeitslosen Frauen in diesem Land bedanken sich. Aber, Frau Abgeordnete, Sie sind kein un­beschriebenes Blatt. Ich zitiere eine parlamentarische Anfrage des Herrn Mag. Tan-
cits, ehemaliger Abgeordneter der Österreichischen Volkspartei, an den damaligen Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit.
(Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Jarolim und Fürntrath-Moretti.)

Am 6. September 2001, so heißt es dort, melden die Tageszeitungen: „‚Am Freitag fin­det im Wiener Arbeits- und Sozialgericht eine politisch äußerst pikante Verhandlung statt. Eine 58-jährige ehemalige parlamentarische Mitarbeiterin‘“ – 58 Jahre, parlamen­tarische Mitarbeiterin, ohne jemals noch eine Chance auf einen Job! „‚hat ausgerech­net SP-Sozialsprecherin Heidrun Silhavy geklagt, weil sie von dieser nach 5-jähriger Tätigkeit gekündigt wurde. Die Exmitarbeiterin wirft der Sozialsprecherin vor, ,sozial­widrig‘ gekündigt worden zu sein.‘“

Frau Csörgits, und Ihr soziales Gewissen? Ich zitiere das „FORMAT“ vom 9. Feb­ruar 2001 (Abg. Dr. Jarolim: Das Vorstrafenregister vom Herrn Westenthaler ...!): „Die Aussage seiner ÖGB-Kollegin Renate Csörgits, die Ihr Netto-Gehalt um 17 000 Schil­ling (in etwa) zu gering“ – monatlich – „angeben hatte, kommentiert Nürnberger so: ‚Vielleicht haben Sie mitbekommen, daß ich während dieser Pressekonferenz am liebs­ten unter den Tisch gekrochen wäre. Meine Körpersprache kann ich leider nicht zu­rückhalten. Ich vertrete viele Fabriksarbeiterinnen, die 17 000 Schilling nicht einmal


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brutto verdienen.‘“ (Abg. Ing. Westenthaler: Das sind soziale ...!)  Das zu Ihrem so­zialen Gewissen, Sie „Boulevard of Social Dreams“ der zweiten Reihe der Sozialdemo­kratie. (Heiterkeit und Beifall beim BZÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren, nunmehr zum Sozialbericht. Ich gratuliere Ihnen, Herr Sozialminister, dass Sie solche Pfeiler Ihrer Sozialdemokratie haben, die vom so­zialen Gewissen, von den Gehältern einer Fabriksarbeiterin, von „In-etwa-Löhnen“ und von Kündigungen – sozialrechtswidrigen Kündigungen! so viel Bescheid wissen wie Ihre sozial engagierten Damen mit den fetten Gehältern und mit den Doppelbezügen. (Abg. Ing. Westenthaler: Da atmet sogar der Herr Minister schwer!)

Sehr geehrter Herr Bundesminister, um jetzt zu Ihrem Sozialbericht zurückzukommen. Das, was uns stört, und das, was wir eingefordert hätten und was Sie bis dato noch nicht gemacht haben, ist Folgendes: Es gab keinerlei Valorisierung des Pflegegeldes (Abg. Mag. Lapp: Haben Sie geschlafen?! Sie sollten sich besser informieren!), keiner­lei dauerhafte, verlässliche Valorisierung des Pflegegeldes. Eine von uns vorgeschla­gene Abschaffung der Selbstbehalte für Kinder bei Spitalsaufenthalten kam auch nicht, detto auch im Sozialbericht, auch bisher nicht durchgeführt worden – eine Pflege­gelderhöhung, die viel zu spät gekommen ist. Da gebe ich Ihnen recht, aber da brau­chen Sie sich nicht darüber zu erregen, sondern Sie sollten sich lieber gegenüber je­nen Menschen in diesem Land schämen, die Pflegegeld beziehen.

Sehr geehrter Herr Bundesminister, wenn Sie bei 350 000 Arbeitslosen, die es in Ös­terreich gibt (Zwischenbemerkung von Bundesminister Hundstorfer) – inklusive jene Menschen, die von Ihnen menschenrechtswidrig zu Häkelkursen vergattert werden, nur damit sie nicht in Ihrer Statistik aufscheinen (Beifall beim BZÖ) –, davon sprechen, dass das Ihre Leistungsbilanz ist und dass es in Österreich eh nicht so schlecht ist, dann, sage ich Ihnen, haben Sie die Realität nicht erkannt.

Ich habe noch nie, seitdem ich politisch interessiert bin – und das ist seit 15 Jahren so –, einen so selbstzufriedenen Sozialminister gesehen. Ein Sozialminister kämpft für die Rechte sozial benachteiligter Menschen in dem Land. Ein Sozialminister zeichnet sich dadurch aus, dass er auch mit dem Finanzminister hart ins Gericht geht, wenn es darum geht, für sozial schwache Menschen, für in Arbeit stehende Menschen, für ar­beitslose Menschen etwas in diesem Land durchzusetzen. (Abg. Dr. Jarolim: So ein Holler! So ein Unsinn!)

Das, was Sie machen, sich hier herzustellen und eine Erfolgsbilanz zu verkaufen, am Höhepunkt einer Krise, die Sie noch mit Ihrer Untätigkeit verstärken, das ist leider Gottes nicht genügend, setzen, durchgefallen – tragisch für alle Österreicherinnen und Österreicher!

Wenn Sie da ständig mit Ihrer Bilanz einer schwarz-blau-orangen Regierung daher­kommen, dann beziehe ich jetzt die freiheitliche Fraktion und uns mit ein, und auch die Österreichische Volkspartei.

350 000 Arbeitslosen stelle ich die Einführung des Kinderbetreuungsgeldes gegenüber. Ihrem Scheitern beim Pflegemodell stelle ich die Gleichstellung von Arbeitnehmern und Angestellten sowie die „Abfertigung neu“ entgegen. Ich stelle Ihnen auch noch zwei Steuerreformen anheim, an denen Sie knabbern können, die in dieser Zeit, die Sie als so unselig und leidvoll bezeichnen, passiert sind.

Das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz schicke ich Ihnen auch gleich mit auf die Reise (Abg. Mag. Lapp: Unfallrentenbesteuerung! Ambulanzgebühren!), weil da­rauf sind Sie auch so stolz. Vor zwei Tagen sehe ich plötzlich einen sozialdemokrati­schen Politiker im Fernsehen, der sagt, ja, uns ist so viel gelungen – das Kinderbetreu­ungsgeld und das Behindertengleichstellungsgesetz. Das ist jetzt die Regierungsbi-


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lanz. Dass das alles 2000 und 2004 eingeführt worden ist, vergessen Sie ja geflissent­lich bei Ihrer Bilanz des Nichtsnutzes und des Nichtstuns.

Sehr geehrter Herr Bundesminister, wenn Sie nächstes Jahr hier einen Sozialbericht präsentieren, dann erwarten wir uns, dass Sie in der Zwischenzeit Ihre Hausaufgaben erledigt haben, im Interesse jener Menschen, die in diesem Land endlich Arbeit von Ih­nen verlangen und nicht da zu sitzen, in Ihrem Arbeiterkammer-Barock im Sozialminis­terium. – Ich danke Ihnen. (Beifall beim BZÖ.)

21.16


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Silhavy zu Wort gemeldet. Ich verweise auf die Bestimmungen der Ge­schäftsordnung und erteile Ihnen das Wort. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Ob das nicht zu schwierig ist für sie?)

 


21.17.09

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Der Herr Grosz hat behauptet, dass Frau Taucar arbeitslos geworden wäre und sich bei mir dafür bedanken würde. – Dies ist unrichtig!

Ich habe mich in Absprache mit Frau Taucar neun Monate karenzieren lassen, damit sie nicht arbeitslos wird. Sie hat mehrere Jobangebote bekommen, hat auch eines davon angenommen und war keinen einzigen Tag arbeitslos. (Abg. Mag. Lapp: So schaut’s aus!)

Und im Gegensatz zum Herrn Westenthaler habe ich mich dem Arbeits- und Sozialge­richt gestellt und bin von dort auch in allen Punkten freigesprochen und reingewaschen worden. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Ing. Westenthaler: Das war viel, aber keine tat­sächliche Berichtigung! Anhaltende Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von BZÖ und SPÖ.)

21.17


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Riepl. Eingestellte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


21.17.57

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Kollege Grosz, Kollege Dolinschek, Kollege Westenthaler! Insbesondere möchte ich mich an den Kollegen Grosz wenden: Wenn Sie sachlich Sozialpolitik mit der Sozialde­mokratie dieses Hauses diskutieren wollen, dann stehen wir Ihnen zur Verfügung. (Abg. Dr. Jarolim: Die Grosz-Rede war fünf, setzen! Man sollte das Vorstrafenregister von Herrn Westenthaler ...!)

Wenn Sie diffamieren, dann stehen wir Ihnen nicht zur Verfügung. Wenn Sie so tief ar­gumentieren wie hier, dann müssen Sie zur Kenntnis nehmen, dass wir Sie nicht res­pektieren. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Ing. Westenthaler: Gehen Sie halt nach Hause, wenn Sie nicht diskutieren wollen!)

Herr Bundesminister, danke für den Überblick im Rahmen dieses Sozialberichtes. Er zeigt, wo wir hohe Standards in der Sozialpolitik in unserem Land haben, und er zeigt aber auch auf, wo weiterhin Handlungsbedarf besteht. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jene­wein: Das können Sie laut sagen!)

Die hohen Standards sind trotz der Politik der letzten Jahre so geblieben, insbesondere der Jahre ab 2000, die ja begleitet waren von Massendemonstrationen, von einem So­zialstaats-Volksbegehren, von Sozialabbau und Pensionsraub, wie damals die Schlag­zeilen in den Zeitungen gelautet haben. (Abg. Kickl: Dass Sie das Wort in den Munde nehmen! Abg. Ing. Westenthaler: Die Pensionen zurückzahlen ...!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 234

Was war die entsprechende Botschaft? – Weniger Staat, mehr privat. Die private Vor­sorge ist von der damaligen Regierung, also von den Freiheitlichen und auch vom BZÖ eine Zeit lang in den Vordergrund gestellt worden.

Die zweite, dritte Säule, insbesondere in der Alterssicherung, ist propagiert worden. Ich sage ganz klar dazu: Wir von der Sozialdemokratie haben nichts gegen eine zweite, dritte Säule, wenn sie als Ergänzung zur Alterssicherung und als Ergänzung zur ersten Säule gemeint ist.

Was Sie, Herr Kollege Dolinschek, in der Politik aber unterstützt haben, war nicht als Ergänzung, sondern als Ersatz für die erste Säule zu verstehen. (Abg. Dolinschek: Nein!) Das war das Problem, und das hat zu der großen Diskussion geführt.

Kollege Wöginger hat auf die sogenannte Pensionssicherungsreform hingewiesen. Ich denke, es ist auch ganz gut, sich das ein bisschen näher anzuschauen; ich möchte das ganz kurz tun. Kollege Wöginger hat gemeint, Gerechtigkeit sei wichtig in der Al­terssicherung und in der Pensionsversicherung, und er hat das auch mit dem Bundes­beitrag kombiniert.

Interessant in diesem Zusammenhang ist: Wer braucht eigentlich viel Bundesbeitrag, welche Bevölkerungsgruppe, und wer zahlt viel ein? – Wir wissen, dass die Unselb­ständigen, also die Arbeiter und Angestellten, heute einen Pensionszuschuss, prak­tisch einen Bundesbeitrag, von lediglich 13 Prozent brauchen. Das heißt, 13 € von 100 € Pension – so liest man es im Handbuch der Sozialversicherung nach – sind Bun­desbeitrag.

Wie schaut das bei den Gewerbetreibenden aus? – Dort liegt der Bundesbeitrag bei 33 Prozent. Bei den Bauern beträgt der Bundesbeitrag 81,8 Prozent, also fast 82 Pro­zent. Das heißt, 82 € je 100 € ausbezahlter Pension macht der Zuschussbedarf des Staates für eine Bauernpension aus. Ich denke, dass man sich dieses Thema in Zu­kunft auch anschauen muss.

Ich habe ja schon gesagt, es gibt Handlungsbedarf, und einer der Gründe dafür ist auch, dass wir unterschiedliche Beitragsleistungen haben. Es ist heute schon gesagt worden: 22,8 Prozent werden für Arbeiter und Angestellte ins System eingespeist, bei den Gewerbetreibenden sind es 16 Prozent und bei den Bauern nur 15 Prozent. Also diejenigen, die am wenigsten Beitrag zahlen, brauchen den höchsten Zuschuss. Das ist wohl nicht im Sinne des Kollegen Wöginger gerecht. Ich danke für diese Bemerkun­gen, dass für Gerechtigkeit gesorgt werden soll, auch in dieser Koalitionsregierung. Das ist ein Themenfeld, wo wir ansetzen müssen.

Ich meine – und damit schließe ich –, dass es Österreich ganz sicher auch künftig noch an Verteilungsgerechtigkeit mangelt. (Beifall bei der SPÖ.)

21.22


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeord­nete Dr. Belakowitsch-Jenewein. Eingestellte Redezeit: 1 Minute. – Bitte.

 


21.22.23

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Nach all diesen Schönfärbereien, die wir jetzt gehört haben, kommen wir zurück zum Sozialbe­richt, der ganz eindeutig sagt, dass es große Gruppen von Menschen gibt, die nach wie vor benachteiligt sind! Eine dieser Gruppen sind vor allem die behinderten Men­schen, die in diesem Sozialbericht als besonders armutsgefährdet dargestellt werden. Um aber auch diesen Menschen die Möglichkeit zu geben, dass sie einer Arbeit nach­gehen können, muss auch die Mobilität gesichert sein. Gerade für körperbehinderte Menschen ist das oft ein ganz großes Problem.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 235

In diesem Zusammenhang möchte ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vergütung von 20 Prozent des Kaufpreises bei der Anschaffung von Kraftfahrzeugen durch Behinderte

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zur Änderung des Bundesbehindertengesetzes zuzuleiten, die sicherstellt, dass statt der Abgeltung der Normverbrauchsabgabe bei der Lieferung von Kraftfahrzeugen für be­hinderte Menschen künftig eine Rückvergütung von 20 Prozent des Kaufpreises bis zu einem anrechenbaren Kaufpreis von 40 000 € zuzüglich die Kosten für behinderungs­bedingt notwendige Umbauten stattfindet.“

*****

Ich glaube, dass das ein Schritt in eine Richtung sein sollte, der behinderten Menschen vermehrt Mobilität zusichern kann. Wir sind heute in der Situation, dass das noch nicht gegeben ist, und ich bitte daher um Ihre Zustimmung. (Beifall bei der FPÖ.)

21.23


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Hofer, Dr. Belakowitsch-Jenewein und weiterer Abgeordneter betreffend Vergütung von 20 Prozent des Kaufpreises bei der Anschaffung von Kraft­fahrzeugen durch Behinderte

eingebracht im Zuge der Debatte zum Tagesordnungspunkt 6, Bericht des Ausschus­ses für Arbeit und Soziales über den Sozialbericht 2007/2008 des Bundesministers für Soziales und Konsumentenschutz (III-27/240 d.B.), in der 37. Sitzung des Nationalra­tes am 23. September 2009

Gemäß § 36 Abs 1 Bundesbehindertengesetz (BBG) findet bei der Lieferung von Kraft­fahrzeugen für behinderte Menschen eine Rückvergütung der Normverbrauchsabgabe (NoVA) statt, sofern die erforderlichen Voraussetzungen der Ziffern 1 bis 4 des § 36 Abs. 1 erfüllt sind. Diese Abgeltung ist bis zu einem Kaufpreis von 20.000 Euro zuzüg­lich der Kosten für die durch die Behinderung notwendige Zusatzausstattung möglich.

Bei Totalschaden oder irreparabler Beschädigung des Kraftfahrzeuges ohne eigenes Verschulden kann um eine Ausnahmegenehmigung angesucht werden. Ansonsten ist ein neuerlicher Antrag erst nach Ablauf von fünf Jahren zulässig.

Die geltenden Bestimmungen bergen zwei große Nachteile in sich. Einerseits wird der Kauf von Gebrauchtwagen durch Behinderte - mit Ausnahme von Jahreswagen - nicht gefördert und zum anderen stellt die NoVA-Rückvergütung für Menschen mit Behinde­rung einen Anreiz dar, ein Fahrzeug mit hohem Kraftstoffverbrauch anzuschaffen.

Darüber hinaus sollte sich die Angemessenheitsüberprüfung der Höhe nach am Ein­kommensteuerrecht orientieren, das bei der Anschaffung von Personenkraftwagen die Luxustangente bei EUR 40.000,00 vorsieht. Es gilt zu berücksichtigen, dass behinderte Menschen für Hilfsmittel zur Bewältigung des Alltags oftmals auf ein größeres Fahr­zeug angewiesen sind.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 236

Um diese negativen Aspekte der NoVA-Abgeltung zu beseitigen, soll künftig nicht mehr die NoVA sondern 20 Prozent des Kaufpreises bis zu einem anrechenbaren Kaufpreis von 40.000 Euro zuzüglich die Kosten für behinderungsbedingt notwendige Umbauten (z.B. Automatik, Servolenkung, Umbau von Pedalen) rückvergütet werden. Ein neuerli­cher Antrag soll entsprechend den geltenden Bestimmungen auch hier erst nach Ab­lauf von fünf Jahren zulässig sein.

Durch diese Neuregelung wird der Ankauf von Gebrauchtwagen durch behinderte Menschen nicht benachteiligt und behinderte Menschen, die sich ein verbrauchsarmes Kraftfahrzeug anschaffen, werden nicht weiter bestraft.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zur Änderung des Bundesbehindertengesetzes zuzuleiten, die sicherstellt, dass statt der Abgeltung der Normverbrauchsabgabe bei der Lieferung von Kraftfahrzeugen für be­hinderte Menschen künftig eine Rückvergütung von 20 Prozent des Kaufpreises bis zu einem anrechenbaren Kaufpreis von 40.000 Euro zuzüglich die Kosten für behinde­rungsbedingt notwendige Umbauten stattfindet.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Klikovits. Ein­gestellte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


21.23.52

Abgeordneter Oswald Klikovits (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundesminister! Wenn Kollege Kickl zu Beginn dieser Debatte darüber gesprochen hat, dass dieser Sozialbericht über die Jah­re 2007 und 2008 ein Dokument des Versagens und der Ungerechtigkeit ist, so kann ich dem naturgemäß nicht zustimmen. Ich halte dem gegenüber, Herr Kollege Kickl und all jene, die diesen Sozialbericht so massiv kritisiert haben, dass dieser Bericht ein, wie ich meine, Bericht über eine solidarische österreichische Gesellschaft ist, in der Leistungsträger gefördert und jene, die der Hilfe bedürfen, nicht als Almosenemp­fänger mitgenommen werden. Es gibt viele gute Beispiele, die das aufzeigen; einige sind schon genannt worden.

Natürlich sage ich auch, dass in etwa 5 Prozent Österreicherinnen und Österreicher, die sich vielleicht noch in Armut befinden oder als arm qualifiziert werden, 5 Prozent zu viel sind, und natürlich gibt es im Bereich der Pensionen noch vieles zu klären. Dazu vielleicht eine kleine Anmerkung: So, wie der ÖGB mit seinen Pensionisten umgegan­gen ist, sollte man in Zukunft nicht mehr mit ihnen umgehen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich glaube, dass das, was in Österreich an Sozialpolitik gemacht wird, ein gutes Bei­spiel dafür ist, dass eine solidarische Gesellschaft auch mit Leben erfüllt werden kann.

Der Sozialsprecher der Österreichischen Volkspartei, Gustl Wöginger, hat vorhin davon gesprochen, dass der Bereich der Pflege eine sehr wesentliche und wahrscheinlich eine der größten Zukunftsherausforderungen der österreichischen Sozialpolitik sein wird. Dieser Auffassung bin ich auch, aber wie manche Redner hier das skizziert ha­ben, vor allem Herr Kollege Grosz in seinen bühnenreifen Auftritten (Abg. Grosz: Wol-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 237

len Sie wirklich behaupten, dass das Parlament ein Theater ist?), dazu kann ich nur sa­gen, dass wir im Rahmen des Bundespflegegeldes im Jahr 2008 für 342 000 Personen insgesamt 1,69 Milliarden € ausgegeben haben und dass wir mit unserer Sozialhilfe 131 000 Personen in Privathaushalten, 60 000 Personen in Alten-, Wohn- und Pflege­heimen unterbringen und dafür auch die notwendigen Mittel aufbringen.

Kollege Öllinger hat darüber gesprochen – er ist jetzt nicht im Saal –, dass wir bei der 24-Stunden-Pflege noch weit weg sind von entsprechenden Löhnen und die Tsche­chen, die Slowaken, die Ungarn und die anderen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus benachbarten Ländern keinen entsprechenden Lohn erhalten. – Das stimmt natür­lich nicht, Herr Kollege Öllinger! Ich kann Ihnen aus eigener Erfahrung sagen: Bei 300 Beschäftigten im Burgenländischen Hilfswerk haben wir 3 Prozent Ausländeranteil. Was uns fehlt, sind tatsächlich die Fachkräfte, und da erwarte ich mir in Zukunft viel­leicht noch verstärkt Maßnahmen, dass dem entsprechend auch diplomiertes Personal, Krankenpflegepersonal in Österreich ausgebildet wird. Das ist ein Zukunftsmarkt und eine Arbeitsplatzchance, die wir, glaube ich, noch viel stärker nützen müssen. (Beifall bei der ÖVP.)

Zusammenfassend: Wir haben in diesem Bericht klargestellt, dass wir sehr viele Ver­besserungen in den vergangen Jahren durchgesetzt haben. Ich denke hier nur an
die Sicherung der Pflege und Betreuung von Menschen bei der Unterstützung in der
24-Stunden-Pflege, ich denke daran, dass eben mit 1. Juli 2007 die begünstigte Wei­ter- beziehungsweise Selbstversicherung in der Pensionsversicherung eingeführt wur­de, und an viele andere Bereiche mehr.

Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Herr Bundesminister! Ich glaube wirklich aus fester Überzeugung – es kann natürlich immer ein bisschen mehr sein –: Das, was Österreich an Solidarhandlungen mit jenen, die tatsächlich Hilfe brauchen, leistet, kann sich sehen lassen, und ich glaube, dass wir auch weiterhin auf einem guten Weg sein werden. (Beifall bei der ÖVP.)

21.28


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Neubauer. Eingestellte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


21.28.34

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Gestatten Sie mir, sehr geehrte Damen und Herren, eingangs fol­genden Antrag einzubringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Inflationsanpassung des Pflegegeldes

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, schnellstmöglich alle erforderlichen Schritte zu setzen, um das Pflegegeld so anzupassen, dass es inflationsbereinigt dem Wert bei dessen Einführung im Jahr 1993 entspricht. In Zukunft soll zudem eine jährliche Index­anpassung des Pflegegeldes sichergestellt werden.“

*****

Ich ersuche um Ihre geschätzte Zustimmung zu diesem wichtigen Antrag, wie ich meine.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 238

Sehr geehrter Herr Bundesminister, Sie haben vorhin gesagt, dass Sie das Thema Se­nioren und auch die Pensionen sehr wichtig nehmen. Darauf zurückkommend darf ich Ihnen sagen – vielleicht einer der Gründe, warum die Sozialdemokratische Partei bei den letzten Wahlen wirklich nicht gut abgeschnitten und auch in Vorarlberg das Ziel wohl nicht erreicht hat –: Professor Filzmaier hat in einer Wahlanalyse gemeint, Sie ha­ben zum Thema Ausländer beziehungsweise Migration keine Kompetenz beziehungs­weise vertreten dazu keine Position. Gleichzeitig sei es der FPÖ als sozialer Heimat­partei gelungen, der SPÖ im Sozialbereich massiv Wasser abzugraben. – Das glaube ich auch, denn die Arbeit der Freiheitlichen Partei kann hier wirklich sensationelle Erfol­ge aufweisen.

Ich darf Ihnen anhand von zwei Beispielen erklären, wo das der Fall war. Hier an die­ser Stelle (auf die Regierungsbank weisend) ist im September 2008 Herr – damals noch – Bundesminister Faymann gesessen und hat erklärt, vollmundig, er werde das Senioren-Ticket für die ÖBB auch im Jahr 2009 verlängern. – Dieses Versprechen hat genau zwei Monate gehalten. Es gibt natürlich im Jahr 2009 kein Senioren-Ticket!

Zwei Millionen Menschen in unserem Land werden es der Sozialdemokratie nicht ver­gessen – wir werden dafür sorgen –, dass sie dieses Versprechen, wie so viele andere auch, gebrochen hat.

Ein zweites Beispiel, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist die Pensionsanpas­sung der Jahre 2007/2008. – Herr Kollege Riepl, ich darf Sie an dieser Stelle ganz auf­richtig korrigieren: Es hat eine Regierungsvorlage gegeben, die die Mindestpensionisten wirklich sehr stark benachteiligt hat. Wir haben geklagt, wir haben recht bekommen. Das bedeutet, dass 500 000 Pensionisten, vorwiegend Frauen, ab sofort 1,5 Prozent, aufgezahlt auf 2,9 Prozent, das sind 120 € im Jahr, rückwirkend mit 1. Jänner 2008 240 € rückerstattet bekommen. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist freiheitliche Politik, wie wir sie sehen, sehr geehrte Damen und Herren! Das hat Ihnen damals Herr Bundeskanzler Gusenbauer eingebrockt.

Eines noch: Können Sie mir noch erklären, meine Damen und Herren von der SPÖ, was das hier bitte soll? (Der Redner hält eine Kopie eines Werbeplakats in Richtung SPÖ.) Sie werben für die Wahl in Oberösterreich auf Türkisch um türkisch-österreichi­sche Staatsbürger. Es geht mir jetzt nicht um die türkisch-österreichischen Staatsbür­ger, aber können Sie mir vielleicht erklären, warum Sie diese Menschen, die wahlbe­rechtigt sind, auf Türkisch ersuchen, die SPÖ zu wählen! Müssten die nicht schon längst Deutsch können? (Beifall bei der FPÖ.) Das würde auch bedeuten, dass wir die­se Migration bereits hinter uns haben. – Also auch hier haben Sie versagt, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Das ist der Grund dafür, dass wir auch die nächsten Wahlen in Oberösterreich gewin­nen werden. Sie werden erleben, dass Sie nicht mehr Teil der Regierung sein werden. (Beifall bei der FPÖ.)

21.32


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der eingebrachte Entschließungsantrag ist ausrei­chend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Hofer, Dr. Belakowitsch-Jenewein, Kickl und weiterer Abgeord­neter betreffend Inflationsanpassung des Pflegegeldes

eingebracht im Zuge der Debatte zum Tagesordnungspunkt 6, Bericht des Ausschus­ses für Arbeit und Soziales über den Sozialbericht 2007/2008 des Bundesministers für


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 239

Soziales und Konsumentenschutz (III-27/240 d.B.), in der 37. Sitzung des Nationalra­tes am 23. September 2009

Menschen mit Behinderung sind eine inhomogene Gruppe und müssen als solche mit ihren jeweiligen Bedürfnissen berücksichtigt werden. Dabei ist es wesentlich, dass Menschen mit Rechten ausgestattet werden und nicht als Hilfsempfänger gesehen werden. Ziel unterstützender Betreuung muss die Integration und ein möglichst selbst­bestimmtes Leben sein.

Eine gute Versorgung im Fall der Pflege- und/oder Betreuungsbedürftigkeit ist ebenso wie bei Krankheit, Unfall oder Behinderung eine Kernaufgabe des Sozialstaates. Ohne das Freimachen von Finanzmitteln lässt sich das Problem nicht lösen. Die Finanzie­rung darf nicht durch den Haushalt der Betroffenen erfolgen, aber auch nicht auf Kos­ten der Pfleger und Betreuer. Wenn die Finanzierung von Pflegenden und Betreuenden nicht solidarisch erfolgt und das Risiko weiter überwiegend privat getragen werden muss, kann die Schwarzarbeit in diesem Bereich nicht bekämpft werden.

Im Jahr 2005 wurden in Österreich 3,046 Mrd. Euro oder 1,2 % des BIP für Langzeit­pflege aufgewendet. Trotz steigender Zahl an Pflegegeldbeziehern hält sich aufgrund ausgebliebener Inflationsanpassungen des Pflegegeldes seit 1997 die Ausgabenquote für Langzeitpflege auf konstantem Niveau. Dies natürlich auf Kosten der betroffenen Pflegebedürftigen und der Angehörigen. Zum Vergleich: Die Ausgaben für Pflege be­tragen in Dänemark 2,8 % des BIP.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, schnellstmöglich alle erforderlichen Schritte zu setzen, um das Pflegegeld so anzupassen, dass es inflationsbereinigt dem Wert bei dessen Einführung im Jahr 1993 entspricht. In Zukunft soll zudem eine jährliche Index­anpassung des Pflegegeldes sichergestellt werden.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Schatz. Eingestellte Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


21.32.25

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In diesem Sozialbericht erfährt man, dass 1 170 000 Menschen in Österreich ein Ein­kommen unter der Armutsgefährdungsschwelle haben. – Herr Sozialsprecher Wögin­ger, wie hoch ist die Armutsgefährdungsschwelle in Österreich derzeit? (Abg. Steibl: Wir haben keine Fragestunde!) Weiß die ÖVP, wie hoch die Armutsgefährdungs­schwelle ist? Nein? Niemand? (Abg. Hornek: Wissen Sie es auch?) Es sind derzeit 910 €! 910 € – das wäre ein Betrag für eine Mindestsicherung, wie wir Grünen uns das vorstellen. (Beifall bei den Grünen.) Das würde den Menschen wirklich helfen, Herr Ab­geordneter und Sozialsprecher Wöginger! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hornek.) Aber es ist leider anders gekommen; es ist auch anders gekommen, als in Ihrem So­zialbericht angekündigt, Kollege Öllinger hat das schon erläutert.

Sicher, Herr Minister Hundstorfer, das, was jetzt vorliegt, ist ein wichtiger, ist ein erster Schritt, aber man kann damit definitiv noch nicht zufrieden sein, denn 733 € im Monat, zwölf Mal im Jahr ausbezahlt, sind, wenn man auf die Jahressumme schaut, nun ein-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 240

mal weniger als 733 € im Monat, vierzehn Mal ausbezahlt. Das ist so, auch wenn ich weiß, dass der Grund für diese niedrigere Jahressumme der ist, dass der ÖVP 733 € im Monat reichen, währenddessen die Armutsgefährdungsschwelle bei 910 € liegt. (Zwischenruf der Abg. Steibl.)

Herr Minister, Sie sagen, dass die 183 €, die für Wohnkosten vorgesehen sind, sicher nicht reichen. Dem stimme ich zu, vor allem als Salzburgerin, ich weiß aber auch, wenn Sie dann auf die landesspezifischen Regelungen verweisen, dass etwa der höchstzulässige Wohnungsaufwand in der Sozialhilfe in Salzburg nicht reicht, um tat­sächlich den Wohnungsaufwand zu decken, sondern dass bereits jetzt von der sonsti­gen Sozialhilfe, individuell von den Sozialhilfebeziehern umverteilt werden muss. Das heißt, ich sehe nicht, warum das besser sein sollte.

Rechnen wir: 733 minus Ihre 183! – Was bleibt dann noch übrig?

Diakonie und Caritas sagen, der/die durchschnittliche Sozialhilfebezie­her/Sozialhilfebezieherin hat 4 € am Tag zur Verfügung. 4 € am Tag! (Bundesminister Hundstorfer: Die Rechnung ist falsch!) Sind es vielleicht mehr? Okay, 6, 8, aber mehr als 8 € – doppelt so viel, wie Caritas und Diakonie sagen – sind es sicher nicht. Früh­stück, Vormittagsjause, Mittagessen, Nachmittagskaffee, Abendessen – 8 € am Tag! Das kann sich nicht ausgehen, auch wenn die ÖVP sagt, das reicht.

Ich freue mich, jetzt auch auf die Zwischenrufe der ÖVP eingehen zu können, denn schließlich sagt die ÖVP, ein Unterschied müsse schon sein, denn es gebe auf der einen Seite die echten Armen, die Sozialhilfe beziehen, Mindestsicherung beziehen, und auf der anderen Seite die anderen Armen, die zu wenig Geld haben, weil ihnen ihr Arbeitgeber so wenig zahlt. – Das, meine Damen und Herren von der ÖVP, vom Wirt­schaftsbund, von der Industriellenvereinigung, ist wirklich extrem perfid! Sie verhindern seit Jahren, dass es Mindestlöhne gibt, die vor Armut schützen. Sie muten den Men­schen zu, Vollzeit zu arbeiten und weniger als 900 € netto im Monat zu bekommen! (Abg. Mag. Molterer: Primitiver geht’s nicht mehr!)

Ihr Minister Pröll nimmt dann diese beschämende Tatsache mit den weniger als 900 € netto Mindestlohn als Argument dafür, dass wir unter dieser Kategorie von Armen, die einen Job haben, auf jeden Fall eine noch deutlich darunterliegende Kategorie für an­dere Arme brauchen, weil nur so quasi gewährleistet ist, dass die anderen Armen mit Job diese schlecht bezahlten Jobs auch weiter tun.

Meine Damen und Herren! 1,2 Millionen Menschen in Österreich leben unter der Ar­mutsgefährdungsschwelle, und so, wie die Mindestsicherung jetzt vorliegt, wird sich daran leider bis auf Weiteres noch nicht sehr viel ändern. Die ÖVP findet das auch gut so, denn wohin kämen wir denn, wenn sich plötzlich alle Menschen in Österreich eine ordentliche Wohnung leisten könnten, im Winter durchheizen könnten, gesundes Es­sen kaufen könnten und den Zahnarztbesuch, die Selbstbehalte finanzieren könnten?! Wohin kämen wir denn da? – Die ÖVP ist ein Garant dafür, dass das in Österreich nicht geschieht.

Die ÖVP ist ein Garant dafür, dass wir ungerechte Löhne haben, dass wir ungleiche Chancen in unserem Bildungssystem haben, dass wir eine Zwei-, vielleicht sogar schon Dreiklassenmedizin haben. Die ÖVP ist ein Garant dafür, dass wir Steuerprivile­gien für Reiche haben. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Molterer: Primitiver geht es nicht mehr! Sogar der Öllinger schämt sich für diese Rede!) Die ÖVP ist ein Garant dafür, dass die Armut in Österreich nicht ausstirbt. – Die Auswirkungen dieser Politik können wir in diesem und in den nächsten Sozialberichten nachlesen. (Beifall bei den Grünen.)

21.37



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 241

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeord­nete Königsberger-Ludwig. Eingestellte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


21.38.10

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Öllinger, der Sozialbericht ist gut, da bin ich mit dir einer Meinung, und ich finde auch, die Sozialpolitik ist engagiert und am­bitioniert. Ich habe mir das auch anhand der Behindertenpolitik angesehen. Obwohl ich weiß, dass es in diesem Bereich sicher viel zu tun gibt, immer zu tun gibt, ist es doch eine positive Bilanz.

Ich bin der Ansicht, dass das Ziel von Behindertenpolitik sein muss, dass Menschen mit Behinderungen eine gleichberechtigte Teilhabe an allen Lebensbereichen haben. Auf diesem Weg zum selbstbestimmten Leben ist meiner Meinung nach vor allem die Teilhabe am Arbeitsmarkt ein ganz wesentlicher Baustein. Auch in diesem Bereich gibt es eine positive Bilanz, und es gibt – und darüber bin ich sehr froh – vor allem auch po­sitive Signale von Bundesminister Hundstorfer, dass trotz der Krise in diesem wichtigen Bereich nicht eingespart werden wird. Uns von der Sozialdemokratie und auch Bun­desminister Hundstorfer ist es wichtig, dass nicht die Schwächsten einer Gesellschaft die Zeche für eine Krise bezahlen, für die sie nichts können. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Beschäftigungsoffensive dieser Bundesregierung und auch der Vorgängerregierun­gen – das möchte ich gar nicht leugnen, Herr Kollege Kickl – kann sich durchaus se­hen lassen. Wir haben im Bereich der Arbeitsassistenz vieles weitergebracht, es gibt eine Jugendarbeitsassistenz, wir haben eine persönliche Assistenz. Es gibt Clearing­stellen für Jugendliche beim Übergang von Schule und Beruf, es gibt die integrative Berufsausbildung, es gibt integrative Betriebe – acht in Österreich – mit 25 Betriebs­stätten, die 1 500 Menschen mit Behinderung einen Arbeitsplatz bieten.

Es gibt eine Reihe von UnternehmerInnen-Förderungen, zum Beispiel die „Aktion 500“, der jetzt ein Projekt nachfolgen wird. Es gibt Zuschüsse zu den Lohnnebenkosten. Es gibt Unterstützungen auf dem Weg in die Selbständigkeit für behinderte Menschen. Es gibt das Unternehmensservice Beratung für Unternehmerinnen und Unternehmer. Im Jahr 2007 hat es insgesamt 52 010 Förderfälle gegeben.

Ich weiß schon, dass es noch viel zu tun gibt im Bereich der Behindertenpolitik, aber ich sage das, weil ich mir denke, man soll durchaus einmal das würdigen, was ge­macht wird. Denn nichts ist schlechter, als wenn man auf die Schwächsten in der Ge­sellschaft vergisst. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kickl: Aber ihr versprecht ja immer mehr und haltet es dann nicht! – Abg. Königsberger-Ludwig – auf dem Weg zu ihrem Sitzplatz –: Das stimmt nicht!)

21.40


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Höllerer. Ein­gestellte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


21.40.39

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesmi­nister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Intensive Diskussion. Die emotionalen Reden von Herrn Abgeordnetem Kickl und von Herrn Abgeordnetem Grosz haben mir wieder einmal sehr deutlich vor Augen geführt, dass sie über Sozialpolitik zwar hier am Rednerpult des Plenums sprechen, aber im Ausschuss waren sie nicht anwesend. (Abg. Kickl: ... lassen müssen wir uns von Ihnen nicht! Das sage ich Ihnen gleich!)

Herr Kickl, Sie haben gesagt, Ihnen werde in den Ausschüssen zu wenig intensiv dis­kutiert, aber Sie sind sehr demonstrativ ausgezogen. Wo bleibt denn da Ihre soziale Kompetenz? Wenn sich diese auf das bezieht, was Sie hier im Plenum vollbringen,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 242

dann ist es sehr wenig, was Sie anzubieten haben. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abg. Csörgits.)

In Wirklichkeit nehmen Sie das sozialpolitische Engagement nicht wirklich ernst. (Abg. Kickl: Ihre ... nehme ich nicht ernst!) Das muss ich Ihnen schon einmal nahebringen.

Zum Antrag von Frau Belakowitsch-Jenewein: Sie haben hier Unterstützung zur Mobili­tät von Behinderten beantragt. – Das gibt es bereits! Vielleicht schauen Sie sich einmal um. Die Sozialämter unterstützen Autos für behinderte Menschen (Abg. Kickl: Stim­men Sie einmal zu!) und selbstverständlich auch die Sozialversicherungsträger. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Da kennen Sie sich nicht gut aus, glaub’ ich!)

Um zum Sozialbericht und noch einmal zum Bereich Pflege zurückzukommen: 80 Pro­zent der pflegebedürftigen Menschen – das wurde heute auch schon erwähnt – werden in ihren eigenen vier Wänden von den Angehörigen mit Unterstützung der Sozial­dienste gepflegt. Entscheidend ist die Lebensqualität der pflegebedürftigen Men­schen, und dazu trägt wieder die Qualität der häuslichen Pflege bei.

Im Sozialbericht ist ein kleines Kapitel auch dem Kompetenzzentrum Pflege gewidmet, das in der Sozialversicherungsanstalt der Bauern angesiedelt ist. Dort werden, begin­nend mit 2001, ab 2004 von 100 diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegeperso­nen bundesweit Hausbesuche absolviert. Diese haben vor allem den Auftrag, zu bera­ten und über Pflege zu informieren, aber selbstverständlich auch zu dokumentieren.

Im Jahre 2008 erfolgten 17 200 Hausbesuche, und es wurden lediglich in 63 gezählten Fällen Mängel festgestellt, wovon aber wieder nur ein kleinerer Anteil mit der Körper­pflege zu tun hatte; es war eher das Lebensumfeld der betroffenen Personen, das da bemängelt wurde.

Interessant ist auch, dass rund ein Drittel der pflegebedürftigen Personen, die besucht wurden, allein lebend sind und Pflegegeld der Pflegestufe 1 bis 4 beziehen.

In vier Fällen von diesen 17 200 besuchten Personen wurde tatsächlich Verwahrlosung festgestellt. Insgesamt gesehen muss man also sagen, dass der häuslichen Pflege ein sehr gutes Zeugnis ausgestellt wurde und dass natürlich auch die pflegenden Angehö­rigen beste Arbeit leisten. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine Kollegin, die gerade vor mir gesprochen hat, hat sich auch der Behindertenpoli­tik zugewendet, und Sie hat recht: Hier wurden wirklich Maßnahmen gesetzt, die effek­tiv sind und die wirken, gerade wenn es darum geht, einen Arbeitsplatz für behinderte Menschen zu finden. Diese Beschäftigungsoffensive greift trotz der schwierigen Wirt­schaftslage, obwohl es natürlich immer noch viele arbeitsuchende behinderte Men­schen gibt und selbstverständlich auch in Zukunft die bestmögliche Unterstützung für Menschen mit Behinderung gegeben werden muss, damit sie einen Arbeitsplatz finden können.

Im GuKG, in der Novelle 2008, konnte die Flexibilisierung des Tätigkeitsbereichs für Personenbetreuer im Rahmen der 24-Stunden-Betreuung und der persönlichen Assis­tenz erreicht werden. Was noch fehlt, ist eine Regelung für behinderte Menschen, die in familienähnlichen Wohnstrukturen leben, denn derzeit dürfen BetreuerInnen, die tag­täglich mit den gleichen behinderten Menschen in einer betreuten Wohngemeinschaft zu tun haben, rein rechtlich gesehen so gut wie keine Pflegetätigkeiten durchführen. Da ist Handlungsbedarf gegeben, und ich ersuche auch den Herrn Bundesminister, da tätig zu werden – im Sinne der Menschen, die diese Betreuung brauchen.

Ein Sozialbericht, der eine wichtige Grundlage für unsere politische Arbeit darstellt und der aufzeigt, wohin die Entwicklung in Zukunft gehen kann! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

21.45



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 243

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Muchitsch. Ein­gestellte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


21.45.18

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist für mich sehr deprimierend und eine große Enttäuschung, wenn Redner an dieses Pult treten und hier versuchen, mit falschen Arbeitslosenzahlen Politik zu machen, um zu punkten, versuchen, den Sozialminister anzuschütten, versuchen, andere Kolleginnen und Kollegen schlechtzumachen. Das ist sehr erschütternd.

Ich sage das deshalb, weil man mit Arbeitslosenzahlen nicht spielt. Ich war selbst zehn Jahre lang am Bau beschäftigt und bin mehrfach unfreiwillig arbeitslos gewesen. Ich weiß, was es heißt, 40 Prozent weniger Einkommen zu haben, eine Frau, Kinder, Woh­nungs- und Mietkosten über den Winter weiter zu bezahlen. Deswegen ist es aus mei­ner Sicht eine bodenlose Sauerei, wenn Kollege Grosz hier ans Rednerpult tritt und von 350 000 Arbeitslosen spricht, wenn es tatsächlich 233 000 Arbeitslose plus 66 000 Menschen in Schulungen sind, also unter 300 000. Das kann es nicht sein! Mit Arbeits­losenzahlen spielt man nicht!

Ich danke unserem Bundesminister für Soziales für alles, was er bisher getan hat und noch tun wird, um da gegenzusteuern.

Mein heutiges Thema wäre Invaliditätspensionen gewesen. Leider ist es aufgrund der Zeit nicht möglich, auch dieses Thema ausführlich zu behandeln. Ich habe aber einen großen Wunsch: In den nächsten Wochen wird das Thema Pensionen von allen Interessenvertretungen und politischen Parteien diskutiert werden. Bitte vergessen wir nicht auf jene Menschen, die durch ihre schwere körperliche Arbeit unfreiwillig ihren Ar­beitsplatz verlieren, gekündigt werden, arbeitslos sind und dann hin- und hergeschach­telt werden und keine Zuerkennung einer Invaliditätspension erhalten! Bitte vergessen wir nicht auf diese Menschen in den nächsten Wochen, wenn es darum geht, das zu diskutieren und aus der Pensionsreform 2003 – ich formuliere das jetzt wirklich sehr freundlich – nicht vorhersehbare Härten wegzubringen, um in diesem Land wieder ein faires und gerechtes Pensionssystem zu haben! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

21.47


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner hiezu zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Keck. 2 Minuten eingestellte Redezeit. – Bitte.

 


21.48.09

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Der Sozialbericht zeigt uns, dass auch Österreich in diesen Monaten die größte Weltwirtschaftskrise seit den dreißiger Jahren miterlebt. Die Gier von Banken, meine Damen und Herren, und die Gier von Spekulanten haben die Weltwirtschaft an den Rand eines Kollapses ge­führt. Mit diesem Kollaps drohte auch bei uns in Österreich nichts anderes als Massen­arbeitslosigkeit und Massenarmut für unsere Bürgerinnen und Bürger. Doch durch den massiven Einsatz von Steuermitteln konnten wir in Österreich das Schlimmste abwen­den. Trotzdem haben wir noch lange keine Ursachen bekämpft, denn schon wieder wird an den Börsen mit unglaublichen Summen spekuliert, schon wieder sind die meis­ten Spekulationsobjekte echte Luftgeschäfte, und schon wieder haben allein die Steu­erzahlerinnen und die Steuerzahler das gesamte Risiko dieser Geschäfte zu tragen.

Meine Damen und Herren, zumindest von Politikern hätte man annehmen können, dass sie ihre Lehren aus diesen Geschäften gezogen haben. Anscheinend ist das aber nicht der Fall, wie heute in Oberösterreich bekannt wurde. Heute wurde in Oberöster­reich bekannt, dass das Land Oberösterreich ein sehr aufklärungswürdiges Geschäft abgeschlossen hat. Das Land Oberösterreich deponiert von 22. Mai 2009 bis zum


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 244

22. Dezember 2009 auf einem Konto einer heimischen Bank 140 Millionen € Steuer­geld, gewährt dem Budapester Unternehmen C-Trade and Trust ein Abfragerecht und soll im Gegenzug etwa 4,6 Millionen € an Zinsen bekommen. Das genannte Geschäft und der gesamte Umfang wurden von der Finanzabteilung des Landes bestätigt.

Laut Vereinbarung sollte die erste Zinsenzahlung aus Ungarn in der Höhe von knapp 2 Millionen € bis Dienstag, 22. September, einlangen. Bis dato ist diese Zinsenzahlung nicht eingelangt. Da ergeben sich natürlich ... (Die Abgeordneten Jakob Auer und Dr. Sonnberger: Und was ist die Folge?) – Einen Augenblick!

Aufgrund dieser Unterlagen ergeben sich natürlich sehr, sehr wichtige Fragen, nämlich: Warum macht das Land Oberösterreich Geschäfte mit Finanztrusts in Budapest? War­um bezahlt die C-Trade and Trust Budapest so hohe Zinsen für Geld, das sie gar nicht verwenden darf? Warum bestätigt die Raiffeisenbank Budapest die Einlage von 140 Millionen € bei der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich? Und: Welche Spekula­tionsgeschäfte in Ungarn stehen hinter diesen Finanztransaktionen und der Vereinba­rung des Landes mit einem ungarischen Finanzunternehmen? Und – und das ist ja das Allerwichtigste –: Worin besteht die tatsächliche Gegenleistung (Abg. Dr. Sonnberger: Zum Sozialbericht!), wenn die ungarische Firma nur für das Einsichtsrecht auf das Konto Zinsen in der Höhe von rund 4,6 Millionen € zahlt? (Abg. Pendl: Hört, hört!)

Meine Damen und Herren, ich kann nur sagen: Sagen Sie mir, wie dieses Geschäft geht! Ich gebe dieser Firma gerne das Einsichtsrecht auf mein Konto und möchte auch diesen Zinssatz bekommen! (Abg. Dr. Sonnberger: Zur Sache!) Und ich glaube, jeder Arbeiter und jede Arbeiterin, die im Zuge dieser Krise, die die Weltwirtschaft und diese Spekulationen verursacht haben, den Arbeitsplatz verloren haben, würden das auch gerne machen, damit sie finanziell abgesichert sind. (Abg. Hornek: So wie bei der BAWAG, Herr Kollege! – Weiterer Zwischenruf bei der ÖVP.)

Das, lieber Kollege – und da seid ihr von der ÖVP in Oberösterreich zu Aufklärung auf­gerufen –, verlangt eine sofortige umfassende Aufklärung durch die ÖVP in Oberöster­reich und den Landesfinanzreferenten Dr. Pühringer, nämlich warum in Zeiten einer Fi­nanzkrise solche Geschäfte abgeschlossen wurden. Die Arbeiterinnen und Arbeiter und insbesondere die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in Oberösterreich haben ein Recht auf umfassende Information und Offenlegung, und das noch vor der Wahl am Sonntag! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Wöginger. – Weitere Zwischen­rufe bei der ÖVP. – Abg. Mag. Gaßner: Du sollst nicht schreien, du sollst aufklären, Wöginger! Aufklären!)

21.51

21.51.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, den vorliegenden Bericht III-27 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 245

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Ing. Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhöhung der Freibeträge für außergewöhnliche Belastungen aufgrund von Behinderung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Ing. Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vergütung von 20 Prozent des Kaufpreises bei der Anschaffung von Kraftfahrzeugen durch Behinderte.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Ing. Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Inflationsanpassung des Pflegegeldes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Auch das ist die Minderheit. Abgelehnt.

21.53.377. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2008/11 (III-2/333 d.B.)

8. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2009/1; Band 4 – WIEDERVORLAGE (III-19/334 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zu den Punkten 7 und 8 der Ta­gesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Schönpass. Eingestellte Redezeit: 3 Mi­nuten. – Bitte.

 


21.54.31

Abgeordnete Rosemarie Schönpass (SPÖ): Sehr geehrte Herren Präsidenten! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich beziehe mich auf den Teilbericht des Rech­nungshofes betreffend die Beurteilung, ob die Verpflichtungen aus dem Kyoto-Protokoll eingehalten werden können. Der überprüfte Zeitraum umfasste die Jahre 2002 bis 2007. Der Bericht und die Diskussion im Rechnungshofausschuss brachten klar zum Aus­druck, dass wir von der Erreichung des Kyoto-Zieles, nämlich der Reduzierung der Treibhausemissionen von 1990 um 13 Prozent, weit entfernt sind.

Das kann und wird zu sehr weitreichenden Problemen führen. Zum einen geht es ganz zentral um den Lebensraum, die Gesundheit und die Lebensqualität der Österreiche­rinnen und Österreicher, und zum anderen könnte die Nichteinhaltung des Kyoto-Zieles zu einem EU-Vertragsverletzungsverfahren führen. Und die Konsequenzen daraus könnten sein, dass die Differenz und zusätzlich ein Drittel mehr Treibhausgase in der folgenden Periode reduziert werden müssten, oder Österreich könnte zu Zahlungen in der Höhe von 100 € pro verfehlter Tonne verpflichtet werden. Das würde dann eine Zahlung von etwa 1 Milliarde € bedeuten.

Sehr geehrte Damen und Herren! Zur erfolgreichen Umsetzung der Klimastrategie in Österreich sind zahlreiche Maßnahmen notwendig. Unter anderem benötigen wir die Einbindung und das Mitwirken der Länder und Gemeinden. Im Bereich Verkehr liegt einige Arbeit vor uns. Wir müssen jedoch auch zum Beispiel über die Biomassefeue­rungsanlagen reden. Diese erzielen zwar eine CO2-Reduktion, bewirken aber auch eine höhere Feinstaubbelastung. Die thermische Sanierung älterer Hauser geht eher zäh voran, obwohl gerade in diesem Bereich eine massive Energieeinsparung erzielt werden könnte.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 246

Es gibt dabei jedoch auch wirkliche Vorzeigeprojekte. 25 Prozent der Bundes-Sanie­rungsgelder gehen nach Oberösterreich, und das hat einen Grund: Der sozialdemokra­tische Wohnbaulandesrat Hermann Kepplinger hat im März dieses Jahres eine Sanie­rungsoffensive ins Leben gerufen. Kernstücke sind die Schaffung einer Bargeldförde­rung und der Entfall der Einkommensgrenze für thermische Sanierung. Mitte April star­tete dann parallel die Bundesförderung, die auch massiv beworben wurde. Und das
hat dazu geführt, dass sich der Oberösterreichische Energiesparverband vor Beratun­gen kaum retten kann und dass 25 Prozent der Bundesförderung nach Oberösterreich gehen.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich ersuche Sie alle: Bemühen wir uns gemeinsam, die Empfehlungen des Rechnungshofes umzusetzen, damit uns die möglichen finan­ziellen Belastungen erspart bleiben und unser Lebensraum vor schädlichen Einflüssen dementsprechend geschützt wird! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.58


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Hornek zu Wort. Eingestellte Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


21.58.12

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Meine Herren Präsidenten! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Der Rechnungshof überprüfte die konkrete Umsetzung der Klimastrategie Österreichs auf Ebene des Bundes. Ziel der Überprüfung war, zu beur­teilen, ob die Verpflichtungen aus dem Kyoto-Protokoll eingehalten werden können. Um den Klimawandel hintanzuhalten, haben sich 184 Länder weltweit verpflichtet, die sechs umweltrelevanten Schadgase wesentlich zu reduzieren. Die Europäische Union hat ein Reduktionsziel von 8 Prozent europaweit festgelegt. Österreich hat sich im Zu­ge eines völkerrechtlich verbindlichen Vertrages auf ein Minus von 13 Prozent der Treibhausgasemissionen verpflichtet. Ausdrücklich muss festgehalten werden, dass das Kyoto-Protokoll vorsieht, dass bei Nichteinhaltung der Reduktionsverpflichtung Sanktionen zu erwarten sind.

Aufgrund der Emissionsentwicklung insbesondere in den Sektoren Raumwärme, Klein­verbrauch und Verkehr bestanden seitens des Rechnungshofes Zweifel an der Zieler­reichung. (Abg. Dr. Moser: Nicht nur Zweifel! Es steht drinnen, dass sie nicht erreicht werden!) Wenn man die einzelnen Sektoren kritisch betrachtet, muss man feststellen, dass die höchsten Emissionszuwächse durch den Bereich Verkehr entstehen. Positiv in Bezug auf Erreichung der Emissionsziele sind die Bereiche Landwirtschaft und die Abfallwirtschaft zu erwähnen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Eindämmung des Energieverbrauchs und der verstärkte Einsatz erneuerbarer Energieträger sind zentrale Herausforderungen. Die umweltfreundlichste Energie ist jene, die eingespart wird.

Daher muss der Fokus auf der thermischen Sanierung und dem Energiesparen liegen. Im zweiten Konjunkturpaket wurden 100 Millionen € für die thermische Sanierung von privaten Haushalten und betrieblichen Gebäuden vereinbart: 50 Millionen € für die ther­mische Sanierung im privaten Bereich und 50 Millionen € Anreizfinanzierung von Pro­jekten für die thermische Sanierung im betrieblichen Bereich. Allein durch die Sanie­rungstätigkeit im privaten Bereich werden 400 Millionen € an zusätzlichen Investitionen initiiert, was hauptsächlich der regionalen Wirtschaft zugute kommt.

Gemeinsam mit der betrieblichen thermischen Sanierung kann davon ausgegangen werden, dass durch die vorhin genannten Maßnahmen zur thermischen Sanierung ins­gesamt 5,3 Millionen Tonnen an CO2 eingespart werden.

Sehr geehrte Damen und Herren, der größte Teil der Fördermittel im Bereich der Um­weltförderung im Inland, kurz UFI genannt, wurde im Jahr 2008 für Klimaschutzprojekte


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vergeben, was eine Reduktion der Schadgase um 11,7 Millionen Tonnen CO2 bedeu­tet. Dies ist auf den Nutzungszeitraum der Anlagen gerechnet. (Präsidentin Mag. Pram­mer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Als Waldviertler Abgeordneter und Bauer freut es mich ganz besonders, dass durch den Einsatz von 11 Millionen € zirka 16 000 Pelletsheizungen initiiert wurden – eine ex­zellente Form der energetischen Versorgung von Objekten. Und damit wurde auch ein wesentlicher Impuls für die Wirtschaft gesetzt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn man die Thematik Biokraftstoffe be­trachtet, dann muss ich meinem Berufskollegen als Bauer, der vorhin zum Ökostrom­gesetz gesprochen hat, vollkommen beipflichten. Unsere Intention ist, zuerst mit Nah­rungsmitteln, hoch qualitativen Nahrungsmitteln den Tisch zu decken, in der Folge hoch qualitative Futtermittel für unsere Tiere zum Einsatz zu bringen, und dass Produk­te, die der Qualität nicht entsprechen oder die als Überschussprodukte in manchen Jahren anfallen, weil Landwirtschaft einfach nicht ohne die Zustimmung des Herrgotts programmierbar ist, energetisch umgesetzt werden können.

Wenn man die Beimischungen diskutiert, ist einem in Erinnerung zu rufen, aus welchen Ländern Österreich seine Öllieferungen bezieht. Nicht alle sind als die stabilsten Struk­turen aus demokratischer Sicht zu sehen. Ich darf nur erinnern, einige der wichtigsten Öllieferanten Österreich sind die Länder Kasachstan, Libyen, Russland, Nigeria, Irak und Iran.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, gestatten Sie mir aber auch, dass ich noch einen Punkt in Bezug auf Fördereffizienz anführe. Ich schätze Photovoltaik in hohem Maße. Aber: Die Breite, die diesem Thema hier eingeräumt wurde, ist zu hinterfragen, wenn man weiß, dass lediglich 0,38 Prozent der Stromproduktion aus erneuerbarer Energie aus Photovoltaik entsteht. Daher gilt es meiner Meinung nach, in diesem Zu­sammenhang Augenmaß zu halten und sich darauf zu konzentrieren, was am effizien­testen ist, weil ich diesen Rechnungshofbericht als eine Mahnung des Rechnungshofes sehe, hier eine gemeinsame Kraftanstrengung zu unternehmen, um die Kyoto-Ziele zu erreichen und um zu verhindern, dass es zu Ersatzzahlungen Österreichs kommen muss. (Beifall bei der ÖVP.)

22.03


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Mag. Haider mit gewünschten 3 Minuten Redezeit zu Wort. – Bitte.

 


22.03.55

Abgeordneter Mag. Roman Haider (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Herr Präsi­dent! Wenn man den Vorrednern zuhört, glaubt man, es gehe nur um die Kyoto-Ziele bei den Berichten des Rechnungshofes. Insgesamt behandeln wir jetzt 16 Berichte, die ein teilweise vernichtendes Bild über die Zustände im staatsnahen Bereich geben. Es sind teilweise haarsträubende Vorgänge von Steuergeldvernichtungsaktionen unbe­schreiblichen Ausmaßes hier zu besprechen.

Kostproben gefällig? – Die Buchhaltungsagentur des Bundes kostet jährlich 30 Millio­nen €, der Rechnungshof bemängelt, es wurden den anderen Ministerien zu hohe Prei­se verrechnet. Die waren nicht einmal in der Lage, ihre eigene Leistung, die sie ver­rechnen, zu kalkulieren. Der Rechnungshof hat ihnen vorgerechnet, dass sie 55 € pro Stunde verlangen.

Nächster Punkt: Lehrerfortbildung. Wie gesagt, wir haben ja 16 Punkte zu beach­ten. – Bei der Lehrerfortbildung hat es eine Follow-up-Überprüfung gegeben, weil die erste Überprüfung fünf Beanstandungen ergeben hat. Und bei der Follow-up-Überprü­fung stellt der Rechnungshof fest, von fünf Empfehlungen ist eine einzige, und die auch


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nur in Ansätzen, umgesetzt worden. Es gibt nach wie vor keine Evaluierung der Aus­wirkung von Fortbildungsveranstaltungen auf den Unterricht, keine Qualifikationskrite­rien für Vortragende bei Fortbildungsveranstaltungen. Es kann auch nicht überprüft werden, ob ein Lehrer überhaupt Fortbildung macht. Und dass die Fortbildungen, die überhaupt noch stattgefunden haben, dann nicht in der unterrichtsfreien Zeit, in den Ferien stattgefunden haben, ist selbstverständlich. Das kann man ja den Lehrern nicht zumuten, dass sie sich auch noch in den Ferien weiterbilden.

Ein ganz besonderer Kunde des Rechnungshofes ist das Ministerium für europäische und internationale Angelegenheiten, früher Außenministerium. Eine Follow-up-Über­prüfung hat dort wieder stattgefunden, und zwar über die Frachtkosten bei Übersied­lungen. Das heißt, wenn ein Beamter des Außenministeriums innerhalb von Brüssel zum Beispiel von A nach B übersiedelt, dann hat es in 80 Prozent der Fällen eine einzi­ge Spedition gegeben, die diese Übersiedlung durchgeführt hat. Der Rechnungshof hat einmal gemeint, man sollte Offerte und dergleichen einholen. Jetzt hat es eine Follow-up-Überprüfung gegeben. Diese hat ergeben, dass diese eine Spedition jetzt nicht mehr 80 Prozent der Übersiedlungen durchführt, sondern 90 Prozent, also ein Mono­polspediteur geworden ist.

Es wurden keine Offerte eingeholt. Die Fracht wurde nicht kontrolliert, es wurden keine Inhaltslisten erstellt und so weiter, dem Missbrauch ist Tür und Tor geöffnet. Und als besonderes Zuckerl: Wenn zum Beispiel ein Beamter von Helsinki nach Oslo übersie­delt ist, sollte man meinen, der kürzeste Weg wäre eine Gerade. Nein! Im Außenminis­terium ist das nicht so. Das muss über Wien gehen. Von Helsinki nach Wien, und dann nach Oslo. Raten Sie! Der kürzeste Weg von Zagreb nach Belgrad geht über ...? Von Paris nach Lissabon? – Über Wien! Das kostet Steuergeld, ist dem Außenministerium aber völlig egal.

Das Lämpchen hier beim Rednerpult leuchtet schon wieder rot, damit komme ich zum Schluss. Ein ganz besonderer Kunde ist die Gerichtsmedizin Linz, Wien, Salzburg, Innsbruck und Graz. Sie erinnern sich vielleicht noch an das Jahr 2003. Sachverständi­ge, die von den Gerichtsmedizinischen Instituten angestellt sind, erwirtschaften sich ein beachtliches Körberlgeld für ihre Sachverständigengutachtertätigkeit. Man sollte mei­nen, bei dem Wirbel, den der erste Bericht im Jahr 2003 aufgewirbelt hat, sei das ab­gestellt.

Jetzt hat es eine Follow-up-Überprüfung gegeben. Es ist nichts abgestellt worden! Nach wie vor werden Universitätseinrichtungen genutzt, und die Universitäten bekom­men dafür nichts oder bestenfalls Almosen bezahlt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Diese 16 Berichte zeichnen wirklich ein teilweise ver­nichtendes Bild über Vorgänge in Ministerien oder in ihnen angegliederten Institutionen.

Sehr geehrter Herr Präsident Dr. Moser, ich danke Ihnen und Ihrem Team für die her­vorragende Arbeit und für diese wirklich hervorragende Unterstützung unserer Arbeit durch diese Berichte. (Beifall bei der FPÖ.)

22.08


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Schenk zu Wort. Gewünschte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


22.08.22

Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Präsident! Hohes Haus! Der vorliegende Rechnungshofbericht zeigt meines Erachtens deutlich, dass sich SPÖ und ÖVP vielleicht um das Koalitionsklima kümmern, aber definitiv nicht um die öster­reichische Klimapolitik. Im Bericht steht, es sei unwahrscheinlich, dass das Kyoto-Ziel mit den nationalen Maßnahmenpaketen der Klimastrategie erreicht werden kann.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 249

Was der Rechnungshof hier feststellt, kritisieren wir vom BZÖ schon seit Monaten. Die Regierung hat keine sinnvolle Klimastrategie; das liegt vor allem daran, dass sich Rot und Schwarz immer noch beharrlich weigern, der Realität ins Auge zu sehen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall beim BZÖ.)

Das kann man wirklich nicht mehr anders sagen, wenn man sich ansieht, welche utopi­schen Vorstellungen diesbezüglich zum Beispiel im Finanzministerium vorherrschen. Dort geht man davon aus, dass Österreich das Kyoto-Ziel erreichen wird, obwohl der Rechnungshof genau das Gegenteil festgestellt hat. Mit den Strafzahlungen, die Öster­reich drohen, wenn die Reduktionsziele nicht erfüllt werden, hat man sich dort auch noch nicht beschäftigt. Dort geht man vor nach dem Motto: Der Sanktionsmechanis­mus ist noch nicht beschlossen, also denken wir auch nicht darüber nach! – Das ist keine vorausschauende Politik, das ist eine Vogel Strauß-Politik, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Weiters hält der Bericht fest, die finanzielle Ausstattung für flexible Mechanismen rei­che nicht aus, um das gesetzlich festgelegte Ankaufsziel von 45 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten im Verpflichtungszeitraum 2008 bis 2012 zu erfüllen.

Das bedeutet, dass die notwendigen budgetären Mittel, die wir brauchen würden, um das Kyoto-Ziel zu erreichen, gar nicht zur Verfügung stehen. Das wurde schlicht und einfach nicht eingeplant. Trotzdem tut man so, als ob alles in Ordnung wäre.

Aber uns vom BZÖ wäre es ohnehin lieber, wenn wir unseren Kyoto-Verpflichtungen mit Maßnahmen in Österreich nachkommen könnten, anstatt Milliarden für Verschmut­zungszertifikate ins Ausland zu bezahlen. Deshalb haben wir uns auch vehement für die thermische Sanierung stark gemacht.

Mit der thermischen Sanierung könnten wir nicht nur CO2 einsparen, sondern könnten wir auch in Zeiten der Krise die heimische Wirtschaft ankurbeln und Arbeitsplätze schaffen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Abg. Mag. Gaßner: Haben wir schon gemacht in Oberösterreich!) – Das wird nicht schaden. (Beifall beim BZÖ.)

Dass der Herr Umweltminister aber durchaus „originelle“ Ideen haben kann, zeigt sich am Beispiel der geplanten Müllverbrennungsanlage in Heiligenkreuz in unmittelbarer Nähe des Natura 2000-Schutzgebietes und der Thermenregion. Er meinte im Aus­schuss, die Müllverbrennungsanlage sei ohnehin nicht im Schutzgebiet, sondern liege nur in der Nähe.

Die Schadstoffwolken werden weder einen Bogen um das Thermengebiet noch um das Naturschutzgebiet machen. Denen ist es egal, wo sie dann die giftigen Dämpfe ablas­sen. Dazu muss man kein Experte sein, um das festzustellen. (Demonstrativer Beifall der Abg. Mag. Brunner.) Aber Engagement der Experten im Umweltministerium hätten wir in der Klimapolitik bitter nötig. (Abg. Dr. Cap: Warum steht das dort?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, kümmern Sie sich endlich darum, dass Sie eruieren, wie das Vertragsverletzungsverfahren aussehen wird! Darauf haben wir im Ausschuss keine Antwort bekommen. Erkundigen Sie sich einmal darüber, wie es mit den Strafzahlungen ausschauen wird! Die werden wir ohne Zweifel leisten müssen, wenn wir – und wenn Sie – diese Klimapolitik in Österreich nicht ändern. – Vielen Dank. (Beifall beim BZÖ sowie der Abg. Mag. Brunner.)

22.11


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Dr. Moser gelangt nun zu Wort. Gewünschte Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


22.12.05

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wieder spannt sich die Prüfungstätigkeit des Rechnungshofes


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 250

sehr weit. Der Bogen umfasst einerseits Follow-up-Prüfungen, die im Unterrichts-, im Bildungsbereich vorgenommen worden sind. Und da springt schon ins Auge, dass der Bund – oder sagen wir es ganz konkret –, das Unterrichtsministerium die Rechnungs­hofempfehlungen, die vorher schon gegeben worden sind, eigentlich völlig in den Wind geschlagen hat.

Da frage ich mich schon: Wozu prüfte der Rechnungshof damals den Bereich Lehrer­fortbildung und gab fünf Empfehlungen, die sehr wichtig sind? – Diese handeln von Evaluierungen, von Fortbildungen in Ferienzeiten, von Datenbänken et cetera. Der Rechnungshof gibt also diese Vorschläge, aber das Unterrichtsministerium setzt nur einen einzigen dieser Vorschläge um. Ich meine: Wozu?

Das Geld, das wir in den Rechnungshof stecken, ist wirklich Goldes wert, nur muss man in der Ministerienkultur die Empfehlungen viel ernster nehmen. – Das nur zur Ver­gangenheit. Was an seriösen Empfehlungen wurde dann wirklich übernommen? In der Lehrerfortbildung praktisch nichts.

Schauen wir uns einen anderen Bereich aus dem Unterrichtswesen an! Schauen wir uns einmal den Lehreraustausch beziehungsweise die Auslandsaufenthalte von Leh­rern in Auslandsschulen an!

Da gibt es ja auch einen Missstand gravierender Art. Die Lehrer sollen Erfahrungen sammeln, sie sollen im Ausland unterrichten, sie sollen den interkulturellen Austausch dort verbessern. Sie sollen aber diese Erfahrungen auch an den heimischen Schulen im Unterricht wirksam machen und weitergeben. Das soll ja ein kommunikativer Pro­zess werden. Aber was ist? – Die Lehrer sind teilweise längst über die vorgesehene Periode von vier oder acht Jahren im Ausland. Es findet deshalb kein Austausch statt, denn sie arbeiten in Guatemala, in Istanbul acht Jahre, zehn Jahre, fünfzehn Jahre, sechzehn Jahre. Damit wird das Hauptziel ja gar nicht erreicht.

Auch da hat der Rechnungshof wiederholt die Übersiedlungskosten kritisiert, die ja schon bezüglich Außenministerium kritisiert wurden, wo teilweise wirklich monopolisti­sche Strukturen bei Speditionen herrschen. – So viel zum Bildungsbereich.

Aber die andere Seite, die hier Schwerpunkt bei der Zusammenstellung der Rech­nungshofberichte ist, liegt im Umweltbereich. Lassen Sie mich auf dem Weg zum Um­weltbereich noch ganz kurz die verheerenden Zustände, die der Rechnungshof bei der Buchhaltungsagentur des Bundes aufdeckte, im Mietenbereich erwähnen.

Lassen Sie das auf der Zunge zergehen, lesen Sie das selber einmal auf Seite 83 durch! Es wurde die Unterbringung von Bediensteten im 20. Wiener Gemeindebezirk großartig auf 10 000 m2 vorgesehen, wovon ein Viertel – das sind sage und schreibe über 2 000 m2, lesen Sie es genau – Garagenflächen waren. Wie geht man denn da ans Werk? Sollen die Bediensteten jetzt in der Garage arbeiten? – Das ist ja jenseits des Standards.

Man hat dann notdürftigerweise aus den Garagenflächen Archivflächen gemacht, aber man zahlt eine Mischmiete. Also insgesamt wurden hier – der Rechnungshof hat das ohnehin ausgerechnet – 149 000 € mehr oder weniger mit solchen falschen Einmietun­gen in den Sand gesetzt.

Aber ich bin ja auf dem Weg zur Kernproblematik, die auch der Rechnungshof im Um­weltbereich angegangen ist – meine Kollegin wird das später noch näher ausführen –: der Emissionszertifikatehandel einerseits und natürlich die Umsetzung der Klima­schutzstrategie andererseits.

Zum Kollegen Hornek, der vorhin gesprochen hat: Er hat, aus dem landwirtschaftlichen Bereich kommend, sehr wohl den Wirtschaftlichkeitsaspekt von Pellets et cetera in den


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Vordergrund gestellt. Das ist ja klar, wir haben da Konsens hinsichtlich der thermischen Sanierung; kein Problem. Aber: Wir machen leider auch dieselbe Beobachtung wie der Rechnungshof, dass nämlich zu wenig weitergeht.

Lesen Sie heute das „WirtschaftsBlatt“! „Paket für Baukonjunktur“ heißt es da. Die Bun­desimmobiliengesellschaft, der Bund hat sich selber beauftragt, die Sanierungsvorha­ben, die thermischen Sanierungsvorhaben, voranzutreiben. Da ist nichts in Sicht, zu wenig in Sicht. 58 Projekte sind vorgeschlagen worden, davon sind 14 vielleicht an­satzweise angegangen worden.

Es fängt ja direkt vor der eigenen Haustür oder im eigenen Haus des Bundes an, dass man die Klimaschutzstrategie nicht ernst nimmt. Man saniert zu wenig die eigenen Ge­bäude, geschweige denn, dass man entsprechende Anreize schafft, um woanders thermisch zu sanieren.

Aber mein Hauptproblem ist der Verkehr. Diesbezüglich hat der Rechnungshof eindeu­tig die Fehldimensionen in den sozusagen einzusparenden Tonnen dargestellt und auch sehr stark die Verursacher, nämlich Tanktourismus und günstige Benzinpreise
in Österreich genannt. Da muss massiv weitergearbeitet werden, da haben wir viel
vor; meine Kollegin wird das noch weiter ausführen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

22.17


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Mag. Gaßner gelangt nun zu Wort. Ich stelle die Uhr auf 3 Minuten. – Bitte.

 


22.17.48

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Präsident des Rech­nungshofes! Schade, dass wir diese hoch interessanten Berichte erst wieder um diese Zeit diskutieren.

Ich darf den Bericht „Schutz vor Naturgefahren; Verwendung der Mittel aus dem Katas­trophenfonds“ ganz kurz beleuchten. Ich finde hier drinnen alles wieder, was man er­lebt, wenn man einmal mitten in einer solchen Katastrophe ist.

Sie sprechen von Kompetenzzersplitterung. – Jawohl, leider es ist so, wir haben derar­tig viele Kompetenzen. Aber wenn es darauf ankommt, dass etwas geschehen soll, dann ist das sehr hinderlich. In Österreich ist es noch möglich, dass ein fünf Kilometer langes Bächlein, sage ich – Bächlein, das natürlich bei Unwettern zum reißenden Bach und zum Strom wird –, in zwei Kompetenzen liegt: einmal beim Flussbau und einmal bei der Wildbachverbauung. Und wenn es dann so weit kommt, dass sich die beiden streiten, weil sie Durchflussmengen nicht anerkennen und Ähnliches, dann ist das für die Betroffenen ein Riesenproblem.

Sie sagen hier auch, dass gegen den Willen der Gemeinden und Gemeindeverbände quasi nichts geht, erklären aber, das sei deshalb so, weil sie finanziell überfordert sind. Wenn man dann im selben Bericht liest, dass das BMVIT von 2001 bis 2006 die Mittel für Präventivmaßnahmen nicht ausgeschöpft hat, dann könnte einen leicht die Zornes­röte befallen, wenn man weiß, wie dringend solche Präventivmaßnahmen im gesamten Hochwasserschutz benötigt wurden und noch immer werden.

Was ganz wesentlich auch für zukünftige Schadensereignisse ist, das ist die Tatsache, dass man in Österreich für Schäden, die vergleichbar sind, ungleich viel Geld be­kommt.

Das ist ein Missstand, meine Damen und Herren, der dringlichst abgeschafft gehört. Es kann nicht sein, dass in Niederösterreich andere Schadenswiedergutmachungsbeträge bezahlt werden als in Oberösterreich, zumal der Gleichheitsgrundsatz auch verletzt


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wird, weil der Bund ja über 60 Prozent dazuzahlt. Das gehört, glaube ich, raschest ab­gestellt beziehungsweise da gehören raschest einheitliche Kriterien her.

Eine Bemerkung noch: Wenn man Kompetenzen entwirrt, darf das nicht zu Lasten der Beschäftigten gehen und schon gar nicht zu Lasten derer, die im operativen Bereich arbeiten, denn gerade beim Wildbach- und Lawinenverbau, aber auch beim Flussbau sind die Experten ganz notwendig. Sie haben in diesem Bericht auch bemängelt, dass diesbezüglich die Unterlagen nicht sehr klar und deutlich sind. Wir brauchen dort gute Leute. Wir haben dort zwar gute Leute, aber die dürfen nicht weniger werden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.21


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es kommt nun Herr Abgeordneter Mag. Letten­bichler zu Wort. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


22.21.07

Abgeordneter Mag. Josef Lettenbichler (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Präsident des Rechnungshofes! Hohes Haus! Ich möchte mich im Rahmen des Rech­nungshofberichtes der Umsetzung des Natura-2000-Netzwerkes widmen. Basierend auf zwei EU-Richtlinien geht es grundsätzlich darum, eine Verschlechterung der Le­bensbedingungen der Arten zu verhindern. Das Projekt geht also weit über den klassi­schen Naturschutz hinaus.

Wenn man sich vor Augen führt, dass in Österreich Flächen in der Größenordnung un­seres viertgrößten Bundeslandes Oberösterreich – schon wieder Oberösterreich! – als Natura 2000-Gebiete gemeldet wurden, dann kann man sich wohl erst vorstellen, welch enormen Aufwand die Umsetzung und die Instandhaltung dieses Programms notwendig machen.

Naturschutz fällt bekanntlich in die Kompetenz der Länder. Die Umsetzung der EU-Richtlinien passiert in einer Fülle von Gesetzen, so zum Beispiel im Jagdgesetz oder auch im Naturschutzgesetz. Der Rechnungshof hat dabei im Wesentlichen drei Punkte kritisiert, nämlich die teilweise fehlenden Schutzgebietsverordnungen, unterschiedliche Managementpläne sowie kaum vorhandene Monitoring-Systeme zur Überwachung der Tier- und Pflanzenarten. Die Empfehlungen, die ausstehenden Maßnahmen, wie zum Beispiel das Festlegen von Geboten und Verboten oder die Konkretisierung von Schutzzwecken, umzusetzen, wurden, wie wir im Ausschuss bereits gehört haben, ernst genommen und mit entsprechenden Vorkehrungen belegt, und diese wurden auch getroffen.

Abschließend, Herr Rechnungshofpräsident, eine Bemerkung zu einem heute ebenfalls zur Diskussion stehenden Rechnungshofbericht, der eine Follow-up-Überprüfung be­treffend die Lehrerfortbildung zum Inhalt hatte. Es wurde in der Ausschusssitzung im März unter anderem kritisiert beziehungsweise der Bericht kritisierte vielmehr, dass eine Datenbank zur Dokumentation des Fortbildungsverhaltens fehlt, aber auch die Fortbildungsmaßnahmen nicht, wie vom Rechnungshof in seinem Bericht empfohlen, in die unterrichtsfreie Zeit verlegt wurden, da diese von den Lehrerinnen und Lehrern kaum angenommen wurden.

Soweit ich den Medien in der letzten Zeit entnehmen konnte, dürfte letztere Maßnahme jetzt allerdings umgesetzt worden sein. Und da würde mich interessieren, Herr Präsi­dent, ob Sie in Ihrer Stellungnahme Bezug nehmen können, Auskunft geben können, ob es nun tatsächlich gelungen ist, eine größere Akzeptanz bei den Pädagogen zu er­reichen, eben diese Fortbildungskurse in der unterrichtsfreien Zeit vermehrt zu besu­chen. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

22.23



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 253

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gradauer. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


22.23.49

Abgeordneter Alois Gradauer (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Präsident des Rechnungshofes! Hohes Haus! Österreich ist wieder einmal Vorzugsschüler in der EU gewesen: Wir haben uns breitschlagen lassen, dass wir bei den Treibhausemissio­nen nicht 8 Prozent einsparen, sondern bis zum Jahre 2012 13 Prozent. Die Folge ist – und das beweist der Rechnungshof –, dass wir diese Einsparung an Treibhausemissio­nen bis zum 2012 in gar keiner Weise packen werden, sie niemals werden erreichen können. Die weitere Folge ist, dass – wir haben das schon gehört – Strafen bis zum Ausmaß von 3 Milliarden € drohen.

Der Finanzminister glaubt noch immer daran, dass die Kyoto-Ziele eingehalten werden, weil es einfach nicht sein kann, was nicht sein darf; so ähnlich kommt einem das vor. Dazu passt ein Zeitungsartikel, der diese Woche in den „Oberösterreichischen Nach­richten“ abgedruckt war und der die Staatsschulden und das Budgetdefizit beleuchtet, und zwar hat dies der Ex-Wifo-Chef Kramer angestellt. Er führt aus, dass Österreich das Schuldenproblem schönredet.

Er sagt weiters: „Österreichs Schuldenprobleme sind weitaus größer, als die Regierung eingesteht.“

Er meint auch: „Langfristig droht dem Land ein massives Problem bei der Finanzierung des Sozialsystems.“

Und ganz zuletzt legt er nach und sagt: „Die Beunruhigung der Menschen grenzt in Ös­terreich an Hochverrat.“

Ich habe mir gedacht: Warum schreibt der Herr Kramer in dieser Deutlichkeit? – Wir haben uns dann hingesetzt und haben gesagt: Wie schaut es denn wirklich aus im Staatshaushalt?

Ende August, wenn man Plus und Minus zusammenzählt, liegen wir im Moment bei einem Staatsdefizit von 11,9 Milliarden € für das Jahr 2009. Und wenn jetzt die Bank Austria die Partizipationsunterstützung abruft, dann sind wir bei zirka 13 Milliarden mi­nus und haben somit das Defizit des Jahres 2009 aufgebraucht. Es kommen noch vier schlimme Monate im Jahr 2009 auf uns zu, mit einer wahrscheinlich sehr hohen Ar­beitslosenrate und mit einer noch weiter schwächelnden Konjunktur. Und es ist zu er­warten, dass das Staatsdefizit zwischen 15 und 18 Milliarden € im Jahre 2009 ausma­chen wird.

Da müssten eigentlich alle Alarmglocken läuten, und es müssten Maßnahmen gesetzt werden in die Richtung, dass wir von diesen Schulden runterkommen. Doch leider Got­tes herrscht Stillstand! – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

22.27


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Windholz zu Wort. 3 Minuten Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


22.27.08

Abgeordneter Ernest Windholz (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Rechnungshofpräsi­dent! Hohes Haus! Ich darf mich dem Thema „Schutz vor Naturkatastrophen“ widmen. Das, was in diesem Bereich der Rechnungshof aufgezeigt hat, ist ein wahrer Kompe­tenzwirrwarr: Es gibt drei Ministerien, die zuständig sind, mehrere Fachabteilungen in­nerhalb der Ressorts, und dann kommen noch die Bundesländer dazu, mit teilweise ganz unterschiedlichem Zugang, was die Förderung von Schutzbauten betrifft.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 254

Ich lebe in einer Gemeinde an der Donau, einer kleinen Marktgemeinde, die jedes Hochwasser spürbar vor Augen hat. Ich habe den Minister Berlakovich im Ausschuss darauf angesprochen, dass die Tatsache, die der Rechnungshof festgestellt hat, näm­lich, dass im Infrastrukturministerium, zuständig für die Donau, in den Jahren 2001 bis 2005 160 Millionen € nicht in Anspruch genommen worden sind, nicht ein Zufall ist oder ein Beweis dafür, dass da zu viele Mittel vorgesehen waren, denn es gibt Ge­meinden – und meine Heimatgemeinde gehört dazu –, die sich die notwendigen Maß­nahmen nicht leisten können beziehungsweise nicht finanzieren können.

Die EU hat eine Hochwasser-Richtlinie im Oktober 2007 beschlossen, bei welcher es um die Erfassung und die Bewertung der Hochwasserrisken geht. Diese ist bis Dezem­ber 2013 umzusetzen. Es hindert einen niemand, dass man das schon früher tut. Und weitere zwei Jahre später, nämlich bis Dezember 2015 – letzter Termin – sind interna­tional abgestimmte Pläne für das Hochwasserrisiko-Management vorzulegen. Das heißt, dieses Thema kommt ohnehin auf Sie zu, und alles, was wir jetzt nicht machen, birgt natürlich die Gefahr, dass es hier um Leib und Leben geht, um unendliches Leid für die Betroffenen, und dass es für den Steuerzahler noch teurer wird.

Ich darf daher den dringenden Appell an Sie richten, sich dieses Themas anzunehmen. Der Kollege Gaßner hat das zu 100 Prozent in derselben Deutlichkeit angesprochen.

Die Meinung von Minister Berlakovich war – da habe ich natürlich Verständnis, dass je­de Gemeinde sofort das Argument ins Treffen führt, man habe kein Geld, man könne es sich nicht leisten, aber man kann ja hier nachvollziehbare Kriterien schaffen und das prüfen –, hier Bedarfszuweisungen vom Land in Anspruch zu nehmen. Das ist, gelinde gesagt, ein Abputzen, vor allem vor dem Hintergrund, dass im Infrastrukturministerium eindeutig Mittel nicht ausgeschöpft werden.

Ich darf Ihnen jetzt aus einem Schreiben zitieren – und das hört sich vielleicht etwas abstrakt an, und es ist vielleicht leicht übertrieben –, in welchem sich zehn Familien- und sechs Tourismusbetriebe an den niederösterreichischen Landeshauptmann ge­wendet haben.

Diese schildern darin das Hochwasser 2002, das in meiner Gemeinde dramatisch war. Ich zitiere jetzt deren Sicht der Dinge beim Hochwasser 2002:

Danach versprach man den Geschädigten, Maßnahmen zu setzen, um ähnliche Katas­trophen zu vermeiden. Es wurde von der Marktgemeinde eine Studie einer Wiener HTL präsentiert, welche die Errichtung eines Hochwasserschutzdammes im Kurpark vor­sah, wobei das bei Hochwasser durch die Donau aufgestaute Wasser des Sulzbaches bei einer Wehr über den Damm gepumpt werden sollte. – Das wurde präsentiert.

Und jetzt kommt der für mich wesentlichste Satz: Zu einer Realisierung dieses Planes kam es aus Geldmangel der Gemeinde nie.

Meine Damen und Herren, ich kann dazu nur eines sagen: Es ist nicht fünf vor zwölf, sondern es ist, glaube ich, schon fünf nach zwölf! Es ist eine Schande, wenn ein Infra­strukturministerium 160 Millionen € gebunkert hat, nicht ausgegeben hat und auf diese Menschen vergisst.

Ich glaube, es wäre nur anständig, recht und billig, wenn Sie sich umgehend dieser Fa­milien und dieser Betriebe annehmen würden. (Beifall beim BZÖ.)

22.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Mag. Brunner zu Wort. Gewünschte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 255

22.31.42

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte mich beim Präsidenten des Rechnungshofes bedanken für die klare Zusammenstellung der Situation der österreichischen Klimaschutzpolitik.

Das ist klar und verständlich zusammengefasst, aber leider ist das auch sehr erschre­ckend und ernüchternd. Wir sehen auch hier in der Tageszeitung „ÖSTERREICH“ (die­se in die Höhe haltend), dass Österreich auf Platz 50 im Klimaschutzindex liegt. Öster­reich ist an viertletzter Stelle innerhalb der EU. Und Österreich liegt in diesem Index hinter Ländern wie Mexiko, Weißrussland oder dem Iran. Und wir sind eines der weni­gen Länder in Europa, die hier ganz dunkelrot eingezeichnet sind (auf eine Graphik in der erwähnten Zeitung zeigend), und das bedeutet: sehr schlecht.

Wir haben, wie schon angesprochen worden ist, ein Klimaschutzziel zu erfüllen. Wir haben uns völkerrechtlich dazu verpflichtet, zwischen 2008 und 2009 13 Prozent der Treibhausgasemissionen gegenüber dem Basisjahr 1990 einzusparen. Tatsächlich sind wir im Jahr 2007 bei plus 11,3 Prozent gelegen.

Der Rechnungshof hat jetzt bestätigt, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass wir unser Klimaschutzziel noch erreichen werden, und hat empfohlen, dass, wenn wir in diese Richtung arbeiten wollen, wir auf Maßnahmen im Inland setzen sollen – etwas, was wir schon seit langem fordern – und uns nicht einfach nur über gewisse Mechanismen frei­kaufen sollen.

Dieses ganze Gerede um die Zielerreichung finde ich eigentlich ziemlich unerträglich. Da heißt es immer: Ja wir haben uns so ehrgeizige Ziele, so hohe Ziele gesetzt!, und es wird so getan, als ob wir gerade an unserem Ziel vorbeischrammen würden. Aber auch das 8-Prozent-Ziel, das vorhin angesprochen wurde, würden wir bei weitem ver­fehlen. In Wahrheit haben wir gar nichts gespart. Im Gegenteil: Wir haben darüber hi­nausgeschossen und verbrauchen mehr CO2 statt weniger.

Seitens des Landwirtschaftsministers heißt es immer: Ja, aber es gibt ja wichtige Player, die USA müssen mitmachen und China muss mitmachen, und dann machen wir auch mit!

Natürlich sind das große Emittenten, und natürlich müssen die alle mitmachen, weil das einfach ein globales Problem ist, aber Österreich hat schon auch selbst Verantwor­tung, und man kann sich nicht immer auf andere ausreden. Hier müssen wir endlich selbst aktiv werden und engagiert sein. Doch da passiert leider gar nichts. (Beifall bei den Grünen.)

Das Ökostromgesetz wäre da eine Möglichkeit gewesen. Wir haben in diesem Umfeld auch andere Initiativen vorgeschlagen, die sehr wohl zur Erreichung des Klimaschutz­zieles beigetragen hätten. Aber da hat die Bundesregierung gemeinsam mit der FPÖ leider ausgelassen.

Genauso wichtig ist es aber auch, und zwar gerade unter dem Aspekt Klimaschutz, de­zidiert gegen Atom aufzutreten. Es läuft ja gerade das UVP-Verfahren zum AKW Mo­chovce. Und da erklärt vielleicht, warum hier Untätigkeit da ist, was in einer Presseaus­sendung von Greenpeace steht, nämlich – und wir wissen ja, dass die STRABAG sich beworben hat, dort zu bauen –, dass Raiffeisen 43,3 Prozent der STRABAG-Aktien hält und davon ausgeht, dass dieses Kernkraftwerk gebaut wird. Wie gesagt, das er­klärt vielleicht so manche Untätigkeit, vor allem in den Reihen der ÖVP.

Ich denke mir, das kann es einfach nicht sein, das ist keine Klimaschutzpolitik. Lösen Sie sich endlich hier von Ihren Zwängen und werden Sie aktiv! Insbesondere vermisse ich Aktivität beim Landwirtschaftsminister in Sachen Klimaschutz. Wir haben es jetzt gehört, er ist in Moskau in Sachen Landwirtschaft unterwegs, er hat sich dafür ent-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 256

schieden, anstatt zu der vorentscheidenden Klimakonferenz nach New York zu fahren. Das zeigt eindeutig seine Prioritätensetzung auf. Er ist vorwiegend Landwirtschafts­minister, zeigt da Engagement. Für Umwelt- und Klimaschutz bleibt dann leider nicht viel übrig, außer, das jetzt in Inseraten vorzugaukeln. Und deswegen bin ich der Mei­nung, dass Österreich ein unabhängiges, starkes und engagiertes Umweltministerium braucht. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

22.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Sacher zu Wort. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


22.36.07

Abgeordneter Ewald Sacher (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Rechnungs­hofpräsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Klimaschutz, Klimawandel, Katastro­phenschutz, Hochwasserschutz: Das ist ein Themenkreis.

In immer kürzeren Abständen werden immer mehr Regionen von Naturkatastrophen, speziell von Hochwasserereignissen, heimgesucht. So auch im heurigen Sommer. Ich komme auch aus einer solchen Region, die mehrmals davon betroffen war, nämlich die Donau und ihre Seitentäler.

Viele Menschen haben wirklich voll Dankbarkeit miterlebt, wie die öffentliche Hand und Ehrenamtliche geholfen haben, und ich möchte mich hier zum Sprecher dieser Men­schen machen und diesen Ehrenamtlichen, den vielen Freiwilligen, dem Bundesheer, den Feuerwehren einen herzlichen Dank aussprechen aus diesem Hohen Haus! (Bei­fall bei SPÖ und ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dem Dank verbinden aber die Menschen auch Erwartungen – Erwartungen in einen größtmöglichen Schutz vor Hochwasserkatastro­phen. Daher verstehen viele auch die Kritik, die vom Rechnungshof an den manchmal sehr, sehr verzögerten Realisierungen dieser Maßnahmen geäußert wird, und sie ver­stehen auch, dass der Rechnungshof zu Recht kritisiert, dass oft Gelder liegengeblie­ben sind.

Es haben schon mehrere Vorredner darauf Bezug genommen, aber ich möchte schon klarstellen: Der Bericht bezieht sich auf die Jahre 2001 bis 2006, und da waren blaue beziehungsweise orange Infrastrukturminister zuständig, wie zum Beispiel Gorbach.

Es hat sich mittlerweile Gott sei Dank da sehr viel geändert, und ich darf dafür einige Beispiele nennen. Frau Ministerin Bures und vor ihr auch schon der damalige Minister Faymann haben da doch deutlich umgedacht. Ich nenne als Beispiel das Vorziehen von Hochwasserschutzprojekten in der Wachau, die erst für 2012 geplant gewesen sind und aufgrund des Ersuchens und des Drucks aus der Bevölkerung von Frau Bun­desministerin Bures auf 2010/2011 vorgezogen worden sind. Auch dafür recht herzli­chen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

Was man überhaupt nicht versteht, sehr geehrte Damen und Herren, ist, dass auch bei den Bundesländern manchmal ein Körbergeld gemacht wird, indem Hochwasser­schutz- und Katastrophenschutzmittel bei den Bundesländern liegen bleiben, dort Zins­erträge erwirtschaftet werden und auf der anderen Seite Hochwasserschutzprojekte auf deren Realisierung warten müssen.

Auch da danken wir dem Rechnungshof, dass er darauf aufmerksam macht. Und wir fordern die betroffenen Bundesländer auf, sehr rasch diesen Umstand abzustellen.

Sehr geehrte Damen und Herren, die Menschen erwarten sich größtmöglichen Schutz. Wir Politiker dürfen aber nicht in den Fehler verfallen, den 100-prozentigen Schutz vor-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 257

zugaukeln, zu versprechen. Das muss man seitens der Betroffenen auch verstehen. Einen 100-prozentigen Schutz wird es trotz größten Mitteleinsatzes nicht geben.

Noch einmal: Recht herzlichen Dank für die Kritik und für die Anregungen, die in Zu­kunft hoffentlich auch umgesetzt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

22.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Singer zu Wort. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


22.39.23

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Präsident des Rechnungshofes! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich be­schäftige mich in meiner Rede mit dem Bericht des Rechnungshofes über das System des Handels mit Emissionsrechten für Treibhausgase in Österreich.

Ziel war die Überprüfung der Funktionstüchtigkeit des Systems und der Nutzen für die Erreichung des österreichischen Klimaziels aus deren Umsetzung. In den Jahren 2005 bis 2007 verlief der Zertifikationshandel als Pilotphase.

In Österreich waren 197 Anlagen umfasst. 33 Millionen Zertifikate wurden jährlich aus­gegeben. Der Rechnungshof lobte die transparente und objektive Zuteilung.

Im Sektor Industrie bestand allerdings europaweit ein Überangebot an Zertifikaten, das führte zu einem EU-weiten Preisverfall von 20 € auf 7 Cent pro Stück. Damit entstan­den den Unternehmen, die Zertifikate kaufen mussten, nur geringe Mehrkosten, und die Anreize für die Emissionsverringerungen fehlten.

Österreich trifft allerdings keine Schuld, denn als einer von nur vier EU-Staaten, zu­sammen mit Irland, Spanien und Großbritannien, hat unser Land weniger Zertifikate ausgegeben als von den Betrieben benötigt.

Das heißt, der Zuteilungsplan wurde exakt erstellt. Diese Übereinstimmung wurde auch vom Rechnungshof anerkennend bewertet.

EU-weit wurden allerdings um 5 Prozent mehr Zertifikate ausgegeben, als tatsächlich Emissionen angefallen sind. Diese Situation führte zu dem bereits angesprochenen Preisverfall.

Für die zweite nun laufende Periode 2008 bis 2012 werden jährlich 30,7 Millionen Zerti­fikate ausgegeben. Das sind um 8 Prozent weniger als in der Vorperiode. Diese Sen­kung der Zahl der Zertifikate hat sich europaweit bewährt. Der Preis liegt derzeit bei rund 15 Prozent, also eine positive Entwicklung.

Erfreulich ist auch, dass die stichprobenartige Überprüfung des Emissionshandelsre­gisters durch das Umweltbundesamt eine weitgehende Übereinstimmung mit den tat­sächlichen Emissionen ergab, was das Vertrauen in unsere Betriebe bestätigt.

Sehr geehrte Damen und Herren, der Rechnungshof hat eine Reihe von Verbes­serungsvorschlägen gemacht, wie zum Beispiel die Einbeziehung weiterer wesentli­cher Emittenten wie etwa des Flugverkehrs oder auch die Befreiung von Kleinanlagen; gemeint sind Anlagen mit weniger als 10 000 Tonnen CO2-Emissionen pro Jahr.

Besonders erfreulich ist, dass die Umsetzung wesentlicher Empfehlungen des Rech­nungshofes bereits EU-rechtlich für die nächste Periode nach 2012 vorgesehen ist. Aber zusammenfassend ist festzustellen, dass weltweit und damit auch in Österreich verstärkte Anstrengungen unternommen werden müssen, um die Kyoto-Ziele zu errei­chen. Das Instrument des Emissionszertifikatehandels ist ein Aspekt dazu. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP.)

22.42



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 258

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gartel­gruber. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


22.43.00

Abgeordnete Carmen Gartelgruber (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Prä­sident des Rechnungshofes! Hohes Haus! Klimaschutz ist nicht die leichteste und dankbarste Aufgabe der Politik, aber jedenfalls eine der entscheidendsten Zukunftsfra­gen. Jeder Staat muss seinen Beitrag dazu leisten, um die ohnehin nicht übermäßig ambitionierten Vereinbarungen einzuhalten und damit den Lebensraum Erde vor einem Kollaps zu bewahren.

Die Ausführungen im jüngsten Rechnungshofbericht zu diesem Thema schreiben den Damen und Herren der Regierung allerdings eine Chronik des Scheiterns, und zwar ganz unverblümt. Ich darf hier kurz ein Zitat aus der Feststellung bringen:

„Es ist unwahrscheinlich, dass das Kyoto-Ziel mit den nationalen Maßnahmenpaketen der Klimastrategie erreicht werden kann. Selbst bei maximaler Ausnützung der interna­tional zur Verfügung stehenden flexiblen Mechanismen sind wesentlich stärkere und schnellere wirksame sektorale Maßnahmen im Inland zur Reduktion der Treibhausgas­emissionen notwendig. Für die möglichen finanziellen Belastungen bei Verfehlung des Kyoto-Zieles waren keine Vorsorgen getroffen.“

Eine deutlichere Abfuhr kann man den bisher gesetzten Maßnahmen nicht erteilen – und das kommt nicht aus dem Mund eines Aktivisten, sondern eines an und für sich sehr vornehm formulierenden und überlegten Kontrollorgans.

Dieser rote Faden von Fehlschlägen wird auch beim Thema des Emissionszertifikate­handels weitergesponnen. Hier kritisiert der Rechnungshof, dass die Kosten für diesen Emissionszertifikatehandel bisher höher waren als vorher angenommen. Dieser Handel ist nichts anderes als ein spekulatives Geschäft, mit dem einige wenige gutes Geld ma­chen. Außerdem hält er Österreich davon ab, sich unabhängig von fossilen Energieträ­gern aus dem Ausland zu machen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Versäumnisse bei der Umsetzung des Kyoto-Zieles und die damit verbundenen Sanktionen für Österreich werden uns noch teuer zu stehen kommen. Wir haben seit Jahren darauf hingewiesen, dass wir die Kyo­to-Ziele verfehlt haben. Nun gibt uns der Rechnungshof recht. Leider! In diesem Fall hätten wir gerne darauf verzichtet. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

22.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun ist Frau Abgeordnete Mag. Becher mit 3 Minuten zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


22.45.38

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Rechnungshofbericht über die Umsetzung des Natura 2000-Netzwerkes ist in zweifacher Hinsicht sehr inter­essant: einmal im Hinblick auf die europäische Dimension und natürlich auch im Hin­blick auf die innenpolitische Dimension. Das europäische Projekt Natura 2000 ist ein sehr wichtiger Schritt in der europäischen Umweltpolitik, das hat ja auch mein Tiroler Kollege schon ausgeführt, weil einerseits durch entsprechende Maßnahmen eine Ver­schlechterung der Arten von Flora und Fauna verhindert werden soll und darüber hi­naus auch eine Verbesserung der Lebensräume gewährleistet werden soll.

Das heißt, das EU-Projekt Natura 2000 hilft mit, auch unsere Lebensqualität in Öster­reich weiter zu steigern und unsere Flora und Fauna nachhaltig zu schützen.

Ein zentraler Punkt dieses EU-Projektes ist das Verschlechterungsverbot; das heißt, es muss prophylaktisch alles unternommen werden, damit in dem entsprechenden Gebiet


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 259

keine Verschlechterung der Lebensräume eintreten könnte. Jetzt ist für die Umsetzung dieser Richtlinie nicht nur eine Gebietskörperschaft verantwortlich oder entscheidungs­befugt, sondern neun unterschiedliche. Daher ist es auch zu einer sehr langen bezie­hungsweise unvollständigen Umsetzung gekommen. Neun verschiedene Körperschaf­ten haben eben länger gebraucht, und die Europäische Kommission hat wegen unzu­reichender rechtlicher Umsetzung ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet.

Darüber hinaus ist es auch so, dass unterschiedliche Anteile in den sechs vom Rech­nungshof geprüften Bundesländern nominiert wurden. Das Bundesland Burgenland hat zum Beispiel 27 Prozent seiner Fläche, Niederösterreich 23 und Kärnten und Oberös­terreich nur 6 Prozent nominiert.

Das heißt, die Kompetenzzersplitterung bei der Umsetzung hat zu zeitlich stark verzö­gerten, aber vor allem auch sachlich nicht gerechtfertigten Entscheidungen geführt. Diese Entscheidungsstrukturen – so meine ich – sind auf jeden Fall im Rahmen der be­vorstehenden Verwaltungs- und Verfassungsreform kritisch zu hinterfragen und auch zu diskutieren.

Abschließend möchte ich noch als Wiener Abgeordnete der Donaustadt, wo das be­liebte Naturschutzgebiet oder Naherholungsgebiet Lobau liegt, das ein Europaschutz­gebiet darstellt und auch dieser Natura 2000-Verordnung unterliegt, auf die vorbildliche Politik der Wiener im Bereich Naturschutz und Umweltpolitik hinweisen, denn das Bun­desland Wien ist hier keinem Vertragsverletzungsverfahren der EU unterlegen. – Vie­len Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

22.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Wöginger mit 3 Minuten. – Bitte.

 


22.49.12

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich nur kurz mit dem Bericht beschäftigen: „Schutz vor Naturgefahren; Verwendung der Mittel aus dem Katastrophenfonds“.

Ich komme auch aus einer Hochwassergemeinde und war auch selber 2002 Betroffe­ner, Gott sei Dank nicht mit dem Wohnhaus, aber mit der Garage. Und wir bekommen jetzt ein Rückhaltebecken. Das zeigt, dass die Mittel wirklich fließen und dass hier die Gelder richtig eingesetzt werden, immerhin über 6 Millionen €. Die meisten Kosten trägt der Bund, das Land und zu 6 Prozent auch der regionale Wasserverband. Das heißt – das bestätigt auch der Bericht –, dass im Durchschnitt von den Jahren 2002
bis 2006 insgesamt, wenn man Bundesmittel und Landesmittel zusammenzählt, rund 506 Millionen € pro Jahr ausgegeben wurden.

Es werden aber grundsätzlich Probleme angesprochen; es ist schon von der Kompe­tenzzersplitterung gesprochen worden, dass unterschiedliche Ebenen Zuständigkeiten haben. Es wäre halt für die Zukunft wichtig, hier zu einheitlicheren Regelungen und Richtlinien zu kommen, ohne dass man eine Ebene zur Gänze ausschaltet, weil natür­lich niemand will, dass zum Beispiel über die Gemeinden bei solchen Projekten drüber­gefahren wird.

Eine gemeindeübergreifende Zusammenarbeit wäre aber dennoch wichtig, um entlang vor allem von Bächen und Flüssen die notwendigen Schutzmaßnahmen durchführen zu können.

Es wurde auch angeführt, dass es hinsichtlich des Schutzes vor Naturgefahren in der österreichischen Rechtsordnung Mängel gibt und eine einheitliche Regelung nicht ge­geben ist.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 260

Die Schadensregulierung durch die Länder – der Bundessatz ist ja einheitlich mit 60 Prozent, die Länder zahlen aber in unterschiedlichen Höhen dazu –, das ist eben­falls ein Punkt, der meiner Meinung nach zu Recht angesprochen wird. Es geht vor al­lem auch um die Bewertung in diesem Bereich. Die Gefahrenzonen werden unter­schiedlich bewertet und dargestellt, und das führt zu diesen Problemen.

Eine Sache, die eigentlich, soweit ich das noch in Erinnerung habe, im Ausschuss alle bemängelt haben, ist, dass das Verkehrsministerium die Mittel für Präventivmaßnah­men zwischen 2001 und 2006 nur in einem geringen Maße ausgeschöpft hat. Das soll­te sich ändern, denn die Mittel werden für die betroffenen Regionen dringendst benö­tigt. Es sollte nicht sein, dass hier Mittel auf dem Papier stehen, aber dann nicht ausge­schöpft werden.

Abschließend, meine Damen und Herren, möchte ich sagen, und das, glaube ich, ist auch wichtig zu erwähnen, gerade in Zeiten, wo immer wieder mit schwereren Nieder­schlägen und Hochwassergefahren zu rechnen ist: Es wird immer ein Restrisiko beste­hen bleiben, und dahin gehend muss auch das öffentliche Bewusstsein gebildet wer­den. (Beifall bei der ÖVP.)

22.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Kai­pel. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


22.52.36

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Präsident! Meine Da­men und Herren! Die Katastrophen im heurigen Sommer und auch in den Jahren davor zeigen ganz deutlich, dass es Handlungsbedarf gibt. Die Kritik des Rechnungshofes – im Detail wurden die Kritikpunkte ja mehrfach angesprochen – ist zweifellos ernst zu nehmen, denn die betroffenen Regionen und die Menschen haben ein Recht auf einen funktionierenden und vor allem ausreichend dotierten Katastrophenfonds.

Ganz allgemein werden die Mittel im Katastrophenfonds mehr, allerdings nicht für alle, auch nicht für das Bundesland Burgenland. Das ist einer Beantwortung des Nachfol­gers des gegenwärtigen Umweltministers im Burgenland zu entnehmen, der in einer Anfragebeantwortung mitteilt, dass in den letzten Jahren die Mittel rückläufig sind: kon­kret für das Jahr 2008 minus 1,2 Millionen € verglichen mit dem Jahr 2006. (Abg. Mag. Molterer: Wie war das? Der „Nachfolger des gegenwärtigen Umweltministers“? Das ist kompliziert!) Auch 2009 wird es weniger geben, und das bei einem Bedarf von 95 Millionen im Burgenland. Mit den jetzigen Mitteln, die vom Bund zur Verfügung ste­hen, werden die notwendigen Maßnahmen erst in Jahrzehnten ... (Abg. Mag. Molterer: Der „Nachfolger des gegenwärtigen Umweltministers“?) – Ja, das ist richtig, der Nach­folger im Burgenland. Zuhören! (Abg. Mag. Molterer: Ah so! – Beifall bei der SPÖ.)

Allerdings ist es schon interessant, dass sich der Herr Bundesminister im Ausschuss genau gegenteilig äußert. Wenn sein Nachfolger im Burgenland sagt, es gibt weniger Geld für das Burgenland, und der Herr Bundesminister meint, dass das nicht stimmt, durch Umschichtungen gebe es zusätzliche Mittel für das Burgenland, dann ist es schon interessant, dass in Wien Geld auf den Weg geschickt wird, das im Burgenland nicht ankommt. Es konnten auch der Minister beziehungsweise seine Mitarbeiter nicht aufklären, wann welche Mittel zusätzlich ins Burgenland geflossen sind. Es wurde zu­gesagt, diese Antwort nachzureichen. Bis jetzt ist das nicht passiert, aber es wird Mög­lichkeiten geben, diese Antworten zu kriegen.

Jedenfalls wird das Jahr 2010 die Möglichkeit bieten, und das hoffe ich, dass bei der Evaluierung dann auch das Burgenland zu zusätzlichen Mitteln kommt.

Ich möchte eine Bemerkung noch zur Kritik machen, die so häufig auch an Bürger­meister als Baubehörden gerichtet wird. Die Kritik lautet, dass die Baubehörden alles


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 261

genehmigen und es daher zu diesen Problemen kommt. Dazu möchte ich festhalten, dass die Widmungspläne dafür maßgeblich sind, auch Abflussuntersuchungen, deren Ergebnisse in Widmungspläne einfließen, und die Widmungspläne erst gültig sind, wenn sie durch die Aufsichtsbehörden genehmigt sind. So, glaube ich, ist es durchaus belegbar, dass nicht die Bürgermeister dafür verantwortlich sind.

Abschließend halte ich fest, dass ohne die Gemeinden und ohne die Bürgermeister Österreich nicht funktioniert. Daher ersuche ich bei etwaiger Kritik, auch diese Tatsa­che zu berücksichtigen. (Beifall bei der SPÖ.)

22.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Prähauser zu Wort. 2 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


22.56.10

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte mich auch noch ganz kurz zur Umsetzung der Klimastrategie und zum Emissionszertifikatehandel äußern. Wir haben von den Vorrednern schon vieles Richtiges, auch an Eigenkritik, gehört, aber ich möchte hier wörtlich aus dem Protokoll unseres Ausschusses zitieren, wo drinnen steht:

„Beide Berichte werden von den anwesenden Ausschussmitgliedern aller Fraktionen ausdrücklich ob ihrer Kompetenz, Transparenz und Verständlichkeit gelobt.“ – Das ist in Ordnung. Danke für die Klarheit!

Aber wir loben gleichzeitig damit die Kritik an uns. Da steht nämlich eigentlich drinnen, dass wir unsere Hausaufgaben nicht gemacht haben. Da würde ich bitten, dass wir vielleicht gemeinsam dafür sorgen, dass in den nächsten Berichten dann genau das drinnen steht, was wir richtig gemacht haben.

Herr Präsident Dr. Moser, ich glaube, da können wir sofort auf Sie zählen, wenn wir das zu tun in der Lage sind.

Warum ich optimistischer bin, dass wir den richtigen Weg einschlagen werden, hat auch mit dem letzten UNO-Gipfel zu tun. Amerikas Präsident Obama hat jetzt auch für die USA erkannt, dass hier sehr viel zu tun ist. Er hat wörtlich gesagt, wir haben nicht mehr viel Zeit. Auch China hat plötzlich eingelenkt und erkannt, dass etwas zu tun ist – Kunststück bei diesen großen Katastrophen rund um den Erdball.

Ich glaube, dass wir hiemit auch ein „Argument“ verlieren, nämlich: Was können wir, das kleine Österreich, schon bewegen, wenn alle anderen sich nicht daran halten?! Dieses „Argument“ wird hoffentlich bald wegfallen. Wir werden das Richtige tun kön­nen, um die Nachwelt so zu erhalten, dass sie für unsere Kinder lebenswert ist. Wir werden unseren Teil dazu beitragen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

22.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich der Herr Präsident des Rechnungs­hofes Dr. Moser zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


22.58.10

Präsident des Rechnungshofes Dr. Josef Moser: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich möchte mich eingangs bei Ihnen sehr herzlich für den Verlauf der heutigen Sitzung bedanken. Wir haben auf dieser Tagesordnung 16 Tagesordnungs­punkte, zieht man die ersten Lesungen und die Berichte des Immunitätsausschusses ab, verbleiben acht Tagesordnungspunkte, und sechs Tagesordnungspunkte davon befassen sich mit der Finanzkontrolle.

Zu diesem Thema wurden heute drei Anträge von Ihnen angenommen, und zwar ein­stimmig. Einer betrifft die Ausweitung der Kompetenzen im Bereich der Unterneh-


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mensprüfungen, einer betrifft eine Verlangensprüfung, die auch von Ihnen allen ein­stimmig akzeptiert und beauftragt worden ist, und ein weiterer betrifft das Verlangen beziehungsweise die Intention, die Prüfungen der Gemeinden auszuweiten.

Ich bin mir sicher, dass das ein richtiger Schritt in die richtige Richtung ist: zur Stärkung Ihrer Kontrollrechte und auch zur Stärkung der Transparenz beziehungsweise auch der Präventivwirkung. (Beifall bei BZÖ und Grünen.)

Im Zusammenhang mit dem Redebeitrag des Herrn Abgeordnetem Molterer, der ge­sagt hat, die Unternehmensprüfungen zeigen auf, dass der Rechnungshof mit diesem Instrument in Zukunft verantwortungsvoll umgehen muss, kann ich Ihnen versichern: So, wie der Rechnungshof das in der Vergangenheit getan hat, wird er dies auch in diesem Fall tun. Wir werden mit der Skylink-Prüfung nach Inkrafttreten dieser Bestim­mung umgehend beginnen.

Wir werden die Prüfung des Bankenpakets mit Ihnen gemeinsam endgültig fixieren, da­mit die Prüfung auch Ihren Intentionen nachkommt, und wir werden im Bereich der Ge­meindeprüfungen sicher immer wieder aufzeigen, dass es notwendig ist, dass die Ge­meinden Beratung bekommen, dass man den Gemeinden gerade in Zeiten wie diesen hilft, ihren Aufgabenstellungen nachzukommen. Und auch dass es wichtig ist, Trans­parenz zu schaffen, um zu sehen, ob die Transferflüsse angemessen sind und ob
die Wohlfahrtseffekte, die gewollt sind, auch tatsächlich eintreten. (Beifall bei BZÖ und Grünen.)

Wichtig wird es in diesem Zusammenhang auch sein, durch Transparenz sicherzu­stellen, dass im Rahmen des nächsten Finanzausgleichs das Geld dorthin fließt, wo es tatsächlich benötigt wird. In diesem Bereich braucht es eine Regelung, die nicht nur den Bund, sondern auch die Länder betrifft – und insbesondere die Gemeinden, die im Rahmen der Daseinsvorsorge wesentliche Aufgaben zu erfüllen haben.

Wir haben heute auf der Tagesordnung – auch das wurde angesprochen – insgesamt 16 Prüfungsergebnisse: sieben Schwerpunktprüfungen, drei Querschnittsprüfungen, fünf Follow-up-Prüfungen und eine Stichprobenprüfung. 13 von 16 Prüfungen wurden im Rahmen der Debatte heute angesprochen. Die Berichte wurden auch eingehend im Rechnungshofausschuss diskutiert.

Das zeigt auch die Wertschätzung der Arbeit der Prüfer und der Prüferinnen des Rech­nungshofes. Es zeigt aber auch das konstruktive Klima, das zwischen dem Parlament und dem Organ des Parlaments, nämlich dem Rechnungshof besteht. Auch dafür dan­ke ich Ihnen. Ich kann versichern, dass es für uns ein Auftrag ist, dieser Reputation be­ziehungsweise diesem Vertrauen gerecht zu werden. Wir werden mit den Prüfern das Beste geben, damit auch in Zukunft die Zusammenarbeit im Sinne der Bürgerinnen und Bürger optimal funktioniert. – Recht herzlichen Dank! (Allgemeiner Beifall.)

23.01

23.01.20

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debat­te ist geschlossen.

Die Herren Berichterstatter wünschen kein Schlusswort.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschus­ses, den Bericht III-2 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 263

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, den vorliegenden Bericht III-19 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist wiederum einstimmig angenommen.

23.02.099. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Barbara Prammer, Fritz Neuge­bauer, Mag. Dr. Martin Graf, Herbert Scheibner, Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (702/A)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 9. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt zunächst einer der Antragsteller, Herr Abgeordneter Scheibner. Ge­wünschte Redezeit: 3 Minuten. Herr Abgeordneter, Sie kennen die Problematik Ihres Klubs bezüglich der Restredezeit. – Bitte.

 


23.03.00

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Frau Präsidentin! Vielleicht können Sie ein bisschen später einschalten, dann ist die Problematik ein bisschen geringer. (Beifall beim BZÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter! Geschäftsordnung ist Ge­schäftsordnung. Wir sind gerade beim Thema.

 


Abgeordneter Herbert Scheibner (fortsetzend): Ja, die ÖVP will früher heimgehen, aber das macht ja nichts. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, es handelt sich hier um eine Konsensmaterie. Das sieht man schon daran, dass einer der Antragsteller Oppositionsangehöriger ist. Ich gehe davon aus, dass wir keine besonderen Probleme bei der Diskussion und bei der Be­schlussfassung haben werden.

Es geht um die Anpassung der Geschäftsordnung an Verfassungs- und Gesetzesän­derungen, die wir in der Vergangenheit gemacht haben – im Bereich der Genehmigung von Staatsverträgen, im Bereich der Beschlussfassung des Bundesfinanzrahmenge­setzes und vor allem – das ist, glaube ich, eine interessante Angelegenheit bezie­hungsweise Regelung – dass auch Mitglieder der Beschwerdekommission im betref­fenden Ausschuss das Wort ergreifen können und wir auch die Leiter der weisungs­freien Behörden im Rahmen von Ausschussberatungen zu den jeweiligen Materien bei­ziehen können.

Ich glaube, da werden wir keine Probleme haben. Nur möchte ich aus aktuellem An­lass auf einige weitere Punkte Bezug nehmen, die wir im Geschäftsordnungsaus­schuss noch behandeln werden, und zwar vor allem die Frage der Untersuchungsaus­schüsse.

Wir alle bekennen uns dazu, dass die Einberufung von Untersuchungsausschüssen in Zukunft ein Minderheitenrecht sein sollte. Ich selbst bekenne mich dazu, habe aber im­mer wieder darauf hingewiesen, dass es darum gehen wird, dem Untersuchungsaus­schuss einen klaren Rahmen zu geben, vor allem was die Zeugenschutzrechte und auch die Rechte von Nichtbeteiligten anlangt, und vor allem wenn es darum geht, dass vertrauliche Akten nicht an die Öffentlichkeit kommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 264

Manche von Ihnen lesen auch gerade jetzt sehr interessiert eine Wochenzeitung, die – wie auch manche andere Medien – relativ ungeniert Dinge publiziert, die sie nur durch Bruch von Gesetzen erhalten haben kann – auch jetzt wieder. Ich glaube, das sollte uns allen zu denken geben!

Jetzt, knapp ein Jahr nach seinem tragischen Ableben, werden genüsslich die entspre­chenden Akten über den verstorbenen Landeshauptmann Jörg Haider veröffentlicht. Das ist sehr verdächtig, denn eine Möglichkeit, wie diese Zeitschrift an diese Akten ge­kommen sein kann, ist der Weg über den Untersuchungsausschuss – wobei ich mich frage, warum diese Akten überhaupt an den Untersuchungsausschuss übermittelt wor­den sind, zumal dies kein Gegenstand der Untersuchung ist. Aber sie sind übermittelt worden!

Das sollte uns schon zu denken geben. Ich möchte jetzt nicht irgendwelche Schuldzu­weisungen machen, aber das kann nicht sein – egal, um wenn es sich handelt! Es kann nicht sein, dass Dinge, die dem Ausschuss vertraulich übermittelt werden, an Me­dien weitergegeben werden, die das dann genüsslich breittreten. Hier geht es um den Schutz von Menschen, von Menschenrechten! Hier wird das Recht auf Aufklärung im öffentlichen Bereich bei Weitem überschritten! Es wird unsere Verantwortung sein, auf der einen Seite die Kontrollrechte auszuweiten, keine Frage, aber auf der anderen Sei­te auch die Schutzinteressen von unbescholtenen Bürgern entsprechend wahrzuneh­men. (Beifall beim BZÖ.)

23.06


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Prähauser. 3 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim: Aber das interessiert doch keinen Men­schen mehr! – Abg. Scheibner: Das glaube ich schon, dass Sie das nicht interessiert ...!)

 


23.06.37

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich möchte nur kurz auf die Geschäftsordnung Bezug nehmen, die wir für die Präsidenten der Be­schwerdekommission vorsehen, die jetzt heißt „Parlamentarische Bundesheerkommis­sion für Beschwerdewesen“. Da möchte ich speziell auf deren Rederecht im Aus­schuss Bezug nehmen – und erwarte mir dabei einige interessante Dialoge.

Wir werden im Ausschuss Gelegenheit haben, die Probleme unserer Soldatinnen und Soldaten näher kennenzulernen, diese gemeinsam breiter zu diskutieren und vielleicht besser verstehen lernen. Ich glaube, dass dies ein guter Weg ist, diesen Weg der Ge­schäftsordnung zu beschreiten. Ich glaube aber auch, dass wir in späterer Zeit auch überlegen sollten, die Beschwerdeführer auch im Bundesrat zu hören. Ich gehe davon aus, dass Föderalismus gerade beim Bundesheer nicht Halt machen sollte. Ich gehe davon aus, dass wir gemeinsam im Interesse der Bevölkerung und der Landesvertei­digung einfach mehr bewerkstelligen können! (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vor­sitz.)

Wir haben heute eine Sitzung gehabt, bei der wieder Probleme von Soldatinnen und Soldaten diskutiert wurden. Man möchte nicht glauben, wozu es kommen kann! Je mehr man darüber Bescheid weiß, desto eher ist man in der Lage, diese Probleme hintanzuhalten.

Ich danke hier für die einmütige Unterstützung und das gemeinsame Wollen, diese Ände­rung der Geschäftsordnung durchzuführen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Glaser.)

23.08


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Karl. 2 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 265

23.08.33

Abgeordnete Mag. Dr. Beatrix Karl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kol­leginnen und Kollegen! Der vorliegende Initiativantrag ist unspektakulär, ich kann mich daher kurz halten. Bei diesem Initiativantrag geht es in Wahrheit nur um notwendige Anpassungen. Dieser Anpassungsbedarf ergibt sich – darauf wurde bereits hingewie­sen – zum Beispiel aufgrund des Wehrrechtsänderungsgesetzes 2009, weil mit diesem Gesetz unter anderem eine Stärkung der Stellung der Parlamentarischen Bundesheer­kommission für Beschwerdewesen einhergegangen ist. Das hat natürlich auch Auswir­kungen auf die Geschäftsordnung des Nationalrates und muss entsprechend berück­sichtigt werden.

Anlass für Änderungen unserer Geschäftsordnung geben darüber hinaus das Bundes­finanzrahmengesetz, die parlamentarischen Kontrollerechte hinsichtlich der gemäß Art. 20 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz weisungsfrei gestellten Organe und die Neu­regelung des Art. 50 Bundes-Verfassungsgesetz, in dem es um die Mitwirkung des Na­tionalrates und des Bundesrates an der Vollziehung des Bundes geht. Das heißt: Die mit diesem Initiativantrag vorgeschlagenen Änderungen des Geschäftsordnungsgeset­zes sind notwendig, sinnvoll und daher natürlich zu begrüßen.

Zu begrüßen ist auch, was vom Kollegen Scheibner angesprochen wurde, nämlich dass er sich für den Untersuchungsausschuss einen klaren Rahmen betreffend Zeu­genschutz und Vertraulichkeit von Akten vorstellt. Auch da sind wir natürlich dabei, das ist auch für uns ein wichtiges Anliegen. Ich bin zuversichtlich, dass wir zu guten Ergeb­nissen kommen werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

23.09


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Fichtenbauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


23.10.23

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Herr Präsident! In aller Kürze: Es han­delt sich um eine Einvernehmensmaterie. Der Antrag ist von allen fünf Parteien, die im Geschäftsordnungskomitee tätig sind, erarbeitet worden und stellt eine Verbesserung der parlamentarischen Arbeit dar.

Es ist sinnvoll, dass künftig der Vorsitzende der Parlamentarischen Bundesheerkom­mission auch im Ausschuss zu Wort kommt, so wie es auch im Rechnungshofaus­schuss der Fall ist. Es macht einfach einen Unterschied, ob man über ein geschlos­senes Papierwerk ohne die Verfasser debattiert oder ob das mit Eingliederung der ver­antwortlichen Schriftenverfasser oder untersuchungstätigen Organe geschieht.

Es ist auch richtig und konsequent, den Vorsitzenden weisungsfreier Organe die Teil­nahme an den Ausschusssitzungen im Nationalrat zu ermöglichen. – Damit ist in aller Kürze alles gesagt.

Was vorhin betreffend Vertraulichkeitswahrung der im Untersuchungsausschuss vorlie­genden Akten gesagt wurde, ist natürlich voll zu unterstreichen. Gegen alle zuwider­handelnden Personen ist strengstens vorzugehen. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Neugebauer.)

23.12


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Brosz. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


23.12.09

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Da das der Restlverwertungsan­trag des Geschäftsordnungskomitees ist, nämlich alles, was notwendig ist, aufgrund


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bereits mit anderen Materien beschlossener Änderungen noch hier anzupassen, braucht man über den Inhalt, so glaube ich, nicht allzu viel zu diskutieren.

Mir ist nur wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Grundsatzvereinbarung über einen Untersuchungsausschuss als Minderheitenrecht aus unserer Sicht ein wesentlicher Fortschritt für die weiteren Beratungen war. Ich hoffe, dass wir bald auch so weit kom­men, dass wir in ernsthafte Verhandlungen eintreten können, weil das, was bislang stattgefunden hat, das Austauschen von Grundsatzpositionen von allen Seiten war. Spannend wird es immer dann, wenn man versucht, so weit in Verhandlungen einzu­treten, dass man zu einer Lösung kommt, die auch mehrheitsfähig sein wird, zumindest mit einer Zweidrittelmehrheit, möglicherweise einstimmig.

Kollege Scheibner hat natürlich recht, dass es Elemente gibt, bei denen man schon schauen muss, dass auch die Rechte von Auskunftspersonen gewahrt werden. Auf der anderen Seite muss man festhalten, dass es sehr wohl die Notwendigkeit gibt, dass der Ausschuss ebenfalls Möglichkeiten bekommt, auch die Rechte des Untersuchungs­ausschusses durchzusetzen, vor allem, wenn es ein Minderheitenrecht wird. Das ist nämlich der Kern der Geschichte. Ein Minderheitenrecht bei der Einsetzung hilft nur sehr wenig, wenn dann die Mehrheit im Ausschuss de facto sämtliche Möglichkeiten zu einer wirklichen Aufklärung blockieren könnte. Da muss man halt dann schauen, dass es zu einer Lösung kommt, die einerseits das Instrument nicht inflationär möglich macht, aber anderseits die Einsetzung als Minderheitenrecht auch mit Leben erfüllt.

Wir haben jetzt einige Monate Zeit – ich hoffe, dass es sehr bald zu ernsthaften Ver­handlungen kommen wird –, um diese, wenn das wirklich gelingt, wahrscheinlich in den letzten Jahrzehnten bedeutendste Geschäftsordnungsreform auch durchzubringen. Geben wir uns gegenseitig einen Vertrauensvorschuss und schauen wir, ob wir tat­sächlich bald zu einer vernünftigen Lösung kommen! (Beifall bei den Grünen.)

23.14


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 702/A dem Geschäftsordnungsausschuss zu.

23.14.1510. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Barbara Prammer, Fritz Neuge­bauer, Mag. Dr. Martin Graf, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (705/A)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen zum 10. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält zunächst die Antragstellerin, Frau Präsidentin Mag. Prammer. Freiwil­lige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


23.14.48

Abgeordnete Mag. Barbara Prammer (SPÖ): Meine Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Ich hoffe, es ist nicht nur mein subjektiver Eindruck, son­dern der Eindruck aller Mitglieder des Geschäftsordnungskomitees, dass wir in einer unglaublich konstruktiven Art und Weise dieses Jahr schon gearbeitet haben. Immerhin befindet sich bereits die zweite Geschäftsordnungsnovelle im Finale. Wir haben doch einiges abgearbeitet. Die wichtige Frage: Wie werden wir in Zukunft mit den Europa­themen umgehen?, beinhaltet dieser eine Antrag.


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Ich kann nur festhalten, ich werde mich als Präsidentin des Nationalrates sehr bemü­hen, dass wir dem Rechnung tragen, was wir auch im Geschäftsordnungskomitee ver­einbart haben, dass die Öffentlichkeit der Hauptausschusssitzungen garantiert werden kann. Es werden Bild- und Tonaufnahmen möglich sein. Das wird ein neuer und inter­essanter Versuch werden. Schließlich werden dort auch die EU-Abgeordneten ein Re­derecht haben. Ich hoffe auch, mit einer interessanten Tagesordnung Live-Übertragun­gen im Fernsehen zustande zu bringen. Ich glaube, das ist die Neuigkeit des Tages in diesem Zusammenhang, dass wir zum ersten Mal auch die Möglichkeit geben, derarti­ge Sitzungen einem breiten Publikum zur Verfügung zu stellen und die Informationen weiterzugeben.

Das Rederecht der EU-Abgeordneten im Plenum ist nicht durchgesetzt. Da waren sich die Fraktionen uneins. Ich glaube, dass wir mit dem Schritt, so wie wir ihn jetzt gesetzt haben, einen guten ersten gemacht haben. Schauen wir einmal, wie es wird!

Im Übrigen habe ich erst vor Kurzem mit dem neuen Präsidenten des Europäischen Parlaments ein Gespräch gehabt und habe dort deponiert, dass es sehr gut wäre, die Tagesordnungen, die Arbeitsabläufe des Europäischen Parlaments, etwas flexibler zu gestalten, dass auch die MEPs ab und zu in Österreich sein können, weil damit auch gewährleistet sein kann, dass wir gemeinsame Sitzungen abhalten.

Ich möchte auch mit ein paar Worten zum Rest, zu dem, was noch nicht im Geschäfts­ordnungskomitee abgearbeitet wurde, Stellung nehmen. Ich habe Anfang Oktober die Mitglieder zu einem informellen Treffen eingeladen, nicht im Rahmen des Geschäfts­ordnungskomitees, sondern in dem Sinne, dass wir uns einmal informell zusammen­setzen und über den Untersuchungsausschuss reden. Sie werden in den nächsten Ta­gen, von der Parlamentsdirektion aufgearbeitet, die bisherigen Ergebnisse bekommen, all das, was wir schon über den Untersuchungsausschuss debattiert haben. 48 Seiten, kann ich Ihnen nur sagen, wird der Langbericht sein. Wir versuchen, auch einen Kurz­bericht zustande zu bringen.

Dann geht es natürlich ans Eingemachte, dann werden wir schauen, wie wir aus den Erkenntnissen, die wir auch durch Expertinnen und Experten, zum Beispiel aus Deutschland, gewonnen haben, zu einem Ergebnis kommen.

Herr Abgeordneter Scheibner hat das Thema Vertraulichkeit angesprochen. Ich möchte auch festhalten – im Lichte der Erfahrungen, die ich jetzt mit – unter Anfüh­rungszeichen – „meinem“ vierten Untersuchungsausschuss mache –: Ich muss als Präsidentin des Nationalrates die Vorgangsweise entscheiden, wie ich in meiner Funk­tion garantieren kann, dass der Untersuchungsausschuss die Vertraulichkeit einhält.

Ich fasse sehr strikte und strenge Entscheidungen, nicht immer zur Freude des Aus­schusses. Ich werde schon auch von allen Fraktionen immer wieder damit konfrontiert, dass die Entscheidungen über Geheimhaltung, über Vertraulichkeit, wie die Zugänge ermöglicht oder nicht ermöglicht werden, kritisiert werden. Wir müssen uns hier schon auch einmal eine klare Linie überlegen. Wenn wir die Vertraulichkeit gewährleisten wol­len, und wir müssen sie in speziellen Fragen gewährleisten, dann darf es für uns auch nicht eine zu große Anstrengung sein, dass wir uns halt auch mit umständlicheren, mit langsameren Arbeitsmethoden behelfen. Das wollte ich an dieser Stelle schon sagen, weil es sonst nicht funktionieren wird.

Ich sehe der Debatte über den Untersuchungsausschuss mit großer Spannung entge­gen. Ich habe auch vor, mit sehr vielen Terminen sehr rasch ans Ende zu kommen, um einer Vereinbarung, die zwischen vier Fraktionen getroffen wurde, auch Rechnung tra­gen zu können. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Abg. Bucher.)

23.19



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 268

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Präsident Neugebauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


23.19.39

Abgeordneter Fritz Neugebauer (ÖVP): Herr Präsident! Meine geschätzten Kollegin­nen und Kollegen! Kollege Brosz, ich habe mit dem Ausdruck „Restlverwertung“ im Zu­sammenhang mit der Änderung der Geschäftsordnung ein bisschen ein Problem, weil ich an sich schon erkenne, dass sowohl im Komitee als auch im Ausschuss die Ernst­haftigkeit – ich würde das nicht über andere Ausschussqualitäten heben wollen – gera­de in der Frage der Gestaltung der eigenen Spielregeln – und das ist die Geschäfts­ordnung – doch wirklich sachkundig und unaufgeregt ist und letztendlich trotz unter­schiedlicher Ausgangspositionen sehr ergebnisorientiert gearbeitet wird.

Wir haben, Frau Präsidentin, schon einiges auf den Weg gebracht, etwa die Verleben­digung der Parlamentsarbeit durch eine Aktualisierung der Fragestunde. Das Diskonti­nuitätsprinzip haben wir sehr sinnvoll durchbrochen. Alle Vorlagen, die am Ende einer Gesetzgebungsperiode da sind, verfallen nicht mehr. Auch Volkswille durch Volksbe­gehren und Bürgerinitiativen wird weitergetragen. Es gibt wesentlich mehr Transparenz durch die Öffentlichkeit. Die Berichte der Regierung werden öffentlich diskutiert und vieles andere mehr.

Ich möchte an dieser Stelle sagen: Wenn man sich mit diesen Themen auch interna­tional – da ist Professor Zögernitz dankenswerterweise nach wie vor sehr hilfreich – beschäftigt, dann dürfen wir schon feststellen, dass wir die Frage der Minderheiten in den westeuropäischen Parlamenten wahrscheinlich am weitesten ausgebaut haben. Ich habe unlängst mit einem deutschen Kollegen darüber gesprochen, wie denn das so läuft, weil wir in den letzten Wochen Sondersitzungen hatten. Er ist aus allen Wolken gefallen, dass 20 Abgeordnete selbstverständlich eine solche Sitzung einberufen kön­nen, ein solches Recht gibt es dort gar nicht.

Wir wollen in der Frage „Mehr Europa im Hohen Haus“ durch die Aktuelle Europastun­de, EU-Erklärungen von Regierungsmitgliedern, durch diese Novelle auch wieder mehr Europa ins Parlament hereinbringen.

Abschließend nochmals zum Thema Minderheitsrecht. Das ist sicherlich das aktuellste Thema, und ich denke, dass wir von der Österreichischen Volkspartei uns vorbehaltlos dazu bekennen, dass die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses selbstver­ständlich Minderheitsrecht sein muss.

Wir haben nicht ohne Grund Experten aus dem deutschen Bundestag eingeladen, auch den Herrn Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes, um dieses deutsche Mo­dell kennenzulernen. Ich habe aus den bisherigen Diskussionen erfahren können, dass das durchaus – mit einigen Adaptierungen aus verfassungsrechtlicher Sicht – auch für uns anwendbar sein wird.

In Deutschland steht am Beginn in einer Präambel zur Geschäftsordnung des Bundes­tages zu den Untersuchungsausschüssen ein ganz wichtiger Satz, nämlich dass sie nicht als Tribunal anzusehen sind. Da habe ich manchmal in der praktischen Durchfüh­rung bei uns doch deutliche Unterschiede gesehen. Es ist keine Gerichtsverhandlung, auch wenn der Fortgang der Behandlung der Themen durchaus gerichtsähnliche Züge hat.

Organstreitverfahren werden wir diskutieren müssen. Die Weiterentwicklung der öster­reichischen Verfassungsgerichtsbarkeit, klare Verfahrensregeln und Datenschutz – ist heute angesprochen worden – werden uns das weiterentwickeln helfen.

Wichtig ist, meine Damen und Herren, dass wir gerade die Frage der Entwicklung un­serer Spielregeln so wie bisher versuchen, im Konsens weiterzutragen. Dann werden


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wir auch in dem, was von uns erwartet wird – Objektivität, Transparenz und Zügigkeit in der Abwicklung der Themen, die wir zu behandeln haben –, weitere Fortschritte er­zielen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Abg. Bucher.)

23.23


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Fichtenbauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


23.23.52

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Dieser Vorschlag ist weitestgehend als Konsensmaterie zu bezeichnen – die Grünen sind da nicht mitgegangen.

In aller Kürze. Wir stehen dazu, dass dieser Gesetzesvorschlag Wirklichkeit wird. Es ist so, dass die Beratungen des EU-Hauptausschusses künftig grundsätzlich medienöf­fentlich sein sollen, was sehr richtig und wertvoll ist, und dass für die Verteilung der Re­dezeit durch den Ausschussobmann eine Rechtsgrundlage geschaffen werden soll. Im Übrigen kann ich das nur unterstreichen. Als Mitglied des Geschäftsordnungskomitees sage ich, dass dort absolute Konsensatmosphäre herrscht, die positiv auf die Verwirkli­chung von Verbesserungen der Geschäftsordnung hinwirkt. Das würde ich auch nicht als „Restlverwertung“ sehen. Ich verstehe nicht, warum man diesen ein bisschen ab­wertenden Begriff dafür verwenden soll.

Ich habe auch den Eindruck, dass die Konsensebene doch so weit gediehen ist, dass an der Tatsache der Einführung des Minderheitenrechtes für die Einsetzung eines Un­tersuchungsausschusses nicht wirklich mehr gezweifelt wird. Ich glaube, dass nun an der richtigen Methode gearbeitet wird. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vor­sitz.)

Das, was Kollege Neugebauer betreffend das deutsche Vorbild gesagt hat, kann ich nur unterstreichen. In aller Bescheidenheit darf ich darauf verweisen, dass ich mir er­laube, darauf hinzuweisen, dass ich einer der Promulgatoren gewesen bin, dieses Mo­dell einzuführen (Abg. Neugebauer: Kann ich bestätigen, selbstverständlich!), weil es einfach richtig ist und es offenkundig ist, dass das dort funktioniert. Warum braucht man ein Rad zweimal zu erfinden? Aber wir müssen es halt österreichisch machen. Ich sehe das relativ positiv und danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei FPÖ und SPÖ.)

23.26


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheib­ner. Gesamtrestredezeit: 3 Minuten. Ich stelle die Uhr auf 1 Minute. – Bitte.

 


23.26.40

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Meine Damen und Herren! Wir bekennen uns natürlich zu dieser Reform. Das ist gut, denn die ursprünglichen Regelungen für die Europatage waren ein bisschen langatmig. Jetzt wird das interessanter und auch kurzweiliger. Wir hätten uns noch das Rederecht der EU-Abgeordneten im beschränk­ten Ausmaß vorgestellt; vielleicht kommt das auch noch irgendwann einmal, um auch hier entsprechend eine Verbindung zu finden. Ansonsten natürlich Konsens. (Beifall beim BZÖ.)

23.26


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Brosz gelangt nun zu Wort. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 5 Minuten. – Bitte.

 


23.26.47

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Kollege Neugebauer! Herr Dr. Fichtenbauer! Man kann schon auch absichtlich missinterpretieren. Ich habe


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nicht vom Ausschuss als „Restlverwertung“ gesprochen, sondern von der letzten ers­ten Lesung. Sie wissen genau, dass wir über das nicht einmal diskutiert haben, weil das ausschließlich Punkte waren, die eine Anpassung an bereits bestehende Dinge waren.

Drei Minuten haben wir geredet? – Mag auch sein. Es war keine Diskussion, die dort stattfand. Der Ausschuss selbst hat bislang durchaus ernsthaft diskutiert, würde ich auch sagen, nur verhandelt oder versucht, die heiklen Punkte in Richtung einer Be­schlussfassung zu bringen, so weit war der Stand bislang noch nicht.

Zur jetzigen ersten Lesung bleibt aber schon anzumerken, dass es dringend notwendig ist, die Europatage neu zu gestalten, weil wir eine Geschäftsordnungsbestimmung ha­ben, die wir einfach nicht leben – und zwar seit Jahren nicht mehr. Es war damals die Initiative von Präsident Khol, der versucht hat, relativ rasch und in einer ziemlich schnellen Entscheidungsfindung ein Modell zu finden, bei dem wir mehrere Dringliche Anfragen de facto hintereinander zu Europafragen hatten. Ich glaube, nach dem ersten Mal hat es auch nie wieder so stattgefunden, weil es ein sehr langwieriger Prozess war.

Der Punkt der Kritik von außen war im Übrigen der, dass es eigentlich keine Europa-Debatte war, sondern dass es in der Regel immer innenpolitische Debatten waren, die sich kaum von den normalen Aktuellen Stunden beziehungsweise innenpolitischen De­batten im Parlament unterschieden haben. Gerade deshalb finde ich es umso bedauer­licher, dass es nicht gelungen ist, das Rederecht von Europaparlamentariern bei den Europa-Debatten mitzunehmen. Es wird auch die Frage sein, ob überhaupt Vertreter von europäischen Institutionen teilnehmen können – das steht jetzt auch nicht drin, das wird eine Präsidialfrage sein.

Was mich besonders irritiert hat, ist, dass wir in der letzten Periode eigentlich einen Konsens hatten – das kann man aus den Protokollen des GO-Komitees der vorigen Legislaturperiode erkennen –, dass sich sowohl die SPÖ als auch die ÖVP für ein Re­derecht ausgesprochen haben. Ich darf auch daran erinnern, dass sämtliche Spitzen­kandidaten bei der Europawahl – der Herr Karas, der Herr Swoboda – ebenfalls für ein Rederecht eingetreten sind. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Das ist schon ein relativ durchsichtiges Manöver, dass das jetzt nicht gemacht wird. Ich behaupte, es wird der Qualität der Europa-Debatten nicht förderlich sein, wenn sie wieder ausschließlich aus einer Perspektive, die von Österreich kommt, getragen werden, weil ich glaube, dass gerade dort die Europaparlamentarier sehr viel – die es im Übrigen vermutlich bald von allen Fraktionen geben wird – zum Input beitragen hätten können.

Es ist notwendig, eine GO-Bestimmung zu finden, die man auch leben kann. Das ist mit diesen kleinen Instrumenten geschafft. Auf der anderen Seite das Scheitern, dass es bislang noch keine Möglichkeit zu einem Rederecht für Europaparlamentarier gibt. Das halte ich für bedauerlich, und das ist auch der Grund dafür, warum wir Grüne auf diesem Antrag nicht draufstehen. (Beifall bei den Grünen.)

23.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Mag. Muttonen zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


23.30.00

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist sehr zu begrüßen – das haben ja auch meine Vorredner zum Ausdruck gebracht –, dass es eine mehrheitliche Einigung über die Geschäftsordnungsreform im EU-Bereich in Form dieses vorliegenden Antrags gibt.

Die Frage, die uns immer wieder beschäftigt, ist die Frage nach dem Interesse der Be­völkerung an dem politischen und demokratischen Prozess in unserem Land, und es


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ist von Politikverdrossenheit oder Uninformiertheit die Rede. Ich glaube, das sind kom­munizierende Gefäße: Je leichter jemand Zugang zur Information im Bereich der Politik hat, desto eher nimmt er oder sie aktiv am politischen Leben teil.

Schließlich und endlich sind wir ja alle entschlossen, in allen Politikbereichen der EU aktiv mitzuarbeiten, sie mit zu gestalten und die Interessen Österreichs optimal zu wah­ren. Das muss eben auch besser kommuniziert werden. Daher ist die Einbindung des Nationalrates in EU-Fragen notwendig, daher ist auch diese angestrebte Transparenz von großer Wichtigkeit.

Das sind, wie schon erwähnt, die Zulassung von Ton- und Bildaufnahmen für den EU-Hauptausschuss. Ich denke, es ist wichtig, dass eine Ausschussarbeit auch öffentlich dargestellt wird, das war ja bis jetzt sehr selten der Fall. Die Einbindung der Europaab­geordneten, die verstärkt wird, und die Aktuellen Europastunden, die viermal im Jahr stattfinden sollen, sind weitere Punkte. Wichtig sind – und da gibt es bereits Erfahrun­gen aus anderen Ländern – die Erklärungen der Bundesregierung im Plenum zu den Ergebnissen des Europäischen Rates und die daran anschließenden Debatten.

Das alles sind wichtige Schritte, um den Nationalrat mit EU-Themen zu befassen und die Öffentlichkeit besser einzubinden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

23.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 705/A dem Geschäftsordnungsausschuss zu.

23.32.0411. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kranken- und Kuranstaltengesetz (KAKuG) sowie das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz (ASVG) abgeändert werden (627/A)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 11. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gelangt der Antragsteller, Herr Abgeordneter Öllinger. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 3 Minuten. – Bitte.

 


23.32.23

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Frau Präsidentin! Ich werde die 3 Minuten nicht brauchen, weil das Problem relativ einfach zu beschreiben ist.

Wenn für einen Krankenhausaufenthalt von zwei Kindern, in diesem Fall Zwillingen, die zwischen sieben und acht Wochen im Krankenhaus verbringen mussten, mit all den kleinen Dramen, die dabei für Familien in der Regel ablaufen, auch mehr als 1 700 € an Gebühren für die mitversicherten Kinder zu zahlen sind, dann stimmt etwas nicht. Selbst dann, wenn dieser Betrag für ein Jahr mit maximal 28 Tagen gedeckelt ist, bleibt in der Regel eine Summe zwischen 400 und 500 € pro Kind. Wenn es zwei Kinder sind – das können Sie sich ausrechnen, und manchmal werden Kinder zusammen krank –, sind es 1 000 €, und wenn das über den Jahreswechsel hinausgeht, dann fällt die Gebühr für zwei Jahre an.

Es ist eine läppische Sache. Ich weiß, dass es natürlich eine Sache ist, die auch den Finanzausgleich betrifft, aber den Ländern könnte man bei dieser Gelegenheit gut und gern erklären, dass die Administration dieser Gebühren, die da eingehoben werden, fast so viel kostet, wie durch die Gebühren erlöst wird. Darüber gibt es schon genü-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 272

gend Untersuchungen im Kleinen, Sie kennen das Ganze. Man muss für den Fall, dass jemand nicht zahlt, auch ein entsprechendes Mahnwesen führen. Es ist aufwendig, es ist kostenaufwendig.

Wenn ich mir diese Administration erspare und vor allem bei Kindern das generell weg­fallen lasse, dann wäre den Familien – vor allem denen, die tatsächlich wenig Geld ha­ben, und das sind ja leider immer mehr Familien – sehr geholfen. Darum geht es bei dem Antrag, dass diese Gebühr für Kinder abgeschafft wird. (Beifall bei den Grünen.)

23.34


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Mag. Lapp gelangt nun zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


23.34.38

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Der Antrag bezüglich Abschaffung der Kostenbeiträge für Krankenhausaufenthalte von Kindern, den wir hier diskutieren, ist bereits seit längerer Zeit im parlamentarischen Diskurs. Wir sind auch in der Analyse einig, so wie es Kollege Öllinger dargestellt hat.

Es hat im Mai im Gesundheitsausschuss einen einstimmigen Entschließungsantrag ge­geben, dass im Zuge der nächsten Finanzausgleichsverhandlungen eine Reduzierung beziehungsweise die Abschaffung dieses Verpflegungskostenbeitrages für Kinder in Krankenhäusern vorgenommen werden sollte. Es ist darauf hinzuweisen, dass der Ge­sundheitsminister sich auch bereit erklärt hat, im Zuge der kommenden Finanzaus­gleichsverhandlungen zu diesem Thema mit den Ländern in Verhandlungen zu treten. Am 16. Juni 2009 war dieses Thema auch hier im Hohen Haus bereits Teil einer Dis­kussion.

Ich denke mir, es ist wichtig, dass wir bei diesen Forderungen dranbleiben, damit für Kinder, wenn sie in Krankenhäusern sind, und für ihre Eltern bessere Staffelungen ge­geben sind und günstigere Kostenbeiträge verlangt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

23.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Steibl zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

 


23.36.00

Abgeordnete Ridi Maria Steibl (ÖVP): Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kol­legen! Kollegin Lapp hat klar auf den Punkt gebracht, was seitens der Regierungspar­teien in dieser Angelegenheit in Aussicht genommen wurde. Ich gebe Herrn Kollegen Öllinger wirklich recht: Ja, es ist schon ein Problem für die Eltern, wenn Kinder im Krankenhaus sind, und es ist dann auch noch ein finanzielles Problem. Es ist wirklich an der Zeit, dass hier zumindest im Zuge des Finanzausgleiches eine Regelung getrof­fen wird.

Ich möchte aber noch Folgendes anmerken: Auch wenn es für das Einheben dieser Beiträge eine Bestimmung des Bundes gibt, fließen die Gelder letztendlich in die Län­der hinein. Ich denke, dass die Länder hier auch sozialer denken und einiges schneller weiterbringen könnten. Daher schließe ich mich der Stellungnahme von Kollegin Lapp an und hoffe, dass es endlich zu einer entsprechenden Regelung kommt. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

23.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dolinschek gelangt nun zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 1 Minute. – Bitte.

 


23.37.00

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Nach den derzeitigen gesetzlichen Bestimmungen muss bei


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 273

mitversicherten Angehörigen bei einem Krankenhausaufenthalt eine 10-prozentige Zu­zahlung geleistet werden. Vor allem Familien mit chronisch kranken Kindern trifft das besonders hart.

Daher muss im Interesse dieser Familien diese Zuzahlung der Eltern bei Krankenhaus­aufenthalten und Therapien bis zum 18. Lebensjahr in Zukunft ganz einfach entfallen. Ich hoffe, es wird jede Fraktion in diesem Haus diesem Antrag zustimmen. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

23.37


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 627/A dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zu.

23.37.4912. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Gesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz geändert wird (664/A)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 12. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

 


23.39.00

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch in diesem Fall sehr kurz: Es geht im Prinzip darum, dass für Personen, die nach dem Opferfürsorgegesetz bisher schon Anspruch auf einen Freibetrag nach dem Einkom­mensteuergesetz und im Rahmen des Einkommensteuergesetzes hatten – und wir ha­ben das in diesem Haus schon diskutiert –, dieser Freibetrag seit 1988 nicht verändert wurde, also nicht mehr zeitgemäß ist. Es wurde uns bei den Beratungen und den Dis­kussionen in diesem Haus versprochen, dass dies im Rahmen von Steuerreformen Verhandlungsmasse ist. Wir haben die Steuerreformdebatte abgewartet – es ist nichts passiert.

Heute haben wir einem analogen Antrag der Freiheitlichen Partei, in dem es um Pfle­gefälle und die Freibeträge geht, zugestimmt. Auch hier besteht eine ähnliche Situa­tion, und deshalb bin ich optimistisch, dass in diesem Fall, obwohl die Freiheitliche Par­tei in der Vergangenheit in derartigen Fällen immer dagegen gestimmt hat, auch die Freiheitliche Partei zustimmen wird, dass Personen nach dem Opferfürsorgegesetz einen höheren Freibeitrag – analog dazu, wie wir es vorher diskutiert haben – erhalten werden. Ich freue mich auf die Stellungnahme der Freiheitlichen Partei dazu. (Beifall bei den Grünen.)

23.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig zu Wort. – Bitte.

 


23.39.50

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen im Hohen Hause! Bei dem Antrag handelt es sich aus unserer Sicht um eine sehr wichtige Thematik. Es sind zirka 2 000 bis 2 500 Menschen davon betroffen, und es ist richtig, dass mehr oder weniger versprochen wurde, im Zuge der Steuerreform auch zu dieser Thematik eine Lösung zu finden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 274

Es hat auch Gespräche gegeben, aber leider ist es zu keiner Einigung gekommen. Ich denke mir, ein neuerlicher Anlauf eröffnet neue Diskussionsmöglichkeiten. Ich hoffe auf eine positive Bearbeitung im Ausschuss und freue mich auch auf die Diskussion. (Bei­fall bei der SPÖ.)

23.40


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Hüb­ner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


23.40.24

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Öllinger, auch ich freue mich auf die Diskus­sion. Angesichts Ihres Vergleiches der von Ihnen angezogenen Problematik Opferfür­sorgegesetz mit dem Pflegegeld fällt mir ein Ausspruch des früheren Ministerpräsiden­ten Späth von Baden-Württemberg ein, der gesagt hat: Politiker stehen in einem stän­digen Verdrängungswettbewerb, allerdings nicht gegeneinander, sondern gemeinsam gegen die Wirklichkeit.

Anders kann ich das nicht einschätzen. Darf ich Sie einladen, mit mir einmal kurz das Opferfürsorgegesetz, den Kreis der damit geschützten Personen, durchzugehen? – Vergleichen Sie das dann selbst mit den Fällen von Pflegegeldempfängern.

Das Opferfürsorgegesetz stammt aus dem Jahr 1947 und gilt für alle, die damals be­troffen waren, noch heute. Diese Leute beziehen also Leistungen nach diesem Gesetz mehr als 50 Jahre geschützt. Opfer in diesem Sinn sind unter anderem Leute, die drei Monate Freiheitsentzug während des Nationalsozialismus erlitten haben, sechs Mona­te Freiheitsbeschränkung wie etwas Hausarrest, Leute, die dreieinhalb Jahre ihre Stu­dien unterbrechen mussten, aber auch Leute, die etwa sechs Monate den Judenstern tragen mussten.

Das alles sind tragische Dinge; auch wenn ich drei Monate meiner Freiheit beraubt bin, ist das tragisch. Aber das mit der Problematik des Pflegegeldempfängers zu verglei­chen, ist doch ein bisschen hart, muss ich sagen, vor allem, wenn man bedenkt, was in diesem Opferfürsorgegesetz, das inzwischen 21-mal durch Novellen auch zugunsten der Opfer erweitert worden ist, alles zugesprochen wird. Da gibt es zum Beispiel § 6: Vorrang für Bewerbungen, Berechtigungen, öffentliche Posten, Wohnungen und Klein­gärten. Das ist heute noch gültig.

Dann gibt es natürlich die Rentenfürsorge. Hier bekommen Sie, wenn Sie alleinstehend sind, valorisiert eine Rente von derzeit 1 002,70 €, oder von 1 375,60 €, wenn Sie ver­heiratet sind. (Abg. Öllinger: Das sind nur wenige, das wissen Sie!) Die bekommen Sie seit 1947, wenn Sie ein Opfer oder ein Angehöriger, einschließlich von Kindern des Opfers, sind, die bekommen Sie einfach bis heute. Sie bekommen aber auch freie Heil­behandlung nach den österreichischen Standards, auch wenn Sie im Ausland leben, und so weiter.

Da es genügt, dass Sie sechs Monate in Ihrer Freiheit beschränkt waren, und Leute, die nach diesem Gesetz ... (Zwischenruf des Abg. Öllinger.) Lesen Sie das Gesetz, und dann diskutieren wir weiter. – Leute, die nach diesem Gesetz geschützte Opfer sind, sind auch Anspruchsberechtigte nach vielen anderen Fonds, Einrichtungen und Gesetzen. Insgesamt haben wir seit 1947 (Abg. Öllinger: Ist Ihnen das heute zu viel?) nicht weniger als neun Rückstellungsgesetze und 21 Entschädigungsgesetze mit je­weils anderen, steigenden Anspruchsgrundlagen beschlossen.

Ich lade daher alle ein, bevor wir hier einfach sagen: Das muss sein, das ist eine Pflicht, das ist eine moralische Verpflichtung!, zu vergleichen: Was ist sozialer Stan­dard in Österreich, und was wollen Sie? – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

23.43



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 275

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dolinschek gelangt nun zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 1 Minute. – Bitte.

 


23.43.39

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Nicht nur der Freibetrag für die Leistungen nach dem Opfer­fürsorgegesetz soll angepasst werden, sondern auch jener für außergewöhnliche Be­lastungen. Das ist seit Jahren nicht angepasst worden, und auch dort sollte der Pau­schalbetrag erhöht werden. (Beifall beim BZÖ.)

23.43


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 664/A dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zu.

23.44.15 13. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Zentralen Staatsan­waltschaft zur Verfolgung von Korruption (GZ 1 St 126/09s) um Zustimmung
zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Karl Öllinger (324 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 13. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Sonnberger zu Wort. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 4 Minuten. – Bitte.

 


23.44.43

Abgeordneter Dr. Peter Sonnberger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Beim gegenständlichen Antrag geht es um ein Ersuchen um Auslieferung ge­mäß Artikel 57 Abs. 3 B-VG. Seit 1979 ist die außerberufliche Immunität auf Delikte eingeschränkt, die im Zusammenhang mit der politischen Tätigkeit des Abgeordneten stehen, und wenn ein Zusammenhang besteht, muss eben das Parlament entschei­den, ob ausgeliefert wird oder nicht. Es geht um einen Bespitzelungsvorwurf der FPÖ gegen die Grünen; konkret wurde Abgeordneter zum Nationalrat Karl Öllinger genannt.

Vom Parlament wurde die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses beschlossen. Mit dieser Einsetzung des Untersuchungsausschusses wurde auch von der bisherigen Praxis, nicht auszuliefern, wenn ein Zusammenhang mit der politischen Tätigkeit be­steht, abgegangen. Dieser Beschluss im Immunitätsausschuss wurde im Übrigen ein­stimmig gefasst. Ziel ist immer ein gemeinsames Vorgehen in diesen Angelegenheiten.

Es gibt auch einen entsprechenden Arbeitsausschuss unter der Führung der Ersten Präsidentin mit den Fraktionen. Hier soll über eine gemeinsame zukünftige Vorgangs­weise betreffend Handhabung der Immunität, auch unter Zugrundelegung der Erfah­rungen mit dem derzeitigen Untersuchungsausschuss, beraten werden. Ich halte diese Vorgangsweise für notwendig und vernünftig. (Beifall bei der ÖVP.)

23.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Neubauer zu Wort. Redezeit: 3 Minuten; das ist im Übrigen die Gesamtrestredezeit. – Bitte.

 


23.46.22

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Ausschuss hat einstimmig die Meinung vertreten, dass die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 276

Aufhebung der Immunität des Herrn Nationalratsabgeordneten Öllinger einen wichti­gen, aber auch einen richtigen Schritt, einen Akt der politischen Hygiene darstellt.

Für die Freiheitliche Partei Österreichs darf ich persönlich anmerken, dass Bespitze­lung anderer Abgeordneter nicht Zweck der Immunität ist und auch in Zukunft nicht sein darf und nicht sein soll. Ich möchte auch mein Befremden zum Ausdruck bringen und festhalten, dass es sicherlich nicht Zweck einer Immunität sein kann, hier Abgeord­nete des österreichischen Nationalrates einer Bespitzelung zu unterziehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es darf in Zukunft nie mehr vorkommen, dass dieses Parlament zu einer Stasi-Zentrale umfunktioniert wird. (Zwischenrufe bei SPÖ und Grünen.) Von niemandem, und von Angehörigen dieses Hauses schon ganz besonders nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Mag. Kogler: Reiß dich zusammen da vorn! – Weitere Zwischenrufe.)

Die Freiheitliche Partei wird deshalb wie im Ausschuss der Aufhebung der Immunität des Herrn Abgeordneten Öllinger zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

23.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Neubauer, ich verwahre mich auch dagegen, überhaupt den Vergleich anstellen zu wollen und das Parlament mit Stasi-Methoden zu vergleichen. (Abg. Kickl: Sie haben ja auch schon Kommentare zur Vorarlberger Wahl abgegeben, die einer Präsidentin unwürdig waren! – Weitere Zwischenrufe.)

Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Strutz zu Wort. 2 Minuten Gesamt-Rest­redezeit. – Bitte.

 


23.48.07

Abgeordneter Dr. Martin Strutz (BZÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Wir haben vier Auslieferungsbegehren zu behandeln. Ich möchte zu den zwei Fällen des Kollegen Stefan Petzner sprechen, weil sie wieder einmal ein Beispiel dafür sind, wie mit der Immunität missbräuchlich umgegangen wird, und zwar missbräuchlich vonseiten der Staatsanwaltschaft. Das Instrument der Immunität wird hier nicht zum Schutz des Ab­geordneten, wie es vom Hohen Haus und vom Gesetzgeber eigentlich gedacht gewe­sen ist, sondern gegen ihn verwendet.

Erstens: Das Auslieferungsbegehren oder die beiden Auslieferungsbegehren wären gar nicht zu stellen gewesen, denn die Beschuldigung, dass Kollege Petzner eine inkri­minierende Aussage in den Medien getätigt habe, bezieht sich auf einen Zeitpunkt, zu dem er noch gar nicht Mitglied des Hohen Hauses war. Trotzdem stellt die Staatsan­waltschaft das Begehren, jetzt den Abgeordneten auszuliefern. Sie macht eine Fleiß­aufgabe, weil es sozusagen gut klingt, dass wieder die Aufhebung der Immunität eines Abgeordneten beantragt wird.

Das geschieht nicht zum ersten Mal, sondern das ist zum wiederholten Male vorge­kommen. Wir haben bereits einmal darum ersucht, dass man hier auch über das Jus­tizministerium interveniert.

Das Zweite ist, dass zwei Verfahren gegen Kollegen Petzner angestrebt werden, ob­wohl es sich nur um eine Aussage handelt, die in zwei Medien wiedergegeben worden ist. Auch das ist ein Fehler; das wäre unter einer Aktenzahl zu behandeln gewesen.

Deshalb ergeht hier noch einmal die Aufforderung, dem Justizministerium und der Staatsanwaltschaft die Regelungen, die bisher im Hohen Haus und im Immunitätsaus­schuss gegolten haben, ganz klar zur Kenntnis zu bringen, denn hier wird die Immuni­tät missbräuchlich gegen Abgeordnete eingesetzt. (Beifall beim BZÖ.)

23.49



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 277

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Brosz zu Wort. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 5 Minuten. – Bitte.

 


23.50.24

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Frau Präsidentin! Ja, ich könnte es mir jetzt auch so leicht machen wie Herr Kollege Neubauer und eine inhaltliche Debatte führen. Das ist nur nicht der Sinn des Immunitätsrechts, so wie wir es ausgelegt haben, weil ja auch immer Klarheit darüber geherrscht hat, dass der Nationalrat in diesen Fällen keine in­haltliche Wertung führt, auch keine juristische Wertung führt, sondern sich mit Ausliefe­rungsbegehren auseinandersetzt.

In dem Zusammenhang ist es mir schon wichtig, den Sukkus dieser Geschichte noch einmal darzustellen. Ich versuche dabei, vom konkreten Fall Öllinger ziemlich zu ab­strahieren und nur die Struktur, die dahintersteht, für alle möglicherweise nachvollzieh­bar zu machen und die Problematik aus unserer Sicht zu schildern. Ich sage gleich vor­weg, die grüne Fraktion wird diesem Auslieferungsbegehren mit großer Mehrheit zu­stimmen. Allerdings scheint mir die Struktur, die dahintersteht, deutlich problematisch zu sein, und sie ist auch für die weitere Vorgangsweise durchaus zu überdenken.

Was ist passiert? – Es gibt einen Vorwurf gegen einen Abgeordneten. Ich lasse jetzt den speziellen Fall, dass es um zwei Parteien oder zwei Fraktionen dieses Hauses geht, weg. Das kann genauso in einem Fall auftreten, in dem Informationen an einen Abgeordneten kommen, die aus dem Bereich der Verwaltung zugespielt werden, und es danach eine öffentliche Debatte gibt. Das ist eigentlich der Fall, der dort gegeben ist; die spezielle Situation mit dem Untersuchungsausschuss werde ich nachher noch ansprechen.

In diesem Fall sagt die Staatsanwaltschaft nicht nur, dass sie den Verdacht hat und den Vorwurf erhebt, dass es einen Amtsmissbrauch gegeben hat – das soll überprüft werden, wenn gegen einen Beamten der Vorwurf erhoben wird, dass möglicherweise Informationen geflossen sind, die nicht hätten fließen dürfen –, sondern gleichzeitig wird ein Verfahren gegen einen Abgeordneten, gegen Kollegen Öllinger, wegen des Verdachts der Anstiftung zum Amtsmissbrauch eingeleitet.

Jeder, der sich die Immunitätsakten angesehen hat, wird feststellen, dass dieser Ver­dacht nicht begründet ist, sondern dass es einen einzigen Hinweis darauf gibt, dass nämlich der betroffene Beamte dem Kollegen Öllinger mitgeteilt hat, dass er über keine Dinge debattieren kann, die nicht schon in der Öffentlichkeit waren, und eigentlich ex­plizit auf das Amtsgeheimnis hinweist. (Abg. Strache: Aber Peter Pilz hat hier be­stätigt, dass gezahlt wurde! Peter Pilz hat das hier bestätigt!) Es gibt in diesem Fall kei­ne Begründung, wie diese Anstiftung erfolgt wäre. (Abg. Neubauer: Die Akten nicht gut gelesen!)

Wenn man sich das überlegt und generell hernimmt, dann sollten vielleicht wir alle ein­mal darüber reflektieren, was das heißen kann. Es werden einem Abgeordneten Miss­stände aus der Verwaltung zugespielt, er macht sie publik, und gleichzeitig sagt die Staatsanwaltschaft auf Einschreiten: Moment, wenn er diese Informationen bekommen hat, dann müssen sie von irgendwo hergekommen sein, und es kann nicht so gewesen sein, dass er diese Informationen zugespielt bekommen hat, sondern es muss eigent­lich eine Anstiftung vorgelegen sein. (Ruf bei der FPÖ: Kann sein!)

Wenn das der Fall ist, dann mache ich Sie nur darauf aufmerksam, dass das für jeden Fall, den wir hier öffentlich thematisieren, zum Problem werden kann, weil das eigent­lich fast der Kern der parlamentarischen Immunität ist, Informationen aufzunehmen und Missstände aufzuzeigen. Wenn man dann jedes Mal die Möglichkeit dahinter sehen kann, aufgrund dessen zu einem Verfahren wegen des Verdachts der Anstiftung zum


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 278

Amtsmissbrauch zu kommen, dann wird das viele in diesem Haus betreffen. (Abg. Strache: Peter Pilz hat bestätigt, dass Geld geflossen ist!)

Das ist völliger Unsinn, Herr Kollege Strache! Dass Geld geflossen ist, ist völliger Un­sinn. (Abg. Strache: Da draußen hat es Peter Pilz bestätigt! Das können Sie im Proto­koll nachlesen!) Peter Pilz hat es bestätigt? (Abg. Strache: Können Sie im Protokoll nachlesen!) Ja, da können Sie auch nachlesen – weil ich es mir angeschaut habe –, dass Kollege Öllinger mit jemandem, der auf der Homepage als gerichtlich beeideter Sachverständiger im Bereich der Datenforensik ausgewiesen war, Kontakt aufgenom­men hat und dies nichts mit seiner Tätigkeit als Beamter zu tun gehabt hat. Das war der Punkt. (Abg. Strache: Einen beruflichen Auftrag erteilt hat!)

Aber ich möchte das jetzt nicht weiter ausführen, das ist nicht der Punkt. Nur noch ein­mal zum Mitnehmen: Es geht aus meiner Sicht um den Kernbereich der politischen Tä­tigkeit der Abgeordneten.

Ich finde, dass die Vorgangsweise der Staatsanwaltschaft, wie im Übrigen auch in an­deren Immunitätsfällen – ich gebe dem Kollegen Strutz hier recht –, äußerst problema­tisch ist. Wir haben jetzt mehrere Fälle, dass diese Dinge aufgetaucht sind. Das betrifft etwa die Frage – das behandelt ja ein Untersuchungsausschuss –, dass Verfolgungs­handlungen gesetzt worden sind, die eigentlich nicht hätten gesetzt werden dürfen; wo wir schon einen einstimmigen Beschluss haben, dass in dem Fall, dass jemand nicht Abgeordneter war, auch nicht ein Auslieferungsbegehren gestellt werden muss, das aber regelmäßig gestellt wird. Hier gibt es eine ganze Latte von Dingen, die abzuarbei­ten sein werden und wofür wir eine Neuregelung brauchen.

Ich glaube, dass Kollege Pilz auch recht hat mit seiner Forderung, dass es so etwas wie – sagen wir einmal Parlamentsgeheimnis dazu, wie er es nennt – den Schutz von Informationen von Bürgern und Bürgerinnen geben muss, die Abgeordnete informie­ren, um nicht selbst in solche Verfahren hineingezogen zu werden, weil das nämlich eine Form ist, wo der Rechtsstaat wohl auch eine Möglichkeit geben muss, dass Miss­stände aufgezeigt werden. (Zwischenruf des Abg. Neubauer.)

Wir haben in diesem Fall der Auslieferung aus einem speziellen Grund zugestimmt, nämlich wegen der ganzen Konglomeration mit einem Untersuchungsausschuss, der eingesetzt worden ist, wobei im Übrigen, wenn man es genau nimmt, der Fall Öllinger natürlich kein Gegenstand der Vollziehung ist – das haben alle gewusst, als wir den Ausschuss eingesetzt haben –, weil ja dort keine Vollzugsakten sind – und der Mail-Verkehr eines Abgeordneten kann wohl nicht Teil eines Untersuchungsausschusses sein –, und diese Vorgangsweise der Staatsanwaltschaft, die eigentlich sagt: Man kann auch gegen den Beamten nicht ermitteln, wenn nicht gleichzeitig Öllinger ausgeliefert wird!, den Ausschuss bis zu einem gewissen Grad vor Probleme gestellt hätte, weil dort möglicherweise nicht alles auf den Tisch gekommen wäre. Das erkennen wir in diesem Fall an. Wir werden daher heute mit großer Mehrheit dieser Auslieferung zu­stimmen.

Ich möchte nur noch einmal sagen: Für die Debatte über das Immunitätsgesetz halte ich diesen Fall wirklich für bemerkenswert, denn wenn in solchen Fällen ausgeliefert wird, dann stellt sich wirklich die Frage, wo ein immunitätsrechtlicher Fall überhaupt noch gelten soll, wenn es nämlich wirklich um die Frage geht, dass Informationen, die öffentlich gemacht werden, de facto automatisch mit dem Verdacht der Anstiftung zum Amtsmissbrauch verbunden werden. Das sollten wir alle miteinander überlegen. (Bei­fall bei den Grünen.)

23.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich nun Herr Abgeordneter Dr. Walser zu Wort gemeldet. Auf 4 Minuten stelle ich wunschgemäß die Zeit ein. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 279

23.56.17

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Dieser so­genannte Fall Öllinger ist aus meiner Sicht ein klassischer Fall für die parlamentarische Immunität. Wir haben jetzt schon mehrfach gehört, von praktisch allen Rednern, dass hier natürlich ein Zusammenhang zwischen der politischen Tätigkeit und der behaupte­ten strafbaren Handlung besteht. (Abg. Neubauer: Spitzelei ist keine parlamentarische Tätigkeit!) Von daher ist das, was wir heute hier beschließen – auch darauf wurde schon hingewiesen, beispielsweise vom Kollegen Sonnberger –, ein vollkommener Bruch mit der bisherigen Auslieferungspraxis.

Es ist, glaube ich, sehr ehrenwert, dass Abgeordneter Öllinger hier seine Auslieferung selbst wünscht und beantragt. Es ist sehr ehrenwert, dass der grüne Klub dem größ­tenteils folgt; ehrenwert ist natürlich auch, dass die übrigen Kolleginnen und Kollegen dem folgen. Ich folge dem nicht, weil ich, wie gesagt, glaube, dass wir eine prinzipielle Diskussion zwar führen müssen, dass wir aber eine prinzipielle Diskussion nicht nur in diesem Fall führen müssen. Wir haben in der letzten Zeit – und auch darauf wurde hin­gewiesen – mehrere Fälle erlebt, dass Behörden in problematischer Weise gegen Ab­geordnete dieses Hauses vorgegangen sind und diese Immunität umgangen wurde. Ich denke etwa an den Fall Westenthaler.

Die politische Tätigkeit erfordert Schutz. Sie erfordert in vielerlei Fällen Schutz, denn unsere Aufgabe ist es unter anderem auch, gegen mächtige Interessenverbände vor­zugehen, gegen Lobbys vorzugehen, zu untersuchen und aufzudecken. Wenn wir in diesem Zusammenhang nicht einen besonderen Schutz der Immunität haben, die ja gerade aus diesem Grund vor langer, langer Zeit eingeführt wurde, dann entwickeln wir uns, glaube ich, in eine problematische Richtung, in eine Richtung, die unsere Aufgabe hier herinnen sehr, sehr stark erschweren wird.

Schon jetzt ist es möglich, zivilrechtlich gegen Abgeordnete vorzugehen. Schon jetzt ist es möglich für Menschen, die das Gefühl haben, vor Gericht recht zu bekommen, ihr Recht einzuklagen. Aber in dieser speziellen Auseinandersetzung müssen wir uns, glaube ich, zurückhalten. In diesem konkreten Fall halte ich die Auslieferung für falsch.

Wir haben in der letzten Zeit gesehen, dass etwa vom Präsidenten Martin Graf, dem Dritten Präsidenten, versucht worden ist, die politische Auseinandersetzung in die Ge­richtssäle zu verlegen, versucht worden ist, Abgeordnete dieses Hauses mundtot zu machen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Dem dürfen wir nicht Vorschub leisten, und von daher bin ich überzeugt davon, dass diese Auslieferung falsch ist. Ich werde ihr nicht zustimmen. (Beifall bei den Grünen.)

23.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Pendl gelangt nun zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


23.59.01

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Die einzelnen Redner haben auf unterschiedliche Punkte hinge­wiesen. Lassen Sie mich beim Kollegen Sonnberger beginnen. Ich glaube, wir sollten es gemeinsam versuchen, und ich bedanke mich dafür, Frau Präsidentin, dass die Ar­beitsgruppe ... (Heiterkeit und demonstrativer Beifall bei Abgeordneten des BZÖ.) Nicht lachen! Wir sind alle im Boot, und ich würde auch dazu einladen, dass wir damit aufhö­ren, zu sagen, es geht um einen Fall Öllinger, es geht um einen Fall Westenthaler, es geht um einen Fall bla, bla, bla.

Frau Präsidentin! Ich bin wirklich dankbar, dass diese Arbeitsgruppe eingesetzt worden ist, sich konstituiert hat, denn wir haben mehrere Facetten im Immunitätsrecht neu erle­ben müssen. Ich meine, dass wir dies in unserem eigenen Interesse und auch im Inter-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 280

esse des gesprochenen Wortes hier im Hause sehr ernst nehmen sollten und versu­chen sollten, diese Fragen einer Lösung zuzuführen.

Ich teile die Meinung des Kollegen Strutz, und die Frau Präsidentin hat schon einen Brief geschrieben, weil wir im Immunitätsausschuss schon vor Monaten auf dieses Pro­blem hingewiesen haben. Wenn die Justiz nicht reagiert, werden wir es uns anschauen müssen.

Es geht aber auch nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass wir vor vollen­dete Tatsachen gestellt werden, dass, wenn ein Kollege  gleich welchen Namens – hier vom Rednerpult etwas sagt, gegen ihn ermittelt wird. Das heißt, wir haben in der Zwischenzeit mehrere, ganz unterschiedliche Facetten. Ich lade dazu ein, diese Frage ganz ohne Emotionen, ohne Namen, ohne alles zu klären. Ich denke, wir sollten sie rasch klären, weil das für dieses Haus und für unser eigenes Selbstbewusstsein getan gehört. Dazu lade ich euch sehr herzlich ein. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

0.01


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dritter Präsident Dr. Graf zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


0.01.59

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Walser hat in seinem Redebeitrag behauptet, ich hätte Abge­ordnete dieses Hauses – und er hat in der Mehrzahl gesprochen – mundtot zu machen versucht, indem ich sie mit Klagen eingedeckt hätte.

Das ist objektiv unrichtig, weil ich, trotz vieler Anschüttungen von vielen Abgeordneten, einen einzigen Abgeordneten geklagt habe, den Kollegen Walser, und er sich hinter der Immunität versteckt hat. (Beifall bei der FPÖ.)

0.02


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist niemand mehr zu Wort gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Immunitätsausschusses in 324 der Beilagen, Folgendes zu beschließen:

„In Behandlung des Ersuchens der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Korruption, ..., um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Karl Öllinger wird im Sinne des Art. 57 Abs. 3 B-VG festgestellt, dass ein Zusammenhang zwischen der inkriminierten Handlung und der politischen Tätigkeit des Abgeordneten zum Nationalrat Karl Öllinger besteht. Einer behördlichen Verfol­gung des Abgeordneten zum Nationalrat Karl Öllinger wird zugestimmt.“

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich diesem Antrag anschließen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

00.03.4814. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes Klagenfurt (GZ 17 Hv 69/07h) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Stefan Petzner (325 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 14. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Es liegen mir keine Wortmeldungen vor.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 281

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Immunitätsausschusses in 325 der Beilagen, Folgendes zu beschließen:

„In Behandlung des Ersuchens des Landesgerichtes Klagenfurt, ..., um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Stefan Petzner wird im Sinne des Art. 57 Abs. 3 B-VG festgestellt, dass ratione temporis kein Zusammenhang zwischen der vom Privatankläger behaupteten strafbaren Handlung und der politischen Tätigkeit des Abgeordneten zum Nationalrat Stefan Petzner besteht.“


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 282

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich diesem Antrag anschließen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

00.04.5515. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes Klagenfurt (GZ 17 Hv 67/07i) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Stefan Petzner (326 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 15. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Es ist niemand zu Wort gemeldet.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Immunitätsausschusses in 326 der Beilagen, Folgendes zu beschließen:

„In Behandlung des Ersuchens des Landesgerichtes Klagenfurt, ..., um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Stefan Petzner wird im Sinne des Art. 57 Abs. 3 B-VG festgestellt, dass ratione temporis kein Zusammenhang zwischen der vom Privatankläger behaupteten strafbaren Handlung und der politischen Tätigkeit des Abgeordneten zum Nationalrat Stefan Petzner besteht.“

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich diesem Antrag anschließen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

00.05.5916. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Staatsanwaltschaft Wien (GZ 502 St 26/08f) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abge­ordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westenthaler (337 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 16. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Es ist niemand zu Wort gemeldet.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Immunitätsausschusses in 337 der Beilagen, Folgendes zu beschließen:

„In Behandlung des Ersuchens der Staatsanwaltschaft Wien, ..., um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westenthaler wird im Sinne des Art. 57 Abs. 3 B-VG festgestellt, dass ein Zusammenhang zwischen der vom Privatankläger behaupteten strafbaren Handlung und der politischen Tätigkeit des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westenthaler besteht; daher wird einer behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westenthaler nicht zugestimmt.“

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich diesem Antrag anschließen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

00.07.06 Abstimmung über Fristsetzungsanträge

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Klubobmann Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen, dem Rechnungshofausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 768/A betref-
fend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, und ein Bundesgesetz, mit dem das Rechnungshofgesetz 1948 geändert wird, eine Frist bis 20. April 2010 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Fristsetzungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

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Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Klubobmann Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 767/A betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, und ein Bundesgesetz, mit dem das Rechnungshofgesetz 1948 geändert wird, eine Frist bis 20. April 2010 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

00.08.11Einlauf

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 769/A(E) bis 801/A(E) eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 3072/J bis 3115/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 0.09 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

00.08.57 Schluss der Sitzung: 0.09 Uhr

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien