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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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79. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXIV. Gesetzgebungsperiode

 

Dienstag, 5. Oktober 2010

 

 


Stenographisches Protokoll

79. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIV. Gesetzgebungsperiode              Dienstag, 5. Oktober 2010

Dauer der Sitzung

                                       Dienstag, 5. Oktober 2010:   10.15 – 10.17 Uhr

                                                                                                  13.15 – 16.31 Uhr

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 12

Geschäftsbehandlung

Unterbrechung der Sitzung .......................................................................................... 13

Unterstützungsfrage gemäß § 26 Abs. 5 GOG betreffend den Selbständigen Antrag der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen auf Durchfüh­rung einer Volksbefragung gemäß Art. 49b B-VG über die Beibehaltung der Wehr­pflicht oder den Ersatz durch ein Freiwilligenheer – genügend unterstützt            56, 56

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 12

Unvereinbarkeitsangelegenheiten

Sechster Bericht des Unvereinbarkeitsausschusses .................................................... 13

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen an den Bun­deskanzler betreffend „Reformieren statt abkassieren – wo bleiben Verwaltungs­reform und Bürokratieabbau, Herr Bundeskanzler?“ (6514/J) ........................................................................................................................... 14

Begründung: Heinz-Christian Strache ......................................................................... 19

Bundeskanzler Werner Faymann ............................................................................... 24

Debatte:

Herbert Kickl ................................................................................................................. 32

Dr. Josef Cap ................................................................................................................ 35

Gabriele Tamandl ......................................................................................................... 38

Dr. Alexander Van der Bellen ..................................................................................... 39

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 42


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll79. Sitzung / Seite 2

Harald Vilimsky ............................................................................................................ 47

Mag. Christine Lapp ..................................................................................................... 51

Dr. Ferdinand Maier ..................................................................................................... 52

Dr. Peter Pilz ................................................................................................................. 53

Mag. Ewald Stadler ...................................................................................................... 56

Mag. Harald Stefan ....................................................................................................... 60

Herbert Scheibner (tatsächliche Berichtigung) ............................................................ 62

Mag. Ewald Stadler (tatsächliche Berichtigung) .......................................................... 62

Wolfgang Katzian ......................................................................................................... 63

Mag. Peter Michael Ikrath ............................................................................................ 64

Mag. Daniela Musiol ..................................................................................................... 65

Stefan Markowitz .......................................................................................................... 69

Mag. Andrea Kuntzl ..................................................................................................... 70

Dorothea Schittenhelm ............................................................................................... 72

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .................................................................................... 73

Angela Lueger .............................................................................................................. 76

Mag. Katharina Cortolezis-Schlager .......................................................................... 77

Dr. Martin Strutz ........................................................................................................... 79

Maximilian Linder ......................................................................................................... 79

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Durchführung einer Volksbefragung über die Wehrpflicht – Ableh­nung ........................................  46, 80

Entschließungsantrag der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „Solidarität statt Klassenkampf“ – Ablehnung .........................................................  50, 80

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Durchführung einer Volksbefragung über die Abschaffung der all­gemeinen Wehrpflicht – Ablehnung  55, 81

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verwaltungsreform – Kinderbetreuung – Familienbericht – Ab­lehnung ..................  67, 81

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Stärkung statt Kürzung der Bildung im Bundes­finanzrahmengesetz – Ablehnung       74, 81

Eingebracht wurden

Petitionen ...................................................................................................................... 12

Petition betreffend „Keine Pensions-,Null-Lohn‘-Runde – Faire Pensionen für Wäh­lerstimmen“ (Ordnungsnummer 57) (überreicht von der Abgeordneten Marianne Hagenhofer)

Petition betreffend „Übernahme der ,Neuen Mittelschule‘ (steirisches Modell) in das Regelschulsystem“ (Ordnungsnummer 58) (überreicht von der Abgeordneten Elisabeth Hakel)

Petition betreffend „Stopp dem Container-Wildwuchs an APS Schulstandorten – Für die Einführung eines Container-Verträglichkeits-Verfahrens“ (Ordnungsnum­mer 59) (überreicht von der Abgeordneten Mag. Katharina Cortolezis-Schlager)

Petition betreffend „,EISENBAHN LEBEN‘ Eisenbahn-Verkehrspolitik-Probleme und -Lösungen am Beispiel der Wiener S-Bahn-Linie ,S80‘ und der Haltestelle ,Lo­bau‘“ (Ordnungsnummer 60) (überreicht von der Abgeordneten Dr. Eva Glawisch­nig-Piesczek)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll79. Sitzung / Seite 3

Bürgerinitiative ............................................................................................................ 12

Bürgerinitiative betreffend „Höchste Eisenbahn – Für eine Verkehrswende“ (Ord­nungsnummer 24)

Regierungsvorlagen ................................................................................................... 12

895: Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien über den Verlauf der Staatsgrenze in den Grenzabschnitten VIII bis XV und XXII bis XXVII

896: Bundesgesetz, mit dem ein Pflanzenschutzmittelgesetz 2011 und ein Pflan­zenschutzgesetz 2011 erlassen werden (Agrarrechtsänderungsgesetz 2010)

Berichte ......................................................................................................................... 13

III-182: Bericht betreffend die Jahresberichte 2008 und 2009 der Parlamentari­schen Bundesheerkommission für Beschwerdewesen und Stellungnahme des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport; BM f. Landesverteidigung und Sport

III-183: 8. Gleichbehandlungsbericht des Bundes 2010; Bundesregierung

Unterrichtung gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG ................................................................. 13

Aufnahme der Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Pass­wesens

Anträge der Abgeordneten

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Übergangsbestimmun­gen bei eingetragenen PartnerInnenschaften (1284/A)(E)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vorschlag der EU-Kommission, den Mitgliedstaaten Möglichkeiten einzuräumen, den Anbau von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) auf ihrem Hoheitsgebiet zu beschränken oder zu untersagen (1285/A)(E)

Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zum Schutz von Straßentieren („Streunertieren“) in der EU (1286/A)(E)

Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der Hal­tungsbedingungen von Masthühnern (1287/A)(E)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend umfassende Staatsreform bei den obersten Organen der Republik (1288/A)(E)

Dr. Martin Strutz, Josef Jury, Maximilian Linder, Kolleginnen und Kollegen betref­fend geplante Wirtschaftskompetenzzentren im Zuge des „Strafrechtlichen Kompetenz­paketes“ (1289/A)(E)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen auf Durchführung einer Volksbefragung ge­mäß Art. 49b B-VG über die Beibehaltung der Wehrpflicht oder den Ersatz durch ein Freiwilligenheer (1290/A)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erstellung eines bundeswei­ten Solardachkatasters (1291/A)(E)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend leistbares Wohnen im ge­meinnützigen Wohnbau (1292/A)(E)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll79. Sitzung / Seite 4

Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Streichung der Versi­cherungspflicht für Wohnsitzärzte (1293/A)(E)

Zurückgezogen wurde der Antrag der Abgeordneten

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Übergangsbestimmun­gen bei eingetragenen Partnerschaften [(1260/A)(E)] [(Zu 1260/A)(E)]

Anfragen der Abgeordneten

Martina Schenk, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Iftar-Essen (6407/J)

Martina Schenk, Kollegin und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Iftar-Essen (6408/J)

Martina Schenk, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Lehrplan für islamischen Religionsunterricht (6409/J)

Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Wissen­schaft und Forschung betreffend Kosten des Militärgrabs ITER (6410/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend ein Ersuchen zur behördlichen Verfolgung des Klubobmannes Strache (6411/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Umsetzung der Empfehlungen des Rechnungshofs zur ASFINAG und zum Vollzug des Bundesstraßengesetzes aus Bericht Bund 2008/9 (6412/J)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Beweismittelsicherung bei Verbrechen im Zusammenhang mit K.-o.-Tropfen (6413/J)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frau­en und öffentlichen Dienst betreffend Prävention von Verbrechen im Zusammenhang mit K.-o.-Tropfen (6414/J)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inne­res betreffend Prävention von Verbrechen im Zusammenhang mit K.-o.-Tropfen (6415/J)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ge­sundheit betreffend Prävention von Verbrechen im Zusammenhang mit K.-o.-Tropfen (6416/J)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend zukünftige Unterstützung von teilzeitbeschäftigten PendlerInnen (6417/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Führung der Strafverfahren in der Causa um die HYPO GROUP ALPE AD­RIA (6418/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Führung der Strafverfahren in der Causa AvW (6419/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Führung der Strafverfahren in der Causa um die CONSTANTIA PRIVAT­BANK/IMMOFINANZ/IMMOEAST (6420/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Führung der Strafverfahren in Causa BUWOG (6421/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll79. Sitzung / Seite 5

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Führung der Strafverfahren in der Causa BAWAG (6422/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Führung der Strafverfahren in der Causa SKYLINK (6423/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Führung der Strafverfahren in der Causa MEINL European Land (6424/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend die Führung der Strafverfahren in der Causa LIBRO (6425/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend die Führung der Strafverfahren in der Causa um die HYPO NIEDERÖSTER­REICH (6426/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Amtsmissbrauch am Bezirksgericht Bludenz und die Ermittlungen gegen den Blu­denzer Gerichtsvorsteher (6427/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend schleppende Ermittlung gegen die Partei „NVP“ wegen Verstoßes gegen das Verbotsgesetz (6428/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend schleppende Ermittlungen gegen Wählergruppe „Die Bunten“ wegen Versto­ßes gegen das Verbotsgesetz (6429/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Stor­nos von Reisen und Aufenthalten (6430/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Errichtung einer Schischaukel Höss–Wurzeralm in Oberösterreich (6431/J)

Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für In­neres betreffend Vollzug des Fremdenrechts (6432/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Zahlung der Österreichische Lotterien GmbH an die Orange Werbeagentur GmbH (6433/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Zahlung der Österreichischen Lotterien GmbH an die Orange Werbeagentur (6434/J)

Leopold Mayerhofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Personalentwicklung bei der Exekutive (6435/J)

Leopold Mayerhofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend DNA-Analysen (6436/J)

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Exekutive und Planstellen (6437/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Eingehen und Vermittlung von Aufenthaltsehen und Aufenthaltspartnerschaften (6438/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend unrechtmäßige Inanspruchnahme von sozialen Leistungen (6439/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll79. Sitzung / Seite 6

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Übertretungen nach § 121 Fremdenpolizeigesetz (6440/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend rechtswidrige Einreise und rechtswidrigen Aufenthalt (6441/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Überwachung der Section Control in Oberösterreich (6442/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend das EU-Forschungsprojekt „Indect“ (6443/J)

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inne­res betreffend Asylwerber mit negativ abgeschlossenem Asylverfahren (6444/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde (6445/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Grundversorgungsdatenbank-Betreuungsinformationssystem (6446/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Festnahmeauftrag (6447/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend ungerechtfertigtes Entfernen aus der Erstaufnahmestelle (6448/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Asylwerber, welche sich dem Asylverfahren entzogen haben (6449/J)

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inne­res betreffend Grundversorgung von Personen mit negativ abgeschlossenem Asylver­fahren (6450/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend radiologische Untersuchungen zur Altersdiagnose bei behaupteter Minderjährigkeit (6451/J)

Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäi­sche und internationale Angelegenheiten betreffend Kooperation der israelischen Streit­kräfte mit dem österreichischen Bundesheer (6452/J)

Josef Jury, Maximilian Linder, Dr. Martin Strutz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Versa­gen der kroatischen Behörden bei der Verfolgung von tätlichen Angriffen auf einen acht­zigjährigen Urlauber aus Österreich (6453/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend nicht umgesetzte Empfehlungen des Rechnungsho­fes (Infrastrukturbeiträge für die Privatbahnen; Follow-up-Überprüfung) (6454/J)

Josef Jury, Maximilian Linder, Dr. Martin Strutz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend die geplante Einführung der BIC und IBAN-Zahlenkolonnen für Inlandsüberweisungen (6455/J)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend die „Zeitverwendungsstudie 2008/2009. Ein Über­blick über geschlechterspezifische Unterschiede“ (6456/J)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend den Nationalen Aktionsplan „Gleichstellung von Män­nern und Frauen am Arbeitsmarkt“ (6457/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll79. Sitzung / Seite 7

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, In­novation und Technologie betreffend Section Control in Oberösterreich (6458/J)

Ing. Heinz-Peter Hackl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die Auslandsreisen des Staatssekretärs im Bundeskanzleramt Dr. Josef Ostermayer (6459/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend das EU-Forschungsprojekt „Indect“ (6460/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, So­ziales und Konsumentenschutz betreffend Lehrberuf „Pflege“ (6461/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend den Ermittlungsstand im Fall Horst H. und Herbert L. in Costa Rica (6462/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend DNA-Analyse zum Nachweis eines behaupteten Verwandtschaftsverhältnisses (6463/J)

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend „Arzt im Dienst“ (6464/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen Trennungsväter (6465/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Ausbau der Bahnstrecke zwischen Salzburg und Frei­lassing (6466/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Strafverfolgung Radarstrafen (6467/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend die fehlende Transparenz in der Abwicklung des Griechenlandpakets (6468/J)

DDr. Werner Königshofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Fi­nanzen betreffend die Entwicklung des Derivatehandels (6469/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft, Familie und Jugend betreffend Zahlen zum Kinderbetreuungsgeld (6470/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Fa­milie und Jugend betreffend Eintrittsalter Kindergärten/Elternkarenz (6471/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Fa­milie und Jugend betreffend Lehrberuf „Pflege“ (6472/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend Außenstände bei Spitälern und Krankenkassen aufgrund nicht rückerstatteter Behandlungskosten ausländischer Patienten (6473/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Lehrberuf „Pflege“ (6474/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, So­ziales und Konsumentenschutz betreffend Konsumentengefährdung durch Quecksilber in Energiesparlampen (6475/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll79. Sitzung / Seite 8

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, So­ziales und Konsumentenschutz betreffend Betreuungskräfte im Pflegebereich (6476/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Entsorgung von Energiespar­lampen (6477/J)

Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Integrationsbemühungen im österreichischen Bun­desheer (6478/J)

Wolfgang Katzian, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend die Vergütung von Energieabgaben (6479/J)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend „CSI Hypo“ und „Soko Hypo“ (6480/J)

Josef Jury, Maximilian Linder, Dr. Martin Strutz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend rasanten Anstieg des Kreditvolumens der Hypo-Group-Alpe-Adria seit der Mehrheitsbeteiligung durch die Bayern-LB (6481/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend „Urteilsverzicht beim OGH“ (6482/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Maßnahmen zur Verbesserung der thermischen Sanie­rungsrate (6483/J)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesund­heit betreffend verpflichtende Barrierefreiheit von Apotheken (6484/J)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Kommunikationsdefizite in der Gesundheitsversorgung von Menschen mit Ge­hörlosigkeit (6485/J)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesund­heit betreffend Versorgung von Menschen mit Behinderungen mit Pull-On-Inkontinenz­hosen (6486/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Auswahl des Anbieters der technischen Ausstattung des elektronischen Haus­arrests (6487/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Liegenschafts-Beschreibung der bundeseigenen Wohnbaugesellschaften (6488/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Maßnahmen zur Verbesse­rung der thermischen Sanierungsrate (6489/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend rechtlich nicht gedeckte Beschuldigteneinvernahmen von „profil“- und „news“-Journalisten nach deutschem Rechtshilfeansuchen (6490/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, In­novation und Technologie betreffend: „ASFINAG will A 5 nicht mehr weiterbauen“ (6491/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innova­tion und Technologie betreffend Kosten anwaltlicher Rechtsgutachten (6492/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll79. Sitzung / Seite 9

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Geschlechterungleichgewicht bei Studierenden an den Pä­dagogischen Hochschulen (6493/J)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend geschlechtergerechte Budgetpolitik 2011 – Gender Budgeting (6494/J)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frau­en und öffentlichen Dienst betreffend geschlechtergerechte Budgetpolitik 2011 – Gen­der Budgeting (6495/J)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für euro­päische und internationale Angelegenheiten betreffend geschlechtergerechte Budget­politik 2011 – Gender Budgeting (6496/J)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend geschlechtergerechte Budgetpolitik 2011 – Gender Budgeting (6497/J)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend geschlechtergerechte Budgetpolitik 2011 – Gender Budgeting (6498/J)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ge­sundheit betreffend geschlechtergerechte Budgetpolitik 2011 – Gender Budgeting (6499/J)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inne­res betreffend geschlechtergerechte Budgetpolitik 2011 – Gender Budgeting (6500/J)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend geschlechtergerechte Budgetpolitik 2011 – Gender Budgeting (6501/J)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Lan­desverteidigung und Sport betreffend geschlechtergerechte Budgetpolitik 2011 – Gen­der Budgeting (6502/J)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend geschlechtergerechte Bud­getpolitik 2011 – Gender Budgeting (6503/J)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Un­terricht, Kunst und Kultur betreffend geschlechtergerechte Budgetpolitik 2011 – Gender Budgeting (6504/J)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend geschlechtergerechte Budgetpolitik 2011 – Gender Budgeting (6505/J)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft, Familie und Jugend betreffend geschlechtergerechte Budgetpolitik 2011 – Gen­der Budgeting (6506/J)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Wis­senschaft und Forschung betreffend geschlechtergerechte Budgetpolitik 2011 – Gen­der Budgeting (6507/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Südtiroler Selbstbestimmungsrecht (6508/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend „Der gräfliche Ansitz der Sarntheins“ (6509/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll79. Sitzung / Seite 10

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend „Kriminalitätsentwicklung um Weihnachten (Dezember)“ (6510/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, So­ziales und Konsumentenschutz betreffend „GPLA-Prüfungen: Prüfpraxis durch Sozial­versicherungsträger und Finanz (2004–2009)“ (6511/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „GPLA-Prüfungen: Prüfpraxis durch Sozialversicherungsträger und Finanz (2004–2009)“ (6512/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Spekulationsgewinne aus Aktienverkäufen – Graubereich Versteuerung“ (6513/J)

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Reformieren statt abkassieren – wo bleiben Verwaltungsreform und Bürokratieabbau, Herr Bundeskanzler?“ (6514/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend unzureichende Qualitätskontrolle von Sachverständigen-Gutachten (6515/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Verdacht auf organisierte Kriminalität im Zuge von Privatisierungen (6516/J)

DDr. Werner Königshofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Fi­nanzen betreffend die Prüfung der Bank Austria (6517/J)

DDr. Werner Königshofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Fi­nanzen betreffend die Prüfung der BAWAG (6518/J)

DDr. Werner Königshofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Fi­nanzen betreffend die Prüfung der Bank für Kärnten und die Steiermark (6519/J)

DDr. Werner Königshofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Fi­nanzen betreffend die Prüfung der Raiffeisen Zentralbank (6520/J)

DDr. Werner Königshofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Fi­nanzen betreffend die Prüfung der ÖVAG (6521/J)

DDr. Werner Königshofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Fi­nanzen betreffend die Prüfung der Oberbank (6522/J)

DDr. Werner Königshofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Fi­nanzen betreffend die Prüfung der HGAA (6523/J)

DDr. Werner Königshofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Fi­nanzen betreffend die Prüfung der Erste Bank (6524/J)

DDr. Werner Königshofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Fi­nanzen betreffend die Prüfung der einzelnen Sparkassen (6525/J)

DDr. Werner Königshofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Fi­nanzen betreffend die Prüfung der einzelnen Raiffeisen Landesbanken (6526/J)

DDr. Werner Königshofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Fi­nanzen betreffend die Prüfung der einzelnen Landeshypothekenbanken (6527/J)

DDr. Werner Königshofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Fi­nanzen betreffend die Prüfung der Bank für Tirol und Vorarlberg (6528/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll79. Sitzung / Seite 11

Mag. Rosa Lohfeyer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend „Gerichtstag in Arbeits- und Sozialrechtssachen am Bezirksgericht St. Johann im Pongau“ (6529/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend „Rückrufe von unsicherem (oder gefährlichem) Kinderspielzeug im Jahr 2010“ (6530/J)

Franz Glaser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innova­tion und Technologie betreffend offene Fragen zum Ausbau des Breitband-Internet im Burgenland (6531/J)

Anna Franz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffent­lichen Dienst betreffend Frauenberatungsstelle Femail (6532/J)

Anna Franz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betref­fend „Fachstelle Frauengesundheit“ – FrauenInformationszentrum FEMAIL (6533/J)

Johann Rädler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Einstellung von Nebenbahnen in Niederösterreich (6534/J)

Gabriele Tamandl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesvertei­digung und Sport betreffend Öffnung der Stiftskaserne (6535/J)

Gabriele Tamandl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend bezahlte Inserate und Konsumentenverunsicherung (6536/J)

Zurückgezogen wurde die Anfrage der Abgeordneten

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Lehrberuf „Pflege“ (6474/J) (Zu 6474/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen (6179/AB zu 6338/J)

der Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen (6180/AB zu 6346/J)


 


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll79. Sitzung / Seite 12

10.15.27Beginn der Sitzung: 10.15 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Fritz Neugebauer.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich eröffne die 79. Sitzung des Nationalrates, die aufgrund eines ausreichend unterstützten Verlangens gemäß § 46 Abs. 6 des Geschäftsordnungsgesetzes einberufen wurde.

Die Amtlichen Protokolle der 77. und 78. Sitzung vom 22. September 2010 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Ablinger, Mag. Molterer, Dr. Belako­witsch-Jenewein, Dr. Grünewald, Mag. Jarmer, Dr. Moser, Grosz und Hagen.

10.16.10Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsge­genstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsord­nung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 6407/J bis 6513/J;

Zurückziehungen: 6474/J;

2. Anfragebeantwortungen: 6179/AB und 6180/AB;

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem ein Pflanzenschutzmittelgesetz 2011 und ein Pflanzenschutz­gesetz 2011 erlassen werden (Agrarrechtsänderungsgesetz 2010) (896 d.B.);

4. Initiativanträge:

Zurückziehung: 1260/A(E).

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs.4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 57 betreffend „Keine Pensions-,Null-Lohn‘ Runde – Faire Pensionen für Wählerstimmen“, überreicht von der Abgeordneten Marianne Hagenhofer,

Petition Nr. 58 betreffend „Übernahme der ,Neuen Mittelschule‘ (steirisches Modell) in das Regelschulsystem“, überreicht von der Abgeordneten Elisabeth Hakel,

Petition Nr. 59 betreffend „Stopp dem Container-Wildwuchs an APS Schulstandorten – Für die Einführung eines Container-Verträglichkeits-Verfahrens“, überreicht von der Ab­geordneten Mag. Katharina Cortolezis-Schlager,

Petition Nr. 60 betreffend „,EISENBAHN LEBEN‘ Eisenbahn-Verkehrspolitik-Probleme und -Lösungen am Beispiel der Wiener S-Bahn-Linie ,S80‘ und der Haltestelle ,Lobau‘“, überreicht von der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek,

Bürgerinitiative Nr. 24 betreffend „Höchste Eisenbahn – Für eine Verkehrswende“;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll79. Sitzung / Seite 13

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien über den Ver­lauf der Staatsgrenze in den Grenzabschnitten VIII bis XV und XXII bis XXVII (895 d.B.);

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Gleichbehandlungsausschuss:

8. Gleichbehandlungsbericht des Bundes 2010, vorgelegt von der Bundesregierung (III-183 d.B.);

Landesverteidigungsausschuss:

Bericht des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport betreffend die Jahres­berichte 2008 und 2009 der Parlamentarischen Bundesheerkommission für Beschwer­dewesen und Stellungnahme des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport (III-182 d.B.).

C. Unterrichtung gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG:

Aufnahme der Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Pass­wesens.

*****

Weiters teile ich mit, dass der Sechste Bericht des Unvereinbarkeitsausschusses ver­vielfältigt und an alle Abgeordneten verteilt wurde.

10.16.30Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kol­leginnen und Kollegen haben das Verlangen gestellt, die am Beginn der Sitzung einge­brachte schriftliche Anfrage 6514/J der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolle­ginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Reformieren statt abkassie­ren  wo bleiben Verwaltungsreform und Bürokratieabbau, Herr Bundeskanzler?“ dring­lich zu behandeln.

Der Aufruf der Dringlichen Anfrage wird um 13.15 Uhr erfolgen.

Weiters gebe ich bekannt, dass die Sitzung von 13.15 Uhr bis voraussichtlich 16.15 Uhr vom ORF live übertragen wird.

10.17.38Ich unterbreche die Sitzung nunmehr bis 13.15 Uhr.

*****

(Die Sitzung wird um 10.17 Uhr unterbrochen und um 13.15 Uhr wieder aufge­nommen.)

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll79. Sitzung / Seite 14

13.15.59Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen an den Bun­deskanzler betreffend „Reformieren statt abkassieren – wo bleiben Verwaltungs­reform und Bürokratieabbau, Herr Bundeskanzler?“ (6514/J)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 6514/J.

Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich deren Verle­sung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Am 11. Mai 2010 informierte der BM für Finanzen die Präsidiale des Nationalrates über das Euro-Rettungspaket. Offen war von einer "dramatischen Situation" und "der schlimms­ten Wirtschaftskrise seit den 1930er-Jahren" die Rede.

Als Folge der Weltwirtschaftkrise drohen den Österreicherinnen und Österreichern er­hebliche Belastungen, zumal die österreichische Bundesregierung, allen voran der Bun­deskanzler, nicht willens ist, notwendige Reformen im Bereich der Verwaltung anzuge­hen. Im Gegenteil, die Untätigkeit im Bereich der Verwaltungsreform wird durch eine ver­fassungswidrige Untätigkeit im Bereich der Budgetpolitik ergänzt.

Gemäß Art. 51 Abs. 3 B-VG hat die Bundesregierung dem Nationalrat den Entwurf eines Bundesfinanzgesetzes für das folgende Finanzjahr spätestens zehn Wochen vor Beginn des Finanzjahres vorzulegen. Ungeachtet dessen haben der Bundeskanzler und der Bundesminister für Finanzen der Präsidentin des Nationalrates mit Schreiben vom 29. Juni 2010 mitgeteilt, dass "wir den in Art. 51 Abs. 3 B-VG vorgesehenen Termin zur Vorlage des Entwurfes eines Bundesfinanzgesetzes 2011 nicht einhalten werden können".

Begründet wird dieses Schreiben im Wesentlichen mit der aktuellen wirtschaftlichen und fiskalpolitischen Situation, die es erfordere, dass jedes einzelne Fachressort seine derzeitige Ausgabenstruktur grundsätzlich überdenkt. Dazu seien komplexe und um­fangreiche Vorarbeiten erforderlich. Die Vorlage eines Budgetentwurfes für 2011 samt Budgetbegleitgesetz wird letztlich für den Dezember 2010 in Aussicht gestellt.

Unabhängige Verfassungsexperten beurteilen diese Vorgehensweise als klar verfas­sungswidrig. Theo Öhlinger spricht von einer Missachtung des Parlaments. Auch der Verweis der Regierung auf Art. 51a B-VG wird von ihm als "nicht rechtens" qualifiziert. Bernd-Christian Funk weist darauf hin, dass "eine Vorlage im Dezember nicht den Ord­nungsvorschriften der Verfassung entspricht" und Heinz Mayer unterstreicht, dass die Verpflichtung der Regierung, den Entwurf für das Bundesfinanzgesetz zehn Wochen vor Beginn des betroffenen Finanzjahres vorzulegen, "klar und deutlich" ist.

Auch der Präsident des VfGH Gerhart Holzinger stellte klar, dass die rechtliche Rege­lung des Art. 51 Abs. 3 "völlig klar und eindeutig" ist. Gleichzeitig konzedierte die Natio­nalratspräsidentin, "dass die verzögerte Budgetvorlage gemäß einem Gutachten des Legislativdienstes einer Nicht-Einhaltung der Verfassung entspreche: Das steht außer Streit".

Vor diesem Hintergrund hat schließlich Bundespräsident Fischer die Bundesregierung aufgefordert das Budget 2011 pünktlich vorzulegen: "Bei dieser Bestimmung handelt es sich um keine Ermessensentscheidung."

Neben der verfassungswidrigen Nichtvorlage des Budgets rundet die völlige Stagnation im Bereich der Verwaltungsreform das negative Bild ab. Um ausgabenseitig zu sparen oder Steuergelder, wie z. B. im Gesundheitswesen, effizienter einzusetzen, hat der Rech­nungshof 315 Vorschläge in seinen Berichten ausgearbeitet, die Handlungsfelder auf­


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zeigen und sichtbar machen, in welchen Bereichen Aufgaben-, Struktur- und Organisa­tionsreformen realisiert werden müssen. Die 315 Vorschläge wurden in 30 Hauptthe­men zusammengefasst. Die wichtigsten sind insbesondere:

Die Deregulierung samt Schaffung einer sachgerechten Aufgabenverteilung im Bun­desstaat;

Die Straffung der Behördenorganisationen;

Die Verbesserung der Verwaltungskooperationen;

Die Reform der Personalwirtschaft im öffentlichen Dienst;

Die Stärkung der öffentlichen Finanzkontrolle;

Die Optimierung des Supportprozesses;

Die Verfahrensbereinigung und raschere Abwicklung von Verwaltungsverfahren;

Die stärkere Bürgerorientierung und Entlastung der Wirtschaft;

Die Gesundheitsreform;

Die Reform der Infrastruktur;

Die Optimierung des Pflegewesens;

Die Strukturreform in der Sozialversicherung;

Die Reform des Schulwesens;

Die Reform der öffentlichen Unternehmen und Fonds.

In Summe ergibt sich alleine in diesen Bereichen ein Effizienzsteigerungs- und Einspa­rungspotenzial von rund 5 Mrd. EURO. Es sollte eine Selbstverständlichkeit sein, dass zunächst diese Einsparungspotentiale realisiert werden und erst dann über neue Be­lastungen und Einsparungen zu Lasten der Österreicherinnen und Österreicher nach­gedacht wird.

Die Regierung hat zwar die im Regierungsprogramm vorgesehene Arbeitsgruppe "Ver­waltung Neu" zur Erarbeitung von Konsolidierungs- und Verwaltungsreformmaßnah­men im Februar 2009 eingesetzt, dennoch gibt es bis dato nicht einmal Ansätze einer Verwaltungsreform.

Der Bundeskanzler ist Mitglied dieser Arbeitsgruppe sowie auch der Bundesminister für Finanzen und die Landeshauptleute von Wien und Niederösterreich. Laut Leistungsbe­richt 2009/2010 des Rechnungshofes lassen sich jedoch die Regierungsspitzen von zwei Staatssekretären vertreten und die Landeshauptleute von ihren Landtagspräsi­denten. Weiters nehmen als Experten der Präsident des Rechnungshofes, der Leiter des IHS und der Leiter des WIFO an der Arbeitsgruppe teil. Die Arbeitsgruppe über­nahm die 30 Hauptthemen und fasste diese in folgende 11 Arbeitspakete zusammen:

1. Pension

2. Personal

3. Bildung

4. Wissenschaft und Forschung

5. Effizientes Förderungswesen

6. Bürgerorientierung und Deregulierung

7. Effizienz der Verwaltung

8. Aufgabenreform und Strukturbereinigung


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll79. Sitzung / Seite 16

9. Finanzausgleich und Haushaltsrecht

10. Gesundheit und Pflege

11. Umwelt, Infrastruktur, öffentliche Unternehmen und Fonds.

Von den 11 Arbeitspaketen befindet sich kein einziges im Stadium der politischen Re­alisierung. Der mit allen im Parlament vertretenen Parteien am 9.7.2009 eingesetzte Un­terausschuss "Verwaltungsreform" des Verfassungsausschusses tagte zuletzt am 15.4.2010. Seither wurden keine Gespräche mehr mit den Oppositionsparteien geführt. Ähnlich ist es den "Österreich-Gesprächen" ergangen, die 2008 kurz nach der Natio­nalratswahl aus der Taufe gehoben wurden und aus Desinteresse der Regierungspar­teien versandeten. Nach der Sitzung der "Österreich-Gespräche" am 29.6.2009 meinte Bundeskanzler Faymann noch:

"(..)Die Diskussion zur Schulreform werde im heurigen Jahr "voll geführt". Er hoffe hier – so wie in der Gesundheitsreform – auf "schrittweise" Beschlüsse. "Und bei der Ge­sundheitsreform werden die ersten Beschlüsse der Einsparungen im Herbst stattfin­den. Wenn bei der Schulreform die ersten Schritte Ende dieses Jahres oder Anfang nächsten Jahres gesetzt werden, dann ist das etwas, was ich persönlich für realistisch halte", unterstrich Faymann. ()"

Wie wir wissen, sieht die Realität anders aus. Mittlerweile hat sich zur Untätigkeit im Bereich der Verwaltungsreform die verfassungswidrige Verschiebung des Budgets ge­sellt.

Vor diesem Hintergrund ergeht an den Bundeskanzler folgende

Dringliche Anfrage

1. Welche der 315 Vorschläge des Rechnungshofes zur Verwaltungsreform wollen Sie in dieser Legislaturperiode umsetzen?

2. Welche Vorschläge des Rechnungshofes bezüglich Einsparung und Effizienzsteige­rung im öffentlichen Bereich (Bürokratieabbau) wollen Sie umsetzen?

3. Wie beurteilen Sie den Stand der Arbeit der Arbeitsgruppe "Verwaltung Neu"?

4. Wann wollen Sie und Ihre Regierungsmitglieder die ersten ausgearbeiteten Bereiche der Arbeitsgruppe "Verwaltung Neu" in Form von Regierungsvorlagen dem Nationalrat vorlegen, wie wird deren wesentlicher Inhalt lauten?

5. Wann legen Sie und Ihre Regierungsmitglieder das Arbeitspaket 1 "Harmonisierung der Pensionssysteme" dem Nationalrat in Form einer Regierungsvorlage vor?

6. Warum weigert sich das Bundesland Wien sein Pensionssystem für die Beamten zu reformieren, so wie es die anderen Bundesländer schon gemacht haben oder gerade machen?

7. Wann werden Sie endlich dafür sorgen, dass Sonderpensionsrechte, wie sie derzeit bei staatsnahen Unternehmen wie ÖBB, OeNB oder ORF bestehen, abgeschafft werden?

8. Wann meinen Sie, können Sie und Ihre Regierungsmitglieder das Arbeitspaket 2 "Per­sonal" in Form einer Regierungsvorlage dem Nationalrat vorlegen?

9. Wie weit sind die Verhandlungen unter den Regierungsmitgliedern und mit der Ge­werkschaft bezüglich eines neuen Dienst- und Besoldungsrechts vorangeschritten?

10. Wie weit ist die Konsolidierung des Personalstandes des Bundes vorangeschritten?

11. Wann legen Sie und Ihre Regierungsmitglieder das Arbeitspaket 3 "Bildung (Schul­verwaltung)" in Form einer Regierungsvorlage dem Nationalrat vor?


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll79. Sitzung / Seite 17

12. Wie wird der wesentliche Inhalt dieser Regierungsvorlage lauten?

13. Sind Sie dafür, dass die Personalhoheit über alle Lehrer auf die Länder übergeht?

14. Gibt es diesbezüglich zwischen Ihnen und dem Landeshauptmann von Niederös­terreich oder dem Bürgermeister von Wien eine Absprache?

15. Werden Sie sich bei der Erstellung allfälliger Regierungsvorlagen dafür einsetzen, dass der freie Universitätszugang erhalten bleibt?

16. Wann meinen Sie, können Sie und Ihre Regierungsmitglieder die restlichen Ar­beitspakete und insbesondere das Arbeitspaket 10 "Gesundheit und Pflege" in Form einer Regierungsvorlage dem Nationalrat vorlegen?

17. Wann hat die Bundesregierung vor, mit den Ländern in Kontakt zu treten, um im Bereich Gesundheit und Pflege die bestehende Kompetenzlage der Zersplitterung der Gesetzgebungs- und Vollzugskompetenzen aufzulösen und zu vereinheitlichen?

18. Inwieweit und zwischen wem hat es darüber schon Gespräche oder Verhandlun­gen gegeben und wie sieht das (Zwischen-)Ergebnis aus?

19. Wann werden die Arbeitspakete 4 "Wissenschaft und Forschung", 5 "Effizientes För­derwesen", 6 "Bürgerorientierung und Deregulierung", 7 "Effiziente Verwaltung", 8 "Auf­gabenstruktur und Strukturbereinigung", 9 "Finanzausgleich und Haushaltsrecht" und 11 "Umwelt, Infrastruktur, öffentliche Unternehmen und Fonds in Angriff genommen?

20. Wann werden die "Österreich-Gespräche" fortgeführt?

21. Welche Gründe sind für Ihre Ankündigung, die Bundesverfassung durch eine ver­spätete Vorlage des Budgetentwurfs für 2011 brechen zu wollen, maßgeblich?

22. Sehen Sie sich als Bundeskanzler in einer Position, die über der Verfassung steht?

23. Wurden Sie als Bundeskanzler auf die Verfassung angelobt?

24. Wie erklären Sie sich, dass die große Mehrheit der Steuerzahler die Ansicht vertritt, dass der eigentliche Grund für den Verfassungsbruch parteipolitisches Kalkül aufgrund der Wahlkämpfe in der Steiermark und in Wien ist?

25. Warum weigern Sie sich, die Bürger über die von der Bundesregierung in Aussicht genommenen Belastungen zu einem verfassungskonformen Zeitpunkt zu informieren?

26. Welcher Schaden wird durch die Nichteinhaltung der verfassungsrechtlich vorgege­benen Fristen für die österreichische Wirtschaft, die Konsumenten und den Steuerzah­ler entstehen, zumal sich an die Verschiebung der Vorlage des Budgetentwurfes zahl­reiche negative Auswirkungen im Rahmen einer Kettenreaktion knüpfen?

27. Drohen Österreich durch die Verschiebung der Bekanntgabe der Budgetdaten am 1. Dezember 2010 Strafen hinsichtlich der Maastricht Defizitkriterien?

28. Wenn ja, in welcher Höhe?

29. Was bedeutet die verfassungswidrige Verzögerung des Inkrafttretens von Budget samt Begleitgesetzen für das Erreichen der EU-Einsparungsziele?

30. Können Sie bestätigen, dass der Entwurf zum Budget 2011 samt Begleitgesetz ent­gegen den Versprechen der ehemaligen Spitzenkandidaten der Regierungsparteien bei den Nationalratswahlen die Einführung neuer Steuern oder die Erhöhung bestehen­der Steuern beinhaltet?

31. Welcher Schaden entsteht durch die Verschleppung dringend notwendiger Refor­men v. a. in den Bereichen Verwaltung, Gesundheit, Sozialversicherung und Bildung für die Republik Österreich und den Steuerzahler jährlich?


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll79. Sitzung / Seite 18

32. In welchem Ausmaß sind die Länder in die Erarbeitung des Budgetentwurfes ein­gebunden?

33. Welche Ziele hat sich die Bundesregierung bei den Verhandlungen mit den Län­dern gesetzt?

34. Aus welchen Ressorts sind Ihnen bis dato Teilentwürfe zum Budgetentwurf be­kannt?

35. Wenn ja, welchen Inhalt weisen diese auf?

36. Welche Vorlaufzeit zwischen der Publikation eines Gesetzes und dem Inkrafttreten ist für eine reibungslose Umsetzung von Budgetmaßnahmen erfahrungsgemäß erfor­derlich, insbesondere in Steuersachen oder sonstigen Bereichen, die sich in der Lohn­verrechnung und Steuerberatung (z. B. Update der entsprechenden EDV) niederschla­gen?

37. Können Sie ausschließen, dass der Budgetentwurf samt Begleitgesetz Kürzungen der Familienbeihilfe beinhalten wird?

38. Können Sie ausschließen, dass der Budgetentwurf samt Begleitgesetz Kürzungen beim Arbeitslosengeld beinhalten wird?

39. Können Sie ausschließen, dass der Budgetentwurf samt Begleitgesetz Kürzungen beim Kindergeld beinhalten wird?

40. Können Sie ausschließen, dass der Budgetentwurf samt Begleitgesetz Kürzungen bei den Pensionen beinhalten wird?

41. Können Sie ausschließen, dass der Budgetentwurf samt Begleitgesetz Kürzungen bei der Agrarförderung beinhalten wird?

42. Können Sie ausschließen, dass der Budgetentwurf samt Begleitgesetz Kürzungen bei der Wirtschaftsförderung beinhalten wird?

43. Können Sie ausschließen, dass der Budgetentwurf samt Begleitgesetz Kürzungen bei den Maßnahmen für Forschung, Innovation und Technologie beinhalten wird?

44. Können Sie ausschließen, dass der Budgetentwurf samt Begleitgesetz Kürzungen beim Pflegegeld beinhalten wird?

45. Können Sie ausschließen, dass der Budgetentwurf samt Begleitgesetz Kürzungen im Bereich der Konjunkturstützungsmaßnahmen oder ähnlicher Zuwendungen der öf­fentlichen Hand beinhalten wird?

46. Können Sie für die Erstellung des Budgetentwurfes 2011 samt Begleitgesetz si­cherstellen, dass keine Mehrbelastungen der Steuer- und Beitragszahler im Bereich

a. der Reduktion von Steuerbegünstigungen,

b. der Abgaben auf Grundeigentum,

c. der Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen,

d. der Abgaben auf Vermögenszuwächse,

e. der Besteuerung von Tabak, Alkohol und Glücksspiel,

f. der Umsatzsteuer,

g. der Besteuerung des Energie- und Umweltverbrauchs oder

h. der Sozialversicherungsbeiträge und der sonstigen Lohnnebenkosten

i. der Besteuerung von sonstigen Einkünften erfolgen?


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47. Können Sie ausschließen, dass es aufgrund des Stopfens der von der Bundesre­gierung verursachten Budgetlöcher zu einer weiteren Anhebung der Mineralölsteuer kom­men wird, weil für diese die Zweckwidmung gefallen ist?

48. Planen Sie die Besteuerung von Profiteuren der Weltwirtschaftskrise und von Su­perreichen?

49. Wenn ja, in welcher Form?

50. Planen Sie eine Abkehr der bisherigen Besteuerungsgrundsätze des 13. und 14. Mo­natsgehaltes?

51. Werden Sie eine Entlastung von Einpersonenunternehmen und KMUs umsetzen?

52. Haben Sie in Aussicht genommen, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zur Ab­schaffung der allgemeinen Wehrpflicht vorzulegen?

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Klubobmann Strache als erstem Fragesteller zur Begründung der Dringlichen Anfrage, die gemäß § 93 Abs. 5 der Geschäftsordnung 20 Minuten nicht übersteigen darf, das Wort. – Bitte.

 


13.16.28

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Werte Regierungsmitglieder! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese heutige Sondersitzung, in der wir unsere Dringliche Anfrage betreffend „Refor­mieren statt abkassieren – wo bleiben Verwaltungsreform und Bürokratieabbau, Herr Bundeskanzler?“ zur Behandlung bringen, soll sich mit der Frage beschäftigen, warum Sie, Herr Bundeskanzler, bereit waren, die österreichische Verfassung so eiskalt zu bre­chen, und welche Hintergründe wir da erkennen können angesichts der Wiener Wahl, vor der Sie offenbar nicht bereit sind, den Bürgern die Wahrheit zu sagen über die ge­planten Belastungsschritte, die Sie umzusetzen vorhaben.

Das Motto dieser Bundesregierung lautet ja ganz offensichtlich: Abkassieren statt refor­mieren! Anders kann man das gar nicht bezeichnen (Beifall bei der FPÖ), denn statt sich endlich an die höchst notwendige und überfällige Verwaltungsreform heranzuma­chen, denkt man in der Regierung lieber über neue Steuerbelastungen nach. Und da sind schon viele Überlegungen aus den Ministerien an die Öffentlichkeit gegangen. Zahlreiche Überlegungen, die im Finanzministerium unter anderem angestellt worden sind, haben das Licht der Öffentlichkeit erblickt. – Ich komme später noch darauf zu sprechen.

Anstatt Bürokratie abzubauen, will man vonseiten der SPÖ/ÖVP-Regierung offensicht­lich lieber den Menschen noch effektiver das Geld aus der Tasche ziehen. Anders kann man nämlich Ihr Verhalten nicht werten!

Dem Regierungschef fällt dafür eine besondere Verantwortung zu. Und Bundeskanzler Werner Faymann weiß natürlich ganz genau, was da geplant ist und warum das bis nach der Wiener Wahl in den Schubladen liegen bleiben muss: damit man nicht noch schlim­mere Wahlniederlagen einfährt, als das schon in der Steiermark der Fall war – was sich aber trotzdem auch in Wien fortsetzen wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Manchmal muss ich bei Ihnen, Herr Bundeskanzler, schon konstatieren: Entweder sind Sie unwillig oder nicht fähig! Eine der beiden Möglichkeiten muss Realität sein. (Abg. Dr. Kurzmann: Beides!) Beides ist keine Empfehlung für das Amt des Bundeskanzlers.

Herr Bundeskanzler, wenn man sich Ihre Darstellung und Ihre Arbeit ansieht, dann stellt man fest: Sie sind jemand, der zwar immer lächelt, der aber offenbar nicht wirklich die


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Bereitschaft hat, die Probleme in Österreich anzupacken. In Anbetracht dessen ist es kein Wunder, dass sich viele Sozialdemokraten – auch viele ehemalige Sozialdemokraten – nach Alfred Gusenbauer zurücksehnen, denn der hat zwar auch nicht gerade viel wei­tergebracht, hat aber verglichen mit dem, was Sie, Herr Bundeskanzler Faymann, zu­stande gebracht haben, immerhin unter Beweis gestellt, dass er ein wahres Energiebün­del in der Politik ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Das war ja wahrscheinlich auch der Grund, warum Sie, Herr Faymann, gemeinsam mit Ihrem Mentor Häupl dafür Sorge getragen haben, Gusenbauer abzuservieren, und zwar auf eine Art und Weise, die man bei der SPÖ davor gar nicht gekannt hat, denn das war eine ziemlich schäbige Art und Weise, die da Platz gegriffen hat. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Es war wahrlich eine ziemlich schäbige Art und Weise, auf welche man Gusen­bauer abmontiert hat. (Abg. Krainer: Geh, bitte! Das war ein freiwilliger Rückzug! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren von der SPÖ, dieser Bundeskanzler ist mit seiner Regierungs­mannschaft die personifizierte Lethargie. Diese Regierung agiert lethargisch, es gibt kei­ne Regierungsvorlagen – nur Untätigkeit! (Beifall bei der FPÖ.)

Frühere Regierungen haben wenigstens so getan, als würden sie arbeiten, die haben sich wenigstens bemüht, den Eindruck zu vermitteln, dass man etwas arbeitet, und nach au­ßen hin so getan, als würde etwas weitergehen, aber das Duo Faymann/Pröll versucht nicht einmal, die eigene Untätigkeit zu kaschieren. Es wird nicht einmal dieser Versuch unternommen. Das kann man auch mit zahlreichen Beispielen belegen.

Erstes Beispiel: Am 9. Juli 2009 ist der Unterausschuss des Verfassungsausschusses zum Thema „Verwaltungsreform“ eingesetzt worden, und zuletzt tagte dieser am 15. April. Seither gab es keine Sitzung mehr, und es haben auch keine Gespräche mit den Op­positionsparteien stattgefunden, um die Arbeit in diesem Unterausschuss endlich fortzu­setzen.

Ähnlich ist es den „Österreich-Gesprächen“ ergangen: Diese wurden 2008, kurz nach der letzten Nationalratswahl, aus der Taufe gehoben und sind dann aufgrund von Desinter­esse der Regierungsparteien eingestellt worden. Man ist also gar nicht bereit, mit der Opposition nach gemeinsamen Lösungen für längst überfällige Verwaltungsreformen zu suchen.

Gleiches zeigt, Herr Bundeskanzler, Ihr Denken und Ihr Handeln auf, denn was ist mit den von Ihnen angekündigten Reformen? Wir haben es hier mit einer Regierung zu tun, deren fehlgeleitete Politik zum Himmel stinkt. Da muss man wirklich die Dinge beim Namen nennen. (Beifall bei der FPÖ.) Wir sind nicht zufrieden – genauso wie ein Groß­teil der österreichischen Bevölkerung nicht zufrieden ist!

Der Reformbedarf ist weiterhin im Steigen, er ist größer denn je, daher müssten die Vor­schläge des Rechnungshofes sowie die ausgearbeiteten Arbeitspakete der Arbeitsgrup­pe schnellstmöglich umgesetzt werden. Die liegen mit 315 konkreten Vorschlägen schon seit über einem Jahrzehnt hier auf dem Tisch.

Wir von der FPÖ verlangen eine rein ausgabenseitige Budgetkonsolidierung. Ausga­benseitig ist zu sparen! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Man muss es immer wieder wiederholen: Diese rot-schwarze Bundesregierung ist ver­antwortlich für die höchsten Ausgaben und für die höchste Staatsverschuldung in der Zweiten Republik. Sie haben weitere Schulden angehäuft, und dies auf dem Rücken der österreichischen Bevölkerung, daher brauchen wir jetzt eine ausgabenseitige Budget­konsolidierung, was durchaus möglich ist und was von den Experten und Wirtschafts­forschungsinstituten mit Stellungnahmen auch untermauert wird.

Wir Freiheitliche sagen daher ein klares Nein zu neuen Belastungen, die Sie zu Lasten der Bevölkerung planen. (Beifall bei der FPÖ.) Nein zu neuen Massensteuern! Nein zur


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Erhöhung von Steuern! Alle Belastungen würden, sofern sie die Masse der Bevölkerung träfen, die Inlandsnachfrage abstechen – und das wäre schlecht für Österreich!

Und Massenbelastungen sind es offensichtlich, die von Ihnen geplant sind, weil diese notwendig wären, um das, was Sie angekündigt haben, nämlich das angegebene Volu­men, das Sie vorgegeben haben, zu erfüllen. Ich sage aber: Die Abgabenquote hat in Österreich schon einen Rekordwert erreicht. Mit 42,9 Prozent des BIP an Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen liegt Österreich an der Spitze der Europäischen Union. Und weitere Steuererhöhungen würden auf weite Sicht den Standort Österreich und auch die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes gefährden.

Daher verlangen wir mit Nachdruck, die Reformvorschläge des Rechnungshofes für Ein­sparungen endlich umzusetzen. Das wurde aber leider Gottes durch die rot-schwarze Blockade bisher verhindert, und genau diese rot-schwarze Blockade wollen wir Freiheit­lichen durchbrechen. Die werden wir auch mit Unterstützung der Bevölkerung durchbre­chen. (Beifall bei der FPÖ.)

Um gleich auf die großen Brocken zu sprechen zu kommen, die da folgende wären: ein totales Abschlacken im Bereich der Subventionen. Genau dort muss man abschla­cken! Die Subventionen sind heute in Österreich bei 15,5 ... (Abg. Großruck: Entschla­cken!) Na ja, abnehmen würde Ihnen mit Sicherheit nicht schaden, Herr Kollege. Das ist immer gut. – Wie gesagt, eine Entschlackungskur in diesem Bereich ist notwendig (Beifall bei der FPÖ), wo jährlich 15,5 Milliarden € für Subventionen aufgewendet wer­den. Das sind 5,6 Prozent des BIP, womit eine sachlich unnütze rot-schwarze Umver­teilung weiter fortgesetzt wird – eine Abhängigkeitsmaschinerie des rot-schwarzen Be­reiches, wo wir bei den Vergleichszahlen in der Europäischen Union deutlich sehen, dass wir in Österreich da eine falsche Politik machen. 2,6 Prozent des BIP sind in die­sem Bereich der EU-Durchschnitt. Unserer Meinung nach wäre es notwendig, da end­lich anzusetzen. Wenn wir bei den Subventionsvergaben eine Reduktion auf den EU-Schnitt vornehmen würden, dann wäre ein Einsparungspotenzial von 8 Milliarden € mög­lich; kurzfristig von 900 Millionen €. So viel könnte man in diesem Bereich einsparen.

In der Verwaltungsreform liegt nach Berechnungen des Rechnungshofes, der 315 kon­krete Beispiele dafür genannt hat, kurzfristig ein Einsparungspotenzial von 1,1 Milliarde € und mittelfristig ein solches von 3 Milliarden €.

Und mit der längst überfälligen Neuordnung und Optimierung des Gesundheitsbereichs wären Einsparungseffekte im Ausmaß von 300 Millionen € kurzfristig gegeben, langfris­tig von 3 Milliarden € – ohne damit die Qualität zu gefährden und ohne, wie das die SPÖ und der Staatssekretär Schieder vorhaben, Spitäler schließen zu müssen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir sagen Nein zu Spitalsschließungen! Wir wollen die Qualität gesichert wissen und wollen Schwerpunktspitäler einrichten.

Sie, Herr Staatssekretär Schieder, wollen – das haben Sie ja angekündigt – Spitäler, die weniger als 300 Betten haben, schließen. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Da wäre in Wien das Orthopädische Spital Speising betroffen. (Abg. Mag. Wurm: Solch ein Blöd­sinn!) Das ist der falsche Weg! Wir von der FPÖ wollen dem gegensteuern.

Was den Bereich Soziales und Pensionen betrifft, fordere ich die Verantwortlichen auf, da für den dringend notwendigen Abbau von Privilegien – zum Beispiel bei der Oester­reichischen Nationalbank – endlich Sorge zu tragen. Da ist viel an Einsparungspotenzial gegeben.

In diesem Zusammenhang und unter Berücksichtigung der genannten Fakten muss man sich die Frage stellen, was für Bundeskanzler Werner Faymann wirklich das Wichtigste ist. Daher frage ich Sie, sehr verehrter Herr Bundeskanzler: Was spielt die erste Geige bei Ihrem politischen Handeln? Soziale Gerechtigkeit und soziale Verantwortung kann


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ich nicht erkennen! Ich frage Sie daher noch einmal: Was spielt die erste Geige bei Ihnen? (Abg. Großruck: Wer spielt die erste Geige?) Das sind bei Ihnen sicher nicht die Bedürfnisse der Österreicherinnen oder Österreicher, nein, Sie agieren gegen die­se Bedürfnisse. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie lassen sich für ein System, das an den Menschen vorbeiarbeitet, einspannen – und das ist ein System, das Großbanken bedient. Sie bedienen folglich auch die Großban­ken, die Bankdirektoren, die Spekulanten sind und die uns auch in diese Wirtschaftskri­se hineingeführt haben. Die bedienen Sie, denen werfen Sie ungeprüft Milliarden in den Rachen – statt dort einmal bei den Verantwortungsträgern anzusetzen! Sie bedie­nen offensichtlich auch deshalb die Großbanken, um den Machterhalt der SPÖ sicher­zustellen. Das ist zum bestimmenden Element Ihrer Kanzlerschaft geworden, und das ist für uns völlig inakzeptabel!

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien, ich erkenne bei dieser Regierung keine Linie – außer dass man aus niedrigen Beweggründen bereit war (Zwischenruf des Abg. Großruck), eiskalt die österreichische Verfassung zu brechen, um die Steuererhöhungspläne vor der Wiener Wahl den Wienerinnen und Wienern nicht offenlegen zu müssen. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist Ihr Kalkül: aus rein wahltaktischen Gründen nicht die Wahrheit über die gewalti­gen Belastungspläne, die Sie in der Schublade liegen haben, zu sagen. Und das ist ein­fach nicht korrekt. Das bezeichnen wir als skandalös.

Und es ist auch skandalös, wenn man Bankmanagern und Spekulanten von Ihrer Seite Milliarden in den Rachen wirft. Und in Anbetracht dessen spricht der Herr SPÖ-Staats­sekretär, der die SPÖ-Linie vorgibt, nämlich der Herr Schieder, noch von einer Rei­chensteuer, wobei er aber in Wirklichkeit eine Mittelstandssteuer meint (Beifall bei der FPÖ), denn er sagt, dass jeder, der 2 500 € netto im Monat verdient, seiner Meinung nach schon unter die Reichensteuer fallen soll. (Staatssekretär Mag. Schieder: Das stimmt überhaupt nicht!) Das hat er auch in Interviews bestätigt. Mit 60 000 € brutto Jahresver­dienst ist man seiner Auffassung nach reich. (Staatssekretär Mag. Schieder: Nein!) Al­so bei 2 500 € Monatsverdienst ist man nach Meinung der SPÖ reich.

Und das zeigt genau, wo Sie ansetzen wollen: Sie wollen eine Mittelstandssteuer! Und dazu sagen wir Nein! Wir hingegen wollen eine Millionärssteuer, die die wirklich Reichen trifft. Wir wollen die Erhöhung der Stiftungseingangssteuersätze wieder sicher­stellen, die Sie mit Hilfe der ÖVP abgeschafft haben, womit Sie die Superreichen in den Stiftungen entlastet haben. Und wir wollen die Spekulanten treffen, nämlich die Banken­spekulanten, die diese Krise verursacht haben, denen Sie aber heute Milliarden in den Rachen werfen. (Beifall bei der FPÖ.)

Dort ist anzusetzen – anstatt nach jenem Prinzip zu handeln, das Sie leben. Wir wollen Solidarität und soziale Gerechtigkeit statt Klassenkampf! (Ironische Heiterkeit bei den Grünen.) Sie vonseiten der SPÖ leben Marx und Murks, wo die Leistungsträger und der Mittelstand belastet werden. Wir von der FPÖ sagen Nein zur Belastung von Leis­tungsträgern und Mittelstand. Die sollten wir nicht belasten – sondern diejenigen, die diese Krise ausgelöst haben und die es sich in dieser Gesellschaft richten können. Sie wollen aber eine höhere Besteuerung, mit der Sie die Masse der Bevölkerung treffen.

Sie denken auch über eine Besteuerung des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes nach, wie man hört und in den Zeitungen lesen kann. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Im Finanzmi­nisterium werden dafür schon verschiedene Varianten durchgerechnet. (Rufe bei der SPÖ: Wer?) Das kommt ja nicht von ungefähr! Da sagen wir: Es darf nicht sein, dass man jetzt eine Besteuerung, ja sogar eine Vollbesteuerung des 13. und 14. Monatsge­halts andenkt!

Finger weg, bitte, meine Herren von der SPÖ und von der ÖVP! (Beifall bei der FPÖ.) Das 13. und das 14. Gehalt sind nicht dazu da, dass sich die Arbeitnehmer und die An­


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gestellten in Österreich heute irgendwelche Luxusreisen finanzieren oder Luxusgüter kaufen, nein, die brauchen dieses 13. und 14. Gehalt für notwendige Anschaffungen, um zu überleben und nicht in eine Verschuldung zu geraten aufgrund der hohen, gestiege­nen Kosten in unserer Gesellschaft. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben daher hier eine soziale Verantwortung auch zu leben und soziale Gerechtig­keit zu leben!

Auch die Debatte um die mögliche Abschaffung der 13. Familienbeihilfe, bitte: Finger weg davon! Das ist eine Sozialleistung für unsere Familien, die sie benötigen, gerade am Schulanfang, für notwendige Anschaffungen der Kinder. Hier zu sparen heißt sozial bedürftige Familien bewusst zu schädigen beziehungsweise eine Schädigung in Kauf zu nehmen. Daher: Finger weg von solch absurden Belastungsüberlegungen, die sozi­alpolitisch auch wirklich unsinnig sind!

Dies bedeutet nämlich, wenn man das durchrechnet, dass pro Kopf im Durchschnitt je­des Jahr 259 € nur in diesem Bereich mehr an Steuern anfallen würden. Einer Familie mit zwei Kindern fehlen dann – zusammengerechnet, wenn man das umrechnet auf die vier Personen – 1 000 € im Jahr. Und 1 000 € sind viel Geld! Deshalb sollte man genau hier sehr, sehr behutsam vorgehen und solche Überlegungen, wie Sie sie anstellen, auch abstellen.

Auch die Erhöhung der Mehrwertsteuer ist diskutiert worden – wiederum eine Massen­steuer! Da überlegen Sie, die Mehrwertsteuer um 2 Prozent zu erhöhen. Na, das trifft ja wieder die Ärmsten der Armen in unserer Gesellschaft, die sich schon heute die Ausgaben nicht mehr leisten können, um dann hier erst wieder getroffen zu werden! Ich sage daher: Das schadet natürlich jenen, die niedrige Einkommen haben und die aus diesen niedrigen Einkommen anteilig auch mehr konsumieren, als das bei hohen Einkommen der Fall ist. Eine solche Erhöhung senkt daher die Binnennachfrage und schadet auch der Konjunktur. Daher: Weg von solchen Belastungsüberlegungen!

Herr Bundeskanzler Faymann ist die verkörperte Bankrotterklärung der Sozialdemokra­tie. (Beifall bei der FPÖ. – Staatssekretär Mag. Schieder schüttelt den Kopf.) Ich muss das feststellen: Er ist die Bankrotterklärung für die Sozialdemokratie! Nicht nur, dass er unter seiner Obmannschaft das Motto ausgegeben hat: Solange er SPÖ-Bundespartei­chef bleibt, darf die SPÖ keine Wahl gewinnen! – Da sind Sie sehr konsequent, ich muss Ihnen gratulieren zu Ihrer Konsequenz, aber das wird ja auf Dauer nicht tragbar sein. Da werden doch irgendwann einmal auch die unteren Funktionäre und der Mittelbau nicht mehr zuschauen. Das ist ja ein trauriger Tiefpunkt, den da die einst so stolze So­zialdemokratie heute erreicht hat, die einmal wirklich so etwas wie ein soziales Gewis­sen im Land gehabt hat, dieses aber völlig über Bord geworfen hat.

Wenn ein Schärf oder ein Kreisky mit anschauen müsste, was die Faymanns und Häupls da teilweise fabriziert haben, ich sage Ihnen, die würden in Tränen ausbrechen, und zwar völlig zu Recht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir die gesamtpolitische Situation von Ihnen beurteilen, dann muss man natürlich im Rahmen der heutigen Sondersitzung auch ansprechen, was Ihre weiteren Belastungspläne für das kommende Jahr sind (Abg. Mag. Gaßner: Wo haben Sie denn das her?):

Sie planen ja auch, gerade am Tag der Arbeit, mit 1. Mai 2011, die EU-Übergangsfris­ten für die osteuropäischen Nachbarländer zu Fall zu bringen. Ihr Sozialminister Hunds­torfer hat das bereits angekündigt, er hat gesagt, ja, die Übergangsfristen für den ös­terreichischen Arbeitsmarkt für die osteuropäischen EU-Nachbarländer, die müssen fal­len, weil das wichtig ist, weil Sie damit der Wirtschaft dienen wollen und damit der Wirt­schaft in die Hände spielen – nämlich jenen Herrschaften von der Wirtschaftsseite, die uns heute weismachen wollen, wir hätten zu wenig Arbeitskräfte im Land.


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Das Gegenteil ist der Fall! Da unterstützen uns ja sogar die Arbeiterkammer und die Ge­werkschaft, indem sie sagen, die Freiheitlichen haben recht, dass so etwas nicht pas­sieren darf! (Beifall bei der FPÖ.)

Wir dürfen die Übergangsfristen für den osteuropäischen Arbeitsmarkt nicht aufheben, wir müssen sie verlängern! Dort, in unseren Nachbarländern, wo man heute durch­schnittlich 300 € netto verdient, gibt es eine Million Arbeitslose, die natürlich dann auf unseren Arbeitsmarkt drängen würden, um im untersten Kollektivvertragsbereich um 890 € netto monatlich zu arbeiten. Und die verdrängen natürlich mit diesem Lohndum­ping, das Sie unterstützen wollen, dann österreichische Facharbeiter, die durchschnitt­lich 1 500 bis 1 600 € verdienen müssen, um ihre Familie zu ernähren. Aber auch be­reits gut integrierte Zuwanderer würden dann von diesem Lohndumpingprozess betrof­fen sein.

Ich sage daher Nein zu dieser nicht sozialen Maßnahme, die Sie vorhaben. Schützen wir österreichische Arbeitsplätze auch für österreichische Arbeitnehmer, und schauen wir, dass wir den vielen Arbeitslosen im Land, wo heute zu wenig Arbeit vorhanden ist – denn wir haben zu wenig Arbeitsplätze, sonst hätten wir nicht diese Arbeitslo­sigkeit, die vielen Facharbeiter und auch Akademiker, die heute arbeitslos sind –, wie­der eine Arbeit ermöglichen und die richtigen Rahmenbedingungen schaffen, damit sie Zukunftsperspektiven haben.

Genau dort gilt es anzusetzen! Wenn man heute noch in Wien ein Akademiker-Taxi be­stellen kann, dann zeigt das, wie bedenklich da die Situation ist. Und dort will ich sozial verantwortliche Schritte und auch Gerechtigkeit umsetzen, die ich bei Ihnen, Herr Bun­deskanzler, leider vermissen muss.

Nehmen Sie daher bitte Ihre Aufgabe ernster als bisher! Bitte nehmen Sie Ihre Aufgabe ernster! Legen Sie endlich konkret Ihre Pläne vor! Umschiffen Sie nicht permanent die konkreten Fragestellungen, die wir Ihnen heute auch wieder mit auf den Weg gegeben haben, und sagen Sie endlich einmal den Menschen die Wahrheit hinsichtlich dessen, was Sie vorhaben!

Sie denken sich offensichtlich, dass dann drei Jahre keine Landtagswahl stattfinden wird, dass wir wahrscheinlich – so hoffen Sie – keine Nationalratswahl erleben, weil die zwei im rot-schwarzen Koalitionsbett sich dann ohnedies wieder zusammenkuscheln werden, und Sie hoffen auf die Zeit, darauf, dass die Bürger, wenn Sie Steuerbelastun­gen beschließen, diese dann vergessen werden.

Ich sage, das ist unredlich. Wir werden daher jetzt darauf aufmerksam machen, aber auch in Folge die Bürger darauf aufmerksam machen, was man von Ihrer Vorgangs­weise zu halten hat. Es ist nicht korrekt, die Verfassung aus diesen niedrigen Beweg­gründen heraus gebrochen zu haben. Das ist nicht korrekt, und ich hoffe, dass Sie uns heute die Antworten nicht schuldig bleiben, obwohl ich befürchten muss, dass Sie das wieder zustande bringen, genauso wie das auch Herr Vizekanzler und Finanzminister Pröll zustande gebracht hat: allen Fragen auszuweichen wie ein Wurm, der sich überall durchwindet. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Dr. Jarolim: Durch und durch verlogen!)

13.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Beantwortung der Anfrage hat sich der Herr Bundeskanzler zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Bundeskanzler. (Abg. Mag. Stadler: Herr Bundeskanzler, die Redezeit muss nicht ausgeschöpft werden!)

 


13.37.11

Bundeskanzler Werner Faymann: Verehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrter Herr Vizekanzler! Staatssekretäre! Hohes Haus! Verehrte Abgeordnete! Ich habe gerade ausführlich gehört, wie sich Herr Strache Sorgen um die SPÖ macht. Er soll sich lieber


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Sorgen machen um seine unappetitlichen Minarettspielchen und Cartoons, die er he­rausbringt. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.) Das stellt mehr Grund zur Sorge dar.

Sie haben zur eigentlichen Dringlichen Anfrage zur Verwaltungsreform relativ wenig ge­sagt. Daran sieht man, wie wichtig sie Ihnen ist – oder es war das schon alles.

Ich habe jedenfalls beachtlich gefunden, dass Sie gesagt haben, mehr als zehn Jahre alt sind die Vorschläge des Rechnungshofs und anderer im Bereich der Verwaltungs­reform. Nichts ist geschehen, haben Sie gesagt.

Um es kurz in Erinnerung zu rufen: 2000 bis 2007, Sie können sich erinnern, nichts ist geschehen. – Das ist Ihre eigene Abrechnung mit der Zeit, in der Sie Verantwortung innehatten. Aber daran wollen Sie ja nicht erinnert werden, und ich verstehe auch, wa­rum. Ich würde an Ihrer Stelle auch nicht an diese Zeit erinnert werden wollen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Ausgangslage ist klar: Wir sind das Land – und wir sind stolz darauf – in Europa mit der geringsten Arbeitslosigkeit und Jugendarbeitslosigkeit, und wir wissen, dass wir uns nicht ausruhen können, denn: Das, worauf wir so stolz sind – dass die Wirtschafts­prognosen, also die Prognosen betreffend das Wirtschaftswachstum, das von den Be­trieben und den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in unserem Land erbracht und erreicht wird, jetzt zum zweiten Mal hinauf revidiert wurden –, braucht politische Rah­menbedingungen. Und um diese politischen Rahmenbedingungen der Bildung, der For­schung, der Infrastruktur und vieler anderer Bereiche finanzieren zu können, braucht es ein Budget, bei dem man den Euro eben zwei Mal umdreht, bevor man ihn ausgibt, oder die Frage stellt, ob man nicht öffentliche Leistungen günstiger, wirtschaftlicher er­bringen kann, um damit Spielräume zu gewinnen, Wachstum zu fördern, aber natürlich auch die sozialen Standards in unserem Land aufrechtzuerhalten – Standards, die von der Mindestsicherung, der Armutsbekämpfung bis hin zu den breiten Mittelschichten unseres Landes und bis hin zur Gesundheitsversorgung ihresgleichen suchen. Auch in vielen Ländern und bei vielen internationalen Konferenzen ist das ein Thema, dass in Österreich diese sozialen Standards, diese sozialen Netze stark ausgeprägt sind.

Daher braucht man die Verwaltungsreform. Sie ist kein Selbstzweck, um irgendjeman­dem irgendetwas zu beweisen, sondern sie ist dazu da, sparsam mit den Mitteln umzu­gehen, um effizienter zu sein bei jenen Aufgaben, die wir dringend benötigen.

Daher zu den Fragen 1 bis 4:

Viele der Vorschläge des Rechnungshofes betreffen auch die Länder. Die Auflistung von 315 Vorschlägen, auf die Sie sich beziehen, betrifft Bund und Länder. Wir haben natürlich auch gemeinsam die Aufgabe, die Vorschläge, die es für die Länder gibt, durchzudiskutieren, wohl wissend, dass die Kompetenzen in unserem Land einer föde­ralen Struktur entsprechen – die durchaus ihre Vorteile hat, aus der sich aber gerade natürlich auch bei Doppelgleisigkeiten und bei Kompetenzüberschneidungen ein be­sonderer Handlungsbedarf ergibt.

Daher gibt es auch mit den Bundesländern und den Vertretern der Landeshauptleute­konferenz Gespräche, um in all diesen Bereichen Doppelgleisigkeiten zu überprüfen, weil eben viele dieser Vorschläge nicht allein mit den Möglichkeiten der Bundeskompe­tenz umsetzbar sind. Sie wissen, dass diese Gespräche zwischen Bund und Ländern Gespräche sind, wo jeder seinen Standpunkt einbringt, wo es aber um sehr wichtige Fragen der Bildung, der Forschung, viele Fragen der Pflege, der Gesundheitsversor­gung, der Finanzierung der Gemeinden geht, wo wir gut daran tun, viele dieser Rech­nungshofvorschläge aufzugreifen, nämlich all jene, die mit diesem Themenbereich zu tun haben.


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Auf Basis des Ministerratsvortrags vor Kurzem wurden in einem Bereich, der nur den Bund betrifft, 30 Einzelprojekte mit einem Einsparungsvolumen von 100 bis 150 Millio­nen € beschlossen. Ich weiß schon, das ist nicht so spektakulär, wie wenn jemand sagt: 3 Milliarden € im Gesundheitsbereich!, wissend, dass es aber auch da um mehr Effizienz geht und nicht wirklich darum, 3 Milliarden € irgendwo mit einem Griff wegzunehmen und in die Bundeskasse zu legen, sondern dass auch diese Vorschläge, wenn man sie genau liest und nicht nur die Überschriften der Rechnungshofberichte addiert, viel mehr an Differenziertheit einbringen, als das in diesen Diskussionen üblicherweise dargestellt wird.

Unternehmen wurden 2010 um 500 Millionen € entlastet. Das waren Maßnahmen im Wirtschaftsministerium in Zusammenarbeit mit dem Arbeitsministerium. Auch in allen anderen: 180 Maßnahmen zur Entbürokratisierung von Steuererklärungen, Anmeldun­gen, Umweltauflagen et cetera, die vorbereitet und wovon große Teile auch schon durch­geführt wurden.

Die Krankenkassensanierung, das durfte ich letztens schon berichten, hat einen Kos­tendämpfungspfad für 2010 von 200 Millionen € vorgesehen und mehr als 300 Millio­nen € erreicht. Bis 2013: 1,7 Milliarden € Kostendämpfung. Das ist nicht irgendetwas, denn Kostendämpfung heißt ja nicht, dass man Notwendiges wegstreicht, sondern dass man das Notwendige mit geringerem Aufwand erreicht in einem Bereich, in dem wahrlich die Kosten steigen, weil der Fortschritt – Forschung, Entwicklung im Pharma­bereich – vieles an zusätzlichen Möglichkeiten, aber eben auch an zusätzlichen Kosten verursacht.

E-Government erfolgreich umgesetzt: Auch hier sehen Sie, dass es noch viel an Mög­lichkeiten, gerade im Bereich der EDV des Bundes, gibt, etwa das Zusammenziehen verschiedenster Einrichtungen, die durchaus mit einer gemeinsamen EDV das Auslan­gen finden können. Das klingt nicht so wahnsinnig spektakulär, ist aber, rechnet man die Effizienzleistung und die Kostenersparnis genau durch, oft unter dem Strich eine höhere wirtschaftliche Leistung als jene, die in so manch bunter Überschrift angespro­chen wird.

Die Deregulierung im Bereich der Gesetze generell: Hier haben die Bundesländer eine Initiative gestartet, uns Vorschläge übersandt. Wir haben die Vorschläge, die der Rech­nungshof, die Länder oder überschneidende Materien betreffend, gemacht hat, an die Vertreter der Bundesländer gesandt, und wir gehen nun Punkt für Punkt, Bereich für Bereich durch, um festzustellen: Wo kann man – ohne Aufgabe der Qualität – Deregu­lierungen herbeiführen?

„Ohne Aufgabe der Qualität“ ist deshalb wichtig erwähnt zu werden, weil es natürlich im Umweltbereich, wenn Umweltstandards nicht zu verbessern wären, sondern wegfal­len würden – sie fallen aber nicht weg –, leicht wäre, die eine oder andere Umweltver­träglichkeitsprüfung oder das eine oder andere Verfahren wegzustreichen. Es geht aber darum, bei Aufrechterhaltung, ja sogar bei Verbesserung der Qualität jene Verfah­ren kürzer, straffer, besser zu gestalten, damit sie weniger Personalaufwand erfordern oder es für den Kunden, für den Staatsbürger, für den Betrieb, wer immer etwas von der öffentlichen Verwaltung braucht, möglich wird, mit geringeren Mitteln auszukommen.

Die Fragen 5 bis 7 betreffen das Pensionsrecht der Länder. Sie wissen, das unterliegt nicht der Vollziehung des Bundes. Hier gibt es noch einiges an Unterschieden zwischen den Ländern. Sie könnten da Ihre Parteifreunde in Kärnten befragen. Auch die sind da­von betroffen.

Die Generaldirektoren der ÖBB und des ORF haben sehr deutlich ihre Reformschritte klargemacht. Auch jene Mittel, die wir gemeinsam für den ORF beschlossen haben, sind gebunden an konkrete Leistungen, die das Management gemeinsam mit dem Aufsichts­


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rat/Stiftungsrat nicht nur zu erarbeiten hat, sondern es sind auch die festgelegten Vor­gaben durchzuführen.

Dasselbe gilt für die Verantwortlichen der ÖBB, und ich glaube, es ist nicht die Aufgabe von parlamentarischen Ausschüssen, das Management der ÖBB zu beraten, sondern es ist unsere Aufgabe, Vorgaben zu machen, wie wir die Verkehrsleistung in unserem Lande gestaltet haben wollen, wie wir die Preisgestaltung der Schiene in unserem Land haben wollen, welche Leistungen wir durch Investitionen erbringen wollen, um mög­lichst viel von der Straße auf die Schiene zu verlagern.

Wir überprüfen sehr genau, ob Rechnungshofberichte und deren Anregungen einge­halten werden, aber die Arbeit von Management und Aufsichtsrat geschieht vor Ort, und es ist gut, wenn man das nicht stündlich verpolitisiert. Es ist besser, wenn die poli­tischen Rahmenbedingungen klar sind, damit die, die dort ihren Aufgabenbereich ha­ben, auch in Ruhe arbeiten können – was sie auch tun. Und sie haben viele Reform­schritte und viele Änderungen vor, um diesen Aufgaben nachzukommen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Fragen 8 bis 10 betreffen das Arbeitspaket „Personal“. Es ist derzeit in Vorberei­tung, es ist aber festgelegt, bis 2014 im Bundesdienst rund 2 500 Vollzeitkräfte mit Kos­ten von rund 320 Millionen € einzusparen, vor allem durch Nichtnachbesetzungen im Falle von Pensionierungen. Ich weiß schon, dass in anderen Ländern da viel radikaler vorgegangen wird, zum Teil Leute gekündigt werden, dass auf der Grundlage von Ab­bauplänen abgebaut wird, auch junge Leute, querdurch. Es ist bei uns, weil wir gut ge­wirtschaftet haben und angesichts unserer Budgetdefizits, auch der veranschlagten – wenn wir diese im europäischen Vergleich sehen, können wir sagen, dass wir immer schon auf Budgetkonsolidierung Wert gelegt haben –, nicht notwendig, dass man radi­kale Maßnahmen setzt, durch die man Pensionen kürzt oder in anderen Bereichen ra­dikal kürzt oder radikale Einschnitte durch Kündigungen von Menschen im öffentlichen Dienst vornehmen muss.

Seien wir doch auch stolz darauf, dass wir aufgrund von vorausschauendem und gu­tem Wirtschaften das nicht notwendig haben! Wir müssen ja nicht unbedingt immer her­beireden, dass eine Reform dann besonders gut ist, wenn die Leute reihenweise ge­kündigt werden. Nein, es ist mit weniger Leuten dort auszukommen, wo es möglich ist. Durch bessere Organisation, durch effizientere Verwaltung können wir durch Nichtnach­besetzungen bei Pensionierungen das Auslangen finden.

Wir haben sogar bis 2013 bei Polizisten eine zusätzliche Aufstockung beschlossen. Wir haben bei Justizbediensteten, die direkt in der Korruptionsbekämpfung tätig sind (Zwi­schenruf des Abg. Neubauer) – weil das ein Wert ist, der natürlich auch von den Rah­menbedingungen her mit den dementsprechenden (Abg. Kickl: SOKO SPÖ!) perso­nellen Ressourcen zu unterstützen ist –, ... – Für welche meinen Sie jetzt, „in Ihrer letz­ten Regierung brauchen wir das besonders“? (Abg. Kickl: SOKO SPÖ Wien!) Ich habe Ihren Zwischenruf nicht richtig verstanden.

Damit also in der Korruptionsbekämpfung die Leute zur Verfügung stehen, wenn Auf­klärung notwendig ist – nämlich sowohl für jene, die unschuldig in so etwas hineingera­ten, damit sie rascher auch in der öffentlichen Diskussion da herauskommen, als auch für jene, die schuldig sind, damit sie zur Verantwortung gezogen werden, ohne irgend­einen Prominenten- oder sonstigen Faktor –, sind auch diese Rahmenbedingungen und diese Aufstockungen von uns beschlossen worden.

Zu den Fragen 11 bis 14:

Die Arbeiten im dafür eingesetzten Unterausschuss wurden mit einem Bericht abge­schlossen. Die Gespräche, die sich daraus ergeben, werden genau von uns in den nächsten Wochen geführt, und wir werden auch hier diesbezüglich immer Rede und Ant­wort stehen.


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Zur Frage 15:

Wir stehen zum Parlamentsbeschluss betreffend Abschaffung der Studiengebühren. Ich möchte auch daran erinnern, dass dieser damals sehr wohl beinhaltet hat, dass für die­ses und auch für das nächste Jahr und damit auch für das übernächste Jahr für die Refundierung der weggefallenen Studienbeiträge natürlich vom Finanzminister im dem­entsprechenden Budget vorgesorgt wurde. Das heißt, der Beschluss war ja ein Doppel­beschluss. Es ist ja nicht der Wegfall des Geldes – und sie sollen sozusagen schauen, wo sie bleiben –, sondern dieses Parlament hat sehr wohl und richtigerweise auch das  (Abg. Amon: Das Geld ist schon weggefallen!)

Nein, das Geld ist vom Bund gemeinsam für diesen Bereich aufgewendet worden. – Dass, wenn einer etwas nicht zahlt, das dann nicht mehr vorhanden ist, das kann ich, davon bin ich ausgegangen, voraussetzen. (Beifall bei der SPÖ.)

Dass von den zentralen finanziellen Mitteln Mittel in den wissenschaftlichen Bereich, in dem sie verwendet wurden, gegeben wurden, möchte ich bei dieser Gelegenheit in Er­innerung rufen.

Zu den Fragen 16 bis 18: Analyse zum Arbeits... (Abg. Dr. Graf: Bei 15 geht es nicht um Studiengebühren, sondern um den Zugang!) – Entschuldigung, die Antwort auf die Frage 15 kommt natürlich auch, aber ich wollte da ein paar Fragen zusammenfassen. Für Sie gehe ich ins Detail.

Zur Frage 15:

Die Abschaffung der Studiengebühren und der Parlamentsbeschluss, der in diesem Zu­sammenhang gefasst wurde (Abg. Dr. Graf: Uni-Zugang! Zugang!), sind der zentrale Punkt. Ich bin für einen Uni-Zugang, der nicht durch Knock-out-Prüfungen gestaltet wird. Für den Bereich der Eingangsphasen gibt es zwischen der Ressortministerin und der Unterrichtsministerin Gespräche, wie diese Eingangsphasen zu gestalten sind, denn wir können auch nicht versprechen, dass für jeden ausreichend Studienplätze zur Verfü­gung stehen, ohne dass irgendwelche Regeln gelten.

Wir wollen mehr Studienplätze. Wir wollen die Studiengebühren nicht wieder einfüh­ren, aber wir brauchen Zugangsregelungen, die nicht in Knock-out-Prüfungen münden.

Zu den Fragen 16 bis 18:

Die Analyse zum Arbeitspaket „Gesundheit und Pflege“ wurde im August von Experten vorgelegt, und am 22. Oktober werden bei der nächsten Sitzung der Konsolidierungs­arbeitsgruppe diese Themen der Reihe nach besprochen. In diesem Bereich wurde den Ländern und auch den entsprechenden Einrichtungen ein umfangreiches Röntgenbild gezeigt, das es Ihnen ermöglicht, sehr genau zu reflektieren, zu erkennen, welche Maßnahmen da erforderlich sind. Es würde aber, glaube ich, einer eigenen Dringlichen Anfrage oder einer eigenen Besprechung bedürfen, um diese im Detail durchzugehen. Ich kann Ihnen aber versichern, dass der Termin festgelegt und die entsprechenden Un­terlagen dazu erarbeitet wurden.

Zur Frage 19:

Die Arbeitsgruppe Konsolidierung hat die Kapitel „Pension“, „Bildung“, „Effizientes För­derungswesen“ und „Effizienz der Verwaltung“ behandelt, die Themen „Gesundheit und Pflege“ sowie „Aufgabenreform und Strukturbereinigung“. Ein Beispiel ist die Begutach­tung des Gesetzes über die Transparenzdatenbank, das soeben abgeschlossen wer­den konnte und das noch im Oktober, wenn die Begutachtung das ermöglicht, in den Ministerrat kommen soll. Das ist ein wesentlicher Punkt, denn die Stärke der Transpa­renzdatenbank, ich habe das hier schon einmal erwähnt, liegt darin, dass wir auch von den Ländern und Gemeinden die entsprechenden Daten erhalten, um sie gegenüber­


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zustellen, denn wie soll man Doppelgleisigkeiten feststellen, wenn man nur ein Gleis vor sich hat? Daher wird die Zielerreichung der Transparenzdatenbank letztendlich sehr stark von den Daten abhängen, die wir von den Ländern und Gemeinden zur Verfügung ge­stellt bekommen, nämlich spiegelgleich zu unseren Daten.

Diesbezüglich kann ich Ihnen also noch nichts versprechen, denn da gibt es andere Mit­wirkende, für die ich nicht zu befinden habe, entsprechend unserer Kompetenzauftei­lung zwischen Bund und Ländern. Aber das politische Bestreben und auch die Erwar­tungshaltung sind klar, das Ziel ist klar gesetzt, nämlich die eine oder andere Doppel­gleisigkeit festzustellen.

Zur Frage 20:

Zweck der „Österreich-Gespräche“ ist, jene Materien, die insbesondere die Verfassungs­mehrheit betreffen, voranzutreiben. Ich möchte aber nicht verhehlen, dass ich davon überzeugt bin, dass es zwischen den Klubs und den Abgeordneten sehr viele Gesprä­che gibt und diese nicht immer auf ein Österreich-Gespräch warten (Abg. Scheibner: Da warten wir eh schon lange darauf!), sondern auch abseits davon in vielen anderen Verhandlungen und Diskussionen Abklärungen vornehmen.

Ich werde zu diesen Österreich-Gesprächen wieder einladen – unter Berücksichtigung des Terminkalenders der Verantwortlichen –, weil ich davon überzeugt bin, dass wir das, was Sie gesagt haben, nämlich dass es gut begonnen hat, gemeinsam fortsetzen soll­ten. Ich bin überzeugt davon, dass – so wie beim Bankenpaket, bei dem wir einen ein­stimmigen Beschluss zustande gebracht haben – das Erreichen einer breiten Mehrheit in jedem Punkt, der uns weiterbringt, zu unterstützen ist. Gemeinsame Gespräche und eine offene Gestaltung der Diskussion sollen ermöglicht werden. Wenn das eine oder andere auch von mir nachzubessern ist, mehr Termine vorzusehen sind, dann sehe ich das auch als verbesserungsfähig an und werde mich auch danach richten.

Zu den Fragen 21 und 25:

Die Bundesregierung hatte bereits mehrfach Gelegenheit, vor dem Nationalrat ihre Grün­de dafür darzulegen, dass die Vorlage des Budgetentwurfs für das nächste Jahr mit 1. Dezember geplant ist. Die Wirtschaftsforscher haben mittlerweile tatsächlich neuere und bessere Prognosen für das heurige und das nächste Jahr errechnet. Jene, die ge­sagt haben, wir wüssten ohnehin schon alles und täten nur so, haben nun auch gese­hen, dass es tatsächlich Veränderungen gibt.

Politisch gut – das hat die Opposition natürlich nicht erwähnt, daher erwähne ich es –: Es handelt sich um bessere Prognosen. (Abg. Strache: Kurz vor der Wahl, welch ein Zufall!) Das hat auch etwas mit besseren Rahmenbedingungen zu tun. (Abg. Strache: Reiner Zufall! Wer glaubt, wird selig!) Das hat natürlich nicht nur mit Österreich, son­dern auch mit einer gemeinsamen Kraftanstrengung etwa mit unserem deutschen Nach­barn, mit Außenhandelsbeziehungen insgesamt, mit Export zu tun. Ich bin jetzt weit ent­fernt davon, Ihnen zu sagen, das gehe alles nur auf unsere Konjunkturprogramme zu­rück, aber auch wir haben mit den Konjunkturprogrammen, mit den Maßnahmen und als Teil dieser gemeinsamen Vorgangsweise in Europa unsere Aufgaben richtig ge­macht. Andernfalls hätten wir nicht diese Verbesserung und könnten wir diese besse­ren Daten nicht in die Gestaltung unserer Budgets einbeziehen.

Der Vizekanzler und Finanzminister hat bekannt gegeben, dass er am 20. Oktober vor diesem Haus eine Erklärung abgeben und im Rahmen dieser Erklärung den Stand der Diskussion und die entsprechenden Informationen selbstverständlich offen ansprechen wird. Wir haben auch alles so vorbereitet, dass die budgetrelevanten Gesetze mit 1. Jän­ner 2010 in Kraft treten werden – es gab und gibt ja auch eine Diskussion darüber, dass diese Gesetze etwas später in Kraft treten werden –, dass es zu keiner Verzöge­


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rung kommen wird. All diese budgetrelevanten Gesetze werden jedenfalls mit 1. Jän­ner 2010 in Kraft treten. (Ruf bei den Grünen: 1.1.2010? – Abg. Dr. Graf: Das ist ja schon vorbei!)

Es mag bei dem einen oder anderen eine Übergangsbestimmung notwendig sein, das wird man sehen, das hängt aber nicht mit dem Inkrafttreten mit 1. Jänner 2011 zusam­men. Es wird sich also zeigen, dass der Punkt, ob die Budgetrede ein paar Wochen früher oder später stattfindet, für die wesentlichen Fragen, dafür, dass die Gesetze mit 1. Jän­ner 2011 in Kraft treten können, keine Relevanz hat.

Der Bundespräsident hat übrigens ebenfalls – so wie namhafte Verfassungsrechtler – festgestellt, dass mit einem Bericht über diesen Verhandlungsstand, wie er es nennt – ich darf das zitieren –, „eindeutiges und ernsthaftes Bemühen“ seitens der Regierung gezeigt werde. Ich bin überzeugt davon, dass wir ein „eindeutiges und ernsthaftes Be­mühen“ unter Beweis stellen können.

Die Frage 22 ist leicht zu beantworten, nämlich mit Nein.

Die Frage 23, sie betrifft die Angelobung auf die Verfassung, ist – umgekehrt – mit Ja zu beantworten.

Zur Frage 24:

Nicht nur die große Mehrheit, sondern die Gesamtheit der Steuerzahler hat ein Recht auf eine soziale, gerechte, zukunftsorientierte und vor allem den wirtschaftlichen Rah­menbedingungen Rechnung tragende Budgetplanung.

Zur Frage 26 – das habe ich zuerst schon vorweggenommen –:

Aus meiner Sicht sind keine negativen Auswirkungen durch diesen Prozess der Dis­kussion und diese Termingestaltung für die Wirtschaft, die Konsumenten oder die Steu­erzahler zu erwarten.

Zusammenfassend zu den Fragen 27, 28 und 29:

Es drohen aus meiner Sicht auch keine Strafen durch die EU. Wir haben mit der EU Defizitziele vereinbart. Diese werden jedenfalls erreicht.

Zur Frage 31:

Wir diskutieren intensiv über verschiedene Reformmodelle, die ich gerne noch ausführ­licher mit Ihnen diskutieren würde. Vielleicht bieten die Österreich-Gespräche Gelegen­heit, das tiefer gehend zu diskutieren. Das ist im Rahmen dieser Anfrage nicht in der not­wendigen Breite möglich, es wird aber Gelegenheit dafür geben. Dazu werde ich auch ein­laden.

Zu den Fragen 32 und 33:

Ziel ist es, dass auch die Länder ihren Konsolidierungsbeitrag leisten. Die Einzelheiten werden verhandelt. Was heißt das? – Es geht darum, dass sich die Länder verpflich­ten, im Rahmen der Gesamtkonsolidierung in ihren Länderbudgets diese Obergrenzen beziehungsweise diese Vorgaben ebenfalls einzuhalten. Das ist ein Diskussionspro­zess, den wir nicht verordnen können, sondern unser föderales System sieht vor, dass wir den gemeinsam erarbeiten. Wir werden eine Vereinbarung mit den Bundesländern nicht nur anstreben, sondern auch, davon bin ich überzeugt, vorlegen, die diesem ge­meinsamen Konsolidierungsbedarf entspricht.

Dasselbe gilt auch für Ausgabenobergrenzen der Ressorts, die seit dem Frühjahr be­kannt sind. Die Minister werden sich danach richten, und wir werden dem Hohen Haus entsprechend dem Budgetpfad – unter Berücksichtigung der Veränderungen, die wir bis dahin kennen – ein Budget 2011 und darüber hinaus Maßnahmen, die bis 2014 jetzt schon


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absehbar sind, vorlegen. Damit werden wir unter Beweis stellen, dass dieser Budget­pfad, den kaum ein anderes Land so detailliert beschließt wie wir, ernsthaft verfolgt wird und mit entsprechenden Maßnahmen vorhersehbar ist.

Man kann nicht alles bis 2014 vorhersehen, aber man kann die Glaubwürdigkeit durch­aus unter Beweis stellen, indem man sie von Maßnahmen ableitet, die wir vorhaben zu setzen.

Die Übergangsfristen habe ich schon angesprochen; diese werden wir berücksichtigen, wenn welche notwendig sind.

Zu den Fragen 30, 37 bis 51:

Diese Fragen sind Gegenstand der Budgetverhandlungen. Ich habe versprochen, dass wir all diese einnahmen- sowie ausgabenseitigen Maßnahmen zuerst unter dem Ge­sichtspunkt der Sozialverträglichkeit – das darf ich für die Sozialdemokratie sagen – prü­fen und dann als gemeinsame Regierung danach trachten werden, in gemeinsamen Verhandlungen zu einem gemeinsamen Ergebnis zu kommen. All jenen, die sagen, da werde ein großer Sozialabbau betrieben oder es werde ähnlich wie in anderen Län­dern die Kaufkraft zerstört – anderen Ländern bleibt oft gar nichts anderes übrig als massivste Einsparungen auch bei Kleinverdienern vorzunehmen –, sei versichert, dass wir sowohl auf die Kaufkraft, auf Investitionen große Rücksicht nehmen werden als auch auf Sozialverträglichkeit.

Deshalb stehe ich, wie ich schon öfters gesagt habe, bei einnahmenseitigen Maßnah­men weiterhin zu unseren Vorschlägen, die auch öffentlich auf dem Tisch liegen: von der Vermögenszuwachssteuer, der Vermögenssteuer, den Nachbesserungen, die aus Grün­den der sozialen Gerechtigkeit notwendig sind im Bereich der Gruppenbesteuerung, Stif­tungssteuer, Managergehälter bis zur Absetzbarkeit von hohen Gehältern in diesem Be­reich. Sie sind auch Teil unserer Verhandlungen. (Beifall bei der SPÖ.)

Dasselbe gilt natürlich auch für die Bankenabgabe. Diesbezüglich haben wir eine Ver­einbarung getroffen; die 500 Millionen € stelle ich nicht in Frage. Ich weiß, dass der ei­ne oder andere in diesem Haus auch von den Koalitionsparteien das nicht so sieht. Es ist trotzdem eine Vereinbarung, und wir haben uns verpflichtet, diese 500 Millionen Ban­kenabgabe im Budget vorzusehen. Ich finde es auch gut, dass die Bevölkerung sieht, dass es hier ganz klare Regeln gibt, dass, auch wenn wir das Wort „einnahmenseitig“ verwenden, das nicht in irgendwelchen Massensteuern, was uns da immer wieder un­terstellt wird, mit horrenden Mehrwertsteuern mündet, sondern dass bis jetzt eine kon­krete auf dem Tisch liegt, die sozial verträglich und gerechtfertigt ist, nämlich die Ban­kenabgabe. (Zwischenruf des Abg. Amon.)

Die Finanztransaktionssteuer ist etwas, das wir in Österreich zu unserem Leidwesen nicht alleine entscheiden können, außer wir würden uns zu einer Börsenumsatzsteuer durch­ringen. Aber eine europäische oder internationale Finanztransaktionssteuer verlangt die Zustimmung anderer Regierungschefs, zumindest in der Eurozone – ich wäre auch schon damit zufrieden, wenn das gelingen würde – oder auf der Ebene der Europäischen Union.

Ich war gestern bei einem Gipfel zwischen der Europäischen Union und Asien, gemein­sam mit Russland, Neuseeland und Australien, und ich kann sagen, dass es dort im­mer mehr gibt, die sich zu Wort melden und klare Regeln fordern, die in eine Richtung gehen wollen, die wir Finanztransaktionssteuer, also Beitrag zur Krisenbewältigung, nennen. Aber ich gestehe genauso offen, dass die Zahl jener, die gar nichts von Re­geln halten, und die Zahl jener, die nichts von gemeinsamer Finanztransaktionssteuer und ähnlichen Beiträgen halten, sowohl in Europa als auch auf internationaler Ebene sehr groß ist und dass die Lobbys, die in diesem Bereich tätig sind, uns darin bestärken, dass auch wir – und ich bin stolz darauf, in einem Land Verantwortung zu tragen, in dem es


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einen einstimmigen Parlamentsbeschluss gibt – entsprechend hartnäckig, geradlinig und kämpferisch unsere Finanztransaktionssteuer vertreten. (Anhaltender Beifall bei der SPÖ und Beifall bei der ÖVP.)

14.04


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner/keine Rednerin länger als 10 Minuten sprechen darf. Jedem Klub kommt eine Gesamtredezeit von 25 Minuten zu.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Kickl. Ich stelle die Uhr auf gewünschte 9 Mi­nuten. – Bitte.

 


14.04.50

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Liebe Zuseher an den Fernsehschirmen! Der jetzt inszenierte Ap­plaus der SPÖ-Fraktion ist offensichtlich das erste konkrete Ergebnis der Nordkorea-Reise des Genossen Wittmann in den vergangenen Wochen. (Beifall bei der FPÖ.) Dort ist es üblich, dass man in einer solchen Art und Weise auf emotionslose Reden des Par­teivorsitzenden reagiert. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, niemand von uns hat ja bestritten – auch in der Vergangen­heit hat das niemand bestritten –, dass viel geredet wird, dass es viele Diskussionen gibt, dass es viel Geschwätz, möchte ich fast sagen, rund um den Themenbereich der Ver­waltungsreform gibt. Ihr Auftritt war ja eine Bestätigung dieser These. Jawohl, das alles ist vorhanden.

Das, was wir in diesem Zusammenhang bestritten haben, ist, dass unter dem Strich et­was herauskommt. Und das haben Sie auch in einer sehr exzessiven Auslegung Ihres Zeitmanagements nicht widerlegen können, meine Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie hätten auch am Beginn Ihrer Rede nicht unbedingt darauf eingehen müssen, dass Sie sozusagen zu denjenigen gehören, die die Gefahr des Islamismus bagatellisieren und vor Bedrohungen, die die Bevölkerung als solche empfindet und spürt, am liebsten den Kopf in den Sand stecken. Auch das haben wir gewusst. Das zeigen uns ja die Ge­nossen Tag für Tag. Ich verweise auf Deutschland, auf die dort geführte Debatte, auf Herrn Sarrazin, wo ja die eigene Partei nichts Besseres zu tun hat, als sich mit einem Parteiausschlussverfahren zu beschäftigen, anstatt endlich einmal umzudenken und das zu tun, was die Bevölkerung von ihr verlangt, nämlich Fehlentwicklungen gegenzu­steuern, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich bin bei der Verwaltungsreform angekommen. Mich hat es ja heute regelrecht ge­wundert, dass Sie dieses Mal nicht die Beamten missbraucht haben, wie Sie es bei ei­ner derartigen Gelegenheit sonst immer tun, weil Sie nämlich die Beamten immer ger­ne dafür benutzen, Ihre Unfähigkeit und Ihre Reformverweigerung irgendwie elegant zu tarnen und zu verschleiern.

Wenn Sie das gemacht hätten, hätte ich Ihnen heute gesagt, dass Sie und Herr Häupl so ziemlich die Letzten sind, die für sich das Recht in Anspruch nehmen können, sich als Schutzpatron der Beamten, der Vertragsbediensteten und der Magistratsbedienste­ten aufzuspielen. (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.)

Das ist nämlich genau der Punkt: Sie missbrauchen diese Leute, weil niemand und schon gar nicht die Freiheitliche Partei in irgendeiner Form den Fleiß und die Leistun­gen dieser Beamten bei der Erbringung der tatsächlich notwendigen Leistungen, bei der Erfüllung dessen, was die Menschen brauchen, in Frage stellt. Das wird von nieman­dem bestritten, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)


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Sie und Ihre Gewerkschafter sollten sich um die Probleme auf dem Arbeitsmarkt küm­mern und versuchen zu verhindern, dass eine Lawine von Arbeitslosen am 1. Mai des kommenden Jahres über unsere Grenzen hereinbricht. Damit sollten Sie sich beschäf­tigen. Aber die Gewerkschaft hat nichts anderes zu tun, als im Wiener Wahlkampf sei­tenweise Briefe mit Unwahrheiten zu verbreiten und den Menschen in den Magistraten, im Rathaus vor einer Bedrohung Angst zu machen, die es nicht gibt.

Die einzige Bedrohung für die kleinen und mittleren Beamten und für die Magistratsbe­diensteten in Wien sitzt hinter mir und sitzt im Wiener Rathaus ganz oben, nämlich in Gestalt des Wiener Bürgermeisters, meine Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie werden nämlich niemandem erklären können, dass es zur Erfüllung der notwendi­gen Aufgaben, die kein Mensch bestreitet, notwendig ist, ein Zwei- oder Dreiklassen­system zum Beispiel im Wiener Rathaus einzuführen, wo man dann oben die großkop­ferten roten Beamten hat, die zwar alle Privilegien, aber dafür keine Arbeit haben, und unten die Masse der mittleren und kleinen Beamten und der Magistratsbediensteten, die die ganze Arbeit, aber keine Privilegien haben, ungeschützt sind und sich von de­nen dort oben knechten lassen müssen. (Beifall bei der FPÖ.) Das ist das Zweiklas­sensystem, das Sie im Wiener Rathaus eingeführt haben!

Insofern sage ich Ihnen auch, dass ich Verwaltungsreform in diesem Zusammenhang auch so verstehe, dass man denen dort oben auch den Privilegiengaraus macht, dass man einmal ihre Pfründe beseitigt – das ist sehr, sehr notwendig –, was eine Befreiung der mittleren, der kleinen Beamten und der Magistratsbediensteten zur Folge hat. Die Energie dieser Menschen werden wir nämlich brauchen, um mit jenen Missständen aufzuräumen, die Sie in den letzten Jahren und Jahrzehnten in Wien angerichtet ha­ben, meine Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

In Sachen Verwaltungsreform und Bürokratieabbau gilt für Sie, Herr Bundeskanzler, das Gleiche, was man Ihnen im Zusammenhang mit dem Begriff der Gerechtigkeit, den Sie ja Tag für Tag aufs Neue missbrauchen, vorwerfen muss: Diesen Begriff der Ge­rechtigkeit missbrauchen Sie, verbiegen Sie, verunglimpfen Sie, weil Sie sozusagen nichts anderes machen, als ihn als Tarnung und als Mogelpackung für etwas zu verwenden, was in Wirklichkeit nichts anderes ist als ein Anschlag auf den Mittelstand. Bei der Um­setzung der Frage der Gerechtigkeit, von der Sie so gerne reden und für die Sie so we­nig tun, sind Sie auf dem gleichen Holzweg unterwegs wie in der Frage der Verwal­tungsreform. Sie sind sozusagen ein Ankündigungsriese und ein Umsetzungszwergerl, denn wenn Sie auch nur einen Bruchteil dessen, was Sie allein als Regierungschef – ich spreche gar nicht von Ihren Vorgängern – zum Beispiel im Rahmen der „Österreich-Gespräche“ angekündigt haben, umgesetzt hätten, dann wären wir alle in Österreich wahrscheinlich schon Zeugen der größten Verwaltungsreform und des größten Büro­kratie- und Pfründeabbaues, den diese Zweite Republik jemals gesehen hat, geworden. (Beifall bei der FPÖ.)

Ein Bruchteil von dem, was Sie angekündigt haben, meine Damen und Herren, hätte genügt, und wir hätten, wenn Sie das in Angriff genommen und nicht so lange geredet hätten (Zwischenruf der Abg. Mag. Muttonen), wie Sie es heute auch wieder getan haben und wohlweislich dafür sorgen, dass ja nichts herauskommt, uns sehr, sehr viel Geld sparen können – Geld, das nicht irgendjemandem, nämlich denjenigen, die es brauchen, hätte weggenommen werden müssen, sondern Geld, das man dort lukriert hätte, wo nur Privilegien, Pfründe und Posten verteidigt werden, die Ihnen und Ihnen nutzen, die Rot und Schwarz nutzen und sonst niemandem in dieser Republik. Das stellen wir uns unter einer Verwaltungsreform vor. Dort gehört hineingefahren, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich darf Sie nur daran erinnern, dass Sie es gewesen sind, von dem wir am 29.6.2009 – inzwischen haben wir den 5.10.2010; für die Genossen: es sind noch exakt sechs Ta­


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ge, bis die rote Mehrheit, die Absolute in Wien der Vergangenheit angehört (Beifall bei der FPÖ – ironische Heiterkeit bei der SPÖ) – Folgendes gehört haben. Und jetzt zitie­re ich Sie:

Die Diskussion zur Schulreform wird im heurigen Jahr – wir reden von 2009! – voll ge­führt. Ich hoffe – so wie in der Gesundheitsreform – auf schrittweise Beschlüsse. Bei der Gesundheitsreform werden die ersten Beschlüsse der Einsparungen im Herbst statt­finden. Bei der Schulreform werden die ersten Schritte Ende dieses Jahres gesetzt.

Das war im Jahr 2009 – inzwischen ist fast ein Jahr ins Land gegangen. (Zwischenruf des Abg. Krainer.) Das, was wir erlebt haben an Reformen, ist sozusagen ein Voraus­blick auf Grauslichkeiten, die kommen. Herr Finanzstaatssekretär Schieder hat sich ja schon verselbständigt mit seiner grandiosen Idee, alle Spitäler unter 300 Betten zuzu­sperren, das heißt, die gut funktionierenden Schwerpunktspitäler zu schließen. Dafür knallen wir ein neues AKH, mitsamt den dazugehörigen Skandalen – das heißt dann in Wien in der neuen Variante „Krankenhaus Nord“ –, in die Pampas hin, wo es keine Ver­kehrsanbindung oder sonst irgendetwas gibt. (Zwischenruf des Abg. Mag. Gaßner.) Das ist Ihre Vorstellung im Bereich der Gesundheitspolitik. (Zwischenruf des Abg. Riepl.) Das ist nicht das, mit dem man dieses Land weiterbringt!

Wenn man irgendetwas von der Bildung in diesem Land hört, dann reden wir von einer Dauerbaustelle. Wurscht, wo Sie hinschauen, vom Volksschulbereich bis zum Universi­tätsbereich: frustrierte Lehrende, frustrierte Schüler, Frustration allerorts – das ist doch das Ergebnis!

Sie haben gesagt, Sie werden erste Schritte umsetzen. – Es ist überhaupt nichts ge­schehen, meine Damen und Herren! Ich glaube, dass es wahrscheinlich mehr Substanz hat, einer Wahrsagerin im Wiener Prater für den Blick in die Kristallkugel 5 € in die Hand zu geben und diese Ergebnisse herzunehmen, als das beim Wort zu nehmen, was Sie uns in Sachen Verwaltungsreform in der Vergangenheit angekündigt haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Was soll denn schon herauskommen, meine Damen und Herren, bei einer solchen Re­form, wenn Sie Bürokratieabbau damit beginnen, dass Sie eine neue Bürokratie auf­bauen?! – Es ist ein kleines Beispiel, aber es zeigt, wie es funktioniert: Sie setzen zur Reform der Bürokratie, zum Abbau, zur Verschlankung der Bürokratie einen neuen Un­terausschuss ein und blähen die bürokratische Apparatur weiter auf. Dann sind Sie wahrscheinlich draufgekommen, dass das alles nicht ganz zusammenpasst, und dann haben Sie diesem neuen Unterausschuss die Arbeit verboten. – Das ist die Art und Weise, wie die Genossen an die Frage des Bürokratieabbaus herangehen. (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.)

Das ist keine Karikatur, sondern das ist die Wirklichkeit, wie Sie das machen, und da wä­re es gescheiter, beim Ausrufen einer groß angekündigten Verwaltungsreform an alle Beteiligten gleich die Ärmelschoner auszuteilen. Das wäre sinnbildlich für das gewe­sen, was Sie getan – oder eigentlich, um es genauer zu formulieren, was Sie unterlas­sen – haben.

Meine Damen und Herren! Eine Überlegung noch: Es ist geradezu paradox, wenn für den Erhalt einer Struktur, einer Umverteilungsstruktur, einer Verteilungsmaschinerie, die in einer gewissen Weise eigentlich sinnlos geworden ist – die niemand braucht, au­ßer Ihren roten und schwarzen Günstlingen, die dort eine Endlagerstätte gefunden ha­ben (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm) und von Ihren Landeshauptleuten fleißig dort „hineinversorgt“ werden –, Gelder verwendet werden und der Erhalt dieser Struktur Gelder in Anspruch nimmt, die eigentlich dann dort fehlen, wo sie von dieser Ma­schinerie wieder verteilt werden sollten. Das ist die Art und Weise, wie Sie das machen.

Stichwort Pflegebereich, Stichwort Pensionen, Stichwort 13. Familienbeihilfe: Dort fehlt das Geld, aber die Infrastruktur zur Verteilung, rot und schwarz durchgefärbt – je nach­


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dem, in welches Bundesland man schaut, einmal rot-schwarz-rot, einmal schwarz-rot-schwarz –, diese Struktur bleibt unangegriffen, meine Damen und Herren. Dabei hätten wir dieses Geld sehr notwendig, insbesondere für die Pensionisten. Und ich darf Ihnen nur ein Beispiel geben, was ich damit meine, wie falsch das System hier funktioniert und wie Sie den Begriff der Gerechtigkeit mit Füßen treten.

Wucherpreise in Wiener Altersheimen – dafür tragen Sie und Ihre Genossen die Ver­antwortung, meine Damen und Herren! Wenn man dort untergebracht ist, und ich rede jetzt von 9 300 Personen, die das betrifft, dann zahlt man Preise für eine Nacht wie in einem Luxushotel in Monte Carlo. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzei­chen.) Das heißt aber nicht, dass das ein All-inclusive-Service wäre, sondern dort müs­sen Sie extra zahlen für das Essen, dort müssen Sie extra zahlen für ...

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer (das Glockenzeichen gebend): Herr Abgeord­neter, Sie haben Ihre Redezeit bereits überschritten! Ich gebe Ihnen noch einen Schluss­satz.

 


Abgeordneter Herbert Kickl (fortsetzend): Sie geben mir einen Schlusssatz. – Ich bedanke mich, meine Damen und Herren! Die SPÖ hat den Begriff „sozial“ ruiniert, indem sie daraus „sozialistisch“ gemacht hat, sie hat den Begriff der Freundschaft ent­wertet, indem sie ihn zum Parteigruß gemacht hat, und sie entwertet ...

14.15


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, ich habe gesagt: ein Schluss­satz!

(Beifall bei der FPÖ für den das Rednerpult verlassenden Abg. Kickl.)

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Cap. Ich stelle die Uhr auf die ge­wünschte Redezeit von 9 Minuten. – Bitte.

 


14.15.43

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Frau Präsidentin! Mit dem Schlusssatz meines Vorredners ist das so ein Problem: Wenn es nicht wichtig ist, was man sagt, sondern Hauptsache, man sagt es schnell, dann findet man kein Ende – das war sowieso klar. Und so auch die Einleitung von Ihnen.

Ich möchte aber gleich zur Dringlichen der Freiheitlichen kommen. Ich habe mir das genau durchgelesen; Faktum ist Folgendes: Sie zitieren hier den Rechnungshof, Sie zi­tieren hier andere Quellen, dann stellen Sie Fragen, aber es ist kein einziger Punkt drin­nen, wo Sie einen Vorschlag machen! Es ist kein einziger Punkt drinnen, kein einziger Punkt! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neubauer: Wir sind ja nicht in der Regierung, das sind ja Sie! Lernen Sie einmal die Geschäftsordnung!)

Sie schwelgen nur in Begriffen wie „Straffung“, „Reform“, „Optimierung“, „Optimierung“, „Reform“, „Struktur“, „Reform“, „Reform“, „Reform“. – Wenn man übersetzt, was da drin­nen steht und wenn es rechtlich möglich wäre, heißt das Massenentlassungen im öf­fentlichen Dienst (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten der FPÖ und der SPÖ), heißt es, die Beamtinnen und Beamten dort mit Lohndruck zu „zwangeln“, heißt das in Wahrheit weniger öffentliche Dienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürger. Das ist Ihre Politik für die Menschen und für die Bürger?! – Na das kann man wohl nicht sa­gen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neubauer: Nehmen Sie einen, der Ihnen die Ge­schäftsordnung erklärt! Das ist ja peinlich!)

Seien Sie mir nicht böse – auch wenn Sie es nicht hören wollen –, aber als Blau in der Regierung war, hat das schlagartig 1 000 Polizisten weniger in Wien bedeutet, hat das weniger Deutschlehrer in den Schulen bedeutet, hat das übrigens eine dreimal so gro­ße Zuwanderung in Österreich – von 20 000 auf 60 000 – bedeutet, hat das Pensions­


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anpassungen unter der Inflationsrate bedeutet. Das war, als Sie an der Regierung wa­ren. Und sich heute herzustellen ... (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Das glaubt Ih­nen ja niemand mehr! Herr Cap, da sind Sie zu weit ...! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

So viele ausländische Saisonniers wie noch nie – 67 000 derzeit! –, Ansteigen der Kri­minalitätsrate, Sinken der Aufklärungsrate: Das war, als Blau in der Regierung war. (Abg. Strache: Das glaubt Ihnen ja niemand mehr!) Und dann stellen Sie sich her und halten uns Vorträge, wie man etwas besser macht?! – Das ist ja unfassbar, unfassbar! (Beifall bei der SPÖ.)

Aber ich nenne Ihnen jetzt ganz konkrete Beispiele für Verwaltungsreform. Wien hat der Polizei das Pass-, das Fund- und das Meldewesen abgenommen, damit mehr Poli­zisten auf der Straße sind. Bürgermeister Häupl hat 1 000 Polizisten mehr durchge­setzt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neubauer: Wo sind die? Wo sind die? – Ironische Heiterkeit bei der FPÖ.) – Na lachen Sie nicht! Lachen Sie nicht! (Abg. Neubauer: Sel­ten so gelacht!) Ihnen wird das Lachen noch vergehen, denn die Liste geht ja weiter.

Ihnen ist ja das nichts wert! Schauen Sie, wenn ich das zu Ende denke, was Sie hier sagen, dann bedeutet das nichts anderes, als dass wir dann weniger Krankenpfleger haben, dann heißt die FPÖ-Aktion wahrscheinlich: Pflege dich selbst! Das ist es. (Abg. Strache: ... im Ausbildungsbereich!) Wenn man ein Leck in der Wasserleitung hat, heißt es: Dichte es selbst! Dann weiß man wenigstens, welche Arbeitsaufgabe Herr Kickl als Dichter hätte. (Beifall und Heiterkeit bei der SPÖ.)

Oder wenn irgendwo ein kleiner Brand ausbricht, ist die FPÖ-Aktion: Lösch es selbst! – Nur beim Müll ist mir nichts eingefallen, aber das weiß vielleicht Klubobmann Strache, wenn dann nur jedes zweite Haus den Müll abtransportiert bekommt, und bei Ihnen bleibt er übrig; ich weiß es nicht! (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.)

Ich sage Ihnen jedenfalls, das ist keine Verwaltungsreformdebatte, wie man sie seriö­serweise heute hier führen kann, so wie Sie das hier versucht haben! Und auf Wien um­gelegt haben Sie sich wirklich bemüht, dem zu entsprechen. Sie wissen, dass in Wien der Personalaufwand von 2005 bis 2009 gesunken ist. Sie wissen, dass der Personal­stand gesunken ist. (Abg. Neubauer: Das Pensionsantrittsalter ist 57! 57! – Zwischen­ruf des Abg. Strache.) – Hören Sie andächtig zu! Sie hätten vor dem Wahlkampf an­dächtig zuhören sollen, als Sie Ihre komischen Plakate konzipiert haben! Damals hät­ten Sie mir zuhören sollen, dann hätte ich Ihnen nämlich erzählt, was in Wien alles an Leistungen vollbracht worden ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Und das Allerbeste ist, wenn Sie über die Pro-Kopf-Verschuldung in Wien sprechen. Wien hat die geringste Pro-Kopf-Verschuldung! Wien hat 800 000 Beschäftigte, Wien hat die Finanz- und Wirtschaftskrise und deren Auswirkungen am allergeringsten gespürt, in Wien arbeiten 200 000 Beschäftigte aus den umliegenden Bundesländern. – Ist das eigentlich nichts? (Abg. Strache: ... die höchste Arbeitslosigkeit im ...! ... der letzte Platz im ...! ... die Obdachlosen!)

Ich frage mich schön langsam, wie damals, als Sie beim „Kaiser“ im Fernsehen waren: Was wollen Sie eigentlich schlechter machen in Wien? Sagen Sie doch endlich die Lis­te: Was wollen Sie schlechter machen? (Beifall bei der SPÖ.) Das ist die entscheiden­de Frage. – (Abg. Strache: ... an die Obdachlosen! Das ist ja unglaublich!) – Ja, nicht unglaublich. (Abg. Strache: ... Obdachlosen, denen Sie ...!)

Und Ihre Plakate können Sie gleich wieder herunternehmen, denn Sie wissen Folgen­des: Bei der Neuzuwanderung gab es von 2004 bis 2009 ein Minus von 45 Prozent; Ein­bürgerungen: minus 83 Prozent; Zahl der Asylanträge: minus 35 Prozent. – Ihre künst­lichen Schreckensbilder funktionieren nicht! Ihre Plakatständer biegen sich schon, weil


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das alles nicht stimmt. Ich sehe nur mehr lauter schiefe Plakatständer von Ihnen (Zwi­schenrufe bei der FPÖ), weil sie das schon nicht mehr ertragen können, was Sie da pla­katieren. – Aber das ist jedenfalls die Wahrheit.

Es gibt eine Integrationsvereinbarung! Es gibt für Leute, die das erste Mal hier sind, die zum Beispiel nach Wien kommen, verpflichtend drei Stunden Deutsch. In Wien gibt es eine Zuwanderungskommission. (Zwischenrufe bei der FPÖ. – Die Abgeordneten Kickl und Neubauer halten Kopien von SPÖ-Plakaten in Fremdsprachen in die Höhe.) Schau­en Sie, Sie machen sich künstliche Wirklichkeiten und beginnen sich vor Ihren eigenen Wirklichkeiten sogar noch zu fürchten. Wenn Sie im Klub sitzen, zittern Sie dauernd, weil Sie schon solche Angst vor Ihrer eigenen Wirklichkeit haben. Das ist doch die Wahr­heit! So kann man doch nicht die Bürger und die Bürgerinnen informieren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: ... in Fremdsprachen inserieren! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ. – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: ... dem Redner zuhören!)

6 500 neue Kindergartenplätze! – Ist das auch Verwaltungsreform? Sollen wir weniger Kindergartenplätze haben? Wir haben zum Beispiel ein verpflichtendes Kindergarten­jahr durchgesetzt, damit es da Deutsch-Unterricht gibt. Es soll keinen Erstklassler in der Volksschule mehr geben, der nicht Deutsch kann. Sollen wir das einsparen? Sollen wir das einsparen? (Abg. Strache: Warum haben Sie in den letzten 16 Jahren ...? Wa­rum sind Sie in den letzten 16 Jahren untätig geblieben? – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Verwaltungsreform auf Blau heißt: weniger Deutschlehrer. Okay, ich neh­me das zur Kenntnis. Dann gibt es aber auch weniger, die Deutsch können. – Ja, stel­len Sie sich doch einmal! Verbreiten Sie doch nicht immer Dinge, die nicht stimmen!

Und jetzt sage ich Ihnen noch etwas: Jawohl, es gibt durchaus auch Probleme. Es gibt durchaus auch Dinge, die man verbessern muss. (Oh-Rufe bei der FPÖ.) – Ja, ja! Aber wir lösen sie, Sie nicht! Sie können das nämlich nicht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: 16 Jahre habt ihr die Probleme ...! 16 Jahre habt ihr den Menschen die Pro­bleme eingebrockt!)

Wissen Sie, ich kann Ihnen das ja erzählen: Wir alle sind momentan täglich im Ge­spräch mit den Bürgerinnen und Bürgern, vornehmlich in Wien (Zwischenrufe bei der FPÖ sowie der Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek), und wir hören hier vieles. Und es gibt viele, die Ihnen das einfach nicht mehr abnehmen, was Sie da erzählen – und mit Recht nicht, weil es mit der Wirklichkeit auch gar nicht übereinstimmt.

Aber etwas ist mir in dem Zusammenhang wichtig (Zwischenruf des Abg. Kickl), und ich habe das heute ein bisschen beobachtet bei der Sprache, die Sie verwendet haben: Sie wissen, ich gehöre zu denjenigen, die mit allen hier das Gespräch suchen, selbst­verständlich auch mit Ihnen, und ich gehörige zu denjenigen, die sagen, hier sitzen fünf demokratisch gewählte Parteien. Ich bekenne mich dazu, und ich möchte das auch in Zukunft so machen, und wir haben hier auch vieles gemeinsam gemacht. Aber ich fin­de, das Anti-Minarett-Spiel und das, was Sie im Comic machen mit dem „Wennst dem Mustafa ane aufbrennst, kriagst a Hasse spendiert!“, das ist würdelos. Ich finde, das ist nicht in Ordnung, so kann man in einer Wahlauseinandersetzung nicht umgehen. (Bei­fall bei der SPÖ und bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Und wenn das jemand sieht und übernimmt und wenn etwas passiert (Ruf bei der FPÖ: Reden Sie mit Ihren eigenen ...! – Abg. Strache: Reden Sie mit Ihren gewaltbereiten Jugendlichen!), dann soll man sich nicht hinstellen und sagen: Hallo, die Kriminalitäts­rate steigt, jetzt brauchen wir aber mehr Polizei! – Ich sage Ihnen: Das kann so nicht sein! (Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Nein, Sie sollen sich hier genauso auf dem Boden einer politischen Kultur, auf dem Bo­den eines demokratischen Grundkonsenses bewegen und nicht sagen: Ich erzähle lie­ber irgendetwas in der Gegend herum, egal, um welchen sozialen und demokratischen


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Preis. (Neuerliche Zwischenrufe bei der FPÖ. – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Ich kann nichts mehr hören! Ich kann nichts mehr hören!) Das ist nicht akzeptabel! So ist die Wahlkampagne aufgebaut, und ich finde, so kann man einen Wahlkampf nicht füh­ren. (Lang anhaltender Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

14.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Tamandl. Ich stelle die Uhr ... (Abg. Tamandl begibt sich zum Rednerpult und stellt dort eine Tafel auf mit der Aufschrift „Frischer Wind für Wien“. – Abg. Petzner: Das ist ja unglaublich! – Abg. Ing. Westenthaler: Ein Wahlplakat ist ...! – Allgemeine Un­ruhe im Saal. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Meine Damen und Herren, zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Tamandl. Ich stelle die Uhr auf 7 Minu­ten. – Bitte.

 


14.24.56

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Werte Regierungsmitglieder! Werte Kolleginnen und Kollegen! Vieles, was Herr Cap gesagt hat, kann ich nicht unterstreichen. Nur betreffend das, was er zum Schluss über das Comic und das Minarett-Spiel gesagt hat, ich glaube, da sind wir uns einig. Aber an­sonsten haben Sie heute schon ein bisschen überzogen, was die Lobhudelei für Wien betrifft. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir bekennen uns zur Verwaltungsreform, Herr Strache, aber es ist überhaupt keine Frage, dass der Bund alleine überhaupt keine Einsparungen machen kann, mit denen man wirklich viel zusammenbringt. Das heißt, die Länder und Gemeinden müssen mitspie­len, das ist ganz klar, und das soll auch so sein. (Abg. Strache: ... Häupl am Plakat!)

Nur leider Gottes ist es eben so, dass gerade Wien als Bundesland, als Stadt und als Gemeinde am allerwenigsten von Reformen wissen möchte, aber gerade was den Ver­waltungsbereich und dort vorhandene Einsparungspotenziale betrifft, will Wien über­haupt nichts wissen. (Abg. Ing. Westenthaler – in Richtung Präsidium –: Das ist ein Wahlplakat!) Doch Möglichkeiten gibt es genug, und die gehören ganz einfach einmal aufgezählt.

In Wien hält sich jeder Stadtrat eine Truppe ...

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete, ich werde von den Abgeord­neten darauf hingewiesen, dass Sie ein Wahlplakat am Rednerpult stehen haben. Da gilt für alle dasselbe: Kurz herzeigen und wieder einziehen sozusagen. Danke schön.

Bitte, Sie sind am Wort. (Abg. Ing. Westenthaler: ... einpacken!)

 


Abgeordnete Gabriele Tamandl (fortsetzend): Jeder Stadtrat hält sich in Wien eine Truppe. Es kann nicht so sein, dass beispielsweise ein Waste Watcher Verunreinigun­gen im öffentlichen Raum kontrollieren darf, aber zum Beispiel dann wieder für die Beißkorb- und Leinenpflicht oder diese unsinnige Hundeführerscheinpflicht oder das Hundstrümmerl selbst wieder die Polizei zuständig ist. Das kann nicht sein! Wir brau­chen ... (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Wovon reden Sie da, bitte? Wir reden über das Budget!) Verwaltung, Frau Kollegin, Verwaltungsreform! Wir reden über Verwal­tungsreform – hätten Sie sich die Dringliche durchgelesen!

Oder beispielsweise die Parksheriffs, die für unterschiedliche Aufgaben zuständig sind. Wir brauchen ... (Abg. Strache: Eine Hundstrümmerl-Polizei will die ÖVP!) – Nein, gar nicht! (Abg. Strache: Eine Hundstrümmerl-Polizei!) Wir wollen, dass Ruhe ist mit diesem Kapperl-Theater. Wir wollen alle in gleicher Uniform sehen! Wir wollen eine ge­meinsame Truppe, eine gemeinsame Stadtwache unter einem gemeinsamen Sicher­heitsstadtrat haben, so wie es auch Christine Marek fordert, und das ist notwendig und wichtig, damit nämlich unsere Polizei in Wien entlastet wird und wieder mehr Zeit für Kriminalitätsbekämpfung hat. (Beifall bei der ÖVP.)


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Das Zweite, wo man mit einer Verwaltungsreform in Wien auch Geld einsparen kann, sind beispielsweise die Wiener Gemeindespitäler. Ohne Kostenoptimierung liegen da wirklich Millionen brach! Beispielsweise sind die Ordensspitäler innerhalb der letzten fünf Jahre viel produktiver gewesen und haben ihre Hausaufgaben gemacht, was be­triebswirtschaftliche Belange et cetera betrifft. Auch hier gibt es überhaupt keinen Wil­len zur Verwaltungsreform.

Wir haben da wirklich einen budgetären Problemfall in Wien, der sich jetzt auch wieder in der Arbeitssituation der Hebammen im Wiener AKH gezeigt hat, wo selbst der Leiter der Frauenheilkunde und Geburtshilfe im Allgemeinen Krankenhaus die Verantwortung bei der Gemeinde Wien sieht. Die zuständige Stadträtin, der KAV – der Krankenan­staltenverbund –, niemand nimmt zu dieser Sache Stellung. Und auch betreffend die rote Gewerkschaft, die in den letzten Tagen Briefe verschickt, dass sie sich um die Be­diensteten kümmert, ist zu sagen (Abg. Lueger: Seit Jahren ...! – Zwischenruf der Abg. Dr. Oberhauser): Das ist überhaupt nicht der Fall, und hier muss ganz einfach etwas geschehen.

Es gibt eine IHS-Studie, die festgestellt hat, dass eine Kostenoptimierung gerade im KAV notwendig ist. 190 Millionen € könnten eingespart werden! Also, wenn wir von Verwaltungsreform sprechen, dann muss auch das mit berücksichtigt werden, denn ein Blick über die Grenzen nach Niederösterreich würde (neuerliche Zwischenrufe der Ab­geordneten Lueger und Dr. Oberhauser), was das betrifft, der Stadtregierung sehr viel beibringen, und daran könnte man sich wirklich ein Beispiel nehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber wie schon eingangs erwähnt, kann der Bund nicht alleine die Verantwortung über­nehmen, auch die Länder müssen mitziehen. Und wer sich immer das Gerechtigkeits­mäntelchen umhängt und über Gerechtigkeit spricht, der muss ganz einfach auch nach Wien schauen, was beispielsweise die nicht umgesetzte Pensionsreform der Landes­bediensteten betrifft.

Die Pensionsreform der Bundesbeamten wird bis jetzt nicht umgesetzt und verursacht jährlich 350 Millionen € Zusatzkosten. Und, meine sehr geehrten Damen und Herren an den Bildschirmen, was glauben Sie, was der Herr Bürgermeister dazu zu sagen hat? – Der Herr Bürgermeister sagt: Das, was die Regierung Schüssel beschlossen hat, das interessiert mich überhaupt nicht, und deshalb setze ich es nicht um. (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.) – Das ist ein Skandal und das darf nicht sein, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Und wenn in Wien die Frühpensionisten durchschnittlich mit 57,1 Jahren in Pension ge­hen – so wie es 2007 geschehen ist – und man im Bund durchschnittlich mit 60 Jahren in Pension geht, dann kann man sehr wohl von Ungerechtigkeit sprechen (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm), und hier muss ganz einfach endlich diese Pens­ionsreform umgesetzt werden.

Abschließend steht eines fest: Die SPÖ-Alleinregierung in Wien ist gescheitert! Es ist Zeit, dass endlich die SPÖ einen Regierungspartner bekommt, der die Verantwortung für diese Stadt übernimmt, und es ist Zeit, dass endlich frischer Wind ins Rathaus weht, nämlich mit der Christine Marek. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Stra­che: So frisch wie da im rot-schwarzen Proporz?)

14.30


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Dr. Van der Bellen. Ich stelle die Uhr auf 10 Minuten. – Bitte.

 


14.30.44

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Frau Präsidentin! Meine ge­schätzten Kolleginnen und Kollegen! Frau Tamandl! Es ist bekannt, dass in Wien Wahl­


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kampf ist, oder? Am Sonntag sind Wahlen. Eine Geschichte stößt mir ein bisschen auf, um nicht zu sagen, stößt mir sehr auf. Also wenn Wien sich jetzt an Niederösterreich ein Beispiel nehmen soll (Beifall und Bravoruf des Abg. Rädler sowie Beifall bei Abge­ordneten der ÖVP), dann muss ich sagen, das wünsche ich Wien nicht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Rädler: Sie! – Abg. Mag. Wurm: Ich auch nicht!)

Herr Kollege, führen Sie sich den Finanzschuldenbericht zu Gemüte! Der stammt nicht von uns, der stammt vom Staatsschuldenausschuss. Da gibt es sehr verdienstvolle Ta­bellen über die Finanzschuld der Länder. Wissen Sie, welches das am höchsten ver­schuldete Land ist, in Millionen Euro? Sie wollen es nicht wissen. Aber das ist mit Ab­stand Niederösterreich, Herr Kollege. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Und wenn Sie die Größe der Länder in Betracht ziehen, Wien, Niederösterreich, Kärn­ten im Speziellen, dann stellt sich heraus, dass das Land mit der höchsten Pro-Kopf-Verschuldung natürlich unser geliebtes Kärnten ist. Warum wohl? – Das ist die Hai­der’sche FPÖ-Politik und die Politik seither.

Am nächsten, nahe dran an Kärnten, das Land mit der zweithöchsten Pro-Kopf-Ver­schuldung ist Niederösterreich, Herr Kollege. Lesen Sie halt ein bisschen Daten und Statistiken, aber das interessiert Sie nicht. Das ist eben das Typische. Das interessiert einen typischen ÖVP-Landespolitiker nicht. (Beifall bei den Grünen.)

Was sind denn schon Zahlen? Zahlen muss es jemand anderer! Die Zahlen als solche, die Verschuldungsdaten interessieren den Kollegen einen – (Abg. Strache: Aufpas­sen!) Aufpassen, ja! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Rädler: Sie sind ein Populist!)

Aber Wien, Herr Kollege Cap, von wegen niedrigster Verschuldung – davon kann keine Rede sein. Wien hat die dritthöchste Verschuldung pro Kopf, diese liegt allerdings deut­lich unter jener von Niederösterreich und Kärnten, da haben Sie wieder recht. (Staats­sekretär Mag. Schieder: Nein, Länder und Gemeinden zusammen muss man rech­nen!) Sie können es auf die Länder beziehen oder auf die Gemeinden. (Staatssekretär Mag. Schieder: Auf alle zusammen muss man es beziehen!)

Herr Kollege Cap hat von der FPÖ eingefordert – das sind wir eh schon gewohnt, dass die Opposition immer die Vorschläge liefern soll, die die Regierung selber nicht macht – Vorschläge zur Verwaltungsreform. (Beifall des Abg. Ing. Hofer.)

Also, bitte schön, zur Bildung, zur Schulreform gibt es Vorschläge in großem Ausmaß: mehr Autonomie für die Schulen, sowohl was das Personal als auch die Stundeneintei­lung betrifft, mehr Sprachenausbildung, nicht nur in Wien, sondern generell, aber ganz besonders in Wien, mehr Lehrer und Lehrerinnen, die sonst nicht fertig werden mit ih­ren neuen Aufgaben. Die Infrastruktur der Schulen muss verbessert werden, sie sind nicht gerüstet für mehr Ganztagsschulen, sie sind nicht gerüstet, um den Schülern und Schülerinnen ein Mittagessen anbieten zu können. Ein Lehrer, eine Lehrerin hat einen Arbeitsplatz, der ungefähr so groß ist wie dieses DIN A4-Blatt, das ich hier vor mir habe.

Das steht sicher auch alles in dem Stapel an Vorschlägen der Arbeitsgruppe „Bildungs­reform“, dieser Arbeitsgruppe „Verwaltung neu“, nur gibt es keinen Ministerratsbeschluss und gar nichts. Es ist auch nicht richtig, was Herr Faymann gesagt hat, dass der Aus­schuss sich schon damit beschäftigt hat. Der Ausschuss hier im Parlament hat ja gar keine Gelegenheit, sich damit zu beschäftigen.

Was es aber gibt in diesem Zusammenhang, das sind Pröll und Häupl, vor allem Herr Landeshauptmann Pröll, flankiert von Bürgermeister Häupl und anderen Landeshaupt­leuten (Abg. Rädler: Mit dem Sie regieren wollen!), die die AHS-Lehrer, die alle ande­ren Lehrer außer den Pflichtschullehrern, die jetzt schon bei den Ländern ressortieren, auch noch übernehmen wollen.


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Herr Kollege Cap, und was sagen Sie dazu? (Abg. Dr. Cap: Nein! – Abg. Mag. Wurm: Nein sagen wir!) Was sagen Sie dazu, zu diesem Anschlag auf die Effizienz der Ver­waltung schlechthin?

Wenn es einen Punkt gibt, der über die Jahrzehnte in jedem OECD-Bericht, in jedem IMF-Bericht an Österreich kritisiert wird, dann ist das der, dass im Rahmen des Föde­ralismus die Ausgabenverantwortung und die Einnahmenverantwortung so auseinander­klaffen.

Ja, für die Länder ist das super, Herr Kollege von der ÖVP, das Geld auszugeben, das der Bund einnimmt. Und dieses System der Ineffizienz wollen die Länderverantwortli­chen, inklusive Erwin Pröll und Michael Häupl von Wien, auf die Länder übertragen. Das ist das Gegenteil von mehr Effizienz in der Verwaltung. Das ist geradezu die Am­putation des Bundes, und es ist die Ausnahme zum Prinzip erheben. Da hätte ich mir einen Aufschrei von Bundespolitikern erwartet, inklusive Herrn Faymann und Herrn Jo­sef Pröll. (Beifall bei den Grünen.)

In einem Punkt haben die Freiheitlichen schon recht: Es gibt bekanntlich elf Arbeits­pakete, und nicht eines ist inzwischen abgeschlossen, nicht ein einziges. Seit andert­halb Jahren wird daran gearbeitet, aber die Regierung tut halt nichts.

Das wäre für sich genommen noch nicht so schlimm, wenn es nicht so viele Bereiche gäbe, wo wir keine Zeit haben, wo wir einfach täglich Zeit verlieren. Das betrifft die Re­form der Kindergärten. Das betrifft die Reform der Schulen. Und das betrifft insbe­sondere die Universitäten und Forschung in diesem Land, natürlich auch den Beitrag, den die Länder und Gemeinden hier leisten können, einschließlich Wien.

Wenn ich das noch oft höre, diese Regierungsansagen zum 2-Prozent-Ziel! Kaum ein Mensch weiß, was das heißt. 2 Prozent des BIP sollen bis 2020 laut offiziellen Aussa­gen der Regierung erreicht werden. Das sind 2 Milliarden € mehr pro Jahr! Und was steht im Bundesfinanzrahmenplan? – Minus 100 Millionen bis 2014!

Das ist österreichische Forschungs- und Bildungspolitik! Hier verlieren wir Zeit. Hier ver­lieren wir eine ganze Generation, wenn das so weitergeht. Das ist ja Retropolitik pur. Dazu hätte ich mir etwas erwartet von Dr. Josef Cap.

Ministerin Schmied hat vorgestern oder gestern erst gesagt, Ziel muss sein, so wie es EU-Ziel ist: 40 Prozent Hochschulabsolventen in Österreich. – Ja, und? Wie kommen wir da hin? Hast du darüber ein Wort verloren, Josef Cap? Wir haben mehr Studenten, aber immer schlechtere Qualität an den Hochschulen. Das ist die Tatsache. (Beifall bei den Grünen.)

In diesem Zusammenhang, verehrte Kollegen und Kolleginnen von der FPÖ, Stichwort Zuwanderung. Wenn es einen Bereich gibt, der international sein muss, dann ist es die Forschung, die Wissenschaft an den Universitäten. (Abg. Dr. Graf: Das haben wir alles gemacht!) Moment! Es muss internationale Professoren, internationale Studierende, in­ternationale Forscher in Österreich geben. – Ja, und was ist die Realität in Österreich? Ein Ausländer, der hier seinen Abschluss macht, wenn er nicht zufällig EU-Bürger oder -Bür­gerin ist, bekommt keineswegs automatisch die Arbeitsbewilligung. (Abg. Großruck: Das wird geändert!)

Wollen Sie das, ja oder nein? – Ich bin dafür. Wir reden immer von der Zuwanderung Hochqualifizierter. Wenn sie in Österreich, vor Ort, ausgebildet werden, bekommen sie dann eine Arbeitsbewilligung? – Nein! Das ist doch widersinnig! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Kopf.)

Wir müssen auch dafür sorgen, dass die Familien von hochqualifizierten Forschern sich hier auch wohlfühlen. Das hat etwas mit der Schule zu tun, das hat mit der Arbeitsbe­willigung für die Partnerin oder den Partner etwas zu tun. Ohne das kommen wir nicht


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an die Weltspitze, Kollegen und Kolleginnen von der FPÖ, sondern wir versinken noch mehr, als es bisher schon der Fall ist, in der Provinz. Und das kann nicht unser Ziel sein.

Wenn Sie sich das letzte Uniranking anschauen, welche ist die beste deutschsprachige Universität? – Die ETH Zürich, die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich. Ja, die haben, welchen Indikator Sie immer hernehmen, ein Budget, das fünf bis acht Mal so hoch ist wie das einer beliebigen technischen Universität in Österreich. (Abg. Kopf: Aber nicht von der öffentlichen Hand!) So kann das nicht weitergehen.

Zur Verwaltungsreform vielleicht noch etwas, was merkwürdigerweise weder in der Ar­beitsgruppe „Verwaltung neu“ noch sonst eine Rolle spielt, was in Österreich geradezu ein Hort der Ineffizienz ist: das österreichische Bundesheer.

Wenn es etwas gibt, was Ineffizienz fördert, was Menschen Arbeitszeit und Lebenszeit stiehlt, ohne besonderen Sinn, heutzutage – heutzutage! –, dann ist es die allgemeine Wehrpflicht. Es ist ja spätestens seit der Bundesheerreformkommission unter Helmut Zilk klar, dass sich die Aufgaben des Bundesheeres gewandelt haben, deutlich gewan­delt haben und dass in diesem Zusammenhang die allgemeine Wehrpflicht keinen Zweck mehr erfüllt, ganz im Gegenteil, dass wir Berufssoldaten auf Zeit brauchen, Freiwillige auf Zeit.

In ganz Europa, wenn Sie sich die Entwicklung anschauen, geht der Trend weg von der allgemeinen Wehrpflicht hin zu einer Freiwilligenarmee, zu einem Freiwilligenheer. Nur in Österreich vorläufig noch nicht. Aber ich entnehme den Medien und gratuliere der SPÖ, dass auch plötzlich in ihren Reihen ein Umdenken stattfindet, inklusive des Verteidi­gungsministeriums, des Ministers, dass diese Art von Leerlauf und diese Art von kras­ser Ineffizienz in der öffentlichen Verwaltung vielleicht doch eines Tages einmal besei­tigt wird.

Ich habe gut in Erinnerung ein Seminar, ich sage jetzt nicht, wo und wann das war, um die Person nicht zu identifizieren, wo ein Brigadier, befragt, was er denn macht, sagte, er habe sich von der Truppe in das Ministerium versetzen lassen müssen, weil er in der Truppe nichts mehr zu tun hat, und im Ministerium könne er nun die Reisekostenab­rechnung machen. Ein Brigadier! Das ist die Realität im österreichischen Bundesheer, und dem hätten Sie sich schon seit Jahrzehnten widmen können, aber spätestens jetzt, da Sie von der SPÖ den Minister stellen, sollten Sie dies tun.

Meine Damen und Herren! Unabhängig von Tempo und Langsamkeit der Verwaltung: Die Zukunftsbereiche wie insbesondere den Bildungs- und den Forschungsbereich, vom Kindergarten über die Schulen bis zu den Universitäten, dürfen wir nicht vernach­lässigen! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.41


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Scheibner zu Wort. Ich stelle die Uhr auf 10 Minuten. – Bitte.

 


14.41.08

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Mei­ne Damen und Herren! Eine sehr interessante Debatte. Ein bisschen merkwürdig, es dürfte in einigen Tagen irgendein Ereignis passieren, ein anscheinend bundespolitisch sehr relevantes Thema, gewürzt ein bisschen mit dem Hundekotproblem in Wien. Also anscheinend  (Bundesministerin Dr. Fekter: Für das BZÖ auch?)

Natürlich für das BZÖ auch, Frau Innenministerin! Da geben Sie mir gleich ein Hölz­chen in die Hand, da kann ich Ihnen gleich etwas sagen, wenn wir hier schon über Wien reden. Das Hundekotproblem in Wien war Ihrer Abgeordneten ja so wichtig, dass sie in dieser bundespolitischen Budgetdebatte, Verwaltungsreformdebatte kein anderes Ar­gument mehr gebracht hat. Aber ich gebe Ihnen schon recht, und es ist symptomatisch


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für die ÖVP in Wien: Mit dieser bürgerlichen Partei wird man die absolute Mehrheit von Bürgermeister Häupl nicht brechen können. Das sehen wir schon ganz deutlich. Wenn man das will – und das zeigt auch die Wahlarithmetik –, dann muss man eine fünfte Partei in den Wiener Landtag wählen, nämlich das BZÖ mit Walter Sonnleitner. (Beifall beim BZÖ.)

Nur dann – Herr Kollege Van der Bellen, Sie wissen es – wird sich die Wahlarithmetik so ändern, dass nicht der Bürgermeister Häupl mit 45 Prozent die absolute Mehrheit an Stimmen hat, meine Damen und Herren.

Es ist ja interessant, wie jetzt alles schöngeredet wird. (Abg. Dr. Graf: Trittst du auch zurück, wenn du nicht in den Landtag kommst?) Der Abgeordnete Cap wirft zu Recht der FPÖ vor, dass sie in ihrer Dringlichen Anfrage keine Lösungsvorschläge für die Ver­waltungsreform hat, bringt aber selber überhaupt nichts, außer dass er, so wie der Herr Bundeskanzler auch, wieder das Schreckgespenst der Regierung zwischen 2000 und 2007 anspricht. (Abg. Mag. Wurm: Ja, das war ja eines! – Abg. Riepl: Das war ja ein Schreckgespenst!) – Ah, ja, es war ein Schreckgespenst; das lernt man anscheinend im Renner-Institut, mittels Autosuggestion, weil euch die Leute immer gesagt haben, was ihr für eine katastrophale Regierung habt und wie gut es früher war. – Aber Cap argu­mentiert dann genau mit den Erfolgen, die wir damals umgesetzt haben.

Wenn der Herr Kollege Cap sagt, um 83 Prozent seien die Staatsbürgerschaften zu­rückgegangen, dann stimmt es zwar, dass die FPÖ damals dagegen war, aber es war unser Gesetzesvorschlag, ein Gesetzesvorschlag des BZÖ, den wir gemeinsam mit der ÖVP eingebracht haben, der dazu geführt hat, dass die Staatsbürgerschaften nicht mehr nachgeworfen werden können. (Beifall beim BZÖ.)

Und, Herr Bundeskanzler, wenn Sie E-Government ansprechen: Ja, das ist aber auch nicht in Ihrer Regierungszeit geboren worden, denn da wird nichts mehr beschlossen (Abg. Mag. Wurm: Nein, die BUWOG ...! Die Bundeswohnungen haben Sie verscher­belt!), liebe Frau Kollegin, sondern es war eines unserer wichtigsten Konzepte, mit E-Gov­ernment wirklich einen Beitrag dazu zu leisten, dass man in der Verwaltung einsparen kann und dem Bürger direkter zu seinem Recht verhelfen kann. (Beifall beim BZÖ.) Das sind die interessanten Dinge, die wir hier entsprechend  (Weiterer Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.)

Wenn Sie die BUWOG ansprechen, dann reden Sie einmal mit Ihrem Koalitionspart­ner, denn das war ein Projekt des Koalitionspartners! (Zwischenruf bei der SPÖ.) Ja, das war damals ein ÖVP-Minister. Fragen Sie einmal nach! (Ruf bei der SPÖ: 2004!) Ja, 2004, wo war er da? Da war er Minister der Österreichischen Volkspartei. Aber ich will da jetzt keine BUWOG-Debatte führen. Nur, lernen Sie einmal im Renner-Institut ein bisschen Geschichte nach! Das hat ein großer Parteivorsitzender schon einmal ge­raten. Das gilt auch für Sie, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie! (Bei­fall beim BZÖ.)

Aber, Herr Bundeskanzler, ... (Weiterer Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.) – Schreien Sie doch nicht hier so herein! Ich weiß schon, Sie sind nervös, aber noch einmal: Es ist ja gut, wenn Sie die absolute Mehrheit in Wien verlieren, denn absolut regieren, das ist ganz schlecht, da kann man alles so schön zudecken. Wir wollen ein bisschen mehr Transparenz – auch wenn Sie das ablehnen!

Herr Bundeskanzler! Wenn Sie dann hier aus Angst vor dieser Landtagswahl und vor den Stimmenverlusten alles aufschieben, was wir seit Monaten verlangen, um wirklich Einsparungen zu erzielen ... (Ruf bei der FPÖ: Der ist schon weg, Herbert!) – Ah, der ist schon wieder weg. Aber sein Sprachrohr, der Herr Staatssekretär Ostermayer, wird es ihm hoffentlich ausrichten. Aber das ist auch ein bisschen symptomatisch: Da ein bisschen reden und dann gleich wieder nach Hause gehen. Das ist die Auffassung der Regierung gegenüber dem Parlament.


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Herr Staatssekretär Ostermayer! Meine Damen und Herren! Was hat Sie bis jetzt ge­hindert, wichtige, notwendige Reformen im Verwaltungsbereich durchzuführen? Wenn wir kritisieren – wir alle hier zu Recht! –, dass es einen Unterschied im öffentlichen Dienst zwischen Bundes- und Landesbeamten gibt, etwa bei den Pensionsprivilegien, kann der Bundeskanzler nichts anderes dazu sagen als das Argument: Das ist nicht Bun­deskompetenz, das ist Landeskompetenz! Sie wissen doch, das war einmal Bundes­kompetenz, ist aber durch ein Verfassungsgesetz in die Kompetenz der Länder überge­gangen!

Ja, meine Damen und Herren, wer ist denn der Verfassungsgesetzgeber? – Das sind wir hier! Und wenn sich die Länder nicht daran halten, den Privilegienabbau im öffentlichen Bereich anzugehen, dann machen wir ein Verfassungsgesetz, dass es wieder Bundes­kompetenz wird! (Beifall beim BZÖ.) Das werden Sie ja wohl noch wissen, dass das möglich ist.

Und wenn es darum geht, Verwaltung im Schulbereich einzusparen – na wer hindert Sie denn daran? Vielleicht Ihre Landeshäuptlinge, die sagen, das muss alles in der Länder­kompetenz sein?! (Ruf bei der FPÖ: Der Proporz!) Streichen wir doch eine Ebene – so wie es der Rechnungshof und Ihre eigene Unterrichtsministerin vorgeschlagen haben! Was hindert Sie daran, das umzusetzen? Wir würden das durchaus unterstützen.

Und was hindert Sie daran, etwa auch in der Politik einzusparen und zu sagen: Wir brau­chen nicht mehr diese großen Gesetzgebungskörper, wir brauchen nicht mehr die gro­ßen Landtage!? – Wir haben 100 Landtagsabgeordnete in Wien, über 1 000 Bezirksräte!

Wenn man dann sagt: Dann spart einmal im Nationalrat ein! – Ja, diskutieren wir darü­ber! Ich glaube, dass wir auch mit der Hälfte der Abgeordneten hier gute Politik ma­chen könnten. (Abg. Dr. Graf: Dann gibt es kein BZÖ mehr!)

Fangen Sie doch endlich an, auch mit dieser Diskussion, und schauen Sie nicht wie das Kaninchen auf die Schlange nur auf diesen 10. Oktober! Verweigern Sie nicht die Arbeit! Zu sehen ist nur, welche Aktivitäten manche Institutionen entwickeln. (Bundes­ministerin Dr. Fekter: Er schafft sich gerade ab!) – Nein, ich schaffe mich nicht ab, Frau Innenministerin! Wenn Sie davor Angst haben, wenn man Regierungen und Par­lamente in ihrem Ausmaß reduziert, dass Sie nicht mehr da sind, dann müssen Sie Ih­re Leistung überdenken, aber nicht die Größe der Vertretungskörper. Das ist, glaube ich, schon wichtig! (Beifall beim BZÖ.)

Aber eines ist ja interessant, auch in Ihrem Ressort und in anderen: dieses Mitteilungs­bedürfnis all dieser Institutionen. Seitenlange Inserate bekommen wir jetzt in den Zei­tungen zu sehen, in denen darauf hingewiesen wird, wie toll alles ist, auch von der Ge­meinde Wien, von verschiedenen gemeindenahen Betrieben. Wien Energie etwa wirbt jetzt für den eigenen Strom, auch die Verkehrsbetriebe machen eifrig Werbung. (Zwi­schenruf der Abg. Mag. Wurm.) Merkwürdig! Warum, meine Damen und Herren, hat es noch vor Beginn des Wahlkampfs eine Verdoppelung der Werbekosten in all diesen Bereichen gegeben? Merkwürdig, oder, Frau Kollegin? Oder hat das auch damit etwas zu tun, dass Sie halt ganz gerne mit diesen Inseraten positiv in der Berichterstattung vorkommen wollen? Da wäre gescheiter, eine gute Politik zu machen, anstatt über Steuergelder und über Gelder der Strombezieher und der Kunden der Verkehrsbetrie­be zu versuchen, die öffentliche Meinung zu beeinflussen.

Aber, Herr Kollege Cap, wenn das alles so toll ist – und ich sage nicht, dass alles schlecht ist, nein, überhaupt nicht –, aber wenn das alles so toll ist, warum braucht dann der Bürgermeister Häupl, wenn er so toll ist, zwei Dinge? Erstens einmal die Polarisierung mit der FPÖ. Ihre Empörung ist ja wirklich vordergründig. Man wartet ja schon darauf. Wo bitte gibt es einen Kampf um Wien, um den Bürgermeister? Glauben Sie, dass Sie


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auch die relative Mehrheit verlieren, dass Sie den Anspruch auf den Bürgermeister nicht mehr haben? Da muss man schon sehr defensiv sein in so einem Wahlkampf. Und das Zweite: Jetzt will er plötzlich die Wehrpflicht diskutieren. Mir ist es neu, dass das eine Lan­deskompetenz oder eine Gemeindekompetenz ist, meine Damen und Herren.

Wir wollen und wir können über die Wehrpflicht diskutieren, aber sehr sachlich. Wir wol­len es nicht so machen wie die  (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Sie wollen sie wahrscheinlich verländern!) – Nein, wir wollen sie nicht verländern, Frau Kollegin Gla­wischnig (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Nein, der Kollege Häupl!), sondern wir wol­len eine ordentliche Landesverteidigung haben. Dadurch unterscheiden wir uns von Ih­nen. Wir wollen nicht das Bundesheer abschaffen, sondern wir wollen eine moderne, zukunftsorientierte Landesverteidigung, und die ist aus unserer Sicht ohne Wehrpflicht, sie beruht auf dem Prinzip der Freiwilligkeit mit Berufssoldaten und einer ernst genom­menen Miliz. Das wäre interessant. – Auch darüber können wir diskutieren!

Erst vor wenigen Tagen, am Samstag, hat SPÖ-Verteidigungsminister Darabos noch ei­ne Lobrede auf die Wehrpflicht gehalten. Er hat gesagt, sie sei wichtig, damit sich das Jahr 1934 nicht irgendwann wiederholt. Dazu, meine Damen und Herren, kann man den Offizieren nur gratulieren, was der Minister über sie denkt. – Wenige Tage später, aus wahl­taktischen Gründen, weil einem sonst nichts einfällt, dreht sich alles wieder um 180 Grad!

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Wir geben Ihnen heute die Gelegenheit, ein­mal den Wahrheitsbeweis anzutreten – und das ist auch gut und richtig, dass man die Bevölkerung mit einbindet in solch wichtige Fragen –, ob Sie auch wirklich eine Volks­befragung durchführen wollen. Wir werden Ihnen die Gelegenheit geben, einen Antrag von uns mit zu unterstützen, und wir geben Ihnen auch jetzt die Gelegenheit, mittels ei­nes Entschließungsantrages, den ich somit einbringe, mit uns gemeinsam dafür zu stim­men, dass es eine Volksbefragung über die Zukunft der Wehrpflicht und einer ernst ge­nommenen Landesverteidigung gibt.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Bucher, List, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Durch­führung einer Volksbefragung über die Wehrpflicht

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, im Hinblick auf die Notwendigkeit von Verwal­tungsreformen auch im Bereich der Landesverteidigung angesichts der geänderten mi­litärischen Rahmenbedingungen Österreichs dem Nationalrat umgehend einen Antrag auf Durchführung einer Volksbefragung über die Wehrpflicht gemäß Art. 49b B-VG zu­zuleiten.“

*****

Da schauen wir uns jetzt einmal an, ob das alles bei Ihnen nur Wahltaktik ist oder ob Sie wirklich bereit sind, hier gemeinsam mit uns zukunftsorientierte Maßnahmen für Öster­reich zu setzen! (Beifall beim BZÖ.)

14.51


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, auch ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhand­lung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll79. Sitzung / Seite 46

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Bucher, List, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Durch­führung einer Volksbefragung über die Wehrpflicht

eingebracht in der 79. Sitzung des Nationalrates am 05.10.2010 im Zuge der Debatte zur Dringlichen Anfrage zum Thema: „Reformieren statt abkassieren – Wo bleiben Ver­waltungsreform und Bürokratieabbau, Herr Bundeskanzler?"

Die veränderte geostrategische Lage Europas und der Wandel der Aufgaben des Mili­tärs in Richtung friedensstiftender Maßnahmen waren in vielen westeuropäischen Län­dern bereits in den neunziger Jahren Auslöser für Reformen der Militärsysteme. In Ös­terreich ist die notwendige Strukturreform trotz der Bundesheerreformkommission bis­lang noch nicht erfolgt. Die Rahmenbedingungen des österreichischen Bundesheeres blieben daher im Wesentlichen bislang trotz der geänderten sicherheitspolitischen La­ge Österreichs unverändert, die Leistungen des Bundesheeres sind aber durch Bud­getkürzungen, eine deutliche Verkürzung des Grundwehrdienstes und steigende Antei­le von Untauglichen und Zivildienern bei bestem Willen nur noch schwer zu erbringen.

Wenn also heute von Verwaltungsreform und Bürokratieabbau die Rede ist so darf die­se Forderung auch vor dem Bereich der Landesverteidigung nicht Halt machen; dies umso mehr, als nicht nur namhafte Militärexperten aus Sicht der Notwendigkeiten der Landesverteidigung, sondern auch namhafte Institutionen wie der Staatsschuldenaus­schuss, der Rechnungshof, das Wirtschaftsforschungsinstitut und das Institut für Höhe­re Studien aus wirtschaftlicher und budgetärer Sicht Reformen fordern. So hat Gudrun Biffl vom WIFO schon 2001 die Implikationen eines Freiwilligenheeres für den österrei­chischen Arbeitsmarkt untersucht und festgestellt, dass die Abschaffung des Zwangs­dienstes eine bessere Nutzung der Ressource Arbeit zur Folge hätte, die Belastung nur der tauglichen männlichen Jugendlichen mit einer Naturalsteuer zugunsten bestimmter Bereiche entbehrlich ist, mittel- bis längerfristig (vor allem ab dem Zeitpunkt sinkender Jahrgangsgrößen der Jugendlichen etwa ab 2012) keine negativen Effekte auf die Ar­beitslosigkeit zu erwarten wären und die Produktivität der gesamten Wirtschaft steigen würde. Der gesamtwirtschaftliche Nutzen durch eine Umstellung auf ein Freiwilligen­heer würde die Kosten jedenfalls deutlich übertreffen. Eine Umstellung wäre daher ge­rade in Zeiten einer Wirtschaftskrise erwägenswert.

Zahlreiche andere Europäische Staaten haben die Umstellung auf Freiwilligenheere (mit überwiegend ausgesetzter Wehrpflicht) bereits vollzogen. Dazu zählen Belgien (ab 1995), Niederlande und Polen (ab 1997), Frankreich (ab 1999), Spanien (ab 2001), Slowenien (ab 2003), Tschechien, Ungarn und Italien (ab 2005), Slowenien (ab 2006), Rumänien und Lettland (ab 2007) und Bulgarien (ab 2008). Zuletzt hat Schweden die allgemeine Wehrpflicht aufgrund der geänderten Sicherheitslage und aus Spargründen abgeschafft. Soeben hat sogar unser Nachbarland Deutschland beschlossen die allgemeine Wehr­pflicht zugunsten eines freiwilligen Berufsheeres auszusetzen. Auch die neutrale Schweiz beginnt ernsthaft über eine Abschaffung zu diskutieren. Österreich stellt eines der letz­ten EU-Länder dar, in denen die allgemeine Wehrpflicht für Männer noch in Kraft ist.

Laut dem jüngsten Artikel in der Kronenzeitung Ausgabe Nr. 18.116 vom 5. Oktober 2010 ist nunmehr auch Bürgermeister Häupl zur Erkenntnis gelangt, dass eine Volksbefra­gung über den Weiterbestand der Wehrpflicht sinnvoll wäre angesichts der geänderten Rahmenbedingungen für Österreich durch seine Lage inmitten der EU und des Schen­genraumes liegt und der Tatsache, dass es bereits in den meisten Ländern Europas Berufsheere gibt bzw. die Umstellung im Gang ist.

Ebenso ließ SPÖ-Klubobmann Cap im Morgenjournal vom 5. Oktober 2010 aufhor­chen, indem er die Idee zu einer Volksbefragung über die Wehrpflicht für klug hält, al­lein im Interesse vieler Jugendlicher, die keine Wehrpflicht absolvieren wollen. Cap führt


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als Begründung an, dass für einen optimalen Katastrophenschutz ebenso wie für Aus­landseinsätze und der Sicherheit an Österreichs Grenzen ein Professionalisierungs­ausbau im Bundesheer notwendig ist. Darüber hinaus erklärt SPÖ-Klubobmann Cap, dass es immer schon seiner Meinung entsprochen hat, die Wehrpflicht abzuschaffen. SPÖ-Klubobmann Cap spricht sich dafür aus Expertisen einzuholen, die klären sollen, welche Auswirkungen ein etwaiges Aus für die Wehrpflicht hätte.

Das BZÖ bekennt sich zu einem professionellen und gut ausgerüsteten Bundesheer.

In diesem Zusammenhang stellen die unterzeichneten Abgeordneten daher nachste­henden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, im Hinblick auf die Notwendigkeit von Verwal­tungsreformen auch im Bereich der Landesverteidigung angesichts der geänderten mi­litärischen Rahmenbedingungen Österreichs dem Nationalrat umgehend einen Antrag auf Durchführung einer Volksbefragung über die Wehrpflicht gemäß Art. 49 b B-VG zu­zuleiten.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Vilimsky. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 8 Minuten. – Bitte.

 


14.51.42

Abgeordneter Harald Vilimsky (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundeskanzler – der Sie gerade nicht da sind, wo Sie eigentlich sein sollten: als Auskunftsperson hier im Hohen Haus (Abg. Strache: Schon seit 10 Mi­nuten ist er weg!) –, Sie haben im Zusammenhang mit unserer Politik das Wort „unap­petitlich“ strapaziert. Ich darf Ihnen antworten: Wissen Sie, was unappetitlich ist, Herr Bundeskanzler, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ? – Wenn Ihr Parteivorsitzender auf seine Plakate schreibt, dass er gegen Spekulanten ist, während in Ihren Reihen Herr Ruttenstorfer sitzt, der von der Finanzmarktaufsicht wegen In­siderhandel angezeigt worden ist, gegen den Ermittlungen durchgeführt worden sind. Das ist unappetitlich! (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Klubobmann Cap, wissen Sie, was ferner unappetitlich ist? – Wenn auf Ihren Pla­katen steht, dass Sie für Gerechtigkeit eintreten, Sie aber dann, wenn es darum geht, Gerechtigkeit sicherzustellen, gemeinsam mit der ÖVP einen gigantischen Rettungs­schirm für die Banken und die Finanzwirtschaft beschließen, während auf der anderen Seite die Österreicherinnen und Österreicher im Regen stehen. Mit diesem Rettungs­paket, Herr Klubobmann Cap, ist niemand anderem geholfen worden als der Banken­wirtschaft. Nicht einmal den Griechen ist damit geholfen worden. Da ging es rein da­rum, Anleihen zu bekommen, die deutsche, italienische, französische und auch öster­reichische Banken platziert haben, die sich Geld von der Europäischen Zentralbank um ein Prozent ausgeliehen haben, um 10 Prozent Hochrisikoanleihen zu bekommen. Das ist Ihre Gerechtigkeitspolitik! Unappetitlich ist das, Herr Klubobmann Cap! (Beifall bei der FPÖ.)

Noch etwas, das unappetitlich ist: Sie reden von Transparenz auf Ihren Plakaten, Sie ha­ben angekündigt, dass Sie Ihre Gehälter offenlegen. Wo ist denn zum Beispiel Ihr Par­teianwalt Jarolim, der seine Sensationsgehälter bis heute nicht offengelegt hat? Das ist er bis jetzt schuldig geblieben. Auch das ist unappetitlich: etwas anderes zu sagen, als dann zu tun! (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Unfassbar!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll79. Sitzung / Seite 48

Herr Klubobmann Cap, an Sie im Speziellen, der Sie das Wort „unwürdig“ gebraucht ha­ben! Wissen Sie, was unwürdig ist im Zusammenhang mit dieser Wiener Wahl? – Un­würdig ist, dass etwa Ihr Wiener Landtagsabgeordneter Omar Al-Rawi am Ballhaus­platz steht, Parolen dort einpeitscht und 10 000 Muslime aufhusst. Dass dort antisemiti­sche Parolen stattfinden, das ist unwürdig, Herr Klubobmann Cap! (Beifall bei der FPÖ.)

Wissen Sie, was noch unwürdig ist? – Dass für Ihre Partei, die SPÖ, ein iranisch-stäm­miger Rapper mit Namen Nazar wirbt. Er singt für Ihre Parteipropaganda.

„... Mama ...

ich bleibe Straße, feier weiterhin den 11. September.“

Sie wissen, was das bedeutet? – 3 000 Menschen, die durch einen islamistischen An­schlag zu Tode gekommen sind, werden durch Ihre Proponenten gefeiert. Das ist un­würdig, Herr Klubobmann Cap! (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Scheibner.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die gesamte Debatte hat einen unglaubli­chen Ablenkungscharakter, bedingt dadurch, dass Wiens Bürgermeister Häupl plötzlich eine Volksbefragung über die Wehrpflicht fordert. – So weit, so gut, er hat nur über­haupt nichts damit zu tun! Aber warum nicht? Die Freiheitliche Partei war immer eine Partei, die sich für direktdemokratische Instrumente starkgemacht hat, und wenn eine Volksbefragung kommt, warum soll dann nicht jede Partei irgendeine Frage stellen.

Die SPÖ könnte die Frage stellen, ob man das Bundesheer abschaffen soll. Sie könnte auch gleich die Polizei mit einschließen, denn zu ihr hat sie immer ein gestörtes Ver­hältnis gehabt.

Welche Frage gefiele der ÖVP am besten? – Ob die ÖVP vielleicht in Permanenz in der Regierung pragmatisiert werden soll? Auch das wäre eine Variante, die man fragen könnte.

Was können die Grünen fragen? – Drogenfreigabe, Wahlrecht für Asylanten? Irgendet­was, das ihnen gefällt, sie werden etwas finden.

Wir werden die Frage stellen, ob nicht die Zuwanderungspolitik, wie sie bis dato stattge­funden hat, beendet werden soll, ob in Österreich nicht endlich ein Minarettverbot kom­men soll. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Mag. Steinhauser.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, vergessen wir nicht, warum wir heute hier stehen! Wir stehen hier, weil ein rot-schwarzes Paket der Grauslichkeiten hinter dem Paravent der Wiener Wahl versteckt werden soll: Besteuerung von Urlaubs- und Weih­nachtsgeld, Erhöhung der Mehrwertsteuer, Kürzungen im Sozial- und Gesundheitsbe­reich. – Das alles, weil Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Sozialde­mokratie, sich darauf verständigt haben, die Spekulationen der internationalen Kredit­haie, der Banken zu finanzieren. Dieser Rettungsschirm hat die Banken ins Trockene gebracht – aber die Österreicherinnen und Österreicher stehen jetzt im Regen! Das ist der wahre Grund dafür, dass das Budget für das kommende Jahr von sehr starken Belastungen geprägt sein wird. Das können Sie mit Ihrer Hernalser Kampfrhetorik mit Sicherheit nicht verhindern. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Tadler.)

Ich habe mir einmal angesehen, wie es denn eigentlich um die Steuerbelastung in Ös­terreich bestellt ist. Ich nehme nicht unsere Zahlen als Beispiel her, sonst könnten Sie vielleicht auf die Idee kommen, zu behaupten, sie seien verfälscht worden, sondern nehmen wir den gut verdienenden Österreicher mit einem Gehalt von 1 800 € netto im Monat. Um diese 1 800 € netto im Monat zu erhalten, muss sein Dienstgeber eine Bruttosumme von 3 541 € vorsehen. Des Weiteren hat der Dienstgeber auch noch ent­sprechende Beiträge zu zahlen. In Summe muss man, um in Österreich 1 800 € netto aufs Konto überwiesen zu bekommen, 4 201 € aufwenden. Das sind 55 Prozent an Steu­ern und Abgaben, die einmal weggefallen sind.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll79. Sitzung / Seite 49

Jetzt nehmen wir an, besagte Person will sich ein Auto kaufen. Es handelt sich um ei­nen Familienvater, also ein bisschen ein größeres Auto, mit einem ein bisschen stärke­ren Motor. Er zieht ein Auto um 20 000 € in Betracht. In diesen 20 000 € sind 16 Pro­zent Normverbrauchsabgabe enthalten, und auf die 16 Prozent Normverbrauchsabga­be kommen noch einmal 20 Prozent Mehrwertsteuer drauf; also in Summe knapp 40 Pro­zent.

Ausgehend von 1 800 € müsste besagter Arbeitnehmer fast vier Monate lang für Sie, für den Staat, für den Bundeskanzler, für den Finanzminister arbeiten – dafür, dass er sich ein Auto kauft von seinem Einkommen, das schon um 55 Prozent reduziert worden ist. Da ist er aber noch keinen einzigen Kilometer gefahren. Wenn er fahren möchte, kommt die Versicherungssteuer, kommt die Kfz-Steuer, kommt die Mineralölsteuer dazu, zirka 50 Prozent, Diesel und Benzin im Schnitt gerechnet. Wenn er auf der Straße unter­wegs ist, kommt in Wien das Parkpickerl dazu, das er finanzieren muss, kommt die Maut dazu, und wenn es nach Ihnen von der SPÖ geht, kommt auch noch die Citymaut dazu.

Das ist Ihre Belastungspolitik, und ich sage Ihnen: Jeder einzelne Euro mehr an Steu­ern, der vom Mittelstand eingehoben wird, ist etwas Unanständiges! Dem ist eine schar­fe Absage zu erteilen! (Beifall bei der FPÖ.)

Richtig wäre es, die Bestverdiener und die Banken und die Finanzwirtschaft sehr wohl zur Kasse zu bieten. Daher bringe ich folgenden Antrag ein.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Strache, Kickl, Vilimsky, Stefan, Kolleginnen und Kollegen betref­fend „Solidarität statt Klassenkampf“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat schnellstmöglich eine Regie­rungsvorlage vorzulegen, die Folgendes beinhaltet:

Rückführung der Stiftungseingangssteuer auf 5%“ (Beifall bei der FPÖ)

„Einführung einer Sonderabgabe für Finanzinstitute

Einführung einer zeitlich befristeten Spekulanten- und Millionärssonderabgabe.“

*****

(Beifall bei der FPÖ. – Abg. Strache: Das ist Solidarität!)

Mit Ihrer Unterstützung, Herr Klubobmann Cap, könnten Sie einmal unter Beweis stel­len, wie sozial Sie wirklich sind. Wie sozial die Stadt Wien ihre Zukunft gestalten wird, darüber wird am kommenden Sonntag entschieden werden. (Präsidentin Mag. Pram­mer gibt das Glockenzeichen.)

Wir haben mit Heinz-Christian Strache einen hervorragenden Bürgermeisterkandida­ten, der sicherstellen wird, dass diese Stadt nach Jahrzehnten des sozialen Winters in eine gute Zukunft geführt wird, der der Stadt eine Zukunft geben kann, in der die Inlän­der wieder den Ton angeben und nicht die Horden von Menschen, die Sie hereinholen aus aller Herren Länder. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

14.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben von Herrn Abgeordnetem Vilimsky eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß einge­bracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll79. Sitzung / Seite 50

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Strache, Kickl, Vilimsky, Stefan und weiterer Abgeordneter betref­fend „Solidarität statt Klassenkampf“

eingebracht im Zuge der Debatte zur Dringlichen Anfrage des Abgeordneten Strache und weiterer Abgeordneter an den Bundeskanzler betreffend "Reformieren statt abkas­sieren - wo bleiben Verwaltungsreform und Bürokratieabbau, Herr Bundeskanzler?" in der 79. Sitzung des Nationalrates

Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat die sozial Schwächsten in unserer Gesellschaft besonders hart getroffen. Die Arbeitslosigkeit ist stark angestiegen und vor allem im Bereich der Jugendarbeitslosigkeit haben die Maßnahmen der Regierung nicht gegrif­fen. Das gewaltige Budgetdefizit muss ausgeglichen werden, aber nicht unter dem Deck­mantel einer "Ökologisierung" des Steuersystems auf Kosten derjenigen, die am stärks­ten von der Krise getroffen wurden.

Eine Rückführung der Stiftungseingangssteuer von derzeit zweieinhalb auf fünf Prozent würde bereits angesiedelte Körperschaften nicht zur Abwanderung bewegen. Gleich­zeitig handelt es sich um eine Einnahmequelle, die keine negativen Folgen auf das Wirt­schaftswachstum und die Binnennachfrage nach sich zieht.

Zentraler Ausgangspunkt der Wirtschaftskrise ist der Bankenbereich. Zügellose und kei­nerlei Regeln unterliegende Spekulation an den Börsen führten beinahe zum Zusam­menbruch der Weltwirtschaft. Die Regierung verabschiedete, in Ermangelung anderer Instrumente wie einer eigenen Konkursordnung für Finanzinstitute, ein milliarden­schweres Bankenhilfspaket. Von Finanzinstituten erwirtschaftete Gewinne wurden Groß­teils im Osten Europas investiert. Eingefahrene Verluste wurden durch das Bankenret­tungspaket auf den österreichischen Steuerzahler abgewälzt. Gleichzeitig kassieren Ma­nager weiterhin millionenschwere Bonifikationszahlungen. Staatliche Finanzspritzen und Haftungen haben die Höhe von 35 Milliarden Euro erreicht. Jetzt ist der Bankensektor, als Verursacher der Krise, an der Reihe, zur nötigen Sanierung des Budgets beizutra­gen. Ungezügelte Spekulation schädigte die Weltwirtschaft und trieb sie letztlich in die Krise. Während der Steuerzahler das Bankenhilfspaket schultern muss und gleichzeitig die Steuerlast immer weiter ansteigt, erwirtschaften Spekulanten und Bankmanager be­reits wieder enorme Gewinne.

Es ist Zeit für Solidarische Verteilung der durch die Krise entstandenen und weiter ent­stehenden Lasten. Die Nutznießer vergangener Liberalisierungen - die unmittelbar in die Krise führten - müssen endlich einen gerechten Beitrag leisten.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat schnellstmöglich eine Regie­rungsvorlage vorzulegen, die folgendes beinhaltet:

Rückführung der Stiftungseingangssteuer auf 5%

Einführung einer Sonderabgabe für Finanzinstitute

Einführung einer zeitlich befristeten Spekulanten- und Millionärssonderabgabe.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Lapp. Ich stelle die Uhr auf gewünschte 4 Minuten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll79. Sitzung / Seite 51

15.00.15

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Frau Präsidentin! Werte Mitglieder der Bun­desregierung! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Rund 70 Prozent der FPÖ-Wähler würden Heinz-Christian Strache nicht zum Bürgermeister wählen wol­len. (Ironische Heiterkeit bei der FPÖ.)

So schaut es aus, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ: dass sogar bei den eigenen Wählerinnen und Wählern der Freiheitlichen Partei Heinz-Christian Stra­che nicht akzeptabel ist! (Beifall bei der SPÖ.) Und das ist der Unterschied zu unserem Bürgermeisterkandidaten Dr. Michael Häupl, der weit über die Parteigrenzen hinweg von sehr vielen Wienerinnen und Wienern als kompetente und verantwortungsbewusste Per­sönlichkeit angesehen wird und von diesen zum Bürgermeister gewählt werden wird. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Können wir das al­les auf die Straße verlegen? Da haben wir mehr davon!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muss an dieser Stelle eine Korrektur an­bringen: Die Pro-Kopf-Verschuldung in Wien als Bundesland und Gemeinde beträgt 859 €, in Tirol, das wäre das nächste Bundesland, mit den Gemeinden, beträgt die Pro-Kopf-Ver­schuldung 1 972 €, in Niederösterreich 3 863 €. Sie sehen also, meine Damen und Her­ren, der Vergleich macht sicher: Wo SozialdemokratInnen arbeiten, wird sorgsam gewirt­schaftet und das Geld nicht verschleudert! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Dringliche Anfrage von heute ist wie­der ein gutes Beispiel dafür, dass es vonseiten der Freiheitlichen keine Lösungsvorschläge gibt. Sie machen Politik auf dem Balkon: Zuschauen, Runterschimpfen und dann wie­der zurück in die Hängematte! (Beifall bei der SPÖ.) Konkrete Arbeit im Alltag ist nicht Ihre Stärke. Anpacken ist nicht Ihre Stärke. Das zeigt diese Dringliche Anfrage! (Zwi­schenrufe bei der FPÖ.)

Die Regierung bemüht sich seit Wochen, Ihnen zu erklären, dass sie ein passendes Bud­get erstellen will, mit Platz für Reformen und Vorkehrungen für die Zukunft und mit Aus­gewogenheit für die Bevölkerung in Österreich. Das Abwarten der aktuellen Konjunktur­zahlen sorgt für einen positiven Beitrag, die einzelnen Ressorts werden gute Arbeitsplä­ne für die Österreicherinnen und Österreicher erstellen. (Abg. Neubauer: Sie sind ein Rechtsbrecher!)

Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Freiheitlichen, beschränken sich darauf, Leute gegeneinander aufzuhetzen und dann mit dem Finger darauf zu zeigen, dass es Zank und Hader gibt. Dann treten Sie auf dem Balkon zur Seite und ereifern sich über die von Ihnen hervorgerufenen Konflikte. Comics mit aufgespießten Kindern sind zurückzuweisen, sind unter jeder Würde in Österreich. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Musiol.)

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten lösen Konflikte und machen den Men­schen das Miteinander begreiflich, weil wir tagtäglich daran arbeiten.

Ein Beispiel dafür: Arbeitslosigkeit. – Wir kämpfen tagtäglich gegen die Arbeitslosigkeit. (Abg. Neubauer: Wer ist „wir“?) Als Obmann der Wiener FPÖ ist Heinz-Christian Stra­che verantwortlich für eine Rekordarbeitslosigkeit im Jahr 2005, für eine Erhöhung der Selbstbehalte, und jetzt ist er einmal für eine Reichensteuer, dann wieder gegen eine Rei­chensteuer (Abg. Neubauer: Unsinn!), heute nennt die FPÖ sie „Millionärssonderab­gabe“. (Abg. Neubauer: Sie reden Unsinn!) Das hängt wahrscheinlich immer davon ab, welche Immobilie sich Ihr Parteichef gerade anschaut, ob er sich vielleicht gerade auf dem Kohlmarkt eine Wohnung um 4 000 € Miete anschaut. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neubauer: So viel Unsinn!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte auch vonseiten der roten Abge­ordneten unseren Tausenden Wahlhelferinnen und Wahlhelfern Danke sagen, denn die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll79. Sitzung / Seite 52

kämpfen engagiert für eine absolute Mehrheit der Sozialdemokratie in Wien, weil sie wis­sen, dass mit Bundeskanzler Faymann und Bürgermeister Häupl ihre Anliegen zur bes­ten und vollsten Zufriedenheit vertreten werden. (Beifall bei der SPÖ.)

15.04


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Maier zu Wort. Ich stelle die Uhr auf gewünschte 5 Minuten. – Bitte.

 


15.04.34

Abgeordneter Dr. Ferdinand Maier (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine Herren Staatssekretäre! Meine sehr geehrten Damen und Herren zu Hause vor den Fernsehgeräten! Natürlich bietet dies Gelegenheit, eine Staatsreform und eine Ver­waltungsreform zu diskutieren. Da man weiß, dass ein großes Potenzial in den Ländern liegt, sollte man sich auch die Länder anschauen, was ich versuchte, zu tun. Ich bin aber überrascht, feststellen zu müssen, dass sich Herr Bürgermeister Häupl weniger mit einer Verwaltungsreform befasst, sondern vielmehr mit Ideen einer Volksbefragung zur Wehr­pflicht, wie wir heute der „Kronen Zeitung“ entnehmen können.

Lassen Sie mich zunächst einmal den Damen und Herren zu Hause sagen: Das steht am kommenden Sonntag nicht zur Wahl, sondern da geht es um etwas ganz anderes, näm­lich um das Abwählen der Sozialisten und der Allmacht hier in dieser Stadt! Ich glaube nämlich, dass man eine derartige staatspolitische Frage nicht wenige Tage vor einem Wahltag in die Diskussion werfen sollte. Das halte ich eigentlich für sehr populistisch. Und wenn man weiß, dass laut den Umfrageergebnissen die Daten für die Wiener Sozial­demokraten in den letzten zehn Tagen etwas rückläufig waren, dann versteht man, dass eine gewisse Nervosität und eine Art Panikreaktion beim Herrn Bürgermeister Platz greifen.

Lassen Sie mich nun kurz die Schlagzeile der „Kronen Zeitung“ von heute und die Qua­lität einer derartigen Ankündigung bewerten, und zwar am Beispiel einer Schlagzeile der „Kronen Zeitung“ vom 12. August letzten Jahres, als uns Frau Vizebürgermeisterin Brau­ner in Abstimmung mit dem Herrn Bürgermeister hat wissen lassen, dass es zu einem Gedenkkonzert für Michael Jackson in Wien kommen soll. Sie hat laut „Kronen Zeitung“ gemeint, das sei eine einmalige Werbung für Wien, sie freue sich total. 600 000 Steuer-Euro sind dafür bereitgestellt worden, die Infrastruktur hätte bereitgestellt werden sol­len. 85 000 Besucher hätten erwartet werden sollen, Herden von Beamten haben be­reits überlegt, den Platz vor dem Schloss Schönbrunn und darüber hinaus die beiden Straßen zur Westautobahn zu sperren. – All dies!

Gleichzeitig haben sich manche Experten gefragt, wie abgehoben denn die Verwaltung in Wien sein muss, zumal man zu diesem Zeitpunkt, nämlich am 12. August, noch nicht wusste, welche Stars wirklich kommen sollten.

Daher war es auch kein Wunder, dass genau einen Monat später, am 11.9., folgende Schlagzeile zu lesen war: „Michael-Jackson-Gedenkkonzert droht Farce zu werden“, ti­telte die „Berliner Morgenpost“. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Entschuldigung, wir sind im Nationalrat, kann man wieder einmal ein bisschen normal diskutieren?) – Sie werden gleich drankommen, Frau Abgeordnete.

Die „Basler Zeitung“ schrieb: Zum Desaster wird auch für die Politik das Konzert von Michael Jackson.

Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass uns diese Stadtverwaltung Hohn und Spott auf der ganzen Welt eingetragen hat. (Abg. Mag. Rudas: Auch die Wiener ÖVP unter­stützt Michael Häupl!)

Ich zitiere jetzt den Bruder von Michael Jackson, Jermaine Jackson, damit Sie auch das wissen: „Ich möchte ... Renate Brauner sehr herzlich für ihre Unterstützung ... danken. Sie


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll79. Sitzung / Seite 53

hat von Anfang an die Dimension des Events erkannt.“ (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Ist Ihnen das nicht selber peinlich? Sie machen sich komplett lächerlich!)

So viel zur Qualität der Ankündigung von Herrn Bürgermeister Häupl in der heutigen Aus­gabe der „Kronen Zeitung“, was eine Volksbefragung im Hinblick auf die Wehrpflicht an­langt, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Muttonen: Jetzt ver­stehe ich etwas nicht: Was hat das mit der Wehrpflicht zu tun?)

Ich frage Sie heute: Was sagt eine Kindertheatergruppe, was sagt eine Theatergruppe, die einen Förderungsantrag stellen muss, um nur 1 000 € zu erhalten? In dem von mir zuvor geschilderten Fall waren 600 000 € zur Disposition für ein Wahnsinnsprojekt, das dermaßen ins Wasser gefallen ist. Derart wird auch die Ankündigung des Herrn Bür­germeisters, wie ich meine, ins Wasser fallen! (Abg. Öllinger: Unglaublich!)

Ich glaube aber auch, dass man darauf hinweisen muss, dass der Herr Bürgermeister Verantwortung trägt, wenn die Stadt Wien am Hauptbahnhof vorbei die U-Bahn plant. – Ein Schildbürgerstreich der Sonderklasse!

Man müsste ihn meiner Ansicht nach auch danach fragen, wie er glaubt, dass der Rech­nungshofbericht im Zusammenhang mit dem Skylink am Flughafen zu vertreten ist.

Wenn eine Stadtpartei wie die Wiener Sozialdemokraten im Präsidium der Wiener Stadt­partei beschließt, wie der Vorstand einer börsennotierten AG auszusehen hat und wie lange dieser im Amt sein sollte, dann sage ich Ihnen: Das gibt es nicht einmal mehr in Nordkorea! Da wird mir der Herr Staatssekretär wahrscheinlich auch recht geben, dass das natürlich unglaublich ist. (Abg. Ing. Westenthaler: Vorsichtig sein! Bei Raiffeisen gibt es das auch noch!) Es wäre auch nachzufragen, ob der Herr Bürgermeister und auch Landeshauptmann, wenn er Flughafen hört, nicht Bahnhof versteht.

In diesem Zusammenhang ist bei der Wahl am kommenden Sonntag, am 10.10., die Entscheidung zu treffen, eine sparsame, eine schlanke, eine effiziente Stadtregierung und Stadtverwaltung zu wählen. Daher empfehle ich, auf Liste 2 Zeile 2 bei Christine Ma­rek, Österreichische Volkspartei, das Kreuz zu machen. (Beifall bei der ÖVP.)

15.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Pilz. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Graf: Nordkorea hat auch keine Börse! – Abg. Ing. Westenthaler: Nordkorea hat auch kein Raiffeisen!)

 


15.10.13

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Sehr geehrter Herr Landtagsabgeordneter Maier! Sehr geehrter Herr Landtagsabgeordneter Cap! Sehr geehrter Herr Landtagsabgeord­neter Strache! Sehr geehrter Herr Gemeinderat Vilimsky! – und wie alle Lokal- und Be­zirkspolitiker, die nicht wissen, was ein Nationalratsmandat ist, in diesem Hause heißen. (Abg. Dr. Graf: Herr Bezirksrat Pilz! – Abg. Ing. Westenthaler: Herr Ex-Gemeinderat Pilz!) Ich kann mir nur vorstellen, dass es ein unglaubliches Desinteresse an den gro­ßen Fragen der Bundespolitik geben muss, weshalb Sie dieses Haus und eine Fern­sehübertragung derartig schamlos für den Wiener Wahlkampf missbrauchen. Das steht diesem Haus nicht gut an, und das steht auch Ihnen als Abgeordneten nicht gut an! (Bei­fall bei den Grünen. – Abg. Kopf: Was glauben Sie, warum es diese Sitzung heute gibt?!)

Dass sich die ÖVP jetzt Sorgen macht über die Familie Jackson, die mit Sicherheit ei­nes nicht ist, nämlich eine Wiener Familie oder eine österreichische Familie (Heiterkeit bei den Grünen), ist ja wohl ein eigenes Kapitel, aber belassen wir es dabei.

Ein einziges Bundesthema spielt im Wiener Wahlkampf eine Rolle, und damit haben wir uns zu beschäftigen, und das ist die Frage, ob am 3. Jänner 2011 wieder Hunderte jun­ge Männer in einen militärischen Zwangsdienst gepresst werden sollen, gegen ihren Wil­


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len, gegen jede sinnvolle Sicherheitspolitik und gegen jede wirtschaftliche und bildungs­politische Vernunft. Und deswegen – und mir ist das Motiv wirklich egal, natürlich hat es mit Wahlkampf zu tun – halte ich im Grunde genommen den Vorschlag von Michael Häupl für vernünftig. Es soll auch meiner Meinung nach eine Volksbefragung darüber durchgeführt werden, ja, weil ich wie in der Bildungspolitik und wie in vielen anderen Fra­gen der Politik die Erfahrung gemacht habe, dass angesichts solcher Bundesregierun­gen fast immer die Mehrheit der Bevölkerung vernünftiger und aufgeklärter ist als die Mehrheit in der österreichischen Bundesregierung. Und deswegen macht es Sinn, sich an die Menschen zu wenden, und deshalb bringe ich auch folgenden Entschließungs­antrag ein:

„Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat gemäß Art 49b B-VG einen Antrag betreffend die Abhaltung einer Volksbefragung über die Abschaffung der allge­meinen Wehrpflicht zur Beschlussfassung vorzulegen.“

*****

Meine Damen und Herren, insbesondere jene von der SPÖ, aber nicht nur von der SPÖ: Das ist eine poltische Nagelprobe! Dieser Antrag wird heute hier im Haus abgestimmt werden, weil die Geschäftsordnung das so vorsieht. Und die Menschen, die diese De­batte verfolgen, werden sich sehr genau ein Bild darüber machen können, wie ernst die Unterstützung vom Bundeskanzler über den Verteidigungsminister bis zum Klubobmann der SPÖ für den Vorschlag des Wiener Bürgermeisters ist.

Meinen Sie es wirklich ernst? Wollen Sie wirklich, dass die Menschen in Österreich be­fragt werden? – Dann werden Sie diesem Antrag zustimmen, und dann werden Sie mit uns gemeinsam der österreichischen Bundesregierung einen Auftrag erteilen, nämlich einen Antrag auf Volksbefragung, so wie es die Bundesverfassung vorsieht, dem Na­tionalrat zuzuleiten. Dann werden Sie von diesem Recht Gebrauch machen, und dann werden wir eine spannende Phase der Diskussion, nicht nur in diesem Haus und nicht nur rund um die Frage der Wehrpflicht, sondern über alle großen Fragen der österrei­chischen und europäischen Sicherheitspolitik haben, und am Ende wird das letzte Wort bei der österreichischen Bevölkerung, bei den wahlberechtigten Frauen und Männern dieser Republik sein. Und an diese Entscheidung werden wir uns dann alle halten.

Das ist ein gutes Angebot, und ich wäre froh, wenn ein von drei Parteien, von SPÖ, ÖVP und FPÖ, auf eine unzumutbare Art und Weise geführter Wiener Wahlkampf viel­leicht doch ein positives Ergebnis hätte, nämlich Tausende junge Männer – es werden nächstes Jahr wieder 24 000 junge Männer sein – von einem völlig sinnlosen Zwangs­dienst zu befreien!

Stellen Sie sich einmal vor: Letzte Woche hat die serbische Regierung in Belgrad be­schlossen, die Wehrpflicht in Serbien abzuschaffen! In Deutschland wird sie ausgesetzt. Es gibt fast keine EU-Staaten, in denen es überhaupt noch eine Wehrpflicht gibt, weil wir ein einfaches Problem nicht haben, insbesondere wir als Österreicher und Österreiche­rinnen, umgeben von EU-Partnern und von der Schweiz und von Liechtenstein: Es gibt keinen Feind mehr! Herr Verteidigungsminister Darabos, nehmen Sie endlich zur Kennt­nis, dass uns der Feind abhanden gekommen ist!

Wir müssen doch nicht pro Jahr 24 000 junge Männer zu einem Militärdienst zwingen, wenn es keinen Feind mehr gibt. Also befragen wir die österreichische Bevölkerung! Neh­men wir zur Kenntnis, dass in der Demokratie die Menschen dieser Republik das letzte Wort haben! Und ich ersuche Sie dringend: Stimmen Sie unserem Antrag zu! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

15.15



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll79. Sitzung / Seite 55

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der Entschließungsantrag, der von Herrn Abge­ordnetem Dr. Pilz eingebracht wurde, ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß ein­gebracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Pilz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Durchführung einer Volks­befragung über die Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht

eingebracht im Zuge der Debatte über die Dringliche Anfrage der Abgeordneten Stra­che und KollegInnen betreffend „Reformieren statt abkassieren, wo bleiben Verwal­tungsreform und Bürokratieabbau, Herr Bundeskanzler?“

Begründung

Fast alle Staaten in der EU haben mittlerweile keine allgemeine Wehrpflicht mehr. Im Hinblick auf die geänderte Sicherheitslage und die geänderten Anforderungen an ein zeitgemäßes Bundesheer wird in Österreich seit Wochen eine öffentliche Debatte über die Abschaffung der Wehrpflicht geführt. Während sich die SPÖ hier bisher ablehnend verhalten hat, zeichnet sich nunmehr ein Meinungsumschwung ab:

So erklärte der Wiener Bürgermeister Häupl am 5.10. in der "Kronen Zeitung", er werde in der SPÖ für eine Volksbefragung werben und Druck machen – denn "bei einem so wichtigen Thema muss man die Stimme des Volkes hören":

"Seit vielen Jahren diskutiert man die Abschaffung der Wehrpflicht, und es werden die verschiedensten Modelle herumgereicht. Ich glaube, es ist deshalb hoch an der Zeit, endlich Klarheit zu schaffen, wie wir unser Land in Zukunft verteidigen und den Kata­strophenschutz gerade bei zunehmenden Naturereignissen organisieren."

Für Häupl ist darüber hinaus "klar, dass sich die Rahmenbedingungen für das neutrale Österreich in den letzten Jahren drastisch geändert haben". Österreich liege, so der Wiener Bürgermeister weiter, "mittlerweile inmitten der EU und des Schengenraumes. Darüber hinaus gibt es in den meisten Ländern Europas Berufsheere."

Die APA berichtete schon am 4.10.2010 über breite Unterstützung für den Vorschlag von Michael Häupl in der SPÖ:

Verteidigungsminister Norbert Darabos plädierte ebenfalls für eine Volksbefragung - und Bundeskanzler Werner Faymann (S) versicherte Häupl und Darabos seiner "vollen Un­terstützung".

Häupl erklärt in der "Kronen Zeitung", er werde in der SPÖ für eine Volksbefragung wer­ben und Druck machen - denn "bei einem so wichtigen Thema muss man die Stimme des Volkes hören". Faymann ist ganz seiner Meinung: "Bürgermeister Michael Häupl und Minister Norbert Darabos haben meine volle Unterstützung. Denn direkte Demokratie ist nicht nur etwas für Sonntagsreden, die sollte auch gelebt und eingesetzt werden - gerade bei Themen, die unsere Bevölkerung besonders stark interessieren", meinte er in einer ersten Reaktion gegenüber der APA.[]

SPÖ-Verteidigungsminister Darabos will eine offene Diskussion "ohne Tabus" führen. Alle Varianten sollten von Experten – auch internationalen aus Ländern wie Deutsch­land, Schweden, Finnland und der Schweiz - geprüft werden. Und "am Ende dieser De­batte soll auch eine Volksbefragung stehen"´, von deren Sinnhaftigkeit man dann die ÖVP überzeugen wolle.

Unterstützung kam in der ORF Sendung ZIB 2 auch von SPÖ Klubchef Josef Cap:


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Auch SPÖ- Klubobmann Josef Cap – bisher eher dem Flügel der Wehrpflicht- Befür­worter zugerechnet – hatte am Montag die Idee einer Volksbefragung begrüßt. Der Vorschlag Häupls sei ein "sehr zeitgemäßer", meinte er in der "ZiB 2". In der SPÖ habe es in der Vergangenheit viele unterschiedliche Meinungen gegeben - aber er könne sich vorstellen, dass seine Partei von der die Wehrpflicht abgeht, wenn die Volksbefragung eine Mehrheit ergibt, sagte Cap. (Krone.at, 5.10.2010)

Eine Volksbefragung kann gem. Art 49b B-VG in Angelegenheiten von grundsätzlicher und gesamtösterreichischer Bedeutung unter anderem dann durchgeführt werden, wenn dies der Nationalrat aufgrund eines Antrages der Bundesregierung nach Vorberatung im Hauptausschuss beschließt. Mit diesem Entschließungsantrag wird die Bundesregie­rung zu einem entsprechenden Antrag aufgefordert.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat gemäß Art 49b B-VG einen Antrag betreffend die Abhaltung einer Volksbefragung über die Abschaffung der allge­meinen Wehrpflicht zur Beschlussfassung vorzulegen.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nach einer kurzen Rücksprache mit den Damen und Herren Klubvorsitzenden halte ich fest, dass ich ohne Präjudiz bereits jetzt die Ab­stimmung über eine Unterstützungsfrage bei Selbständigen Anträgen vornehme.

Ein von den Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen gestellter Selbständiger Antrag betreffend Durchführung einer Volksbefragung über die Beibehaltung der Wehr­pflicht trägt nur vier Unterschriften, nämlich die der Abgeordneten Bucher, List, Scheib­ner und Petzner. Es fehlt also eine Unterschrift, der Antrag ist somit nicht genügend un­terstützt. (Rufe bei der FPÖ: Peinlich!)

Ich stelle daher gemäß § 26 Abs. 5 der Geschäftsordnung die Unterstützungsfrage und bitte jene Damen und Herren, die diesen Antrag zusätzlich unterstützen wollen, dies al­so nicht bereits durch ihre Unterschrift zum Ausdruck gebracht haben, um ein entspre­chendes Zeichen. (Die Abgeordneten des BZÖ erheben sich von ihren Plätzen.) – Mo­ment! Diejenigen, die bereits unterschrieben haben, bleiben bitte sitzen! (Die Abgeord­neten Bucher, List, Petzner und Scheibner nehmen wieder ihre Plätze ein. – Ironische Heiterkeit bei der FPÖ.) – Das sind noch sieben Abgeordnete, die wir auch namentlich festhalten: Das sind die Abgeordneten Westenthaler, Stadler, Dolinschek, Huber, Haub­ner ... (Rufe: Schenk), Schenk ... (Rufe: Spadiut!), Spadiut. Danke. Ich bin heute ein biss­chen langsam, ich weiß.

Der Antrag ist nun ausreichend unterstützt und wird damit in Verhandlung genom­men. – Sie müssen entschuldigen: Ich bin unheimlich erkältet und habe daher fast kei­ne Stimme.

*****

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Stadler. Ich stelle die Uhr auf 8 Minuten.

 


15.17.51

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Zunächst möchte ich sagen, dass man jetzt gesehen hat – und deswegen haben wir dieses Ver­


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fahren gewählt –, was von den Ankündigungen zu halten ist. Die Grünen haben jetzt auf einmal nichts mehr von der Abschaffung der Wehrpflicht wissen wollen. – Na, was ist jetzt?

Rot auch nicht! Rot hat heute mit der „Kronen Zeitung“ die Debatte eröffnet – besser ge­sagt, Schwarz hat damit begonnen, Spindelegger, und Rot hat geglaubt, das ist ein Wahl­kampfthema. – Man sieht, was man davon zu halten hat: Wenn die Probe aufs Exem­pel gemacht wird, bleibt man sitzen. (Beifall beim BZÖ.)

Aber im Stakkato ein paar Anmerkungen zum bisherigen Debattenverlauf: Klubobmann Cap hat recht, wenn er sagt, in diesem Antrag ist kein einziger Vorschlag enthalten. Mei­ne Damen und Herren, liebe Kollegen von der FPÖ! Der Unterschied zu solchen De­batten früher, unter Haider, ist, dass es, wenn wir eine derartige Debatte geführt haben und eine Sondersitzung erzwungen haben, von Jörg Haider Vorschläge gegeben hat. Das ist der Unterschied zu Strache. Das wird jeder, der schon länger hier im Hause ist, be­stätigen können. Kein einziger Vorschlag von Strache! – Erstes Stakkato. (Abg. Dr. Ro­senkranz: Dringliche Anfrage!)

Zweites Stakkato: Daraufhin habe ich gewartet, ob in der Rede vielleicht etwas kommt. Ich habe in der Rede von Strache folgende Vorschläge entdeckt:

In der siebten Minute schlägt er vor: ausgabenseitiges Sparen. – Ich habe noch nie er­lebt, dass man einnahmenseitig sparen kann – das hieße ja, man verzichtet auf Ein­nahmen. Ausgabenseitiges Sparen – die Erleuchtung der siebten Minute!

Zehnte Minute: 315 Vorschläge des Rechnungshofes. Die stehen schon da drinnen, er hat sie selber nicht einmal gelesen. Er sagt: Nein zu Spitalsschließungen!, sagt aber gar nicht dazu, wie man das dann finanzieren soll. (Abg. Dr. Rosenkranz: Ah, das BZÖ ist für Spitalsschließungen?!)

Zwölfte Minute: Auf einmal kam er zu den Privilegien der Nationalbank! Damit kann man einen Staat sanieren, mit dem Abschaffen der Privilegien der Nationalbank?! – Das ist absurd!

In der 15. Minute kam er auf Marx und Murks – wobei er wahrscheinlich „Murks“ wirk­lich mit „x“ schreibt.

18. Minute: Da waren dann die Ausländer dran. Na no na! 18 Minuten, geschlagene 18 Minuten hat es dieses Mal gebraucht, bis endlich die Ausländer das Thema wurden!

Und der Kollege Vilimsky hat sich dann noch dazu verstiegen, zu sagen, ganze „Hor­den“ von Ausländern gefährden die Verwaltungsreformen in Österreich. Hat er ge­sagt! Ganze Horden von Ausländern! Meine Damen und Herren, sind bei diesen „Hor­den“ von Ausländern auch eure neuen serbischen Freunde dabei (Heiterkeit und Beifall beim BZÖ), vom neuen freiheitlich-serbischen Verein, wo euer Fraktionsmitglied An­dreas F. Karlsbüca der Kassier ist? – Wobei: Das ist falsch. Richtig heißt es ja in Ser­bisch „Andrej Karlobükovic“. Das ist die richtige Bezeichnung, wenn man schon auf Ser­bisch macht, meine Damen und Herren! (Abg. Scheibner: Da werden sich die in Otta­kring freuen!)

Das, damit die Zuseherinnen und Zuseher wissen, die FPÖ ist nur dann gegen Auslän­der, wenn die Ausländer nicht freiheitlich wählen. Wenn sie glauben, sie können ein paar Serben gewinnen, dann sind sie plötzlich für Serben in Österreich. – Das, damit das je­der Wähler auch weiß, meine Damen und Herren!

Die FPÖ ist auch ständig gegen Rot, plakatiert gegen Rot, aber wenn ihnen der Herr Vo­ves ein Angebot macht, dann können sie es kaum erwarten, ins Koalitionsbett hinein­gelassen zu werden, meine Damen und Herren. (Beifall beim BZÖ.) – So viel zum The­ma Glaubwürdigkeit der FPÖ.


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Und im Übrigen, und das ist bemerkenswert, hat kein einziger Redner von der SPÖ, und schon gar keiner von der ÖVP – die haben ja Hundstrümmerl und Michael Jackson als Wahlthema entdeckt, meine Damen und Herren, oder Michael Jackson gewürzt mit Hundstrümmerln; ich bin nicht so ganz schlau daraus geworden, was die Schwarzen eigentlich wirklich wollen – wirkliche Argumente gebracht. Damit können Sie doch kei­ne absolute Mehrheit der SPÖ gefährden, meine Damen und Herren von der ÖVP! Das werden Sie doch nicht im Ernst glauben. Da können Sie noch so viele gelbe Tücherl um den Hals hängen haben: Damit gefährdet man doch keine Absolute! Da kann der Häupl ruhig schlafen, wenn es um die Schwarzen geht. (Präsident Neugebauer über­nimmt den Vorsitz.)

Das heißt, das Einzige, was tatsächlich die Absolute gefährden kann – das ist eine wahl­arithmetische Frage, das kann jeder mathematisch nachvollziehen –, ist, wenn eine fünf­te Fraktion in den Landtag in Wien einzieht. Dann ist die Absolute tatsächlich dahin, mei­ne Damen und Herren. (Beifall beim BZÖ. – Oje-Rufe bei der ÖVP.)

Daher sage ich Ihnen: Es war schon verräterisch, Kollege Cap, dass ihr nichts dazu ge­sagt habt. – Dass Strache keinen Satz zur Wehrpflicht verloren hat, ist ohnehin klar – das Thema hat ihn überrascht, da ist er jetzt am linken Fuß erwischt worden –, aber dass ihr keinen Satz zur Wehrpflicht gesagt habt, ist verwunderlich. Schwarz auch nicht, wie gesagt, die haben ja Hundstrümmerl und Michael Jackson, aber ihr hättet wenigstens etwas zur Wehrpflicht sagen können. Die Einzigen, die wirklich sagen, dass sie für die Abschaffung der Wehrpflicht sind, und das dann auch durch eine Abstimmung zum Aus­druck bringen, waren wir, meine Damen und Herren. Das ist der Unterschied, und das möchte ich festhalten, damit der Wähler das auch sieht. (Beifall beim BZÖ.)

Meine Damen und Herren! Wenn ich schon Kollegen dafür schelte, dass sie keine Vor­schläge bringen, bringe ich Ihnen ein paar Vorschläge. Und jetzt passen Sie einmal auf, Kollege Cap:

Abschaffung der Funktion des Bundespräsidenten – wir brauchen ihn nicht mehr. Spä­testens seit Thomas Klestil wissen wir – Herr Kollege Schüssel! –, dass wir auch Re­gierungen gegen einen Bundespräsidenten bilden können. Also: Abschaffung der Funk­tion des Bundespräsidenten, Zusammenlegung mit der Funktion des Kanzlers. – Begin­nen wir ganz oben.

Zusammenlegung von Verteidigungsministerium und Innenministerium. Wenn Sie die Wehrpflicht abschaffen, dann können Sie genauso eine Sektion im Innenministerium da­zu verwenden, das Militär noch zu verwalten, meine Damen und Herren, oder im Bun­deskanzleramt – ich bin da nicht wählerisch! Sicherheitsministerium oder Bundeskanz­leramt, eine Sektion genügt in Zukunft.

Weiterer Vorschlag: Längst überholte Behördeneinrichtungen abschaffen. Erinnern Sie sich noch daran, dass man früher eine eigene Berghauptmannschaft hatte? Dann kam die Katastrophe von Lassing, und dann hat man endlich die Berghauptmannschaft ab­geschafft, denn die hat nämlich die Katastrophe von Lassing nicht verhindert.

Wem fehlt die Berghauptmannschaft? Wem würde eine Burghauptmannschaft fehlen? Wem würde eine Finanzprokuratur fehlen, wo es einen Haufen Freiberufler dazu gibt? Wer braucht ein Amt für Eich- und Vermessungswesen? – Das kann jeder Ziviltechni­ker genauso gut erledigen, meistens sogar billiger. Wer braucht ein Arbeitsinspektorat? Wer braucht Gewerbeinspektoren? Das können Private genauso gut erledigen, meine Damen und Herren. (Abg. Rädler: Wer braucht das BZÖ?)

Wer braucht Gewässeraufsichtsorgane? Wer braucht sie alle, wenn das Private genau­so gut können? (Abg. Rädler: Wer braucht Stadler?) Im Bauverfahren ist man dazu übergegangen, hat Architekten ins Verfahren einbezogen und hat ihnen in Form der Beleihung Aufgaben übertragen.


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Meine Damen und Herren, wer braucht eine zweite Kammer in diesem Haus? Ich frage Sie: Wer braucht einen Bundesrat, außer die Funktionäre der Koalitionsparteien?

Wer braucht Sonderbehörden mit richterlichem Einschlag: die Schulsenate, die Grund­verkehrssenate, die Agrarsenate? All diese Senate, bis hin zum Asylsenat, wer braucht das alles, meine Damen und Herren? (Bundesministerin Dr. Fekter: Das Bundeskanz­leramt hat schon vorgeschlagen!) Sie haben es schon vorgeschlagen? – Hurra!, die Frau Bundesministerin hat entdeckt, dass sie einen Vorschlag bei uns wiederfindet. (Beifall beim BZÖ.) Sie hat es schon vorgeschlagen, aber es ist leider noch nichts wei­tergegangen.

Meine Damen und Herren, wissen Sie, nicht das BZÖ hat hier im Haus die Mehrheit – leider! –, sondern Sie gemeinsam mit Ihrem Koalitionspartner haben die Mehrheit. Wa­rum machen Sie es dann nicht? Warum verharren Sie dann nur im Vorschlag, meine Da­men und Herren? Und Sie könnten noch eine Menge weiterer Vorschläge aufgreifen.

Ich bringe Ihnen noch ein Beispiel in Richtung der Sozialdemokratie, meine Damen und Herren, weil es Ihnen in den Zwanzigerjahren ein Anliegen war: Die Gemeindeverwal­tungen zu straffen, zu Verwaltungsgemeinschaften, zu Gemeindeverbänden auch im Be­reich der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben zusammenzulegen, selbstverständlich geht das! (Ruf bei der ÖVP: Geschieht ja ...!) Ja, aber zu wenig. Es würde noch viel mehr gehen, wesentlich mehr gehen, wesentlich effizienter gehen, ich könnte Ihnen Dutzende Bei­spiele bringen. (Bundesministerin Dr. Fekter: Keine Ahnung von den Bürgermeis­tern!) – Ich habe genug Ahnung von den Bürgermeistern! Es wird in der Verwaltung kaum wo so viel verbockt wie auf der Ebene der Bürgermeister, glauben Sie mir das! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Fragen Sie einmal den Bürger draußen! Es gibt kaum eine Ebene, wo so viel Freunderlwirtschaft herrscht und so viel geringe Einschätzung, was das Gesetz anlangt, wie auf der Ebene der Bürgermeister, meine Damen und Her­ren. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Natürlich jaulen Sie alle auf! (Beifall beim BZÖ.)

Oder der alte Vorschlag, meine Damen und Herren von der SPÖ, von der Gebietsge­meinde: Wann wird er umgesetzt? Herr Kollege Cap, schauen Sie nach im Artikel 120 unserer Bundesverfassung! Bezüglich der Gebietsgemeinde hat sich die SPÖ in den Zwanzigerjahren nicht durchgesetzt. Warum greifen Sie dieses vernünftige Modell nicht wieder auf? Da braucht man keine Ortskaiser als „Grüßauguste“ abzuschaffen – die können weiterhin „Grüßaugust“ spielen, das ist das, was sie wirklich gut können. Dass man die hoheitlichen Aufgaben in Gebietsgemeinden erledigt, das ist Ihr Vorschlag ge­wesen. Schauen Sie nach in der Verfassungsgeschichte! Der Hauptwunsch der SPÖ seinerzeit bei der Verfassungsdebatte 1920 war die Schaffung einer Gebietsgemeinde. Sie steht bis heute in der Bundesverfassung, im Artikel 120, aber sie ist totes Recht. Daher sage ich: Beleben Sie es! Heute würde das ein modernes System der Kommu­nalverwaltung ermöglichen, die Gebietsgemeinde, um Verwaltungskosten einzusparen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich habe mir die Mühe gemacht – Sie können das nachvollziehen – und habe einmal herausgesucht, was eine durchschnittliche Bezirkshauptstadt in Österreich für Behör­den hat. Ich habe zum Beispiel Amstetten herausgenommen.

Es gibt in Amstetten – jeder Bürger kann das im Telefonbuch nachprüfen – insgesamt 19 Behörden, entweder hoheitlich oder ausgelagert, 19 Behörden und Verwaltungsein­richtungen inklusive des Stadtamtes plus BFI, plus Volkshochschule, plus Gericht, da kommen wir auf über 20, zwei Spitäler, die getrennt verwaltet werden – allein in Am­stetten! –, 22 Schulen, die alle getrennt verwaltet werden; davon sind drei aus dem Be­reich der Bundesgesetzgebungskompetenz, und der Rest von insgesamt 19 ist aus dem Bereich der Landesgesetzgebungskompetenz.


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Meine Damen und Herren! Das nennt man Effizienz! Das ist in einer einzigen Bezirks­stadt der Fall. Wenn Sie das jetzt hochrechnen, dann sehen Sie einmal, was für riesig aufgeblähte Apparate es hier gibt und welche Einsparungspotenziale hier vorhanden wären, wenn man zum alten Modell der Behörden der allgemeinen staatlichen Verwal­tung zurückkehren würde. Das ist ein modernes Modell, es ist heute durch die EDV oh­ne Weiteres umsetzbar, und es wäre möglich, diese Behörden alle effizienter zu führen. (Beifall beim BZÖ.)

Das Problem ist nur, dass dort lauter schwarze und rote Bezirkskaiser, Ortskaiser und Dienststellenleiter sitzen, die alle ihren Job verlieren würden, wenn man dort die Orga­nisation rationeller gestalten würde. Und deswegen wollen Sie diese Struktur nicht än­dern, weil es Ihre Machtstrukturen sind, meine Damen und Herren. Und das sollte der Bürger wissen! Jede Debatte über eine Verwaltungsreform endet sofort dann, wenn die Machtinteressen von Rot und Schwarz bedroht sind, und deswegen gibt es keine Ver­waltungsreform. (Beifall beim BZÖ.)

15.28


Präsident Fritz Neugebauer: Herr Abgeordneter, ich möchte nur darauf hinweisen, dass es keine Usance ist, Namen zu verballhornen. Ich habe Sie nicht unterbrochen, aber im konkreten Fall haben Sie das mit dem Namen des Abgeordneten Dr. Karlsböck getan. Ich bitte, sich daran zu halten, dass wir das nicht tun. (Abg. Mag. Stadler: Nein, das war ein Serbe! – Abg. Scheibner: Das war ein Zitat, bitte!)

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Stefan. – Bitte.

 


15.28.57

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Damen und Her­ren! Nur ganz kurz zu den Ausführungen meines Vorredners.

Erstens einmal: Jede Stimme für das BZÖ in Wien erleichtert es der SPÖ, die absolute Mandatsmehrheit zu bekommen. Das ist eine ganz logische Sache (Beifall bei der FPÖ), denn jede Stimme für eine Gruppe, die überhaupt keine Chance hat, in den Landtag einzuziehen, erleichtert es eben der stärksten Partei, mit weniger Prozenten bereits die absolute Mandatsmehrheit zu bekommen. (Abg. Petzner: In Mathematik musst du ei­nen Fleck gehabt haben!) – Ich war sehr gut in Mathematik. Danke, dass Sie darauf hinweisen, dass Sie das nicht verstanden haben. (Heiterkeit bei der FPÖ.)

Ein zweiter Punkt ist, dass mein Vorredner bereits in der ersten Minute – nicht erst in der 18. Minute – von seinem Strache-Komplex erfasst wurde und daher nur über Strache gesprochen hat. – Damit aber bereits genug. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Tatamtatamtatam! Wolle ma se reinlasse!)

Die Dringlichkeit unserer Anfrage zeigt sich ja eindeutig daran, in welchem Zustand der Staat ist, vor allem die Staatsverschuldung. Es wird hier so locker gesprochen und der Bundeskanzler drückt sich um Antworten. Tatsache ist aber, dass bereits im Bundesfi­nanzrahmengesetz im Mai dieses Jahres beschlossen wurde, in den nächsten vier Jah­ren weitere neue Schulden von 45,2 Milliarden € zu machen 45,2 Milliarden € neue Schulden!

Wir zahlen bereits derzeit über 7 Milliarden € pro Jahr nur für Zinsen. Das sind in etwa 10 Prozent der Einnahmen, die nur für Zinsen aufgewendet werden. Das steigt jetzt noch bis 2014 auf 16 Prozent, und es ist durchaus möglich, dass es an die 20 Prozent geht – 20 Prozent der Einnahmen, die nur für Zinsen verwendet werden!

Was das etwa für einen privaten Haushalt – der vielleicht 2 000 € pro Monat verdient und dann 320 bis zu 400 € nur für Zinsen aufwenden müsste – bedeuten würde, wäre, dass ein solcher Haushalt in Wirklichkeit nicht mehr zahlungsfähig wäre und nicht mehr funk­tionieren könnte.


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Damit ist die Dringlichkeit unserer Anfrage ganz eindeutig belegt, und wir haben ja ge­sehen: Es gab die Krise, die jetzt angeblich bewältigt ist – ich bin noch sehr skeptisch –, und plötzlich hatte man den Eindruck, es gibt wegen der Krise auch eine ernste Dis­kussion darüber, wie der Staat aufgebaut werden muss und wo einmal wirklich gespart werden kann.

Ein kurzes Fenster gab es – und dann ist wieder das passiert, was immer passiert. Die Regierung hat die Budgeterstellung hinausgezögert, man hat gesagt: Warten wir ein­mal ab, ob wir noch konkretere, neuere Zahlen bekommen. Siehe da, jetzt gibt es bes­sere Zahlen, bessere Prognosen, und schon ist alles wieder gestorben.

Ich muss sagen, es wäre vielleicht ganz gut gewesen, das Budget rechtzeitig vorzube­reiten, rechtzeitig darüber zu debattieren, denn dann wäre es nämlich im Geist der ech­ten Ersparnisse gestanden und nicht wie jetzt wieder in dem Geist: Es geht eh alles und wir können das Geld beim Fenster hinausschmeißen! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich habe gehofft, dass die heiligen Kühe dieser Republik einmal angeschaut werden, dass wir wirklich die Verwaltung durchforsten und dass wir Punkt für Punkt durchge­hen, welche Institutionen und welche Behörden in welchem Ausmaß erforderlich sind. Das alles ist wieder gestorben.

Ein wesentlicher Grund dafür, dass der Staat in diesem Zustand ist, ist jedenfalls die Auf­teilung der Steuern und die Möglichkeit der Länder, über den Steuerausgleich den Bund in Geiselhaft zu nehmen, zu erpressen.

Es wäre durchaus einmal eine interessante Idee, die Steuerhoheit zumindest teilweise den Ländern zu übergeben, damit es da eine echte Konkurrenz gäbe und damit auch die Länder einmal in die Situation kämen, das mit ihren Bürgern zu verhandeln und ihren Bürgern klarzumachen, weshalb sie diese Steuereinnahmen in dieser Höhe brauchen. (Zwischenruf des Abg. Großruck.)

Das wäre ein sehr interessanter Ansatz, denn die Länder leisten einen sehr großen Bei­trag dazu, dass das Defizit steigt. Es ist ja bereits heute  selbstverständlich, so kurz vor der Wahl  Wien zur Sprache gekommen. Wien etwa macht in diesem Jahr 800 Millio­nen € Schulden. Herr Cap hat heute ja mit großem Eifer hier erklärt, wie gut Wien nicht ist, aber er hat dabei sehr vieles verschwiegen.

Mit einem hat er recht: Wien ist eine wunderbare Stadt, insbesondere für Touristen und für Spitzenmanager. Allerdings erfreuen die sich, wenn sie nach Wien kommen, nicht an den Dingen, die die Sozialisten  oder, wie es jetzt heißt, Sozialdemokraten  ge­schaffen haben, sondern an der Infrastruktur, an dem Trinkwasser, an den Bauten, am Stephansdom und an der Verwaltung, die sie bereits vorgefunden haben. (Abg. Neu­bauer hält das Buch „Die große Verschleierung“ von Alice Schwarzer in die Höhe.) Da­ran erfreuen sich in Wirklichkeit die Bürger, die nach Wien kommen, und dafür wird Wien geschätzt. (Beifall bei der FPÖ.)

Nein, eines gibt es, das wirklich die Sozialdemokratie geleistet hat, und das war der so­ziale Wohnbau, die Gemeindebauten  über Generationen von den Wienern für die Wie­ner als sozialer Wohnbau finanziert. Und was ist daraus geworden? – Erstens einmal werden keine neuen Gemeindebauten mehr errichtet, und zweitens werden sie in Wirk­lichkeit nur noch an Zuwanderer vergeben, nicht mehr an die eigene Bevölkerung, und auch da betreibt die SPÖ Schindluder mit ihren eigenen Leistungen. (Beifall bei der FPÖ.  Abg. Mag. Musiol: Ist auch die eigene Bevölkerung!)

Wie „gut“ die SPÖ in Wien regiert, sieht man daran, dass es in Wien eindeutig die höchs­ten Arbeitslosenzahlen gibt. Wir haben in Wien die bei Weitem höchsten Arbeitslosen­zahlen, und die Tendenz ist in Wien, im Gegensatz zu den anderen Bundesländern, stei­gend.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll79. Sitzung / Seite 62

In der Zeit des Bürgermeisters Häupl, in den letzten 14 Jahren, sind in Wien tatsächlich Arbeitsplätze verloren gegangen. (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.) Während in Ös­terreich 330 000 neue Arbeitsplätze geschaffen wurden, sind in Wien faktisch 3 000 Ar­beitsplätze verloren gegangen. Das ist die sozialistische Politik in Wien, die nicht gut­geredet werden kann, sondern die abgewählt werden muss! (Beifall bei der FPÖ.)

In Wien geht es wirklich um viel, in Wien geht es um alles für die SPÖ. Es geht darum, Wien und die Wiener weiterhin unter dem Druck zu halten, den sie haben, von der Wiege bis zur Bahre, wie es so schön heißt. Überall ist SPÖ drinnen, vom Kindergarten über die Wohnung, den Arbeitsplatz, das Pensionistenheim, das Kulturleben  überall ist SPÖ drinnen.

Es geht der SPÖ darum, weiterhin diese Möglichkeit zu haben, ihre eigenen Firmen zu bedienen, ihr eigenes Firmennetzwerk zu bedienen, weiterhin über die stadtnahen und städtischen Betriebe Parteipropaganda, Wahlwerbung zu unterstützen. Darum geht es, und das geht eben nur mit der absoluten Mehrheit, und genau darum muss diese abso­lute Mehrheit auch gebrochen werden. (Beifall bei der FPÖ.)

 


Präsident Fritz Neugebauer (das Glockenzeichen gebend): Ihr Schlusssatz, bitte.

 


Abgeordneter Mag. Harald Stefan (fortsetzend): Wer also tatsächlich will, dass Wien den Wienern Heimatstadt bleibt, und wer will, dass die sozialistische Alleinregierung vom hohen Ross gestoßen wird, der kann nur FPÖ wählen. (Beifall bei der FPÖ.)

15.36


Präsident Fritz Neugebauer: Herr Abgeordneter Scheibner hat sich zu einer tatsäch­lichen Berichtigung zu Wort gemeldet. – Bitte. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

 


15.36.26

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Meine Damen und Herren! Der Abgeordne­te Stefan hat in seiner Wahlrede die Behauptung aufgestellt, dass jede Stimme für das BZÖ die absolute Mehrheit für Bürgermeister Häupl erleichtern würde (Abg. Dr. Graf: Na geh bitte! Das ist doch keine Tatsächliche!) – na selbstverständlich! – und deshalb eine verlorene Stimme sei. – Diese Behauptung ist unrichtig!

Ganz im Gegenteil, solange nur vier Parteien im Wiener Landtag und Gemeinderat an­gesiedelt sind, hat Bürgermeister Häupl die Möglichkeit, auch mit 45 Prozent der Stim­men noch die absolute Mehrheit an Mandaten zu bekommen. (Zwischenrufe und Hei­terkeit bei der FPÖ.) Nur dann, wenn mit dem BZÖ eine fünfte Partei in den Landtag einzieht, ist die absolute Mehrheit für Häupl sicherlich weg. (Beifall beim BZÖ.)

15.37


Präsident Fritz Neugebauer: Zu einer weiteren tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Stadler zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


15.37.00

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Präsident! Sie haben mich dankens­werterweise darauf aufmerksam gemacht – ich gestehe das auch gerne ein –, dass ich einen Vereinsregisterauszug falsch zitiert habe. Der Kassier heißt nicht Andrej Karlo­bücavic (Abg. Weinzinger: Nein! Um das geht es gar nicht!), dieser blaue Serbenver­ein heißt in Wirklichkeit „Christlich-freiheitliche Plattform für ein freies Europa souverä­ner Völker (CFP)“, und ich habe den Kassier falsch genannt. (Abg. Vilimsky: Das ist doch ein Skandal!)

Der Kassier heißt nicht Andrej Karlobücavic, sondern Karlsbüca Andreas F., Dr., und dieser Karlsbüca ist nur zufällig vielleicht auch unser Kollege Karlsböck von der FPÖ. (Beifall beim BZÖ. Zwischenruf des Abg. Dr. Graf.)

15.37


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Katzian. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll79. Sitzung / Seite 63

15.38.00

Abgeordneter Wolfgang Katzian (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! An der letzten tat­sächlichen Berichtigung haben wir gesehen: Manche richten es sich halt so, wie es ih­nen gerade in den Kram passt, nicht? Wenn es gerade hineinpasst, ist es okay, wenn es nicht hineinpasst, dann sind die Gleichen die bösen Ausländer, die für alles verant­wortlich sind.

Diese Dringliche, meine Damen und Herren, ist der übliche Rohrkrepierer. Es ist ein Edelrohrkrepierer – das möchte ich mit aller Deutlichkeit unterstreichen –, denn was hier heute von der Freiheitlichen Partei gesagt wurde, was hier heute auch in die Diskus­sion eingebracht wurde, das hat mit irgendwelchen Vorschlägen nichts zu tun, das hat mit guten Ideen für die Zukunft nichts zu tun, das ist nicht einmal ein Wettbewerb um bessere Ideen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Kurzmann.)

Das ist überhaupt nichts. Das ist das übliche Abgeklatsche von Argumenten, die wir auch schon aus der Vergangenheit kennen, und daher sage ich Ihnen: Diese Dringli­che ist ein Rohrkrepierer – und jeder, der das sieht, wird das auch so zur Kenntnis nehmen und vollkommen klar sehen, dass das so ist! (Beifall bei der SPÖ. Abg. Neu­bauer neuerlich das Buch „Die große Verschleierung“ von Alice Schwarzer in die Hö­he haltend : Die Wahrheit wird uns frei machen!)

Sie kommen wieder mit den üblichen Argumentationen daher, mit den Übergangsfris­ten, darüber haben wir schon am 16. Juni diskutiert. Sie haben wieder den gleichen La­vendel verzapft wie damals, wider besseres Wissen. Sie wissen das ganz genau! Wenn wir das so durchführen würden, wie Sie das wollen, würde das ein Vertragsverletzungs­verfahren mit schweren Strafen für die Republik Österreich bedeuten  und Sie glau­ben es ja in Wirklichkeit eh selber nicht.

Sie wollen nur die Menschen und die Wählerinnen und Wähler für blöd verkaufen  und das ist es, was die Leute in Wirklichkeit erkannt haben, und daher werden sie Ihnen auch die Rechnung präsentieren. (Abg. Neubauer: Ihr verkauft’s es! ... Gewerkschaften!)

Diese Dringliche wäre eine gute Gelegenheit gewesen, einmal Ihr Verhältnis zum The­ma Verteilungsgerechtigkeit zu offenbaren. Und wenn ich mir den Entschließungsan­trag anschaue, den Sie heute eingebracht haben, dann muss ich sagen: Es ist zum wie­derholten Mal ein Haken geschlagen worden – einmal in die eine und einmal in die an­dere Richtung.

Im November 2005 hat der Herr Strache in der „Pressestunde“ erklärt, eine Reichen­steuer sei das Gebot der Stunde. Im August 2008 hat er in Oberösterreich erklärt, eine Vermögenszuwachssteuer sei ein absoluter Unsinn. Ein Jahr darauf, im September 2009, hat er gesagt, aus den Stiftungen könnte man 60 Milliarden € abschöpfen. (Abg. Neu­bauer: Verkürzt wiedergegeben! Das ist ja eine falsche Ansage!) Und heuer im August hat er wieder gesagt, er sei gegen eine Reichensteuer. Also einmal so und einmal so, wie es gerade passt und wen man gerade schützen möchte. (Abg. Neubauer: ... Rei­chensteuer für 300 000, 500 000 und 1 Million €!) Und heute wird ein dubioser Ent­schließungsantrag eingebracht, bei dem niemand genau weiß, was damit gemeint ist und was Sie damit wirklich bezwecken.

Sie haben ein gestörtes Verhältnis zum Thema Verteilungsgerechtigkeit. Ihnen ist es in Wirklichkeit wurscht, ob es gerecht zugeht. Aber ich sage Ihnen eines: Sie sind im Zu­ge dieser Wahlauseinandersetzung in Wien und vorher in der Steiermark draufgekom­men, dass die Vorschläge vonseiten der Sozialdemokratie zur Bankenabgabe, zur Stif­tungsbesteuerung, zur Vermögenszuwachssteuer, zur Vermögenssteuer für Vermögen über 1 Millionen € und zur Finanztransaktionssteuer, also zu mehr Verteilungsgerech­tigkeit, zu mehr Gerechtigkeit in der Bevölkerung, in dieser Gesellschaft sehr gut an­


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kommen, denn über 70 Prozent der Bevölkerung finden das klass. (Beifall bei der SPÖ.  Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Weil Sie dem nichts entgegenzuhalten haben, weil Sie da das letzte halbe Jahr einen inhaltlichen Zickzackkurs gefahren sind, haben Sie sich gedacht: Na, jetzt müssen wir ganz schnell vor der Wiener Wahl noch eine Dringliche Anfrage einbringen! – Und das ist sehr, sehr durchsichtig und durchschaubar. Und wenn Sie ... (Abg. Weinzinger: Dass Sie die Wahl verloren haben, ... !) Ja, ich sage Ihnen das schon. Warten Sie nur!

Was das 13. und 14. Gehalt betrifft, erzählen Sie irgendeinen Lavendel und irgendwel­che G’schichtln von wegen das will irgendjemand besteuern. Sagen Sie einmal dazu, wieso es ein 13. und 14. Gehalt überhaupt gibt! Das verhandeln die Gewerkschaften jährlich im Rahmen des Abschlusses der Kollektivverträge. Das 13. und 14. Gehalt ist in Wirklichkeit die Leistung, die in den Verhandlungen erbracht wird, gemeinsam mit den Arbeitgebern, und Sie brauchen nicht so zu tun, als ob das etwas wäre, das infrage ge­stellt wird. Es wird von niemandem von uns infrage gestellt und wird auch in Zukunft ei­ne wichtige Rolle spielen. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Neubauer: ... Pensionisten!)

Wenn aber jemand zum Auftakt der Lohnrunden in einer Art und Weise wie der freiheit­liche Wirtschaftstreibende Amann sagt: Wenn die Gewerkschaft den Hals nicht voll ge­nug kriegt, wird der Bissen irgendwann stecken bleiben!, dann weiß man ganz genau, wofür diese FPÖ steht, und man weiß auch ganz genau: Wenn man als Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerin in diesem Land eine gute Zukunft will, dann kann man die Frei­heitliche Partei nicht wählen, sondern dann muss man – nicht nur am kommenden Sonn­tag, aber ganz besonders an diesem kommenden Sonntag, weil es da um Wien geht – der Sozialdemokratie und Michael Häupl die Stimme geben. (Beifall bei der SPÖ.)

15.43


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Ikrath. – Bitte. (Abg. Neubauer: Sagen S’ dem Herrn Katzian, wie’s wirklich ist!)

 


15.43.22

Abgeordneter Mag. Peter Michael Ikrath (ÖVP): Herr Präsident! Werte Regierungs­mitglieder! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zuerst doch meiner Betrof­fenheit Ausdruck verleihen, und zwar meiner Betroffenheit als Milizoffizier dieses Bun­desheeres. Das Heer ist – ich glaube, darüber sind wir uns einig – eine der wirklich wich­tigen Institutionen dieses Staates. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. Abg. Scheibner: Wie war das mit der Verkürzung, Herr Kollege?)

Es garantiert Sicherheit und Hilfe bei Katastrophen. Dieses Heer muss zu schade sein, um es jetzt in Wien zu einem Instrument der Wählermobilisierung für einen offensicht­lich bereits unter massivem Druck befindlichen Bürgermeister zu machen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Diese Betroffenheit möchte ich zum Ausdruck bringen, aber auch Folgendes an die Adresse von Kollegem Pilz richten: Er spricht immer von lauter zwangsverpflichteten jungen Männern. Ich selber habe 30 Jahre lang an Übungen teilgenommen, und ich ha­be das gerne gemacht. Ich habe mich damals freiwillig zur Offiziersausbildung gemel­det, und ich sage allen hier – dir, Peter Pilz, und allen Fernsehzusehern und -zusehe­rin­nen –: Die Mehrheit der jungen Österreicher und jetzt auch Österreicherinnen ma­chen diesen Dienst gerne und mit Engagement, weil sie für Österreich, für dieses Ös­terreich einen Beitrag leisten wollen. (Abg. Scheibner: Wo lebst du, Herr Kollege?) Du, Peter Pilz, hast keine Übungen absolviert, ich hingegen habe das getan. – Gestehe mir daher diesbezüglich bitte Glaubwürdigkeit zu! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Wäre ich Bürgermeister Häupl, würde ich mich auch auf andere Themen konzentrie­ren, nämlich auf jene, die die Wiener wirklich bewegen. Eines dieser Themen ist, dass der Wirtschaftsstandort Wien in den letzten Jahren in der Konkurrenzfähigkeit immer wei­


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ter zurückgefallen ist, und zwar sowohl im Vergleich mit den Bundesländern als auch vor allem mit jenen Städten, die mit uns in einem Wettbewerb um Unternehmensansiedlun­gen und vor allem um Arbeitsplätze stehen, um die es ja immer geht.

Ich nenne Ihnen Zahlen aus dem jüngsten StandortRADAR des „management club“:

In der Attraktivität für Investoren und Unternehmer, die sich ansiedeln wollen, liegt Wien an achter Stelle im österreichischen Ranking. Nur das Burgenland liegt schlechter. Nie­derösterreich, Herr Professor Van der Bellen, liegt übrigens an zweiter Stelle. Wien ver­liert sogar gegenüber dem Vorjahresergebnis neuerlich – und das ist die größte Verschlech­terung einer regionalen Volkswirtschaft, die der StandortRADAR für 2009 erfasst hat.

Wenn man weiß, dass die Wirtschaft in Wien in den Jahren 2000 bis 2009 nur um 2,2 Pro­zent gewachsen ist Kollege Cap, weil du ja vorhin alles sehr schöngeredet hast , wäh­rend sie in Österreich um 2,9 Prozent, in den besten Bundesländern wie Oberöster­reich um 3,3 Prozent und in jeder Metropole, die mit Wien im Wettbewerb steht, um mindestens 3 Prozent gewachsen ist, dann muss man klar sagen, dass das einen un­mittelbaren Einfluss auf das Wichtigste hat, was es für die Menschen – auch in Wien – gibt, nämlich auf die Arbeitsplätze. Wien hat Arbeitsplätze verloren, die Bundesländer ha­ben Arbeitsplätze gewonnen.

Warum ist das so? – Jetzt komme ich zum Thema Bürokratiereform: Weil Wien eine überbordende Bürokratie hat, die sich nicht als Unterstützung und Service für Unter­nehmen und Wirtschaft sieht, sondern die die Wirtschaft und die Unternehmen verwal­tet, administriert, ja vielfach zu Tode administriert.

Das an einem Beispiel: Eine Betriebsgenehmigung dauert in Wien durchschnittlich 122 Ta­ge – sage und schreibe 122 Tage! In Niederösterreich dauert sie durchschnittlich 75 Ta­ge und in Preßburg 66 Tage – die halbe Zeit, und Zeit ist Geld in der Wirtschaft!

Wo siedelt sich ein Unternehmer also an: in Wien oder in Niederösterreich? – In Nieder­österreich, und wir müssen froh sein, dass er sich in Niederösterreich und nicht in Preß­burg ansiedelt! Wien hat da also eine große Aufgabe vor sich, was die Bürokratiereform betrifft. (Beifall bei der ÖVP.)

Wie finanziert die Stadt Wien die Bürokratie? Statt dass sie sie reformiert und ab­schlankt – sie hat immerhin doppelt so viele Beamte wie die gesamte EU – (Bemer­kung von der Regierungsbank: Das stimmt nicht!), zockt sie die Bürger mit Gebühren und mit Abgaben ab. In Wien werden die Bürger mit Gebühren zur Kasse gebeten, die österreichweit Spitzenwerte erreichen. In Wien sind es pro Haushalt im Durchschnitt jähr­lich 700 € – sage und schreibe 700 €! –, die zur Finanzierung dieser überbordenden Bü­rokratie abzuliefern sind, während es in den Bundesländern im Schnitt 450 € sind. Das heißt – in alten Schilling ausgedrückt –, dass jeder Haushalt in Wien im Jahr 3 000 S we­niger in der Haushaltskasse hat, als es in den Bundesländern der Fall ist. (Zwischenbe­merkung von Staatssekretär Mag. Schieder.)

Daher bitte ich jetzt darum, am nächsten Sonntag frischen Wind nach Wien zu bringen, dadurch dem Wirtschaftsstandort Impulse zu geben, dadurch die Bürokratie endlich zu reformieren und ihr eine neue Servicegesinnung für die Wirtschaft beizubringen. (Bei­fall bei der ÖVP. Zwischenrufe bei der SPÖ.)

15.48


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Musiol. – Bitte.

 


15.48.55

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte ZuseherInnen! Die Verwaltungsreform beschäftigt uns ja nicht erst seit heute, sondern schon seit Jahrzehnten. Kollege Cap, der wahrscheinlich einer der altgedien­testen Abgeordneten hier ist, hat diese Diskussion hier wahrscheinlich schon öfter ge­


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führt. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Umso weniger ist es verwunderlich, dass Sie sich heute eher dem Wien-Wahlkampf gewidmet haben und nicht dem Thema.

Wir haben hier auch schon seit über einem Jahr einen Ausschuss eingesetzt, der sich intensiv mit der Verwaltungsreform beschäftigen soll. Der Befund zum heutigen Tag ist: Dieser Ausschuss ist gescheitert  aber nicht, weil die Personen, die in diesem Aus­schuss gesessen sind, nicht arbeiten wollten  zumindest nicht alle nicht , auch nicht, weil die ExpertInnen, die eingeladen waren  auch LändervertreterInnen –, nicht konstruk­tiv mitgearbeitet haben, ganz im Gegenteil.

Der Unterausschuss, der sich mit der Schulreform beschäftigt hat, hat ganz klar gezeigt, dass man sich in der Analyse sehr einig ist  Kollege Van der Bellen hat das ja auch schon näher ausgeführt  und dass da auch ganz klar ist, wo die Bruchstellen sind. Da­mit hat man es aber auch bewenden lassen. Seit 15. April hat dieser Ausschuss nicht mehr getagt.

Herr Bundeskanzler! Sie sind leider schlecht informiert, wenn Sie sagen, dieser Aus­schuss hat mit einem Bericht geendet. Das Gegenteil ist der Fall. Am 15. April hat die­ser Ausschuss das letzte Mal mit den beiden Ministerinnen getagt, und seither ist nichts mehr geschehen, weder ein Bericht noch eine Regierungsvorlage, noch irgendeine Über­einkunft zwischen den Parteien und schon gar nicht ein weiterer Termin, um die ande­ren zehn Pakete hier im Parlament zu diskutieren.

Wenn man in das Internet schaut, dann findet man diesen Unterausschuss zur Verwal­tungsreform auf der Parlamentshomepage bei den unerledigten Gegenständen, und die­se Bezeichnung hat er wohl verdient.

Wir wollen uns jedoch nicht mit den akademischen Fragen der Verwaltungsreform be­schäftigen, denn in Wirklichkeit geht es doch darum, wen die Verwaltungsreform be­trifft. Betrifft die Verwaltungsreform nur uns PolitikerInnen, die sozusagen die eine oder andere Idee aus dem Hut hervorzaubern, oder betrifft sie nicht vielmehr – und das ist meine Meinung – die Menschen, die tatsächlich davon profitieren würden, wenn tat­sächlich Veränderungen vorgenommen würden. Im Bereich der Bildung beispielsweise betrifft sie die Kinder, die Schülerinnen und Schüler, die Studentinnen und Studenten. Sie betrifft vor allem auch den Bereich Kindergarten, zu dem ja auch die Arbeitsgruppe, die ExpertInnengruppe ganz klar betont hat, dass die dreigliedrige Kompetenz zu einem Wirr­warr in den Gesetzen, aber auch zu einer Ungleichbehandlung der Kinder in Österreich führt. Es hängt derzeit noch von der Postleitzahl ab, ob Kinder in diesem Land Bildungs­chancengleichheit haben oder nicht.

Da kann man kein einziges Bundesland ausnehmen, auch Wien nicht, wo es am kom­menden Sonntag auch um die folgende Frage gehen wird: Will man dieses Wahlkampf­zuckerl Gratiskindergarten, das für viele Familien eben kein Zuckerl war, sondern eine bittere Pille – weil sie keine Plätze bekommen haben, weil sie weiterhin Beiträge zah­len müssen, weil Kinder weiterhin in Gruppen mit 25 Kindern angeblich individuell ge­fördert werden, weil weiterhin Kindergartenpädagoginnen tätig sind, die am Rande des Burnout stehen, weil sie unter Arbeitsbedingungen arbeiten, die unmöglich sind –, wei­terführen oder nimmt man endlich die Bildungsreform ernsthaft in Angriff?

Schon vor Jahren haben meine VorgängerInnen gefordert, ein Bundesrahmengesetz zur Kinderbetreuung einzuführen, eine Vereinheitlichung vorzunehmen, Qualitätsstan­dards zu schaffen, die für alle Kinder gelten. Aus Kinderbetreuungseinrichtungen sollen wirklich Bildungseinrichtungen werden, Bildung, die diesen Namen auch verdient, soll ermöglicht werden. Die Parlamentsfraktionen der Regierungsparteien haben wieder einmal zu dem bei ihnen üblichen Mittel der Vertagung gegriffen. Wir werden heute wie­der einen Antrag einbringen, der dies beinhaltet. Aber dazu später.

Bei der Kinderbetreuung geht es nicht nur um Bildung, sondern Kinderbetreuung ist auch ein wesentlicher Beitrag zur Armutsbekämpfung. Wenn wir über das Thema Armut dis­


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kutieren, dann muss ich schon noch einmal mein absolutes Erstaunen bis Entsetzen darüber ausdrücken, was mit dem Familienbericht passiert ist. Sie haben es vielleicht schon den Medien entnommen. Wir haben den Familienbericht letztes Mal hier zur Dis­kussion vorliegen gehabt, und ich habe damals schon angemerkt, dass das Thema Ar­mut – und davon sind mindestens 100 000 Kinder in Österreich betroffen, davon sind mindestens eine Million Menschen in Österreich betroffen –, dass dieses Kapitel im Fa­milienbericht fehlt. Heute wissen wir, warum es gefehlt hat – weil Familienstaatssekre­tärin Marek, die, seit sie Spitzenkandidatin in Wien ist, ihre Arbeit als Familienstaatsse­kretärin niedergelegt hat, immerhin eines getan hat in dieser Zeit, also wenigstens ein­mal tätig war (Abg. Amon: Na geh, das stimmt doch überhaupt nicht!): Sie hat nämlich verhindert, dass dieses Kapitel im Familienbericht vorkommt. (Abg. Amon: Das soll ja nur ablenken von den internen Problemen der Grünen!)

Es hat 95 Seiten, die ein klarer Befund sind, dass diese Bundesregierung in Sachen Armutsbekämpfung im Europäischen Jahr der Bekämpfung von Armut untätig ist, dass keine der Maßnahmen, die die Bundesregierung bislang gesetzt hat, gegriffen hat. (Abg. Amon: Das stimmt ja gar nicht! Das sind ja alles nur Behauptungen!) Es ist offen­sichtlich unangenehm für eine Spitzenkandidatin der ÖVP, sich den Fakten zu stellen, dass es Armut gibt und dass es in ihrer Verantwortung läge, auch etwas dagegen zu tun, indem sie die Kinderbetreuung ausbaut, indem sie eine Mindestsicherung forciert, die diesen Namen auch verdient, indem sie Gespräche über Spitalskostenbeiträge für Kin­der und Ähnliches initiiert.

Zum Abschluss möchte ich noch unseren Entschließungsantrag betreffend Verwal­tungsreform – Kinderbetreuung – Familienbericht einbringen:

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler und der Bundesminister für Wirt­schaft, Familie und Jugend, wird aufgefordert, umgehend eine Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes zur Schaffung einer Grundsatzkompetenz des Bundes für das Kinderbetreuungswesen sowie ein bundeseinheitliches Grundsatzgesetz zur Kinderbe­treuung vorzubereiten und entsprechende Vorlagen dem Nationalrat zuzuleiten.

Weiters wird die Bundesregierung aufgefordert, dem Nationalrat umgehend das zen­sierte Kapitel zum Thema „Armut und Armutsbedrohung“, das für den 5. Familienbe­richt 1999-2009 erarbeitet wurde, zur parlamentarischen Behandlung vorzulegen.“

*****

Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

15.55


Präsident Fritz Neugebauer: Der soeben eingebrachte Antrag steht mit in Verhand­lung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verwaltungsreform – Kinderbetreuung – Familienbericht eingebracht im Zuge der Debatte über die Dring­liche Anfrage der Abgeordneten Strache und KollegInnen betreffend „Reformieren statt abkassieren, wo bleiben Verwaltungsreform und Bürokratieabbau, Herr Bundeskanzler?“


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll79. Sitzung / Seite 68

Im Regierungsübereinkommen vom 2. Dezember 2008 wurde zur Konsolidierung des Budgets eine Verwaltungsreform versprochen. Eine Arbeitsgruppe bestehend aus dem Bundeskanzler, dem Bundesminister für Finanzen, zwei Landeshauptleuten, dem Prä­sident des Rechnungshofes und Vertretern des Wirtschaftsforschungsinstituts und des Instituts für Höhere Studien wurde eingesetzt. Elf Themenpakete hätten mit Problem­analysen, Lösungsvorschlägen und politischen Umsetzungsbeschlüssen abgearbeitet werden sollen. 22 Monate später schaut die Bilanz traurig aus. Kein einziges Arbeits­paket ist politisch abgearbeitet. Sieht man von den marginalen Anstößen zu den Unter­kapiteln „Supportprozesse“ und „E-Government“ des Arbeitspakets „Effizienz der Ver­waltung“ ab, stehen alle politischen Entscheidungen aus. Im Bereich Bildung etwa lie­gen der Arbeitsgruppe die Lösungsvorschläge der Expertengruppe seit 26. Mai 2009 vor! Im Jahr 2010 fand kein einziges Österreichgespräch mehr statt. Der begleitend eingerichtete Unterausschuss des Verfassungsausschusses zur Verwaltungsreform befasste sich ausschließlich mit dem Thema Bildung, die letzte Sitzung am 10. April 2010 endete ergebnislos. Ein politischer Wille zur Reform fehlt.

In der Problemanalyse der Experten betreffend „Aufgabenreform und Strukturbereini­gung“ wird die Kinderbetreuung als ein Themenbereich genannt, der aufgrund der be­stehenden Kompetenzaufteilung (Bund, Länder und Gemeinden) zu einem uneinheitli­chen Vollzug sowie einer Benachteiligung einzelner BürgerInnen führt. Diese Mehrglei­sigkeiten bewirken, so die Meinung der Experten, Strukturprobleme sowie einen erhöh­ten Verwaltungsaufwand.

Für die Kinderbetreuung sowie den elementaren Bildungsbereich hat die dreigliedrige Kompetenzaufteilung weitreichende Folgen: Ab welchem Alter ein Kind einen Kinder­garten oder eine Krippe besuchen darf, wie viel die Betreuung kostet, wie viele Kinder in einer Gruppe betreut werden, welche Qualifikationen das Personal zu erfüllen hat und wie viel Platz ein Kind zum Spielen hat, wird vom Burgenland bis Vorarlberg anders ge­regelt.

Die ungleiche Behandlung von Kindern in Österreich beruht nicht auf ihren unter­schiedlichen Bedürfnissen bei Bildung und Betreuung, sondern ist allein das Ergebnis der Länderkompetenz und ihrer unterschiedlichen Ausgestaltung.

Wie auch die Grünen – im Antrag 598/A(E) auf Einführung eines bundeseinheitliches Grundsatzgesetzes für Kinderbetreuung bereits gefordert haben – sieht die Experten­gruppe zur Verwaltungsreform Neu eine Notwendigkeit, die landesrechtlichen Regelun­gen zur Kinderbetreuung in eine einheitliche Vorschrift zusammen zu fassen.

Eine Vereinheitlichung ermöglicht nicht nur Chancengerechtigkeit in der frühkindlichen Bildung für alle Kinder sondern es wird dadurch auch ein Einsparungspotenzial er­öffnet. Jene frei werdenden Mittel werden dringend für einen weiteren Ausbau der Kin­derbetreuung benötigt.

Denn nicht nur die Vereinheitlichung der Landesgesetze zur Kinderbetreuung wird der­zeit auf die lange Bank geschoben. Auch der weitere Ausbau von Kinderbetreuungs­plätzen wird den Einsparungen geopfert. Die jährlichen Bundesmittel (von 2008 bis 2010 mit jährlich 20 Mio Euro) für den Ausbau von Kinderbetreuung sowie die Sprach­förderung im Kindergarten werden nun nicht mehr verlängert.

Weitere Bundesmittel wird es bis 2013 lediglich für das verpflichtende kostenlose Kin­dergartenjahr für alle 5-Jährigen geben. Diese Maßnahme ist zu begrüßen, trägt je­doch nicht dazu bei, dass der eklatante Mangel an Betreuungsplätzen behoben wird.

Welche außerordentlich wichtige Rolle Kinderbetreuungseinrichtungen für die Bekämp­fung von Familienarmut einnehmen, wurde auch im Kapitel über „Armut und Armutsbe­drohung“ im ursprünglichen Familienbericht 1999-2009 festgehalten. Dieses Kapitel fand jedoch, veranlasst durch Familienstaatsekretärin Marek, keinen Eingang in den kürzlich veröffentlichten Familienbericht 1999-2009 des Ministeriums (III-157dB).


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Die AutorInnen des 95-Seiten starken Armutskapitels haben neben einem umfassen­den Analyseteil zur Armutssituation von Familien auch Handlungsempfehlungen aus­gesprochen. Die Erwerbsarbeit wird darin als wichtigster Faktor für die Verhinderung von Familienarmut bewertet. Je stabiler die Erwerbstätigkeit in einem Haushalt ist, des­to niedriger ist auch die Armutsgefährdung.

Um jedoch einer Erwerbsarbeit nachgehen zu können bzw. das Ausmaß der Erwerbs­arbeit zu steigern braucht es, so die Meinung der ExpertInnen des Armuts-Kapitels, ein ausreichendes Angebot an Kinderbetreuung. Insbesondere AlleinerzieherInnen-Haus­halte haben große Probleme Erwerbsarbeit und Kinderbetreuung zu vereinbaren. Ein weiterer Ausbau des bestehenden Betreuungsangebots ist nach den Empfehlungen der ExpertInnen daher dringend notwendig.

Der 5. Österreichische Familienbericht 1999-2009, der am 22. September 2010 im Ple­num des Nationalrats behandelt wurde, wurde um zentrale Daten zur Armutssituation von Familien und Kindern bereinigt. Abgestimmt wurde demnach über eine unvollstän­dige, zensierte Fassung des 5. Familienberichts.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler und der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend, wird aufgefordert, umgehend eine Änderung des Bun­des-Verfassungsgesetzes zur Schaffung einer Grundsatzkompetenz des Bundes für das Kinderbetreuungswesen sowie ein bundeseinheitliches Grundsatzgesetz zur Kin­derbetreuung vorzubereiten und entsprechende Vorlagen dem Nationalrat zuzuleiten.

Weiters wird die Bundesregierung aufgefordert, dem Nationalrat umgehend das zen­sierte Kapitel zum Thema „Armut und Armutsbedrohung“, das für den 5. Familienbe­richt 1999-2009 erarbeitet wurde, zur parlamentarischen Behandlung vorzulegen.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Markowitz. – Bitte.

 


15.55.40

Abgeordneter Stefan Markowitz (BZÖ): Herr Präsident! Werte Bundesregierung! Ho­hes Haus! Wenn wir über Verwaltungsreform und über Einsparungen sprechen, dann müssen wir zwangsläufig auch über das Bundesheer sprechen. Da der Kollege von der ÖVP, der das Bundesheer so sehr lobte, den Rückschritt von acht auf sechs Monate bedauert hat, muss ich sagen, dass man nicht vergessen darf, dass es Ihr Bundesmi­nister Platter war, der den Wehrdienst von acht Monaten auf sechs gekürzt und damit die Miliz kaputtgemacht hat. (Beifall beim BZÖ.)

Ich finde es amüsant, dass gerade jetzt, natürlich knapp vor der Wahl, die SPÖ den Präsenzdienst thematisiert hat. Wir vom BZÖ diskutieren darüber ja schon lange, denn wir finden, dass es einfach nicht mehr zeitgemäß ist, dass 26 000 Jugendliche jährlich den Präsenzdienst ableisten. Ich stehe natürlich zum österreichischen Bundesheer. Was ich aber nicht möchte, ist, dass jährlich 26 000 Rekruten in Österreich damit nur ihre Zeit verplempern. Ich finde, wir brauchen ein attraktives Berufsheer. (Beifall beim BZÖ.)

Ein Berufsheer bedeutet gut ausgebildete Soldaten, etwa 15 000 Personen, die jeder­zeit einsatzbereit sind, die mit Freude den Dienst an der Heimat versehen und die auf ihren Beruf stolz sein können. Derzeit sind beim Bundesheer 26 000 Leute in Ausbil­


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dung, die monatelang ihre Zeit absitzen und aus dem Arbeitsprozess rausgerissen wer­den. Die Zeiten sind vorbei, in denen man nach sechs Monaten, sofern man bei einem großen Konzern arbeitete, einfach wieder seinen Arbeitsplatz bekommen hat. Ich gehe davon aus, dass von den 26 000 einige leitende Positionen bekleiden, und da kann mir dann niemand von Ihnen erzählen, dass sie alle danach wieder in ihren Job zurückkeh­ren können. (Beifall beim BZÖ.)

Da ich von da oben den Ruf „Jugendliche“ höre: Was man nicht vergessen darf, ist, dass durch diese 26 000 Jugendlichen der Wirtschaft jährlich 200 Millionen € verloren­gehen, weil sie nicht mehr auf ihrem Arbeitsplatz in der Wirtschaft arbeiten. Zudem müs­sen sie nach dem Präsenzdienst danach trachten, wieder eine Arbeitsstelle zu finden.

Ich bin auch der Meinung, dass die Entlohnung von 289 € im Monat viel zu gering ist. Was schaffen wir dadurch? – Wir schaffen dadurch die Verschuldung von morgen, denn mir kann niemand erzählen, dass jemand, der einen Job gehabt hat und dann auf ein­mal beim Bundesheer ist, auch wenn er Verpflegung, Unterkunft et cetera bekommt, mit 289 € auskommt. Im Gegenteil! Nach der Ableistung des Präsenzdienstes sind alle ver­schuldet und müssen jahrelang das Geld wieder zurückzahlen. Das ist sicher nicht ziel­führend! (Beifall beim BZÖ. – Abg. Ing. Hofer: Waren Sie überhaupt beim Bundesheer?)

Darum noch einmal die Forderung: Ein effizientes Berufsheer, 15 000 Menschen, 15 000 Frauen und Männer, die sich dazu bereit erklären, diesen Beruf zu wählen, auf die Österreich stolz sein kann. Was ich niedergeschrieben haben möchte, ist, dass sie auch für den Katastrophenschutz jederzeit einsatzbereit sind. Es darf nicht sein, dass, wenn wir dann ein Berufsheer haben, alles auf die Feuerwehren abgewälzt wird, die sowieso ehrenamtlich sehr viel leisten. (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Rädler.)

Ich wünsche mir natürlich auch eine Aufwertung der Feuerwehren, denn da liegt so viel Kapital drinnen, so ein Potenzial, was Einsparungen betrifft, dass wir danach die Feu­erwehren und den Berufsstand des Bundesheeres aufwerten können. (Zwischenruf bei der FPÖ.) – Bitte, ich verstehe Sie nicht! – Okay, das kannst du nicht wissen, denn du warst ja nicht beim Bundesheer. Ich war ja dort, und deswegen weiß ich auch, was dort wirklich geschieht. (Beifall beim BZÖ.)

Ich möchte, dass ein Berufsstand geschaffen wird, auf den die Menschen wieder stolz sein können, dass sie einen Beruf haben, wegen dem sie nicht belächelt werden, dass sie etwas leisten für unser Land in schwierigen Zeiten, in Zeiten der Krise, bei Umwelt­katastrophen, dass sie dann sofort einsatzfähig sind. Heutzutage ist es ja auch so, dass kein Grundwehrdiener eine Motorsäge in die Hand nehmen darf. Sie sind quasi Lakaien ihrer Vorgesetzten, quasi deren Kofferträger. Schade um die Zeit! Sechs Monate! Damit kann man sicherlich etwas anderes, etwas Effizienteres für Österreich, für Wien und für das österreichische Bundesheer anfangen. – Vielen Dank. (Beifall beim BZÖ.)

15.59


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. – Bitte.

 


16.00.06

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist ein bisschen schwierig, mit Herrn Strache über seine Dringliche zu diskutieren, wenn er es nicht einmal für wert befindet, anwesend zu sein. Nicht, dass er mir besonders fehlen würde, aber offenbar ist er erschöpft, und so dringlich kann ihm sein dringliches Anlie­gen nicht gewesen sein. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Das liegt am Konsum!)

Ich kann nicht ganz die Lust nachvollziehen, mit der die ÖVP immer Wien, diese blü­hende Bundeshauptstadt, wirtschaftlich krankreden will, Wien, wo der Bürgermeister


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und die Finanzstadträtin gemeinsam mit der Wirtschaftskammer und der Industriellen­vereinigung eine sehr gute und erfolgreiche Wirtschaftspolitik machen.

Wien bleibt der Wirtschaftsmotor Österreichs. Im September dieses Jahres sind 1 800 Ar­beitsplätze mehr zu verzeichnen als im Vergleichszeitraum vor einem Jahr. Wien hat mit einem Paket von 700 Millionen € ein Konjunktur- und Arbeitsmarktpaket geschnürt, das sehr erfolgreich war. Der „European Cities Monitor“, für den Manager der 500 größ­ten Unternehmen befragt werden, hat Wien 2010 unter 36 Großstädten zum Aufsteiger des Jahres 2010 gewählt. Das ist ein großer wirtschaftspolitischer Erfolg und eine gro­ße Auszeichnung. Wien bleibt die Nummer eins bei Betriebsneugründungen und bei Be­triebsneuansiedlungen. Zirka 8 000 neue Unternehmen haben sich in Wien in einem Jahr neu angesiedelt. Das ist auch ein großer wirtschaftspolitischer Erfolg. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Thema Wehrpflicht: Ich begrüße sehr den Vorstoß des Wiener Bürgermeisters für eine Volksbefragung zur Wehrpflicht. (Abg. Scheibner: Warum stimmen Sie dann hier dagegen, wenn Sie so dafür sind?) Ja, das ist ein wichtiges Thema in der Lebenspla­nung von jungen Menschen, das ist keine Frage. (Abg. Scheibner: Dann stimmen Sie doch dafür!) Es ist auch nicht zufällig so, dass der Wiener Bürgermeister zu einem The­ma, das jungen Menschen so wichtig ist, eine Volksbefragung vorschlägt.

Der Wiener Bürgermeister hat Anfang des Jahres eine Volksbefragung durchführen lassen und dann Schritt für Schritt den Willen der Wiener Bevölkerung umgesetzt, der jungen Wienerinnen und Wiener zum Beispiel mit der 24-Stunden-U-Bahn. Das ist also ein sehr wichtiger Vorstoß im Sinne der jungen Menschen in unserem Lande.

Der Wiener Bürgermeister selber hat heute im „Mittagsjournal“ gesagt, dass eine derar­tige Volksbefragung natürlich gut vorbereitet und ausdiskutiert werden soll. (Abg. Scheib­ner: Na dann bereiten Sie einmal vor!) Der Herr Bundeskanzler hat diese Vorgangs­weise unterstützt, auch unser Klubobmann.

Sie sehen also: Es ist uns sehr ernst mit diesem Vorhaben, hierüber eine Volksbe­fragung durchzuführen. (Abg. Scheibner: Ja dann stimmen Sie doch gleich mit!) Da, wie der Kollege vorhin richtig gesagt hat, das Bundesheer eine wichtige Institution in unserem Lande ist, müssen Experten erst einmal die Grundlagen vorbereiten, und dann werden wir einer entsprechenden Volksbefragung zustimmen, sie selber einbringen, aber heute, Herr Kollege Pilz, Ihrem Antrag noch nicht zustimmen.

Frau Kollegin Musiol fordert eine bundeseinheitliche Regelung im Kindergartenwesen. Sie werden verstehen, Frau Kollegin, dass ich als Wienerin da nicht besonders begeis­tert bin: Wenn man sich das Niveau bei der Kinderbetreuung in Wien anschaut, wo wir mit Abstand das beste Angebot haben, die größte Dichte, die besten Öffnungszeiten, dann wollen wir nicht auf ein anderes Niveau zurück. (Abg. Mag. Musiol: Sie sind doch in der Bundesregierung! Dann setzen Sie sich dort doch gegen die ÖVP durch!)

Wenn sich andere Bundesländer diesem Niveau anschließen wollen, hier aufholen wol­len, dann unterstützen wir das sehr und freuen uns. Es gibt ja zum Glück auch wieder die Anstoßfinanzierung vonseiten des Bundes, die ja seinerzeit von der Freiheitlichen Par­tei gemeinsam mit der ÖVP abgeschafft wurde. Jetzt kann im Bereich der Kindergärten wieder ausgebaut werden. In Wien wird das sehr engagiert in Angriff genommen.

Zum Schluss möchte ich noch die Aussage des Herrn Bundeskanzlers sehr begrüßen, einen nicht geplanten Steuerzuwachs in den nächsten Jahren gezielt für Bildung und Universitäten einzusetzen. Das ist eine sehr richtige Zukunftsentscheidung, Herr Bun­deskanzler! Das sind wichtige Investitionen in die Zukunft des Landes. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Dafür reden und dagegen stimmen, das ist schon ein Jammer!)

16.04



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Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schittenhelm. – Bitte.

 


16.04.54

Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Geschätzte Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Vorwahlzeiten sind Zeiten der allgemeinen Unvernunft. Das ist ein Zitat. Was glauben Sie, von wem? – Es stammt von Bürgermeister Häupl, und er hat recht, wenn er das sagt. Die heutige Sondersitzung ist geprägt von dieser Unvernunft. Zu diesem Schluss komme ich, wenn ich die verschiedenen Redebeiträge noch einmal Revue passieren lasse. Das ist wirklich zwischendurch auch immer wieder beschämend, wenn man hier bestimmte Aussagen hört.

Ich möchte das eine oder andere doch nicht im Raum stehen lassen, zum Beispiel das, was Kollegin Lapp beim Aufzählen der Verschuldung der Bundesländer gesagt hat. Da bitte ich schon, auch zu unterscheiden, und alle, die sich mit Budgets befassen, wis­sen, dass es einen Unterschied zwischen Schulden und Investitionen gibt. Wenn das Bun­desland Niederösterreich 27 Spitäler in Landesverantwortung und Landesbudgetierung übernommen hat, und das eigentlich primär von roten Städten wie Korneuburg, Wiener Neustadt, Stockerau – ich weiß, wovon ich rede, und weiter möchte ich das gar nicht ausführen –, wenn Niederösterreich heute mit MedAustron ein europaweites Vorzeige­projekt wissenschaftlicher Forschung hat, die hier bei uns in Niederösterreich stattfin­den wird, dann, muss ich sagen, ist das eine Investition in die Gesundheit, in die Wis­senschaft und Forschung, in die Zukunft.

Wenn Herr Abgeordneter Van der Bellen und auch Herr Abgeordneter Pilz gesagt ha­ben, meine Damen und Herren – und ich wiederhole das, denn das muss man wirklich noch einmal hören –, dass es eigentlich eine sinnlose Zeit ist für die Soldatinnen und Soldaten, beim Bundesheer zu dienen, eine sinnlose Zeit für die Rekruten, dann frage ich mich schon, ob es sinnlos ist, sich ausbilden zu lassen, um im Ernstfall, im Krisen­fall auch wirklich einsatzfähig zu sein, wenn es um den Mannschutz geht, wenn es um den Schutz des Kameraden geht und auch um die Bevölkerung. (Abg. Scheibner: Ist man ja nicht!)

Ist das denn sinnlos? – Ich hinterfrage das. Und ich frage mich auch, was Soldatin­nen und Soldaten des österreichischen Bundesheeres heute, wenn sie das gehört ha­ben, wirklich empfinden. Ist das denn das Vertrauen, das sie sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten erarbeitet haben? – Nein, sie haben sich ganz etwas anderes ver­dient, nämlich unsere Hochachtung und unseren Respekt! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Wenn ich die Ausführungen des Herrn Stadler auch noch ganz kurz kommentieren darf: Er spricht von der Kommunalpolitik und von den Bürgermeistern, denn er wisse ja, was da passiere. – Es hat einen Grund, warum er nie in eine derartige Funktion ge­wählt wurde: weil man ihn nämlich nicht will, weil man keinen Nestbeschmutzer will, weil man jemanden möchte, der sich in der Kommune auskennt, der weiß, wo es die Bürgerinnen und Bürger drückt.

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Stadler – oder nicht sehr geehrter Herr Abgeordneter Stadler! (Abg. Mag. Stadler: Lassen Sie das einfach weg! Heucheln Sie nicht!) Ich möchte dazu sagen, dass wir, die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, keine Orts­kaiser sind. Wir sind jene, die vor Ort schauen, dass es funktioniert in der Verwaltung, im Umgang mit den Bürgerinnen und Bürgern. Wir tragen Verantwortung, und das soll­ten Sie wissen und sich nicht hier herstellen und die Bürgermeisterinnen und Bürger­meister in Österreich anschütten. Dagegen verwahren wir uns! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Einen Satz noch zur Verwaltungsreform, ganz kurz (Abg. Mag. Stadler: Frau Bürger­meisterin! War es das schon? – Dann gehe ich jetzt!): Die heutige Sondersitzung steht ja unter dem Motto „Reformieren statt abkassieren“. Ich war sehr verwundert, dass das


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gerade die Freiheitlichen initiieren, denn vom Reformieren ist zum Beispiel im Stamm­bundesland Kärnten, wo ja die Freiheitlichen das Sagen und die Verantwortung haben, nichts oder nur sehr wenig zu spüren. Beim Abkassieren, wenn ich hier beispielsweise an die Hypo Alpe-Adria-Connection denke, ist man doch immer irgendwo mit dabei gewesen. Und daher verstehe ich eigentlich auch nicht, dass gerade die Freiheitlichen dieses Thema aufgreifen. Ich kann nur eines sagen: Wir, die Volkspartei, sagen: Stabi­lisieren der Republik, Stabilisieren der Finanz und der Wirtschaft durch Reformieren, das ist unser Weg! (Beifall bei der ÖVP.)

16.08


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Klubobmann Dr. Glawischnig-Piesczek. – Bitte.

 


16.09.04

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Die Kol­legInnen vor mir haben beschworen, dass es um die Zukunft, um die Lebenszeit von jungen Menschen geht. Wissen Sie, wann das erste Mal ein SPÖ-Bundeskanzler die Abschaffung der Wehrpflicht als Wahlkampfzuckerl in einem Wahlkampf versprochen hat? – Es werden sich manche noch erinnern: Das war 1998/1999 und das war damals Bundeskanzler Klima. Mittlerweile ist dieses Versprechen der Sozialdemokratie zehn Jahre alt, und ich bin der Meinung, wenn man die Worte eines Bundeskanzlers, auch Ihre, ernst nimmt, dann sollten Sie sich selber ernst nehmen und heute auch zu diesen Entscheidungen in einer Abstimmung stehen und sich nicht wieder dahinter verkriechen, dass Sie etwas gar nicht so meinen, wie Sie es sagen. (Beifall bei Grünen und BZÖ.)

Wenn Sie es auch tatsächlich ernst meinen, was das Schicksal der jungen Menschen, der jungen Männer betrifft, dann könnte der zuständige Bundesminister ohne irgendein Problem, ohne eine Verfassungsmehrheit in diesem Haus ab 1. Jänner nächsten Jah­res, ab 2011, die allgemeine Wehrpflicht einfach einmal aussetzen, damit nicht zusätz­lich Stunden, Wochen, Monate an Lebenszeit von jungen Menschen vergeudet wer­den. Die brauchen wir nämlich dringend in der Ausbildung und in der Wirtschaft. Sie könnten das ohne Ihren Koalitionspartner machen und Sie könnten damit den Beweis antreten, dass Ihnen das Schicksal der Menschen wirklich wichtig ist und dass Sie nicht nur drei Tage vor einer Wahl große Schlagzeilen in ihrem Tagesblatt, in „ÖSTER­REICH“, einfach als Wahlkampfzuckerl austeilen. Also machen Sie ernste Politik und stehen Sie zu dem, was Sie sagen!

Ich würde mir auch wünschen, dass Sie zu dem stehen, was Sie zu den Bereichen Bil­dung, Steuerreform und Budget sagen. Sie haben nämlich letzte Woche gesagt – auch in dieser Zeitung, in „ÖSTERREICH“ –: „Ich bin dafür, dass wir den nicht geplanten Steu­erzuwachs im neuen Budget ganz gezielt für Bildung und Unis einsetzen.“ Was diesen Steuerzuwachs von 1,5 Milliarden €, die wir glücklicherweise jetzt als Spielraum haben, betrifft, können wir jetzt entscheiden, was wir damit machen.

Wir haben das in der letzten Nationalratssitzung schon beantragt und wir machen das hartnäckig heute noch einmal, ganz in Ihrem Sinne, Herr Bundeskanzler Faymann. Stehen Sie zu dem, was Sie in der Öffentlichkeit erklären, und machen Sie heute den Weg dazu frei, das Bundesfinanzrahmengesetz aufzuschnüren, und unterstützen Sie tatsächlich die jungen Menschen! Es brennt an der Uni, es brennt an den Schulen und es brennt auch bei der Kinderbetreuung. Es ist notwendig, hier einfach mehr Geld in die Hand zu nehmen und das Gesetz noch einmal aufzumachen.

Wie viel ist tatsächlich das Wort eines Bundeskanzlers wert? Sie können das heute ein­mal beweisen, ohne sich hinter dem Koalitionspartner et cetera zu verstecken. Neh­men Sie bitte auch die Bürgerin und den Bürger in dieser Form so ernst, dass Sie die Dinge, die Sie ständig nach außen versprechen, auch ein einziges Mal im Nationalrat


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll79. Sitzung / Seite 74

zur Abstimmung bringen und positiv erledigen! Sonst warten wir nämlich weitere zehn Jahre, bis in den Bereichen Bildung, Universitäten, Schule und Kindergarten tatsäch­lich ein Problem gelöst wird. So lange möchte ich jedenfalls nicht warten. (Beifall bei den Grünen.)

Alle haben heute über Wien geredet. Ich glaube, hätten wir in der Straßenbahn 25 Men­schen eingeladen und hätten sie gebeten, zur Steuerreform, zur Verwaltungsreform, zum Budget etwas zu sagen, sie hätten wahrscheinlich zielführendere Beiträge gehabt, als es sie heute in dieser Wiener Wahlkampfshow gab. Ich finde das schade, ich finde, das ist auch eine gewisse Ignoranz gegenüber der Bevölkerung, dass wir uns nicht ernsthaft mit den Themen auseinandersetzen, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen. Das ist tatsächlich jetzt das Budget.

Wie investieren wir? Wo sparen wir? Was machen wir vernünftigerweise, was machen wir nicht? – Antworten auf all diese Fragen sind Sie heute flächendeckend schuldig ge­blieben, auf ziemlich alle. Das ist sehr bedauerlich, denn es haben vielleicht einige Men­schen zugesehen, die sich zumindest eine seriöse Auseinandersetzung mit ihren Fra­gen erwartet haben. Im Übrigen, ich bin eine Wiener Bürgerin. Ich erlebe auch sehr viel, was tatsächlich aktuelle Auswirkungen Ihrer Politik in Wien betrifft, und ich möchte nicht, dass Bildungsqualität, dass Lebensqualität von der Postleitzahl abhängig ist. (Zwischen­rufe bei ÖVP und FPÖ.)

Ich möchte, dass Kinder, Jugendliche und junge Menschen in ganz Österreich bundes­einheitlich die höchsten und die besten Standards haben. Das haben wir im Moment nicht. Das ist mein Beitrag zum Wien-Wahlkampf. Ich möchte höchste Standards für alle Kinder in Österreich und nicht nur in Niederösterreich, Wien und der Steiermark. Das ist ja wirklich schon absurd! (Beifall bei den Grünen.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ihren Schlusssatz, bitte!

 


Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (fortsetzend): Ich bringe folgenden An­trag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Van der Bellen, Glawischnig-Piesczek, Walser, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Stärkung statt Kürzung der Bildung im Bundesfinanzrahmengesetz

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Novelle des Bundesfinanz­rahmengesetzes vorzulegen, welche die Kürzungen in den Bereichen Bildung und Wis­senschaft rückgängig macht und bis zum Jahr 2014 je eine zusätzliche Milliarde für die-
se beiden Zukunftsbereiche verankert.“

*****

Das ist in Ihrem Sinne, Herr Bundeskanzler. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

16.13


Präsident Fritz Neugebauer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Van der Bellen, Glawischnig-Piesczek, Walser, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Stärkung statt Kürzung der Bildung im Bundesfinanzrahmengesetz


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eingebracht im Zuge der Debatte über die Dringliche Anfrage der Abgeordneten Stra­che und KollegInnen betreffend "Reformieren statt abkassieren, wo bleiben Verwal­tungsreform und Bürokratieabbau, Herr Bundeskanzler?"

Begründung

"Ich bin dafür, dass wir den nicht geplanten Steuerzuwachs im neuen Budget ganz ge­zielt für Bildung und Unis einsetzen". Diese Aussage tätigte Werner Faymann in einem Interview vom 03.10.2010 mit der Zeitung "Österreich".

Bis 2014 wird aber, im Gegensatz zu dieser Aussage, bei Schulen und Universitäten gekürzt, besonders dramatisch im nächsten Jahr. Die Kürzungen betragen 2011 ins­gesamt 162 Millionen Euro (bei Schulen 112, bei Unis 50 Mio.). Das entsprechende Bundesfinanzrahmengesetz wurde am 19.5.2010 mit den Stimmen der Regierungspar­teien beschlossen.

Unterdessen warnen die Rektoren der heimischen Universitäten die Regierung vor den geplanten realen Kürzungen im Uni-Budget. Am 19. Oktober werden an allen Unis Voll­versammlungen von Lehrenden und Studenten stattfinden, um die Regierung zum Ein­lenken zu bewegen.

Bildung ist die zentrale Entwicklungsressource unserer Gesellschaft. Deshalb braucht es Investitionen statt kurzsichtiger Budgetsanierung auf Kosten der Kinder und Jugend­lichen. Das Bildungssystem ist in der Krise, die Ursachen und auch viele vernünftige Lösungsansätze sind bekannt. Nach Umfragen fordern 65% der ÖsterreicherInnen ei­ne grundlegende Reform des Bildungssystems.

Die Grünen fordern je eine Bildungsmilliarde bis 2014, also 250 Mio. pro Jahr zusätz­lich (kumulativ) für Kindergärten und Schulen als auch Universitäten, Fachhochschulen und Pädagogische Hochschulen. Dazu soll das Finanzrahmengesetz aufgeschnürt wer­den.

Es muss Investiert werden:

in individualisierten Unterricht in der Schule, etwa durch eine zusätzliche Lehrkraft in der Klasse: 1.000 Lehrkräfte zusätzlich, um Teamteaching, Begabungsförderung u.ä. mehr zum Besten der Kinder und Jugendlichen möglich zu machen.

in innovative und ökologisch nachhaltige Schulbauten mit viel Luft und Licht und ohne Barrieren, die SchülerInnen und Lehrkräften den ganztägigen Verbleib in der Schule er­möglichen;

in ein neues System der Ausbildung von Lehrkräften und ein reformiertes Dienst- und Besoldungsrecht, das höhere Einstiegsgehälter bei flacherer Gehaltskurve bietet und einen Auf- oder Umstieg innerhalb des Bildungssystems ermöglicht.

Es bedarf eines Ausgabenanstieges für den tertiären Bildungssektor auf 2% des BIP bis spätestens 2015, der sich im Bundesfinanzrahmengesetz 2011 – 2014 bereits nie­derschlagen muss. Der taktische Aufschub der Budgetverhandlungen ist verantwor­tungslos.

Das GRÜNE Finanzierungsmodell sieht daher vor:

Eindämmen der Mietenzahlungen an die BIG

Da von den Rektoraten und Schulstandorten die Mietenzahlungen an die BIG und die Betriebskostenvorschreibungen kaum beeinflusst werden können, sollte die marktbe­herrschende Stellung der BIG reduziert werden, da diese möglicherweise für überhöhte Entgelte genutzt wird.


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Umschichtungen zugunsten von Bildung

Sofortiger Verzicht auf umstrittene Investitionsausgaben, die mittel- bis langfristig mit höheren budgetären Folgekosten verbunden sind (z. B. für fragwürdige Verkehrspro­jekte), Vermeidung von Folgekosten im Bereich der Klimapolitik (z. B. thermische Sa­nierung von öffentlichen Gebäuden, insbesondere Universitäten)

Abbau von steuerlichen Privilegien

In jedem Steuersystem gibt es Steuerprivilegien, die z. T. historisch gewachsen sind, und deren Streichung sogar positive Wachstumseffekte auslösen könnte: z. B. Abbau der steuerlichen Förderung für die 2. und 3. Säule der Pensionsvorsorge inkl. der Prä­mie der Zukunftsvorsorge (Aufkommen potentiell mittelfristig rund 650 Mio. €) oder die Reduktion der steuerlichen Privilegien für Privatstiftungen der Begünstigungen im Rah­men der Gruppenbesteuerung (Aufk.pot. von mehreren 100 Mio. €).

Konjunkturgerechte und verteilungsverträgliche Steuererhöhungen

Abgabenerhöhungen, die vor allem die hohen und höchsten Einkommen betreffen; z. B. mittels Erbschafts- und Schenkungssteuer (Aufkommenspotenzial mindestens 1 Mrd. €) betreffen. Aufhebung der Spekulationsfrist vor allem bei Aktien im Rahmen der Ein­kommensbesteuerung (Aufkommen potentiell einige 100 Mio. €).

Betrugsbekämpfung

Die Betrugsbekämpfung bei der Umsatzbesteuerung in- und ausländischer Unterneh­men intensivieren sowie verstärkt Steuerrückstände eintreiben.

Umschichtung von Forschungsausgaben ("tax expenditures")

Von den Unternehmen in die universitäre Grundlagenforschung, Österreich hinkt bei den Mitteln in tertiäre Bildung im internationalen Vergleich nach.

Wir fordern daher die Bundesregierung zu einem sofortigen Umdenken auf, da die hier entstehenden Innovations- und Investitionslücken nachhaltig und über viele Jahre die Perspektiven von Bildung und Forschung auf das Schwerste beeinträchtigen. Der Ge­fahr eines dauerhaften Schadens für den Bildungssektor und die Forschung muss JETZT begegnet werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Novelle des Bundesfi­nanzrahmengesetzes vorzulegen, welche die Kürzungen in den Bereichen Bildung und Wissenschaft rückgängig macht und bis zum Jahr 2014 je eine zusätzliche Milliarde für diese beiden Zukunftsbereiche verankert."

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Lueger. – Bitte.

 


16.13.43

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kol­legInnen auf der Regierungsbank! Werte KollegInnen des Plenums! Ich möchte ein paar Gedanken aufgreifen, die heute in der Diskussion angesprochen wurden, und da neh­me ich gleich den ersten Redebeitrag von Kollegen Strache betreffend die Reichen­steuer her.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll79. Sitzung / Seite 77

Nur damit man sieht, wie durchgängig seine Meinung ist: 2005 hat er in einer ORF-Pressestunde gesagt – ich zitiere –: Ich finde es sehr vernünftig, und man muss auch eine Reichensteuer bei uns diskutieren. 2008 spricht er sich gegen die Vermögens­zuwachssteuer aus, mit der Aussage: Absoluter Unsinn, weil es den Mittelstand trifft. (Abg. Vilimsky: Das ist was anderes!) 2009 befürwortet er wieder die Reichensteuer. Im August 2010 ein neuerlicher Schwenk, da sind wir wieder gegen die Reichensteuer. Heute – hört, hört – sind wir wieder für die Reichensteuer. – Also das ist irgendwie sehr seltsam. (Abg. Strache: ... Tun Sie sich schwer, komplexe Zusammenhänge zu ver­stehen?!)

So, wir kommen kurz zur Verwaltung in Wien. Ich habe letztes Mal schon gesagt, dass nur 15 Prozent der Bediensteten in der Verwaltung tätig sind. Der Rest sind Dienstleis­terinnen und Dienstleister in der Krankenpflege, bei der Feuerwehr, bei der Rettung, in den Kindergärten, bei der Müllabführ und im Kanal- und Wasserbereich. Da kann ich jetzt nur sagen, Frau Kollegin Tamandl, Wien hat die Pensionsreform 2005 umgesetzt. Das ist erledigt. Und die privaten Spitäler, die Sie genannt haben, sind von der Stadt Wien mit 67,5 Millionen € subventioniert. (Abg. Neubauer: ... Bis 2042!)

Wenn ich jetzt weitergehe, hat Kollege Cap gesagt, beim Müll fällt ihm nichts ein. Mir fällt schon etwas ein: Entsorge dich selbst! (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Aus den Einnahmen, die mit den Gebühren hereinkommen, werden Infrastrukturpro­jekte gestartet, um die uns ganz Europa beneidet. Wenn wir dieses Geld nicht hätten, dann könnten wir unsere hohe Qualität in Wien nicht halten.

Aber eines ist für mich noch ein spannender Aspekt. Sie stellen sich immer dar, Herr Strache, als Held der kleinen Leute. Jetzt gehen wir einmal davon aus, dass Sie nicht an der schwarz-blauen Regierung beteiligt waren, und ich betrachte nur das Jahr 2008/2009: Was haben Sie für die kleinen Leute gemacht? (Zwischenrufe bei der SPÖ sowie des Abg. Neubauer.) Die vorgezogene geplante Pensionserhöhung haben Sie abgelehnt. Die Gratiskindergärten haben Sie abgelehnt. Die zwei Konjunkturbelebungspakete für Wien haben Sie mit Ihrer Partei abgelehnt. Die neue Mittelschule haben Sie abgelehnt und auch die neue Pendlerpauschale haben Sie abgelehnt. Sie machen Hetzkampagnen. Sie dividieren die Leute auseinander.

Ich komme jetzt noch kurz zum Thema Wohnen, Kollege Stefan. Jede zehnte Gemein­dewohnung wird an einen Nichtstaatsbürger vergeben. Die Basis dafür ist eine EU-Richt­linie. Schwindeln Sie da die Leute in Ihrer Zeitung an? Wohnungen nur für Wienerin­nen und Wiener? Aber das interessiert Sie vielleicht gar nicht, wenn Sie ein Luxus­appartement in Aussicht haben, wofür Sie 4 000 € Miete zahlen.

Diese vielen Auszeichnungen, die Wien erhalten hat, diese liebens- und lebenswerte Stadt, diese sichere Stadt beweisen, dass Wien unter der Federführung von Bürgermeis­ter Michael Häupl auf dem richtigen Weg ist. (Beifall bei der SPÖ.)

16.17


Präsident Fritz Neugebauer: Liebe Frau Kollegin, aus Respekt vor dem menschlichen Leben sollte man niemandem empfehlen, sich selbst zu entsorgen. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Neubauer: Bravo, menschenfreundliche SPÖ!)

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Cortolezis-Schlager. – Bitte.

 


16.17.39

Abgeordnete Mag. Katharina Cortolezis-Schlager (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bun­deskanzler! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Werte Kolleginnen und Kollegen! Re­formieren statt abkassieren, das ist nur gemeinsam möglich. Das hat der Rechnungs­hof festgestellt. Alle Anstrengungen, das Abkassieren zu verhindern, das Reformieren zu ermöglichen, sind nur in einem gemeinsamen Zusammenspiel von Bund, Land und


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll79. Sitzung / Seite 78

Gemeinde möglich. Kollege Cap, Kollegin Kuntzl und Kollegin Lueger haben heute Bei­spiele geliefert, warum der 10. Oktober dieses Jahres für dieses Parlament wichtig ist. (Abg. Neubauer: Weil Sie vielleicht heiraten!) Nur wenn hier gemeinsam vorgegangen wird, können wir diese Blockadepolitik beenden, die derzeit in Wien vorhanden ist.

Wir brauchen in der Bildung klare Verantwortlichkeiten. Wenn beispielsweise der Lan­deshauptmann und Bürgermeister gestern vom Land und von der Gemeinde mit einer Bundesheerdebatte ablenkte, dann deswegen, weil er sich ganz einfach den Verbesse­rungsideen, die wir im Bereich der Bildung einbringen, nicht stellen will. (Abg. Neubau­er: Eine Schande ist das!) Er kann heute schon gemeinsam mit der SPÖ ein Zehn-Punkte-Programm realisieren, das die Gesetze, die wir hier beschließen, in der Umset­zung in Wien rascher zu den Bürgerinnen und den Bürgern bringen würde.

Die verpflichtende Vorschule, als erste Maßnahme, mit einer verpflichtenden Vorberei­tungsklasse ist heute schon bei diesen Gesetzen möglich. Wir erwarten uns, dass jedes Kind, das mit der Schule beginnt, auch die entsprechenden Deutschkenntnisse mitbringt, um dem Regelunterricht folgen zu können. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Sie ha­ben bis heute diese Maßnahme nicht ausreichend umgesetzt und nicht ausreichend Leh­rer und Lehrerinnen zur Verfügung gestellt.

Ich komme zum Ausbau der Schulautonomie: Auch hier kann das Land die Pflichtschu­len den Bundesschulen gleichstellen. Bis heute haben Sie einen Warenkorb in Wien. Das heißt, meine Kolleginnen und Kollegen, wenn die Schule einen Fußball oder einen Volleyball braucht, dann bekommt sie keinen Fußball und keinen Volleyball, sondern sie bekommt stattdessen über den Warenkorb ein Küchenkästchen, obwohl sie das Kü­chenkästchen gar nicht brauchen kann. Das ist die Schulautonomie nach dem Ver­ständnis der Gemeinde Wien. (Zwischenruf des Abg. Scheibner.)

Kommen wir nun aber zur Planwirtschaft auch im Bereich der Nachmittagsbetreuung: 2006 haben wir hier im Haus beschlossen, dass jeder Elternteil einmal jährlich zu be­fragen ist, ob eine Nachmittagsbetreuung gebraucht wird oder nicht. Was macht die Stadt Wien? Die Eltern werden nicht befragt. Stattdessen werden meine Freunde, die keine Kinder haben, in Wien befragt – und das um 6 Millionen € –, ob sie denn viel­leicht künftig gern so eine Nachmittagsbetreuung hätten oder nicht.

Das ist nicht gesetzlich gedeckt, das ist nicht in Ordnung! Daher: Ab dem 11. Oktober müssen die Gesetze in Wien eingehalten werden, auch zur Befragung der Eltern. Wer eine Nachmittagsbetreuung braucht, hat nach dem geltenden Recht eine Nachmittags­betreuung auch tatsächlich vorzufinden und zu bekommen. (Abg. Mag. Stadler: Für das Protokoll: Kein Applaus von der ÖVP!)

Meine Damen und Herren! Kommen wir aber zum Abkassieren auch im Bereich des Schulbaus: Über den Finanzausgleich bekommt jede Schülerin, jeder Schüler die Mög­lichkeit, in einem Schulgebäude zu sitzen. In Wien bekommen wir aber keine Schulge­bäude, sondern Schulcontainer: Im Sommer Hitze, im Winter Frieren, das ist das Bil­dungskonzept der Wiener SPÖ. Ab dem 11. Oktober brauchen wir nicht Container, sondern moderne Schulgebäude, in denen Kinder lernen, spielen und ihre Freizeit ge­meinsam verbringen können! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Abschließend auch ein Wort zum Thema Musikschulen: He­ben wir die Musikschulplätze auf den Stand von Niederösterreich! Derzeit haben wir in Wien 30 Standorte und in Niederösterreich 420! Ab dem 11. Oktober brauchen wir mehr Musikschulplätze und eine Harmonisierung der Beamtenpensionen in der Stadt Wien. Fördern wir unsere Kinder in der Musikschule statt Beamte mit ihren Ärmelschonern! (Beifall bei der ÖVP.)

16.22


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Strutz. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll79. Sitzung / Seite 79

16.22.03

Abgeordneter Dr. Martin Strutz (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Hohes Par­lament! Nach Michael Jackson und diversen Wahlkampfaufrufen für die Wiener Land­tagswahl möchte ich kurz ein Thema der Verwaltungsreform anschneiden, wie es ge­plant ist und wie es aus Kärntner Sicht nicht stattfinden darf.

Im Justizbereich verbirgt sich unter dem Deckmantel strafrechtlicher Kompetenzzen­tren beziehungsweise eines strafrechtlichen Kompetenzpakets eine Verwaltungsreform.

Im Rahmen eines Gesetzentwurfes und einer geplanten Gesetzesnovelle sollen zu­künftig nur mehr vier Standorte in Österreich für Wirtschaftsdelikte mit einer Schadens­summe von mehr als 5 Millionen € zuständig sein und dort verhandelt werden. Das sind die Standorte Wien, Linz, Graz und Innsbruck. Der Standort Graz stellt für das Bundesland Kärnten ein außerordentliches Problem dar, denn im Zusammenhang mit der Schaffung dieser Kompetenzzentren stehen natürlich massive Personalkürzungen und eine massive Ausdünnung des Justizpersonals.

Die Richter und Staatsanwälte sehen gerade im Hinblick auf die derzeit laufenden Er­mittlungen in den Verfahren – ob es Hypo Alpe-Adria ist, ob es AvW ist, ob es andere Verfahren sind – sich selbst als eine Justiz zweiter Klasse. Mit der Schaffung dieser Kompetenzzentren dürften hier sozusagen alle aufwendigeren, qualitativ hochwertige­ren Verfahren zukünftig nur mehr in Graz verhandelt werden.

Was heißt das? Neben Planstelleneinsparungen und einer Zwei-Klassen-Justiz werden die Verfahren für jeden Einzelnen natürlich teurer werden, denn die Betroffenen – Zeu­gen, der eigentliche Bürger, der zu seinem Recht kommen möchte, Opfer oder Anwäl­te – müssen zukünftig die 150 Kilometer nach Graz fahren. Das führt zu einem Kosten­ersatz, zu einer Verteuerung der Verfahren und macht in Summe keinen Sinn.

Deshalb bringen wir einen Entschließungsantrag ein, der die Frau Justizministerin auf­fordert, „im Zuge der Schaffung der Wirtschaftskompetenzzentren keine Planstellen von Klagenfurt nach Graz zu verlagern, sicher zu stellen, dass am Gerichtsstandort Klagen­furt wie bisher alle in diesen Zuständigkeitsbereich fallenden Verfahren verhandelt wer­den und ein Justiztourismus“ – mit erhöhtem finanziellem Aufwand – „nach Graz ver­hindert wird“. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Ich darf auch den Zwischenruf beantworten: Wer sind „wir“? – Das sind wir, die Kärnt­ner Abgeordneten, die das nicht haben wollen, und die Freiheitlichen, die diesen Antrag unterstützen. (Beifall bei der FPÖ.)

16.25


Präsident Fritz Neugebauer: Herr Kollege Dr. Strutz, der Entschließungsantrag ist noch nicht bei den Kollegen der Parlamentsdirektion eingelangt. Das werden wir für das Cro­quis brauchen.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Linder. – Bitte.

 


16.25.39

Abgeordneter Maximilian Linder (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Geschätzte Dame, geschätzte Herren auf der Regierungsbank! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Besteuerung des 13. und 14. Monatsgehalts, die Streichung der 13. Kin­derbeihilfe, keine Massenbesteuerung, Bankenabgabe, die verlässlich kommt: Sind das alles Spekulationen oder ist das Wahrheit? Das wissen wir alle nicht. Das werden wir erst dann wissen, wenn das Budget vorliegt. Wir haben aber bis heute noch kein Budget.

Herr Bundeskanzler, dass Sie nicht dafür sorgen, dass das Budget vorliegt, dafür gibt es zwei Gründe: entweder sind diese Vermutungen wahr, oder Sie sind als Regierungschef zu schwach, dem Finanzminister den Auftrag zu geben, das Budget vorzulegen. Bewei­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll79. Sitzung / Seite 80

se werden wir erst bekommen, wenn das Budget auf dem Tisch liegt. Und ich glaube, dass vieles von dem, was befürchtet wird, wahr ist.

Herr Bundeskanzler, nach der Antragsbegründung von Klubobmann Strache haben Sie heute gesagt, dass wir uns keine Sorgen um die SPÖ zu machen brauchen. Das stimmt, um sie brauchen wir uns keine Sorge zu machen. Sorgen machen wir uns aber sehr wohl, wenn wir hören, dass soziale Leistungen wie die 13. Kinderbeihilfe gestrichen wer­den (Beifall bei der FPÖ) und im gleichen Atemzug im Agrarausschuss Kollege Eßl behauptet, wir müssten der Firma RAUCH, Herrn Mateschitz, dem Red Bull-Konzern, Agrarförderung in Millionenhöhe geben, weil sie Leistungen erbringen. Da frage ich Sie: Erbringen die vielen Mütter, die Kinder großziehen, keine Leistungen?! (Unruhe im Saal. – Abg. Neubauer: Ruhe! Man hört nichts mehr!)

Wir machen uns keine Sorgen um die SPÖ, wir machen uns Sorgen um das soziale Ge­füge hier in Österreich und vor allem darum, dass Sie, Herr Bundeskanzler, zu schwach sind, den sozialen Ausgleich herzustellen! (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben heute viel von Reformen gehört. Immer wieder war die erste reflexartige Re­aktion: Reformen ja, vor allem bei den Gemeinden, die Gemeinden strafen, die Ge­meinden kürzen, die Gemeinden zusammenlegen. – Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, keine Einheit ist so effizient wie die Gemeinden! Je kleiner die Gemeinde ist, desto effi­zienter ist sie, desto besser arbeitet sie und desto besser wird sie kontrolliert! (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Wir kleinen Gemeinden sind überschaubar. Ich glaube, das Gegenbeispiel ist die gro­ße Stadt Wien. Wie wir heute gehört haben, steht hier von der Wiege bis zur Bahre SPÖ drauf. Das wäre in einer kleinen Gemeinde nie möglich, weil wir vom Bürger kontrolliert werden und weil wir tagtäglich dem Bürger in die Augen schauen!

Lieber Ewald Stadler, jawohl, wir sind „Grüßauguste“, weil ich eben gerne zu meinem Bürger hingehe, ihm gerne die Hand gebe, ihm gerne in die Augen schaue, Kritik ein­stecke, wenn etwas nicht passt, und ihm auch helfe. Natürlich, wenn man das nie ge­macht hat, wenn man diese Bürgernähe nicht haben will, dann glaube ich gerne, dass man versucht, sich über die Bürgermeister lustig zu machen. (Zwischenruf der Abg. Ur­sula Haubner.)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ich sage: Reformen ja – aber nicht reflexartig die klei­nen Gemeinden abschaffen! (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeordneten Mag. Gaßner und Rädler.)

16.29


Präsident Fritz Neugebauer: Herr Abgeordneter Dr. Strutz hat mitgeteilt, dass er kei­nen eigenen Antrag eingebracht hat, sondern sich auf einen anderen, eigenständigen bezogen hat. (Abg. Mag. Stadler: Da war der Martin wieder mal gegen den Strutz, und Scheuch hat dann entschieden!)

Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zu den Abstimmungen.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Durchführung einer Volksbefragung über die Wehrpflicht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das findet keine Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Stra­che, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Solidarität statt Klassenkampf“.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.


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Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Pilz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Durchführung einer Volksbefragung über die Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht.

Wer diesen Antrag unterstützt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt. (Abg. Mag. Gaßner: Was ist denn mit euch? – Abg. Stra­che: Lest doch den Antrag durch!)

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verwaltungsreform – Kinderbetreu­ung – Familienbericht.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stärkung statt Kürzung der Bildung im Bundesfinanzrahmengesetz.

Wenn Sie diesem Antrag beitreten, bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Einlauf

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 1284/A(E) bis 1293/A(E) eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 6514/J bis 6536/J eingelangt.

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Der Ausschuss für Arbeit und Soziales setzt seine unterbrochenen Beratungen unmit­telbar im Anschluss an diese Sitzung im Lokal VI fort. Der Hauptausschuss nimmt un­mittelbar nach dieser Sitzung im Lokal IV seine Plenarberatungen auf, der Landwirt­schaftsausschuss in Lokal VIII 30 Minuten nach Schluss dieser Sitzung, das ist also um 17 Uhr.

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die für Mittwoch, den 20. Oktober, 9 Uhr, in Aus­sicht genommen wird, wird auf schriftlichem Wege einberufen werden.

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Diese Sitzung ist geschlossen.

16.31.53Schluss der Sitzung: 16.31 Uhr

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