Stenographisches Protokoll

89. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

 

XXII. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 9., und Freitag, 10. Dezember 2004

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 


Stenographisches Protokoll

89. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXII. Gesetzgebungsperiode

Donnerstag, 9., und Freitag, 10. Dezember 2004

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 9. Dezember 2004: 10.00 – 24.00 Uhr

                                           Freitag, 10. Dezember 2004:   0.00 –   0.28 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das Grenzkontrollge­setz, das Bundesgesetz über die Führung der Bundesgendarmerie im Bereich der Län­der und die Verfügung über die Wachkörper der Bundespolizei und der Bundesgen­darmerie und das Beamten-Dienstrechtsgesetz geändert werden (SPG-Novelle 2005)

2. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesverfassungsgesetzes, mit dem die Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit von Rechtsschutzbeauftragten verankert wird

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Umweltver­träglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert werden (UVP-G-Novelle 2004), und Bericht über den

Antrag 313/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Klaus Wittauer, Kolleginnen und Kol­legen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsge­setz 2000, BGBl Nr. 697/1993, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl I Nr. 50/2002, geändert wird

4. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesstraßengesetz 1971 und das Hochleistungsstreckengesetz geändert werden

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 geändert wird (AWG-Novelle 2004)

6. Punkt: Bericht über den Antrag 437/A der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über eine nachhaltige Abfallwirtschaft (Abfallwirtschaftsgesetz 2002-AWG 2002), BGBl. I Nr. 102/2002, geändert wird

7. Punkt: Bericht über den Antrag 29/A (E) der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend die Einführung von Einwegpfändern oder Einwegabga­ben zur Reduktion des Verpackungsabfalls


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89. Sitzung / Seite 2

8. Punkt: Bericht über den Antrag 244/A der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über eine nachhaltige Abfallwirtschaft (Abfallwirtschaftsgesetz 2002-AWG 2002), BGBl. I Nr. 102/2002, geändert wird

9. Punkt: Bericht über den Antrag 321/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Pfandsystem für Handys

10. Punkt: Bundesgesetz, mit dem der Finanzausgleich für die Jahre 2005 bis 2008 geregelt wird und sonstige finanzausgleichsrechtliche Bestimmungen getroffen werden (Finanzausgleichsgesetz 2005 – FAG 2005) und das Zweckzuschussgesetz 2001, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversiche­rungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Sonderunterstützungs­gesetz, das Heeresversorgungsgesetz, das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten, das Tabaksteuergesetz 1995 und das Bundesfinanzgesetz 2005 geändert werden

11. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird

12. Punkt: Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über eine Weiterführung der stabilitätsorientierten Budgetpolitik (Österreichischer Stabili­tätspakt 2005)

13. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körper­schaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuerge­setz 1994, das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz 1996, das Internationa­le Steuervergütungsgesetz, das Gebührengesetz 1957, das Konsulargebührenge­setz 1992, das Investmentfondsgesetz 1993, das EU-Quellensteuergesetz, das EG-Amtshilfegesetz, das Normverbrauchsabgabegesetz, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Kommunalsteuergesetz 1993, das Neugründungs-Förderungsgesetz, die Bundes­abgabenordnung, das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz, das Zollrechts-Durchführungsgesetz, das Finanzstrafgesetz, das Bewertungsgesetz 1955, das Erb­schafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 sowie das Bundesbahngesetz geändert werden (Abgabenänderungsgesetz 2004 – AbgÄG 2004)

14. Punkt: Bundesgesetz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen

15. Punkt: Bundesgesetz, mit dem Überschreitungen von Ausgabenansätzen der An­lage I des Bundesfinanzgesetzes 2004 bewilligt werden (Budgetüberschreitungsge­setz 2004 – BÜG 2004)

16. Punkt: Änderung des Bundesfinanzgesetzes 2004

17. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die integrierte Vermeidung und Verminderung von Emissionen aus Dampfkesselanlagen (Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen – EG-K) erlassen wird

18. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die statistische Erhebung des Warenverkehrs (Handelsstatistisches Gesetz 1995 – HStG 1995) geändert wird

19. Punkt: Bericht über den Antrag 477/A der Abgeordneten Mag. Walter Tancsits, Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz geändert wird

20. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz und das Arbeitsruhegesetz geändert werden

21. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Landarbeitsgesetz 1984 geändert wird


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89. Sitzung / Seite 3

22. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Ge­haltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Ausschreibungsge­setz 1989, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Auslandszulagen- und -hilfeleistungsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Bundesbediensteten-Sozialplangesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungs­gesetz, das Landesvertragslehrergesetz 1966, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrergesetz und das Unterrichtsprakti­kumsgesetz geändert werden (Dienstrechts-Novelle 2004)

23. Punkt: Bericht über den Antrag 472/A der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Dipl.-Ing. Uwe Scheuch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Privatradiogesetz und das Privatfernsehgesetz geändert werden

24. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Filmförderungsgesetz geändert wird

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 20

Ordnungsrufe ........................................................................................................  49, 279

Geschäftsbehandlung

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 39

Unterbrechung der Sitzung ........................................................................................ 161

Aktuelle Stunde (21.)

Thema: „Auswirkungen von illegalem Aufenthalt und Kriminaltourismus auf die österreichische Strafjustiz“ .................................................................................................................... 20

Redner/Rednerinnen:

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................... 20

Bundesministerin Mag. Karin Miklautsch ................................................................. 23

Mag. Heribert Donnerbauer ........................................................................................ 26

Mag. Walter Posch ....................................................................................................... 27

Dr. Dieter Böhmdorfer ................................................................................................. 29

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................... 31

Gabriele Tamandl ......................................................................................................... 32

Mag. Gisela Wurm ........................................................................................................ 33

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 34

Dr. Peter Pilz ................................................................................................................. 36

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 20

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 38


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89. Sitzung / Seite 4

Unvereinbarkeitsangelegenheiten

Neunter Bericht des Unvereinbarkeitsausschusses ...................................................... 39

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend 10 Jahre Bildungsministerin Gehrer – PISA-Absturz: Sind die Eltern schuld? (2381/J) ................................................................................................ 105

Begründung: Dr. Alexander Van der Bellen .............................................................. 110

Bundesministerin Elisabeth Gehrer ........................................................................ 114

Debatte:

Dieter Brosz ................................................................................................................ 118

Werner Amon, MBA ................................................................................................... 122

Dr. Alfred Gusenbauer .............................................................................................. 124

Mares Rossmann ....................................................................................................... 126

Sabine Mandak ........................................................................................................... 131

Dr. Gertrude Brinek ................................................................................................... 132

DDr. Erwin Niederwieser ........................................................................................... 135

Klaus Wittauer ............................................................................................................ 137

Michaela Sburny ......................................................................................................... 138

Mag. Dr. Alfred Brader .............................................................................................. 140

Beate Schasching ...................................................................................................... 141

Barbara Rosenkranz .................................................................................................. 142

Karl Öllinger ................................................................................................................ 144

Mag. Elisabeth Grossmann ...................................................................................... 145

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................... 146

Entschließungsantrag der Abgeordneten Werner Amon, MBA, Mares Ross­mann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reformdialog „Bildung“ – Annahme (E 79) .........................  129, 147

Entschließungsantrag der Abgeordneten Werner Amon, MBA, Mares Ross­mann, Kolleginnen und Kollegen betreffend rasche und effiziente Umsetzung von Schulreformmaßnahmen – Annahme (E 80)               134, 148

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Abschaffung qualifizierter Mehrheiten bei Schulgesetzen als Voraussetzung für eine umfassende Reform des Schulsys­tems – Ablehnung ............................................................  144, 148

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regie­rungsvorlage (643 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das Grenzkontrollgesetz, das Bundesgesetz über die Führung der Bundesgen­darmerie im Bereich der Länder und die Verfügung über die Wachkörper der Bundespolizei und der Bundesgendarmerie und das Beamten-Dienstrechtsge­setz geändert werden (SPG-Novelle 2005) (723 d.B.) ................................................................................................. 40

2. Punkt: Bericht und Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Entwurf eines Bundesverfassungsgesetzes, mit dem die Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit von Rechtsschutzbeauftragten verankert wird (724 d.B.) .................................................... 40


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89. Sitzung / Seite 5

Redner/Rednerinnen:

Dr. Josef Cap ................................................................................................................ 40

Mag. Wilhelm Molterer ................................................................................................ 43

Dr. Peter Pilz ................................................................................................................. 46

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................... 49

Bundesminister Dr. Ernst Strasser ........................................................................... 52

Rudolf Parnigoni .......................................................................................................... 54

Günter Kößl .................................................................................................................. 55

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................... 57

Markus Fauland ............................................................................................................ 58

Bundesministerin Mag. Karin Miklautsch ................................................................. 59

Mag. Norbert Darabos ................................................................................................. 61

Werner Miedl ................................................................................................................. 63

Mag. Brigid Weinzinger ............................................................................................... 66

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................... 68

Anton Gaál .................................................................................................................... 70

Ing. Norbert Kapeller .................................................................................................... 71

Katharina Pfeffer .......................................................................................................... 72

Mares Rossmann ......................................................................................................... 73

Otto Pendl ..................................................................................................................... 75

Matthias Ellmauer ........................................................................................................ 76

Ulrike Königsberger-Ludwig ...................................................................................... 77

Dr. Dieter Böhmdorfer ................................................................................................. 78

Mag. Walter Posch ....................................................................................................... 79

Karl Freund ................................................................................................................... 81

Dr. Elisabeth Hlavac ..................................................................................................... 82

Alfred Schöls ................................................................................................................ 82

Karl Dobnigg ................................................................................................................. 83

Walter Murauer ............................................................................................................. 84

Anton Heinzl ................................................................................................................. 85

Norbert Sieber .............................................................................................................. 87

Mag. Ruth Becher ........................................................................................................ 87

Hermann Gahr .............................................................................................................. 88

Mag. Gisela Wurm ........................................................................................................ 89

Erwin Hornek ................................................................................................................ 90

Jochen Pack .................................................................................................................. 90

Entschließungsantrag der Abgeordneten Anton Heinzl, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend mehr Sicherheit für St. Pölten, Steyr, Wels, Leoben, Eisenstadt und Wr. Neustadt – Ablehnung            86, 92

Annahme des Gesetzentwurfes in 723 d.B. .................................................................. 91

keine Beschlussfassung im Sinne des § 82 Abs. 2 Z. 1 der Geschäftsordnung in 724 d.B.                         92

Gemeinsame Beratung über

3. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (648 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert werden (UVP-G-No­velle 2004), und über den

Antrag 313/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Klaus Wittauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprü­fungsgesetz 2000, BGBl Nr. 697/1993, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl I Nr. 50/2002, geändert wird (757 d.B.) ........ 92


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89. Sitzung / Seite 6

4. Punkt: Bericht und Antrag des Umweltausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesstraßengesetz 1971 und das Hochleis­tungsstreckengesetz geändert werden (758 d.B.)    ............................................................................................................................... 93

Redner/Rednerinnen:

Dr. Eva Glawischnig .................................................................................................... 93

Karlheinz Kopf .............................................................................................................. 95

Heidemarie Rest-Hinterseer ....................................................................................... 96

Kai Jan Krainer ............................................................................................................. 97

Bundesminister Dipl.-Ing. Josef Pröll ........................................................................ 98

Klaus Wittauer ............................................................................................................ 100

Matthias Ellmauer ...................................................................................................... 101

Anton Heinzl ............................................................................................................... 102

Mares Rossmann ..............................................................................................  103, 157

Norbert Sieber ............................................................................................................ 104

Dkfm. Dr. Hannes Bauer ........................................................................................... 148

Fritz Grillitsch ............................................................................................................. 149

Petra Bayr ................................................................................................................... 150

Karlheinz Kopf ............................................................................................................ 152

Karl Dobnigg ............................................................................................................... 155

Johann Rädler ............................................................................................................ 156

Ing. Josef Winkler ....................................................................................................... 158

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 159

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Erarbeitung eines neuen UVP-Gesetzes – Ableh­nung .......................................  151, 162

Entschließungsantrag der Abgeordneten Fritz Grillitsch, Heinz Gradwohl, Mares Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zukunftsprojekt Mo­torsportzentrum Spielberg – Annahme (E 82)              158, 162

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 757 und 758 d.B. ......................................... 162

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 757 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Bericht über Umsetzung der Öffentlichkeitsbeteilungs-Richtlinie der EU (E 81) ..................... 162

Gemeinsame Beratung über

5. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (672 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 geändert wird (AWG-Novelle 2004) (759 d.B.) ...... 163

6. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 437/A der Abgeord­neten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über eine nachhaltige Abfallwirtschaft (Abfallwirt­schaftsgesetz 2002-AWG 2002), BGBl. I Nr. 102/2002, geändert wird (760 d.B.)                                                                                                                                                                     163

7. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 29/A (E) der Abge­ordneten Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Einführung von Einwegpfändern oder Einwegabgaben zur Reduktion des Verpackungsab­falls (761 d.B.) .............................................................................. 163

8. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 244/A der Abgeord­neten Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über eine nachhaltige Abfallwirtschaft (Abfallwirt­schaftsgesetz 2002-AWG 2002), BGBl. I Nr. 102/2002, geändert wird (762 d.B.)                                                                                                                                                                     163


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89. Sitzung / Seite 7

9. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 321/A (E) der Abge­ordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Pfandsystem für Handys (763 d.B.) .................. 163

Redner/Rednerinnen:

Georg Oberhaidinger ................................................................................................. 164

Konrad Steindl ............................................................................................................ 164

Dr. Eva Glawischnig .................................................................................................. 165

Klaus Wittauer ............................................................................................................ 166

Bundesminister Dr. Ernst Strasser ......................................................................... 167

Katharina Pfeffer ........................................................................................................ 168

Helga Machne ............................................................................................................. 169

Heidemarie Rest-Hinterseer ..................................................................................... 170

Dipl.-Ing. Elke Achleitner ........................................................................................... 171

Walter Schopf ............................................................................................................. 172

Erwin Hornek .............................................................................................................. 173

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 174

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ................................................................................. 174

Gerhard Steier ............................................................................................................ 176

Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer ..................................................................................... 177

Annahme des Gesetzentwurfes in 759 d.B. ................................................................ 178

Kenntnisnahme der vier Ausschussberichte 760, 761, 762 und 763 d.B. ................... 178

Gemeinsame Beratung über

10. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (702 d.B.): Bundesgesetz, mit dem der Finanzausgleich für die Jahre 2005 bis 2008 geregelt wird und sonstige finanzausgleichsrechtliche Bestimmungen ge­troffen werden (Finanzausgleichsgesetz 2005 – FAG 2005) und das Zweckzu­schussgesetz 2001, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbli­che Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Be­amten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungs­gesetz 1977, das Sonderunterstützungsgesetz, das Heeresversorgungsgesetz, das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Bundesgesetz über Krankenanstal­ten und Kuranstalten, das Tabaksteuergesetz 1995 und das Bundesfinanzge­setz 2005 geändert werden (731 d.B.) .......................................................................................... 179

11. Punkt: Bericht und Antrag des Finanzausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (732 d.B.) .......................... 179

12. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (701 d.B.): Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über eine Weiterführung der stabilitätsorientierten Budgetpolitik (Österreichischer Stabilitätspakt 2005) (733 d.B.) ....................................................... 179

Redner/Rednerinnen:

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................... 179

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll .................................................................................... 180

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 183

Josef Bucher ............................................................................................................... 186

Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser .....................................................  187, 204

Mag. Dietmar Hoscher ............................................................................................... 193

Jakob Auer .................................................................................................................. 194

Dr. Kurt Grünewald .................................................................................................... 196

Detlev Neudeck ........................................................................................................... 198


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89. Sitzung / Seite 8

Mag. Kurt Gaßner ....................................................................................................... 199

Fritz Grillitsch ............................................................................................................. 200

Michaela Sburny ......................................................................................................... 200

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ................................................................................. 202

Dkfm. Dr. Hannes Bauer ........................................................................................... 203

Dr. Werner Fasslabend .............................................................................................. 204

Mag. Melitta Trunk ..................................................................................................... 208

Franz Glaser ................................................................................................................ 209

Rainer Wimmer .......................................................................................................... 209

Mag. Walter Tancsits ................................................................................................. 210

Mag. Hans Langreiter ................................................................................................ 211

Georg Keuschnigg ..................................................................................................... 212

Helga Machne ............................................................................................................. 212

Astrid Stadler .............................................................................................................. 213

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................. 214

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Dr. Christoph Matznetter, Mag. Werner Kogler, Kol­leginnen und Kollegen betreffend verschärfte Bekämpfung des Tabakschmug­gels – Annahme (E 83) ....................................  182, 215

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 731 und 732 d.B. ......................................... 215

Genehmigung der Vereinbarung in 733 d.B. ................................................................ 216

Gemeinsame Beratung über

13. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (686 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Kör­perschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuer­gesetz 1994, das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz 1996, das Internationale Steuervergütungsgesetz, das Gebührengesetz 1957, das Konsu­largebührengesetz 1992, das Investmentfondsgesetz 1993, das EU-Quellen­steuergesetz, das EG-Amtshilfegesetz, das Normverbrauchsabgabegesetz, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Kommunalsteuergesetz 1993, das Neugrün­dungs-Förderungsgesetz, die Bundesabgabenordnung, das Abgabenverwal­tungsorganisationsgesetz, das Zollrechts-Durchführungsgesetz, das Finanzstraf­gesetz, das Bewertungsgesetz 1955, das Erbschafts- und Schenkungssteuerge­setz 1955 sowie das Bundesbahngesetz geändert werden (Abgabenänderungs­gesetz 2004 – AbgÄG 2004) (734 d.B.) .......... 216

14. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (642 d.B.): Bundesgesetz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundes­vermögen (735 d.B.) ................................. 216

Redner/Rednerinnen:

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................... 216

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll .................................................................................... 217

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 219

Josef Bucher ............................................................................................................... 221

Kurt Eder ..................................................................................................................... 222

Dr. Reinhold Mitterlehner .......................................................................................... 222

Michaela Sburny ......................................................................................................... 223

Dr. Michael Spindelegger .......................................................................................... 225

Marianne Hagenhofer ................................................................................................ 225

Ing. Hermann Schultes .............................................................................................. 227

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 228


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89. Sitzung / Seite 9

Dr. Werner Fasslabend .............................................................................................. 230

Kai Jan Krainer ........................................................................................................... 235

Mag. Peter Michael Ikrath .......................................................................................... 236

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................... 236

Dr. Ferdinand Maier ................................................................................................... 240

Gabriele Tamandl ....................................................................................................... 241

Detlev Neudeck ........................................................................................................... 242

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend weitergehende Maßnahmen gegen die von Diesel-Kfz aus­gehende Feinstaubbelastung in Österreich – Ablehnung ............................................................................................................  229, 244

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend gezielte Maßnahmen zur Stärkung der Rolle der öster­reichischen Biolandwirtschaft im Zusammenhang mit biogenen Treibstoffen – Ablehnung .....................................................................  239, 244

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 734 und 735 d.B. ......................................... 242

Gemeinsame Beratung über

15. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (644 d.B.): Bundesgesetz, mit dem Überschreitungen von Ausgabenansätzen der Anlage I des Bundesfinanzgesetzes 2004 bewilligt werden (Budgetüberschrei­tungsgesetz 2004 – BÜG 2004) (748 d.B.) .................................... 244

16. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (645 d.B.): Änderung des Bundesfinanzgesetzes 2004 (749 d.B.) ....................................................................... 244

Redner/Rednerinnen:

Mag. Johann Moser ................................................................................................... 245

Jakob Auer .................................................................................................................. 245

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 246

Dr. Christoph Matznetter (tatsächliche Berichtigung) .............................................. 247

Josef Bucher ............................................................................................................... 247

Staatssekretär Dr. Alfred Finz .................................................................................. 248

Ing. Kurt Gartlehner ................................................................................................... 248

Dr. Ferdinand Maier ................................................................................................... 248

Edeltraud Lentsch ...................................................................................................... 249

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 748 und 749 d.B. ......................................... 249

Gemeinsame Beratung über

17. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (626 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die integrierte Ver­meidung und Verminderung von Emissionen aus Dampfkesselanlagen (Emissi­onsschutzgesetz für Kesselanlagen – EG-K) erlassen wird (771 d.B.)     ............................................................................................................................. 250

18. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (651 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die statistische Erhe­bung des Warenverkehrs (Handelsstatistisches Gesetz 1995 – HStG 1995) ge­ändert wird (772 d.B.) .................................................. 250

Redner/Rednerinnen:

Michaela Sburny ......................................................................................................... 250

Karlheinz Kopf ............................................................................................................ 251

Mag. Johann Moser ................................................................................................... 252

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ................................................................................. 252


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89. Sitzung / Seite 10

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein .................................................................. 253

Kurt Eder ..................................................................................................................... 253

Klaus Wittauer ............................................................................................................ 254

Georg Oberhaidinger ................................................................................................. 255

Dkfm. Dr. Hannes Bauer ........................................................................................... 255

Ing. Kurt Gartlehner ................................................................................................... 256

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 771 und 772 d.B. ......................................... 256

Gemeinsame Beratung über

19. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 477/A der Abgeordneten Mag. Walter Tancsits, Sigisbert Dolinschek, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktpoli­tik-Finanzierungsgesetz geändert wird (773 d.B.) ...................... 257

20. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (664 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz und das Arbeitsruhegesetz geändert werden (774 d.B.)              ............................................................................................................................. 257

21. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (547 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Landarbeitsgesetz 1984 geändert wird (775 d.B.) ........ 257

Redner/Rednerinnen:

Franz Riepl .................................................................................................................. 257

Mag. Walter Tancsits ................................................................................................. 258

Karl Öllinger ................................................................................................................ 258

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................. 259

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein .................................................................. 259

Dr. Richard Leutner ................................................................................................... 260

Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler ........................................................................... 260

Ulrike Königsberger-Ludwig .................................................................................... 261

Maximilian Walch ....................................................................................................... 262

Walter Schopf ............................................................................................................. 262

Ing. Josef Winkler ....................................................................................................... 263

Georg Keuschnigg ..................................................................................................... 264

Ridi Steibl .................................................................................................................... 264

Christine Marek .......................................................................................................... 264

Annahme der drei Gesetzentwürfe in 773, 774 und 775 d.B. ...................................... 265

22. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (685 d.B. und Zu 685 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechts­gesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Bundes-Personalver­tretungsgesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Auslandszulagen- und -hilfeleistungsgesetz, das Pen­sionsgesetz 1965, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Bundesbediensteten-Sozialplangesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Landesver­tragslehrergesetz 1966, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Land- und forst­wirtschaftliche Landesvertragslehrergesetz und das Unterrichtspraktikumsgesetz geändert werden (Dienstrechts-Novelle 2004) (767 d.B.)                  266

Redner/Rednerinnen:

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................. 267

Fritz Neugebauer ........................................................................................................ 267


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89. Sitzung / Seite 11

Dr. Peter Wittmann .................................................................................................... 270

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 270

Dr. Reinhold Lopatka ................................................................................................. 271

DDr. Erwin Niederwieser ........................................................................................... 271

Markus Fauland .......................................................................................................... 273

Maria Grander ............................................................................................................. 273

Otto Pendl ................................................................................................................... 274

Michael Praßl .............................................................................................................. 274

Mag. Elisabeth Grossmann ...................................................................................... 275

Dr. Caspar Einem ....................................................................................................... 276

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Dipl.-Ing. Elke Achleitner, DDr. Erwin Niederwieser, Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein einheitliches Dienstrecht und bezüglich dienst- und besoldungsrechtliche Einstufung von Fachhochschulabsolventen/in­nen – Annahme (E 84) ........................................................................................  268, 278

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Elisabeth Grossmann, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Pensionskasse von der Harmonisierung be­troffene Beamte, die ausgegliederten Unternehmen zugewiesen sind – Ableh­nung .........................................................................................  275, 277, 278

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 277

23. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 472/A der Ab­geordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Dipl.-Ing. Uwe Scheuch, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Privatradiogesetz und das Privatfernsehgesetz geändert werden (768 d.B.)                    279

Redner/Rednerinnen:

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................. 279

Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer ............................................................................. 280

Peter Marizzi ............................................................................................................... 280

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................. 280

Mag. Hans Langreiter ................................................................................................ 281

Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler ............................................................................... 281

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 282

24. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über die Regierungsvorlage (704 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Filmförderungsgesetz geändert wird (766 d.B.) ................................................... 282

Redner/Rednerinnen:

Mag. Christine Muttonen ........................................................................................... 282

Dr. Andrea Wolfmayr ................................................................................................. 283

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ......................................................................................... 284

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................. 285

Staatssekretär Franz Morak ...................................................................................... 285

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................... 286

Dr. Gertrude Brinek ................................................................................................... 287

Hermann Krist ............................................................................................................ 288

Mares Rossmann ....................................................................................................... 289

Anita Fleckl ................................................................................................................. 290

Carina Felzmann ........................................................................................................ 290

Dr. Elisabeth Hlavac ................................................................................................... 291

Jochen Pack ................................................................................................................ 291

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 292


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89. Sitzung / Seite 12

Eingebracht wurden

Bürgerinitiativen .......................................................................................................... 38

Bürgerinitiative betreffend „Eine Volksabstimmung über die Ratifizierung des EU-Verfassungsvertrages (Vertrag über eine Verfassung für Europa)“ (Ordnungs­nummer 21)

Bürgerinitiative betreffend „Heilmasseurgesetz“ (Ordnungsnummer 22)

Gesetzesantrag des Bundesrates ............................................................................ 38

769: Gesetzesantrag der Bundesräte Jürgen Weiss, Kolleginnen und Kollegen vom 2. Dezember 2004 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird

Regierungsvorlagen ................................................................................................... 38

705: Vereinbarung über die Satzung der Europäischen Schulen samt Anhang

706: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik San Marino auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Proto­koll

707: Bundesgesetz, mit dem das Pensionskassengesetz, das Versicherungsauf­sichtsgesetz, das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuerge­setz 1988, das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, das Versiche­rungssteuergesetz 1953, das Betriebspensionsgesetz, das Arbeitsverfassungs­gesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Betriebliche Mitarbei­tervorsorgegesetz und das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz geändert werden

778: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Demokratischen Bundesrepublik Äthiopien über die Förderung und den Schutz von Investitionen

Zu 685: Änderung der Regierungsvorlage: Dienstrechts-Novelle 2004

Berichte ......................................................................................................................... 38

III-111: Wahrnehmungsbericht betreffend Ruhestandsversetzungen bei den Ös­terreichischen Bundesbahnen; Rechnungshof

III-114: Förderungsbericht 2003; Bundesregierung

III-116: Bericht betreffend die Umsetzung des Regressanspruchs des Letztver­käufers aufgrund der Entschließung des Nationalrates vom 28. März 2001, E 77-NR/XXI. GP; BM f. Justiz

III-117: Bericht über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Öster­reich 2003; BM f. Wirtschaft und Arbeit

Zu III-106: Austauschseite zum Wahrnehmungsbericht über Teilgebiete der Ge­barung des Bundes; Rechnungshof

Anträge der Abgeordneten

Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schutzzonen rund um Ab­treibungskliniken“ (483/A) (E)


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89. Sitzung / Seite 13

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Konsumentenschutz-Maßnahmen im Zuge der Verwendung von RFID(Radio Frequency Identification)-Systemen (484/A) (E)

Heidemarie Rest-Hinterseer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reform der EU-Zuckermarktordnung (485/A) (E)

Kurt Eder, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine qualitativ hochwertige flächende­ckende Versorgung mit Postdienstleistungen (486/A) (E)

Beate Schasching, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umbenennung des Unter­richtsgegenstandes „Leibesübungen“ in „Bewegung und Sport“ (487/A) (E)

Dr. Gertrude Brinek, Dipl.-Ing. Elke Achleitner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 geändert wird (488/A)

Zurückgezogen wurde der Antrag der Abgeordneten

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (475/A) (Zu 475/A)

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Mängel bei der Zustellung von Rückschein­sendungen (Post AG)“ (2355/J)

Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Anti-Ökostrom-Aktivitäten der angeblich unabhängigen E-Control (2356/J)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betref­fend Bundesbeschaffungsges.m.b.H. und ihr Verhältnis zum Buchpreisbindungsgesetz (2357/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend den Tod des Schubhäftlings Edwin Ndupu (2358/J)

Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bil­dung, Wissenschaft und Kultur betreffend monarchistische Tendenzen im KHM, II. (2359/J)

Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Fi­nanzen betreffend Ankauf von Seeufergrundstücken in Kärnten (2360/J)

Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kriminalitätsentwicklung in Wien-Neubau (2361/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend die Umsetzung der zwischen Europäischer Union (EU) und Welthandelsor­ganisation (WTO) geschlossenen Vereinbarung, mit so genannten Zwangslizenzen die Generika-Produktion für Entwicklungsländer im Kampf gegen Seuchen wie Aids oder Malaria zu ermöglichen (2362/J)


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89. Sitzung / Seite 14

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministe­rin für Gesundheit und Frauen betreffend Amtliche Lebensmittelkontrolle in Österreich (2363/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministe­rin für Gesundheit und Frauen betreffend Überwachung und Bekämpfung von Salmo­nellen in Österreich (2364/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Säuberung im Finanzamt (2365/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Verwertung des ehemaligen Justizgebäudes in der Riemergasse (2366/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Verwendung von Gast­geschenken (2367/J)

Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bil­dung, Wissenschaft und Kultur betreffend mögliche Eingliederung der Österreichischen Galerie Belvedere in die Albertina (2368/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Vollzug des Bundesbahnstrukturgesetzes (2369/J)

Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovati­on und Technologie betreffend Schuldenexplosion bei der Bahn (2370/J)

Kurt Eder, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Umsetzung des Generalverkehrsplanes (2371/J)

Anita Fleckl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Semmering-Basistunnel (2372/J)

Gabriele Binder, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Verwendung von ÖBB-Geldern für ÖBB-fremde Zwecke (2373/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Rolle des BIG-Aufsichtsratsmitglieds und Immobilienmaklers Ernst Karl Plech bei der Gerichtsübersiedlung von der Riemergasse in den City Tower Vienna (2374/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Polizeireform und Wirtschaftskriminalität – Österreichische Sicherheitsta­ge 2004“ (2375/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Polizeireform und Wirtschaftskriminalität – Österreichische Sicherheitsta­ge 2004“ (2376/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Lärmschutz an der A 21 (2377/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Werbeaufträge der ÖBB Infrastruktur Bau AG (2378/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Schwerpunktsetzung und Engpassbeseitigung


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89. Sitzung / Seite 15

bei der Schieneninfrastruktur in der Ostregion und insbesondere im Wiener Be­cken/Marchfeld (2379/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend das Strafverfahren gegen Tibor Foco (2380/J)

Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend 10 Jahre Bildungsministerin Gehrer – PISA-Absturz: Sind die Eltern schuld? (2381/J)

Gerhard Reheis, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend den Gerichtsbeschluss zur Rückführung von Yasemin Kobal in die Türkei (2382/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Kühlgerätemillionen“ (2383/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Trittbrettfahrerproblem und Stellung der Lebensmitteleinzelhandelsketten im ARA-System (2384/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend „Abdeckung der Mehr­kosten für die Valorisierung des Pflegegeldes durch interne Umschichtungen und frei werdende Mittel aus der Unfallrentenbesteuerung“ (2385/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend Tintenburglauf (2386/J)

Karl Dobnigg, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Verlässlichkeitsprüfungen und Bewilligungspflicht bei der Haltung von Gifttieren und anderen gefährlichen Tieren (2387/J)

Franz Glaser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovati­on und Technologie betreffend die Attraktivierung der Bahnverbindungen im Südbur­genland (2388/J)

Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovati­on und Technologie betreffend volkswirtschaftliche Mehrkosten durch den Zick-Zack-Kurs der Infrastrukturminister seit dem Jahr 2000 bei der Errichtung der Eisenbahn-Hochleistungsstrecke im Bereich St. Pölten (2389/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ge­sundheit und Frauen betreffend Entwurf Tierhaltungsverordnung laut Bundestier­schutzgesetz (2390/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Entwurf Tierhaltungsver­ordnung laut Bundestierschutzgesetz (2391/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend freien Zugang zum Wald gemäß Forstgesetz (2392/J)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend SAP-Einführung an den österreichischen Universi­täten (2393/J)


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89. Sitzung / Seite 16

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Informatio­nen kurz vor Wahlen (2394/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Ange­legenheiten betreffend Informationen kurz vor Wahlen (2395/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissen­schaft und Kultur betreffend Informationen kurz vor Wahlen (2396/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Informationen kurz vor Wahlen (2397/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Informationen kurz vor Wahlen (2398/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Informationen kurz vor Wahlen (2399/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Informationen kurz vor Wahlen (2400/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung betreffend Informationen kurz vor Wahlen (2401/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Informationen kurz vor Wahlen (2402/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Informationen kurz vor Wahlen (2403/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovati­on und Technologie betreffend Informationen kurz vor Wahlen (2404/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Informationen kurz vor Wahlen (2405/J)

Ing. Kurt Gartlehner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Marketingmaßnahmen der Bundesregierung (2406/J)

Ing. Kurt Gartlehner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Selbstdarstellung der Bundesregierung (2407/J)

Ing. Kurt Gartlehner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Inszenierung der Bundesregierung (2408/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Jubi­läumsjahr 2005 – Planungsbüro (2409/J)

Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für aus­wärtige Angelegenheiten betreffend Deutschkurse am Österreichischen Kulturforum Teheran (ÖKF Teheran) (2410/J)

Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für aus­wärtige Angelegenheiten betreffend Kulturforum Peking (2411/J)


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89. Sitzung / Seite 17

Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bil­dung, Wissenschaft und Kultur betreffend Gesamtstudie zur Museumslandschaft (2412/J)

Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Netzkultur-Initiativen, II. (2413/J)

Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Förderung unabhängiger Medieninitiativen in ost- und südosteuropäischen Staaten (2414/J)

Erika Scharer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innova­tion und Technologie betreffend Pinzgaubahn (2415/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (2126/AB zu 2152/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen (2127/AB zu 2145/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2128/AB zu 2165/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen (2129/AB zu 2174/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen (2130/AB zu 2157/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen (2131/AB zu 2172/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen (2132/AB zu 2156/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen (2133/AB zu 2143/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen (2134/AB zu 2187/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen (2135/AB zu 2146/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen (2136/AB zu 2138/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten An­ton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen (2137/AB zu 2168/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen (2138/AB zu 2203/J)


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89. Sitzung / Seite 18

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (2139/AB zu 2286/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (2140/AB zu 2188/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen (2141/AB zu 2164/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Erwin Kai­pel, Kolleginnen und Kollegen (2142/AB zu 2173/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen (2143/AB zu 2139/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2144/AB zu 2141/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Ulrike Königsberger-Ludwig, Kolleginnen und Kolle­gen (2145/AB zu 2154/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (2146/AB zu 2151/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Bettina Stadlbau­er, Kolleginnen und Kollegen (2147/AB zu 2169/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen (2148/AB zu 2142/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Anita Fleckl, Kolleginnen und Kollegen (2149/AB zu 2153/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolle­ginnen und Kollegen (2150/AB zu 2155/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen (2151/AB zu 2159/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Dobnigg, Kolleginnen und Kollegen (2152/AB zu 2160/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Walter Posch, Kolleginnen und Kollegen (2153/AB zu 2191/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen (2154/AB zu 2211/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen (2155/AB zu 2225/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Doris Bures, Kolleginnen und Kollegen (2156/AB zu 2178/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Doris Bures, Kolleginnen und Kollegen (2157/AB zu 2179/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Doris Bures, Kolleginnen und Kollegen (2158/AB zu 2177/J)


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des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Mai­er, Kolleginnen und Kollegen (2159/AB zu 2210/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (2160/AB zu 2182/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (2161/AB zu 2221/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kolle­ginnen und Kollegen (2162/AB zu 2181/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (2163/AB zu 2183/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (2164/AB zu 2185/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen (2165/AB zu 2184/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (2166/AB zu 2186/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (2167/AB zu 2189/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (2168/AB zu 2190/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Kurt Eder, Kolleginnen und Kollegen (2169/AB zu 2204/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen (2170/AB zu 2194/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Bettina Stadlbau­er, Kolleginnen und Kollegen (2147/AB zu 2169/J) (Zu 2147/AB zu 2169/J)



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Beginn der Sitzung: 10 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Andreas Khol, Zweite Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Dritter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die Sitzung ist eröffnet. Ich begrüße die Damen und Herren im Hohen Hause.

Die Amtlichen Protokolle der 86. Sitzung vom 17. November 2004 sowie der 87. und 88. Sitzung vom 18. November 2004 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Csörgits, Verzetnitsch und Dr. Bleck­mann.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Für den heutigen Sitzungstag hat das Bundeskanzler­amt über Entschließung des Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mitglie­dern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll wird durch den Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser vertreten.

Aktuelle Stunde

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

„Auswirkungen von illegalem Aufenthalt und Kriminaltourismus auf die österreichische Strafjustiz“

Als Erste zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Ihre Redezeit beträgt gemäß der Geschäftsordnung 10 Minuten. – Sie sind am Wort, Frau Kollegin.

 


10.01

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Her­ren! Gerade in den letzten Monaten – oder Wochen wird massiv darüber diskutiert, insbesondere in der Bundesrepublik Deutschland, aber auch in den skandinavischen Staaten, ob wir, die europäischen Staaten, uns nicht übernommen haben mit der frei­zügigen Zuwanderung, mit der unreflektierten Tor-auf-Politik der neunziger Jahre, weil überall in den letzten Jahren, teilweise verschwiegen, teilweise zugegeben, große Probleme und Konflikte aufgetaucht sind.

Wir von den Freiheitlichen haben ja immer darauf hingewiesen, dass diese großzügige Zuwanderung früher oder später zu Problemen führen wird, nur hat man leider Gottes nicht auf uns gehört.

Jetzt aber wird immer offener zugegeben, dass sich eine Parallelgesellschaft entwickelt hat, weil sich viele Ausländer nicht integriert haben, weil sie schon hierher gekommen sind, nicht, um sich zu integrieren, sondern um ihr eigenes Leben zu leben. Und sie waren teilweise nie bereit, unsere Wertvorstellungen zu akzeptieren. (Abg. Öllinger:


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Freiheitliche Wertvorstellungen ...!) Viele leben in ihrer eigenen Welt, ohne Kenntnis unserer Sprache, und sie können daher am allgemeinen Leben überhaupt nicht teil­nehmen. Oft stehen sie unter dem Druck fanatischer religiöser Gemeinschaften, und wie skrupellos hier vorgegangen wird, Herr Abgeordneter Öllinger, werde ich Ihnen gleich vorlesen.

„NEWS“ hat Schulbücher untersuchen lassen, die an manchen religiös dominierten Schulen ausgegeben werden. Da wird den Kindern beispielsweise beigebracht, sich keinesfalls zu integrieren, denn wenn man sich mit Christen und Juden abgibt, landet man im Höllenfeuer, und dass der Islam die einzig wahre Religion ist: Keine Macht den Ungläubigen!, Schließt keine Freundschaft mit solchen, die nicht zu eurer Religion ge­hören! – Das stammt nicht von mir, sondern „NEWS“ hat diese Schulbücher untersu­chen lassen, und „NEWS“ steht wirklich in keinem näheren Verhältnis zu uns; das wis­sen auch Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Das heißt, hinter die Behauptung, ein friedliches Zusammenleben verschiedener Kultu­ren, verschiedener Religionen sei ohneweiters möglich, lässt sich wirklich ein sehr gro­ßes Fragezeichen setzen. Es ist höchste Zeit, dass man diesen Tatsachen offen und seriös ins Auge schaut und darüber diskutiert! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir haben, wie bereits gesagt, auch in der Vergangenheit die Diskussion über die Probleme, die Konflikte, die durch diese übergroße Zuwanderung entstehen, immer geführt. Wir haben sie seriös geführt (Abg. Öllinger: Was? „Seriös“?!), aber leider sind wir immer wieder, auch von Ihnen, als fremdenfeindlich hingestellt worden. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Unvorstellbar!) Zu Unrecht, meine sehr geehrten Damen und Herren, denn wir haben eine verantwortungsvolle Politik gemacht! (Beifall bei den Freiheitli­chen. – Widerspruch des Abg. Öllinger.)

Heute diskutiert – Sie werden ja sicher auch die Politik des Nachbarstaates Deutsch­land verfolgen, Herr Abgeordneter Öllinger – ganz Deutschland darüber, welche Fehler gemacht worden sind. Heute weiß man, dass viele Fehler gemacht worden sind, dass es eben nicht so einfach ist, wie man sich das vorgestellt hat.

Der CDU-Parteitag war dominiert von der Frage: Wie verhalten sich Zuwanderer? Wie sind wir ihnen begegnet? Wie müssen wir ihnen begegnen? Jetzt verlangt beispiels­weise der Vorsitzende der CSU, dass alle Ausländer, die in der Bundesrepublik Deutschland leben, ein Bekenntnis zu unseren Wertvorstellungen, zu unserer Wertori­entierung ablegen. – Ich glaube, dass es notwendig ist, diese Diskussion auch in Ös­terreich zu führen, und nicht immer nur blauäugig zu sagen: Es ist eh alles in Ordnung!

Wir müssen uns auch mit der Frage auseinander setzen: Was tun wir mit Menschen, die illegal zu uns kommen, unsere Rechtsordnung missachten, die nicht nur die Ein­wanderungsgesetze missachten, sondern auch die Strafgesetze missachten, und mit Asylanten, die kommen, obwohl sie überhaupt keine Gründe nach der Genfer Konven­tion haben, und zusätzlich hier noch kriminelle Handlungen setzen?

Das kann man nicht einfach vom Tisch wischen! Da hat beispielsweise der stellvertre­tende Leiter des Bundesasylamtes in Salzburg, weil ihm der Kragen geplatzt ist, ein Buch herausgegeben, „ASYLCONNECTION – ES IST FÜNF NACH ZWÖLF“, in dem er aufzeigt, wie das Asylgesetz missbraucht wird. Ich glaube, Sie sollten sich, statt so­fort die Haare aufzustellen und alles abzulehnen, was hier vorgebracht wird, einmal mit den Missbräuchen, die da passieren, auseinander setzen, meine sehr geehrten Damen und Herren insbesondere von den Grünen und der SPÖ! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Der Sicherheitsbericht, eine objektive Quelle, die belegt, wie Kriminalität zu Stande kommt, was alles in Österreich passiert, besagt: Der Drogenhandel in Österreich befin­det sich völlig in afrikanischer Hand. Und: In Österreich sind es hauptsächlich Asylwer­ber, die Drogendealer sind.

Von den 56 000 Tatverdächtigen heuer, von Jänner bis Oktober, sind 9 246 Asylwer­ber, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist eine Zunahme von 47 Prozent gegenüber dem Vorjahr! (Abg. Mandak: Die sind aber nicht illegal da, die Asylwer­ber!) – Frau Abgeordnete, ich weiß schon, da sind alle Verniedlichungsversuche ge­macht worden: amnesty international ist aufmarschiert, von Ihren Gruppierungen sind die Leute aufmarschiert und haben gesagt: Der Tatverdächtige ist ja noch kein Ver­urteilter! Das ist schon richtig, aber es schauen ja auch bei den Verurteilten die Zahlen nicht besser aus. Und bei jeder Suchtgiftrazzia ... (Abg. Mandak: Sie haben ja jetzt von Asylwerbern gesprochen, nicht von Tatverdächtigen!) – Beschönigen Sie nichts, sondern versuchen Sie doch, mit uns seriös die ganze Angelegenheit, diesen Miss­stand zu diskutieren! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Bei jeder Suchtgiftrazzia stoßen die Beamten auf Asylwerber. So hat zum Beispiel im Oktober 2003 vor dem Lager in Traiskirchen eine Suchtgiftrazzia stattgefunden. 16 Verdächtige, allesamt Asylwerber aus Afrika, wurden festgenommen. Dutzende mit Heroin oder Kokain gefüllte Plastikkugeln wurden dort sichergestellt. (Abg. Öllinger: Machen Sie etwas! Sie sind in der Regierung!)

Fünf Monate später, wieder in Traiskirchen: Zwei 17-jährige Asylwerber sind als mut­maßliche Drogendealer festgenommen worden.

Wien: Ein 41-jähriger Asylwerber hat 20 Suchtgiftkugeln in der Hose eingesteckt und 16 weitere verschluckt.

Das kann man nicht einfach abtun! Aber alles, was wir tun, stößt leider Gottes sofort auf massive Kritik von Ihnen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: So ist es! Das ist ja das Problem! – Abg. Mag. Wurm: Da versagt der Innenminister!)

Wenn ich nicht Angst hätte, mir einen Ordnungsruf einzuhandeln, dann würde ich ja Ihr Verhalten ganz eindeutig qualifizieren, meine sehr geehrten Damen und Herren. Aber ich halte mich zurück. Sie sind immer diejenigen, die die Hand schützend über diejeni­gen halten, die rechtswidrig handeln, die Drogendealer sind, die illegal nach Österreich kommen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mandak: Was heißt das?! – Abg. Öllinger: Das ist ja ungeheuerlich!) – Ja, ja, ungeheuerlich!

November 2003, Wien-Favoriten: 40 Asylwerber wohnen in einem Haus und haben, weil sie schon gewieft sind, die Drogenkugeln in Blumentöpfen, die auf dem Gang auf­gestellt waren, versteckt. 31 Drogenkugeln waren dort versteckt! Vier Personen sind festgenommen worden, zehn sind angezeigt worden. Auch gefälschte Euro-Scheine wurden dort gefunden.

Baumgartner Höhe: Elf Asylwerber – 54 Kokainkugeln!

Und dementsprechend schaut die Situation auch in den Gefängnissen aus: Von den 8 642 Häftlingen insgesamt sind 4 902 Österreicher, aber 3 741 Nichtsterreicher. Das sind 43 Prozent!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kein Österreicher hat Verständnis dafür, dass Menschen zu uns herkommen, hier um Asyl ansuchen, womöglich noch in Bun­desbetreuung stehen, versorgt werden, medizinisch, mit Kleidung, mit Essen – und dann noch kriminell werden und unsere Kinder und Jugendlichen mit Drogen verfüh­ren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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Jeder – und da richte ich mich auch an Sie (in Richtung der Grünen) –, jeder, dem die Sicherheit der Bevölkerung wichtig ist, dem der Schutz der Kinder und Jugendlichen wichtig ist, muss dafür sein, dass wir hier rigoros vorgehen. Da ist jegliche Beschöni­gungspolitik abzulehnen!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, es ist auch erforderlich, die Grenzkontrollen zu verstärken. Auch dort, wo die Schengen-Grenze ist, muss es wie­der Kontrollen geben, zumindest fallweise. Vor zwei Jahren ist der iranische Staatsprä­sident nach Österreich eingereist, und weil man Angst vor einem Attentat gehabt hat, sind wieder Grenzkontrollen durchgeführt worden – mit einem sensationellen Ergeb­nis: 130 Zurückweisungen nach dem Fremdengesetz an der Kärntner Grenze, in Tirol 107 Zurückweisungen!

Das heißt, dass hier, wenn nicht kontrolliert wird ... (Abg. Mandak: Wer baut Zollbeam­te ab? Sie!) – Wir waren immer schon gegen Schengen, weil wir gewusst haben, dass da eine ungeheure Kriminalitätslawine auf uns zukommt. Es hat sich auch das be­wahrheitet, Frau Abgeordnete!

Das heißt also, es müssen wieder solche Kontrollen eingeführt werden. Man muss auch Straftäter, die ein Asylverfahren anhängig haben, abschieben. Das ist dringend notwendig. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Neben dem Asylgesetz, das ja teilweise neu gefasst werden muss, ist es auch notwendig ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Abgeordnete, den Schlusssatz bitte!

 


Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (fortsetzend): ... – ich sage ihn ja schon! –, ist es auch notwendig, dass im Justizbereich entscheidende Maßnahmen getroffen wer­den, um dieses Missstandes Herr zu werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.12

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Für eine einleitende Stellungnahme hat sich Frau Bun­desministerin Mag. Miklautsch zu Wort gemeldet.

Frau Ministerin, Sie sind am Wort. Ihre Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten.

 


10.12

Bundesministerin für Justiz Mag. Karin Miklautsch: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Das heute hier diskutierte Thema ist justiz-, aber auch gesellschaftspolitisch sehr brisant. Wir wissen alle, dass wir in den 28 Justizanstalten, die wir in Österreich haben, einen Häftlingsstand in einem Ausmaß zu verzeichnen haben, wie es in den letzten 30 Jahren nicht der Fall war. Wenn wir sehen, dass in den letzten Jahren die durchschnittliche Anzahl an Häftlingen zirka 7 000 betragen hat und wir im Dezember dieses Jahres nunmehr einen Häftlingsstand von über 9 000 zu verzeichnen haben, müssen wir die Situation wirklich als dramatisch bezeichnen.

Der Tiefstand an Häftlingen war im Jahr 1989 mit zirka unter 6 000. Am 1.1.2002 sind wir bei 6 804 gestanden, und den Höchststand hatten wir jetzt am 1.12.2004 mit 9 043 zu verzeichnen.

Wenn wir dieser Häftlingshöchstzahl nunmehr den Ausländeranteil gegenüberstellen, so kommen wir zu folgendem Ergebnis: Im Jahr 2001 betrug der Ausländeranteil 29 Prozent; er ist mittlerweile auf 44 Prozent gestiegen. (Abg. Mag. Wurm: Wie viele davon sind U-Häftlinge?) – Das sage ich Ihnen dann gleich!


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Wenn wir nun die internationalen Vergleichswerte anschauen – wir haben Botschaften aus allen Ländern befragt, wie der Ausländeranteil in den anderen Staaten ist –, so sehen wir, dass der Ausländeranteil in Österreich am höchsten ist. Deutschland hat vergleichsweise mit Stichtag 1.6.2004 einen Ausländeranteil von 29 Prozent, Italien 33 Prozent, Malta 35 Prozent, Holland 39,5 Prozent, Schweden 27,4 Prozent, Spanien 27,1 Prozent und Großbritannien 12,16 Prozent. Einen höheren Ausländeranteil gibt es nur in Liechtenstein. Dort beträgt er 90 Prozent, aber das ist nicht vergleichbar, denn es gibt dort insgesamt zehn Häftlinge, davon sind neun Ausländer. Und San Marino hat einen Häftling – also 100 Prozent, denn auch der ist ein Ausländer. Das lässt sich aber nicht unmittelbar vergleichen.

Schauen wir uns nun die Situation in den neuen Beitrittsländern an: Im Vergleich zum „alten Europa“ ist der Anteil der Ausländer in Strafhaft weit geringer. Estland hat zum Beispiel 6,3 Prozent, Litauen nur 0,5 Prozent, Polen 1,36 Prozent, die Slowakei 2,30 Prozent, Slowenien 6,6 Prozent und Ungarn 4,3 Prozent.

Kehren wir wieder nach Österreich zurück und werfen wir einen Blick darauf, welche Herkunftsländer tatsächlich diese hohen ausländischen Häftlingszahlen bei uns aus­machen!

Mit Stand 1.12. hatten wir in unseren Justizanstalten 450 Nigerianer, 404 Jugoslawen, 303 Rumänen, 270 Georgier, 260 Menschen aus der Türkei – und diese Liste ließe sich in weiterer Folge noch fortsetzen.

Wir haben uns natürlich aus dem Bereich des Justizministeriums darüber Gedanken gemacht, wie es dazu kommen kann, dass sich die Haftzahlen so dramatisch entwi­ckelt haben. Mein Amtsvorgänger Dr. Böhmdorfer hat in diesem Zusammenhang eine Studie in Auftrag gegeben, und zwar am Institut für Rechts- und Kriminalsoziologie in Wien. Diese Studie hat ganz interessante Ergebnisse erbracht.

So ist zum Beispiel im Vergleichszeitraum – das muss ich auch dazu sagen; diese Studie lief von 2000 bis 2002, also ein Vergleichszeitraum von drei Jahren – laut Krimi­nalitätsstatistik die Zahl der ermittelten Tatverdächtigen um 3,4 Prozent gestiegen, aber die Anzahl der Inhaftierten insgesamt ist um 12,7 Prozent gestiegen. Das ist auch ganz interessant.

Ein deutlicher Anstieg war zu verzeichnen bei inhaftierten Jugendlichen, was ich be­sonders bedenklich finde, weil Strafhaft doch ein wesentlicher Eingriff in die persönli­che Freiheit ist. Bei Jugendlichen von 14 bis unter 18 Jahren war ein Haftanstieg von 25 Prozent zu verzeichnen.

Bundesweit ist der Anstieg an Inhaftierungen um 9,6 Prozent gestiegen, allein in Wien aber – wenn wir das in Relation sehen – um 29,5 Prozent, im Jahr 2002 sogar 39,6 Prozent.

Wenn wir das nun nach dem Gesichtspunkt der Staatsbürgerschaft oder nach dem Herkunftsland betrachten, so war die Anzahl der straffällig gewordenen Ausländer, die auch inhaftiert wurden, in den Jahren 2000 bis 2002 in den Bundesländern relativ sta­bil, aber in Wien war insbesondere ein Zugang aus zwei Gruppen zu verzeichnen. – Das ist jetzt wirklich besonders interessant, weil wir das dann auch in den Asylzahlen, auf die ich dann später zurückkommen möchte, wieder finden werden. – Diese zwei Gruppen sind insbesondere osteuropäische Länder – aber nicht die neuen EU-Mitgliedsländer – und afrikanische Staaten. Allein aus dem Sprengel des Landesge­richtes Wien waren im Vergleichszeitraum zirka 600 OsteuropäerInnen und 400 Afrika­nerInnen in Haft.

Dieser Trend – diese Studie hat das ja nur bis zum Jahr 2002 beobachtet – ist mittler­weile in ganz Österreich, auch in den Bundesländer, festzustellen.


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Wenn wir uns die Deliktsbereiche ansehen, zeigt sich, dass die Deliktsbereiche ge­werbsmäßige oder schwer qualifizierte Diebstähle, aber auch Suchtmitteldelikte sind. Wenn wir dies auch wieder nach Herkunftsländern trennen, wird deutlich, dass vor al­lem die straffällig gewordenen und tatsächlich dann auch in Haft gekommenen Men­schen aus Osteuropa grosso modo vor allem Delikte im Vermögensbereich begangen haben, während die Schwarzafrikaner großteils wegen Delikten im Suchtmittelbereich in Strafhaft gesessen sind.

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang laut dieser Studie auch, dass die Anzahl der U-Häftlinge insbesondere im Bereich des Landesgerichtes für Wien überproportio­nal gestiegen ist. Es sind aber auch strengere Strafen beim harten Kern der Straftäter zu verzeichnen.

Stellen wir nun den Konnex zwischen Strafhaft und Asylanträgen beziehungsweise Menschen mit keiner Aufenthaltsberechtigung her: Wir konnten in den letzten Jahren auch verzeichnen, dass vermehrt Menschen, die in Strafhaft oder auch in U-Haft sit­zen, Anträge auf Asyl stellen, während sie noch in Strafhaft sind. Es gibt leider – ich muss dazusagen: leider; aber die notwendigen Veranlassungen dazu, dass sich das ändern wird, habe ich bereits getroffen – im Bereich des Justizministeriums keine sta­tistischen Aufzeichnungen darüber, wie der Aufenthaltsstatus der Menschen, die bei uns in Haft sitzen, tatsächlich ist. Wir haben uns hier bereits mit dem Innenministerium „kurzgeschlossen“; die Erhebungen haben ergeben, dass allein in den letzten fünf Mo­naten zirka 100 Menschen aus der Strafhaft oder aus der U-Haft einen Asylantrag ge­stellt haben.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch – und diese Daten entnehme ich der Krimi­nalitätsstatistik und dem Sicherheitsbericht, den Sie ja alle bereits kennen und der auch schon im Hohen Haus diskutiert wurde – die Aufschlüsselung der Tatverdächti­gen nach den einzelnen Nationen; und hier gibt es auch eine Statistik über den Aufent­haltsstatus:

Bei Nigerianern sind jene, die tatverdächtig waren, zu 69,91 Prozent Asylwerber und zu 4,58 Prozent nicht rechtmäßigen Aufenthalts.

Unter den Georgiern – also bei unserer Kerngruppe, die uns hier Probleme macht – sind 72,55 Prozent Asylwerber und 7,57 Prozent nicht rechtmäßigen Aufenthalts.

Wenn wir uns Moldawien anschauen – ein weiteres Kernland, das uns momentan im Bereich der steigenden Häftlingszahlen im Ausländerbereich Probleme bereitet –, so sind 54,85 Prozent der Tatverdächtigen Asylwerber und 22,62 Prozent Personen, die nicht rechtmäßigen Aufenthalts sind. – So weit, so gut.

Diesen Zahlen – es sind dies statistische Zahlen beziehungsweise Zahlen aus Unter­suchungen und Studien, die wir im Justizbereich veranlasst haben und die wir mit den Kriminalitätsstatistiken verglichen haben – entnehmen wir, dass die Frage Asyl und auch jenes betreffend straffällig gewordene Asylwerber beziehungsweise Menschen, die sich nicht rechtmäßig in Österreich aufhalten, tatsächlich ein Problem ist, das es zu lösen gilt. Dabei haben wir uns vor allem auf zwei Personengruppen, auf Personen aus zwei Gruppen von Herkunftsländern zu konzentrieren. Das sind einerseits Menschen aus Schwarzafrika und andererseits Menschen aus Osteuropa, wobei es hier nicht um jene Menschen geht, die aus den neuen Mitgliedstaaten kommen.

Aus diesem Grunde ist es auch aus der Sicht des Justizministeriums so wichtig, dass es im Bereich des Asylverfahrens und auch im Bereich des Fremdengesetzes zu Än­derungen kommt, damit wir diese Situation in den Griff bekommen können. Für uns ist es insbesondere wichtig, dass Asylverfahren möglichst rasch abgeführt werden kön­nen. Das soll vor allem für jene Menschen gelten, die straffällig geworden sind bezie-


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hungsweise auch für jene, die einen Asylantrag aus der Straf- oder Untersuchungshaft heraus stellen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitli­chen und der ÖVP.)

10.22

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit aller weiteren Teilnehmer an der Aktuellen Stunde von der Geschäftsordnung auf 5 Minuten beschränkt ist.

Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr Abgeordneter Mag. Donnerbauer. – Bitte, Herr Kollege.

 


10.22

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte Ihnen heute zu diesem Thema eingangs einen Fall präsentieren, wie er in un­serem Land tagtäglich vorkommt, wie er beinahe zum täglichen Brot auch der Gerichte in Österreich gehört.

Ein Ehepaar – nennen wir sie Beata und Roman M. –, beide in den Dreißigern, polni­sche Staatsbürger und damit seit dem 1. Mai auch EU-Bürger, üben in Österreich eine Nebenbeschäftigung aus, eine Nebenbeschäftigung, die ihnen allerdings sowohl nach polnischen Verhältnissen als auch nach österreichischen Verhältnissen ein sehr lukra­tives Einkommen bietet: Sie sind nämlich Mitglieder eines Schlepperringes und trans­portieren gemeinsam mit zumindest zehn anderen Mittätern Ausländer illegal von Ös­terreich in andere EU-Länder, vor allem nach Italien. Insgesamt hat allein diese krimi­nelle Organisation in den letzten Monaten Hunderte Fremde innerhalb Europas illegal verschoben. – Das sind aber nur jene Fälle, die von den Tätern zugegeben worden sind beziehungsweise die ihnen auch eindeutig nachweisbar waren.

Wie gesagt, es handelt sich hier nicht um einen hypothetischen Fall, sondern es han­delt sich um die Realität in Österreich. Die Täter, von denen ich hier gesprochen habe, sind in den letzten Wochen von einem österreichischen Strafgericht rechtskräftig verur­teilt worden und werden in den nächsten acht Monaten bis zwei Jahren ihre Freiheits­strafe auch in Österreich – und auf Kosten der österreichischen Steuerzahler – verbü­ßen und absitzen.

Warum schildere ich Ihnen aber diesen Fall hier und im Zusammenhang mit dem heu­tigen Thema? (Abg. Dr. Glawischnig: Genau!) – Ich darf sofort darauf zurückkommen, sehr geehrte Frau Kollegin: Ganz einfach deswegen, weil alle Täter in dem von mir erwähnten Fall, also alle Mitglieder dieses Schlepperringes, dieser Organisation, aus­nahmslos bestätigt haben, dass sie nur Asylwerber „verschoben“ haben, Asylwerber aus Traiskirchen abgeholt und nach Italien und in andere EU-Länder weitertransportiert haben.

Und ich meine, das ist das Besondere an diesem Fall. Das zeigt uns nämlich, dass Menschen, die unter dem Vorwand, dass sie in Österreich Schutz vor Verfolgung su­chen, in Wirklichkeit ganz anderes im Sinn haben – denn sonst würden sie in Öster­reich bleiben, ihr Asylverfahren abwarten und sich nicht von illegalen Schlepperorgani­sationen in ganz Europa und auf der ganzen Welt weitertransportieren lassen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Dieser Eindruck, den man hier gewinnen muss, verstärkt sich aber auch dadurch, dass – wie heute schon von Frau Kollegin Partik-Pablé erwähnt – zwischen Jänner und Oktober 2004 bereits 9 246 Asylwerber konkreter strafbarer Handlungen verdächtigt wurden. Das stellt gegenüber dem Vergleichszeitraum 2003 eine Steigerung von fast 50 Prozent dar.


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Ich darf auch noch auf Erfahrungen der Grenzgendarmerie hinweisen – ich komme ja aus einem Grenzbezirk. Die dort tätigen Bediensteten leisten ja sehr gute Arbeit – und man sollte ihnen auch einmal danken für diese im Interesse der Österreicherinnen und Österreicher geleistete Arbeit (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen) –, sie berich­ten mir aber bei verschiedenen Gelegenheiten, bei Veranstaltungen, bei Besuchen der entsprechenden Gendarmerieposten, vor allem auch über ihren Frust: ihren Frust dar­über, dass sie hier Aufgriffe machen, illegal in Österreich Einreisende aufgreifen und diesbezüglich entsprechende Maßnahmen setzen – dass diese Menschen aber dann nur auf Grund des Wortes „Asyl“ sofort wieder freikommen, auch wenn sie strafbarer Handlungen verdächtigt werden, und oft nach wenigen Tagen oder nach wenigen Wo­chen wieder an der Grenze aufgegriffen werden.

Ich sage auch ganz klar: Es geht hier nicht um Fremdenfeindlichkeit. Es geht nicht dar­um, Menschen, die in Österreich Schutz suchen, die Schutz vor Verfolgung brauchen, zu diskriminieren oder ihnen diesen Schutz verwehren zu wollen. Aber es geht auch darum, dass wir die Sicherheit der Österreicherinnen und Österreicher, die berechtig­ten Sicherheitsinteressen genauso im Auge haben müssen und dass hier Menschen Asylgesetze, die zu ihrem Schutz errichtet worden sind und ihrem Schutz dienen, missbrauchen und unter dem Vorwand, Asyl zu suchen, in Österreich kriminelle Hand­lungen begehen oder nach Österreich einzureisen versuchen.

Ich darf Sie daher auffordern, meine sehr geehrten Damen und Herren – und ich darf diese Bitte vor allem an die Kolleginnen und Kollegen von der Opposition richten –, und dazu einladen, mitzuwirken, konstruktiv mitzuwirken an der soeben in Begutachtung befindlichen Novelle des Asylgesetzes, an konstruktiven Regelungen zur Lösung die­ses Problems – und dieses Problem gibt es, darüber kommt man nicht hinweg –, um einerseits denjenigen Menschen, die in Österreich Schutz suchen, die Schutz vor Ver­folgung brauchen, diesen Schutz effizient zu bieten, aber andererseits auch die Si­cherheitsinteressen der Österreicherinnen und Österreicher zu wahren und Missbrauch weitestmöglich auszuschließen. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitli­chen.)

10.27

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Posch. – Bitte, Herr Kollege.

 


10.27

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Wenn Frau Abgeordnete Partik-Pablé mit sirenenhaften Schalmeientönen herunterkommt, dann möchte man ihr dennoch nicht auf die Insel folgen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ich möchte Sie auch nicht dort haben, auf der Insel!) Und wenn sie dann davon spricht, dass wir uns in der EU übernommen hätten, dass eine Parallelgesellschaft im Entstehen begrif­fen sei, dass es in Wahrheit keine wirkliche Integration gäbe, und Lehrbücher zitiert, ... (Abg. Mag. Stoisits spricht mit dem in der ersten Reihe sitzenden Abg. Dr. Van der Bellen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich bitte, dem Redner nicht konstant den Rücken zuzu­wenden, Frau Mag. Stoisits! (Abg. Mag. Stoisits: Bitte um Entschuldigung!)

 


Abgeordneter Mag. Walter Posch (fortsetzend): ... in denen zum Hass aufgefordert wird, und dann auf der anderen Seite Klubobmann Scheibner zur Festveranstaltung „25 Jahre Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich“ geht und sich dort in Anwe­senheit des Bundespräsidenten hofieren lässt, ... (Abg. Scheibner: Also das ist ja eine Frechheit! Was heißt das? – Sie werden nicht vorschreiben, wo ich hingehe!) – Nein, natürlich nicht (Abg. Scheibner: Sie waren nicht dort! – Das ist ja ein Blödsinn! So was


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Dummes!), ich wollte ja nur auf die Ambivalenz Ihrer Politik und die Ambivalenz des­sen, wovon Sie sprechen und was Sie tun, hinweisen.

Wenn Frau Abgeordnete Partik-Pablé weiters davon spricht und die Kette herstellt: Asylansuchen – Bundesbetreuung – versorgt werden – dann kriminell werden und Drogen dealen –, dann kommt man der Sache dieser Aktuellen Stunde, die da lautet: „Auswirkungen von illegalem Aufenthalt und Kriminaltourismus auf die österreichische Strafjustiz“, schon ein bisschen näher. Darum geht es Ihnen nämlich! Sie sagen, Sie seien nicht fremdenfeindlich – Sie behaupten das immer von sich –, aber genau darum geht es Ihnen in Wirklichkeit.

Vorausschickend möchte ich sagen: Für den so genannten Kriminaltourismus – eine wunderbare freiheitliche Sprachschöpfung, mit der man sich gesondert auseinander setzen könnte – ist in erster Linie der Innenminister zuständig. In den letzten Jahren hat es dramatische Einsparungen bei der Polizei gegeben. Unter Ihrer Ägide sind die Kriminalitätszahlen seit dem Jahr 2000 von 500 000 auf 700 000 angestiegen (Ruf bei den Freiheitlichen: Die importierte Kriminalität!), und die Aufklärungsquote ist von 50 Prozent auf 37 Prozent abgesunken. (Abg. Mag. Wurm: Und die Zollwache abge­schafft!)

Wenn es um das Asylrecht geht, dann stelle ich fest: Es ist sowohl im Interesse des Asylwerbers als auch im Interesse der österreichischen Gesellschaft, dass es rechts­staatliche Verfahren gibt und dass diese Verfahren auch anständig abgeschlossen werden. Und dazu braucht es ausreichend Personal sowohl beim Bundesasylamt als auch beim Unabhängigen Bundesasylsenat, die chronisch unterdotiert sind, weshalb viele, viele Verfahren anhängig sind.

Politisch bin ich ganz bei Präsident Küberl, der Ihre Asylpolitik wie folgt klassifiziert. Er sagt, diese ganze Asylpolitik und diese Asylnovelle „riecht“ „nach ... einer schlechten Novelle“. „..., man kann nicht mit Abzwicken des Rechtsschutzes ... Asylpolitik betrei­ben.“

Zu Ihnen, Frau Minister Miklautsch – Herr Küberl sagt weiter bezüglich Sicherungshaft: „Mir ist kein Fall bekannt, dass jemand aus der Strafhaft heraus einen Asylantrag ge­stellt hätte.“ Und auch über eine Aussage des Sprechers von Minister Strasser, Herrn Rauch, ist zu lesen – weil Sie immer mit Einzelfällen operieren –: „Zahlen über verur­teilte Straftäter, die im Gefängnis Asyl beantragen, liegen laut Rauch keine vor. Derar­tige Daten seien ,statistisch nicht erfasst.“ – So ist es. Das ist in Wahrheit Ihre Philo­sophie: Von Einzelfällen aus zu operieren und dann zu verallgemeinern.

Das, was Sie vorhaben, ist das, was Verfassungsrechtler Funk sagt, nämlich: Sie wol­len mit Ihrem Asylgesetz in Wahrheit die Gesellschaft verunsichern. Sie wollen mit der Sicherungshaft, wie Sie sie vorhaben, mit dieser Vorbeugehaft ein Konzept verwirkli­chen, das unserer Rechtstradition völlig fremd ist. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Drogen dealen ist auch fremd!) Sie wollen rechtsstaatliche Standards außer Kraft setzen. Das ist Ihre Option!

Wenn man sich die statistischen Zahlen über die Verurteilungen wirklich anschaut, dann kommt man darauf, dass es im Jahr 2004, von Jänner 2004 an gerechnet, 199 000 Tatverdächtige gegeben hat, und 9 200 davon waren Flüchtlinge – also 4,6 Prozent.

Der wirkliche Missbrauch, der in dieser Gesellschaft begangen wird, beginnt ganz wo­anders. Der wirkliche Missbrauch, das ist der, den Sie tagtäglich begehen: mit der Än­derung des österreichischen Hochschülerschaftsgesetzes, mit der Abschaffung der direkt gewählten Bundesvertretung der Österreichischen Hochschülerschaft. Das ist demokratischer Missbrauch! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)


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Mit der Aushebelung der demokratischen Wahlergebnisse im Hauptverband der Sozi­alversicherungsträger, wo 3 Millionen Unselbständige das gleiche Wahlrecht haben wie 300 000 Selbständige: Das ist demokratischer Missbrauch!

Mit der Tatsache, dass es bis heute seitens des Bundeskanzlers noch keine Reparatur des Ortstafel-Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes gibt: Das ist demokratischer Missbrauch ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol (das Glockenzeichen gebend): Bitte den Schlusssatz!

 


Abgeordneter Mag. Walter Posch (fortsetzend): Ich komme zum Schlusssatz: Ihr Ausländer-Volksbegehren, Ihre „ordentliche Beschäftigungspolitik“, Ihre „Blutsauger der Demokratie“ (Abg. Mag. Molterer: Was?) und Ihre Hetze: Das ist demokratischer Missbrauch! (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter, ich gebe Ihnen noch die Chance, die Ausdrücke „Blutsauger“ und „Hetze“ zurückzunehmen.

 


Abgeordneter Mag. Walter Posch (fortsetzend): Herr Präsident, ich habe in diesem Fall ausschließlich Zitate der Freiheitlichen Partei und von deren früheren Obmann Haider gebracht. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Scheibner: Wo denn?) Ich konnte das in der Kürze des Schlusssatzes nicht sagen. Daher kann ich auch nichts zurücknehmen, weil es Zitate der FPÖ und von deren Ob­mann sind. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Scheibner: Das ist eine Frechheit!)

10.33

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich werde mir das Protokoll beischaffen lassen und dann entscheiden, ob ich einen Ordnungsruf erteile oder nicht. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ja, bitte! – Abg. Dr. Gusenbauer: Kriegt der Haider auch einen Ordnungsruf?)

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Böhmdorfer. – Bitte.

 


10.34

Abgeordneter Dr. Dieter Böhmdorfer (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Justizministerin! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hau­ses! Es mag schon sein, Herr Abgeordneter Posch, dass man mit Polemik und fal­schen Vergleichen hier ein bisschen vom Thema ablenken kann oder will, aber Tatsa­che ist, dass Sie hier einem Problem nicht ins Auge sehen wollen, das wirklich eines ist, und die Frau Justizministerin soll die Versicherung der Freiheitlichen Partei haben, dass wir sie in dieser Frage der Steigerung der Kriminalität, in dieser schwierigen Situ­ation mit Sicherheit nicht im Stiche lassen.

Wir haben ein riesiges Problem mit den Ausländern in österreichischen Gefängnissen, dass muss man einmal auch in Zahlen ausdrücken dürfen: Wir haben in den letzten Jahren und Jahrzehnten einen stabilen Anteil von Inländern in österreichischen Ge­fängnissen beziehungsweise Justizanstalten. Diese Zahl lautet: 5 000. Sie steigt rapide an seit dem Jahr 2000 (Abg. Mag. Wurm: Wer ist an der Regierung seit 2000?), aber nicht wegen geänderter Gesetze, sondern die damals schon bestehenden Gesetze, Frau Abgeordnete Wurm, werden nach wie vor von den unabhängigen Richtern ange­wendet. Und wir haben nunmehr permanent in den österreichischen Gefängnissen 4 000 Ausländer. 5 000 Inländer, 4 000 Nichtösterreicher. Altbestand sozusagen – im­mer schon da gewesen –: 2 000 Nichtösterreicher, und weitere 2 000 Neubestand.

Die Frau Justizministerin hat es schon gesagt: Die Steigerung der Ausländeranzahl in den österreichischen Gefängnissen beläuft sich von 28 auf 44 Prozent. Österreich ist mit diesem Ausländeranteil in seinen Justizanstalten, in seinen Gefängnissen Spitzen­reiter in Europa! Da kann man auch mit Ablenkungsdebatten wie über Fußfesseln oder


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bedingte Entlassung nichts machen und nichts erreichen – täuschen Sie die Bevölke­rung nicht! –, denn es handelt sich praktisch ausschließlich um Untersuchungshäft­linge, und diese können Sie nicht bedingt entlassen oder mit Fußfesseln auf die Reise schicken. Das geht einfach nicht.

Die Sicherheit in Österreich ist zunehmend gefährdet. Ich gestehe zu, dass es für mich persönlich als früheren Ressortchef auch ein Problem ist, wenn das Personal reduziert wird, aber wir müssen auch bedenken, dass wir natürlich viele Organisationsmaßnah­men gesetzt haben, die in diesem Bereich eine Erleichterung bringen. Wir müssen aber auch an die Länder appellieren, dass sie zu den Gesundheitskosten, die das Bud­get sehr in Anspruch nehmen, auch einen Beitrag leisten. Und ich möchte hier auch an die Gesundheitsministerin appellieren, denn in den österreichischen Gefängnissen befinden sich Hunderte zur Gänze Geisteskranke, die nicht für ihre Handlungen ver­antwortlich sind. Diese gehören längst nach internationalen Standards den Gesund­heitsbehörden zugeordnet, die kann man nicht in Gefängnissen einsperren. Da gehört ein Modernisierungsschub gemacht – ein Appell, den ich hier ganz deutlich ausspre­chen möchte.

Aber nehmen Sie bitte auch die Kosten zur Kenntnis, und überlegen Sie, was wir mit ausländischen Häftlingen machen können: Wir können sie jedenfalls nicht resozialisie­ren! Es sind Häftlinge aus 109 Nationen. Sie können diesen Häftlingen in Österreich, wenn sie in Strafhaft waren und entlassen werden, nicht Arbeit geben. Sie belasten nur unsere Ausgaben, und wir können ihnen nicht helfen. Es hat mir besonders wehgetan, dass im ORF in der „ZiB 2“ von Frau Thurnher gesagt wurde, das Projekt eines Gefängnisbaues in Rumänien sei teuer. In Wirklichkeit ist es so, dass die Häftlinge in ihren Heimatländern viel besser resozialisiert werden könnten, weil zum Beispiel in Rumänien der Bau eines Gefängnisses ein Zehntel bis ein Zwanzigstel jener Summe kostet – Frau Thurnher sagt „teuer“ –, die er in Österreich kosten würde oder gekostet hätte. Man kann die Strafen dort vollziehen, man kann die Häftlinge dort, in ihrem Heimatland, resozialisieren, und man kann sich dort bemühen, ihnen Arbeit zu geben.

Diese Projekte zu unterlaufen oder ihnen gegenzusteuern, halte ich nicht für fair. Be­trachten Sie die Kosten, die wir in Österreich haben, beziehungsweise die Mittel, die wir, nämlich sinnlos, aufwenden – sinnlos deshalb, weil wir sie nicht für Resozialisie­rung aufwenden –: Wir haben 4 000 Ausländer in den österreichischen Gefängnissen. Diese kosten jeweils täglich 120 € – bedenken Sie die Transportkosten, die Dol­metschkosten, die Vorführkosten und so weiter –, und das 365 Tage im Jahr. Das sind 179 Millionen € jährlich!

Das Justizbudget beträgt fast 1 Milliarde €, etwas weniger. Das gesamte Budget für den Strafvollzug beträgt 279 Millionen €. Das heißt, der Ausländeranteil in den öster­reichischen Gefängnissen frisst bereits mehr als die Hälfte jenes Anteils, der für den Strafvollzug zur Verfügung gestellt wird. Da kann man wirklich nicht mehr sagen, das sei kein Problem, sondern da muss man sich etwas einfallen lassen. Ich verstehe auch die Richter nicht, die gegen ein zweites Gefängnis und ein zweites Gericht in Wien opponieren, das wir bitter notwendig haben, denn wir können nicht den Überhang an Ausländern (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen) ständig mit den Bussen durch die Stadt transportieren; das ist ein Sicherheitsrisiko.

Deshalb ein Appell an alle: Nehmen Sie das Problem bitte ernster als bisher! Sehen Sie den Dingen ins Auge! Helfen Sie der Frau Justizministerin, zu resozialisieren, näm­lich in den Heimatländern! Und denken Sie auch an die EU, die wirklich die Verpflich­tung hätte (Präsident Dr. Khol gibt neuerlich das Glockenzeichen) in ihren Heimatstaa­ten – Sie lachen, Frau Abgeordnete, ich muss das jetzt noch sagen dürfen –: ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter, das war ein langer Schlusssatz!

 



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Abgeordneter Dr. Dieter Böhmdorfer (fortsetzend): ... – ja, er ist gleich ganz zu Ende –: Wir haben 650 Häftlinge, die aus EU-Staaten kommen! (Beifall bei den Frei­heitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.40

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


10.40

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Dobro jutro! Poštovane dame i gospodo! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kein verantwortungsvoller Politiker, keine verantwortungsvolle Politikerin in Österreich würde beim Problem stei­gende Kriminalität und gleichzeitig sinkende Aufklärungsquote wirklich verantwortungs­bewusst handeln, würde er/sie diesem Problem wenig Bedeutung beimessen.

Für mich als Abgeordnete der Grünen sowie für die gesamte Fraktion der Grünen sind bestimmte Tatsachen aus dem Kriminalitäts- und Sicherheitsbericht, der dem Parla­ment jährlich vorgelegt wird, aber auch aus den Zahlen, die uns die Frau Justizministe­rin heute erzählt hat, eben ganz wesentliche Fakten dafür, wie auf politischer Ebene von Seiten vor allem der verantwortlichen Bundesminister und Bundesministerinnen – in diesem Fall von Frau Ministerin Miklautsch –, aber auch auf gesetzlicher Ebene von Seiten des österreichischen Nationalrates zu handeln ist.

Nichts wäre gefährlicher als das subjektive Sicherheitsgefühl, aber auch die objektive Bedrohung des Sicherheitsgefühls der Österreicherinnen und Österreicher sowie der Bewohner dieses Landes klein zu reden oder es gering zu schätzen. Darum nehmen wir die Zahlen, die uns der Sicherheitsbericht liefert, und das, was die inzwischen mo­natlich veröffentlichte Kriminalstatistik dem Parlament an Daten zur Verfügung stellt, sehr ernst, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte jetzt nicht auf das eingehen, was Frau Kollegin Partik-Pablé in den ersten zehn Minuten dieser Aktuellen Stunde getan hat, nämlich pauschal über alles drüber­zufahren, was in diesem Land fremd ist, das heißt, nicht die österreichische Staatsbür­gerschaft hat. Herr Minister außer Dienst Böhmdorfer hat ihr noch gut assistiert, als er seine Rede mit den Worten begonnen hat: „Wir haben ein riesiges Problem mit den Ausländern“.

Meine Damen und Herren! Wir haben auch ein Problem mit den Inländern, die kriminell werden und in Österreichs Gefängnissen sitzen, weil Kriminalität als solche ein Pro­blem ist und eine wesentliche Herausforderung für die Politik darstellt. (Beifall bei den Grünen.)

Sehr geschätzte Frau Ministerin – und ich meine das „sehr geschätzte“ wirklich ehrlich und wörtlich –, ich bin über Ihre zehnminütige Rede, die Sie uns hier präsentiert haben, mehr als enttäuscht, denn nichts, was Sie gesagt haben, wäre nicht auch in diesem dicken Sicherheitsbericht 2003 zu lesen (die Rednerin hält ein Exemplar desselben in die Höhe), der dem Parlament bereits im Juli zugeleitet wurde, der im Nationalrat auch schon behandelt wurde, aber nicht in der Öffentlichkeit, damit auch andere daran parti­zipieren können, sondern heimlich, still und leise im Innenausschuss, nicht öffentlich, ohne öffentliche Wahrnehmung.

Sie gehen her, zitieren bei der ersten öffentlichen Debatte darüber neuneinhalb Minu­ten lang Fakten aus diesem Bericht (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter) und beenden Ihre zehnminütige Stellungnahme in den letzten 40 Sekunden mit folgendem Lösungs­vorschlag – und das von der Justizministerin! –, nämlich mit dem Lösungsvorschlag – ich habe es mir notiert –: Wir müssen die Asylverfahren beschleunigen.


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Ja!, sage ich dazu. Wir müssen das sehr wohl tun, wir müssen das möglichst rasch tun. – Frau Ministerin, bei allem Respekt gegenüber diesem Vorschlag, haben Sie das schon einmal dem Herrn Innenminister gesagt? Haben Sie schon einmal dem Herrn Bundeskanzler gesagt, dass das ein wichtiger Punkt ist? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die Opposition macht diese Vorschläge seit Jahren, denn das sind die Punkte, die we­sentlich sind. Die Statistik kann man so interpretieren oder so lesen, sozusagen jeder in der Art, wie er es braucht; die FPÖ braucht die Statistik eben zur pauschalen Diskri­minierung von Ausländerinnen und Ausländern in Österreich. Wir Grüne versuchen, daraus Schlüsse zu ziehen und zu sagen, das Problem gesteigerter Kriminalität von Menschen georgischer Nationalität, die mit einem unterschiedlichen Status hier in Ös­terreich leben, unter anderem auch mit dem Status eines Asylwerbers, ist eine Heraus­forderung für die österreichische Sicherheitsexekutive einerseits, aber auch für die ös­terreichische Justiz andererseits.

Deshalb ergeben sich für mich, für uns aus dieser Problematik ganz klare und eindeu­tige Lösungsvorschläge. Frau Ministerin, ich beginne bei den von Ihnen nicht ange­sprochenen, und zwar bei den überfüllten Gefängnissen in Österreich.

Wir sind in diesem Punkt im Schnitt der alten EU-Staaten in einer beschämenden Situ­ation mit hohen Zahlen. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) – Das ist mein Schlusssatz. – Deshalb: die Gefängnisse leeren, die Asylverfahren beschleunigen, Ressourcen für die erste und zweite Instanz. Das erhöht die Rechtsstaatlichkeit und das Sicherheitsgefühl in Österreich, aber nicht bloße Polemik! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.45

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Tamandl. – Bitte.

 


10.45

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Herr Staatssekretär! Frau Kollegin Stoisits, warum haben Sie voriges Jahr nicht dem Asylgesetz 2003 zugestimmt? – Das wäre ein Gesetz zur Beschleunigung der Asylverfahren gewesen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Öllin­ger: Verfassungswidrig war das! – Zwischenruf der Abg. Mag. Stoisits.)

Es ist ganz einfach eine Tatsache, dass 39 Prozent aller im Jahr 2004 bis dato Tatver­dächtigen in Wien Fremde sind, in ganz Österreich 28,2 Prozent. Es ist klar, dass, wenn Asylverfahren lange dauern, dann natürlich gewisse Personen, die mehrere Jah­re lang nicht den Status eines Asylwerbers bekommen, vielleicht in die Kriminalität ab­rutschen. Hätten Sie zugestimmt, hätten wir das gemeinsam gemacht, dann wäre es auch nicht zu dem Entscheid des Verfassungsgerichtshofes gekommen. (Abg. Öllin­ger: Was? – Abg. Sburny: Dann wäre es genauso verfassungswidrig!)

Ob in Österreich Kriminaltourismus tatsächlich hauptsächlich von Touristen begangen wird, kann man nicht so genau sagen. Tatsache ist aber, dass das Schleppertum und der Menschenhandel gerade durch die aktive Exekutive erkannt werden. Es ist ja nicht so, dass die Exekutive nichts dagegen tut. Im Gegenteil! Es wird jetzt mit den Polizeire­formen dafür gesorgt, dass die Sicherheitsexekutive mehr Zeit dazu hat, sich auch um diese Dinge zu kümmern.

Im Übrigen dürfen wir diesem Asylmissbrauch nicht länger zusehen. Wir müssen ganz einfach dafür Sorge tragen, dass jemand, der in Österreich schon verurteilt ist, nicht nach Ende seiner Strafhaft oder knapp vor Ende seiner Strafhaft noch um Asyl ansu-


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chen kann. Das geht ganz einfach nicht! Das würden die Österreicherinnen und Öster­reicher auch nicht verstehen.

In ganz Europa müssen diese beiden Arten von Kriminalität bekämpft werden. Es ist auch so, dass sich der Europäische Rat der Innen- und Justizminister am 25. und 26. Oktober ein Mehrjahresprogramm betreffend Justiz und Inneres zum Ziel gesetzt hat. Seit Mitte der neunziger Jahre ist es so, dass gerade der Kriminaltourismus und das organisierte Verbrechen in ganz Europa ein Thema sind. Diesbezüglich müssen Maßnahmen getroffen werden. Es würde uns natürlich sehr freuen, wenn Sie Anfang des nächsten Jahres einem Asylgesetz zustimmen, das solche Verschärfungen ein­baut. Dann können Sie zeigen, welche Lösungsvorschläge Sie haben und was Sie tun wollen, damit Asylverfahren verkürzt werden und sich Asylwerber, die straffällig gewor­den sind, nicht weiter in Österreich aufhalten können. Da können Sie dann zeigen, welche Lösungsansätze Sie haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Gerade jenen, die wirklich Asyl benötigen, soll dieses schneller gewährt werden. Herr Kollege Posch hat kritisiert, dass Herr Kollege Scheibner bei der Festveranstaltung „25 Jahre Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich“ war. – Ich meine, dass ge­rade die SPÖ in Wien zeigt, wie sie das Thema Integration wirklich behandelt. Ich selbst gehe zu islamischen Religionsgemeinschaften und mache dort immer wieder klar, was betreffend Integration wirklich notwendig ist. Sie sagen immer, Ausländer müssen nicht Deutsch können, um sich zu integrieren. (Abg. Öllinger: Das ist unglaub­lich! – Abg. Parnigoni: Wer sagt das?) – Setzen Sie doch bitte einmal andere Maß­nahmen zum Thema Integration in Wien! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das sind doch alles nur Lippenbekenntnisse! Auch zum Thema Sicherheit geben Sie nur Lippenbekenntnisse ab. Ich habe mir den Spaß gemacht und bin auf Ihre Home­page gegangen. Dort habe ich gesehen, Ihr Sicherheitskonzept umfasst gerade einmal 355 Wörter. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Oh!) Es ist überhaupt nicht ausgestaltet, und Sie bringen darin überhaupt keine Lösungsvorschläge!

Sie haben noch die Möglichkeit, zum Beispiel beim nächsten Tagesordnungspunkt, der Polizeireform zuzustimmen, damit Sie endlich einmal den Österreicherinnen und Öster­reichern zeigen, dass es Ihnen ernst ist und Sie sich nicht nur herstellen, kritisieren und alles für schlecht erklären. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.50

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

 


10.50

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte ZuhörerInnen auf der Galerie und ZuseherInnen im Fernsehen! Wenn die Vorrednerin gesagt hat, dass sie sich gewundert hat, dass der Verfassungs­gerichtshof – ich glaube, so ähnlich hat es gelautet – Teile des Asylgesetzes aufgeho­ben hat, und wir ja nur zuzustimmen hätten müssen, dann, so glaube ich, hat sie sehr vieles von der österreichischen Bundesverfassung nicht verstanden. Der Rechtsstaat garantiert, dass die Verfassungsrichter autonom und allein entscheiden können. – Gott sei Dank! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Seit Wochen wird nun das Thema Asylwerber in den Medien behandelt und immer wieder von FPÖ- und ÖVP-Politikern über – unter Anführungszeichen – „straffällig“ gewordene Asylwerber berichtet. In diesem Zusammenhang möchte ich im Besonde­ren Herrn Innenminister Strasser erwähnen. Herr Strasser hat in einem „Standard“-


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Interview festgestellt, dass die Zahl der tatverdächtigen Asylwerber innerhalb eines Jahres auf 47 Prozent angestiegen sei.

Wenn man diese Statistik des Innenministeriums aber genau und seriös betrachtet, so ergibt sich folgendes Bild: 28,2 Prozent aller Tatverdächtigen sind Fremde, von diesen sind wiederum 16 Prozent tatverdächtige Asylwerber.

Wie aber schaut es bei allen ermittelten Tatverdächtigen aus, nämlich Inländern und Ausländern? – Da beträgt der Anteil der tatverdächtigen Asylwerber 5 Prozent. Es gibt also einen fünfprozentigen Anteil von tatverdächtigen Asylwerbern an allen Tatver­dächtigen, Inländern und Ausländern! Das gilt es zu bemerken. Ich will nicht beschöni­gen, aber es sind nur 5 Prozent – nicht mehr und nicht weniger.

Wenn aber der Herr Innenminister seine eigene Statistik so schönt beziehungsweise so interpretiert und so der Öffentlichkeit präsentiert (Abg. Großruck: Der beste Innen­minister seit langem!), dann frage ich mich schon: Was will der Innenminister damit bezwecken? Will er von seiner eigenen Unfähigkeit ablenken? Will er davon ablenken, dass er die höchste Kriminalitätsrate in der Zweiten Republik, die niedrigste Aufklä­rungsquote mit 38,5 Prozent und ein völliges Desaster in der Asylpolitik zu verantwor­ten hat?

Wesentliche Teile des Asylgesetzes wurden aufgehoben! Und was macht der Herr Innenminister? – Er tut eines: Er sucht Schuldige, nach dem Motto „Angriff ist die beste Verteidigung“. Einmal sind die Verfassungsrichter schuld, ein anderes Mal sind die Behörden schuld, die Asylbehörden, ein drittes Mal liefert er sich eine Zahlenschlacht mit den Landeshauptleuten. Das bringt keinen einzigen Fall von Asylmissbrauch in diesem Land weg. Der Innenminister sucht Schuldige – nur nicht bei sich! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie, sehr geehrte Damen und Herren von der FPÖ und von der ÖVP, sind immerhin schon vier Jahre in dieser Regierung tätig. (Abg. Jakob Auer: Gott sei Dank!) Sie hät­ten die Zeit und die Möglichkeit gehabt – und haben sie nach wie vor –, dagegen etwas zu unternehmen. Sie haben aber nur eines vorzuweisen: eine katastrophale Bilanz in der Sicherheitspolitik und in der Asylpolitik! Und das ist tragisch für die Bevölkerung, für die Menschen in unserem Land. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Was mich an dieser Debatte besonders schmerzt, ist die Art, wie über Kriminalität debattiert wird, dass vor allen Dingen die Asylwerber die Schuldigen sein sollen. Es heißt: Asylwerber ist gleich kriminell. – Das ist ein Problem, das tut weh. Das verschärft das Klima (Abg. Scheibner: Wer sagt das?) und ist unse­rer Republik und unserer Politik, so wie wir sie wünschen würden, nicht würdig. Wir wollen ein humanes und demokratisches Österreich, nicht Demokratieabbau, seien es Einschränkungen der Instanzenzüge, sei es bei der Hochschülerschaft oder sonst wo. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

10.55

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scheibner. Auch seine Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte.

 


10.55

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminis­ter! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Wurm, Herr Kollege Posch, bei Ihnen merkt man in dieser Frage wirklich die Hilflosigkeit, wie Sie mit dieser so wichtigen Ma­terie umgehen. Hilflosigkeit deshalb, weil Sie ganz einfach – und Ihre Reden strotzen ja immer vor linker Ideologie – nicht zur Kenntnis nehmen wollen, Herr Kollege Posch, worum es uns Freiheitlichen geht. Uns geht es um den Rechtsstaat, uns geht es um Rechtmäßigkeit. Uns geht es darum, gegen Unrecht anzukämpfen, damit dem Recht


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zum Durchbruch verholfen wird, Herr Kollege Posch. Uns geht es nicht um die linken Utopien, die Sie in den achtziger und neunziger Jahren hier umgesetzt haben, die ja die Wurzel für diese Probleme sind. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordne­ten der ÖVP.)

Schauen Sie einmal nach Deutschland, wo man das Konzept der multikulturellen Ge­sellschaft immer hochgehalten hat! Dieselben Experten, die uns das damals vorgebetet haben, reden heute nur mehr verschämt von der „Parallelgesellschaft“, weil man gese­hen hat, dass dieses Konzept ganz einfach fehlgeschlagen ist. Heute muss man zur Kenntnis nehmen, dass die dritte Generation der Zuwanderer schlechter Deutsch spricht und schlechter integriert ist als die erste Generation, weil sie ihre eigenen Insti­tutionen, die eigenen Kindergärten, die eigenen Schulen, die eigenen Arbeitsplätze, Geschäfte und Freizeiteinrichtungen haben. Das ist das System, das Sie uns verord­nen wollten.

Wir haben immer gesagt, Integration vor Neuzuwanderung. Im Asylrecht soll man auch den Rechtsstaat in den Vordergrund stellen. Hilfe und Unterstützung für all jene – aber nur für all jene –, die wirklich verfolgt werden und diese Unterstützung brauchen, je­doch alles, alles Rechtmäßige gegen jene, diesen Rechtsstaat und das Asylrecht für andere Zwecke missbrauchen. Darum und nur darum geht es uns, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn Sie, Frau Abgeordnete Wurm, sagen, diese Auffassung bedeutet, jeder Asyl­werber ist ein Krimineller, dann haben Sie es nicht verstanden! Es tut mir Leid, aber vielleicht hören Sie noch ein bisschen zu und wir können Sie doch noch davon über­zeugen.

Es geht hier nicht darum zu sagen, jeder Asylwerber ist ein Krimineller, aber die Tatsa­chen, Frau Kollegin Wurm, müssen auch Sie zur Kenntnis nehmen. (Abg. Mag. Wurm: Das Bild vermitteln Sie!) – Nein, das Bild vermitteln wir nicht, das wollen Sie nur immer erzeugen, weil Sie mit Angstmache vor den Wahlen auch Politik machen, sowohl bei den Ausländern als auch bei den Asylwerbern. Das ist Ihr Bild, das Sie erzeugen, wir wollen das nicht! Wir wollen hier aber die Tatsachen feststellen. (Beifall bei den Frei­heitlichen.)

Wenn es eine Anerkennungsquote bei Asylansuchen von 20 Prozent gibt, dann weiß man, dass bei 80 Prozent etwas nicht in Ordnung war, dass also 80 Prozent der Asyl­werber keine ausreichenden Asylgründe vorbringen konnten. Folgendes ist auch inter­essant: Über die PISA-Studie wird zu Recht seit vielen Tagen diskutiert, das ist ein wichtiges Thema. Aber die Sicherheit in Österreich ist auch ein wichtiges Thema! Über die Statistik über kriminell gewordene Asylwerber, die vor wenigen Tagen in die Öffent­lichkeit gekommen ist, hat man nur einen Tag diskutiert. Am zweiten Tag hat man schon gesagt, die Statistik sei falsch. Dann wurde nicht mehr darüber geredet.

Was ist in dieser Studie festgestellt worden, meine Damen und Herren? – Dass etwa in Wien von 2 600 Personen, die wegen Drogenhandel – nicht wegen Drogenkonsum, sondern wegen Drogenhandel! – angezeigt worden sind, 1 500 Schwarzafrikaner wa­ren, und davon 98 Prozent Asylwerber. Das ist keine Panikmache, das sind Zahlen! 98 Prozent von diesen Angezeigten waren Asylwerber. Also: Sind das Leute, die wir unterstützen sollen, weil sie politisch verfolgt sind oder sind das Kriminelle, Frau Abge­ordnete Wurm, gegen die wir zu amtshandeln haben? (Abg. Mag. Wurm: Der Innen­minister ...!) Das haben wir zu verhindern im Interesse der Österreicher und im Interes­se jener, die nach Österreich kommen, weil sie tatsächlich Asylgründe haben! Das wä­re doch unsere gemeinsame Aufgabe. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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Das verhindern Sie jedoch, weil Sie nicht zugeben wollen, dass Ihre Utopien ganz ein­fach fehlgeschlagen sind. Das ist eine Tatsache, meine Damen und Herren von der SPÖ! (Abg. Mag. Wurm: ...! Das wäre die Aufgabe des Innenministers!)

Das neue Asylgesetz hat ja eine Verbesserung gebracht, vor allem bei der Drittstaaten­regelung, dass nämlich Asylwerber ihr Asylverfahren im ersten Land, in dem sie aufhäl­tig und wo sie auch sicher sind, abwarten müssen – mit Ausnahmen. Eine Ausnahme ist etwa eine Traumatisierung, das heißt, wenn ein Asylwerber angibt, er sei traumati­siert, dann kann er sein Verfahren in Österreich abwarten.

Da frage ich mich: Von wem werden denn diese Asylwerber informiert, sodass plötzlich fast alle angegeben haben, sie seien traumatisiert? Es ist auch einmal zu hinterfragen, welche Institutionen da am Werke sind, welche Informanten da am Werke sind, die jenen Leuten, die anscheinend nicht ausreichende Asylgründe vorbringen können, Tipps dafür geben, wie man unter Umgehung der Gesetze in Österreich trotzdem ein Asylverfahren beantragen und dann in den Untergrund untertauchen kann, wie es der Rechnungshof schon festgestellt hat, nämlich dass 42 Prozent der Asylwerber ihr Asyl­verfahren gar nicht abwarten, sondern untertauchen. – Um diese Fragen geht es uns!

Meine Damen und Herren von der Opposition, arbeiten Sie mit an einem wirklich guten Asylgesetz, das unterscheidet zwischen jenen Asylwerbern, die unsere Unterstützung brauchen, weil sie wirklich verfolgt werden, und jenen Asylwerbern, die das Recht auf Asyl missbrauchen und kriminell werden! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.01

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner hiezu ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz. Auch seine Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte.

 


11.01

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine Damen und Herren! Mit Statistiken kann man alles Mögliche machen, auch wenn man sie gar nicht selbst gefälscht hat. Ich sa­ge Ihnen nur ein Beispiel. (Abg. Mag. Molterer: Machen Sie das?)

Eine viel klarere Statistik könnte etwa so lauten: 100 Prozent derer, die das Schen­kungssteuerrecht in Österreich missbrauchen, sind Finanzminister. Trotzdem würde niemand den Schluss daraus ziehen: Daher muss das Finanzministerium abgeschafft werden! Das wäre ein ganz schlechter Schluss.

Wenn Sie zu Recht feststellen, dass es einen hohen Anteil von Asylwerbern und Asyl­werberinnen an den untersten Gliedern der Drogenkriminalität gibt, dann ist nicht der einzig mögliche Schluss, die österreichische Bundesverfassung zu brechen, die Men­schenrechtskonvention zu brechen, die Flüchtlingskonvention zu brechen und einfache österreichische Gesetze gegen die österreichische Verfassung mit einer Mehrheit in diesem Hohen Hause zu beschließen. Das ist nicht die einzige Möglichkeit! Es gibt zum Glück auch andere Möglichkeiten. Aber zuerst muss man sich darüber einigen, was das Problem ist.

Ich gebe jetzt nur wieder, was mir besorgte und in dieser Arbeit auch überforderte Be­amte und Beamtinnen des Bundeskriminalamtes immer wieder mitteilen. Die sagen: Ja, es stimmt, insbesondere aus Nigeria kommt eine große Zahl von Menschen, die das Asylrecht in Österreich missbrauchen wollen, um auf den österreichischen Stra­ßen, und zwar nicht nur in Wien, mit Drogen zu handeln! – Dafür gibt es überhaupt keine Entschuldigung, und dafür gibt es einschlägige österreichische Strafgesetze.

Jetzt hat das Bundeskriminalamt ein Problem, nämlich: Man weiß, dass jeder Straßen­dealer, den sie verhaften, durch einen weiteren, der nach Wien oder sonst wohin kommt, ersetzt wird. Die Kriminalpolizei weist uns nur auf eines hin: Solange das Dro­genproblem als solches nicht gelöst wird, so lange wird der der Polizei bekannte Stra-


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ßendealer auf Grund der freiheitlich-schwarzen Kriminalitätspolitik nur durch den der Polizei nicht bekannten Straßendealer ersetzt.

Das ist einer der Hauptgründe, warum trotz Ihrer scheinbar harten Kriminalitätsbe­kämpfung fast ausschließlich unter Ihrer Regierungstätigkeit die Zahlen in diesem Be­reich explodiert sind und der Missbrauch des Asylrechtes sehr, sehr problematische Formen angenommen hat. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Puswald.)

Es gibt zwei realistische Möglichkeiten, dem entgegenzutreten, und Sie müssen sich für eine der beiden entscheiden: Fast alle, die hauptsächlich aus Nigeria kommen und in Österreich mit Drogen auf den Straßen handeln, kommen aus Italien. Sie können einen politischen Vorschlag machen und sagen: Wir kündigen den Schengen-Vertrag und führen nicht normale Grenzkontrollen gegenüber Italien wieder ein, sondern ma­chen die Grenze komplett dicht! Wir haben nur eine Chance, wenn Sie diesen Weg gehen wollen: nämlich letzten Endes einen neuen Eisernen Vorhang gegen Drogen­kriminalität zu Italien hin zu errichten.

Wenn Sie meinen, dass das gut ist – und die Freiheitliche Partei meint das offensicht­lich –, dann machen Sie diesen Vorschlag! Wir halten diesen Vorschlag, und zwar nicht nur deshalb, weil wir meinen, dass die Lösung eine europäische sein muss und wird, aus vielen, vielen Gründen für falsch.

Die zweite Möglichkeit heißt, einem dringenden Ersuchen der Kriminalpolizei nachzu­kommen. Die Kriminalpolizei sagt – und da unterscheidet sie nicht zwischen Regie­rungsabgeordneten und Oppositionsabgeordneten –: Bitte, beginnt endlich mit einer seriösen Lösung des Drogenproblems selbst, damit nicht die Polizei immer wieder ein ungelöstes Problem ausbaden muss!

Wenn Sie die Händler, die Verkäufer durch kriminalpolizeiliche Arbeit nicht vom Markt nehmen können, dann müssen Sie – so wie in Zürich – versuchen, die Käufer vom Markt zu nehmen: durch staatliche Drogenprogramme, durch staatliche Behandlung von Drogenkranken, durch kontrollierte ärztliche Abgabe von Medikamenten, von Er­satzmitteln und was man sonst in der Behandlung braucht.

Sie, Herr Minister, müssen der Polizei eine Chance geben, indem Sie der Drogenpolitik eine Chance geben. Ihre Massenrazzien führen nur dazu, dass sich in einem Europa, das sich zur Offenheit bekennt und bekennen muss, das Ganze wie in einem Hamster­rad dreht und die Kriminalitätsziffern steigen.

Geben Sie einer seriösen Drogenpolitik eine Chance! Dann helfen Sie erstmals auch der österreichischen Kriminalpolizei. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Es ist seltsam, dass es in der Frage einer neuen Drogenpolitik offensichtlich eine Alli­anz für die Zukunft gegen die jetzige Politik der Bundesregierung gibt. Aber wenn sich Vernunft durchsetzen soll und muss, dann werden wir es eben auf diese Art und Weise versuchen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.06

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.


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Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 2355/J bis 2380/J.

2. Anfragebeantwortungen: 2126/AB bis 2170/AB.

Berichtigung zur Anfragebeantwortung: Zu 2147/AB.

3. Initiativanträge:

Zurückziehung: 475/A.

4. Regierungsvorlage:

Bundesgesetz, mit dem das Pensionskassengesetz, das Versicherungsaufsichtsge­setz, das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Erb­schafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, das Versicherungssteuergesetz 1953, das Betriebspensionsgesetz, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz und das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz geändert werden (707 d.B.).

5. Gesetzesantrag des Bundesrates:

Gesetzesantrag der Bundesräte Jürgen Weiss, Kolleginnen und Kollegen vom 2. Dezember 2004 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (769 d.B.).

6. Ergänzung oder Änderung von Regierungsvorlagen oder Berichten:

Änderung der Regierungsvorlage: Dienstrechts-Novelle 2004 (Zu 685 d.B.),

Austauschseite zum Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes über Teilgebiete der Gebarung des Bundes (Zu III-106 d.B.).

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Bürgerinitiative Nr. 21 betreffend „Eine Volksabstimmung über die Ratifizierung des EU-Verfassungsvertrages (Vertrag über eine Verfassung für Europa)“,

Bürgerinitiative Nr. 22 betreffend „Heilmasseurgesetz“.

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Außenpolitischer Ausschuss:

Vereinbarung über die Satzung der Europäischen Schulen samt Anhang (705 d.B.);

Finanzausschuss:

Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik San Marino auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (706 d.B.),

Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Demokratischen Bundesrepublik Äthiopien über die Förderung und den Schutz von Investitionen (778 d.B.);

Rechnungshofausschuss:

Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes betreffend Ruhestandsversetzungen bei den Österreichischen Bundesbahnen (III-111 d.B.);


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b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Budgetausschuss:

Förderungsbericht 2003 der Bundesregierung (III-114 d.B.);

Justizausschuss:

Bericht der Bundesministerin für Justiz betreffend die Umsetzung des Regressan­spruchs des Letztverkäufers aufgrund der Entschließung des Nationalrates vom 28. März 2001, E 77-NR/XXI. GP (III-116 d.B.);

Wirtschaftsausschuss:

Bericht des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 2003 (III-117 d.B.).

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weiters gebe ich bekannt, dass der Neunte Bericht des Unvereinbarkeitsausschusses an alle Mitglieder des Nationalrates verteilt wurde.

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die Abgeordneten Dipl.-Ing. Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen haben das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tagesordnung einge­brachte schriftliche Anfrage 2381/J der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kul­tur betreffend 10 Jahre Bildungsministerin Gehrer – PISA-Absturz: Sind die Eltern schuld?, dringlich zu verhandeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird die Dringliche Anfrage um 15 Uhr behandelt wer­den.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Es liegt mir der Vorschlag vor, die Debatte über die Ta­gesordnungspunkte 1 und 2, 3 und 4, 5 bis 9, 10 bis 12, 13 und 14, 15 und 16, 17 und 18 sowie 19 bis 21 der heute früh ausgegebenen Tagesordnung, also der Tagesord­nung, die nach dem Wirtschaftsausschuss ausgegeben wurde, jeweils zusammenzu­fassen.

Werden dagegen Einwendungen erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen daher in die derart beschlossene Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über Gestal­tung und Dauer der Debatte erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 10 „Wiener Stunden“ vereinbart, aus der sich folgende Redezeiten ergeben: ÖVP und SPÖ je 175 Minuten, Freiheitliche 120 Minuten sowie Grüne 130 Minuten.

Weiters wurde folgende Redezeitvereinbarung für die Debatte in der Zeit von zirka 11.10 Uhr bis 13 Uhr getroffen: zunächst je eine Wortmeldung pro Fraktion mit je 10 Minuten, anschließend eine Wortmeldung eines Regierungsmitglieds, sodann je


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eine Wortmeldung pro Fraktion mit je 5 Minuten, in weiterer Folge eine Wortmeldung eines Regierungsmitglieds und schließlich je eine Wortmeldung pro Fraktion mit je 5 Minuten, wobei beiden Regierungsmitgliedern insgesamt eine Redezeit von 20 Minu­ten zusteht.

Vor Beginn der letzten Runde wird die allenfalls verbleibende Redezeit vom Vorsitz führenden Präsidenten auf die Fraktionen in der Weise verteilt, dass noch alle Fraktio­nen gleichmäßig zu Wort kommen.

Weiters besteht Einvernehmen, dass tatsächliche Berichtigungen erst nach 13 Uhr aufgerufen werden.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Redezeitvorschlag.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Vorschlag der Präsidialkonferenz zustim­men, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir gehen daher so vor.

1. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvor­lage (643 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das Grenz­kontrollgesetz, das Bundesgesetz über die Führung der Bundesgendarmerie im Bereich der Länder und die Verfügung über die Wachkörper der Bundespolizei und der Bundesgendarmerie und das Beamten-Dienstrechtsgesetz geändert werden (SPG-Novelle 2005) (723 d.B.)

2. Punkt

Bericht und Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Ent­wurf eines Bundesverfassungsgesetzes, mit dem die Unabhängigkeit und Wei­sungsfreiheit von Rechtsschutzbeauftragten verankert wird (724 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zu den Punkten 1 und 2 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich eröffne nun die Debatte.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. Seine Redezeit beträgt, wie ich soeben mitgeteilt habe, 10 Minuten. – Bitte, Herr Kollege.

 


11.10

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Wir haben heute in Form einer Regierungsvorlage das Sicherheitspolizeigesetz zu diskutieren. Wenn wir uns die Sicherheitsbilanz, die eigentlich eine Unsicherheitsbilanz des amtierenden Innenministers ist, ansehen, dann müssen wir sagen: Das ist eigentlich ein Desaster! Das müssen wir vor allem dann feststellen, wenn wir es in Vergleich setzen zu der Si­cherheitsbilanz von vor 1999. Damals lag die Kriminalitätsrate immerhin unter 500 000, während sie sich jetzt der 700 000-Marke nähert. Die Aufklärungsquote ist gesunken. Diese betrug 1999, als es noch einen sozialdemokratischen Innenminister gegeben hat, über 50 Prozent. Jetzt bewegt sie sich hurtig auf 37 Prozent zu.

Wenn man dann Ihre Versuche sieht, die Statistik zu schönen, dann glaubt man, dass sich Ihre Statistikabteilung in einem Kosmetiksalon befindet, denn die Wahrheit sieht in Wirklichkeit anders aus. Viele derjenigen, die jetzt vor dem Fernsehapparat sitzen und


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uns zusehen, werden schon x-mal gehört haben: Beim Nachbarn wurde eingebrochen! Sie sind auf die Straße gegangen und haben die Scherben eines eingeschlagenen Autofensters gesehen.

Es explodiert die Kriminalität in Österreich. Sie haben nichts dagegen getan. Sie haben eingespart. Sie haben die Exekutive malträtiert! Sie haben mit irgendwelchen Schein­methoden versucht, in Wirklichkeit nur Parteipolitik zu machen. – Das wird nie unsere Unterstützung finden, Herr Minister, das kann ich Ihnen jetzt schon sagen! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir hatten schon einmal das zweifelhafte Vergnügen, in Hernals, in meinem Bezirk, dem 17. Wiener Gemeindebezirk, zu diskutieren, wo die kleine Welt, in der die große ihre Probe hält, in diesem Fall die Kriminalitätswelt so aussieht: Allein beim Einbruch in bewohnten Wohnungen hat sich von 2003 auf 2004 die Zahl der Einbrüche in neun Monaten von 101 auf 201 erhöht. Bei der Aufklärung gab es einen Anstieg von 3 auf 6 Fälle. Nur sechs Fälle wurden aufgeklärt! Bei Büro- und Geschäftsräumen stieg die Zahl der Einbrüche von 117 auf 132 und bei Gaststätten und Beherbergungsbetrieben von 27 auf 35. Aufgeklärte Fälle: 2003 fünf, 2004 ein einziger in diesen neun Mona­ten. – Das ist eine katastrophale Bilanz! (Ruf bei der SPÖ: Wahnsinn!)

Es ist daher kein Wunder, wenn sich immer mehr Österreicherinnen und Österreicher in Österreich unsicher fühlen – weil Sie als „Unsicherheitsminister“ in Wirklichkeit nichts dazu beitragen, dass die Sicherheit in Österreich steigt. (Beifall bei der SPÖ.)

Damit Sie jetzt nicht sagen können: Das ist eine Opposition, die nur meckert!, sage ich Ihnen gleich: Wir werden einzelne Punkte in diesem Sicherheitspolizeigesetz – darauf haben wir auch gedrängt – mittragen. Aber ich sage Ihnen gleich dazu: Es kann zum Beispiel im Zusammenhang mit Videoüberwachung an Orten höherer Kriminalität die Lösung dann nicht lauten: Videoüberwachung statt Polizei. – Die Polizei ist unersetz­bar! Die Exekutive muss es auch an diesen Orten geben. Da kann es kein Ausweichen zu irgendwelchen neuen Technologien, zu Videoüberwachungen und sonst etwas ge­ben. – Das ist aber zum Beispiel ein Punkt, den wir mittragen werden.

Oder: Schutzzonenlösung. – Natürlich sind wir daran interessiert, dass es Schutzzo­nen, insbesondere vor Schulen und Kindergärten, gibt, um da Drogendealer fernzuhal­ten. Das ist ein wirkliches Problem, das man angehen muss und bei dem wir selbstver­ständlich an der Lösung mitwirken werden, zumal Sie bisher nicht imstande waren, es wirklich zu lösen.

Ich könnte noch mehrere Punkte anführen, die wichtig sind und wo es eine nationale Kooperation geben muss, damit es in Österreich tatsächlich mehr Sicherheit gibt.

Herr Minister! Das Ganze ist natürlich auch eine Frage, bei der man auch ein gewisses Rechtsverständnis haben muss und bei der man Entscheidungen, die der Verfas­sungsgerichtshof fällt, nachkommen muss.

Herr Minister, Sie haben in Ihrem Ressort viele Initiativen gesetzt, die – das muss man heute sagen – vor dem Verfassungsgerichtshof nicht standgehalten haben. Ich weiß nicht, welche Abteilung in Ihrem Ministerium auf Grund der Weisung, die Sie da an­scheinend erteilt haben, keine Rücksicht darauf nimmt, dass man Gesetzesvorlagen produzieren muss, die vor dem Verfassungsgerichtshof auch halten. Da gibt es eine ganze Liste, wie zum Beispiel beim Zivildienstgesetz, Verpflegungsgesetz, Asylgesetz, Drittstaatsicherheit, Beamten-Dienstrechtsgesetz, wo Sie, um missliebige Beamte in Pension schicken zu können, beim Verfassungsgerichtshof besonders angeeckt sind. Das war Ihnen alles egal! Personalpolitik hat bei Ihnen absolute Priorität! Sie wollen eine schwarze Parteibuch-Exekutive. (Abg. Ellmauer: Die rot-weiß-rote!) Das ist nachweisbar! (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)


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Sogar der Verfassungsgerichtshof hat dagegen Position bezogen (Zwischenruf des Abg. Großruck) – auch wenn es Ihnen jetzt nicht passt! –, weil da der Herr Minister in erster Linie daran gedacht hat.

Strassers Credo lautet: Zuerst denke ich an die Postenbesetzung von ÖVP-nahen Be­amten oder ÖVP-Beamten – und dann denke ich an die Sicherheit! Zuerst denke ich an die Postenbesetzung von ÖVP-Beamten – und dann denke ich an die Qualität! – Das ist der Denkschritt des Ministers!

Dazu muss man sagen: Das ist aber eine seltsame Einstellung gegenüber der Sicher­heit! Das zeigt aber auch, wie gleichgültig es ihm ist, ob es mehr Sicherheit in Öster­reich gibt, wie gleichgültig es ihm ist, ob es ein Unsicherheitsgefühl in der österreichi­schen Bevölkerung gibt.

Es ist eine ganze Liste von Gesetzen, bei welchen der Verfassungsgerichtshof Ihre Schritte, die Sie gesetzt haben, Herr Minister, beanstandet hat. Das wurde von Ihnen noch dazu kommentiert mit den Worten: „Was Recht ist, muss nicht gut sein!“ Anders formuliert hörten wir es aus dem Bärental, wo es lautete: Na ja, der Verfassungsge­richtshof hat entschieden, aber mich kümmert es nicht! Ich werde mir halt irgendwo ein Hintertürl suchen, wo ich dann wieder das durchbringe, was ich mir vorgenommen ha­be! (Abg. Scheibner: Kräuter war das!)

Nicht verwechseln! Sie sollten sich ein bisschen mehr konzentrieren, denn jetzt kommt eine Zahl, die Sie sich gut merken sollten, nämlich 5 300. Diese steht in einem Zu­sammenhang mit dem Sicherheitspolizeigesetz, das hier heute diskutiert wird und in welchem der Herr Minister in einem Aufwaschen – neben ein paar Punkten, die wir mittragen, weil wir sie für wichtig halten und daher auch gefordert haben – eine Zu­sammenlegung von Polizei und Gendarmerie vornimmt, wobei er dann das komfortable Vergnügen hat, dass er 5 300 Leitungsfunktionen neu besetzen kann.

Wie wird das stattfinden? – So wie es früher die Freiheitlichen in den Urzeiten, in der „blauen Steinzeit“ einmal gefordert haben: mit Ausschreibung und Objektivierung?

Ich kann es Ihnen sagen: Schon seit Wochen und Monaten arbeiten die schwarzen Personalvertreter daran, schauen sich das ganz genau an. Da gibt es schon lange Lis­ten, richtige Pergamentrollen, schwere Pergamentrollen, wo all das draufsteht. (Zwi­schenruf des Abg. Murauer.) – Das stimmt „überhaupt nicht“! Sie sind gestern auf die Welt gekommen, schauen unschuldig herum und sagen: Hu, wo ist meine Milchfla­sche? Ich möchte die Wirklichkeit kennen lernen! (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Murauer.)

Hören Sie auf! Sie wissen ganz genau, wie das stattfindet. 5 300 Leitungsfunktionen ... (Zwischenruf des Abg. Kainz.) Passen Sie auf, sonst verlieren Sie den Job, wenn Sie zu laut rufen! Der Herr Minister mag das vielleicht gar nicht. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Kainz.) 5 300 Leitungsfunktionen sind mit ÖVP-Parteibuchträgern zu beset­zen: Das ist die Aufgabe, die sich der Minister gesetzt hat! Doch die Sicherheit bleibt auf der Strecke. (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Nun zu den Zusammenlegungen. – Es gab schon die Kommissariatszusammenlegung. Jetzt kommen dran: Sankt Pölten Stadt, Sankt Pölten Land. Bei allem steht immer die Personalpolitik im Hintergrund. Das ist das Entscheidende dabei, das spielt dabei eine Rolle! Daher ist das auch so bedenklich. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Natürlich gibt es in diesem Zusammenhang dann auch noch neue Uniformen. Außer­dem gibt es eine neue Beschilderung und Beschriftung, die Dienstfahrzeuge werden neu angemalt. All das kostet Millionen. „Design statt Sicherheit“ lautet die neue Parole im Innenministerium! (Zwischenruf des Abg. Kainz.)


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Über die neuen Uniformen habe ich im „Standard“ gelesen, es sollen sogar „monar­chistisch angehauchte Ausgehuniformen“ sein. Der Herr Minister will natürlich Einheit­lichkeit im Denken, Einheitlichkeit im Parteibuch, Einheitlichkeit in der Uniform – es fehlt nur noch die Strasser-Maske, dann schauen wirklich alle einheitlich aus. (Heiter­keit und Beifall bei der SPÖ sowie Beifall des Abg. Dr. Grünewald.)

Mag sein, dass das das Konzept ist. Aber wo ist damit Sicherheit verbunden? Es ist auch da alles Kosmetik: Wo einem nichts mehr einfällt, wo man erfolglos ist, wo die Sicherheitsbilanz ein Desaster ist, wo die Menschen immer mehr Angst haben, weil es immer mehr Unsicherheit gibt, weil in der Nebenwohnung eingebrochen wird, weil die Autoscheibe schon zum zweiten Mal eingeschlagen und das Auto ausgeräumt worden ist, dort kommt folgende Antwort: Kosmetik, Design und manipulierte Statistiken. (Zwi­schenruf des Abg. Kainz.) Das ist eine Katastrophe, sage ich Ihnen! Das hat sich die österreichische Bevölkerung nicht verdient. (Beifall bei der SPÖ.)

Daher sage ich Ihnen in aller Deutlichkeit: Es wäre höchst an der Zeit, dass die Tage des Innenministers gezählt sind, denn wir brauchen mehr Sicherheit in unserem Lande!

Übrigens: Auch die Personalvertretungswahlen waren sowohl im Innenministerium als auch in der Exekutive – vor allem bei der Gendarmerie – ein ganz deutliches Signal des Misstrauens, des Unbehagens, der Kritik daran, wie da mit Personen in der Exeku­tive verfahren wird, dass man nicht nur nicht einmal auf die Sicherheitsbedürfnisse der Bevölkerung Rücksicht nimmt, sondern auch nicht auf die Beamten, die fleißig ihren Job erledigen und wirklich mehr zur Sicherheit beitragen wollen, die aber durch diese Parteibuchwirtschaft daran gehindert werden. Das ist ein Skandal! (Beifall bei der SPÖ.)

11.20

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Molterer. 10 Minuten Redezeit. – Sie sind am Wort, Herr Kollege. (Abg. Großruck: ... wieder ein bisschen Ordnung und Seriosität herein!)

 


11.21

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lange ist es her, dass in der SPÖ Löschnak oder Schlögl die Ver­antwortung für die Sicherheitspolitik der SPÖ getragen haben. (Abg. Dr. Kräuter: Da war es aber besser!) Heute ist es Cap. Und so sieht die SPÖ-Sicherheitspolitik auch tatsächlich aus, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitli­chen.)

Herr Kollege Cap, wenn Sie nicht mehr dazu zu sagen haben als das, was Sie heute geäußert haben, dann ist das wiederum ein Beweis dafür: Bei uns ist die Sicherheits­politik in guten Händen. (Abg. Mag. Wurm: Das haben wir gesehen!) Sie nehmen das nicht einmal in den Parlamentsreden ernst, meine Damen und Herren von der SPÖ! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Österreich ist eines der sichersten Länder der Welt, das ist ein Faktum. (Abg. Dr. Gusenbauer: Trotz Strasser!) Gott sei Dank ist das so, und es gilt, im Interesse der Menschen alles dafür zu tun, dass das so bleibt. (Abg. Dr. Niederwieser: ... immer schlechter ...!) Aber eben weil wir wollen, dass das so bleibt, dass Österreich eines der sichersten Länder dieser Welt ist (Abg. Dr. Gusenbauer: Ihr habt noch nicht alles rui­niert!), müssen wir genauso offen und ehrlich den Problemen ins Auge sehen (Abg. Dr. Gusenbauer: Dann schauen Sie sich doch in den Spiegel!): Ja, es gibt Probleme, die wir nicht verleugnen und nicht verniedlichen dürfen, meine Damen und Herren!

Verantwortung heißt, sich diesen Problemen zu stellen. Wir haben Probleme mit der organisierten Kriminalität – das ist so. Wir haben Probleme mit der Drogenkriminalität –


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das ist so. (Abg. Riepl: Sie haben nur Probleme!) Und wir haben auch Probleme mit straffälligen Asylwerbern – das ist so, meine Damen und Herren. Das können Sie nicht wegreden! (Zwischenruf des Abg. Dr. Gusenbauer.)

Wie reagieren die Parteien darauf? – Die SPÖ macht Unsicherheitspolitik. Die SPÖ redet Österreich unsicher, meine Damen und Herren. Aber damit nicht genug: Wenn es darauf ankommt, dann ist die SPÖ nicht bereit und in der Lage, Verantwortung zu übernehmen! Dieses Muster kennen wir schon. Zuerst krankreden, aber dann, wenn es darauf ankommt, nicht den Mut haben, Reformen konsequent umzusetzen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sonst wäre es nämlich nicht erklärbar, dass die SPÖ beispielsweise das Asylgesetz abgelehnt hat. Sonst wäre es nicht erklärbar, dass die SPÖ das Fremdengesetz abge­lehnt hat. (Abg. Mag. Wurm: ... die Verfassungsrichter aufgehoben haben!) Sonst wäre es nicht erklärbar, dass die SPÖ die Unabhängigkeit des Rechtsschutzbeauftragten abgelehnt hat – und heute übrigens wieder ablehnen wird. (Abg. Gaál: Verfassungs­widrig!) Und sonst wäre es nicht denkbar, dass die SPÖ etwa bei der Zivildienstreform ebenfalls nein gesagt hat, meine Damen und Herren! (Abg. Mag. Wurm: Vom Verfas­sungsgerichtshof aufgehoben!)

Sie von der SPÖ verlässt der Mut. Und wenn es um die Sicherheit Österreichs geht, dann ist nicht Mutlosigkeit das Rezept, sondern Konsequenz und zielgerichtetes Han­deln, wie es wir machen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

Aber die Diskussion in der heutigen Aktuellen Stunde hat auch gezeigt, dass wir uns in diesem Zusammenhang mit der Politik der Grünen sehr intensiv beschäftigen müssen. Was machen die Grünen? – Die Grünen beschönigen. Die Grünen sagen: Es ist ja alles gar nicht so wild! Die Grünen sagen: Machen wir möglichst nichts, helfen wir mög­lichst vielleicht noch den Falschen! (Abg. Mandak: Da haben Sie aber nicht zugehört vorher! – Abg. Öllinger: Das ist ja unglaublich!)

Meine Damen und Herren! Ich sage Ihnen klar und deutlich: Beschönigen ist nicht das richtige Rezept, weil es dann, wenn etwas passiert ist, zu spät ist, Herr Van der Bellen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Was Sie da daherreden, das geht ja auf keine Kuhhaut!)

Was mich in diesem Zusammenhang besonders nachdenklich stimmt – und ich erwar­te von Ihnen, Herr Van der Bellen, eine diesbezügliche Klarstellung! –, ist: Wenn Minis­ter Strasser und Kollegin Miklautsch zu Recht ein neues Asylrecht vorschlagen (Abg. Öllinger: Weil es verfassungswidrig war, das wissen Sie!), ein Asylrecht, das den Missbrauch bekämpft, wissen Sie, was die Reaktion der Grünen in der Person Vog­genhuber darauf ist? – Er ruft neuerlich nach Sanktionen gegen Österreich! (Höö-Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das ist die Wahrheit, Herr Van der Bellen! Distanzieren Sie sich von Ihrem Herrn Vog­genhuber! Er sagt nämlich, er überlege die Einleitung eines Sanktionsverfahrens ge­gen Österreich. Hatten wir das nicht schon? Das ist bekannt, wir haben es nicht ver­gessen! (Ruf bei der ÖVP: Ungeheuerlich!) Auch die Österreicherinnen und Österrei­cher haben es nicht vergessen.

Meine Damen und Herren von den Grünen! Das ist verantwortungslose Politik, die der Sicherheit des Landes schadet!

Wenn nun Kollege Pilz heute an dieses Rednerpult tritt und vom staatlichen Drogen­programm redet – wenn Sie, Herr Kollege Pilz, so etwas in den Mund nehmen, dann bin ich besonders sensibel und vorsichtig. Ich denke, dass bei den Grünen genau die­se Entscheidungsfrage ansteht (Abg. Ellmauer: Hasch-Trafiken!): Nicht beschönigen –


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oder beschönigen? Handeln – oder nicht handeln? Und: Gegen Österreich Sanktionen einleiten – oder für die Sicherheit Österreichs kämpfen? Entscheiden Sie sich, meine Damen und Herren von den Grünen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Mag. Kogler.)

Wir von der Volkspartei verschließen die Augen nicht. Wir verschließen auch die Augen vor den Problemen nicht. Wir handeln konsequent und zielgerichtet, auf Basis des Rechtsstaates. (Abg. Mag. Wurm: Ja, ein Gesetz nach dem anderen wird aufge­hoben!) Das ist die Politik unseres Innenministers Ernst Strasser, und ich danke ihm für diese Konsequenz, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Freiheitlichen.)

Diese Konsequenz hat er übrigens auch bei den Budgetverhandlungen an den Tag gelegt: Mit über 9 Prozent plus bei den Budgetmitteln für die Sicherheit und einem deutlichen Plus beim Personal für die Sicherheit der Österreicherinnen und Österrei­cher ist der Beweis gelungen: Wir nehmen Sicherheitspolitik ernst, meine Damen und Herren! (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Gleiches gilt für das neue Sicherheitspolizeigesetz, das wir heute hier beschließen werden. Ich erinnere: Schon in den sechziger Jahren hat Olah von einer Zusammenle­gung von Gendarmerie und Polizei gesprochen. Schlögl wollte es, durfte aber nicht. Noch 1995 hat der damalige Sicherheitssprecher der SPÖ, Elmecker, gesagt: ein Pro­jekt für das nächste Jahrtausend! (Abg. Jakob Auer: Guter Mann!) Sie haben Recht, der Unterschied ist nur: Sie haben es nicht gemacht, wir machen es, weil wir im Inter­esse der Sicherheit handeln und nicht zaudern und nicht zögern, meine Damen und Herren von der SPÖ! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir legen die Wachkörper zusammen, weil wir davon überzeugt sind, dass die Struktu­ren von gestern nicht in der Lage sind, die Probleme von heute und von morgen zu lösen. Diese Strukturen aus den siebziger Jahren und teilweise noch weiter zurücklie­gend, haben dazu geführt, meine Damen und Herren, dass es Unterschiedlichkeiten zwischen Zollwache, Polizei und Gendarmerie gibt. Das wiederum bewirkt, dass zu viel für die Verwaltung aufgewendet und zu wenig konkret auf der Straße für die Sicherheit getan wird. Diese alte Struktur führte dazu, dass wir eine Vielzahl von Kommandoebe­nen haben und keine klare und effiziente Führungsstruktur.

Wir haben daher nun, nachdem die Zollwache in das Innenministerium integriert wur­de, mit diesem neuen Sicherheitspolizeigesetz die Rechtsgrundlage dafür, dass ab dem 1. Juli nächsten Jahres aus Polizei, Gendarmerie und Zollwache ein effizienter und schlagkräftiger Sicherheitskörper in Österreich wird – im Interesse der Bürgerinnen und Bürger, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Das ist wahrscheinlich, ja mit ziemlicher Sicherheit das wichtigste Sicherheitsreform­projekt in dieser Legislaturperiode. Es ist aber gleichzeitig auch eines der größten Ver­waltungsreformprojekte in dieser Legislaturperiode: eine Kommandostruktur in jedem Bundesland, Vereinheitlichung der Kriminalitätsbekämpfung auf Gemeinde-, Bezirks- und Landesebene, Vereinheitlichung des Verkehrsdienstes und eine bessere, klarere und transparentere Führungsstruktur.

Herr Kollege Cap, es wird selbstverständlich allen durch Ausschreibung die Chance gegeben, an diesen Führungsfunktionen nach objektiven Kriterien tatsächlich auch teilnehmen zu können. (Ironische Heiterkeit des Abg. Mag. Johann Maier.) Würden wir nicht ausschreiben, würde Tausenden Mitarbeitern des Sicherheitsdienstes die Mög­lichkeit genommen werden, überhaupt Führungsfunktionen zu bekommen. Das ist die Wahrheit, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Das ist scheinheilig!)


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Mit diesem Gesetz schaffen wir im Übrigen auch eine neue Grundlage für Präventiv­maßnahmen, das, worauf die Österreicherinnen und Österreicher ein Anrecht haben, etwa mit den Schutzzonen. Wir tun das, damit wir unsere Kinder besser schützen kön­nen, meine Damen und Herren! Es ist dies übrigens das Wichtigste, was wir tun kön­nen: Kindern Schutz zu geben! (Abg. Dr. Glawischnig: Ja, super! Dann machen Sie ...!)

Mit diesen Präventivmaßnahmen und der Videoüberwachung sind wir in der Lage, noch besser gegen organisierte Kriminalität vorzugehen, meine Damen und Herren! Daher ist es richtig, im Sinne der Sicherheit diesen Schritt zu gehen.

Mit der Gewaltschutzdatei schaffen wir einen besseren Überblick über die Zusammen­hänge in der organisierten Kriminalität sowie dort, wo diese Organisationen tätig sind, weil hier nur eine Devise gelten muss und kann: kompromisslos gegen organisierte Kriminalität im Interesse der Sicherheit! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Wurm: ... keine Ahnung!)

Aber Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, werden heute offensichtlich nicht nur das Sicherheitspolizeigesetz ablehnen und damit einen weiteren Schritt auf Ihrem Zickzackweg gehen (Abg. Gaál: Wir haben keinen Zickzackweg!), sondern Sie werden auch den §-27-Antrag auf Unabhängigkeit des Rechtsschutzbeauftragten ablehnen – wiederum ablehnen, weil Ihnen dessen Unabhängigkeit offensichtlich nichts wert und nicht wichtig ist. (Abg. Dr. Gusenbauer: Redezeit!)

Für uns von der Volkspartei wird Österreich auch in Zukunft eines der sichersten Län­der sein. Konsequent und zielgerichtet handeln wir im Interesse der Sicherheit der Ös­terreicherinnen und Österreicher! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen. – Abg. Mag. Kogler: So weit der Predigtdienst zum 9. Dezember! – Abg. Dr. Gusenbauer: Das war ziemlich peinlich!)

11.31

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz. Auch seine Redezeit beträgt 10 Minuten.

 


11.31

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich weiß schon aus der Geschichte der letzten Jahre, dass es nach der langjährigen Part­nerschaft zwischen SPÖ und ÖVP jetzt so etwas gibt wie einen – nennen wir es ein­mal: Scheidungskrieg, halt etwas Rosenkriegartiges, bei dem der sachliche Kern von Debatten immer wieder zu kurz kommt. Aber die Sicherheitspolitik ist so wichtig und die Reform der Sicherheitsexekutive ist so wichtig, dass wir uns einmal die Zeit sparen könnten, dieses Parlament mit Dutzend- und Schablonenvorwürfen an einer seriösen Debatte zu hindern.

Deswegen stelle ich einmal eingangs Folgendes fest: Ich bin sehr froh darüber, dass es nun endlich, mit großer Verspätung, im Kern zu einer in der Struktur vernünftigen Reform kommt. (Abg. Dr. Brinek: Na super!) Ich bin sehr froh, dass es endlich zur Zu­sammenlegung von Polizei und Gendarmerie kommt, weil das sinnvoll ist, weil es eine handlungsfähige und seriöse Sicherheitsexekutive ermöglicht (Abg. Dr. Brinek: Ja, genau!) und weil man niemandem mehr erklären konnte, warum man mit verschiede­nen Uniformfarben unbedingt Verschiedenes aufrechterhält, was doch längst dieselben Aufgabenziele und Probleme hat. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen sowie Beifall und Bravorufe bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Hornek.)

Wir haben also ähnlich wie in der Frage der militärischen Landesverteidigung in die­sem Fall dem Innenminister vor Monaten signalisiert: Versuchen wir ernsthafte Ver-


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handlungen, vielleicht können wir gemeinsam eine große Reform der Sicherheitspolizei beschließen! (Abg. Parnigoni: Wie weit bist du denn gekommen mit deinem Signal?) – Dann ist etwas passiert – und das ist auch eine persönliche Erfahrung, sie war anders als im Rahmen der Bundesheerreformkommission –, was ich Ihnen vielleicht mit einem unverdächtigen Zitat zur Kenntnis bringen möchte, ich werde das dann noch näher erläutern.

Ich zitiere: „Durch die im Ministerrat beschlossenen SPG-Änderungen im Zusammen­hang mit der Zusammenlegung der Wachekörper werden die Länderkompetenzen gestärkt. Dies bedeutet, dass zukünftig alle Personalangelegenheiten – wie Postenbe­setzungen in E 1 und E 2a, VB“ – also Vertragsbedienstete – „oder von Verwaltungs­beamten/Innen die Zustimmung des Landeshauptmannes bedürfen.“ – Die Zustim­mung! – „Wie es jetzt bereits bei der Gendarmerie der Fall ist, muss jeder Bestellungs­akt durch den Landeshauptmann gegengezeichnet werden. Ich werde zukünftig meinen gesamten Einfluss bei Landeshauptmann Dr. Haider geltend machen ...“ Und, und, und, und so geht es dann weiter! 

Dieses Zitat stammt von einem freiheitlichen Polizeibeamten aus Klagenfurt namens Horst Binder, den wir alle gut aus der Spitzelaffäre kennen. (Abg. Scheibner: Na, Vor­sicht!) Das ist eine Ankündigung, ja noch mehr, es ist eine Drohung, nämlich zu erklä­ren: Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Sicherheitspolizeigesetz, wie es jetzt beschlossen werden soll, gibt jedem Landeshauptmann und jeder Landeshauptfrau neben dem Bundesminister das Recht, in jede Postenbesetzung parteipolitisch reinzu­pfuschen!

Genau das wird in diesem Dokument schon angekündigt: In Kärnten gibt es Polizeipos­tenbesetzungen nur noch so, wie sie Herrn Dr. Haider gefallen. Und wie die ausschau­en, haben wir in der Vergangenheit gesehen. Das heißt dann: in Kärnten nur Freiheitli­che, in Niederösterreich nur Angehörige der ÖVP – und überall dort, wo die SPÖ etwas zu sagen hätte, einen direkten Einfluss des Bundesministers, damit es trotzdem nicht passiert. Das waren die Umfärbungen.

Das ist keine Drohung für die Zukunft, sondern wir haben diese Umfärbungen jetzt schon jahrelang miterlebt. Da war ausschließlich das Parteibuch entscheidend, etwa bei Postenbesetzungen in Wien. Entgegen Ausschreibungsergebnissen, Bewertungs­ergebnissen: Nur der Letztgereihte hatte beim Bestellungsverfahren für eine Spitzen­funktion in der Wiener Polizei ein schwarzes Parteibuch – na selbstverständlich ist er es geworden!

Ich stelle mir schon vor, wie die organisierte Kriminalität bekämpft wird, nachdem man Andersdenkende und nicht einfärbige, schwarzfärbige Kriminalbeamte gerade in Wien weitgehend aus der Kriminalpolizei gesäubert hat. Ich stelle mir schon vor, wie das in Zukunft mit der organisierten Kriminalität und ihrer Bekämpfung sein wird. Die werden irgendetwas probieren in Wien und dann sagen: Um Gottes willen, da sind uns jetzt ÖVP-Kriminalbeamte auf den Fersen! – Dann werden sie natürlich fluchtartig Öster­reich verlassen, denn was gibt es Schrecklicheres, als von der ÖVP verfolgt zu wer­den?! (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Sehr „ernste“ Debatte!)

Meine Damen und Herren! Gerade das hat sich die Kriminalpolizei, hat sich die Sicher­heitsexekutive nicht verdient!

Wir haben heute schon einmal über den Missbrauch des Asylrechts gesprochen. Herr Abgeordneter Molterer! Ich habe – vielleicht etwas konkreter als Sie – darauf hingewie­sen, dass wir mit Menschen, die vor allem aus Nigerien kommen und vorhaben, auf den Straßen nicht nur Wiens illegal mit Drogen zu handeln, ein Problem haben. (Abg. Mag. Molterer: Ja!) Und wir haben Sie darauf hingewiesen, dass Sie nur zwei Mög-


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lichkeiten haben: entweder die Grenze zu Italien komplett dichtzumachen, wie es sich die Freiheitliche Partei vorstellt und heute ziemlich offen angesprochen hat, oder her­zugehen und zu sagen, wir brauchen eine gemeinsame europäische Lösung! (Abg. Mag. Molterer: Was sagen Sie zu Voggenhuber?)

Diese Lösung muss aber endlich den Vorschlägen der Kriminalbeamten und nicht je­nen der schwarz-blauen Parteipolitiker folgen! Diese Beamten sagen: Bitte, helft uns, das Drogenproblem als solches zu lösen! Bitte versucht, möglichst viele Suchtkranke von der Straße wegzubringen, damit wir als Kriminalpolizei überhaupt eine Chance haben, jene Kriminalität, die sich dahinter organisiert verbirgt, wirklich zu bekämpfen!

Und was machen Sie? – Populistische Riesenrazzien, bei denen Sie wissen, dass Sie diejenigen, die Sie in der Früh verhaften, am Abend wieder rauslassen müssen, und die Leute, die Sie festhalten, schon wenige Tage später durch nachströmende Men­schen aus demselben Herkunftsland ersetzt werden! (Abg. Mag. Molterer: Was sagen Sie zu Voggenhuber?) Sie muten der Kriminalpolizei etwas zu, was kein Kriminalpoli­zist und keine Kriminalpolizistin der Welt leisten kann. Meine Damen und Herren! Das ist Populismus! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sie sollten sich wirklich überlegen, ob Sie nicht ganz gegen Ihren persönlichen Willen und ganz gegen Ihre persönliche Absicht – denn ich möchte Ihnen da wirklich nichts unterstellen und das auch nicht in Ihrer Art und Weise, Herr Kollege Molterer, diskutie­ren, aber Sie müssen sich das überlegen! – mit dieser falschen Kriminalitätspolitik, mit diesen populistischen Massenrazzien sowie keinen strukturellen Lösungsvorschlägen und keiner wirklichen Unterstützung für die Exekutive dahinter nicht sogar Gefahr lau­fen, zu unfreiwilligen Förderern illegaler Drogenmärkte zu werden! Ich befürchte, dass dieser Punkt bereits erreicht ist, ich befürchte, dass Sie sich bereits diesem Vorwurf stellen müssen! Und viele Kolleginnen und Kollegen in der Kriminalpolizei sehen das genauso.

Dann legen Sie ein Gesetz vor, das auch Folgendes beinhaltet – und ich zitiere Sie, Herr Kollege Molterer –: Damit wir die Kinder in den Schulen schützen, errichten wir in Wien Schutzzonen! (Abg. Mag. Wurm: Ohne Personal!)

Ich bedauere, dass die SPÖ diesmal in die Populismusfalle getappt ist und dem zu­stimmen will. Ich weise Sie nur auf einen Punkt hin: In Ihrem Vorschlag beträgt der Radius um eine solche Schutzzone 150 Meter. Im Innenausschuss haben Ihre Exper­ten gesagt, es sollen in einer ersten Welle etwa 80 Schulen in Wien zu Schutzzonen erklärt werden. Das macht zusammen eine Fläche von 760 Hektar und entspricht in etwa der Gesamtfläche von fünf Wiener Innenbezirken.

Sie glauben, ohne zusätzliches Personal (Abg. Mag. Kogler: Absurd! – Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm) können Sie 760 Hektar in Wien völlig drogenfrei machen, weg­weisen, schützen? – Das ist doch Populismus! Das geht doch nicht, das können Sie nicht! Sie wissen, dass das der größte anzunehmende Unfug in der Drogenbekämp­fung in Österreich ist, und trotzdem schlagen Sie so etwas vor – wider besseres Wis­sen, gegen jede Einsicht!

Folgendes möchte ich zum Schluss noch sagen: Die Frage stellt sich nicht auf der Ebene: Rechtsstaat und Verfassung oder Kriminalitätsbekämpfung, sondern es stellt sich die Frage: seriöse rechtsstaatliche und verfassungstreue Bekämpfung von Krimi­nalität – oder Kriminalitätspopulismus der Freiheitlichen, aber jetzt leider auch der ÖVP? Und da fällt es uns sehr leicht, uns für die Verfassung, für den Rechtsstaat (Abg. Scheibner: Und für Sanktionen!), für Europa und für eine seriöse Kriminalpolitik in Ös­terreich zu entscheiden. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

 


11.41


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Präsident Dr. Andreas Khol: Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, erteile ich Herrn Abgeordnetem Posch einen Ordnungsruf.

Herr Abgeordneter Posch hat – ich habe jetzt das Protokoll vorliegen – den Vorwurf erhoben, in eine Richtung: „Ihre ,Blutsauger der Demokratie‘ und Ihre Hetze: Das ist demokratischer Missbrauch!“ – Das ist nicht als Zitat erkennbar gewesen. Selbst wenn es ein Zitat gewesen wäre, ist diese Wortwahl mit der Würde des Hohen Hauses nicht vereinbar. (Abg. Öllinger: Man darf ein Zitat nicht mehr sagen? – Abg. Dr. Fekter: Aber man muss es zitieren!)

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. 10 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


11.41

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Her­ren! Im Innenausschuss hat Herr Abgeordneter Pilz noch gesagt, er sei froh über die Reform und er beziehungsweise die Grünen würden auch zustimmen, aber er befürch­te politischen Missbrauch und deshalb könne er nicht zustimmen. – Herr Abgeordneter Pilz, wenn Sie behaupten – rein aus der Luft gegriffen –, dass dieses Gesetz zum poli­tischen Missbrauch Anlass gibt, dann haben Sie offensichtlich das Gesetz nicht ordent­lich gelesen.

Tatsache ist, dass das Einvernehmen mit dem Landeshauptmann deshalb herzustellen ist, weil die Sicherheit zum föderalistischen Prinzip gehört (Abg. Mag. Wurm: Wo steht das?) und die Sicherheitspolitik natürlich möglichst nahe an der Bevölkerung stattfin­den soll und der Landeshauptmann natürlich am allerbesten über die personellen Res­sourcen Bescheid weiß. Es ist immer wieder schon vorgekommen, dass die Zentral­stellen in die Bundesländer Leute entsandt haben, dass sie Aktionen gesetzt haben, die aber dort überhaupt nicht ordentlich wirksam waren. Um dem Landeshauptmann als politische Instanz auch die Möglichkeit zu geben, eine möglichst bürgernahe Politik zu machen, ist eben das Einvernehmen mit ihm herzustellen. Das heißt noch gar nicht, dass er etwas aus eigener Kraft bestimmen kann. Das sind wieder Ihre Phantasien, Herr Abgeordneter Pilz.

Sie müssten zustimmen, Herr Abgeordneter Pilz, wollen das aber nicht, weil Sie der Regierung keinen Erfolg gönnen wollen. Deshalb ziehen Sie sich einfach zurück.

Im Übrigen, was Personalvertreter Binder betrifft: Sie haben schon im Ausschuss breit­getreten, dass er gesagt hat, er setzt sich für seine Kollegen ein. – Das tut doch jeder Personalvertreter! Es ist ja die Aufgabe eines Personalvertreters, egal ob von SPÖ, ÖVP, Grünen oder Freiheitlichen, dass er für seine Kollegen eintritt. Nicht mehr und nicht weniger hat Herr Binder getan. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Aber nicht nur für die freiheitlichen Kollegen!)

Herr Abgeordneter Cap, Sie haben heute gesagt, dieses Gesetz sei ein „Desaster“. – Also ich muss Ihnen ehrlich sagen, mich beeindruckt es nicht mehr, wenn Sie sagen, das sei ein „Desaster“, denn bei Ihnen ist alles, was diese Bundesregierung plant und die Mehrheit hier auch beschließt, ein „Desaster“. (Abg. Mag. Wurm: Sie sagen nur das, was der Haider auch sagt!) Sie haben für Problemlösungen überhaupt nichts üb­rig. Ihre Politik kennt leider Gottes keine Reformpolitik, und deshalb sagen Sie, wenn hier Strukturen aufgebaut werden, die vernünftig sind, die ökonomisch sind, das sei ein Desaster. (Abg. Dr. Matznetter: ... Kriminalität ist ein Desaster!)

Sie, Herr Abgeordneter Cap, haben gesagt, auch viele Zuseher verstünden dieses Si­cherheitspolizeigesetz nicht. – Ich muss ehrlich sagen: Viele Zuseher verstehen vor allem nicht, dass nicht alle an einem Strang ziehen, wenn es darum geht, wirksame Kriminalitätsbekämpfung zu machen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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Wir haben heute in der „Aktuellen Stunde“ darauf hingewiesen, dass sehr viele Asyl­werber Drogendealer sind. Anstatt dass alle gesagt hätten: Wir arbeiten zusammen, wir bekämpfen dieses Problem gemeinsam!, sind sofort die Zurufe, die negativen Zuru­fe von den Grünen gekommen, auch von der SPÖ, auch von Ihren Rednern: Nein, tun wir lieber nichts, reden wir nicht drüber, sondern schauen wir, dass wir dieses Thema unter den Teppich kehren können! (Abg. Öllinger: Das ist ja völlig jenseitig, was Sie da sagen! Sie sind eine Geisterfahrerin!) Das ist Ihre Politik, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Öllinger: Das ist völlig jenseitig!) Eine wirklich konstruktive Politik erkennen Sie auch angesichts der Kriminalitätsentwicklung nicht an. Das ist leider Got­tes so.

Herr Abgeordneter Cap, weiters sagen Sie, dieses Gesetz würde die Möglichkeit bie­ten, parteipolitische Postenbesetzung durchzuführen. Wie heißt das Sprichwort? – „Wie der Schelm denkt, so ist er!“ Jahrelang hat die SPÖ die Innenminister gestellt. Beinahe 50 Jahre lang hat die SPÖ allein die Innenminister gestellt. (Rufe bei der SPÖ: Und gut war es!) Wissen Sie, wie damals die Strukturen waren? – 9 Landes­gendarmeriekommandanten hat es gegeben, allesamt SPÖ (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm) – hören Sie zu! –, 14 Bundespolizeidirektionen, allesamt SPÖ (Abg. Gradwohl: Absolut unrichtig!), 14 Kriminalinspektoren, allesamt SPÖ. (Rufe bei der ÖVP: Ah da schau her!)

So hat Ihre Personalpolitik ausgesehen, und deshalb glauben Sie, ein anderer macht das genauso. In Wirklichkeit wird hier eine objektive Personalpolitik gemacht. Es gibt Ausschreibungen, der Tüchtigste soll den Posten bekommen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Gaál: Wo le­ben Sie denn, Frau Abgeordnete? – Zwischenruf des Abg. Dr. Wittmann.)

Aber zum Sicherheitspolizeigesetz selbst. – Herr Abgeordneter Wittmann, Sie kennen das Gesetz nicht einmal, nehme ich an, Sie haben es wahrscheinlich nicht einmal durchgelesen. – 40 Jahre lang, habe ich heute in der Zeitung gelesen – ich habe es nur 20 Jahre lang verfolgt, so lange bin ich im Parlament –, haben die Minister immer wieder versucht, diese Zusammenlegung durchzuführen. Jetzt endlich hat sich diese Bundesregierung dazu bekannt, wirklich schwierige Verhandlungen geführt und es auch umgesetzt. Es hat Widerstände gegeben, insbesondere seitens der Gendarmerie, die die Zusammenlegung nicht wollte.

Aber nach sehr, sehr langen Verhandlungen ist es jetzt gelungen, diesen Konsens zu erreichen. Ab 1. Juli 2005 wird es einen einheitlichen Wachkörper geben. Es war für Österreich immer schon ein Luxus, diese zwei verschiedenen Strukturen zu haben, es war finanziell eine sehr große Belastung, ebenso wirtschaftlich und so weiter.

Im Zusammenhang mit der Zusammenlegung wird es auch zu einer Besserstellung der Exekutive kommen, die äußerst wichtig ist. Wir Freiheitlichen haben uns dafür enorm eingesetzt, weil die Exekutive eine sehr, sehr schwierige Aufgabe hat gerade in dieser Zeit, in der die Täter immer dreister werden, in der der Exekutivbeamte immer größere Gefahr läuft, nicht unbeschädigt aus einer Amtshandlung herauszukommen. Deshalb muss die Motivation der Exekutive gestärkt werden. Wir haben durchgesetzt, dass die Nachtdienste besser entlohnt werden, dass die Wochenenddienste besser entlohnt werden. Es wird ab dem In-Kraft-Treten des Sicherheitspolizeigesetzes pro Exekutiv­beamten ungefähr 70 bis 80 € im Monat mehr geben.

Ich denke, es ist wirklich notwendig, dass wir hier diesen Schritt setzen, und ich be­dauere wirklich, dass die Opposition dem nicht zustimmen möchte, meine sehr geehr­ten Damen und Herren! Es ist ein großer Wurf gelungen mit diesem Gesetz, denn die Zusammenlegung wird mehr Effizienz bringen, wird eine größere Wirtschaftlichkeit bringen und auch eine straffere Organisation. Der Herr Minister hat im Ausschuss ein


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Beispiel dafür angeführt: Zurzeit ist eine Funkstreifenbesatzung sieben bis zwölf Dienstvorgesetzten unterstellt. Nach dem neuen Gesetz wird es eben nur noch eine Kommandostruktur geben, der diese Funkstreifenbesatzung unterstellt ist.

Jetzt zum Beispiel ist ein eingeteilter Beamter dem Kommando, dem Abteilungskom­mando, dem Kontrollinspektor, dem Zentralinspektor und bei der Behörde noch dem Journalbeamten unterstellt. In Zukunft wird es nur noch das Inspektionskommando, den Stadtkommandanten und den Landespolizeidirektor geben. – Eine Vereinfachung, die durchaus zu begrüßen ist und die es auch ermöglicht, die Verwaltungsabläufe ein­facher zu gestalten!

Im Ausschuss hat Herr Abgeordneter Pendl, der sich heute wahrscheinlich noch zu Wort melden wird, beklagt, die Mitarbeiter seien wegen des Sicherheitspolizeigesetzes verunsichert. – Da möchte ich schon auch einen Vorwurf gegen Sie richten: Sie von der SPÖ haben ja insbesondere im Personalvertretungswahlkampf keine Gelegenheit ausgelassen, um die Unsicherheit zu erhöhen. Sie haben beispielsweise Flugblätter herausgegeben, wonach der Innenminister ein zweites Plandienstwochenende planen soll. – Das stimmt überhaupt nicht! Ich habe selbst mit dem Innenminister gesprochen. Ich habe mir von ihm zusichern lassen, dass es dieses zweite Plandienstwochenende nicht geben wird. Aber Sie haben das bereits als das zukünftige Ziel des Ministers dar­gestellt.

Tatsächlich ist es so, dass 70 Prozent der Sicherheitswachebeamten für diese Zu­sammenlegung sind, weil jeder davon überzeugt ist, dass bei weniger Verwaltung mehr Effizienz und somit auch eine bessere Kriminalitätsbekämpfung erreicht werden kön­nen.

Noch ein paar Worte zu den anderen wichtigen Themen im Sicherheitspolizeigesetz.

Zunächst zu den videoüberwachten Zonen und den Schutzzonen. Zu den Schutzzonen muss ich sagen, ich war eigentlich weniger empört als vielmehr betroffen über die Kri­tik, die Herr Abgeordneter Pilz gerade eben angeführt hat. Er hat nämlich behauptet, diese Schutzzonen wären ein Unfug. (Abg. Öllinger – zustimmend nickend –: Ja!) Herr Öllinger nickt dazu.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer heute mit Schuldirektoren, mit Eltern spricht, hört immer wieder: Die Polizei kommt, die Funkstreife fährt vor, aber sie kann nichts tun. – Sie kann auch nichts tun, wenn sie nicht jemanden direkt beim Drogen­dealen erwischt, wenn sie nicht sieht, wie Kugerln übergeben werden, Geld übergeben wird. (Abg. Öllinger: Es gibt Schutzzonen gegen Prostitution, die nützen überhaupt nichts!) Durch die Schaffung der Schutzzonen können in Zukunft Personen, die ver­dächtig sind, weggewiesen werden. Angesichts dessen von Unfug zu reden, heißt, dass das Problem nicht richtig erkannt oder nicht ernst genommen wird. Für Sie ist der Drogenhandel offensichtlich ein Kavaliersdelikt, Herr Abgeordneter Pilz! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Reheis: Das ist ein Ordnungsruf! So eine Unter­stellung! – Abg. Mag. Wurm: Das ist ein Ordnungsruf!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sollten uns doch wirklich darin einig sein, dass Kinder und Jugendliche vor Drogendealern geschützt werden müssen, und zwar mit allen Mitteln, die es nur gibt! Gerade mit der Schutzzone kann man präventiv etwas machen. Wir wollen verhindern, dass die Jugendlichen abhängig werden, und daher für eine gute Prävention sorgen. Überdenken Sie daher noch einmal Ihre ablehnende Hal­tung und stimmen Sie dem Sicherheitspolizeigesetz zu! Ziehen Sie mit uns an einem Strang! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.52

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren! Bevor der Herr Bundesminis­ter, der sich zu Wort gemeldet hat, zu uns spricht, möchte ich im Namen von Ihnen


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allen einen Redakteur der „Kleinen Zeitung“, nämlich Herrn Ulrich Stocker, auf der Journalistentribüne begrüßen. Er ist seit Jahrzehnten für die „Kleine Zeitung“ tätig, be­richtete laufend über unsere Sitzungen und geht diese Woche in Pension.

Die vier Klubobleute haben mich gebeten, Ihnen, Herr Stocker, unseren Dank und alle guten Wünsche für den Ruhestand auszusprechen. Ich schließe mich dem sehr gerne an. Alles Gute! (Allgemeiner Beifall.)

*****

Nunmehr gelangt Herr Bundesminister Dr. Strasser zu Wort. Redezeitbegrenzung für alle Regierungsmitglieder in dieser Debatte in der Zeit bis 13 Uhr: 20 Minuten.

 


11.53

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Ho­hes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe wie immer die Ausfüh­rungen der einzelnen Fraktionsführer genau verfolgt, und Sie gestatten mir einfach, dass wir die Fakten, die vorliegen, nicht nur hier in diesem Hohen Haus, sondern auch vor den Fernsehschirmen klarstellen.

Morgen wird, wie seit einem Jahr üblich immer am 10. des Monats, die Kriminalstatistik veröffentlicht. Morgen werden wir zum ersten Mal fast 1 Prozent Rückgang der Krimi­nalität in ganz Österreich aufzuzeigen haben und in Wien ein Minus von 7 Prozent, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das sind die Fakten – vor dem Hintergrund der großen geopolitischen Herausforde­rung durch internationale Kriminalität! Das sind die Fakten, Herr Abgeordneter Cap, die beweisen, dass unsere Mitarbeiter, besonders in Wien – ich möchte das herausstrei­chen: besonders in Wien! –, hervorragende Arbeit leisten!

Weil Sie den von mir ins Amt geholten Mag. Horngacher wegen seiner angeblichen Nähe zur Volkspartei so „geprügelt“ haben (Abg. Gaál: Ist ja nicht wahr!), darf ich Ihnen sehr klar sagen, Herr Abgeordneter Cap: Ich stehe voll hinter Direktor Horn­gacher, er leistet mit seinen Mitarbeitern hervorragende Arbeit, und es wäre ange­nehm, wenn auch Sie hier im Hohen Haus das endlich sehen würden. Ich danke Direktor Horngacher für seine Arbeit! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das ändert nichts daran, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass wir in der ös­terreichischen Exekutive Strukturen haben, die vor 50, 70 Jahren entwickelt und seither nicht verändert worden sind. Wir müssen klar sehen: Die Bedrohungslage hat sich ge­ändert, die Aufgaben haben sich geändert, die Ansprüche haben sich geändert – nur der Apparat ist gleich geblieben! Daher war es richtig und gut, dass schon einige mei­ner Vorgänger angetreten sind, diesen Apparat den Herausforderungen des 20. bezie­hungsweise des beginnenden 21. Jahrhunderts anzupassen.

Es war Innenminister Olah, der im Jahre 1963 zum ersten Mal versucht hat, Gendar­merie und Polizei zusammenzuführen. Es war Innenminister Rösch, der im Jahr 1976 eine gemeinsame Ausbildung für leitende Beamte von Polizei und Gendarmerie einfüh­ren wollte. Und ganz besonders würdigen möchte ich die Arbeit und auch das Bemü­hen von Minister Löschnak im Jahr 1990. Er hat damals, vor fast 15 Jahren, erstmals klare Ziele vorgegeben: Fusion von Polizei und Gendarmerie, gemeinsame Ausbildung der Kriminalisten von Polizei und Gendarmerie, gemeinsame Dienstfahrzeugbeschaf­fung auf Leasing-Basis, gemeinsame Anschaffung der Ausrüstung für Polizei und Gendarmerie.

Der damalige Innenminister Löschnak hat gemeinsam mit Verkehrsminister Streicher im Jahr 1991 vorgeschlagen – und auch versucht, das umzusetzen –, Verkehrsabtei-


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lungen von Polizei und Gendarmerie zu einer „Verkehrskobra“ mit dunkelblauen Fahr­zeugen und Uniformen zusammenzulegen. Mitte der neunziger Jahre ist es Minister Löschnak gelungen, eine einheitliche Bewaffnung von Polizei und Gendarmerie durch­zusetzen. Aber das, meine sehr geehrten Damen und Herren, war es schon.

Zu Recht hat der damalige Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit und heutige Präsident des Kuratoriums Sicheres Österreich – ich darf Sie herzlich begrüßen, Herr Präsident; danke, dass Sie dieser Debatte beiwohnen – gesagt – es war im Jahr 2000; ich zitiere den Herrn Präsidenten des KSÖ –: Die Bestrebungen, die Organisation schlanker und effizienter zu machen, sind voll zu unterstützen. Kriminalämter sind zu schaffen, um damit unübersehbare Doppelgleisigkeiten zu beseitigen. – Zitatende.

Ja, Herr Präsident, ich gebe Ihnen vollinhaltlich Recht. Wir haben das gemacht, wir sind das angegangen. Das, was schon in den letzten 15 Jahren hätte passieren sollen, haben wir jetzt umgesetzt und liegt Ihnen zur Diskussion vor. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die Zusammenlegung von Polizei und Gendarmerie ist sinnvoll. Sie ist notwendig, weil wir weiterhin das sicherste Land der Welt bleiben wollen. Das zeigen internationale Erfahrungen, das fordert der Rechnungshof zu Recht, das sagt einem der Hausver­stand. Ich bin deshalb unserem Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel, der in einer schwierigen Phase für die Republik und für die Regierung zu Beginn des Jahres 2003 gesagt hat: Ja, Polizei und Gendarmerie gehören zusammen!, sehr dankbar. Ich muss sagen, dass in den Sondierungsgesprächen damals von allen Parteien, von den Sozi­aldemokraten, den Grünen und den Freiheitlichen, ein grundsätzliches Ja zu dieser Zusammenführung zum Ausdruck gebracht worden ist. Leider ist es dann, als es ums Konkrete gegangen ist, nicht mehr möglich gewesen, diese Zustimmung von allen zu bekommen, aber ich bin sehr dankbar dafür, dass die Volkspartei und die Freiheitliche Partei in langen, jetzt seit eineinhalb Jahren laufenden Vorbereitungen im Innenaus­schuss diesem Konzept zugestimmt haben.

Es ist ein Leitprojekt dieser Bundesregierung für mehr Sicherheit für die Österreicher, es ist Bestandteil des Regierungsprogramms, und es wird mit Ihrer Zustimmung in der Mitte der Amtszeit der Regierung Schüssel II umgesetzt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Bevor ich zu den Zielen komme, möchte ich unseren Mitarbeitern im Haus danken. Hunderte Mitarbeiter haben nach dem Regierungsauftrag Anfang März 2003 in über 20 Arbeitsgruppen mit der Arbeit begonnen, es haben in 25 großen Veranstaltungen über 4 000 Mitarbeiter mitdiskutiert und ihre Vorschläge eingebracht, und wir haben dieses Programm und dieses Konzept ohne einen Cent, ohne einen Euro an Honorar für irgendwelche Berater entwickelt. Ich möchte der Projektleitung unter Brigadier Lang für die übermenschliche Arbeit, die hier geleistet worden ist, um das heute auf dem Tisch zu haben, ganz besonders herzlich danken. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

Die Ziele sind bekannt: statt 45 Kommandostrukturen neun Kommandostrukturen, also ein Kommando in jedem Bundesland; schlanke, klare, transparente Strukturen; ein ein­heitliches Erscheinungsbild; weniger Verwaltung und mehr Mitarbeiter für den Außen­dienst. Es werden mindestens 500 Mitarbeiter, die derzeit mit Verwaltungsarbeiten beschäftigt sind, nach Umsetzung dieses neuen Konzepts für den Außendienst, für die Kriminalitätsbekämpfung, für die Arbeit auf der Straße zur Verfügung stehen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir werden eine einheitliche Ausbildung, eine einheitliche Ausrüstung, einheitliche Kommunikationssysteme, eine einheitliche Kriminalitätsbekämpfung und einen einheit­lichen Verkehrsdienst haben. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)


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Damit das auch klar ist: Mit diesem Konzept ist auch klar gesagt, dass es in dieser Le­gislaturperiode zu keiner weiteren Zusammenlegung von Gendarmerieposten und Wachzimmern kommt. Wir brauchen unsere regionale Struktur, wir wollen sie haben, und wir werden sie auch erhalten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Damit hier kein Irrtum entsteht: Die Befugnisse der Länder im Verhältnis zu den Befug­nissen des Bundes bleiben gleich. Wir haben da keine Änderung vorgenommen, derar­tige Änderungen wären dem Konvent vorbehalten, dort wäre das zu diskutieren. In unserem Konzept ist Aufkommensneutralität für Bund und Länder gegeben.

Ich möchte daher Sie, meine sehr geehrten Abgeordneten, ersuchen, dieses Konzept genau zu prüfen. Wir möchten Sie ersuchen, diesem Konzept Ihre Zustimmung zu ge­ben – es wird mehr Sicherheit für Österreich bringen, es wird mehr Klarheit für die ös­terreichische Exekutive bringen, und es wird vernünftige Befugnisse dafür bringen, dass die österreichische Bundespolizei ab 1. Juli 2005 weiter für Sicherheit in Öster­reich sorgen kann. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.02

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Abge­ordnetem Parnigoni das Wort. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


12.02

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Für uns Sozialdemokraten hat die Sicherheit der Menschen in unserer Heimat größte Be­deutung. Wir werden daher der Einführung von neuen Möglichkeiten zur effektiveren Bekämpfung oder Verhinderung von Kriminalität, etwa der Schaffung von Schutzzonen beziehungsweise der Videoüberwachung durch die Polizei, der elektronischen Kfz-Kennzeichenerkennung und der Schaffung der Zentralen Gewaltschutzdatei, unsere Zustimmung geben.

Es ist uns durch intensive Verhandlungen gelungen, die ÖVP davon zu überzeugen, meine Damen und Herren, dass diese neuen Maßnahmen so gestaltet werden, dass diese Eingriffe grundrechtskonform sind (ironische Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP) und dem Grundrecht auf Datenschutz entsprechen. Das wird sogar der Minister bestätigen, Herr Kollege Kößl. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir Sozialdemokraten bekennen uns dazu, dass es neue Technologien zum Zwecke der Fahndung oder der Prävention gibt, die auch genutzt werden können, weil diese neuen Maßnahmen ein Mehr an Sicherheit für die Bevölkerung bringen.

Nicht nur wir Abgeordnete tragen große Verantwortung, auch der Innenminister und die Exekutive erhalten in Zukunft große Verantwortung im Zusammenhang mit dem Um­gang mit diesen neuen Maßnahmen, Hohes Haus. Es kann daher nicht so sein, dass Schutzzonen festgelegt werden, diese dann aber nicht dem Gefährdungspotential ent­sprechend überwacht werden. Die Eltern müssen davon ausgehen können, dass die Exekutive für den besonderen Schutz in diesen Zonen sorgt und dass ihre Kinder nicht mit Suchtmittelkriminalität oder anderen Formen der Kriminalität konfrontiert werden.

Im Ausschuss haben die Experten klar festgehalten, dass diese neuen Aufgaben nur durch mehr Personal erfüllt werden können. Der Minister ist allerdings der Meinung, dass das nicht notwendig ist. Ich appelliere an Sie, Herr Bundesminister, im Interesse der Kinder: Täuschen Sie die Öffentlichkeit nicht, sorgen Sie für das notwendige Per­sonal für diese zusätzlichen Maßnahmen! (Beifall bei der SPÖ.)

Dies gilt auch für die Videoüberwachung. Diese ist nur dann sinnvoll, wenn sie ergän­zend zur Polizeiarbeit auf der Straße eingesetzt wird. Ich verwahre mich in diesem Zusammenhang gegen die böswilligen Unterstellungen durch Frau Abgeordnete Partik-Pablé (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: „Böswillig“ war das nicht!), die uns hier unterstellt, wir


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hätten keine Kraft zur Zustimmung zu solchen Maßnahmen. Das weise ich striktest zurück, Frau Kollegin Partik-Pablé! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister Strasser, Sie feiern die Zusammenlegung von Gendarmerie und Polizei zum neuen Wachkörper „Bundespolizei“. Wir Sozialdemokraten sind skeptisch, ob es ein Vorteil ist, historisch gewachsene, aber auch heute noch sinnvolle Strukturen mutwillig zu zerschlagen. Denn es ist eindeutig: Es gibt unterschiedliche Sicherheits­bedürfnisse in der Stadt und auf dem Land.

Verwerflich, Herr Minister, ist allemal, dass Sie mit den Übergangsbestimmungen fest­legen, dass sämtliche Leitungsfunktionen – das wurde ja schon angesprochen; nach Ihren eigenen Angaben handelt es sich um 5 300! – neu auszuschreiben sind. Denn was wird passieren? – Der gesamte Polizeiapparat wird also nach der heutigen Be­schlussfassung mit Bewerbungen und Verhandlungen in der Begutachtungskommissi­on beschäftigt sein.

Die ersten Mobbingfälle sind bereits bekannt geworden, wo zukünftige Mitbewerber jetzt schon durch anonyme Anzeigen denunziert werden.

Herr Bundesminister! Diese Vorgangsweise, die Sie mit diesem Gesetz wählen, ist einfach verantwortungslos! Und wir lehnen das deshalb ganz entschieden ab. (Neuerli­cher Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Großruck.)

Hohes Haus! Die Bekämpfung der Kriminalität wird im Jahr 2005 zwangsweise in den Hintergrund treten, und das bei einer dramatischen Kriminalitätsentwicklung. Herr Bun­desminister! Sie haben eine Steigerung von deutlich mehr als 40 Prozent zu verantwor­ten. Wenn Sie daher jetzt ein Prozent Rückgang feiern, dann ist das mehr als pole­misch und eine klare Täuschung der Bevölkerung über den Zustand der Sicherheit in diesem Land. (Beifall bei der SPÖ.)

Hohes Haus! Es geht eindeutig darum, die Sicherheit in diesem Land aufrechtzuerhal­ten, aber auch darum, dass die ExekutivbeamtInnen in der Zukunft keine Sorge um ihre Funktion und ihre Karriere haben müssen.

Bei den Personalvertretungswahlen hat es sich ja klar gezeigt: Jene, die sich unsicher fühlen, haben eine klare Antwort gegeben und den sozialdemokratischen Personalver­tretern großes Vertrauen ausgesprochen. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glo­ckenzeichen.) Ich gratuliere daher den hier anwesenden Personalvertretern herzlichst. (Bravorufe und Beifall bei der SPÖ.)

Im Übrigen bedanke ich mich bei allen Exekutivbeamtinnen und -beamten für ihre her­vorragende Tätigkeit trotz widrigster Umstände, die dieser Minister verschuldet hat. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.08

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Ab­geordneter Kößl. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


12.08

Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätz­te Damen und Herren! Ich werde zu den Ausführungen des Kollegen Parnigoni noch ein paar Sätze sagen, aber vorweg einmal: Es ist heute ein historischer Tag für die Exekutive in Österreich. Mit der heutigen Novellierung des Sicherheitspolizeigesetzes wird die Zusammenführung der Wachkörper von Polizei und Gendarmerie zu einem einheitlichen Bundeswachkörper beschlossen.

Als Gendarmeriebeamter, der auch die Geschichte der Gendarmerie sehr gut kennt, ist mir die heutige Entscheidung nicht leicht gefallen. Es geht heute aber nicht um persön­liche Befindlichkeiten, sondern um neue Strukturen im Bereich der Sicherheit, damit die


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Exekutive den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts tatsächlich gerecht werden kann. Es geht also um mehr Sicherheit für die Bevölkerung, es geht um keinen Selbst­zweck.

Geschätzte Damen und Herren! Mit der heutigen Novelle des Sicherheitspolizeigeset­zes werden viele wichtige Maßnahmen beschlossen – sie sind heute schon angespro­chen worden –, die der Exekutive ein effizienteres Einschreiten ermöglichen, aber auch als vorbeugende Maßnahme zur Verhinderung von strafbaren Handlungen dienen sol­len. Angesprochen wurden die Drogenkriminalität und die Bekämpfung der Drogendea­ler vor Schulen und somit die Einführung von Schutzzonen.

Weiters wurde heute schon die Einführung von Videoüberwachungen angesprochen. Es ist eine ganz wichtige vorbeugende Maßnahme, dass an besonders gefährdeten und exponierten Stellen solche Videoüberwachungen durchgeführt werden – die Instal­lierung von Gewaltschutzdateien ebenfalls, um einige hier aufzuzählen.

Andererseits kann nach der heutigen Beschlussfassung das Jahrhundertprojekt Zu­sammenführung der Wachkörper von Polizei und Gendarmerie zu einem einheitlichen Bundeswachkörper umgesetzt werden.

Warum ist diese Zusammenführung der Wachkörper von solch großer Bedeutung? – Nicht nur deshalb, weil es der Rechnungshof seit vielen Jahren gefordert hat, nein, sondern weil sich die Herausforderungen im Bereich der Sicherheit und die Bedro­hungslage wesentlich verändert haben. Es ist heute schon von unserem Bundesminis­ter angesprochen worden: weil wir mit den bestehenden Strukturen, die in den siebzi­ger und achtziger Jahren die Sicherheit der Bevölkerung gewährleistet haben, nicht mehr das Auslangen finden. Die Politik ist gefordert, die Exekutive fit für das 21. Jahrhundert zu machen.

Was hat sich verändert? – Mit dem Wegfall des Eisernen Vorhangs und mit der fort­schreitenden Globalisierung, mit dem Zusammenrücken der Staaten durch die Erweite­rung in Europa, die daraus entstandenen offenen Grenzen, mit dem Wegfall der Vi­sumpflicht in verschiedenen Ländern und die dadurch entstandene Völkerwanderung – und das im Licht der sozialen Schieflage zwischen Ost und West in Europa – hat sich eine wesentliche Steigerung des Kriminaltourismus und der organisierten Kriminalität und somit der internationalen Kriminalität ergeben. Um dieser Entwicklung entgegenzu­treten, ist es erforderlich, die Kräfte zu bündeln. Das erfolgt mit der Zusammenführung der Wachkörper zu einem einheitlichen Bundeswachkörper.

Was versteht man unter dem Bündeln von Kräften? – Das bedeutet den Wegfall von Doppelgleisigkeiten und Überschneidungen. Das bedeutet für jedes Bundesland – das ist ebenfalls schon angesprochen worden – ein Landespolizeikommando mit einer schlanken Führungs- und Verwaltungsebene. Das bedeutet mehr Personal für den Außendienst und somit mehr Sicherheit vor Ort für die Bevölkerung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Das bedeutet, für den Verwaltungs- und inneren Dienstbetrieb werden die Strukturen kompakter, die Informationen schnel­ler, die Wege kürzer und die Mitarbeiter sind effizienter eingesetzt.

Geschätzte Damen und Herren! Lassen Sie mich ein Dankeschön allen sagen, die in diesen vielen Monaten, in denen es darum ging, Strukturen für die Wachkörperzu­sammenlegung zu schaffen, mitgearbeitet haben. Alle betroffenen Exekutivkörper ha­ben hier ihren Beitrag geleistet. Ich möchte ein herzliches Dankeschön sagen dem Innenminister und seinem Team, Brigadier Franz Lang und den vielen Hunderten Be­amten der Exekutive. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Ich bin zuversichtlich, dass wir auf dem richtigen Weg in die richtige Richtung sind. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


12.13


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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Mag. Stoisits. Frau Abgeordnete, auch Sie haben 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.14

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Dobar dan, poštovane dame i gospodo! Frau Ministerin! Herr Bundesminister! Frau Präsidentin! Zur Zusammenführung der Wachkörper und der langen Geschichte, die diese Zusammenführung hat und die uns der Herr Minister im Rahmen seines Redebeitrages referiert hat – ich weiß es nicht mehr genau, Herr Minister, aber ich glaube, bis Löschnak sind Sie zurückgegangen (Bundesminister Dr. Strasser: Olah!); zu Olah, o Gott, da war ich ja noch gar nicht auf der Welt, so lange ist das schon her (Abg. Neudeck: Da müssen wir eine tatsächliche Berichtigung machen!) –: Mich haben Ihre Schilderung, Herr Minister, und sozusagen diese gemeinsame Diskussion aber insofern beeindruckt, als ich mir am Ende Ihrer Ausführungen gedacht habe: Herr Minister, Sie sind jetzt derjenige, der es geschafft hat, nach Jahrzehnten hinsichtlich dieser Überlegungen, die auch die Grünen unter­stützen – das hat Kollege Pilz in seinen Ausführungen schon deutlich gemacht –, ein Resultat zu liefern, worüber es genau keine Einigkeit im österreichischen Nationalrat gibt.

Herr Minister! Gibt es Ihnen nicht manchmal zu denken, dass alles, was Sie in die Hand nehmen, endet, indem es hier im Parlament sozusagen eine Kluft, eine Zweitei­lung gibt? Demgegenüber steht beispielsweise die Praxis bei den Justizgesetzen, bei denen sich der Nationalrat in sehr vielen Fällen, in denen es ja in der Regel um Krimi­nalität, um Kriminalitätsverfolgung geht, zu einer gemeinsamen Vorgangsweise durch­ringt. Aus Ihrem Ressort, Herr Innenminister Strasser, ist in den letzten beinahe vier Jahren nichts gekommen, wo die Überzeugung der Opposition berechtigt war, dass ein an sich richtiges Vorhaben auch im Konkreten so durchgeführt wird, dass den Beden­ken, die im Verfahren eingebracht wurden, Rechnung getragen wird. Ihnen gelingt das nie! Mich macht diese Tatsache mehr als stutzig.

Es hat auch bilaterale Gespräche zwischen Ihnen und der grünen Fraktion hier gege­ben, in denen Sie uns Ihre Vorschläge präsentiert haben, auch Brigadier Lang und die Herren – Damen waren nie dabei, es waren immer nur Herren aus Ihrem Ressort –, die versucht haben, uns davon zu überzeugen, dass es richtig ist. Letztendlich ist es bei der grünen Fraktion aber genau daran gescheitert, dass Sie auf Kritik in einzelnen Punkten nicht ernsthaft eingegangen sind. (Abg. Mag. Molterer: Geben Sie sich doch einen Ruck!) Die konkreten Fragen, die die Grünen in diesen Gesprächen immer wie­der eingebracht und um deren Beantwortung wir immer gebeten haben, sind völlig ne­giert und nie beantwortet worden, Herr Bundesminister!

Ich muss Ihnen sagen: Dann klingen diese Worte, dass Sie es bedauern, dass die SPÖ und die Grünen bei diesem „Jahrtausendvorhaben“, wie Kößl gesagt hat, nicht mitgehen, wie reiner Hohn (Beifall bei den Grünen), denn Sie haben sich nie bemüht, Bedenken der KritikerInnen auch wirklich ernst zu nehmen.

Diese Bedenken sind vor allem in Richtung Steigerung der Motivation der in der öster­reichischen Sicherheitsexekutive Tätigen gegangen. Wir haben im Ausschuss bei der Anhörung der ExpertInnen auf genau diesen Punkt fokussiert, denn worum geht es bei dem Ganzen im Wesentlichen? – Es geht darum, dass Kriminalitätsbekämpfung, dass die Aufgaben der Sicherheitsexekutive in Österreich nur dann in einem zufrieden stel­lenden Ausmaß erledigt werden können, wenn die Motivation derer, die in der Sicher­heitsexekutive tätig sind – ob das noch die Gendarmerie und die Polizei sind oder künf­tig nur die Polizei ist –, wirklich hundertprozentig ist, wenn die Leute an ihren Job, an ihre Aufgabe glauben und vom Minister die entsprechende Unterstützung bekommen, nämlich jeder Einzelne bis ganz hinunter zum letzten Posten, aber diese Unterstützung fehlt mir bei Ihnen, Herr Bundesminister. Die Bediensteten haben das mit ihrem Votum


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bei den Personalvertretungswahlen auch zum Ausdruck gebracht. Es ist zu wenig, der Spitze zu danken – und die Unruhe unten zu negieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die PersonalvertreterInnen und diejenigen, die sich geäußert haben, haben es sehr deutlich gesagt: Ihre Aufgabe, Herr Minister, wäre es, sozusagen allein schon den Verdacht von parteipolitischer Einflussnahme bei Postenbesetzungen zu zerstreuen. Nicht die Tatsache, dass es das gibt, sondern der Verdacht allein genügt schon, um hier Motivation einzuschränken – statt sie zu fördern.

Wir nehmen diese Bedenken der PolizistInnen und der Gendarmen in Österreich so ernst, dass wir sagen: Der Prozess war lang, der Prozess hat aber nicht zu dem Ziel geführt, zu dem er hätten führen können, nämlich dass alle davon überzeugt sind, dass dieses Werk – ich würde es nie als „Jahrtausendwerk“ bezeichnen – auch tatsächlich mit der Zustimmung des gesamten Nationalrates gelingen kann. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Ich bedauere das, denn ich vertraue der österreichischen Gendarmerie und Polizei und künftig der Polizei und allen PolizistIn­nen in Österreich – aber nicht dem Innenminister. (Beifall bei den Grünen und bei Ab­geordneten der SPÖ.)

12.19

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Fauland. Herr Abgeordneter, auch für Sie: 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.19

Abgeordneter Markus Fauland (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr geehr­ten Damen und Herren! Ich bin froh darüber, dass Kollegin Stoisits im Zusammenhang mit der Exekutive noch nicht die ganze Zuversicht verloren hat, aber ich glaube, so schlimm stellt es sich auch mit dem Innenminister doch nicht dar, wie sie das gerade angemerkt hat.

Die vorliegenden Änderungen zum Sicherheitspolizeigesetz stellen sicherlich einen Meilenstein mit historischer Bedeutung für Österreich und die österreichische Sicher­heit dar.

Die Zusammenlegung von Gendarmerie, Zollwache und Polizei zu einem gemeinsa­men Wachkörper läutet eine neue Epoche im Bereich der österreichischen inneren Sicherheit ein. Es wird hier bewusst – und ich weiß, es ist sehr schwierig gewesen vor allem für die Gendarmerie – mit Traditionen gebrochen, um diese Exekutive fit für das neue Jahrtausend und für das 21. Jahrhundert zu machen.

Umso bedauerlicher – und das trifft mich auch persönlich zutiefst – ist die Vorgangs­weise der SPÖ. Die Sozialdemokraten werden dem Gesamtgesetz ihre Zustimmung verweigern. Sie haben zwar im Ausschuss gewisse Dinge, die sich sehr gut verkaufen lassen, befürwortet, um sie dann auch auf ihre Fahnen zu heften. Wenn man heute der SPÖ zugehört hat, hatte man schon fast das Gefühl, dass Teile des Gesetzesvor­schlages von den Sozialdemokraten verfasst wurden. In der Gesamtabstimmung wer­den sie allerdings wieder einmal ihr Standardverhalten an den Tag legen.

Sie werden wieder einmal nein sagen, denn das ist das Einzige, was Sie politisch der­zeit umsetzen können. Von Startklarheit kann man bei Ihnen nicht reden, denn unter startklar versteht man etwas anderes. Nach Ihrem trägen Start, der fast einem Fehl­start gleich kommt, war die erste Hürde der eigene Parteitag, der – wie man es im Volksmund bezeichnen würde – mit einem Bauchfleck vergleichbar war.

Man wird sehen, ob diese Neinsagerpolitik dann auch gewürdigt wird. Man kann nur hoffen, dass Sie nicht noch einmal vor die Delegierten treten müssen, denn diese ha­ben diese Art der Politik sicherlich nicht gewürdigt. (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.)


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Nun aber zu den Inhalten des Sicherheitspolizeigesetzes. Wir haben einerseits die Schaffung der Schutzzonen, die nunmehrige Möglichkeit der Videoüberwachung, der automatisierten Kennzeichenerkennungsgeräte, aber als zentrales Thema die Zusam­menlegung der Gendarmerie, der Polizei und der Zollwache. In einem ersten Schritt werden bei dieser Zusammenlegung 500 Planstellen aus dem Bereich der Verwaltung in den operativen Arm der Exekutive verschoben werden. In einem Gespräch mit Si­cherheitsdirektor Stenitzer aus Salzburg war zu erfahren, dass auch Salzburg sehr zuversichtlich diesem Gesetz entgegenblickt. Salzburg sind vorerst einmal 24 neue Planstellen für das nächste Jahr zugesagt, und diese Planstellen werden selbstver­ständlich nicht irgendwo im Verwaltungsbereich verschwinden, sondern auf der Straße, dort, wo es notwendig ist, eingesetzt werden.

Zu den nunmehrigen Besetzungen. Organisationsänderungen ziehen Neubesetzungen und Ausschreibungen nach sich. Das ist nicht der Wunsch des Bundesministers, son­dern das ist eine gesetzliche Verpflichtung. Ich gehe davon aus, dass bei diesen 5 300 Neubesetzungen die notwendige Transparenz an den Tag gelegt wird und dass es nicht zu parteipolitischen Einfärbungen kommt.

Da auch unser Personalvertreter Horst Binder angesprochen worden ist, so möchte ich anmerken, es ist seine Pflicht, mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln für seine Klientel etwas zu erreichen. Ich würde mich sehr wundern, sollte nicht auch die SPÖ beim Bundesminister für ihre Leute intervenieren, denn das ist an sich Usus.

Als abschließender Punkt etwas, was mir besonders wichtig ist, die Schutzzone. Es ist vom Kollegen Pilz hier die Schutzzone etwas ins Lächerliche gezogen worden: ein 150 Meter Radius um jede Schule, was soll das bewirken? – Es bewirkt sehr wohl et­was. Ich bringe einen Fall aus Salzburg, wo innerhalb des Schulhofes Drogen verkauft werden und die Exekutive daneben steht und warten muss, bis jemand wirklich das Drogenbriefchen dem jeweiligen Kunden übergibt und dieser bezahlt. Mit dieser Maß­nahme versucht man, dieser Situation Herr zu werden. Das wird es in Zukunft nicht mehr geben. Die Schutzzone ist sicher kein Allheilmittel, aber eine positive Entwicklung auf dem richtigen Weg.

Zusammengefasst ist dieser Entwurf zum Sicherheitspolizeigesetz ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, da die Sicherheit und der Schutz unserer Bevölkerung höchste Priorität haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Voller Zuversicht sehe ich aber auch den neuen Änderungen des Asylgesetzes entge­gen. Der kausale Zusammenhang zwischen Asyl und Kriminalität wurde, wie ich mei­ne, auch heute schon ausreichend dargestellt. Eines muss uns allen klar sein: Nur ein sicheres Österreich erhält unsere gemeinsame Lebensqualität. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.25

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bun­desministerin Mag. Miklautsch. Die Frau Bundesministerin wollte eine Redezeit von 5 Minuten eingestellt bekommen. – Bitte, Frau Ministerin.

 


12.25

Bundesministerin für Justiz Mag. Karin Miklautsch: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Be­suchergalerie! Auch ich habe Ihre Redebeiträge mit großem Interesse verfolgt und ent­nehme daraus, dass für jeden von uns, der ein offenes Ohr für die Anliegen unserer Bürger und Bürgerinnen hat, das Thema Sicherheit ein zentrales Thema ist und vor allem auch, dass wir in der Bevölkerung immer mehr feststellen, dass die steigende Kriminalität von den Bürgern und Bürgerinnen unseres Landes als Bedrohung wahrge-


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nommen wird, obwohl wir heute erfreulicherweise gehört haben, dass die Kriminalitäts­rate rückläufig ist.

Daher ist es für mich als Justizministerin auch von enormer Bedeutung, dass wir diese Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz heute hier beraten, denn dieses Sicherheitspoli­zeigesetz nimmt sich genau jener Sorgen und Befürchtungen der Bürger und Bürgerin­nen unseres Landes an. Es geht uns nämlich darum, mehr Sicherheit in Österreich zu haben und auch eine effiziente Verhinderung und Bekämpfung von Straftaten in Öster­reich sicherzustellen.

Für mich als Justizministerin ist es von besonderer Bedeutung, dass es zu einer Ver­einheitlichung und Zusammenführung der Wachkörper kommt. Es wird jetzt nur mehr die Bundespolizei geben. Aber für mich noch wichtiger ist, dass es zu einer Neustruktu­rierung der Kommandostrukturen kommen wird, denn dies wird wesentlich die Zusam­menarbeit zwischen den Staatsanwälten und dieser neuen Bundespolizei erleichtern und somit einen Beitrag zur Bekämpfung der strafbaren Taten in Österreich leisten.

Mehrfach angesprochen wurde auch schon der Bereich der Videoüberwachungen. Die Videoüberwachungen an öffentlichen Orten, an so genannten Kriminalitätsbrennpunk­ten, wird auch einen wesentlichen Beitrag zur Verhinderung von Straftaten leisten. Auch das wird dazu beitragen, dass das Sicherheitsgefühl und Sicherheitsbedürfnis unserer Bevölkerung auch befriedigt werden.

U-Bahnstationen, Bahnhöfe und andere öffentliche Plätze sollen wieder angstfrei betre­ten werden können. Eine offene Gesellschaft wie Österreich braucht Räume, die Orte der Begegnung sind und nicht mit Angst vor Überfällen und sonstigen Belästigungen nur rasch durchschritten werden.

Wenn ich hier aus den Ausführungen in diesem Zusammenhang teilweise Bedenken gegen diesen Einsatz von Videokameras herausgehört habe, so kann ich diese Be­denken dadurch entkräften, dass die Kontrolle durch den Rechtsschutzbeauftragten auch erfolgen wird.

Mehrfach diskutiert wurde in den einzelnen Redebeiträgen die Thematik der Schutzzo­nen. Ich sehe es persönlich als ganz wichtig an, dass nunmehr mit dem Sicherheitspo­lizeigesetz auch die Möglichkeit von Schutzzonen insbesondere im Bereich von Schu­len und an jenen Orten, an denen sich Jugendliche aufhalten, geschaffen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wichtig ist mir in diesem Zusammenhang aber auch, dass damit auch die Möglichkeit geschaffen wird, jene Personen wegzuweisen, die unsere Jugendlichen zum Suchtmit­telmissbrauch verführen könnten. Ich weiß schon, dass die ganze Problematik Sucht­gift nicht allein nur mit den Schutzzonen gelöst werden kann. Aber auch ich meine, dass dies ein wichtiger Beitrag ist, um dieses uns allen so wichtige Problem auch län­gerfristig in den Griff zu bekommen.

Schließlich möchte ich noch darauf hinweisen, dass der Ausschuss für innere Angele­genheiten – zu meiner großen Freude, muss ich sagen, weil mir das wirklich ein wichti­ges persönliches Anliegen ist – eine Regelung geschaffen hat, die einen Beitrag dazu leisten wird, die leider noch immer ansteigende Gewalt gegen Frauen und Kinder zu bekämpfen.

Die nunmehr vorgesehene Einrichtung einer Gewaltschutzdatei wird auch in meinem Bereich dazu beitragen können, eine Gefährlichkeitsprognose sehr rasch zu erstellen, die auch für die Justizbehörden bei der Entscheidung über eine notwendige Festnah­me eine ganz wichtige Hilfestellung bieten wird.


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Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Machen wir doch ge­meinsam einen Schritt in Richtung sicheres Österreich! Dieses Land sollte es uns wert sein. – Herzlichen Dank. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.30

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es verbleiben 31 Minuten Restredezeit, das heißt, ich teile diese Zeit auf die kommenden vier Redebeiträge auf. Jeder Redner/jede Rednerin hat somit 7 Minuten Redezeit. – Bitte.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Darabos. Wie gesagt, 7 Minuten Rede­zeit. – Bitte.

 


12.30

Abgeordneter Mag. Norbert Darabos (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Herr Minister! Hohes Haus! Herr Klubobmann Molterer, Ihr etwas verschäm­tes Lob für sozialdemokratische Innenminister kommt zwar verspätet, wir nehmen es aber dennoch zur Kenntnis. (Abg. Mag. Molterer: Nehmen Sie sich ein Beispiel an denen!) Und ich sage nur: Jawohl, unter sozialdemokratischen Innenministern war Ös­terreich besser aufgehoben als unter Ernst Strasser! (Beifall bei der SPÖ.)

Die wichtigste Feststellung am Beginn: Die SPÖ wird dort zu haben sein – auch hier im Hohen Haus –, wo es um die Verbesserung der Sicherheit für die Österreicherinnen und Österreicher geht. Es wird ein klares Ja der SPÖ geben, wo ein Mehr an Sicher­heit durch geeignete Maßnahmen zu erzielen ist. Es wird aber dort weiterhin ein Be­kämpfen der ÖVP-Machtpolitik geben, wo keine sicherheitspolitischen Verbesserungen festzustellen sind und wo Maßnahmen getroffen werden, die ohne ersichtliche sicher­heitswirksame Substanz sind. Dort werden wir auch in Zukunft die Politik von Ernst Strasser und der ÖVP bekämpfen und ablehnen.

Das hier vorgelegte Sicherheitspolizeigesetz ist geradezu ein Fallbeispiel für den ge­spaltenen Zugang dieser ÖVP/FPÖ-Regierung zur Sicherheitsmaterie. Sie legen nach monatelangen Verhandlungen durchaus diskussionswürdige Maßnahmen vor – bei­spielsweise im Bereich Videoüberwachungen und Schutzzonen –, die wir trotz aller Bedenken und unter Berücksichtigung dieser Bedenken – vor allem, was die Garantie persönlicher Grundrechte betrifft – teilen und auch mittragen können. Aber einen ganz wesentlichen Bereich dieses Sicherheitspolizeigesetzes können wir nicht mittragen, nämlich jenen, wo es um die Zusammenlegung von Gendarmerie und Polizei geht. Da sagen wir entschieden nein, weil hier wieder einmal ganz deutlich wird, dass es Ihnen, Herr Minister, nicht um ein Mehr an Sicherheit geht, sondern schlicht und einfach um die Umsetzung Ihrer eigenen Machtpolitik unter dem Motto: Zwing Schwarz rein, egal, ob es den objektiven Sicherheitsinteressen dient oder nicht!

Herr Minister Strasser, Sie sind vor vier Jahren mit dem durchaus griffigen und marke­tingmäßig gut durchdachten Slogan angetreten, ein „rot-weiß-rotes Sicherheitsministe­rium“ führen zu wollen. (Abg. Mag. Molterer: Das tut er!) Damit verbunden gab es auch Vorschusslorbeeren von der öffentlichen und veröffentlichten Meinung. – Vier Jahre später sieht Ihre Politik aber desaströs aus: Von Rot-Weiß-Rot keine Spur mehr und von Sicherheit ebenfalls nicht! Ganz im Gegenteil: Sie stellen sich hier her und lassen sich abfeiern von Ihrer Fraktion für eine sicherheitspolitische Bilanz, die ganz und gar nicht positiv ist, wie Sie uns zu suggerieren versucht haben. Ganz im Gegen­teil! Es gab im Jahr 1999 in Österreich 493 000 strafbare Handlungen, und heuer sind es hochgerechnet für das Jahr 2004 bereits 725 000! Die Aufklärungsrate unter sozial­demokratischen Innenministern betrug mehr als 50 Prozent, bis ins Jahr 2004 sank sie unter Ihrer Verantwortung auf unter 38 Prozent. – Und da sprechen Sie von einer posi­tiven Bilanz?! Ich glaube, die Österreicherinnen und Österreicher haben sich mehr Wahrhaftigkeit bei Ihrer Politik verdient. (Beifall bei der SPÖ.)


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Sie, Herr Bundesminister, haben das ja nicht nur im Bereich der Sicherheitspolitik, was die Bekämpfung der Kriminalität betrifft, negativ vorexerziert. Ich erinnere an die Ent­fernung von qualifizierten Experten in Ihrem Ressort: von mehreren Landesgendarme­riekommandanten, den Chefs der Bundesgendarmerie, allesamt europäische Spitzen­kräfte im Bereich der Kriminalitätsbekämpfung, oder auch von Polizeigeneral Schnabl, der jetzt in der Privatwirtschaft offensichtlich als Fachmann anerkannt ist und zu den Besten in seiner Branche gehört. Das gleiche Schema wollen Sie jetzt auch bei der Zusammenlegung von Gendarmerie und Polizei anwenden. Die bringt nämlich kein Mehr an Sicherheit. Ganz im Gegenteil! Die schildbürgerhaften Ausschreibungen von mehreren tausend Posten werden dazu führen, dass der Sicherheitsapparat in Öster­reich über Monate hinweg gelähmt wird und mehr mit sich selbst beschäftigt sein wird als mit der Bekämpfung von Kriminalität. (Zwischenruf des Abg. Großruck.) Im Übri­gen ist auch nicht einsichtig, was eine Zusammenlegung bringen soll, zumal der ländli­che Raum – und Sie kommen ja aus Oberösterreich und Niederösterreich – sicher­heitspolitisch ganz anders zu bewerten ist als der urbane, also städtische Raum.

Sie haben ja diese Meinung, die Sie heute hier per Gesetz beschließen wollen, nicht immer gehabt. Ich zitiere hier wörtlich: „Das ist so, wie wenn der Dalai Lama fordert, die katholische und die evangelische Kirche zusammenzulegen“, hieß es noch im Jahr 2000 von Seiten von Innenminister Strasser.

Einige Tage später haben Sie gesagt – wörtlich –: „Erneut gegen die Zusammenlegung von Polizei und Gendarmerie hat sich Innenminister Ernst Strasser ... am Rande einer Pressekonferenz in Wien ausgesprochen. Einrichtungen mit unterschiedlichen Aufga­ben ,brauchen auch eine unterschiedliche Organisation’, so der Ressortchef.“ Jetzt frage ich mich: Was ist da dazwischen passiert? – Ich kann es Ihnen sagen: Sie wollen die Einfärbungen, die Sie im Spitzenapparat rund um sich gemacht haben, bei Polizei und Gendarmerie weiter fortsetzen.

Ich sage Ihnen auch ganz offen, Herr Minister Strasser: Von einem Innenminister er­wartet man sich Wahrhaftigkeit! Sie stellen sich hier her und sagen, Sie haben mehr Beamte. – Ganz im Gegenteil! Im Jahr 2000 gab es um 3 000 Planstellen im Sicher­heitsbereich mehr als heute. Sie sagen der Bevölkerung nicht die Wahrheit. – Das ist eines Innenministers unwürdig. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie, Herr Dr. Strasser, führen Ihr Ressort nicht wie ein Innenminister, sondern Sie füh­ren Ihr Ressort wie ein ÖVP-Landessekretär in Niederösterreich – eine Funktion, die Sie schon vor einigen Jahren innehatten. (Abg. Schöls: Im Gegensatz zu Ihnen war er erfolgreich!)

Die Personalvertretungswahlen haben Ihnen ja bewiesen, dass die Beamten in Ihrem Bereich weder motiviert sind noch hinter Ihnen stehen. Diese großen Zuwächse im Bereich der sozialdemokratischen Gewerkschafter sind für uns erfreulich. Sie sollten Ihnen zu denken geben, ob die Politik der Demotivation, die Sie mit der heute vorlie­genden Vorlage zum Sicherheitspolizeigesetz, über die Beschluss gefasst werden soll, fortsetzen, der richtige Weg ist. Ich meine, nein. Wir meinen, dass diese Zusammenle­gung der falsche Weg für Österreich ist. Wir würden uns erhoffen, dass Sie sich mehr auf die tatsächliche Sicherheitslage in Österreich konzentrieren, hier an Maßnahmen arbeiten und nicht eine weitere Einfärbung Ihres Apparates in den Vordergrund Ihrer politischen Überlegungen stellen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.37

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Miedl. Herr Abgeordneter, auch für Sie 7 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



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89. Sitzung / Seite 63

12.37

Abgeordneter Werner Miedl (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Her­ren! Lieber Kollege Darabos, ich bin enttäuscht – ich bin wirklich enttäuscht! –, denn das, was Sie machen, ist Angstmache, nicht mehr und nicht weniger. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Kollege Parnigoni, wir diskutieren die größte Polizeireform in unserer Geschichte, und das, was Kollege Cap und Sie geliefert haben, war für mich ein enttäuschendes Ergebnis, denn mit der Sache selbst haben Sie sich überhaupt nicht auseinander ge­setzt, nein! Sie haben sich beschäftigt mit der Postenschacherei. – Das ist die Reform der Sicherheitspolitik! Jawohl, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Ruf bei der SPÖ: Unerhört!)

Herr Kollege Parnigoni, ich bin nämlich deswegen enttäuscht und auch von den Grü­nen enttäuscht, weil die Antwort, die wir heute bekommen haben, eine sehr oberflächli­che Antwort von einer ansonsten durchaus ernst zu nehmenden Opposition war. Das, was ich von Ihnen gehört habe, Herr Kollege Parnigoni, und das, was Herr Kollege Cap gesagt hat, heißt ja in Wirklichkeit: Wir haben Angst, an Einfluss zu verlieren, wir möch­ten auch Posten schachern! – Das war Ihre Antwort. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Das, was die Grünen gemeint haben – nämlich das, was Kollege Peter Pilz gemeint hat –, heißt ja in Wirklichkeit, die Drogenpolitik insofern zu verändern, als wir künftig die Drogenfreigabe oder die staatliche Drogenabgabe diskutieren. – Das hat er unter dem Strich gemeint. – Das kann unmöglich die Drogenpolitik der Republik Österreich sein, unmöglich mit uns, meine Damen und Herren von der grünen Fraktion! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei den Grünen.)

Ja, der Polizeiberuf ist ein harter Job. Ich möchte mich einmal mit der inneren Seite des Polizeiberufs auseinander setzen. Im Regelfall überwiegt Negatives: Körperverlet­zung, Verkehrsunfälle, Einbruch, Mord. Immer trifft der Polizist auf verzweifelte Men­schen, angst- oder wutverzerrte Gesichter. Der Polizist soll emotional immer stabil sein, soll auf der einen Seite Sozialarbeiter sein, soll aber auf der anderen Seite Krimi­nalist sein, soll manchmal der Box-Champion sein, wenn es darauf ankommt, und das andere Mal Friedensstifter. – Meine Damen und Herren! Der Polizist hat so kaum Er­folgserlebnisse, und der Druck, die Herausforderung wird immer größer.

Die internationale Kriminalität entwickelt sich – wir haben darüber bereits mehrmals geredet –, und es gibt sozusagen die internationale Kriminalität mit dem Umstand, dass sich das Gegenüber der Polizei nie an Gesetze und Grenzen zu halten hat. Damit sollten wir uns einmal beschäftigen, wenn wir ernsthaft über Polizei und Sicherheit in Österreich diskutieren. Das hat nämlich niemand getan, meine Damen und Herren, Sie nicht, Herr Kollege Cap, Kollege Darabos sowieso nicht und Kollege Parnigoni auch nicht.

Meine Damen und Herren! Wenn wir ernsthaft diskutieren, dann müssen wir wissen, dass die Strukturen, die seit mehr als 60 bis 70 Jahren im Polizeidienst unverändert geblieben sind, so angepasst werden sollten und müssten, damit der einzelne Exeku­tivbeamte auch entsprechend motiviert ist, seinen Dienst zu verrichten. Wir dürfen nicht zulassen, meine Damen und Herren, dass der Berufsstand des Exekutivbeamten zu Tode verwaltet wird! Wir dürfen auf keinen Fall zulassen, dass ein gut ausgebildeter Polizist permanent unter die Kuratel von verschiedensten Vorgesetzten gestellt wird.

Herr Bundesminister Strasser hat es heute erwähnt: Wenn unter einer Strafanzeige eines ausgebildeten Polizisten sieben, acht, neun Unterschriften notwendig sind, damit diese Anzeige zum Staatsanwalt gehen kann, dann ist das nicht das, was einen Poli­zeibeamten motiviert.


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Genau das versuchen wir, jetzt mit dieser Reform zu verändern. Genau das soll anders werden, und das hat niemand von der Opposition gesagt. Ja erkennt man denn nicht, was da in Wirklichkeit dahinter steckt?! Wir haben uns im Ausschuss mehrmals be­müht, klarzumachen, worum es geht. Niemand von der Opposition sagt das hier im Hause, und daher bin ich so enttäuscht. In Wirklichkeit haben Sie sich nicht ernsthaft mit dieser Sache auseinander gesetzt. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn die Vorgesetztenstruktur so ist, dass bis zu zwölf Vorgesetzte eines Streifenpoli­zisten einmal dies und einmal jenes anschaffen können, dann ist das eine überholte Vorgesetztenstruktur. Wieso haben Sie das nicht gesagt, Herr Kollege Parnigoni? (Abg. Großruck: Weil er sich nicht auskennt!) Wieso sind Sie vor Personalvertretungs­wahlen unterwegs und verbreiten Angst und Schrecken, wo immer Sie hinkommen? Wir wissen das alles. Sie sollten die Ernsthaftigkeit der Situation erkennen und dort mittun, wo es um vernünftige Veränderungen geht! (Abg. Parnigoni: Sie dürfen die Gendarmen und Polizisten nicht für so unintelligent halten! Die haben in vollem Bewusstsein die SPÖ gewählt!)

Wir dürfen nicht mehr zulassen, dass 45 Kommandostellen in Österreich vorhanden sind, Herr Kollege Parnigoni, wenn wir wissen, dass neun ausreichen. (Abg. Parnigo­ni: Wenn Sie noch länger reden, verlieren Sie noch mehr Stimmen!) Herr Kollege Par­nigoni! Es ist nicht zu leugnen, dass Sie für Strukturen verantwortlich sind, in denen es zwar 45 Kommandostellen gibt, wo es aber nicht möglich ist, ein Fahndungsbild von der Polizeidienststelle X zur Gendarmeriedienststelle Y zu senden. Dafür sind die In­nenminister der SPÖ verantwortlich, meine Damen und Herren! Das ist passiert.

Herr Kollege Cap, es gab seinerzeit unter der Verantwortlichkeit der SPÖ-Innenminis­ter weder Fotokopiergeräte noch EDV-Einsatz. Telefonieren außerhalb des Ortsgebie­tes war verboten! Das sind die SPÖ-Strukturen gewesen! (Abg. Parnigoni: Das gibt es schon seit 20 Jahren nicht mehr!)

Meine Damen und Herren! Da hat sich einiges zu ändern in Hinkunft.

Daher: Ich bin wirklich dankbar, Herr Minister. Ich bin Ihnen und Ihrem Team von Mit­arbeitern dankbar, weil da ein Wurf gelungen ist, der wahrscheinlich der größte und effizienteste Wurf in der österreichischen Sicherheits- und Innenpolitik ist. (Abg. Silha­vy: Wieder ein Meilenstein!) – Ein wirklicher Meilenstein, Frau Kollegin! Die Exekutive und alle im Bereich der österreichischen Sicherheit werden es allen zu danken wissen, die daran mitgearbeitet haben. Sie werden es nicht sein!

Meine Damen und Herren! Ich bringe jetzt folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Kößl, Dr. Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Artikel I Z 31 lautet wie folgt:

„31. § 94 wird folgender Abs. 16 angefügt:

,(16) Die §§ 16 Abs. 2 Z 1, 35 Abs. 1 Z 7 und 8, 36a, 38a Abs. 4, 53 Abs. 1 Z 2a, 54 Abs. 4b und 6, 56 Abs. 1 Z 3 und Abs. 2, 57 Abs. 3, 59 Abs. 2, 62, 62a Abs. 1, 3 und 7, 80b, 83a, 84 Abs. 1 Z 3 und 4 und 94a in der Fassung BGBl. I Nr. XXXX/2004 treten mit 1. Jänner 2005 in Kraft.‘“ (Abg. Parnigoni: Tolle Vorlage! Das zeigt die Fehlerhaf­tigkeit dieser Vorlage!) – Stören Sie mich nicht, Herr Kollege Parnigoni!

„,Die §§ 5 Abs. 2, 5a Abs. 3, 7 Abs. 2 und 4a, 8 Abs. 1 und 2, 9 Abs. 1 und 4, 10, 11, 13, 14 Abs. 4, 96 Abs. 6 sowie 97 Abs. 3 in der Fassung des BGBl. I Nr. XXXX/2004


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sowie das Inhaltsverzeichnis treten mit 1. Juli 2005 in Kraft.‘“ (Abg. Parnigoni: Da ha­ben Sie eineinhalb Jahre gebraucht, dass Sie so eine Vorlage zusammenbringen?!) – Sie werden mich nicht hindern, das vorzulesen!

„,Die §§ 10a und 10b treten mit Ablauf des 30. Juni 2005 außer Kraft.‘“

*****

Dieser Antrag liegt Ihnen allen vor. Ich bitte um Zustimmung zu diesem Antrag.

Unterm Strich danke ich allen, meine Damen und Herren, die in den Ausschüssen mit­gewirkt und dazu beigetragen haben, eine konstruktive Arbeit zu leisten, insbesondere Ihnen, sehr geehrter Herr Innenminister. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

12.44

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Kößl, Dr. Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Innenausschusses (723 d.B.) über die Regierungsvorlage (643 d.B.) eines Bundesge­setzes, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das Grenzkontrollgesetz, das Bundes­gesetz über die Führung der Bundesgendarmerie im Bereich der Länder und die Ver­fügung über die Wachkörper der Bundespolizei und der Bundesgendarmerie und das Beamten-Dienstrechtsgesetz geändert werden (SPG-Novelle 2005)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Das Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das Grenzkontrollgesetz, das Bundesgesetz über die Führung der Bundesgendarmerie im Bereich der Länder und die Verfügung über die Wachkörper der Bundespolizei und der Bundesgendarme­rie und das Beamten-Dienstrechtsgesetz geändert werden (SPG-Novelle 2005) (643 d.B.) in der Fassung des Ausschussberichtes (723 d.B.) wird wie folgt geändert:

Artikel I Z 31 lautet wie folgt:

„31. § 94 wird folgender Abs. 16 angefügt:

,(16) Die §§ 16 Abs. 2 Z 1, 35 Abs. 1 Z 7 und 8, 36a, 38a Abs. 4, 53 Abs. 1 Z 2a, 54 Abs. 4b und 6, 56 Abs. 1 Z 3 und Abs. 2, 57 Abs. 3, 59 Abs. 2, 62, 62a Abs. 1, 3 und 7, 80b, 83a, 84 Abs. 1 Z 3 und 4 und 94a in der Fassung BGBl. I Nr. XXXX/2004 treten mit 1. Jänner 2005 in Kraft. Die §§ 5 Abs. 2, 5a Abs. 3, 7 Abs. 2 und 4a, 8 Abs. 1 und 2, 9 Abs. 1 und 4, 10, 11, 13, 14 Abs. 4, 96 Abs. 6 sowie 97 Abs. 3 in der Fassung des BGBl. I Nr. XXXX/2004 sowie das Inhaltsverzeichnis treten mit 1. Juli 2005 in Kraft. Die §§ 10a und 10b treten mit Ablauf des 30. Juni 2005 außer Kraft.‘“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Ab­geordnete Mag. Weinzinger. 7 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



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12.45

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren im Hohen Haus und auf der Regierungsbank! Erlauben Sie mir eine Vor­bemerkung zu meinem Vorredner. Herr Abgeordneter Miedl hat gerade eindrücklich bewiesen, dass er des Lesens mächtig ist, aber offenbar nicht in allen Fällen des Zuhö­rens.

Wenn mein Kollege Peter Pilz kritisiert, dass die Schutzzonen, die Kindern Schutz vor Drogenkriminalität bieten sollen, nicht exekutierbar sind, weil schlichtweg das Personal zur Überwachung der Schutzzonen fehlen wird und außerdem nur ein Symptom be­kämpft wird, dann ist das nicht die Forderung nach irgendeiner Drogenfreigabe, die bei Ihnen im Kopf herumgeistert, aber sonst nirgendwo! (Beifall bei den Grünen.)

Lassen Sie mich jetzt zu einer ganz kurzen, buchstäblich ganz kurzen Bilanz der Ära Strasser und dieser ersten Jahre der schwarz-blauen Regierung kommen. In einem Satz zusammengefasst: Österreich ist nicht sicherer geworden, aber jedenfalls schwärzer. (Abg. Murauer: Österreich ist aber noch immer das sicherste Land!)

Mit dem vorliegenden Reformwerk, wie es bezeichnet wird, wird der Trend eindeutig konsequent und klar, wie Ihre Phraseologie lautet, fortgesetzt, nämlich weiterer Macht­ausbau in schwarzen Händen. Wir haben es schon gehört, dass auch die Personalpoli­tik, insbesondere durch das Einwirken der Landeshauptleute, weiter verschwärzt wer­den kann, wird und soll. Wir kennen das ja gerade vom Herrn Innenminister, aber auch von anderen Regierungsmitgliedern und wissen, was sie diesbezüglich in den letzten Jahren gemacht haben.

Ich stelle mir daher sehr wohl eine Frage, Herr Innenminister: Welche Prioritäten haben Sie eigentlich? Ist Ihre Priorität, in erster Linie Ihrer Partei, der ÖVP, und deren Macht­erhalt zu dienen, oder ist Ihre Priorität, der österreichischen Bevölkerung und ihrer Si­cherheit zu dienen? – Bislang kann ich nur feststellen: Personalpolitik ist Ihnen das Wichtigste gewesen.

Wir haben heute schon gehört, dass durch die Zusammenlegung von Polizei und Gen­darmerie alleine 5 300 Leitungsjobs neu besetzt werden. Ich mag jetzt gar nicht auf den bereits hinlänglich diskutierten Postenschacher eingehen, der zu befürchten ist und der eine bestimmte Parteinähe voraussetzt, sondern auf einen anderen Aspekt.

Sie wissen, Herr Minister, dass Sie in einer sehr männerdominierten Sphäre arbeiten, und ich habe Sie vor ungefähr einem Jahr darauf angesprochen, wie Sie denn bei die­sem riesigen Personalprojekt ein verpflichtendes Prinzip der Regierung, nämlich Gen­der Mainstreaming, umsetzen werden, wie Sie sicherstellen werden, dass in der neu geschaffenen Polizei Frauen deutlich bessere Karrierechancen haben, mehr Frauen in Leitungspositionen kommen.

Ich kann mich noch gut an den etwas verdutzten Gesichtsausdruck erinnern, aber ich denke, Sie hätten jetzt Zeit genug gehabt für eine lange Schrecksekunde, und ich hätte mir nun eine Antwort von Ihnen erwartet. Sie liegt nicht vor. (Bundesminister Dr. Strasser: Natürlich!) Das, was Sie vor zwei Jahren, glaube ich, im Gleichbehand­lungsbericht angegeben haben, spricht ja Bände. Sie haben dort als große Maßnahme zur Gleichbehandlung in Ihrem Ressort genannt, dass die Portierloge jetzt mit einer Frau besetzt wurde. – Hurra! Das ist die Karriere, die Sie Frauen bieten.

Ich glaube, dass Sie hier deutlich mehr aufzuwarten haben, und bin gespannt, ob Sie es schaffen, von diesen 5 300 Leitungsposten zumindest so viele mit Frauen zu beset­zen, dass Sie nicht locker deren Namen auswendig nennen können, weil die Zahl weit unter zehn liegt.


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Eine Anmerkung zu Fraueninteressen ist mir noch in Richtung der Frau Justizministerin wichtig, weil sie den Gewaltschutz von Frauen als besonders wichtig hervorgestrichen hat. Ich würde mich diesem Anliegen sofort anschließen, Frau Ministerin, ich verstehe nur nicht, warum dann ausgerechnet diese Regierung die Mittel im letzten Jahr für die Arbeit von Opferschutzeinrichtungen wie Interventionsstellen gegen Gewalt gekürzt hat. (Bundesminister Dr. Strasser: Das stimmt ja nicht! Das ist falsch!) Gerade der Herr Innenminister hat der Interventionsstelle weniger Mittel zukommen lassen. Wir wissen, dass der Arbeitsaufwand enorm ist und immer weiter wächst, dass der Bedarf immer größer wird. Also wenn man nicht zumindest von einer Verdoppelung der not­wendigen Ressourcen ausgehen kann, würde ich Sie auffordern, auch nicht mit schö­nen Worten hier im Hohen Haus aufzutreten. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Steibl: Frau Kollegin! Das stimmt ja nicht, was Sie da sagen!)

Ich glaube, das Bedauerlichste an dieser sicherheitspolitischen Diskussion ist, dass man dem Minister eigentlich nur bestätigen kann, dass er die wesentlichen Kernaufga­ben seiner Arbeit nicht erfüllt oder nicht bewältigt. Ob er nicht dazukommt oder es nicht schafft, das lasse ich jetzt einmal dahingestellt. Er versucht davon abzulenken, dass er jenseits der Personal- und Machtpolitik wenige Erfolge vorzuweisen hat, indem er Sündenböcke schafft. Wir kennen diese Politik ursprünglich von einer anderen Par­tei, aber ich merke auch, Herr Minister, dass Sie einen großen Ehrgeiz entwickelt ha­ben, sich als Rechtsausleger einer ohnehin schon stramm-konservativen ÖVP zu posi­tionieren. Das sei Ihnen unbenommen. Gut für das Land und für die Sicherheit halte ich das in keinem Fall.

Aber was sicher nicht angehen kann, ist, dass Sie hergehen und alles angeblich krimi­nellen Asylwerbern und Asylwerberinnen in die Schuhe schieben. Sie haben sicher eine Fülle an schwierigen Problemstellungen in der Kriminalitätsbekämpfung zu bewäl­tigen – da brauchen wir nichts schönzureden –, aber es ist sicher nicht die geeignete Antwort, eine Sündenpolitik zu betreiben und ein Gesetz zu machen, von dem Herr Klubobmann Molterer dann sagt: Wir haben mit dem Asylgesetz Mut zur Reform be­wiesen!

Was Sie bewiesen haben, Herr Klubobmann, ist nicht Mut, sondern Mutwilligkeit und ein lockeres Draufgängertum nach dem Motto: Wir „blasen“ jetzt einmal ein menschen­rechtswidriges und verfassungswidriges Gesetz hinaus. Wenn es kritisiert wird, dann sagen wir, die Kritiker verfolgen einen Zickzackkurs, betreiben Schönfärberei, was auch immer. Wenn der Verfassungsgerichtshof ein Gesetz aufhebt, gehen Sie her und sagen, wir müssen es noch strenger machen. Auch da werden wir genau dasselbe wieder erleben. Ich glaube, Sie sollten sich einmal gut überlegen, worin Sicherheit tat­sächlich besteht und was Sie tun können, Herr Minister, um Ihrer Aufgabe gerecht zu werden, anstatt immer abzulenken und Sündenböcke zu suchen, die dann von Ihnen ganz leicht immer unter den Asylwerberinnen und -werbern gefunden werden.

Frau Justizministerin Miklautsch wünscht sich schon von vornherein schnellere Asyl­verfahren, vor allem für die Kriminellen. Ja wie werden Sie das ohne ein abgeschlos­senes Verfahren – sei es ein strafrechtliches oder ein Asylverfahren – wirklich beurtei­len können? Bitte keine Vorverurteilungen ausgerechnet von einer Justizministerin!

Dass es der Herr Innenminister mit dem Rechtsstaat und der Verfassung nicht beson­ders ernst nimmt, hat er hinlänglich bewiesen. (Abg. Ellmauer: Völlig falsch! Völliger Unsinn, was Sie da sagen!) Dass die Frau Justizministerin das auch in Frage stellt, ist mir neu. Ich kann sie nur eindringlich auffordern, hier ein wenig in sich zu gehen.

Dem Herrn Innenminister jedenfalls würde ich, käme ich in die Lage, gerne zwei Bü­cher unter den Weihnachtsbaum legen – vielleicht ein paar mehr noch, ich hätte da schon Ideen; der Trend zum Buch hält ja an –, nämlich einerseits die österreichische


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Bundesverfassung und andererseits die EU-Menschenrechtskonvention. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.52

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Dipl.-Ing. Scheuch. 7 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.52

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Frau Kollegin Weinzinger, wenn Sie unserer Justizministerin hier falsches Verhalten und falsche Reden vorwerfen, kann ich dazu nur ganz klar sagen: Im Zweifelsfall sollte uns allen in Österreich – egal, ob wir Justizminister, Abgeordnete oder einfache Bürger sind – das Hemd näher sein als der Rock. Ich glaube, die Ansätze der Frau Justizmi­nisterin in der Sicherheitspolitik sind sehr gute.

Die heutige Diskussion zur SPG-Novelle zeigt sehr klar, dass es eine gesamtheitliche Sorge um die Sicherheit gibt, dass es nicht nur um die Zusammenführung von Polizei und Gendarmerie geht, dass es nicht nur darum geht, neue Maßnahmen zu setzen, sondern dass die Menschen dieses Bedürfnis nach Sicherheit haben, dass die Men­schen das Bedürfnis verspüren, dass in diesem Bereich etwas passieren muss.

Wenn man die Diskussion verfolgt, erkennt man sehr klar, dass es drei Hauptbereiche sind. Das ist einerseits die viel diskutierte steigende Kriminalität; die Anzahl der Fälle von Kriminalität steigt. Das Zweite, das wir heute auch in der Aktuellen Stunde disku­tiert haben, ist die Problematik rund um Asylanten, Asylwerber, straffällige Asylwerber, straffällige Ausländer. Und das Dritte ist die steigende Drogenproblematik.

Ein weiterer Punkt ist, und das ist das wirklich Bedenkliche: Die Leute draußen haben das Gefühl, dass es weniger Polizei, weniger Exekutive, weniger Gendarmerie auf der Straße gibt. Deswegen besteht hier ganz klarer Handlungsbedarf. (Abg. Mag. Wurm: 736 weniger!)

Wir Freiheitlichen, meine geschätzten Damen und Herren, werden in all diesen Berei­chen, in all diesen drei Kernthemen unsere Themenführerschaft behalten und unsere Lösungskompetenz weiter einbringen. Wir werden in allen Bereichen versuchen, klare Lösungen auf den Tisch zu legen und damit einen Beitrag zu leisten, dass Österreich diesen Sicherheitsstandard auch weiterhin behält. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Punkt eins: die steigende Kriminalität. Hier gibt es klare Verbesserungen im geplanten Gesetz. Die Kollegen der SPÖ sind ja auch bereit, hier mitzustimmen. Ich nenne nur die Beispiele der Videoüberwachung und der Schutzzonen. Hier gibt es klare Prioritä­ten. Dr. Pilz, der momentan nicht im Saal ist, meistens nur bei seiner eigenen Rede anwesend ist (Abg. Neudeck: Und da nicht immer!), hat sehr klar gesagt, dass es ein Problem bei den Schutzzonen gäbe. (Weiterer Zwischenruf bei den Freiheitlichen.) – Ich sehe ihn nicht. Vielleicht steht er irgendwo im Couleur und kommt herein. (Abg. Schieder: Couloir!) Couloir – danke!

Für uns Freiheitliche ist es ganz klar, dass genau dieser Schutz der Kinder und diese Schutzzonen oberste Priorität haben, und wir werden hier nicht in Scheindiskussionen verfallen, in denen es darum geht, wie wir denn das machen können, meine geschätz­ten Damen und Herren.

Von Seiten der Grünen hört man permanent, der Drogenproblematik könne man nur damit beikommen, dass man die Drogen ein bisschen mehr freigibt. Es wurde heute schon scharf von den Grünen dementiert: Wir sind gegen die Drogenfreigabe! Aber das wissen alle, die sehr aufmerksam die Politik der Grünen verfolgen: Die Grünen


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sind für die Freigabe von Drogen. Die Grünen sind dafür, den Zugang zu Drogen zu erleichtern. Meine geschätzten Damen und Herren! Solange wir Freiheitlichen in der Regierung sitzen, solange wir Freiheitlichen Verantwortung haben, wird das hier in Österreich nicht passieren! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Der zweite Punkt: die Asylproblematik. Das wurde heute in der Aktuellen Stunde schon diskutiert; ich nehme an, dass es sehr viele Fernsehzuschauer mitverfolgt haben. Auch hier hat die FPÖ ganz klare Lösungsvorschläge, ganz klare Lösungskompetenz. Wir haben hier ein Programm ausgearbeitet, das jetzt durch den Ministerrat gegangen ist. Wir haben hier klare Ansätze. Frau Bundesministerin Miklautsch hat sich in einer Ar­beitsgruppe mit Bundesminister Strasser zusammengesetzt und hat einen neuen Weg festgelegt, der dazu führen wird, dass wir diese Asylproblematik besser in den Griff bekommen, dass wir straffällige Asylwerber schneller abschieben können, dass wir an den Grenzen stärker kontrollieren werden, dass wir grenznahe Auffanglager bekom­men, wie wir sie fordern. Damit werden wir Schritt für Schritt, step by step, diese Pro­blematik besser in den Griff bekommen.

Der dritte Punkt, den ich schon angesprochen habe: die Drogenproblematik. Es steht außer Zweifel, dass die Drogenproblematik wirklich ein Kernproblem darstellt, weil die junge Generation davon betroffen ist, weil es gerade die Kinder, die Jugendlichen sind, die hier dringend Schutz benötigen. Ich bin davon überzeugt und gehe davon aus, dass der Herr Bundesminister in dieser Frage die nötigen Personalressourcen zur Ver­fügung zu stellen hat. Er hat sie zur Verfügung zu stellen! Es darf nicht die Diskussion darüber geben, ob sie vorhanden sind oder nicht. Für diesen Schutz, für die verstärkte Prävention, für den Schutz unserer Jugend muss es die nötigen Polizisten und Polizis­tinnen, den nötigen Exekutivwachkörper geben, denn – und da, glaube ich, sollten sich alle Fraktionen einig sein – ohne den Schutz der Jugend brauchen wir über den Schutz unserer restlichen Generationen gar nicht zu sprechen.

Weil Herr Kollege Dr. Pilz, auf den ich noch einmal zurückkommen möchte, heute in der Früh hier gestanden ist und gesagt hat – ich habe es mir aufgeschrieben, damit ich es nicht vergesse –: Das Einzige, was sich die Exekutive nicht verdient hat, ist diese Novelle!, möchte ich ihm sagen, obwohl er jetzt nicht da ist, und ich glaube, da sind wir uns alle einig: Das Einzige, was sich die Exekutive wirklich nicht verdient hat, ist die grüne Sicherheitspolitik! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Abschließend noch ein paar Worte zur SPÖ-Sicherheitspolitik. Über die Rede von Kol­legem Darabos möchte ich mich nicht näher verbreitern, ich glaube, es wäre schade um die Zeit. Ich möchte mich vielmehr mit dem Gesamtkurs der SPÖ in dieser Proble­matik beschäftigen. Wir kennen es ja mittlerweile aus sehr vielen Bereichen, dieser Zickzackkurs ist mittlerweile ein Synonym geworden: Zickzackkurs in der Türkei-Frage, Zickzackkurs beim Wirtschaftsprogramm, Zickzackkurs bis zum Parteitag. Man wusste ja bis zur Abstimmung nicht, wird es gut gehen oder nicht.

Herr Dr. Gusenbauer, ich möchte Ihnen an dieser Stelle noch einmal recht herzlich zu Ihrem Wahlergebnis gratulieren. Ich hoffe, dass Sie der SPÖ noch möglichst lange als Vorsitzender erhalten bleiben, weil das ein Garant dafür ist, dass wir Freiheitlichen möglichst lange in der Regierung bleiben werden.

Aber nun zur Sicherheit. Während ich auf meinem Platz gesessen bin und gehört habe, wie Herr Parnigoni, der Sicherheitssprecher der SPÖ, hier heraußen die Zusammen­führung von Gendarmerie und Polizei massiv kritisiert hat und dass der einheitliche Wachkörper ein Problem darstellt und das Gesetz abzulehnen ist, hat mir ein führender ÖVP-Politiker etwas geflüstert – das konnte ich ja nicht wissen; ich habe es mir aufge­schrieben, und das wollte ich abschließend noch sagen –: Es ist schon faszinierend,


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dass gerade die SPÖ jetzt diesen Schritt kritisiert, wo man doch aus gut informierten ÖVP-Kreisen hört, dass zwei führende SPÖ-Politiker in den Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP sehr wohl diese Thematik verhandelt hätten.

Wenn man dann fragt, wer denn diese zwei Politiker sind, fallen zwei Namen: Der eine ist jetzt Bundespräsident der Republik Österreich, Dr. Heinz Fischer, und der andere ist Kollege Parnigoni. (Abg. Parnigoni: Aber alles, was die ÖVP sagt, muss nicht wahr sein!) Also der altbekannte Kurs der SPÖ: Im stillen Kämmerchen wird verhandelt, im stillen Kämmerchen sind Sie auch bereit, Schritte zu setzen, sind Sie auch bereit, diese Republik zu verändern. Aber wenn es dann darum geht, hier heraußen zu stehen, Far­be zu bekennen und bei der Abstimmung aufzustehen, schaffen Sie es leider nicht. Ich kann nur sagen, ich bedanke mich für diese Politik. Sie ist der Garant für unseren Er­folg. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

13.00

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Gaál. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


13.00

Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Kollege Molterer hat davon gesprochen, dass Österreich ein sicheres Land ist. (Rufe bei der ÖVP: Richtig!) Ich sage: Noch ist Österreich ein sicheres Land, Kollege Murauer! Österreich ist ein sicheres Land dank jahrzehntelanger erfolgreicher Arbeit sozialdemokratischer Innenminister! Das ist auch wahr! (Beifall bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Jes­sas na! Das glauben Sie ja selber nicht! – Wer hat Ihnen denn das aufgeschrieben? – Ist das von Schlögl oder von Einem? – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Gegenrufe bei der SPÖ.)

Sie, meine Damen und Herren von der Bundesregierung, gefährden mit Ihrer Politik – denken wir nur an all das, was wir allein heute gehört haben! – die Sicherheit in Öster­reich! – Dazu, dass Sie uns im Zusammenhang mit der Einrichtung eines Rechts­schutzbeauftragten „Mutlosigkeit“ vorgeworfen haben, darf ich Ihnen sagen: Uns ver­lässt nicht der Mut, nur können wir Ihrer Initiative nicht zustimmen, meine Damen und Herren von ÖVP und FPÖ!

Erinnern darf ich beispielsweise an das Militärbefugnisgesetz, als wir im Zusammen­hang mit dem Rechtsschutzbeauftragten davor gewarnt und darauf hingewiesen, dass die gesetzliche Regelung mit dem Rechtsschutzbeauftragten verfassungswidrig ist. – Sie von den Regierungsparteien haben uns jedoch nicht geglaubt. Wir Sozialdemokra­ten haben uns an den Verfassungsgerichtshof gewandt und haben Recht bekommen (Abg. Mag. Wurm: Der Pühringer auch ...!): Diese Bestimmung wurde aufgehoben!

Wenn also Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, hier behaupten, wir Sozialde­mokraten würden einen wirksamen Rechtsschutz verhindern, dann kann ich Ihnen nur sagen: Wir verhindern nichts! Genau das Gegenteil ist der Fall: Die SPÖ steht für einen effizienten Rechtsschutz – Sie von der ÖVP hingegen stehen für Scheinlösungen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Silhavy: Genau!)

Während in der Regierungsvorlage die Einrichtung des Rechtschutzbeauftragten wie­der nur als Organ des Ministers festgeschrieben wurde, fordern wir von der SPÖ – und das schon seit Jahren –, dass die Rechtschutzbeauftragten ein Organ des Natio­nalrates sein sollen. Leider geht Ihre Regierungsvorlage nicht weit genug, daher: Das diesbezügliche demokratiepolitische und verfassungsrechtliche Manko kann damit nicht ausgeglichen werden! Das, was Sie tun, ist Scheinrechtschutz, und daher kön­nen Sie mit unserer Zustimmung dazu nicht rechnen! (Beifall bei der SPÖ.)


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Herr Bundesminister Strasser, wir von der SPÖ haben keinesfalls etwas gegen sinn­volle und notwendige Reformen, aber bei dieser „Exekutivreform“ handelt es sich vor allem auch um ein Kürzungsprogramm – und das alles unter dem Deckmäntelchen „Reform“! (Rufe bei der ÖVP: Das Gegenteil ist der Fall!) Polizeidienststellen wurden geschlossen; auch da wurde eingespart; ebenso wurden Gendarmerieposten ge­schlossen – und dabei ist die Sicherheit längst auf der Strecke geblieben! (Zwischen­rufe bei der ÖVP.)

Auch wenn Sie hier festhalten, dass es eine rückläufige Entwicklung in der Kriminalsta­tistik gibt, so muss doch gesagt werden, Herr Bundesminister – und das bestätigt auch der Sicherheitsbericht –, dass laut Kriminalstatistik allein in Wien die Zahl der Strafta­ten seit 1999 um 67 Prozent gestiegen ist! Ich verstehe nicht, dass Sie, Herr Bundes­minister, Kollegem Cap vorwerfen, er hätte etwas gegen Herrn Hofrat Horngacher. Mir ist keine Äußerung, mir ist absolut nichts bekannt, wonach sich Kollege Cap Herrn Hof­rat Horngacher gegenüber negativ ausgesprochen hätte. – Nur nebenbei bemerkt: Hof­rat Horngacher hat während einer SPÖ-Regierung Karriere gemacht – und nicht erst jetzt! (Abg. Ing. Kapeller: Aber er ist geblieben!)

Jedenfalls ist ohne mehr Polizei, Herr Bundesminister Strasser, der Sicherheitsstan­dard in unserem Lande nicht zu halten! Die Reform „team04“ – „Exekutive neu“ wird sicherlich keine Erfolgsgeschichte werden; was mir persönlich Leid tut. Bei der Zu­sammenlegung von Polizei und Gendarmerie droht ein Chaos! Abgesehen vielleicht von einigen wenigen Vertrauten von Ihnen, Herr Bundesminister Strasser, weiß, und zwar österreichweit, niemand, wie diese Zusammenlegung von Polizei und Gendarme­rie genau ablaufen soll.

Die Sicherheit unseres Landes steht auf dem Spiel, Herr Bundesminister! – Wir von der SPÖ haben uns bemüht, ein sicheres Land zu schaffen; wir haben Ihnen ein sicheres Österreich übergeben. – Sie, Herr Bundesminister Strasser, sind jedoch gerade dabei, diese Sicherheit zu zerstören! Daher ein klares Nein zu dieser Ihrer Politik! (Beifall bei der SPÖ.)

13.04

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Ing. Kapeller. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.04

Abgeordneter Ing. Norbert Kapeller (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hochge­schätzter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Toni Gaál, ich bin überzeugt davon, dass dir als Exekutivbeamten nicht bei jedem Wort, das du gespro­chen hast, ganz wohl war. Wir beschließen nämlich heute in Wirklichkeit ein Jahrhun­dertprojekt – und führen zusammen, was zusammengehört, nämlich Gendarmerie und Polizei. Viele Innenminister vor unserem Ernst Strasser haben zwar Lippenbekennt­nisse dazu abgegeben, haben darüber diskutiert, sich jedoch nicht getraut, zu han­deln! Dir, Ernst (in Richtung Bundesminister Dr. Strasser), ist die Umsetzung dieses Vorhabens gelungen! Vorweg danke dafür! (Beifall bei der ÖVP.)

In wenigen Sätzen möchte ich versuchen, hier anschaulich und an Hand von Beispie­len zu dokumentieren, warum die Zusammenführung von Polizei und Gendarmerie so notwendig ist.

Nehmen wir als Beispiel – damit es wirklich jeder versteht – eine Schutzperson, die in Wien-Schwechat mit dem Flugzeug landet und zu einer Gedenkfeier nach Mauthausen möchte. In Schwechat: Begleitfahrzeuge, Eskortfahrzeuge der grünen Polizei; in Nie­derösterreich: Begleitfahrzeuge der grauen Gendarmerie bis zur Landesgrenze; in Oberösterreich: graue Gendarmerie von Oberösterreich bis zur Stadtgrenze, Stadt-


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autobahn Linz; dann wieder die grüne Polizei Linz; im Mühlviertel wieder die graue Gendarmerie. (Abg. Mandak: Wenn das das Hauptproblem ist, dann weiß ich nicht ...!) Das ist ein Beispiel, warum wir die beiden Wachekörper zusammenführen.

Ein anderes Beispiel hiezu aus meinem Fachgebiet als Kriminalpolizist. Die Kriminellen machen vor den Stadtgrenzen der Statutarstädte nicht Halt – aber die Ermittler, die dagegen ankämpfen müssen, hatten bisher immer eine Barriere zwischen den Stadt­grenzen der Statutarstädte, zwischen Polizei und Gendarmerie.

Wir beschließen heute auch die Präventivmaßnahme Schutzzone und Video-Über­wachung. Zum Thema „Schutzzone“ möchte ich Folgendes klar herausstreichen: Die Schutzzone dient dazu, Vorbereitungshandlungen, die zunächst straflos sind, vor­beugend entgegenwirken zu können. Wenn ein Lehrer oder ein Direktor einer Schule anruft, Anzeige erstattet, dass sich verdächtige Personen um die Schule herumtrei­ben – und wenn dann eine Schutzzone besteht, so hat die neue Polizei, die Polizei in Blau, die Möglichkeit, die Identität der Verdächtigen festzustellen und diese wegzuwei­sen, wenn es Grund dazu gibt; die Polizei kann ein Platzverbot aussprechen. Es ist jedoch nicht vorgesehen, jede Schutzzone mit 100 Mann/Frau zu umstellen.

Ich als Angehöriger der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich weiß mit Bestimmtheit: Das ist der richtige Weg! Generationen von Politikern und Innenministern, kann man sagen, haben sich nicht über ein solches Projekt drübergetraut. Heute aber wird das beschlossen – und das alles ist unter unserem Bundesminister Ernst Strasser gelun­gen! Das hat eines gewissen Mutes bedurft, dazu war Durchsetzungsvermögen not­wendig – und ich weiß es, dass das eine gute Sache ist. Ich gratuliere dir, Ernst (in Richtung Bundesminister Dr. Strasser), zu diesem Mut und für diesen Schritt in die richtige Richtung!

Folgende Botschaft möchte ich an die Abgeordneten der SPÖ senden: Hören Sie bitte endlich mit Ihrer Gräuelpropaganda, mit Ihrer Angstmacherei, mit Ihrem Schlechtreden und Ihrem Miesmachen auf! So verunsichern Sie doch nur die Österreicherinnen und Österreicher! Kehren Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, zurück auf den Weg des Konsenses und leisten Sie wieder produktive und konstruktive Arbeit hier im Hohen Haus!

Lieber Ernst, danke! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ing. Kapeller begibt sich zur Regie­rungsbank und reicht Bundesminister Dr. Strasser die Hand. – Rufe bei der SPÖ: Bussi, Bussi auch noch!)

13.08

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Pfeffer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Frau Abgeord­nete. (Abg. Pendl in Richtung des sich zu seinem Sitzplatz begebenden Abg. Ing. Kapeller –: Das ist ja sogar dem Herrn Minister peinlich! – Gegenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


13.08

Abgeordnete Katharina Pfeffer (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Herr Bundesminister! Noch immer, meine Damen und Herren, ist es eine große Schande, wenn familiäre Probleme offenkundig werden. Die Angst vor sozialer Ächtung und vor dem Gerede im Dorf ist größer als die Angst vor Misshandlungen. Wer will schon das Dorfgespräch Nummer 1 sein?!

Dass diese Angst berechtigt ist, zeigen viele Beispiele: Keine Amtshandlung bleibt ver­borgen! Es gibt leider noch immer viel Gewalt hinter vorgezogenen Vorhängen – und die Opfer sind ausschließlich Frauen und Kinder, die von gewalttätigen Familienvätern attackiert werden. Noch dazu fühlen sich die Opfer dafür verantwortlich, was mit Ihnen


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geschieht! Sie werden aber auch oft von außen verantwortlich dafür gemacht, indem „Erklärungen“ für das gewalttätige Verhalten des Mannes gesucht werden, so bei­spielsweise: Sie ist eine schlechte Hausfrau! Sie kann mit dem Geld nicht umgehen! – und so weiter.

Aus Studien wissen wir, dass jede fünfte Frau, die in einer Beziehung lebt, Gewalt er­lebt hat, und die Tendenz ist da leider steigend. Interventionsstellen wissen von den unterschiedlichsten Lebens- und Beziehungserlebnissen zu berichten. Allen Schicksa­len gemeinsam ist, dass die Frauen sehr lange geschwiegen haben.

Interventionsstellen sind daher zu sehr wichtigen Einrichtungen geworden; wir brau­chen solche, und zwar flächendeckend. Finanziell dürfen sie auch keinesfalls ausge­hungert werden! Daher, Herr Bundesminister Strasser, daher Frau Bundesministerin Miklautsch: Sie sollten gemeinsam mit der Frauenministerin danach trachten, dass ein solches finanzielles Aushungern nicht passiert! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeord­neten der Grünen.)

Meine Damen und Herren! Vom Gesetz her gibt es jetzt Gott sei Dank die nötigen Vor­aussetzungen: die Wegweisung, das Betretungsverbot und eine zentrale Gewalt­schutzdatei. Gewalt in der Familie ist keine Privatsache, sondern Angelegenheit der öffentlichen Sicherheit! Deshalb begrüße ich sehr, dass dieser Teil heute im Sicher­heitspolizeigesetz beschlossen wird. Wichtig dabei ist, dass in einer zentralen Gewalt­schutzdatei alle Personen registriert werden, die mit diesem Gesetz in Konflikt geraten. Dadurch können die Sicherheitsbehörden klar erkennen, wer welche Delikte verübt hat und welche Maßnahmen verhängt werden sollen.

Obwohl sich immer mehr Frauen bei Problemen an Opferschutzeinrichtungen wenden, ist es unser aller Pflicht und Aufgabe, zu helfen – anstatt wegzuschauen! Als ehemali­ge Mitarbeiterin einer Frauenberatungsstelle, die unter anderem auch mit Morddrohun­gen von gewalttätigen Männern konfrontiert war, weiß ich nur allzu gut, meine Damen und Herren, wovon ich spreche!

Helfen bedeutet aber auch, gewalttätigen Männern zu helfen, aus ihrer Ohnmacht her­auszukommen. Ich hoffe daher sehr, dass dieses Gesetz im Endeffekt dazu beitragen wird, die Gewalt in der Familie zu reduzieren. (Beifall bei der SPÖ.)

13.11

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Rossmann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Frau Abge­ordnete.

 


13.11

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Herr Bundesminis­ter! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Ich habe mich zu diesem Tagesordnungspunkt zu Wort gemeldet, weil ich zu diesem Thema eine enge Beziehung habe, eine, die für mich fast historische Bedeutung hat, und ich werde auch begründen, warum dem so ist.

Vor mehr als zehn Jahren bin ich in die Politik gekommen, und zwar in den Grazer Gemeinderat, zusammen mit Kollegem Miedl; wir waren damals die neuen Gemeinde­räte. Kollege Miedl war Sicherheitssprecher im Grazer Gemeinderat. Ich war also auch im Gemeinderat und hatte dann die Ehre, in die Stadtregierung entsandt zu werden.

Jedenfalls, allein was Graz betrifft: Es gab – ich habe es nicht nachgezählt, da nicht recherchiert – sicherlich mehr als 50 Anträge, die sich genau mit diesem Thema be­fasst haben. Parallel dazu hat damals die freiheitliche Oppositionspartei hier im Parla­ment, und zwar unter Jörg Haider und Klubobmann Scheibner, viele, viele Anträge


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hiezu eingebracht, in denen die Schaffung solcher Schutzzonen beziehungsweise eine Videoüberwachung bestimmter Plätze gefordert wurde.

Deshalb ist das für mich persönlich heute ein wirklich sehr erfreulicher Tag; da danke ich jetzt vor allem auch den Chefverhandlern in dieser Sache. Das „Schicksal“ hat den Kollegen Miedl eingeholt: Kollege Miedl als Sicherheitssprecher der ÖVP war dazu ein Chefverhandler, während er hingegen vor zehn Jahren im Grazer Gemeinderat vehe­ment dagegen gewesen ist.

Es freut mich auch sehr, dass sich unsere Kollegin Helene Partik-Pablé ganz beson­ders dafür eingesetzt hat. Ich bedanke mich bei dir, Helene, auch im Namen der Gra­zer und unserer steirischen Freunde für dieses Gesetz, denn wir brauchen ein solches ganz dringend, können doch damit viele Probleme gelöst werden.

Ich sage dazu aber auch: Mit diesem Gesetz ist für die Zukunft nicht alles gelöst. Es ist das einmal ein erster Schritt, dass solche Schutzzonen eingeführt werden können. Als Bildungssprecherin der Freiheitlichen freut es mich jedenfalls, dass in diesem Falle nicht die Direktoren von sich aus tätig werden müssen, sondern dass ein Schulgebäu­de in dem Moment, in dem ein Verdacht vorliegt, als schützenswürdig gilt. Müssten das nämlich die Direktoren von sich aus machen, dann wäre es fraglich, ob es dazu kom­men würde, denn welcher Direktor gibt schon gerne zu, kann ich da nur sagen, dass es an seiner Schule einen Drogenverdacht gibt.

Wenn man sich diesbezügliche Berichte oder Zeitungsartikel zu diesem Thema an­schaut, dann muss man feststellen: Leider gibt es kaum eine Schule – Ähnliches höre ich auch von meinen eigenen Kindern –, in der es Drogen nicht gibt. Unsere Aufgabe wird es in diesem Zusammenhang jedenfalls sein, darüber hinausgehend zu schauen, wie weiterhin mit der Drogenproblematik in unseren Schulen umgegangen wird. – Dazu ist zu sagen: Da ist einmal mehr die Schulaufsicht gefordert, ebenso der Direktor be­ziehungsweise der Elternverein; vor allem aber auch die Schulärzte, die regelmäßige Kontrollen vornehmen können sollten, wenn ein Verdacht auf Drogenmissbrauch be­steht.

Erlauben Sie mir jetzt noch einen Satz zur Argumentation der Grünen. Heute waren Sie völlig erstaunt und haben wiederum gesagt, das seien alles leere Behauptungen, dass Sie Drogen verharmlosen. – Dazu kann ich nur sagen: Sie von den Grünen waren es – das gibt auch die Stimmung, die es in den Schulen dazu gibt, wieder –, die immer dafür eingetreten sind, weiche Drogen zuzulassen! Der Konsum von Haschisch wurde von Ihnen immer verharmlost! Mittlerweile weiß man aber, dass Haschisch durchaus auch eine Einstiegsdroge ist; ebenso das Rauchen. Sie von den Grünen – weil Sie sich so „cool“ geben und die Jugend ansprechen wollen – sagen das, und die Jugendlichen empfinden das daher oft als geradezu selbstverständlich.

Politik machen, heißt aber auch, Vorbildwirkung zu haben! Jede politische Partei muss bei dieser Vorbildwirkung mittun; auch die Grünen! Drogenkonsum darf nicht verharm­lost werden; auch nicht der Konsum von Haschisch! Sie alle wissen ja, wie leicht Ha­schisch zu bekommen ist.

Ich habe mir Presseartikel zu diesem Thema durchgeschaut und bin da beispielsweise auf einen Resolutionsantrag in Wien gestoßen, und zwar im Bezirk Hernals, wo fast alle Parteien die Drogenprävention unterstützt haben – mit Ausnahme, und zwar ein­mal mehr, der Grünen! Was die Grünen anlangt, so ist Drogenprävention bei Ihnen kein sichtbares Thema, und Sie schreiben dezidiert – ich zitiere –:

Die Grünen fordern eine Änderung des Asylgesetzes und des Beschäftigungsgesetzes, um Asylwerbern rasch Zugang zum legalen Arbeitsmarkt zu ermöglichen, damit sie nicht Drogendealer werden. – Zitatende. (Zwischenrufe bei den Grünen.)


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Das also ist der Ansatz der Grünen! Das ist doch nicht vertretbar! Bitte überdenken Sie Ihre Linie – aber nicht im Sinne Ihrer Partei, darüber mache ich mir keine Sorgen, son­dern im Sinne unserer Jugend! Auch Sie von den Grünen haben da eine Vorbildwir­kung, und Jugendliche berufen sich ja immer wieder auf Ihre Ansicht in Bezug auf die Freigabe von Haschisch! (Abg. Mandak: ... das zeigt nur Ihre Unkenntnis vom Dro­genmarkt!) Einstiegsdrogen dürfen nicht verharmlost werden; auch nicht Ecstasy-Tabletten!

Ich ersuche Sie, meine Damen und Herren von den Grünen: Überdenken Sie Ihre Li­nie! Wir werden es der Bevölkerung x-fach kommunizieren, dass Sie von den Grünen Ihre Linie nicht geändert haben und nach wie vor Cannabis-Konsum verteidigen!

In diesem Sinne kämpfen wir weiter für Drogenprävention und vor allem für drogenfreie Schulen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.16

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Pendl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordne­ter.

 


13.16

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Zunächst einige Bemerkun­gen zu Ausführungen von Vorrednern. In Richtung von Herrn Klubobmann Molterer, der jetzt nicht im Saal ist: Die SPÖ verlässt nicht der Mut! Nur: Wir von der SPÖ ste­hen zur Verfassung, wir stehen zum Rechtsschutz! Wir alle brauchen die Zielsetzung mehr Sicherheit, wovon jedoch bei dieser Regierung nichts zu merken ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn man durch das Land fährt, sieht man ja, wie viele Polizistinnen und Polizisten beziehungsweise Gendarmen noch unterwegs sind! Wir wünschen uns seit langem, mehr zu haben. Ganz einfach zunächst einmal Tau­sende einzusparen und dann die Einstellung von ein paar hundert zu feiern, wie Sie von ÖVP und FPÖ das beim Budgetkapitel Inneres getan haben, geht es wirklich nicht! Da brauchen Sie uns doch nichts zu erzählen!

Vergessen möchte ich jedenfalls nicht, meine Damen und Herren, der österreichischen Exekutive insgesamt sehr herzlich zu danken! Sie alle leisten hervorragende Arbeit, und es wäre Ihnen von den Regierungsparteien gut angestanden, diese Beamtinnen und Beamten daher auch entsprechend zu behandeln! Eine Reform sollte doch auch stets im Interesse der betroffenen Kollegenschaft sein! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, wurden auf Grund dieser Gesetzesnovelle doch selbst von einem Experten der Freiheitlichen im Ausschuss kriti­siert, der dargelegt hat, dass dieser Gesetzestext Tausende Polizisten verunsichert! Da könnt ihr doch nicht uns vorwerfen, wir würden die Kolleginnen und Kollegen verunsi­chern! Wenn ich mir eure eigenen Aussendungen im Vorwahlgeplänkel der PV-Wahl anschaue, dann frage ich mich schon, wer da wen verunsichert. Da kann ich, liebe Freunde, nur sagen: Das brauchen wir hier – abgesehen davon, dass wir es schon allein aus zeitökonomischen Gründen unterlassen sollten – wirklich nicht zu diskutie­ren!

Im Ausschuss habe ich Herrn Minister Strasser zu dem Umstand befragt, dass auf Ressortebene eine Verbesserung der Absicherung der Rückfallsregelung diskutiert worden ist. Es ist so: Alle bekennen sich dazu, nur irgendwo gab es da eine „Grenze“, eine Barriere zwischen Bundesministerium für Inneres und BKA. Im BKA war das of­fensichtlich überhaupt kein Thema; für die Kolleginnen und Kollegen wurde in diesem Bereich nichts verbessert! Ein paar tausend Leute werden einen Nachteil haben, meh-


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rere tausende Leute werden verunsichert sein! Wie das Prozedere mit dieser Ausschreiberei vor sich gehen wird, haben wir ja heute schon gehört; dazu kann sich jeder seine eigene Meinung bilden!

Jedenfalls: Ein klares Bekenntnis von unserer Seite, was die Installierung eines Rechtsschutzbeauftragten anlangt, aber, meine sehr geehrten Damen und Herren: Eine Einrichtung eines Rechtsschutzbeauftragten zu schaffen, wo zunächst dieser dem Minister Bericht erstatten muss und dann der Minister uns hier berichtet, das brau­chen wir wirklich nicht!

Wir von der SPÖ wollen, wie es in unserem Vorschlag steht, einen Rechtsschutzbeauf­tragten, der dem Parlament berichtet. Das wäre gleichzeitig auch eine Verbesserung der Kontrollrechte des Hohen Hauses. Dafür sind wir allemal und jederzeit!

Wir laden euch dazu ein: Vielleicht können wir das doch noch gemeinsam beschlie­ßen – im Interesse der Sache! (Beifall bei der SPÖ.)

13.19

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Ellmauer. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.20

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bun­desministerin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst nur ein paar Worte zur Frau Kollegin Weinzinger, denn sie hat einiges in den Raum gestellt, was unrichtig ist. Sie ist zwar nicht da, aber vielleicht können die Kollegen von den Grünen ihr das ausrichten.

Das Gender-Mainstreaming-Team im Bundesministerium für Inneres ist eingesetzt, die Analyseverfahren sind abgeschlossen, und man befindet sich jetzt in der Umsetzungs­phase. Unter Bundesminister Strasser sind erstmals Frauen in wichtigsten Funktionen eingesetzt worden, und zwar gibt es nun eine Vizepräsidentin, eine Polizeipräsidentin, eine Stadthauptfrau und mehrere Postenkommandantinnen. Außerdem ist es unrichtig, dass die Interventionsstellen finanziell ausgehungert werden. Laut Bundesvoran­schlag 2004 waren 1 250 000 € vorgesehen; 2005 sind es 1 500 000 €, also um 250 000 € mehr. – So viel zu den Aussagen von Frau Weinzinger.

Sehr geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir leben in einem Land, das auch in Sa­chen Sicherheit international führend ist. Unser Heimatland wird im Vergleich mit ande­ren Industrienationen immer wieder als Top-1-Land bewertet. Durch die Errungen­schaften des heute zu debattierenden Sicherheitspolizeigesetzes werden wir uns wei­terhin darüber freuen können, dass unser Land auch in Zukunft das sicherste der Welt sein wird.

Jedoch stand die Notwendigkeit der Modernisierung unserer Exekutive außer Zweifel. Dienstzeitmodelle aus den siebziger Jahren, Doppelgleisigkeiten, Parallelzuständigkei­ten, unnötige administrative Hürdenläufe: All dies machte ein effizientes Arbeiten sehr schwierig. Des Weiteren ist es kein Geheimnis, dass die internationale Kriminalität im Steigen ist. Auf diese Veränderungen hat die Bundesregierung erfolgreich reagiert. Innenminister Strasser ist es mit dem Jahrhundertprojekt der Exekutivreform gelungen, Maßnahmen zu setzen, mit denen die Sicherheit der Österreicherinnen und Österrei­cher auch weiterhin bestmöglich gewährleistet wird. Er hat dafür gesorgt, dass die Bür­gerinnen und Bürger in unserem Land auch in Zukunft für ihre Steuergelder größtmög­liche Sicherheit bekommen.

Sicherheit ist nicht alles, aber ohne Sicherheit ist alles nichts. Ein Mehr an Sicherheit stellt die Grundlage für ein Mehr an Wachstum, ein Mehr an Arbeitsplätzen und ein Mehr an Wohlbefinden für unsere Bevölkerung dar. Warum Sie, geschätzte Kollegin-


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nen und Kollegen von der Opposition, die Zusammenlegung von Polizei, Gendarmerie und Zollwache nicht unterstützen, ist für mich nicht nachvollziehbar.

Ich erachte im neuen Sicherheitspolizeigesetz zwei Punkte als besonders wichtig, und zwar die Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen und die Einführung von Schutz­zonen. Die Schutzzonen sollen dazu dienen, dass zum Beispiel Drogendealer von Or­ten wie Schulen, wo der Verdacht der Gefährdung durch Drogen besteht, temporär ferngehalten werden. Ebenfalls neu ist die ausgeweitete Videoüberwachung an neural­gischen Orten; diese soll bereits am 1. Jänner 2005 zum Einsatz kommen. Demnach kann die Sicherheitsbehörde ab In-Kraft-Treten des Gesetzes einen bestimmten Ort, an dem überwiegend minderjährige Menschen im besonderen Ausmaß von auch nicht unmittelbar gegen sie gerichteten strafbaren Handlungen nach dem Strafgesetzbuch und dem Verbotsgesetz oder von gerichtlich strafbaren Handlungen nach dem Sucht­mittelgesetz bedroht sind, per Verordnung zur Schutzzone erklären. Diese Schutzzone umfasst ein Schutzobjekt – insbesondere Schulen, Kindergärten oder Kindertageshei­me – sowie einen genau bezeichneten Bereich im Umkreis von höchstens 150 Metern und ist nach Maßgabe der Erfordernisse eines wirkungsvollen Schutzes festzulegen.

Mit dem neuen Sicherheitspolizeigesetz wird also die Polizei für das 21. Jahrhundert fit gemacht. Es werden zeitgemäße, flexible Strukturen geschaffen, um auch neuen For­men der Kriminalität effektiv entgegentreten zu können. Das subjektive Sicherheitsge­fühl unserer Bürger wird wesentlich verbessert werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.24

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Königsberger-Ludwig. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


13.24

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Herr Minister! Hohes Haus! Sicherheit und Kriminalitätsbekämpfung sind selbstver­ständlich auch der SPÖ wichtige Anliegen. Da aber in diesem Zusammenhang Herr Klubobmann Molterer davon spricht, dass die SPÖ dies damit hätte beweisen können, dass sie dem Asylgesetz und dem Zivildienstgesetz zugestimmt hätte, möchte ich schon darauf hinweisen, dass diese beiden Gesetze zumindest zum Teil vom Verfas­sungsgerichtshof aufgehoben wurden. Daher finde ich diese Aussage sehr kühn. Außerdem möchte ich darauf hinweisen, dass wir sehr genau darauf achten werden, dass die neuen Gesetze – die Gesetzesreparaturen – dem Rechtsstaat genau entspre­chen und auch verfassungskonform sind.

Sicherheit ist ein Grundbedürfnis der Menschen, aller Österreicherinnen und Österrei­cher. Diesem Anliegen gerecht zu werden, wäre eigentlich Ihre ureigenste Aufgabe, Herr Innenminister Strasser. Leider sprechen die Zahlen – das haben wir heute ja schon des Öfteren gehört – eine ganz andere Sprache. Die Kriminalitätsrate ist in den letzten Jahren förmlich hinaufgeschnellt; während die Aufklärungsquote im Gegensatz dazu drastisch gesunken ist, sie beträgt nur noch 37,5 Prozent.

Ihre Antworten in den vergangenen Jahren waren meiner Ansicht nach genau die fal­schen: Sie haben Gendarmerieposten geschlossen – allein in Niederösterreich waren es in den Jahren 2000 bis 2002 ganze 32 Posten (Abg. Ellmauer: Schlögl und Lösch­nak, das waren die Schließer!) –, Sie haben bei den Planposten gekürzt, über 3 000 gibt es weniger in ganz Österreich, Sie haben tatsächlich BeamtInnen eingespart, und Sie haben BeamtInnen, Menschen einfach ausgetauscht. (Abg. Kößl: Wo sind sie ...?)

Nichts von allen diesen Dingen, die ich jetzt genannt habe, hat dazu beigetragen (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wer hat Ihnen denn das aufgesetzt?), das subjektive Sicherheitsge-


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fühl der ÖsterreicherInnen zu stärken, und auch nicht dazu, die tatsächliche Sicherheit zu erhöhen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wo haben Sie das aufgeschnappt?) Ich glaube auch – und da bin ich mir sicher –, dass durch all diese Maßnahmen die Motivation der BeamtInnen, die doch so wichtig ist, nicht gerade gefördert wurde. Vielmehr hat die Bürokratie auf den Gendarmerieposten zugenommen – das kann man auch von den dort beschäftigten BeamtInnen hören; es ist tatsächlich so –, vielmehr fehlen überall BeamtInnen, und man merkt nichts davon, dass mehr BeamtInnen auf der Straße Dienst versehen. Das hat auch Kollege Scheuch schon angesprochen.

Die Planposten stimmen mit den tatsächlich eingesetzten BeamtInnen nicht überein. Hilferufe werden zwar gehört, Herr Minister, es wird ihnen aber leider von Ihnen nicht entsprochen. Wir warten in Amstetten noch immer auf fünf zusätzliche Gendarmerie­beamte.

Ihre Strategie ist es vielmehr, gut bewährte Strukturen zu zerstören, AusländerInnen und AsylwerberInnen pauschal zu verurteilen, wobei Sie ganz massiv von der FPÖ unterstützende Hilfe erhalten, und darüber hinaus sorgen Sie für Verunsicherung bei den Beamtinnen und Beamten. Nicht wir verunsichern, sondern Ihre Politik verunsi­chert, Herr Minister! Das, was Sie machen, ist uns zu wenig, und das wird auch sicher nicht dazu beitragen, die Sicherheit in Österreich zu erhöhen. (Beifall bei der SPÖ.)

Auch die Zusammenlegung von Gendarmerie und Polizei wird daran nichts ändern. Wir haben heute schon ein paar Mal gehört: Das wird dazu führen, dass 5 300 Dienst­posten neu ausgeschrieben werden müssen. Ich bin mir sicher, dass auch das zu mehr Verunsicherung bei den Beamten beitragen wird. Auch da gilt: Nicht wir verunsichern, sondern Ihre Politik verunsichert!

Herr Minister! Auch das Dienstrecht wird – da bin ich mir fast sicher – geändert werden müssen (Abg. Dr. Partik-Pablé: Hat Ihnen das der Herr Pendl gesagt?), auch wenn jetzt versprochen wird, dass dem nicht so ist. Sie haben schon sehr oft etwas verspro­chen, das Versprechen wurde dann aber nicht gehalten. Ich glaube, dass das auch alle Beamtinnen und Beamten wissen. All das ist Teil Ihrer Verunsicherungspolitik.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir bräuchten zurzeit genau das Gegenteil. Wir bräuchten eine engagierte Sicherheitspolitik und einen Innenminister, dem die Men­schen und die Beamtinnen und Beamten vertrauen können. Auf beides warten wir lei­der vergebens. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé – in Richtung Bundesmi­nister Dr. Strasser –: Was sagen Sie dazu, Herr Minister?)

13.28

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Dr. Böhmdorfer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


13.28

Abgeordneter Dr. Dieter Böhmdorfer (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Justizministerin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Die Antworten kann ich Ihnen schon geben, Frau Kol­legin: Ich kann Ihnen sagen, dass der Herr Innenminister wirklich unsere Anerkennung verdient, weil er in sehr konsequenter Art und Weise bemüht ist, die Aufgaben des Staates im Bereich der Sicherheit wirklich – auch gegen so manchen unsachlichen Widerstand – zu erfüllen und zu vollziehen. Ich möchte mich auch an dieser Stelle ausdrücklich dafür bedanken. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Es sind in den letzten Jahren die Aufgaben in unglaublichem Ausmaß schwieriger ge­worden. Natürlich hat derjenige, der weniger mitdenkt, mehr Sicherheitsgefühl, wenn er einen Polizisten an der Ecke stehen sieht, der den Verkehr beobachtet, und so weiter. Aber heute sind die Verbrecher viel raffinierter geworden. Sie gehen im Wege der or-


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ganisierten Kriminalität konzeptiver vor, sie kennen genau die Methoden der Polizei und können sich auf sie vorausschauend einstellen. Dem muss der Sicherheitsminis­ter, der Herr Innenminister, natürlich entsprechend begegnen, und das tut er mit großer Umsicht. (Abg. Mag. Wurm: Unsicherheitsminister!)

Ich bedanke mich auch dafür, dass jetzt endlich der Forderung der Freiheitlichen Par­tei, Videokameras auf öffentlichen Plätzen zu installieren, entsprochen wird. Es darf nicht so sein, dass eine ganz wichtige, zentrale Aufgabe des Staates in die Hände der Privaten übergeht. Heute steht in den Medien zu lesen, dass 2 000 Überwachungska­meras in Österreich installiert sind, wovon die meisten in privater Hand sind, und dass von jenen, die in öffentlicher Hand sind, die meisten der Verkehrsüberwachung dienen. Da hier alle Redner – angefangen von Pilz bis zu meiner Vorgängerin – gesagt haben, dass ihnen die Sicherheit der Bevölkerung und der Kampf gegen die Drogendealer ein Anliegen ist, muss man sagen, dass man auch dort Kameras installieren dürfen muss – sie werden ohnedies angekündigt –, wo die Drogendealerei stattfindet. Das sind wir unserer Jugend schuldig! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir wissen ganz genau, dass sich der Herr Innenminister da auf einem sehr schwieri­gen Gebiet bewegt, weil er zum Teil natürlich in die Privatsphäre der Menschen ein­greifen muss; es bleibt ihm nichts anderes übrig. Aber in diesem Zusammenhang gibt es eben den Rechtsschutzbeauftragten – um diese Institution beneidet uns das Aus­land; mit ihrem Einsatz gehen wir sehr vorsichtig um –, der die Möglichkeit der Be­schwerde bei der Datenschutzkommission hat, und eine Beschwerde hat zu erfolgen, wenn in die Persönlichkeitssphäre eingegriffen wird. Dieses Zusammenspiel ist sehr schwierig, das Ganze bewegt sich im Grenzbereich der Staatsorgane und der staatli­chen Gewaltenteilung, dennoch kann man sagen, dass wir damit eine gute Lösung gefunden haben.

Natürlich wäre es wünschenswert, wenn Sie bessere Einsicht zeigten und hier durch eine Zweidrittelmehrheit bei der Regelung des Rechtsschutzbeauftragten mitwirkten. Aber es liegt an Ihnen, da Ihre staatspolitische Verantwortung wahrzunehmen. – Bei Herrn Minister Strasser bedanke ich mich nochmals. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

13.31

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Mag. Posch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


13.31

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Herr Mi­nister! Hohes Haus! Was die Zusammenlegung von Polizei und Gendarmerie anlangt, bin ich der Meinung, dass es eine politische Entscheidung ist, über die man selbstver­ständlich diskutieren kann. Man muss auch nicht unbedingt an alten Traditionen fest­halten, das allein ist noch kein Argument. Natürlich entstehen auch Synergieeffekte auf Grund gemeinsamer Beschaffung, Ausbildung et cetera, und damit auch Einsparungs­potenziale. – So weit, so gut.

Zunächst schafft die Zusammenlegung aber vor allem einmal Unsicherheit. Es müssen sich mindestens 5 000 Beamte mit Leitungsfunktion neuerlich um eine Funktion be­werben, und man kann davon ausgehen, dass ein ÖVP-Parteibuch zumindest kein Nachteil dabei wäre. Ich möchte zwar ... (Abg. Kößl: ... müssen sowieso besetzt wer­den! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ja, klar, natürlich – aber wie besetzt wird, ist dann die Frage! (Zwischenruf des Abg. Neugebauer.) Da ist schon der Generalverdacht des Kärntner Landeshauptmannes


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hinsichtlich der Bestellung nicht ganz von der Hand zu weisen (Abg. Kößl: 98 Prozent waren SPÖ-Mitglieder!), der dazu sagte. „Das ist der totale Durchgriff einer politischen Partei“ (Abg. Kößl: Jetzt sind es halt nur noch 95 Prozent!), „die systematisch wie in einem autoritären Regime alle, die nicht hundertprozentig verlässlich sind, ersetzt.“ – Der wird sich dabei etwas gedacht haben. (Abg. Kößl: Da sagen Sie, es werde umge­färbt! – Zwischenruf des Abg. Schöls.) Er ist wahrscheinlich nicht die richtige Aus­kunftsperson in Hinblick auf „autoritäres Regime“ – da ist er sicher nicht die richtige Auskunftsperson –, aber ganz von der Hand zu weisen ist dieser Vorwurf nicht.

Schwerwiegender ist – und das ist unser Hauptkritikpunkt –, dass durch die Auflösung des Unterstellungsverhältnisses der Wachkörper unter die Bezirksverwaltungsbehör­den und durch die weite Definition der Angelegenheiten des inneren Dienstes in Wirk­lichkeit die Behördenstruktur de facto aufgelöst wird und der Bundesminister einen direkten Zugriff auf jeden einzelnen Exekutivbeamten hat. (Abg. Kößl: Stimmt nicht!) Das stimmt, ja, aber aus politischen und demokratischen Gründen muss man dafür sein, dass Sicherheitsbehörden und Sicherheitsexekutive getrennt bleiben. (Abg. Kößl: Genau!)

Ebenfalls noch unklar ist, wie sehr die Synergieeffekte auf Kosten dieser BeamtInnen gehen werden. Aber es kann mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass durch die Anpassung der Dienstzeitregelungen schwere Nachteile für diese entstehen wer­den. Es sind schon im Vorfeld, bei den Verhandlungen, massive Vorbehalte geäußert worden, und zwar im Hinblick auf Journaldienste und Überstunden dieser BeamtInnen. Manche haben die Befürchtung geäußert, dass dadurch Gehaltseinbußen bis zu 20 oder 25 Prozent eintreten werden; die Zulagen waren – das wissen Sie ganz genau – ja fast so etwas wie ein fixer Gehaltsbestandteil dieser Beamtinnen und Beamten. (Zwischenruf des Abg. Kößl.) Daher ist die Behauptung, dass diese Zusammenlegung und die daraus entstehenden Synergieeffekte auf dem Rücken der Beamtinnen und Beamten erfolgen werden, nicht ganz von der Hand zu weisen.

Das eigentliche Problem dieser Regierung ist in Wirklichkeit die Sparpolitik. Einige Bei­spiele dafür: der Abbau von fast 4 000 BeamtInnen seit dem Jahr 2000, das Zusperren von Gendarmerieposten und Wachzimmern (Abg. Kößl: Denken Sie daran: Löschnak hat über 200 zugesperrt!), die Tatsache, dass in vielen Gemeinden kein Gendarm mehr seinen Dienst versieht und die Präsenz der Exekutive massiv verringert wurde und es fast keine Streifendienste mehr gibt.

Zu der heutigen Feststellung des Herrn Innenministers betreffend die Kriminalitätssta­tistik, wo er gesagt hat, dass es im nächsten Jahr 1 Prozent weniger an Delikten geben wird, muss ich sagen: Das ist relativ, denn wenn es 1999 in Österreich insgesamt rund 500 000 Delikte gab – bei einer Aufklärungsrate von 50 Prozent –, wir im Jahr 2004 auf rund 700 000 Delikte kommen und im nächsten Jahr mit ungefähr 693 000 Delikten zu rechnen ist (Abg. Kößl: Lebt ihr in der Steinzeit oder in einem offenen Europa?), dann kann man auch sagen: Das ist ein Anstieg von 500 000 auf 693 000 Delikte. (Abg. Mag. Wurm: Mehr als ein Drittel!) – So viel, so gut.

Ein Wort noch zu der Einrichtung von Schutzzonen: Herr Minister, ich glaube, die Schutzzonen sind ein rechtliches Konstrukt der besonderen Art, ein Placebo. Viele Fragen im Zusammenhang mit den Schutzzonen sind offen geblieben. In Wahrheit wollen Sie mit Hilfe der Schutzzonen und der Videoüberwachung ein Gefühl der Si­cherheit nur vortäuschen. Ohne Aufstockung der Beamtenschaft wird es nicht gehen, wirkliche Sicherheit zu schaffen. Das beweist allein schon die Kriminalitätsstatistik. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

 


13.35


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Stenographisches Protokoll
89. Sitzung / Seite 81

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Freund. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


13.35

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Bundesministe­rin! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Mit dem vorlie­genden Sicherheitspolizeigesetz beschließen wir heute die größte Modernisierung in der Geschichte der österreichischen Exekutive. Mit der Schaffung eines gemeinsamen Wachkörpers von Polizei und Gendarmerie werden die Strukturen im österreichischen Sicherheitssystem verändert.

Perfekte Vorbereitung und eine breite Diskussion kennzeichnen diese Reform: Fast zwei Jahre lang wurde diskutiert, in Expertenrunden, in den einzelnen Wachkörpern, mit den Personalvertretern, mit den Fachabteilungen und den Beamten und auch in den Bezirken. Die breite Öffentlichkeit war ebenfalls mit eingebunden.

Herr Kollege Gaál, Sie sagen, niemand wisse, wie die Umsetzung vor sich gehen soll. Dazu kann ich Ihnen sagen, dass der Umsetzungsplan seit 18. November im Intranet nachzulesen ist. Diese ... (Abg. Gaál: Der gilt ja nimmer!) Geh, hört’s auf! (Heiterkeit.)

Die Zusammenlegung von Polizei und Gendarmerie ist eine große Herausforderung für alle betroffenen Beamten, denn die verschiedenen Wachkörper mit Bundeskompetenz haben in Österreich eine große Tradition. Auf Grund dieses Projekts wird kein einziges Wachzimmer und kein einziger Gendarmerieposten geschlossen, sagt Bundesminister Strasser, und dafür danke ich ihm.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Bereits im Mai 2004 wurde in einem ers­ten Schritt die Zollwache umgewandelt und die Beamten den Exekutivkörpern zuge­führt. Schon damals wurden neun Kommandostrukturen aufgelöst. Jetzt heißt es, 27 000 Beamte aus Gendarmerie und Polizei zu einem Wachkörper, der Bundespoli­zei, zusammenzufassen.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Dieses Sicherheitspolizeigesetz enthält aber auch andere begrüßenswerte Punkte, wie etwa die Einrichtung von Schutzzonen durch die Sicherheitsbehörden. In erster Linie ist da an die Vorbeugung gegen den Suchtgifthandel vor Schulen gedacht. Das ist eine Neuerung, die von größter Wichtig­keit für die Sicherheit unserer Jugendlichen ist und die einen ganz wichtigen Punkt in der Drogenprävention darstellt. Damit und mit den Neuerungen in Bezug auf die Vi­deoüberwachung reagiert Bundesminister Strasser auf die steigende organisierte, in­ternationale Kriminalität. Beides sind meiner Meinung nach weitere sinnvolle Instru­mente zur Kriminalitätsbekämpfung.

Unsere Exekutivbeamten leisten eine hervorragende Arbeit. Die Kriminalität ist in Ös­terreich im Vergleich zum Vorjahr – der Herr Bundesminister hat es heute schon ge­sagt – um 1 Prozent zurückgegangen; in Wien sind es sogar 7 Prozent. Das führe ich auf die verstärkte Präventivarbeit zurück. Dies beweist auch, dass unsere Sicherheits­politik die richtige ist.

Mit der Zusammenführung der Wachkörper wird die Exekutive noch moderner und effi­zienter, und ich bin sicher, dass sich das auch in den Kriminalitätsstatistiken positiv niederschlagen wird. (Abg. Mag. Wurm: Hoffen wir es!)

Abschließend bedanke ich mich beim Innenminister Strasser und bei den Exekutivbe­amten für ihre hervorragende Arbeit. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.39

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Hlavac. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 



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Stenographisches Protokoll
89. Sitzung / Seite 82

13.39

Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bun­desministerin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte nur einige kurze Bemerkungen zu drei Themen machen.

Erstens zu der Einrichtung von Schutzzonen: Wir begrüßen natürlich die Schaffung von Schutzzonen vor Schulen, weil es ein Beitrag zum Schutz der Kinder vor Drogen und vor Rauschgifthändlern ist. Das ist uns natürlich wichtig, und daher werden wir das unterstützen und mit beschließen. Wir werden aber Wert darauf legen, dass es eine ständige Beobachtung gibt dahin gehend, wie dieses Instrument genützt wird und wie es funktioniert.

Auch ich glaube nicht, dass es ohne zusätzlichen Personaleinsatz gehen wird. Eine Schutzzone hat nur dann Sinn, wenn die Beamtinnen und Beamten da sind, um sie zu kontrollieren. Daher möchte auch ich die Forderung, die schon Bürgermeister Häupl erhoben hat, hier aufstellen: Es ist notwendig, dass es in Wien wieder mehr Polizei gibt!

Zweites Thema: Die zentrale Gewaltschutzdatei ist wichtig im Zusammenhang mit den Wegweisungen nach dem Gewaltschutzgesetz; das ist hier schon positiv erwähnt wor­den. Dieses Gesetz ist sehr wichtig, und wir sind sehr zufrieden damit. Es ist eine sinn­volle Ergänzung, dass es jetzt nicht nur eine lokale Evidenz gibt, sondern eben auch eine zentrale, um die Gewalttäter in der Familie zu erfassen. Damit wird einem Wunsch der Interventionsstellen und der Mitarbeiterinnen der Frauenhäuser nachgekommen, und auch dem stimmen wir daher gerne zu.

Ich möchte noch eine weitere Frage ansprechen, die zwar in diesem Zusammenhang steht, aber im vorliegenden Gesetz nicht geregelt wird. Wir haben große Sorge um die Frauen, die sich, weil sie sich zu einem Schwangerschaftsabbruch entschließen, vor den Kliniken in unvorstellbarer Weise terrorisiert werden. Diese Frauen befinden sich in einer schwierigen psychischen Situation und verdienen unseren Schutz und unsere Hilfe. Daher wäre es notwendig, Maßnahmen zur ergreifen, um diese Frauen zu schüt­zen und zu verhindern, dass sie vor den Abtreibungskliniken von christlichen Funda­mentalisten terrorisiert werden.

Wir werden zu diesem Thema in den nächsten Tagen einen Selbständigen Entschlie­ßungsantrag einbringen, und ich möchte sowohl Sie, Frau Bundesministerin, als auch Sie, Herr Bundesminister, sehr darum ersuchen, uns hiebei zu unterstützen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

13.42

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Schöls zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


13.42

Abgeordneter Alfred Schöls (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesmi­nister! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute wieder einmal einen Tag, an dem wir live miterleben können, wie die Verantwort­lichen in der Bundesregierung Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheitspolitik setzen, während die Vertreter der Opposition lediglich über Sicherheitspolitik und von Sicherheitspolitik sprechen. So wie in vielen anderen Dingen erleben wir auch bei die­sem sehr wichtigen Thema wieder, dass im Vorlauf der Diskussion zwar da und dort auch durchaus konstruktive Vorschläge kommen, man zu einzelnen Punkten auch so tut, als ob man tatsächlich dahinter stünde, dass Sie aber dann, wenn es tatsächlich darauf ankommt, zuzustimmen, wieder der Mut verlässt. Ich kann Ihnen nur empfehlen: Nehmen Sie den Rat Ihres Fraktionsführers im Europäischen Parlament ernst und tra­gen Sie endlich wichtige Maßnahmen konstruktiv mit! Wir setzen mit dieser heutigen


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89. Sitzung / Seite 83

Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz einen wesentlichen Schritt in die richtige Rich­tung. Verabschieden Sie sich von der Holaubekschen oder Schoberschen Sicherheits­doktrin. Tragen Sie die Maßnahmen mit, die notwendig sind, damit wir unserer Sicher­heitsexekutive die entsprechenden Möglichkeiten einräumen.

Da heute da und dort auch die Personalvertretungswahl und deren Ergebnis ange­sprochen wurde, liebe Kolleginnen und Kollegen, so sage ich es Ihnen in der seit dem Parteitag neu ausgelegten „Gusi-Matik“: Fünf von zehn Mandaten bei der Gendarmerie in Niederösterreich haben Sie, aber fünf von zehn haben wir. Fünf von zehn Mandaten bei der Bundespolizeidirektion Sankt Pölten-Verwaltung haben wir und fünf haben Sie, und bei der Sicherheitsdirektion Niederösterreich hat der ÖAAB zehn von zehn. (Abg. Gaál: Zu viel!) So „gigantisch“ sind also Ihre Erfolge! (Abg. Mag. Wurm: Genau darum geht es!) Frau Kollegin Wurm! Ich habe es in „Gusi-Matik“ umgerechnet – falls Sie das Rechenbeispiel noch nicht verstanden haben sollten.

Es gibt aber ein Rechenbeispiel, das besser ist. Kollegin Königsberger hat die Schlie­ßungen beziehungsweise Zusammenlegungen von Posten angesprochen. Auch hiezu wieder ein „schweres“ Rechenbeispiel: In der Zeit der SPÖ-Minister von 1991 bis 1994 wurden 194 Posten geschlossen, in der Zeit des Innenministers Dr. Ernst Strasser wa­ren es 121. Ich darf Ihnen auch hier wieder empfehlen, die „Gusi-Matik“ anzuwenden, um draufzukommen, was mehr und was weniger ist. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das schaffen sie nicht!)

Wir sind froh, dass es diese vernünftige Maßnahme bezüglich der Exekutive im Inter­esse der Sicherheit gibt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.45

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dob­nigg zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


13.45

Abgeordneter Karl Dobnigg (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Liebe Damen und Herren auf der Galerie, vor allem jene aus meiner Heimatgemeinde und meinem Heimatbezirk! Herzlich willkommen hier in Wien! (Allgemeiner Beifall.)

Es ist allen Österreicherinnen und Österreicher sehr wohl bekannt, dass die SPÖ im­mer für Sicherheit gestanden ist und auch weiterhin für Sicherheit steht. (Abg. Murau­er: Seinerzeit! – Abg. Ellmauer: Das ist schon lange her!)

Kollege Schöls! Ich möchte schon klarstellen: Die SPÖ steht zu den neuen Schutzzo­nen, die SPÖ steht zur Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen, und die SPÖ steht auch für die zentrale Gewaltschutzdatei. Wir sind auch für die neue automatische Kennzeichenerfassung, um so an der Grenze per Computer überprüfen zu können, ob Autos, Fahrzeuge gestohlen wurden. Die Zusammenlegung von Polizei und Gendar­merie lehnen wir jedoch strikt und entschieden ab, denn das bringt sicherlich nicht mehr an Sicherheit und ist auch kein Schritt in Richtung einer modernen und effizienten Exekutive, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsfraktionen. (Abg. Dr. Mitterlehner: Wieso nicht?)

Das Gegenteil ist der Fall! Die Zusammenlegung von Polizei und Gendarmerie wird vielmehr die Unsicherheit fördern, denn es kann nicht im Sinne einer schlagkräftigen Truppe sein, wenn sich auf einen Schlag über 5 300 Gendarmen und Polizisten neu um ihre Stellung bemühen müssen. (Abg. Murauer: Was hat das mit der Sicherheit der Bevölkerung zu tun?)

Es kann auch nicht der Sicherhit förderlich sein, wenn sich der neue Wachkörper ein Jahr lang quasi mit sich selbst wird beschäftigen müssen und etliche verdienstvolle


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89. Sitzung / Seite 84

Beamtinnen und Beamte nicht wissen, wie es mit ihnen weitergehen wird. Was dabei auf der Strecke bleiben wird, ist klar: die notwendige, effiziente und effektive Bekämp­fung der Kriminalität und deren Aufklärung.

Herr Bundesminister! Statt schwarze Personalpolitik zu machen, sollte der ständig steigenden Kriminalität endlich ein Riegel vorgeschoben und die sinkende Aufklärungs­rate gestoppt werden. Das gelingt nicht durch das Verunsichern der eigenen Beamten, das funktioniert auch nicht durch das Schließen von Posten, und das geht noch weni­ger durch das Reduzieren des Personals. Allein in der Steiermark fehlen derzeit 160 Gendarmeriebeamte auf den Sollstand, das heißt, in meinem Heimatbundesland fehlt jeder zehnte Gendarmeriebeamte. Durch die Übernahme der Zollbediensteten, die in Grenznähe wohnen, haben die obersteirischen Bezirke sogar einen Fehlstand von über 14 Prozent. Durch die Zusammenlegung von Gendarmerie und Polizei wird sich diese Situation leider überhaupt nicht verbessern.

Präventiv Sicherheit für die Bürger zu schaffen, was die Hauptaufgabe der Exekutive sein muss, kann nur durch die Einstellung von deutlich mehr Beamten – und das ist schon lange eine Forderung der SPÖ – und durch ausreichende Investitionen in die Infrastruktur erreicht werden. Solange Sie, Herr Minister, diese wirklich notwendigen Schritte nicht setzen, so lange ändert sich nichts an Ihrer Glaubwürdigkeit, die Sie nicht allein durch mangelnden Erfolg schon längst verloren haben. Die Zusammenlegung von Polizei und Gendarmerie, so sagten Sie, wäre so ähnlich, wie wenn man die katho­lische mit der evangelischen Kirche zusammenlegen wollte. Deshalb ist sie unserer Meinung nach auch nicht möglich!

Herr Bundesminister! Sie versündigen sich mit Ihrer Politik sowohl an der österreichi­schen Exekutive als auch an der österreichischen Bevölkerung, indem Sie ihr das Si­cherheitsgefühl nehmen. Die SPÖ jedenfalls steht auf der Seite der Menschen und nimmt deren Sorgen im Unterschied zu Ihnen ernst, ja sehr, sehr ernst. Die Wählerin­nen und Wähler werden das bei der nächsten Wahl sicherlich zum Ausdruck bringen. Wahltag ist Zahltag! (Beifall bei der SPÖ.)

13.49

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mur­auer zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


13.49

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Ich habe jetzt natürlich zugehört. Kollege Dobnigg, es ist schon inter­essant: 15 Jahre lang regierten Ihre Minister, zehn Jahre lang bis zurück zu Olah haben Minister überlegt und haben verkündet, dass sie gerne ein zentrales Problem gelöst hätten, nämlich die Zusammenlegung von Gendarmerie und Polizei. Bundes­minister Strasser kommt jetzt her und sagt: Herrschaften, setzen wir uns zusammen, überlegen wir, versuchen wir alle Wenn und Aber zusammenzuzählen und schauen wir, dass wir das ordentlich über die Bühne bringen! Jetzt liegt das Ergebnis dieser Arbeit vor, und jetzt verlässt Sie wieder der Mut. (Abg. Gaál: Auf das Wie kommt es an!) Schön langsam habe ich den Eindruck, Kollege Dobnigg und Genossen, dass bei Ihnen in der Früh ausgegeben wird: Gegen was sind wir heute? Nicht wahr? (Abg. Dr. Partik-Pablé: Gegen alles sind sie!) Dann fällt Ihnen etwas ein, und dann sagen Sie: Dagegen sind wir! – Mittlerweile sind Sie gegen alles.

Also bitte, gegen eine Zusammenlegung von Gendarmerie und Polizei zu sein und es als Sicherheitsproblem zu sehen, wenn mehr Beamte zur Verfügung stehen, nämlich 500 auch für Wien, und die Unsicherheitsrate in Wien um sieben Prozentpunkte abge­nommen hat, das mag verstehen, wer will. (Abg. Dobnigg: Es gehen mehr in Pensi­on!) Sie reden von Unsicherheiten, nur weil diese zwei Exekutivorgane zusammenge-


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89. Sitzung / Seite 85

legt werden. Das ist hochinteressant! Während die Grünen nur von Missbrauch reden, setzen wir, die ÖVP, auf das Vertrauen in die Gesetzestreue der Exekutive. Wir haben genügend Grund, davon auszugehen.

Ich wollte eigentlich vor allem über die Notwendigkeit der Bekämpfung des Drogen­missbrauchs und der Verfolgung der Drogendealer sprechen. Meines Erachtens ist es ganz wichtig, dass die Dealer ständig verfolgt werden, dass sie nirgends in Ruhe Dro­gen verkaufen können, dass sie keine Möglichkeit haben, an die Jugend heranzukom­men. Sie werden in Zukunft nirgends sicher sein. Sie werden sich nicht sicher sein können, ob sie nicht überwacht werden, ob sie nicht verwiesen oder verhaftet werden. Mit dieser Gesetzesvorlage geben wir der Justiz Rechtssicherheit und im Sinne des Schutzes unserer Jugend und unserer Kinder – nicht einmal vor den Kindern schre­cken die Dealer zurück – der Exekutive mehr Sicherheit bei ihrer Arbeit.

Meine Damen und Herren von der Opposition! Wenn Sie auch da noch dagegen sind, dann tun Sie mir wirklich vom Herzen Leid. Ich ersuche sich noch einmal, zu überle­gen, ob Sie nicht doch vielleicht einmal nicht dagegen sind, sondern dafür – im Sinne einer vernünftigen Sache. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.52

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Abgeordneter Heinzl zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


13.52

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Frau Präsident! Frau Minister! Herr Bundesminis­ter! Lieber Kollege Schöls, wenn ich an deiner Stelle wäre und als oberster Personal­vertreter die Ergebnisse deiner Partei bei der Arbeiterkammerwahl und bei der letzten Personalvertretungswahl zu verantworten hätte, würde ich mich erstens einmal dafür schämen, zweitens darüber nachdenken, was falsch gelaufen ist, und drittens darüber schweigen, anstatt hier diesbezüglich auch noch große Sprüche zu klopfen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kößl: Es geht um das Vermächtnis der SPÖ!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Werter Herr Minister! Im Konzept vom „team04“-Umsetzungsplan wird auf Seite 11 festgehalten, dass auf Grund spezieller Vorausset­zungen gewisse Stadt- und Bezirkspolizeikommanden zusammengefasst werden sol­len. Wörtlich:

„Diese Regelung wird auf folgende Stadt- bzw. Bezirkspolizeikommanden angewandt: Steyr/Steyr-Land, Wels/Wels-Land, Leoben/Leoben-Land, Eisenstadt/Eisenstadt-Um­gebung, Wr. Neustadt/Wr. Neustadt-Land, St. Pölten/St. Pölten-Land.“

Am Beispiel St. Pölten dargestellt werden die bisher funktionierenden Einheiten zer­schlagen – und das sagen nicht nur die Vertreter der Gendarmerie und der Polizei der FSG, sondern auch die der FCG – und neue überdimensionale Sicherheitsstrukturen geschaffen. Diese Einheit umfasst dann rund 160 000 Einwohner und 55 Gemeinden mit hunderten Katastralgemeinden. Ich meine, dass es durch diese Zentralisierung in Zukunft unmöglich sein wird, auf die regionalen Sicherheitsbedürfnisse nur irgendwie einzugehen.

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Heinzl, Beate Schasching, Ing. Gartlehner, Oberhaidinger, Dobnigg, Steier, Dr. Wittmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend mehr Sicherheit für St. Pölten, Steyr, Wels, Leoben, Eisenstadt und Wr. Neustadt, eingebracht im Zuge der Debatte zur Regierungsvorlage SPG-Novelle 2005 (643/723 d.B.)


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Entschließung:

Der Bundesminister für Inneres wird im Interesse der Sicherheit der Österreicherinnen und Österreicher aufgefordert, auf die Zusammenlegung der Polizei- und Gendarmerie­strukturen Steyr/Steyr-Land, Wels/Wels-Land, Leoben/Leoben-Land, Eisenstadt/Eisen­stadt-Umgebung, Wr. Neustadt/Wr. Neustadt-Land, St. Pölten/St. Pölten-Land zu ver­zichten und von der Zerschlagung der bestehenden Strukturen Abstand zu nehmen.

13.54

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben von Herrn Abgeordnetem Heinzl eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß ein­gebracht und steht somit auch mit in Verhandlung. (Abg. Neugebauer: Unterschrieben ist er vielleicht, aber begründet wurde er nicht!)

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Heinzl, Beate Schasching, Ing. Gartlehner, Oberhaidinger, Dobnigg, Steier, Dr. Wittmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend mehr Sicherheit für St. Pölten, Steyr, Wels, Leoben, Eisenstadt und Wr. Neustadt, eingebracht im Zuge der Debatte zur Regierungsvorlage SPG-Novelle 2005 (643/723 d.B.)

Im Konzept Team 04 – Umsetzungsplan wird auf Seite 11 festgehalten, dass auf Grund spezieller Voraussetzungen gewisse Stadt- und Bezirkspolizeikommanden zu­sammengefasst werden sollen. Wörtlich: „Diese Regelung wird auf folgende Stadt- bzw. Bezirkspolizeikommanden angewandt: Steyr/Steyr-Land, Wels/Wels-Land, Leo­ben/Leoben-Land, Eisenstadt/Eisenstadt-Umgebung, Wr. Neustadt/Wr. Neustadt-Land, St. Pölten/St. Pölten-Land.“

Am Beispiel St. Pölten dargestellt, werden die bisher funktionierenden Einheiten zer­schlagen und neue überdimensionale Sicherheitsstrukturen geschaffen: Diese Einheit umfasst dann rund 160 000 Einwohner und 55 Gemeinden mit hunderten Katastralge­meinden. Durch diese Zentralisierung wird es in Zukunft unmöglich sein, auf die regio­nalen Sicherheitsbedürfnisse nur irgendwie einzugehen. Die aktuellste Kriminalstatistik zeigt eindeutig einen starken Anstieg der Delikte, bei gleichzeitigen Sinken der Aufklä­rungsquote.

Dies gilt auch für die anderen im Betreff angeführten Städte.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Entschließung:

Der Bundesminister für Inneres wird im Interesse der Sicherheit der Österreicherinnen und Österreicher aufgefordert, auf die Zusammenlegung der Polizei- und Gendarmerie­strukturen Steyr/Steyr-Land, Wels/Wels-Land, Leoben/Leoben-Land, Eisenstadt/Eisen­stadt-Umgebung, Wr. Neustadt/Wr. Neustadt-Land, St. Pölten/St. Pölten-Land zu ver­zichten und von der Zerschlagung der bestehenden Strukturen Abstand zu nehmen.

*****

 



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Stenographisches Protokoll
89. Sitzung / Seite 87

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Sieber. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


13.55

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Frau Minister! Hohes Haus! Das wichtigste Reformprojekt betreffend die österreichi­sche Exekutive wird mit dem heutigen Tag Wirklichkeit – ein Ziel, das von vielen In­nenministern angestrebt wurde, das aber erst jetzt von unserem Innenminister Ernst Strasser und sein engagiertes Team erreicht wird.

Diese Reform kommt zum richtigen Zeitpunkt, denn Europa rückt zusammen und sieht sich mit großen Problemen im Sicherheitsbereich konfrontiert. Wir machen unsere Exekutive fit für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Dazu ist es notwendig, zeitgemäße Strukturen für die Kriminalitätsbekämpfung zu schaffen. Es ist gelungen, die Gendarmerie, die Sicherheitswache, den Kriminaldienst und die Zollwache zusam­menzuführen und die Zahl der Führungsstrukturen von bisher 45 auf 9 zu reduzieren. Damit werden rund 500 Beamte für den Exekutivdienst vor Ort zur Verfügung stehen.

Diese Reform strafft die Strukturen und führt zu einem effizienteren Einsatz der vor­handenen Ressourcen. Wichtig dabei ist allerdings, dass keine einzige Planstelle ein­gespart wird. Im Gegenteil! Uns ist die Sicherheit in diesem Land ein großes Anliegen, und deswegen wird das BMI das einzige Ministerium sein, welches im kommenden Jahr über mehr Personal verfügen wird. Nicht Abbau, sondern bester Einsatz der vor­handenen Kräfte, die richtigen Leute in der richtigen Stärke rechtzeitig am richtigen Ort – das ist das Ziel dieser Reform! Dazu war es notwendig, die Dienstzeitmodelle, die aus den siebziger Jahren stammen, den Gegebenheiten anzupassen, denn das Ver­brechen geht nicht schlafen und kennt keine Amtsstunden. Fit für das 21. Jahrhundert heißt: Kampf rund um die Uhr durch intelligenten Personaleinsatz. Für die Bediens­teten bietet dieses System den Vorteil, Dienst- und Freizeitplanung frei gestalten zu können.

Die Verunsicherung bei unseren Beamten besteht darin, dass sie befürchten müssen, im alten System der Bevölkerung nicht mehr den entsprechenden Schutz vor den neuen Bedrohungen geben zu können. Diese Reform oder, sagen wir, Modernisierung gibt allen, Bürgerinnen und Bürgern, aber auch Beamtinnen und Beamten, mehr Sicherheit, weil diese Reform dafür sorgt, dass wir weiterhin Sicherheit bieten können und nicht nur die Folgen der Kriminalität verwalten. Ein gelungenes Reformwerk, zu dem ich Ihnen und Ihrem Haus, Herr Minister, aber auch uns allen und allen Österrei­cherinnen und Österreichern gratulieren möchte, denn es macht unser Land wieder ein Stück sicherer. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.57

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Mag. Becher. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


13.57

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Herr Minis­ter! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zwei kurze Anmerkungen zur Zusammenlegung der beiden Wachkörper machen, die ja laut Ihrer Antwort im Aus­schuss kostenneutral angelegt ist, das heißt, dass es zu Beginn einen erhöhten Auf­wand für Infrastruktur und technische Investitionen geben wird und dass zusätzlich 500 Mitarbeiter eingesetzt werden, laut Ihren Angaben. Diese decken aber nicht einmal den natürlichen Abgang, das heißt die Pensionierungen ab. (Abg. Neugebauer: Das ist aber falsch!)


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89. Sitzung / Seite 88

Wenn ich mir die Personalsituation in meinem Bezirk, und zwar in der Donaustadt, an­sehe, so muss ich sagen: Das ist mehr als Besorgnis erregend! Wir hatten 1999 noch 210 Beamte, die Dienst versehen haben, und wir haben jetzt 180 Beamte, die tatsäch­lich in den Wachzimmern Dienst versehen. Die restlichen sind in Karenz, sind Schüler, sind für andere wichtige Aufgaben zugeteilt, werden aber im Personalstand der Do­naustadt geführt, sind jedoch im Bezirk nicht vorhanden. Anders ausgedrückt kann man sagen, dass sich für 139 000 Einwohner die Zahl der Polizisten verringert hat. Auf einen Polizisten kamen 1999 noch 650 Donaustädterinnen und Donaustädter und jetzt sind es 829 Donaustädterinnen und Donaustädter. Einen besseren Beweis für den Sicherheitsabbau gibt es wohl nicht.

Angesichts dieses personellen Notstandes finde ich es mehr als eigenartig, dass per E-Mail aus dem Personalbüro des Innenministeriums zu einem Filmvortrag eingeladen wird, zu einem Reisebericht über eine Pilgerfahrt mit dem Titel „Jakobsweg – Weg der Sehnsucht“, eine Filmdokumentation einer viermonatigen Bildungsreise. Dieser findet am 15. Dezember, um 18 Uhr im Großen Sitzungssaal des Innenministeriums bei freiem Eintritt statt. Eine freiwillige Spende wird jedoch angenommen.

Da drängen sich schon einige Fragen auf. Wer finanziert diesen Filmvortrag? Wieso stellt das Ministerium Ressourcen – Personal, Raum, Filmprojektoren und Werbung – zur Verfügung? Diesen Fragen muss man, so meine ich, noch auf den Grund gehen. So sieht Ihre Sicherheitspolitik aus!

Herr Minister, finanzieren Sie nicht Pilgerreisefilme, die Sie dem Personal vorführen, sondern konzentrieren Sie sich auf Ihre Kernaufgabe und kümmern Sie sich um mehr Sicherheit für die Bevölkerung! (Beifall bei der SPÖ.)

14.00

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Gahr. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


14.00

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Der Rechnungshofbericht aus dem Jahre 1997 zeigt klar auf, dass es damals die Aufforderung gab, das Sicherheitssystem in Österreich zu reformieren. Und es waren durchaus zwei bekannte SPÖ-Minister, welche entsprechende Arbeitsgrup­pen einsetzten. Im Jahre 1990 war es Franz Löschnak, und im Jahre 1995 beauftragte der damalige Bundesminister Dr. Caspar Einem eine aus zehn Mitarbeitern des BMI und einem externen Berater bestehende Arbeitsgruppe mit der BMI-Reform. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Es geht heute also darum, dass wir diese Zeit der Verunsicherung und Unsicherheit auflösen. Unser Bundesminister Strasser hat in einer kompakten Form und in einer überschaubaren Zeit ein Projekt ausgearbeitet und legt es heute zur Beschlussfassung vor, welches die Anforderungen der Zukunft erfüllt, welches neue Strukturen schafft, neue Herausforderungen bewältigt und neue Methoden und Strategien einleitet.

Es geht also darum, dass wir, um die zukünftigen Bedrohungen im Bereich der Dro­genkriminalität, im Bereich des Asylrechtes, im Bereich der Terrorismusbekämpfung abwehren zu können, nicht Strukturen von gestern, sondern Strukturen von morgen brauchen. Genau darum geht es bei der Polizei- und Gendarmeriereform. Es geht um schmale Führungsebenen, es geht um direkte Sicherheit vor Ort, und es geht auch um einheitliche Dienstsysteme und Kommandostrukturen.


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Stenographisches Protokoll
89. Sitzung / Seite 89

Ein Dank an Bundesminister Strasser und seine Experten. Sie haben gute und nach­haltige Arbeit geleistet. Ein Jahrhundertreformprojekt wird abgeschlossen und wird der Sicherheit dienen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.02

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

 


14.02

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Einen Satz noch zu einem der Vorredner, zu Herrn Abgeordnetem Schöls. Da Sie sich Sorgen gemacht haben, dass ich Ihrem Rechenbeispiel nicht folgen kann, kann ich Ihnen antworten: Ihrem Rechenbeispiel kann ich gut folgen. Ich habe maturiert, da hat es noch sozial­demokratische Bildungsminister und -ministerinnen gegeben. Da wäre die PISA-Studie anders ausgefallen. Ihre Schlussfolgerungen allerdings sind schwer nachzuvollziehen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Neudeck: Ihre Matura war Schiebung!)

Herr Bundesminister Strasser! Stimmt es, dass Sie sich in ÖVP-Kreisen, im ÖVP-Klub alteriert und gesagt haben: Was ist denn hier in diesem Klub los? Man kennt ja seine eigene Regierungsvorlage nicht mehr wieder, weil sie so geändert geworden ist seit Einbringen im September dieses Jahres!?

Wirklich geändert wurde sie jetzt durch diesen Abänderungsantrag. Vor allen Dingen haben wir Druck gemacht und natürlich auch die Landeshauptleutekonferenz am 4. November, die Sie mehr oder weniger dazu gezwungen hat, dass Demokratie auch im Sicherheitspolizeigesetz Einzug hält. Dass Behördenstrukturen nach wie vor gege­ben sind, ist solch ein Verdienst. Und das ist gut und wichtig.

Herr Bundesminister Strasser! Ein freiheitlicher Politiker hat Sie einmal als „Ankündi­gungsriesen“ und „Durchführungszwerg“ bezeichnet. – Ich hoffe, dass Sie bei der Um­setzung des Konzepts „Team 04“ wirklich die nötige Vorsicht und Behutsamkeit walten lassen, wenn Sie 5 300 Posten neu ausschreiben, und nicht mit derselben Brutalität vorgehen, wie Sie es zum Beispiel mit den Generälen Schnabl und Strohmayer schon gemacht haben. Das wollen wir so nicht noch einmal sehen. Das, was da passiert ist, ist ja menschenrechtswidrig. (Beifall bei der SPÖ.)

Ganz kurz noch zu den beiden Bereichen, die für mehr Sicherheit sorgen sollen, näm­lich die Schutzzonen und die Videoüberwachung. Ich hätte mir bei den Schutzzonen eines gewünscht: dass wir, so wie bei den neuen Ermittlungsmethoden, dieses Gesetz befristet schaffen, damit wir sehen: Was bringt es? Ist es das, was es verspricht? Bringt es so viel mehr an Sicherheit, wie wir es uns erwarten oder wie Sie es sich er­warten, oder ist es nur ein Placebo, das die Leute in Sicherheit wiegt, wo es sie nicht gibt?

Zum Thema Videoüberwachung: Ich bin froh darüber, dass nun grundrechtliche Absi­cherungen verankert sind, wie sie Professor Funk vorgeschlagen hat, und dass nicht Ihre Vision, die Sie hatten, als Sie damals von einer Auslandsreise zurückgekommen sind, Wirklichkeit geworden ist, als Sie uns erklärten, wie toll das in Island funktioniert, in Reykjavik, wo über die TV-Schirme beobachtet werden kann, was die Menschen machen. Das wäre so etwas wie eine Reality-Show, und das wäre toll und schön. Ich bin froh darüber, dass die Daten, die jetzt erhoben werden sollen, grundrechtlich über­prüft werden und auch im Einklang stehen mit der Verfassung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

 


14.06


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Stenographisches Protokoll
89. Sitzung / Seite 90

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hornek. – Bitte.

 


14.06

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Geschätzte Abgeordneten-Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Österreich ist eines der sichersten Länder dieser Welt. Es darf aber nicht über­sehen werden, dass sich das Umfeld unseres Landes rasant verändert. Und was für alle Bereiche des öffentlichen Lebens gilt, gilt für die öffentliche Sicherheit ganz beson­ders: Zeiten starken Wandels bringen nicht nur Chancen mit sich, sie ziehen auch neue Risken und Bedrohungen nach sich. Wenn wir diese neuen Herausforderungen im Sicherheitsbereich entsprechend behandeln wollen, bedarf es effizienter Strukturen. Dieses neue Sicherheitspolizeigesetz schafft die rechtlichen Voraussetzungen dafür.

Sehr geehrte Damen und Herren! Der Rechnungshof hat über Jahre hinweg kritisiert, dass Parallelstrukturen im Sicherheitsbereich Milliardenbeträge verschlingen; Finanz­mittel, die in anderen Bereichen wie zum Beispiel für moderne Kommunikationstechni­ken und technische Infrastruktur für unsere Sicherheitskräfte fehlen.

Unser Bundesminister Dr. Ernst Strasser hat klare und markante Schritte gesetzt. Die Zusammenführung der Wachkörper zu einer schlagkräftigen Sicherheitsstruktur ist sicherlich eines der bedeutsamsten und wichtigsten Ziele der zukünftigen Strukturen. Die Exekutive ist eines der wichtigsten Elemente für unsere Sicherheit.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es freut mich persönlich, dass ich aus einem Bezirk komme, der die höchsten Sicherheitsstandards erfüllt. Ich möchte mich daher auf diesem Wege bei unseren Exekutivbeamten sehr herzlich bedanken, die in einer sehr klugen Zusammenarbeit mit unserer Bevölkerung für die gesamte Bürgerschaft arbeiten. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

14.08

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Pack. – Bitte.

 


14.08

Abgeordneter Jochen Pack (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Bundesminister! Ich habe ein paar Zeitungsartikel mitgebracht. Der erste, um gleich einzusteigen, zeigt ganz klar den Zickzackkurs der SPÖ. Dieser Artikel stammt vom 1. Februar 2003, also aus der Zeit der Koalitionsverhandlungen. Folgendes Zitat:

SP-Chef Alfred Gusenbauer präsentiert ein Zwölf-Punkte-Programm als Basis für einen SP-Regierungseintritt, in dem steht, die SPÖ stimmt einer Zusammenlegung von Poli­zei und Gendarmerie zu. – Zitatende.

Aber jetzt, wo Sie in Opposition sind, bleiben Sie natürlich in Ihrem Winkerl sitzen und schmollen weiter. Man sieht: typisch Zickzackkurs. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Parni­goni: Wir haben damals schon nicht zugestimmt!)

Laut Abgeordnetem Parnigoni leben wir ja mittlerweile in einer Diktatur mit polizeistaat­lichen Strukturen, so wie es eine APA-Meldung von Ihnen aussagt. (Abg. Mag. Wurm: Das hat der Haider gesagt!) Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Ich kann Ihnen nur eines sagen: Ich bin der Meinung, diese Wortwahl ist dieses Hauses nicht würdig und hat hier eigentlich nichts verloren. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber beim Zweiten komme ich nochmals auf Sie zu sprechen. Sie haben vor dem In­nenausschuss gesagt, die SPÖ-Fraktion werde jedenfalls Innenminister Strasser im Ausschuss mit Hunderten Detailfragen zur Novelle des Sicherheitspolizeigesetzes kon­frontieren. Ich kann mich an diese hundert Fragen überhaupt nicht erinnern, denn Sie


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können einfach Ihr Stimmverhalten nicht argumentieren, und aus diesem Grund fahren Sie hier in die falsche Richtung.

Ein Schmankerl zum Schluss noch. In dieser Aussendung hat Herr Abgeordneter Par­nigoni auch gesagt: Es wird nun am Innenminister liegen – da geht es um die Posten­besetzungen –, wie er diese zu nutzen versteht und ob er auch bereit ist, qualifiziertes Personal dafür zur Verfügung zu stellen. – Zitatende.

Herr Abgeordneter, ich frage Sie: Haben wir vielleicht bis dato kein qualifiziertes Per­sonal in unserer Exekutive? – Laut Ihren Aussagen nicht.

Überlegen Sie sich das! Wachen Sie auf, und stimmen Sie diesem Reformwerk zu! (Beifall bei der ÖVP.)

14.10

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vorneh­me.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend Sicherheitspolizeige­setz-Novelle 2005 in 723 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Kößl, Dr. Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ferner haben die Abgeordneten Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen ein Verlangen auf getrennte Abstimmung eingebracht.

Ich werde daher zunächst über die vom Abänderungsantrag beziehungsweise vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die restli­chen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir kommen nun zur getrennten Abstimmung über Artikel 1 Z 14 und 15 in der Fas­sung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesen Teilen des Gesetzentwurfes ihre Zustim­mung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Es ist dies die Mehrheit und damit ange­nommen.

Weiters kommen wir zur getrennten Abstimmung über Artikel 1 Z 18, 20, 22 und 23 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer für diese Teile des Gesetzentwurfes seine Zustimmung erteilt, den ersuche ich um ein Zeichen der Bejahung. – Es ist dies ebenfalls mehrheitlich angenommen.

Jetzt gelangen wir zur getrennten Abstimmung über Artikel 1 Z 19 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich für diesen Teil des Gesetzentwur­fes aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies mehrheitlich ange­nommen.

Ferner kommen wir zur getrennten Abstimmung über Artikel 1 Z 27 und 28 in der Fas­sung des Ausschussberichtes.

Wer diesem Teil des Gesetzentwurfes seine Zustimmung gibt, den bitte ich um ein bejahendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.


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Die Abgeordneten Kößl, Dr. Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen haben einen Ab­änderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel 1 Z 31 bezieht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich für den Abänderungsantrag der Abge­ordneten Kößl, Dr. Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen aussprechen, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Es ist dies mehrheitlich angenommen.

Nunmehr kommen wir zur getrennten Abstimmung über Artikel 3 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die für diesen Teil des Gesetzentwurfes eintreten, um ein diesbezügliches Zeichen. – Es ist dies mehrheitlich angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahen­des Zeichen. – Es ist dies mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung dem vorliegenden Gesetz­entwurf ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Heinzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend mehr Sicherheit für St. Pölten, Steyr, Wels, Leoben, Eisenstadt und Wiener Neustadt.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies die Minderheit und damit abgelehnt. (Abg. Dipl.-Ing. Kummerer – in Richtung ÖVP –: Das ist wieder etwas für die Zeitung!)

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesver­fassungsgesetz, mit dem die Weisungsfreiheit von Rechtsschutzbeauftragten verankert wird, samt Titel und Eingang in 724 der Beilagen.

Da es sich bei dem vorliegenden Gesetzentwurf um ein Bundesverfassungsgesetz handelt, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen An­zahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf zu­stimmen, um ein bejahendes Zeichen. – Der vorliegende Gesetzentwurf wurde nicht mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen.

Es liegt somit kein Gesetzesbeschluss des Nationalrates im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung vor. (Abg. Scheibner – in Richtung SPÖ –: Sie sind also gegen die Weisungsfreiheit von Rechtsschutzbeauftragten?)

3. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (648 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Umweltverträglich­keitsprüfungsgesetz 2000 geändert werden (UVP-G-Novelle 2004), und über den

Antrag 313/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Klaus Wittauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprü-


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fungsgesetz 2000, BGBl Nr. 697/1993, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl I Nr. 50/2002, geändert wird (757 d.B.)

4. Punkt

Bericht und Antrag des Umweltausschusses über den Entwurf eines Bundesge­setzes, mit dem das Bundesstraßengesetz 1971 und das Hochleistungsstrecken­gesetz geändert werden (758 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 3 und 4 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erste Debattenrednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. – Bitte.

 


14.16

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr Umweltminister! Hohes Haus! Es liegt hier eine Beschlussvorlage betreffend eine Änderung des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes auf dem Tisch, und wir haben diesbezüglich einerseits eine bereits lange andauernde Diskussion über die Frage Partizipation, Bür­gerinnenmitsprache/Bürgermitsprache in großen Umweltverfahren, die die österreichi­sche Umweltauseinandersetzung mittlerweile über Jahre geprägt hat, auf der anderen Seite ist all das aber im Moment überlagert durch aktuelle Berichte zu einem Projekt in der Steiermark, nämlich zum Ausbau des Motorsportzentrums in Spielberg.

Ich möchte zuerst zur Gesetzesvorlage ein paar Worte verlieren und auch zu unserer grundsätzlichen Haltung in diesen Fragen. Wir haben diese Woche als eigentlich feier­lichen Akt „20 Jahre Hainburg“ begangen, und ich denke, wenn man zurückblickt auf die Geschichte der österreichischen Umweltpolitik, aber auch auf die demokratische Entwicklung in Österreich, dann kann man sagen, das war damals ein Meilenstein in zweierlei Hinsicht: einerseits von der Erkenntnis her, dass der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen etwas Unverzichtbares ist für alles, nämlich vor allem auch für das Wirtschaften und für den Wohlstand einer Gesellschaft, andererseits aber auch des­halb, weil gegen die Bürger mittlerweile nichts mehr geht, sondern nur mehr mit den Bürgerinnen und Bürgern, sodass Mitsprache und Partizipation in Verfahren ein Gebot der Stunde sind, das man jetzt, 20 Jahre später, nicht einfach über Bord werfen darf.

Die vorliegende Gesetzesvorlage ist in den letzten Wochen leider massiv verschlech­tert worden. Der ursprüngliche Entwurf, den das Umweltministerium ausgeschickt hat, bedeutete eine massive Verbesserung der Mitsprache von Bürgerinnen und Bürgern in Verfahren – man konnte schon fast von einer Gleichstellung mit den Projektbetreibern sprechen –, doch er ist leider durch massive Intervention, vor allem der Wirtschafts­kammern, massiv verwässert worden.

Jetzt enthält dieses Gesetz Verfassungsbestimmungen, und bis zur Stunde sind offen­sichtlich Verhandlungen zwischen der ÖVP, der FPÖ und der SPÖ gelaufen, aber das, was jetzt endgültig zur Beschlussfassung vorliegt, ist aus grüner Sicht nicht akzeptabel für eine Verbesserung. Es sind wesentliche Verbesserungen, die schon in diesem Ge­setz waren, wieder herausgefallen, und die kleinen Verbesserungen, die die SPÖ jetzt noch hineinverhandelt hat, reichen für uns keinesfalls für eine Zustimmung zu dieser UVP-Gesetz-Novelle.

Ich persönlich finde das sehr bedauerlich, weil gerade das Bewusstsein, dass Bürge­rinnenbeteiligung und Bürgerbeteiligung ein Projekt nicht verhindert oder verschlech­tert, sondern, im Gegenteil, die Qualität von Entscheidungen massiv erhöhen kann,


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schon gegeben sein müsste, und es ist schade, dass diese Chance nicht gesehen wird und auch nicht ergriffen wird.

Zum Zweiten, zur aktuellen Diskussion rund um das Motorsportzentrum in Spielberg in der Steiermark, sind zwei Dinge wesentlich aus meiner Sicht.

Erstens: Man darf nicht davon ausgehen, dass große Investoren anderen Regeln un­terworfen sind als Häuselbauer, als kleine Investoren, als Normalbürger/Normalbürge­rinnen. Es muss für alle dasselbe gelten, nämlich dass Recht, rechtliche Vorgaben, Umweltrecht einzuhalten sind.

Ich mache jetzt diesen Vorwurf der Nichteinhaltung nicht dem Projektbetreiber, son­dern der steirischen Landesregierung. Ich habe mir den Bescheid in erster Instanz und den Aufhebungsbescheid vom Umweltsenat angesehen, und was offenkundig ist, ist, dass sich die steirische Landesregierung hier eine beispiellose Schlamperei geleistet hat – ich wiederhole das in dieser Offenheit, was ich schon vorgestern auch in der „ZiB 2“ gesagt habe –, nämlich eigene Gutachten, lufthygienische Gutachten, einfach ignoriert hat. Dem Projektbetreiber keine einzige Auflage, überhaupt nichts vorzu­schreiben und zu glauben, dass das rechtlich halten kann, ist schon sehr, sehr kühn. Ich finde es bedauerlich, dass man Gutachten aus eigenen Abteilungen einfach nimmt, auf die Seite legt und in keiner Weise daraus Schlüsse zieht, in keiner Weise Auflagen vorsieht und sich dann darüber aufregt, völlig empört ist, völlig erschüttert und völlig schockiert ist, wenn der Umweltsenat nicht anders kann, als diesen fehlerhaften Be­scheid aufzuheben.

Es waren keine formalen Mängel, sondern es waren ganz massive inhaltliche Proble­me, die lösbar gewesen wären, auch im Nachhinein betrachtet. Und hier geht es nicht um Formalmängel, sondern wirklich um riesige klassische inhaltlich-materielle Pro­blembereiche. Ich zitiere nur: Aus den dargestellten Gründen hätte die erstinstanzliche Behörde zu dem Ergebnis kommen müssen, dass das Projektsvorhaben nicht umwelt­verträglich und im öffentlichen Sicherheitsinteresse nicht genehmigungsfähig ist.

Das bedeutet, dass die erste Instanz sehenden Auges – sehenden Auges! – und in vollem Bewusstsein diese Genehmigung erteilt hat. Ich weiß nicht, ob es in der Steier­mark immer so ist, aber es ist mir schon mehrmals aufgefallen, dass man mit Umwelt­recht sehr locker umgeht und sich denkt: Mein Gott, das wird ohnehin nicht überprüft! Aber in diesem Fall muss man den Vorwurf der steirischen Behörde machen, die die­ses Projekt sehenden Auges genehmigt hat und wissen musste, dass das rechtlich nicht halten kann.

Im Übrigen: Wenn es einen Anlass gibt, das UVP-Gesetz tatsächlich in großem Aus­maß zu novellieren, um gerade für solche Projekte die Handhabung zu erleichtern, dann wäre es ein Gebot der Stunde, über ein einheitliches Umweltanlagenrecht nach­zudenken und das auch anzugehen. Das setzt eine Verfassungsänderung voraus, das setzt vor allem die Bereitschaft der Länder voraus, Kompetenzen im Vollzug ab­zugeben. Das ist im Moment noch autonomer Landesvollzug. Das ist etwas, was die Grünen seit Jahren vertreten, seit Jahren auch einfordern und wozu auch Gesetzesvor­lagen von uns immer noch auf dem Tisch liegen, die über die letzten Jahre blockiert worden sind, vor allem von der ÖVP, die offensichtlich an einem konzentrierten Ge­nehmigungsverfahren, zwischen Bund und Ländern akkordiert im Vollzug, kein Interes­se hat, weil man sich nicht traut, den Ländern in irgendeiner Form Kompetenzen weg­zunehmen. (Abg. Ellmauer: Das ist ein Unsinn! Das ist nicht richtig!)

Im Österreich-Konvent war es leider so. Einheitliches Umweltanlagenrecht wäre nach dem Vorschlag, den Kollege Khol im Präsidium eingebracht hat, nie möglich gewe­sen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

 


14.22


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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kopf. – Bitte.

 


14.22

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich denke, wir machen mit dieser Novelle zum Umweltverträglich­keitsprüfungsgesetz einen großen weiteren Schritt in Richtung Beteiligung der Öffent­lichkeit an den Verfahren zur Genehmigung großer Projekte, ob das Betriebsprojekte sind oder Verkehrsobjekte, welcher Art auch immer. Ich komme dann noch zur Diffe­renzierung.

Frau Kollegin Glawischnig, man kann natürlich den Zugang zur Novellierung eines Ge­setzes immer so oder so wählen. Tatsache ist, dass es massive Verbesserungen, nämlich Erweiterungen von Parteistellungen gibt, dass es in einigen Fällen die Mög­lichkeit gibt, für NGOs beispielsweise, auch den Gang zum Verwaltungsgerichtshof anzutreten, eine Möglichkeit, die sie bisher nicht hatten, und Ähnliches mehr. Ich möchte nicht alles aufzählen.

Man kann natürlich das Glas, das hier auf dem Tisch steht, immer als halb voll oder als halb leer bezeichnen. Frau Glawischnig hat es eher als halb leer bezeichnet; so würde ich ihre Rede zumindest interpretieren. Ich sage, positiv gesehen, es ist halb voll oder dreiviertel voll. Natürlich gibt es immer wieder auch Bedenken aus der Praxis heraus, Bedenken auch der Konsenswerber, also der Antragsteller, bis wohin solche Parteistel­lungen im Sinne der Sache sinnvoll sind und ab wo das Verfahren nur noch dazu ge­nützt wird, Dinge zu verhindern, die materiellrechtlich, auf Grund der materiellen Ge­setze nicht zu verhindern sind.

Ich glaube, genau dort muss auch der Schlusspunkt sein. Ein Verfahrensgesetz darf nicht dazu missbraucht werden, dass man Dinge, die materiellrechtlich nicht verhinder­bar sind, dann über das Verfahren zu Fall zu bringen versucht.

Ganz besondere Beachtung verdient meines Erachtens bei diesem Gesetz die Kon­zentration, die uns in den Verkehrs-UVP-Verfahren zwischen der Trassenverordnung und dem neuen UVP-Bescheid gelungen ist, indem wir das zu einem Bescheidverfah­ren zusammengezogen haben.

Ich bedanke mich hier ausdrücklich auch bei den Kolleginnen und Kollegen der Sozial­demokratischen Partei dafür, dass sie hier mit uns mitgegangen sind, ja an dieser Kon­zentrationsbestimmung sogar wesentlich mitgewirkt haben.

Das Gleiche gilt für die Konzentration von nach bundesrechtlichen Bestimmungen durchzuführenden Verfahren in der mittelbaren Bundesverwaltung auf Landesebene. Auch hier ist es gelungen, diese in einen Bescheid zusammenzuführen. Und wenn es schlussendlich noch nicht gelungen ist, den Teil der landesgesetzlichen Verfahren in diesem ersten Schritt zu konzentrieren, dann würde ich sagen, das Glas ist zumindest zu zwei Dritteln voll, denn zwei dieser drei wesentlichen Konzentrationsbemühungen sind uns gelungen, und das ist doch wohl ein wesentlicher Schritt nach vorne.

Im Laufe der Debatte werden dann Kollegen von mir zwei Abänderungsanträge ein­bringen. Zum einen mussten wir schon mit einem Antrag nach § 27 auch das Bundes­straßengesetz und das Hochleistungsstreckengesetz ändern, um diese Konzentration durchführen zu können. Dazu gibt es ein paar geringfügige Korrekturen, die, wie ge­sagt, dann von einem Kollegen eingebracht werden, und noch zwei, drei kleinere Kor­rekturen beim UVP-Gesetz selbst, die aber auch noch erläutert und zu einem späteren Zeitpunkt eingebracht werden. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

 


14.26


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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Rest-Hinterseer. – Bitte.

 


14.27

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuhörer und Zuhörerinnen! Es ist tatsächlich so, dass auf Grund dieser Änderung einige sehr positive Schritte möglich geworden sind. Ich möchte insbesondere darauf verweisen, dass ein langjähriger Wunsch von uns, von den Grünen, die Parteistellung der Nicht-Regierungsorganisatio­nen im UVP-Verfahren zu verankern, erfüllt ist, ebenso die Parteistellung von Bürger­initiativen im vereinfachten Verfahren, statt nur einen Beteiligtenstatus zu haben.

Auch das Bescheidverfahren für Straßen und Hochleistungsstrecken anstelle der Tras­senverordnung ist für uns ein Fortschritt. Allerdings gibt es nach wie vor kein konzent­riertes Bescheidgenehmigungsverfahren.

Dass die Regelung betreffend Sanktionen durch die UVP-Behörde für uns sehr positiv ist, möchte ich ebenfalls betonen, ebenso die Schaffung einer zusätzlichen Schutzge­bietskategorie. Weiters ist als sehr positiv zu erwähnen, dass das Verkehrsprotokoll der Alpenkonvention in österreichisches Recht übergeführt wurde.

Allerdings müssen wir kritisch beurteilen, dass nach wie vor die Aarhus-Konvention in ihrer Gesamtheit und umfassenden Wirkung bei uns noch immer nicht voll zum Tragen kommt.

Was bedeutet das? – Im Feststellungsverfahren wird nach wie vor keine Parteistellung von Nachbarn und NGOs vorgesehen. Es ist auch keine finanzielle Unterstützung für Bürgerinitiativen und NGOs in Prozent der Projektsumme vorgesehen, und am verein­fachten Verfahren wird festgehalten.

Was bedeutet das also? – Wir sehen, dass zum einen die Änderungen bei der Straße und bei der Bahn gegenüber der Regierungsvorlage für die Umwelt gar nichts brin­gen. Sie beschleunigen die Genehmigung auf Grund des Entfalls der Verordnung vor dem Bescheidverfahren, aber sie bringen sozusagen für die Qualität der Änderungen nichts.

Es gibt wohl leichte Verbesserungen im Bereich der BürgerInnen-Partizipation; das ist vom Kollegen Kopf schon erwähnt worden. Die Möglichkeit der Verwaltungsgerichts­hofbeschwerde ist sehr wertvoll, allerdings muss man auch dazusagen, dass das nicht gerade auf eine besondere Verbesserungswut der Bundesregierung zurückzuführen ist, sondern auf EU-Recht, und das wurde dann leider gegenüber dem Ministerialent­wurf wieder zurückgenommen.

Auf das vereinfachte Verfahren beschränkt – das kann man jetzt angesichts dieses Spielberg-Schlamassels gut erkennen – bedeutet, dass es nicht ein konzentriertes Ver­fahren gibt, ein konzentriertes Bescheidgenehmigungsverfahren, wo dann diese Ge­nehmigungen in einem großen Prozess zusammengeführt werden und nicht zuerst die Landesregierung zuständig ist für alles, was nicht in die Kompetenz des Bundesminis­teriums fällt, die Bezirkshauptmannschaft zuständig ist für naturschutzbehördliche Genehmigungen, die Landesregierung wiederum zuständig ist für einzelne Landesge­setze, was – erstens – insgesamt zu einer Verfahrensverschleppung führt und – zwei­tens – auch zu einer Verunsicherung der betroffenen Bürgerinnen und Bürger.

Wir haben diese Forderung schon lange erhoben, dass es hier zu diesem konzentrier­ten Bescheidverfahren kommen soll. Die Zuständigkeit des Ministers zum Beispiel im Falle von Bahnprojekten, wo der Verkehrsminister einerseits die beantragende Institu­tion ist und andererseits auch die Institution ist, die dann abspricht – das heißt, er


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spricht über seine eigenen Projekte ab –, ist eigentlich ein unerträglicher Zustand, den wir auch schon sehr stark kritisiert haben. Hier bedarf es dringend einer Veränderung.

Ich möchte abschließend auch zum Thema Spielberg kommen, weil es hier ja auch um eine Region geht, von der gesagt wird, dies sei eine sterbende Region und der Um­weltschutz bringe jetzt dort wichtige wirtschaftliche Vorhaben zu Fall. Das ist komplet­ter Unsinn! Auch Veronika Canaval in den „Salzburger Nachrichten“ schreibt, dass da wohl andere Gründe vorliegen, nämlich die, dass die Behörden und die Landesregie­rung nicht ordentlich gearbeitet haben und der Umweltschutz genau für die Wirtschaft wichtige Impulse bringen könnte, dieses aber nicht aufgegriffen wird. (Beifall bei den Grünen.)

14.32

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Krainer. – Bitte.

 


14.32

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Beim UVP-Gesetz, das jetzt vorliegt, oder bei den Abänderungsanträgen, die kurz erläutert, aber noch nicht eingebracht wurden, habe ich eine lachendes und ein weniger lachendes Auge.

Das lachende Auge habe ich deshalb, weil das Gesetz, wie es nun vorliegt, in wesent­lichen Punkten besser ist, als es die Regierungsvorlage war. Für uns waren zwei Grundsätze wichtig: Der eine ist, dass Verfahren möglichst schnell und möglichst rei­bungslos sein sollen. Der andere ist, dass Parteienrechte hier nicht zu kurz kommen dürfen und die Einbindung der Nicht-Regierungsorganisationen, der NGOs, hier in einer vernünftigen Art und Weise erfolgen soll, also nicht in einer Mini-Mini-Mini-Ausführung, sondern in einer ehrlichen Ausführung und vor allem auch in einer richt­linienkonformen Ausführung.

Ich glaube, das ist uns auch gelungen. Die Verfahren sind schneller in den Verkehrs-UVPs. Wir haben nur zwei Drittel des Weges zurücklegen können, den wir eigentlich gerne zurückgelegt hätten, weil wir in der kurzen Zeit die Konzentration auf Landes­ebene nicht geschafft haben.

An dieser Stelle auch herzlichen Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Umweltressorts, denen wir es nicht leicht gemacht haben, innerhalb sehr kurzer Zeit diese gesamten Materiengesetze noch zu ändern und Vorschläge zu erarbeiten, und die hier sehr schnell und sehr professionell gearbeitet haben.

Was wir noch erreicht haben, ist eine deutliche Stärkung von Parteienrechten, nicht nur für die NGOs, auch für die BürgermeisterInnen zum Beispiel, für die Standortgemein­den, denen nun im Feststellungsverfahren auch der Weg zum Höchstgericht offen ste­hen soll, was in der ursprünglichen Regierungsvorlage auch nicht vorgesehen war.

Das heißt, ich glaube, dass wir hier eine Reihe von vernünftigen Verbesserungen zu­sammengebracht haben.

Mit dem weniger lachenden Auge – „weinend“ würde ich nicht sagen, aber zumindest deutlich weniger lachend – sehe ich, dass wir in einigen Bereichen hier nicht weiterge­kommen sind, vor allem auch deswegen – ich hatte diesen Eindruck –, weil es hier Ängste gibt, die ich nicht ganz verstehe. Wir müssen heute die NGOs in die UVP-Verhandlungen einbeziehen, weil wir das letzte Mal das Aarhus-Protokoll hier be­schlossen haben und weil es auf europäischer Ebene entsprechende Richtlinien gibt, wonach diese Organisationen, diese NGOs, Global 2000, Greenpeace und wie sie alle heißen, Parteienstellung erhalten und in Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren ein­zubinden sind. Die sind auch heute schon bei diesen Verfahren dabei, nur sind sie


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eben nicht offiziell dabei, sondern sie sind dabei, weil sie Bürgerinitiativen organisieren beziehungsweise unterstützen.

Wir sagen: Wenn die schon dabei sind, dann sollen sie auch mit am Tisch sitzen und selbst sprechen können. Wir glauben, dass das Verfahren eher beschleunigt als ver­langsamt. Das mag auf den ersten Blick nicht so klingen, denn es gibt – um Gottes Willen! – eine zusätzliche Partei, die hier sitzt! In Wirklichkeit ist diese Partei schon die ganze Zeit dabei, und sie sollte hier auch eine ordentliche Parteienstellung haben.

Es gibt einige Bereiche, wo wir uns mehr gewünscht hätten. Vielleicht aber gibt es nach den nächsten Wahlen andere Mehrheiten in diesem Haus, die es möglich ma­chen, dass wir jene Punkte, die wir noch vorhatten, aber heute nicht geschafft haben, vielleicht das nächste Mal schaffen. Aber insgesamt sind wir hier durchaus d’accord und werden dem hier zustimmen.

Verwundert bin ich angesichts der Diskussion über Spielberg. Wenn da jetzt so ein bisschen der Vorwurf auftaucht, der Umweltsenat hätte komisch entschieden, das Ge­setz wäre schuld daran: All das ist es nicht! Dieser Fall ist relativ klar: Da ist eine Lan­desregierung am Werk beziehungsweise herrscht in der Landesregierung der Geist: Das Gesetz sind wir! Das ist ein Geist, von dem ich mir dachte, dass er vor 20 Jahren im Winter in einer Flusslandschaft erfroren ist, aber anscheinend hat er überwintert und lebt noch in der Steiermark.

Kollegin Glawischnig hat es angesprochen: Wenn man sich die Bescheide – Erst­instanz und den Aufhebungsbescheid jetzt – ansieht, sieht man ganz klar: Da hat die Landesregierung gepfuscht, die eigenen Gesetze nicht ordentlich gelesen, den Pro­jektbetreiber sehr schlecht beraten. – Das hat mit dem UVP-Gesetz selbst nichts zu tun.

Was im Zuge der Diskussion über das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz noch aufgefallen ist, ist, dass die Anrainer unzufrieden sind, weil für sie die Verfahren un­übersichtlich sind, die Betreiber unzufrieden sind und auch die Behörden unzufrieden sind. Daher bringen wir heute – ich kündige das jetzt nur an, eingebracht wird er spä­ter – auch einen Entschließungsantrag ein, mit dem wir den Umweltminister ersuchen, hier ein neues Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz vorzulegen, das einfachere, schlankere und auch schnellere Verfahren garantieren kann, als das derzeit der Fall ist, und auch handhabbarere, aber nicht nur für die Verwaltung – da würden wir an­nehmen, dass sie die geringsten Probleme damit hat –, sondern vor allem für Anrainer und sonstige Parteien, die daran beteiligt sind. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.37

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort ge­meldet hat sich Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll. – Bitte.

 


14.37

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehr­ten Damen und Herren! Ich denke, dass mit der Novelle des Umweltverträglichkeitsprü­fungsgesetzes und auch mit der Frage Bundesverfassungsgesetz betreffend Verlänge­rung-Umweltsenat sehr wichtige Schritte in die richtige Richtung gesetzt werden. Wir versuchen hier, in drei großen Teilen gemeinsam eine Antwort zu geben.

Auf die Verlängerung betreffend Umweltsenat komme ich dann später noch einmal zurück.

Das Zweite ist die Frage: Wie setzen wir internationale Verpflichtungen, Aarhus-Konvention, ist gleich Bürgerbeteiligung, auch im UVP-Gesetz entsprechend um?


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Dritte Frage: Wie können wir für Projektbetreiber und Projektplaner den Ablauf dieser Verfahren effizienter konzentrieren und gestalten?

Zum ersten Punkt. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Umweltsenat ist weisungsfrei und läuft bis Ende des Jahres 2004. Er bedarf daher als zweite Instanz, die hier vorgesehen ist, einer entsprechenden Verlängerung. Es wird jetzt möglich, dass der Umweltsenat bis ins Jahr 2010 verlängert wird und damit im Behördenverfah­ren als Instanz auch weiterhin zur Verfügung steht.

Zweiter Punkt, meine sehr geehrten Damen und Herren: Bürgerbeteiligung. Wenn man Umweltpolitik mit zwei wichtigen Eckpunkten sieht, nämlich Transparenz und Beteili­gung, dann ist es gut, dass wir es nunmehr Umweltorganisationen – das sind also alle Nicht-Regierungsorganisationen, die sich vorrangig für den Umweltschutz einsetzen – stärker auch im Verfahrensablauf ermöglichen, am UVP-Verfahren zu partizipieren und ihre Vorstellungen und die Einhaltung der Umweltvorschriften entsprechend umzuset­zen. Ich denke, dass damit die zentralen Antworten gegeben sind auf das, was die Aarhus-Konvention angesprochen und worauf sie abgestellt hat.

Der dritte Punkt, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist die Frage: Welche Ant­wort geben wir im Verfahren selbst, um stärker, schneller und besser koordiniert die entsprechenden Antworten zu geben? Wir haben hier einen Schwerpunkt gesetzt, wo­nach zukünftig keine Trassenverordnung mehr erlassen wird, sondern der Verkehrsmi­nister die UVP im Rahmen eines Bescheidverfahrens macht, in dem alle von den Bun­desministerien zu vollziehenden Bundesgesetze angewendet werden, und dass dar­über hinaus auch alles, was in den Bundesländern zu koordinieren ist, bis hin zur gut­achterlichen Tätigkeit stärker gemeinsam geplant wird, damit wir die Ablaufsysteme be­schleunigen und ein entsprechendes Maß an Rechtssicherheit gewährleisten können.

So gesehen sind die Änderung betreffend die Verlängerung des Umweltsenates und auch die Frage der Bürgerbeteiligung, die heute mit dieser UVP-Gesetz-Novelle be­handelt werden, ein richtiger Schritt in Richtung Transparenz und Beteiligung der Bür­ger an umweltrelevanten Prozessen.

Zum Vierten, meine sehr geehrten Damen und Herren, zum aktuellen Thema Spiel­berg: Ich halte nichts davon, wenn wir heute hier und in anderen Gremien mit Schuld­zuweisungen agieren, sondern: Es gab ein Rechtsverfahren in erster Instanz in der Steiermark, ein behördliches Verfahren; dieses wurde abgewickelt. Daraufhin haben der steirische Umweltanwalt sowie Bürgerinitiativen Berufung eingelegt. Auch dieses Rechtsmittel steht offen und stand offen. Damit ist dieses Verfahren in zweiter Instanz im Umweltsenat, unabhängig und weisungsfrei, entschieden worden – nach Gesetzen und Vorgaben dieser Republik und auch des Landes Steiermark.

Die Situation ist so, wie sie ist: dass der Bescheid aufgehoben und der Antrag zurück­gewiesen wurde – und wir damit wieder beim Start beginnen müssen. Und ich sage ganz offen, es ist auch mein Ziel als Umweltminister, in den nächsten Wochen – wir haben heute die erste Sitzung der Task Force zwischen Bund und Ländern gehabt – gemeinsam zu erarbeiten: Wo stehen wir? Was ist der Rechtsbestand? Was waren die Eckpunkte der Ablehnung im Umweltsenat? Welche Antworten haben wir jetzt zu ge­ben?, weil wir ein gemeinsames Interesse daran haben, dass durchaus ein Investor auch in dieser Region sein Vorhaben umsetzen kann – unter den rechtlichen, umwelt­rechtlichen und sonstigen Vorgaben. Das muss unser gemeinsames politisches Ziel für die nächsten Wochen sein, und wir haben heute in diesem Bereich mit der Arbeit be­gonnen. (Beifall bei der ÖVP.)

14.41

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wittauer. – Bitte.

 



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14.41

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Novelle zum Umweltverträglichkeitsprü­fungsgesetz war eine schwierige Materie. Der Findungsprozess war sehr kompliziert, zwischen den Ministerien für Umwelt, Wirtschaft, dem BMVIT und auch den Parteien. Es hat sehr viele Sitzungen gebraucht, um ein Ergebnis zu erzielen – und dieses Er­gebnis ist meiner Meinung nach sehr gut. Ich bedanke mich an dieser Stelle auch bei den Sozialdemokraten, aber auch bei den Beamten und Beamtinnen, die uns in schwierigen Situationen geholfen haben, den Entwurf so weit vorzubereiten, dass er heute auch beschlussfähig ist.

Das Ergebnis ist gut, es ist deshalb gut, weil wir in verschiedenen Bereichen, gerade auch, was die Öffentlichkeit betrifft, Fortschritte erzielt haben. Die Öffentlichkeit ist mehr eingebunden, die Öffentlichkeit ist mehr an den Entscheidungsprozessen betei­ligt. Man hat bei der Hauptverhandlung beziehungsweise beim Hauptteil auch die NGOs mit eingebunden. Ich finde das großartig, weil die Vergangenheit – zehn Jahre UVP – gezeigt hat: Wenn die umweltrelevanten Institutionen, aber auch Bürger und Nachbarn eingebunden sind, dann gibt es mehr oder bessere Fortschritte, als wenn man sie draußen hält.

Was auch positiv ist: der große Bescheid. Die Trassenverordnung fällt. Die Trassen­verordnung war auf zwei Seiten ein Spiel. Jetzt wird es den großen Bescheid geben. Mit dem großen Bescheid erhöht sich, und da möchte ich Frau Abgeordnete Hinter... – wo ist sie, die Grüne, ist sie gerade nicht im Saal? (Abg. Rest-Hinterseer: Rest-Hinterseer!) –, Rest-Hinterseer, darauf aufmerksam machen, die Qualität! Das bedeu­tet, dass der Betreiber oder derjenige, der das Projekt vorbereitet, in Zukunft weitaus mehr investieren muss, dass er das Projekt weitaus besser vorbereiten muss, denn sonst bringt ihm das nichts. Und ich glaube, das ist auch etwas, was eine Verfahrens­beschleunigung bewirken wird.

Ich möchte aber auch auf den unabhängigen Umweltsenat eingehen. Er wird – ich glaube, von allen – hoch geschätzt, er wird auch von meiner Seite nicht kritisiert, und seine Entscheidung in der Steiermark wird rechtens gewesen sein. Das heißt, wer die Fehler gemacht hat, das werde ich nicht nachvollziehen können. Aber es muss grund­sätzlich schon auch übergeordnete Interessen geben. Gerade in dieser Region, in der Steiermark, in Spielberg, gibt es – ich habe es mir aufgeschrieben – über 7 Prozent Arbeitslose. 95 Prozent der Bevölkerung, hat der Bürgermeister gesagt, sind für dieses Projekt. Das heißt, die 700 Millionen € an Investitionen sind wichtig für diese Region. Es geht um bis zu über 1 000 zukünftige Arbeitsplätze, die dadurch zusätzlich geschaf­fen werden. 10 000 Arbeitsplätze werden über die Bauphase hinweg gesichert.

Wenn also Dinge, die im übergeordneten Interesse der Region liegen, nicht zustande kommen, weil jetzt die Umwelt dort mehr wert ist – und ich erinnere daran, dass dort vorher ja schon der A1-Ring mit Formel 1 betrieben worden ist; den haben wir ja verlo­ren, da haben ja alle darum gekämpft, dass wir ihn weiterhin behalten –, dann sehe ich das schon ein bisschen mit Schmerzen. Wenn es so sein sollte, dass ein Schlossbesit­zer, weil er zu wenig Geld für sein Schloss kriegt, ein Projekt gefährdet oder verhindern kann, oder dass eine Bürgerinitiative, die eigentlich nur einen kleinen Teil beeinsprucht hat, dann das gesamte Projekt gefährdet, dann muss man das auch kritisch hinterfra­gen. Und man muss bei der UVP vorsichtig sein: Sie dient der Umwelt, aber sie dient auch der Bevölkerung, und sie dient auch der Gesamtheit. Also aus diesem Grund eine Region zu gefährden, ist ein Problem.

Aber ich möchte aus der UVP selbst auch keine „Lex Spielberg“ machen. Das ist jetzt natürlich ein bisschen ungünstig gelaufen. Aber ich glaube, dass dort alle Verantwortli-


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chen dahinter sind, dass dieses Projekt doch kommt – mit den umweltrelevanten Maß­nahmen. Ich glaube, da sind einfach die Vorbereitungen zu schlecht gelaufen.

Unsere Fraktion stimmt dieser Novelle wirklich mit Freude zu. Es ist ein gutes Ergeb­nis, das von drei Parteien getragen wird. Ich glaube, das zeigt auch die Qualität dieses Gesetzes.

Ich bedanke mich nochmals herzlich bei den Beamten und Beamtinnen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.46

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ellmauer. – Bitte.

 


14.46

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Umweltsenat als Berufungs­behörde nach dem UVP-Gesetz ist bis 31. Dezember 2004 befristet eingerichtet. Als eine wesentliche Säule der Umweltverträglichkeitsprüfung soll diese unabhängige, weisungsfreie Berufungsbehörde mit dieser Novelle bis 2010 verlängert werden. Dies ist aus internationaler und europarechtlicher Sicht geboten, steht mit den Diskussionen im Österreich-Konvent im Einklang und wird von vielen Interessengruppen befürwortet.

Mit der Novelle des UVP-Gesetzes werden folgende Schwerpunkte abgehandelt: zum einen die Umsetzung der UVP-relevanten Bereiche der Aarhus-Konvention und der EU-Richtlinie zur Öffentlichkeitsbeteiligung, zum anderen die Änderung der UVP für Bundesstraßen und Hochleistungsstrecken, und zum Dritten werden diverse Anpas­sungen aus der Praxis zum Vollzug und zur Rechtssicherheit vorgenommen.

Der zentrale Punkt der Umsetzung der UVP-relevanten Bereiche der Aarhus-Konventi­on und der Richtlinie zur Öffentlichkeitsbeteiligung ist, dass Umweltorganisationen, al­so NGOs, deren vorrangiges Ziel der Umweltschutz ist, Parteistellung im UVP-Verfah­ren zur Genehmigung von Großprojekten erhalten. Darunter fallen die Genehmigungs­verfahren nach dem UVP-Gesetz 2000 und die der Erlassung einer Trassenverord­nung für Bundesstraßen oder Hochleistungsstrecken nachfolgenden Genehmigungs­verfahren. Im Entwurf wird unter anderem definiert, welche Umweltorganisationen unter den angeführten Voraussetzungen Parteistellung im Genehmigungsverfahren ha­ben. Durch die verstärkte Einbindung der Öffentlichkeit wird eine höhere Transparenz bei Entscheidungsverfahren gewährleistet und in der Folge die Akzeptanz größerer Vorhaben gesteigert werden. Die Genehmigungsverfahren mit NGO-Beteiligung sollen aber in einem überschaubaren, administrierbaren und vernünftigen Zeitraum abge­wickelt werden können.

Die Umweltorganisationen ihrerseits sind nun angehalten, ihre Partizipationsrechte verantwortungsbewusst wahrzunehmen. Auf einen vernünftigen Ausgleich im Span­nungsfeld zwischen ökologischen und ökonomischen Interessen muss nun mehr denn je geachtet werden.

Mit dem vorliegenden Entwurf zur Änderung der UVP für Bundesstraßen und Hochleis­tungsstrecken wird die EU-Rechtskonformität hergestellt, die Genehmigung mit voll­ständiger Berücksichtigung der Ergebnisse der UVP, und dadurch ein verlässliches Maß an Rechtssicherheit für die Projektbeteiligten geboten. Es wird auf Grund der Vermeidung von Doppelgleisigkeiten zu einer deutlich kürzeren Verfahrensdauer bei Infrastrukturprojekten kommen, unter Aufrechterhaltung sämtlicher Umweltauflagen. Durch verstärkte Koordination durch das BMVIT werden erforderliche Genehmigungs­verfahren effizienter und schneller durchgeführt.


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Diverse Anpassungen und Ergänzungen im Bereich Vollzug und Rechtssicherheit, wie Bestimmungen über die Befristung von UVP-Bescheiden, Berichtigung nicht EU-Richtlinien-konformer Schwellenwerte beziehungsweise Definitionen, ausdrückliche Regelung betreffend Zwangsrechte und Enteignungen, um bei den bei UVP-Verfahren üblichen Großinvestitionen Rechtssicherheit durch eindeutige Feststellung der Behör­denzuständigkeit zu bieten, runden diesen Gesetzentwurf ab.

Ich stimme daher diesem Gesetzentwurf gerne zu. (Beifall bei der ÖVP.)

14.50

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Heinzl. – Bitte.

 


14.50

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Werter Herr Präsident! Herr Minister! Die Mög­lichkeiten der betroffenen Öffentlichkeit, an Genehmigungsverfahren teilnehmen zu können, sollten nirgends so gut sein wie bei verhältnismäßig großen Projekten, weil dort naturgemäß das Potential für negative Auswirkungen am größten ist. Das war und ist im Wesentlichen der Hintergrund für die Regelung zu den Genehmigungsverfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfungen auf europäischer wie auch auf österreichischer Ebene.

Durch die Novellen zum UVP-Gesetz in den letzten vier Jahren sind unter anderem die Möglichkeiten oder die Rechte der Betroffenen zur Teilnahme am UVP-Verfahren – und das möchte ich hier schon auch sagen – aus meiner Sicht eingeschränkt worden. Wenn es nicht eine internationale Vorgabe zur neuerlichen Ausweitung der Rechte der Öffentlichkeit zur Teilnahme an UVP-Verfahren geben würde – ich meine hier die Aar­hus-Konvention –, würden wir heute, so glaube ich, nicht hier im Plenum darüber dis­kutieren. Deshalb bin ich froh, dass auf Grund der rechtlichen Notwendigkeiten auf internationaler und europäischer Ebene die Rechte der Bevölkerung im UVP-Verfahren wieder gestärkt werden müssen.

Ich möchte aber nicht unerwähnt lassen, dass sich die derzeit geltenden Schwellen­werte für die Durchführung von UVP-Verfahren für verschiedene Projektkategorien als weit überhöht erwiesen haben, aber mit der vorliegenden Novelle in kritischen Berei­chen auch nicht gesenkt werden. Im Speziellen möchte ich hier die Errichtung von Windparks erwähnen, die, wie wir wissen, in den letzten Jahren technisch den Kinder­schuhen entwachsen sind. Grundsätzlich – und es ist mir wert, dies hier festzuhalten – handelt es sich bei der Windkraft um eine erneuerbare Energieform, deren Nutzung ausdrücklich zu begrüßen ist.

Wie viele Projektwerber in den letzten Jahren seit In-Kraft-Treten des Ökostromgeset­zes 2002 aber feststellen mussten, hat die Bevölkerung (Abg. Dr. Glawischnig: Das ist die falsche Rede!), vor allem die betroffene Bevölkerung, zum Teil äußerst aggres­siv auf die neuen Windkraftprojekte reagiert. (Abg. Dr. Glawischnig: Geh!) – Frau Ab­geordnete Glawischnig! Ich kann Ihnen aus meinem Bezirk – ich bin sicher in meinem Wahlkreis mehr unterwegs als Sie in Ihrem – einige Beispiele von solch aggressivem Verhalten der betroffenen Bevölkerung berichten.

Deshalb ist offensichtlich bei den Anrainern immer wieder der Eindruck entstanden, dass hinter verschlossenen Türen zwischen den zuständigen Behörden und den Pro­jektwerbern ein Projekt genehmigt werden soll. Durch die verpflichtende Durchführung eines konzentrierten Verfahrens nach dem UVP-Gesetz, das als wesentlichen Inhalt die frühzeitige Einbindung und Information der betroffenen Bevölkerung gehabt hätte, wäre sowohl der Bevölkerung als auch den Projektwerbern einiges an bösen Überra­schungen erspart geblieben. Ich habe deshalb bereits im Mai dieses Jahres die „Petiti-


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on für die Senkung der UVP-Schwellenwerte und die Erweiterung der Bürgerbeteili­gung im Genehmigungsverfahren von Windkraftprojekten“ eingebracht.

Sehr geehrter Herr Minister! Da auch nach der anstehenden Novelle des Ökostromge­setzes weiterhin Förderungen für Windparks verfügbar sein werden, ist es, so glaube ich, hoch an der Zeit, die notwendigen verfahrensrechtlichen Voraussetzungen zu schaffen – und darum ersuche ich Sie. (Beifall bei der SPÖ.)

14.53

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Rossmann. – Bitte.

 


14.54

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich beginne mit Anmerkungen zum vorliegenden Gesetz und sage auch: Hätten wir das Gesetz schon längst beschlossen oder hätte der Umweltsenat mit der Entschei­dung bezüglich Spielberg auf das In-Kraft-Treten des Gesetzes gewartet, dann hätten wir diese Blamage heute nicht. (Abg. Dr. Kräuter: Das ist ein Unsinn!)

Es ist so: Mit einem konzentrierten Verfahren hätte man das wahrscheinlich bereinigen können. Angesichts dessen, was hier passiert ist, sage ich durchaus als jemand, der gerade das Projekt Spielberg lange, lange beobachtet hat: Wenn man weiß, was hier von Seiten der Politik über viele Jahre versprochen und dann letzten Endes nicht gehalten wurde, dann ist die Blamage noch einmal größer! – Ich sage das durchaus auch im Hinblick auf eine in der Steiermark mittlerweile allmächtige ÖVP, die glaubt, dass sie über alles drüberfahren kann. Das sage ich hier durchaus auch im Lichte die­ses Ergebnisses. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Kräuter: Bravo!)

Ich sage aber auch: Spielberg ist insgesamt ein Drama. Man hat seinerzeit mit Bernie Ecclestone verhandelt, hat einen Vertrag gemacht, und es waren die Sozialdemokra­ten, die damals gegen das Projekt Spielberg demonstriert haben. Ich erinnere mich noch daran, als wir dort selbst vor Ort waren: Aufgehetzt von den sozialdemokrati­schen Politikern in der Region haben sie dafür demonstriert, dass Spielberg, dass der A1-Ring nicht gebaut wird.

Dann kam der A1-Ring, dann kam dieser unsägliche Vertrag mit Bernie Ecclestone, der jederzeit kündbar war, der nicht befristet war – und Bernie Ecclestone war wieder weg, sobald seine Zigarettenwerbung nicht mehr wirksam werden konnte.

Was hat man gemacht? – Die Steiermark ist hergegangen, hat sich einen Investor ge­sucht und ist bittstellig geworden – die Betonung liegt, bitte, auf „bittstellig gewor­den“ – bei Herrn Mateschitz. Man hat ihn gebeten, doch hier in der Steiermark zu in­vestieren – in einer Region, die es braucht. Und plötzlich waren natürlich auch die So­zialdemokraten, jene in der Region allen voran, für dieses Projekt.

Was hat man weiter gemacht? – Man hat gesagt – die Politik, die Allmacht der Politik hat gesagt –: Na, das werden wir schon – auf gut Österreichisch – „durchdrücken“. Natürlich hat dann der Umweltsenat nicht mitgemacht, denn es gibt in Österreich Gott sei Dank Beamte, die sich an das Gesetz halten. (Demonstrativer Beifall und Bravoruf des Abg. Mag. Kogler.) Was hier in Wirklichkeit passiert ist, war die Täuschung des Herrn Mateschitz, den man geholt hat und gebeten hat zu investieren – und, bitte, 10 Milliarden Schilling, 700 Millionen €, das ist ja nicht nichts, das ist viel Geld, und das sind Arbeitsplätze in der Region: 1 000 allein für permanente Arbeitskräfte, mehr als 10 000 im Bau. Diese holt jemand her, der aus ideellen, aus wirklich patriotischen Gründen dort etwas baut!


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Kollegin Glawischnig hat gesagt, Gott sei Dank sei jetzt ein kleiner Häuselbauer gleichgestellt worden mit einem großen Investor. – Dieser große Investor ist aber nicht ein Investor wie Herr Stronach, der seine Kugel bauen wollte, sondern dieser Investor ist ein Idealist! Der will nicht einmal etwas verdienen an diesem Projekt, sondern er will einfach Österreich, dem Land, wo er seinen Standort aufgebaut und von dem aus er seinen Erfolgsweg mit diesem einzigartigen Produkt „Red Bull“ beschritten hat, etwas zurückgeben! – Das ist eben der große Unterschied, und angesichts dessen ist die Politik jetzt einmal mehr gefordert.

Ich sage aber auch, dass uns diese Vorgangsweise beziehungsweise dieses Projekt für die Zukunft eine Mahnung sein soll: dass man Dinge nicht über das Knie brechen kann, sondern wenn man etwas will, dann muss es gut vorbereitet sein, und es müs­sen die Umweltgesetze eingehalten werden. Herr Mateschitz wäre ja bereit gewesen, Adaptierungen vorzunehmen, aber man hat ihm einfach nur gesagt: Nein, nein, das wird schon gehen! – Wie gesagt, typisch österreichische Lösung: Durchdrücken! Und das ist eben hier nicht gegangen.

Leidtragend sind die Bürger vor Ort, leidtragend sind die, die auf die Arbeitsplätze war­ten, aber leidtragend ist letzten Endes natürlich Herr Mateschitz, und man wird jetzt viel, viel Überzeugungsarbeit brauchen, um ihn überhaupt wieder an Bord zu bringen, damit er überhaupt weiter mitmacht.

Ich bin guter Dinge, dass die Task Force, die eingesetzt wurde, nun diesen Weg be­schreiten wird und dass dieses Projekt wirklich ein Lehrbeispiel dafür sein wird, wie es in Zukunft eben nicht geht, und dass man in Zukunft, wenn man große Investoren hat, diese von vornherein auch mit einem zentrierten Verfahren so begleitet, dass Adaptie­rungen rechtzeitig möglich gemacht werden.

In diesem Sinne können wir nur hoffen, und wir haben einen gemeinsamen Entschlie­ßungsantrag eingebracht, aus dem hervorgeht, dass das Parlament, die Regierungs­parteien alles unternehmen werden, um Herrn Mateschitz weiterhin zu unterstützen, damit er sein Projekt für diese Region verwirklichen kann. (Beifall bei den Freiheitli­chen.)

14.59

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Sieber. – Bitte.

 


14.59

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Durch die Änderung des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes 2000 soll die Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie in österreichisches Recht umgesetzt werden und außerdem dieses Gesetz an die Aarhus-Konvention angepasst werden.

Der wichtigste Punkt dabei ist, dass Nichtregierungsorganisationen aus dem Umwelt­bereich Parteistellung im konzentrierten Genehmigungsverfahren nach dem UVP-Gesetz 2000 gewährt wird. Die NGOs können die Einhaltung von Umweltrecht mate­riell im Genehmigungsverfahren geltend machen und haben somit die Möglichkeit, Einwendungen gegen Bauvorhaben zu machen und Verbesserungen zu verlangen.

Neu ist auch, dass nunmehr der Standortgemeinde, die im Feststellungsverfahren das Recht auf Berufung beim Umweltsenat hat, auch der Weg zum Verwaltungsgerichtshof offen steht.

Im Zusammenhang mit Bundesstraßen und Hochleistungsstrecken soll die Trassen­verordnung durch einen einheitlichen Bescheid des Verkehrsministers ersetzt werden. Dies bedeutet eine weitergehende Konzentration des Genehmigungsprozesses bei


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solchen Straßen. Vor Erlassung eines Bescheides sind aber die davon berührten Län­der und Gemeinden zu hören.

Ein weiteres Anliegen des Entwurfes ist die klarere Regelung der Zuständigkeit der UVP-Behörden im Zusammenhang mit Enteignungen. Diese sollen in Zukunft in weni­gen Bereichen von der UVP-Behörde durchgeführt werden.

Durch diese Novellierung wird es zu einer Straffung des Verfahrens und somit zu einer Effizienzverbesserung kommen. Die Umweltverträglichkeitsprüfung hat sich in den zehn Jahren ihres Einsatzes zu einem effizienten Instrument der Umweltvorsorge und der Nachhaltigkeit entwickelt. Die UVP ist inzwischen anerkannter Standard bei der Genehmigung von Großvorhaben.

Insgesamt wurden in den letzten zehn Jahr zirka 620 Verfahren eingeleitet – eine ein­drucksvolle Bilanz, die zeigt, dass sich das UVP-Gesetz bewährt hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

15.01

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich unterbreche nunmehr die Verhandlung über diese Tagesordnungspunkte, damit die verlangte Behandlung einer Dringlichen Anfrage gemäß der Geschäftsordnung um 15 Uhr stattfinden kann.

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend 10 Jahre Bildungsministerin Gehrer – PISA-Absturz: Sind die Eltern schuld? (2381/J)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 2381/J.

Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Im Dezember 2001 wurde die erste PISA-Studie veröffentlicht. Die Ergebnisse der ös­terreichischen SchülerInnen lagen bei diesem Vergleich von 31 Ländern im guten Mit­telfeld. In Österreich grassierte das Cordoba-Placebo. Das Wichtigste schien vor allem für viele PolitikerInnen der ÖVP zu sein, dass Österreich besser als Deutschland abge­schnitten hatte. Die Kommentierung der deutschen Ergebnisse durch Bildungsministe­rin Gehrer fand auch in der deutschen Presse Beachtung:

„Die besten Ergebnisse im deutschsprachigen Raum verbuchte Österreich. Entspre­chend selbstzufrieden klangen die Wiener Reaktionen. ÖVP-Bildungsministerin Elisa­beth Gehrer beschränkte sich zunächst darauf, die Lehrerinnen und Lehrer zu loben. Ein wenig Spott über den Absturz Deutschlands konnte man sich nicht verkneifen.“ (Die Zeit)

Eine verantwortungsvolle Bildungspolitik hätte sich schon damals nach oben orientie­ren müssen statt einen Mittelfeldplatz zu feiern und sich selbst zu beweihräuchern. Statt dessen ließ BM Gehrer Plakate unter dem Titel "Österreichs Schulen zählen zu den besten Europas“ mit Presseartikeln drucken, die sich vielfach auf die einseitige Darstellung des Ministeriums stützten. Das Plakat enthielt auch ein Schreiben von Bil­dungsministerin Gehrer mit folgenden Zitaten: „In Europa zu den ersten fünf zu gehö­ren und weltweit zum obersten Drittel, zeigt, dass die österreichische Bildungspolitik Rahmenbedingungen geschaffen hat, die gute schulische Leistungen fördern.“ Und weiter: „Jetzt kommt es darauf an, sich nicht auf den Lorbeeren auszuruhen, damit wir


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beim nächsten PISA-Vergleich von einem der besten Plätze Europas zur Weltklasse aufrücken.“

Nach der Veröffentlichung der PISA-1-Studie im Jahr 2001 hat der EU-Bildungsminis­terrat im Frühjahr 2002 die Zielsetzung beschlossen, die Anzahl der leseschwachen SchülerInnen um 20 % zu reduzieren. Nach dieser Sitzung erklärte BM Gehrer diese Zielsetzung für zu wenig ambitioniert. Die Zahl der leseschwachen SchülerInnen in Österreich müsse nicht nur um 20 %, sondern sogar um 50 % reduziert werden.

Erreicht werden sollte das Ziel durch das Projekt Lesefit. Immer dann, wenn wir nach konkreten Maßnahmen in Folge der PISA-1-Studie gefragt haben, nannte BM Gehrer dieses Projekt. Für Lesefit wurden von 2002 bis 2004 insgesamt 280.000 Euro budge­tiert. Das Budget für das Jahr 2004 betrug 70.000 Euro. Mit dieser Schmalspurförde­rung konnten selbstverständlich keine breitenwirksamen Maßnahmen gesetzt werden. Lesefit ist kein Förderprogramm für leseschwache SchülerInnen. Das Programm die­ses in Kooperation mit dem Buchklub durchgeführten Projekts besteht im Wesentlichen aus einer Broschüre für Eltern und einem für Volksschulen entwickelten Lesetest. Hil­festellungen für die LehrerInnen oder zusätzliche Förderstunden sind nicht vorgese­hen.

Die Reaktion von Frau BM Gehrer auf die Ergebnisse der neuen PISA-Studie unter­schied sich wesentlich von jener im Jahr 2001. Jetzt waren nicht mehr die von der Bundesregierung geschaffenen Rahmenbedingungen verantwortlich, nein, diesmal waren die Eltern schuld. "Es gibt viele Bereiche, die zusammenwirken. Die Eltern sind dafür mitverantwortlich. Sie nehmen sich immer weniger Zeit für die Kinder und es müssen viele grundsätzliche Aufgaben von den Schulen und Lehrern übernommen werden", sagte die Ministerin dem STANDARD. (2. 12. 04)

Die wesentlichen Erkenntnisse aus PISA 2003

Schulkarriere

Erstmals weist die Österreichauswertung der PISA-Ergebnisse in den Bereichen Lesen und Naturwissenschaften eine Aufgliederung nach der bisherigen Schulkarriere auf. Diese Differenzierung ist von hoher Bedeutung, weil der Test bald nach einer wesentli­chen Schnittstelle im österreichischen Bildungssystem, nämlich dem Übergang von der 8. zur 9. Schulstufe gemacht wird. Die beunruhigend schlechten Ergebnisse im Bereich der polytechnischen Schulen und der Berufsschulen sind daher kaum auf den Unter­richt in diesen Schultypen zurückzuführen, sondern auf die vorangegangene Schulkar­riere.

Die Ergebnisse von vormaligen AHS-UnterstufenschülerInnen und HauptschülerInnen weisen enorme Unterschiede auf.

Punktemittelwerte von AHS-UnterstufenschülerInnen und HauptschülerInnen

Gebiet

AHS-Unterstufe

HauptschülerInnen

Mathematik

572

484

Lesen

567

465

Zum Vergleich: Im Jahr 2000 hatte Österreich bei der Lesekompetenz von 15jährigen ein Ergebnis von 507 Punkten, jetzt von 491 Punkten. Dieser Unterschied von 16 Punkten bewirkte einen Rückfall von Platz 11 auf Platz 20. Der Unterschied von 88 Punkten in Mathematik und ca. 100 Punkten in der Lesekompetenz zwischen AHS-


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UnterstufenschülerInnen und HauptschülerInnen ist um ein Vielfaches höher. In der Lesekompetenz ist dieser Unterschied größer als jener zwischen dem Siegerland Finn­land und Uruguay an 34. Stelle.

Von den „RisikoschülerInnen“ – d.h. jenen, die am schlechtesten abschnitten – besuch­ten im Bereich Mathematik und bei der Lesekompetenz jeweils nur 3 % vorher eine AHS. Die Mathematik-RisikoschülerInnen gingen zu 84 % in Hauptschulen, 13 % machten keine Angabe über die vorige Schulkarriere. Die RisikoschülerInnen im Be­reich Lesekompetenz besuchten zu 86 % vorher eine Hauptschule, 11 % machten kei­ne Angabe.

Schultypen

Auch wenn nach Schultypen differenziert wird, ist ein bemerkenswerter Trend festzu­stellen. Die Leistungen der AHS-SchülerInnen sind von PISA 1 bis PISA 2 konstant geblieben (leichte Steigerung in Lesen, leichter Rückgang in Naturwissenschaften, Mathematik wird wegen erweiterter Befragung nicht verglichen). Im Bereich Berufsbil­dende Höherer Schulen gab es zwar Rückgänge, mit Ausnahme der Mädchen in Na­turwissenschaften aber nicht signifikant. In Berufsbildenden Mittleren Schulen, Berufs­schulen und Polytechnischen Schulen sind die Rückgänge signifikant. Dramatisch ist dabei, dass die Ergebnisse der Burschen in diesen Bereichen regelrecht einbrechen.

Das früh segregierende österreichische Schulsystem führt zu immer größeren Leis­tungsstreuungen, weil die Unterschiede zwischen vormaligen HauptschülerInnen und AHS-UnterstufenschülerInnen enorm groß sind. Die Ergebnisse in den Schultypen mit geringeren Anforderungen wurden von 2000 bis 2003 signifikant schlechter. Ohne schulorganisatorische Änderungen ist diesem Problem nicht beizukommen.

Geschlechteraspekt

Die Aufschlüsselung nach Schultypen weist auf eine weitere sehr ernst zu nehmende Entwicklung hin. Die Burschen erbringen zwar aufgeschlüsselt nach Schultypen außer im Lesebereich bessere Ergebnisse. Während bei Mädchen der Trend zu höheren Ab­schlüssen allerdings anhält, ist das bei den Burschen nicht in diesem Ausmaß der Fall. Dadurch ergibt sich z. B. in dem Testbereich Problemlösen die auf den ersten Blick unerklärlich scheinende Situation, dass Burschen in allen Schultypen bessere Leistun­gen erbringen als Mädchen, die Mädchen aber im Gesamtergebnis besser liegen als die Burschen, weil mehr von ihnen Schulen mit höherem Bildungsniveau besuchen.

Österreich muss sich um eine stark wachsende Gruppe männlicher „Risikoschüler“ kümmern.

Schulorganisation

Schon die erste PISA-Studie hat auf schulorganisatorische Handlungsnotwendigkeiten in Österreich hingewiesen:

„Österreich und Deutschland sind Länder, in denen vom durchschnittlichen wirtschaftli­chen, sozialen und kulturellen Status der Schulen ein erheblicher Einfluss auf die Schülerleistungen ausgeht.“ (PISA 2001, S. 238)

„Um die Qualität und Gleichheit im Bildungswesen in solchen Ländern zu steigern, müsste den Unterschieden zwischen den Schulen besondere Aufmerksamkeit gewid­met werden. Der Abbau der sozioökonomischen Segregation zwischen den Schulen


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stellt eine mögliche Strategie dar, um diesem Problem beizukommen ..:“ (PISA 2001, S. 233)

Dennoch hat BM Gehrer, obwohl ihr diese Aufforderungen bekannt sein mussten, ihren Unwillen zur Veränderung auch öffentlich kundgetan: „Standard: Gibt es Ihnen zu den­ken, dass in der Pisa-Studie diejenigen Länder sehr gut abgeschnitten haben, die ein Gesamtschulsystem haben? Gehrer: Das Ergebnis zeigt, dass nicht die äußere Orga­nisation, sondern die Qualität des Unterrichts Grundlage für den Erfolg ist. (25. 1. 2002, Standard)

Die Zukunftskommission hat sich in Fragen der Schulorganisation kein Denkverbot auferlegen lassen, obwohl sie von BM Gehrer keinen Auftrag hat, über schulorganisa­torische Maßnahmen nachzudenken. Der Vorsitzende der Zukunftskommission, DDr. Haider, hat wiederholt darauf hingewiesen, dass es sich bei den Vorschlägen um ein Gesamtkonzept handle. Dennoch wurden nur jene Vorschläge von BM Gehrer auf­genommen, die sich in die Ideologie der ÖVP einordnen ließen.

Die schulorganisatorischen Vorschläge der Zukunftskommission

Nach Auffassung der Zukunftskommission sind beim „Repetieren“ die Nachteile deut­lich größer als die damit erzielten Vorteile. Es sollte daher nur noch zulässig sein, wenn SchülerInnen oder ihre Erziehungsberechtigten dies nach Beratung an der Schule ausdrücklich wünschen, oder wenn ein Schüler / eine Schülerin mindestens in zwei Gegenständen mit Nichtgenügend beurteilt wird und insgesamt in mehr als der Hälfte der Pflicht- und Wahlpflichtgegenstände keine bessere Note als Genügend aufweist.

Jedes Schulkind sollte gesetzlich einen Anspruch auf Betreuung auch über die Unter­richtszeit hinaus haben.

Der Vorsitzende der Zukunftskommission hat weitere Handlungsnotwendigkeiten ge­nannt:

SchülerInnen sollen in relativ heterogenen Gruppen stark individuell gefördert werden

Die Benachteiligung schwächerer SchülerInnen durch eine extrem frühe Segregation soll beendet werden.

Auch der internationale PISA-Chef Andreas Schleicher bezeichnet es als Problem, Schüler durch ein differenziertes Schulsystem "in Schubladen zu stecken". Dadurch habe der soziale Hintergrund in Österreich wesentlichen Einfluss auf die schulische Leistung. (6. 12. 2004)

BM Gehrer hat in der Vergangenheit genau gegenteilige Positionen vertreten: „Und ich kann Ihnen versprechen, wir werden auch in Zukunft der Gefahr widerstehen, Gesamt­schulen in Österreich einzuführen. Denn es zeigt sich ganz klar und deutlich: Ein diffe­renziertes, begabungsorientiertes Bildungssystem, mit allen Hilfen für sozial Schwä­chere und für Leistungsschwächere, ist der Bildungsweg in die Zukunft.“

Im September 2003 hat BM Gehrer Gesamtschulen strikt abgelehnt und sie als einen alten Hut bezeichnet. Gleichzeitig hat BM Gehrer der Opposition vorgeworfen, sie wolle „Zwangstagsschulen“ in ganz Österreich etablieren.

Die bisherige Haltung von BM Gehrer spricht nicht dafür, dass sie bereit ist die not­wendige Reformdiskussion ohne Scheuklappen zu führen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1. Im Jahr 2001 haben Sie nach der Veröffentlichung der PISA-1-Studie das Ziel for­muliert, es gehe jetzt darum, beim nächsten PISA-Vergleich von einem der besten


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Plätze Europas zur Weltklasse aufzurücken. Welches Ziel setzen Sie für Österreichs Ergebnis bei der nächsten PISA-Studie?

2. Wieso waren Sie 2001 der Meinung, dass kurzfristige Maßnahmen zu einer klaren Verbesserung der Ergebnisse innerhalb von 3 Jahren führen können, wenn Sie jetzt das Gegenteil behaupten?

3. Welche zusätzlichen finanziellen Mittel haben Sie nach dem EU-Bildungsministerrat im Jahr 2002 bereit gestellt, bei dem die Zielsetzung beschlossen wurde, die Zahl der leseschwachen SchülerInnen bis 2010 um 20 % zu reduzieren?

4. Wieso haben Sie nach diesem Bildungsministerrat vollmundig angekündigt, Öster­reich werde die Zahl der leseschwachen SchülerInnen nicht nur um 20 % sondern so­gar um 50 % bis 2010 reduzieren?

5. Glauben Sie tatsächlich, dass ein Projekt wie LeseFit mit einem Budget von 280.000 Euro in drei Jahren geeignet ist, substantielle Verbesserungen bei leseschwa­chen SchülerInnen herbeiführen zu können?

6. Wieso war Ihnen bei der Veröffentlichung der PISA-1-Studie der Vergleich mit Deutschland wichtiger als jener mit bildungspolitisch erfolgreichen Ländern?

7. Warum sind die Eltern schuld an den Ergebnissen der neuen PISA-Studie?

8. Sind Sie bereit, sich für die Schuldzuweisung an die Eltern zu entschuldigen?

9. Wie begründen Sie den enormen Unterschied zwischen den Ergebnissen von Schü­lerInnen, die eine AHS-Unterstufe besucht haben und jenen, die eine Hauptschule be­sucht haben?

10. Halten Sie die europaweit einzigartig frühe Aufteilung der SchülerInnen nach 4 Schulklassen angesichts dieser Ergebnisse für sinnvoll?

11. Wie begründen Sie die wesentlich schlechteren Ergebnisse der SchülerInnen in Polytechnischen Schulen, Berufsschulen und Berufsbildenden Mittleren Schulen?

12. Wie stehen Sie zum Vorschlag der Zukunftskommission, dass eine Klassenwieder­holung nur mehr zulässig sein soll, wenn SchülerInnen oder ihre Erziehungsberechtig­ten dies wünschen, oder wenn ein Schüler / eine Schülerin mindestens in zwei Ge­genständen mit Nichtgenügend beurteilt wird und insgesamt in mehr als der Hälfte der Pflicht- und Wahlpflichtgegenstände keine bessere Note als Genügend aufweist?

13. Wie stehen Sie zum Vorschlag der Zukunftskommission, dass jedes Schulkind ge­setzlich einen Anspruch auf Betreuung auch über die Unterrichtszeit hinaus haben sollte?

14. Wie stehen Sie zur Forderung von DDr. Haider, dass eine starke individuelle För­derung von Kindern in relativ heterogenen Gruppen erfolgen soll?

15. Welche Konsequenzen ziehen Sie aus der Klarstellung von DDr. Haider, dass die extrem frühe Segregation ein erheblicher Nachteil vor allem für schwächere SchülerIn­nen sei?

16. Wann werden Sie damit aufhören, pädagogisch innovative Konzepte als „alte Hüte“ zu bezeichnen und Ganztagsschulen als „Zwangstagsschulen“ zu diffamieren?

17. Aus welchem Jahr stammen die von Ihnen beim Vergleich mit Finnland in der Pressestunde verwendeten budgetären Daten (über die Ausgaben für Schulen)?

18. Wie sieht der budgetäre Vergleich (betreffend die Ausgaben für Schulen) mit Finn­land nach den in Österreich erfolgten massiven Kürzungen der letzten Jahre auf Basis der Daten des Jahres 2004 aus?


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19. Zum Abschluss eine von den Grünen für Sie entwickelte PISA-Frage: Wenn laut der letzten OECD-Studie „Bildung auf einen Blick 2004“ im Jahr 2001 in Österreich (unter Berücksichtigung der von der OECD verwendeten Kaufkraftparitäten) für Volks­schülerInnen pro SchülerIn 7.046 Euro und für alle anderen SchülerInnen 9.181 Euro ausgegeben wurden, wie hoch müssten die Gesamtausgaben für Schulen bei 387.408 VolksschülerInnen und 821.719 sonstigen SchülerInnen (die Daten stammen aus dem Schuljahr 2001/2002) sein?

20. Wie hoch ist die Differenz zwischen den sich aus der OECD-Studie errechnenden Gesamtkosten für Schulen und den im Bildungsbudget des Bundes enthaltenen Kos­ten?

21. Wie hoch waren die vom Bildungsministerium der OECD für das Jahr 2001 bekannt gegebenen Ausgaben für Schulen, die nicht im Bundesbudget enthalten sind (Schuler­haltung im Pflichtschulbereich, private Ausgaben, etc.)?

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Dr. Van der Bellen als erstem Fragesteller zur Begründung der Anfrage, die gemäß § 93 Abs. 5 der Geschäftsordnung 20 Minuten nicht überschreiten darf, das Wort.

 


15.01

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin Gehrer! Vor drei Jahren lag die erste PISA-Studie vor. Damals haben Sie die Ergebnisse so interpretiert, dass österreichische Schulen zu den besten Schulen Euro­pas gehören. Sie haben Plakate drucken lassen, denen lagen Schreiben von Ihnen bei, und dort stand unter anderem, dass die österreichische Bildungspolitik Rahmenbedin­gungen geschaffen hat, die gute schulische Leistungen fördern. Weiters haben Sie gesagt: „Jetzt kommt es darauf an, sich nicht auf den Lorbeeren auszuruhen, damit wir beim nächsten PISA-Vergleich von einem der besten Plätze Europas zur Weltklasse aufrücken.“

Ich zitiere das ohne große Schadenfreude, eigentlich ohne jede Schadenfreude, Frau Bundesministerin Gehrer, denn das, was die neue PISA-Studie über die Kompetenzen österreichischer Schülerinnen und Schüler aussagt, ist so deprimierend, dass ich die­ses Eingangszitat nur gebracht habe, um darauf hinzuweisen, Österreich hat einmal die Ergebnisse der PISA-Studie nicht ernst genommen. Damals waren wir bei angeb­lich sehr hohem Mitteleinsatz etwa am Ende des oberen Drittels. Da wurde das schön­geredet. Wir sollten das nicht ein zweites Mal tun. (Beifall bei den Grünen.)

Zur Erinnerung. Ich muss das noch einmal zitieren, sonst ist die Dramatik der Situation nicht wirklich verständlich zu machen, dass Österreichs Schulen im Bereich Mathema­tik vom 11. auf den 15. Platz, im Bereich Lesen vom 10. auf den 19. Platz, im Bereich Naturwissenschaften überhaupt vom 8. auf den 20. Platz zurückgefallen sind und im Bereich Problemlösung, der zum ersten Mal getestet wurde, mit Rang 15 genau im Mittelfeld, genau im Durchschnitt liegen.

Österreich ist also ganz generell in allen getesteten Kompetenzen zurückgefallen. Vor allem das Cordoba-Placebo von vor drei Jahren können wir uns diesmal wirklich spa­ren. Damals, vor drei Jahren, hat es geheißen, na gut, wir sind nicht überall perfekt, aber jedenfalls weit, weit vor Deutschland. – Das ist nach PISA 2 nicht mehr so. In Ma­thematik sind wir genau einen Rang vor Deutschland, im Lesen einen Rang hinter Deutschland, also praktisch gleichauf, im Bereich Naturwissenschaftskompetenzen liegt Österreich weit hinter Deutschland und im Bereich Problemlösung knapp hinter Deutschland.


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Wenn man alle drei deutschsprachigen Länder heranzieht – Deutschland, Österreich und die Schweiz –, dann sieht man, es schneidet die Schweiz eindeutig am besten ab, dann kommt die Bundesrepublik Deutschland und dann erst Österreich.

Meine Damen und Herren! Dieses dramatische Abstürzen finde ich beunruhigend, aber noch beunruhigender finde ich das, was sich hinter den Durchschnittszahlen verbirgt. Das hat sich schon bei der PISA-1-Studie vor drei Jahren abgezeichnet. Wie schnei­den österreichische Schülerinnen und Schüler erstens im obersten Bewertungsbereich und zweitens im untersten Bewertungsbereich ab? – Schon vor drei Jahren waren die Alarmzeichen nicht zu übersehen, dass Österreichs Schülerinnen und Schüler im obersten Bereich zwar ganz guter Durchschnitt sind, aber bei weitem nicht so gut ab­schneiden wie etwa Australien, Neuseeland – Finnland sowieso – und sogar das Ver­einigte Königreich, das ja bekanntlich auch nicht gerade eine homogene Bevölkerung aufweist.

Im untersten Bereich, zum Beispiel beim Lesen, wo man sagen muss, wir bilden de facto etwas heran, was man fast als – ich möchte niemandem zu nahe treten –„funktionale Analphabeten“ bezeichnen muss, Leute, die zwar lesen können, aber den Text nicht verstehen, waren wir schon damals überdurchschnittlich besetzt. Das Er­gebnis in der neuen Studie, meine Damen und Herren, ist nun schlichtweg katastro­phal, wenn wir nur die Lesekompetenz heranziehen. Österreich hat da bei den 15- und 16-Jährigen 20 Prozent dieser untersten Kategorie zuzuordnen, das heißt also, jener Kategorie, bei welcher der PISA-Test gerade noch testen kann, dass überhaupt eine Lesekompetenz vorliegt, beziehungsweise zur Schlussfolgerung kommt, dass die Kenntnisse, die Kompetenzen so schwach sind, dass man sie gar nicht testen kann.

20 Prozent eines Jahrgangs fallen in diese Kategorie, meine Damen und Herren! Das sind in absoluten Zahlen rund 18 000 Burschen und Mädchen, die wir auf diese Art in die Arbeitswelt, in die Lebenswelt entlassen?! Wie werden sie auch nur einfache Ar­beitsanweisungen schriftlicher Art verstehen und befolgen? – Was hier heranwächst, ist eine Art Hilfsarbeiterkolonne, wenn man so will, der nächsten 10, 15, 30 Jahre.

Vor 30 Jahren wäre das vielleicht noch nicht so schlimm gewesen, denn damals hat es diese Hilfsarbeiterjobs gegeben, aber heute wissen wir doch, dass deren Zahl Jahr für Jahr abnimmt und dass sich gerade in diesem Bereich für die wenig Qualifizierten, für die wenig Gebildeten immer weniger Jobs auftun. Das ist ein Alarmzeichen allerhöchs­ten Ranges! Ich finde, das geht uns alle an. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Gusenbauer.)

Das geht uns alle an, nicht nur die Eltern dieser betroffenen Kinder, sondern uns alle, auch uns eher höher Gebildete hier, nehme ich einmal an, die 183 im Nationalrat, de­ren Kinder vielleicht nicht in diese Kategorie fallen. Es darf und kann uns nicht gleich­gültig sein, was da passiert. Abgesehen davon ist überhaupt nicht einzusehen, dass es passiert. Wieso sind in Neuseeland und Australien um ein Drittel der SchülerInnen, in Finnland um drei Viertel weniger in dieser untersten Kategorie?

Wie waren die ersten Reaktionen? – Ich will mich nicht sehr lange damit aufhalten, aber ein bisschen befremdend war es schon, was passiert ist. Der von mir ansonsten geschätzte Ex-Minister Busek meinte, die 68er-Generation sei schuld. Jetzt zähle ich mich zu diesen 68ern; ich war damals genau im richtigen Alter, 24. Meine Kinder sind längst aus der Schule draußen. Ich weiß nicht, warum meine Generation für diese Er­gebnisse der 15- und 16-Jährigen verantwortlich sein soll. Lassen wir es dabei bewen­den! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Frau Bundesministerin, von Ihnen kam eine ganz befremdende Aussage: Die Eltern sind – ich weiß nicht – schuld, verantwortlich, mitverantwortlich. – Ich entnehme der heutigen Ausgabe des „Standard“, dass Ihre Äußerungen redigiert worden sind. Es ist


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Ihr gutes Recht, das zu tun, aber ich bitte Sie, die Gelegenheit heute zu nutzen, das klarzustellen.

Die Eltern sind an diesem Ergebnis weder schuld noch dafür verantwortlich. Heutzuta­ge müssen Vater und Mutter arbeiten. Wir lesen jeden Tag in der Zeitung, noch mehr Flexibilität wird gefordert, die Handelsangestellten sollen am besten nur auf Abruf ar­beiten und ihre Zeit mit den Kindern dann schon gar nicht mehr planen können. Jeder Feiertag wird in Frage gestellt, vom Sonntag bis – was war gestern? – Maria Empfäng­nis. Und da sollen die Eltern heutzutage auch noch die Rolle der Lehrer und der Schule übernehmen? (Abg. Scheibner: Jetzt habt ihr es euch mit der ÖVP auch verscherzt!) – Die Eltern von solchen Kindern, die ich kenne, haben ohnehin ein schlechtes Gewis­sen, Frau Bundesministerin, weil sie mit all diesen Anforderungen – allein zeitlicher Art, aber auch qualitativer Art – zunehmend schwer umgehen können. Und denen halsen Sie jetzt die Verantwortung auf?! Ich bitte Sie, diese Aussage heute eindeutig zurück­zunehmen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Es konnte ja nicht ausbleiben, dass sich Finanzminister Grasser zu Wort meldet: Die Lehrer sind schuld! Die Lehrer haben eh so lange Ferien, die sollen gefälligst mehr arbeiten. Und – das schwingt dann immer so mit – wir zahlen eh genug, nicht nur an die Lehrer und Lehrerinnen, sondern für das gesamte Schulsystem. Wir geben eh so viel Geld aus. Die PISA-Studie zeigt das ja unter anderem. – So Grasser.

Mein Kollege Dieter Brosz, angeregt durch das Phänomen, dass wir doch angeblich Weltspitze bei den Pro-Kopf-Ausgaben pro Schüler und Schülerin sind, aber dafür nur ein unterdurchschnittliches Ergebnis erzielen, fragte sich: Wie ist das möglich? Er stell­te dabei unter Anwendung der Grundrechnungsarten eine Berechnung an, die nicht allzu schwer nachzuvollziehen ist und auch heute im „Standard“ steht.

Frau Ministerin Gehrer, nehmen Sie die angeblichen Pro-Kopf-Ausgaben, die in der PISA-Studie und auch im OECD-Bericht „Bildung auf einen Blick“ stehen! Das sind Zahlen, die ja nicht die OECD erfindet, sondern die vom Bildungsministerium an die OECD gemeldet werden. Das ist eine einfache Sache der Multiplikation: Volksschüler mal x, Unterstufe, also Sekundarstufe 1 mal y und so weiter. Wenn Sie diese Zahlen multiplizieren, kommen Sie auf – sage und schreibe! – rund 10 Milliarden €. Streiten wir uns nicht über ein paar Millionen Euro auf oder ab! Das sind rund 10 Milliarden € für das Schulsystem insgesamt.

Jetzt denke ich: Kann das stimmen? Wer weiß das? Erinnerungen können täuschen. Schau nach in den Übersichten zur Budgetrede! Die Übersicht 25 – das ist das Jahr 2001, denn darauf beziehen sich die Daten – weist 5 Milliarden € für die Schulen insgesamt aus. Das ist sogar inklusive Sekundarstufe 2, die ja hier gar nicht behandelt wird, also den über 15-Jährigen. In der Übersicht 18 sind es rund 5,6 Milliarden €. Die Gemeinden zahlen noch extra etwas, die privaten Ausgaben müssen vielleicht noch extra dazugefügt werden. – Soll sein! Vielleicht kommen wir auf eine Größenordnung von 6,5 Milliarden €.

Aber 3 bis 4 Milliarden € österreichischer Schulausgaben verschwinden irgendwo, so wie das Wasser, wenn man gebadet hat, in der Badewanne in diesem schwarzen Loch verschwindet? (Zwischenruf der Abg. Sburny.) – Grasser hat sich einmal um eine Mil­liarde bei den Steuereinnahmen geirrt. Da sage ich, das kann noch leichter passieren. Aber bei öffentlichen Ausgaben verschwinden 3 bis 4 Milliarden €? Frau Ministerin, Sie haben jetzt Gelegenheit, das aufzuklären!

Haben Sie vielleicht irrtümlich die Pensionen der Lehrer und Lehrerinnen dazugerech­net? Das wäre natürlich eine krasse Missinformation der Weltöffentlichkeit. Hat viel­leicht jemand übersehen, dass es zu Doppelzählungen kommen kann, wenn die Lan­deslehrer einerseits beim Bund, andererseits wieder beim Land gezählt werden? Keine


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Ahnung, was hier passiert ist! Haben Sie vielleicht die Universitätsausgaben und den gesamten Forschungssektor dazugezählt? – Wir reden hier von den Volksschulen, den Hauptschulen und den Gymnasien der Sekundarstufe 1 bis zur vierten, fünften Klasse, und von nichts anderem.

Mit anderen Worten: Wir haben die Zahlen gegenüber der OECD und eigentlich auch gegenüber uns selber – denn bis gestern habe zumindest ich selber geglaubt, dass Österreich so viel ausgibt – schöngeredet. Diese stimmen gar nicht! Österreich gibt durchschnittlich viel für seine Schulen aus und bekommt dafür ein leicht unterdurch­schnittliches Ergebnis. Das lässt die Zahlen von Grasser, wie sehr wir doch Weltspitze bei den Bildungsausgaben generell seien, jetzt in einem völlig anderen Licht erschei­nen. Wir geben nicht so viel aus, wie behauptet wurde. Wir sind bescheidener Durch­schnitt, und dafür bekommen wir bescheidene Ergebnisse.

Die Kürzungen der letzten Jahre beim muttersprachlichen Zusatzunterricht, bei den Begleitlehrern, bei den musischen Fächern, bei der Hilfeleistung für die Integration wie auch immer behinderter Kinder, diese Zahlen erscheinen zumindest für mich nun in einem völlig anderen Licht als zuvor.

Meine Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Ich hoffe, mich nicht zu irren und zu täuschen, wenn ich meine, dass PISA 2 einen Schock ausgelöst hat und einen Schock auslösen sollte bezüglich der Kompetenzen unserer Kinder und Jugendlichen, wenn sie 15, 16 Jahre alt sind. Und ich hoffe, dass wir uns alle, das heißt, alle vier im Parla­ment vertretenen Parteien, die Regierungsparteien genauso wie die Oppositionspar­teien, zusammensetzen, auch die Gewerkschaften, allfällige NGOs in diesem Sektor, wer auch immer betroffen ist, und uns, ohne an die Vergangenheit zu denken, unsere Positionen anschauen, die wir in der Vergangenheit zu Recht oder Unrecht vertreten haben. Wir sollen uns mit Leidenschaft diesem Thema widmen, aber ohne leiden­schaftlich alte, vielleicht ideologisch berechtigte oder unberechtigte Positionen zu ver­treten. Dieses PISA-Ergebnis muss uns doch alle wachrütteln und dazu bewegen, wir wollen für unsere Kinder – in meinem Alter schon bald für die Enkel – Ergebnisse erzielen, bei denen nicht 20 Prozent der Kinder quasi unter den „Rost“ fallen, bei denen die Spitzenbegabungen besser gefördert werden als jetzt, bei denen wir mit einem hoffentlich überdurchschnittlichen Einsatz auch überdurchschnittliche Ergebnisse erzie­len – und das meine ich nicht nur auf die Leistung bezogen.

Natürlich sollen und müssen wir die vorläufigen Resultate der Zukunftskommission sehr ernst nehmen. Die leidigen Fragen sind: Wann muss ein Kind repetieren, also die Klasse wiederholen? Wann muss es ein Jahr seines Lebens für im Prinzip die gleiche Tätigkeit einsetzen? Das sind ja gravierende Entscheidungen! Und die Zukunftskom­mission empfiehlt mit Recht, dieses Repetieren deutlich zu reduzieren.

Dass die Kinder individuell gefördert werden und dass wir den Unterricht nicht an einem imaginären Durchschnitt ausrichten, das sind, so glaube ich, einleuchtende Argumente. Niemand muss da ausgebildeter Pädagoge sein, um das zu verstehen und für richtig zu halten. Das geht bis hin zur Frage: Zeigt nicht die PISA-Studie ganz deut­lich, dass die Trennung der Schülerkarrieren, der Schülerlaufbahn ab einem Alter von zehn Jahren nach der Volksschule zu früh ist und dass alle anderen Länder unter sonst gleichen Umständen bessere Ergebnisse erzielen, die diese frühe Trennung nicht vor­nehmen?

Ich verwende jetzt gar nicht die Reizworte, die in diesem Zusammenhang existieren. Ich möchte das vermeiden. Ich möchte, dass die österreichischen Schulen besser wer­den, dass die Kinder und Jugendlichen in der Schule etwas lernen; aber das ist nicht das Einzige. Mir geht es nicht darum – vielleicht überrascht Sie das, weil ich von mei­ner Ausbildung her Ökonom bin –, was ich ganz bestimmt nicht möchte, ist, dass Schu-


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len als Denkfabriken verstanden werden, wo man die Kinder wie Arbeiter hineinschickt. Dann drehen sie an irgendwelchen Rädern – ich karikiere das jetzt natürlich – und dann kommen sie mit einem größeren Wissen heraus.

PISA testet ja gar nicht Wissen, PISA testet etwas anderes. PISA testet Verständnis. Und das ist etwas ganz anderes als Wissen. Hier wird die Anwendung von Wissen, die Interpretation, die Analysefähigkeit getestet, aber nicht Wissen an sich. Um diese Fähigkeiten zu verstärken, glaube ich, müssen wir viel mehr Gewicht auf die nicht unmittelbar kognitiven Fächer, auf die musischen Fächer, auf die Sprachausbildung legen. Als Ökonom sage ich das.

Es gibt ein sehr interessantes Projekt der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, das genau auf diese Fähigkeiten der Kinder abzielt. Ich meine, hier sind wirklich große Umwegrentabilitäten möglich, genauso wie in der sportlichen Erziehung, die über die Motorik und den Kameradschaftsgeist viel bewirken kann. Das ist auch Schu­le. Und wenn wir Schule so umfassend und ganzheitlich verstehen, dann werden beim nächsten Mal, bei PISA 3, die Testergebnisse, was die Gefühle der Demütigung, des Zurückgesetztseins, der Kränkung in der Schule betrifft, nicht so ausfallen, wie sie jetzt ausgefallen sind. Auch das ist ein Ergebnis, das man mindestens oder genau so ernst nehmen muss wie die Frage der Mathematik, der Lesekompetenz und der Naturwis­senschaften. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Frau Ministerin Gehrer! Wenn ich mich nicht irre, steht auf dem Briefkopf Ihres Ministe­riums „Das Zukunftsministerium“. (Abg. Dr. Jarolim: Das ist ein Zynismus!) Ich hoffe, dass das kein Zynismus ist. Ich glaube, Sie haben nicht mehr viel Gelegenheit, ja ich glaube, es ist dies die letzte Gelegenheit, zu beweisen, dass Sie einem Zukunftsminis­terium vorstehen wollen, dass Sie sich so auch verstehen, dass Sie sich nicht verste­hen als Vertreterin, als Ministerin, als Repräsentantin einer verzopften Dogmatik oder einer dogmatischen Verzopftheit. Das ist die letzte Chance, Frau Bundesministerin Gehrer, die Sie haben. Wenn wir so weitermachen, dann kann ich mir nur zu gut vor­stellen, wie die PISA III-Ergebnisse lauten werden, und das darf und kann uns nicht egal sein – selbst wenn, Herr Kollege Molterer, unsere Kinder, Ihre, meine und von wem auch immer, vielleicht nicht davon so betroffen sind, denn die AHS-Schüler der fünften und sechsten Klasse haben nicht schlechter abgeschnitten als das letzte Mal. (Abg. Dr. Brinek: Eben!) Aber die Kinder aller anderen zählen genauso viel, und die­sen 20 Prozent, die wir jetzt sozusagen in die Welt entlassen, in die Arbeitswelt, mit völlig unzureichenden Kernkompetenzen, müssen wir uns mit jener Ernsthaftigkeit widmen, die diese Frage verdient. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Ab­geordneten der SPÖ.)

15.22

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zur Beantwortung der Dringlichen Anfrage hat sich Frau Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer zu Wort gemeldet. Ihre Redezeit soll 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Frau Mi­nister.

 


15.22

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte zuerst meinem Vorredner dafür danken, dass er Ansätze gebracht hat, wohin wir gemeinsam weitergehen wollen. Es geht um die Ju­gend, es geht um die Zukunft, es geht um die Verbesserung der Unterrichtsqualität. Doch da zeigt sich eine etwas unterschiedliche Auffassung zwischen uns beiden. PISA überprüft Grundlagenwissen, das miteinander verknüpft wird zur Lösung von Aufga­ben. PISA überprüft keine musischen Fähigkeiten, PISA überprüft keine sozialen Kom­petenzen, PISA überprüft auch nicht all die anderen Bereiche, die zur Persönlichkeits-


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bildung dazugehören, und deswegen müssen wir, glaube ich, diesen Teilbereich sehr ernst und sehr kritisch sehen, wir müssen aber auch sehen, dass zur Schule noch mehr dazugehört, noch viel mehr dazugehört. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitli­chen.)

Erstens: Dass wir in unseren Schulen ein Klima haben, in dem sich die Schüler und Schülerinnen wohl fühlen, das hat bereits die WHO-Studie ergeben. Unsere Schüler fühlen sich in den Schulen wohl, wohingegen sich in Finnland die Schüler in den Schu­len überhaupt nicht wohl fühlen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.) Es gibt eine WHO-Studie darüber, und ich bitte Sie, diese nachzulesen.

Zweitens: Was ich vehement zurückweise, ist der ständige Hinweis (Abg. Dr. Jarolim: Das ist peinlich! – Abg. Dr. Brinek – in Richtung des Abg. Dr. Jarolim –: Lesen!) auf die Kürzungen, die sich jetzt auswirken. Sie wissen ganz genau, dass die Schüler und Schülerinnen, die jetzt überprüft worden sind, in keinem Jahr in einer Schule waren, in der irgendetwas gekürzt worden ist, weil wir die Stundenentlastung im Jahr 2003/2004 durchgeführt haben. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim. – Abg. Dr. Bri­nek – in Richtung des Abg. Dr. Jarolim –: Lesen!) Diese Schülerentlastungen sind von Erziehungswissenschaftlern gefordert worden und von der Opposition – ich schicke Ihnen gerne all Ihre Presseaussendungen zu (Zwischenruf des Abg. Brosz) – ebenfalls vehement gefordert worden, und die Gewerkschaftsjugend und die AKS haben bei mir demonstriert und haben gesagt: Entlasten Sie endlich die Schüler und Schülerinnen, die haben eine längere Arbeitswoche als Erwachsene! – Soweit zu dieser Frage.

Außerdem stelle ich noch nachdrücklich fest, dass gerade im Pflichtschulbereich die Stunden, um die wir die Schüler entlastet haben, an den Schulen verblieben sind. Ich habe daraus keinen Vorteil gezogen, und im Bundesschulbereich haben wir dafür 72 Millionen € für eine Technologieoffensive und 72 Millionen € für die Qualitätsent­wicklung, für die Leadership Akademie, für die Zukunftskommission zur Verfügung ge­stellt.

Meine Damen und Herren! Es sind an mich genau 21 Fragen gestellt worden, und ich will jetzt versuchen, in den 20 Minuten, die mir insgesamt zur Verfügung stehen, diese 21 Fragen zu beantworten. Ich bitte um Entschuldigung, wenn ich nicht jede Frage vorlese und wenn ich manchmal etwas kürzer antworte, damit ich mit der Zeit durch­komme.

Zur Frage 1:

Das Ziel für die nächste PISA-Studie ist es, besser zu werden.

Zur Frage 2:

Wie auch Professor Haider feststellte, können Projekte in drei Jahren keine Auswir­kung auf PISA-Erhebungen haben, weil einfach die Vorlaufzeit viel länger ist.

Zur Frage 3:

Die Zielsetzung, die Zahl der Leser und Leserinnen, die schlecht lesen, bis zum Jahr 2010 zu halbieren, finde ich äußerst wichtig und äußerst richtig, denn Lesen ist die wichtigste Kulturkompetenz, die wir kennen. (Abg. Dr. Van der Bellen: Das war nicht die Frage!)

Zur Frage 4 (Abg. Öllinger: Das war keine Antwort!) – ich bin jetzt bei der vierten Fra­ge –: Was wurde alles gemacht?, und das gehört zur dritten Frage dazu.

Es wurde bedeutend mehr als die 280 000 € ausgegeben, und es zeigt sich halt wie­der, dass nicht alles nur mit Geld messbar ist, sondern es geht darum, Projekte umzu­setzen und die Schüler zu fördern. Es gibt den Förderunterricht an unseren Pflichtschu-


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len nach Leseüberprüfung. Es gibt die Zuschläge für Kinder mit nicht deutscher Mutter­sprache. Es gibt die Lesemesse „Lesetopia“, die jedes Jahr durchgeführt wird. Es gibt die Lehrerweiterbildung im Lesescreening. Wir haben das Lesescreening erarbeitet und gekauft. Wir haben eine Informationsbroschüre und Lesebroschüre für alle Eltern gemacht. Wir haben die Lehrerausbildung auch dahin gehend erweitert, dass die Leh­rer das Lesefördern machen.

Wir werden in den nächsten Jahren 2 Millionen € jährlich ... Na, Moment, wie viel ist es? Wir werden in den nächsten Jahren 12 Millionen € jährlich für zusätzliche Förder­maßen ... 2 Millionen € (Abg. Öllinger: 12 oder 2?) 12 Millionen €. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Moment! 48 Millionen € in vier Jahren. Wir werden 12 Millionen € jährlich ausgeben. (Abg. Riepl: 4 mal 12 ist 48! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsi­dent Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen.)

Wir werden 12 Millionen € jährlich zusätzlich für etwa 450 Dienstposten ausgeben. Wir haben die Methodik in den Volksschulen in der Richtung geändert, dass es weniger Lückentexte gibt, dass weniger kopiert wird, dass es wieder mehr Tafelbilder gibt und dass die Schüler auch wieder in ein Heft hineinschreiben. – Das ist die Antwort auf die Fragen 3 und 4. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Das ist die Antwort auf PISA?)

Zur Frage 5 muss ich feststellen, dass, wie zur Frage 3 bereits erwähnt, zu den 280 000 € die 12 Millionen € jährlich noch dazuzuzählen sind, sodass enorme Gelder für die Förderung der schwächeren Schüler und Schülerinnen ausgegeben werden.

Zur Frage 6 ist festzustellen, dass wir selbstverständlich schauen, welche Länder gut sind, dass wir aber nicht Länder kopieren, sondern unser Schulsystem weiterentwi­ckeln. Sehr wichtig ist für uns das Beispiel Niederlande, die auch ein differenziertes Schulsystem haben und die gut liegen.

Zu den Fragen 7 und 8 stelle ich Folgendes fest – und diese Fragen möchte ich ganz eindeutig beantworten –:

Ich habe nie den Eltern irgendeine Schuld zugewiesen. Ich darf vorlesen, was ich in der „Pressestunde“ gesagt habe.

Erstes Zitat:

Wir haben daraufhin sofort aktiv reagiert, nämlich auf die PISA-Studie, und das ist es, glaube ich, was man tun muss, und nicht Schuldige zu suchen, nicht Schuldzuweisun­gen quer durch alle Schulpartner und in allen Schulbereichen zu machen, sondern ak­tiv zu sagen, was geändert werden muss, was verändert werden muss. – Zitatende.

Zweites Zitat:

Es geht im Schulbereich nicht, dass man nur einen Hebel umlegt, dass dann alles an­ders ist, da müssen viele Hebel umgelegt werden, es muss an vielen Schrauben ge­dreht werden. Und ich brauche viele gut motivierte Lehrerinnen und Lehrer, die ihr Bes­tes geben – ich danke allen Lehrerinnen und Lehrern, die das in Österreich tun!; das ist ein Einschub zu meinem Zitat (Abg. Öllinger hält die Titelseite einer Ausgabe des „Standard“ in die Höhe und deutet darauf) –, und ich brauche Eltern und eine Gesell­schaft, die sich für die Schule interessieren und die den Lehrern und Lehrerinnen Wertschätzung entgegenbringen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Öllinger hält neuerlich die erwähnte Titelseite des „Standard“ in die Höhe.)

Ich brauche vor allem auch Menschen, die nicht alles glauben, was irgendwo geschrie­ben wird. (Zwischenrufe bei den Grünen.)


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Zur Frage 9:

Das PISA-Zentrum ist mit einer vertieften Auswertung beauftragt.

Zur Frage 10:

Auch diese Frage werden wir im Rahmen der Zukunftskommission diskutieren. Es ist in Europa nicht einzigartig, ich verweise auf die Niederlande.

Zur Frage 11:

Das ist ebenfalls Gegenstand der Analysen durch das PISA-Zentrum.

Zur Frage 12:

Da wurde etwas vergessen. Auf Seite 76 der Arbeitsergebnisse der Zukunftskommissi­on steht nämlich: Die Erfüllung der Leistungsanforderung ist durch Nachprüfung nach­zuweisen.

Wir werden über diese Gesamtfrage diskutieren, und ich darf Ihnen sagen: Ich bin auch daran interessiert, dass die Schüler möglichst viele Erfolgserlebnisse haben, dass sie möglichst wenig negative Erlebnisse haben, und wir haben deshalb das Frühwarn­system bereits in das erste Semester verlegt.

Zur Frage 13:

Wir sind auf einem guten Weg dazu. Wir haben 10 000 Betreuungsplätze heuer mehr ermöglicht. 1 800 Betreuungsplätze wurden noch nicht abgerufen. Wenn es nächstes Jahr weitere Betreuungsplätze braucht, werden wir sie zur Verfügung stellen.

Zur Frage 14:

Herr Professor Dr. Haider, mit dem ich heute telefoniert habe, sagt, die Individualisie­rung und die Unterrichtsqualität seien das Wesentliche.

Zur Frage 15:

Auch zu dieser Frage ist festzustellen, dass wir in erster Linie die Unterrichtsqualität verbessern wollen und uns nicht mit einem einfachen Austausch von Türschildern eine Verbesserung erwarten.

Zur Frage 16:

Ich habe nie irgendjemanden diffamiert. Das weise ich zurück! Ich bin sehr für pädago­gisch innovative Konzepte.

Zur Frage 17:

Zu den budgetären Daten möchte ich jetzt ganz klar Folgendes festhalten: Wir haben genau untersucht, wie diese Vergleiche zustande kommen. Die Datenerhebung ist in­ternational genormt. Die Datenerhebung wird von der Statistik Austria durchgeführt. In der Datenerhebung sind enthalten: die Bundesausgaben für das Personal, die Bun­desausgaben für die Verwaltung, die Bundesausgaben für die Schulerhaltung und den Schulbau, die Ausgaben für das Lehrpersonal in den Ländern, die Ausgaben der Ge­meinden für 5 000 Pflichtschulen für die Schulerhaltung und die Ausgaben für die Pen­sionsanteile. Das ist international gleich. (Abg. Öllinger: Ach! – Abg. Dr. Van der Bel­len: Was heißt „Anteile“?) Die Pensionsanteile, die für den Schulbereich anfallen, sind ebenfalls von der Statistik Austria erhoben, und das ist international so genormt und ist international gleich, und das ist nach meiner Information – ich habe mich sehr genau erkundigt – in all diesen internationalen Daten dabei.

Deswegen ist meiner Meinung nach die von den Grünen entwickelte PISA-Frage zu einfach, weil die Datenerhebung auf einer sehr breiten Basis steht und international


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genormt ist. Sie wird von der Statistik Austria vorgenommen. Aus diesem Grunde kann die Frage 20 auch nicht in der Richtung, in die sie gestellt wurde, beantwortet werden.

Das Bildungsbudget ist ein Teil dieser Vergleichszahlen, die anderen Teile sind bei den Ländern, sind bei den Gemeinden, auch von der Schulerhaltung her, und zwar für 5 000 Pflichtschulen in den Ländern und in den Gemeinden. Die privaten Ausgaben sind in der gesamten Statistik ebenfalls enthalten, und das alles wird von der Statistik Austria erhoben.

Meine Damen und Herren! Ich habe versucht, möglichst effizient die 21 Fragen zu be­antworten.

Ich möchte am Schluss noch einladen, und zwar einladen zu einem konstruktiven Ge­spräch, einladen, die Scheuklappen auf allen Seiten abzulegen, und vor allem möchte ich dazu einladen, dass alle dazu beitragen, ein konstruktives Klima für Bildung zu schaffen.

Wir haben durch die Bildungsdiskussion, die jetzt läuft, die einmalige Chance, ein kon­struktives Klima für Bildung in Österreich zu schaffen, vermehrtes Interesse an Bildung zu erreichen. Wir haben die einmalige Chance, Bildung stärker in das Bewusstsein zu bringen. Und wir haben die einmalige Chance, dass wir den Lehrerinnen und Lehrern, all den Schulpartnern, allen Schulen in der Öffentlichkeit wieder verstärktes Augenmerk schenken und verstärkte Achtung zukommen lassen. Arbeiten wir gemeinsam daran! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.35

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner länger als 10 Minuten sprechen darf, wobei jedem Klub eine Gesamtredezeit von 25 Minuten zukommt.

Zu Wort gemeldet hat sich als Erster Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte. (Abg. Groß­ruck – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Brosz –: Kommen Sie nicht mit der Demonstration! Sachschaden und Verwüstung! – Gegenruf des Abg. Dr. Jarolim. – Abg. Großruck: Die eigenen Leute sind in die Stadt gezogen und haben alles verwüstet!)

 


15.35

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Frau Bildungsministerin! Viel­leicht kann man dann feststellen, welche Zwischenrufe Herr Großruck gemacht hat. Das reicht für eine ganze Liste von Ordnungsrufen, wenn schon wieder mit „Gewaltge­schichten“ argumentiert wird. Aber lassen wir das! (Abg. Großruck: Die Studenten haben eine Spur der Verwüstung hinterlassen!)

Frau Bildungsministerin! So einfach werden Sie uns bei den Budgetdaten nicht eine Erklärung schuldig bleiben können!

Ganz einfach: Man nehme die Daten, die das Bildungsministerium ganz offiziell veröf­fentlicht hat. Hier (der Redner hält eine Graphik in die Höhe) sehen Sie Schuldaten des Bildungsministeriums des Jahres 2001. Da sind Ausgaben pro Kopf, pro SchülerIn ent­halten. Das kann man sich gut anschauen. Das beträgt zum Beispiel im gesamten Pflichtschulbereich 3 852 € für das Jahr 2001.

Der OECD oder der Statistik Austria – das ist mir ziemlich egal, denn die Verantwor­tung liegt beim Bildungsministerium – haben Sie die Zahl „7 046 €“ übermittelt. Das ergibt eine Differenz von 3 000 €.


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Ich habe heute im Übrigen mit Herrn Dr. Andreas Schleicher telefoniert, seines Zei­chens Bildungsvorsitzender in der OECD, und er hat mir auf die Frage, ob die Pensi­onszahlungen einzurechnen sind, eindeutig die Antwort gegeben: Nein, das ist unzu­lässig!

Das Einzige, das Sie einrechnen können, ist der fiktive Anteil zu den Bezügen. Das werden zirka 10 Prozent sein. Na gut, rechnen wir den dazu, dann ergibt sich noch immer eine Differenz von mehreren Milliarden Euro, und das haben Sie hier im Rah­men dieser Debatte über unsere Dringliche Anfrage nicht erklärt. Die Antwort auf diese Frage ist noch ausständig, und Sie werden in den nächsten Tagen sicher nicht umhin­können, die richtigen Zahlen zu nennen, anstatt zu sagen: Wir müssen da irgendwie schauen, wie wir neu umschichten können!, wenn feststeht, dass Österreich keine überdurchschnittlich hohen, sondern höchstens solche Bildungsausgaben hat, die im OECD-Durchschnitt liegen. (Beifall bei den Grünen.)

Das war nur ein Teil der unrichtigen Angaben. Das kann man dann noch genau durch­rechnen.

Im Übrigen: Sie sagten hier so nebenbei salopp, wir hätten immer gefordert, dass die Zahl der Unterrichtsstunden gekürzt werden soll. – Soll ich Ihnen zu den Unterrichts­stunden etwas sagen? Können Sie sich noch erinnern, welche Diskussion wir vor einem Jahr hatten, bei welcher es um die Frage gegangen ist, weshalb denn die OECD schreibt, dass Österreich Unterrichtsstunden hat, deren Zahl bei weitem die höchste in Europa ist?

Wir haben da das Gleiche gemacht: Wir haben uns einen Zettel genommen, haben zusammengerechnet und sind draufgekommen, Sie berichten der OECD, die 8. Schul­stufe in Österreich, also die 4. Klasse Hauptschule oder die 4. Klasse Unterstufe Gymnasium, hätte durchschnittlich 42 Wochenunterrichtstunden pro SchülerIn. Da nimmt man sich halt die Stundentafel her, schlägt nach, und da findet man 33 Unter­richtsstunden. Das ist zwar ein kleiner Unterschied, aber das macht ja nichts, es sind ja nur 30 Prozent Unterschied.

Wenn Sie sagen, das Ergebnis dieser PISA-Studie habe mit den Stundenkürzungen nichts zu tun, dann muss ich Ihnen sagen: Sie wissen, aus welchen Jahren die Daten stammen, nämlich aus den Jahren davor. Für den Zeitraum von 2000 auf 2001, wo es keine Stundenkürzung gegeben hat, hat die OECD die Zahl der Unterrichtsstunden revidiert, und es waren auf einmal 190 Stunden weniger, weil wir mit der OECD in Kon­takt getreten sind und diesen Missstand aufgezeigt haben.

Es geht nicht darum, Ergebnisse zu würfeln, sondern zu berechnen, und es wäre wirk­lich angenehm, wenn wir über die Daten, die hier drinnen stehen (der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe) und für die Sie verantwortlich sind, auf eine seriöse Art und Weise diskutieren könnten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Dass Sie uns dann sagen, Sie könnten uns unsere Presseaussendungen zeigen, ist besonders originell. Wir haben einen Fehler gemacht, nämlich: Wir haben uns auf das verlassen, was Sie der OECD geliefert haben. Diesen Fehler gestehe ich gerne ein. Wir werden diesen Fehler nicht mehr machen (Beifall bei den Grünen), und wir werden in Zukunft alles ganz genau anschauen, was Sie dorthin liefern. Dann den Spieß um­zudrehen, das ist relativ einfach.

Gehen wir weiter in Ihren Antworten, die in Bezug auf viele Bereiche keine Antworten waren. Ich weiß nicht, wenn Sie die Fragen dieser PISA-Studie beantworten müssten und solche Antworten auf die Fragen geben würden, dann könnte ich mir in etwa vor­stellen, welches Ergebnis da herauskäme. Bei Ihren Antworten war nämlich in den sel­tensten Fällen eine konkrete Beantwortung darunter.


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Das Beste vom Besten, was Sie heute gemacht haben, war Ihr Hinweis auf die Nieder­lande. Das letzte Mal war Ihr Beispiel Deutschland, aber das taugt jetzt anscheinend nicht mehr. Sie haben in den letzten Jahren die absurde Behauptung vertreten, Deutschland hätte ein Gesamtschulsystem. Jeder Bildungsexperte fällt da oben vom Balkon herunter, wenn Sie behaupten, Deutschland hätte ein Gesamtschulsystem. Deutschland hat eines der differenziertesten Schulsysteme, die es überhaupt gibt, und dort gibt es etwas, was sich „Additive Gesamtschule“ nennt. Das heißt, es gibt die Möglichkeit (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Es ist noch immer keiner heruntergefallen!), sich für eine Gesamtschule anzumelden, die neben einem Gymnasium und neben einer Schule, die sich bei uns Hauptschule nennt, besteht, und zirka 10 Prozent der Schüler gehen in einzelnen Bundesländern in eine solche zusätzlich angebotene Schulform.

Das ist das Gegenteil eines Gesamtschulsystems, das ist die Ausdifferenzierung zum Quadrat, aber Sie haben jahrelang behauptet: Wir sind super! – Ich kann Ihnen das auch vorlesen, ich habe vorgestern den „Report“ gesehen.

Im Übrigen: Der jetzige Herr Präsident Khol ist hier vor zwei oder drei Jahren gestan­den und hat gesagt: Wir waren viel besser als Deutschland, und die sind ganz schlecht, weil sie eine Gesamtschule haben, und wir haben keine, deswegen sind wir besser!

So kann man doch keine Bildungsdiskussion führen! Jeder Bildungsexperte greift sich auf den Kopf, wenn er solche Argumente hört! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Dr. Jarolim: Der Khol ist unseriös, das wissen wir!)

Und heute kommen Sie mit den Niederlanden daher!? Ich weiß nicht, haben Sie da wieder falsch nachgeschaut? Wissen Sie, wie das niederländische Schulsystem aus­schaut? Wie lange dauert die Grundschule in den Niederlanden? – Sieben Jahre! Sie­ben Jahre gemeinsame Grundschule in den Niederlanden! Das ist im Prinzip das, was wir unter gemeinsamer Schule, Gesamtschule oder was auch immer verstehen. Aber Sie kommen hierher und sagen: Nein, die Niederlande haben diesmal gut abgeschnit­ten, und die haben ein differenziertes Schulsystem; also diskutieren wir nicht über eine gemeinsame Schule!

Sieben Jahre lang gibt es gemeinsames System, dann erst wird aufgegliedert! Es hat niemand eine gemeinsame Schule bis 28 verlangt. Es dürfen auch in Österreich die Menschen dann studieren, Ärzte werden (Abg. Dr. Rasinger: Na Gott sei Dank!), Pro­fessoren werden – das ist alles erlaubt! Es müssen nicht alle bis 28 die gleiche Be­rufsausbildung haben. Es geht aber sehr wohl darum, wie lange es eine gemeinsame Bildung, gemeinsame Förderung gibt und wann man den Versuch ansetzt, auszudiffe­renzieren und verschiedene Angebote zu machen.

Sie haben vermutlich auch die Aussagen gelesen, die zum Beispiel von einem Dr. Schleicher, seines Zeichens OECD-Bildungsexperte, dazu gemacht worden sind. Er hat Ihnen in den letzten Tagen ausrichten lassen – ich zitiere –: PISA-Chef Schlei­cher bezeichnet es als Problem, „Schüler durch ein differenziertes Schulsystem ,in Schubladen zu stecken“, und genau das mache Österreich! Dadurch habe „in Öster­reich der soziale Hintergrund“ wesentlichen Einfluss „auf die schulische Leistung“.

Genau darum geht es. Es geht uns darum, endlich davon wegzukommen, dass Öster­reich neben Deutschland jenes Land ist, in dem die sozialen Hintergründe die größte Entscheidungskraft für die weitere Bildungskarriere haben. Sie haben es in den letzten Jahren ganz massiv mitzuverantworten, dass dieser Unterschied je nach sozialer Her­kunft viel größer geworden ist.

Wir werden Ihnen diese Diskussion nicht ersparen. Sie können auch weiter von „Zwangsganztagsschulen“ reden. Sie behaupten, Sie hätten niemanden diffamiert. Ich


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habe aber gesagt, dass Sie Begriffe diffamieren. „Zwangsganztagsschule“ – soll ich Ihnen sagen, von wann das ist? – Im September 2003 sagte das Bundesministerin Gehrer hier in diesem Haus, im Nationalrat. (Abg. Dr. Jarolim: Das schaut Ihnen ähn­lich!)

Frau Bildungsministerin Gehrer (Abg. Dr. Jarolim: Bildungs- und Zukunfts-...!) sagte an anderer Stelle dazu wörtlich – ich zitiere –: „Ich kann Ihnen eines versprechen: Wir werden auch in Zukunft der Gefahr ... widerstehen, Gesamtschulen“ in Österreich „ein­zuführen, denn es zeigt sich ganz klar und deutlich“ – hurra, jetzt kommt es wieder einmal! –: „Ein differenziertes, begabungsorientiertes Bildungssystem mit allen Hilfen für sozial Schwächere, für Leistungsschwächere ist der Bildungsweg der Zukunft!“

Was Ihnen die OECD sagt, was Ihnen die Bildungsexperten sagen, geht offensichtlich beim einem Ohr hinein und beim anderen wieder hinaus. Wir stellen immer wieder fest, dass Sie dann die Begriffe diffamieren, auf die Diskussion nicht einsteigen. Ich halte es einfach für ein großes Problem des österreichischen Schulsystems, dass Sie mit Scheuklappen dasitzen und nicht bereit sind, offen zu diskutieren. (Beifall bei den Grü­nen und der SPÖ. – Abg. Dr. Fasslabend: Na geh! Jetzt ist es genug!)

Sie haben vorhin auch gesagt, die österreichischen SchülerInnen fühlten sich wohl. Stimmt! Es gibt aber unterschiedliche Studien, Forschungen dazu, wie das Wohlbefin­den ist. (Abg. Dr. Cap: Nach der Schule!) Bei der PISA-Studie gab es einen zusätzli­chen Schüler-Fragebogen, in dem gefragt worden ist, welche Motivation die SchülerIn­nen, welchen Zugang etwa zu Mathematik sie haben. Gibt es Ihnen nicht zu denken, dass die österreichischen SchülerInnen im Vergleich aller 14 Staaten, die in der „PISA Austria Studie“ extra genommen worden sind, die geringste Motivation haben?

Gibt es Ihnen nicht zu denken, dass sie sogar noch um „ein Eckhaus“ tiefer liegen und den mit Abstand geringsten Wert aufweisen bei der Frage: Können Sie mit dem, was Sie in der Schule lernen, später auch etwas anfangen? Die Einschätzung der österrei­chischen SchülerInnen dazu ist katastrophal! Man muss sich ja wirklich einmal auf der Zunge zergehen lassen, was das heißt. Es geht da nicht um das Wohlfühlen. Dieses Wohlfühlen stellen Sie immer in Frage; natürlich sollen sich die SchülerInnen wohl füh­len, aber ist das, glauben Sie, Wohlfühlen, wenn sie sagen: Mathematik interessiert uns nicht, wir brauchen es nachher nicht mehr!, gleichzeitig aber in der Schule sitzen und sagen: Super, uns geht es gut!?

Das zeigt doch ein Problem dieses ganzen Systems auf! Und Sie können nicht herge­hen und sagen: Es ist in Österreich ohnehin alles in Butter! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Frau Bildungsministerin! Wir werden in den nächsten Tagen noch ausführlich Zeit ha­ben, darüber zu diskutieren, aber ein Letztes zum Abschluss: Drei Mal haben Sie ge­sagt, man könne in drei Jahren keine Maßnahmen setzen. (Abg. Dr. Jarolim: Ja, ja! In zehn Jahren!) Darf ich Sie zum Abschluss etwas fragen? Vielleicht beantworten Sie es noch! (Ruf bei der SPÖ: Neun Jahre!) Beim letzten Mal haben Sie zum Ergebnis der Studie gesagt, dass wir alles tun müssten, „damit wir beim nächsten“ – also diesem – „PISA-Vergleich von einem der besten Plätze Europas zur Weltklasse aufrücken“.

Vor drei Jahren waren Sie also offenbar doch der Meinung, dass es in dieser Zeit mög­lich ist. Anderer Länder Bemühungen haben auch Erfolge gezeitigt.

Natürlich geht nicht alles von einem Tag auf den anderen, aber jetzt herzugehen und zu sagen, wir hätten überhaupt keine Chance gehabt, irgendetwas zu verändern, es habe keine Möglichkeiten der Förderungen gegeben – das ist einfach zu billig! So kann man Bildungspolitik in diesem Land nach PISA 2 nicht fortführen. (Beifall bei den Grü­nen und der SPÖ.)

 


15.45


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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Amon. (Abg. Dr. Jarolim: Aber man kann mit Scheuklappen Zither spielen! – Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Dr. Jarolim: Das hat Kollege Broukal einmal ge­sagt, und da muss ich ihm Recht geben!)

 


15.46

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­te Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einmal kann ich die Schadenfreude, die hier von den Grünen verbreitet wird, beim besten Wil­len nicht verstehen! (Rufe bei den Grünen: Was heißt da „Schadenfreude“?) Sie ma­chen in dieser Diskussion tatsächlich das österreichische Bildungssystem madig, und das ist wirklich nicht notwendig. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen. – Widerspruch bei den Grünen.)

Ich glaube, dass wir zu einer seriösen Auseinandersetzung mit dieser Studie zurück­finden sollten. (Abg. Sburny: Jetzt sagen Sie einmal Ihre Analyse! – Abg. Mag. Kog­ler: Damit geben Sie zu, dass Schaden eingetreten ist!) Und wenn Herr Jarolim mit seinen unqualifizierten Zwischenbemerkungen aufhörte, würde das die Diskussion ein wenig erleichtern. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich glaube, dass die Ergebnisse dieser PISA-Studie nicht erfreulich sind und man die Ergebnisse der PISA-Studie sehr, sehr ernst nehmen muss. (Abg. Öllinger: ... etwas mühsamer Beginn bei Ihrer Rede!) Das ist überhaupt keine Frage. Ich glaube aber auf der anderen Seite, dass es keinen Grund dafür gibt, dass die ganze Nation jetzt in eine Art Selbstgeißelung verfällt; jeder beginnt plötzlich, die Schuld bei einem anderen zu suchen.

Es gibt dazu eine Fülle von Studien: Sie haben sich jetzt vor allem auf die Studie „Education at the Glance“ konzentriert, aber es gibt eine Fülle von Studien, die völlig unterschiedliche Bereiche des österreichischen Bildungssystems durchleuchten und die dem österreichischen Bildungssystem Gott sei Dank in vielen Bereichen ein sehr, sehr gutes Zeugnis ausstellen.

Ich denke, dass man bei allem Ernstnehmen der PISA-Studie auch andere Untersu­chungen ernst nehmen soll, etwa in einer ganz zentralen Frage, wenn es nämlich um die Frage geht: Finden Schulabgänger in Österreich, nachdem sie die Schule besucht haben, einen Arbeitsplatz oder nicht? – In dieser Hinsicht weist etwa unser duales Be­rufsausbildungssystem oder auch das ganze berufsbildende Schulwesen im höheren und mittleren Bereich hervorragende Daten auf. Und gerade auch wegen dieses Schulsystems haben wir die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit in Europa. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dolinschek.)

Wir haben – und ich möchte diesen Vorwurf wirklich zurückweisen – auch die Ergeb­nisse der ersten PISA-Studie sehr ernst genommen. Es ist eine Fülle von Maßnahmen gesetzt worden, um den Ergebnissen der ersten PISA-Studie Rechnung zu tragen. Ich denke da etwa an die Programme, die von der Frau Bildungsministerin initiiert worden sind, etwa die Aktion „Verlässliche Volksschule“, in der es darum geht, dass Kinder die Kulturtechniken in entsprechendem Ausmaß wirklich erlernen können. (Abg. Dr. Witt­mann: Ist eh alles in Ordnung, oder?)

Ich denke da an die Maßnahmen im Zusammenhang mit der Straffung der Lehrpläne, der Einteilung der Lehrpläne in Kern- und Erweiterungsbereiche. Ich denke da gerade an einen Vorschlag, den auch die von der Frau Bildungsministerin eingesetzte Zu­kunftskommission ausdrücklich angeregt hat, nämlich die Verstärkung der Autonomie der Schulen. Ich denke an das Programm „Lesefit“. Dazu sei auch etwas gesagt, weil Sie, Herr Professor Van der Bellen, in Ihrer Dringlichen Anfrage Folgendes schreiben – ich zitiere –:


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„Mit dieser Schmalspurförderung ...“, es geht hiebei um 280 Millionen € – Entschuldi­gung, 280 000 €, nur damit wir wissen, wovon wir reden. (Abg. Öllinger: Ja, eben! – Rufe bei der SPÖ: Lesestunde! Lesefit!) Herr Professor Van der Bellen, es ist immer die Frage, wie man mit Geld umgeht, das ist auch eine Frage, denn mehr Geld bedeu­tet nicht automatisch besseren Erfolg und besseren Output! (Zwischenruf des Abg. Dr. Van der Bellen.) Herr Professor Van der Bellen, Sie schreiben hier wörtlich: „Mit dieser Schmalspurförderung konnten selbstverständlich keine breitenwirksamen Maß­nahmen gesetzt werden.“

Herr Universitätsprofessor! Ich glaube, dass es seriös wäre, auch darauf hinzuweisen, dass Ergebnisse, die mit dieser PISA-Studie vorliegen, keinesfalls ein Resultat eben dieser Maßnahmen sein können, weil das von der zeitlichen Abfolge her völlig undenk­bar wäre.

Jeder, der bei der Präsentation der PISA-Studie war – ich war dort, Ihr Bildungsspre­cher war bedauerlicherweise nicht dort, er hat sich vertreten lassen (Abg. Öllinger: Er kann ja lesen!) –, hat gehört, dass Herr Professor Haider ausdrücklich gesagt hat: Wenn Sie sich die zeitlichen Abfolgen der Ergebnisse anschauen, dann bedeutet es ein Minimum von zehn Jahren, bis Maßnahmen, die wir heute im Bildungssystem set­zen, einen Output in einer PISA-Studie ergeben! (Abg. Dr. Van der Bellen: Deutsch­land hat es schneller geschafft!)

Ich glaube, das sollte man der Seriosität halber auch nicht übersehen! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Reheis und Öllinger.)

Nun zu einem zweiten Bereich in der Begründung Ihrer Dringlichen Anfrage, in der Sie schreiben:

„Das früh segregierende österreichische Schulsystem führt zu immer größeren Leis­tungsstreuungen, weil die Unterschiede zwischen vormaligen HauptschülerInnen und AHS-UnterstufenschülerInnen enorm groß sind. Die Ergebnisse in den Schultypen mit geringeren Anforderungen wurden von 2000 bis 2003 signifikant schlechter.“ – Das stimmt! So weit bringt das die Studie zum Ausdruck. Aber dann sagen Sie: „Ohne schulorganisatorische Änderungen ist diesem Problem nicht beizukommen.“ (Abg. Brosz: Genau! Völlig richtig!)

Ich frage Sie: Warum? Die berechtigte Frage wäre doch: Wo passiert hier im Unter­richt ein Fehler, der zu diesen Ergebnissen führt? (Abg. Öllinger: Nein, nein!) Das ist doch die berechtigte Frage! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Van der Bellen: Das ist die Hälfte der Frage! – Abg. Öllinger: Sie haben überhaupt nichts verstanden!)

Geht es nicht darum, wie unterrichtet wird? Geht es nicht sehr stark auch um die Fra­ge, welche Lehrerinnen und Lehrer in Zukunft in unseren Schulen unterrichten? (Zwi­schenrufe bei der SPÖ.) – Ich halte beispielsweise den Vorschlag von Dr. Gusenbauer für absolut verfolgenswert. Diesbezüglich können wir uns im Übrigen an den Finnen ein wirkliches Beispiel nehmen, die nehmen nur jeden 17. Bewerber, der Lehrer werden will, in das Bildungssystem auf! Ich wäre sehr an Ihrem konkreten Vorschlag interes­siert, Herr Doktor, wie Sie sich ein solches Auswahlverfahren vorstellen. Es wäre sinn­voll, das einzubringen. Diskutieren wir über diese Frage!

Es geht nämlich auch sehr stark um die Frage der Lehrerausbildung. Auch da, meine Damen und Herren, hat die Frau Bundesministerin längst in die Wege geleitet, dass es zu einer Umwandlung der Pädagogischen Akademien in Hochschulen für Pädagogi­sche Berufe kommt – auch das eine absolut richtige Maßnahme im Hinblick auf die Ergebnisse dieser PISA-Studie.

Meine Damen und Herren! Abschließend: Ich glaube, dass es sehr sinnvoll ist, sich seriös und intensiv mit den Ergebnissen auseinander zu setzen. Einerseits ist der Frau


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Bildungsministerin zu danken, dass sie Herrn Professor Dr. Haider zum Vorsitzenden der Zukunftskommission ernannt hat und dass diese Zukunftskommission in Ruhe ar­beiten konnte, ohne jeden politischen Einfluss. Ende Jänner wird das Endergebnis der Arbeit dieser Zukunftskommission vorliegen, und dann ist die Politik am Zug. – Und auch hier hat die Frau Bildungsministerin längst den Vorschlag gemacht, danach in einen Reformdialog einzutreten. (Abg. Öllinger: Dann passt ja eh alles Ihrer Meinung nach!?) Ich habe bereits vor einer Woche im Unterrichtsausschuss das Angebot ge­macht, dass wir uns sehr intensiv – ich meine damit, auch zeitlich intensiv – mit diesen Ergebnissen auseinander setzen.

Wir sollten uns allgemein bemühen, denke ich, wegzukommen von pawlowschen Re­flexen. Wir sollten uns allgemein bemühen, Maßnahmen zu setzen, die letztlich jenen dienen, für die die Schule da ist – nämlich den Kindern und Jugendlichen in unserem Land. (Beifall bei der ÖVP und des Abg. Dipl.-Ing. Hofmann.)

15.53

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Gusenbauer zu Wort. Ich erteile es ihm.

 


15.54

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn Herr Abgeordneter Amon meint, die Grünen machten das österreichische Bildungssystem madig, dann bin ich zwar nicht deren Pflichtverteidiger, aber nach diesen Ergebnissen der PISA-Studie jede Kritik an den bestehenden Verhältnissen als „madig machen“ zu bezeichnen, zeigt, dass Sie nicht imstande sind, sich kritisch mit der Weiterentwicklung des Bildungssystems zu beschäftigen. Und das ist außerordentlich schade! (Beifall bei der SPÖ und den Grü­nen.)

Das Zweite betrifft Ihren Umgang mit Kritik. Es ist ja auffällig: Hier im Hohen Haus wer­den von der Regierung jedes Mal internationale Studien zitiert. Es wird niemanden überraschen, dass das immer Studien sind, die ein Hohelied auf die Ergebnisse der Regierungspolitik singen. Wird einmal eine Studie präsentiert, die das Gegenteil zeigt, wie zum Beispiel jetzt die PISA-Studie, beginnt man sofort damit zu behaupten: Na ja, nur ein Teil wurde hier erhoben, und in Wirklichkeit ist sie nicht stichhaltig, und in Wirklichkeit ist die Schule sowieso viel besser als in der PISA-Studie dargestellt. – Das heißt, Ergebnisse, die einem nicht passen, versucht man in ihrer Aussage zu relativie­ren, um wieder das hervorzurufen, was Ihnen offensichtlich am liebsten ist, nämlich: Es ist sowieso alles in Ordnung, man braucht nichts zu ändern.

Ich sage Ihnen, Herr Amon, in aller Deutlichkeit: Unsere Kinder sind nicht dümmer als in anderen Ländern. Unsere Lehrer sind auch nicht schlechter als in anderen Ländern. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.) Aber die Bildungspolitik dieser Regierung ist von vorgestern, und das ist das Problem, das wir haben!

Sich hinzustellen und zu sagen: Na ja, die Veränderungen werden nicht wirken! (Abg. Großruck: Er ist der alte Gusenbauer geblieben!), soll ich Ihnen dazu etwas sagen? – Als jene Kinder, die jetzt im Rahmen dieser PISA-Studie getestet wurden, mit der Schule angefangen haben, hieß die Frau Bildungsministerin Elisabeth Gehrer. Jetzt, neun Jahre nach dem Schulbeginn, wurden sie getestet – die Bildungsministerin ist noch immer Elisabeth Gehrer. Das heißt, das Ergebnis dieser PISA-Studie ist exakt das Ergebnis der Ära Gehrer in der Schulpolitik. Und dafür ist auch die politische Ver­antwortung zu tragen, meine Damen und Herren, und nicht die Schuld auf die Lehrer abzuschieben! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)


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Ich halte diese Art der Auseinandersetzung mit einer der wesentlichsten gesellschafts­politischen Fragen für wirklich verantwortungslos (Abg. Dr. Mitterlehner: Geh, geh!), denn es muss doch jedem klar sein: Das, was in der Bildungspolitik versäumt wird, ist nachher nicht einmal mehr durch eine noch so gute Sozialpolitik aufzuholen. Die Chancen der Kinder und Jugendlichen werden über die Qualität unserer Bildungspolitik definiert!

Im Übrigen sollten Sie auch in Ihrem eigenen Interesse darauf schauen, dass es eine gute Bildungspolitik gibt, denn auch die Haltbarkeit jedes Pensionssystems ist davon abhängig, dass es in Zukunft Menschen gibt, die hoch qualifizierte Tätigkeiten verrich­ten und dafür auch gute Löhne und Gehälter bekommen. Und das wird man nur errei­chen können, wenn man über eine gute Bildungspolitik verfügt, die die Chancen der jungen Menschen, der Kinder vermehrt und nicht, wie Sie es tun, vermindert.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist die Kernfrage – die Kernfrage! – von Gesellschafts- und Zukunftspolitik. Und daher ist es besonders bedrückend, dass die ÖVP, die sich sonst immer gerne als Reformpartei aufspielt, gerade in der Bildungspo­litik der Reformverweigerer Nr. 1 in Österreich ist und schon viele bildungspolitische Fortschritte verhindert hat. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Man kann nämlich unterschiedlicher Auffassung über verschiedene Modelle sein, aber es zeigt sich in dieser PISA-Studie quer durch, welche Schulmodelle die besten Er­gebnisse bringen. Und seit Jahren ist es immer die ÖVP, die eine vernünftige Diskus­sion über die Frage: Soll man die Kinder mit zehn Jahren in Hauptschule und Gymna­sium trennen?, verhindert, die eine vernünftige Diskussion über die Ganztagsschulen verhindert, die eine Diskussion über individuelle Begabungsförderung verhindert, die in einem der wesentlichsten Bereiche, nämlich dort, wo es um die vorschulische Bildung geht, nicht vielleicht einen Beitrag dazu geleistet hat, dass es flächendeckend hoch­wertige Kindergartenplätze in ganz Österreich gibt – nein! Eine der ersten Maßnahmen dieser schwarz-blauen Regierung war es vielmehr, die Kindergartenmilliarde zu strei­chen – und das war eine der schlimmsten pädagogischen Fehlschläge, die sich diese Regierung geleistet hat, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grü­nen.)

Sie merken es ja an allen Ecken und Enden, wenn Sie sich das anschauen: Die Eltern, die arbeiten gehen, sind immer mehr gezwungen, jene Defizite, die geschaffen werden, durch Nachhilfestunden auszugleichen – zumindest die, die es sich leisten können. Das boomt! Das boomt in einem hohen Ausmaß. (Abg. Mag. Wurm: Gutes Geschäft!)

Sie merken, wenn Sie die PISA-Studie lesen, dass sich die Schüler in der Schule eini­germaßen gestresst fühlen, dass der Leistungsdruck offensichtlich kein geringer ist. Und wenn Sie, Frau Bundesministerin, sagen, sie fühlten sich alle so pudelwohl, dann gehen Sie einmal in die Schulen und reden Sie mit den Schülerinnen und Schülern: Der Stress in der Schule ist kein geringer!

Die Wahrheit ist doch: Hören Sie auf, immer andere für das eigene Versagen verant­wortlich zu machen! Wenn es in Deutschland, das beim letzten Mal keine guten Ergeb­nisse gehabt hat, möglich war, binnen dreier Jahre die Ergebnisse zu verbessern, dann wird das auch in Österreich möglich sein!

Wir sind nicht daran interessiert, zu sagen, die bildungspolitische Debatte wird jetzt so verzögert, dass es vielleicht in zehn Jahren Ergebnisse gibt. – Nein! Die Vorschläge liegen auf dem Tisch, sie müssen diskutiert und entschieden werden. Die Wahrheit ist, dass die SPÖ, die Grünen, die Zukunftskommission und die meisten Experten in Öster­reich sich vollkommen darin einig sind, in welche Richtung die Bildungspolitik in Öster­reich gehen muss – die Einzigen, die nachhaltig blockieren, sind die ÖVP und die Frau


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Ministerin. Daher: Beenden Sie Ihre Blockade, wenn Sie eine Zukunft für das österrei­chische Bildungssystem wollen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses Thema ist zu wichtig, um sich hier auf das polemische Niveau des Herrn Amon zu begeben. (Zwischenruf des Abg. Ellmau­er.) Aber wenn Sie sagen, der Bericht der Zukunftskommission wird vorliegen, dann möchte ich Sie nur daran erinnern, was mit den Zwischenberichten der Zukunftskom­mission geschehen ist. (Präsident Dr. Khol übernimmt den Vorsitz.)

Als die Zukunftskommission gesagt hat, sie finde es nicht so gescheit, dass die Kinder so massenhaft repetieren (Abg. Dr. Brinek: Das hat sie gar nicht gesagt!), von wem ist der erste Widerstand gekommen? – Von der Frau Bundesministerin!

Als die Zukunftskommission gesagt hat, ganztägige Schulformen wären dringend not­wendig, von wem ist der erste Widerstand gekommen? – Von der Bildungsministerin und der ÖVP! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) An Ihren Zwischenrufen merkt man es: Sie sind nicht lernbereit! Sie sind nicht bereit, aus dem Versagen Ihrer bisherigen Bil­dungspolitik die Konsequenzen zu ziehen!

Daher sage ich, es wäre gut, bräuchten wir hier im Parlament keine Zweidrittelmehrheit mehr für Schulgesetze, denn dann wäre auch die Zeit der ÖVP-Blockadepolitik endlich beendet. Sie haben nicht das Recht, die Schülerinnen und Schüler in unserem Land in Geiselhaft zu nehmen und für Ihre verzopften, ideologischen Vorstellungen von Schul­politik alle drei Jahre den Bericht von Pisa entgegenzunehmen, der leider sagt, dass es nicht besser, sondern schlechter geworden ist! (Beifall bei der SPÖ und den Grü­nen.)

Daher kann ich nur sagen: Die Schule muss aus der Umklammerung der ÖVP befreit werden! Nur dann gibt es für unsere Kinder und Jugendlichen in Zukunft mehr Chan­cen. Nehmen Sie das zur Kenntnis, schlagen Sie einen neuen Weg ein! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Ellmauer: Setzen! Nicht genügend!)

16.03

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rossmann. Gesetzliche Redezeit: 10 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


16.03

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesministe­rin! Hohes Haus! Kollege Gusenbauer hat gesagt, die Bildungspolitik dieser Regierung sei von vorgestern. Wissen Sie, was ich sage? – Sie haben Recht, die Bildungspolitik ist wirklich von vorgestern, nämlich aus Ihrer Ära! Rechnen Sie nach: Die Schüler, die jetzt getestet wurden, sind Jahrgang 1987, sind 1993 eingeschult worden, und damals war Bundesminister Scholten für das Unterrichtsressort verantwortlich!

Wenn Sie jetzt Frau Bundesministerin Gehrer die alleinige Schuld zuweisen wollen, so machen Sie sich das sehr, sehr einfach. Ich sage, es ist leicht, jemanden als Sünden­bock hinzustellen, bei dem einmal etwas nicht so läuft, aber haben Sie denn verges­sen, dass all die Jahre Sie selbst die Unterrichtsminister gestellt haben? Haben Sie vergessen, dass Frau Bundesministerin Gehrer sechs Jahre unter sozialdemokrati­scher Führung als Bundesministerin für Unterricht gewirkt hat – unter einem sozialde­mokratischen Bundeskanzler, unter einem sozialdemokratischen Finanzminister? Ha­ben Sie das alles vergessen? Sie stellen sich hierher und geben Frau Bundesministe­rin Gehrer quasi die alleinige Schuld an den Ergebnissen dieser Studie. Da machen Sie es sich wirklich zu einfach, das sage ich Ihnen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Broukal: Aber Sie erkennen eine Teilschuld der Frau Gehrer – oder?)

Kommen wir auf die PisA-Studie zurück. Ich sage, es gibt nichts Schlechtes, an dem nicht auch etwas Gutes ist: Es ist jetzt Gott sei Dank auch von Seiten der größeren


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Oppositionspartei, von der SPÖ, erkannt worden, dass hier Handlungsbedarf gegeben ist. (Zwischenruf des Abg. Dr. Wittmann.)

Herr Parteivorsitzender Gusenbauer! Wenn Sie jetzt fordern, die Zweidrittelmehrheit aufzugeben und damit die Blockade aufzulösen, dann geben Sie doch zu, dass Sie bisher blockiert haben. (Abg. Dr. Wittmann: Das ist Realitätsverweigerung! – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch – in Richtung des Abg. Dr. Wittmann –: Wahrheit schmerzt!) Und Sie haben blockiert, weil es natürlich einfacher war, auch im Hinblick auf diverse Per­sonalvertretungswahlen, nur das zu machen, worauf unsere Lehrer nicht beleidigt rea­gieren. Nur ja nicht eine Stunde mehr verpflichtend in der Schule, nur ja nicht verpflich­tende Aus- und Weiterbildung! (Abg. Dr. Wittmann: Das ist Realitätsverweigerung!)

Reden wir über diese Dinge, reden wir über diese Strukturen, reden wir über den be­quemen rot-schwarzen Proporz im Schulbereich! Darüber müssen wir reden, und wir Freiheitlichen werden darüber reden. Wir werden uns die Abstimmung anschauen, und Sie werden die Nagelprobe bestehen müssen (Abg. Dr. Wittmann: Das ist Realitäts­verweigerung! Das ist ja jämmerlich!), wie ernst es Ihnen ist mit der Abschaffung der Zweidrittelmehrheit, denn damit kommt erstmals Bewegung in das System. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Eltern seien schuld, wird jetzt vermeintlich gesagt. Ich sage, derartige Schuldzu­weisungen sind viel zu einfach. Wir müssten überlegen: Ist nicht die gesamte Gesell­schaft – wenn man schon von Schuldzuweisungen spricht – schuld, die gesellschaftli­che Entwicklung? Es gibt immer mehr verhaltensauffällige Kinder, wird gesagt, Kinder aus zerrütteten Ehen, Kinder aus so genannten Patchwork-Familien, Kinder, die im Jahr zwei, drei Mal übersiedeln, weil der Exekutor vor der Tür steht, Kinder, die verun­sichert sind. (Abg. Sburny: Aber nicht sagen Sie jetzt, dass die Kinder aus Patchwork-Familien ärmer sind!) Wenn diese Kinder dann in die Schule kommen, sind sie natür­lich nicht entsprechend gefestigt, um dem Unterricht auch entspannt folgen zu können. (Abg. Sburny: Das ist unglaublich!) Das sind gesellschaftspolitische Entwicklungen, die wir auch berücksichtigen müssen. (Abg. Sburny: Sie haben überhaupt keine Ahnung!)

Sprechen Sie mit den Lehrerinnen und Lehrern, die werden Ihnen das bestätigen! Die Sorgen der Kinder werden in die Schule getragen, das ist Tatsache. Damit müssen die Lehrer fertig werden – und in Wirklichkeit wir alle. Da müssen Lösungen gefunden werden.

Jetzt sagt die PisA-Studie auch einmal mehr, dass vor allem im Bereich der Haupt­schulen große Schwächen zu finden sind; Berufsschulen wurden auch getestet, aber das sind ja in erster Linie Hauptschulabgänger. Und darin, muss ich sagen, spiegelt sich wirklich eine verfehlte Integrationspolitik über viele Jahre wider.

Wir Freiheitlichen waren die Ersten, die im Volksbegehren „Österreich zuerst“ davor gewarnt und gesagt haben, mehr als ein Drittel nicht deutsch sprechender Kinder in einer Klasse sind nicht vertretbar, nicht verkraftbar. Es wird alles darunter leiden. Und jetzt sind wir ja soweit, wir stehen in Wirklichkeit vor dieser Entwicklung. – Wir haben einmal mehr Recht gehabt, und das bereits vor elf Jahren! (Beifall bei den Freiheitli­chen.)

Ich sage weiters: Was jetzt auf dem Tisch liegt, ist uns zu wenig. Für diese PisA-Studie wurden 400 bis 450 Kinder abgefragt. Das ist eigentlich ein Klacks. (Abg. Brosz: Wie viele? Sagen Sie es noch einmal!) 450 SchülerInnen. (Abg. Brosz: 4 500!) 4 500, okay, da habe ich eine Null übersehen. 4 500, immer noch zu wenig. (Zwischen­rufe bei den Grünen.) Was wir brauchen, ist eine repräsentative österreichische PisA-Studie, die eine genaue Analyse unseres Stadt-Land-Gefälles, unserer regionalen Un-


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terschiede ermöglicht und die es auch ermöglicht, die Schulen untereinander zu ver­gleichen.

Ich erinnere nur an die Debatte um die Bildungsstandards, die Leistungsstandards ge­heißen haben. Als Erstes kam der Aufschrei von den Grünen und den Sozialdemokra­ten: Um Gottes willen, es darf doch nicht „Leistungsstandards“ heißen – „Leistung“ ist ja schon wieder ein verpöntes Wort –, es muss „Bildungsstandards“ heißen! Und ver­gleichbar darf schon überhaupt nichts sein, man soll keine Vergleiche anstellen.

Aber bitte, wenn wir nicht wirklich einmal Äpfel und Äpfel und Birnen und Birnen mit­einander vergleichen, dann werden wir nie auf einen grünen Zweig kommen. Auch die PisA-Studie hat in Wirklichkeit Äpfel und Birnen miteinander verglichen, weil nicht wie­der dieselben Schulen zum Vergleich herangezogen wurden. Es wurden nicht diesel­ben Schulen wie für die letzte PisA-Studie getestet. Wenn eine AHS das letzte Mal sehr gut abgeschnitten hat und jetzt eine andere nur ein durchschnittliches Testergeb­nis erzielt hat, dann kommt natürlich ein schlechteres Ergebnis heraus. (Abg. Öllinger: Das darf ja nicht wahr sein! – Abg. Dr. Wittmann: Das ist Realitätsverweigerung!)

Folgendes wird auch ganz deutlich: dass die Hauptschulen auf dem Lande eine andere Qualität haben als die Hauptschulen in der Stadt. Die Hauptschulen auf dem Lande haben in Wirklichkeit – und da können wir dieses Wort ansprechen – durchaus schon die Funktion einer Gesamtschule. Im Gegensatz dazu haben die AHS in der Stadt die Funktion einer Gesamtschule, und die Hauptschule ist leider zu einer Restschule ver­kommen. Das ist die Dramatik! Und diese Restschule wird vorwiegend von Kindern nichtdeutscher Muttersprache, von Zuwandererkindern besucht. – Das ist der Ansatz: Wir müssen uns dieser Risikogruppe zuwenden, denn das sind mehr als 20 Prozent der Schüler, das sind mehr als 20 Prozent der nächsten Generation unserer Arbeiter.

Ich gebe Kollegem Van der Bellen absolut Recht, wenn er sagt: Das ist die Generation, die in Zukunft die Hilfsarbeiter sein werden. Daher können wir da nicht länger zu­schauen. Hier ist von unserer Seite wirklich Handlungsbedarf gegeben. Es geht dabei nicht um den Großkonnex Gesamtschule, sondern um die Frage: Wie werten wir die Hauptschule in den Städten auf? Wie machen wir die Hauptschule zu einer Schule, die berufsorientiert lehrt, die Kinder, die Jugendliche auf den weiteren Bildungsweg vorbe­reitet?

Da geht es – ich habe es an dieser Stelle schon des Öfteren gesagt – auch um die Aufwertung der Lehre. Dass ein Lehrling mehr als 1 000 € für die Berufsreifeprüfung zahlen muss, ist doch unverständlich. Auf der einen Seite fordert man eine Aufwertung der Lehre, und parallel dazu muss ein Lehrling 1 000 € zahlen, damit er Matura ma­chen darf? – Bitte, das kann nicht der Weg sein!

Wir Freiheitlichen werden dafür sorgen, dass es in diesem Bereich zu Lösungen, zu Änderungen kommt. Ich lade Sie ein, mitzudebattieren und nicht zu lachen, Herr Abge­ordneter Gusenbauer! Für Sie ist das vielleicht lächerlich; ich weiß. Ihre diversen Be­rufsförderungsinstitute kassieren ja brav mit, und die würden dann um diese 1 000 € umfallen. (Abg. Dr. Gusenbauer: Sie haben Recht, Ihre Rede ist eher zum Weinen als zum Lachen!) Dank auch an die Arbeiterkammer, dass sie das teilweise unterstützt. Sie können sich dann entsprechend einbringen, wenn es darum geht, das wirklich um­zusetzen.

Frau Bundesministerin Gehrer hat vom Bildungsklima gesprochen. – Wir brauchen wirklich ein Bildungsklima in Österreich, nämlich ein Bildungsklima, das auch die Leh­rer wieder unterstützt. Auch der ORF, der den Bildungsauftrag nur halbherzig ernst nimmt (Abg. Schopf: Genau!), kaum Diskussionen zulässt, die inhaltlich wirklich bil­dend sind (demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der SPÖ), und der, sage ich ein­mal, auch nicht in der Lage ist, wirklich interessante Dokumentationen zu bringen, und


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wenn, dann irgendwann nach Mitternacht, ist hier gefordert. Das sind die Herausforde­rungen, vor denen der ORF als öffentlich-rechtlicher Rundfunk steht.

Abschließend: Wir werden diesen gesamten Prozess sehr aktiv und konstruktiv beglei­ten. Wir werden uns anschauen, wie sich die Sozialdemokraten hinsichtlich der Zwei­drittelmehrheit wirklich verhalten. Anderenfalls bleibt alles, was wir hier sagen, bleibt alles Gutgemeinte wirklich leere Worte, und wir bleiben bei der Bildungspolitik von vor­gestern, die Sie bisher blockiert haben.

Damit dieser Fall nicht eintritt und Bewegung ins Geschehen kommt, bringen die Ab­geordneten Amon, Rossmann und KollegInnen folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Werner Amon MBA, Mares Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reformdialog „Bildung“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Um nachhaltige Reformmaßnahmen für die Steigerung der Qualität des Österreichi­schen Bildungssystems im Rahmen einer Gesamtkonzeption zu erarbeiten, wird die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur ersucht,

die Österreich betreffenden Ergebnisse von PISA 2003 zu analysieren,

einen mit der Einsetzung der Zukunftskommission durch die Bildungsministerin initiier­ten Reformdialog auf Basis des Berichts der Zukunftskommission unter Einbindung der im Nationalrat vertretenen politischen Parteien, Bildungsexperten aus anderen OECD-Staaten, Vertreterinnen und Vertreter der Schulpartner, der Sozialpartner und der ver­schiedenen Interessenvertretungen sowie weitere Expertinnen und Experten zu führen und

für eine rasche Umsetzung der erarbeiteten Maßnahmen zu sorgen.“

*****

Sie sind herzlich eingeladen, mitzuarbeiten. Wir werden uns dieser Herausforderung stellen, und es wird hoch interessant werden, wie im Sinne der österreichischen Kinder und der Zukunft unserer Kinder vorgegangen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.13

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Frau Abgeordneter Rossmann verlesene Ent­schließungsantrag der Abgeordneten Werner Amon, MBA, Mares Rossmann, Kolle­ginnen und Kollegen ist hinreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Werner Amon MBA, Mares Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reformdialog „Bildung“

eingebracht im Zuge der Debatte zur Dringlichen Anfrage Nr. 2381/J der Abgeordneten Van der Bellen, Brosz, Mandak, Freundinnen und Freunde an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur


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Die Teilnahme an internationalen Studien ist bedeutsamer denn je, weil auf diese Wei­se im Zeitalter der Internationalisierung und zunehmenden Mobilität auch wichtige Fra­gen der Vergleichbarkeit der Bildungssysteme in das Blickfeld gelangen.

Die PISA-Studie ist ein wichtiges Instrument zur Output-Feststellung im grundlegenden Wissen und dessen Anwendung zur Lösung von Aufgaben. PISA überprüft also nicht die gesamte Persönlichkeitsbildung. Das PISA-Zentrum Salzburg ist beauftragt, die Ergebnisse eingehend zu analysieren und entsprechende Tiefenanalysen vorzuneh­men.

Selbstverständlich gilt es, die bereits auf Grund der Ergebnisse von PISA 2000 begon­nenen Maßnahmen fortzusetzen und verbindlich durchzuführen.

Wichtige Maßnahmen in diesem Zusammenhang sind:

Verlässliche Volksschule

Erarbeitung der Bildungsstandards

LESEFIT: Lehrerfortbildung, Salzburger Lesescreening, Kooperation mit Buchklub

Fortsetzung QIS (Qualität in Schulen) Ziel ist die Entwicklung eines Rahmenpro­gramms für systematische Qualitätsentwicklung an Schulen

IMST³ (Innovation in Mathematics and Science) zur Stärkung der mathematischen und naturwissenschaftlichen Kompetenzen

Von Bundesministerin Elisabeth Gehrer wurde die Zukunftskommission unter der Lei­tung von DDr. Günter HAIDER beauftragt, Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Schulqualität auszuarbeiten und vorzuschlagen. Diese 31 Vorschläge wurden im Rah­men der Initiative klasse:zukunft breit diskutiert. Ein Endbericht der Zukunftskommissi­on wird dazu im Jänner 2005 präsentiert.

Ein übergeordnetes Ziel muss daher weiterhin sein, die Qualität des Unterrichts konti­nuierlich zu steigern und gemeinsam mit den Schulpartnern weitere Schritte für die gute Ausbildung der Kinder und Jugendlichen zu setzen. Eine nachhaltige Zukunftssi­cherung erfordert jedoch die breite Beteiligung aller gesellschaftlichen Kräfte.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Um nachhaltige Reformmaßnahmen für die Steigerung der Qualität des Österreichi­schen Bildungssystems im Rahmen einer Gesamtkonzeption zu erarbeiten, wird die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur ersucht,

die Österreich betreffenden Ergebnisse von PISA 2003 zu analysieren,

einen mit der Einsetzung der Zukunftskommission durch die Bildungsministerin initiier­ten Reformdialog auf Basis des Berichts der Zukunftskommission unter Einbindung der im Nationalrat vertretenen politischen Parteien, Bildungsexperten aus anderen OECD-Staaten, Vertreterinnen und Vertreter der Schulpartner, der Sozialpartner und der ver­schiedenen Interessenvertretungen sowie weitere Expertinnen und Experten zu führen und

für eine rasche Umsetzung der erarbeiteten Maßnahmen zu sorgen.“

*****

 



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Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mandak. 8 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


16.14

Abgeordnete Sabine Mandak (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Kollegin Rossmann! Ihnen ist es jetzt innerhalb einer halben Minute gelungen, sämtliche statistische Tatsachen auszuhebeln. Die PISA-Studie ist selbstverständlich eine repräsentative Studie. Rückmeldungen bei den Tests gab es im Ausmaß von 4 500. Wenn man regionale Auswertungen machen wollte, die statistisch halten, dann wäre eine Umfragegröße von 15 000 Fragebögen notwendig. Aber die PISA-Studie ist selbstverständlich gesichert, daran gibt es nichts zu rütteln.

Ich möchte mich bei dieser Gelegenheit sehr herzlich bei der Autorin und dem Autor der PISA-Studie Österreich bedanken, bei Herrn DDr. Haider und bei Frau Dr. Reiter, die nicht nur eine sehr übersichtliche, eine gut lesbare Studie zusammengestellt ha­ben, sondern auch gezeigt haben, dass es sehr wohl möglich ist, solche Unterlagen in geschlechtsgerechter Sprache zu formulieren. Ich bitte die Mitglieder der Bundesregie­rung, sich daran ein Beispiel zu nehmen. Es ist möglich, bitte machen Sie es auch so! Das geht auch bei komplizierteren Zusammenhängen sehr gut.

Heute im „Standard“ ist Herr Landeshauptmann Pühringer zitiert worden, der auf die Frage, ob Ministerin Gehrer ein Nichtgenügend bekommen sollte, geantwortet hat, das sei ein „absoluter Unsinn, denn wenn der Strom ausfällt, ist auch nicht der Infrastruk­turminister zuständig.“ – Das sehe ich anders. Wenn in einem Viertel der Haushalte drei Jahre lang kein Strom zum Beispiel zum Lesen da ist, kein Strom zum Kochen da ist, dann ist natürlich der Infrastrukturminister dafür zuständig und nicht irgendjemand.

Wenn Ihre Antwort, Frau Ministerin, auf die PISA-Studie jene ist, dass man jetzt alles sehr unaufgeregt diskutieren soll, dann frage ich mich, weshalb ich mich nicht aufregen soll, wenn ein Viertel der Jugendlichen, die von der Schule abgehen beziehungsweise schon vorher aus dem Schulsystem gefallen sind, nicht sinnerfassend lesen kann. Wenn Sie das nicht aufregt – mich regt das auf! Gott sei Dank regt mich das auf, und ich hoffe, es wird mich noch lange aufregen. Nur so können wir den nächsten Schritt setzen, damit sich etwas verbessert. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Kollege Amon hat uns unterstellt, wir hätten Schadenfreude an den Ergebnissen der PISA-Studie. Wir, Kollege Amon, haben keine Freude daran, wenn unsere Kinder Schaden erleiden, wirklich nicht, aber Sie nehmen das offenbar nicht ernst. Sie neh­men diese Ergebnisse nicht ernst, wenn ich an die Antwort der Ministerin denke: Die Kinder, die jetzt getestet worden sind, haben ja schon vor so vielen Jahren Lesen ge­lernt. Dafür sei sie nicht verantwortlich. – Sie waren damals schon Ministerin!

Wir wissen seit drei Jahren von diesem Mangel. In diesen drei Jahren hätte man natür­lich auch bei den schon Älteren etwas tun können, damit sich die Lesekompetenz ver­bessert. Es ist ja nicht so, dass diese Schülerinnen und Schüler lernunfähig sind. Aber Sie haben nichts getan, und deshalb sind diese Fehlleistungen und diese Mängel in noch verstärktem Ausmaß zutage getreten. Das ist Ihre Schuld, Frau Ministerin! Da können Sie nicht sagen, das sei Jahrzehnte her, dafür können Sie keine Verantwortung übernehmen! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Was mir auffällt bei dieser PISA-Diskussion, das ist, dass man zwar methodisch-didaktische Fragen diskutieren kann, ja, das ist in Ordnung, dass man die Lehrerinnen und Lehrer und die Eltern verantwortlich macht, ja, dass man aber keine politische Verantwortung dafür übernimmt und dass man auch keine strukturellen Fragen stellen darf. Das ist schon wieder nicht erlaubt. Sie selbst, Frau Ministerin, haben in Ihrer An­fragebeantwortung gesagt: Unser Schulsystem werden wir weiterführen!


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Sie schränken schon wieder ein. Auf der einen Seite sagen Sie, ja, wir können gerne den Dialog führen, aber unser Schulsystem lassen wir so, wie es ist. Das, Frau Ministe­rin, ist keine Ausgangshaltung, wenn man etwas grundlegend reformieren will, und dass unser Schulsystem grundlegend reformiert werden muss, das wird Ihnen ja mitt­lerweile auch klar sein, hoffe ich zumindest!

Ich möchte auf noch einen Punkt eingehen, der mir als Familiensprecherin besonders wichtig ist. Die Defizite des Bildungssystems, das wir zurzeit haben, gehen sehr stark zu Lasten unserer Familien. Wenn ich etwa daran denke, dass in Österreich pro Jahr 57 Millionen € in Nachhilfestunden investiert werden müssen, so zeigt das noch einmal einen ganz wichtigen Punkt des Bildungssystems auf, der jetzt mit PISA noch gar nicht erfasst ist, nämlich die Tatsache, dass all jene, die mehr Geld zur Verfügung haben, die es sich leisten können, ihren Kindern Nachhilfestunden zu finanzieren, ihren Kindern natürlich auch die besseren Chancen auf einen besseren Bildungsabschluss ermöglichen.

Das ist ein ganz wichtiger Ansatzpunkt. Stichwort finnisches System. Sie sagen, wir wollen nichts 1 : 1 übernehmen. Wir sagen, wir müssen es nicht 1 : 1 übernehmen, aber wir müssen uns anschauen, was dort anders ist. Die Finnen fördern die Kinder stark individuell in den Schulen, und dadurch verhindert man, dass private Nachhilfe­stunden notwendig werden. Damit ermöglicht man Chancen für alle.

Frau Ministerin! Wenn es Ihnen ein Anliegen ist, dass alle Kinder in Österreich eine Chance auf einen guten Bildungsabschluss haben, dann müssen Sie diesen Weg nachvollziehen, dann müssen Sie da mitgehen und dürfen sich nicht länger dagegen sträuben! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Leider haben Sie eine Enquete zur PISA-Studie abgelehnt; ich hätte mir eine solche sehr gewünscht. Ich glaube, dass es gut gewesen wäre, wenn alle interessierten Kol­leginnen und Kollegen die Möglichkeit gehabt hätten, dieses Feld mit Expertinnen und Experten zu diskutieren, und zwar unter Einbeziehung der Öffentlichkeit. Schade, dass Sie das nicht getan haben. Die Begründung dafür war: Wir haben ja erst eine Bil­dungsenquete gehabt. Frau Ministerin, ich habe Sie bei dieser Bildungsenquete ver­misst so wie jedes andere Regierungsmitglied auch – es war niemand da. Während der gesamten Bildungsenquete des Bundesrates war kein einziges Regierungsmitglied anwesend! Das ist auch ein Zeichen für den Stellenwert der Bildung in Österreich in diesem Haus. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Frau Ministerin Gehrer, Sie haben zum Dialog eingeladen – ich weiß noch nicht, wie Sie das weiterführen wollen. Nur, wenn die Basis ist, dass Sie sagen: Dialog ja, aber unser Schulsystem muss so weitergeführt werden!, dann ist das keine Basis, auf der man einen echten Dialog führen kann.

Sie können mit uns rechnen, wenn es um einen ehrlichen Dialog geht, aber ich möchte Ihnen gleich sagen: Als Feigenblatt für Mitgestaltung lassen wir uns sicher nicht miss­brauchen! Für einen ehrlichen und zielführenden Dialog stehen wir aber gerne zur Ver­fügung. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.21

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Brinek. Wunschredezeit: 6 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


16.21

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Frau Bundesministerin! Herr Präsident! Hohes Haus! Die ÖVP stellt sich der PISA-Studie und einer notwendigen Analyse. Mit Stehsätzen, wie sie von Herrn Gusenbauer vorgestellt wurden, können wir aber nur recht wenig anfangen. (Beifall bei der ÖVP.)


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Es genügt nicht, an einem Rädchen zu drehen, das ist schon gesagt worden, sondern die Herausforderungen müssen ernst genommen werden. Politische Reflexe wie orga­nisationsrechtliche Vorschläge – Stichwörter: Ganztagsschule, Gesamtschule – führen in die Irre, wenn sie bloß Reflexe sind. (Abg. Dr. Gusenbauer: Sie werden es nim­mermehr verstehen! Bei Ihnen ist Hopfen und Malz verloren!)

Ganztägige schul- und betreuungspolitische Angebote gehen auf verschiedene Motive zurück, das wissen auch Sie, Herr Dr. Gusenbauer; etwa auf die geringe Siedlungs­dichte in skandinavischen Ländern, die Entfernung von einer Schule zur anderen, von den Elternhäusern zur Schule. Diesbezüglich ist in Finnland nicht dieselbe Ausgangs­lage wie etwa in städtischen Ballungsräumen, das brauchen Sie nur zu vergleichen.

Die Maßnahmen zur Öffnung der Psychiatrie in den siebziger Jahren, die aus Schwe­den gekommen sind, und die Einführung einer integrativen Sonder- und Heilpädagogik hatten ähnliche regionalspezifische Motive an erster Stelle, Herr Dr. Gusenbauer, und das sollten Sie auch studieren.

Also: Topographische Momente sind genauso maßgebend für ganztägige Schul­betreuung wie pädagogische, familienpolitische und sozialpolitische. – Das steht am Beginn unserer Analyse. (Abg. Dr. Gusenbauer: Ich muss sagen, da ist die Frau Bun­desministerin bedeutend offener als Sie! Das ist überhaupt ein Uralt-Flügel der ÖVP!) Die Einbeziehung der Schulpartner ist von der Ministerin schon angesprochen worden, ebenso die ganztägigen Betreuungsformen, die sie angeboten hat. Das Angebot von weiteren 10 000 Plätzen ist ein erstes, handfestes Angebot.

Zum Thema Gesamtschule Volksschule: Wir können nicht sagen: Gesamtschule passt, da brauchen wir nichts zu ändern!, denn ich sehe einen manifesten Handlungsbedarf in der Volksschule. Stärker als bisher ist das Augenmerk auf das sinnerfassende Lesen und die Kulturtechnikensicherung zu richten.

Ich unterstütze daher ganz massiv den Vorschlag der Wiener Volkspartei, das letzte Kindergartenjahr, das Vorschuljahr zur Sicherung der Deutsch-Kenntnisse als Schulrei­fevoraussetzung zu nützen, sei es auch unter der Maßgabe, dass dieses Kindergarten­jahr verpflichtend zu besuchen ist. Dieser Vorschlag hat rundherum absolute Zustim­mung gefunden. Ich bin sehr froh darüber, dass die Wiener Volkspartei diesbezüglich Vorreiter war, noch bevor PISA-Studien veröffentlicht wurden. (Abg. Dr. Matznetter: Aber bundesweit, Frau Kollegin!)

Ich zitiere heute Günther Nenning aus der „Kronen-Zeitung“, der Alarm schlägt, weil in der Gesamtschule Volksschule in Wien 39 Prozent der Kinder nichtdeutscher Mutter­sprache sind und den Wienern dazu nicht sehr viel eingefallen ist, um es salopp zu sagen.

Ich erinnere mich: 1991 sind in Wien mit Zustimmung der SPÖ die Wahlen vorgezogen worden, das war Stadträtin Smejkal, wegen Versagens der Wiener Schul- und Integra­tionspolitik. Seit 1991 hat sich offenbar nicht sehr viel zum Besseren gewendet. – Handlungsbedarf ist auf alle Fälle gegeben.

Weiterer Punkt: Geschlechterfrage. Ich bin absolut Ihrer Meinung, Herr Professor Van der Bellen, bezüglich des Aspekts der Geschlechterfrage, den Sie in der Anfrage mit­geliefert haben. Wir müssen uns um die männlichen Risikoschüler kümmern. Wir müs­sen uns aber auch um die Dimension, die hinter dieser Analyse steckt, kümmern. Also: Buben sind besser in Technik und Naturwissenschaften, sind schlechter im Lesen, Mädchen sind deshalb nicht so schlecht, weil sie die höheren Schulen besuchen, weil mehr eine AHS besuchen, weil sich dahinter ein manifestes Geschlechterklischee ver­birgt.


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Wir müssen die Mädchen bewegen, noch stärker in die Bereiche Technik und Natur­wissenschaften zu gehen, weniger Angst vor Strategie, Macht, Geld, Einfluss, vor be­ruflicher Festigung zu haben. Das ist ein Ansatz, der gesamtgesellschaftlich zu leisten ist und nicht nur über schulpolitische Einzelmaßnahmen.

Wir müssen aber auch die Buben davor warnen, in aggressives Verhalten zu verfallen, wenn es darum geht, in Softbereichen Qualifikationen zu erreichen, also Schmerzen zuzugeben, Konflikte einzugestehen, sich Mediationen zu stellen und so weiter.

Meine Damen und Herren! Dass wir auch und ganz besonders in der individuellen För­derung, in der Fachdidaktik Handlungsbedarf haben und dass damit die 68-er Laisser-faire- oder Kuschelpädagogik auch an ein Ende gekommen ist, beweisen uns Fachdi­daktiker in den aktuellen Tageszeitungen.

Vieles ist noch zu sagen. Ich stimme mit Ihnen überein, Frau Bundesministerin, und mit dem Gros der Abgeordneten hier, dass wir in einem Reformdialog alle Fakten auf den Tisch legen sollen und keine Scheuklappen haben sollen.

Ich lade das Hohe Haus daher ein, folgendem Entschließungsantrag der Kollegen Rossmann und Amon zuzustimmen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Werner Amon MBA, Mares Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend rasche und effiziente Umsetzung von Schulreformmaßnahmen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden ersucht, dem Nationalrat einen Vorschlag für eine entsprechende Verfassungsänderung zur Reduktion des Er­fordernisses von qualifizierten Mehrheiten bei Schulgesetzen zu unterbreiten, damit Reformmaßnahmen im Schulbereich rascher und effizienter umgesetzt werden kön­nen.“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

16.26

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Frau Abgeordneter Dr. Brinek eingebrachte Entschließungsantrag der Abgeordneten Werner Amon, Mares Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend rasche und effiziente Umsetzung von Schulreformmaßnahmen ist hinreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Werner Amon MBA, Mares Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend rasche und effiziente Umsetzung von Schulreformmaßnahmen, eingebracht im Zuge der Debatte zur Dringlichen Anfrage Nr. 2381/J der Abgeordneten Van der Bellen, Brosz, Mandak, Freundinnen und Freunde an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur

Die immer dynamischer werdende Welt stellt hohe Anforderungen auch an das öster­reichische Bildungssystem. Reformen, die rasch und effizient umgesetzt werden, bil­den eine wichtige Maßnahme zur Steigerung der Unterrichtsqualität. Die österreichi-


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sche Schulgesetzgebung erfordert in vielen Bereichen eine Zweidrittelmehrheit, was das Reformtempo behindert und Barrieren schafft.

Es gilt die derzeit sehr detaillierten Verfassungsbestimmungen im Schulwesen zu überprüfen, um mehr Gestaltungsfreiräume für die Organisation des Schulwesens und der Schulverwaltung zu schaffen. Dabei ist die Abschaffung der 2/3-Erfordernisse für Schulgesetze vorzusehen und sind die wesentlichen Grundlagen des Schulwesens in der Verfassung Grund zu legen. Die Verantwortung des Staates für Bildung und deren Qualität muss dabei sichergestellt, der chancengleiche Zugang zur Bildung im derzeit bestehenden hohen Ausmaß auch weiterhin garantiert werden und die Eingriffe in die Rechte anderer, z.B. der Eltern, durch entsprechende Bestimmungen, beispielsweise der Schulpflicht, eine verfassungsrechtliche Grundlage erhalten. Dazu zählen weiters insbesondere ein Grundrecht auf Bildung, eine klare Definition des Begriffes Schule und der Aufgaben der österreichischen Schule, Sicherung der Schulpflicht und des Weiterbestandes der Berufsschulpflicht sowie der unentgeltlichen Teilnahme am Unter­richt, eine einfache und schlanke Verwaltung mit klaren Zuständigkeiten und Verant­wortungen, Entpolitisierung der Schulverwaltung sowie die Verantwortung des Staates für die Qualität der Bildung und deren Sicherung und Weiterentwicklung.

Damit wirkungsvolle Maßnahmen im Sinne der Kinder und Jugendlichen in Zukunft rascher verwirklicht werden können, stellen die unterfertigten Abgeordneten nachste­henden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden ersucht, dem Nationalrat einen Vorschlag für eine entsprechende Verfassungsänderung zur Reduktion des Er­fordernisses von qualifizierten Mehrheiten bei Schulgesetzen zu unterbreiten, damit Reformmaßnahmen im Schulbereich rascher und effizienter umgesetzt werden kön­nen.“

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter DDr. Nieder­wieser. Seine Wunschredezeit stelle ich mit 4 Minuten ein. – Bitte, Herr Kollege.

 


16.27

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministe­rin! Hohes Haus! Wir sind kurz nach der Halbzeit dieser Diskussion, lassen Sie mich daher eine Zwischenbilanz ziehen: Das Projekt, das wir uns hier vornehmen, nämlich das österreichische Schulsystem wirklich grundlegend zu verändern – und dieses Er­fordernis besteht –, hat einen denkbar schlechten Start.

Kollegin Brinek, Sie schmeißen uns hier einen Entschließungsantrag auf den Tisch, ohne mit uns vorher darüber zu reden, ohne auch nur einen Satz darüber zu verlieren, dass man eine gemeinsame Anstrengung unternehmen könnte (Abg. Wittauer: Wenn ihr so langsam arbeitet! – Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch), und beauftragen die Regierung, etwas zu tun, was sie ohnedies tun muss, nämlich diese Dinge zu ana­lysieren und mit dem Parlament darüber zu verhandeln. (Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek.) Und Sie erwarten sich, dass wir dem zustimmen. Den Antrag betreffend Zweidrittelmehrheit haben wir bis jetzt noch nicht einmal gesehen. Stellen Sie sich so die Zusammenarbeit vor? – So wird es nicht gehen! (Beifall bei der SPÖ und den Grü­nen.)


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Unter diesen Bedingungen werden die Anträge sicher abgelehnt werden, darauf kön­nen Sie sich verlassen! Das ist keine Art des Umganges miteinander, wenn man eine gemeinsame Lösung suchen will. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Sie werfen uns vor, dass wir blockieren. – Ich frage Sie, Frau Bundesministerin, ich frage Sie, Kollege Amon: Was ist in der letzten Sitzung des Unterrichtsausschusses passiert? (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Waren Sie nicht dort?) – Wir haben die Regie­rungsvorlagen mitbeschlossen, wir haben das mitgetragen. Und was haben umgekehrt die Regierung und die Regierungsfraktionen gemacht? – Sie haben all unsere Anträge abgelehnt! Das ist die Tatsache. Umgekehrt ist es: Sie blockieren alles, Sie sind die Verhinderer hier! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Frau Bundesministerin, was hat Sie daran gehindert, unserer Einladung bereits nach PISA 2000 nachzukommen? Sie haben eine Zukunftskommission eingerichtet, Sie haben dann das Projekt „zukunft:schule“ weitergeführt, im Rahmen dessen Vor­schläge erstellt wurden. Jetzt gibt es das Projekt „Schule 2010“. Ich frage Sie, bei welchem dieser Punkte, die umzusetzen gewesen wären, die SPÖ die Umsetzung be­hindert hat. Nennen Sie einen Punkt! Im Gegenteil: Wir haben immer wieder verlangt, dass die Vorschläge der Zukunftskommission hier zu behandeln und rasch umzuset­zen sind, denn von den Schwächen hat man schon im Jahr 2000 gewusst. Selbst ein Papier aus Ihrem eigenen Haus hat die fünf Problemfelder aufgezeigt, die bereits PISA 2000 das österreichische Schulsystem betreffend aufgezeigt hat.

Mir kommt das wieder wie eine neue Taktik des Verhinderns vor. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Wie der Schelm denkt, so spricht er!) Diese Zukunftskommission, die­ses Projekt „Schule 2010“, diese großen Inszenierungen – Sie bauen hier ein tolles Segelschiff, mit dem man auslaufen könnte, aber dieses Segelschiff läuft und läuft ein­fach nicht aus, sondern bleibt im Dock stecken. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Was ist denn das für ein Vergleich?! Wir bauen ein Motorboot, kein Segelschiff!) Das ist keine Schulreform, wie wir sie uns vorstellen, und das ist keine Schulreform, wie sie die ös­terreichischen Schülerinnen und Schüler dringend bräuchten. (Beifall bei der SPÖ.)

Kollegin Rossmann! Keine Schuldzuweisungen – das ist natürlich ein legitimer Wunsch jener, die möglicherweise doch auch mitschuld sind an dieser Situation, die sagen im­mer als Erste: Nehmen wir doch keine Schuldzuweisungen vor!

Bleiben wir bei den Tatsachen: Im Jahr 2000 hat es eine Untersuchung gegeben, bei der Österreich sehr gut abgeschnitten hat, nach der die Regierung hier gestanden ist und gesagt hat, welch tolles System sie hat. Dann sind Sie von den Freiheitlichen in die Regierung eingetreten und haben mit der ÖVP das Schulsystem weiter verwaltet. Drei Jahre später: ein dramatischer Absturz! Nicht auf dem Weg zur Weltklasse, nicht auf dem Weg zur Weltspitze – wir sind allenfalls Weltmeister im Absturz. (Zwischenruf der Abg. Rossmann.) Das sind wir, und das kann uns keinesfalls befriedigen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wittauer: Sich so leicht abzuputzen ist wirklich einfach!)

Es geht wirklich um zu wichtige Dinge, sodass wir die Einladung, ohne Vorbehalte zu diskutieren, gerne annehmen. Wir hören uns auch gerne an, was Sie gegen die ge­meinsame Schule vorzubringen haben und wieso Sie glauben, dass das nicht der rich­tige Weg ist.

Wir sind überzeugt davon, dass alle Schulsysteme, die die Kinder bereits mit dem zehnten Lebensjahr in schwächere und stärkere trennen, den schwächeren Kindern, vor allem jenen Kindern, die aus Familien mit einem schwächeren sozialen Hintergrund kommen, fürchterlich unrecht tun. Diese Schulsysteme lassen diese Kinder zurück. Und dass der Anteil der Kinder, die zurückgelassen werden, von 15 Prozent auf jetzt 20 Prozent gestiegen ist, anstatt halbiert zu werden, ist das wirklich Dramatische. (Zwi­schenruf der Abg. Dr. Brinek.) Das ist wirklich darauf zurückzuführen, dass sich all die


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Kürzungsmaßnahmen ausgerechnet bei den Fördermaßnahmen für die Schwächsten als Erstes durchgeschlagen haben.

Frau Ministerin, es stimmt nicht, wenn Sie sagen, das spiele überhaupt keine Rolle. Sie können nicht behaupten, dass Walter Riegler das österreichische Schulsystem nicht kennt, er ist ein ÖVP-Mann und oberster Pflichtschullehrer-Gewerkschafter. Riegler sagt:

Allein durch den Finanzausgleich haben wir 4 000 Lehrer verloren, natürlich bleibt da wenig Zeit für Zusatzangebote. Der neue Finanzausgleich bringt zwar Verbesserun­gen, der Schaden für den einzelnen Schüler ist aber nur schwer zu beheben. Das ist fatal. – Zitatende.

Das ist das Zeugnis, das Ihnen Ihr eigener oberster Gewerkschaftschef der Lehrer hier vorhält. Wir haben ein Bildungsprogramm erarbeitet – wir haben es Ihnen bereits über­geben, Frau Bundesminister –, in dem viele Vorschläge stehen, die ähnlich jenen der Zukunftskommission sind. Wir brauchen nicht mehr jahrelang oder zumindest ein hal­bes Jahr lang zu analysieren, die Vorschläge liegen auf dem Tisch. Ich lade Sie ein: Setzen wir sie um! (Beifall bei der SPÖ.)

16.33

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wittauer. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


16.33

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Minister! Die Dis­kussion um die PisA-Studie wird meiner Meinung nach komplett falsch geführt. Wir reagieren heute in Österreich so wie Deutschland 2001. Damals, als Deutschland ab­stürzte, war überall in den deutschen Medien zu lesen und zu hören: PisA-Schock! Alle haben nur auf die PisA-Studie geschaut.

Es ist schon eigenartig, was alles in drei Jahren passiert. 2001 waren wir im ersten Drittel – Deutschland weit hinter uns. Drei Jahre später: Deutschland knapp vor uns. Unser Ergebnis: bei den Naturwissenschaften von Rang 8 auf Rang 20, in Mathematik von 8 auf 15, beim Lesen von 8 auf 19, und beim Problemlösen sind wir auf Platz 15, knapp hinter Deutschland.

Die Schweizer haben einen anderen Zugang dazu. Die „Neue Zürcher Zeitung“ kriti­siert die PisA-Studie. Obwohl die Schweizer 2001 schlechter waren, sich also sehr stark verbessert haben, ist in dieser Zeitung zu lesen, dass die PISA-Studie so zum „Götzen der Bildungspolitik“ wird. Alles schaut dorthin, und über alles wird diese PisA-Studie gestülpt.

Unsere Schulen sind international sehr angesehen, Manager loben unsere Schulen, viele arbeiten gerne hier, weil unser Bildungssystem sehr gut ist – ich sage ja nicht, dass es das Beste ist, dass sich nicht einiges ändern könnte, aber es ist sehr gut –, daher ist es nicht richtig, dass man jetzt alles schlecht macht und das mit der PisA-Studie begründet; das ist mir zu wenig.

Die „Neue Zürcher Zeitung“ sagt auch, außer dass sie eben diese Studie den „Götzen der Bildungspolitik“ nennt, dass manche Länder inzwischen ihre Lehrer in der Bil­dungspolitik so weit haben, dass sie auf die PisA-Studie hinarbeiten. Wenn das die Wahrheit ist, dann ist die PisA-Studie nicht einmal das Papier wert, auf dem sie ge­schrieben ist. Wenn also Länder nachweisbar darauf hinarbeiten, gute Ergebnisse bei der PisA-Studie zu erreichen, dann ist irgendetwas falsch. Und die „Neue Zürcher Zei­tung“ ist eine Zeitung, die überall angesehen ist.


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Es ist auch nicht möglich – das muss ich auch dazusagen –, von einer Studie zur nächsten innerhalb von drei Jahren einmal oben und dann wieder ganz unten zu sein. Wenn kurzfristige Maßnahmen in der Bildungspolitik solch starke Veränderungen her­vorrufen würden, dann wäre es ohnehin relativ einfach. Bildungspolitik ist jedoch ein Reformprojekt, und Reformprojekte brauchen, bis sie wirken, einen langen Zeitraum.

Frau Abgeordnete Rossmann hat auch richtig gesagt: Natürlich sind in der Vergangen­heit auch Fehler passiert. Ich sage ja nicht, dass die Schuld etwa nur bei den Sozial­demokraten liegt, aber dort, wo Fehler passiert sind, soll man diese auch erkennen, und man sollte gemeinsam versuchen, diese Fehler zu korrigieren. Das Angebot des Abgeordneten Niederwieser werden wir sicher annehmen. Aber dass die Sozialdemo­kratie in der Bildung jetzt „übergangen“ und gesagt wird, dass seit vier Jahren die Ka­tastrophe perfekt ist, das Bildungssystem hinunterrasselt und alles schlecht ist, ist nicht richtig. – Bitte, geht’s doch beten! Dieses Gejammer kann keiner mehr hören, das ist ja unmöglich. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Rote Raunzer!)

Aber es gibt ein Beispiel dafür, gerade bei einem Fall in der PisA-Studie wird das deut­lich: Nutzung von Computern: Österreich auf Platz 5, Deutschland auf Platz 25 – ganz weit hinten. Bei der Selbsteinschätzung im Umgang mit Software liegt Deutschland ganz vorne, auf Platz 2, Österreich auf Platz 25 – eigenartig.

Genauso: Ist Österreich in Mathematik deshalb so schlecht, weil die Schüler jetzt die Rechner verwenden dürfen? Kann auch sein, dann schaffen wir sie ab! Vielleicht kann man so das eine oder andere verbessern. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.) – Man muss darüber nachdenken. (Abg. Öllinger: Die „Goldene Zitrone“ geht an Klaus Witt­auer, FPÖ!)

Ebenso ist bewiesen, dass gerade in Haupt- und Volksschulen die Herkunft der Schü­ler für den Bildungserfolg insgesamt wichtig ist. Wenn Wien in Pflichtschulen einen Ausländeranteil von 39 Prozent hat, dann ist ganz klar, dass sich das Lehrpersonal mehr um sozialpädagogische Ausbildung und Maßnahmen kümmern muss als um die Bildung. Das ist eine normale Sache, das kann keiner bestreiten. (Abg. Dr. Wittmann: Das ist einfach gesagt!)

Die CDU und CSU in Deutschland – weil immer gesagt wird, dass die eine andere Poli­tik machen – haben ganz klar gesagt – ich habe das ganz genau gehört –: Wer der deutschen Sprache nicht mächtig ist, soll noch nicht in die Pflichtschule gehen.

Ich bin dafür – das war immer eine freiheitliche Forderung –, dass ausländische Kinder, die bei uns sind, zuerst die deutsche Sprache lernen sollen und dann in die Pflicht­schulen gehen sollen. Das heißt, es kann nicht so sein, dass in den Pflichtschulen bei einem hohen Ausländeranteil praktisch erst die deutsche Sprache gelehrt werden muss. Und wenn wir das umsetzen, wird auch der Bildungserfolg größer werden.

Gemeinsame Anstrengungen, um das Bildungsniveau zu erhöhen, werden eine Selbst­verständlichkeit für alle Parteien sein, für uns sowieso. Wir werden unsere Vorschläge konstruktiv einbringen, und ich hoffe, die Sozialdemokraten und die Grünen machen das ebenso. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.38

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Sburny. Wunschre­dezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


16.39

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich finde diese Diskussion in gewisser Weise wirklich bemerkens­wert, nämlich wenn Sie von den Regierungsfraktionen hier herauskommen und davon reden, dass wir ohne Scheuklappen diskutieren sollen – Kollege Amon hat von paw-


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lowschen Reflexen gesprochen –, ich aber zugleich in diversen Zeitungen lese, was Vertreter und Vertreterinnen beziehungsweise in diesem Fall Vertreter Ihrer Fraktionen sagen beziehungsweise der Bundeskanzler.

Der Herr Bundeskanzler sagt zum Thema Gesamtschule, das seien „eingefrorene Posthorntöne“ aus den sechziger Jahren. (Abg. Dr. Brinek: Der Herr Gusenbauer schickt sein Kind auch nicht in die Gesamtschule!) Also wenn das kein Reflex ist – und ich erspare mir jetzt die Beifügung –, dann weiß ich es nicht, wenn sich alle Experten und Expertinnen einig sind darüber, dass die Gesamtschule sehr wohl ein Ansatz sein kann, um unser System zu verbessern. (Beifall bei den Grünen.)

Landeshauptmann Pühringer spricht von „Gleichmacherei bei der Gesamtschule“, die wir uns ersparen sollen. – Er hat offenbar noch nie davon gehört, dass Gesamtschule nicht bedeutet, dass alle dasselbe machen, sondern dass dies eine gemeinsame Schu­le ist, in der eine hohe Ausdifferenzierung stattfindet, die wir in unserem – schon vom Schulsystem und von der Schulorganisation her – geteilten System überhaupt nie zu­stande bringen, und das ist genau der Wert der Gesamtschulen im Fall, dass sie wirk­lich gut funktionieren.

Sie mauern, bevor die Diskussion überhaupt begonnen hat. Sie machen komplett zu. Ein, zwei Tage hat es so ausgeschaut, als ob Ihnen die PISA-Studie zu denken geben würde, als ob Sie einmal anfangen würden, Ihre alten Modelle zumindest zu überden­ken. Sie von der ÖVP haben immerhin zum Beispiel in der Steiermark einige Leute, die durchaus in der Lage sind, hier differenziert zu argumentieren und auch Vorschläge zu machen. Zwei Tage, glaube ich, hat es gedauert. Dann war die Devise offensichtlich: Wir mauern und reden nicht mehr darüber, die Gesamtschule bewirkt den pawlow­schen Reflex, und über gewisse Themen darf überhaupt nicht mehr diskutiert werden. (Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek.) Sie nennen das dann „Kuschelpädagogik“. Ich kann auch von „Prügelpädagogik“ oder von „Strafpädagogik“ reden. Man kann alles von je­der Seite diffamieren, aber das machen momentan Sie. Sie führen keine ernsthafte Debatte, sondern haben sofort und auf der Stelle zugemacht, um genau diese korrekte Analyse nicht durchführen zu müssen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das ist sehr gut zu sehen an Ihren zwei Anträgen. Den einen Antrag, den Sie einge­bracht haben, Frau Abgeordnete Brinek, der da heißt: „Reduktion der Zweidrittelmehr­heit“, finde ich wirklich nett. (Abg. Dr. Brinek: Ja?) Wo wollen Sie denn die Zweidrittel­mehrheit reduzieren? Zugleich ... (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek.) Ah, Sie wollen sie abschaffen? Das ist interessant! Ich glaube, die FPÖ hat nämlich den Antrag auch unterzeichnet. Da steht „Reduktion“, und ich habe einen gewissen Ver­dacht, was das heißt, wenn ich mir anhöre, was von der Regierungsbank oder auch von Ihnen kommt, nämlich: Die Schulorganisation darf nicht angetastet werden. Das passt ja wohl hier ganz genau zusammen!

Reduzieren wollen Sie sie offensichtlich in Materien, bei welchen es etwa darum geht, das Fach Leibeserziehung umzubenennen oder Ähnliches. Dafür wollen Sie die einfa­che Mehrheit. Die Schulorganisation hingegen wollen Sie weiterhin belassen, wie sie ist. (Abg. Amon: Gegenvorschlag!) Das heißt, Sie wollen überhaupt nicht einmal an­denken, dass es um eine Gesamtschule gehen könnte. – Das spiegelt sich in diesem Antrag wider, und diesem werden wir sicherlich nicht zustimmen. Unser Vorschlag ist nicht Reduzieren, sondern Abschaffen der Zweidrittelmehrheit, und dann schauen wir, was bei der Schulorganisation herauskommt! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der SPÖ.)

Ähnliches gilt für den zweiten Antrag: Das sind die klassischen populistischen Anträge. Sie knallen uns hier nach einer Debatte, bei der Sie alles zugemacht haben, einen An-


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trag her, in dem steht: Bitte kommt doch und diskutiert mit uns! Sie, Frau Ministerin, haben bis jetzt nicht erklärt – und sagen auch, dass Sie es nicht erklären können –, wie Zahlen zustande kommen, die Sie selber verwenden.

Ich sage Ihnen: Wir sind unter zwei Bedingungen gerne zu jedem Dialog bereit: Der Dialog wird erstens gemeinsam geplant, und wir reden gemeinsam darüber, was die Inhalte dieses Dialogs sind, und die Zahlen kommen zweitens auf den Tisch, und Sie geben einmal bekannt, wie Sie zu den Zahlen gekommen sind, die immerhin einige Milliarden Differenz zwischen den Budgetzahlen und dem, was Sie der OECD gemel­det haben, ausmachen. – Bevor diese zwei Bedingungen nicht erfüllt sind, können Sie von uns wohl nicht erwarten, dass wir auf Basis Ihrer Inhalte und ohne eine ernsthafte Analyse mit Ihnen in einen Dialog treten! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.44

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Brader. Sei­ne Redezeit beträgt 5 Minuten. – Sie sind am Wort, Herr Kollege.

 


16.44

Abgeordneter Mag. Dr. Alfred Brader (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrte Frau Abgeordnete Sburny, die heutige Dringliche ist – so wie viele andere bildungspolitische Diskussionen in diesem Haus – geprägt von großer Aufgeregtheit, und das ist auch nicht weiter verwunderlich, weil ja jeder einen anderen Zugang zu Bildungsfragen hat.

Ich denke, dass dieses Rauschen im Blätterwald und die Heftigkeit, mit der diese Dis­kussion geführt wird, auch darauf zurückzuführen ist, dass wir in einer Zeit leben, in der Ranken, Evaluieren und Vergleichen das Hauptgeschäft von Wissenschaftern zu sein scheint, die von diesem Geschäft auch gut leben. (Abg. Sburny: Die Heftigkeit ist auf das katastrophale Ergebnis zurückzuführen, und wenn Sie das nicht verstehen, dann tut es mir Leid!)

Wenn nun eine solche Studie einen Rückgang um ein paar Punkte oder Ränge ergibt, dann wird gleich von einer nationalen Katastrophe gesprochen. Ich glaube, das ist si­cherlich falsch, denn gerade Sie, Herr Dr. Gusenbauer, müssen auch wissen, wie das ist, wenn man ein paar Punkte weniger erreicht, als man geplant hat.

Aber ganz abgesehen davon, dass sich Bildung meiner Meinung nach prinzipiell der Messbarkeit entzieht oder zumindest schwer messbar ist, weil Bildung ja als untrenn­bare Einheit von Wissen und Haltung zu verstehen ist und Haltung empirisch nicht ge­messen werden kann, sollte man sich trotzdem den aktuellen Studien ganz genau zu­wenden. Im Hinblick darauf möchte ich festhalten, dass wir zum Beispiel im Bereich der frühzeitigen Schulabbrecher mit 9 Prozent wesentlich besser dastehen als andere; so sind es etwa in Finnland 21 Prozent. In Österreich gehen die Kinder gerne zur Schule, und ich sehe nicht ein, warum das österreichische Schulsystem so schlecht dargestellt wird, wie es heute teilweise geschieht.

Nun aber zur PISA-Studie, vor allem zum Bereich Lesen. – Nach den Ergebnissen dieser Studie liegen wir betreffend Lesekompetenz um drei Punkte hinter dem OECD-Schnitt. Beachtet man die statistische Bandbreite, dann liegen wir zwischen dem 12. und 21. Platz. – Mich freut dieses Ergebnis nicht! Nun stellt sich im Hinblick darauf die Frage: Was kann man tun? – Ich meine, dass eine Fülle von Bedingungen erfüllt werden muss, damit der Lese-Lernprozess gut gelingen kann und die in diesem Pro­zess erworbenen Kompetenzen später auch gerne angewandt werden.

Erstens: Wichtig ist vor allem eine ausreichende sprachliche Kompetenz, und ich glau­be, Sie werden mir Recht geben, dass das Ergebnis, das die durchschnittliche Lese-


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leistung zeigt, auch davon abhängig ist, wie viele Kinder mit nicht deutscher Mutter­sprache in diesem System mit überprüft worden sind. Der diesbezügliche Prozentsatz ist in Österreich mit 9 Prozent weit höher als zum Beispiel in Finnland mit 1,8 Pro­zent. – Konsequenz aus dieser Tatsache muss ganz einfach sein, dass die Kinder vor dem Schuleintritt eine ausreichende Kompetenz in der deutschen Sprache erwerben, und ich kann daher dem Vorschlag sehr gerne nahe treten, der besagt, dass es im Kindergarten in diesem Sektor eine verpflichtende Förderung geben soll.

Aus Erfahrung sage ich aber dazu: Das wird nicht ausreichen, wenn die Kinder in ihrem privaten Umfeld kein deutsches Wort hören, und daher sollte es auch entspre­chende Schulungsmaßnahmen und Informationen für die Eltern geben.

Zweiter Punkt: Es gibt viele Kinder, die zum Zeitpunkt des Schuleintritts noch entwick­lungsneurologische Rückstände aufweisen, die das Gelingen des Leselernprozesses gefährden: Optische und akustische Differenzierungsfähigkeit, Raumlageorientierung und seriale Integrationsfähigkeit sind etwa so zu fördern, dass dieser Leselernprozess gelingen kann.

Studien beweisen auch, dass ein Zusammenhang zwischen Schwierigkeiten beim Le­selernprozess und einer nachhaltigen Störung der lebenslangen Motivation für das Lesen gegeben ist. Diese Motivation leidet auch dann, wenn das Lesen im Elternhaus keinen Stellenwert hat. Im Hinblick darauf müssen wir uns eingestehen: Wenn Compu­terspiele und Fernsehkonsum das Lesen ersetzen, dann braucht man sich nicht zu wundern, wenn Kinder einfach nicht lesen wollen. Ich denke, wir brauchen eine neue Kultur des Lesens, und ich möchte angesichts des bevorstehenden Weihnachtsfestes auch sagen, dass jedes Buch, das zu Weihnachten unter dem Christbaum liegt, wahr­scheinlich mehr wert ist als jedes Computerspiel.

Zurück zur Schule: Wenn wir in diesen Reformdialog eintreten – und ich bin sehr dank­bar, dass er kommen wird –, dann möchte ich, dass wir über die Registrierung der Oberflächenphänomene zu einer vertiefenden Diskussion kommen, und ich hoffe, dass sich dieser Dialog in einer sachlicheren Form abspielen wird als die heutige Diskus­sion. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

16.48

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Schasching. 4 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


16.49

Abgeordnete Beate Schasching (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir können froh sein, dass die österreichischen Schüle­rinnen und Schüler die PISA-Fragen nicht so beantwortet haben, wie Sie, Frau Bun­desministerin, heute die Fragen beantwortet haben, die dringlich an Sie gerichtet wur­den. (Abg. Dr. Brinek: Mein Gott!) Wir wären damit wahrscheinlich abgestürzt und auf dem letzten Platz gelandet, Frau Bundesministerin! Und das, meine ich, wollen wir wohl alle nicht! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Dr. Brinek: Geh bitte!)

Ich habe seit 2000 die zweifelhafte Freude, im Unterrichtsausschuss Ihre Reformunwil­ligkeit und Ihre schulpolitische Blockadepolitik aus nächster Nähe zu erleben. (Zwi­schenruf des Abg. Amon.) Das, was sich dort abspielt – ich erinnere an vorige Wo­che –, besteht wirklich in Vertagen, Vertagen, Vertagen und Ablehnen aller oppositio­neller Ideen, und ich glaube, das bringt uns wahrlich nicht weiter!

Diejenigen, die Schule erleben und damit massiv unzufrieden sind, nämlich die Schüle­rInnen und deren Eltern, werden von Ihnen schon seit Jahren ignoriert. Sie wissen schon seit Jahren, dass hier etwas nicht ganz stimmt und dass Bedarf bestünde, Re-


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formen – echte Reformen! – einzuleiten. Ich erinnere an das Bildungsvolksbegehren im Jahr 2001 mit 48 626 Unterschriften, und ich erinnere an Bürgerinitiativen zur Siche­rung des Bildungsniveaus und zur Senkung der Klassenschülerhöchstzahlen. Erst heuer wieder gab es 90 000 Unterschriften zur Sicherung der Schulqualität im Pflicht­schulbereich.

All das kommt aus der Bevölkerung, von den Menschen, die es massiv erleben, wie Schule ist und wie Schule auf sie wirkt, und die – leider! – bestätigen, dass die PISA-Ergebnisse den Tatsachen entsprechen.

Ihre Maßnahmen, die Sie uns in den letzten vier Jahren immer als Reformen verkauft haben, sind in Wahrheit Sparpolitik! Das, was Sie in den letzten vier Jahren gemacht haben, waren keine Reformen! Sie haben diesen Schritten immer nur das Deckmäntel­chen „Reform“ umgehängt und damit Unterrichtsstunden, und zwar 2,7 Millionen Unter­richtsstunden im gesamten Schulwesen, weggespart. 4,2 Millionen davon haben wir rein an Förderstunden verloren, es gibt um 5 000 PflichtschullehrerInnen weniger, und über 220 Millionen € dafür kann sich Bundesminister Grasser freuen. – All das sind wahrlich keine Reformen des Schulwesens, Frau Bundesministerin! Vielmehr liegen die traurigen Ergebnisse all dieser Maßnahmen, die Sie gesetzt haben, jetzt in Form der PISA-Studie auf dem Tisch! (Zwischenruf des Abg. Großruck.)

Der wichtigste Rohstoff der österreichischen Volkswirtschaft sind nämlich die Men­schen, gut ausgebildete, wissbegierige und lernfreudige Menschen, fortbildungswillige und fortbildungsfähige Menschen, und daher, Frau Bundesministerin, haben wir auch entsprechende Anträge für wirkliche Reformen vorgelegt. Wir von der SPÖ sind zum Dialog bereit. Wir haben ein Bildungsprogramm ausgearbeitet, und ich mache Sie dar­auf aufmerksam – Sie wissen es wahrscheinlich ohnehin –: Dieses Bildungsprogramm ist im Wesentlichen deckungsgleich mit den Ergebnissen der Zukunftsreformkommissi­on.

Wir fordern von Ihnen echte Reformen, die den Menschen in Österreich zugute kom­men, die den Kindern zugute kommen, die unserer Zukunft zugute kommen. – In die­sem Zusammenhang möchte ich Sie selbst zitieren. Sie haben heute in Ihrer Anfrage­beantwortung gesagt: Wir brauchen Menschen, die nicht alles glauben, was ihnen vor­geschrieben wird. – Auch diese Reformen braucht unser Schulsystem, nämlich mit einer anderen Schule. Beenden Sie daher Ihre Blockadepolitik in der Bildung, und tre­ten Sie endlich mit uns in einen echten Reformdialog ein! – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.53

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rosenkranz. 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


16.53

Abgeordnete Barbara Rosenkranz (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Hohes Haus! Haben Sie gestern vielleicht den „Kurier“ gelesen? – Das würde sich absolut lohnen! Christoph Kotanko schreibt einen Artikel über PISA: „Lerneffekt und falsche Schlüsse“, und der Titel ist eigentlich so, als ob er diese Debatte, wie sie vor allem von der Opposition geführt worden ist, bereits hätte kommentieren wollen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Gusenbauer.) Er stellt fest: Finnland triumphiert beim PISA-Test, doch vor dem Anhimmeln eines vermeintlichen Ideals ist zu warnen. Die Voraus­setzungen in Finnland sind nicht beliebig übertragbar.

Wenn Sie hier vorwerfen, es käme von Seiten der Regierungsparteien immer der ab­lehnende Reflex, dann kann ich feststellen: Es taucht bei Ihnen bei jedem Problem


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auch immer der Reflex auf: All das ist deshalb so, weil wir die Gesamtschule nicht ha­ben.

Der Anteil der getesteten Schüler mit nicht deutscher Muttersprache betrug vor vier Jahren in Österreich 6,7 Prozent, bei der aktuellen Untersuchung waren es schon 9 Prozent, also um fast ein Drittel mehr. In Finnland waren es konstant nur 1,8 Prozent, die nicht mit der Unterrichtssprache aufgewachsen waren. Sprachkenntnisse sind ein Erfolgsfaktor bei PISA!

Und ich denke, dass man das auch einmal ganz klar sehen muss, auch wenn es einem vielleicht nicht so gut gefällt: Die multikulturelle Schule ist gescheitert, und zwar nicht nur im Hinblick auf jene, die auf Grund ihrer mangelnden Kenntnisse der Unterrichts­sprache Bildung nicht erwerben können. Vielmehr kann in einer Schule – und diese 39 Prozent in Wien in der Gesamtschule Volksschule sind ja nur ein Durchschnitt –, in der über 90 Prozent Kinder mit nicht deutscher Muttersprache und noch dazu mit ver­schiedenen Muttersprachen sitzen, einfach nicht unterrichtet werden. Dabei leiden na­türlich nicht nur jene, die dem Unterricht nicht folgen können, sondern auch jene, die ihm folgen könnten. Niemand kann dabei etwas lernen!

Wenn PISA ein Grundwissen abgefragt und verlangt hat, dass dieses dann zu Lösun­gen verknüpft werden soll, dann sollte man das auch bei einer korrekten Analyse so halten und diese Einstellung einnehmen.

Wo hat es denn am meisten gekrankt? – Bei der Lesekompetenz. Ich betone jetzt ganz klar: Geprüft wurde der Jahrgang 1987. Dieser Jahrgang war 1993 in der ersten Klasse Volksschule und 1994 in der zweiten Klasse. Am Ende der zweiten Klasse sollte sinn­erfassendes Lesen beherrscht werden. Damals war Scholten Unterrichtsminister.

Wenn Sie jetzt den Vorwurf machen, die Frau Ministerin hätte das reparieren müssen, dann sage ich Ihnen: Ganz offenbar war in der vorigen Phase unter einer sozialdemo­kratischen Ministerschaft die Volksschule so schlecht konstituiert, dass dort Schüler aufsteigen konnten, die nicht lesen konnten.

Eine andere Grundtatsache ist: Die AHS schneiden sehr gut ab beziehungsweise lie­gen durchaus im Durchschnitt. Beschämend schlecht schneiden die polytechnischen Lehrgänge und die Berufsschulen ab. Das würde mich jetzt wirklich bekümmern! Da würde ich eine soziale Diskriminierung sehen, aber nicht in der Tatsache, dass wir kei­ne Gesamtschule haben! (Zwischenruf des Abg. Dr. Niederwieser.)

Wer geht denn gerade in Wien in die polytechnischen Schulen? – Jene, die vorher das Lesen nicht erlernt haben! Und wenn ich dann in Wien eine regelrechte Flucht aus den öffentlichen Schulen feststelle, dann bekümmert mich das wirklich, und ich denke, Sie als Sozialdemokraten sollte es auch bekümmern, wenn sozusagen ein verlorener Rest, von dem wir wollen, dass er der Facharbeiter der Zukunft ist, zu 20 Prozent nicht ein­mal schriftlichen Empfehlungen folgen kann.

Ich meine, dass die Vorschläge, die von Ihnen kommen, wirklich „eingefrorene Post­horntöne“ sind. Das hören wir seit Jahrzehnten! Ich sage dazu, dass die Inhalte in der Schule ohnehin immer mehr in Ihre Richtung gehen. In meiner Schulzeit musste man wiederholen, weil es unmöglich war, mit einem Nicht genügend aufzusteigen. Das war in guten Schulen schlechterdings unmöglich, jetzt ist das aber alles möglich. Es geht also ohnehin in Ihre Richtung, und es wird eigentlich schlechter und nicht besser!

Wenn Sie, Herr Vorsitzender, sagen: Diese Schulpolitik ist von vorgestern!, dann halte ich dennoch fest: Vorgestern konnte man nach dem Besuch einer öffentlichen Schule in Österreich zumindest lesen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

 


16.57


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Präsident Dr. Andreas Khol: Vorläufig letzter Redner hiezu ist Abgeordneter Öllinger. Seine Redezeit ist 3 Minuten und entspricht damit der Restredezeit seiner Fraktion. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 


16.57

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hätten wir nicht gestern oder vorgestern im „Kurier“ schon die Sätze der Abgeordneten Brinek lesen können – sie hat gesagt: Wir brauchen im Bereich der Schulorganisation keine Änderung, da sind wir schon ausgereift –, dann würde sich uns der Sinn des Antrages der ÖVP nicht voll erschließen. Wenn nämlich Sie, Frau Abgeordnete Brinek bezie­hungsweise Herr Amon und Frau Kollegin Rossmann, die diesen Antrag stellen, sagen: Wir wollen eine entsprechende Verfassungsänderung zur Reduktion des Erfordernis­ses von qualifizierten Mehrheiten bei Schulgesetzen, dann ist das in diesem Zusam­menhang nur so interpretierbar, dass Sie nur in einigen Bereichen reduzieren wollen. Sie wollen nicht generell auf die einfache Mehrheit zurückgehen, sondern Sie wollen selbstverständlich die qualifizierte Mehrheit bei der Schulorganisation beibehalten.

Die Frau Ministerin wird wahrscheinlich einen Vorschlag unterbreiten, wonach das Frühwarnsystem noch weiter ausgebaut wird und schon am ersten Schultag beginnt. Dann sind Sie zufrieden! – Glauben Sie wirklich, dass man mit uns nach dieser PISA-Studie so einen Reformdialog einleiten kann?! (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

Glauben Sie wirklich, dass wir einen Schritt weiterkommen, Frau Abgeordnete Brinek, wenn Sie hier sagen: Die Opposition redet alles krank und schlecht, es gibt eigentlich überhaupt nichts, was wir ändern sollten!? (Abg. Dr. Brinek: Das habe ich nicht ge­sagt!) Im Unterschied dazu hat Kollegin Rosenkranz dieses Problem sehr wohl gese­hen, doch heißt es bei ihrer Darstellung: Die Ausländer sind schuld. – Das muss man sich auch geben: Frau Kollegin Rosenkranz hat einen Sündenbock gefunden! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wie ist es denn in Wien, wo es Klassen gibt, in denen keiner Deutsch kann?) Wir alle waren uns aber einig, dass es nicht um die Suche nach Sün­denböcken geht. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist eine denkbar schlechte Voraussetzung für einen Reformdialog.

Da wir auch in den Fragen der Schulorganisation nicht lockerlassen werden, bringe ich Ihnen folgenden Antrag zur Kenntnis:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Van der Bellen, Brosz und KollegInnen betreffend Abschaffung qua­lifizierter Mehrheiten bei Schulgesetzen als Voraussetzung für eine umfassende Re­form des Schulsystems

Die Ergebnisse der PISA-Studie zeigen, dass ein grundlegender Reformbedarf im ös­terreichischen Schulsystem besteht. Um tiefgreifende Reformen umsetzen zu können, muss auch bei schulorganisatorischen Maßnahmen das Erfordernis qualifizierter Mehrheiten abgeschafft werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden aufgefordert, dem Nationalrat einen Vorschlag für eine Verfassungsänderung zur Abschaffung qualifizierter Mehrhei-


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ten bei Schulgesetzen zu unterbreiten, damit umfassende Reformmaßnahmen umge­setzt werden können.

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Voraussetzungslos, bedingungslos, so müs­sen wir die Debatte angehen und nicht schon wieder mit Bedingungen, die wesentliche Teile dessen, was zu ändern ist, von jeder Reform ausschließen. So kann es doch nicht sein, Frau Kollegin Brinek! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn man ein Resümee aus dieser Debatte zieht, dann kann man nur sagen: Wenn das Schönreden, das Lobhudeln, das Falschrechnen und das Drüberturnen Disziplinen bei PISA gewesen wären, dann hätten die Regierungsparteien wahrscheinlich den Spitzenrang bei PISA. Aber leider steht das nicht zur Debatte. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.01

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr hat sich Frau Abgeordnete Mag. Grossmann zu einer Rede von 4 Minuten zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


17.01

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag des Kollegen Öllinger ist vollinhaltlich zu unterstützen, denn dann, Frau Ministerin, verlieren Sie wirklich jede Möglichkeit, noch länger die Verantwortung für Ihr Tun beziehungsweise Ihr Unterlas­sen auf die Opposition abzuschieben. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.) Sie haben diese Misere in der Bildungspolitik zu verantworten, also stehen Sie, bitte, auch dazu!

Die heute hier zur Diskussion stehende PISA-Studie ist ja nicht die erste, wie wir wis­sen. Schon die 2001 veröffentlichte Studie hätte alle Alarmglocken läuten lassen müs­sen, weil schon damals massive Leistungsdefizite österreichischer Schülerinnen und Schüler evident waren. Aber massiver als die Leistungsdefizite der Kinder sind die Leistungsdefizite der Bildungsministerin. Die beiden PISA-Studien haben ganz deutlich gezeigt, dass Ihre Bildungspolitik schwach angefangen und dann stark nachgelassen hat, Frau Ministerin. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Statt die Warnungen von PISA 1 ernst zu nehmen, haben Sie sich in Eigenlob förmlich überschlagen und sind nicht müde geworden, die von Ihnen geschaffenen Rahmenbe­dingungen zu loben. Die von Ihnen geschaffenen Rahmenbedingungen sind es nun, die Österreich dieses blamable Ergebnis beschert haben – ein Ergebnis, das den jun­gen Menschen in diesem Land Unrecht tut, weil sie ja nichts dafür können, dass ihr Potential nicht ausreichend gefördert wird. Und dieses Ergebnis schadet verschuldet durch Ihre verfehlte Bildungspolitik – und hier muss man die Verantwortlichkeit ganz klar benennen – den jungen Menschen nachhaltig auf dem europäischen Arbeitsmarkt. Selbst Bundeskanzler Schüssel erkennt – allerdings nur in Sonntagsreden –, dass un­ser wichtigster Rohstoff gut ausgebildete Menschen sind. Der wichtigste Rohstoff ist jener zwischen den Ohren, hat er wörtlich gemeint.

Nur, meine sehr geehrten Damen und Herren, dieser Rohstoff wird bei uns schändlich vergeudet. Die erste PISA-Studie hat ganz deutlich aufgezeigt, dass beim Aussortie­rungsprozess im Alter von zehn Jahren viel zu viele auf der Strecke bleiben. Auch eine qualitativ hochwertige Ganztagsbetreuung wurde Österreich empfohlen. Sie hätten diese Studie sehr genau lesen sollen, Frau Ministerin. Wenn Sie die Technik des Sinn erfassenden Lesens beherrschen, wovon ich ausgehe, denn ich möchte schließlich keinen Ordnungsruf riskieren, dann werden Sie erkennen, dass Sie viele Empfehlun-


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gen der PISA-Studie 1 und 2 in traditionellen SPÖ-Forderungen wiederfinden. Forde­rungen wie Gesamtschule, hochwertige Ganztagsschule, angstfreies Lernen, Lernen durch Motivation und so weiter wurden von Ihnen und Ihresgleichen immer wieder als Zwangstagsschulen, Eintopfschulen, Chaosschulen diffamiert.

Da hat Kollege Brosz mit seinem Befund völlig Recht. Sie haben sämtliche Reformvor­schläge, die von den PISA-StudienautorInnen, der Zukunftskommission, von Eltern, Schülervertretungen geäußert wurden, immer blockiert, blockiert, blockiert und waren auch noch stolz darauf, dass Sie zum Beispiel die Gefahr der Gesamtschule abwehren konnten. Dabei weiß keiner, was Sie hier befürchten, außer dass es künftig weniger vom Geldbörsel der Eltern abhängt, welche Bildungs- und damit Zukunftschancen Kin­der haben.

Ein ganz schockierender Aspekt der Studie ist, dass Schule in zunehmendem Maße als belastend, demütigend und krank machend erlebt wird. Ich glaube, das ist auch ein ganz wesentlicher Grund für das schlechte Abschneiden unserer Jugend. In der Wirt­schaft hat man bereits erkannt, dass nur gut motivierte MitarbeiterInnen auf Dauer leis­tungsfähige MitarbeiterInnen sind, und diese Erkenntnis sollte auch in den Schulalltag Eingang finden.

Es ist schon sehr interessant, dass aus den Kindergärten, den meines Erachtens fort­schrittlichsten Bildungseinrichtungen des Landes, lernbegierige, wissensdurstige Kin­der in die Schule kommen und es dann nur sehr wenige Jahre dauert ... (Abgeordnete und Mitarbeiter sprechen miteinander, indem sie der Rednerin den Rücken zuwenden.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich bitte, der Rednerin nicht den Rücken zuzuwenden, vor allem sollten dies auch die parlamentarischen Mitarbeiter nicht tun! (Abg. Mag. Grossmann: Es gibt Schlimmeres, Herr Präsident!)

Am Wort ist Frau Abgeordnete Grossmann. – Bitte.

 


Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (fortsetzend): In wenigen Jahren stellen sich dann Schulfrust und Motivationslosigkeit ein. Was wir brauchen, ist eine Schule, in der sich alle wohl fühlen, die Lehrkräfte und die Schülerinnen und Schüler. Dann, den­ke ich, werden auch die Leistungen stimmen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

17.06

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl für 4 Minuten ans Rednerpult; das ist die Restredezeit ihrer Fraktion. – Sie sind am Wort, Frau Kollegin.

 


17.06

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! In Reaktion auf dieses wirklich bestürzende Ergebnis der PISA-Studie hat die allgemeine Sprachregelung bei den Regierungsparteien geheißen: unaufgeregt. „Un­aufgeregt“ war auch das Wort, das die Präsentation vor wenigen Tagen geprägt hat. Ich muss Ihnen sagen, ganz verstehe ich die geringe Aufregung nicht, wenn man sich alleine das Ergebnis ansieht, wonach die Zahl in der so genannten Risikogruppe, also jener, die nicht Sinn erfassend lesen können, deutlich angestiegen ist.

Nicht nur, dass 20 Prozent an sich ein erschreckender Wert sind, muss doch gesagt werden, dass wir im Laufe weniger Jahre um ein Drittel schlechter geworden sind. Also vor diesem Hintergrund würde ich sagen, dass Ihre Reaktion nicht unaufgeregt, sondern meiner Meinung nach unernst ist, und zwar unernst auch heute hier im Haus, wenn ich mir die Anträge ansehe, die Sie vorgelegt haben.

Es wird ein Antrag eingebracht, wo wir die Regierung auffordern sollen, einen Reform­dialog zu machen, den sie erstens sowieso schon angekündigt hat und machen will.


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Zweitens: Was soll der Reformdialog an sich? Wir haben bereits Erfahrungen mit Ihren Reformdialogen gemacht, die eine reine Zwei-Stunden-Inszenierung der Selbstdarstel­lung sind. Wir brauchen nicht so einen Reformdialog, sondern wir brauchen ernsthafte parlamentarische Verhandlungen, Auseinandersetzungen, Analysen unter Einbezie­hung von Experten und Expertinnen, Schulpartnern et cetera. Länger, ernsthaft, öffent­lich nachvollziehbar, umsetzungsorientiert und nicht eine Zwei-Stunden-Inszenierung. Das ist unaufgeregt, unernst und viel zu wenig. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Von wegen „Blockade“: Erstens wüsste ich nicht, wo wir in den letzten Jahren die Ge­legenheit gehabt hätten, irgendetwas Umfangreicheres zu blockieren. Sie haben ja gar nichts auf den Tisch gelegt. (Abg. Scheibner: Weil man schon weiß, dass Sie alles blockieren!) Darüber hinaus möchte ich Sie daran erinnern, dass es eine hohe Über­einstimmung in diesem Land gibt, wo anzusetzen ist, was zu passieren hat.

Die Zukunftskommission, die die Frau Bundesministerin selbst eingesetzt hat, hat wich­tige Vorschläge gemacht. – Nichts ist passiert! Das Institut für Familienforschung hat wichtige Vorschläge gemacht. – Nichts ist passiert! Die Oppositionsparteien, auch Landespolitiker Ihrer eigenen Partei haben Vorschläge in die gleiche Richtung ge­macht, substantielle, seriöse, gute Vorschläge. – Nichts ist passiert! Wo die Blockade hier im Haus ist, ist ganz klar. Sie sollten sich an der eigenen Nase nehmen und nicht die anderen rügen, dass sie nicht ausreichend mitarbeiten. Sie sind jetzt aufgefordert, einen Nachdenkprozess einzuleiten und sich wirklich einmal zu bewegen, anstatt ein­fach ideologisch zu blockieren, und sich sachlich mit den Vorschlägen, die bereits auf dem Tisch liegen, auseinander zu setzen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Noch ein Wort zu den Eltern, sehr geehrte Damen und Herren. Bei den Eltern sucht man ja die Verantwortung für das vorgelegte Ergebnis. Natürlich haben die Eltern eine große Verantwortung für den Lernfortschritt ihrer Kinder, und die nehmen sie auch wahr. Nur, die Kooperation mit den Eltern muss die Schule ausbauen: Information, mit einbeziehen, alles.

Aber die Verantwortung für den Lernfortschritt, für den Lernerfolg der Kinder, die bleibt bei der Schule, die muss in der Schule wahrgenommen werden, und zwar besser als bisher. Wo wir ansetzen müssen – vor allem in drei Bereichen –, ist in der Debatte ganz klar geworden: bei der Frühförderung, die wir viel ernster nehmen müssen. Wir brauchen ein Recht jedes Kindes auf einen Kinderbetreuungsplatz im Sinne der Bil­dungsinstitution Kindergarten.

Wir können den Eltern nicht zumuten, weiterhin bereits bei 10-jährigen Kindern zu ent­scheiden, in welche Schule sie kommen, wie der Bildungsweg ausschaut. Das Ent­wicklungspotential ist in diesem Alter nicht abschätzbar. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Ich komme schon zum Schluss, Herr Präsident: Die Ganztagsschulen gehören drin­gend ausgebaut, und zwar im Sinne des Lernerfolges in der Schule und nicht zu Hau­se. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

17.10

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


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Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Amon, Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reformdialog „Bil­dung“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Der Antrag ist mit Mehrheit angenommen. (E 79.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Amon, Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend rasche und effiziente Umsetzung von Schulreformmaßnahmen. (Abg. Öllinger: Ha, ha!)

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch dieser Antrag ist mit Mehrheit angenommen. (E 80.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung qualifi­zierter Mehrheiten bei Schulgesetzen als Voraussetzung für eine umfassende Reform des Schulsystems.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. (Rufe bei der SPÖ – im Hinblick auf das Stimmverhalten der ÖVP und der Freiheitlichen –: Oh!) – Der Antrag findet nicht die notwendige Mehrheit und ist daher abgelehnt.

Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich nehme die Verhandlungen über die Punkte 3 und 4 der Tagesordnung wieder auf.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dkfm. Dr. Bauer. Wunschredezeit: 3 Minu­ten. – Herr Kollege, Sie sind am Wort.

 


17.12

Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Nach Fortsetzung der Debatte über das Um­weltverträglichkeitsprüfungsgesetz möchte ich einige Punkte noch hinzufügen.

Es ist in einem Teil die Überführung in das österreichische Rechtssystem erfolgt, im anderen Teil ist es natürlich auch darum gegangen, eine Verbesserung des UVP-Gesetzes zu erreichen. In der Tat bringt diese UVP-Gesetz-Novelle eine Reihe von Verbesserungen, was die stärkere Einbindung der Öffentlichkeit und der NGOs betrifft. Das ist ein Fortschritt, auch was die Gemeinden betrifft. Aber dieses Gesetz kann nicht als der große Wurf, der auf Grund der bisherigen Erfahrungen eigentlich angegangen werden sollte, bezeichnet werden.

Das UVP-Gesetz bietet die Möglichkeit einer Auseinandersetzung mit Spielregeln, aber dazu muss eine neue Auseinandersetzungskultur zwischen Verwaltung, den Projekt­trägern und einer selbstbewussten Öffentlichkeit entwickelt werden. Die vorgesehene Ad-hoc-Anerkennung statt Vorweg-Anerkennung durch den Bundesminister trübt die­sen positiven Ansatz einer breiteren Öffentlichkeitsbeteiligung etwas.

Das häufig verwendete Argument einer Kostenminderung, geschätzte Damen und Her­ren, muss ebenfalls angezweifelt werden, da eher mit Mehrkosten zu rechnen sein wird, zum Beispiel durch die höheren Personalaufwände auf Grund der Durchführung eines Genehmigungsverfahrens oder auf Grund der Herausnahme der verkehrspoliti­schen Koordinierung des Bundesstraßengesetzes.

Ein weiterer Wermutstropfen ist die Nichtaufnahme der Belange des Naturschutzes und des Wasserrechtes in einem Verfahrensweg. Was eigentlich im Hinblick auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes notwendig gewesen wäre, wurde offensicht­lich auf Grund der Einwände der Länder nicht aufgenommen. Das ist zu bedauern, denn es wäre wichtig, dass ein integratives Gutachten in die Beurteilung einbezogen wird und nicht, dass der Bundesminister beauftragt wird, quasi die Koordinierungsfunk­tion zu übernehmen. Da ist ein gewaltiger Unterschied.


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Ganz zum Schluss möchte ich anmerken, dass die Frage der 10-Kilometer-Grenze, was das UVP betrifft, natürlich durch Zusammenrechnungsregelungen ergänzt wird, aber dass vor allem noch keine Lärmnormen gesetzt werden. Ich fordere dringend das Umgebungslärmgesetz und die dazugehörige Verordnung. Nur dann sind nämlich die Bürger auch wirklich beteiligt und in der Lage, gegen den Lärm etwas zu unternehmen und zu verlangen, dass entsprechende Maßnahmen gesetzt werden.

Abschließend: Es ist ein Fortschritt in bestimmten Bereichen und es bedeutet auch die Suche nach einem Gleichgewicht in dieser wichtigen Frage, die zwischen der Wirt­schaft und den Fragen der Ökologie eingeleitet wurde. In diesem Sinne gibt es von uns Zustimmung, aber gleichzeitig müssen wir uns auch dessen bewusst sein, dass in die­sem Bereich noch viel getan und dieses Gesetz weiterentwickelt werden muss. – Dan­ke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.16

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Grillitsch. 4 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


17.16

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute schon sehr viel diskutiert über das Projekt Spielberg-neu, über die Investi­tionen, die in dieser Region, im oberen Murtal, Aichfeld-Murboden getätigt werden soll­ten. Als einer, der aus dieser Region kommt, dort lebt, dort seine Kindheit verbracht hat, einer Region, die einen großen Wandel mitgemacht hat und noch vor sich hat, möchte ich auf die Bedeutung dieses Projektes eingehen, weil ich glaube, dass viel­fach noch nicht bekannt ist, welche Auswirkungen diese 700 Millionen €-Investition in dieser Region nicht nur für das obere Murtal und für die Steiermark, sondern letztlich für ganz Österreich hat. Das ist nicht eine Frage von Weiß-Grün, sondern für mich ist das eine Frage von Rot-Weiß-Rot und für Österreich.

Meine Damen und Herren! Diese Region hat den Zusammenbruch der verstaatlichen Industrie miterlebt und hat es mit Eigenkraft und viel Dynamik verstanden, in dieser Region Arbeitsplätze zu sichern. Nichtsdestotrotz haben wir Probleme, die es zu lösen gilt. Und ich glaube, wir haben Chancen. Gerade diese 700-Millionen-Investition in die­ser Region bedeutet bis 2010 10 000 Arbeitsplätze, jährlich 2 000 Arbeitsplätze bis 2010 für Österreich – das sage nicht ich, sondern das sagt das Wirtschaftsforschungs­institut –, und davon die Hälfte in der Steiermark, bedingt auch durch entsprechende Forschungs- und Entwicklungsarbeit.

Daher haben wir, wie ich meine, alles zu tun, auch hier in diesem Parlament, und da­her unterstützen wir auch den einzubringenden Entschließungsantrag und stimmen selbstverständlich auch mit, weil es um die Zukunft dieser Region geht. Es geht um Arbeitsplätze, es geht um Beschäftigung.

Ich sage auch ganz offen, Frau Kollegin Glawischnig, es ist schade, wenn man die Fehler in diesem Zusammenhang in der Vergangenheit sucht. Das Einzige, was die Menschen in dieser Region wollen, ist, dass die Politik jetzt geschlossen und gemein­sam versucht, jene Bedingungen im Rahmen der Rechtsstaatlichkeit – das füge ich selbstverständlich hinzu – zu schaffen, damit dieses Projekt für die Menschen in dieser Region, für die Menschen in der Steiermark und für die Menschen in Österreich auch entsprechend realisiert werden kann.

Daher bitte ich Sie, überlegen Sie sich nochmals Ihre Wortwahl zu diesem Projekt. Und vielleicht überlegen Sie sich auch, ob Sie nicht doch diesem Antrag noch zustimmen können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


17.19


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Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Grillitsch, den Entschließungsantrag haben Sie aber nicht eingebracht. (Abg. Grillitsch: Er wird eingebracht!) – Er wird ein­gebracht. Wir kommen nämlich immer näher an die Abstimmung, und ich werde wahr­scheinlich die Abstimmung vertagen. (Ruf bei der SPÖ: Das ist ein Skandal! – De­monstrativer Beifall des Abg. Dr. Puswald.)

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte.

 


17.19

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Beim UVP-Gesetz ist ja Zweidrittelmehrheit gefor­dert. – Aber dass es jetzt schon leuchtet (die Rednerin weist auf die bereits leuchtende Lampe beim Rednerpult hin), ist zu früh. – Danke.

Teile des UVP-Gesetzes bedürfen ja der Zweidrittelmehrheit, das heißt, es hat im Vor­feld auch intensive Verhandlungen gegeben. Ich möchte dabei schon anmerken, dass ich es schade finde, dass immer nur dann, wenn es eine Zweidrittelmaterie gibt, der Parlamentarismus auf einmal lebendig wird, während das sonst sehr oft nicht der Fall ist.

Wie auch immer, die Verhandlungen haben etwas gebracht, unter anderem die Ver­kürzung von Verfahren in Verkehrsvorhaben, den Zugang von Standortgemeinden zum Verwaltungsgerichtshof und die bessere Parteienstellung für NGOs. Ich denke, dass der Umweltsprecher der SPÖ, Jan Krainer, hier sicherlich sehr gut verhandelt hat und auch seine Feuertaufe als Umweltsprecher bestanden hat, auch wenn er selber sagt, er hat keine zwei lachenden Augen. Ich bin mir sicher, Jan, beim nächsten Mal hast du Grund für zwei lachende Augen.

Über die Jahre ist das UVP-Gesetz sehr oft novelliert worden. Es hat eine Menge Än­derungen erfahren, sowohl positive wie auch negative, positive, was die Ausweitung der Mitspracherechte der Betroffenen betrifft, negative, was die Herabsetzung der Schwellenwerte betrifft, die angeben, ab wann eine UVP überhaupt gemacht werden muss.

Über die Jahre ist das UVP-Gesetz auch wesentlich komplizierter, sperriger und schwerer umsetzbar geworden, sodass ich mir denke, dass eine neue Textierung, eine neue Fassung und eine neue Verabschiedung im Interesse aller Beteiligten im Verfah­ren wäre, BürgerInnen, Gemeinden, Investoren, Bürgerinitiativen genauso wie NGOs, mit dem übergeordneten Ziel natürlich, immer der Umwelt eine Stimme, der Ökologie ein Mandat zu geben.

Ich möchte daher folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Krainer und KollegInnen betreffend Erarbeitung eines neuen UVP-Gesetzes

Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat innerhalb eines Jahres eine Regie­rungsvorlage zuzuleiten, die ein neues UVP-Gesetz enthält, das verbunden mit einem einheitlichen Anlagerecht übersichtlich alle Genehmigungsvoraussetzungen zusam­menfasst und unter Beibehaltung der hohen Umweltstandards und aller Parteienrechte einen raschen und effizienten Bewilligungsablauf garantiert.

*****


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Ich denke, es wäre wirklich in unser aller Sinn – und vor allem im Sinne der Umwelt –, wenn es hier zu einem lesbareren, besser umsetzbaren Gesetz käme, und hoffe, dass dieser Entschließungsantrag Ihre Zustimmung findet. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.22

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Frau Abgeordneter Bayr eingebrachte Ent­schließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Krainer und KollegInnen betref­fend Erarbeitung eines neuen UVP-Gesetzes ist hinreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Krainer und KollegInnen betreffend Erarbeitung eines neuen UVP-Gesetzes

Die Erfahrungen mit dem UVP-Gesetz-2000 zeigen, dass es mittlerweile derart kompli­ziert ist, dass sowohl Parteien als auch erstinstanzliche Behörden mit seiner Vollzie­hung überfordert sind.

Dies liegt zum einen daran, dass die Regelungen des geltenden UVP-Gesetzes ver­schiedenen Schichten unterschiedlicher Zeiten entstammen, die systematisch schlecht zusammenpassen. Zum anderen enthält es eine als Provisorium gedachte Verfahrens­konzentration, die dazu führt, dass im UVP-Verfahren nicht nur das UVP-Gesetz mit selbständigen Genehmigungsvoraussetzungen, sondern dutzende verschiede Mate­riengesetze mit jeweils unterschiedlichen Bestimmungen und Verfahrensparteien an­zuwenden sind.

Dies hat insgesamt dazu geführt, dass das Wort UVP zu einem Schreckgespenst für Investoren geworden ist. Dies nicht wegen der dadurch gesicherten Umweltverträglich­keit von Projekten, hinter der gerade in Österreich meist auch die Investoren selbst stehen, sondern durch die Komplexität der gesetzlichen Bestimmungen, die auch zu langwierigen Verfahrensverzögerungen und einem ungewissen Verfahrensausgang führt.

Im Interesse des Wirtschaftsstandortes Österreich ist daher ein neues UVP-Gesetz dringend erforderlich, das verbunden mit einem einheitlichen Anlagenrecht übersicht­lich alle Genehmigungsvoraussetzungen zusammenfasst und unter Beibehaltung der hohen Umweltstandards und aller Parteienrechte einen raschen und effizienten Bewil­ligungsablauf garantiert.

Die unterzeichneten Abgeordneten beantragen daher, der Nationalrat wolle beschlie­ßen:

Entschließung

Der Nationalrat hat beschlossen:

Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat innerhalb eines Jahres eine Regie­rungsvorlage zuzuleiten, die ein neues UVP-Gesetz enthält, das verbunden mit einem einheitlichen Anlagenrecht übersichtlich alle Genehmigungsvoraussetzungen zusam­menfasst und unter Beibehaltung der hohen Umweltstandards und aller Parteienrechte einen raschen und effizienten Bewilligungsablauf garantiert.

*****

 



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Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kopf. 2 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


17.22

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich bringe zwei Abänderungsanträge ein.

Beim ersten Antrag der Abgeordneten Kopf, Wittauer, Krainer zum Entwurf eines Bun­desgesetzes, mit dem das Bundesstraßengesetz 1971 und das Hochleistungsstre­ckengesetz geändert werden, geht es im Wesentlichen um die Festlegung einer Über­gangsfrist, dass Projekte, für die vor dem 31. Dezember 2004 das Vorverfahren gemäß UVP-Gesetz und bis zum 31. Mai 2005 das Trassenfestlegungsverfahren begonnen wurde, nach der bisherigen Rechtslage abgehandelt werden können. Weiters: Wenn in einem Feststellungsverfahren festgestellt wird, dass ein UVP-Verfahren nicht erforder­lich ist, so soll bei Änderungen der Nivelette von mehr als fünf Metern ein Bescheidver­fahren nicht erforderlich sein.

Beim zweiten Abänderungsantrag zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geht es im Wesentlichen darum, dass die Standortgemeinde gegen Entscheidungen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erheben kann, § 3 Abs. 7, dass NGOs, also anerkannte Umweltorganisationen, Parteistellung haben. Ein weiterer Punkt ist: Wenn eine Behörde aus anderen Verfahren wesentliche Kenntnisse über Inhalte eines Vorhabens erlangt hat, so ist auf solche Kenntnisse zurückzugreifen, und dann sind die Entscheidungsfristen in diesem Fall um jeweils drei Monate zu verkürzen, was Sinn macht bei solchen Projekten, wo die Behörde schon wesentliche Kenntnisse über In­halte hat.

Es gibt einen breiten Konsens zu diesen beiden Abänderungsanträgen im Hohen Haus, ich bitte daher um Ihre Zustimmung. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Ab­geordneten der Freiheitlichen.)

17.24

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der Antrag der Abgeordneten Kopf, Wittauer, Krainer zum Bericht und Antrag des Umweltausschusses 758 der Beilagen ist in den Kern­punkten vorgetragen und steht mit in Verhandlung. Er wird gemäß § 53 Abs. 4 GOG an die Abgeordneten verteilt.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Kopf, Wittauer, Krainer, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht und Antrag des Umweltausschusses (758 der Beilagen) über den Entwurf eines Bundesge­setzes, mit dem das Bundesstraßengesetz 1971 und das Hochleistungsstreckengesetz geändert werden

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der Bericht und Antrag des Umweltausschusses (758 der Beilagen) über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesstraßengesetz 1971 und das Hochleis­tungsstreckengesetz geändert werden, wird wie folgt geändert:

1. In Art 1 Z 1 lautet § 4 Abs. 2 wie folgt:

„(2) Jedenfalls keine Ausbaumaßnahmen sonstiger Art sind: Schutzbauten zur Beseiti­gung von Gefahrenbereichen oder Umlegungen, die durch Katastrophenfälle oder Brü­ckenneubauten bedingt werden, die Errichtung zusätzlicher Parkplätze mit weniger als 750 Stellplätzen, die Errichtung zusätzlicher Betriebe gemäß § 27 mit einer Flächenin-


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anspruchnahme von weniger als 5 ha, die Zulegung von Kriechspuren, Rampenverle­gungen, die Errichtung von zusätzlichen Einzelrampen bei bestehenden Knoten oder Anschlussstellen, Änderungen der Straßenachse oder der Nivelette um weniger als 5 m, Anlagen für den Straßenbetrieb und Umweltschutzmaßnahmen. Die Errichtung von sonstigen Betrieben gemäß § 27, die Zulegung weiterer Fahrstreifen und Ände­rungen der Nivelette, die nicht der Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglich­keitsprüfung unterliegen, sind auch keine Ausbaumaßnahmen sonstiger Art.“

2. In Art 1 hat Z 8 wie folgt zu lauten:

„8.In § 34 wird folgender Absatz 4 angefügt:

„(4) Die §§ 4 Abs. 1 bis 5, 7a Abs. 1, 14 Abs. 4, 15, 26 Abs. 1 und 27 Abs. 3 dieses Bundesgesetzes in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/200x treten am 1. Jänner 2005 in Kraft. Diese Bestimmungen sind jedoch auf Vorhaben nicht anzu­wenden, für die bis zum 31. Dezember 2004 entweder

a) das Anhörungsverfahren durch Kundmachung gemäß § 4 Abs. 5 oder

b) das Feststellungsverfahren gemäß § 24 Abs. 3 UVP-G 2000 in der Fassung BGBl I Nr. 50/2002 eingeleitet worden ist oder

c) das Vorverfahren gemäß § 4 UVP-G 2000 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 50/2002 eingeleitet worden ist und das Anhörungsverfahren durch Kund­machung gemäß § 4 Abs. 5 bis zum 31. Mai 2005 eingeleitet wird.

Ferner sind Maßnahmen, die erstmals nach diesem Bundesgesetz eines Bescheides gemäß § 4 bedürfen und für die bisher die Erlassung einer Trassenverordnung nicht vorgeschrieben war, von der Anwendung dieses Gesetzes ausgenommen, wenn bis zum 31. Dezember 2004 ein nach den Verwaltungsvorschriften erforderliches Geneh­migungsverfahren eingeleitet worden ist. Die Bestimmungen des § 4 Abs. 6 bis 8 treten mit Ablauf des 31. Dezember 2004 außer Kraft.““

3. Dem Art 1 wird folgende Ziffer 9 angefügt:

„9. In § 35 wird der Ausdruck „§ 4 Abs. 2, 2. Satz“ ersetzt durch den Ausdruck „§ 4 Abs. 3, 2. Satz“.“

Begründung

Durch die Änderung des § 34 Abs. 4 BStG 1971 soll festgelegt werden, dass Projekte, für die vor dem 31. Dezember 2004 das Vorverfahren gemäß § 4 UVP-G 2000 und bis zum 31. Mai 2005 das Trassenfestlegungsverfahren gemäß § 4 BStG begonnen wur­de, nach der bisherigen Rechtslage abgehandelt werden.

Wird in einem Feststellungsverfahren gemäß § 24 UVP-G 2000 festgestellt, dass ein UVP-Verfahren nicht erforderlich ist, so soll bei Änderungen der Nivelette von mehr als 5 m ein Bescheidverfahren nach dem BStG nicht erforderlich sein.

Die Änderung des § 35 stellt die Vollzugsklausel gegenüber dem Abänderungsantrag (..... der Beilagen) richtig.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der zweite Abänderungsantrag der Abgeordneten Kopf, Wittauer, Krainer zur Regierungsvorlage 648 der Beilagen ist ebenfalls in den Kern­punkten erläutert, steht mit in Verhandlung und wird gleichermaßen verteilt.


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Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Kopf, Wittauer, Krainer und Kollegen zur Regierungsvorlage (648 dB): Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Umweltver­träglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert werden (UVP-G-Novelle 2004)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage (648 der Beilagen) in der Fassung des Berichtes des Umwelt­ausschusses (757 der Beilagen) eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundes-Verfas­sungsgesetz und das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert werden, wird wie folgt geändert:

1. Artikel 2 Z 5 lautet:

„5. § 3 Abs. 7 werden folgende Sätze angefügt:

„Die Standortgemeinde kann gegen die Entscheidung Beschwerde an den Verwal­tungsgerichtshof erheben. Der Umweltanwalt und die mitwirkenden Behörden sind von der Verpflichtung zum Ersatz von Barauslagen befreit.““

2. In Artikel 2 Z 26 lautet § 19 Abs. 10:

„(10) Eine gemäß Abs. 7 anerkannte Umweltorganisation hat Parteistellung und ist berechtigt, die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften im Verfahren geltend zu ma­chen, soweit sie während der Auflagefrist gemäß § 9 Abs. 1 schriftlich Einwendungen erhoben hat. Sie ist auch berechtigt, Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

3. In Artikel 2 wird folgende Z 11a angefügt:

„11a. Dem § 7 Abs. 3 wird folgender Abs. 4 angefügt:

„(4) Hat die Behörde aus anderen Verfahren wesentliche Kenntnisse über Inhalte eines Vorhabens erlangt, so ist auf solche aktuellen Kenntnisse zurückzugreifen und die Ent­scheidungsfristen gemäß Abs. 2 und 3 sind um jeweils drei Monate zu verkürzen, so­fern der Antrag gemäß § 5 in zeitlich engem Zusammenhang mit diesen steht.““

4. In Artikel 2 Z 30 lautet in § 23b Abs. 2 letzter Satz der Verweis „§ 24 Abs. 5“ statt „§ 24 Abs. 3“.

5. In Artikel 2 Z 32 lautet der Verweis in § 24g Abs. 2 Z 2 nach dem Strichpunkt „§ 24 Abs. 8“ statt „§ 24 Abs. 6“.

6. In Artikel 2 Z 49 lautet der Klammerausdruck in § 45 Z 1 „(§§ 17 und 24 Abs. 1)“ statt „(§§ 17 und 24h)“.

7. In Artikel 2 Z 50 lautet § 46 Abs. 18 Z 1:

„1. Die §§ 1 Abs. 2, § 2 Abs. 3, § 3 Abs. 4, 5 und 7, § 3a, § 5 Abs. 1, § 7 Abs. 1, § 9 Abs. 3 bis 5, § 10, § 12 Abs. 4, § 17, § 18, § 18a, § 18b, § 19 Abs. 1, 3, 4, 6 und 8 bis 10, § 20 Abs. 2, § 22, § 23a bis § 24h, § 24i bis § 24l, § 39, § 41, § 45 und § 47 sowie der Vorspann zu Anhang 1 und Z 1, 2, 9 bis 15, 17 bis 19, 21, 24 bis 26, 43, 61, 63, 64, 79, 80, 82 des Anhanges 1 samt Fußnoten 1a, 2, 3, 3a, 4, 4a und 15 und der Anhang 2 treten am 1. Jänner 2005 in Kraft.“

8. In Artikel 2 Z 50 wird in § 46 Abs. 18 nach Z 2 folgende Z 2a eingefügt:


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89. Sitzung / Seite 155

„2a. § 19 Abs. 10 letzter Satz tritt am 1. Juni 2006 für Vorhaben außer Kraft, für die ein vereinfachtes Verfahren durchzuführen ist. Zu diesem Zeitpunkt anhängige Verfahren sind nach der am 31. Mai 2006 geltenden Rechtslage zu Ende zu führen.“

9. In Artikel 2 Z 50 lautet § 46 Abs. 18 Z 5:

„5. Der dritte Abschnitt in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2004 ist auf folgende Vorhaben nicht anzuwenden:

a) Bundesstraßen und Hochleistungsstrecken, für die bis zum 31. Dezember 2004 die Kundmachung gemäß § 9 Abs. 3 durchgeführt wird;

b) Bundesstraßen und Hochleistungsstrecken, die erstmals unter den Anwendungsbe­reich dieses Bundesgesetzes fallen und für die bis zum 31. Dezember 2004 das nach dem Bundesstraßengesetz 1971 oder dem Hochleistungsstreckengesetz vorgesehene Anhörungsverfahren oder ein nach den Verwaltungsvorschriften erforderliches Ge­nehmigungsverfahren eingeleitet wird, sofern nicht der Projektwerber/die Projektwerbe­rin die Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung bzw. einer Einzelfallprüfung beantragt;

c) Bundesstraßen, für die bis zum 31. Dezember 2004 das Vorverfahren gemäß § 4 eingeleitet und bis zum 31. Mai 2004 die Kundmachung gemäß § 9 Abs. 3 durchge­führt wird, sofern nicht der Projektwerber/die Projektwerberin die Anwendung des drit­ten Abschnittes in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2004 beantragt.“

10. In Artikel 2 entfällt Z 52 (§ 47 Abs. 5).

11. In Artikel 2 Z 65 lautet Anhang 1 Z 14 lit d:

„65. Anhang 1 Z 14 lit d lautet:

„d) Änderungen von Flugplätzen, wenn dadurch eine Erhöhung der Anzahl der Flug­bewegungen (mit Motorflugzeugen, Motorseglern im Motorflug oder Hubschraubern) um mindestens 15.000 in einem Prognosezeitraum von 5 Jahren zu erwarten ist.““

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dobnigg. Seine Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


17.25

Abgeordneter Karl Dobnigg (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Leider waren ÖVP und FPÖ zu Beginn nicht bereit, mit der SPÖ über das so wichtige UVP-Gesetz ausführlich zu diskutieren. Der Regierungsvor­lage, die etliche Schwächen aufwies, konnten wir daher im Ausschuss auch nicht zu­stimmen. Der sture Kurs der ÖVP konnte schließlich doch etwas aufgelockert werden, sodass wir heute diesem Gesetz die Zustimmung erteilen können.

Die jetzige Gesamtlösung ist für uns zwar nicht ganz perfekt, aber wenigstens erfreuli­cher als der ursprüngliche Entwurf. Das Gesetz ist trotz vieler Schwachpunkte in eini­gen Punkten doch eine positive Weiterentwicklung des bisherigen UVP-Rechts.

Es ist, so meine ich, aber noch viel zu tun, wie ich Ihnen an einem konkreten Beispiel aufzeigen darf. In meinem Bezirk Leoben wurde im Liesingtal vor einigen Jahren eine ÖBB-Hochleistungsstrecke errichtet. Das Baulos wurde so angesetzt, dass sich die Bauabschnitte immer in einer Länge von unter zehn Kilometern bewegten. Somit war keine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich.


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89. Sitzung / Seite 156

Die negative Folge war und ist, dass keine Lärmschutzwände errichtet werden muss­ten und auch keine errichtet wurden. Nun sind die Anrainer einer ständigen und, ich möchte sagen, völlig unzumutbaren Lärmbelästigung ausgesetzt. Es herrscht hier ein verstärkter Zugverkehr. Außerdem wurden anstelle der bisherigen Holzschwellen die um vieles lauteren Betonschwellen verwendet.

Deshalb wurde parteiübergreifend in unserer Region von den Bürgermeistern Klage beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht, um den Bau von Lärmschutzmaßnahmen zu erreichen. Diese Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes ist nun bereits über vier Jahre ausständig. Ich meine, dass dieser Zeitraum für die betroffenen Anrainer als völ­lig unverständlich bezeichnet werden muss und inakzeptabel ist. Es sollte daher in Zu­kunft rechtzeitig darauf geschaut werden, wie sehr die Bevölkerung unter der Lärmbe­lästigung leiden wird. Vor allem müsste den Baubetreibern von Anfang an klargemacht werden, dass ausreichende Lärmschutzvorrichtungen gebaut werden müssen. Jahre­lange Rechtsstreitigkeiten und unzumutbare Belastungen für die Anrainer könnten so­mit verhindert werden.

Ich fordere daher den Herrn Umweltminister auf, im Interesse der vielen durch diesen Lärm belästigten Menschen rasch entsprechende Verbesserungen auszuarbeiten und diese auch umzusetzen.

Ein Punkt muss hier auf jeden Fall klargestellt werden: Die Lärmbelästigung und nicht die Bauloslänge muss für die Entscheidung, ob Lärmschutzmaßnahmen gesetzt wer­den müssen, ausschlaggebend sein, denn die betroffenen Anrainerinnen und Anrainer müssten jedenfalls ein Recht auf Lärmschutzmaßnahmen haben. – Danke schön. (Bei­fall bei der SPÖ.)

17.28

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Rädler. 2 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Kollege.

 


17.29

Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Glawischnig hat das politische Gedenkjahr eingeläutet mit den Erinnerungen an Hainburg. Ich darf aber auch Bezug nehmen auf zehn Jahre UVP-Gesetz. Gerade als niederösterreichische Abgeordnete haben wir auf Grund vieler Straßenprojekte große Erfahrung mit dem UVP-Gesetz, und 100 Prozent dieser Erfahrungen sind positiv.

Wir haben aber auch ein weiteres Gedenken in naher Zukunft, nämlich nächstes Jahr: fünf Jahre sehr erfolgreiche Umweltpolitik dieser Bundesregierung. Ich denke daran, dass wir mit der Initiative zur Beimengung von Biosprit zum Treibstoff eine Vorreiterrol­le eingenommen haben, dass wir im nächsten Jahr mit der Initiative zur Förderung des Nachrüstens der Autos mit Partikelfiltern wieder eine umweltpolitische Vorreiterrolle einnehmen werden, und wir sind auch in Bezug auf die Erreichung des Kyoto-Zieles mit dem Emissionszertifikatsgesetz, das den Zertifikatshandel regelt, ein umweltpoliti­scher Vorreiter.

Es wurde heute bereits mehrfach betont, dass die nunmehr vorliegende Novelle zum UVP-Gesetz ein wichtiger Schritt ist, entsprechend der Aarhus-Konvention, die 35 Nati­onen unterschrieben haben, die sich zu den Grundsätzen dieser Konvention bekennen, zu einer größeren Form der Bürgerbeteiligung zu kommen.

Es ist auch erfreulich, dass die Arbeiterkammer Österreich diese Gesetzesvorlage als einen wichtigen Schritt zur Modernisierung des Umweltrechtes bezeichnet, und ich


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89. Sitzung / Seite 157

freue mich, dass es hier einen breiten Konsens zu dieser Gesetzesvorlage gibt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.30

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rossmann. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


17.31

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ergänzend zu meiner Rede zu diesem Ta­gesordnungspunkt und im Hinblick auf die Wichtigkeit, dass es für Spielberg vielleicht doch noch eine Lösung gibt, möchte ich folgenden Antrag einbringen:


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89. Sitzung / Seite 158

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Grillitsch, Gradwohl, Rossmann, Amon, Hoscher, Wittauer, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Zukunftsprojekt Motorsportzentrum Spielberg

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Nationalrat bekennt sich zur Erweiterung der Anlagen des ehemaligen Formel 1-Ringes in Spielberg als Leitprojekt der nachhaltigen Entwicklung der Region Aich­feld/Murboden zum Wohle der regionalen Bevölkerung.

Die Bundesregierung wird aufgefordert, gemeinsam mit der Steiermärkischen Landes­regierung eine Task force ,Spielberg’ einzurichten, die zum Ziel hat, die Realisierung des Projektes Motorsportzentrum Spielberg bestmöglich zu unterstützen.

Durch diese Task force ,Spielberg’ ist sicherzustellen, dass die zuständigen Behörden in enger Zusammenarbeit mit dem Projektwerber unter Einbeziehung der bereits er­langten Kenntnisse über das gegenständliche Projekt ein neuerliches Genehmigungs­verfahren zügig abwickeln.

Der Umweltrat gemäß §§ 25 ff UVP-G 2000 wird ersucht, unverzüglich Beratungen darüber aufzunehmen, wie eine geeignete Begleitung von Projekten und Vorhaben von überregionaler Bedeutung zur optimalen Koordination der befassten Stellen auf Bun­des- und Landesebene realisiert werden kann. Die entsprechenden Vorschläge sind dem nächsten Bericht gemäß § 44 UVP-G beizufügen.“

Der Nationalrat geht davon aus, dass die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung den Nationalrat über die entsprechenden Ergebnisse informieren.

*****

Ich ersuche Sie um Annahme, denn ich glaube, es ist ein wichtiger Schritt, mit einer Drei-Parteien-Einigung das Signal zu senden, dass es uns ernst damit ist, dass dieses Projekt verwirklicht wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.33

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Frau Abgeordneter Rossmann vorgetragene und eingebrachte Entschließungsantrag der Abgeordneten Grillitsch, Gradwohl, Ross­mann, Amon, Hoscher, Wittauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zukunftsprojekt Motorsportzentrum Spielberg ist hinreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Grillitsch, Gradwohl, Rossmann, Amon, Hoscher, Wittauer, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Zukunftsprojekt Motorsportzentrum Spielberg

eingebracht im Zuge der Debatte Top 3 UVP-Novelle 2004 (648 d.B.)

Das Projekt Motorsportzentrum Spielberg mit einer Investitionssumme von insgesamt 700 Mio. € in Erweiterung der bestehenden Anlagen des ehemaligen Formel 1-Ringes stellt für die Entwicklung der Region Aichfeld/Murboden, die Steiermark sowie Öster­reich ein unverzichtbares Zukunftsprojekt dar. Mit dieser Investition werden in der Re­gion tausende Arbeitsplätze erhalten und durch die geplanten Aktivitäten im Bereich Forschung und Entwicklung zusätzliche geschaffen. Mit Entscheidung vom 3. Dezem­ber hat der unabhängige Umweltsenat den Bescheid der Landesregierung Steiermark mit dem die Genehmigung erteilt wurde aus formellen und materiellen Gründen aufge­hoben. Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel hat aufgrund der Bedeutung dieses Projektes für den Wirtschaftsstandort Österreich bereits am Dienstag die Einrichtung einer eigenen Task force zwischen Bund und Land Steiermark angekündigt, mit dem Ziel alles zu unternehmen, damit dieses Projekt realisiert werden kann.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Nationalrat bekennt sich zur Erweiterung der Anlagen des ehemaligen Formel 1-Ringes in Spielberg als Leitprojekt der nachhaltigen Entwicklung der Region Aich­feld/Murboden zum Wohle der regionalen Bevölkerung.

Die Bundesregierung wird aufgefordert, gemeinsam mit der Steiermärkischen Landes­regierung eine Task force „Spielberg“ einzurichten, die zum Ziel hat, die Realisierung des Projektes Motorsportzentrum Spielberg bestmöglich zu unterstützen.

Durch diese Task force „Spielberg“ ist sicherzustellen, dass die zuständigen Behörden in enger Zusammenarbeit mit dem Projektwerber unter Einbeziehung der bereits er­langten Kenntnisse über das gegenständliche Projekt ein neuerliches Genehmigungs­verfahren zügig abwickeln.

Der Umweltrat gemäß §§ 25 ff UVP-G 2000 wird ersucht unverzüglich Beratungen dar­über aufzunehmen, wie eine geeignete Begleitung von Projekten und Vorhaben von überregionaler Bedeutung zur optimalen Koordination der befassten Stellen auf Bun­des- und Landesebene realisiert werden kann. Die entsprechenden Vorschläge sind dem nächsten Bericht gemäß § 44 UVP-G beizufügen.“

Der Nationalrat geht davon aus, dass die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung den Nationalrat über die entsprechenden Ergebnisse informieren.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Als vorläufig letzter Redner hiezu gelangt Herr Abge­ordneter Ing. Winkler ans Rednerpult. Auch er wünscht eine Redezeit von 2 Minuten. – Bitte.

 


17.33

Abgeordneter Ing. Josef Winkler (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! In Anbetracht der Kürze der Redezeit und auch


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89. Sitzung / Seite 159

dessen, dass schon das meiste oder nahezu alles einfach, doppelt und dreifach gesagt wurde, darf ich mich auf die Neuerung im UVP-Gesetz beschränken, nämlich was die künftige Eingliederung von Nicht-Regierungsorganisationen betrifft, also von NGOs, die künftig an Entscheidungen über UVP-pflichtige Vorhaben zu beteiligen sind.

Dass das ein großer umweltpolitischer Fortschritt ist, brauche ich wohl nicht besonders zu betonen, da nun von Anfang an viele Aspekte des Naturschutzes durch die Beteili­gung der Umweltschutzorganisationen in die Umweltverträglichkeitsprüfung einfließen. Dadurch sollen viele UVP-Verfahren nicht länger, sondern kürzer dauern, nämlich in­dem viele Unklarheiten beziehungsweise Unstimmigkeiten, so glaube ich, gleich zu Beginn des Verfahrens ausgeräumt werden können.

Durch die Einbindung möglichst aller Betroffenen von Beginn des Verfahrens an kann es in Form eines sachlichen Diskussionsprozesses zu optimalen Lösungen für Pro­jektwerber und Anrainer kommen, sodass dem Hauptziel der vorliegenden UVP-Novelle – nämlich Rechtsklarheit und Sicherheit für Investoren zu schaffen – Rechnung getragen wird. Dadurch kommt es auch zu einer Sicherung des Standortes bestehen­der Unternehmen und wahrscheinlich auch zu einer Neuansiedlung zusätzlicher Be­triebe. Es sind somit viele positive Beschäftigungseffekte in allen direkt betroffenen Betrieben beziehungsweise Branchen zu erwarten.

Ich habe ja schon gehört, dass hier eine Zustimmung erfolgt, aber ich ersuche noch­mals alle um die Zustimmung zu diesem Gesetz und somit um eine Zustimmung zu mehr Umweltschutz und mehr Demokratie und damit nicht zuletzt auch zu mehr Ar­beitsplätzen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.35

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Seine Redezeit beträgt 20 Minuten. – Bitte. (Abg. Mandak: Ein schlechter Scherz!)

 


17.36

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Sie wissen, welche Kon­sequenzen das hat – bei jenen außerhalb meiner Fraktion und auch bei jenen inner­halb meiner Fraktion.

Ich werde es ohnehin insofern nicht allzu lang machen, als ich mich nur auf den Ent­schließungsantrag beziehe, der offiziell gerade erst eingebracht wurde. Ich will mich aber nicht beschweren, ich hatte ja vorher indirekt zumindest Kenntnis davon erlangt und will genau dazu Stellung nehmen und auch das Abstimmungsverhalten der Grü­nen kurz begründen.

Hier geht es um das so genannte Projekt Motorsportzentrum Spielberg. Ich darf vor­ausschicken, dass wir Grünen nicht grundsätzlich gegen das Projekt sind, sofern es sich selbstverständlich im gesetzlichen Rahmen bewegt, aber dass wir hier eine Vor­gangsweise im Auge haben, die ich Ihnen jetzt kurz offerieren möchte und die wesent­lich mehr zu einem möglichen und allfälligen Gelingen beitragen würde, als dieser Ent­schließungsantrag hier suggeriert.

Machen wir noch einmal kurz einen Gedankengang in die rückwärts gewandte Rich­tung, sprich: in die Vergangenheit. Es wurde zwar gesagt, das soll nicht gemacht wer­den, aber die steirische Landesregierung hat hier nicht nur schlampig, wie Frau Kolle­gin Glawischnig es ausgedrückt hat, sondern mit Anlauf und wider besseres Wissen gesetzeswidrig gehandelt. Da darf man sich dann nicht wundern, wenn am Schluss so etwas herauskommt!

Der Grundgedanke war, Mateschitz und seinen angeblich oder tatsächlich zu investie­renden 700 Millionen € zu signalisieren: Mach, komm her, wir werden das schon für dich richten! – Wer die Interviews mit ihm liest, erkennt natürlich, dass er durchaus


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selbst so denkt. Deshalb, glaube ich, war das tatsächlich nicht fair gegenüber Herrn Mateschitz als Investor, wenn man es einmal so betrachten will, weil hier so getan wurde, als ob ein Projekt ohne besondere Abänderungen, ohne große Probleme ein­fach so realisiert werden kann.

Jetzt haben wir einen Entschließungsantrag hier vorliegen, der nicht etwa von einem modifizierten Projekt spricht, von einem Projekt, das jenen Gesetzen Genüge tun soll­te, die dieser Nationalrat hier verabschiedet hat, sondern es ist immer von „dem Pro­jekt“ die Rede. Man kann durchaus den Eindruck gewinnen, dass hier die Behörden­entscheidungen und die Gesetze an das Projekt angepasst werden sollen, aber nicht das Projekt dem Entscheid des Verfahrens erstens formal und zweitens auch inhaltlich entsprechen sollte.

Dass das der falsche Weg ist, wissen Sie, wenn Sie sich mit der Sache näher beschäf­tigen, und einige von uns haben das ja getan. Ich spreche hier niemandem den guten Willen ab, in keinem Fall, auch in der SPÖ-Fraktion nicht. Ich habe jetzt aus den Ge­sprächen innerhalb der Fraktionsbänke herausgehört, dass es hier um ein paar Knack­punkte geht, aber diese Entschließung weist in die völlig falsche Richtung.

Natürlich müssten da oder dort die einen oder anderen Anrainer Ablösen bekommen. Dann muss eben das Geld dafür auch vorhanden sein! Man müsste natürlich sagen, dass es so etwas wie Rodungsbewilligungen braucht oder dass es so etwas wie einen erweiterten Emissionsschutz braucht, wo die Landesregierung einfach säumig ist. – Und viele andere Punkte mehr.

Wenn Sie sich die Zitate aus dem ablehnenden Bescheid des Umweltsenates an­schauen, dann sehen Sie, wie hier im wahrsten Sinne des Wortes gefuhrwerkt wurde in der Steiermark – gefuhrwerkt! Wörtliches Zitat:

Das Verfahren und der Bescheid der ersten Instanz sind mit schwer wiegenden formel­len und materiellen Mängeln – nicht nur mit formellen, sondern auch mit materiellen Mängeln! – behaftet. Völlig unverständlich ist dem Senat, dass kein einziger Auflagen-Vorschlag für diese zentralen Bereiche gekommen ist. – Zitatende.

Ja, das hätte dem Projekt möglicherweise eben in abgeänderter Form und vielleicht nicht mit einer Superrendite, sondern nur mit einer Superrendite minus eins zum Durchbruch verholfen!

Noch etwas – Kollege Kräuter hat das schon ein paar Mal angesprochen –: Die steiri­sche Landesregierung hat überhaupt kein Problem, 90 Millionen € Steuergelder hier hineinzusubventionieren, ohne dass bis heute irgendwie klar wäre, wofür genau und mit welcher Bindung dieses Steuergeld bereitgestellt wird. Es handelt sich hier be­kanntlich um Bundesabgabenmittel, die dorthin fließen; gleich reden wir über den Fi­nanzausgleich. Kein Mensch interessiert sich dafür, wofür und mit welcher Zweckwid­mung diese Beträge zur Verfügung gestellt werden. 90 Millionen €, Herr Kollege Gril­litsch – es ist ja geradezu abenteuerlich, so vorzugehen!

Deshalb soll hier der Nationalrat – und da appelliere ich schon noch an die einzelnen Abgeordneten – nicht mit einer Entschließung vorgehen, die, weil es angeblich immer um die Signale ging, suggeriert: Ja, lasst das Projekt so, wie es ist, und alle stehen jetzt zusammen, damit wir das irgendwie drüberheben – drüber über die Gesetze die­ses Hauses, drüber über die Behörde, die in den Augen der ÖVP offensichtlich eine renitente ist.

Ich finde es ja abenteuerlich, was in der Steiermark von Mitgliedern der Landesregie­rung behauptet wird! Ich zitiere wörtlich: eine „Verschwörung“ gegen die Steirer sowie­so, okay, aber „die da in Wien“ – und jetzt kommt’s –, die „Pröll-Partie“, wortwörtlich!


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Das ist offensichtlich der Herr Umweltminister – der jetzt nicht mehr zugegen ist –, weil nämlich ein Beamter seines Ressorts im unabhängigen Senat sitzt, und es ist der nie­derösterreichische Landeshauptmann gemeint, weil auch ein niederösterreichischer Beamter dort drinsitzt. (Zwischenruf des Abg. Grillitsch.) Einigen Sie sich einmal un­tereinander ein bisschen und schleppen Sie dieses Problem nicht auf diese Art und Weise in den Nationalrat!

Viel gescheiter wäre – und ich komme jetzt zum Schluss – eine Vorgangsweise, die Herrn Mateschitz oder auch sonstigen Investoren Folgendes signalisiert: ein Projektan­trag, der von der entsprechenden Behörde einmal vorbegutachtet wird, und dann kann man schauen, was geht und was nicht geht, und das dem Projektwerber, bitte, auch mitteilen! (Abg. Grillitsch – eine Broschüre in die Höhe haltend –: Kollege Kogler, kennst du die Wifo-Studie?) Aber nicht: serielle negative Gutachten verstecken und dann das Ganze gegen die Wand fahren lassen – das war Ihre Haltung in der Steier­mark, das ist dort System geworden! (Beifall bei den Grünen.)

Und Sie werden die gleiche Schlappe bei der 380-KV-Leitung erleiden (Abg. Grillitsch: Grüne gegen Arbeitsplätze!), unabhängig davon, ob das energiepolitisch schlau ist oder nicht. Denn dort werden auch schon die negativen Gutachten im Kästchen ver­räumt. Das ist eine Methode, die bereits zum System geworden ist, und es wundert einen überhaupt nicht, dass der EStAG-Skandal in dieser Art und Weise in der Steier­mark Platz greifen konnte. (Abg. Grillitsch: Grüne gegen Arbeitsplätze in der Region!)

Das heißt überhaupt nicht „Grüne gegen Arbeitsplätze“! Ich habe ja erwartet, dass Sie das noch einmal einwerfen. Ganz im Gegenteil: Ich bin für eine Vorgangsweise, die ein Projekt überhaupt einreichbar macht, das die Chance auf Durchsetzung hat. Was hat denn der Nationalrat davon, wenn er sich dazu entschließt, ein Projekt zu befürworten, das nicht durchsetzungsfähig ist, letztlich gegen seine eigenen Gesetze? – Das ist doch absurd, meine Damen und Herren! (Ruf bei den Freiheitlichen: Grüne Verhinde­rungspolitik!)

Kommen Sie uns nicht mit dieser Keule! Wir werden uns natürlich auf die Debatte ein­stellen. Wir haben auch deshalb keinen eigenen Entschließungsantrag eingebracht, weil wir keineswegs der Meinung sind, dass der Nationalrat dem Landesvollzug per Entschließung irgendetwas auszurichten hat, und schon gar nicht dem unabhängigen Senat. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

17.42

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Meine Damen und Herren! Wir haben eine schwierige Abstimmung insofern vor uns, als wir Abänderungsanträge wirklich sehr spät bekommen haben. Es ist allerdings ein Drei-Parteien-Abänderungsantrag, und ich gehe davon aus, dass alle drei Parteien, die diesen Antrag unterstützt haben, ihn auch kennen.

Ich habe den Klubobmann der Grünen gefragt, ob er Einwände gegen eine sofortige Abstimmung hat. Er hat keine Einwände.

Ich persönlich brauche aber einige Minuten, um das Croquis zu prüfen. Daher unter­breche ich die Sitzung für kurze Zeit.

(Die Sitzung wird um 17.43 Uhr unterbrochen und um 17.44 Uhr wieder aufgenom­men.)

*****

 



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89. Sitzung / Seite 162

Präsident Dr. Andreas Khol: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Bevor wir zur Abstimmung gelangen, bitte ich alle Damen und Herren, die Plätze ein­zunehmen. Abgeordneter Keuschnigg, Abgeordneter Winkler, wir stimmen jetzt ab; für eine Zigarette hat es nicht gelangt.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vorneh­me.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend UVP-Gesetz-No­velle 2004 in 757 der Beilagen.

Die Abgeordneten Kopf, Wittauer, Krainer, Kolleginnen und Kollegen haben hiezu einen Abänderungsantrag eingebracht.

Da nur dieser eine Antrag vorliegt, werde ich über den Gesetzentwurf in der Fassung des oben genannten Abänderungsantrages abstimmen lassen.

Da der vorliegenden Gesetzentwurf Verfassungsbestimmungen enthält, stelle ich zu­nächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeord­neten fest.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Ein­gang in 757 der Beilagen in der Fassung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Kopf, Wittauer, Krainer, Kolleginnen und Kollegen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist mit der verfassungsmäßig erforderlichen Zweidrittelmehrheit ange­nommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Auch das ist wieder mit der erfor­derlichen Zweidrittelmehrheit angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 757 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Der Antrag erreicht die Mehrheit und ist damit angenommen. (E 81.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Grillitsch, Gradwohl, Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend das Zukunftsprojekt Motorsportzentrum Spielberg.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist ebenfalls mehrheitlich angenommen. (E 82.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erarbeitung eines neuen UVP-Gesetzes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Dieser Antrag findet nicht die Mehrheit und ist daher abge­lehnt.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Bundesstraßengesetz und das Hochleistungsstreckengesetz geän­dert werden, samt Titel und Eingang in 758 der Beilagen.


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89. Sitzung / Seite 163

Hiezu haben die Abgeordneten Kopf, Wittauer, Krainer, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Da nur dieser eine Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des erwähnten Abänderungsantrages abstimmen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 758 der Beilagen und unter Berücksichtigung des Zusatz- beziehungsweise Abände­rungsantrages der Abgeordneten Kopf, Wittauer, Krainer, Kolleginnen und Kollegen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein Zeichen. – Der Antrag ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Gesetzentwurf findet die Mehrheit, er ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

5. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (672 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 geändert wird (AWG-Novelle 2004) (759 d.B.)

6. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 437/A der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über eine nachhaltige Abfallwirtschaft (Abfallwirtschaftsge­setz 2002-AWG 2002) BGBl. I Nr. 102/2002 geändert wird (760 d.B.)

7. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 29/A (E) der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Einführung von Ein­wegpfändern oder Einwegabgaben zur Reduktion des Verpackungsabfalls (761 d.B.)

8. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 244/A der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über eine nachhaltige Abfallwirtschaft (Abfallwirtschafts­gesetz 2002-AWG 2002) BGBl. I Nr. 102/2002 geändert wird (762 d.B.)

9. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 312/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Pfandsystem für Handys (763 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 5 bis 9 der Ta­gesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.


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89. Sitzung / Seite 164

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Oberhaidinger. Seine Wunschredezeit beträgt 3 Minuten. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 


17.50

Abgeordneter Georg Oberhaidinger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! In den vom Präsidenten bereits angesprochenen Tages­ordnungspunkten 5 bis 9 sind im Wesentlichen Richtlinien im Abfallwirtschaftsgesetz umzusetzen. Dazu gibt es eine Reihe von Anträgen der Oppositionsparteien, um die Abfallwirtschaft in unserem Lande nachhaltiger zu gestalten. Ich nenne nur die Stich­worte Abfallvermeidung, Einwegpfänder oder Einwegabgaben sowie ein Pfandsystem für Handys.

Wir müssen leider zur Kenntnis nehmen, dass die Bundesregierung beziehungsweise die Regierungsparteien in diesen Fragen Beobachterstatus einnehmen – was immer man darunter versteht; ich habe den Eindruck, sie lehnen sich zurück und schauen zu, wie die Müllberge in unserem Lande wachsen und keine gültigen Antworten darauf gefunden werden. (Abg. Wittauer: Haben Sie das richtige Gesetz? Herr Abgeordneter Oberhaidinger, haben Sie das Gesetz richtig gemacht, was Sie da lesen? – Weitere Zwischenrufe. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Ebenso kritisch, Herr Kollege Wittauer, sehen wir, wie in diesem Zusammenhang die Richtlinie über Elektronikschrott umgesetzt werden soll. So werden Hersteller lediglich dazu verpflichtet, sich am Sammelsystem zu beteiligen; über das Wie – wie das ge­schehen soll – schweigt man sich geflissentlich aus. (Abg. Wittauer: Muss in der Ver­ordnung geklärt werden!) Wahrscheinlich, Herr Kollege Wittauer, wird es einem Her­steller genügen, dass er eine Hinweistafel anbringt, wo zu entsorgen ist, und das könn­te dann schon als Beteiligung gewertet werden. (Abg. Wittauer: Das ist eben nicht das Ziel!)

Im Gegensatz dazu werden von den Regierungsparteien und von der Regierung die Gemeinden ganz klar in die Pflicht genommen: Sie werden dazu verpflichtet, Abgabe­stellen einzurichten. Meine Damen und Herren, das bewirkt erstens, dass Geräte nicht mehr zum Hersteller zurückgelangen (Abg. Wittauer: ... abgeladen!), und damit wird die Verantwortung für Lebensdauer und Produktdesign – und eine solche war ja ur­sprünglich angedacht – verloren gehen. Zum Zweiten befürchten wir eine erhebliche Mehrbelastung für die Kunden. (Abg. Wittauer: Ich habe gedacht, ihr seid dafür!)

Warum? – Die Richtlinie sieht ausdrücklich die kostenfreie Rückgabe vor. Mit der fi­nanziellen Belastung der Gemeinden wird dieses Prinzip durchbrochen. Was werden die Gemeinden tun? – Sie werden entweder gleich bei der Rücknahme Gebühren ver­langen – das ist ja nichts Neues –, wenn sie finanzielle Mehrbelastungen abwälzen wollen und müssen, oder sie werden, wenn sie dies nicht tun, über kurz oder lang die Müllgebühren einfach erhöhen und damit die entstehende Mehrbelastung auf alle Ge­meindebürger umlegen.

Aus diesen Gründen werden wir dieser Vorlage nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

17.53

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Steindl zu uns. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


17.53

Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Geschätzter Herr Kollege Oberhaidin-


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ger, ganz so dramatisch ist es nicht, wie Sie das hier ausgeführt haben. (Abg. Ober­haidinger: Es wird, Herr Kollege, es wird!) Gerade die grundlegenden Leitlinien der Abfallwirtschaft aus dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002 sind das Vorsorgeprinzip, die Berücksichtigung der Stoffflüsse im Sinne einer ökologischen Kreislaufführung zum Schutz von Mensch und Umwelt, Schonung der natürlichen Ressourcen sowie Ablage­rung emissionsneutraler Rückstände unter gleichzeitiger Schonung von Deponieraum.

Die Bundesregierung hat dem Nationalrat einen Entwurf für eine Abfallwirtschaftsge­setz-Novelle 2004 unter der Beilage 672 vorgelegt. Damit bekommt das Thema Elekt­ronik-Altgeräte immer größere Relevanz für unsere Elektronik-Hersteller. Diese Regie­rungsvorlage beinhaltet unter anderem die nationale Umsetzung der EU-Richtlinie über Elektro- und Elektronik-Altgeräte in österreichisches Recht. In der letzten Sitzung des Umweltausschusses erfolgte mit der Mehrheit der Regierungsparteien die Beschluss­fassung. Ich bedauere sehr, dass die Kolleginnen und Kollegen von den Oppositions­parteien dabei nicht mitgehen konnten.

In dieser Novelle werden Hersteller und Importeure von Elektro- und Elektronik-Altge­räten verpflichtet, Sammelstellen einzurichten und sich an Sammel- und Verwertungs­systemen für historische Geräte zu beteiligen. Die Gemeinden müssen Abgabestellen für Elektro- und Elektronikgeräte einrichten; weitestgehend sind diese ja schon vorhan­den. Die Verpflichtung der Hersteller und Importeure, die Entsorgungskosten zu tragen, zählt zu den Eckpunkten dieses Gesetzes.

Die Interessen der Gemeinden sind dabei berücksichtigt, und es ist klargestellt, dass die Bürger Altgeräte bei den Sammelstellen der Gemeinden oder bei den Händlern gratis abgeben können. Über die Details haben Hersteller und Gemeinden Vereinba­rungen zu treffen. Zu den Detailbestimmungen gehören kostenlose Rückgabemöglich­keiten für Altgeräte aus privaten Haushalten und die Verpflichtung des Handels, bei Neukauf eines Elektro- oder Elektronikgerätes ein Altgerät derselben Art oder Funktion kostenlos zurückzunehmen.

Das Sammelziel von 4 Kilogramm pro Einwohner und Jahr soll bis Ende 2006 erreicht werden. Auch die Finanzierung des Transportes der Haushalts-Altgeräte von den Sammelstellen beziehungsweise Abgabestellen sowie der Behandlung haben die Her­steller und Importeure zu tragen; somit entstehen keine Kosten für die Gemeinden.

Diese Novelle wird die Umweltpolitik dieser Bundesregierung nachhaltig weiter festi­gen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.56

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Glawisch­nig. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Frau Abgeordnete, Sie sind am Wort.

 


17.56

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! – Wo ist denn eigentlich der Umweltminister? (Bundesminister Dr. Strasser: Darf ich antwor­ten?) Ja. (Bundesminister Dr. Strasser: Im Ausland!) Aha, im Ausland.

Zur vorliegenden Novelle: Es ist eine Novelle zum Abfallwirtschaftsgesetz, die im We­sentlichen drei EU-Richtlinien umsetzt. Mittlerweile wird ja österreichisches Umwelt­recht eigentlich nur noch dann geändert beziehungsweise verbessert oder angepasst, wenn es um die Umsetzung von EU-Richtlinien geht. Es geht hier um drei Richtlinien (Zwischenrufe bei der ÖVP): Da ist erstens die Richtlinie zur Strategischen Umweltprü­fung, zweitens geht es um die Elektro- und Elektronik-Altgeräte-Richtlinie, und drittens gibt es noch eine Öffentlichkeitsbeteiligungs-Richtlinie, also ein Thema, das wir heute schon hatten, nämlich Partizipation.


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Aus grüner Sicht ist zu sagen, dass die Elektronik-Altgeräte-Richtlinie zufrieden stel­lend umgesetzt ist. Das heißt, alles, was von der EU-Ebene her erforderlich ist, findet sich jetzt auch in diesem Gesetzesvorschlag. Die beiden anderen Richtlinien werden nicht zufrieden stellend umgesetzt. Ich erkläre das an einem Beispiel.

Es ist zum Beispiel vorgeschrieben, dass ein Entwurf zu einem Abfallwirtschaftsplan erstellt wird und dass dann die betroffene Öffentlichkeit frühzeitig und in effektiver Wei­se die Möglichkeit erhält, sich an der Vorbereitung, der Änderung und der Überarbei­tung eines solchen Abfallwirtschaftsprogramms zu beteiligen. Das bedeutet, frühzeitig und schon vorher einbezogen zu sein, und nicht, ein fertiges Produkt einfach nur zu bewerten.

Die österreichische Umsetzung schaut jetzt so aus, dass der Plan fertig gestellt wird, und sechs Wochen vor der endgültigen Fertigstellung haben Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, dazu eine Stellungnahme abzugeben. Das ist weder frühzeitig, noch ist es in irgendeiner Weise effektiv, noch bedeutet es eine tatsächliche Partizipation in einem Prozess, und das ist jedenfalls von der EU nicht gemeint. Das ist eine Minder­umsetzung, die, glaube ich, auch die Europäische Union nicht akzeptieren wird.

Es ist auch unverständlich, dass jedermann sich das über Internet anschauen kann, aber Wirtschaftskammern, die Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern, Arbeiterkammern, Bundeswirtschaftskammer, Städtebund und Gemeindebund dies extra erhalten. Ich verstehe nicht, warum man Bürgerinnen und Bürger immer in diese Schräglage bringt, warum es immer eine Sonderbehandlung von bestimmten Institutio­nen gibt und der Bürger und die Bürgerin, um die es bei dieser Richtlinienumsetzung geht, sich übers Internet das selbst herunterladen müssen, warum man sich hier nicht eine andere Möglichkeit einfallen lässt, dies nicht auch zum Beispiel Bürgerinitiativen oder Umweltorganisationen, NGOs und Zivilgesellschaft automatisch zustellt. Diese Schräglage verstehe ich nicht.

Der letzte Punkt ist aus meiner Sicht ebenfalls problematisch. Es wurde auch bei die­ser Gesetzesnovelle eine Verbesserung, die von der europäischen Ebene zu uns ge­kommen ist, eigentlich dazu verwendet, eine Verschlechterung im Standard herbeizu­führen. Da geht es auch wieder um Beteiligung: NGOs und betroffene Öffentlichkeit können kein Überprüfungsverfahren beim Verwaltungsgerichtshof anstreben. Es ist dies meiner Meinung nach auch gegen den Geist der Aarhus-Konvention, dieser Bür­gerbeteiligungs-Konvention, auf deren Basis wir jetzt diese gesamte Änderung im par­tizipativen Bereich im österreichischen Umweltrecht machen. (Abg. Wittauer: ... be­zieht sich ja wieder auf die UVP!)

Aus diesem Grunde können wir diesem Gesetz bedauerlicherweise nicht zustimmen, obwohl die Elektronik-Altgeräte-Richtlinie meiner Meinung nach ordnungsgemäß um­gesetzt ist. Aber mit gelebter Partizipation, wie sie jetzt eigentlich ein Gebot der Stunde sein sollte, hat die Umsetzung leider nichts zu tun. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.00

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Wittauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

 


18.00

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Frau Abgeordnete Glawischnig, eigenartig ist es schon, dass Sie immer ganz genau wissen, was die EU will. (Abg. Dr. Glawischnig: Man muss nur die Richtlinien lesen!) Das ist eben Ihre Auffassung vom Verhältnis Österreich-EU. Ich halte fest: Grü­ne wollen uns bei der EU anzeigen. Das ist Ihre Österreichpolitik! (Abg. Dr. Glawisch­nig: Das stimmt überhaupt nicht! – Abg. Dr. Fekter: Ja genau!)


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Ja, das ist ihre Österreichpolitik! Genauso machen Sie es bei der Umwelt. (Abg. Dr. Glawischnig: Wissen Sie, wie viele Verfahren bei der EU laufen?) Sie wissen ganz genau, dass die Umweltstandards in Österreich die Nummer eins in Europa sind. (Ruf bei der SPÖ: Gewesen!) Da können Sie jetzt predigen, so viel Sie wollen, es ist nun einmal so. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)

Wenn Sie behaupten, dass die NGOs und die Bürgerinitiativen keine Beteiligungs­rechte hätten, dann muss ich Ihnen sagen: Sie vergessen dabei, dass sich das Abfall­wirtschaftsgesetz auf die UVP bezieht, also das, was dort enthalten ist, gilt dann umge­kehrt hier auch. Aber vielleicht haben Sie die zwei Dinge nicht richtig zusammen ange­schaut. (Abg. Dr. Glawischnig: Wissen Sie, worüber wir hier sprechen?)

Gerade in den Gemeinden draußen kennt jeder das Problem, dass in den Wäldern und Wiesen einfach Kühlschränke abgestellt werden, Waschmaschinen abgestellt werden. Das Einsammeln dieser Geräte kostet weitaus mehr, Frau Abgeordnete Glawischnig! Wenn die Gemeinden das wieder einsammeln müssen, kostet das weitaus mehr, als eine Sammelstelle einzurichten. Das wissen Sie! Es ist eben wichtig, dass das für den Bürger geschieht. Ich erinnere mich, dass es einen grünen Antrag gegeben hat, für die Handys ein Pfand einzuführen. Wir machen es anders: Die Handys können jetzt ge­nauso bei der Gemeinde abgegeben werden, und ich denke, dieses Angebot wird auch jeder Bürger annehmen. Früher hat er nicht gewusst, wohin mit diesem Elektroschrott oder Elektronikschrott. Jetzt weiß er, wo er ihn abzugeben hat.

Die Finanzierung ist auch geregelt. Es heißt: Der Hersteller ist verantwortlich. Es muss nicht alles ins Gesetz! Man fordert ja immer, dass die Gesetze abspecken sollten. Ge­wisse Dinge können in einer Verordnung geregelt werden, und das wird auch in einer Verordnung geklärt. Es kann ja nicht so sein, dass wir alles und jedes – etwa dann, wenn es Ihnen gerade passt – ins Gesetz schreiben, sondern es soll so sein, dass das Gesetz die Rahmenbedingungen enthält; das ist das Wesentliche daran.

Dass zwischen Sammel- und Abgabestelle und den Verwertungssystemen eine Koor­dinierungsstelle eingerichtet wird, eine Schnittstelle, die dafür verantwortlich ist, ist meiner Meinung nach auch sinnvoll.

Dass die gesetzlichen Grundlagen für das Datensystem geschaffen werden, für das elektronische Datenmanagement, woraus dann bis 2009 ein europäisches Datensys­tem kreiert werden soll, ist, so meine ich, auch ein wesentlicher Fortschritt.

Man darf im Hohen Haus nicht immer behaupten, dass wir erst dann, wenn wir dazu gezwungen sind, etwas tun. Es ist ganz klar, dass wir auch dann etwas tun, wenn es für die Umwelt gut ist, wenn es für den Konsumenten gut ist, und schlussendlich mün­det das darin, dass es für die Wirtschaft auch gut ist. Ziel ist es jedoch auch, eine europäische Harmonisierung umzusetzen, denn es ist auch ein europäisches Problem, nicht nur ein österreichisches Problem. Daran arbeiten wir, und wir arbeiten sehr gut daran. Frau Abgeordnete Glawischnig, geben Sie sich einen Ruck und stimmen Sie diesem guten Gesetz zu! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.04

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Dr. Strasser. – Herr Minister, bitte.

 


18.04

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ho­hes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Vertretung des Herrn Umwelt­ministers, der sich, so glaube ich, jetzt auf dem Weg nach Brasilien befindet, darf ich zu den angesprochenen Punkten, insbesondere zum Abfallwirtschaftsgesetz, zur No­velle 2004 Stellung nehmen.


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Vorsorgeprinzip und Nachhaltigkeitsprinzip, das sind die Grundlagen für die österrei­chische Umweltpolitik im Bereich der Abfallwirtschaft. Wir orientieren uns an drei grundsätzlichen Leitmotiven: der Vermeidung, der Verwertung und der Beseitigung. In diesen Kontext reihen sich die Novelle 2004 und drei Bereiche der Umsetzung der Öf­fentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie ein, die dafür sorgen wird, dass die Öffentlichkeit bei der Erstellung des Bundesabfallwirtschaftsplans und bei Genehmigungsverfahren für größere Behandlungsanlagen verstärkt informiert und einbezogen werden kann.

Zum Zweiten: Umsetzung der Richtlinie über strategische Umweltprüfung. Diese Richt­linie legt fest, wann Pläne und Programme strategisch-umweltprüfungspflichtig sein sollen, die Erstellung eines Umweltberichts, die Öffentlichkeitsbeteiligung, die Einbe­ziehung von Umweltbehörden im Verfahren und gegebenenfalls grenzüberschreitende Konsultationen.

Der wohl wichtigste Bereich ist die Umsetzung der Richtlinie über Elektro- und Elektro­nikaltgeräte, sodass nach dieser Novelle ab 13. August 2005 alle alten und kaputten Elektrogeräte von den entsprechenden Sammeleinrichtungen oder dem Handel EU-weit gratis zurückgenommen werden. Das Ziel ist: Pro EU-Bürger und Jahr sollen rund vier Kilogramm Elektroschrott auf diese Art und Weise gesammelt werden. Die beste­henden Sammelstrukturen der Gemeinden werden weiter benutzt. Die Behandlungs­kosten, die bisher von den Gemeinden, von den Kommunen getragen wurden, sind ab Mitte August 2005 von den Herstellern zu übernehmen. Eine entsprechende Verord­nung ist derzeit in Begutachtung.

Neben der schon im Abfallwirtschaftsgesetz 2002 verankerten Herstellerverantwortung ergänzt diese Novelle die gesetzlichen Grundlagen insbesondere um folgende drei Punkte: um die unabhängige Koordinierungsstelle, die die Finanzierung der Sammel­infrastruktur bei den Gemeinden sicherzustellen hat, die Verankerung einer Vereinba­rung über die Finanzierung der Sammelinfrastruktur und der Öffentlichkeitsarbeit im Abfallwirtschaftsgesetz und eine Vereinbarung, die auch sicherstellen soll, dass be­stimmte Kosten den Kommunen abzugelten sind.

Insgesamt erscheint dies eine sehr angemessene, vernünftige Weiterentwicklung des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002, und wir dürfen alle im Parlament vertretenen Parteien um ihre Zustimmung ersuchen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.07

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Pfeffer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.07

Abgeordnete Katharina Pfeffer (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Menge der Einwegverpackungen steigt ins Unermessliche. Da hat sich in den letzten Jahren ein Prozess entwickelt, dem wir, so meine ich, per Ge­setz einen Riegel vorschieben müssten. Wenn nicht endlich gehandelt wird, ist es nur mehr eine Frage der Zeit, bis die Pfandmehrwegflasche ein exotisches Einzelstück im Supermarktregal sein wird. Das kann wirklich nicht in unserem Interesse sein.

Ein Bericht der Wirtschaftskammer ist mehr als ernüchternd. Erstmals sank bei Mine­ralwasser die Mehrwegquote auf 43,6 Prozent, während sie im Jahr 2000 noch bei 65 Prozent lag. Es hat sich also innerhalb von drei, vier Jahren der Anteil um mehr als 20 Prozent verringert. Dies ist leider ein Beweis dafür, dass freiwillige Selbstverpflich­tung in der Praxis nicht funktioniert. Die Einwegquoten werden dadurch nicht gesenkt. Jeder Einzelne von uns müsste daher in sich gehen und nachdenken, wie er oder sie mit diesem Problem umgeht und fertig wird.


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Wichtig ist aber auch, meine Damen und Herren, eine klar sichtbare Kennzeichnung. Es muss sofort ersichtlich sein, ob man zu einer Mehrwegflasche greift oder nicht. Vor allem für die älteren Menschen unter uns, die den Kleindruck nicht lesen können, ist das sonst ein enormes Problem.

Ich war vor einiger Zeit zu Besuch in einer Mineralwasserabfüllanlage. Aus einem zwei Zentimeter großem Plastikstück wurde eine Flasche gepresst und gleich mit Mineral­wasser gefüllt. Ich gebe schon zu, dass dieser Vorgang praktisch, sauber und auch hygienisch ist. Aber im Sinne der Abfallvermeidung muss ein Umdenken stattfinden.

Erschreckend ist aber auch die enorme Ansammlung von Plastik, wie sie auch in der eigenen Familie zu beobachten ist, bis der Müll abgeholt wird. Im Burgenland sind wir ja auch mit dieser Entsorgung vorbildlich. Trotzdem wächst der Plastikmüllberg von Jahr zu Jahr. Daher ist auch die Wirtschaft, sind die Erzeuger in die Pflicht zu nehmen und dazu anzuhalten, nicht jedes einzelne Stück mit Plastik zu verpacken. Auch da muss ein Umdenken stattfinden.

Ich glaube dem Herrn Bundesminister Pröll, dass er sich am Anfang seiner Amtszeit bemüht hat, eine Lösung zu finden. Aber das Problem hat sich leider eher verschlech­tert als verbessert. Wenn es keine Vorschriften für die Unternehmen und Betriebe gibt, nützt es herzlich wenig, an die Menschen zu appellieren, sie mögen doch bei ihrem täglichen Einkauf auf den Müllberg achten. Das ist nämlich, auch wenn man guten Wil­lens ist, gar nicht so einfach. Da müsste mehr geschehen. Wir können leider diesem Gesetz unsere Zustimmung nicht geben. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

18.10

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Machne. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.10

Abgeordnete Helga Machne (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesmi­nister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Gegensatz zum Kollegen Oberhaidinger, der momentan leider nicht da ist, bin ich überzeugt davon, dass diese Abfallwirt­schaftsgesetznovelle sehr wohl eine Verbesserung bringen wird, insbesondere was die Abgabe von Elektronikaltgeräten in den Abfallwirtschaftszentren der Gemeinden be­trifft, und zwar sowohl für die Bürger als auch für die Gemeinden. Derzeit ist es so, dass die Bürger den Elektronikschrott in den schon bestehenden Abfallwirtschaftszent­ren abgeben. Manche Gemeinden nehmen das unentgeltlich entgegen, manche Ge­meinden verlangen dafür ein Entgelt, und insofern werden auch die Bürger in Öster­reich unterschiedlich behandelt.

Mit diesem Gesetz wird das dann meines Erachtens für alle Bürger gleich sein, und ich möchte ein Beispiel bringen. Bei uns werden die Elektronikgeräte in den entsprechen­den Abgabestellen kostenlos angenommen. Wir tun das auch deshalb, damit der Elekt­ronikschrott nicht illegal entsorgt wird, denn es ist natürlich auch ein Problem, wenn man überall die alten Geräte findet. Derzeit bezahlt unser Abfallwirtschaftsverband allerdings rund 7 € für die Entsorgung eines Fernsehgerätes. Das wird der Vergangen­heit angehören, da die Unternehmer verpflichtet werden, die Geräte wieder zurückzu­nehmen. Auch wenn die Kosten vielleicht wieder auf die neuen Geräte aufgeschlagen werden, denke ich mir doch, dass die Unternehmen sehr wohl Mittel und Wege finden werden, vielleicht auch Teile der Altgeräte wieder verwerten zu können, was dann auch beiden nützt.

Ich denke, dass wir hiemit eine EU-Richtlinie richtig übernehmen, und wir schaffen auch für die Bürger ein zusätzliches Service, indem zum einen alle Österreicher und Österreicherinnen ihre Altgeräte kostenlos abgeben können und zum anderen auch für


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die Gemeinden die Kosten eher weniger werden, da sie die Entsorgungskosten von den Unternehmen bezahlt bekommen. Das heißt, die Unternehmen unterliegen der Auflage, diese abzuholen.

Meine Damen und Herren! Wir sind für eine saubere Umwelt, und daher stimmen wir diesem Gesetz zu. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.13

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Rest-Hinterseer. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


18.13

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! Geschätzte Kolle­gin Machne, es überrascht mich, dass gerade du als ausgewiesene und sehr kenntnis­reiche Kommunalpolitikerin mit dieser Regelung derart einverstanden bist. Uns geht in dieser Novelle ganz dramatisch die Regelung der Frage ab, wer diese Kosten tatsäch­lich zu übernehmen hat. Wir lesen in der vorliegenden Novelle, dass die Kommunen verpflichtet sind, eine Sammelstelle für Elektro- und Elektronikaltgeräte aus Haushalten einzurichten. Das ist natürlich sinnvoll, und dagegen ist nichts einzuwenden. In der Novelle ist aber nichts darüber zu lesen, dass die Hersteller die Kosten dafür zu über­nehmen haben.

Wir haben deshalb einen Entschließungsantrag vorbereitet und eingebracht, worin der Herr Bundesminister aufgefordert wird, in seiner Verordnung zur Novelle darauf hinzu­weisen beziehungsweise darauf Bedacht zu nehmen, dass die Hersteller tatsächlich zur Kostenübernahme verpflichtet werden. Anders kann ich mir das nicht vorstellen, und ich wüsste nicht, wie es gehen sollte, dass einzelne Gemeinden an die Hersteller herantreten und sich das Geld für diese Kosten dann selber holen. Du sagst: 7 € gehö­ren der Vergangenheit an! Aber wer wird das jetzt einheben? Wer wird jetzt diese Kos­ten übernehmen? Fürs Erste werden das die Kommunen sein. Dazu steht nichts im Gesetz. Bitte zeige mir die Stelle, wo das im Gesetz drinnensteht! Das fehlt komplett, und das wurde auch vom Länderarbeitskreis Abfallwirtschaft der Oberösterreicher als absoluter Mangel festgehalten. Auch da wird der Minister gebeten, dafür Sorge zu tra­gen, dass das in der Verordnung zur Umsetzung dann auf jeden Fall drinnensteht.

Wir haben auch darauf hingewiesen, dass die Chance wieder nicht genützt wurde, im Sinne der Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie tatsächlich die Öffentlichkeit wirklich früh­zeitig und effektiv einzubeziehen. Wir haben darauf hingewiesen, dass es jetzt nur per Internet möglich ist, während Organisationen wie die Wirtschaftskammer und die Prä­sidentenkonferenz eine eigene Exklusivausfertigung bekommen. Wir haben auch dar­auf hingewiesen oder wir weisen darauf hin, dass eine frühzeitige und effektive Mitar­beit an der Überarbeitung von Plänen und Programmen wohl nicht möglich ist, weil längst nicht mehr alle Optionen offen stehen, wenn die fertigen Pakete bereits im Inter­net präsentiert werden. Das ist weder frühzeitig noch effektiv!

Wenn man sich diese vielen Verordnungen und EU-Richtlinien anschaut, dann verliert man ganz den Blick darauf, dass andere Dinge eigentlich überhaupt nicht erledigt wor­den sind, nämlich zum Beispiel in dem Bereich, den Kollegin Pfeffer angesprochen hat, wie es also mit dem Anwachsen der Müllberge insgesamt ausschaut. Da gibt es keine Anstrengung zur Vermeidung von Müll, kaum Initiativen in der Perspektive nachwach­sender Rohstoffe im stofflichen Bereich und weiterhin das Abwälzen der Kostentragung auf die Kommunen und auf die öffentliche Hand, während die Gewinne dieses rasan­ten Umsetzungskreislaufes privatisiert werden. In diesem immer rasanteren Kreislauf von neue Waren herstellen, kaufen und sofort wieder wegwerfen, wird nicht recycelt


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oder kaum mehr recycelt. Falls es doch dazu kommt, gilt das Recycling nur mehr als Down-cycling, das heißt, es verliert komplett seinen Wert.

Darum möchte ich darauf hinweisen, dass es sehr wohl Perspektiven nachwachsender Rohstoffe im stofflichen Bereich gibt, auch im Einsatz lang- und kurzlebiger Kunststoffe auf Basis nachwachsender Rohstoffe, wo wir einen hohen Bedarf an Forschung, an Erarbeitung von neuen Konzepten, an Unterstützung einer kleinen Forschungsindustrie haben, wo jetzt aber überhaupt nichts geschieht.

Ich verweise deswegen noch einmal auf unseren Entschließungsantrag, in dem wir drauf hinweisen, dass der Abwälzung der Kostentragung auf Kommunen Einhalt gebo­ten werden muss. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

18.18

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Dipl.-Ing. Achleitner. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


18.18

Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Kollege Oberhaidinger, der leider nicht mehr da ist, und Kol­legin Pfeffer, ich finde es schon sehr unverständlich, wenn Sie sich für Müllvermeidung einsetzen und dann gerade gegen diese Novellierung des Abfallwirtschaftsgesetzes stimmen. Es ist mir vollkommen unklar, weil in dieser Novelle wirklich erstmals die Ab­fallvermeidung bei Elektroschrott geregelt und wirklich sehr gut geregelt wird. Es ist Tatsache, dass der Elektroschrott seit Jahren unaufhaltsam zunimmt und die Entsor­gung nicht nur ein Problem für unsere Umwelt, sondern sogar ein Problem für die Ge­sundheit der Menschen darstellt.

Wenn man bedenkt, dass jährlich über 80 000 Tonnen an Computern, Küchengeräten, Waschmaschinen, also elektronischen und elektrischen Geräten in Österreich anfallen und bisher die Entsorgung der Geräte teilweise unsortiert im Haushaltsmüll erfolgt ist oder Elektrogeräte teilweise sogar auf wilden Deponien in Wäldern oder auf Wiesen abgelagert wurden, dann kann man sagen, dass es sehr wichtig und gut ist, dass end­lich die Abfallvermeidung mit dieser neuen Novelle einheitlich geregelt wird.

Der Wiederverwertungsgrad von Elektroschrott ist relativ hoch. Gerade durch dieses Gesetz werden die Firmen und Produzenten dazu angehalten, die Produkte endlich auch wieder zu verwerten, zu recyceln. Diese Novelle trägt dieser Tatsache also Rechnung.

In Zukunft werden von den Privathaushalten und allen Österreicherinnen und Österrei­chern diese Geräte gratis an den Sammelstellen – und das sind einerseits die Ge­meinden oder andererseits die Händler, die, wenn ein Neukauf eines Gerätes erfolgt, die Altgeräte zurücknehmen müssen und natürlich auch die Handys, von denen stän­dig gesprochen wird und zu denen die Grünen auch einen Antrag eingebracht haben – entgegengenommen. Dass es wirklich gratis ist – Kollege Oberhaidinger, der bemerkt hat, dass er glaubt, dass die Bürger dann in Zukunft etwas zahlen müssen, wüsste das auch, wenn er das Gesetz genau durchgelesen hätte –, steht ganz klar im § 28a: kos­tenlose Übernahme an den Sammelstellen in den Gemeinden. (Abg. Dr. Bauer: Aber wer zahlt das?)

Die Verantwortung für die Entsorgung und für die umweltgerechte Behandlung werden die Produzenten übernehmen. Sie müssen sich auch verpflichten, diese Geräte von den Sammelstellen abzuholen.

Es ist natürlich eine ganz besondere Herausforderung für die Koordinierungsstellen, die abstimmen müssen zwischen den Sammelstellen und zwischen den Sammel- und


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Verwertungssystemen der Produzenten, sodass diese Geräte wirklich rechtzeitig und ausreichend oft abgeholt werden.

Ganz klar ist auch: Es muss genau darauf geachtet werden, dass sich keiner übervor­teilt fühlt, denn wir ersehen einerseits aus den Pressemeldungen der Wirtschaft, dass diese Angst hat, dass sich Gemeinden ein Körberlgeld erwirtschaften, was nicht sein darf, wenn keine zusätzlichen Leistungen erbracht werden, andererseits kann es natür­lich auch nicht sein, dass den Gemeinden zusätzliche und höhere Kosten erwachsen. (Abg. Schopf: Wie wird das sichergestellt?) Da wird den Koordinierungsstellen, die in einer Verordnung geregelt werden, sehr wohl die notwendige Verantwortung zugeteilt.

Folgendes darf natürlich nicht sein – und genau darauf müssen die Koordinierungsstel­len schauen –: dass die Vereinbarungen, die zwischen den Sammelstellen der Ge­meinden und den Sammel- und Verwertungsstellen bei den Produzenten getroffen werden, zu Lasten der Bürger erfolgen. Es dürfen keine zusätzlichen Kosten für die Bürger anfallen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich appelliere daher an Sie alle, auch an Sie von der Sozialdemokratie, dass Sie im Sinne der Umwelt, im Sinne einer weiteren Abfallvermeidung, einer Vermeidung von größer werdenden Müllbergen von Elektroschrott dieser Novellierung zustimmen. (Bei­fall bei den Freiheitlichen.)

18.22

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Schopf. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.22

Abgeordneter Walter Schopf (SPÖ): Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Grundsätzlich ist diese EU-Richtlinie umweltpolitisch wichtig, sinnvoll und, ich denke, auch für die Republik Österreich von größter Bedeutung. Wir haben jedoch festgestellt, dass bei der Umsetzung – das er­kennt man, wenn man sich die Regierungsvorlage genauer ansieht – noch einige Pro­bleme vorhanden sind, und das ist letztendlich der Grund, warum wir heute dieser Re­gierungsvorlage unsere Zustimmung nicht geben können.

Ich erinnere an die Diskussion im Ausschuss. Uns ist es wichtig, nochmals darauf hin­zuweisen, dass da tatsächlich ganz, ganz wichtige Punkte geregelt werden sollen.

Das ist zum Ersten die Verpflichtung in der Richtlinie, dass in Zukunft die Hersteller, aber auch – und das wird immer zu wenig erwähnt – die Importeure die Verpflichtung haben, die gesamten Entsorgungskosten diverser Elektro- und Elektronikgeräte zu übernehmen.

Zum Zweiten – und das ist ebenfalls gerade für die Kommunen wichtig – werden die Gemeinden mit dieser Novelle verpflichtet, Abgabestellen einzurichten und diverses Gerät der Elektro- und Elektronikindustrie entgegenzunehmen.

Weiters werden die Abfallbesitzer verpflichtet, diese Abfälle vor Übergabe an die De­ponien untersuchen zu lassen. Die Abfälle müssen registriert werden. Die Abfallsamm­ler haben diese Aufgabe, aber auch die Abfallbehandler.

Sehr geehrte Damen und Herren! Bei genauem Lesen beziehungsweise genauer Ana­lyse der Formulierungen habe ich festgestellt, dass sie leider sehr unpräzise und schwammig sind, vor allem was den Punkt der Übernahme der Kosten angeht. Wir haben die Befürchtung, dass wieder einmal die Gemeinden und deren Bürgerinnen und Bürger zur Kassa gebeten werden. Es ist zwar klargestellt, dass die Bürger in Zu­kunft die Möglichkeit haben, Elektronik- und Elektrogeräte gratis bei Sammelzentren abzugeben, es gibt aber die Verpflichtung, dass zwischen den Herstellern, den Impor-


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teuren und den Kommunen diesbezüglich entsprechende Vereinbarungen getroffen werden müssen. Wir haben bis heute keine Vereinbarungen, und es gibt keine Rege­lung für jene Fälle, bei welchen derartige Vereinbarungen nicht getroffen wurden.

Da bedarf es – und das haben wir im Ausschuss erwähnt – ganz klarer Regelungen. Wir befürchten nämlich, dass dann, wenn keine Regelungen vorgenommen werden, wieder der Konsument, sprich: die Bürger und Bürgerinnen, zum finanziellen Handkuss kommt – und das ist für die Sozialdemokratie, sehr geehrte Damen und Herren, inak­zeptabel! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir hegen auch die Befürchtung, dass die vorgesehenen Koordinierungsstellen in Zu­kunft als Lobbystellen für die Hersteller fungieren werden. Wir haben bereits im Aus­schuss darauf hingewiesen, und die Regierungsparteien konnten unsere Befürchtun­gen nicht zerstreuen. Wir haben auch den Herrn Minister im Ausschuss gefragt, ob es tatsächlich Anzeichen dafür gibt, diese Stellen bei der Wirtschaftskammer einzurichten, und der Herr Bundesminister war auch da nicht in der Lage, unsere Befürchtung zu zerstreuen.

Das ist eine Politik, die wir nicht mittragen können! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.26

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Hornek. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


18.26

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesmi­nister! Geschätzte Abgeordneten-Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Die nun vorliegende Novelle des Abfallwirtschaftsgesetztes stellt nicht nur eine weitere Anpassung an EU-Recht im Abfallbereich dar, sie bringt auch weitere Verbesserungen in der Abfallvermeidung und in der Rückführung der Abfallstoffe in den Produktionskreislauf. Ziel des Abfallwirtschaftsgesetzes beziehungsweise Haupt­gesichtspunkt dieser Novelle ist die Nachhaltigkeit, die eine Ressourcenschonung be­deutet. Ziel ist es, das immer noch wachsende Aufkommen von Abfall trotz umweltge­rechter nachhaltiger Nutzung der Abfälle einzudämmen.

Wie im letzten Umweltkontrollbericht dargestellt, fielen im Jahr 2001 über 3,2 Millionen Tonnen Abfälle aus Haushalten und ähnlichen Einrichtungen an. Ein Vergleich dazu: Im Jahr 1999 waren es knapp 3,1 Millionen Tonnen. Jener Anteil am Gesamtaufkom­men, der direkt und unbehandelt einer Deponierung zugeführt werden musste, ist von 28,5 auf 27,3 Prozent zurückgegangen. Die Steigerung des gesamten Aufkommens der Abfälle aus Haushalten und ähnlichen Einrichtungen konnte daher durch einen überproportionalen Erfolg bei der getrennten Sammlung und Verwertung von Altstoffen aufgefangen werden. Dies zeugt zwar einerseits von einem großen Umweltbewusst­sein der Österreicherinnen und Österreicher, deutet aber andererseits auf das ständige Anwachsen der Müllmengen hin, und dadurch wird signalisiert, dass noch immer Hand­lungsbedarf besteht. Die Ursachen für das im Kontrollzeitraum erhöhte Abfallaufkom­men aus Haushalten und ähnlichen Einrichtungen sind ein realer Bevölkerungszu­wachs und ein weiterhin steigender Wohlstand.

Meine Damen und Herren! Diese Daten zeigen, dass der steigende Wohlstand in der Bevölkerung, aber auch der sehr schnelle Fortschritt der Technologie und Produktion zu einem Konsumverhalten führen, das auch hinsichtlich der Abfallwirtschaft zu oftma­ligeren und rascheren Anpassungen der Gesetzesmaterien zwingt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ab 2007 ist es grundsätzlich verboten, Elektro- und Elektronikgeräte in Verkehr zu bringen, die Schwermetalle wie Kadmium, Quecksilber und Ähnliches enthalten. Letztverbraucher können ab August 2005 unent-


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geltlich bei einer Sammelstelle oder beim Neukauf eines ähnlichen Gerätes beim Händler ihre Altgeräte abgeben. Ab dem Jahre 2007 sind mindestens zwischen 70 und 80 Prozent des durchschnittlichen Gewichtes eines Gerätes einer Verwertung zuzufüh­ren. Diese Novelle des Abfallwirtschaftsgesetzes ist ein wichtiger weiterer Schritt auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

18.29

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Dr. Moser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


18.29

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minis­ter! Meine Damen und Herren! Mein Vorredner hat Ihnen ja sehr deutlich vor Augen geführt, welch sozusagen gewichtiges Problem diese Abfallproblematik ist und wie sehr auch die Entsorgung des elektronischen Abfalls geregelt und dieser wieder einge­sammelt werden muss.

Nur, Herr Kollege: Sie sind uns wieder die Antwort auf die Frage schuldig geblieben: Wer finanziert das den Kommunen? Sie sind uns aber auch eine Antwort auf eine an­dere Frage schuldig geblieben – auch diesbezüglich fehlte jeder Hinweis –, und zwar auf die Frage: Wie gehen wir mit elektronischem Schrott und Abfall in Form von Handys um? Sie alle sehen, jetzt vor Weihnachten blüht das Handy-Geschäft. Wir haben in Österreich schon mindestens zehn Millionen Handys, ein Großteil – zwei Drit­tel – davon wird nicht mehr verwendet, der liegt in den Haushalten. Unser Ansatzpunkt ist, dass man dieses Material, diesen nicht genutzten Abfall nicht herumliegen lässt, sondern man ihn wieder zurückführt. Ja, man kann die Handys beim Händler abgeben, die Frage ist nur, ob wirklich diese Sorgfalt waltet und die Handys auch wirklich wieder zurückgegeben werden. Oft passiert es, dass Kinder damit spielen oder dass sie sonst irgendwie womöglich weggeworfen werden.

Deshalb ist unser Plädoyer – gerade auch im Hinblick darauf, dass man KonsumentIn­nen zu einem sorgfältigen Umgang mit wertvollen Artikeln erziehen soll –, dass man ein Pfandsystem einführt, denn in Österreich haben wir im Gegensatz zur Schweiz, im Gegensatz zu den Niederlanden oder auch im Gegensatz zu Norwegen kein flächen­deckendes System dafür, dass man elektronischen Abfall abgeben kann. Wir richten es jetzt erst schön langsam systematisch ein, wobei ja die Kostenfrage noch nicht ge­regelt ist.

Wir brauchen eben vor diesem Hintergrund auf jeden Fall sinnvolle Pfandsysteme, und gerade im Handybereich ist es direkt sehr, sehr nahe liegend, dass wir hier bald ein Pfandsystem einführen. Ich denke nur daran, dass der Wiener Gemeinderat zum Bei­spiel im Jahr 2001 schon dafür plädiert hat.

Deswegen ersuche ich doch noch um Behandlung unseres Antrages in positiver Form; zumindest in einer nächsten Runde. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

18.32

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Dipl.-Ing. Hofmann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


18.32

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Ich verstehe den Themenbereich, der schon mehrmals angezogen wurde, nämlich betreffend die Handys, im Zusammen­hang mit der vorliegenden Novelle zum Abfallwirtschaftsgesetz nicht. Es wurde einer-


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seits vom Kollegen Oberhaidinger angemerkt, dass ein Antrag, dafür ein Pfandsystem einzuführen, abgelehnt worden wäre, andererseits wurden soeben von Frau Kollegin Moser die Handys als Problemfall angesprochen, und sie hat die Frage gestellt: Was könnte passieren, auch wenn die Handys zurückgebracht werden?

Was passiert mit dem Handy? – Genau dasselbe, was mit dieser Novelle des Abfall­wirtschaftsgesetzes geregelt wird: Es wird entsprechend diesem Abfallwirtschaftsge­setz als Elektronikschrott entsorgt. Sie müssten dann dieselbe Frage auch bei anderen Dingen stellen. Was passiert mit den Nickel-Kadmium-Zellen, mit den Batterien, die beim Händler abgegeben werden? Was macht der Händler im Endeffekt damit? – Das kann ich überall in Frage stellen.

Tatsache ist, dass all das, was seitens der Sozialdemokratie als Begründung für die Nichtzustimmung vorgebracht wurde, mit dieser Novelle zum Abfallwirtschaftsgesetz geregelt ist. Es gibt eine Koordinierungsstelle, und es gibt vor allen Dingen auch zuge­hörige Verordnungen und eben Regelungen, die das sicherstellen.

Geschätzte Damen und Herren! Bei einem Volumen von 80 000 Tonnen Elektro- und Elektronikschrott im Jahr glaube ich schon, dass man gesteigerten Wert darauf legen sollte, dass dieser Schrott nicht nur einer sinnvollen Entsorgung, einer die Umwelt nicht belastenden Entsorgung zugeführt wird, sondern dass das, was verwertbar ist – und das ist eine ganze Menge bei diesen elektronischen Geräten –, in einem Recyclingpro­zess auch wieder dem Produktionsprozess zugeführt wird.

Nun ist bekannt, dass die Möglichkeit des Recyclings derzeit noch eine aufwendige ist, aber ich denke, dass die Forschung da auf dem richtigen Weg ist und tatsächlich in einem relativ kurzen, überschaubaren Zeitraum auch die Automatisation so weit gedie­hen sein wird, dass das Zerlegen in die einzelnen Bestandteile möglich sein wird. Das ist natürlich schwieriger als bei der Montage, beim Zusammenbau von Neugeräten, die im Wesentlichen auf einzelne Typen abgestellt ist, was natürlich bei der Fülle der Mo­delle, die gesammelt werden, so nicht möglich ist. Aber die Sensortechnik ist weit ent­wickelt, und ich bin sehr zuversichtlich, dass das bald der Fall sein wird, und dann, geschätzte Damen und Herren, ist das verwertbares, wieder verwendbares Material, das letztlich recycelt wird.

Wenn man bedenkt, wie die Materialzusammensetzung bei – ich habe Ihnen das Vo­lumen genannt – 80 000 Tonnen Elektroschrott aussieht – das sind in etwa 50 Prozent Metallanteil, die Kunststoffe machen immerhin 30 Prozent aus, Bildröhren und sonstige Glasanteile in etwa 10 Prozent, der Rest sind Schadstoffe wie FCKW, also Fluorchlor­kohlenwasserstoffe, Schwermetalle, Öle, PCBP und Fette im Ausmaß von 9 Prozent, nicht verwertbarer Reststoff 1 Prozent –, so kommt man zu der Ansicht, dass gestei­gerter Wert darauf zu legen ist, dass da eine Wiederverwertung stattfindet.

Lassen Sie mich noch kurz die Kostenfrage ansprechen. Ich kenne Gemeinden, die beispielsweise für einen Bildschirm 40 € an Entsorgungskosten verlangen, eine andere Gemeinde wiederum verlangt dafür nichts. Dort, wo 40 € verlangt werden oder ein Be­trag X verlangt wird, das heißt, keine Überwälzung auf den Hersteller erfolgt, ist die Gefahr sehr groß, dass diese elektronischen Geräte mit ihren Schadstoffanteilen, die sie enthalten, irgendwo kostenschonend illegal gelagert werden und entsprechend die Umwelt belasten.

Das heißt, die Zielvorgabe ist klar: Altgeräte sollen einem Recyclingprozess zugeführt werden, damit vernünftig mit diesen Materialien umgegangen wird, andererseits soll die Umweltbelastung durch ein kostenschonendes Entsorgungssystem hintangehalten und somit illegale Entsorgungsmaßnahmen durch die Besitzer vermieden werden.


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Es ist schon dargestellt worden, wie diese Sammlung funktionieren soll. Ich denke, dass das der richtige Schritt in die Zukunft ist. Wer sagt, dass die Handys ein Problem darstellten, der hat nicht erkannt, dass ein Handy auch ein elektronisches Gerät ist. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.37

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Steier. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.37

Abgeordneter Gerhard Steier (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesmi­nister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich möchte mich in meiner heuti­gen Rede auf die Umsetzung der Richtlinie über Elektro- und Elektronikaltgeräte in nationales Recht konzentrieren.

Elektro- und Elektronikgeräte sind in der heutigen Gesellschaft als tägliche Lebensbe­gleiter aus Haushalten und Büros nicht mehr wegzudenken. In Österreich fallen jährlich rund 100 000 Tonnen Elektroaltgeräte, davon rund 45 Prozent aus privaten Haushal­ten, an. Die Geschwindigkeit technischer Innovation wird zunehmend schneller, daher wachsen die Mengen auch laufend an.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Die EU-Elektronikaltgeräte-Richtlinie ver­folgt das Ziel, die Abfallmengen aus diesem Bereich und die Belastung durch diesen Abfall mit ökologisch- und gesundheitlich bedenklichen Stoffen zu reduzieren. Sie um­schreibt auch die Herstellerverantwortung sehr genau. Jeder Hersteller soll für die Fi­nanzierung der Entsorgung jener Abfälle zuständig sein, die durch seine Produkte an­fallen, entweder individuell oder durch Teilnahme an kollektiven Systemen.

Die Grundzüge dieser EU-Richtlinie sind in der vorliegenden Novelle zum Abfallwirt­schaftsgesetz durchaus enthalten. Erstens: Kostenlose Abgabe von Geräten in Ge­schäften und Sammelstellen; zweitens: Verpflichtung des Handels, bei Neukauf eines Elektrogeräts ein Altgerät derselben Art oder Funktion kostenlos zurückzunehmen.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Mit einigen Teilen der Umsetzung der EU-Elektronikaltgeräte-Richtlinie sind wir nicht einverstanden, zum Beispiel bei der Herstel­lerverantwortung insbesondere im Bereich der Sammel- und Verwertungssysteme. Das AWG enthält nun die Verpflichtung für die Gemeinden, Abgabestellen für Elektro- und Elektronikaltgeräte einzurichten. Grundsätzlich wäre die Nutzung bereits funktionieren­der kommunaler Entsorgungsstrukturen ja durchaus positiv zu beurteilen, vorausge­setzt, es wären klare Regelungen vorgesehen, wer die zusätzlichen Kosten dafür tra­gen soll. Es ist aber zu befürchten, dass diese neuen Sammelkosten bei den Gemein­den, statt bei den Herstellern hängen bleiben und in logischer Folge in Form von Müll­gebühren an die Konsumenten weitergegeben werden.

Fraglich ist zum Beispiel auch, wie die Schnittstelle zwischen Gemeinden und Wirt­schaft ausgestattet werden soll. Was den zweiten Partner der geteilten Verantwortung angeht, dürfte die Zielsetzung offensichtlich wieder einmal in Richtung eines einzigen Monopolsystems der Wirtschaft gehen, und hier könnten, wie auch im Bereich der Ver­packungsregelung, sowohl gewerbliche als auch kommunal anfallende Elektroaltgeräte erfasst werden.

Angesichts der bisher gemachten Erfahrungen mit derartigen Systemen und den dar­aus entstehenden Problemen halten wir daher diese Entwicklung für kontraproduktiv. Unserer Ansicht nach hängst das Gelingen der künftigen Elektroaltgerätesammlung von folgenden Faktoren ab:

Erstens: von einer klaren Trennung von Gewerbe- und Haushaltsentsorgung.


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Zweitens: von einer möglichst flächendeckenden und hochwertigen Versorgung mit Sammelstellen.

Drittens: Die Schnittstelle zwischen Gemeinden und Wirtschaft bedarf einer zufrieden stellenden Lösung.

Viertens müssen auch die Produzenten die Chance haben, ihrer Herstellerverantwor­tung ohne Systemzwang nachzukommen, und

fünftens bedarf es einer guten Öffentlichkeitsarbeit, damit die Menschen wissen, was sie erwartet, was das Sammeln bringt.

Zum Schluss noch etwas zur Herstellerverantwortung. Die EU-Richtlinie über Elektro- und Elektronikaltgeräte spricht explizit die Einführung der Herstellerverantwor­tung als ein Mittel an, mit dem schon bei der Produktion die Recyclingfähigkeit der Produkte berücksichtigt wird. Dazu ist in der vorliegenden Novelle nicht viel Konkretes zu finden, was bedauerlich ist, denn gerade diese Bestimmung könnte stark zur Ent­wicklung von Produkten in Richtung Öko-Design beitragen. Es wäre wünschenswert, wenn Österreich in diesem Bereich innerhalb der EU Initiativen setzen könnte. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.41

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Dipl.-Ing. Auer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


18.41

Abgeordneter Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Hohes Haus!! Auch ich darf ganz kurz auf die Richtlinie über Elektro- und Elektronikaltgeräte zu sprechen kommen und dabei auch gleich auf die in Begutach­tung befindliche Verordnung dazu eingehen.

Es geht bei diesem Thema insgesamt ja um Müllvermeidung, Wiederverwertung be­ziehungsweise Recycling und doch auch, würde ich sagen, in großem Ausmaß schon um Bewusstseinsbildung für die großen Umweltthemen, eben für Müllvermeidung et cetera.

Hohes Haus! Es geht in diesem Gesetz, im entsprechenden Gesetzesteil, und zwar in § 28a, erstens vor allem darum, die Verpflichtung der Hersteller zur Einrichtung von Sammelstellen zu definieren, weiters um die Beteiligung am Sammel- und Verwer­tungssystem historischer Geräte und zugleich auch um die Sicherstellungen.

Zum Zweiten geht es um die Einrichtung einer Koordinierungsstelle, wahrscheinlich bei der WKÖ, und zum Dritten eben um die Verpflichtung der Gemeinden, Abgabestellen einzurichten und die Altgeräte unentgeltlich, wie es im Gesetz heißt, zu übernehmen.

Da komme ich natürlich auf das Thema „Kommune“ zu sprechen. Derzeit wird es un­terschiedlich gehandhabt. Künftighin gibt es da eine Gleichberechtigung; zumindest ab Mitte 2005 wird es so sein, und den Gemeinden werden bestimmte Kosten ersetzt. Dafür werden wir ganz sicherlich sorgen! Wir werden bei der Verordnung höllisch dar­auf aufpassen, dass da nicht die Kosten auf die Gemeinden abgewälzt werden. Das darf es einfach nicht geben.

Zwangsläufig bin ich damit bereits beim nächsten Thema, beim Finanzausgleich. Da müssen wir in Zukunft dafür sorgen, dass gerade solche Grundversorgungen in den Gemeinden abgesichert sind, damit allfällige Kosten von finanzschwachen Gemeinden leichter bewerkstelligt werden können. Da müssen wir in der nächsten Runde sicherlich noch einmal ganz kräftig den Hebel ansetzen. Derzeit haben wir leider noch keine aus­reichende Garantieerklärung für den Fortbestand der finanzschwachen Gemeinden.


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An die Adresse der Ländervertreter, insbesondere auch an die Stadt Wien: Wir Abge­ordneten sollen, glaube ich, künftighin wirklich das Heft etwas stärker in die Hand nehmen bei diesem Paktum. Wir dürfen uns ganz einfach nicht von einem SPÖ-Finanzstadtrat der Gemeinde Wien über den Tisch ziehen lassen! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.44

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich ersuche die Damen und Herren Abgeordneten, ihre Plätze einzunehmen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen somit zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf ... (Unruhe im Saal.) – Ich würde um etwas mehr Aufmerksamkeit ersuchen, es ist eine Reihe von Beschlüssen notwen­dig!

Zuerst kommen wir zur Abstimmung betreffend AWG-Novelle 2004 samt Titel und Ein­gang in 759 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit, und damit ist der Gesetzentwurf ange­nommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehr­heit, und der Gesetzentwurf ist damit angenommen.

Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Umweltausschusses, sei­nen Bericht 760 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Antrag ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, und damit ist dieser Antrag an­genommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Umweltausschusses, seinen Bericht 761 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch diesem Antrag ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, und damit ist auch dieser Antrag angenommen.

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Umweltausschusses, seinen Bericht 762 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Dieser Antrag ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Umweltausschusses, seinen Bericht 763 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, und damit ist dieser Antrag ange­nommen.


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10. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (702 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem der Finanzausgleich für die Jahre 2005 bis 2008 geregelt wird und sonstige finanzausgleichsrechtliche Bestimmungen getroffen werden (Fi­nanzausgleichsgesetz 2005 – FAG 2005) und das Zweckzuschussgesetz 2001, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversiche­rungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Sonderunterstützungsgesetz, das Heeresversorgungsgesetz, das Kriegsopfer­versorgungsgesetz 1957, das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuran­stalten, das Tabaksteuergesetz 1995 und das Bundesfinanzgesetz 2005 geändert werden (731 d.B.)

11. Punkt

Bericht und Antrag des Finanzausschusses über den Entwurf eines Bundesge­setzes, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (732 d.B.)

12. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (701 d.B.): Verein­barung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über eine Weiter­führung der stabilitätsorientierten Budgetpolitik (Österreichischer Stabilitäts­pakt 2005) (733 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 10 bis 12 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen nun in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. Freiwillige Rede­zeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Matznetter begibt sich zum Rednerpult und stellt fest, dass das Rednermikrophon nicht eingeschaltet ist. Er ruft laut „Hallo“ hinein. – Heiterkeit. – Hallo-Rufe bei der ÖVP. – Nachdem das Mikrophon eingeschal­tet wurde, beginnt Abg. Dr. Matznetter mit seinem Debattenbeitrag.)

 


18.48

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminis­ter! Hohes Haus! (Anhaltende Hallo-Rufe bei der ÖVP.) – Fühlen Sie sich nicht ange­sprochen? – Wir behandeln heute am späten Abend ein Kapitel, das eines der schwie­rigsten der letzten Jahre war, und an dieser Stelle sei allen Verhandlern und auch Herrn Bundesminister Grasser durchaus konzediert, dass es nicht einfach war, eine Lösung für den Finanzausgleich zu finden.

Wir sollten bei dieser Gelegenheit aber nicht die Schwierigkeiten übersehen, die die Exekution der Finanzpolitik dieser Republik für alle Teile, für alle Gebietskörperschaf­ten bedeutet. Ich fange gleich mit jenen an, die die schwächsten Glieder sind, und das sind die Kommunen, die Städte und Gemeinden.

Wenn Präsident Mödlhammer noch beim 51. Gemeindetag in Linz darauf verwiesen hat, dass die Summe der Kosten für die beiden Etappen der Steuerreform in den Haushalten der Kommunen – 95 Millionen € für die erste Etappe, 333,6 Millionen € für


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die zweite Etappe – jährlich 430 Millionen € an Entfall finanzieller Mittel bedeutet, so wird damit deutlich, dass die Politik, die Sie in diesem Haus mit der Steuerreform, vor allem jener, die am ersten Jänner kommenden Jahres in Kraft tritt, betreiben, die Kommunen äußerst stark belastet.

Warum ist das so problematisch? – Wir brauchen uns nichts vorzumachen: In der en­geren Heimat der Menschen wird eine Fülle von Aufgaben der öffentlichen Hand durch die Kommunen wahrgenommen. Das reicht von den Schulen über die Sozialhilfe bis zum Wegebau, von der Straßenbeleuchtung bis zur Müllentsorgung, das umfasst all das eben, was unmittelbares Lebensumfeld der Menschen mit sich bringt.

Dieser Bereich leidet unter fehlenden finanziellen Mitteln. Das hatte zur Folge, dass wir bei den Investitionen in diesem Bereich in den letzten vier Jahren einen sehr starken Rückgang zu verzeichnen hatten, und das bedeutet, dass auch die Wirtschaft darunter leidet.

Meine Damen und Herren! Es ist eine Vielzahl von gerade kleinen Unternehmen, von Handwerksbetrieben etwa, für die die öffentliche Hand Kommune ein entscheidender Auftraggeber ist. Diese sind dann die Leidtragenden, wenn Mittel fehlen!

Herr Abgeordneter Auer hat uns im Ausschuss zu Recht darauf hingewiesen (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Was für ein Auer: Klaus oder Jakob?), dass die 100 Millionen € an zusätzlichen Mitteln für „seine“ Gemeinde, obwohl es eine kleine Gemeinde ist, gerade einmal 26 000 € bedeuten, hat sich aber verschwiegen darüber, welche Kosten für seine Gemeinde die beiden Etappen der Steuerreform bedeuten. – Jedenfalls deutlich mehr, Herr Kollege Auer; ich kann mir das ausrechnen.

Wir von der SPÖ wollen dem eigentlichen Finanzausgleich trotzdem unsere Zustim­mung erteilen, aber wir werden dem zweiten Teil – zu diesem komme ich nun –, dem Stabilitätspakt, unsere Zustimmung nicht erteilen. Ich erkläre Ihnen auch ganz klar, warum nicht: Dabei wird nämlich letztlich eine Bundesbudgetpolitik genehmigt, bei der zuerst in der falschen Phase der Konjunktur ein Budgetverlauf gewählt wurde, der den Konjunkturverlauf verschlechtert hat, und zwar durch eine rezessive Form, durch eine einschränkende Fiskalpolitik – und jetzt, da die Konjunktur anzieht, wird das Geld in Form der „Gruppenbesteuerung“ hinausgeschmissen; Millionenbeträge lässt man gro­ßen Konzernen zukommen, wobei die Länder das mit ihrem Überschuss ausgleichen sollen! – Dem können und wollen wir nicht zustimmen! (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Der dritte Teil dieses Paktums betraf die Aufbringung von 300 Millionen € für das Ge­sundheitspaket. In diesem Bereich stimmen wir Belastungen der Kranken, stimmen wir Selbstbehalten und Erhöhungen der Beiträge nicht zu. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das war aber die Idee von Ihren Kollegen! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben bessere Vorschläge gemacht: Erhöhung der Höchstbeitragsgrundlagen und Erhöhung der Tabaksteuer. Wir stimmen daher nur der Tabaksteuer-Erhöhung zu und lehnen Ihre unsozialen Erhöhungen zur Gänze ab! – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Damit die Arbeiterkammer noch mehr Geld bekommt!)

18.52

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Dkfm. Dr. Stummvoll. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. –Bitte.

 


18.52

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Finanzmi­nister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Finanzpaket, das uns heute zur Diskussion und Beschlussfassung vorliegt, ist meiner Überzeugung nach – nach dem


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großen Paket der Steuerreform 2004/2005 – zweifellos das zweitwichtigste Finanzpa­ket in dieser Legislaturperiode. Dieses Finanzpaket enthält drei wichtige Bestandteile: den Finanzausgleich im engeren Sinn, der das Fundament darstellt für die Finanzströ­me zwischen den Gebietskörperschaften, zweitens den Stabilitätspakt der Gebietskör­perschaften und drittens die flankierenden Maßnahmen im finanziellen Bereich zur Gesundheitsreform.

Zweifellos ein gewaltiges Paket – und ich gebe gerne zu, Herr Finanzminister: Zu Be­ginn des Herbstes war ich nicht überzeugt davon, dass diese Quadratur des Kreises tatsächlich gelingen wird. In der Tat stellt das eine Quadratur des Kreises dar, und zwar mit folgenden Eckdaten: einmal das Bekenntnis der Gebietskörperschaften zur Stabilität. Festzuhalten ist: Alle Gebietskörperschaften bekennen sich zum Ziel der Sta­bilitätspolitik – mit der Zielsetzung, im Jahre 2008 wieder ein Nulldefizit zu erreichen.

Das zweite Eck dieses Quadrates ist, dass das Ganze in eine Zeit fällt, in der wir die größte Steuersenkung in der Geschichte der Zweiten Republik zu finanzieren haben; eine Steuersenkung in Höhe von 3 Milliarden €. Für den, der noch in Schilling denkt: über 40 Milliarden Schilling.

Der dritte Eckpunkt ist, dass in diesem Paket enthalten ist – obwohl der Bund und auch die Gebietskörperschaften auf 3 Milliarden € an Steuergeldern verzichten, eben durch die Steuersenkung –, dass die Länder trotzdem um 112 Millionen € mehr bekommen, die Gemeinden um 100 Millionen € mehr und Krankenhäuser und Krankenversiche­rung insgesamt um 300 Millionen € mehr.

Der vierte Eckpunkt ist, dass im Gesundheitswesen dringend notwendige und seit Jahrzehnten angestrebte Strukturreformen jetzt durchgeführt werden.

Meine Damen und Herren! Ich meine, dass dieses Paket sehr beachtlich ist! Herr Fi­nanzminister, ich muss wirklich sagen: Gratulation zu dieser Quadratur des Kreises! Ich selbst habe, wie gesagt, zu Beginn dieses Herbstes ein bisschen gezweifelt, ob dieses Gesamtpaket in dieser Form zustande kommen wird. – Es ist zustande gekom­men!

Umso mehr bedaure ich daher die Vorgangsweise der Sozialdemokratie, da nun etwas eingetreten ist, was es in der Geschichte der Zweiten Republik noch nie gegeben hat: dass nämlich Ihre Fraktion hier im Nationalrat das nicht mitträgt, was Ihre eigenen Verhandler, und zwar als Funktionäre der Länder und Gemeinden, selbst beschlossen haben. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das passt zum Zickzackkurs! Typisch!) – Ein klassi­scher Zickzackkurs der SPÖ, meine Damen und Herren! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Gusenbauer gegen Häupl! – Gegenruf des Abg. Dr. Bauer.)

Ich hoffe sehr, dass irgendwann auch deine Partei, lieber Hannes Bauer, wieder Hand­schlagsqualität und Pakttreue bekommt. – Heute hat sie diese Pakttreue zweifellos nicht! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Widerspruch bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich auch noch ein Wort zu den flankierenden Maßnahmen im Gesundheitswesen sagen. Ich bekenne mich dazu: Auch im Gesund­heitswesen gilt der Grundsatz des Sparens. Aber im Gesundheitswesen heißt sparen nicht, sparen zu Lasten der Gesundheit der Bürger, sondern heißt effizienter Einsatz der Mittel!

Ich darf Ihnen ein Beispiel aus meinen Wahlkreis Waldviertel bringen. Es ist in finan­zieller Hinsicht ein Riesenunterschied, ob man in einer Region drei Spitäler oder ein Spital mit drei Standorten hat. Ob man in Allentsteig, Eggenburg und Horn jeweils ein eigenes Spital hat oder ein Waldviertel-Klinikum mit Standorten in Horn, Eggenburg und Allentsteig, ist ein Unterschied, denn beim Letzteren heißt das Folgendes: den


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ganzen Back Office-Bereich gibt es nur einmal. Es gibt nur einen ärztlichen Leiter, nur einen Leiter des Pflegedienstes, es gibt nur einen kaufmännischen Leiter.

Sparen im Gesundheitswesen heißt meiner Überzeugung nach: Sparen bei gleichzeiti­ger Qualitätssicherung für den Patienten! Das sind, wie ich meine, Beispiele, bei de­nen man sagen kann: Es ist gut, dass in diesem Paket enthalten ist, dass diese 300 Millionen € mehr an Mitteln für das Gesundheitswesen in gleich hohem Maße durch Ausgabeneinsparungen hereinkommen sollen. Das ist möglich; das sagen alle Experten. Kostendämpfung bei gleichzeitiger Qualitätssicherung ist durchaus möglich.

Meine Damen und Herren! Eine dieser Maßnahmen im finanziellen Bereich, die in die­sem Paket enthalten sind, ist auch die Erhöhung der Tabaksteuer. Ich glaube, dazu stehen wahrscheinlich alle hier in diesem Saale. Ich darf dazu einen Entschließungsan­trag aller vier Parteien einbringen und freue mich, dass dieser Allparteien-Konsens möglich war. Der Antrag lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Stummvoll, Dipl.-Ing. Prinzhorn, Dr. Matznetter, Mag. Kogler, Herta Mikesch, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, weiterhin zum Schutz der heimischen Trafi­kanten gezielte Maßnahmen gegen den organisierten Tabakwarenschmuggel zu set­zen. Insbesondere sollen auch zukünftig Aktionstage wie bisher zur Bekämpfung des Tabakwarenschmuggels durchgeführt werden. Auch wird die Bundesregierung aufge­fordert, zur Bekämpfung des Schmuggels von Tabakwaren die Kooperation der Zoll­verwaltung mit dem Bundeskriminalamt und der Grenzgendarmerie fortzusetzen und zu intensivieren.“

*****

Etwas, was der Herr Finanzminister bereits in Angriff genommen hat.

Ich freue mich, dass alle vier Parteien der Meinung sind, dass diesbezüglich flankie­rende Maßnahmen zu setzen sind. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.57

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Stummvoll, Dipl.-Ing. Prinzhorn, Dr. Matznetter, Mag. Kogler, Herta Mikesch, Kolleginnen und Kollegen betreffend verschärfte Bekämpfung des Ta­bakschmuggels

Die Bundesregierung hat Initiativen gesetzt, um den Schmuggel von Tabakwaren ver­stärkt zu bekämpfen. Eigene Aktionstage zeigen die erfolgreiche Kooperation der Be­trugsbekämpfungseinheiten und den zur Auffindung von geschmuggelten Tabakwaren erfolgreichen Einsatz des hochmodernen Scanmobils. Der Nationalrat begrüßt die ein-


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geleiteten Maßnahmen insbesondere zur Ausbildung der Einsatzkräfte zur Erkennung von Zigarettenfälschungen und erwartet eine zügige und intensive Fortsetzung dieser Initiativen.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, weiterhin zum Schutz der heimischen Trafi­kanten gezielte Maßnahmen gegen den organisierten Tabakwarenschmuggel zu set­zen. Insbesondere sollen auch zukünftig Aktionstage zur Bekämpfung des Tabakwa­renschmuggels durchgeführt werden. Auch wird die Bundesregierung aufgefordert zur Bekämpfung des Schmuggels von Tabakwaren die Kooperation der Zollverwaltung mit dem Bundeskriminalamt und der Grenzgendarmerie fortzusetzen und zu intensivieren.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Mag. Kogler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

 


18.58

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Mein Vorredner Stummvoll hat gesagt, es sei die „Quadratur des Kreises“ gelungen, sinnbildlicherweise natürlich. Kollege Stummvoll weiß natürlich auch – mit oder ohne PISA-Erkenntnisse –, dass das mathematisch unmöglich ist. Genauso geht es uns ja mit dem Finanzausgleich. (Beifall bei den Grünen.)

Ich weiß gar nicht, warum bei dieser Feststellung applaudiert wird, aber bitte! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das waren ja Ihre eigenen Leute! – Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ich weiß schon; es ist das jedenfalls sehr animierend um diese Uhrzeit. Bedenklich ist schon, dass eine derart wichtige Materie relativ spät am Abend hier behandelt wird, aber ich wollte zu diesem Vergleich, zur „Quadratur des Kreises“ zurückkommen.

Tatsächlich ist es nicht möglich, alles auf einmal in diesem „Riesenbottich“ Finanzaus­gleich zu haben. Ich gestehe das durchaus zu und füge auch hinzu, dass es wahr­scheinlich den ParlamentarierInnen gut anstünde, da oder dort manchmal sogar mehr Unterstützung für die Bundeslinie in einer Verhandlungsposition den Ländern gegen­über einzubringen. Diese Aussage richtet sich vor allem an die ÖVP, weil da bei ihr offensichtlich die Zusammenhänge durcheinander kommen. Dann nämlich, wenn es um Länderinteressen geht, sehen Sie das plötzlich wieder parteipolitisch – und die Bundeslinie der ÖVP wird dann sehr oft „aufgeweicht“, sofern überhaupt noch erkenn­bar.

Der Herr Bundesminister für Finanzen hingegen – wir haben uns davon überzeugt – hatte eine klare Verhandlungsposition, er hat sie uns auch zukommen lassen, aller­dings meinen wir – wir haben das bereits im Ausschuss diskutiert –, dass Finanzaus­gleichsverhandlungen zumindest zukünftig anders laufen sollten, da auf diese Art und Weise, wie es jetzt ist, der Nationalrat ein reines Ratifizierungsorgan ist. – Das kann man natürlich auch wollen; so ist er aber nicht gedacht. Es handelt sich dabei um einen Gesetzentwurf, um das Finanzausgleichsgesetz eben, das alle daran Beteiligten für vier Jahre bindet. Insofern wäre es einmal einen Versuch wert, das auch anders anzu­gehen.


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Ich stelle nur fest, dass der Herr Bundesminister für Finanzen da oder dort durchaus Positionen vertritt, bei denen ihm wahrscheinlich die Grünen näher stehen als die ÖVP, und ich finde es halt schade, dass wir hier nie eine klare Debatte in der richtigen Rang­reihenfolge führen können, nämlich: Was ist jetzt alles zentrale öffentliche Aufgabe – ich weiß schon, das ist alles nicht so einfach, wir tun uns auch nicht so leicht –, was davon sollen die Länder besorgen, was insbesondere die Gemeinden – denen geht es ja tatsächlich aus meiner Sicht auch am schlechtesten –, und was für eine Steuerungs­funktion hat der Bund hier selbstverständlich nach wie vor? Und natürlich soll er die Kompetenz-Kompetenz in diesen vielen Fragen behalten! – So viel nur als Randbe­merkung zu den parallel laufenden Verhandlungen im Österreich-Konvent. – Hier ver­misse ich einfach eine klare und geradlinige Herangehensweise.

Wie dem auch sei, das bedauern wir dann alle vier Jahre. Mittlerweile mache ich das auch schon das zweite Mal mit – im wahrsten Sinn des Wortes –, und ich stelle fest, dass da oder dort einige Verbesserungen stattgefunden haben, auch aus unserer Sicht, dass der Finanzausgleich insgesamt aber ein Konvolut bleibt, das nicht nur intransparent und undurchsichtig ist – das ist ein anderer Kaffee –, sondern auch in der Sache zu einem nicht unerheblichen Teil in die aus unserer Sicht falsche Richtung steuert, insbesondere bei den Finanzausgleichsbestimmungen im weiteren Sinn, also dort, wo es um das Zweckzuschussgesetz geht, dort, wo es um die mehr oder weniger annektierten Gesundheitsfinanzierungs-Verhandlungen und deren Ergebnisse ging. Und deshalb haben wir hier – das wird Sie nicht wundern – doch einige Vorbehalte.

Ich darf nur einige Punkte der Sache nach herausgreifen und einen noch hervorheben, nämlich jenen, der die erwähnte Tabaksteuer betrifft, weil ich da schon wieder das Be­denken habe, dass wir hier nicht vorsichtig genug schätzen, Herr Bundesminister für Finanzen. – Diesem Punkt, der Erhöhung der Tabaksteuer, stimmen wir ja immerhin zu; das wollte ich auch noch hervorheben.

Hier wird einfach von 90 Millionen € an Mehreinnahmen ausgegangen, und zwar wird die Mehreinnahme so definiert, dass ein Vergleichszeitraum des Jahres 2004 im We­sentlichen mit dem des Jahres 2005 verglichen wird und die so errechneten Mehrein­nahmen dann direkt verteilt werden. Es kann uns natürlich auf Grund der erwähnten Problematik des immer weiter zunehmenden Tabakschmuggels passieren, dass hier die Vergleichsgrößen zusammenbrechen, allein schon, dass der Preiseffekt durch den Mengeneffekt eingeholt wird und dass wir möglicherweise diese 90 Millionen € dann gar nicht zur Verfügung haben. Wie ich höre, kommt ja jetzt noch ein Abänderungsan­trag – ich weiß nicht, ob der schon eingebracht worden ist (Abg. Dr. Fasslabend, ein Schriftstück in die Höhe haltend: Nein!), eben, nein –, der die 90 Millionen €, wenn sie es dann am Schluss sind, noch einmal anders aufteilt als ursprünglich geplant. Jetzt sollen nämlich nur mehr – ich finde das schon interessant! – 60 Millionen € unmittelbar für die entsprechenden Krankenanstaltenfinanzierungen herangezogen werden und 30 Millionen € für etwas anderes, auch für etwas Sinnvolles, hoffen wir. Ich weiß nur nicht genau, wie das alles gemeint ist, weil wir das ja jetzt hier noch nicht offiziell vor­getragen bekommen haben.

Ich sage nur – wir stellen das ja bei Finanzgesetzen öfters fest –, dass hier möglicher­weise schon bei der Beschlussfassung der Keim dafür gelegt ist, dass am Schluss die Zahlen nicht halten. Diesmal sage ich es rechtzeitig; bei der Investitionszuwachsprämie haben wir uns, weil wir diese ja für grundsätzlich richtig gehalten haben, noch mehr zurückgehalten und leider doch Recht behalten.

Zum Finanzausgleich noch kurz zwei positive Dinge: Dass es jetzt einen einheitlichen Schlüssel für die Aufteilung der gemeinschaftlichen Bundesabgaben gibt, soll man nicht unter den Tisch fallen lassen. Das ist etwas, auch das musste verhandelt wer­den. Das wollten viele, und wir wollten es auch – also okay.


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Andere Punkte sind dann wahrscheinlich nicht so einfach durchzuführen. Alle reden immer von der Aufgabenorientierung, wir auch; wir haben uns jetzt schon öfter darüber unterhalten. Auch wir sehen ein, dass das nicht so einfach umsetzbar ist, aber momen­tan wird ja überhaupt kein Versuch in diese Richtung unternommen, überhaupt keiner! Man versucht zunächst, dieses Schlüsselungssystem irgendwo zu vereinfachen, und am Schluss – leider ist das in diesem Fall das Ergebnis – wird es dann noch kompli­zierter.

Nächster Punkt: die berühmte Einnahmenverantwortung. Eigentlich lauten die Parolen immer: Aufgaben-, Ausgaben-, Einnahmenverantwortung zusammenführen! – Auch das finden wir im Prinzip in allen Parteiprogrammen, die sich mit dieser Frage beschäf­tigen, nur, auch hier wieder – dies sei vor allem in Richtung der Länder gesagt; in die­sem Fall wende ich mich halt an die ÖVP –: Es ist ja im Konvent genau das Gegenteil der Fall! Was vertreten denn die Ländervertreter vornehmlich mit ÖVP-Parteifär­bung? – Dass Sie nicht ein Jota dieser Verantwortung übernehmen wollen – nein, nichts und nirgends! – Ich sage auch nicht, dass wir alle Steuern als dafür in Frage kommend in Betracht ziehen können, weil hier bestimmte Wettbewerbsphänomene nach unten unterbunden werden sollen und alles dieses mehr – das ist schon richtig. Aber dass man sich überhaupt nicht die Mühe macht, sich auf die Suche zu begeben, welche Abgabentypen oder Steuertypen in Frage kommen könnten, das finde ich schon mehr als enttäuschend. Und da muss man sich eben fragen, was die entspre­chenden programmatischen Ansagen wert sind. – Strich drunter.

Ich komme abschließend zu ein paar Positionen des Finanzausgleichs im weiteren Sinn. Hier sind vor allem das Zweckzuschussgesetz zu nennen, die Wohnbauförde­rung, aber durchaus auch andere Dinge, wo Finanzströme zwischen Ländern, Ge­meinden und vor allem dem Bund unterwegs sind, weil wir nämlich – wir als Bund – in erster Linie die Zahler sind.

Zur so genannten Wohnbauförderung. Immerhin macht dieses Gesetz den ehrlichen Anlauf, diese einmal umzutaufen und als das zu bezeichnen, was sie mittlerweile ist: eine Förderung für Wohnbau; dann wird die Umwelt erwähnt – da sage ich Ihnen aber auch: diese vereinbarten Kyoto-Ziele, die da drinnen stehen, gibt das Gesetz wohl vor, aber es gibt kein Instrumentarium, wodurch das den Ländern gegenüber entsprechend weiterverfolgt wird –; und das Beste kommt wie immer am Schluss: Infrastruktur. Na Gott sei Dank geben Sie es jetzt wenigstens zu, dass schon bis jetzt, meines Erach­tens zweckwidrig – manche sagen „missbräuchlich“, aber sagen wir „zweckwidrig“, weil das Gesetz das ja bis jetzt schon zulassen wollte –, Mittel aus diesem Bereich für Straßenbau, Brückenbau und Ähnliches mehr ausgegeben worden sind.

Ich darf in diesem Zusammenhang wieder auf die heute schon mehrfach erwähnte Steiermark zurückkommen. Dort werden Wohnbaufördermittel für Golfplatzbauten ver­wendet, und zwar Massivsubventionsanteile. Ich kann das wirklich nicht nachvollzie­hen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Wohnbauförderung ja jetzt durchaus schon als – bleiben wir in Ihrem Jargon – Mittelstandsförderung gedacht war, jedenfalls ursprünglich für untere Einkommensgruppen.

Wenn wir heute feststellen, dass viele Verteilungsstudien den Ausweis führen, dass das obere Einkommensdrittel von der Wohnbauförderung am meisten profitiert, dann darf man schon – und da wende ich mich auch an die SPÖ – das Instrument in Frage stellen, ob es nicht eine andere Konstruktion braucht. Und wenn es keine Mehrheit hier im Haus gibt, scheuen wir uns nicht zu sagen, dass das im Volumen zu hoch ist, weil es an allen Zwecken, die sinnvoll sind, vorbeigeht. Es steuert nicht mehr sozial, wie das gewünscht war – ich sage jetzt nicht „treffsicher“, dieser Begriff ist ja leider belegt. Ich sage auch, dass die ökologische Steuerung im Prinzip fehlt – da könnte man dar­über reden, das wird Sie bei uns nicht wundern. Es bleibt am Schluss eine Latte von


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Bundesländern – es ist nicht nur die Steiermark –, die das mit Anlauf zweckwidrig ver­wenden. Und Sie stellen das – und das kritisiere ich schon auch an Ihnen, Herr Bun­desminister – vorab außer Streit: 1,8 Milliarden €! – Also sagen Sie dann nie (Abg. Grillitsch: ... Klimamaßnahmen!), die Grünen machen keine Vorschläge, wie etwas besser eingesetzt oder möglicherweise sogar eingespart werden könnte.

Genau das Gleiche gilt für die Mittel in der Siedlungswasserwirtschaft, und das Gleiche gilt auch für andere Finanzierungsbereiche. Wir werden ja noch viel Gelegenheit ha­ben, das weiter zu diskutieren. Aus diesem Grund ... (Abg. Grillitsch: Immer schön die Wahrheit sagen!) – Ja, das war die Wahrheit (Abg. Grillitsch: Nein! Schön die Wahr­heit sagen!), und das tut eben weh, vor allem für die Steiermark. Und aus diesem Grunde, weil diese Verpflichtungen auch in den entsprechenden Artikel-15a-Vereinba­rungen fehlen, können wir leider dem Stabilitätspakt auch nicht zustimmen, obwohl wir einsehen, dass jede Vereinbarung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden auf Finanzebene ein Paktum brauchen wird; das muss jede Regierung verhandeln – völlig richtig. Aber die Frage ist eben, welchen Inhalt dieses aufweist und wie die Länder wirklich in die Pflicht genommen werden. Unseres Erachtens ist das zu wenig der Fall. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Gril­litsch: Wo stimmt ihr jetzt zu?)

19.09

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Bucher. Seine freiwillige Redezeitbeschränkung beträgt 8 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


19.09

Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Von meinem Vorredner wurde ja schon darauf hingewiesen, dass das vorliegende Finanzausgleichsgesetz das Ergebnis wochenlanger Beratungen mit allen Beteiligten, die dieses Gesetz betrifft – dem Bund, den Ländern, den Städten und den Gemeinden –, darstellt.

Was die Ratifizierung betrifft, die Sie kritisiert haben, Herr Kollege Kogler, so glaube ich, dass auch europäische Richtlinien in unserem Parlament ratifiziert werden, ohne dass wir lange Diskussionen abführen. So gesehen, denke ich, ist es ein sehr zweck­mäßiger und guter Weg, dass wir all jene, die es unmittelbar betrifft, verhandeln lassen, und das Ergebnis, das uns vorliegt, ist in Summe eines, zu dem wir durchaus stehen können.

Die Finanzmasse von zirka 270 Milliarden €, die bewegt wird – davon in etwa 30 Mil­liarden allein im Spitalsbereich –, zeigt, welcher Verantwortung sich die Verhandler bewusst waren, und ich glaube, dass mit dieser neuen Aufteilung ein Kurswechsel in der zukünftigen Mittelvergabe der gesamten Finanzmasse erfolgt ist.

Eines muss jedem klar sein: dass so radikale Umschichtungen nicht von heute auf morgen erfolgen können. Es ist ja letztendlich auch nicht von Bundesseite vorgeschla­gen worden, sondern auch von den Vertretern der Gemeinden, die selbst nicht dafür eingestanden sind, dass wir von heute auf morgen einen anderen Aufteilungsschlüssel wählen.

Somit ist dieses Finanzausgleichsgesetz das Resultat einer sehr verantwortungsvollen Diskussionsbeteiligung aller Interessierten und der Einstieg in eine deutliche Verände­rung bei der gesamten Aufteilung der zukünftigen Finanzmasse. Und ich glaube, es ist ein Riesenerfolg vor allem auch für die ländlichen Regionen, wenn wir das Ergebnis ansehen, dass jährlich in etwa 100 Millionen € mehr für die Länder zur Verfügung ste­hen und zusätzliche 100 Millionen € auch für die Gemeinden, vor allem auch für die


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finanzschwachen Gemeinden – wobei man ja auch unterscheiden muss zwischen Kleingemeinden und finanzschwachen Gemeinden, was oft in der öffentlichen Diskus­sion nicht richtig dargestellt wird: Eine Kleingemeinde ist beispielsweise Lech als Tou­rismusort; es ist dies aber nicht unbedingt eine finanzschwache Gemeinde.

Das heißt also, in der Differenzierung liegt die Wahrheit, und da muss man, glaube ich, allen Verhandlern ein Lob aussprechen für das, was letztendlich erreicht wurde – auch was die Umformung und die Bezahlung der Landeslehrer auf Landesebene betrifft: Ich denke, das ist ein sehr positiver Schritt, dass zukünftig auch jene die Verantwortung haben, die auch für die Bezahlung verantwortlich sind. Das gibt Gestaltungsfreiräume, das gibt auch mehr Einfluss auf strukturelle Reformen.

Auch die Wohnbauförderung mit 1,78 Milliarden € jährlich ist ein richtiges Signal, um auch zukünftig die Stabilität der Länder, was die Investitionen in den Wohnbau betrifft, sicherzustellen.

Auch wenn immer wieder gefordert wird – auch von Abgeordneten dieses Hauses –, die Finanzausgleichsverhandlungen mit den Schließungen von Postämtern zu junkti­mieren, glaube ich, dass das nicht in Verbindung gebracht werden kann, weil wir schon auch sehen sollten, dass das zwei völlig verschiedene Bereiche sind, die in erster Linie dadurch verbunden sind, dass keiner von uns eine Freude damit hat, wenn Postämter geschlossen werden, wenn im ländlichen Raum Ausdünnungen erfolgen. Und ich den­ke, dass wir mit diesem FAG einen Beitrag dazu leisten, dass dieser Ausdünnung des ländlichen Raumes Einhalt geboten wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

Letztendlich, was die Erhöhung der Gesundheitsleistungen betrifft, glaube ich, dass ein durchaus moderater Kompromiss geschaffen wurde, dass zukünftige Investitionen im Gesundheitsbereich sichergestellt werden. Dass diese Investitionen auch verdient werden müssen, ist klar, wie in jedem Wirtschaftsunternehmen. Diese 300 Millionen €, die die Spitäler zukünftig mehr zur Verfügung haben, sind ein richtiger und wichtiger Beitrag für die Einsparungseffekte, die zukünftig erzielt werden können.

In Summe ist dieses FAG eine gute Basis für die innerösterreichische Stabilität und vor allem auch für die Weiterführung einer zukunftsorientierten Wachstumspolitik in unse­rem Land. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.14

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desminister Mag. Grasser. – Herr Bundesminister, bitte.

 


19.14

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Regierungskollegin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich darf eingangs vorausschicken – und all jene Auffassungen, die auch in der Debatte im Ausschuss dahin gehend zum Ausdruck gebracht worden sind, unterstreichen –, dass diese Finanzausgleichsverhandlungen besonders schwierige Verhandlungen waren.

Ich meine, dass es wirklich besonders schwierige Verhandlungen waren, denn – wenn Sie vergleichen – im Jahr 2000, als wir den Finanzausgleich, der jetzt noch in Kraft ist, 2001 bis Ende 2004, verhandelt haben, war die Ausgangsposition jene, dass wir ge­sagt haben, wir müssen das Budget in Ordnung bringen, wir müssen den Haushalt konsolidieren, wir müssen versuchen, gesamtstaatlich auf einen ausgeglichenen Haus­halt zu kommen. Das heißt, es war Sparen angesagt, es war die Ausgabenreduktion angesagt.

Jetzt haben wir über vier Jahre – der Bund, die Länder, die Städte und Gemeinden – versucht, die Ausgabendynamik zu bremsen, die Ausgaben zu reduzieren. Wenn Sie


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sich die Ausgabenquote des Bundes anschauen, dann ist zu sehen, dass es auch sehr deutlich gelungen ist, die Ausgabenquote abzusenken. Das heißt, dass in allen Ge­bietskörperschaften natürlich nach vier Jahren des Sparens und der Ausgabendämp­fung ein Druck entsteht, weil es auch dynamische Ausgabenkategorien gibt, wie zum Beispiel den Gesundheitsbereich, den Pflegebereich oder den Pensionsbereich.

Zum Zweiten haben wir, wie es Günter Stummvoll angesprochen hat, als Bundesregie­rung gesagt: Wir brauchen gerade in einer Zeit, wo die Konjunktur gedreht hat, wo der Aufschwung begonnen hat, ein deutliches Signal der Entlastung und der Kaufkraftstär­kung sowohl, was die Arbeitnehmer betrifft, als auch, was die Pensionisten betrifft, als auch, was die Wirtschaft anlangt – also 3 Milliarden € an Entlastung.

Das ist natürlich gut für die Steuerzahler, gut für die Wirtschaft, es heißt auf der ande­ren Seite aber natürlich, dass die Gebietskörperschaften am Ende des Tages von bei­den Seiten her unter Druck gekommen sind: Auf der einen Seite reduzieren wir die Einnahmen – das heißt weniger Einnahmen für die Gebietskörperschaften –, auf der anderen Seite gibt es dynamische Ausgabenkategorien. Und das hat es mit sich ge­bracht, dass es klarerweise eben sehr, sehr schwierig war, diese Finanzausgleichsver­handlungen zu führen. Daher haben wir auch mehr als zehn Runden gebraucht: Wir haben offiziell im Juli begonnen – wir hatten natürlich viele Vorgespräche bereits ge­führt – und haben dann eben bis in den November gebraucht, um diese Verhandlun­gen abzuschließen.

Ich glaube, meine Damen und Herren, dass sich das Ergebnis dieser Finanzaus­gleichsverhandlungen sehen lassen kann. Wir haben von Beginn an klargemacht, dass es darum geht, ein Gesamtpaket auszuverhandeln, weil es einfach sachlich geboten war zu sagen: Wir haben drei Teile, die miteinander in Verbindung sind, nämlich einmal den Finanzausgleich im engeren Sinn, also die Verteilung der gesamten Finanzmasse der Republik, alle Steuern und Abgaben, zum Zweiten den Stabilitätspakt als Artikel-15a-Vereinbarung, wo eine Stabilitätsorientierung gesamtstaatlich, aller Gebietskörper­schaften in ihrer Haushaltsführung dahinter steht, und zum Dritten eben auch – dan­kenswerterweise ist auch die Gesundheitsministerin heute anwesend – das Kranken­anstaltenpaket und damit die Artikel-15a-Vereinbarung, was die Krankenanstaltenfi­nanzierung und damit ausfinanzierte Gesundheitssysteme betrifft.

Das heißt, es war klar und es bestand von Beginn an Konsens darüber, dass wir ein Gesamtpaket verhandeln, das aus diesen drei wesentlichen Elementen besteht, und ich denke, dass man wirklich sagen kann: Es ist in diesen Verhandlungen ein herzeig­barer Erfolg gelungen! Dieser Erfolg bedeutet, dass wir erstens in einer Grundsatzfra­ge, die man nicht unterschätzen sollte, meine Damen und Herren – Seppi Bucher hat es zum Ausdruck gebracht: es geht um die Verteilung von 270 Milliarden € über vier Jahre –, einen Konsens erzielt haben, der über die Parteigrenzen hinaus geht. Das heißt, die Verteilung der Einnahmen – der gesamten Einnahmen der Republik – über vier Jahre außer Streit stellen zu können, das ist etwas, was durchaus für einen Grundkonsens in ganz, ganz wesentlichen Fragen spricht, der Österreich auch lange ausgezeichnet hat. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zweiter Punkt, meine Damen und Herren: Dieses Ergebnis heißt auch, dass man sich weiterhin zu soliden Staatsfinanzen bekannt hat, und zwar alle Gebietskörperschaften, dass also die Länder, die Städte, die Gemeinden und der Bund gemeinsam gesagt haben: Wir bekennen uns dazu, eine stabilitätsorientierte Finanzpolitik zu betreiben, damit der Bevölkerung auch Sicherheit zu geben, weitgehend ausfinanzierte Gesund­heitssysteme – sowohl Krankenanstalten als auch Sozialversicherungen – zustande zu bringen und damit in Summe ein ganz wichtiges Signal der Stabilität an die Bevölke­rung zu geben. – Das ist mit diesem Finanzausgleich ebenfalls gelungen.


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Daher danke ich den Finanzausgleichs-Partnern, den Landeshauptleuten, den Finanz­referenten, vor allem dem Kernteam, mit dem wir verhandelt haben: Sepp Rieder für das den Vorsitz führende Land Wien, Sepp Pühringer für Oberösterreich, Herbert Sausgruber für Vorarlberg, Karl Pfeifenberger für Kärnten, dem Städtebund und dem Gemeindebund, weil ich meine, dass das wirklich über die Parteigrenzen hinweg am Staatsganzen, am Staatswohl orientierte Verhandlungen waren und das Ergebnis auch für dieses Staatsganze spricht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Kurz reflektiert nochmals die Ergebnisse im Detail: Ich den­ke eben, dass es wirklich ein großer Erfolg ist, wenn man es geschafft hat, dieses Ziel einer stabilitätsorientierten Finanzpolitik zu erreichen, einer Finanzpolitik, zu der wir im Jahr 2000 gesagt haben: Wir wollen eine Wende bei den Staatsfinanzen, wir wollen zu gesamtstaatlich ausgeglichenen Haushalten kommen!, und wo man damals erstmals seit 30 Jahren in Österreich gesagt hat: Wir schreiben dieses Ziel fest!

Alle Gebietskörperschaften, über die Parteigrenzen hinweg, haben damals auch ge­sagt, wir stehen dazu, wir versuchen ein Nulldefizit und einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen. Und alle Gebietskörperschaften haben mit dem Stabilitätspakt, der da­mals gemeinsam verhandelt und geschlossen wurde, dieses Ergebnis im Jahr 2001 erstmals mit einem Überschuss auch erreicht, im Jahr 2002 knapp mit einem ausgegli­chenen Haushalt.

Genau das, meine Damen und Herren, ist auch jetzt wieder gelungen! Viele haben gemeint, das sei nicht möglich, aber auch jetzt haben wir es geschafft, mit den Län­dern, mit den Städten und Gemeinden einen Stabilitätspakt gemeinsam auszuverhan­deln, der eine Fortschreibung des Stabilitätspaktes von 2001 ist. Unser Ziel ist, im Jahr 2008 wieder ein Nulldefizit, einen ausgeglichenen Haushalt zu schaffen.

Ich meine, dass es wichtig ist, wenn jenseits der parteipolitischen Debatte alle Gebiets­körperschaften, darunter die drei Fraktionen – die Grünen sind hier leider noch nicht dabei, aber ich hoffe, auch dieser Ruck kommt einmal –, sagen, wir machen eine Fi­nanzpolitik, die an der Generationengerechtigkeit orientiert ist. Damit kommt es auch 2008 zu einem ausgeglichenen Haushalt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zweiter Punkt: das Gesundheitswesen. Wir – Maria Rauch-Kallat, Alfred Finz, meine Person – haben hier in guter Arbeitsteilung mit den Ländern, mit den Städten und Ge­meinden versucht, einerseits ein Paket für die Krankenanstalten zu verhandeln, um deren Ausfinanzierung sicherzustellen, andererseits aber natürlich auch die wichtigen Krankenversicherungen, die Sozialversicherungen mit in dieses Paket aufzunehmen.

Ich glaube, dass jeder, der die Debatten danach und rund um dieses Gesundheitspa­ket verfolgt hat, erkannt hat, dass es sich in dieser Frage niemand leicht gemacht hat. Es war uns extrem wichtig, nicht nur das Signal zu geben, dass man Einnahmenerhö­hungen vornimmt und damit den leichten Weg geht, sondern dass man auch gesagt hat, jeder Euro, der auf der einen Seite an zusätzlichen Einnahmen abverlangt wird, soll auf der anderen Seite eben auch von Ausgabenreduktionen begleitet sein; 1 € Mehreinnahmen sind auch 1 € Minderausgaben.

Beim Paket, das Maria Rauch-Kallat verhandelt hat, ist, denke ich, tatsächlich ein sehr substantielles Paket an Ausgabenreduktionen herausgekommen. Die 15a-Vereinba­rung, die das Gesundheitsministerium vorbereitet und vorgelegt hat, hat auch im Aus­schuss die Einstimmigkeit gefunden. Daher meine ich, dass das ein wesentlicher Erfolg ist, was die Strukturmaßnahmen betrifft. Ich bin auch der Überzeugung, meine Damen und Herren, dass wir auf der Einnahmenseite einen sehr maßvollen Weg gefunden haben.


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Da hier der Eindruck zu erwecken versucht wurde, Selbstbehalte, das gehe so nicht, das wäre nicht ganz sozial: Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir, dass ich Fol­gendes sage: Ich habe, bevor ich hierher gefahren bin, noch mit der Servicestelle des Magistrats Wien telefoniert. Ich weiß schon, die Dinge sind nicht immer leicht ver­gleichbar. Aber wenn man in Wien für einen Kindergartenplatz im Monat 260 € quasi als Selbstbehalt, als Eigenleistung bezahlt, dann muss ich Ihnen sagen, dieses Paket ist wirklich ein Paket mit Augenmaß, das die Ausfinanzierung der Sozialversicherung und der Krankenanstalten weitgehend sicherstellt, damit eine gute Investition in die Gesundheit der Patienten und damit auch ein Paket, das man gemeinsam verantwor­ten können sollte. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Bucher.)

Ich glaube, dass wichtige Fragen von Maria Rauch-Kallat angegangen worden sind. Ich möchte nur einige Punkte, die wir auch im Ausschuss diskutiert haben, stichwortar­tig ansprechen, an denen man sieht, dass wir – und deswegen ist dieses Strukturpaket so wichtig, dass man diese Themen auch angeht – schon eine Menge ganz wichtiger offener Fragen und Probleme haben, die man gerade im Spitalswesen angehen muss.

Meine Damen und Herren! Anhand von Daten des Hauptverbandes darf ich hier einige Beispiele geben. Wir hatten im Jahr 2003 in Österreich eine Bettenauslastung von 76,6 Prozent. Das heißt anders gesagt: Jedes vierte Spitalsbett steht zurzeit leer.

Wenn man gleichzeitig weiß, dass zum Beispiel im orthopädischen Bereich Wartezei­ten auf eine Hüftoperation von sechs bis neun Monaten bestehen, dann zeigt das, dass in der Organisation offensichtlich sehr deutliche Verbesserungen notwendig sind. Da diese Debatten von uns allen auch in den Ländern geführt werden und man gleichzeitig weiß, wie schwierig Veränderungen bei den Krankenanstalten sind, dann meine ich, dass wir am Ende des Tages über Qualität reden.

In der Operationsgruppe Wirbelsäule/Rückenmark sind im letzten Jahr 17 499 Opera­tionen durchgeführt worden. In 32 Krankenhäusern lag dabei die Frequenz bei unter zehn Operationen pro Jahr, in 14 davon hat es nur eine Operation in dieser Gruppe Wirbelsäule/Rückenmark pro Jahr gegeben. Ich bin mir sicher, dass sich niemand von uns in eines dieser Krankenhäuser legen will, denn das ist eine Frage der Qualität. (Abg. Dr. Matznetter: Nein! Das haben Sie falsch verstanden!) Ich denke, dass es Sinn macht, dass man hier über Schwerpunktsetzungen diskutiert und sagt, die Quali­tät und die Gesundheit unserer Patienten haben für uns oberste Priorität. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Letztes Beispiel, das ich Ihnen im Gesundheitsbereich geben will. Ich glaube, es be­steht wahrscheinlich einhelliger Konsens darüber, dass wir wollen, dass das Geld, das eingesetzt wird, zu den Patienten kommt, dass es tatsächlich der Gesundheit dient. Wir haben uns die Personalkosten heraussuchen lassen, also ausschließlich den Verwal­tungsanteil, der bei den Krankenanstalten pro Patient im Jahr 2002 eingesetzt wurde. Das waren 150,22 € pro Patient an reinen Verwaltungskosten.

Wir hatten demgegenüber im Jahr 2003 in der Krankenversicherung Verwaltungskos­ten pro Versicherten von etwa 60 € – also 60 € einerseits, 150 € andererseits –, wobei man einfach klar sagen muss, es ist eine gemeinsame Aufgabe, dass wir uns das, was wir im Gesundheitsbereich bei den Sozialversicherungen an Reduktion der Verwal­tungskosten – und auch da ist noch Spielraum vorhanden – geschafft haben, auch bei den Krankenanstalten zur Zielsetzung machen, weil es wichtig ist, dass das Geld effi­zient eingesetzt wird und dass das Geld tatsächlich zu den Patienten kommt.

Meine Damen und Herren! Drittes Beispiel, wo wir beim Finanzausgleich eine Struktur­veränderung geschafft haben: die Landeslehrer. Das ist ein Thema, das zurzeit mit der PISA-Studie natürlich omnipräsent ist. Ich glaube, dass wir auch hier die Probleme, die wir sehen und die auch die Finanzausgleichspartner gesehen haben, in Angriff ge-


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nommen haben. Es ist das Thema sonderpädagogischer Förderbedarf, vor allem in den Ballungszentren, aufgetaucht. Weiters kam das Thema kleinere Schulen, vor allem in den ländlichen Regionen, zur Sprache.

Wir haben, damit wir hier ein Signal geben, von Bundesseite gesagt, wir wollen diese Strukturen erhalten, wir wollen den sonderpädagogischen Förderbedarf auch aufgrei­fen. Der Bund stellt daher jährlich 12 Millionen €, 2005, 2006 und – nach einer Evaluie­rung – auch 2007 und 2008, zur Verfügung.

Viertes Beispiel: Der abgestufte Bevölkerungsschlüssel ist schon angesprochen wor­den. Meine Damen und Herren! Wir haben mit Alfred Finz, mit den anderen Finanz­ausgleichspartnern, vor allem mit Jakob Auer und Fritz Grillitsch, und mit anderen, die hier sehr engagiert waren, auch über die Fraktionen hinweg, das Signal des Hohen Hauses, auch der Sozialdemokratie verstanden, dass man gesagt hat, wir wollen und es ist uns ein Anliegen, dass man die kleinen Gemeinden in ihrer Finanzkraft entspre­chend stärken soll.

Herr Abgeordneter Kogler hat es angesprochen: Wir haben hier ein grundsätzliches Modell vorgelegt, das noch viel stärker die kleinen Gemeinden, die finanzschwachen Gemeinden berücksichtigt hätte. Ich denke aber, dass ein Finanzausgleich und damit ein Konsens zwischen Ländern, Städtebund, Gemeindebund und Bund immer ein Kompromiss sein muss und dass es hier schon einen wesentlichen Fortschritt gibt, indem wir beim abgestuften Bevölkerungsschlüssel einen Einstieg in eine Veränderung zustande gebracht haben, etwas, was es über Jahrzehnte nicht gegeben hat.

Meine Damen und Herren, Sie alle kennen die Diskussion, wie sie in den Gemeinden geführt wird, dass es einfach ungerecht ist, wenn der Bürger in der Gemeinde A finan­ziell anders behandelt wird als der Bürger in der Gemeinde B. Wir schaffen es, in der untersten Stufe, in der vierten Stufe des abgestuften Bevölkerungsschlüssels etwas zu verändern.

Ich habe Ihnen drei Beispiele mitgebracht, an denen man sieht, dass sich das auch deutlich auswirkt, und zwar quer über die verschiedenen Gebietskörperschaften:

Eine Statutarstadt, zum Beispiel Wiener Neustadt: 37 626 Einwohner erfahren durch den Konsens, den wir ausverhandelt haben, eine substantielle Stärkung ihrer Finanz­kraft von 4 Millionen €.

Kleine Gemeinde, Bartholomäberg in Vorarlberg: 2 232 Einwohner erfahren eine Stär­kung ihrer Finanzkraft von 62 000 €.

Eine noch kleinere Gemeinde, Zell in Kärnten: 703 Einwohner erfahren eine Stärkung ihrer Finanzkraft von 16 000 €.

Ich glaube, dass man hier auf allen Seiten schon erkennt, dass da einmal eine positive Veränderung gelungen ist. Wir haben die Finanzschwachen gestärkt. Ich sage dazu: Wir hätten von Bundesseite gerne – und haben auch ein solches Modell vorgeschla­gen – die Finanzschwachen und die Kleinen noch stärker in den Vordergrund gerückt, konnten darüber aber mit den anderen Partnern keinen Konsens erzielen. (Abg. Dr. Matznetter: Sie müssen den Steuerausfall reduzieren!)

Im Kompromisswege, denke ich, ist hier ein guter Einstieg in eine Veränderung des abgestuften Bevölkerungsschlüssels gelungen. Ich danke allen, die mit am Tisch ge­sessen sind, und sage für den Bund, ich halte uns zugute, dass wir es mit 100 Mil­lionen €, die wir zusätzlich zur Verfügung stellen, auch ermöglicht haben, dass es diesen Einstieg in eine Veränderung des abgestuften Bevölkerungsschlüssels und damit ein Mehr für kleine finanzschwache Gemeinden gibt. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Bucher.)


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Nächster Punkt, den ich hier ansprechen will. Wir haben auch an die Länder 100 Millio­nen € mehr gegeben, damit eine Stärkung ihrer Finanzkraft diese Einnahmenreduktion in Anbetracht der Steuerreform ausgleichen kann.

Wir haben – auch das wurde angesprochen – schon einen wesentlichen Fortschritt, was das Klima, was die Atmosphäre eines Finanzausgleiches betrifft, geschafft, näm­lich mit diesem einheitlichen Schlüssel über alle gemeinschaftlichen Bundesabgaben.

Sie erinnern sich daran, dass es ja mehrfach Vorwürfe gegeben hat, wobei vor allem die Länder gesagt haben, ihr erhöht jene Steuern, die dem Bund Einnahmen bringen, und ihr senkt jene Steuern, die auch uns etwas kosten. Wir haben es jetzt geschafft, einen Schlüssel über fast alle gemeinschaftlichen Bundesabgaben zu legen. Das ist eine Frage der Fairness und des Umgangs von Finanzausgleichspartnern untereinan­der. Und das ist eine Frage der Transparenz sowie der Verwaltungsvereinfachung. Daher denke ich, dass auch das ein wesentlicher Erfolg ist.

Letzter Punkt. Wir haben uns mit Alfred Finz und mit den Finanzausgleichspartnern vorgenommen, dass wir die nächste Etappe der Verwaltungsreform beginnen wollen. Wir haben auch im Ausschuss darüber diskutiert, wo wir noch Effizienzpotentiale se­hen. Wir haben ja bereits in der letzten Legislaturperiode mit den Ländern, Städten und Gemeinden eine Runde gedreht. Wir werden also im nächsten Jahr damit beginnen, diese nächste Runde der Verwaltungsreform zu eröffnen, weil ich meine, es ist das Recht der Bevölkerung, dass wir die Kosten für Bürokratie und Verwaltung reduzieren und damit Steuergeld dort einsparen, wo es nicht besonders effizient eingesetzt wird. Das wird das Ziel unserer neuen Verwaltungsreformrunde sein.

Abschließend, meine Damen und Herren: Ich weiß natürlich, dass mit dem Finanzaus­gleich, mit dem Stabilitätspakt, mit der Krankenanstaltenfinanzierung nicht alles gelöst ist. Das kann bei einem solch großen Paket, bei dem man 270 Milliarden € verteilt, nicht gehen. Ich weiß daher natürlich auch, dass es Argumente dagegen gibt.

Herr Abgeordneter Kogler hat im Ausschuss gefragt: Legt man Wert auf die Zustim­mung der Grünen? Ich habe gesagt: Wir würden natürlich Wert darauf legen, dass auch die Grünen zustimmen. Ich bedauere auf der einen Seite, dass es offensichtlich nicht möglich war, dass Sie diesem Paket Ihre Zustimmung geben, sage auf der ande­ren Seite dazu, wenn man es offen ausspricht, glaube ich schon, dass man sagen kann, dort, wo man keine Verantwortung trägt, kann man natürlich leichter dagegen sein. Wenn Sie mit in Regierungsverantwortung, ob in den Ländern, Städten oder Ge­meinden, stärker eingebunden am Tisch säßen, so glaube ich, dass Sie einem solchen Gesamtergebnis wahrscheinlich auch, dem Gebote der Sachlichkeit und des Staats­ganzen folgend, Ihre Zustimmung gegeben hätten.

Was die Sozialdemokratie betrifft, danke ich ihr einerseits für die Zustimmung zum Fi­nanzausgleich, weil ich das durchaus nicht als selbstverständlich erachte. Wenn ich an die letzten Jahre zurückdenke, wie stark man unsere Finanzpolitik kritisiert hat, wie stark man unsere Budgetpolitik kritisiert hat, dass man kein gutes Wort an dieser Fi­nanzpolitik gelassen hat, und jetzt in einer Grundsatzfrage, quasi in einem Hauptwerk der Finanzpolitik, nämlich bei der Verteilung der gesamten Einnahmen und Ausgaben der Republik, 270 Milliarden € über vier Jahre, sagt, dem stimmen wir zu, dann ist das durchaus ein Signal, bei dem man sieht, dass es eine Grundverantwortung gibt, die ich auch anerkennen will, für die ich danken will, wo man aber auch sieht, offensichtlich sagt auch die Sozialdemokratie, dass man in so wichtigen Fragen der Bundesregie­rung und der Finanzpolitik schon attestieren muss, dass man hier einen guten Weg für Österreich im Sinne des Staatswohls und des Staatsganzen eingeschlagen hat. Dafür danke ich, meine Damen und Herren von der SPÖ. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Dr. Partik-Pablé.)


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Andererseits möchte ich das auch in dieses Licht stellen – Günter Stummvoll hat es gesagt –: Zickzack. Das ist etwas, was ich bedauere und wofür ich gleichermaßen Dank ausspreche. Ich verstehe es nicht ganz, dass man einen Weg geht, wo man ja zum Finanzausgleich, aber nein zum Stabilitätspakt und nein zum Gesundheitspaket sagt. Meine Damen und Herren! Es ist sehr klar, dass das ein ganzes Paket ist. Das ist so ähnlich, wie wenn die rechte Hand einen Vertrag unterschreibt und die linke sagt: Nein, tu es doch nicht! Man zerreißt somit ein Gesamtpaket in seiner Zustimmung und Ablehnung, wobei ich den Eindruck habe, dass man halt unbedingt versucht hat, noch irgendetwas darzustellen, wo man dann sagen kann, wir können nicht für das Ganze sein. Oder man sagt: Der Bundesregierung kann man da nicht so einen Erfolg lassen, irgendetwas müssen wir finden, wogegen wir dann stimmen können.

Rein sachlich, meine Damen und Herren von der SPÖ, wenn Sie das selbst Revue passieren lassen: Im Jahr 2001 haben Sie dem Stabilitätspakt zugestimmt. Der jetzige Stabilitätspakt ist nichts anderes als die Fortschreibung des Stabilitätspaktes von 2001. Jetzt sagen Sie aber nein. (Abg. Mag. Gaßner: Leicht verschärft!) – Nicht leicht ver­schärft, sogar abgeschwächt. Vorher hatten wir 0,75 Prozent Überschuss, jetzt haben wir 0,6, und dann erreichen wir schön langsam 0,75 Prozent.

Sie schreiben in Ihr Wirtschaftsprogramm, wenn es Gültigkeit hat, im Grundsatz ein Ja zu einem ausgeglichenen Haushalt hinein. Unser Stabilitätspakt sagt genau das, näm­lich ausgeglichener Haushalt 2008, und Sie sagen trotzdem nein dazu. (Abg. Dr. Matz­netter: Was haben Sie denn einkalkuliert?)

Daher meine ich, dass man, wenn man in dieser Frage an Sachlichkeit, an Seriosität interessiert ist, sagen muss: Dieses Gesamtpaket – Finanzausgleich, Stabilitätspakt und Krankenanstaltenfinanzierung – ist zwar nicht das Beste, was man als Einzelner ausverhandeln konnte, aber es ist das Beste, was man mit allen Gebietskörperschaf­ten – mit den Ländern, den Städten und den Gemeinden – über die Parteigrenzen hin­weg erreichen konnte. Es hat wesentliche Strukturelemente, es steht für stabilitätsori­entierte Staatsfinanzen, es steht für weitgehend ausfinanzierte Gesundheitssysteme. Damit gibt es eine Sicherheit und eine Stabilität und wird gezeigt, dass man im Sinne des Staatsganzen wieder einen guten Weg des Kompromisses und des Konsenses mit allen Partnern des Finanzausgleiches gehen konnte.

Nochmals danke an alle Partner, danke Ihnen für die Zustimmung zu diesem Paket und die Annahme desselben. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitli­chen.)

19.35

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Mag. Hoscher. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.36

Abgeordneter Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! In aller gebotenen Sachlichkeit, obwohl es in drei Minuten kaum möglich ist, auf all das zu antworten: Der Herr Bundesminister hat gemeint, Vergleiche seien immer problematisch. Ich gebe ihm beim Kindergartenvergleich, was Wien betrifft, vollkommen Recht. Dieser sein Ver­gleich war nicht nur problematisch, sondern in der vergleichenden Sache schlichtweg falsch, weil der Kindergartenbeitrag in Wien einkommensabhängig ist und sich daher wesentlich von Ihren Selbstbehalten unterscheidet, die ja alle in gleichem Ausmaß tref­fen. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesminister Mag. Grasser: Unsere sind eh einkom­mensabhängig!) – Das sehen wir anders.


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Ich glaube, dass der Stabilitätspakt – diesen haben Sie ja ausführlich erwähnt; es ist richtig, diesem stimmen wir nicht zu –, in Kombination gesehen etwa mit der Steuerre­form beziehungsweise in Kombination gesehen mit dem Budget 2005 und auch mit den bisher bekannt gewordenen Plänen für das Budget 2006, eines offenbart und ziemlich deutlich macht, nämlich das offene Bekenntnis der Bundesregierung zu einer Klientelpolitik auf Kosten anderer – in diesem Fall auf Kosten der Länder und der Ge­meinden. Wenn wir das in Korrelation zum Stabilitätsbeitrag der Länder zwischen 0,6 und 0,75 Prozent des Bruttoinlandsproduktes und zur gegenwärtigen Wirtschaftspolitik der Bundesregierung setzen, so wird das vor allem im Bereich der öffentlichen Investi­tionen zu einem weiteren Rückgang führen, der letztendlich ohnehin fast nur mehr von den Ländern und Gemeinden getragen wird, insbesondere von Wien.

Diesbezüglich haben wir ohnehin bereits einen Tiefpunkt mit rund 50 Prozent des Durchschnitts der Europäischen Union erreicht. Das heißt, dass diese neoliberale Ab­wärtsspirale einmal mehr fortgesetzt wird. Auch das ist ein Grund dafür, warum wir uns dem Stabilitätspakt in dieser Form nicht anschließen können.

Dort, wo wir uns allerdings anschließen können – das wurde bereits erwähnt –, das ist der Finanzausgleich. Jetzt nur zu einem zentralen Punkt dieses Finanzausgleiches – es wurde bereits vom Kollegen Kogler angesprochen –, der Wohnbauförderung. Es ist ein Verdienst der Länder, dass die Höhe der Wohnbauförderung unverändert mit 1,8 Milliarden € festgeschrieben wurde, nachdem ja im Vorfeld insbesondere von Sei­ten des Finanzministeriums diese Wohnbauförderung heftig in Frage gestellt wurde, wobei, das gebe ich gerne zu, das natürlich zum „Spiel“ des Finanzausgleichs dazuge­hört.

Es wird aber oft negiert, dass diese Wohnbauförderung nicht nur ein wesentliches In­strument der Sozialpolitik ist, auch wenn die soziale Treffsicherheit immer wieder eva­luiert werden muss – das gebe ich gerne zu –, sondern dass ohne Wohnbauförderung der Markt unweigerlich zu einer Unterversorgung und unweigerlich zu zu hohen Mieten führen würde – also zu einem klassischen Marktversagen bei einem meritorischen Gut, nämlich dem Gut Wohnen.

Darüber hinaus ist die Wohnbauförderung allerdings auch ein wesentliches Steue­rungsinstrument, was etwa die Integrationspolitik, was die Wirtschaftspolitik, was die Raumordnung und was insbesondere auch die Umweltpolitik angeht. Damit sind wir beim Punkt der thermischen Sanierung, für die ja eine Zweckwidmung in Aussicht ge­nommen wurde, aber – Kollege Kogler hat es bereits erwähnt – ohne Sanktionsme­chanismus, das heißt in Wirklichkeit ohne Zähne. Das ist jetzt keinerlei Kritik am Fi­nanzministerium und am Finanzminister, sondern ein Appell an die Länder, nämlich im nächsten Schritt – den ersten Schritt sind wir mit der Festschreibung der Höhe bereits gegangen – wirklich zu einer Zweckwidmung der gesamten Wohnbauförderung für den Wohnbau, das Wohnumfeld und die Sanierung zu kommen.

Ich denke, dass das unbedingt notwendig ist. Und ich möchte von der unseligen Über­schrift dieses Artikels, die Kollege Kogler bereits erwähnt hat, gerne wieder wegkom­men. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.39

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Auer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

 


19.39

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Frau Präsident! Frau Bundesminister! Herr Bun­desminister! Meine Damen und Herren! Ich schicke voraus, dass der Herr Finanzminis­ter wirklich guten Willens war, für einen Finanzausgleich zu sorgen, bei dem mehr Ge-


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rechtigkeit für die finanzschwachen Gemeinden gegeben war. Dafür möchte ich mich bedanken, auch bei seinen Beamten, die in hervorragender Art und Weise ein Modell erarbeitet hatten, welches vor allem für die finanzschwächeren Gemeinden etwas mehr Gerechtigkeit aufgewiesen hätte. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

Nach diesem Modell hätten in Oberösterreich von 455 Gemeinden 433 einen Vorteil gehabt und 22 Gemeinden einen Verlust hinnehmen müssen. Und, meine Damen und Herren, es ist schon interessant: Dieser vermeintliche Verlust hätte rund 30 € bis 40 € betragen. Es wäre daher für die Gewinnergemeinden, wenn ich es so sagen darf, nicht der Reichtum ausgebrochen, und bei den Verlierergemeinden hätte – und zwar immer dann gerechnet, wenn der Herr Bundesminister damals noch nicht die 100 Millionen € zur Verfügung gestellt hätte – auch nicht die Armut Einzug gehalten.

Ich bringe Ihnen ein kleines Beispiel: Hier herinnen sitzt Kollege Prinz aus der Ge­meinde St. Nikola. Er ist jener Bürgermeister, der vor kurzem in der Sendung „Hohes Haus“ mit seiner hervorragenden Asylunterbringung in einem sehr guten Bericht, wie ich meine, gut dargestellt worden ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Kollege Prinz hat eine eigene Steuerkraft von „sagenhaften“ 52 € pro Einwohner in St. Nikola. Die Stadt Linz hat eine eigene Steuerkraft von 580 € pro Einwohner. Nun hätte diese Stadt Linz eventuell 30 € verloren, und Kollege Prinz hätte vielleicht 40 € gewonnen. Dann wäre der Unterschied zwischen den beiden Kommunen nicht mehr die elffache eigene Steuerkraft gewesen, sondern nur mehr die zehnfache. Das war offensichtlich für bestimmte Finanzausgleichsverhandler eine unmögliche Sache. – So viel zur Gerechtigkeit.

Jetzt möchte man meinen, durch den Finanzausgleich, wie dieses Gesetz genannt wird, käme dann der tatsächliche Ausgleich und es würde daher aus den Ertragsantei­len verstärkt für diese schwache Gemeinde etwas dazukommen. Mitnichten! Trotzdem kommt aus den Ertragsanteilen fast die doppelte Summe pro Einwohner wiederum der großen Kommune zugute verglichen mit der kleinen, finanzschwachen.

Jetzt wissen wir alle, dass größere Gemeinden oder Städte durchaus andere Aufgaben zu erfüllen haben, das ist unbestritten, aber ob so eklatant die Unterschiede fest- be­ziehungsweise fortzuschreiben sind, wage ich zu bezweifeln.

Meine Damen und Herren! Ich sage daher ganz offen: Ich danke dem Herrn Finanzmi­nister, bedauere aber, dass die übrigen Verhandler nicht bereit waren, auf diese Aspekte deutlicher einzugehen. Daher bitte ich dringend um eines: Erstens – und das fordere ich tatsächlich –, dass in Hinkunft das Parlament wesentlich früher in die Ver­handlungen mit eingebunden wird. Es kann nicht sein, dass über 270 Milliarden € ent­schieden wird und wir ohne Einflussnahme mit dem Kopf nicken. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ und der Grünen.)

Es hilft uns gar nichts, wenn im Finanz- oder Budgetausschuss – vor vier Jahren wurde der Finanzausgleich im Budgetausschuss verhandelt, dieses Mal im Finanzaus­schuss – dann sozusagen noch Weihrauch geschwungen wird oder die heißen Kohlen aufgelegt werden, aber wir keinen Einfluss haben. Ich verlange klipp und klar, dass in Zukunft das Parlament bei einer derartig wichtigen und umfangreichen Entscheidung deutlich früher mit eingebunden wird und entscheidend Einfluss üben kann, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich sage auch ganz offen: Ich hätte mir auch gewünscht, dass der § 21 verändert wird, damit das Gießkannenprinzip beseitigt wird. Vielleicht haben wir tatsächlich auch sel­ber etwas zu tun. Ich lade alle Fraktionen ein: Setzen wir uns im nächsten Jahr einmal zusammen und stellen wir Überlegungen darüber an, welches Modell es gäbe, das


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gerechter, entscheidender und zukunftsweisender sein könnte als jenes, das da der Gemeinde- und der Städtebund verhandelt haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.)

Wissen Sie, es wird sehr oft der ländliche Raum beschworen – und für die finanz­schwachen Gemeinden sind die Veränderungen zum Teil dramatisch –, wo es kein Kaufgeschäft, keine Veranstaltungsmöglichkeit, keine Tankstelle und keine Post mehr gibt und wo viele andere Bereiche nicht mehr gegeben sind. Wenn in diesen Gemein­den mit Müh und Not, unter Aufbietung aller Kräfte eine derartige Einrichtung zu finan­zieren ist, wird man zwar meistens vom eigenen Bundesland unterstützt, aber in den größeren Städten geben sich die anderen Bewerber sozusagen die Klinke in die Hand, und zwar ohne Kosten für die Kommunen, während die kleinen, finanzschwachen Ge­meinden dies selber zu berappen haben. Das kann es auf Dauer nicht geben!

Trotzdem, Herr Bundesminister: Es ist ein Finanzausgleich, der unter den Aspekten, die gegeben waren, nämlich die Budgetsicherheit und die Notwendigkeit, das gesamte Stabilitätsprogramm in Ordnung zu halten, noch vertretbar ist. Ihnen danke ich für die Bereitschaft, hier etwas besser für die kleineren Gemeinden gesorgt zu haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

19.45

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Dr. Grünewald. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

 


19.45

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Herr Bundesfinanzminister! Hohes Haus! Ich möchte direkt an die Ausführungen des Kollegen Auer anschließen, dessen Rede sehr differenziert und sehr kritisch war. Mir ist natürlich schon klar, dass die Verteilung von 63 Milliarden € zwischen Bund, Ländern und Gemeinden keine einfache Sache ist, und da ist es auch leichter, von großen Paketen zu sprechen. Es sind auch große Summen. Auch wenn Advent ist, nicht in jedem Paket ist das drinnen, was sich alle wünschen. Also man kann bei so manchem, wenn man es öffnet, auch enttäuscht sein.

Dass man bei den Finanzausgleichsverhandlungen von einer jahrelangen gepflegten guten Praxis spricht, scheint mir in Anbetracht nicht nur dieser Wortmeldung nicht hun­dertprozentig zutreffend zu sein. Sie wissen, es sind Verhandlungen, und da kommen Kompromisse heraus, da entstehen notgedrungen Seilschaften unterschiedlicher Qua­lität, und es resultiert aus dem Spruch „Eine Hand wäscht die andere“ nicht immer Sauberkeit, wie ich mir sie wünsche. Das muss man festhalten! Auch die vielzitierte und strapazierte eingeforderte Handschlagqualität hängt nicht davon ab, wie stark ich jemandem die Hand drücke, sondern davon, was da abgetauscht wird. Da sollten wir, glaube ich, schon ein bissel fast kriminalistisch beobachten, was der Tauschhandel war.

Mich irritiert einfach, wenn so ganz wichtige, große Reformvorhaben wie die Gesund­heitsreform – und da dreht es sich auch nicht um wenig Geld – ausschließlich und in­tensiv und nicht immer zum Vorteil der Reform mit den Finanzausgleichsverhandlun­gen verknüpft werden. Was resultiert daraus? Gibt es da zwei Gewinner? Gibt es nur einen Gewinner? Oder sind die Kompromisse so, dass vielfach Rauch-Kallat verloren hat und vielfach auch die Länder? Der Bund nicht, der verliert ja immer bei diesen Ver­handlungen, vor allem im Gesundheitswesen. Aber wir kommen nicht zum Kern der Sache, wenn Gesetzesmaterien aus unterschiedlichsten Themenbereichen so ver­quickt werden, dass sie kaum mehr lesbar und auch kaum mehr überblickbar sind. Ich möchte ein bisschen etwas über die Gesundheitsreform sagen.


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Wer nämlich wirklich nicht unmittelbar profitiert, das sind die Patientinnen und Patien­ten, weil der gut Teil dieser 300 Millionen €, die im Finanzausgleich gewonnen werden sollen und von welchen die Hälfte den Ländern und Gemeinden zugute kommt, von Patientinnen und Patienten finanziert wird, nämlich knapp über 70 Prozent, sofern ich das richtig ausgerechnet habe. Das ist schon relativ viel Geld.

Wenn Sie nur ganz kurz in die Präambel der 15a-Vereinbarungen hineinschauen, da können Sie dort etwas ganz Lustiges lesen. Es ist vielleicht ein redaktioneller Fehler. Da steht – ich zitiere –: Eine hochstehende medizinische Versorgung für alle Bürgerin­nen und bürgerunabhängig ist vorrangiges Ziel dieses Paketes.

„Bürgerunabhängig“ ist ein Wort! Gesundheitsleistungen „bürgerunabhängig“ an Frau und Mann zu bringen ist, finde ich, wirklich eine „spannende“, neue Vision der nachhal­tigen Gesundheitspolitik!

Jetzt kommen aber die Parlamentarier sehr stark in Zugzwang. Wenn sie vor vollende­te Tatsachen dieses Paktes gestellt werden, was sollen sie dann tun? Es ist entweder eine Double-bind-Situation oder, wenn Sie es hören wollen, auch eine Doppelmühle. Ihre Parteikollegen haben dort ja oder nein gesagt. Wie verhalten sich die anderen ParteikollegInnen jetzt hier? Wir haben es ja vorexerziert bekommen.

Das finde ich unfair, denn was bleibt wirklich abseits? – Es ist der Parlamentarismus, der da nicht mehr viel zu melden hat, außer, einen freundlichen Diener zu machen und zu sagen: Danke, das war’s!

Ohne dass ich mir jetzt sehr viel darauf einbilde, Abgeordneter zu sein – man braucht sich darauf auch nicht so viel einzubilden –, finde ich es nicht gut, wenn wir uns damit abfinden, und da bitte ich, einmal darüber nachzudenken.

Was Karl-Heinz Grasser als Bundesminister zur Gesundheit sagt, das ist durchaus zutreffend, allerdings überhaupt nicht neu, und ich hätte schon ganz gerne eine Erklä­rung, wie gut dieser Pakt wirklich ist, wenn der Kompetenzbereich der Länder – und das sind die Krankenanstalten – jetzt vom Bund quersubventioniert wird.

Die Länder haben die Kompetenz über diesen Bereich und auch die Kompetenz zur Verantwortung für diese Defizite, und sie bekommen jetzt gleichzeitig Geld, wo es heißt, dass es anderswo eingespart werden muss. Ich nehme nicht an, dass Sie das den Ländern wieder wegnehmen werden, sondern jemand anderem, und da braucht man nicht viel Phantasie zu haben, um zu wissen, wer das sein wird. Das werden dann vielleicht wirklich die Gemeinden sein, die wahrscheinlich in diesem Spiel überhaupt zu kurz kommen.

Wenn Patientinnen und Patienten mit 210 Millionen € belastet werden und das mit der Gesundheitsreform verquickt wird, dann gerät einiges aus dem Ruder, und ich frage mich – denn es sind alle Kranken betroffen –, warum man nicht die Idee einer weiteren Öffnung der Höchstbeitragsgrenze nach oben ins Auge gefasst hat, weil nur die ... (Zwischenruf des Abg. Neudeck.) Das nicht! Das ist eine ganz einfache Frage. Davon wären zehn Prozent der Bevölkerung betroffen, und zwar die wohlhabendsten zehn Prozent, deren Beiträge bei Einkommen über 3 450 € letztlich de facto prozentuell an ihren Löhnen und Gehältern abnehmen. Da kann man einiges herausholen und einiges ins Gesundheitssystem stecken, ohne dass sozusagen Kranke wiederum bestraft wer­den.

Ich halte leider die Frau Bundesministerin Rauch-Kallat für eine der VerliererInnen – ich bleibe im Plural – der Verhandlungen, denn sie hat nur wenig gewinnen können, und das ist relativ vage und noch unverbindlich geblieben. Einige Ziele der Gesund­heitsreform, die vorher noch Gegenstand von Diskussionen mit uns und anderen wa­ren, sind zunehmend in der Debatte verwässert oder nahezu aus den Augen verloren


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worden. Ich finde das schade. Daher werden wir auch nicht zustimmen, weil diese Bei­träge von 300 Millionen € nicht nachhaltig die Kassen sanieren, keinerlei Stärkung oder kaum eine Stärkung der notwendigen Bundeskompetenzen bewirken und auch das, was man beseitigen wollte – man sprach von der Vereinheitlichung der Finanzierungs­töpfe, der Glättung der Schnittstellen zu Nahtstellen und wie diese hehren und gut ge­meinten Sprüche alle hießen –, eigentlich eher ratifizieren als auf eine Schiene brin­gen, die wirklich positive Veränderung heißt.

Wenn – und damit nähere ich mich meinem Schlusssatz – im Österreich-Konvent über Gesundheitspolitik und Föderalismus debattiert wird und dort das Resümee lautet: Es gibt Kompetenzen im Gesundheitsbereich, da ist der Bund verantwortlich, und es gibt Kompetenzen im Gesundheitsbereich, da sind die Länder verantwortlich, und da gibt es auch noch einen dritten Bereich, da sind Bund und Länder verantwortlich, dann muss ich sagen: Das ist eine tolle Erkenntnis, aber die wird uns nicht weiterbringen! Ich sehe auch kein Ziel, wie man da Föderalismus und Bundeskompetenz, die im Gesund­heitswesen gewünscht wird, auf einen gemeinsamen Nenner bringt. Zumindest noch nicht! Ich wünsche es der Frau Bundesminister. Ich wünsche es uns allen. Aber in die­sen Finanzausgleichsverhandlungen wurde nicht der richtige Stein dafür gelegt. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

19.54

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Neudeck. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.54

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Das hier zur Debatte stehende Finanzausgleichsgesetz 2005 erlaubt in der Form, wie es vorliegt, eine Fortsetzung der Reformpolitik. Auch wenn die Verhandlungen hart waren und es dabei, wie von der SPÖ-Seite, vom Kollegen Matz­netter gesagt wurde, Zähneknirschen gab, so wurde doch ein guter Kompromiss ge­funden, und es ist positiv, wenn Rot und Grün von ihrer Totalblockadepolitik abgehen und zumindest teilweise unseren Strukturreformen zustimmen.

Zwischen Bund und Gebietskörperschaften konnte Einigung darüber erzielt werden, dass die allgemeine Aufteilung von Steuermitteln allein zu wenig ist – es wurde schon vom Gießkannenprinzip gesprochen –, und es ist gelungen, den Umbau des abgestuf­ten Bevölkerungsschlüssels voranzutreiben. Ungerechtigkeiten im bisherigen System wurden nicht nur erkannt, sondern auch beseitigt. Es geht jetzt um die Nachhaltigkeit, daher sind Bund, Länder und Gemeinden gefordert, im Verwaltungsbereich weiter ein­zusparen, und Finanzminister Grasser hat dazu eine Arbeitsgruppe eingerichtet, um Lösungen zu finden, die auf breiter Ebene mitgetragen werden.

Gerade nach der heutigen Dringlichen Anfrage und den zahllosen Diskussionen zur PISA-Studie freut es mich, anmerken zu können, dass Bildung dabei ein wesentlicher Schwerpunkt ist und dass die Mittel für Pflichtschulen und Sonderpädagogik bei den Finanzausgleichsverhandlungen um weitere 12 Millionen € erhöht wurden.

Die Mittel für den Gesundheitsbereich wurden ebenfalls erhöht, und Einsparungen in gleicher Höhe sind geplant, die in Zukunft umzusetzen sind. Es liegt an den Ländern und den Sozialversicherungen, sich konstruktiv einzubringen, und es sind im Gesund­heitsbereich nachhaltige Strukturreformen zu bewältigen.

Ein interessanter Aspekt ist auch die Möglichkeit, in Zukunft mit dem so genannten Kommunalsteuersplitting die Kommunalsteuer über Gemeindegrenzen hinweg regional aufzuteilen. Damit gibt es auch die Möglichkeit, nachhaltigere Wirtschaftspolitik in grö­ßeren Räumen, in Regionen und nicht nur in Gemeindegebieten zu denken.


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Meine Damen und Herren! Dieses Finanzausgleichsgesetz 2005 ist fair, zukunftswei­send und ein weiterer wichtiger Schritt, unsere Politik fortzusetzen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.57

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Mag. Gaßner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.57

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Herr Fi­nanzminister! Leider nur drei Minuten Redezeit, obwohl es in dieser Frage tagelang zu reden gäbe. – Der Herr Finanzminister hat noch im Juni dieses Jahres Folgendes ge­sagt: Mehr Geld gibt es nicht! Der jetzige Finanzausgleich – also der letzte – ist der Maximalbetrag des Möglichen! Er hat dabei nicht die Unwahrheit gesagt, denn es gibt nicht mehr Geld, sondern weniger, obwohl hier die Regierungsparteien darüber jubeln, dass es jährlich 100 Millionen für die Gemeinden gibt. Dabei ist jedoch zu bedenken – und es ist genau zu rechnen –, dass bis zum Jahr 2007/2008 eine runde Milliarde den Gemeinden aufgrund einer Steuerreform fehlt, die sonst nichts im Schilde führt, als das Geld zu denen hinzuleiten, die es ohnedies schon haben, und denen wegzunehmen, die nichts haben. Das ist Ihre Steuerreform, die von den Gemeinden finanziert und mitfinanziert werden muss! (Beifall bei der SPÖ.)

Wissen Sie, was Ihre „Großzügigkeit“, Herr Finanzminister, für eine Gemeinde mit 5 200 Einwohnern wie meine, die Gemeinde Schwertberg, bedeutet: dass ich zwar 51 649 € mehr im Budget habe, dass sich aber gleichzeitig in diesem Budget die Lan­desumlage um 20 000 € erhöht, die Krankenanstaltenbeiträge sich um 12 000 € erhö­hen und sich – und jetzt kommt der Hauptpunkt – die Sozialhilfeverbandsumlage um 95 000 € erhöht. Also, Herr Finanzminister, wo ist da der Segen, den Sie vermeintlich über die Gemeinden gebracht haben?

Ich habe mir das auch bei kleineren Gemeinden angeschaut, und ich muss sagen: Es bleibt kaum etwas übrig von den Almosen, die Sie uns jetzt mit diesen 100 Millionen geben.

Ein Satz auch zum Stabilitätspakt – viel gelobt, viel gepriesen! Was bedeutet er aber für uns Gemeinden? – Wir haben dadurch keinerlei finanziellen Spielraum, wir haben keinerlei Möglichkeiten zu investieren. Was bedeutet das? Wenn die Gemeinden nicht investieren, dann bedeutet das, dass die kleinen und mittleren Betriebe in den Regio­nen draußen keine Aufträge mehr von uns bekommen, dann bedeutet das, dass sich die Zahl der Arbeitsplätze in diesen ohnehin schon sehr unter Druck stehenden Regio­nen reduziert. Das bedeutet außerdem, dass diese Regionen in Zukunft immer men­schenleerer werden. Man nimmt ja dort alles weg: Die Infrastruktur kommt weg. Die Postämter kommen weg. Die Greißler sterben dort aus. Die Wirte sperren dort zu.

Herr Kollege Prinz ist als jemand genannt worden, der für die Asylanten sehr viel tut. – Ja, das akzeptiere ich und rechne ich ihm hoch an. Er stellt sich dem. Nur: Dort, wo die Asylanten jetzt wohnen, das ist ein Wirtshaus und ein Hotelbetrieb, den es nicht mehr gäbe, hätte er keine Asylanten, weil natürlich auch dort Ihre Politik voll durchschlägt. Das ist nämlich das „Schöne“ daran!

Sehr geehrter Herr Finanzminister! Aus diesem Grund, Sie werden es verstehen – oder werden es wahrscheinlich nicht verstehen –, können wir diesem Paket unter gar keinen Umständen zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

20.01

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Gril­litsch zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 



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89. Sitzung / Seite 200

20.01

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Frau Präsident! Frau Bundesminister! Herr Bun­desminister! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Diese heutige Diskussion und auch die Redebeiträge von Herrn Abgeordnetem Matznetter sind ja durchaus zweitei­lig, sage ich einmal, zu betrachten: Einerseits gibt es da die Erkenntnis, dass er aus Wien ja nicht doppelt so viel wert sein kann wie jemand auf dem Land (Abg. Mag. Gaßner: Geh komm, jetzt hör einmal mit dem Schmäh auf!), indem er aufzählt, welche zusätzlichen Aufgaben gerade auch die kleinen Gemeinden zu erfüllen haben. (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Matznetter und Mag. Gaßner.) Das stimmt mich positiv! Andererseits stimmt mich die Ablehnung des Stabilitätspaktes wiederum trau­rig, wobei es dabei auch um eine geringere Belastung geht.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, dass es, wie auch der Herr Bundesminister ausgeführt hat, ein gutes Zeichen ist, dass wir vom abgestuften Bevölkerungsschlüssel abgehen hin zu einer Aufgabenorientierung (Abg. Mag. Gaßner: Wo? Wo?), weil es tatsächlich so ist, dass die kleinen Gemeinden auf dem Land viele, viele neue Aufga­ben zu erfüllen haben – ich denke da an die Kanalisierung, ich denke da an die Ent­sorgung von Müll, an Freizeiteinrichtungen und dergleichen mehr! Daher ist es, vor allem angesichts des Verschuldungsgrades dieser kleinen Gemeinden ein Gebot der Stunde, entsprechende Änderungen vorzunehmen.

Ich sage ganz offen, ich hätte mir auch ein bisschen mehr vorstellen können. (Ruf bei der SPÖ: Ja?) Ich hätte mir auch ein bisschen mehr vorstellen können, ja, aber das ist ein Schritt in die richtige Richtung, ein Schritt in die Richtung, dass es jetzt 100 Mil­lionen € mehr auch für diese kleinen ländlichen Gemeinden gibt, ein positives Signal! Herr Finanzminister, ich danke recht herzlich dafür, dass das in dieser Form möglich war. (Beifall bei der ÖVP.)

Man muss nämlich schon auch sagen: In Summe sind das 15 bis 21 € pro Einwohner in diesen kleineren Gemeinden mehr! Jeder, der weiß, wie die Budgets heute sind, sowohl im Bund als auch im Land, weiß auch, dass das keine Selbstverständlichkeit ist. Man muss sich eben das gesamte Paket ansehen: Investitionsbeitrag für Wohnbau, Umwelt und Infrastruktur, die Wohnbaufördermittel bleiben in gleicher Höhe erhalten, und die Länder haben damit die Möglichkeit, diese Mittel im Zusammenhang mit Kli­maschutzmaßnahmen für den Einsatz erneuerbarer Energieträger sowie für umwelt­freundliche Fernwärme einzusetzen; oder aber auch die Infrastrukturmittel im Bereich der Siedlungswasserwirtschaft.

Summa summarum ist dieser Finanzausgleich meiner Meinung nach ein Schritt in die richtige Richtung, daher wird er selbstverständlich auch unsere Zustimmung finden. In diesem Sinne noch einmal ein Danke an den Finanzminister, dass dies in dieser Form möglich war. (Beifall bei der ÖVP.)

20.04

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Sburny zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


20.04

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist wirklich erstaunlich: Ich frage mich langsam, warum es diese Aufgabenorientierung noch immer nicht gibt, obwohl sie doch alle wollen. Jeder, der an dieses Rednerpult tritt, sagt, das wäre doch wirklich super, wenn wir endlich die Aufga­benorientierung hätten. (Abg. Grillitsch: Stimmen Sie mit!) – Ja, natürlich, wir wollen das! Aber: Wir haben erstaunlich wenig Einfluss darauf, ob das tatsächlich stattfindet. (Abg. Lentsch: Erstaunlich ist das nicht!)


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Wir haben das im Finanzausschuss schon diskutiert, es sind reine Lippenbekenntnis­se, die Sie von sich geben! Es ist weder gelungen, einen Schritt in Richtung Zusam­menführung von Aufgaben-, Ausgaben- und Einnahmenwahrheit zu tun – also einen Schritt dahin zu machen, dass einmal klargelegt wird, dass derjenige, der Verantwor­tung für Ausgaben hat, auch Verantwortung für Einnahmen haben soll – noch ist ein Schritt in Richtung dieser Aufgabenorientierung getan worden, obwohl das anschei­nend alle gut finden, zumindest diejenigen, die hier heute gesprochen haben.

Aus unserer Sicht wäre es notwendig, einmal Kriterien für diese Aufgabenorientierung zu definieren. Das, was Sie jetzt gemacht haben, ist, den abgestuften Bevölkerungs­schlüssel einfach einmal derart zu modifizieren, dass die kleinen Gemeinden davon profitieren. Kollege Auer ist in seiner heutigen Rede in wirklich dankenswerter Differen­ziertheit „unterwegs“ gewesen. Im Vergleich zur vormittäglichen Debatte war das ein echter Lichtblick, dass Sie einfach einmal ... (Abg. Jakob Auer: Vormittags habe ich nicht gesprochen!) – Genau, da haben Sie nicht gesprochen, das war wahrscheinlich der Fehler!

Aber dass Sie einmal dargelegt haben, worum es hier auch gehen könnte ... (Abg. Mag. Molterer: Was bahnt sich da an? Bahnt sich da etwas an?) – Also zumindest einmal so etwas wie ein Dialog (Abg. Mag. Molterer: Das ist ja interessant, Frau Kolle­gin!), zu dem die meisten in Ihrer Fraktion leider nicht in der Lage sind. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Alle ...! Zuhören!) – Ich höre ganz gut zu, da können Sie sich sicher sein.

Das, was jetzt bei diesem abgestuften Bevölkerungsschüssel passiert ist, ist, dass die kleinen Gemeinden davon profitieren. Und ob das der Weisheit letzter Schluss ist, muss man sich, finde ich, anschauen, denn es gibt ja schließlich unterschiedliche Auf­gaben für Gemeinden: Sie haben Basisaufgaben wie Volksschulerhaltung, naturraum­spezifische Aufgaben bis hin zu ballungsraumspezifischen beziehungsweise zentralört­lichen Aufgaben.

Das heißt, man müsste einmal anfangen, dafür Kriterien zu finden. Es macht wenig Sinn, nur alles in Richtung der kleinen und Kleinstgemeinden umzuschichten – so wie es jetzt im Finanzausgleich passiert ist –, bevor nicht geklärt ist, was man eigentlich als Basis braucht.

Wofür wir hier eintreten, ist eine tatsächliche Reform dieses abgestuften Bevölke­rungsschlüssels, allerdings in einer anderen Art und Weise, weil wir auch davon aus­gehen, dass die Anteile der Gemeinden aus dem Finanzausgleich gesunken sind, zugleich aber die Aufgaben und Kosten der Gemeinden gestiegen sind. Das heißt, dass die Aufgaben, die die Gemeinden haben, in der gewohnten Form nicht mehr wahrgenommen werden können. Kollege Gaßner hat vorhin angesprochen, dass auch die notwendigen Investitionen seitens der Gemeinden nicht mehr getätigt werden kön­nen, was für die regionale Wirtschaft oft ein sehr großes Problem darstellt.

Was aus unserer Sicht passieren müsste, ist, dass es nicht zu einer weiteren Umvertei­lung zu den kleinen und kleinsten Gemeinden kommt, sondern dass man so etwas wie eine pauschale Leistung für die Basisfinanzierung braucht, und dann noch zusätzlich auch Abgeltungen für zentralörtliche und ballungsraumspezifische Aufgaben. Dazu müssten allerdings Kriterien festgelegt werden.

Aber wenn alle diese Aufgabenorientierung wollen – und wir haben das auch schon im Ausschuss besprochen –, dann wäre jetzt, nachdem der Finanzausgleich beschlossen wurde beziehungsweise eben heute wird, vielleicht ein guter Zeitpunkt, um sich in aller Ruhe auf parlamentarischer Ebene und unter Einbindung aller vier Fraktionen über diese Kriterien Gedanken zu machen, über sie zu diskutieren und sie festzulegen – für


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89. Sitzung / Seite 202

den nächsten Finanzausgleich, der dann vielleicht im Einvernehmen beschlossen wer­den kann. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.08

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


20.08

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Nun, es ist nachvollziehbar, dass die Verhandlungen über den Fi­nanzausgleich schwierig waren und sicher langwierig – bei einem Volumen von 270 Milliarden € über vier Jahre verteilt nur allzu verständlich.

Es ist auch richtig, dass Bund, Länder und Gemeinden ihre Ausgabendynamik in den vergangenen Jahren gebremst haben, ja bremsen mussten. Und sie sind sicherlich massiv unter Druck, das ist keine Frage. Auf der anderen Seite wissen wir, dass Ver­änderungen immer nur unter einem gewissen Druck passieren.

Erkennbar ist auch die Tatsache, dass es ein Gesamtpaket aus drei Teilen gibt, die schon genannt wurden: der Finanzausgleich im engeren Sinne, die Krankenanstalten­finanzierung und der Stabilitätspakt. Für mich nicht ganz verständlich ist aber, dass man jetzt seitens der Sozialdemokratie dem Stabilitätspakt nicht zustimmen will, und zwar mit der Begründung: wegen des Budgets 2005, wegen der Steuerreform, wegen der Klientelpolitik, die gemacht wird.

Ich darf den Vorschlag des Kollegen Auer noch einmal aufgreifen. Es war aber kein Vorschlag, sondern eigentlich eine Forderung, nämlich dass beim nächsten Mal das Parlament früher in die Verhandlungen eingebunden wird. (Abg. Mag. Gaßner: Ver­ständlich!) – Ja, natürlich, aufs Erste würde ich meinen, es ist eine vernünftige Forde­rung, es ist wünschenswert. Nur: Wie würde die Praxis aussehen?

Wie würde sich diese Einbindung im Endeffekt auswirken? Welche Auswirkung hat die begleitende Information zu Verhandlungspositionen, die sich natürlich im Zuge einer Annäherung verändern? Ist das Ende der Verhandlungen damit früher zu erreichen? – Ich glaube nicht, weil Verhandlungen in anderen Bereichen wie auch in diesem zeigen, dass letztlich immer bis zur letzten Minute getagt wird, verhandelt wird.

Was die Einbindung aller Parteien anlangt, geschätzte Damen und Herren: Ja! Es ist dies auch eine Vorstellung, der ich mich durchaus anschließen kann, eine – nennen wir es auch Wunschvorstellung im Sinne eines Wettbewerbs der Ideen. Alle vier Parteien bringen ihre Ideen ein. Allerdings ist aus derzeitiger Sicht und aus der derzeit geübten Praxis für mich wiederum nicht nachvollziehbar, wie es funktionieren soll, nämlich auf der einen Seite die Notwendigkeit von Reformen, von Veränderungen zu erkennen, auf der anderen Seite – und diesen Eindruck musste man insbesondere in der letzten Zeit gewinnen – prinzipiell einen Aufhänger zum Neinsagen zu suchen, so wie das bei der Opposition leider Gottes häufig, ja mittlerweile ständig der Fall ist.

Es darf sich also nichts ändern. Nichtsdestotrotz: Ich bin ein unverbesserlicher Optimist und denke, dass es einen Versuch wert wäre. Wir werden sehen, ob den Forderungen des Kollegen Auer Rechnung getragen wird. Ich würde mich darüber freuen, wenn es so sein könnte. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.12

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Bauer zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 



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89. Sitzung / Seite 203

20.12

Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Wir alle wissen, wie wichtig der Finanzausgleich, die Rechtssicherheit der verschiedenen Ge­bietskörperschaften ist. Wir wissen aber auch, dass wir, wenn wir heute dem Finanz­ausgleich zustimmen, durchaus keinen Grund zum Jubeln haben, sondern dies aus der Vernunft geboren ist, diese Rechtssicherheit herzustellen.

Wenn man sich die Entstehungsgeschichte des FAG anschaut: Zuerst wurde dafür Stimmung gemacht, dass die Gemeinden und Länder überhaupt nichts bekommen sollen. Danach wird es als großer Erfolg verkauft, dass sie nun doch 212 Millionen € erhalten. Ich meine, das ist eher ein dramaturgischer Effekt als tatsächlich ein großer Erfolg, denn ich glaube zwar, dass im Rahmen des Finanzausgleiches durchaus auch Richtiges getan wird, aber die soeben angesprochene Größenordnung von 212 Mil­lionen für Länder und Gemeinden in Wirklichkeit eine Schätzungsdifferenz des Gesamtbudgets darstellt – und nicht mehr!

Es sollten auch grundsätzliche Überlegungen zu einem künftigen Finanzausgleich an­gestellt werden. Tatsache ist, dass die Aufgabenverteilung eine sehr unterschiedliche geworden ist und dass von den Gemeinden immer mehr gefordert wird. Sie müssen ihre Aufgaben erfüllen, was sie aber trotz dieses Finanzausgleiches nur sehr bedingt tun können, da ja nicht wirklich mehr Geld in die Gemeinden fließt, wenn man all die Vorredner richtig verstanden hat. Ich schließe mich denen an, die sagen: Wenn man eine Gesamtbilanz zieht, also die Bilanz von dem, was zufließt, und von dem, was sie nicht mehr bekommen beziehungsweise durch Mehrbelastungen zu leisten haben, dann ist das ein Saldo, der nicht zu Gunsten der Gemeinden ausgeht. Und das sieht man auch! (Beifall bei der SPÖ.)

Geschätzte Damen und Herren! Bis Mitte der neunziger Jahre hatten die Gemeinden einen Anteil am Abgabenertrag von 18 Prozent. Jetzt liegt dieser Wert bei rund 17 Pro­zent, daher können viele Aufgaben nicht mehr erfüllt werden. Und das hat viele Ursa­chen: durch weniger Einnahmen, Halbierung der Werbeabgaben und Ähnliches. Aber an der Kostensteigerung waren die Gemeinden sehr wohl immer beteiligt – und das bedeutet, dass man nach einem neuen Ausgleichssystem suchen muss. Ich schließe mich jenen an, die meinen, dass man jetzt schon damit beginnen soll, an einem neuen Finanzausgleich zu arbeiten, an einem, der mehr Gerechtigkeit schafft und der den regionalen Finanzausgleich nach der notwendigen Aufgabenteilung stärker berück­sichtigt. In diesem Sinne sollte man tatsächlich sofort eine Arbeitsgruppe einsetzen, es spricht alles dafür.

Einen Satz noch zu Herrn Bundesminister Grasser. Er hat erwähnt, dass nur 76 Pro­zent der Betten in den Spitälern ausgelastet sind. Ich war einige Zeit Gesundheits­landesrat und weiß sehr genau, dass die Verteilung der Auslastung regional sehr unterschiedlich ist und auch ein Managementproblem darstellt. Aber, Herr Bundesmi­nister, eines möchte ich schon klarstellen: Zu fordern, dass zum Beispiel Wartezeiten für orthopädische Operationen durchaus zu verkürzen wären, da vorhandene Betten­kapazitäten bestehen, ohne die Qualitätsfrage und die Frage, ob überhaupt ausrei­chend viele Orthopäden zur Verfügung stehen, mit in die Diskussion einzubeziehen, greift zu kurz.

Noch etwas zur Ausbildung: Niemand weiß, ob nicht morgen orthopädische Operatio­nen zum Großteil überflüssig werden. Auf Grund der langen Ausbildungszeiten sind keine so mechanistischen Konstruktionen für die Abschätzung des künftigen Bedarfes brauchbar. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

 


20.16


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89. Sitzung / Seite 204

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich Herr Bundesminister Mag. Grasser noch einmal zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.

 


20.16

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich gelobe, ich brauche nur zwei Minuten, Herr Klubobmann Molterer schaut schon etwas schief – schaut schon leicht kritisch.

Herr Abgeordneter Bauer hat soeben gesagt hat, die Gemeinden hätten nicht wirklich etwas davon. – Ich habe das in meinen vorigen Ausführungen nicht erwähnt und möch­te daher, Herr Abgeordneter, damit wir sehen, worüber wir sprechen, Folgendes fest­halten:

Auf Basis der jetzigen Einschätzung der Ertragsanteilsentwicklung der Gemeinden haben im Jahr 2004 alle Gemeinden in Österreich 6 170 Millionen € zur Verfügung. Im Jahr 2005 werden, obwohl dann eine Steuerreform mit in Summe 3 Milliarden an Ent­lastung in Kraft tritt, der Bund eine Reduktion seiner Ertragsanteile zu verzeichnen hat, wir also weniger Geld zur Verfügung haben als 2004, die Ertragsanteile der Gemein­den von 6 170 Millionen auf 6 240 Millionen € steigen. Das heißt, sie haben absolut gesehen mehr Geld zur Verfügung – trotz der Steuerreform. (Abg. Mag. Gaßner: Ga­rantieren Sie das?) Im Jahr 2006 werden es 6 370 Millionen € sein, im Jahr 2007 6 760 Millionen €, im Jahr 2008 7 060 Millionen €. Dazu kommen noch jene 100 Millio­nen € aus der Finanzzuweisung des Bundes, die ich schon erwähnt habe.

Auf der anderen Seite sollten wir schon auch ein bisschen den Steuerzahler im Auge haben. Die Gemeinden sind nun in der Situation, dass sie deutlich mehr Geld zur Ver­fügung haben als bisher. Daher bin ich der Überzeugung: Dieser Finanzausgleich ist ein Erfolg für die Gemeinden! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitli­chen. – Abg. Mag. Gaßner: Garantieren Sie das?)

20.18

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Dr. Fassl­abend zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


20.18

Abgeordneter Dr. Werner Fasslabend (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bringe eingangs einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Stummvoll, Dipl.-Ing. Prinzhorn, Kollegin­nen und Kollegen zum Finanzausgleich ein und möchte ihn gerne in den Kernpunkten erläutern:

In Artikel 3 geht es im Wesentlichen um die Regelung der Überweisungen des Bun­desministeriums für Finanzen aus der Tabaksteuer.

In Artikel 6 geht es im Wesentlichen um die Einarbeitung des Abschlusses aus der Beamtenrunde.

Ich bitte, diesen Abänderungsantrag in Verhandlung zu nehmen.

Zum vorliegenden Beschlusspaket selbst möchte ich Folgendes sagen: Mit dem Stabi­litätspakt wird die erfolgreiche österreichische Stabilitätspolitik fortgesetzt. Sie hat uns eine der stärksten Wirtschaftspositionen weltweit miteingebracht und ist daher absolut auf das Erfolgskonto des Landes zu buchen.

Mit dem Finanzausgleich wird die Partnerschaftspolitik Österreichs erfolgreich fortge­setzt, eine Partnerschaftspolitik, die in ganz Europa anerkannt ist und die bedeutet, dass ein Verwaltungsmodell im Einvernehmen zwischen den unterschiedlichen Ge­bietskörperschaften erfolgt. Mit den Regelungen für den Krankenanstaltenbereich wird


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89. Sitzung / Seite 205

die Gesundheitsreform erfolgreich fortgesetzt, und zwar in der Weise, dass eines der leistungsfähigsten und besten Gesundheitssysteme der Welt weiter verbessert wird.

Sie, meine Damen und Herren, verweigern nach wie vor zumindest zwei Bereichen die Zustimmung.

Ihr Parteivorsitzender Dr. Gusenbauer hat nach meiner Ansicht einen schwerwiegen­den Fehler begangen: Er hat mit den Wölfen geheult, und ein Leitwolf, der sein Rudel nicht anführt, sondern mit ihm heult, kann nur darauf warten, wie die Reaktion des Ru­dels früher oder später ist.

Die erste Reaktion: Er ist gebissen worden – von den Angehörigen seines eigenen Rudels. Jeder Neunte bis Zehnte hat ihn gebissen beziehungsweise missachtet. Wel­chen Wert ein derartiger Leitwolf noch hat, das können Sie selbst beurteilen.

Für mich hat das jedenfalls eine positive Konsequenz, es hat eines gezeigt: Wenn je­mand in der Demokratie nicht bereits ist, Verantwortung zu übernehmen, wenn ein Parteiführer einer so großen Partei nicht bereit ist, Verantwortung zu übernehmen, dann präsentieren ihm die Rechnung dafür nicht nur die Bevölkerung, sondern auch die eigene Funktionärsschicht, und das ist ein gutes Zeichen für die Demokratie in Ös­terreich. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.21

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe bekannt, dass der soeben in seinen Kernpunkten erläuterte Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Stummvoll, Dipl.-Ing. Prinzhorn, Kolleginnen und Kollegen auch schriftlich überreicht wurde und genü­gend unterstützt ist. Er steht damit auch mit in Verhandlung. (Unruhe im Saal. – Präsi­dentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) – Ich ersuche um Ruhe!

Im Hinblick auf den Umfang des Antrages habe ich bereits veranlasst, dass er gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung zur Verteilung gelangt. Im Übrigen wird dieser An­trag auch dem Stenographischen Protokoll beigedruckt werden.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Stummvoll, Dipl.-Ing. Prinzhorn, Kolleginnen und Kollegen zum Gesetzentwurf im Bericht des Finanzausschusses 731 der Beilagen über die Regie­rungsvorlage 702 der Beilagen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem der Finanzaus­gleich für die Jahre 2005 bis 2008 geregelt wird und sonstige finanzausgleichsrechtli­che Bestimmungen getroffen werden (Finanzausgleichsgesetz 2005 – FAG 2005) und das Zweckzuschussgesetz 2001, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Ge­werbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsge­setz 1977, das Sonderunterstützungsgesetz, das Heeresversorgungsgesetz, das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten, das Tabaksteuergesetz 1995 und das Bundesfinanzgesetz 2005 geän­dert werden

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der oben bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. Art. 3 (Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes) wird wie folgt ge­ändert:


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89. Sitzung / Seite 206

a) Z 15 lautet:

»15. Im § 447a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 145/2003 entfallen im Abs. 1 der Ausdruck „ , der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau als Träger der Krankenversicherung“ und im Abs. 3 der Ausdruck „ , die Versicherungsan­stalt für Eisenbahnen und Bergbau als Träger der Krankenversicherung“ sowie der Ausdruck „ ; bei der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau ist hiebei nur von den Beitragseinnahmen des Versicherungsträgers als Träger der Krankenversi­cherung auszugehen.«

b) Z 16 lautet:

»16. Dem § 447a werden folgende Abs. 7 und 8 angefügt:

„(7) Der Bundesminister für Finanzen überweist für die Jahre 2005 bis einschließlich 2008 das Jahresmehraufkommen an Tabaksteuer, das sich aus dem Tabaksteuerge­setz 1995 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2004 ergibt. Dieses Jahresmehraufkommen an Tabaksteuer ist durch Vergleich des Tabaksteueraufkom­mens vom Februar 2005 bis Jänner 2006 mit jenem vom Februar 2004 bis Jänner 2005 zu ermitteln (Jahresbetrag). Die erste Überweisung an den Ausgleichsfonds er­folgt im September 2005 auf Basis des Aufkommensvergleichs der Monate Februar bis August 2005 mit dem entsprechenden Vorjahreszeitraum. Die Überweisung der Diffe­renz auf den Jahresbetrag erfolgt im März 2006. In den Jahren 2006 bis 2008 wird je­weils im September der Jahresbetrag an den Ausgleichsfonds überwiesen.

(8) Nach Maßgabe des Einlangens sind die Mittel nach Abs. 7 zu

1. zwei Dritteln an den Ausgleichsfonds für die Krankenanstaltenfinanzierung nach § 447f und

2. einem Drittel an den Fonds für Vorsorge(Gesunden)untersuchungen und Gesund­heitsförderung nach § 447h

zu überweisen.“«

c) Im § 447f Abs. 3 Z 3 in der Fassung der Z 17 wird der Ausdruck „18“ durch den Aus­druck „17“ ersetzt.

d) § 447f Abs. 3 Z 4 in der Fassung der Z 17 lautet:

»4. die Mittel nach § 447a Abs. 8 Z 1 nach Maßgabe des Einlangens und nach Maß­gabe der Abs. 5, 16 und 17.«

e) § 620 Abs. 1 in der Fassung der Z 22 lautet:

»(1) Die §§ 137 Abs. 2a, 4 und 6, 447a Abs. 1, 3, 7 und 8, 447f samt Überschrift sowie 545 Abs. 7 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2004 treten mit 1. Jänner 2005 in Kraft.«

2. Art. 6 (Änderung des Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

a) Dem § 211 in der Fassung der Z 5 wird folgender Abs. 4 angefügt:

»(4) Im Jahr 2005 beträgt für Versicherte nach § 1 Abs. 1 Z 7, 12 und 14 lit. b

1. abweichend von § 20 Abs. 1 der Prozentsatz 6,65, wobei abweichend von § 22 auf den Versicherten/die Versicherte 3,7 % und auf den Dienstgeber/die Dienstgeberin 2,95 % entfallen, und

2. abweichend von § 20 Abs. 2 der Prozentsatz 0,3,


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89. Sitzung / Seite 207

wenn die Versicherungspflicht nach § 1 Abs. 1 Z 7, 12 oder 14 lit. b im Jahr 2004 ein­getreten ist und nach §§ 41 Abs. 2 oder 41a Pensionsgesetz 1965 oder inhaltlich ent­sprechenden Rechtsvorschriften keine Anpassung und dadurch auch keine Erhöhung der Beitragsgrundlage erfolgt ist.«

Begründung

Zu Art. 3 lit. a und e (§§ 447a Abs. 1 und 3 und 620 Abs. 1 ASVG):

Die Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau wird in Folge des Erkenntnis­ses des Verfassungsgerichtshofes vom 13. März 2004 , G 279/02, betreffend den Aus­gleichsfonds der Krankenversicherungsträger nicht mehr diesem Fonds angehören und ist somit aus der Bestimmung des 447a Abs. 1 und 3 ASVG zu streichen.

Zu Art. 3 lit. b und d (§§ 447a Abs. 7 und 8, 447f Abs. 3 Z 4 ASVG):

Die vom Bundesminister für Finanzen für die Finanzierung des Gesundheitssystems zur Verfügung zu stellenden Mittel sollen an den im Hauptverband eingerichteten Aus­gleichsfonds der Krankenversicherungsträger überwiesen werden und von dieser Kon­tostelle zu zwei Drittel dem Krankenanstaltenfinanzierungsfonds nach 447f ASVG und zu einem Drittel dem Fonds für Vorsorge(gesunden)untersuchungen und Gesundheits­förderung nach § 447h überwiesen werden.

Zu Art. 3 lit. c (§ 447f Abs. 3 Z 3 ASVG):

Es handelt sich um eine redaktionelle Anpassung.

Zu Art. 6 lit. a (§ 211 Abs. 4 B-KUVG):

Nach § 108h Abs. 1 ASVG erfolgen erstmalige Pensionsanpassungen erst mit Beginn des übernächsten Kalenderjahres (z.B. Stichtag 1. Juni 2003 – erste Anpassung mit 1. Jänner 2005). Durch Beitragserhöhungen droht daher jener Personengruppe, die im abgelaufenen Kalenderjahr in den Ruhestand getreten ist und daher keine Pensions­anpassung zum Beginn des folgenden Kalenderjahres erhält, ein Nettoverlust aufgrund der Erhöhung von Krankenversicherungsbeiträgen.

In Hinblick auf die nächste Anhebung des Krankenversicherungsbeitrages der Pensio­nistinnen und Pensionisten sieht § 617 Abs. 7 ASVG (§ 306 Abs. 5 GSVG) idF des Pensionsharmonisierungsgesetz für Pensionen mit Stichtag im Jahr 2004 einen Kran­kenversicherungsbeitragssatz 2005 in der Höhe von (unverändert) 4,25 % vor. Somit wird auch die Anhebung des Krankenversicherungsbeitragssatzes nach dem FAG 2005 für diese Gruppe im Jahr 2005 nicht wirksam.

Im öffentlich rechtlichen Bereich fehlt bisher eine vergleichbare Regelung. Es ist davon auszugehen, dass durch die zweite Anhebung nach dem BBG 2003 um 0,5 % per 1. Jänner 2005 und die Anhebung im Zusammenhang mit der Finanzierung des Ge­sundheitswesens (FAG 2005 und Begleitgesetze) um 0,05 % für den/die Dienstneh­mer/in per 1.1.2005 die Auszahlungen für „RuhegenussbezieherInnen im 2. Jahr“ netto verringert werden.

Mit einer analogen Regelung zum ASVG soll in einer Übergangsbestimmung zum B-KUVG für RuhegenussbezieherInnen mit Stichtag 2004, die zum 1. Jänner 2005 keine Anpassung erhalten, der Krankenversicherungsbeitrag für das Jahr 2005 mit 4,00 % – so wie schon im Jahr 2004 – beibehalten werden.

*****

 



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89. Sitzung / Seite 208

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Mag. Trunk. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


20.22

Abgeordnete Mag. Melitta Trunk (SPÖ): Herr Kollege Fasslabend, es mutet nicht gerade sehr glaubwürdig und auch nicht sehr überzeugend an, wenn Sie selbst als gegangen wordener ÖAAB-Chef zur Erfolgsgeneration und zu Erfolgsmenschen wie Alfred Gusenbauer und seinem Team reden. Sparen Sie sich das in Zukunft, denn das fördert nicht Ihre Glaubwürdigkeit! (Beifall bei der SPÖ.)

Punkt zwei: Herr Finanzminister, es ist heute das dritte Mal, dass Sie Zahlen aus dem Bereich der Neurochirurgie, der chirurgischen Orthopädie im Zusammenhang mit der Gesundheitsreform hier zitieren. Ich bin sehr froh, dass Frau Ministerin Rauch-Kallat wieder da ist – ich erwarte von ihr, dass Sie Ihnen Nachhilfeunterricht geben wird; ebenso erwarte ich das auch von Ihrem Freund und Kollegen Primarius Lanner aus dem LKH Klagenfurt –, denn was Sie hier an verzerrten Zahlen und nicht stimmenden Statistiken von sich geben, ist eine ungeheure Unverschämtheit.

Es geht nicht um verzerrte Zahlen, Herr Minister Grasser, sondern es geht insbesonde­re im Bereich der Neurologie, der Neurochirurgie um eine qualitätsvolle Absicherung der Lebenssituation jener Menschen, die eine entsprechende Versorgung brauchen, nicht aber um Ihren zynischen Ansatz von so genannten leeren Betten. (Beifall bei der SPÖ.)

Punkt drei – als ein armes kleines Zuschussland Vertretende, als Vertreterin Kärntens zu Ihren permanenten Anwürfen Wien betreffend: Tatsache ist, dass 215 000 Men­schen aus anderen Bundesländern Arbeit und gut bezahlte Jobs in Wien finden, und dafür danke ich Wien insbesondere als Kärntnerin. Viele Kärntnerinnen und Kärntner finden hier ihren Arbeitsplatz, die zu Hause chancenlos und im Stich gelassen sind.

Vierter Punkt, zu Ihren Aussagen betreffend Kinderbetreuungseinrichtungen: Herr Mi­nister Grasser! 0 € für Kinderbetreuungseinrichtungen in allen Ihren Budgets – und Sie maßen sich hier an, über einen Beitrag von über 200 € für die Kinderbetreuung in Wien zu reden! Wien ist vorbildlich (Abg. Murauer: Wo?), sollte es auch für Kärnten und andere Bundesländer sein. (Abg. Scheibner: Aber wirklich nicht, Frau Kollegin! Man merkt, dass Sie in Kärnten sind! Sie haben überhaupt keine Ahnung!) In Wien findet man, Punkt 1, Kinderbetreuungsplätze mit Qualitätsgarantie, und es gibt, Punkt 2, eine soziale Staffelung: Ein Drittel der Eltern in Wien zahlt 0 €, ein Drittel zahlt sozial gestaf­felt und ein Drittel zahlt den von Ihnen genannten Betrag. Das sind die Grassers, das wären die Trunks und andere. Nur diejenigen, die es sich leisten können, haben diese mehr als 200 € in Wirklichkeit zu bezahlen. (Abg. Scheibner: Das stimmt überhaupt nicht!)

Ein letzter Punkt, zwei Fakten Ihrer Bilanz: Sie reden von Steuern und abstrakten Steuerzahlern. Steuerzahler und -zahlerinnen sind Gemeindebürger und Gemeinde­bürgerinnen und das sind auch die 325 000 Schicksale der arbeitslosen Frauen und Männer in Österreich eben in den Gemeinden und die Schicksale der von akuter Armut betroffenen 310 000 Menschen.

Das ist die Bilanz Ihrer Finanzausgleichsverhandlungen, wo Sie den Kommunen Geld wegnehmen, Investitionsbremser statt -motor sind. Herr Minister! Nehmen Sie diese Realität zur Kenntnis und verabschieden Sie sich aus Ihrer virtuellen Welt! (Beifall bei der SPÖ.)

20.25

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Glaser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 



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89. Sitzung / Seite 209

20.25

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Minister! Herr Minister! Hohes Haus! Der vorliegende Finanzausgleich und Stabilitätspakt ist ein müh­sam und hart ausverhandelter Kompromiss, den wir heute gemeinsam, weitgehend gemeinsam beschließen werden.

Während die Länder in diesem Finanzausgleich je nach Größe und Einwohnerzahl in etwa gleich behandelt werden, ist das bei den Gemeinden leider immer noch nicht der Fall. Nach wie vor sind kleine Gemeinden nicht in ausreichendem Maße berücksichtigt, weshalb in meinen Augen – und das wurde schon ein paar Mal erwähnt – dieser Fi­nanzausgleich für die kleinen Gemeinden auch nur eine Minimallösung darstellt. (Abg. Eder: Der Minister hat etwas anderes gesagt!) Eine Lösung, die nicht allen nach ihrem Bedarf hilft, ist ganz einfach noch nicht die richtige.

Ich war einigermaßen überrascht, um nicht zu sagen, ich kann nur den Kopf schütteln über das Verständnis von Kollegin Sburny, die quasi bedauert, dass es hier zu einer Umverteilung zu den kleinen und Kleinstgemeinden käme. Ich weiß nicht, wo im Fi­nanzausgleich Sie das gelesen haben, ich habe nirgendwo etwas davon gesehen. Die kleinen Gemeinden haben je nach Bundesland gerade einmal zwischen 13 € und 22 € mehr zur Verfügung. Wo Sie hier eine Umverteilung sehen, weiß ich beim besten Wil­len nicht. (Abg. Eder: Der Herr Minister behauptet das!)

Geschätzte Damen und Herren! Ich meine, es ist und muss unser Ziel sein, dass wir möglichst für alle Personen und alle Gemeinden in etwa gleiche Lebensbedingungen schaffen. Deswegen müssen auch kleine Gemeinden ein pulsierendes Leben haben, müssen kleine Gemeinden Wirtschaftskraft haben, müssen kleine Gemeinden genauso Impulsgeber sein können wie große Gemeinden, ansonsten ist das nicht möglich. Des­halb ist der jetzt vorliegende Finanzausgleich für mich und für viele von uns nur der Beginn einer Entwicklung, die wir fortsetzen müssen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es ist de facto eine Aufwertung von Eineindrittel auf 1,5 – für uns sicherlich, und der Herr Finanzminister sieht das auch so – ganz einfach der Einstieg in den Ausstieg aus diesem unterschiedlichen Aufteilungsschlüssel. Der bundeseinheitliche Ausgleich bei den finanzschwachen Gemeinden ist auch noch immer nicht gegeben, sondern hier wird immer noch zuerst nach den Ländern und dann erst auf die Gemeinden aufgeteilt. Das heißt, wir haben auch in Zukunft noch einiges zu tun, aber insgesamt, Herr Fi­nanzminister, stimmen wir den zur Beschlussfassung vorliegenden Entwürfen als einen Beginn zu mehr Gerechtigkeit gerne zu. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

20.28

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wimmer. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


20.28

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Mei­ne sehr geschätzten Damen und Herren! Meine sozialdemokratischen Vorrednerinnen und Vorredner haben ja keinen Zweifel darüber gelassen, dass wir der Vorlage des Finanzausgleiches zustimmen werden.

Es ist tatsächlich so, dass Länder und Gemeinden auf dem Papier etwas mehr Geld bekommen werden. Unterm Strich aber, wie wir schon gehört haben, nimmt die Steuer­reform den Gemeinden so viel weg, dass der Verlust gar nicht wettgemacht werden kann. Trotzdem ist das irgendwie ein positives Signal, und das ist auch der Grund da­für, dass wir zustimmen können.


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Es ist erfreulich, dass eine – wie ich gerade als Bürger einer kleinen Gemeinde mei­ne – doch große Ungerechtigkeit ein bisschen entschärft wird, nämlich der abgestufte Bevölkerungsschlüssel; übrigens eine langjährige Forderung kleinerer SPÖ-Gemein­den. (Abg. Mag. Molterer: Aber nur der kleinen!) Jawohl, das ist so.

Es ist auch gut, dass das Zweckzuschussgesetz geändert wird, insbesondere deshalb, weil es Maßnahmen geben wird, die das Kyoto-Ziel unterstützen werden.

Aber völlig anders schaut es natürlich aus, wenn es heute darum geht, das Gesund­heitspaket über die Bühne zu bekommen. Da, muss ich Ihnen sagen, Herr Klubob­mann Molterer, sind Sie wieder rückfällig geworden, da haben Sie wiederum den Weg der Belastungen gewählt, wie schon so oft. Aber damit werden die Schwächsten ge­troffen, und wir Sozialdemokraten wollen diesen Weg einfach nicht mitgehen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Jarolim: Sollten wir dieses Gesundheitspaket nicht eigentlich Krankheitspaket nennen?)

Wir könnten es so nennen, denn wen wird es treffen, meine sehr geschätzten Damen und Herren, wenn die Krankenversicherungsbeiträge erhöht werden, wenn Brillen und Sehbehelfe von der Krankenversicherung nicht mehr bezahlt werden, wenn der Spi­talsbeitrag erhöht wird, wenn die Rezeptgebühr erhöht wird? – Das wird die Schwächs­ten treffen, und das ist keine sinnvolle Politik!

Noch einen Satz zum Stabilitätspakt. Es ist schon eigenartig, meine Damen und Her­ren: Fast ein Drittel aller Gemeinden kann ihren Haushalt nicht ausgleichen. Wie das funktionieren soll, dass diese dann ausgeglichen bilanzieren, steht wirklich in den Ster­nen. Ich meine, es ist nicht fair, ein Gesetz zu beschließen, wenn man von Haus aus weiß, dass es so nicht funktionieren kann.

Noch einen Satz zu einer Presseaussendung, die Kollege Klaus Auer am 30. Novem­ber herausgegeben hat. Er hat gesagt, er werde dem Finanzausgleich nicht zustim­men – ich finde das gut, ich finde das mutig –, weil er gegen die Postamtsschließungen demonstriert. Wir werden bei der Abstimmung ganz genau aufpassen, ob er sein Versprechen wahr macht. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.31

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Mag. Tancsits. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


20.31

Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Auch ich möchte zum Thema Gesundheit als Teil des Fi­nanzausgleiches kurz Stellung nehmen.

Alles in allem halte ich den Finanzausgleich – das wurde heute schon mehrfach gesagt und erwähnt – für einen tragfähigen und tragbaren Kompromiss, und das gilt auch für den Gesundheitsteil, wiewohl ich als Sozialsprecher der Österreichischen Volkspartei anmerken möchte, dass nicht alle Vorschläge, die hier umgesetzt werden, aus unseren Reihen kommen und wir tatsächlich mehr Gewicht auf ausgabenseitige Sanierungs­maßnahmen beziehungsweise Einsparungsmaßnahmen gelegt hätten. Ich halte ihn aber für einen tragbaren Kompromiss.

Es tut mir zwar Leid im Interesse der Sache und vor allem der mitverhandelnden Län­der und Gemeinden, dass er von Ihnen nicht mitgetragen wird, aber sicherlich nicht aus politischen Gründen, denn deutlicher kann man nicht vorführen, dass gerade Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, nicht fähig sind, Kompromisse mitzutragen, und nicht fähig sind, Regierungsverantwortung mit zu übernehmen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Mag. Darabos.)


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Meine Damen und Herren! Das gilt insbesondere dann, wenn man sich die Dinge im Detail anschaut. Ich glaube, auch wenn man grundsätzlich gegen Beitragserhöhungen ist, eine Erhöhung von 87 Cent beim durchschnittlichen Arbeitereinkommen und von knapp über 1 € im Monat beim übrigen Durchschnittseinkommen ist durchaus tragfä­hig.

Ich verhehle nicht, dass ich den Weg, die Generika durch den intelligenten gesplitteten Tarif, wie er ursprünglich vorgesehen war, zu fördern, für wesentlich besser gehalten habe als die Einschränkungen im Zusammenhang mit Sehbehelfen. Das kommt aber aus dem Bereich der Gebietskrankenkassen, und es gehört eben zu einem Kompro­miss, dass man auch solche Vorschläge mitträgt. Ich bin überzeugt davon, dass unse­re Frau Gesundheitsministerin das sozial verträglich und richtig im Interesse des Gan­zen administrieren wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.34

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Mag. Langreiter. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


20.34

Abgeordneter Mag. Hans Langreiter (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministe­rin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Die Neuregelung des Finanz­ausgleiches bewirkt ein bisschen einen Zwiespalt der Abgeordneten in diesem Haus: Zum einen sind wir verantwortlich für Belange des Bundes und zum anderen sind wir natürlich in erster Linie, zumindest ein Großteil der Abgeordneten hier, auch Kommu­nalpolitiker. Das bringt mit sich, dass das eine oder andere unterschiedlich argumen­tiert wird. Keine Frage!

Ich stehe zu den Finanzausgleichsverhandlungen, so wie die Finanzausgleichspartner sie verhandelt haben, wenngleich ich in der Kürze der Zeit auch sagen will, dass es doch so ist, dass das Parlament natürlich auch etwas am Rande steht. Ich bin froh, dass es eine ganze Reihe von Aussagen gegeben hat, die durchaus dazu angetan waren, den kleinen Gemeinden und vor allen Dingen den Gemeinden insgesamt unter die Arme zu greifen.

Aufgabenorientiertheit ist heute kurz angesprochen worden von Frau Kollegin Sbur­ny. – Keine Frage, das ist ein Thema, das wir schon seit ewigen Zeiten diskutieren. Sie haben nicht das Problem, das die Gemeinden und Städte haben, Sie tragen nicht die Verantwortung in den Städten und Gemeinden, und damit haben Sie ein einfacheres Ausgangsziel.

Die unterschiedlichen Auffassungen sind bekannt, aber letztendlich haben die Ver­handlungen dann doch ergeben, dass die wichtigsten – auch aus der Aufgabenorien­tiertheit heraus, in den Verhandlungen ist ja nicht viel eingebracht worden – aus­schließlichen Bundesabgaben in gemeinschaftliche Bundesabgaben umgewandelt worden sind und es auch zum einheitlichen Aufteilungsschlüssel gekommen ist.

Meine Damen und Herren! Der interkommunale Finanzausgleich ist heute schon ein­mal kurz angesprochen worden; ganz wichtig für die Gemeinden. Letztendlich sind wir Gemeinden ja auch verpflichtet, dass wir einnahmenseitig auch die entsprechenden Ebenen setzen. Das ist vielleicht ein Weg, bei dem uns der Finanzausgleich künftig helfen wird.

Gleichzeitig – das muss ich ganz offen sagen – sind die Länder aufgerufen, gerade die Gemeinden, was die Stabilitätskriterien betrifft, nicht über Gebühr zu belasten. Wir wis­sen, dass die Länder von den Gemeinden Transferleistungen im Bereich der Sozialhil­fe verlangen. Auch hier haben die Länder durchaus Nachholbedarf. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) – Danke.


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Was die Gesundheitsplattformen betrifft, so ist es – auch ganz entscheidend – zum ersten Mal wirklich möglich, dass die Finanzmittel geplant und gesteuert werden zwi­schen den Krankenhäusern und dem niedergelassenen Bereich, vor allen Dingen zwi­schen den Sozialversicherungsträgern und den Rechtsträgern, die die Krankenanstal­ten zu finanzieren haben. Ich glaube, das ist eine ganz großartige Sache.

Alles in allem schauen wir getrost in die Finanzausgleichszeiten der nächsten Jahre. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.37

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Keuschnigg. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


20.37

Abgeordneter Georg Keuschnigg (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Ich möchte ganz bewusst zu Beginn meiner Rede den Dank an den Herrn Bundeskanzler, der im Moment nicht hier ist, und auch an den Finanzminister und an alle Verhandler des Bundes aussprechen; den Dank vor allem für ihre Offensive für die finanzschwachen Gemeinden und insbeson­dere für die Aufbringung der dafür notwendigen finanziellen Mittel. Denn ohne den Ein­satz des Bundes – das muss hier gesagt werden – wäre weder das zusätzliche Geld gekommen, das wir für diese Offensive brauchen, noch wäre es zu der Veränderung beim abgestuften Bevölkerungsschlüssel gekommen.

Ich sage das, um darauf hinzuweisen, dass sich durch diese Veränderung selbstver­ständlich die Ausgangslage für die nächste Verhandlungsrunde wesentlich geändert hat.

Diese Offensive für die finanzschwachen Gemeinden ist in einem größeren Zusam­menhang zu sehen. Wir wissen, dass wir im ländlichen Raum ständig Wirtschaftskraft verlieren, aber was ist zu tun? Was ist die Antwort darauf? – Das rote Licht leuchtet bereits, das heißt, meine Redezeit ist schon wieder fast zu Ende, ich darf es daher nur ganz kurz sagen: Es braucht ein umfassenderes Konzept.

Ich möchte noch einmal die Breitbandoffensive der Bundesregierung erwähnen. Diese Breitbandoffensive bringt den Haushalten in den ländlichen Gemeinden mehr als zum Beispiel einzelne Postämter, wesentlich mehr als anderes. (Beifall bei der ÖVP.) In dieses Konzept der Stärkung des ländlichen Raumes passt auch dieser Finanzaus­gleich hinein. Es geht darum, zusätzliches Geld in die Gemeinden zu bringen, Service für die Bürger zu gewährleisten, die Gemeinden selbst in die Lage zu versetzen, auch Wirtschaftsförderung zu gewähren.

Ich möchte noch einmal die Idee und Initiative des Kollegen Jakob Auer aufgreifen. Die stärkere Einbindung des Nationalrates, des Parlaments in die Verhandlungen wird es auch einigen von uns erleichtern, mitzustimmen – weil es uns natürlich auch zu wenig ist – und damit die Hoffnung zu haben, dass wir bei der nächsten Runde noch mehr in Richtung Stärkung des ländlichen Raumes erreichen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.39

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Machne. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


20.40

Abgeordnete Helga Machne (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Frau Bun­desminister! Herr Finanzminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Im Zusammen­hang mit dem Finanzausgleich möchte ich mich zunächst bei allen Verhandlern von


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Bund, Ländern und Gemeinden, die in diesen schwierigen Zeiten diesen von allen ge­tragenen Finanzausgleich zustande gebracht haben, bedanken. Es ist nicht gelungen, alle Wünsche zu berücksichtigen – wir haben das heute in vielen Redebeiträgen ge­hört –, aber wir sind doch, so glaube ich, ein großes Stück weitergekommen.

Während der heutigen Debatte ist mir beim Zuhören aufgefallen, dass Herr Kollege Kogler die Finanzmittel für die Länder kürzen möchte. Ich weiß nicht, wie seine Kolle­gen in den Ländern das beurteilen werden.

Ebenso verstehe ich nicht ganz, dass die SPÖ zwar den Ausgaben des Bundes für die Gemeinden zustimmen wird, aber nicht den Einnahmen, die der Bund braucht, um die­se Ausgaben auch tätigen zu können. Es ist mir ein Rätsel, wie das sonst gehen soll, aber es geht offensichtlich – oder es ist halt zur Kenntnis zu nehmen.

Ich glaube, dass die Erstellung dieses Finanzausgleichs schwierig war, dass er aber doch ein Schritt in die richtige Richtung für die nächsten vier Jahre ist. Ich meine, dass sowohl die Städte als auch die kleinen Gemeinden zufrieden sein können.

In erster Linie möchte ich mich bei Jakob Auer bedanken. Wenn Jakob Auer nicht im­mer wieder das Wort ergriffen hätte, dann wäre der Finanzausgleich nicht einmal in dieser Form zustande gekommen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

Unser Finanzminister hat auch heute wieder angesprochen – wir haben das schon im Finanzausschuss gehört –, dass trotz der Steuerreform die Abgabenertragsanteile für die Gemeinden nicht sinken werden, im Gegenteil, sie werden zwar nicht stark steigen, aber sie steigen in geringem Ausmaß. Daher kann man nicht sagen, dass die kleinen Gemeinden nicht mehr bekommen. Insgesamt macht das zum Beispiel in Osttirol 765 000 € pro Jahr aus. Da kann man nicht sagen, das ist nichts. Bei uns sind die Ge­meinden zufrieden. Ich hoffe, es wird den Gemeinden nicht auf der anderen Seite ab­gezwackt. (Zwischenruf des Abg. Mag. Kogler. – Ruf: Ihre Zeit!) – Die Redezeit.

Ein ganz großes Dankeschön an den Herrn Bundeskanzler, aber auch an unseren Herrn Staatssekretär und den Herrn Finanzminister. Danke für diese Finanzaus­gleichsverhandlungen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

20.42

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Stadler. Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


20.42

Abgeordnete Astrid Stadler (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrter Herr Minister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren im Hohen Haus! Es wurde in dieser Debatte viel gesagt. Ich möchte jetzt zum Schluss aber doch noch drei Punkte erwähnen, die gerade für die ländlichen Gemeinden von Bedeutung sind.

Erster Punkt: die Anhebung des untersten Vervielfältigers beim abgestuften Bevölke­rungsschlüssel – eine langjährige Forderung, eine Schraube, an der zumindest etwas gedreht wurde; dieses Drehen ist ein Schritt zu mehr Gerechtigkeit, bringt aber bei wei­tem noch nicht die Gerechtigkeit. Trotzdem werden dadurch in etwa 80 Millionen € Finanzmasse in Richtung der Gemeinden unter 10 000 Einwohnern bewegt.

Der zweite Punkt, der meiner Meinung nach wichtig ist, ist die Möglichkeit des inter­kommunalen Finanzausgleichs. Gerade im ländlichen Raum ist es jetzt möglich, dass kleine Gemeinden im Verbund Einrichtungen oder Gewerbegebiete schaffen, wodurch Steueraufteilungen möglich sind.


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Der dritte Punkt: die Sicherung und Beibehaltung der Wohnbauförderungsmittel und der Siedlungswasserwirtschaftsförderung bis 2008 – beides Bereiche, die Erschwer­nisse und Mehrkosten gerade in dünn besiedelten Regionen abfedern und damit ge­währleisten, dass auch weiterhin gute Infrastruktur gebaut werden kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Zielsetzung von Bund, Ländern und Ge­meinden, einen ordentlichen Haushalt zu haben und zu halten, ist erreicht. Es ist ge­währleistet, dass die Mehrausgaben gerade der finanzschwachen Gemeinden etwas abgefedert werden können.

Auch ich darf mich zum Schluss bei dir, Jakob Auer, herzlich bedanken. Du warst für uns ein tüchtiger Ritter. Ich danke dir dafür, und wir werden „weiterrittern“. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

20.44

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Dipl.-Ing. Scheuch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Zuvor bitte ich noch, den Geräuschpegel etwas zu senken!

Bitte, Herr Abgeordneter.

 


20.45

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Herr Staatssekretär! Ich möchte nicht mehr viel zum Finanzausgleich sagen, denn dazu wurde wirklich alles gesagt. Es ist mir jedoch ein Anliegen, wegen einer besonderen Sache hier heraußen zu stehen.

Als Kärntner Abgeordneter ist man ja auch immer dem persönlichen Wettbewerb in­nerhalb des Heimatbundeslandes ausgesetzt. Und daher war es schon faszinierend, mitzuerleben, dass zwei Abgeordnete der ÖVP mit gleichem Namen heute sehr Inter­essantes von sich gegeben haben: Der eine hat sich herausgestellt – das war Jakob Auer – mit bekannt kritischen Worten, von Anfang an, aber immer mit klarer Zustim­mung, der andere war Kollege Jakob Auer, der in Kärnten (Zwischenrufe bei der ÖVP) – Klaus Auer, Entschuldigung, ein freudscher Versprecher wahrscheinlich –, der andere war also Klaus Auer, der in den Kärntner Medien wochenlang angekündigt hat, er werde diesem Finanzausgleich nicht zustimmen, dieser bekomme seine Stimme nicht. Er hat damit in Kärnten eigentlich sehr viele kleine Gemeinden verunsichert und versucht, den Anschein zu erwecken, er als Klaus Auer werde hier sozusagen verhin­dern, dass der große Ausgleich kommt.

Ich bin sehr gespannt und sehr neugierig darauf – ich habe mich zu Wort gemeldet, um das hier zu sagen; ich werde das dann sehr genau verfolgen –, ob Klaus dann zustim­men wird oder nicht, denn als verantwortungsvoller Politiker kann und darf man nicht in Kärnten Wasser predigen und in Wien Wein trinken, sondern man sollte das, was man beschließt, von Kärnten bis Wien durchtragen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitli­chen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.)

20.46

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall. (Unruhe im Saal.)

Wir gelangen somit zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) – Ich ersuche zu­nächst alle, die Plätze einzunehmen und die Redelust etwas zu unterdrücken!


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Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem der Finanzausgleich für die Jahre 2005 bis 2008 geregelt wird und sonstige finanzausgleichsrechtliche Bestimmungen getroffen werden und das Zweckzuschuss­gesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversiche­rungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Un­fallversicherungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz, das Sonderunterstüt­zungsgesetz, das Heeresversorgungsgesetz, das Kriegsopferversorgungsgesetz, das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten und das Tabaksteuerge­setz 1995 geändert werden, in 731 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Stummvoll, Dipl.-Ing. Prinzhorn, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Dr. Matz­netter, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde daher über den Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des erwähnten Zu­satz- beziehungsweise Abänderungsantrages sowie des Verlangens auf getrennte Abstimmung abstimmen lassen.

Wir kommen zur Abstimmung über Artikel 1 und 2 in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung geben, um ein Zei­chen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Nun kommen wir zur getrennten Abstimmung über Artikel 3 bis 11 in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des Zusatz- beziehungsweise Abände­rungsantrages der Abgeordneten Dr. Stummvoll, Dipl.-Ing. Prinzhorn, Kolleginnen und Kollegen.

Wer hiefür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über Artikel 12 des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Abgeordnete, die sich hiefür aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Stummvoll, Dipl.-Ing. Prinzhorn, Dr. Matznetter, Mag. Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend verschärfte Bekämpfung des Tabakschmuggels.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. (E 83.)

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 732 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluss der gegenständlichen Vereinbarung, Österreichischer Stabilitäts­pakt 2005 in 701 der Beilagen, die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

13. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (686 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuerge­setz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz 1996, das Internationale Steuer­vergütungsgesetz, das Gebührengesetz 1957, das Konsulargebührenge­setz 1992, das Investmentfondsgesetz 1993, das EU-Quellensteuergesetz, das EG-Amtshilfegesetz, das Normverbrauchsabgabegesetz, das Mineralölsteuerge­setz 1995, das Kommunalsteuergesetz 1993, das Neugründungs-Förderungsge­setz, die Bundesabgabenordnung, das Abgabenverwaltungsorganisationsge­setz, das Zollrechts-Durchführungsgesetz, das Finanzstrafgesetz, das Bewer­tungsgesetz 1955, das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 sowie das Bundesbahngesetz geändert werden (Abgabenänderungsgesetz 2004 – AbgÄG 2004) (734 d.B.)

14. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (642 d.B.): Bundes­gesetz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen (735 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 13 und 14 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Damit ist die Debatte eröffnet.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. Freiwillige Rede­zeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

 


20.51

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminis­ter! Herr Staatssekretär! Auch zu vorgerückter Stunde liegt uns noch ein weiteres um­fangreiches Gesetzeswerk vor, über das wir hier befinden müssen: das Abgabenände­rungsgesetz 2004.

Ich darf gleich vorweg ankündigen, dass wir uns sehr bemüht haben, jenen Teilen, denen man die Zustimmung geben kann, die Zustimmung auch zu geben: Es handelt sich hiebei um eine Fülle von Änderungen, teilweise judikaturbedingte Änderungen, teilweise Änderungen, die vernünftig sind, und daher haben wir ein relativ kompliziertes Abstimmungsprozedere am Ende dieses Punktes.

Was wir aber nicht tun können, ist, Verbesserungs- und Reparaturarbeiten mit einer Zustimmung zu sanktionieren, die, wenn man in der Vergangenheit die Dinge hand­werklich ordentlich gemacht hätte – nach dem Grundsatz, den zum Beispiel Herr Ab-


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geordneter Walch immer nennt, dass man nämlich zuerst liest, dann denkt und dann spricht –, bei der Beschlussfassung der entsprechenden Gesetze bereits ursprünglich Platz gegriffen hätten. – Ich darf dafür gleich ein plakatives Beispiel anführen.

Sie bringen heute hier eine Änderung beim höchstzulässigen Betrag für die Begünsti­gung des nicht entnommenen Gewinns zur Abstimmung. – Erinnern Sie sich an unsere Diskussionen damals, als das eingeführt wurde: Wir haben erstens kritisiert, dass es keine Obergrenze gab. Dann wurde ein Abänderungsantrag eingebracht. Es wurde ausdrücklich – ich habe das im Ausschuss und hier an diesem Pult getan – darauf hin­gewiesen, dass sich diese Höchstgrenze natürlich pro Steuerpflichtigen und nicht pro Unternehmen zu verstehen hat, denn die Gestaltungsform erlaubt über Personenge­sellschaften eine beliebige Ausweitung derselben. – Das war kein politischer Einwand, sondern das war ein Hinweis darauf, dass es handwerklich schlecht gemacht ist. (Zwi­schenruf des Abg. Neudeck.)

Was ist jetzt? – Eineinhalb Jahre später legt uns die Regierung eine Reparatur vor, mit welcher genau unser damaliger Einwand vollzogen wird. Legen Sie die Scheuklappen ab! Hören Sie bei diesen Dingen zu, und versuchen Sie, vernünftige Dinge auch gleich anzuhören! Den Schaden haben die Steuerzahlerin und der Steuerzahler, denn die Ausnützung der Konstruktion, die Sie zur Reparatur bewegt, bedeutet einen Steuer­ausfall. Es ist dies eine der vielen Millionen, die in der Vollziehung 2004 gesucht wer­den. – Machen Sie es besser, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Zwi­schenruf des Abg. Krainer Abg. Neudeck: Wenn Sie sachlicher wären, wäre es auch besser!)

Ich möchte mich kurz halten, weil wir noch sehr viele Punkte haben, zu welchen auch sehr viel zu sagen ist.

Die Reparaturarbeiten bei der Gruppenbesteuerung machen mittlerweile mehrere Sei­ten Gesetzesänderung aus, bevor das Gesetz überhaupt noch in Kraft getreten ist. Sie produzieren Gesetze einer Art, um ein Beispiel zu nennen, wie wenn man einen Neu­wagen herstellt, bei dem, bevor überhaupt noch der Zündschlüssel vom Kunden um­gedreht wurde, bereits mit Reparaturen begonnen werden muss. – Das ist schlechte Produktion, das ist schlechte Planung und handwerklich falsch gemacht!

Ich verspreche Ihnen auch von hier, dass Sie aus reinen Gründen der Eindämmung der Erosion bei der Körperschaftsteuer noch viel mehr Reparaturen im Hinblick auf diese Gruppenbesteuerung machen werden müssen, denn Sie haben ein Scheunentor geöffnet! Sie haben in Österreich eine Steueroase eröffnet, und Sie haben auch kein modernes Konzern-Steuerrecht geschaffen. Diesen Mangel werden Ihnen die Unter­nehmen noch vorhalten, und wir werden auch nicht müde werden, es Ihnen vorzuhal­ten.

Sie haben Steuergeschenke gemacht und Gestaltungsformen ermöglicht, und Sie wer­den damit bei der Körperschaftsteuer im Vollzug nächstes Jahr und vor allem über­nächstes Jahr Hunderte Millionen Euro an Steuergeldern suchen. Diese werden uns dann fehlen. – Danke, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ und bei Abge­ordneten der Grünen.)

20.55

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Dr. Stummvoll. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


20.55

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nur ein Wort zu meinem Vorredner: Herr Kollege Matznetter! Diese Bundesregierung und diese Mehrheitsfrakti-


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onen machen keine Steuergeschenke, sondern sie machen eine Politik der Steuersen­kung im Interesse der Arbeitsplätze in unserem Land, im Interesse des Wirtschafts- und Arbeitsstandortes Österreich und zur Hebung der Kaufkraft unserer Arbeitneh­mer. – Das ist die Steuerpolitik unserer Bundesregierung, Herr Kollege! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Aber offensichtlich hört er gar nicht zu. (Abg. Neudeck: Er lässt es sich gerade erklä­ren!) Okay.

Meine Damen und Herren! Das, was heute als Abgabenänderungsgesetz vorliegt, ist – seien wir ganz offen! – eine Sammlung von Änderungsvorschlägen, die sich aus der EuGH-Judikatur, aus der nationalen Judikatur, aus Praxis-Erfordernissen, aus innova­tiven Ansätzen – wie das Bonus/Malus-System bei den Dieselpartikelfiltern – und ähn­lichen Dingen mehr ergeben. Ich gebe gerne zu, dass dieses Abgabenänderungsge­setz in seiner Bedeutung gegenüber der großen Steuerreform zurücktritt, gar keine Frage! Letztere war der große Wurf und die große steuerliche Entlastung für die nächs­ten Jahre, das Abgabenänderungsgesetz hingegen ist eine Sammlung notwendiger Anpassungen des Gesetzgebers an Erfordernisse der Praxis, der Judikatur und so weiter.

Ich möchte daher nur ein paar wenige Punkte hervorheben, vor allem jene, wo wir uns wirklich sehr bemüht haben, eine Lösung zu finden.

Zunächst ging es um die Frage der Darlehensgewährung an Gebietskörperschaften: In diesem Zusammenhang wollten wir verhindern, dass die Steuerfreiheit von Zinsen auf Darlehen von Gebietskörperschaften in Zukunft auf Grund der Steuerreform etwa mit dem Instrument der Gruppenbesteuerung kombiniert wird. Das wollten wir bewusst verhindern. Genauso wollten wir aber auch verhindern, dass wir in Konstruktionen ein­greifen, die bisher steuerlich möglich waren. – Ich glaube, wir haben uns diesbezüglich auf eine sehr vernünftige Linie geeinigt: Was bisher steuerlich möglich war, ist auch in Zukunft möglich. Zur Methode, gleichsam nach dem Rosinen-Prinzip aus Steuerrecht alt und Steuerrecht neu eine Konstruktion zu bilden, haben wir jedoch gesagt: Das geht zu weit, denn wir sind als Steuergesetzgeber letztlich in hohem Ausmaß auch für den Staatshaushalt und für das Gesamtbudget verantwortlich.

Ich möchte als zweites Beispiel den ökologisch innovativen Ansatz des Bonus/Malus-Systems bei den Dieselfahrzeug-Partikelfiltern erwähnen. Wir werden noch einen Ab­änderungsantrag einbringen, der eine kleine Änderung vorsieht, die – glaube ich – auf Grund der Markterfordernisse notwendig ist, indem wir einfach sagen: Bei jenen Klein­wagen, bei welchen diese Technologie auch in einem halben Jahr noch nicht vorhan­den sein wird, ist es nicht sinnvoll, ein Bonus/Malus-System einzuführen. Ich kann dem potenziellen Autokäufer nicht sagen: Wenn du dir nicht dieses Auto, das diese Techno­logie schon hat, sondern ein anderes Auto kaufst, dann musst du einen Malus zah­len. – Das geht nicht, daher werden wir hier noch einen Abänderungsantrag einbrin­gen, der für die kleinen Fahrzeuge unter 110 PS beziehungsweise unter 80 KW das Ganze um ein halbes Jahr verschiebt. (Abg. Eder: Da schau her!)

Meine Damen und Herren! Ich erwähne als drittes Beispiel – für die Wirtschaft wahnsinnig wichtig, aber auch für die Stadtentwicklung wichtig –, dass wir die Fünf-Jahres-Fristen bei Betriebsaufgabe bei gemischten Gebäuden jetzt beseitigen, denn diese hat ja bedeutet, dass viele Unternehmer fünf Jahre lang ihr Geschäftslokal leer stehen ließen, weil sie vermeiden wollten, dass die stillen Reserven zu besteuern sind. Das war mit ein Anreiz, dass man in den Kleinstädten und Gemeinden vielfach die Ge­schäfte im Zentrum leer stehen ließ: Man hat sie bewusst aus Steuergründen nicht vermietet.


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Als Letztes: Ich erwähne auch – es trifft sicherlich nur einen Kreis von Anlegern, aller­dings auch viele kleine Anleger –, dass wir de facto die ausländischen Investment-Fonds, was die weißen Fonds betrifft, mit den Inländern gleichstellen. Das heißt, dass die Sicherungssteuer dort wegfällt, wo es zu einer Vereinbarung mit der Bank über entsprechende Ablieferung der KESt kommt.

Insgesamt ist das eine Sammlung von notwendigen Änderungen, wobei ich eine Anre­gung, Herr Finanzminister, aus dem Ausschuss – Sie haben es gehört – hier wiederho­len möchte: Vielleicht sollte man sich wirklich überlegen – damit nicht so viel zusam­menkommt, denn es kommt im Laufe eines Jahres wirklich sehr viel zusammen –, ob wir in Zukunft nicht teilen und einen Teil der notwendigen Anpassungen im Juni und einen zweiten Teil im Dezember vornehmen sollen. – Ich glaube, das wäre durchaus zu diskutieren. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

21.00

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Mag. Kogler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

 


21.00

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Es ist dies ein langes Werk. Ich weiß nicht, wie viele Gesetze unter einem abgeändert werden.

Aber es stimmt: Ich habe im Ausschuss den Vergleich mit dem Budgetbegleitgesetz gezogen, der insofern unrichtig ist, als natürlich manche Dinge sinnvollerweise nicht vorher behandelt wurden, sondern jetzt in einem Aufwaschen. Es sind wirklich viele kleinere Reparaturen darin enthalten, und diese werden wir als solche jetzt nicht kriti­sieren und auch nicht die Vorgangsweise.

Es sind im Übrigen ein paar Punkte darin enthalten, denen wir ausdrücklich zustim­men, und etliche, die wir ablehnen. Ich greife jetzt jeweils einen heraus.

Bevor ich auf Ihre Ausführungen eingehe, Herr Stummvoll, komme ich zu dem Punkt, den wir ablehnen, nämlich zu dem Versuch, bei der so genannten Gruppenbesteue­rung den Geist, der schon aus der Flasche entweicht, sozusagen ein bisschen einzu­fangen. Unseres Erachtens ist das ein sehr dürftiger Versuch, und in der Tat: Ihr Haus hat ursprünglich einen tauglicheren Lösungsvorschlag vorgelegt. Ich will nicht näher darauf eingehen, weil das eine relativ komplizierte Sache ist, möchte aber festhalten: Die ursprünglichen Entwürfe waren für den Fall, dass wir das richtig nachvollzogen haben – sonst korrigieren Sie mich! –, jedenfalls eindeutiger und in der inhaltlichen Auswirkung strenger.

Was mussten wir feststellen? – Sie werden sagen, dass das der Sinn eines Begutach­tungsverfahrens ist. Die Industriellenvereinigung ist mit dem einen oder anderen Text­baustein in der Begründung und Textierung des Gesetzes zu Rate gesprungen, aber siehe da: Das Ganze findet sich im Wesentlichen so wie ehemals wieder. – Wir hätten einen Anlauf begrüßt – und dann auch tatsächlich zugestimmt –, das gesetzestech­nisch wirklich so in den Griff zu bekommen, wie die diesbezüglichen Bemühungen in den Erläuterungen beschrieben wurden, dass nämlich bestimmte Phänomene mit Fir­menwertabschreibung et cetera entsprechend geregelt werden. Sie haben das aber leider wieder begraben, und deshalb stimmen wir nicht zu. Das Ganze ist nämlich – jedenfalls nach unserer Meinung – nicht wirklich eine Korrektur, sondern eine Schein­kosmetik. Deshalb geben wir dazu nicht unsere Zustimmung.

Nun zu etwas ganz anderem, in diesem Fall zur Frage der Normverbrauchsabgabe und auch zur Mineralölsteuer und den entsprechenden Novellen. Diesfalls geben wir


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jetzt zweimal unsere Zustimmung, anders im Übrigen als im Ausschuss: Dort waren wir betreffend Mineralölsteuer noch sehr skeptisch. Wir haben in Aussicht gestellt, dass wir uns die Sache noch einmal anschauen und besprechen werden. – Kollege Schultes ist gerade noch da, der an unserem Abstimmungsverhalten besonders interessiert war.

Wir kamen zu folgendem Ergebnis: Bei der Normverbrauchsabgabe stimmen wir zu, obwohl wir schon festhalten wollen, dass das ein sehr kleiner Schritt in die so genannte richtige Richtung ist, aber immerhin.

Jetzt möchte ich auf Ihre Ausführungen gleich als Erstes eingehen, Herr Kollege Stummvoll! Unserem Verständnis nach wirken Ökosteuern – als Überbegriff – bezie­hungsweise ökologische Elemente von steuerlichen Ausgestaltungsmerkmalen sehr wohl auch so, dass die Anbieter auf dem Markt zu irgendwas angereizt werden sollen und nicht bloß die Käufer erst am Ende der Etappe. Eine wirkliche Ökosteuer funktio­niert, indem sie in das Gesamtgefüge der Preis- und Kostenrelationen eingreift.

Insofern wäre eine höhere Spreizung auch bei jenen PKW möglich, bei welchen es diese Technologie noch nicht gibt, obwohl das auch nicht stimmt, denn es gibt be­stimmte PKW-Marken auch in dieser Klasse, die sehr wohl schon diese Technologie verfügbar hätten. Gerade das war eigentlich ein Grund, es auch dort zu machen, denn genau die sollen aus diesem Anreizphänomen heraus den Vorteil ziehen. Nur weil ein paar Marken das noch nicht im Sortiment haben, kann man nicht sagen: Das soll nicht sein! – Ich glaube, genau das geht an der Idee der Lenkungsfunktion von Ökosteuern vorbei. – Das würde sinnvollerweise auch für Anbieter gelten. Da ist eigentlich der Ge­danke implementiert, dass langfristig Volkswirtschaften, bei denen die steuerliche Be­messung in eine solche Richtung umgestellt wird, geradezu einen „first mover advan­tage“ haben könnten.

In Österreich ist das nicht aus der Welt, denn wir haben mittlerweile – Gott sei Dank!, das sage ich auch dazu – in der Motorentechnologie und Abgastechnologie durchaus auch in Forschung und Entwicklung etwas anzubieten.

Da so zurückhaltend zu sein, scheint mir übertrieben zu sein. Jedenfalls ist es aus meiner Sicht ein falscher Zugang, wenn man sagt: Weil noch nicht jede Marke in einem bestimmten Sortiment beziehungsweise in einer Produktgruppe das schon im Angebot hat, muss das im betreffenden Fall abgeschwächt oder zurückgenommen werden. Damit wird nämlich aus meiner Sicht die Lenkungsidee einer Ökosteuer verkannt.

Im dem von Ihnen so bezeichneten Bonus-Malus-System greift diese Maßnahme schon. In Wahrheit läuft das auf eine Spreizung des Steuersatzes hinaus. Unsere Idee wäre natürlich, das – wie wir es sonst auch im Großen haben – mit einem viel größeren Wurf aufkommensneutral umzugestalten: Gesamtaufkommen und Normverbrauchsab­gabe bleiben im Wesentlichen gleich, es wird aber eine viel deutlichere Spreizung als jetzt vorgesehen. Die Spreizung ist auch durch diese Bonus-Malus-Anreize nur sehr, sehr gering. Man könnte nämlich durchaus beim so genannten Malus – ich würde es dann aber nicht mehr so nennen – höher hinaufgehen, beim Bonus hingegen weiter hinunter.

Man kann das natürlich mit ein paar Mengeneffekten ungefähr aufkommensneutral abschätzen, damit sich das dann auch alles ausgeht. Diese Berechnungen wurden leider nicht einmal angestellt. Ich habe im Ausschuss danach gefragt. Es geht eigent­lich – wie Sie sagten – quasi um eine psychologische Anreizwirkung. Das ist auch gut, dem stimmen wir auch zu.

Ich hätte die Zeit nur längst für reif gehalten, dass wir auch ökologische Steuerungs­elemente in die einzelnen Abgabentypen dort einbauen, wo es gut funktioniert, und die


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Normverbrauchsabgabe wäre tatsächlich eine solche. Ihrem Namen nach weist sie schon darauf hin, dass der Flottenpark entsprechend umgestellt werden könnte.

Jetzt am Schluss kann ich noch ankündigen, dass wir noch einen diesbezüglichen Ent­schließungsantrag einbringen werden, in welchem die Grünen ihrer Meinung Ausdruck verleihen, dass natürlich selbstverständlich bei Bussen, aber erst recht bei Lkw genau das gleiche Prinzip greifen sollte. Betreffend diesen Bereich halten Sie sich mehr oder weniger nobel zurück. Wir bedauern das, denn dort wäre eigentlich das Gros an diesen Partikeln via Filter einzufangen und nicht bloß bei der PKW-Flotte. Das gilt natürlich auch für die anderen motorisierten Fahrzeuge, etwa für Pistenraupen et cetera, auch bei diesen könnte man überall ähnliche Dinge ansetzen.

Das gilt im Übrigen ebenso für den Mineralsteuerbereich, in dem es um die Beimi­schung von Kraftstoffen geht. Es wäre sinnvoller, zum Beispiel bestimmte Geräte ge­rade dort ganz konzentriert ausschließlich mit diesen biogenen Treibstoffen auszustat­ten, wo die Natur sehr bedroht ist. Das ist technologisch schon möglich. All das tun Sie aber nicht, sondern Sie begnügen sich einmal mit diesen Beimengungsgeschichten.

Dazu sagen wir: Okay, das ist auch gut, aber grosso modo werden wir die Probleme mit diesen sehr, sehr kleinen Schritten nicht lösen! – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.07

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Bucher. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

 


21.08

Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses Abgabenände­rungsgesetz beinhaltet 20 Gesetzesänderungen, die, wie meine Vorredner schon ge­sagt haben, einerseits EU-bedingt sind, andererseits praktikablere Lösungen für die steuerliche Behandlung bieten.

Es geht – um drei Beispiele herauszugreifen – beim Einkommensteuergesetz darum, dass die Betriebsaufgabe erleichtert wird. Wir wissen, dass es in der Vergangenheit auf diesem Gebiet sehr grobe Mängel gegeben hat und viele Unternehmer nicht wuss­ten, wie sie ihr Unternehmen auflösen sollen. Es geht auch um die Lohnberechnung, also die Lohnkontoführung im Ausland. Und es geht bei der Kommunalsteuer-Berechnung beispielsweise darum, dass die ÖBB als ganzes Unternehmen die Kom­munalsteuer berechnen können und diese Kommunalsteuer dann auf die einzelnen betroffenen Gemeinden aufgeteilt wird.

Im Neugründungsförderungsgesetz geht es auch darum, dass Unternehmensleitungen, also Beteiligte, erst nach zwei Jahren wieder als Beteiligte im Unternehmen beschäftigt werden können.

In Summe sind das Gesetzesänderungen, die notwendig sind und auch eine Erleichte­rung in der Steuerbehandlung darstellen.

Ich möchte aber, weil der Herr Finanzminister heute schon so gelobt wurde, auch eine aktuelle Diskussion einbringen, die jetzt in den Zeitungen sehr oft angesprochen wur­de, nämlich die Besteuerung des Trinkgeldes. Wie Sie wissen, hält sich meine Sympa­thie betreffend Ihr Ansinnen in diese Richtung in Grenzen. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich kann mir nämlich nicht vorstellen, dass wir auf diese Art und Weise die Dienstleis­tungsqualität in Österreich aufrechterhalten können, vor allem auch im wichtigen Be­reich des Tourismus, wo vor allem auch die kleinsten und kleinen Einkommensbezie-


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her betroffen sind. Ich glaube, dass es auch im europäischen und internationalen Ver­gleich nirgendwo eine Abhandlung in dieser Form gibt und wir danach trachten müs­sen, dass vor allem die Dienstleistungsqualität in der Form, in der sie in Österreich so wettbewerbsstark zum Ausdruck kommt, auch erhalten bleibt.

Ich würde also in dieser Richtung schon signalisieren, dass unsere Partei für eine Be­steuerung des Trinkgeldes nicht zur Verfügung steht, und hoffe, dass wir zukünftig eine andere Möglichkeit finden. Aber wir tasten sicher nicht das Trinkgeld an, weil ich ganz einfach der Überzeugung bin, dass das kein dienlicher Weg ist, um in Österreich vor allem die Bezieher von kleinen Einkommen glücklich zu machen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.10

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Eder. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


21.11

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich mit jenen zwei Punkten des Abgabenänderungsgesetzes beschäftigen, mit denen sich auch Kollege Kogler beschäftigt hat, nämlich mit dem Bonus-Malus-System bei der Rußpartikelfilterfrage. Ich darf hier klar festhalten, dass meine Fraktion dem Vorschlag der Regierung nicht zustimmen wird. Ich kenne auch den Abänderungsantrag, den Kollege Stummvoll kurz referiert hat, nicht. Ich halte ihn allerdings für zielführend und meine, er geht in die richtige Richtung, denn es hat ja keinen Sinn, eine Abgabe dort einzuführen, wo auf dem Markt ja nicht einmal die Fahrzeuge vorhanden sind, vor al­lem in den kleineren Dieselbereichen. Vielleicht kann hier wirklich in diese Richtung noch etwas repariert werden. Das würde ich für sehr sinnvoll halten.

Zum Zweiten darf ich zur Beimischung bei Biodiesel und Bioethanol bei Benzin festhal­ten: Die sozialdemokratische Fraktion wird diesem Punkt die Zustimmung geben, weil wir es für vernünftig gehalten haben, dass der Inkrafttretungstermin, vor allem was Bioethanol, also die Benzinbeimischung anbelangt, nicht 1. Oktober 2006, sondern nunmehr 1. Oktober 2007 ist. Wir haben mit der Landwirtschaft Gespräche geführt, wir haben auch mit der Industrie, die diese Rohstoffe herstellt, Gespräche geführt. Es war im Sinne aller, sowohl im Sinne der Landwirtschaft, die entsprechende Vorlaufzeiten braucht, um die Produkte überhaupt anzubauen, als auch der Industrie, die diese Pro­dukte herstellt, vernünftig, denn wäre das nicht so gekommen, dann hätte es mehr Steuer auf jenen Treibstoff gegeben, der nicht mit biogenen Stoffen zur Verfügung steht. Das wäre auch für die Autofahrer nicht verständlich gewesen. Ich bin daher sehr froh, dass man diese beiden Punkte in dieser Form behandeln konnte, und danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.13

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Dr. Mitterlehner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


21.13

Abgeordneter Dr. Reinhold Mitterlehner (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Staatssekre­tär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Abgabenänderungsgesetz finden sich aus unserer Sicht im Wesentlichen positive Veränderungen. Einige Veränderungen, die geplant wurden, stehen nicht im Gesetz, das finden wir positiv, beispielsweise wenn es um die Zessionskredite und Verschlechterungen in diesem Bereich gegangen wäre.

Was wir aber als sehr positiv bewerten, sind vor allem drei Fakten, gerade aus der Sicht, weil wir jetzt immer von der Entleerung der ländlichen Räume reden. Und zwar


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ist hier der eine sehr positive Punkt die Änderung, was die Gebäudebegünstigung bei Betriebsaufgaben anbelangt. Hier haben wir die Situation gehabt, dass vor allem Ver­mietung und Verpachtung nicht steuerschonend möglich waren. Das wird jetzt geän­dert.

Es ist gelungen, auch im Veräußerungsfall die Fünfjahresgrenze beizubehalten und nicht auf zehn Jahre auszuweiten. Das heißt, im Endeffekt werden wir mit dieser Maß­nahme besonders im Regionalbereich, im entlegenen Regionalbereich die Betriebs­übergabe erleichtern. Das ist ausgesprochen positiv. Das gilt natürlich auch für den städtischen Bereich, wo jetzt manche Straßen mit leeren Geschäftslokalen bestückt sind, gekennzeichnet sind. Auch das wird sich durch diese Maßnahme wesentlich verbessern.

Eine zweite Maßnahme in Richtung Chancengleichheit im ländlichen Raum soll eben­falls positiv herausgestrichen werden: § 33 Abs. 8 Einkommensteuergesetz. Es wird für Grenzgänger auch die Möglichkeit bestehen, dass sie in den Genuss der so genannten Negativsteuer kommen, wenn es eben um den Grenzgängerabsetzbetrag geht. Das heißt, Lehrlinge in diesem Bereich werden mit Lehrlingen aus anderen Bereichen gleichgesetzt. Die haben eben im regionalen Bereich, im Grenzbereich nicht diese Chancen gehabt wie andere und sind auf Lehrstellen im Ausland angewiesen.

Dritter Punkt: Für den Standort besonders positiv ist die Möglichkeit einer Verord­nungsermächtigung für die steuerliche Erleichterung des Zugangs, wenn es um Wis­senschaftler aus dem Ausland geht. Positiv dabei ist, dass diese Verordnungsermäch­tigung nicht nur für den universitären Bereich gilt, sondern insbesondere auch für den Bereich der Wirtschaft. Wir glauben, dass wir gerade in diesem Bereich unsere Regu­larien, was ausländische Forscher anbelangt, dringend ändern müssen, denn im End­effekt wird es darum gehen, Anreize zu schaffen und nicht nur Regelungen, die in der Weise eigentlich schon längst von der Vergangenheit überholt sind. Daher ist das eine besonders zukunftsweisende Maßnahme, die auch für den Standort Österreich positiv ist.

Last but not least auch noch eine Bemerkung zur Förderung der Dieselpartikelfilter. Wir glauben, das ist eine richtige Maßnahme, jetzt gesplittete Zeitpunkte vorzusehen. Für Autos über 80 KW, also 110 PS, gilt das ab 1. Juni nächsten Jahres, und für alle ande­ren, die jetzt noch nicht verfügbar sind, bessere Vorbereitungszeit, wird das erst ab 1. Jänner des Jahres 2006 gelten. Das heißt, es gibt also Möglichkeiten einer entspre­chenden Vorbereitung.

Insgesamt, meine Damen und Herren, ist daher das Abgabenänderungsgesetz, wie es vorliegt, eine Maßnahme, die einerseits den Standort stärkt und andererseits durchaus auch auf Umweltgerechtheit Rücksicht nimmt. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.16

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Sburny. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


21.16

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte gleich noch einmal anschließen beim Norm­verbrauchsabgabegesetz, weil nämlich ein Punkt hier noch nicht erwähnt wurde, den ich nicht ungesagt lassen will. Kollege Kogler hat bereits angesprochen, was in diesem Gesetz, das wir an und für sich trotz aller Mängel befürworten, nicht drinnen ist und was wir für ein grobes Versäumnis halten, nämlich dass es keinerlei Aktivität in Rich­tung LKW und Busse gibt.


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Das Zweite, was eben hier noch nicht gesagt wurde und was mindestens genauso wichtig ist, ist, dass es auch keinerlei Aktivitäten im Hinblick auf Nachrüstfilter bei PKWs gibt. Wenn man sich anschaut, dass auf Grund der derzeitigen steuerlichen Be­günstigung von Diesel in Österreich über 2 Millionen Diesel-PKW in Betrieb sind, dann sieht man, dass das in etwa die Hälfte der Fahrzeugflotte insgesamt ist. Das heißt, dass hier tatsächlich ein großer Nachholbedarf besteht.

Diese zwei Punkte sind offen. Es wäre wirklich zu wünschen, dass auch in diesem Be­reich noch etwas geschieht, vor allem im Hinblick darauf, dass diese Feinstaubbelas­tung nachweislich krebserregend ist und da vor allem Kinder betroffen sind. Aus unse­rer Sicht gibt es hier dringenden Handlungsbedarf.

Zum Zweiten, ich habe das im Ausschuss schon angesprochen. Das, was aus meiner Sicht in diesem Gesetz inakzeptabel ist, ist Ihre Bemerkung über Gender Mainstrea­ming. Ich habe schon gesagt, ich werde Ihnen das bis zum Plenum auch noch mit kon­kreten Zahlen nahe bringen. Sie schreiben in den Erläuterungen: „Gender Mainstrea­ming – Auswirkungen auf Männer und Frauen“ – was ja jetzt neuerdings bei jedem Gesetz ausgewiesen sein muss –: „Die Änderungen im vorliegenden Entwurf lassen eine sinnvolle Zuordnung zu Männern und Frauen nicht zu.“

Ich halte diese Bemerkung für eine reine Provokation. Es ist nicht nicht zuordenbar, sondern es ist rein politischer Wille, ob Sie sich das einmal antun wollen, die Auswir­kungen derartiger Gesetze Männern und Frauen zuzuordnen. Ich möchte Ihnen in die­sem Zusammenhang, weil es auch um die Mineralölsteuer geht und immer wieder auch um die Fahrzeuge, um den Individualverkehr und um den öffentlichen Verkehr, eine Studie zitieren, die der VCÖ, der Verkehrsclub Österreich, gemacht hat.

In der Studie „Frauen & Mobilität“ wird festgestellt, dass es unterschiedliches Mobili­tätsverhalten von Männern und Frauen gibt. Zum einen wird festgestellt, dass Frauen sehr viel mobiler sind als Männer, das heißt, pro Tag sehr viel mehr und sehr viel län­gere unterschiedliche Wege zurücklegen als Männer, Männer nämlich zirka drei Wege, also in die Arbeit und zurück und vielleicht noch in die Freizeit irgendwo hin und zu­rück, während Frauen bis zu acht Wege am Tag zurücklegen. (Zwischenruf des Abg. Großruck.) Herr Kollege Großruck, ich kann mir vorstellen, dass Sie damit überhaupt nichts anfangen können. (Abg. Großruck: Was soll die Statistik?) – Ich werde es Ihnen gleich erklären. Sie brauchen nur bis zum Schluss zuzuhören. Frauen legen also bis zu acht Wege zurück, indem sie nämlich Kinder in den Kindergarten bringen, dann zur Arbeit gehen, dann noch einkaufen gehen, dann wieder nach Hause. Von Freizeit ist ja ohnehin meistens nicht mehr viel zu sehen. Aber immerhin legen sie mehr als das Doppelte der Wege zurück.

Kollege Großruck! Das Entscheidende in diesem Zusammenhang ist, Frauen legen diese Strecken wesentlich weniger oft mit dem Auto zurück und wesentlich mehr zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Das ist doch sehr lobens­wert, könnte man meinen, wenn man sich zum Beispiel diese Sache mit dem Fein­staub anschaut und weiters, wohin der zunehmende Individualverkehr führt.

Das heißt, es wären sehr leicht Auswirkungen festzustellen, wie sie sich für Frauen beziehungsweise für Männer darstellen, wenn man den öffentlichen Verkehr oder zum Beispiel das Radwegenetz ausbaut im Vergleich zur Unterstützung des Individualver­kehrs. Dort wären sehr leicht Punkte abzuleiten, und man könnte in so ein Gesetz auch Entsprechendes hineinschreiben und müsste nicht auf diese sehr allgemeine Formel, da wissen wir leider noch nichts, denn wir haben uns noch nicht darum gekümmert, zurückgreifen. Vielleicht wird sich da irgendwann doch auch einmal etwas ändern. (Bei­fall bei den Grünen.)

 


21.21


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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Dr. Spindelegger. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


21.21

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Staatssekre­tär! Hohes Haus! Wir haben im Zusammenhang mit diesen Materien auch eines wieder gelernt: Viele Fragen liegen im Detail, die einer ganz intensiven Diskussion bedürfen, und erst durch diese Diskussion wird oft eine Regelung getroffen, die genau den politi­schen Willen umsetzt, sodass punktgenau tatsächlich eine Steuerung in Steuergeset­zen bewirkt wird. Ich glaube, dass wir gerade in der Frage der Darlehensgewährung von Gebietskörperschaften jetzt eine Regelung vorsehen, die auch praxisgerecht ist. Ich möchte mich beim Herrn Bundesminister und Herrn Staatssekretär und bei seinem Haus dafür bedanken, dass in diesen intensiven Diskussionen eine gute Lösung ge­lungen ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Zum Zweiten, meine Damen und Herren, möchte ich noch auf die Fragen im Zusam­menhang mit Dieselpartikelfiltern eingehen. Ich glaube, dass wir auch da eine praxis­gerechte Lösung gefunden haben. Ich unterscheide mich da auch durchaus vom Kol­legen Kogler, der meinte, es muss zuerst einmal ein Anreiz geschaffen und dann das Angebot entsprechend angepasst werden. Ich hielte es für extrem ungerecht, wenn man gerade bei Kraftfahrzeugen unter 80 KW ein derartiges Angebot nicht oder nur in einem sehr eingeschränkten Ausmaß hätte und den Kunden sozusagen zu bestimmten Marken hinleitete. Ich glaube, das wäre nicht praxisgerecht und auch von der Politik nicht in Ordnung. Es geht ja nicht darum, jetzt bestimmte Marken ins Zentrum zu stel­len, sondern es geht darum, dem Käufer diese Entscheidung zu überlassen und von der Politik ein Anreizsystem zu schaffen, damit man sich auch stärker bewusst macht, wie man mit der entsprechenden Technologie auch weniger Schadstoffausstoß bewir­ken kann.

Ich glaube, auch in diesem Punkt gibt es jetzt durch den Abänderungsantrag, den Kol­lege Fasslabend einbringen wird, eine praxisgerechte Lösung, und wir können mit die­sem System einen weiteren Schritt in Richtung einer öko-sozialen Marktwirtschaft ge­hen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.23

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Hagenhofer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


21.24

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Ab­gabenänderungsgesetz wird auch einer erfolgreichen Verfassungsgerichtshofbe­schwerde der Arbeiterkammer Niederösterreich Rechnung getragen, und zwar inso­fern, als eben Aufwendungen für Universitäten oder allgemeinbildende höhere Schu­len, nämlich unter der Voraussetzung, dass dann tatsächlich ein anderer Beruf ausge­übt wird, als Werbungskosten absetzbar sind.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir Sozialdemokraten wollen dazu – und ich mache das jetzt – einen Abänderungsantrag einbringen. Frau Präsidentin, ich ersuche Sie um Vervielfältigung und Verteilung.

Der Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Matznetter und Marianne Hagenhofer soll in den Kernpunkten aussagen, dass zum einen klargestellt wird, dass auch das Nachholen von Hauptschulprüfungen und die Kosten der Berufsreifeprüfung als Wer­bungskosten anzuerkennen sind. Zum Zweiten geht es um die Partikelfilter. Da ja für zahlreiche Dieselmotorenmodelle noch keine Partikelfilter serienmäßig erhältlich sind


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und auch 2006 nicht erhältlich sein werden, soll die in der Regierungsvorlage vorgese­hene Steuererhöhung, die einer Bestrafung der Käufer bestimmter PKW-Modelle gleichkommt, nicht umgesetzt werden.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsparteien! Ich ersuche Sie, unserem Abänderungsantrag zuzustimmen. Zum einen hilft er der Förderung der Facharbeiterausbildung, und zum anderen unterstützt er natürlich auch den wissens­basierten Standort Österreich. Das kommt wiederum der Wirtschaft und den Arbeit­nehmern zugute. Weiters sollten nicht PKW-Fahrer bestraft werden, für deren Modelle es noch keine entsprechenden Partikelfilter gibt. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

21.26

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe bekannt, dass der soeben in seinen Kernpunkten erläuterte Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Matznetter, Hagen­hofer, Kolleginnen und Kollegen auch schriftlich überreicht wurde und genügend unter­stützt ist; er steht daher mit in Verhandlung.

Ich habe veranlasst, dass dieser Antrag gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung vervielfältigt wird und zur Verteilung gelangt. Im Übrigen wird dieser Antrag auch dem Stenographischen Protokoll beigedruckt werden.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Matznetter, Hagenhofer und KollegInnen zum Bericht des Wirt­schaftsausschusses über die Regierungsvorlage (686 d.B.): Abgabenänderungsge­setz 2004 – AbgÄG 2004 (734 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

1. Art. I Z 3 lautet:

„3. § 4 Abs. 4 Z 7 lautet:

,7. Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten Tätigkeit und Aufwen­dungen für umfassende Umschulungsmaßnahmen, die auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen. Als Umschulungsmaßnahmen gelten auch Aufwen­dungen, die in Zusammenhang mit dem Besuch einer allgemeinbildenden (höheren) Schule oder einer berufsbildenden mittleren oder höheren Schule oder einer Haupt-


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schule oder dem Abschluss einer Berufsreifeprüfung stehen, sowie Aufwendungen, die einen entsprechenden Schulabschluß bezwecken. Aufwendungen für Nächtigungen sind jedoch höchstens im Ausmaß des den Bundesbediensteten zustehenden Nächti­gungsgeldes der Höchststufe bei Anwendung des § 13 Abs. 7 der Reisegebührenvor­schrift zu berücksichtigen.’“

2. Art. I Z 9 lautet:

„9. § 16 Abs. 1 Z 10 lautet:

,10. Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten Tätigkeit und Aufwen­dungen für umfassende Umschulungsmaßnahmen, die auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen. Als Umschulungsmaßnahmen gelten auch Aufwen­dungen, die in Zusammenhang mit dem Besuch einer allgemeinbildenden (höheren) Schule oder einer berufsbildenden mittleren oder höheren Schule oder einer Haupt­schule oder dem Abschluss einer Berufsreifeprüfung stehen, sowie Aufwendungen, die einen entsprechenden Schulabschluß bezwecken. Aufwendungen für Nächtigungen sind jedoch höchstens im Ausmaß des den Bundesbediensteten zustehenden Nächti­gungsgeldes der Höchststufe bei Anwendung des § 13 Abs. 7 der Reisegebührenvor­schrift zu berücksichtigen.’“

3. Im Art. XII Z 2 entfällt § 14a Abs. 1 Z 2.

Begründung:

Zu 1. und 2.

Es soll klargestellt werden, daß auch Aufwendungen für den Besuch von allgemeinbil­denden höheren Schulen oder einer berufsbildenden mittleren oder höheren Schule und Hauptschulen oder für den Abschluss einer Berufsreifeprüfung Werbungskosten sind, wenn bereits ein bestimmter Beruf ausgeübt wird. Dasselbe gilt für die Nachho­lung von Abschlüssen für diese Schulen und Prüfungen.

Zu 3.

Eingedenk des Umstandes, daß derzeit für zahlreiche Dieselmotorenmodelle noch keine Partikelfilter serienmäßig erhältlich sind und auch 2006 nicht erhältlich sein wer­den, soll die in der Regierungsvorlage vorgesehene Steuererhöhung, die einer Bestra­fung der Käufer bestimmter PKW-Modelle gleichkommt, nicht umgesetzt werden. Die von den Regierungsparteien vorgesehene Deckelung der NOVA-Erhöhung führt dazu, dass kleine und verbrauchsarme Fahrzeuge deutlich höher belastet werden als große und verbrauchsstarke Fahrzeuge. Das ist weder verteilungspolitisch, noch von einem ökologischen Gesichtspunkt aus gesehen sinnvoll. Die Steuerermäßigung für Käufer von Modellen, die einen Partikelfilter eingebaut haben, wird als ökologisch sinnvoll er­achtet und soll deshalb umgesetzt werden.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Ing. Schultes. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


21.27

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wir haben heute einen interessanten Beschluss im Mine­ralölsteuergesetz. Wir wissen, dass unsere Rohöllieferungen nach Österreich aus sehr dubiosen Quellen kommen. Wie man sieht, Saudi-Arabien gefährdet, Libyen interes­sant, Nigeria interessant, Aserbaidschan auch gerade kein Urlaubsland. 2002 hat der Irak auch noch zu unseren Lieferanten gezählt. Wir werden in Zukunft auch bessere Quellen haben.

Wir haben das Matzner Feld und in Zukunft auch die österreichischen Äcker, weil wir heute beschließen werden, dass wir Biokraftstoffe unserem Treibstoff beimischen wer­den. Die Pflanzen unserer Äcker schaffen Stärke, Zucker und Öl. Aus diesem verlässli­chen Sonnenenergiespeicher werden wir in Zukunft Biokraftstoffe herstellen, für unsere Autos, für den Straßenverkehr.

Es gibt drei gute Gründe dafür: erstens die Verbesserung unserer Energieversor­gungssicherheit, zweitens die Schaffung zahlreicher neuer Arbeitsplätze in Österreich. Drittens: Es wird ein Teil unserer aktiven Klimaschutzpolitik sein, und wir kommen da­mit dem Kyoto-Ziel zumindest ein kleines Stück näher. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Ich freue mich auch, dass in der Frage des Partikelfilters eine gute Lösung gefunden werden konnte, und bin erfreut darüber, dass ich das unterstützen darf.

Zur Frage der Mineralölsteuer: Es ist gut, dass zumindest die Sozialdemokraten mit­stimmen. Was bei den Grünen los ist, verstehe ich nicht. (Abg. Dr. Pirklhuber: Wir haben das gerade geklärt! – Abg. Neudeck: Sie stimmen ja jetzt zu!) Ist es gerade gekommen? – Dann freue ich umso mehr, dass auch die Grünen Bewegung zeigen und in dieser wichtigen Frage alles gelöst ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitli­chen.)

21.28

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Moser. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


21.29

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Mein lieber Herr Vorredner! Sie sind wirklich nicht sozusa­gen am Zahn (ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen – Abg. Broukal: Am Puls der Zeit!) oder auf dem letzten Stand der Entwicklungen. Ich will ja nicht sagen, dass Sie sozusagen am Zahnfleisch hier heraußen argumentiert haben. Aber Sie haben es sehr wohl verabsäumt, unsere konstruktive Herangehensweise an diese Problematik zu würdigen.

Wir tragen ja Ihren Entschluss mit, obwohl wir deutlich artikulieren, dass diese Sprei­zung der Normverbrauchsabgabe wirklich nur ein kleiner Schritt ist, um diese Unver­hältnismäßigkeit zu beseitigen, die da bei dieser ganzen Dieselbesteuerung besteht. Der Diesel hat eine privilegierte Stellung in Österreich, und das völlig zu Unrecht, was Gesundheitsaspekte anlangt. Gesundheitspolitisch und verkehrspolitisch ist nicht nachvollziehbar, dass der Dieselpreis so niedrig ist. (Abg. Eder: Richtig!) Sie brauchen ja nur die neuesten Publikationen zu lesen. Es ist ja eklatant gesundheitsgefährdend, was bei diesen Rußpartikeln auf die Leute zukommt.

Die Kinder haben geringere Lungenwachstumsraten. Das Immunsystem wird stark beeinträchtigt. Die Zahl der Krankheitsfälle erhöht sich. An die 3 000 Leute sterben in Österreich jährlich daran, dass zu viel Feinstaub in der Luft ist. Das wird Jahre hin­durch in diesem Haus einfach toleriert. Und jetzt gibt es den ersten Ansatzpunkt, den tragen wir mit, nur dieser erste Ansatzpunkt hinkt hinten und vorne (Abg. Neudeck: Hinken kann man nur rechts und links!), weil er nämlich nur die PKW betrifft und nicht die LKW und nicht die Busse.

Da müssen wir etwas tun, wenn man diesem ganzen Gefährdungspotential wirklich die Stirn bieten will, und das ist aus gesundheitspolitischen Gründen notwendig. Morgen wird wieder über die Gesundheitsreform diskutiert. Heute sollte gesundheitspolitisch endlich etwas unternommen werden gegen diese Belastung durch diese Feinstäube und diese Partikel, die durch Dieselabgase entstehen, vor allem bei LKW und Bussen.

Deshalb bringen wir noch einen Antrag im Zuge dieser Debatte ein, der lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend weitergehende Maßnahmen gegen die von Diesel-Kfz ausgehende Fein­staubbelastung in Österreich

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Land- und Forstwirt­schaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, der Bundesminister für Verkehr, Innovation und


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Technologie sowie der Bundesminister für Finanzen werden aufgefordert, umgehend zielführende Initiativen und Förderanreize für die Nachrüstung von dieselbetriebenen PKW mit Partikelfiltern zu setzen.

Die Bundesregierung wird weiters aufgefordert, für eine Veränderung der Rahmenbe­dingungen dahin gehend Sorge zu tragen, dass die Ausrüstung von LKW und Bussen mit Partikelfiltern bei Neufahrzeugen ebenso wie bei Gebrauchtfahrzeugen baldmög­lichst durchgesetzt werden kann.

Die Bundesregierung wird diesbezüglich insbesondere aufgefordert, die nötigen Schrit­te für die Umsetzung derartiger Maßnahmen auch auf europäischer Ebene zu setzen sowie mit Nachdruck für die Verschärfung bestehender europäischer und nationaler Regelungen zur Reduktion der Gesundheitsbelastung durch verkehrsbedingte Luftver­schmutzung einzutreten.

*****

Wenn Sie Ihre eigenen gesundheitspolitischen Vorstöße morgen in einem Mindestmaß glaubwürdig erscheinen lassen wollen, dann müssen Sie hier und heute bei diesem Entschließungsantrag betreffend die Reduktion dieser Schadstoffbelastungen durch Diesel mit uns mitstimmen. Sonst wird das alles unglaubwürdig, was Sie in der Ge­sundheitsdebatte immer wieder anführen.

Deswegen noch zum Schluss ein einziger Hinweis: Im Jahr 1990 waren 400 000 PKW in Österreich dieselbetrieben. Bei den LKW und Bussen waren es meistens 100 Pro­zent. Und jetzt, 14 Jahre später, sind es 1 800 000. Dieser eklatante Anstieg, diese mehr als Vervierfachung des Dieselbetriebes hat vehemente gesundheitspolitische Konsequenzen, und wir haben hier einen Antrag eingebracht, mit dem diese Belastung zurückgedrängt und ihr Einhalt geboten werden soll, und den bitte ich Sie mitzutra­gen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

21.33

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, wurde ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend weitergehende Maßnahmen gegen die von Diesel-Kfz ausgehende Fein­staubbelastung in Österreich

eingebracht im Zuge der Debatte über Bericht des Finanzausschusses über die Regie­rungsvorlage (686 d.B.): Abgabenänderungsgesetz 2004 – AbgÄG 2004 (734 d.B.)

In Artikel XII des Abgabenänderungsgesetzes 2004 ist ein Anreizsystem enthalten, das über eine Bonus-Malus-Regelung bei der Normverbrauchsabgabe zur beschleunigten Marktdurchdringung von Partikelfiltern beitragen soll. Dies ist bei der dringend zu lö­senden Frage der Feinstaubbelastung durch Dieselabgase ein erster kleiner Schritt in die richtige Richtung. Aus Sicht der Grünen wäre gleichwohl eine deutlich größere Spreizung und eine mindestens gleich hohe Dimensionierung des „Malus“ sinnvoll und erforderlich wäre, sowie die Beendigung der mehrfachen ungerechtfertigten steuerli­chen Besserstellung von Diesel-Kfz in Österreich.


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Für die Frage des Partikelausstoßes insgesamt ist allerdings relevanter, dass auch bei neuen oder gebrauchten LKW und bei der enormen Diesel-Bestandsflotte bei PKW Anreize für eine Ausrüstung bzw. Nachrüstung mit Partikelfiltern gesetzt werden. Lei­der bleibt dieser Handlungsspielraum derzeit in Österreich ungenutzt, obwohl ver­kehrspolitische Vertreter der Regierungsparteien sich wiederholt für Nachrüstfilter aus­gesprochen haben, so etwa ÖVP-Verkehrsstaatssekretär Kukacka im Nationalrats­wahlkampf 2002. Damit drohen deutliche Schadstoffminderungspotenziale auf Jahre ungenutzt zu bleiben. Dies wäre gesundheits- und umweltpolitisch verantwortungslos und würde überdies anderweitige verkehrsbeschränkende Maßnahmen wie zeitliche und örtliche Fahrverbote in den zahlreichen betroffenen Regionen Österreichs endgül­tig unausweichlich machen. Neben dem nunmehr vorliegenden Anreizsystem für Neu-PKW sind daher Fördermaßnahmen für die Nachrüstung von Pkw mit Partikelfilter so­wie Maßnahmen im LKW- und Bus-Bereich dringend erforderlich.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Land- und Forstwirt­schaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie sowie der Bundesminister für Finanzen werden aufgefordert, umgehend zielführende Initiativen und Förderanreize für die Nachrüstung von dieselbetriebenen Pkw mit Partikelfiltern zu setzen.

Die Bundesregierung wird weiters aufgefordert, für eine Veränderung der Rahmenbe­dingungen dahingehend Sorge zu tragen, dass die Ausrüstung von Lkw und Bussen mit Partikelfiltern bei Neufahrzeugen ebenso wie bei Gebrauchtfahrzeugen baldmög­lichst durchgesetzt werden kann.

Die Bundesregierung wird diesbezüglich insbesondere aufgefordert, die nötigen Schrit­te für die Umsetzung derartiger Maßnahmen auch auf europäischer Ebene zu setzen sowie mit Nachdruck für die Verschärfung bestehender europäischer und nationaler Regelungen zur Reduktion der Gesundheitsbelastung durch verkehrsbedingter Luft­verschmutzung einzutreten.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Dr. Fasslabend. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


21.34

Abgeordneter Dr. Werner Fasslabend (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bringe den Abänderungsantrag der Ab­geordneten Dr. Stummvoll, Dipl.-Ing. Prinzhorn, Kolleginnen und Kollegen ein, und zwar zur Regierungsvorlage 686 der Beilagen in der Fassung des Berichtes des Fi­nanzausschusses 734 der Beilagen, und möchte den Kernpunkt wie folgt erläutern.

Es gibt hier eine neue Regelung der Finanzmittelüberlassung an eigene und fremde Tochterunternehmen. Ich möchte dazu auch ausführen, dass es in wirklich äußerst konstruktiven Gesprächen mit dem Bundesminister, dem Herrn Staatssekretär und den Beamten des Bundesministeriums für Finanzen gelungen ist, eine Lösung zu finden, die auf der einen Seite den Gestaltungsspielraum der Gebietskörperschaften auch für


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die Zukunft gewährleistet und die auf der anderen Seite aber verhindert, dass es zu Steuerumgehungen in einem größeren Ausmaß kommt.

Ich glaube, das ist eine wirklich gelungene Lösung. Daher ein Kompliment an den Bundesminister und an seinen Staatssekretär: Ihre Finanzpolitik entspricht voll und ganz unseren Vorstellungen. Wir sind nicht der Ansicht, dass das, was einer mehr ver­dient als der andere, von der Steuer wieder abgeschöpft werden soll, sondern wir sind der Ansicht, dass die Geldhoheit primär bei dem liegen soll, der dieses Geld auch ver­dient hat durch seine eigene Leistung. Und wir möchten Sie gerne bestärken, diese Politik weiter fortzusetzen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitli­chen.)

21.35

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe bekannt, dass der soeben in seinen Kernpunkten erläuterte Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Stummvoll, Dipl.-Ing. Prinzhorn, Kolleginnen und Kollegen schriftlich überreicht wurde, genügend unter­stützt ist und daher mit in Verhandlung steht.

Im Hinblick auf den Umfang des Antrages habe ich gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäfts­ordnung veranlasst, diesen Antrag vervielfältigen und verteilen zu lassen. Im Übrigen wird er auch dem Stenographischen Protokoll beigedruckt werden.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Stummvoll, Dipl.-Ing. Prinzhorn, Kolleginnen und Kollegen zur Regierungsvorlage (686 der Beilagen) eines Bundesgesetzes, mit dem das Einkom­mensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuer­gesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfen­gesetz 1996, das Internationale Steuervergütungsgesetz, das Gebührengesetz 1957, das Konsulargebührengesetz 1992, das Investmentfondsgesetz 1993, das EU-Quel­lensteuergesetz, das EG-Amtshilfegesetz, das Normverbrauchsabgabegesetz, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Kommunalsteuergesetz 1993, das Neugründungs-Förderungsgesetz, die Bundesabgabenordnung, das Abgabenverwaltungsorganisati­onsgesetz, das Zollrechts-Durchführungsgesetz, das Finanzstrafgesetz, das Bewer­tungsgesetz 1955, das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 sowie das Bundesbahngesetz geändert werden (Abgabenänderungsgesetz 2004 – AbgÄG 2004), in der Fassung des Berichtes des Finanzausschusses (734 der Beilagen):

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der oben bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. In Art. I erhält die Z 29 die Bezeichnung Z 28, die Z 30 die Bezeichnung Z 29 und die Z 31a die Bezeichnung Z 30.

2. In Art. II erhält die Z 1 die Bezeichnung Z 1a und folgende Z 1 wird eingefügt:

„1. In § 2 Abs. 2 wird folgende Z 4 angefügt:

„4. Die entgeltliche Überlassung von Finanzmitteln, aus der Einkünfte im Sinne des § 27 Abs. 1 Z 3 bis 5 des Einkommensteuergesetzes 1988 bezogen werden,

an Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechtes, oder

an Gesellschaften, an denen eine Körperschaft des öffentlichen Rechtes unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 10% beteiligt ist. Liegen mehrere Beteiligungen vor, sind diese für die Ermittlung des Beteiligungsausmaßes zusammen zu rechnen. Dies gilt


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auch dann, wenn die entgeltliche Überlassung von Finanzmitteln mittelbar beispiels­weise über einen Treuhänder oder eine Gesellschaft erfolgt.

Dies gilt nicht für

die zweckgewidmete Überlassung von Finanzmitteln, wenn deren zweckgewidmete Verwendung nachgewiesen ist und wenn die Finanzmittel nicht für den Erwerb von Kapitalanteilen von mindestens einem Prozent im Sinne des § 10 verwendet werden, oder

die Überlassung von Finanzmitteln an nach § 5 Z 6 oder Z 10 befreite Körperschaften für deren begünstigte Zwecke.““

3. In Art. II Z 3 erhält die lit. aa die Bezeichnung lit. a, die lit. a die Bezeichnung lit. aa, die lit. da die Bezeichnung d und die lit. d die Bezeichnung lit. da.

4. In Art. II Z 7 entfällt die lit. b.

5. In Art. II Z 9 lautet die lit. c:

„c) Folgende Z 6 bis 8 werden angefügt:

„6. § 2 Abs. 2 Z 4, § 9, § 24 Abs. 4 und § 26c Z 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/xxxx sind erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2005 anzuwenden. § 2 Abs. 4 Z 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/xxxx ist nicht auf die entgeltliche Überlassung von Finanzmitteln anzuwenden, denen ein Vertragsabschluss vor dem 1. November 2004 zu Grunde liegt.

7. § 12 Abs. 1 Z 7 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/xxxxx ist auf Vergütungen aller Art und übersteigende Reisekostenersätze anzuwenden, die für die Zeit nach dem 7. Oktober 2004 gewährt werden.

8. § 21 Abs. 2 Z 6 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/xxxxx ist auf Kapitalerträge auf Grund von Zuwendungen anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2004 zufließen.““

6. In Art. V erhalten die Z 10 bis 20 die Bezeichnung Z 9 bis 19.

7. In Art. X lautet die Z 2:

„In 42 lautet der Abs. 2:

„(2) Unterbleibt für ausländische Kapitalanlagefonds ein Nachweis, so wird der aus­schüttungsgleiche Ertrag mit 90% des Unterschiedsbetrages zwischen dem ersten und letzten im Kalenderjahr festgesetzten Rücknahmepreis, mindestens aber mit 10% des letzten im Kalenderjahr festgesetzten Rücknahmepreises angenommen. Bei Veräuße­rung eines Anteilrechtes ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem bei der Veräuße­rung und dem letzten im abgeschlossenen Kalenderjahr festgesetzten Rücknahme­preis, mindestens aber 0,8% des bei der Veräußerung festgesetzten Rücknahmeprei­ses für jeden angefangenen Monat des im Zeitpunkt der Veräußerung laufenden Ka­lenderjahres anzusetzen. Dies gilt sinngemäß auch beim Erwerb eines Anteilrechtes. Anstelle des Rücknahmepreises kann auch der veröffentlichte Rechenwert sowie bei börsenotierten Anteilen der Börsenkurs herangezogen werden. Vom so ermittelten Betrag sind tatsächliche Ausschüttungen mit der Maßgabe abzuziehen, dass kein ne­gativer ausschüttungsgleicher Ertrag entstehen kann. Werden nachweislich die aus­schüttungsgleichen Erträge später tatsächlich ausgeschüttet, sind sie steuerfrei.““

8. In Art. IX lautet die Z 3:

„In § 49 werden folgender Abs. 17 und Abs. 18 angefügt:

„(17) § 40 Abs. 2 Z 2 letzter Satz und § 42 Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/xxxxx treten am 5. Dezember 2004 in Kraft.


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(18) § 42 Abs. 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/xxxx ist auf Ka­pitalerträge und Substanzgewinne anzuwenden, die nach dem 30. Juni 2005 als zuge­flossen gelten.““

9. In Art. XII wird in der Z 2 in § 14a Abs. 1 folgende Z 3 angefügt:

„3. Für Fahrzeuge mit einer Leistung von höchstens 80 kW tritt jeweils an die Stelle des Datums 1. Juli 2005 das Datum 1. Jänner 2006.“

10. In Art. XVI erhält die Z 8a die Bezeichnung Z 8, die Z 8 die Bezeichnung Z 9, die Z 9 die Bezeichnung Z 10, die Z 10a die Bezeichnung Z 11, die Z 10b die Bezeichnung Z 12, die Z 10c die Bezeichnung Z 13, die Z 10 die Bezeichnung Z 14, die Z 11 die Bezeichnung Z 15, die Z 12a die Bezeichnung Z 16 und die Z 12 die Bezeichnung Z 17.

Begründung:

Zu Z 2 bis 5 (§ 2 Abs. 2 Z 2, § 21 Abs. 3, § 26c Z 6, 7, 8 KStG 1988):

Fremdfinanzierungszinsen für einen Beteiligungserwerb waren bis zum Steuerreform­gesetz 2005 (BGBl. I Nr. 57/2004) nicht abzugsfähig. Auf Grund der Änderung des § 11 Abs. 1 durch das Steuerreformgesetz 2005 sind diese Fremdfinanzierungszinsen abzugsfähig; dies gilt ab der Veranlagung 2005. Die Abzugsfähigkeit von Fremdfinan­zierungszinsen führt bei unbeschränkt steuerpflichtigen Darlehens- bzw. Kreditgebern zu einem steuerpflichtigen Ertrag. Dies soll in steuersystematischer Konsequenz grundsätzlich auch für Körperschaften öffentlichen Rechts gelten, denn die steuerliche Abzugsfähigkeit von Fremdfinanzierungszinsen für den Beteiligungserwerb auf der einen Seite soll systematisch konsequent zu einer Steuerpflicht beim Darlehens- bzw. Kreditgeber führen. Aus Vereinfachungsgründen und um nicht Darlehen für die Veran­lagung in Aktienfonds schlechter zu stellen, soll die Steuerpflicht nur bei Kapitalanteilen von mindestens einem Prozent im Sinne des § 10 KStG 1988 eintreten.

Die Änderung im Vergleich zur Regierungsvorlage zum Abgabenänderungsgesetz 2004 (686 der Beilagen) stellt eine Fokussierung einerseits auf Körperschaften des öffentlichen Rechts und andererseits auf die Beteiligungsfinanzierungen dar.

Mit der Fiktion eines Betriebes gewerblicher Art einer Körperschaft des öffentlichen Rechtes auf Grund von Darlehens- und Kreditgewährungen an „Tochterunternehmen“ der Körperschaft wird der Intention der entfallenden Z 7 lit. b der Regierungsvorlage zum Abgabenänderungsgesetz 2004 (686 der Beilagen) grundsätzlich entsprochen.

Gleichzeitig wird die Wirkung auf Körperschaften des öffentlichen Rechtes einge­schränkt, da beschränkt Steuerpflichtige im Sinne des § 1 Abs. 3 Z 3 weitaus überwie­gend dem Bereich der gemeinnützigen Rechtsträger zuzurechnen sind, bei denen eine derartige Darlehensgewährung die Befreiung aufheben würde. Im Übrigen waren bis­lang auch Körperschaften umfasst, denen ein enger gesetzlicher Aufgabenkreis zuge­wiesen ist, der eine gestalterische Darlehensgewährung ausschließt.

Die neue Regelung ist von folgenden Grundsätzen getragen:

Die Fiktion des Betriebes gewerblicher Art bedeutet, dass die Aktivitäten des entgeltli­chen Überlassens von Finanzmitteln als solche einen einheitlichen Betrieb begründen und nicht für jede einzelne Darlehens- oder Kreditvergabe ein eigener Betrieb gewerb­licher Art entsteht. Auf den entstehenden Betrieb sind die allgemeinen Grundsätze der Gewinnermittlung anzuwenden.

Die Regelung erstreckt sich zunächst auf eigene „Tochterunternehmen“, das heißt, auf die eigenen Betriebe gewerblicher Art der Trägerkörperschaft und die mit ihr verbun-


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denen Tochtergesellschaften. Nach dem Gesetzeswortlaut umfasst die mögliche Steu­erpflicht auch Finanzmittelüberlassungen an ein „Tochterunternehmen“ einer anderen Körperschaft des öffentlichen Rechts.

Neben den unmittelbar mit der Trägerkörperschaft verbundenen „Tochterunternehmen“ sollen auch mittelbar verbundene „Tochterunternehmen“ zu den Schuldnern der Fi­nanzmittelüberlassung gehören. So wird etwa die Darlehenseinräumung an eine En­kelgesellschaft der Trägerkörperschaft oder an eine Tochtergesellschaft eines Betrie­bes gewerblicher Art oder an eine über eine Personengesellschaft verbundene schuld­nerische Gesellschaft in die mögliche Steuerpflicht eingebunden. Mit der beispielhaften Zitierung der Darlehens- bzw. Kreditvergaben mittels eines Treuhänders oder mittels einer zwischengeschalteten Gesellschaft sollen Umweggestaltungen nicht zur Vermei­dung der Steuerpflicht führen können.

Mit der Einschränkung der Finanzmittelüberlassung auf eigene und fremde „Tochterun­ternehmen“ ist klargestellt, dass eine solche unmittelbar an andere Körperschaften des öffentlichen Rechts, die nicht selbst Betriebe gewerblicher Art sind, oder eine solche an natürliche Personen oder an nicht verbundene Körperschaften nicht zur Steuerpflicht führen kann. Sollte die Trägerkörperschaft eine verzinsliche Forderung gegenüber einem fremden Kreditinstitut begründen, kommt nicht die Betriebseigenschaft des § 2 Abs. 2 Z 4, sondern die Kapitalertragsteuerpflicht nach § 93 Abs. 2 Z 3 Einkommen­steuergesetz 1988 zur Anwendung. Dies gilt im Hinblick auf die Endbesteuerungswir­kung der beschränkten Körperschaftsteuerpflicht auch für die Forderungseinräumung gegenüber einem verbundenen Kreditinstitut.

Der Umfang der steuerpflichtbegründenden Finanzmittelüberlassung wird durch den Verweis auf die Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des § 27 Abs. 1 Z 3 (Hypo­thekarzinsen), Z 4 (Zinsen und andere Erträge als Kapitalforderungen jeder Art) und Z 5 (Diskontbeträge von Wechseln und Anweisungen) Einkommensteuergesetz 1988 eingegrenzt. Zinsen, die aus einem Rechtsgeschäft als Nebenvereinbarung (etwa Stundungs- oder Verzugszinsen) anfallen, sind schon deshalb von der Steuerpflicht ausgenommen, weil sich die zweckgewidmete Überlassung und Verwendung aus dem zu Grunde liegenden Hauptgeschäft von selbst ergibt (zum Beispiel Übertragung einer Liegenschaft gegen Kaufpreisstundung).

Sachlich ausgenommen von der möglichen Steuerpflicht sollen Finanzmittelüberlas­sungen an eigene oder fremde „Tochterunternehmen“ sein, die von der kreditgewäh­renden Körperschaft zweckgewidmet und mit einer Nachweispflicht des Schuldners über die zweckentsprechende Verwendung verbunden sind. Steuerpflichtbegründend sollen aber jene Finanzmittelüberlassungen sein, die zweckgewidmet für den Erwerb von Beteiligungen von mindestens einem Prozent im Sinne des § 10 KStG 1988 sind oder nach dem formulierten Zweck für solche Erwerbe eingesetzt werden können oder tatsächlich dafür verwendet werden. Verzichtet die Trägerkörperschaft auf die Benen­nung eines Zwecks, löst dies die Steuerpflicht aus. Für die Zweckwidmung ist es je­doch ausreichend, wenn beispielsweise angeführt ist, dass Darlehen für den Erwerb von Liegenschaften oder zur Veranlagung in Wertpapiervermögen gegeben werden und damit eindeutig ausgeschlossen ist, dass das Darlehen nicht für den Erwerb von Kapitalanteilen verwendet wird.

Sachlich ausgenommen von der möglichen Steuerpflicht sollen weiters Finanzmittel­überlassungen an eigene und fremde „Tochterunternehmen“ sein, die selbst nach § 5 Z 6 oder Z 10 von der Körperschaftsteuer befreit sind, wie vor allem Krankenanstalten, Sozialeinrichtungen (z.B. Alten- und Genesungsheime) und gemeinnützige Wohnbau­träger im Sinne des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes, wenn sie mit einer Zweck­widmung zur unmittelbaren Verwendung für den dem begünstigten Zweck dienenden Bereich versehen sind.


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Auf Grund des systematischen Zusammenhangs mit der durch das Steuerreformge­setz 2005 eingeführten Abzugsfähigkeit von Fremdfinanzierungszinsen für den Erwerb von Beteiligungen soll die Bestimmung ebenfalls mit Veranlagung 2005 in Kraft treten. Um aber nicht in die Überlassung von Finanzmitteln, die auf Grund bestehender Ver­träge erfolgt, einzugreifen, gilt die Bestimmung für vor dem 1. November abgeschlos­sene Verträge nicht. Die Überlassung von Finanzmittel auf Grund bestehender Verträ­ge soll daher von der Neuregelung nicht tangiert werden.

Zu Z 7 und 8 (§ 42 Abs. 2, § 49 Abs. 17 und 18 InvFG 1993):

Der VfGH hebt mit der Entscheidung vom 15. Oktober 2004, G 49, 50/04-8, im Bun­desministerium für Finanzen eingelangt am 1. Dezember 2004, § 42 Abs. 2 Invest­mentfondsgesetz 2003 mit sofortiger Wirkung auf. Die Regierungsvorlage zum Abga­benänderungsgesetz 2004 (686 der Beilagen) in der Fassung des Finanzausschusses (734 der Beilagen) trägt dem VfGH bereits vollinhaltlich Rechnung, indem § 42 Abs. 2 um zwei Sätze erweitert wird. Da allerdings der VfGH formal den gesamten § 42 Abs. 2 aufhebt, ist er gesamt inkl. der beiden in der Regierungsvorlage zum Abgabenände­rungsgesetz 2004 (686 der Beilagen) in der Fassung des Finanzausschusses (734 der Beilagen) angefügten Sätze wieder zu verlautbaren. Betreffend des Nachweises der ausschüttungsgleichen Erträge (Nachweis kann auch durch Anteilinhaber erbracht werden) ist daher ebenfalls ein früheres Inkrafttreten vor zu sehen.

Zu Z 9 (§ 14a NoVAG):

Das Angebot an Fahrzeugen mit niedriger Leistung und Partikelfilter wird sich erst im zweiten Halbjahr 2005 wesentlich erweitern, sodass für diese Fahrzeuge das Inkrafttre­ten der Bonus/Malus-Regelung auf 1. Jänner 2006 verschoben wird.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Krainer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


21.36

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die kleine Koalition zeigt auch heute wieder, wie man es falsch macht. (Abg. Dr. Mitterlehner: Groß genug für euch! – Hei­terkeit bei der ÖVP.) Ja, aber es ist die kleinste Koalition, die jemals in Österreich re­giert hat. Das muss man auch sagen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Und auch die erfolg­reichste! – Zwischenruf bei der ÖVP.) Gut? Das ist eine andere Frage.

Auch heute wieder beim Dieselpartikelfilter zeigt uns die kleine Koalition, wie man es falsch macht. Es sterben laut WHO in Österreich zirka 2 500 Menschen an den Parti­keln, die von Dieselfahrzeugen emittiert werden. Das sind zwei- bis dreimal so viele, wie im Straßenverkehr direkt durch Unfälle sterben. Der Großteil dieser Partikel wird emittiert von LKW und von Bussen. Also würde man annehmen, dass dieses Gesetz vor allem LKW und Busse betrifft. Das ist aber nicht der Fall, und das ist gleich der erste Fehler: Diese Regelung betrifft einzig und allein PKW.

Nach heutiger Gesetzeslage werden PKW mit Dieselpartikelfilter stärker besteuert als PKW ohne Dieselpartikelfilter. Sie sind auch von Haus aus um zirka 600 € teurer. Mit der höheren Besteuerung ist ein Fahrzeug mit Partikelfilter heute um etwa 1 000 € teu­rer als eines ohne. Nach dem Gesetz ist es noch immer teurer und nicht billiger. Zwei­ter Fehler: Ein Auto mit Dieselpartikelfilter ist noch immer um 400, 500 € teurer als eines ohne. Also kein vernünftiges Gesetz, das einen ökonomischen Anreiz setzt, um auf diese Technologie umzusteigen.


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Das Dritte ist, dass man sich die Frage stellen muss: Fördert dieses System wenigs­tens Autos stärker, die weniger Benzin oder weniger Diesel verbrauchen? Und auch da: nein, wieder nicht! Das ist der dritte Fehler.

Ein ganz einfaches Beispiel: Ein VW-Polo, der zirka 4,4 Liter auf 100 Kilometer ver­braucht, wird durch dieses System um 1,5 Prozent teurer. Und ein VW-Phaeton, der fast das Dreifache verbraucht, nämlich über 11 Liter, wird nur um 0,26 Prozent teurer. Auch hier wieder ein Fehler. Aber es gibt noch eine Reihe von anderen – einige wur­den in der Debatte bereits erwähnt –, die dazu führen werden, dass es jene Erfolgs­story, die es bereits einmal gegeben hat bei einer ähnlichen umweltpolitischen Maß­nahme, nämlich bei der Einführung des Katalysators, jetzt nicht geben wird. Dabei wäre es relativ einfach, denn gerade in dieser Frage würde sich der Spruch wieder bewahrheiten: Von der Sozialdemokratie lernen heißt lernen, wie man es richtig macht. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.39

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Mag. Ikrath. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


21.39

Abgeordneter Mag. Peter Michael Ikrath (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! In Anbetracht der sehr kurzen Redezeit von nicht einmal mehr zwei Minuten werde ich mich auf eine Maßnahme, die allerdings erhebliche Bedeutung für den Finanzplatz Österreich auf­weist, beschränken und konzentrieren, und zwar auf die durch die Änderung des Ein­kommensteuergesetzes und Investmentfondsgesetzes bewirkte steuerliche Gleichbe­handlung für in- und ausländische Fonds.

Es handelt sich bei dieser Maßnahme um eine überfällige Regelung, da der bisherige Zustand, der eine Unterscheidung in schwarze, weiße, graue Fonds beinhaltet hat und deren unterschiedliche steuerliche Behandlung nach sich gezogen hat, in höchstem Maße auch für die Fachleute verwirrend gewesen ist und naturgemäß zu einer erhebli­chen Verunsicherung bei den Anlegern geführt hat.

Die jetzige Regelung ist vernünftig und sachgerecht, und da sie – dafür ist dem Fi­nanzministerium zu danken – durch Einbeziehung von Fachleuten und Vertretern der Fondsgesellschaften sowie der Banken erarbeitet wurde, ist sie zweifelsohne auch praxisgerecht.

Wohin führt diese Regelung? – Sie macht den Finanzmarkt Österreich noch attraktiver, erzeugt mehr Wettbewerb und mehr Wahlfreiheit für den Anleger, stärkt das Vertrauen der Anleger und kommt damit genau zum richtigen Zeitpunkt, weil die Anlageform in Fonds derzeit an Attraktivität wieder stark zunimmt, und damit wird auch der Wirt­schaftsstandort Österreich im internationalen Wettbewerb gestärkt.

Da diese Maßnahme heute beschlossen werden wird, kann gesagt werden: Diese Bundesregierung sorgt einmal mehr für einen guten Tag für den Wirtschafts- und Fi­nanzstandort Österreich. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

21.41

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Dr. Pirklhuber. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

 


21.41

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich möchte in meinem Debattenbeitrag auf


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die Novelle des Mineralölsteuergesetzes eingehen. Mein Kollege Kogler hat ja schon angemerkt, dass wir uns – anders als im Ausschuss – dazu durchgerungen haben, dem jetzt doch zuzustimmen.

Herr Kollege Schultes, ich bin ein wenig überrascht darüber, dass Sie in Ihren Ausfüh­rungen eigentlich immer nur von der „Beimischung bei Autos“ gesprochen haben. – Gerade im Bereich der biogenen Treibstoffe gibt es doch in der Landwirtschaft einen enorm breiten Anwendungsbereich. Das ist auch der Punkt, warum wir glauben, dass bisher vorgelegte Maßnahmen zu kurz greifen beziehungsweise zu wenig in die Tiefe gehen. Ich möchte Ihnen ein paar konkrete Fragen dazu stellen; wir haben dazu auch einen Antrag vorbereitet.

Aus unserer Sicht ist es notwendig, eine Differenzierung zwischen den einzelnen hier angeführten biogenen Treibstoffen vorzunehmen. Sie wissen alle, dass es eine lange Debatte rund um das Thema „Biodiesel“ – unter Anführungszeichen – gegeben hat, also über Rapsmethylester, wo eben Raps produziert und dann mit Methanol zu Rapsmethylester „umgeestert“ wird, ist doch diese Kultur vom Anbau her begrenzt, eben auf Grund der Fruchtfolge. Wollten wir diese Produktion ausweiten, dann wären wir verstärkt auf Importe angewiesen, weil eben die österreichischen Landwirte bisher nicht bereit waren, das im erforderlichen Umfang anzubauen. Daher ist es sehr wichtig, ökologisch orientierte Produktionsformen weiterzuentwickeln, Innovationen in diesem Bereich anzugehen. Stichwort: Zuckermarktordnung, ein Thema, das Sie, Kollege Schultes, immer wieder angeschnitten haben; in Ihrer heutigen Rede ist mir das jedoch abgegangen.

Auch das ist jedenfalls eine Chance, Äthanol auf Basis von Zucker herzustellen bezie­hungsweise überhaupt weiter zu gehen in der Innovation, in der Technologieentwick­lung, nämlich ganze Pflanzen zu verwenden und Bio-Treibstoffe herzustellen. – Es ist also ein ausdifferenziertes System notwendig, das natürlich nicht im Mineralölsteuer­gesetz festgeschrieben wird. Da haben wir jedenfalls großes Interesse, dass an einem solchen System vertiefend weitergearbeitet wird.

Ein besonderes Anliegen in diesem Zusammenhang ist auch die Schließung regionaler Kreisläufe. Meine Damen und Herren, es macht Sinn, dass nachwachsende Rohstoffe, die in einer Region produziert werden, dort zu Bio-Treibstoffen verarbeitet werden und schließlich auch in dieser Region Verwendung finden, insbesondere dann, wenn es dabei um ökologisch besonders sensible Anwendungen geht. Da denke ich vor allem an die Schifffahrt, an Naturschutzgebiete, an den Wald et cetera. Das sind also Berei­che, wo man ausschließlich mit pflanzlichen Ölen, mit pflanzlichen Treibstoffen ohne technologische Veränderung auskommen könnte.

Diesbezüglich haben wir, meine Damen und Herren, einen entsprechenden Entschlie­ßungsantrag der Abgeordneten Kogler, Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen einge­bracht, und zwar betreffend gezielte Maßnahmen zur Stärkung der Rolle der österrei­chischen Biolandwirtschaft im Zusammenhang mit biogenen Treibstoffen. Ich möchte Ihnen jetzt die wichtigsten Passagen dieses


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89. Sitzung / Seite 238

Entschließungsantrages zur Kenntnis bringen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Pirklhuber, Sie müssen die­sen Antrag zur Gänze einbringen.

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (fortsetzend): Gut, Frau Präsiden­tin.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Kogler, Dipl.-Ing. Dr. Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend gezielte Maßnahmen zur Stärkung der Rolle der österreichischen Bioland­wirtschaft im Zusammenhang mit biogenen Treibstoffen, eingebracht im Zuge der De­batte über den Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage 686 der Beilagen: Abgabenänderungsgesetz 2004 (734 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, ihre Strategie zur Markterschließung für bio­gene Treibstoffe dringend dahin gehend zu ergänzen, dass

die sachlich gebotene Differenzierung zwischen den einzelnen biogenen Treibstoffen,

die sachlich gebotene Differenzierung zwischen biologischer und konventioneller Pro­duktion der Ausgangsstoffe,

die Förderung möglichst regionaler integrierter Kreisläufe von Herstellung und Einsatz sowie

die Bevorrangung der unvermischten Verwendung in ökologisch sensiblen Einsatzbe­reichen und Gebieten

gebührende Berücksichtigung finden.

*****

Es soll also so sein, meine Damen und Herren, dass auch die Produktion dieser Bio­treibstoffe entsprechend bewertet wird und eine Verbesserung des Einsatzes sowie eine gesicherte ökologische Produktion gewährleistet sind. Ich denke vor allem gerade daran, dass Pressrückstände dieser Pflanzen in der Tierfütterung verwendet werden sollen. Daher ist es wichtig, dass es so etwas wie einen ökologisch orientierten Ge­samtkontext gibt. Wir von den Grünen erwarten uns jedenfalls, dass ein solcher entwi­ckelt wird, und dazu würden wir uns selbstverständlich Ihre Zustimmung wünschen, geht es doch dabei um eine Sache, wo man Details noch ausarbeiten muss. Zielrich­tung ist die Ökologisierung der Landwirtschaft ...

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Pirklhuber, ich mache Sie darauf aufmerksam, dass Sie diesen Antrag nicht zur Gänze eingebracht haben.

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (fortsetzend): Frau Präsidentin, ich ergänze jetzt meine Ausführungen um den letzten Absatz dieses Entschließungsantra­ges:

„Die Bundesregierung wird darüber hinaus aufgefordert, angesichts des insgesamt jedenfalls bei weitem unzureichenden Beitrags biogener Treibstoffe zur Lösung der Klima- und Umweltproblematik des Verkehrssektors ihre Anstrengungen zur Reduktion des verkehrsbedingten CO2-Ausstoßes massivst zu verstärken, da ansonsten das Re­duktionsziel weit verfehlt wird.“

*****

Meine Damen und Herren! Selbstverständlich haben alle Maßnahmen zur Verkehrsbe­ruhigung, zum Abbau von CO2-Emissionen Vorrang, insbesondere wenn es darum geht, eine bessere Effizienz im Verkehrssektor zu erreichen. In diesem Sinne hoffe ich,


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89. Sitzung / Seite 239

dass Sie diesem Antrag auch zustimmen werden, Kollege Schultes. (Beifall bei den Grünen.)

21.48

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der von Herrn Abgeordnetem Dr. Pirklhuber eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, wurde in Etappen ord­nungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Kogler, Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend gezielte Maßnahmen zur Stärkung der Rolle der österreichischen Biolandwirtschaft im Zusam­menhang mit biogenen Treibstoffen

eingebracht im Zuge der Debatte über Bericht des Finanzausschusses über die Regie­rungsvorlage (686 d.B.): Abgabenänderungsgesetz 2004 – AbgÄG 2004 (734 d.B.)

Die EU-Regelung „zur Förderung der Verwendung von Biokraftstoffen oder anderen erneuerbaren Kraftstoffen im Verkehrssektor" soll für Österreich u.a. über eine Ände­rung des Mineralölsteuergesetzes umgesetzt werden.

Leider lässt der vorliegende Umsetzungsvorschlag

die sachlich gebotene Differenzierung zwischen den einzelnen biogenen Treibstoffen,

die Unterscheidung zwischen biologischer und konventioneller Produktion der Aus­gangsstoffe und auch

die Frage möglichst regional integrierter Kreisläufe von Herstellung und Einsatz

unberücksichtigt.

Biogene Treibstoffe sind jedoch nur zum geringsten Teil "bio", weitaus überwiegend werden sie konventionell produziert. Anbau (zB Düngung) und Verarbeitung (zB Umesterung) verlangen dabei teilweise beträchtlichen Einsatz (fossiler) Energie und sind aus Boden- und Klimaschutzperspektive bei weitem nicht nur positiv zu bewerten.

Die Förderung der Biotreibstoffe durch Steuerentlastung ist weiters – im Vergleich etwa zu Wärmedämmung oder Nah-/Fernwärmeausbau – eine besonders teure und daher wenig effiziente Form von Klimaschutz. Bei Betrachtung über den gesamten Produkt­zyklus werden zudem die häufig ins Treffen geführten CO2-Vorteile biogener Treib­stoffe gegenüber fossilen Treibstoffen vielfach gravierend reduziert.

Wegen der begrenzten Anbaumöglichkeiten in der EU-25, in der ja alle Staaten an die zugrundeliegende EU-Richtlinie gebunden sind, ist überdies mit Langstrecken-Importen der Ausgangsprodukte im großen Stil zu rechnen, teilweise aus Übersee, was der Ökobilanz nochmals abträglich ist.

Eine ökologisch zielgerichtete Differenzierung wäre daher unbedingt erforderlich.

In regionalwirtschaftlicher und ökologischer Hinsicht könnten die tatsächlichen ökologi­schen Vorteile von Biotreibstoffen (insbes. geringe Ökotoxizität) im Wege unvermisch­ter Verwendung zB in der Land- und Forstwirtschaft selbst, in der Binnenschifffahrt oder in hochalpinen und anderen sensiblen Regionen unvergleichlich besser zum Tra­gen kommen als in einer ökologisch wenig zielgerichteten Beimischungsstrategie, wie nun vorgeschlagen.


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Wichtig ist auch aus verkehrspolitischer Sicht festzuhalten, dass der Einsatz von Bio­kraftstoffen selbst im günstigsten Fall nur ein „Tropfen auf den heißen Asphalt“ sein kann: Der Treibstoffverbrauch wächst derzeit jährlich um 5%, der Treibstoffabsatz in Österreich (incl. Tanktourismus aus dem Ausland) um 10%, d.h. selbst die sehr ambiti­onierten 5,75% "Endausbaugrad" nach der vorliegenden Änderung des Mineralölsteu­ergesetzes würden gerade den Zuwachs eines einzigen Jahres abdecken. Der Großteil der in der Klimastrategie der Bundesregierung vorgesehenen Reduktion des verkehrs­bedingten CO2-Ausstoßes wird auf anderen Wegen erfolgen müssen. Die wahren Her­ausforderungen sind und bleiben daher die Eindämmung des Verbrauchszuwachses insgesamt und eine Politik intelligenter Mobilität anstelle der dominanten Windschutz­scheibenperspektive.

Hier lässt die Regierung die erforderlichen weitgehenden Initiativen vermissen. Ange­setzt werden müsste beispielsweise bei einer Beendigung ungerechtfertigter MÖSt- und NoVA-Privilegien bei Diesel gegenüber Benzin, bei Beendigung von Steuerge­schenken an die Frächter und andere Lobbies, bei einer deutlichen Anhebung der gro­ße PKW massiv bevorzugenden NoVA-Deckelung und bei einer generellen rechtlichen und finanziellen Stärkung des Umweltverbundes (Öffis, Radfahren, Zufußgehen).

Aus Grüner Sicht kann ein Setzen auf biogene Treibstoffe nur dann nachhaltige Lö­sungsbeiträge zum Verkehrsproblem liefern, wenn sie agrar-, umwelt- und regionalpoli­tisch treffsicher und differenziert sind.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, ihre Strategie zur Markterschließung für bio­gene Treibstoffe dringend dahingehend zu ergänzen, dass

die sachlich gebotene Differenzierung zwischen den einzelnen biogenen Treibstoffen,

die sachlich gebotene Differenzierung zwischen biologischer und konventioneller Pro­duktion der Ausgangsstoffe,

die Förderung möglichst regional integrierter Kreisläufe von Herstellung und Einsatz sowie

die Bevorrangung der unvermischten Verwendung in ökologisch sensiblen Einsatzbe­reichen und Gebieten

gebührende Berücksichtigung finden.

Die Bundesregierung wird darüber hinaus aufgefordert, angesichts des insgesamt je­denfalls bei weitem unzureichenden Beitrags biogener Treibstoffe zur Lösung der Kli­ma- und Umweltproblematik des Verkehrssektors ihre Anstrengungen zur Reduktion des verkehrsbedingten CO2-Ausstoßes massivst zu verstärken, da ansonsten das Re­duktionsziel weit verfehlt wird.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Dr. Maier. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


21.48

Abgeordneter Dr. Ferdinand Maier (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist ja schon so viel Richtiges zum Abga-


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89. Sitzung / Seite 241

benänderungsgesetz von den Kollegen meiner Fraktion gesagt worden, daher möchte ich mich nur mit den Abänderungsanträgen befassen.

Frau Kollegin Hagenhofer hat ja gerade einen Abänderungsantrag eingebracht, aus dem ich nur einen Satz vorlese:

„Eingedenk des Umstandes, daß derzeit für zahlreiche Dieselmotorenmodelle noch keine Partikelfilter serienmäßig erhältlich sind und auch 2006“ – man höre: 2006! – „nicht erhältlich sein werden, soll die in der Regierungsvorlage vorgesehene Steuerer­höhung, die einer Bestrafung der Käufer bestimmter PKW-Modelle gleichkommt, nicht umgesetzt werden.“

Jetzt bitte ich um Verständnis, ich verweise kurz auf den Abänderungsantrag, den Dr. Stummvoll eingebracht hat: „Das Angebot an Fahrzeugen mit niedriger Leistung und Partikelfilter wird sich erst im zweiten Halbjahr 2005 wesentlich erweitern, sodass für diese Fahrzeuge das Inkrafttreten der Bonus/Malus-Regelung auf 1. Jänner 2006 verschoben wird.“

Der Zickzackkurs, der ja der Sozialdemokratischen Partei immanent ist, wird wieder klar, wenn man die Ausführungen des Herrn Kai Jan Krainer hört, denn der stellt sich da heraus und verlangt sogar noch diese Regelung für Lkws. Die hätte ich an sich dann in diesem Antrag erwartet, aber der Antrag geht davon aus, dass es die beim PKW nicht einmal 2006 gibt.

Insofern würde ich bitten, dass Sie erst einmal darüber jubeln, dass wir hier viel muti­ger sind und beim PKW bereits mit 1. Jänner 2006, nämlich für die geringeren Klassen, diese Bonus/Malus-Regelung vorsehen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.50

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Tamandl zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


21.50

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Am Schluss der Debatte möchte ich kurz auf einige Änderungen in der Bundesabgabenordnung eingehen. Es ist sehr er­freulich, dass in Zukunft alle Selbstbemessungsabgaben bei einem Finanzamt bezahlt werden können und ein Finanzamt dafür zuständig ist. Es war ja bisher so, dass zum Beispiel Umsatzsteuer und lohnabhängige Abgaben die Zuständigkeit an zwei ver­schiedenen Finanzämtern hatten. Jetzt ist es nicht nur für Unternehmer besser, son­dern natürlich auch eine erhebliche Verwaltungsvereinfachung.

Weiters ist es auf Grund der Steuersenkung ab 2005, die doch erheblich ist, auch ge­scheit, dass man die Steuermoral durch verschiedene Maßnahmen erhöht, wie zum Beispiel die Verlängerung des Zeitraumes bei der Anspruchsverzinsung, die jetzt mit der Gesetzesänderung den Zeitraum der Außenprüfungen, den Außenprüfungsrhyth­mus von vier Jahren, berücksichtigt, und weiters auch die geringfügige Erhöhung der Stundungs- und Aussetzungszinsen, die, wie ich meine, auch einen wesentlichen Bei­trag zur Steuereintreibung leistet.

Wünschenswert wäre es natürlich, wenn die Finanz Berufungen, die von Unternehmen, aber auch von unselbstständig tätigen Steuerpflichtigen eingebracht werden, schneller bearbeiten würde. Davon wären nämlich die Aussetzungszinsen betroffen: Einerseits gäbe es sie vielleicht gar nicht, und andererseits würden sie deutlich weniger werden. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


21.52


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89. Sitzung / Seite 242

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Neu­deck zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


21.52

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Es ist zu diesem Thema alles gesagt, aber noch nicht von jedem. Zur Änderung der Normverbrauchsabgabe haben die Vorredner bereits kurz Stellung genommen.

Ich finde, dass die Einführung der Förderung des Rußpartikelfilters für Dieselfahrzeuge eine positive Maßnahme ist. Wir haben uns damit entschlossen, den EU-Zeitraum, der mit 2008 vorgesehen war, zu verkürzen. Besonders erfreulich ist, dass die Kritik der Automobilindustrie und der Automobilhändler, dass die Fahrzeuge im Bereich unter 80 KW noch nicht mit diesem Dieselpartikelfilter ausgestattet sind, dazu geführt hat, dass die Regierungsparteien sich entschlossen haben – und die Opposition hat dazu Zustimmung signalisiert –, dass dies mit Datum 1. Jänner 2006 eingeführt wird.

Dieselfahrzeuge haben einen immer größeren Anteil an der Gesamtzahl der Fahrzeu­ge in Österreich. Früher war das auf die Agrarier zurückzuführen, jetzt ist es schon modern, Diesel zu fahren. Bevor der Diesel eine so heilige Kuh wie der 13. und 14. Gehaltsanteil wird, wird man hier Maßnahmen treffen müssen, damit dieser ge­sundheitsschädliche Kraftstoff wieder zurückgedrängt wird. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

21.54

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen somit zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend Abgabenänderungs­gesetz 2004 in 734 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Stummvoll, Dipl.-Ing. Prinzhorn, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ferner haben die Abgeordneten Dr. Matznetter, Kolleginnen und Kollegen einen Abän­derungsantrag eingebracht.

Weiters liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Dr. Matz­netter vor.

Ich werde zunächst über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abände­rungsanträgen und dem Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile, und zwar der Systematik des Gesetzentwurfes entsprechend, und schließlich über die rest­lichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Dr. Matznetter, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abände­rungsantrag betreffend Artikel I Ziffern 3 und 9 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Ich lasse sogleich über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Aus­schussberichtes abstimmen.

Wer hiefür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig an­genommen.


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89. Sitzung / Seite 243

Wir gelangen nun zur getrennten Abstimmung über Artikel I Ziffern 2, 5, 6, 10, 13, 21 und 22 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und somit angenommen.

Ich lasse nunmehr über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Artikels I in 734 der Beilagen unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Stummvoll, Dipl.-Ing. Prinzhorn, Kolleginnen und Kollegen abstimmen.

Wer hiefür ist, den ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir gelangen nun zur getrennten Abstimmung über Artikel II in 734 der Beilagen, unter Berücksichtigung des Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrages der Abgeordne­ten Dr. Stummvoll, Dipl.-Ing. Prinzhorn, Kolleginnen und Kollegen.

Ich bitte auch hier jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein entsprechen­des Zeichen. – Das ist die Mehrheit und somit angenommen.

Ich bringe nunmehr den Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Matznetter, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Artikel XII Ziffer 2 zur Abstimmung.

Wer hiefür eintritt, den ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Min­derheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen damit zur getrennten Abstimmung über die restlichen, noch nicht abge­stimmten Teile des Artikels XII in 734 der Beilagen, unter Berücksichtigung des Zu­satzantrages der Abgeordneten Dr. Stummvoll, Dipl.-Ing. Prinzhorn, Kolleginnen und Kollegen.

Wer sich hiefür ausspricht, den ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und somit angenommen.

Wir gelangen ferner zur getrennten Abstimmung über die Artikel XIV sowie XV Ziffern 5 und 6 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, ersuche ich um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und somit angenommen.

Ich lasse nun in getrennter Abstimmung über Artikel XVI in 734 der Beilagen in der Fassung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Stummvoll, Dipl.-Ing. Prinz­horn, Kolleginnen und Kollegen abstimmen.

Wer dem die Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Ferner kommen wir zur getrennten Abstimmung über die Artikel XVII, XIX und XXII in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in 734 der Beilagen, unter Berück­sichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Stummvoll, Dipl.-Ing. Prinzhorn, Kolleginnen und Kollegen.


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89. Sitzung / Seite 244

Ich ersuche im Falle der Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist ein­stimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, der Gesetz­entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend weitergehende Maßnahmen gegen die von Dieselfahrzeugen ausgehende Feinstaubbelastung in Ös­terreich.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mag. Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend gezielte Maßnahmen zur Stärkung der Rolle der österreichischen Biolandwirtschaft im Zusammenhang mit bio­genen Treibstoffen.

Ich bitte auch hier die Damen und Herren im Falle der Zustimmung um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesge­setz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen samt Titel und Ein­gang in 642 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf stimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist ebenfalls einstimmig, der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

15. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (644 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem Überschreitungen von Ausgabenansätzen der Anlage I des Bun­desfinanzgesetzes 2004 bewilligt werden (Budgetüberschreitungsgesetz 2004 – BÜG 2004) (748 d.B.)

16. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (645 d.B.): Ände­rung des Bundesfinanzgesetzes 2004 (749 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 15 und 16 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich eröffne somit die Debatte.

 


Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Moser. Freiwillige Redezeit­beschränkung: 3 Minuten. – Bitte.


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89. Sitzung / Seite 245

22.01

Abgeordneter Mag. Johann Moser (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ein Budgetüberschreitungsgesetz oder eine Ände­rung des Bundesfinanzgesetzes sind normalerweise an der Tagesordnung, das ist kein großes Problem. Aber wenn es von dieser Regierung kommt, wenn es von Minister Grasser kommt, dann leuchten alle Warnlichtsignale. Warum ist das so? – Weil der Weg von der Selbstdarstellung zur Budgetdarstellung ein sehr kurzer ist und weil zu einem angekündigten Budgetdefizit von 3,5 Milliarden plötzlich 1,5 Milliarden dazu­kommen. Das ist eine Steigerung von fast 40 Prozent, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das bedeutet auch eine Steigerung von 1,5 auf 1,9 Prozent des Bruttoin­landsproduktes. (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Man muss in diesem Zusammenhang auch die Frage stellen: Wo ist dieses Budget­loch, das unbekannte Wesen? Was macht Grasser, um dieses Loch zu stopfen? Wel­che Geldbeschaffungsaktionen leitet er ein? – Er hat die Krankensteuer in Form von erhöhten Selbstbehalten eingeführt. Er denkt momentan an die Einführung einer Trink­geldsteuer, eine unglaubliche Belastung für die ohnehin sehr schlecht bezahlten Leute im Gastgewerbe. Er schickt auch Steuerfahndungsgruppen hinaus, aber nicht zu den Großbetrieben, sondern zu den wirklich kleinen Betrieben, die das Geld hart erarbei­ten. Auch hier zeigt sich wieder eine sehr ungerechte Politik! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wittauer: Was ist denn das ...?)

Er macht ein sehr schlechtes Gesetz, was die Investitionszuwachsprämie betrifft. (Abg. Wittauer: Ein Steuersünder ist ein Steuersünder!) Das hat zu sehr hohen Abflüssen aus dem Budget geführt. Und was passiert damit? – Man sieht daran wieder, dass Fi­nanzminister Grasser auch in der Budgetpolitik sehr dilettantisch arbeitet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was wirklich dem Fass den Boden aus­schlägt, ist ein Ansatz im Budgetüberschreitungsgesetz. Während rundherum in Öster­reich den Leuten das Geld aus dem Sack gezogen wird, steigt das Propagandabudget der Bundesregierung um ein Drittel, von 3 Millionen € auf 4 Millionen €. Das ist ein wahrer Skandal, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Das zeigt auch, meine Damen und Herren, dass da offensichtlich massiv Propaganda gemacht werden muss, um den Leuten eine nicht vorhandene Steuerreform bezie­hungsweise Pensionsreform schmackhaft zu machen. Ich kann nur sagen, es gibt einen klaren Zusammenhang zwischen budgetärer Abweichung und Propagandabud­get: Je höher die Abweichung, desto höher das Propagandabudget dieser Regierung.

Wir Sozialdemokraten machen bei diesem Täuschungsspiel nicht mit. Daher werden wir gegen diese beiden Gesetze stimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

22.04

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Jakob Auer. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


22.04

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mein geschätzter Vorredner Kollege Moser hat gemeint, wenn diese Regierung etwas macht, dann würden die Warnlampen leuchten. Das ver­stehe ich, wenn man die Parteibrille aufhat, wie es bei ihm offensichtlich der Fall ist, weil man dann die hervorragenden Budgetzahlen, die Fakten, die Ergebnisse einfach nicht wahrhaben will! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Offensichtlich ist er da ein bisschen geblendet von den Schwierigkeiten seiner rot-grünen Freunde in der Regierung in Deutschland. Dort könnten Warnlampen leuchten! Denn wenn man bei uns von Punktlandungen reden


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kann, was den Budgetvollzug betrifft (Zwischenruf des Abg. Eder), dann weiß man das in der Bundesrepublik Deutschland. Ich freue mich gar nicht darüber, meine Damen und Herren, dass die Katastrophe perfekt ist, wenn man sich ständig als chronischer Defizitsünder in der EU darstellen lassen muss, während wir, meine Damen und Her­ren, im Gegensatz zu früher heute als durchaus beispielgebend gelten und in der EU auch unsere Erfolge herzeigen können. Da können Sie die Dinge noch so kritisch be­leuchten! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Offensichtlich ist es eben schwierig für die Opposition, auch gewisse Erfolge anzuer­kennen. Freuen Sie sich, dass die heurigen Budgetzahlen – so wie in den letzten Jah­ren – mit einer Punktlandung zu vergleichen sind! (Zwischenruf des Abg. Dr. Matz­netter.) Freuen Sie sich darüber, meine Damen und Herren, und seien Sie einmal auch ein wenig positiv gestimmt, denn eine gute Stimmung ist wichtig fürs Wirt­schaftsklima und damit auch für zukünftige Budgeterfolge. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

22.06

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Bleiben Sie bei den 6 Minuten, oder wollen Sie weniger lang reden? (Abg. Mag. Kog­ler – auf dem Weg zum Rednerpult –: 4 Minuten!) – Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


22.06

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich verstehe Sie nicht, Herr Kollege Auer: Wo sehen Sie schon wieder Weltuntergangs­stimmungen? (Abg. Wittauer: ... Luft holen! Diese Zeitschinderei geht schon richtig auf die Nerven!) Die Abstimmungen vorhin haben doch gezeigt, dass es da oder dort im­mer wieder Bemühungen und Erklärungen dazu gibt, dass man dann doch wieder kon­sensual vorgeht. Aber wenn Sie das so halten wollen, sind vielleicht auch Sie schon ein Opfer dieser Regierungspropaganda, und dann würde ich ebenfalls meinen, dass Weltuntergangsstimmung angebracht ist. (Abg. Wittauer: ... zum Thema noch nichts gesagt!)

Es passt aber zum Tagesordnungspunkt, der hier unter einem verhandelt wird. (Abg. Wittauer: Zum Thema haben Sie noch nichts gesagt! Nur Luft geholt!) Ich sage gleich etwas zum Thema. Es geht in der Sache darum, dass die Bundesregierung von 3 Mil­lionen auf 4 Millionen € – es ist witzig, dass das überhaupt in solchen Gesetzes­passagen daherkommt; immerhin haben wir einmal Auskunft bekommen – ihre so ge­nannte Informationskampagne erweitern kann.

Wir haben sogar Auskunft vom Herrn Staatssekretär bekommen – Sie haben uns das, glaube ich, gegeben –, dass hier mit Teaserplakaten gearbeitet werden soll, oder sonst irgendetwas. Eine Million an Mehrausgaben für Regierungspropaganda und Teaser­plakate, das muss man sich dann irgendwie so vorstellen: „Entlastung für ...“, nächste Woche: „alle!“ – Gleich falsch wie vorher; wenn Sie nur einen Teaser dazwischen­schalten, wird es nicht besser werden, kostet aber wieder 1 Million € mehr! Ich finde das ungeheuerlich, kann ich Ihnen nur sagen.

Und jetzt passt das wunderbar zur Gesamtanlage; wir haben ja hier das Budget 2004 zu reflektieren, Kollege Auer, wenn es um diese Überschreitungen geht. Dass wir den Bundesrechnungsabschluss 2003 im Ausschuss behandelt haben, war eine Sache. Ja, okay, das war eine relativ differenzierte Debatte, dort haben wir so und so Argumente gehört und ausgetauscht. Aber wenn Sie es jetzt als Punktlandung verteidigen wollen, dass das Budgetdefizit beinahe doppelt so hoch sein soll wie ursprünglich präliminiert, dann verstehe ich Sie nicht mehr. (Abg. Dr. Jarolim: Ich glaube, man kann das ...!) Sie


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haben bis jetzt doch immer Wert auf diese Unterscheidungen gelegt und waren in der Argumentation eigentlich sehr präzis. Diese Geschichte ist alles andere als präzis (Abg. Dr. Jarolim: Eine Streubombe!), und von Punktlandung kann man da nicht mehr reden. Da verschwindet alles nur noch im Schwarzen Loch.

Ich habe es Ihnen ohnehin schon gesagt, weil Sie das immer so interessiert: Die wirk­lich größten Schuldenanhäufungen – wenn man nachrechnet und dies mit den Inflati­onsdaten wieder entsprechend bereinigt – erfolgten unter ÖVP-Ministern, unter ÖVP-Regierungsmitgliedern und auch unter ÖVP-Abgeordnetenschaften hier im Haus. Kol­lege Stummvoll hat zum Beispiel – weil Sie das immer so interessiert hat – unter den Abgeordneten eindeutig das Rennen als größter Schuldenkaiser gemacht. Und auf der Regierungsbank? – Siehe da, es ist der Herr Bundeskanzler! Kunststück, wenn er schon so lange in der Regierung gewesen ist; er sollte sich nur daran erinnern. Wir haben das genau nachgerechnet.

Aber jetzt kommen Sie daher und erklären uns: eine Punktlandung. – Ein paar Milliar­den futsch, aber „punktgelandet“! Seien Sie mir nicht böse: Sie werden sich ja nicht wundern, dass wir diesen Überschreitungen unter solchen Voraussetzungen nicht zu­stimmen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

22.09

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Ab­geordneter Dr. Matznetter zu Wort gemeldet. Ich erinnere ihn an die Geschäftsord­nung: Fakten gegen Fakten, keine Wertungen.

 


22.10

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Abgeordneter Auer hat hier behauptet, dass der Budgetvollzug eine „Punktlandung“ sei. (Abg. Jakob Auer: Richtig!)

Ich darf tatsächlich berichtigen: Ein Punkt ist eine geometrische Figur ohne Ausdeh­nung. Als solche kann ein Budgetvollzug 2004, der das doppelte Defizit ausweist, näm­lich 1,3 statt 0,7 Prozent, nicht bezeichnet werden. (Beifall bei der SPÖ.)

22.10

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Bucher. 2 Minu­ten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


22.11

Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Mei­ne sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, wir sind uns darüber einig, dass es Budgetüberschreitungsgesetze auch zu Ihrer Zeit, als Sie noch den Finanzminister gestellt haben, gegeben hat, dass das also nichts Neues ist und dass Erforderlichkei­ten es einfach immer wieder notwendig machen, Budgetüberschreitungen in einem Gesetzeswerk vorzusehen. Im Grunde genommen haben wir im Budgetausschuss auch darüber diskutiert, dass der Budgetabschlussbericht 2003 eine Punktlandung war im Sinne dessen, was sich diese Bundesregierung vorgenommen hat, nämlich eine Reduzierung des Gesamtschuldenstandes bei gleichzeitiger Konjunkturbeeinflussung durch ganz wesentliche wirtschaftliche Belebungspakete. Das führt zu mehr Wachs­tum, das führt zu einer im Vergleich zu allen europäischen Ländern doch sehr modera­ten Arbeitslosenquote. Das führt dazu, dass die Inflation gering bleibt, das führt auch dazu, dass sich die Wirtschaftsbelebungspakete positiv auf das Wachstum auswirken.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ! Es soll also von Ihrer Seite ausgehend keine Trauerstimmung ausbrechen und auch bei weitem kein Horrorszena­rio an die Wand gemalt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

 


22.12


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89. Sitzung / Seite 248

Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Staatssekretär Dr. Finz. – Bitte.

 


22.12

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr verehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Um die Relationen wieder einzufangen: Worum geht es? Wir haben jetzt ein Budgetüberschreitungsgesetz als Gegenstand, in dem es – bitte, die Summe der Überschreitungen, sämtlicher Überschreitungen zusammengerechnet sind 39 Millionen € – um 39 Millionen € geht, und diese 39 Millionen € sind natürlich alle bedeckt. (Abg. Jakob Auer: Eine Punktlandung!)

Bei der Bundesfinanzgesetz-Novelle geht es ebenfalls nur um Umschichtungen, da werden zwei Positionen um je 1 Million € erhöht.

Was Sie, Herr Abgeordneter Moser, angeführt haben, das mit der Milliarde, das gilt nur für den Fall, dass die Einnahmen zurückbleiben, damit wir entsprechende Kredite auf­nehmen können. Das ist aber ein Faktum, das überhaupt noch nicht eingetreten ist. Das ist also nur eine Reservestellung. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitli­chen.)

22.13

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die nächste Wortmeldung ist jene von Herrn Abgeord­netem Gartlehner. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


22.13

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Herr Staatssekretär Finz hat es bereits erwähnt: Es ist nur eine vorbeugende Maßnahme für den Fall, dass ... – Man rechnet aber anscheinend insgeheim damit, dass die Budgetüberschreitung, die jetzt beschlos­sen werden soll, nicht reichen wird. Das ist auch kein Wunder. Der Punkt dehnt sich sozusagen mit rasender Geschwindigkeit und in quadratischen Dimensionen aus. Na­türlich ist zu befürchten, dass dieses Budgetdefizit nächstes Jahr noch weiter und stär­ker anwachsen wird, als es bisher schon angewachsen ist.

Die Argumente, warum wir nicht mitstimmen, haben Sie im Wesentlichen gehört. Es gibt diese Abfangjägerpacht oder -miete, die schlagend wird. Darüber hinaus gibt es – wir haben das zwar nicht heute im Plenum, aber im Ausschuss vorgelegt bekommen – Vorbelastungen im Bereich der Heeresaufwendungen von 70 Millionen €, ebenfalls wahrscheinlich für diese lieben Abfangjäger. (Zwischenruf des Abg. Murauer.) – Lieber Freund Walter (in Richtung des Abg. Murauer), das ist heute wieder wirklich hart für dich.

Wie gesagt, all diese Punkte sprechen dagegen, und daher werden wir auch dagegen stimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

22.14

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Maier. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung – oder gar nur eine? (Abg. Dr. Maier – auf dem Weg zum Rednerpult –: Eineinhalb!) – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


22.14

Abgeordneter Dr. Ferdinand Maier (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! In 90 Sekunden möchte ich eigentlich nur darauf hinweisen, dass im vorliegenden Paket eine Fülle von Dingen drinnensteht, die irrsinnig spannend sind. (Abg. Öllinger: Aha, „spannend“ heißt das jetzt!) Besonders freut es mich, dass durch das erhöhte Flugpas­sagieraufkommen, Herr Kollege, zusätzliche Mittel für die Flughafenüberwachung am Flughafen Schwechat notwendig geworden sind. Bei dieser Gelegenheit würde ich gerne darauf hinweisen, dass wir, die Eigentümer der Flughafen GesmbH in Wien, auch irgendwann einmal darüber reden sollten, wie das mit den Flughafengebühren ist,


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um hier auch gegenüber allfälligen anderen Mitstreitern konkurrenzfähig zu bleiben. (Abg. Öllinger: Soll der auch noch umgefärbt werden?)

Lassen Sie mich abschließend – die 90 Sekunden sind gleich um, Herr Präsident – noch sagen, dass ich große Freude habe, dass das Genom-Forschungsprogramm Österreichs mit 8,4 Millionen € dotiert wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitli­chen.)

22.15

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzte Rednerin hiezu ist Frau Abgeordnete Lentsch. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Kollegin.

 


22.15

Abgeordnete Edeltraud Lentsch (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ge­schätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Das für 2004 notwendige Budgetüber­schreitungsgesetz trägt eigentlich den falschen Namen, wie wir vorhin vom Herrn Staatssekretär gehört haben, denn tatsächlich wird das Budget nicht überschritten, sondern es wird nur umgeschichtet. (Abg. Mag. Kogler: Unglaublich!)

Es geht um 39 Millionen € mehr beispielsweise für eine neue Finanzakademie, für eine Lehrlingsoffensive oder für den Umbau beim Parlament und für viele andere wichtige Dinge. Daher werden an anderen Stellen Mittel eingespart beziehungsweise mehr ein­genommen als geplant. Damit beweist diese Bundesregierung einmal mehr, dass sie auch heuer wieder am Budgetrahmen festhält, und damit zeigt sie auch, dass sie ein verlässlicher Partner der Wirtschaft ist.

Geschätzte Damen und Herren! Wir könnten natürlich viel besser dastehen, wenn wir nicht die Schulden der Vergangenheit hätten. Als die SPÖ im Jahre 1970 von der ÖVP das Finanzministerium übernommen hat, da gab es einen Budgetüberschuss und prak­tisch keine Staatsschulden – und 30 Jahre später, als diese Bundesregierung das Fi­nanzressort wieder zurückbekommen hat, lag der Schuldenstand bei 60 Prozent des BIP. Das muss man sich erst einmal auf der Zunge zergehen lassen, und das müssen jetzt alle Österreicherinnen und Österreicher zurückzahlen. So einfach ist das. Viele Finanzminister, viele SPÖ-Finanzminister hätten diese Reformen, die wir jetzt be­schlossen haben, unter wesentlich besseren Umständen beschließen können, aber sie haben es leider nicht getan. Glauben Sie mir, geschätzte Damen und Herren, deswe­gen ist auch die SPÖ abgewählt worden, weil die Menschen draußen nämlich wussten, dass es so nicht weitergehen kann. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

22.17

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vorneh­me.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Budgetüber­schreitungsgesetz 2004 samt Titel und Eingang in 748 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Der Gesetzentwurf findet die Mehrheit und ist daher angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Gesetzent­wurf findet auch in dritter Lesung die Zustimmung des Hohen Hauses.


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Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2004 geändert wird, 5. BFG-Novelle 2004, samt Titel und Eingang in 749 der Beilagen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Auch in dritter Lesung ist der Gesetzentwurf an­genommen.

17. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (626 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die integrierte Vermeidung und Verminderung von Emissionen aus Dampfkesselanlagen (Emissionsschutzge­setz für Kesselanlagen – EG-K) erlassen wird (771 d.B.)

18. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (651 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die statistische Erhebung des Warenverkehrs (Handelsstatistisches Gesetz 1995 – HStG 1995) geändert wird (772 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 17 und 18 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Sburny. Ihre Wunschredezeit beträgt wirklich 5 Minuten? (Abg. Sburny – auf dem Weg zum Rednerpult –: Möglicherwei­se!) – Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


22.20

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich kann nichts dafür, dass diese Materie hier um diese Zeit abgehandelt wird. Nichtsdestotrotz ist es eine Materie, die nicht ganz unwesentlich ist, und Sie werden mir zugestehen müssen, dass ich zumindest jene Ausführungen hier vollbringe, die begründen, warum wir diesem Gesetz nicht zustimmen werden, zumindest was das Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen in der Novelle 2004 be­trifft. Dieses Gesetz ist eigentlich eine Novelle des Luftreinhaltegesetzes für Kesselan­lagen, und es werden durch diese Novelle vier EU-Richtlinien in innerstaatliches Ge­setz umgesetzt.

Das ist insofern bemerkenswert, als alle vier Richtlinien eigentlich längst umgesetzt hätten werden sollen – zwischen 1995 und spätestens 1999 hätte das geschehen sol­len –, doch keine der vier Richtlinien ist bis jetzt umgesetzt worden. Es geht einerseits um die Richtlinie über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltver­schmutzung, zwei Richtlinien zur Begrenzung von Schadstoffemissionen von Großfeu­erungsanlagen und die so genannte Seveso-II-Richtlinie, die Richtlinie zur Beherr­schung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen. Alle vier hätten bis spätestens 1999 umgesetzt werden müssen und wurden das nicht. Dementspre­chend gibt es vier Verfahren wegen Vertragsverletzung seitens der EU, in zwei davon


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wurde Österreich bereits verurteilt und in zwei Fällen gibt es Klagen. (Abg. Wittauer: Ja, aber kleine!)

Die vollständige Umsetzung dieser Richtlinien würde ein neues Luftreinhaltegesetz für Kesselanlagen erfordern, wobei auch die Umsetzung noch unklar ist. Das heißt, Öster­reich ist hier im Hinblick auf Umweltschutz und Luftreinhaltung in dramatischer Weise säumig, wie wir das einfach nicht akzeptieren können.

Es ist völlig unverständlich, warum diese Richtlinien nicht früher umgesetzt wurden und warum die neue Luftreinhalteverordnung noch immer ausständig ist. Es gibt stattdes­sen eine Übergangsklausel, die eigentlich nur eines zeigt, nämlich dass die Regierung noch immer nicht gewillt ist, diese neue Luftreinhalteverordnung endlich einmal auf den Tisch zu legen, weil diese Übergangsklausel nur besagt, dass die Mindeststandards nach der alten Richtlinie eingehalten werden müssen. Offensichtlich machen Sie kei­nerlei Anstalten, das in korrekter Art und Weise umzusetzen.

Darüber hinaus gibt es in der Gesetzesnovelle Änderungen, die aus Sicht des Umwelt­schutzes einen deutlichen Rückschritt darstellen. Zum Beispiel wird der Grenzwert für eine verpflichtende Emissionserklärung über Emissionsverhalten für Anlagen, die mit Heizöl, handelsüblichem Flüssiggas und Erdgas betrieben werden, hinaufgesetzt. Es geht hier ausschließlich um den Betrieb mit fossilen Brennstoffen, und Sie setzen hier die Grenze von 2 Megawatt auf 10 Megawatt hinauf, das heißt, es ist durchaus eine Verschlechterung im Sinn des Umweltschutzes. Das ist nur ein kleines Beispiel, mit mehr will ich Sie um diese Tageszeit nicht mehr quälen.

Aus unserer Sicht wäre eine rasche Verordnung notwendig, die die Grenzwerte und Messverfahren gemäß dem neuesten Stand der Technik festlegt und nicht nur veralte­te Vorgaben übernimmt.

Insgesamt muss man sagen, dass es eine Blamage ist, dass die österreichische Re­gierung noch immer nicht in der Lage ist, eine korrekte Umsetzung zu garantieren, und aus dem Grund werden wir dieser Gesetzesnovelle nicht zustimmen. (Beifall bei den Grünen.)

22.24

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Kopf. Seine Rede­zeit: 2 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


22.24

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir sollten ja eigentlich gemeinsam mit dem Emissionsschutzge­setz für Kesselanlagen und dem Handelsstatistischen Gesetz in einem Block auch das Ökostromgesetz an dieser Stelle behandeln. (Abg. Sburny: Gott sei Dank, dass das nicht behandelt wird!)

Ich bedauere sehr, dass es auch heute früh im Wirtschaftsausschuss nicht gelungen ist, dazu einen Konsens, der auch eine notwendige Verfassungsmehrheit garantiert hätte, herzustellen. Schade deshalb, weil wir damit die Chance gehabt hätten, die Fi­nanzierung der Ökostromanlagen – auch neuer Ökostromanlagen – auf Jahre hinaus kontinuierlich sicherzustellen, auch einen Zuwachs der Finanzierung sicherzustellen. (Abg. Öllinger: Nein, nein!)

Schade, dass die Sozialdemokratische Partei nicht in der Lage war, dem die Zustim­mung zu geben. (Abg. Sburny: Ein Glück, dass sie noch rechtzeitig die Kurve gekratzt haben!) Ich hoffe aber trotzdem, dass die Einsicht noch einkehren wird, dass wir mit diesem Gesetz eine gute Chance gehabt hätten, Stabilität auch für die Anlagenbetrei­ber und Sicherheit zu schaffen. Ich gebe die Hoffnung in dieser Richtung nicht auf und


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lade Sie herzlich ein, das bei nächster Gelegenheit mit uns doch noch umzusetzen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

22.25

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Moser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


22.26

Abgeordneter Mag. Johann Moser (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehr­te Damen und Herren! Das mit dem Ökostromgesetz muss man schon etwas differen­zierter sehen. Es hat sich nämlich bei den Verhandlungen gezeigt, dass hier auch eine sehr große Präpotenz zu beobachten war, indem bereits Zugesagtes einfach wieder zurückgenommen wurde. Es ist keine Alleinregierung und in diesem Fall bedarf es einer Zweidrittelmehrheit. Das hat zur Voraussetzung, dass man dem Verhandlungs­partner doch entsprechend entgegenkommen muss. Ich denke, das ist ein wichtiger Punkt. (Beifall bei der SPÖ.)

Zu den zwei vorliegenden Gesetzen, insbesondere zum Emissionsschutzgesetz: Wir werden diesem Gesetz zustimmen, obwohl es diese Zeitverzögerung gegeben hat und obwohl einige Verfahren offen sind, weil wir meinen, dass es doch in einigen Bereichen eine Verbesserung gibt. Es gibt in Summe bei einigen Grenzwerten eine deutliche Ver­besserung. Es gibt die Erweiterung, dass neue Anlagen berücksichtigt werden. Es gibt eine deutliche technische Verbesserung. Es gibt auch eine Verbesserung in der Rich­tung, dass weniger Unfälle zu erwarten sind. Und vor allem gibt es auch eine Verbes­serung in Richtung Wettbewerb, was die Überprüfungen betrifft. Da ist es nicht mehr nur eine Großinstitution, sondern da gibt es auch die Möglichkeit, dass Ziviltechniker entsprechend auftreten und auch anbieten können, was dazu führt, dass es der Wirt­schaft insgesamt und im Besonderen auch den Arbeitnehmern besser geht. Das ist eigentlich der Grund, warum wir diesem Gesetz zustimmen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

22.27

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hof­mann. Redezeit: 3 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


22.27

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Normalerweise spricht man nicht zu Gesetzen, die nicht auf der Ta­gesordnung stehen, aber die Sozialdemokraten werden damit leben müssen, dass sie es sind, die es verhindern, dass es eine ordentliche Regelung für den künftigen Aus­bau der erneuerbaren Energie gibt. Diese Chance haben Sie zumindest für heute und für dieses Jahr verwirkt.

Ich bedauere das außerordentlich, und ich weise es natürlich entschieden zurück, wenn Kollege Moser sagt, es wäre Präpotenz spürbar gewesen. Mitnichten! Es sind Zugeständnisse gemacht worden, es gab ein Entgegenkommen der Regierungspar­teien, aber Sie müssen ja schließlich wissen, was Sie tun, und es passt zu Ihrem Zick­zackkurs. (Abg. Dr. Mitterlehner: Denn sie wissen nicht, was sie tun!) Früher hat es andere Zeiten gegeben, da war es noch möglich, vernünftige Überlegungen als Grund­lage für eine gemeinsame Sache zu sehen und das auch umzusetzen.

Geschätzte Damen und Herren! Nun zur Umsetzung der EU-Richtlinien beziehungs­weise zum Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen: Es ist richtig, dass es Verfahren gibt. Es ist richtig, dass es Lücken in der derzeitigen gesetzlichen Regelung gibt. Die Tatsache, dass nun statt einer Novelle des Luftreinhaltegesetzes für Kesselanlagen ein neu gefasstes Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen beschlossen wird, hängt si-


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cherlich mit dem integrierten Umweltschutzansatz der Bundesregierung und der Regie­rungsparteien zusammen, in dem es nicht nur um Luftemissionen geht, sondern eben auch jene Schadstoffe, die sich auf den Boden und auf das Wasser auswirken, berück­sichtigt werden.

Im Übrigen sei erwähnt, dass Österreich nicht gerade nur das macht, was die EU ge­rade mal eben vorschreibt, insbesondere bei den Emissionen (Abg. Öllinger: Sondern noch weniger!), sondern, richtig, die Grenzwerte sind noch geringer, und das lässt sich entsprechend dokumentieren. So haben beispielsweise die Schadstoffemissionen beim Schwefeldioxids im Bereich der Kraftwerke von 1990 bis 2003 um immerhin 67 Prozent abgenommen. Wenn ich die Emissionsreduktionen bei Kraftwerken, Raffinerie und Industrie zusammenrechne, kommen minus 54 Prozent heraus. Das ist, wie ich meine, eine durchaus akzeptable Größenordnung. Desgleichen gibt es eine entsprechende Reduktion bei den Stickoxiden und natürlich auch beim Staub. Beim Staub beträgt die­se Reduktion 42 Prozent.

Also so schlecht, wie seitens der Oppositionsparteien immer vorgegeben wird, sind wir wahrlich nicht. Darauf können wir ruhig auch ein wenig stolz sein. (Beifall bei den Frei­heitlichen.)

22.31

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Bundesminister Dr. Bartenstein. – Bitte.

 


22.31

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Wir sind sogar deutlich besser, als das von der Opposition behauptet wird.

Zum Thema Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen: Es ist nicht richtig, dass wir in vier Fällen verurteilt worden wären, sondern es gibt ein Erkenntnis des EuGH. Da wur­de eine Frist gesetzt, und der folgen wir. Es ist auch nicht richtig, dass irgendwelche Emissionsgrenzwerte nach oben gesetzt worden sind, sehr geehrte Frau Abgeordnete Sburny, sondern da handelt es sich um einen Schwellenwert. Das ist ein gewisser Un­terschied. Der Schwellenwert wird von 2 auf 10 Megawatt gesetzt, wobei die Europäi­sche Union diese Prüfung lediglich für Kesselleistungen ab 50 Megawatt vorsieht.

Hohes Haus! Zum Thema Ökostromgesetz: Auch ich bedauere das. Wenn Herr Abge­ordneter Moser von Präpotenz spricht, so möchte ich von Inkonsistenz sprechen, und zwar der Inkonsistenz der Sozialdemokratie, die vor einer Woche noch von einer grundsätzlichen Einigung in Sachen Ökostrom gesprochen hat, aber heute Früh nichts mehr davon wissen wollte.

Das bringt indirekt den Nachteil mit sich, dass für neue Anlagen, die bis zum 31. De­zember dieses Jahres keine Genehmigung erhalten, vermutlich in Sachen Einspeiseta­rife eine gewisse Lücke entstehen wird. Ich hoffe, nicht zu lang, aber der erforderliche Abstimmungsprozess mit Ministerien und Ländern ist ein aufwendiger. Wir haben da unsere Erfahrungen. (Beifall bei der ÖVP.)

22.32

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Eder. Wunsch­redezeit: 2 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


22.32

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte auch ganz kurz sagen, dass ich, was das Ökostrom­gesetz anbelangt, den Hoffnungsschimmer nicht ganz dahinschwinden sehe. Wir ha-


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ben – so wie wir es ja im Ausschuss auch getan haben – die Materie vertagt, und ich glaube schon, dass wir, wenn es uns gelingt, zu einem vernünftigen Ausgleich inner­halb des gesamten Bereichs Ökostrom zu kommen – wobei auch die energiepolitische Situation und die Output-Situation zu betrachten sind –, im Jänner oder Februar nächs­tes Jahr dieses Thema wieder aufgreifen werden. Wir werden das auf jeden Fall weiter im Auge behalten. Wir sind selbstverständlich auch weiterhin bereit, diesbezüglich Ge­spräche zu führen.

Zum Emissionsschutzgesetz darf ich zusätzlich zu dem, was schon gesagt wurde, nur anmerken, dass es grundsätzlich auch die Möglichkeit gibt, dass neben dem Techni­schen Überwachungsverein in Zukunft auch Ziviltechniker Prüfungen vornehmen. Das ist zunächst einmal mit einer gewissen Skepsis zu betrachten, aber ich glaube, dass es doch auch vernünftig ist, wenn man da diese Möglichkeit eröffnet.

Ich glaube, dass das gesamte Gesetz darauf abgestimmt ist, dass man bei den kleine­ren Anlagen die Situation doch eher etwas erleichtert hat, aber die Schwerpunkte lie­gen ohnehin bei den Großanlagen. Daher sollte man sich darauf konzentrieren und bei Großanlagen strenger vorgehen, bei den Kleinanlagen aber doch so vorgehen, wie das jetzt auch im Gesetzentwurf vorgesehen ist.

Ich darf hier noch sagen, dass meine Fraktion diesem Vorschlag die Zustimmung ge­ben wird. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

22.34

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wittauer. Rede­zeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


22.34

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Also es ist nicht eigenartig, inzwischen ist es schon Gewohnheit: Bei den Sozial­demokraten habe ich mir vorhin gedacht, dass sie vielleicht zustimmen werden, und jetzt stimmen sie tatsächlich zu – danke! –, wohl deshalb, weil es ein gutes Gesetz ist. Bei den Grünen weiß ich von vornherein, dass sie bei Umweltgesetzen nicht zustim­men. (Abg. Brosz: Das ist kein Umweltgesetz!) Sie stimmen nicht zu bei integrierter Vermeidung und Verminderung von Emissionen aus Dampfkesselanlagen. Es ist ja unglaublich, dass da Grüne nicht zustimmen können. Also wir Freiheitlichen können es, und zwar mit vollem Herzen. (Abg. Brosz: Können Sie das Wort Umwelt buchsta­bieren?)

Schauen wir uns an, wie das heute war! Es hat Frau Abgeordnete Glawischnig heute gemeint, wir würden bei der Umwelt einiges nicht umsetzen. Ich gebe zu: Wir haben ein bisschen zu lange gebraucht, weil wir ein gescheites Gesetz machen wollten, aber dafür haben wir es überfüllt (Abg. Öllinger: „Überfüllt“?), übererfüllt haben wir es. Das ist doch etwas Großartiges!

Überlegt euch das! Nur dagegen zu stimmen, das ist ein bisschen zu wenig, man muss auch für etwas sein, für die Umwelt vor allem. – Wir machen gute Umweltgesetze, das können Sie mir glauben. (Abg. Sburny: Das merkt man auch!)

Wenn ich das Ökostromgesetz hernehme, dann tut mir das Herz besonders weh. 17 Millionen €, das bedeutet – anscheinend ist es hier herinnen niemandem bewusst; ich weiß nicht, ob die Grünen darüber nachgedacht haben – über 1,3 Milliarden Ge­samtvolumen, und ein Gesamtvolumen von 1,3 Milliarden ist nicht wenig. Wenn neue Projekte, die ja, sage ich einmal, auch wichtig sind, deshalb nicht umgesetzt werden können, weil Sie von der Opposition jetzt nicht zustimmen, dann werden sich die Pro­jektwerber bei Ihnen bedanken müssen, nicht bei uns. Wir haben alles getan, um ein gutes Ökostromgesetz auf Schiene zu bringen.


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„Danke“, Grüne! Sie haben der Umwelt etwas Schlechtes getan. Wir werden für die Umwelt etwas Besseres machen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Sburny: Lie­ber bauen Sie bestehende Anlagen um, bevor Sie etwas ändern!)

22.36

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nun gelangt Herr Abgeordneter Oberhaidinger zu Wort. Auch er spricht 2 Minuten. – Bitte.

 


22.36

Abgeordneter Georg Oberhaidinger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Das Ökostromgesetz wurde hier so oft angesprochen, als stünde es tatsächlich auf der Tagesordnung. Es ist dies nicht der Fall, und das aus wirklich guten Gründen:

Es hat Ende der vorigen Woche, Freitag, tatsächlich so ausgesehen, als würden wir uns mit den Regierungsparteien auf ein sinnvolles, wirklich ökologisch orientiertes und auch ökonomisch vertretbares Ökostromgesetz einigen. Am Montag hat die Welt be­reits ganz anders ausgesehen. Vereinbart war ja eine Expertenrunde. Es sollten die redaktionellen Unstimmigkeiten einmal unter Experten so weit ausdiskutiert werden, dass wir uns am Dienstag wirklich nur mehr mit den politischen Inhalten und den Knackpunkten hätten auseinander setzen müssen. Am Dienstag hat es auch für die politische Runde völlig anders ausgesehen. Man hat nämlich begonnen, Inhalte, die am Freitag beziehungsweise am Donnerstag in der Vorwoche bereits zugesagt wur­den, wieder rückzuverhandeln und darüber hinaus ... (Abg. Kopf: Das ist ungeheuer­lich!) Das ist genau so, Kollege Karlheinz Kopf, wie ich es sage. Vier meiner Mit­verhandler haben das genauso gehört, wie ich das hier sage, und so haben wir das auch festgehalten und weitergegeben. (Abg. Kopf: Das ist ungeheuerlich, was Sie hier behaupten!) Am Dienstag war das Verhandlungsergebnis so dürftig, dass es einfach nicht vertretbar gewesen wäre, diesen Punkt auf die heutige Tagesordnung zu setzen.

Es tut auch mir Leid, es hätte wirklich etwas Gescheites herauskommen können. (Abg. Öllinger: Hätte!) Aber wie Kollege Eder schon richtig gesagt hat, es ist noch nicht aller Tage Abend. Wenn sich die Regierungsparteien gute Vorschläge einfallen lassen, können wir im neuen Jahr ja durchaus weiter darüber reden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

22.38

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dkfm. Dr. Bau­er. Auch er spricht 2 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


22.38

Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich glaube, es wurde ausreichend erklärt: Die Verhandlungen gehen weiter, und ich hoffe auch, dass ein Ökostromgesetz, das diesen Namen verdient und das für die Zu­kunft Österreichs wichtig ist, entstehen wird.

Aber ich möchte noch zur Frau Abgeordneten Lentsch eine Bemerkung machen, weil sie geschildert hat, wie die Schuldenquote sich positiv entwickelt hat und wie das alles so phantastisch ist. Tatsache ist, Frau Kollegin, dass 2004 64,2 und 2005 63,6 Prozent ausgewiesen werden, was wahrlich nicht diesen 60 Prozent entspricht, die hier ange­geben wurden.

Was das Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen betrifft, gehen wir mit, weil es tat­sächlich eine Verbesserung gegenüber den bisherigen Regelungen darstellt. Aber wenn der Herr Bundesminister sagt, wir seien besser als die anderen, dann möchte ich dem hinzufügen: Noch sind wir besser auf vielen Gebieten, weil nämlich aus einer an­deren Gesetzgebungszeit noch sehr viel herüberreicht. Aber in der Tat ist es so, dass


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wir eigentlich von einer Vorreiterrolle in Europa zu einer Nachläuferrolle gekommen sind. Es wird immer wieder, so auch bei diesem Gesetz, die Feststellung gemacht – Herr Kollege, das muss man sagen –, dass es eigentlich nur eine Anpassung an die EU-Richtlinie sei. Dabei läuft, wie in diesem Fall, bereits ein Verfahren gegen uns, weil die Anpassung an die EU-Richtlinie nicht erfolgt ist. Da kann man wahrlich nicht sagen, dass man da noch in der Position eines Umweltvorreiters ist, wenn man im Nachlauf sozusagen die nötigen Anpassungen vornimmt. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ.)

22.40

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner hiezu ist Herr Abgeordneter Ing. Gart­lehner. Er spricht 2 Minuten. – Bitte.

 


22.40

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir werden diesen Gesetzesvorlagen zustim­men, das ist schon bekannt, ich möchte aber zum Patentgesetz trotzdem noch erwäh­nen, dass wir uns die Aufweichung, was die Regelungen für die Leitungspositionen betrifft, sehr genau anschauen werden, weil wir schon mehrfach gehört haben, dass die Unabhängigkeit des Patentamtes in Wien darunter leiden könnte. Wie man hört, wird das Europäische Patentamt in München schon sehr stark von Lobbyisten der Großkonzerne mit beeinflusst, und man muss da wirklich aufpassen und schauen, dass nicht in Österreich das Gleiche passiert. Ich weiß, das wird den einen oder ande­ren hier nicht stören, aber ich glaube, im Interesse der Erfinder in Österreich wäre es natürlich sehr positiv und sehr wichtig, dass da weiterhin Correctness besteht.

Meine Damen und Herren! Mir ist das Patentamt auch persönlich bekannt, und es ist wirklich noch ein Amt im klassischen Sinne. Es ist aus diesem Grund durchaus auch gut und vernünftig, dass da ein frischer Wind hineingebracht wird. In diesem Sinne unterstützen wir diese gesetzliche Maßnahme. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

22.42

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Berichterstatter hat auf das Schlusswort verzichtet.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vorneh­me.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die integrierte Vermeidung und Verminderung von Emissionen aus Dampfkesselanlagen erlassen wird, samt Titel und Eingang in 626 der Beilagen.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf eintreten, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung für diesen Gesetzentwurf eintritt, den bitte ich um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist wiederum mit Mehrheit angenommen.

Die dritte Lesung ist erfolgt.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Bundesgesetz über die statistische Erhebung des Warenverkehrs geändert wird, samt Titel und Eingang in 651 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf eintreten, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Dieser Gesetzentwurf wird einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer diesem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung zustimmt, den bitte ich um ein ent­sprechendes Zeichen. – Auch in dritter Lesung wird dieser Gesetzentwurf einstimmig angenommen.

19. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 477/A der Ab­geordneten Mag. Walter Tancsits, Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktpolitik-Finanzie­rungsgesetz geändert wird (773 d.B.)

20. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (664 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz und das Arbeitsruhege­setz geändert werden (774 d.B.)

21. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (547 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Landarbeitsgesetz 1984 geändert wird (775 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zu den Punkten 19 bis 21 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist als Erster Herr Abgeordneter Riepl. Er wünscht 2 Minuten zu sprechen. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


22.44

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Hohes Haus! Zuerst zum Tagesordnungspunkt 19, der die Änderung des Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetzes betrifft: Es soll die Maluspflicht der Dienstgeber bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses von Arbeitneh­mern bleiben. Ich denke, dass ist gut so, deshalb werden wir dem zustimmen.

TOP 20 ist der Gesetzentwurf betreffend Arbeitszeitgesetz und Arbeitsruhegesetz. Da wird versucht, eine Umsetzung der Arbeitszeitrichtlinie der Europäischen Union für fliegendes Personal von Luftfahrtunternehmen zu realisieren.

Dazu gibt es keine Zustimmung der sozialdemokratischen Fraktion. Die Umsetzung der EU-Richtlinie erfolgt nämlich nur zu einem Teil, wie wir meinen. Das in der EU-Richtlinie verankerte Recht auf Versetzung bei gesundheitlichen Problemen – hier geht es um die Nachtarbeit – wird im Arbeitszeitgesetz nicht nachvollzogen. Ich spreche da von der Klausel 4 der EU-Richtlinie.

Die Klausel 8 ist aus unserer Sicht ebenfalls nicht umgesetzt. Dabei geht es um eine gleichmäßige Verteilung der Arbeitszeit. Dies fehlt in dieser Regierungsvorlage. Es soll zwar das Arbeitszeitgesetz für fliegendes Personal gelten, jedoch gibt es keine klare Regelung der Arbeitszeiten und der Ruhezeiten. Vorgesehen ist, dass eine solche Re­gelung durch bescheidmäßige Genehmigung auf Antrag des jeweiligen Arbeitsgebers


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erfolgen soll. Das heißt, der Arbeitgeber, also das Luftfahrtunternehmen, sagt, was es will, die Behörde stellt einen entsprechenden Bescheid aus, der Arbeitnehmer erfährt dann, wann er arbeiten muss und wann er ruhen darf. Eine Parteienstellung ist nicht vorgesehen, es gibt praktisch null Mitbestimmung. Die wirtschaftlichen Interessen ha­ben Vorrang, die Arbeitnehmerinteressen haben Nachrang, wie schon so oft bei Ge­setzesvorlagen dieser Bundesregierung. (Beifall bei der SPÖ.)

Ob das nicht alles gegen das Gemeinschaftsrecht, gegen die Arbeitsschutz-Rahmen­richtlinie verstößt, wird die Zukunft zeigen, sehr verehrte Damen und Herren. Wir jedenfalls glauben, dass da Verstöße vorliegen.

Wir haben schon im Ausschuss gesagt, dass Arbeitszeitregelungen so zu gestalten sind, dass sie jedenfalls im Gesetz festgehalten sind, dass das nicht, wie in diesem Fall, durch Bescheid und Verordnung geregelt wird. Das wollen wir nicht, und das wer­den wir auch nicht akzeptieren. (Beifall bei der SPÖ.)

22.46

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Mag. Tancsits. Auch seine Redezeit beträgt 2 Minuten. – Bitte.

 


22.46

Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Kollege Riepl hat uns beim Arbeitszeitgesetz nicht die Pointe ver­raten, nämlich dass es nur um eine EU-konforme Übertragung einer seit Jahrzehnten bestehenden Praxis und rechtlichen Regelung geht (Abg. Öllinger: Eine schlechte Praxis!), die wir selbstverständlich weiterführen werden – zur Zufriedenheit aller Betei­ligten und der kleinen Sozialpartnerschaft im Bereich der Luftfahrtunternehmen.

Ich freue mich aber, dass wir die Zustimmung zur Änderung des Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetzes bekommen. Dabei geht es darum, dass wir nicht, wie bei der Pensionsdebatte gefordert, neuerliche Schutzbestimmungen des Arbeitsmarktes, die dort für ältere Arbeitnehmer notwendig sind, in die Pensionsfinanzierung hineintransfe­rieren, sondern dass wir die Probleme an der Wurzel packen (Abg. Öllinger: „An der Wurzel“?), dass ich also in die Korridorpension nicht gedrängt werden kann, sondern dass ich da weiterhin selbstverständlich wie jeder andere Arbeitnehmer behandelt wer­den muss und dass damit auch die Bonus- und Maluszahlung des Dienstgebers wei­terhin über das 62. Lebensjahr hinaus gilt.

Das ist natürlich nicht alles, aber ein wesentlicher Beitrag des Gesetzgebers zu einer neuen Behaltekultur, von der wir wünschen, dass sie weiter in unserem Wirtschafts- und Arbeitsleben Platz greift. (Beifall bei der ÖVP.)

22.48

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Öllinger. 5 Minuten, oder? (Abg. Öllinger – auf dem Weg zum Rednerpult –: Ja sicher! Mindestens!) – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


22.48

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Ich verstehe erst jetzt gut, warum diese Gesetze so spät behandelt werden, denn es handelt sich wirklich um Gesetze, um Novellierun­gen, die man besser verstecken sollte. (Abg. Dolinschek: Es sind Anpassungsgeset­ze!) Schlechte Anpassungsgesetze! Gut, wir stimmen der Verlängerung des Malus zu, aber eine wirklich gute Lösung ist das nicht. (Demonstrativer Beifall des Abg. Dolin­schek. – Abg. Wittauer: Was ist in euch gefahren? Nur weil es so spät ist?)

Anders ist es beim Arbeitszeitgesetz und beim Arbeitsruhegesetz. Das ist wirklich eine unerträglich schlechte Anpassung, und es nützt Ihnen nichts, meine sehr geehrten


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Damen und Herren, Herr Kollege Tancsits, wenn Sie sagen: Das war immer schon so! Wir hatten in Österreich – und das habe ich auch im Ausschuss gesagt – vor 20 Jahren eine oder zwei oder drei Fluglinien. Inzwischen haben wir wesentlich mehr, und wenn jede Fluglinie ihr eigenes Arbeitszeit- und Arbeitsruherecht hat, das per Verordnung festgelegt wird, dann muss ich sagen: Nein danke, das kann es nicht sein!

Dritter Punkt: Okay, Anpassungen beim Landarbeitsgesetz. Bleibt mir nur die Anmer­kung: Wozu gibt es das Landarbeitsgesetz in dieser Form überhaupt? Brauchen wir ein eigenes Recht für die Landarbeiter? (Abg. Mag. Molterer: Ja!) Na, Kollege Dolinschek weiß es auch nicht so genau, ich auch nicht. Aber wir passen an, was eigentlich schon vor Jahren hätte angepasst werden sollen. Das ist es auch schon.

Also es ist gut, dass es zu so später Stunde verhandelt wird, denn es tut sich wirklich nichts Gutes dabei. (Beifall bei den Grünen.)

22.50

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr kommt Herr Abgeordneter Dolinschek zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


22.50

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kollege Öllinger! Bezüglich des vorliegenden Antrages 477/A, der die Änderung des Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetzes zum Gegenstand hat, sind wir einer Meinung. Mit dem vorliegenden Antrag wird eine wichtige Maßnahme gesetzt. Mit dieser soll ein Abdrängen vom Arbeitsmarkt verhindert werden. Auch die Möglich­keit, bei der Korridorpension aus freien Stücken und nicht mit Zwang vorzeitig in Pen­sion zu gehen, wird gewährleistet. Das war bisher nicht möglich, ist aber bezüglich Pensionshöhe, Zu- und Abschläge etwas ganz Wichtiges.

Nun zur Regierungsvorlage, mit der das Arbeitszeitgesetz und das Arbeitsruhegesetz geändert werden, in welchen es um Beschäftigte bei Luftfahrtunternehmen geht, einige Bemerkungen. Es ist dies eine EU-konforme Regelung, die jetzt getroffen wird. Wir schaffen in Österreich ein Gesetz, das für alle Luftlinien, die es in Österreich gibt, gilt. Im Prinzip war der Österreichische Gewerkschaftsbund da säumig, und die Sozialpart­ner haben bisher darüber überhaupt noch nicht beraten. Wir haben jetzt eine Regelung getroffen, die eigentlich längst fällig war.

Was das Landarbeitergesetz betrifft, Herr Kollege Öllinger und werte Damen und Her­ren, muss ich sagen: Diese Anpassung ist einfach notwendig, denn nachdem wir ein Landarbeitergesetz haben, in dem die Anpassung, die seinerzeit zwischen Arbeitern und Angestellten stattgefunden hat, nicht vollzogen ist, müssen wir nun auch diese vollziehen, und das geschieht damit.

Auch wenn es zu später Stunde beschlossen wird: Es sind dies wichtige Maßnahmen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

22.51

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr kommt Herr Bundesminister Dr. Bartenstein zu Wort. – Bitte.

 


22.51

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Danke, Hohes Haus, für die offensichtlich breite Zustimmung zur Neuregelung des Malus, der auch dann anfällt und fällig wird, wenn an sich die Möglichkeit zum Antritt einer Korridorpension gegeben sein wird. (Abg. Öllinger: Tun Sie’s nicht überinterpre­tieren! Eine laue Zustimmung!) Breit oder lau, jedenfalls Zustimmung. Besten Dank dafür, Herr Abgeordneter!


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Zum Thema Arbeitszeit und fliegendes Personal sei schon Folgendes angemerkt: Ers­tens ist das der Status quo, Herr Abgeordneter Riepl, der von einem bescheidmäßigen System ausgeht.

Zum Zweiten: Es wäre nicht zweckmäßig, das jetzt detailliert in unser Arbeitszeitgesetz zu integrieren, weil eine Verordnung des Europäischen Parlaments ins Haus steht und wir jetzt Dinge täten, die wir vermutlich in einem Jahr wieder ändern müssten.

Zum Dritten: Es geht um eine Reihe von Verbesserungen, die trotzdem für das fliegen­de Personal damit in Kraft treten können.

Viertens: Die deutsche Regelung ist durchaus analog, also insgesamt das Gegenteil dessen, was Sie behauptet haben, sie ist keine Regelung gegen die Arbeitnehmer im Bereich des fliegenden Personals, sondern eine Regelung für die Arbeitnehmer. (Bei­fall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

22.53

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Leutner. 2 Minuten. – Bitte.

 


22.53

Abgeordneter Dr. Richard Leutner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Wir haben hier heute unter anderem eine Änderung des Landarbeitsgesetzes zur Beschlussfassung vorliegen. Leider werden in diesem Zusammenhang auch die Bestimmungen des zu Recht heftig umstrittenen Arbeitsrechtsänderungsgesetzes 2000 nachvollzogen. Es ging damals um die Angleichung der Arbeiter an die Angestellten, aber dieses Gesetz stellte keine Aktion „Fairness“ dar, meine Damen und Herren.

Eine Gesamtbeurteilung dieses Gesetzes zeigt, dass die darin enthaltenen Maßnah­men ein deutliches Ungleichgewicht zu Lasten der ArbeitnehmerInnen aufweisen. Der einzigen nennenswerten Verbesserung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, stehen nämlich gravierende Nachteile, der Entfall der Urlaubsentschädigung sowie des Pos­tensuchtages bei Selbstkündigung für alle ArbeitnehmerInnen gegenüber.

Es kam also nicht nur nicht zu einer Angleichung der Arbeiter an die Angestellten, son­dern es handelt sich in Wirklichkeit auch um eine massive Umverteilung zu Gunsten der Unternehmen, wo die Arbeitnehmer die bescheidenen Vorteile bei der Entgeltfort­zahlung nicht nur selbst bezahlen, sondern darüber hinaus noch weitere finanzielle Einbußen erleiden. Insgesamt haben sie im Jahr 2000 unter dem Strich gesamtwirt­schaftlich 3 Milliarden Schilling verloren.

So sieht die Situation aus! Ich sehe deshalb keinen Grund, die verschlechternden Be­stimmungen des Arbeitsrechtsänderungsgesetzes, vor allem beim Urlaubsentgelt, ge­rade ins Landarbeitsrecht zu übertragen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

22.55

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Scheu­cher-Pichler. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


22.55

Abgeordnete Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP): Meine Damen und Herren! Auch ich beziehe mich auf die Sonderregelungen für das fliegende Personal; das liegt uns anscheinend allen sehr am Herzen. Wir fliegen ja auch hierher nach Wien, zu un­serem Arbeitsplatz. Es geht um die Schaffung einer EU-konformen Richtlinie. Wir schaffen hier eine Sonderregelung unter Beibehaltung des bisherigen Systems der bescheidmäßigen Festsetzung von Höchstarbeitszeiten und Mindestruhe.


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Es ergeben sich da auch durch die Zeitverschiebungen Sondersituationen. Ich verste­he nicht, warum Sie von Seiten der Opposition – Sie haben das ja auch schon im Aus­schuss sehr aufgeregt getan – sich hier so negativ äußern. (Abg. Silhavy: Nicht aufge­regt! Wir wollten Sie aufklären!) Sie hätten das ja alles seinerzeit, als Sie Verantwor­tung in diesem Bereich getragen haben, machen können. Sie hätten es ja ändern kön­nen. Seit damals ist es ja schon so. (Abg. Silhavy: Der Minister ist säumig! Das ist ja seine Sache, die Umsetzung von Richtlinien!)

Es gibt da sehr wohl ganz konkrete Maßnahmen: 96 arbeitsfreie Kalendertage pro Jahr beziehungsweise mindestens sieben arbeitsfreie Kalendertage pro Monat und auch die Pflicht zur Bekanntgabe dieser arbeitsfreien Kalendertage mindestens zehn Tage im Vorhinein. – Das ganz konkret dazu.

Ansonsten gibt es auch keine negativen Auswirkungen, sondern ganz im Gegenteil: Es gibt Verbesserungen in Bezug auf Möglichkeiten effizienter Maßnahmen durch das Arbeitsinspektorat. Auch das, denke ich, ist ein positiver Aspekt. – Danke schön. (Bei­fall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

22.56

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Königsberger-Lud­wig. 2 Minuten. – Bitte.

 


22.56

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Ho­hes Haus! Bei der Novelle zum Arbeitszeitgesetz und Arbeitsruhegesetz zeigt sich wieder einmal ganz klar und deutlich, wie halbherzig die Damen und Herren von den Regierungsparteien Gesetze verabschieden, wenn es um die Rechte und den Schutz der ArbeitnehmerInnen geht.

Es zeigt sich auch sehr deutlich, dass Sie wieder einmal eine EU-Richtlinie in einem Mindestmaß und Teile davon gar nicht umsetzen – das hat Kollege Riepl bereits ange­sprochen –, wenn es um die Rechte und den Schutz der ArbeitnehmerInnen geht.

Sehr deutlich zeigt sich auch, dass Sie sich beim Umsetzen von EU-Richtlinien, wenn es um die Rechte und den Schutz der ArbeitnehmerInnen geht, viel Zeit lassen.

Diese Novelle, sehr geehrte Damen und Herren von den Koalitionsparteien, hätte be­reits am 31. Dezember 2003 umgesetzt werden müssen, Sie sind also schon über ein Jahr säumig! Trotz der vielen Zeit, die Sie hatten, sodass man eigentlich annehmen konnte, dass es dann doch ein ordentliches Gesetz wird, wird auch diese EU-Richtlinie bedauerlicherweise nur sehr unzureichend erfüllt.

Ich möchte nur einen einzigen Punkt ansprechen, der für uns nicht akzeptabel ist – Kollege Riepl hat ihn auch bereits angesprochen –, und das ist die Begrenzung der Arbeitszeit und die Festlegung von Ruhezeiten. Dies kann ohne nähere gesetzliche Determinierung und außerhalb der Arbeitszeitgesetzgebung auf dem Bescheidweg, und das auf Vorschlag eines einzigen Arbeitgebers und ohne ArbeitnehmerInnenmit­bestimmung, erfolgen. Das ist für uns inakzeptabel!

Wir hätten uns gewünscht, dass die arbeitnehmerschutzrechtlichen Aspekte genauso zentral behandelt werden wie die Dienstgeberinteressen. Wir hätten uns gewünscht, dass es für die Festlegung der Flug-, Beanspruchungs- und Ruhezeitregelung einheitli­che gesetzliche Bestimmungen gibt, denn dann wären die Rechte und der Schutz der ArbeitnehmerInnen wirklich berücksichtigt und dann bestünde nicht die Gefahr, dass diese im Arbeitsalltag zu kurz kommen und wieder einmal hinter die Dienstgeberinter­essen gestellt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

 


22.58


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89. Sitzung / Seite 262

Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Walch. 2 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


22.58

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Zum Kollegen Leutner, zu seiner Kritik am Landar­beitergesetz beziehungsweise bezüglich Angleichung der Arbeiter an die Angestellten sei gesagt: Ihr von der Gewerkschaft habt die Gleichstellung 30 Jahre lang nicht zu­stande gebracht. (Abg. Silhavy: Ihr auch nicht!) Wir haben die Entgeltfortzahlung be­werkstelligt. Die Gewerkschaft wäre jetzt am Zug, sie hätte jetzt die restliche Sache zu erledigen, wie etwa betreffend die bezahlten Freitage und vieles andere mehr. Gute Nacht, Gewerkschaft!, sage ich da. Bitte tut endlich etwas, stellt euch nicht nur hier her und kritisiert nicht nur alles, was wir machen!

Wenn von der Angleichung bei den Landarbeitern die Rede ist, so muss man auch dazusagen, was die Bau-Holz-Gewerkschaft den Bauarbeitern dieses Jahr wegge­nommen hat. Ihr habt eure Zustimmung bei der Umstellung Trennungsgeld – Taggeld gegeben! Die Gewerkschaft hat da zugestimmt, und damit hat man ihnen das, was wir von der Regierung den Arbeitnehmern im Baugewerbe geben, nämlich die über 500 bis 700 € durch die Steuerreform, wieder weggenommen, und zwar durch die Strei­chung von Taggeld für jeden kurzen Freitag und für Feiertage, die auf einen Arbeitstag fallen. Da kann ich nur sagen: Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich glaube, sehr positiv ist die Korridorpension, ist der Schutz älterer Arbeitnehmer. Das ist kein arbeitnehmerfeindliches Gesetz, sondern ein arbeitnehmerfreundliches. Bitte, vorher durchlesen und sich dann hier herstellen und kritisieren – oder loben. Stimmt zu, dann werdet ihr von mir nicht mehr kritisiert! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

23.00

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schopf. 2 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


23.00

Abgeordneter Walter Schopf (SPÖ): Sehr verehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Die Gleichstellung, die angekündigt wurde und jetzt be­schlossen werden soll, lieber Kollege Max Walch, sieht unter anderem vor, dass eine Reihe von sozialpolitischen Verschlechterungen von den Regierungsparteien be­schlossen werden wird. So wird unter anderem beschlossen werden, dass die Ur­laubsentschädigung zur Gänze abgeschafft wird. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das glau­ben Sie ja selber nicht!) Die Urlaubsentschädigung wird zur Gänze abgeschafft!

Weiters wird der Postensuchtag für Landarbeiterinnen und Landarbeiter bei Arbeit­nehmer-Selbstkündigung abgeschafft. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Bei Selbstkündi­gung!) – Das habe ich gesagt! – Es gibt immerhin 5 000 Kolleginnen und Kollegen, die in diesem Bereich tätig sind. Wir wissen, dass es gerade im Bereich landwirtschaftli­cher Unternehmungen große Schwierigkeiten mit Dienstverhältnissen gibt und sehr viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer immer wieder gezwungen werden – hiefür könnte ich viele Beispiele bringen –, selbst die Kündigung einzureichen.

Mit dieser Novellierung wird unter anderem auch das Frauen-Nachtarbeitsverbot auf­gehoben; der Haushaltstag für Frauen wird abgeschafft – mit der Begründung, es sei keine geschlechtsneutrale Regelung gegeben, daher müsse man diesen Haushaltstag abschaffen.


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Da wäre es doch notwendig, meine Damen und Herren, andere Regelungen zu treffen. Man könnte beispielsweise – gerade im Zeitalter der Gleichberechtigung – einen Haushaltstag auch für Männer, die einen Haushalt führen, einführen, sodass diesen in einem bestimmten Zeitraum auch ein Haushaltstag zur Verfügung steht. (Beifall bei der SPÖ.)

Im Zusammenhang mit der Aufhebung des Frauen-Nachtarbeitsverbotes muss auch betont werden, dass keinerlei Schutzmechanismen eingeführt werden, obwohl viele andere Regelungen, insbesondere eine Reihe von Kollektivverträgen, solche vorsehen. Da das bei dieser Novelle nicht der Fall ist, können wir hiezu keine Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Mitterlehner: Hast du schon einmal von der EU ge­hört? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

23.02

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Winkler. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


23.02

Abgeordneter Ing. Josef Winkler (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Auf polemische Äußerungen möchte ich nicht eingehen (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das zahlt sich auch nicht aus!), sondern nur sagen, dass feststeht, dass die heute zu beschließenden Änderungen des Landarbeitsgesetzes vernünftige und vertretbare Kompromissregelungen darstellen, und ich daher um Ihre Zustimmung ersuche.

Dazu auch Folgendes: Viele Regelungen sind EU-bedingt anzupassen, viele betreffen positive Bereiche – Familienhospizkarenz und dergleichen mehr –, Dinge, die eben angepasst werden müssen.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen von der sozialdemokratischen Fraktion, in die­sem Zusammenhang gibt es ein wesentlich schwierigeres Problem, das wir vielleicht doch gemeinsam lösen könnten. Ich darf jetzt die Gelegenheit dazu nützen, auf die Problematik des Landarbeitsgesetzes, das übrigens das einzige kodifizierte Arbeits­recht ist, einzugehen, da ja hier auch die Frage aufgetaucht ist: Wozu das Ganze überhaupt?

Das Landarbeitsgesetz ist das einzige Dienstrecht, das, und zwar gleich vom Westen bis zum Osten unseres Landes, auf die individuellen Bedürfnisse der Arbeitsverhältnis­se Rücksicht nimmt! Wenn Sie von der SPÖ das abschaffen wollen, kann ich dazu nur sagen: Damit würden Sie vielen Kolleginnen und Kollegen einen Bärendienst erweisen!

Nun möchte ich auf eine Besonderheit der österreichischen Bundesverfassung, näm­lich auf das so genannte Versteinerungsprinzip eingehen. Der naturgemäß dynami­schen Entwicklung der Land- und Forstwirtschaft konnte, und zwar in Bezug auf die Zuständigkeit des Landarbeitsrechtes für deren Dienstnehmer, bisher nicht Rechnung getragen werden. Daher stehen wir vor dem grundsätzlichen Problem, dass es viele Dienstnehmer gibt, die gerade deshalb keine Ausbildungsordnung, kein Berufsbild, keine gesetzliche Arbeits- und Sozialrechtsregelung haben. Es wäre daher hoch an der Zeit, gemeinsam eine Lösung für jene Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer zu fin­den, die sozusagen außerhalb gesetzlicher Normen stehen. Dafür bitte ich um Ihre Unterstützung, denn da könnten wir für viele Kolleginnen und Kollegen wirklich etwas machen.

Im Interesse der Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft ersuche ich daher, ent­sprechend positive Regelungen für diese Kolleginnen und Kollegen zumindest im


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89. Sitzung / Seite 264

21. Jahrhundert zustande zu bringen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

23.04

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Keuschnigg. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


23.05

Abgeordneter Georg Keuschnigg (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ge­schätztes Hohes Haus! Vom Landarbeitsrecht, das wir jetzt behandeln, werden Berufe erfasst, die durch harte körperliche Arbeit geprägt sind und wo die darin Tätigen stän­dig von latenten gesundheitlichen Risken bedroht sind. Denken Sie beispielsweise nur an die Forstarbeiter, die jahrein, jahraus Wind und Wetter ausgesetzt sind! Die Land- und Forstarbeiter haben sich in den vergangenen Jahrzehnten ein überaus positives Berufsbild, ein überaus positives Image erarbeitet: Aus Knechten und Mägden der Nachkriegszeit sind hoch spezialisierte, bestens ausgebildete und sozial gut abgesi­cherte angesehene Fachkräfte geworden. Eine Erfolgsstory der besonderen Art!

Die Harmonisierung beziehungsweise Anpassung des Arbeitsrechtes auch für diese Berufe ist richtig und wichtig, die vorliegende, sorgfältig vorbereitete Gesetzesvorlage ist ein Beitrag dazu, und sie findet daher selbstverständlich unsere Zustimmung. (Bei­fall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

23.06

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Steibl. 2 Minu­ten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


23.06

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolle­ginnen und Kollegen! Bei dieser Regierungsvorlage, mit der das Landarbeitsgesetz geändert wird, geht es auch um die Anpassung beziehungsweise Gleichstellung des Elternurlaubsgesetzes, der Urlaubsrichtlinie. Grund dafür ist ein Vertragsverletzungs­verfahren (Abg. Öllinger: Schon wieder eines!), das die Europäische Kommission ge­genüber Österreich angestrebt hat. Ich möchte nur festhalten, dass das eine Fortset­zung dessen ist, was wir im Gesundheitssausschuss bereits vor einigen Wochen be­schlossen haben.

Ganz kurz: Es geht dabei nur um eine Gleichstellung, es soll keine Bevorzugung von Müttern oder Vätern geben. Aber, Herr Kollege Öllinger, Sie können sich ja dafür ein­setzen, dass es nicht nur einen Haushaltstag für Männer gibt, sondern dass viel mehr Väter in Karenz gehen. (Beifall bei der ÖVP.)

23.07

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzte Rednerin hiezu ist Frau Abgeordnete Marek. 2 Minuten. – Bitte.

 


23.07

Abgeordnete Christine Marek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren, die Landarbeiterkammern setzen sich für die Rahmenbedingungen jener Menschen ein, die in Bereichen arbeiten, für die Österreich international bekannt ist und für die Österreich zu einem großen Teil steht.

Ich kann Ihnen dazu nur sehr empfehlen, sich auf der Homepage der Österreichischen Landarbeiterkammern einen Film anzusehen, der Ihnen mit wunderschönen Bildern zeigt, was die von Josef Winkler vertretenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer leisten und in welchen Bereichen sie das tun.


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89. Sitzung / Seite 265

Übrigens darf ich als Frauenpolitikerin positiv festhalten, dass es im Bereich der Land­arbeiterkammern keine Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen gibt.

Meine Damen und Herren, wir haben hier schon mehrfach gehört – und das aus beru­fenem Munde –, wo die Probleme liegen, mit denen die Landarbeiterkammern und die von ihnen vertretenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in ihrer täglichen Arbeit konfrontiert sind. Präsident Josef Winkler arbeitet unermüdlich im Sinne der von ihm vertretenen Menschen, wofür ich ihm an dieser Stelle herzlich danken möchte. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

Ich hoffe sehr, dass es möglich sein wird, im Sinne der Betroffenen positive Verände­rungen in Bezug auf klare Zuständigkeiten der Interessenvertretungen vorzunehmen, aber auch in Bezug auf Berufsbild und arbeitsrechtliche Bedingungen weiterzukom­men. Dafür stehe ich gerne zur Verfügung. (Beifall bei der ÖVP.)

23.08

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Seitens der Berichterstattung wird kein Schlusswort gewünscht.

Wir gelangen somit zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 773 der Beilagen.

Wer dem Gesetzentwurf zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Die Zustimmung wird in zweiter Lesung einstimmig erteilt.

Wir gelangen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung diesem Gesetzentwurf zustimmt, den bitte ich um ein Zei­chen. – Auch die dritte Lesung ergibt eine einstimmige Zustimmung. Der Gesetzent­wurf ist daher angenommen.

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz und das Arbeitsruhegesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 774 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Diese wird mehrheitlich erteilt.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Auch in dritter Lesung wird der Gesetzentwurf mehrheitlich angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Landarbeitsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 775 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Silhavy, Kolle­ginnen und Kollegen vor. Ich lasse daher über den Gesetzentwurf unter Berücksichti­gung des erwähnten Verlangens auf getrennte Abstimmung abstimmen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Ziffer 1 bis 7 des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.


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89. Sitzung / Seite 266

Nun kommen wir zur getrennten Abstimmung über Ziffer 9 in der Fassung des Aus­schussberichtes.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dem zustimmen, um ein Zeichen. – Auch das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Ziffer 11 bis 14 in der Fassung des Aus­schussberichtes.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist auch einstimmig angenom­men.

Ferner kommen wir zur getrennten Abstimmung über Ziffer 17 bis 40 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung geben, um ein Zei­chen. – Das ist einstimmig angenommen.

Nunmehr erfolgt die getrennte Abstimmung über Ziffer 43 bis 45 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein Zeichen. – Auch das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Ziffer 47 bis 51 in der Fassung des Aus­schussberichtes.

Wer zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist mehr­heitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung zustimmt, den bitte ich um ein Zei­chen. – Das ist mehrheitlich angenommen. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

22. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (685 d.B. und Zu 685 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienstge­setz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Auslandszulagen- und -hilfeleistungsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Bundesbediensteten-Sozialplangesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Landesvertragslehrergesetz 1966, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Land- und forstwirtschaftliche Landesver­tragslehrergesetz und das Unterrichtspraktikumsgesetz geändert werden (Dienstrechts-Novelle 2004) (767 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zum 22. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
89. Sitzung / Seite 267

Die Debatte wird von Frau Abgeordneter Mag. Stoisits eröffnet. – Dobar vecer, Frau Abgeordnete! – Bitte.

 


23.12

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Dobar vecer, gospod predsednik! Herr Staatssekretär! Guten Abend! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Grünen werden der Dienstrechts-Novelle 2004 zustimmen. Ich sage in sehr kurzen Worten, warum. Ich begründe es vor allem deshalb, weil es im Ausschuss das gegenteilige Abstimmungsverhalten gegeben hat. Im Ausschuss gab es eine intensive Diskussion – ich konnte leider nicht an der Ausschusssitzung teilnehmen – in Bezug auf die Frage der Anerkennung der Fachhochschulabschlüsse (Abg. Scheibner: Wo ist die Kollegin Glawischnig?) und die dienstrechtliche Benachteiligung von Fachhochschulabsolven­ten gegenüber Universitätsabsolventen. (Abg. Scheibner: Wo sind alle?)

Unsere Bedenken dazu werden heute wieder in einem Abänderungsantrag, den die sozialdemokratische Fraktion einbringt, zum Ausdruck gebracht, und es wird auch mit dem Abstimmungsverhalten in zweiter Lesung signalisiert werden, dass die jetzige Lösung, wie sie in der Dienstrechts-Novelle 2004 enthalten ist, nicht unsere Zustim­mung hat. (Abg. Öllinger: Völlig richtig! – Abg. Scheibner – in Richtung des Abg. Öl­linger –: ... war gar nicht im Ausschuss! ... weiß das ja gar nicht!)

Allerdings hat sich im Gegensatz zur Ausschusssitzung am Freitag letzter Woche jetzt Folgendes geändert: Es gibt einen Entschließungsantrag, den alle vier Fraktionen des Nationalrates gemeinsam eingebracht haben – Herr Kollege Neugebauer, der nach mir ans Rednerpult treten wird, wird ihn auch argumentieren und verlesen –, und ich mei­ne, dass dieser Entschließungsantrag eine eindeutige Aufforderung an die Bundesre­gierung ist, diese Lücke, die es noch gibt, zu schließen. Wir hoffen, wenn es einen Vier-Parteien-Antrag an die Regierung gibt, dass diesem auch Rechnung getragen wird, obwohl ich bemängeln möchte, dass im Entschließungsantrag keine Frist enthal­ten ist.

Aber auch diese Krot sind wir bereit zu schlucken, weil ich nicht anstehe zu sagen, dass eine Gehaltserhöhung von 2,3 Prozent für öffentlich Bedienstete in Österreich ein Abschluss ist, der respektabel ist – wenn ich an vergangene Jahre denke, wo es ganz kümmerliche Gehaltsabschlüsse gegeben hat –, und deshalb unsere Zustimmung zur Dienstrechts-Novelle 2004. – Danke. Laku noc! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Scheibner – zu der auf ihren Sitzplatz zurückkehrenden Abg. Mag. Stoisits –: Du warst ja nicht im Ausschuss!)

23.15

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Neugebauer. Seine Redezeit beträgt 2 Minuten. – Bitte.

 


23.15

Abgeordneter Fritz Neugebauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatsekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei dieser Dienstrechts-Novelle 2004 handelt es sich um ein Sammelgesetz, das insgesamt 18 Gesetze verändert. Sie ist das Ergebnis eines sozi­alpartnerschaftlichen Kompromisses zwischen der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst und der Bundesregierung.

Was die allgemeinen Bestimmungen betrifft, so werden die mir als Redner nachfolgen­den Kolleginnen und Kollegen darauf Bezug nehmen. Der Gehaltsabschluss mit 2,3 Prozent ist von der Kollegenschaft in einem sehr hohen Maße positiv bewertet worden. Ich habe schon an anderer Stelle feststellen dürfen, dass wir im Zusammen­hang damit auch eine Umverteilung der Lebensverdienstsumme vornehmen.


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89. Sitzung / Seite 268

Und zur Frage Fachhochschule und Gleichwertigkeit darf ich folgenden Antrag einbrin­gen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Baumgartner-Gabitzer, Dipl.-Ing. Achleitner, DDr. Niederwieser, Mag. Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein einheitliches Dienstrecht und bezüglich dienst- und besoldungsrechtliche Einstufung von Fachhochschulabsolven­ten/innen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, ein einheitliches Bundesmitarbeiterrecht unter Be­rücksichtigung berufsspezifischer Anforderungen vorzubereiten.

Weiters wird die Bundesregierung ersucht, auch sachgerechte sowie funktions- bezie­hungsweise arbeitsplatzbezogene Lösungsmodelle für den öffentlichen Dienst in An­lehnung an das Bologna-Modell dahin gehend zu entwickeln, dass bei Gewährleistung einer Gleichwertigkeit von Fachhochschul-Studienabschlüssen mit Universitätsab­schlüssen die Absolventen und Absolventinnen von Fachhochschulen dienst- und be­soldungsrechtlich die gleiche Behandlung wie Universitätsabsolventen erfahren.

*****

Ich freue mich, dass dieses Verhandlungsergebnis die Zustimmung des Hohen Hauses findet. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

23.16

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Herrn Abgeordnetem Neugebauer vorgetrage­ne Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Baumgartner-Gabitzer, Dipl.-Ing. Ach­leitner, DDr. Niederwieser, Mag. Stoisits ist hinreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Baumgartner-Gabitzer, Dipl.-Ing. Achleitner, DDr. Niederwieser, Mag. Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein einheitliches Dienstrecht und bezüglich dienst- und besoldungsrechtliche Einstufung von Fachhochschulabsolven­ten/innen

eingebracht im Zuge der Debatte über die Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbediens­tetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Bundes-Personal­vertretungsgesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Auslandszulagen- und -hilfeleistungsgesetz, das Pensions­gesetz 1965, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Bundesbediensteten-Sozialplan­gesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Landesvertragslehrergesetz 1966, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Land- und forstwirtschaftliche Landes­vertragslehrergesetz und das Unterrichtspraktikumsgesetz geändert werden (Dienst­rechts-Novelle 2004) (685 d.B.)


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89. Sitzung / Seite 269

Die öffentliche Hand hat und braucht auch in Zukunft höchst qualifizierte und einsatz­bereite Mitarbeiter. In diesem Sinn sollen daher nachhaltige Schritte zur Angleichung der öffentliche Dienst- und Besoldungsrechte unternommen werden.

Derzeit bestehen aufgrund der historisch gewachsenen Entwicklung zwischen öffent­lich-rechtlichem Dienstverhältnis (Beamte) und privatrechtlichem DV (Vertragsbediens­tete) Unterschiede im Dienst- und Besoldungsrecht.

Im Zuge der „Harmonisierung“ wurde im Pensionsrecht ein Gleichklang hergestellt, der auch im Aktivbereich seine Fortsetzung finden soll. Dies soll auch gewährleisten, dass die öffentliche Verwaltung ein attraktiver Dienstgeber bleibt. Aufgabenspezifische Re­gelungen und Erfordernisse im Öffentlichen Dienst, etwa bei der Sicherheitsverwaltung werden dabei zu berücksichtigen sein, ebenso soll auf ein ausgewogenes und funkti­ons- bzw. arbeitsplatzbezogenes Verhältnis zwischen Ausbildungs- und Verwendungs­prinzip geachtet werden.

Im Rahmen der allgemein zu erreichenden Einheitlichkeit im Dienst- und Besoldungs­recht, sind auch andere spezifische Probleme zu beachten: vor 10 Jahren wurden in Österreich erstmals Fachhochschul-Studiengänge eingerichtet, die heute bereits eine erfolgreiche Bilanz aufweisen können. Fachhochschulabsolventen sind in zahlreichen Branchen und Berufen auf Grund ihrer Qualifikation gefragte Mitarbeiter.

Im Vertragsrecht des Bundes besteht die Möglichkeit, Fachhochschul-Absolventen in die Akademiker-Entlohnungsgruppe v 1 bei Vorliegen einer entsprechenden A-wertigen Verwendung einzureihen. Derzeit bewegt sich die Zahl der Fachhochschul-Absolven­ten im Bereich der allgemeinen Verwaltung des Bundes, maximal im zweistelligen Be­reich, wobei es sich dabei vor allem um Vertragsbedienstete handelt. Darüber hinaus gibt es im Bereich des Bundesheeres den Fachhochschulstudiengang „militärische Führung“.

Beamte und Beamtinnen, die einen Fachhochschulabschluss aufweisen und dauernd auf einem A-wertigen Arbeitsplatz verwendet werden, können derzeit wegen des Nicht­aufweisens des Ernennungserfordernisses eines universitären Diplom- oder Magister­grades nicht in die Verwendungsgruppe A1 ernannt werden, erhalten jedoch eine Zulage bezahlt.

Aufgrund der „Gemeinsamen Erklärung der Europäischen Bildungsminister“, die am 19. Juni 1999 von 29 Staatenvertretern in Bologna unterzeichnet wurde (sog „Bologna-Erklärung“), wird ein „Europa des Wissens“ („Europe of Knowledge“) anerkannt und soll – bis zum Jahre 2010 – ein „Europäischer Hochschulraum“ („European Higher Education Area“) eingerichtet werden. Auch im Bereich der Ausbildungsvorhaben des Bundes ist eine Orientierung an den Zielen der Bologna-Deklaration geplant.

Mit der Umsetzung des Bologna-Prozesses sind Möglichkeiten der Angleichung von Fachhochschul-Studienabschlüssen und Universitätsabschlüssen verbunden. Dies hat zur Folge, dass bei einer Gleichwertigkeit von Fachhochschul-Studienabschlüssen und Universitätsabschlüssen auch im Beamtendienstrecht des Bundes in Zukunft die glei­che dienst- und besoldungsrechtlich Behandlung auf entsprechend bewerteten Ar­beitsplätzen zu erfolgen hätte.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, ein einheitliches Bundesmitarbeiterrecht unter Be­rücksichtigung berufsspezifischer Anforderungen vorzubereiten.


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89. Sitzung / Seite 270

Weiters wird die Bundesregierung ersucht, auch sachgerechte sowie funktions- bzw. arbeitsplatzbezogeneLösungsmodelle für den öffentlichen Dienst in Anlehnung an das Bologna-Modell dahingehend zu entwickeln, dass bei Gewährleistung einer Gleichwer­tigkeit von Fachhochschul-Studienabschlüssen mit Universitätsabschlüssen die Absol­venten und Absolventinnen von Fachhochschulen dienst- und besoldungsrechtlich die gleiche Behandlung wie Universitätsabsolventen erfahren.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


23.17

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Staatssekretär! Grundsätzlich ist zu diesem Gesetz zu sagen, dass es viele positive Bestimmungen enthält, wie den durchaus respektablen Gehaltsabschluss.

Ein wirklicher Wermutstropfen ist schon angesprochen worden, nämlich die Nicht­gleichstellung zwischen Fachhochschulabsolventen und Universitätsabsolventen. Das ist schade, das hätte man hier regeln können. Es wäre vernünftig gewesen, das gleich in einem Wurf zu machen, insbesondere wenn man sich zu dem Bologna-Prozess be­kennt, dass man gleichwertige Studien mit einer gleichwertigen anrechenbaren Punk­teanzahl auch gleich behandelt. Das hätte man in diesem Gesetz relativ einfach mitre­geln können, nämlich die Punkteanzahl festzulegen, wie dies im Bologna-Prozess schon vorgegeben ist. Das wäre eine relativ einfache Übung gewesen.

Es wird daher noch ein Abänderungsantrag von uns zu diesem Punkt nachgereicht werden.

Dem Entschließungsantrag, der hier eingebracht worden ist, ist beizupflichten, weil er in die richtige Richtung geht.

Es ist schade, dass man das nicht gleich mit dieser Dienstrechts-Novelle erledigt hat. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Parnigoni: Super, Peter!)

23.18

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Scheibner, und zwar 2 Minuten. – Bitte.

 


23.18

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Wie schon gesagt, handelt es sich hier weitgehend um eine Konsensmaterie. Das ist auch positiv.

Es hat eine Diskussion gegeben, Herr Kollege Parnigoni, nämlich rund um die Frage der Gleichstellung der Fachhochschul-Studienabschlüsse mit den akademischen Stu­dien für die öffentlich Bediensteten, und zwar für die Beamten – nicht für die Vertrags­bediensteten, denn dort hat man ja schon ein moderneres Schema eingebracht.

Wir haben gesagt, wir sind selbstverständlich für die Gleichstellung. Wenn man aber das gemacht hätte oder machen würde, was Sie jetzt verlangen, nämlich die sofortige absolute Gleichstellung, hätte man in ein altes Vehikel einen neuen Motor eingebaut, und das funktioniert selten, auch hier im öffentlichen Dienst. (Abg. Öllinger: Bei der Pensionsreform fahrt ihr aber mit dem alten Vehikel ziemlich lange!) Wir glauben, dass dieses strenge Schema – A, B, C, D und so weiter – absolut überholt ist.

Deshalb hoffen wir und glauben wir auch fix, dass mit dem einheitlichen Bundesmitar­beitergesetz endlich diese archaische Zuordnung aufgehoben wird und ein funktions-


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89. Sitzung / Seite 271

zugeordnetes Anforderungsprofil für die einzelnen Funktionen erstellt wird und dort auch die entsprechende Ausbildung definiert wird, denn für eine Funktion eines Grup­penleiters oder Sektionschefs im Landwirtschaftsministerium wird ein anderes Studium sinnvoll und wichtig sein als für einen solchen im Wirtschaftsministerium oder im Ver­teidigungsministerium.

Noch ein weiteres Beispiel: Würde man die absolute Gleichstellung jetzt sofort umset­zen, dann würde ein Leutnant, der frischer Abgänger der Militärakademie und „Magis­ter (FH) – Militärische Führung“ ist, in A eingereiht werden, der 50-jährige Oberst, der Dienstvorgesetzter dieses Leutnants ist, in B. Also man sieht schon, dass das eben nicht momentan rasch umsetzbar ist. Aber eine gänzliche Neuordnung des Besol­dungsschemas und des Dienstschemas im öffentlichen Dienst zumindest für jene Be­reiche, wo noch Pragmatisierung notwendig ist – und dieser Bereich, hoffe ich, wird in Zukunft sehr, sehr schlank sein –, ist sicherlich erforderlich, und dieser Aufgabe haben wir uns raschest zu stellen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

23.20

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Dr. Lopatka. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


23.20

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn seitens der Opposition von einem respektablen, von einem guten Ergebnis die Rede ist, dann kann ich dir, Kollege Fritz Neugebauer, und dem Herrn Bundeskanzler nur herzlich zu diesem Abschluss gratulieren, der hier gelungen ist, denn eine Vier-Parteien-Einigung ist ja bei diesem Tagesordnungspunkt nicht von vornherein absehbar gewesen.

Es ist tatsächlich so, dass man hier einen sehr guten Kompromiss gefunden hat: Einerseits hat man vor dem Hintergrund der größten Steuerreform und dem Ziel, das Budget möglichst wenig zu belasten, dem zu entsprechen versucht, andererseits sind 2,3 Prozent ein sehr schöner Gehaltsabschluss. Das deckt sich auch mit dem, was in den anderen Bereichen Gott sei Dank möglich ist, nämlich dass für die Arbeitnehmer in Zukunft einfach mehr Geld zur Verfügung stehen wird. Bei den Metallern ein Gehalts­abschluss von 2,5 Prozent und auch bei den anderen Berufsgruppen durchgehend über 2 Prozent – das ist eindeutig über der Inflationsrate –, das ist etwas sehr, sehr Positives, und hier passt auch dieser Abschluss für die Beamten genau hinein.

Noch eines: Die Beamten leisten natürlich auch dadurch einen großen Beitrag, dass wir in diesem Bereich in den letzten Jahren schon sehr viele Dienstposten eingespart haben und die Effizienz auch enorm gesteigert worden ist, gerade was das E-Govern­ment und andere Initiativen betrifft, die die Bundesregierung gesetzt hat.

Alles in allem ein sehr gutes Ergebnis, das zu Recht die Zustimmung aller vier Fraktio­nen findet! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

23.22

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter DDr. Nieder­wieser. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


23.22

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Zum Kollegen Lopatka doch noch eine kleine Bemerkung, weil sie not­wendig ist: Die Effizienzsteigerung und die Einsparungsmaßnahmen, die Sie erwähnt haben, haben sich ja auch darin geäußert, dass rund 4 000 bis 5 000 Lehrerinnen und Lehrer frühzeitig in Pension gegangen sind – die uns fehlen, wie wir heute bei der Dis-


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89. Sitzung / Seite 272

kussion der PISA-Studie gesehen haben, die sich aber umgekehrt im heurigen Budget mit 190 Millionen € zusätzlich niederschlagen, und zwar für Pensionsaufwand, der hö­her ist.

Das heißt, was wir tatsächlich sparen, wenn Sie Leute mit 50 und knapp darüber in Pension schicken und dadurch einen riesigen Pensionsaufwand hervorrufen und wenn diese Leute dann im Aktivstand fehlen, das sei dahingestellt.

Zum Antrag selbst und zum Gesetz selbst haben wir ja bereits unsere Zustimmung bekannt gegeben. Es ist auch sehr wichtig, dass wir uns auf diesen Entschließungsan­trag verständigen konnten. Er erfüllt nicht das, was wir heute gerne gehabt hätten, aber er ist doch ein deutliches Zeichen an die Regierung, und daher stimmen wir ihm auch zu.

Ich möchte aber diese Gelegenheit noch dazu nützen, folgenden Antrag einzubringen, der nämlich diese Gleichstellung mit den Universitätsabsolventen sofort vorsieht:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Wittmann, DDr. Niederwieser und KollegInnen betreffend Gleich­stellung der Fachhochschulabsolventen mit anderen Hochschulabsolventen hinsichtlich der Bestellungserfordernisse nach dem BDG

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der Gesetzesantrag im Ausschussbericht 767 d.B. betreffend die Regierungsvorlage zur Dienstrechts-Novelle 2004, 685 d.B., wird wie folgt geändert:

Artikel 1 Z 47 lautet:

„Z 47. Anlage 1 Z 1.12 zweiter Satz lautet:

„Diese ist durch den Erwerb eines Diplom-, Magister- oder Doktorgrades gemäß § 87 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002 oder eines Diplom- oder Magistergrades gemäß § 5 Abs. 1 des Fachhochschul-Studiengesetzes nachzuweisen.““

*****

Mit dieser Bestimmung könnte das Hohe Haus dieses Thema auch gleich heute erledi­gen, was sicher der bessere Weg wäre.

Lassen Sie mich abschließend noch auf Folgendes hinweisen: Wenn jetzt über ein neues Dienstrecht verhandelt wird, dann steht ja auch die Lösung anderer großer Probleme noch an. Der Bologna-Prozess wurde erwähnt. Der Bologna-Prozess sieht das dreigliedrige Studium vor, und nach dem jetzigen Stand des Dienstrechtes im öf­fentlichen Dienst ist der Bachelor nach wie vor nicht – also auch der Bachelor! – als erster Studienteil oder als erste Phase eines Studiums, als erster Studienabschluss anerkannt. Dieses Thema taucht unweigerlich spätestens dann auf, wenn die Ersten ihr Studium beenden.

Alle Studien sind jetzt umgestellt, die Studierenden sind mittendrin. Es wäre ein Gebot der Fairness, ihnen möglichst schnell zu sagen, in welcher Form der Bachelor nach dem Universitätsgesetz künftig im öffentlichen Dienst behandelt wird. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

 


23.25


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89. Sitzung / Seite 273

Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Herrn Abgeordnetem DDr. Niederwieser einge­brachte Abänderungsantrag der Abgeordneten Wittmann, Niederwieser ist hinreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Fauland 2 Minuten zu uns. – Bitte.

 


23.26

Abgeordneter Markus Fauland (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Zu dem gerade gestellten Abänderungsantrag von DDr. Niederwieser möchte ich nur anmerken – ich glaube, es ist gerade vorhin auch von Klubobmann Scheibner dargelegt worden –, dass das derzeitige System des Beamtendienstrechtes noch nicht auf diese sehr rasch erfolgte Regelung anwendbar ist, sondern wir würden uns damit Probleme schaffen, die das System nicht verkraften würde. Man muss zuerst einmal das System adaptieren, das System an die neuen Herausforderungen anpas­sen, und erst dann kann man sich Gedanken darüber machen, das umzusetzen.

Wie schon angemerkt, gerade im Bereich des Lehrgangs „Militärische Führung“ produ­zieren wir dann ad hoc auf einmal 100 Akademiker pro Jahr mehr. Das System ist nicht in der Lage, diese Leute aufzunehmen. Zuerst müssen wir einmal in diesem System die notwendigen Adaptierungen durchführen, und dann werden wir den zweiten Teil vollziehen. Also eine Schritt-für-Schritt-Taktik wäre anzuraten.

Die Ernennungserfordernisse im derzeitigen Beamtenschema sind sicher eine Sache, die der Vergangenheit angehören sollte. Man muss da neue Wege in Richtung einer funktionsbezogenen Einstufung der Leute, die im öffentlichen Dienst tätig sind, be­schreiten und sich schön langsam dort hinentwickeln, denn nur so kann man einen homogenen Übergang vom jetzigen System schaffen und dann auch die Bedürfnisse sowohl der Bakkalaureat-Studenten als auch jener an den Fachhochschulen vollinhalt­lich umsetzen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.27

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Grander. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


23.27

Abgeordnete Maria Grander (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Zur Dienstrechts-Novelle 2004: Ich möchte ganz kurz auf die Novelle eingehen, die die dienstrechtliche Grundlage für die Telearbeit im Bundesdienst, die Telearbeit auch im öffentlichen Dienst schafft. Es er­folgt die Einführung der Telearbeit durch ausdrückliche dienstrechtliche Bestimmun­gen. Im Jahr 2002 ist dies bereits von der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst eingereicht worden, und jetzt kommt es, was gut ist, denn damit wird vor allem dem Wunsch junger Familien nach besserer Vereinbarkeit von Beruf und Familie entgegengekommen.

Der Dienstgeber hat dem Dienstnehmer anfallende Kosten zu ersetzen. Es ist eine Mitwirkung auch der Personalvertretung bei der Telearbeit gegeben, also der Dienst­geber wird verpflichtet, dem Dienststellenausschuss schriftlich mitzuteilen, dass er be­absichtigt, einem Dienstnehmer Telearbeit zu gewähren. – Das wäre ganz kurz der Inhalt zum Punkt Telearbeit.

Im Sinne der vorgeschrittenen Zeit möchte ich nur noch einmal kurz den guten sozial­partnerschaftlichen Dialog hervorheben. Ich denke, es waren gute Verhandlungen, und es ist auch das Gesetz im Gesamten gut gelungen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

 


23.29


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89. Sitzung / Seite 274

Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Pendl. 2 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


23.29

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine ge­schätzten Damen und Herren! Hohes Haus! Wie schon meine Vorrednerinnen und Vorredner hier ausgeführt haben, handelt es sich bei dieser Novelle um ein Verhand­lungsergebnis zwischen der Bundesregierung und der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst. Ich glaube, wir alle bekennen uns auch zu diesem Verhandlungsergebnis, wo­bei ich schon eines sagen möchte, weil ich es mir eigentlich wirklich erwartet hätte: Ich saß dann gar nicht am Verhandlungstisch, aber nachdem ich den Innenminister auch bereits im Ausschuss gefragt habe, warum er eigentlich im Bundesministerium für In­neres eine bessere Rückfallsregelung für Exekutivbeamte diskutiert hat, und da das, wie mir mitgeteilt wurde, auch der Wunsch des Ressorts ist, hat es mich dann verwun­dert, dass das nicht ebenfalls im Rahmen der Dienstrechts-Novelle mitverhandelt wor­den ist.

Das wäre schön gewesen. Gerade im Hinblick auf die Neufassung des Sicherheitspoli­zeigesetzes hätte das sicherlich viele Kolleginnen und Kollegen der Exekutive zusätz­lich abgesichert.

Ich möchte mich aber, weil das ein Punkt ist, der den gesamten öffentlichen Dienst betrifft, namens der Fraktion sozialdemokratischer Parlamentarier bei den öffentlich Bediensteten sehr, sehr herzlich für ihre Dienstleitung bedanken. Ich möchte mich spe­ziell bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Parlamentsdirektion bedanken und Sie alle einladen: Denken wir immer daran, die Kolleginnen und Kollegen leisten einen erstklassigen Dienst für die Bürgerinnen und Bürger und für uns! Sehen wir sie daher nicht immer nur als Kostenfaktor! (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Bravo!)

23.31

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Praßl 2 Minuten. – Bitte.

 


23.31

Abgeordneter Michael Praßl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Änderung des Land- und Forst­arbeiter-Dienstrechtsgesetzes umfasst im Wesentlichen Angleichungstatbestände, die in diesem Gesetz auf Grund von Änderungen in anderen Gesetzesmaterien notwendig geworden sind.

Sehr geehrte Damen und Herren! Einerseits mussten Sonderbestimmungen für Dienst­nehmerinnen in Folge des EU-Gleichbehandlungsgebotes zurückgenommen werden, andererseits konnten aber arbeitsrechtliche Verbesserungen in dieses Gesetz einge­baut werden.

Ich darf hier vielleicht zwei Verbesserungen nennen: die Ausweitung der Entgeltfort­zahlung im Krankheitsfalle und die Erweiterung der Freizeitgewährung für die Suche eines neuen Arbeitsplatzes bei Dienstgeberkündigung. Das sind sehr wesentliche Punkte, die sich nun verbessernd auswirken.

Der Arbeitsplatzsicherung dient auch die neu geschaffene Bestimmung, wonach Dienstnehmer mit befristeten Arbeitsverhältnissen bevorzugt werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Im § 55 werden auch die urlaubsrechtlichen Bestim­mungen, was die Ersatzleistungen anlangt, an das Urlaubsgesetz angepasst. Da es hier eine Vier-Parteien-Einigung gibt, verehrte Damen und Herren, glaube ich, dass es


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89. Sitzung / Seite 275

auch einen positiven Beschluss geben wird. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

23.33

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Mag. Grossmann 2 Minuten. – Bitte.

 


23.33

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekre­tär! Meine Damen und Herren! Wenn man im Rahmen der Dienstrechts-Novelle 2004 über dienstrechtliche Verbesserungen für Beamte spricht, dann darf man jene große Gruppe nicht vergessen, die ausgegliederten Rechtsträgern zugewiesen ist. Das be­trifft zum Beispiel die Postbediensteten, die ja in Zeiten wie diesen bekanntermaßen kein leichtes Leben haben. Bei jenen, die von der Pensionsharmonisierung betroffen sind, hat sich große Unsicherheit breitgemacht, ob für sie auch verpflichtend Pensions­kassen einzurichten sind. Bei den Verhandlungen zur Pensionsharmonisierung zwi­schen Kanzler Schüssel und der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst in der Nacht vom 16. auf 17. November wurde unter anderem die Einrichtung von Pensionskassen ver­einbart. Der Zeitschrift der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst ist der volle Wortlaut die­ser Vereinbarung zu entnehmen. Da heißt es zum Beispiel:

„Im Rahmen der kommenden Gehaltsverhandlungen mit dem öffentlichen Dienst wird auch über die Einrichtung einer Pensionskasse für jene Teile des Bundesdienstes ver­handelt, für die eine solche noch nicht besteht.“

Ich möchte Ihnen jetzt die näheren Details dieser Vereinbarung ersparen. Jedenfalls unterscheiden diese Formulierungen nicht danach, ob Beamte unmittelbar für eine Ge­bietskörperschaft tätig sind oder einem ausgegliederten Unternehmen zur Dienstleis­tung zugewiesen sind. Das heißt, das ruft nach Klarstellung. Daher beantragen die unterzeichneten Abgeordneten folgenden Entschließungsantrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Elisabeth Grossmann, Pendl, Dr. Wittmann und KollegInnen betreffend Pensionskasse von der Harmonisierung betroffene Beamte, die ausgeglie­derten Unternehmen zugewiesen sind

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung und die zuständigen Bundesminister werden ersucht, im Zu­sammenhang mit der im Zuge der Pensionsharmonisierung vereinbarten Pensionskas­senregelung für Beamte sicherzustellen, dass die Pensionskassenregelung auch für Beamte gilt, die ausgegliederten Unternehmen zur Dienstleistung zugewiesen sind.

*****

Ich denke, es gibt keinen vernünftigen Grund, diesen Personen die Pensionskassenre­gelung vorzuenthalten. (Abg. Neugebauer: Das ist so vereinbart!) Ich rechne daher mit Ihrer Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ.)

23.35

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Abgeordnete! Seien Sie so lieb und geben Sie uns den Antrag, damit wir prüfen können, ob er hinreichend unterstützt ist! Sonst gilt er als nicht eingebracht. (Ruf bei der SPÖ: Wie wollen Sie das prüfen?) – Ich muss prüfen, ob er die notwendige Anzahl der Unterschriften hat. Ich bin immer gerne zu Belehrun-


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89. Sitzung / Seite 276

gen bereit. (Abg. Neugebauer – in Richtung SPÖ –: Aber er ist Ihrerseits überholt! Er ist obsolet!) – Er ist also noch nicht unterschrieben.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Einem. Vielleicht gibt man ihm den unter­schriebenen Antrag, und er bringt ihn noch einmal ein. – Bitte.

 


23.35

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! In aller Kürze zwei Anmerkungen. Erstens: Wir freuen uns tatsächlich darüber, dass es zu diesem konsensualen Abschluss zwischen der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst und dem Dienstgeber auf Seiten des Bundes gekommen ist, weil wir der Meinung sind, dass derartige Regelungen im Konsens gefunden werden sollen, und zwar nicht nur dann, wenn es um den Bund geht, sondern auch sonst. Das finden wir sehr positiv. Wir wür­den uns auch generell wünschen, dass die Betroffenen jeweils einbezogen werden, wenn Maßnahmen, die sie betreffen, beschlossen werden sollen.

Zweitens: Die Argumente, die heute hier von Vertretern der Regierungsfraktionen an­geführt worden sind, warum man die Gleichstellung der Absolventen von Fachhoch­schulen mit Universitätsabsolventen nicht durchführen kann, sind nicht schlüssig. Ich denke, wir sollten hier auch ehrlich miteinander umgehen. Das einzige Problem, das es wirklich gibt, ist, Bakkalaureat-Absolventen in das Bundessystem einzubauen.

Es gibt natürlich überhaupt gar kein Problem, gesetzlich sicherzustellen, dass dort, wo akademische Abschlüsse oder besondere Qualifikationserfordernisse verlangt werden, die insbesondere akademische sind, die Planstellen auch mit Absolventen von Fach­hochschulen besetzt werden. Das hätte man jetzt regeln können. Wir freuen uns, wenn Sie das später regeln, aber Sie hätten die Chance auch jetzt schon gehabt. Die Argumente, die Sie dagegen angeführt haben, sind nicht schlüssig. (Beifall des Abg. Dr. Niederwieser.)

Ich erlaube mir, den Entschließungsantrag nochmals einzubringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Elisabeth Grossmann, Pendl, Dr. Wittmann und KollegInnen betreffend Pensionskasse von der Harmonisierung betroffene Beamte, die ausgeglie­derten Unternehmen zugewiesen sind

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung und die zuständigen Bundesminister werden ersucht, im Zu­sammenhang mit der im Zuge der Pensionsharmonisierung vereinbarten Pensionskas­senregelung für Beamte sicherzustellen, dass die Pensionskassenregelung auch für Beamte gilt, die ausgegliederten Unternehmen zur Dienstleistung zugewiesen sind.

*****

Die wesentliche Begründung ist, dass gerade unter diesen Beamten eine besondere Verunsicherung besteht und daher Klarheit geschaffen werden möge. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Das ist sichergestellt!)

23.37

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der nunmehr eingebrachte Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Elisabeth Grossmann, Pendl, Dr. Wittmann ist hinreichend unter­stützt und steht mit in Verhandlung.


Nationalrat, XXII.GP
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89. Sitzung / Seite 277

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Elisabeth Grossmann, Pendl, Dr. Wittmann und KollegInnen betreffend Pensionskasse von der Harmonisierung betroffene Beamte, die ausgeglie­derten Unternehmen zugewiesen sind, eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 22, Dienstrechts-Novelle (767 d.B.)

Im Zuge der Verhandlungen zwischen Bundeskanzler Schüssel und der Gewerkschaft öffentlicher Dienst in der Nacht vom 16. auf den 17. November 2004 betreffend die Regelungen für Beamte im Zusammenhang mit der Pensionsharmonisierung wurde unter anderem die Einrichtung einer Pensionskasse vereinbart. Wie der Zeitschrift der Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes zu entnehmen ist, lautet die Vereinbarung un­ter anderem:

„Im Rahmen der kommenden Gehaltsverhandlungen mit dem öffentlichen Dienst wird auch über die Einrichtung einer Pensionskasse für jene Teile des Bundesdienstes ver­handelt, für die eine solche noch nicht besteht.“

Im Detail wird folgendes ausgeführt:

Für harmonisierte Beamte wird, so wie das im Vertragsbedienstetenrecht bereits gel­tende Rechtslage ist, eine Pensionskassenregelung vorgesehen mit der Perspektive, dass der Dienstgeberbeitrag erhöht wird.

Im Vertragsbedienstetenrecht wird die Pensionskassenregelung nun auf alle unter die Parallelrechnung fallenden Vertragsbediensteten, einschließlich jener in ausgeglieder­ten Bereichen, sowie der Vertragslehrer ausgeweitet.

Alle diese Formulierungen unterscheiden nicht danach, ob Beamte unmittelbar für die Gebietskörperschaft tätig werden oder einem ausgegliederten Unternehmen zur Dienstleistung zugewiesen sind. Um klar zu stellen, dass auch für solche Beamte die ins Auge gefasste Pensionskassenregelung gilt, beantragen die unterzeichneten Ab­geordneten folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung und die zuständigen Bundesminister werden ersucht, im Zu­sammenhang mit der im Zuge der Pensionsharmonisierung vereinbarten Pensionskas­senregelung für Beamte sicherzustellen, dass die Pensionskassenregelung auch für Beamte gilt, die ausgegliederten Unternehmen zur Dienstleistung zugewiesen sind.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen daher zu den Abstimmungen, zuerst über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 685 und Zu 685 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Wittmann, Kolleginnen und Kollegen einen Abände­rungsantrag eingebracht.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
89. Sitzung / Seite 278

Ich werde daher zunächst über den vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teil und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Dr. Wittmann, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungs­antrag betreffend Artikel 1 Ziffer 47 eingebracht.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dem zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und daher abgelehnt.

Nun kommen wir zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fas­sung der Regierungsvorlage in 685 und Zu 685 der Beilagen.

Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren Abgeordneten, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist nunmehr einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Gesetzentwurf ist in drit­ter Lesung einstimmig angenommen. (Abg. Neugebauer – in Richtung SPÖ –: Bra­vo, Herr Kollege! Danke vielmals)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Baumgartner-Gabitzer, Dipl.-Ing. Achleitner, Dr. Niederwieser, Mag. Stoi­sits, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein einheitliches Dienstrecht sowie die dienst- und besoldungsrechtliche Einstufung von Fachhochschulabsolventen/innen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Der Antrag findet die einhellige Zustimmung und ist daher angenommen. (E 84.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mag. Elisabeth Grossmann, Pendl, Dr. Wittmann und KollegInnen betreffend Pensionskasse von der Harmonisierung betroffene Beamte, die ausgegliederten Un­ternehmen zugewiesen sind.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Antrag findet nicht die Mehrheit. Er ist daher ab­gelehnt.

*****

Bevor wir nun zum 23. Punkt der Tagesordnung kommen, habe ich mir die Protokolle über die Aktuelle Stunde sowie über die Sicherheitsdebatte bringen lassen. Da wurden jeweils Ordnungsrufe beantragt.

Ich komme zuerst dazu, wo ich keinen Ordnungsruf erteile. Das betrifft die Rede der Frau Abgeordneten Dr. Partik-Pablé in der Debatte zum Sicherheitspolizeigesetz, in der sie gesagt hat: „Für Sie ist der Drogenhandel offensichtlich ein Kavaliersdelikt, Herr Abgeordneter Pilz!“

Ich habe das sehr genau überlegt, ich erteile hier keinen Ordnungsruf.


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89. Sitzung / Seite 279

Im Rahmen der Aktuellen Stunde hat allerdings Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé gesagt – dass ich es jetzt noch finde (Abg. Scheibner: Das hat sie sicherlich nicht ge­sagt!) –:

Sie sind immer diejenigen, die die Hand schützend über diejenigen halten, die rechts­widrig handeln, die Drogendealer sind, die illegal nach Österreich kommen.“

Hier hat Frau Abgeordnete Mandak einen Ordnungsruf angeregt. Ich erteile Frau Ab­geordneter Dr. Partik-Pablé diesen Ordnungsruf. (Abg. Scheibner: Das ist ja wirklich lächerlich!)

23. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 472/A der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Dipl.-Ing. Uwe Scheuch, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Privatradiogesetz und das Privat­fernsehgesetz geändert werden (768 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir kommen nunmehr zum 23. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. 5 Minuten? (Abg. Mag. Stoisits – auf dem Weg zum Rednerpult –: Viel zu viel!) – Viel zu viel. – Bitte.

 


23.42

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Herr Präsident! Ich brauche nicht 5 Minuten, um Ihnen zu begründen, warum die Grünen gegen die Novelle des Privat­radio- und Privatfernsehgesetzes stimmen werden. Wir sind nicht prinzipiell gegen An­lassgesetzgebung. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Also was jetzt?) Wir sind dann nicht ge­gen Gesetzgebung, die auf Grund eines Anlasses stattfindet, wenn eine Änderung so erfolgt, dass damit auch der Intention Folge geleistet wird, warum es zur Gesetzesän­derung kommt, was in diesem Fall nicht geschehen ist. (Abg. Neudeck: Kann man das auf Deutsch auch sagen? Das ist ein Satz aus der PISA-Studie!)

Wir stimmen der Änderung deshalb nicht zu, weil eine ursprünglich schon legistisch völlig missglückte Regelung zu einer Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs geführt hat und in dieser Novelle, die Sie heute dem Parlament vorlegen, trotzdem weiter erhalten bleibt. Das heißt, eine – ich sage es ohnehin vornehm – missglückte Legistik wird durch eine missglückte Reparatur nicht eine bessere Legistik, als sie ursprünglich ge­geben war. Diese Art von Anlassgesetzgebung kann nicht die Zustimmung der Grünen finden.

Allerdings gibt es in dieser Novelle auch Punkte, denen wir durchaus zustimmen, etwa die Patronanzsendungen. Dieser kleine Punkt in der Privatfernsehgesetz- und Privat­radiogesetznovelle ist durchaus zustimmungswürdig, aber in Summe – ich wiederhole jetzt nicht, was ich zu Beginn schon gesagt habe – kann diese Art von – ich sage es noch einmal so vornehm wie möglich – missglückter Legistik nicht die Zustimmung der Grünen finden. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das habe ich jetzt nicht verstanden!)

Das war meine letzte Rede heute. Jetzt endgültig: Gute Nacht! (Beifall bei den Grü­nen.)

23.44

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Dr. Baumgartner-Gabitzer 2 Minuten. – Bitte.

 



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89. Sitzung / Seite 280

23.44

Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bedauere, dass die Grünen dem vorlie­genden Antrag nicht zustimmen können, aber ich vermute, dass das offensichtlich ein Missverständnis ist und sie diesen Antrag fälschlicherweise einer schlechten Anlass­gesetzgebung zuschreiben, was nicht der Fall ist.

Es ist eine Änderung des Privatradio- und Privatfernsehgesetzes, die notwendig ge­worden ist, um der Medienbranche wieder Rechtssicherheit zu geben, weil ein für uns unverständliches Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes große Unruhe herbeige­führt hat. Der Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, dass eine nachträgliche Ände­rung im Gesellschaftsvertrag zwischen Lizenzantragstellung und Entscheidung des Bundeskommunikationssenats über die Lizenz so wesentlich ist, dass daher zwei Be­werbern die Zulassung zu entziehen ist.

Das ist unserer Meinung nach nicht so! Wir machen diese Novelle, damit die Lizenzen für diese zwei Bewerber nicht verloren gehen, weil ganz eindeutig auch der Gesetzge­ber von 1993 nicht gewollt hätte, dass das ein wesentlicher Mangel ist, denn das hat überhaupt nichts mit der Auswahlentscheidung der Lizenzen zu tun.

Ich denke, dass hier die Grünen, zu meinem Bedauern, auf dem falschen Dampfer sind, wir diese Novelle jedoch brauchen, um entsprechend dem Privatradio- und Privat­fernsehmarkt, eben für diese Branche, auch die notwendige Rechtssicherheit zu ge­ben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

23.46

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Marizzi. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


23.46

Abgeordneter Peter Marizzi (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Warum ändern wir dieses Gesetz? – Diese Reparatur ist wichtig, denn es waren unverständliche Regelungen darin enthalten. Es lag fehlende Rechtssicherheit vor. Wir haben im Ausschuss sehr ausführlich darüber diskutiert, dass diese Regelungen auch praxisfern sind.

Ich glaube, dass grosso modo die Betreiber – das sind eigentlich die wichtigsten, ATV, KRONEHIT Radio et cetera – mit dieser Regelung zufrieden sind. Es ist auch gegeben, dass sich die Privatradiobetreiber und die Privatfernsehbetreiber jetzt im Rahmen einer Rechtssicherheit bewegen können. Ich denke, dass es eine positive Entwicklung beim Privatfernsehen und beim Privatradio geben soll.

Wir sind froh darüber, dass die Medien dieses Landes unabhängig sind, sich private und öffentlich-rechtliche Medien gegenseitig ergänzen. Darum geben wir diesem Ge­setz gerne unsere Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ.)

23.47

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. 2 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


23.47

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Wie bereits meine Vorredner von der ÖVP und der SPÖ ausge­führt haben, handelt es sich hiebei um eine dringend notwendige Reparatur eines For­malfehlers, der einfach Rechtsunsicherheit schafft, und zwar Rechtsunsicherheit in einem Bereich, der gerade für uns Freiheitliche wichtig ist, nämlich dafür zu sorgen,


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89. Sitzung / Seite 281

neben dem staatlichen Fernsehen des ORF, der einen klaren Auftrag hat, auch privat­rechtliches Fernsehen und Radio zuzulassen.

In diesem Sinne wird meine Fraktion, wie bereits im Ausschuss besprochen und disku­tiert, diesem Antrag zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.47

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Langreiter. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


23.47

Abgeordneter Mag. Hans Langreiter (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich meine, die Grundintentionen des Privatradiogesetzes und natürlich auch des Privatfernsehgesetzes betreffen die Frequenzordnung, auch die Möglichkeit zur Bewerbung für die bundesweite Ausstrahlung und damit auch die Zu­lassung in diesem Bereich. Wir haben das Mitte dieses Jahres in einer Novelle behan­delt. Grundsätzlich sollte damit auch die Zersplitterung der Hörfunklandschaft verhin­dert und letztendlich die Wirtschaftlichkeit der einzelnen privaten Radiostationen und Fernsehstationen gefördert werden.

Reichweiten, Marktanteile, Werbeeinnahmen und vieles mehr haben den Privatradios auch zu mehr Professionalität verholfen. Ich glaube, dass es von Seiten des Gesetz­gebers wichtig ist, dass man dann auch auf entsprechende Rechtssicherheit baut. Mit dieser Novelle werden wir der Rechtssicherheit auch Genüge leisten.

Ich bin zuversichtlich, dass dieses Gesetz mit seinen Novellen vor allem eines bewirkt, nämlich nicht nur, dass die Unterhaltung insgesamt ausgebaut wird, sondern vor allen Dingen auch, dass der Informationsgehalt der Privatradiosender und Privatfernsehsen­der gestärkt wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

23.49

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner hiezu ist Herr Abgeordneter Mag. Reg­ler. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


23.49

Abgeordneter Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Das Privatradiogesetz und das Privatfernsehgesetz 2001 waren Meilensteine in der Medien- und Meinungsvielfalt in Österreich. Dieser Intention des Gesetzes soll auch weiterhin entsprochen werden. Es ist klar, dass im Auswahlverfahren bei der Zuteilung die Eigentumsverhältnisse und der Charakter des Programms beschrieben und festge­legt sein sollen, aber es darf nicht dazu kommen, dass alle Details versteinert bleiben, dass zum Beispiel kleine inhaltliche und zeitliche Änderungen von Sendeleisten bereits zu einer Aufhebung der Zulassung führen würden. Es soll also derjenige, der bereits investiert hat, auf Grund einer Entscheidung der Behörde, eine gewisse Sicherheit ha­ben.

Auf Grund eines Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes muss nun einiges fest­gestellt werden: Insbesondere, dass Änderungen des Gesellschaftsvertrages nicht als Änderung zu bewerten sind, die zugleich auch einen Vorteil im Auswahlverfahren er­zielen lassen können, damit das alte Verfahren nicht ungültig wird. Es ist auch festzu­stellen, dass es für jemanden, der im Berufungsverfahren Erfolg hat, dann keinen Rechtsanspruch auf Erteilung der Zulassung gibt. Und es ist auch wichtig festzustellen, dass im Fall, dass der VwGH einen Bescheid des Bundeskommunikationssenates auf­hebt, die erstinstanzliche Entscheidung nicht verloren geht. Es geht ja darum, dass einer, der im Vertrauen auf eine behördliche Entscheidung bereits investiert hat, diese


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89. Sitzung / Seite 282

Investitionen nicht verliert, damit die Medien- und Meinungsvielfalt in Österreich erhal­ten bleibt. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

23.51

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter hat auf das Schlusswort verzichtet.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 768 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf eintreten, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung für diesen Gesetzentwurf eintritt, den bitte ich um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit auch in dritter Lesung angenommen.

24. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über die Regierungsvorlage (704 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Filmförderungsgesetz geändert wird (766 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zum 24. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


23.52

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Es gibt ein Sprichwort, das lautet: „Gut Ding braucht Weile“. – Leider haben Sprichwörter keinen universellen Anspruch auf Wahr­heit, denn die Schaffung des neuen Filmförderungsgesetzes hat zwar lange Zeit in Anspruch genommen, ein besonders großer Wurf ist es aber leider nicht geworden: Es stellt keine umfassende Überarbeitung dar, beinhaltet aber einige problematische Neu­erungen.

Zuvor einige kurze Bemerkungen zum Thema Lizenzregelungen. – Meine Damen und Herren! Es ist positiv zu beurteilen, dass derartige Regelungen jetzt vorgesehen sind, obwohl es dafür eine zuständige Regulierungsbehörde gibt und daher eine Novellie­rung des Filmförderungsgesetzes eigentlich nicht notwendig gewesen wäre.

Positiv ist auch zu bemerken, dass in einer Ausschussfeststellung zumindest ein Punkt unserer Forderungen übernommen wurde, nämlich dass der Filmwirtschaftsbericht künftig auch dem Nationalrat vorgelegt werden muss und damit öffentlich diskutiert werden kann.

Besonders wichtig war für uns auch die Rücknahme der vorgesehenen Verschärfung der Förderbestimmungen: So sollte ein Film nicht nur auf internationalen Festivals er­folgreich sein, sondern gleichzeitig auch eine Mindestbesucherzahl im Inland aufwei­sen, um förderwürdig zu sein. – Das wurde zurückgenommen.

Nun zu unseren Kritikpunkten: Wir kritisieren erstens den massiven Ausbau der Kom­petenzen des Direktors des Österreichischen Filminstitutes, denn es zeigt sich Folgen­des: Der Bundeskanzler ernennt den Direktor, dieser steht also in direkter Abhängigkeit


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89. Sitzung / Seite 283

vom Bundeskanzler. Der Direktor bestimmt die Mitglieder der Projektkommission, die wiederum bestimmen, welche Filme förderungswürdig sind. Noch dazu hat der Direktor auch ein Stimmrecht. – Meine Damen und Herren! Ich nehme an, Sie beginnen bereits wahrzunehmen, wie sich da ein abgesicherter Machtstrang durchzieht!

Zum Filmrat, der beratende Funktion haben soll: Warum führt der Bundeskanzler den Vorsitz? Warum wird nicht der Vorsitzende oder die Vorsitzende vom Filmrat selbst bestimmt? Welche Funktion hat zudem, meine Damen und Herren, der Vizekanzler, der eigentlich für Verkehrsfragen zuständig ist, in diesem Filmrat?

Meine Damen und Herren! Von Entpolitisierung kann hier wohl keine Rede sein! Im Hinblick auf den Aufsichtsrat fordern wir ebenfalls eine exakte Definition und eine Aus­weitung der Kompetenzen als Gegengewicht zum Direktor.

Alles in allem gibt es also eine ziemliche Machtfülle für den ÖFI-Direktor und eine di­rekte Einflussnahmemöglichkeit durch den Bundeskanzler.

Das Auffallende an dieser Novelle ist die zeitliche Nähe der Neubesetzung des Öster­reichischen Filminstituts und die massive Ausweitung der Kompetenzen des neuen Direktors. Es entsteht ganz zwingend der Eindruck, dass diese eher leichtgewichtige Novelle zum Filmförderungsgesetz dazu benützt wurde, um bei der Filmförderung eine geschlossene Gesellschaft zwischen dem ÖFI-Direktor auf der einen Seite und dem Bundeskanzler auf der anderen Seite zu schaffen.

Diese Bindung von Personen an politische Entscheidungsträger hinterlässt aus demo­kratiepolitischer Sicht einen sehr schalen Beigeschmack. Wir hätten uns ein substan­zielleres und mutigeres Gesetz gewünscht, vor allem mit weniger demokratiepolitisch bedenklichen Regelungen, mit weniger unschöner Optik und einer verstärkten Partizi­pation durch die Filmschaffenden. Kollege Krist wird das noch anhand eines Abände­rungsantrages erläutern. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

23.56

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Wolfmayr. Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


23.56

Abgeordnete Dr. Andrea Wolfmayr (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Mei­ne Damen und Herren! Ich möchte auf die eher antiquierten Vorstellungen der Direkto­riumsgestaltung, wie sie meine Vorrednerin vorhin entworfen hat, nicht eingehen.

Die vorliegende Gesetzesnovelle ist eine lange fällige, wichtige und notwendige An­passung an die europäische und internationale Entwicklung. Das Besondere an ihr ist, dass in vielen Vorgesprächen und in einer langen Begutachtungsphase zusammen mit Filmschaffenden der Branche gearbeitet wurde. Der Vorschlag stand im Internet, jeder konnte sich dazu äußern. Die spät eingebrachten Bedenken der Opposition im Aus­schuss sind wohl eher parteipolitisch als sachlich motiviert.

Kurz zum Gesetz: Neben der Ausweitung und Aufwertung des Filminstituts zum Kom­petenzzentrum geht es um Nachwuchsförderung, verstärkte Präsentation des österrei­chischen Films im Ausland. Film- und Fernsehnutzungsrechte und Rückfallfristen wer­den neu geregelt, es gibt einen erleichterten Zugang zur Referenzfilmförderung und einen jährlichen Filmwirtschaftsbericht, der endlich objektivierbare Zahlen aus der ös­terreichischen Filmlandschaft liefern wird. – Es ist schön, dass wir uns wenigstens hier­in einig sind!

Ich gehe jetzt nicht weiter auf die oppositionellen Ideen ein, diese sind eher kraus, was das Direktorium betrifft. Wir wollen klare Verantwortlichkeiten und einen klaren Ent­scheidungsfluss, und dazu stehen wir.


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Es ist dies ein wichtiges Gesetz, das in Zukunft den Film- und Kreativitätsstandort Ös­terreich stärken wird, und ich hoffe wieder einmal, aber wahrscheinlich vergebens, dass die weitgehende Zustimmung, die wir vor dem Ausschuss miteinander erreicht haben, sich auch hier in Ihrem Stimmverhalten ausdrückt. Sie werden wahrscheinlich aber wieder oppositionell prinzipiell gegen uns stimmen.

Wir jedenfalls wollen die Rechte der Filmschaffenden Österreichs jetzt und in Zukunft gesetzlich stützen und unterstützen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitli­chen.)

23.58

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Zinggl. Re­dezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


23.58

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekre­tär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zweifelsohne sind die Änderungen des Filmförde­rungsgesetzes, wie sie jetzt vorliegen, lange notwendig gewesen.

Die meisten der nun reformierten Paragraphen sind durchaus in Ordnung, und die Filmschaffenden – sie werden von Ihnen, Herr Staatssekretär, als außerparlamentari­sche Opposition, als APO, bezeichnet – sehen das sehr ähnlich. Sie sagen: Hauptsa­che, dass irgendetwas geschieht. Diese Bezeichnung „außerparlamentarische Opposi­tion“ sagt schon etwas über das Verhältnis, das Sie zur Filmkunst in Österreich haben, aus: Sie sehen diese offenbar als Opposition zu dem, was Sie tun!

Wir von der parlamentarischen Opposition sind nun aber gar nicht so ganz zufrieden mit dem Gesetz, denn es ist doch nichts anderes als das deutsche Filmförderungsge­setz, das Anfang 2004 in Kraft getreten ist, fast wortgleich abgekupfert. Allerdings gibt es dort auch so etwas wie den Filmrat, der jetzt eingerichtet werden soll. In Deutsch­land hat dieser allerdings mehr Rechte: Er kann zum Beispiel den Haushaltsplan be­schließen und überhaupt sehr grundsätzliche Beschlüsse fassen. Unser Filmrat hinge­gen hat lediglich beratende Funktionen, wahrscheinlich soll er ein ähnliches Debakel, wie es bei der Diagonale zur Geltung gekommen ist, in Zukunft verhindern.

Lustig ist eigentlich auch, dass dieser Filmrat den Bundeskanzler beraten soll. Gleich­zeitig ist dieser aber Vorsitzender des Filmrates. Der Bundeskanzler berät sich also sozusagen selbst. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)

Meiner Ansicht nach wäre das bessere Beispiel das italienische Filmgesetz gewesen, worin sehr deutlich die Orientierung der italienischen Politik in Richtung Film beschrie­ben ist, während bei uns das Filmförderungsgesetz nichts anderes als eine Art von Geschäftsordnung des Österreichischen Filminstitutes geworden ist, wobei dem Direk­tor im Wesentlichen viele Rechte eingeräumt werden – zu viele Rechte, wie wir mei­nen. Wir glauben, dass eine Demokratisierung auch da stattfinden kann, und wir hätten es ganz gerne gehabt, dass der Filmrat mehr Möglichkeiten, mehr Entscheidungsmög­lichkeiten hat. Das haben wir mit Ihnen auch im Ausschuss zu diskutieren versucht, aber Sie sind nicht darauf eingestiegen, Sie haben das nicht diskutiert. (Abg. Steibl: War sicher kein spannender Vorschlag!)

Auch unseren anderen Vorschlag haben Sie nicht aufgegriffen, nämlich den Vorschlag zur ausgewogenen Besetzung der Auswahlkommission oder Projektkommission, wie Sie das nennen, mit Männern und Frauen. Da heißt es jetzt im vorgeschlagenen Ge­setzestext: „Für eine angemessene Vertretung der Frauen ist zu sorgen.“ – Das ist uns zu schwammig und zu schleißig. Denn es werden ja nicht die Frauen vom Film vertre­ten, sondern der Film soll von Frauen und Männern gleichermaßen und ausgewogen vertreten werden.


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Wäre es wirklich so schlimm gewesen, dem nachzugehen oder dem zuzustimmen oder das mit uns zu diskutieren? – Sagen Sie jetzt bitte nicht, es gibt zu wenige Frauen, die diese Positionen besetzen könnten. Das kann ich nicht akzeptieren. Da würde ich Ihnen gleich morgen eine Liste zusenden, damit Sie dieses Argument wieder verges­sen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek.) Ich hoffe, einige von Ihnen denken sich zumin­dest: Da hat er in wesentlichen Punkten schon Recht. Kollegin Partik-Pablé hat ja im Ausschuss Ähnliches von sich gegeben. Aber natürlich wird jetzt die Abstimmung wieder so ausgehen wie im Ausschuss, und die Karawane zieht weiter.

Na ja, vielleicht beim nächsten Mal! Wir sind da geduldig. Entwicklungen dauern eben, und ich bin sicher, eines Tages werden Sie uns in diesen Punkten auch noch Recht geben, genauso wie Sie eines Tages die Gleichstellung von homosexuellen Partner­schaften akzeptieren und mit dafür stimmen werden, auch für die Ganztagsschule und für vieles von dem, was wir heute fordern. Ich brauche nur das Bundesbeschaffungs­gesetz als Beispiel herzunehmen. Wir haben im Sommer Kritik daran geübt, dass da die Bücher drinnen sind; wir wollten die Bücher aus dem Bundesbeschaffungsgesetz herausnehmen. Das haben Sie abgelehnt. Aber jetzt sind alle Verträge gelöst worden, und im Jänner werden wir sicher gemeinsam in der richtigen Richtung abstimmen.

Das ist beim Konservativismus immer so: Zuerst wird die Erneuerung gleich einmal abgelehnt. (Abg. Wittauer: Das hat aber mit konservativ nichts zu tun, dass man ab­lehnt! Das ist eine falsche Meinung!) Dann zwingen die Entwicklungen direkt dorthin, und dann werden sie doch angenommen. (Abg. Wittauer: Falsche Definition!) Zuletzt werden sie dann mit Klauen und Zähnen und Krallen verteidigt, und es wird so getan, als wäre man für diese Entwicklungen verantwortlich gewesen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

0.03

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

 


0.03

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Her­ren! Ich würde natürlich jetzt auch sehr gerne ausführlich über das Filmförderungsge­setz reden. Ich tue das aber nicht, weil wir jetzt schon zwölf Stunden hier im Parlament sitzen.

Ich verkneife es mir auch, mich mit den Vorwürfen der Opposition auseinander zu set­zen, weil wir das im Ausschuss schon ausführlich getan haben. Im Ausschuss haben auch die Oppositionsparteien im Wesentlichen gesagt, dass es sich um ein brauchba­res und gutes Gesetz handelt.

Davon bin ich ebenfalls überzeugt: Wir werden zustimmen. – Damit beende ich auch schon meinen Redebeitrag. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

0.04

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster ist Herr Staatssekretär Morak zu Wort gemeldet. – Herr Staatssekretär, bitte.

 


0.04

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Keine Angst, ich hole nur im Rahmen des Vertretbaren aus; ich weiß, wie spät es ist.

Meine Damen und Herren des Parlaments! Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter Zinggl, ich verteidige gar nichts mit Klauen und Zähnen. Diese Bundesregierung ist, glaube ich, durchaus bemüht, hier einen Reformeifer an den Tag zu legen, wie das


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bisher in dieser Republik noch nie der Fall war (Beifall bei der ÖVP), unter anderem auch beim Filmfördergesetz.

Ich verstehe allerdings auch Frau Muttonen nicht, die hier sagt: Einerseits ist das Ge­setz irgendwie sowieso nichts, aber gleichzeitig ballt sich eine unglaubliche Machtfülle beim Direktor zusammen; es gibt keine grundsätzlichen Änderungen, aber das ist schon eine. – Ich weiß daher nicht, was Sie wirklich wollen. Aber wir können hinterher noch einmal miteinander reden.

Ich glaube, grundsätzlich wird dieses Gesetz in etwa alle sechs Jahre angepasst, an die Förderwirklichkeit angepasst. Lassen Sie mich einige Zahlen nennen. Wir haben die Filmförderung auf 9,6 Millionen erhöht, die Filmförderung des Bundes beim ÖFI geparkt; wir haben einen neuen Fernsehfilmförderungsfonds bei der RTR mit 7,5 Millio­nen € eingerichtet, der im letzten Jahr in diesem Land nachhaltige Investitionen von ungefähr 25 Millionen € verursacht hat. Ich glaube daher, hier sind doch einige Verän­derungen in der Filmlandschaft erfolgt. Zusätzlich haben wir natürlich auch die kleine Filmförderung um 20 Prozent erhöht. Ich denke, dass in diesem Bereich doch etwas bewegt worden ist, was im Grunde im Sinne der Filmwirtschaft war.

Gleichzeitig haben wir gesagt, es wäre auch wichtig, dass wir den Übergang zwischen Hochschule und professioneller Arbeit im Film etwas erleichtern. Wir haben also die Jugendfilmförderung beziehungsweise die Förderung der ersten Filme eingeführt. Wir haben das nach einer Evaluierung in Angriff genommen und grundsätzlich einige Kon­kretisierungen vorgenommen. Sprich: In der ewigen Streitposition zwischen Intendan­tenmodell oder nicht Intendantenmodell, sondern demokratisches Modell, sind wir einen Mittelweg gegangen. Wenn Sie sagen, das ist eine unglaubliche Machtfülle für den Intendanten: Glauben Sie mir, Frau Abgeordnete, jeder Theaterdirektor hat wesentlich mehr Macht als dieser arme Mensch, der da oben sitzt und Filmdirektor ist! Da spielt es sich ganz anders ab. Das heißt, dort ist natürlich eine ganz klare Entschei­dung zu fällen. – Erster Punkt.

Zweiter Punkt: Glauben Sie mir, dass wir hier auch um die Kontinuität des Dialogs mit den Filmschaffenden bemüht waren. Auch deswegen haben wir es im Filmförderungs­gesetz so festgeschrieben.

Ich möchte auch noch sagen, dass durch diesen Filmrat nicht der Bundeskanzler, son­dern selbstverständlich die Bundesregierung beraten wird. Das ist also ein ganz nor­maler Vorgang, wie ich dazu feststellen möchte.

Grundsätzlich haben wir hier einen wesentlichen Meilenstein auch mit der Rechterück­fallfrist von in etwa – nicht in jedem Fall, aber doch – sieben Jahren eingeführt. Wir haben hier ein Modell gewählt, das im Grunde in Europa Konsens hat. Das bedeutet auch, dass wir den freien Produzenten am Markt fördern, denn wir haben ein Problem der Unterkapitalisierung der freien Produzenten.

Ich glaube, mit diesem Filmfördergesetz sind wir auf die Umstände und die Zustände in der österreichischen Filmwirtschaft zugegangen. Ich glaube, es ist ein gutes Gesetz geworden, im Rahmen der Möglichkeiten des österreichischen Films und der österrei­chischen Filmwirtschaft. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

0.08

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


0.08

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Das vorliegende Gesetz enthält absolut sinnvolle Punkte.


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Wir befürworten sehr die Neuregelung der Nutzungsrechte und die Verlängerung der Sperrfristen. Das ist eine Regelung, die im Sinne der Filmschaffenden absolut wün­schenswert und notwendig ist. Daher werden wir diesem Teil des Gesetzes in zweiter Lesung auch unsere Zustimmung geben.

Interessant ist aus meiner Sicht, dass Sie es sich nicht verkneifen können, eine sinn­volle Regelung dazu zu verwenden, auch ein noch so kleines Institut Ihrem politischen Zugriff zu unterstellen und es in diesem Sinne umzugestalten. In anderen Fällen gehen Sie den Weg, dass Sie zuerst eine so genannte Strukturreform machen, um dann per­sonell neu besetzen zu können. Hier gehen Sie den umgekehrten Weg: Sie setzen zuerst eine Person, die Ihnen politisch genehm ist, als neuen Direktor hin, und dann wird die Struktur verändert, dann wird dieser Direktor, zufälligerweise in dieser Reihen­folge, mit größeren Kompetenzen ausgestattet. Natürlich ist es nicht so, dass man von einer Riesen-Machtfülle reden kann, aber es ist schon bemerkenswert, dass auch ein kleines Institut vor Ihrem politischen Zugriff nicht sicher ist und entsprechend umgestal­tet wird.

Es ist schade, dass Sie auch auf kleine Punkte nicht eingegangen sind, zu denen wir sinnvolle Änderungen vorgeschlagen hätten, wie zum Beispiel jene, dass der Filmrat nicht nur ein Mal im Jahr zusammentreten kann (Staatssekretär Morak: Mindestens ein Mal im Jahr!) – mindestens ein Mal im Jahr –, sondern auch dann, wenn mindes­tens fünf Mitglieder dieses Gremiums – und wir reden von einem beratendem Gremi­um – dazu einberufen. Da wäre also nicht wirklich Gefahr im Verzug gewesen, und Sie hätten hier unseren politischen Wünschen durchaus einen Schritt entgegenkommen können.

In Summe: Leider ein würdiger Abschluss des heutigen Tages, um morgen mit dem Demokratieabbau-Paket weiterzumachen. (Beifall bei der SPÖ.)

0.10

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Bri­nek zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


0.10

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Ho­hes Haus! Frau Kollegin Kuntzl, bleiben Sie gelassen. Das sage ich auch zu den Vor­rednern Zinggl und anderen, die von einer APO-Konstellation oder sonst irgendetwas gesprochen haben.

Ich meine, dass wir in einem guten Sinn und in einer guten Atmosphäre, auch unter dem Aspekt der Erhöhung des Filmbudgets und des Vorhabens, den Bedürfnissen der Filmbranche sowie der Nachwuchsförderung Rechnung zu tragen, dieses Gesetzes­werk beschließen werden, im weitesten Sinne auch einstimmig. Dem Wunsch, wonach Sie zu einigen Punkten getrennte Abstimmung wollen, ist auch parlamentarisch Rech­nung zu tragen.

Ich glaube auch, dass es wichtig ist, wenn ich sage, die Bundesregierung, der Bundes­kanzler soll Verantwortung übernehmen, dann muss er auch im Filmrat sitzen. Das soll auch geschehen. Ich glaube auch, dass es hinsichtlich der Formulierung „angemesse­ne Vertretung der Frauen“ eine gute Praxis, gute Erfahrungen, gute Vergleichswerte auch gegenüber anderen gesetzlichen Formulierungen gibt. Selbstverständlich wird man, wenn es dort mehr Frauen gibt, auch über die 40- oder 50-Prozent-Hürde, die sonst wo formuliert ist, kommen.

Ich freue mich auch darüber, dass es im Nationalrat über den Umweg der Befassung eines Regierungsmitgliedes mit dem Filmbericht eine Diskussion über den Filmbericht


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geben wird. Da werden wir Gelegenheit haben, jeweils regelmäßig auch zur Lage der Filmwirtschaft, zur Filmförderung und so weiter Stellung zu nehmen.

Zu später Stunde: Dank dem Herrn Staatssekretär, Dank allen Beteiligten! Das ist eine gute Sache. Mögen wir noch viele so gute Sachen beschließen können! – Danke. (Bei­fall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

0.12

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Krist zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


0.12

Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die Regierungsfraktionen haben im Ausschuss ein doch sehr fragwürdiges Bei­spiel ihrer demokratiepolitischen Vorstellungen abgeliefert und sich sogar einer in Aus­sicht gestellten Vier-Parteien-Einigung verweigert, in der Form, wie es Frau Wolfmayr freundlicherweise gesagt hat: Selbstverständlich lehnen wir es ab, das hier noch zu besprechen. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Um alle vier Parteien zu einem gemeinsamen Antrag zu bringen, stellen die Abgeord­neten Mag. Christine Muttonen, Mag. Dr. Wolfgang Zinggl und KollegInnen heute fol­genden Abänderungsantrag im Sinne von organisatorischen Vereinfachungen, mehr Mitsprache und mehr Mitgestaltungsmöglichkeiten sowie einer angemessenen Vertre­tung der Frauen in der Projektkommission:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Mag. Dr. Wolfgang Zinggl und KollegInnen zum Bericht des Kulturausschusses über die Regierungsvorlage (704 d.B.): Bundesge­setz, mit dem das Filmförderungsgesetz geändert wird (766 d.B.), eingebracht im Zuge der Debatte zu Top 24 der 89. Sitzung des Nationalrates am 9. Dezember 2004

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzestext wird wie folgt geändert:

1. In Z 6 sollen § 2a Abs. 1 und 2 wie folgt lauten:

„(1) Der Österreichische Filmrat hat die Aufgabe, die Bundesregierung über grundsätz­liche Fragen der Filmpolitik und des öffentlichen Förderungswesens des österreichi­schen Films zu beraten und entsprechende Empfehlungen an die Bundesregierung abzugeben. Darüber hinaus soll der Österreichische Filmrat allen beteiligten Interes­sensvertretern als Koordinierungsgremium dienen.

(2) Der Filmrat wählt aus dem Kreis der im Filmrat vertretenen Interessensorganisatio­nen des Filmwesens den Vorsitzenden“.

2. In Z 6 wird § 2a Abs. 5 um folgenden Satz ergänzt:

„Verlangen fünf Mitglieder des Österreichischen Filmrates dessen Einberufung, so hat binnen fünf Wochen eine Sitzung des Filmrates stattzufinden“.

3. Z 22, die eine Ergänzung von § 5 Abs. 5 vorsieht, wird gestrichen.

4. In Z 27 wird in § 6 Abs. 1 die Formulierung „Die Bestellung der fachkundigen Mit­glieder (Ersatzmitglieder) erfolgt durch den Bundeskanzler auf Vorschlag des Direktors für einen Zeitraum von höchstens drei Jahren“ durch folgende Formulierung ersetzt: „Die Bestellung der fachkundigen Mitglieder (Ersatzmitglieder) erfolgt durch den Bun-


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deskanzler auf Vorschlag des Aufsichtsrates für einen Zeitraum von höchstens drei Jahren“.

5. In Z 27 wird in § 6 Abs. 1 die Formulierung „Für eine angemessene Vertretung der Frauen ist Sorge zu tragen“ ersetzt durch: „Bei der Bestellung der Projektkommission ist darauf zu achten, dass mindestens die Hälfte der Mitglieder (inklusive Ersatzmitglie­der) Frauen sind“.

Begründung:

Zu Punkt 1 und 2: Da der Österreichische Filmrat als Expertengremium konzipiert ist, soll auch ein Vertreter der beteiligten Interessensorganisationen des österreichischen Filmwesens den Vorsitz führen. Darüber hinaus sollen die im Filmrat vertretenen Inter­essensorganisationen die Möglichkeit erhalten, eine Sitzung des Filmrates einberufen zu können.

Zu Punkt 3: Die Möglichkeit, Entscheidungen des Aufsichtsrates künftig auch in Form von Rundlaufbeschlüssen zu treffen, soll entfallen.

Zu Punkt 4: Die Novelle sieht in mehreren Punkten eine Aufwertung der Rolle des Di­rektors des Filminstituts und eine Ausweitung seiner Kompetenzen vor. Durch die Än­derungen soll eine ausgewogenere Balancierung der Kompetenzen des Aufsichtsrates und des Direktors des Filminstituts hergestellt werden. Da vorgesehen ist, dass der Direktor künftig über ein Stimmrecht in der Projektkommission verfügt, soll das Vor­schlagsrecht für die Mitglieder der Projektkommission beim Aufsichtsrat liegen.

Zu Punkt 5: Das Ziel, in der Projektkommission eine angemessene Vertretung von Frauen zu haben, soll mit dieser Bestimmung präzisiert werden.

*****

Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen! Sie sind herzlich eingeladen, diesen Abänderungsantrag zu unterstützen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

0.15

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag der Abgeordneten Christine Muttonen, Wolfgang Zinggl und KollegInnen ist ausrei­chend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit mit in Verhandlung.

Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rossmann zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


0.15

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Zum Filmförderungsgesetz: gut Ding braucht Weile, und wir begrüßen es sehr, dass das nun auf dem Tisch liegt. Es war lange ein Wunsch der Filmschaffenden, und wir freuen uns, dass in diesem Filmförderungsgesetz auf die Filmschaffenden wirklich viel Rücksicht genommen wird und von ihnen viel eingeflossen ist, zum Beispiel, dass zum ersten Mal wieder die Förderung von Kinder- und Jugendfilmen möglich ist.

Herr Staatssekretär! Es ist für uns auch besonders wichtig, dass das Konzept für Drehbucherstellungen nun in diesem Gesetz enthalten ist, ebenso ein entsprechendes Marketinggesetz.


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In diesem Sinne freuen wir uns, dass wir dieses Gesetz beschließen können. Wir hof­fen, dass es der Filmindustrie in Österreich wirklich einen neuen Aufschwung bringen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

0.16

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Fleckl zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


0.16

Abgeordnete Anita Fleckl (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekre­tär! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Filmförderungsgesetz, das heute hier be­handelt wird, enthält, wie bereits zitiert, durchaus Bestimmungen, die sehr positiv und natürlich auch notwendig sind. Aber ich denke, all diese positiven Teile hätte man auch in der Rundfunk- und Telekommunikations-Regulierungsbehörde bundesweit regeln können. Dazu hätten wir keine Novelle gebraucht. Daher fragt man sich schon: Warum eine Novelle? – Die Antwort ist schnell gefunden: Schwarz-blaue Einflusspolitik fällt mir spontan dazu ein. (Abg. Dr. Brinek: Mein Gott!)

Ein Beispiel dafür ist der heute schon viel zitierte Filmrat. Der Filmrat, der eigentlich als Beratungsgremium eingesetzt werden soll, hat jetzt einen neuen Vorsitzenden, und das ist der Bundeskanzler. Absurd ist, dass jetzt der Herr Bundeskanzler sich selbst berät; anscheinend vertraut er niemandem mehr in Österreich.

Dass sich dann auch noch der Herr Verkehrsminister, sprich der Herr Vizekanzler, in den nächsten Entwurf hineinreklamiert, ist ebenfalls sehr bemerkenswert. Das schaut so aus: der österreichische Film aus Sicht der Verkehrspolitik. Ich sage nur: Schuster, bleib bei deinen Leisten! Das sollte der Herr Verkehrsminister beherzigen.

Abschließend. Es wäre für die Filmschaffenden schön gewesen, wenn bei diesem Ge­setz diesmal die Vernunft Regie geführt hätte. Aber bei einem Gesetz, bei dem das Drehbuch blau auf schwarz gedruckt wurde, ist nicht mehr zu erwarten als ein Ab­spann. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

0.18

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Felz­mann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


0.18

Abgeordnete Carina Felzmann (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Kollegin Kuntzl hat gemeint, es wurden im Filmförderungsgesetz keine Strukturen defi­niert. Ich möchte es nur kurz noch einmal zusammenfassen.

Faktum ist, auf der einen Seite geht es um die internationale Anpassung der Filmförde­rung. Es werden die organisatorischen Aufgaben des Instituts erweitert. Es wird im Zuge der Aufgaben ganz speziell ein Augenmerk auf die Nachwuchsförderung gelegt. Die Referenzfilmförderung wird hier ermöglicht oder der erleichterte Zugang geschaf­fen. Die Fernsehnutzungsrechte werden mit den besprochenen Sieben-Jahre-Rück­fallfristen neu geregelt, und wir werden hier auch im Ausland eine verstärkte Präsenz erfahren. Das sind schon ganz starke Strukturveränderungen, die in weiterer Folge selbstverständlich auch durch einen starken Direktor gelebt werden müssen.

Faktum ist auch, dass der Begleitprozess zu diesem Gesetz sehr intensiv geführt wor­den ist. Werte Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, wenn Sie jetzt meinen, wir hätten hier Ihre Anliegen nicht berücksichtigt, dann muss ich Ihnen sagen: Wenn Sie mit neuen Ideen direkt in den Ausschuss hineinkommen, ist es selbstverständlich für uns relativ schwierig, diese dann zu diskutieren und zu berücksichtigen. Da möchte ich doch, dass Sie das hier bedenken.


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Gut, ja hervorragend ist, dass wir hier einen Filmwirtschaftsbericht haben werden. Wir haben beim ersten Bericht über die österreichische Kreativwirtschaft, den wir erstellt hatten, gesehen, wie wichtig es ist, dass wir Daten, Fakten und Zahlen in der Hand haben, damit wir aufbauend neue Strategien definieren können, wenn es zum Beispiel um ein Steuermodell für die Filmwirtschaft geht. Wir brauchen dazu Fakten.

Um kurz noch auf den Direktor einzugehen: Dem sind jetzt ganz klare Aufgaben und Kompetenzen zugewiesen worden. Wir sind hier weggegangen vom Intendantenmodell und haben einen Mittelweg geschaffen, wobei wir die Entscheidungsflüsse ganz klar zuordnen wollen. Es soll hier auch eine politische Verantwortung gelebt werden, und ich denke, dass uns das mit dem neuen Direktor sehr gut glücken wird. Ich schätze ihn so ein – und das war auch im Ausschuss zu spüren –: dass er nicht nur umfangreiche Fachkompetenz, sondern einen sehr hohen ethischen Anspruch an seine Arbeit mit­bringen wird! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Ich denke, das ist eine sehr gute Basis für die österreichische Filmwirtschaft. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

0.21

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeord­nete Dr. Hlavac zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


0.21

Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin, wenn Sie sagen, wir haben den Antrag erst im Ausschuss eingebracht, ist das zwar richtig; aber da erleben Sie einmal das, was wir ständig erleben: Wir bekommen immer in allerletzter Minute Anträge auf den Tisch geknallt (Oh-Rufe bei der ÖVP), und das sind ganz andere An­träge! Da geht es oft um gravierende Änderungen, da werden Ziffern geändert, ohne dass man gleich auf den ersten Blick erkennen kann, worum es geht.

Hingegen ist es hier um ganz einfache Forderungen gegangen, Forderungen, die wir ja schon seit langem aufstellen. Unter anderem verlangen wir den Bericht bereits seit der Enquete. Aber Sie hätten auch jetzt noch die Möglichkeit, unserem Abänderungsantrag zuzustimmen.

Ich weiß, dass Sie das nicht tun werden, daher möchte ich jetzt als letzte Rednerin meiner Fraktion zusammenfassen: Dort, wo mit den Filmschaffenden gesprochen wor­den ist, wo es zu Vereinbarungen und zu sinnvollen Regelungen gekommen ist, wer­den wir zustimmen – Beispiel Lizenzen; das ist positiv zu sehen. Dort aber, wo Sie eigentlich nur versuchen, den politischen Einfluss zu festigen, werden wir selbstver­ständlich nicht zustimmen. Da können und wollen wir nicht mitgehen. (Beifall bei der SPÖ.)

0.23

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Pack zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


0.23

Abgeordneter Jochen Pack (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekre­tär! Hohes Haus! Ein Bild sagt mehr als tausend Worte; wir lauschen nicht nur Worten, sondern wir nehmen Dinge gleichzeitig auch visuell war. Das ist ein Umstand, den sich die Filmindustrie zunutze macht: Sie kann den Betrachter in eine andere Welt verset­zen. Da es heute fast halb zwölf ist, glaube ich (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Halb eins! – Weitere Rufe: Halb eins!) – halb eins, Entschuldigung! (Abg. Dr. Matznetter: PISA-Studie! – weitere Rufe bei der SPÖ: PISA-Studie!) –, wollen wir, die einen oder ande-


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ren, uns auch schon in eine „andere Welt“ versetzen. Aus diesem Grund werde ich mich sehr kurz halten.

Ich glaube, besonders hervorzuheben ist, dass mit dieser Novelle ein wesentlicher Bei­trag geleistet wird, um Österreich als Filmstandort im Ausland stärker zu vertreten und zu präsentieren und die Internationalisierung des österreichischen Filmschaffens be­züglich Produktion und Vermarktung zu optimieren. Das System der österreichischen Filmförderung hat sich bewährt. Jetzt enthält es wesentliche Verbesserungen und Änderungen, die zum Großteil im organisatorischen Bereich vorgenommen werden.

In diesem Sinne: Geben Sie diesem Vorschlag Ihre Zustimmung! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bravorufe bei der ÖVP.)

0.24

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen somit zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 766 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Muttonen, Dr. Zinggl, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters liegt ein Verlangen der Abgeordneten Mag. Muttonen auf getrennte Abstim­mung vor. (Unruhe im Saal. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abän­derungsantrag sowie vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Mag. Muttonen, Dr. Zinggl, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag betreffend Anfügung eines Satzes an § 2a Abs. 5 in Ziffer 6 eingebracht.

Ich bitte jene Abgeordneten, die dem zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Die Abgeordneten Mag. Muttonen, Dr. Zinggl, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend die Ziffern 6, 22 und 27 eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Ich lasse sogleich über die Ziffern 6, 22 und 27 in der Fassung des Ausschussberich­tes abstimmen.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dem die Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Nun kommen wir zur getrennten Abstimmung über die Ziffern 40 bis 47 in der Fassung des Ausschussberichts.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich hiefür aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Ich bitte auch hier jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dem die Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.


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Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Einlauf

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 483/A bis 488/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 2381/J bis 2415/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für heute, Freitag, den 10. Dezember 2004, um 9 Uhr ein. Die Tagesordnung ist der im Saal verteilten schriftlichen Mitteilung zu entnehmen. Diese Sitzung wird mit einer Fragestunde beginnen.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 0.28 Uhr

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien