Stenographisches Protokoll

115. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

 

XXII. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 6. Juli 2005

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Stenographisches Protokoll

115. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXII. Gesetzgebungsperiode                         Mittwoch, 6. Juli 2005

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 6. Juli 2005: 9.03 – 22.38 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Erklärung des Bundeskanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema: „Europäische Union und Ernennung eines Staatssekre­tärs für die EU-Präsidentschaft“

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Gleichstellung von Men­schen mit Behinderungen (Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz – BGStG) erlas­sen wird und das Behinderteneinstellungsgesetz, das Bundesbehindertengesetz, das Bundessozialamtsgesetz, das Gleichbehandlungsgesetz, das Bundesgesetz über die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbehandlungsanwaltschaft sowie das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz geändert werden

3. Punkt: Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geän­dert wird, und Bericht über die Anträge

89/A (E) der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anerkennung der Österreichischen Gebärdensprache (ÖGS),

156/A der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem die Gebärdensprache im Bundes-Verfassungsge­setz anerkannt wird,

431/A der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem die Österreichische Gebärdensprache im Bundes­verfassungsgesetz verankert wird, und

449/A (E) der Abgeordneten Dr. Franz-Joseph Huainigg, Dr. Helene Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anerkennung der Österreichischen Gebärden­sprache sowie über die

Bürgerinitiative (5/BI) betreffend „Chancengleichheit gehörloser Menschen im österrei­chischen Bildungssystem“ und über die

Petition (11/PET) betreffend „Chancengleichheit gehörloser Menschen im österreichi­schen Bildungssystem“ (inhaltlich gleich mit Bürgerinitiative Nr. 5), überreicht von den Abgeordneten Dr. Franz-Joseph Huainigg, Mag. Christine Lapp, Dr. Helene Partik-Pablé und Theresia Haidlmayr


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4. Punkt: Bericht über die Petition (27/PET) betreffend „Eine Resolution für die Wie­dereinführung der einkommensunabhängigen Gebührenbefreiung für gehörlose und gehörbeeinträchtigte Menschen“, überreicht von der Abgeordneten Theresia Haidlmayr

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Ge­haltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Pensionsge­setz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Bundesbahngesetz, das Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984, das Ausschreibungsge­setz 1989, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Wachebediensteten-Hilfe­leistungsgesetz, das Teilpensionsgesetz, das Landesvertragslehrergesetz 1966, das Auslandszulagen- und -hilfeleistungsgesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955 und das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 geändert werden (Dienstrechts-Novelle 2005)

6. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrergesetz geändert wird

7. Punkt: Bericht betreffend den Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes über die Luftraumüberwachungsflugzeuge: Kaufverträge, Finanzierung, Gegengeschäftsvertrag (Reihe Bund 2005/3)

8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Qualitätssicherung bei Abschlussprüfungen (Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetz – A-QSG) erlas­sen und das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz geändert wird

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994, das Emissionsschutz­gesetz für Kesselanlagen und das Mineralrohstoffgesetz geändert werden (Gewerbe­rechtsnovelle 2005)

10. Punkt: Bericht über den Antrag 648/A (E) der Abgeordneten Hermann Gahr, Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend alpine Schutzhütten

11. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz geändert wird

12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Ein­kommensteuergesetz 1988 sowie das Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsge­setz 1957 geändert werden

13. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert werden

14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959, das Futtermittelge­setz 1999, das Düngemittelgesetz 1994, das Gesundheits- und Ernährungssicherheits­gesetz, das BFW-Gesetz, das Pflanzenschutzgesetz 1995, das Pflanzenschutzgrund­satzgesetz, das Weingesetz 1999, das Flurverfassungsgrundsatz-Gesetz 1951, das Grundsatzgesetz 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, das Forstgesetz 1975 und das Land- und forst­wirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz geändert wird (Agrarrechtsänderungs­gesetz 2005)

15. Punkt: Übereinkommen über das Europäische Forstinstitut

16. Punkt: Internationaler Vertrag über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft samt Anlagen und Erklärung


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115. Sitzung / Seite 3

17. Punkt: Annahmeerklärung betreffend den revidierten Text der Internationalen Pflanzenschutzkonvention sowie revidierter Text der Internationalen Pflanzenschutz­konvention samt Anlage

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 24

Ordnungsrufe ......................................................................................................  165, 166

Geschäftsbehandlung

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwor­tung 2797/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung ........................................................................................ 43

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung         136

Redner/Rednerinnen:

Mag. Johann Maier ..................................................................................................... 136

Bundesministerin Maria Rauch-Kallat ...........................................................  138, 143

Franz Eßl ..................................................................................................................... 140

Rainer Wimmer .......................................................................................................... 141

Mag. Herbert Haupt .................................................................................................... 143

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................... 145

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 44

Aktuelle Stunde (27.)

Thema: „Wirtschaftspolitik für Österreichs Regionen“ ......................................... 24

Redner/Rednerinnen:

Dr. Ferdinand Maier ..................................................................................................... 24

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein .................................................................... 27

Werner Amon, MBA ..................................................................................................... 30

Mag. Johann Moser ..................................................................................................... 32

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ................................................................................... 34

Michaela Sburny ........................................................................................................... 35

Silvia Fuhrmann ........................................................................................................... 37

Ing. Erwin Kaipel .......................................................................................................... 38

Mag. Dr. Magda Bleckmann ........................................................................................ 39

Heidemarie Rest-Hinterseer ....................................................................................... 41

Bundesregierung

Schreiben des Bundeskanzlers Dr. Wolfgang Schüssel betreffend Ernennung von Herrn Botschafter Dr. Hans Winkler zum Staatssekretär im Bundesministe­rium für auswärtige Angelegenheit durch den Bundespräsidenten ........................................................................................................ 24

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 42


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115. Sitzung / Seite 4

Verhandlungen

1. Punkt: Erklärung des Bundeskanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäfts­ordnung des Nationalrates zum Thema: „Europäische Union und Ernennung eines Staatssekretärs für die EU-Präsidentschaft“              ............................................................................................................................... 44

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel ..................................................................... 44

Verlangen auf Durchführung einer Debatte gemäß § 81 Abs. 1 der Geschäftsord­nung                   44

Redner/Rednerinnen:

Dr. Alfred Gusenbauer ................................................................................................ 49

Dr. Michael Spindelegger ............................................................................................ 52

Dr. Alexander Van der Bellen ..................................................................................... 59

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 62

Vizekanzler Hubert Gorbach ....................................................................................... 65

Dr. Josef Cap ................................................................................................................ 67

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll ...................................................................................... 69

Mag. Ulrike Lunacek .................................................................................................... 71

Dr. Reinhard Eugen Bösch .................................................................................... ..... 74

Bundesministerin Dr. Ursula Plassnik ...................................................................... 76

Peter Schieder .............................................................................................................. 78

Fritz Grillitsch ............................................................................................................... 82

Karl Öllinger .................................................................................................................. 84

Mag. Dr. Magda Bleckmann ........................................................................................ 85

Staatssekretär Dr. Hans Winkler ................................................................................ 86

Renate Csörgits ............................................................................................................ 88

Dr. Werner Fasslabend ................................................................................................ 89

Mag. Werner Kogler ..................................................................................................... 90

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................... 92

Dkfm. Dr. Hannes Bauer ............................................................................................. 93

Marianne Hagenhofer .................................................................................................. 94

Dr. Elisabeth Hlavac ..................................................................................................... 95

Ing. Kurt Gartlehner ..................................................................................................... 96

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Michael Spindelegger, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Finanzielle Vorausschau der Europäischen Union und die österreichische Verhandlungsposition – Annahme (E 115) ..............................................................  56, 97

Entschließungsantrag der Abgeordneten Peter Schieder, Kolleginnen und Kollegen betreffend die künftige Finanzierung der Europäischen Union – Ableh­nung ...............................................  79, 97

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (836 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz – BGStG) erlassen wird und das Behinderteneinstellungsgesetz, das Bundesbehin­dertengesetz, das Bundessozialamtsgesetz, das Gleichbehandlungsgesetz, das Bundesgesetz über die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbehand­lungsanwaltschaft sowie das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz geändert werden (1028 d.B.) ............................................... 97


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115. Sitzung / Seite 5

3. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (832 d.B.): Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, und über die Anträge

89/A (E) der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Anerkennung der Österreichischen Gebärdensprache (ÖGS),

156/A der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem die Gebärdensprache im Bundes-Verfassungsgesetz anerkannt wird,

431/A der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem die Österreichische Gebärden­sprache im Bundesverfassungsgesetz verankert wird, und

449/A (E) der Abgeordneten Dr. Franz-Joseph Huainigg, Dr. Helene Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anerkennung der Österreichischen Gebär­densprache sowie über die

Bürgerinitiative (5/BI) betreffend „Chancengleichheit gehörloser Menschen im österreichischen Bildungssystem“ und über die

Petition (11/PET) betreffend „Chancengleichheit gehörloser Menschen im öster­reichischen Bildungssystem“ (inhaltlich gleich mit Bürgerinitiative Nr. 5), über­reicht von den Abgeordneten Dr. Franz-Joseph Huainigg, Mag. Christine Lapp, Dr. Helene Partik-Pablé und Theresia Haidlmayr (1029 d.B.) ..... 98

4. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Petition (27/PET) betref­fend „Eine Resolution für die Wiedereinführung der einkommensunabhängigen Gebührenbefreiung für gehörlose und gehörbeeinträchtigte Menschen“, über­reicht von der Abgeordneten Theresia Haidlmayr (1030 d.B.) ............ 98

Redner/Rednerinnen:

Mag. Christine Lapp ..................................................................................................... 98

Dr. Franz-Joseph Huainigg ....................................................................................... 103

Theresia Haidlmayr ...........................................................................................  104, 149

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................. 115

Bundesministerin Ursula Haubner .......................................................................... 118

Mag. Elisabeth Grossmann ...................................................................................... 121

Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer ............................................................................. 122

Dieter Brosz ................................................................................................................ 123

Mag. Herbert Haupt .................................................................................................... 125

Dr. Franz-Joseph Huainigg (tatsächliche Berichtigung) ........................................... 127

Gabriele Heinisch-Hosek ........................................................................................... 127

Staatssekretär Sigisbert Dolinschek ....................................................................... 128

Dr. Johannes Jarolim (tatsächliche Berichtigung) .................................................... 130

Mag. Dr. Alfred Brader .............................................................................................. 130

Mag. Ruth Becher ...................................................................................................... 131

Maximilian Walch ....................................................................................................... 132

Mag. Christine Lapp (tatsächliche Berichtigung) ...................................................... 133

Staatssekretär Franz Morak ...................................................................................... 133

Barbara Riener ........................................................................................................... 134

Maria Grander ............................................................................................................. 135

Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler ............................................................................... 135

Mag. Karin Hakl .......................................................................................................... 146

Dr. Reinhold Lopatka ................................................................................................. 147

Michael Praßl .............................................................................................................. 147

Astrid Stadler .............................................................................................................. 148


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115. Sitzung / Seite 6

Entschließungsantrag der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Bedeutung der österreichischen Gebärdensprache für gehörlose Menschen – Ablehnung            124, 153

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1028 und 1029 d.B. ..................................... 150

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1028 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Maßnahmen im Zusammenhang mit der Beschlussfassung des Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes (E 116) .......................................................................................................................... 153

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1029 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend die Bedeutung der österreichischen Gebärdensprache für gehörlose Menschen (E 117)                     153

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1030 d.B. ................................................... 153

Gemeinsame Beratung über

5. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (953 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienst­gesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pen­sionsgesetz, das Bundesbahngesetz, das Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz, das Teilpensionsgesetz, das Lan­desvertragslehrergesetz 1966, das Auslandszulagen- und -hilfeleistungsgesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955 und das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 geändert werden (Dienstrechts-Novelle 2005) (1031 d.B.) ...................................................................... 153

6. Punkt: Bericht und Antrag des Verfassungsausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Landesver­tragslehrergesetz geändert wird (1032 d.B.)               ............................................................................................................................. 154

Redner/Rednerinnen:

Fritz Neugebauer ........................................................................................................ 154

Dr. Peter Wittmann .................................................................................................... 155

Markus Fauland .......................................................................................................... 156

Dr. Kurt Grünewald .................................................................................................... 157

Mag. Hans Langreiter ................................................................................................ 160

Otto Pendl ................................................................................................................... 161

Peter Marizzi ............................................................................................................... 162

Stefan Prähauser ........................................................................................................ 162

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1031 und 1032 d.B. ..................................... 163

7. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Wahrneh­mungsbericht (III-143 d.B.) des Rechnungshofes über die Luftraumüberwa­chungsflugzeuge: Kaufverträge, Finanzierung, Gegengeschäftsvertrag (Reihe Bund 2005/3) (1050 d.B.) .......................................... 164

Redner/Rednerinnen:

Dr. Günther Kräuter ..........................................................................................  164, 211

Hermann Gahr ............................................................................................................ 167

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 168

Markus Fauland .......................................................................................................... 171

Bundesminister Günther Platter .............................................................................. 173

Dr. Christian Puswald ................................................................................................ 178


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115. Sitzung / Seite 7

Walter Murauer ........................................................................................................... 179

Karl Öllinger ................................................................................................................ 180

Dr. Christian Puswald (tatsächliche Berichtigung) ................................................... 182

Detlev Neudeck ........................................................................................................... 182

Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser .............................................................. 184

Mag. Christine Lapp ................................................................................................... 188

Astrid Stadler .............................................................................................................. 189

Hermann Krist ............................................................................................................ 190

Herbert Scheibner .............................................................................................  191, 211

Stefan Prähauser ........................................................................................................ 193

Alfred Schöls .............................................................................................................. 195

Christian Faul ............................................................................................................. 195

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein .................................................................. 197

Dipl.-Ing. Hannes Missethon ..................................................................................... 200

Mag. Ruth Becher ...................................................................................................... 200

Rechnungshofpräsident Dr. Josef Moser ............................................................... 201

Konrad Steindl ............................................................................................................ 204

Ing. Erwin Kaipel ........................................................................................................ 205

Franz Xaver Böhm ..................................................................................................... 206

Mag. Kurt Gaßner ....................................................................................................... 206

Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler ............................................................................... 208

Dr. Peter Pilz ............................................................................................................... 208

Johann Ledolter ......................................................................................................... 210

Kenntnisnahme des Berichtes ..................................................................................... 212

8. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (970 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Qualitätssiche­rung bei Abschlussprüfungen (Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetz – A-QSG) erlassen und das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz geändert wird (1051 d.B.) .................................................................................................................... 212

Redner/Rednerinnen:

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................... 212

Dr. Reinhold Mitterlehner .......................................................................................... 213

Michaela Sburny ................................................................................................  219, 223

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ................................................................................. 220

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein .................................................................. 221

Georg Oberhaidinger ................................................................................................. 222

Konrad Steindl ............................................................................................................ 222

Detlev Neudeck ........................................................................................................... 223

Dr. Ferdinand Maier ................................................................................................... 224

Johann Ledolter ......................................................................................................... 224

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 225

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1051 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend die Problematik der Selbständigen und Gewerblichen Buchhalter (E 118) ....................... 225

9. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (971 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994, das Emissions­schutzgesetz für Kesselanlagen und das Mineralrohstoffgesetz geändert werden (Gewerberechtsnovelle 2005) (1052 d.B.) ... 225

Redner/Rednerinnen:

Mag. Johann Moser ................................................................................................... 226

Herta Mikesch ............................................................................................................. 226


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115. Sitzung / Seite 8

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .................................................................................. 229

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ................................................................................. 230

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein .................................................................. 230

Mag. Dietmar Hoscher ............................................................................................... 231

Ridi Steibl .................................................................................................................... 232

Michaela Sburny ......................................................................................................... 232

Dkfm. Dr. Hannes Bauer ........................................................................................... 232

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 233

10. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Antrag 648/A (E) der Abgeordneten Hermann Gahr, Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betref­fend alpine Schutzhütten (1053 d.B.)                       234

Redner/Rednerinnen:

Johannes Schweisgut ............................................................................................... 234

Mag. Dietmar Hoscher ............................................................................................... 235

Josef Bucher ............................................................................................................... 235

Heidemarie Rest-Hinterseer ..................................................................................... 236

Johannes Zweytick .................................................................................................... 236

Erika Scharer .............................................................................................................. 237

Johann Ledolter ......................................................................................................... 238

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ................................................................................. 238

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1053 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend alpine Schutzhütten (E 119) ................................................................................................... 239

11. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (948 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungs­gesetz geändert wird (1011 d.B.)                             239

Redner/Rednerinnen:

Dr. Richard Leutner ................................................................................................... 239

Karl Donabauer .......................................................................................................... 240

Karl Öllinger .......................................................................................................  241, 247

Mag. Herbert Haupt .................................................................................................... 242

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein .................................................................. 244

Mag. Walter Posch ..................................................................................................... 245

Christine Marek .......................................................................................................... 246

Maximilian Walch ....................................................................................................... 246

Gabriele Tamandl ....................................................................................................... 247

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 248

12. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (972 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, das Ausländerbe­schäftigungsgesetz, das Einkommensteuergesetz 1988 sowie das Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz 1957 geändert werden (1012 d.B.)           ............................................................................................................................. 248

Redner/Rednerinnen:

Barbara Riener ........................................................................................................... 249

Manfred Lackner ........................................................................................................ 249

Maximilian Walch ....................................................................................................... 250

Karl Öllinger ................................................................................................................ 250

Herta Mikesch ............................................................................................................. 250

August Wöginger ....................................................................................................... 251

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 251


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115. Sitzung / Seite 9

13. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (946 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Insolvenz-Entgeltsiche­rungsgesetz und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert werden (1010 d.B.) ........................ 252

Redner/Rednerinnen:

Ridi Steibl .................................................................................................................... 252

Heidrun Silhavy .......................................................................................................... 253

Mag. Herbert Haupt .................................................................................................... 253

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein .................................................................. 254

Karl Öllinger ................................................................................................................ 254

August Wöginger ....................................................................................................... 255

Dietmar Keck .............................................................................................................. 256

Herta Mikesch ............................................................................................................. 257

Erika Scharer .............................................................................................................. 257

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 258

Gemeinsame Beratung über

14. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvorlage (968 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsge­setz 1959, das Futtermittelgesetz 1999, das Düngemittelgesetz 1994, das Ge­sundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz, das BFW-Gesetz, das Pflanzen­schutzgesetz 1995, das Pflanzenschutzgrundsatzgesetz, das Weingesetz 1999, das Flurverfassungsgrundsatz-Gesetz 1951, das Grundsatzgesetz 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienst­barkeiten, das Forstgesetz 1975 und das Land- und forstwirtschaftliche Landes­lehrer-Dienstrechtsgesetz geändert wird (Agrarrechtsänderungsgesetz 2005) (1018 d.B.) .................................................................................................................... 258

15. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvorlage (862 d.B.): Übereinkommen über das Europäische Forstinsti­tut (1021 d.B.) ............................... 259

Berichterstatter: Dipl.-Ing. Uwe Scheuch .................................................................. 259

Redner/Rednerinnen:

Dipl.-Ing. Werner Kummerer ..................................................................................... 259

Fritz Grillitsch ............................................................................................................. 260

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ..................................................................  261, 272

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................. 262

Christian Faul ............................................................................................................. 262

Karl Freund ................................................................................................................. 263

Heidemarie Rest-Hinterseer ..................................................................................... 264

Fritz Grillitsch (tatsächliche Berichtigung) ................................................................. 265

Jakob Auer .................................................................................................................. 265

Rosemarie Schönpass .............................................................................................. 266

Ing. Hermann Schultes .............................................................................................. 266

Rainer Wimmer .......................................................................................................... 267

Norbert Sieber ............................................................................................................ 268

Heinz Gradwohl .......................................................................................................... 268

Dipl.-Ing. Günther Hütl ............................................................................................... 269

Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer ..................................................................................... 270

Ing. Josef Winkler ....................................................................................................... 271

Anna Höllerer .............................................................................................................. 272

Annahme des Gesetzentwurfes in 1018 d.B. .............................................................. 273

Genehmigung des Staatsvertrages in 1021 d.B. ......................................................... 274


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Gemeinsame Beratung über

16. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvorlage (514 d.B.): Internationaler Vertrag über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft samt Anlagen und Erklärung (1019 d.B.) ............................................................................................ 274

17. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvorlage (612 d.B.): Annahmeerklärung betreffend den revidierten Text der Internationalen Pflanzenschutzkonvention sowie revidierter Text der Inter­nationalen Pflanzenschutzkonvention samt Anlage (1020 d.B.)                274

Redner/Rednerinnen:

Notburga Schiefermair .............................................................................................. 274

Heidrun Walther ......................................................................................................... 275

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................. 275

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................... 276

Ing. Hermann Schultes .............................................................................................. 276

Genehmigung der beiden Staatsverträge in 1019 und 1020 d.B. ................................ 277

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG hinsichtlich 1019 und 1020 d.B.                          277

Eingebracht wurden

Petitionen ...................................................................................................................... 43

Petition betreffend „Errichtung einer Facharztstelle für Augenheilkunde und Er­richtung einer Facharztstelle für Gynäkologie im Oberen Mölltal“ (Ordnungsnum­mer 65) (überreicht vom Abgeordneten Dipl.-Ing. Uwe Scheuch)

Petition betreffend „Verbot des direkten Verkaufs von Frettchen in Tierhandlun­gen“ (Ordnungsnummer 66) (überreicht von den Abgeordneten Klaus Wittauer und Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer)

Bürgerinitiative ............................................................................................................ 43

Bürgerinitiative betreffend „Erhaltung der Kaserne Aigen im Ennstal“ (Ordnungs­nummer 26)

Regierungsvorlagen ................................................................................................... 42

999: Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (Anlagen­rechtsbereinigungs-Gesetz 2005)

1000: Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 (26. KFG-Novelle), die 3. und die 4. Kraftfahrgesetz-Novelle geändert werden

1026: Informationsweiterverwendungsgesetz – IWG

1027: Bundesgesetz, mit dem das Berufsausbildungsgesetz geändert wird

1058: Handelsrechts-Änderungsgesetz – HaRÄG

1059: Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessordnung 1975, das Staatsanwalt­schaftsgesetz und das Tilgungsgesetz geändert werden


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1060: Bundesgesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz geändert wird (GGBG-Novelle 2005)

Berichte ......................................................................................................................... 43

III-158: Wahrnehmungsbericht, Reihe Bund 2005/7; Rechnungshof

III-160: Achtundzwanzigster Bericht (1. Jänner bis 31. Dezember 2004); Volksan­waltschaft

Anträge der Abgeordneten

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend viergleisigen Ausbau der Westbahn (Salzburg–Attnang) (654/A) (E)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gebührengesetz geändert wird (655/A)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gebührengesetz geändert wird (656/A)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend Behindertenparkplätze bei Arztpraxen (657/A) (E)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erweiterung der Kompeten­zen der Volksanwaltschaft (658/A) (E)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Mietzinsobergrenzen (659/A) (E)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kautionsrückzahlungen im Mietrecht (660/A) (E)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verjährung von Ablösen im Mietrecht (661/A) (E)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend notwendige Nachbesserun­gen im Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz BGStG (662/A)

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Dieter Böhmdorfer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Rich­terdienstgesetz geändert werden (663/A)

Dr. Peter Wittmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungs­gesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz um Bestimmungen über Wahlkarten bei Landtags- und Gemeinderatswahlen ergänzt wird (664/A)

Dr. Peter Wittmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungs­gesetz, mit dem Kinderrechte in das Bundes-Verfassungsgesetz eingefügt werden (665/A)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Besteuerung von Mobilfunk­masten sowie Maßnahmen zur geeigneten Verortung und zur Emissions-Minimierung von Mobilfunkmasten (666/A) (E)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend freien Eintritt in die Bundesmuseen (667/A) (E)


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Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vereinfachung der Steuererklärungen (668/A) (E)

Anfragen der Abgeordneten

Michaela Sburny, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Forschungsanleihe und deren Nicht-Begebung (3165/J)

Stefan Prähauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesvertei­digung betreffend Kommando Landstreitkräfte (3166/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend tatsächliche Personalstände der Sicherheitswache-Bereichsabteilung Donau­stadt und des Kriminalkommissariats Nord (3167/J)

Dr. Caspar Einem, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler im Zusam­menhang mit den Schlussfolgerungen des Vorsitzes beim Europäischen Rat am 22. und 23. März 2005 und der Anfragebeantwortung 2764/AB, XXII. GP (3168/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Bauschuttdeponie in Hitzen­dorf/Steiermark (3169/J)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Pfaffenberg NÖ: Steinbruch statt Denk­malschutz (3170/J)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Rätsel um die Sphinx 2 (3171/J)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Broschüre zum Jubiläumsjahr 2005 (3172/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Gerichtliche Strafverfahren und Entscheidungen gegen aggressive Fußball­fans und -rowdys“ (3173/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Wasserqualität in Einzel­wasserversorgungsanlagen (Hausbrunnen II)“ (3174/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend „Vollziehung der Fertigverpackungsverordnung – Konsumenten­probleme IV“ (3175/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend „Pathologisches Glücksspiel – Spielsucht; Abhängigkeits­erkrankungen“ (3176/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend „Bäder: Bäderhygiene und Legionellenproblematik in Öster­reich“ (3177/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Auslandsaktivitäten von Vizekanzler Gorbach und Staatssekretär Mainoni (3178/J)


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Heinz Gradwohl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung betreffend Investitionen und zukünftige Auslastung des Fliegerhorstes Hinter­stoisser in Zeltweg (3179/J)


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115. Sitzung / Seite 14

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Grenzüberschreitender Taxiverkehr – Verdacht der Schlepperei?“ (3180/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend „Freies Gewerbe – Lenken von Kraftfahrzeugen im Rahmen von Werkverträgen“ (3181/J)

Mag. Walter Posch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend mögliche Schließung des Bezirksgerichtes Hermagor (3182/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend geplanten bundesweiten Abbau des nichtrichterlichen Personals für 2005 und 2006 (3183/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Vermögensberatung und Vermögensdelikte von Fr. Krones-Taurer (3184/J)

Dr. Caspar Einem, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler im Zusammen­hang mit den beim Europäischen Rat am 16. und 17. Juni 2005 beschlossenen Leit­linien für Wachstum und Beschäftigung (2005 bis 2008) (3185/J)

Dr. Caspar Einem, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler im Zusammen­hang mit den Beschlüssen des Europäischen Rates am 16. und 17. Juni 2005 (3186/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend schwere Finanzprobleme an der Akademie der bildenden Künste in Wien (3187/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend „Verdacht auf Tierquälerei in Zucht- bzw. Mastbetrieben o.a.“ (3188/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Anzeigen bzw. Strafverfahren nach § 222 StGB II“ (3189/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Kosten der Justiz (Eigendeckungsgrad) – Erledigung der Geschäftsfälle (II)“ (3190/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Punzierungsgesetz 2000 – Daten und Erfahrungen im Jahr 2004“ (3191/J)

Gabriele Binder, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Therapiemöglichkeiten bei Ess-Störungen (3192/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Gebarung der Bundesrechenzentrum GmbH (3193/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Verkehrssicherheitsfonds – Vergabe von Pro­jekten und Förderungen“ durch BM Hubert Gorbach (3194/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend „Wasserqualität in Einzelwasserversorgungsanlagen (Haus­brunnen) II" (3195/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Ermittlungen und Anzeigen nach § 222 StGB durch die Exekutive“ (3196/J)

Dr. Gertrude Brinek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Leistungen für das Bundesland Wien im Schul­bereich (3197/J)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Betriebsprüfung des Kunsthistorischen Museums (KHM) (3198/J)

DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend internationale Gleichwertigkeit contra innerstaatliche Degradierung von Bachelor und sämtlichen FH-Studienabschlüssen (3199/J)

Josef Broukal, Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend bevorstehendes EuGH-Urteil zur Frage ausländischer Studierender an österreichischen Universitäten (3200/J)

Josef Broukal, Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend bevorstehendes EuGH-Urteil zur Frage ausländischer Studierender an österreichischen Universitäten (3201/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Absichtserklärung über die Realisierung und Finanzierung der Eisenbahnverbindung Gloggnitz–Raum Langenwang (Semmeringbasistunnel neu) (3202/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Absichtserklärung über die Realisierung und Finanzierung der Eisenbahn­verbindung Gloggnitz–Raum Langenwang (Semmeringbasistunnel neu) (3203/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Absichtserklärung über die Realisierung und Finanzierung der Eisenbahnverbindung Gloggnitz–Raum Langenwang (Semmering­basistunnel neu) (3204/J)

Edeltraud Lentsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend erhöhte Flugfrequenz über dem Nordburgen­land (3205/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Medienförderung (3206/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung betreffend Medienförderung (3207/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Medienförderung (3208/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Medienarbeit (3209/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Medienarbeit (3210/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Medienarbeit (3211/J)

Gabriele Binder, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Rettungsgasse in Österreich (3212/J)


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115. Sitzung / Seite 15

Peter Marizzi, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Steuereinnahmen durch Treibstoffpreiserhöhungen (3213/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Diversion: Anwendung im Jahre 2004“ (3214/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Si­cherheit bei Sportveranstaltungen – insbesondere bei Fußballmeisterschaftsspielen – in Österreich“ (3215/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Vollziehung Futtermittelge­setz 2004“ (3216/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend „Vollziehung Lebensmittelgesetz im Jahr 2004“ (3217/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Steuerschulden von Unternehmern in Österreich (30.06.2005)“ (3218/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend „Sozialversicherungsbei­träge – Einhebung und Prüfung (30.06.05)“ (3219/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Wein – Einfuhrkontrolle durch des BMF“ (3220/J)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend Situation der Patientenvertretungen in Tirol (3221/J)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Frauenförderung in Wissenschaft und Forschung (3222/J)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend „Schiller-Kommers“ (3223/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung betreffend Kullnigs Schokoladetäfelchen (3224/J)

Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend „revidiertes EU-Angebot für die GATS-Verhandlungen“ (3225/J)

Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Kon­stituierung der Familienallianz“ (3226/J)

Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend „Hochzeitsbuch“ (3227/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Wilderer in Österreich“ (3228/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Schutzgeldzahlungen – Schutzgelderpressungen“ (3229/J)


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115. Sitzung / Seite 16

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Wissenschaftlichen Beirat Funk (WBF) und PR-Agentur (3230/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend den unbefriedigenden Um­gang des Landes Niederösterreich mit grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeits­prüfungen (UVP) bei Autobahn- und Schnellstraßenprojekten (3231/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend die Umtriebe rechtsextremer und neonazistischer Burschenschafter auf dem Ge­lände der Universität Wien (3232/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Vortragstätigkeiten in der Bundesfinanzakademie (BFA) (3233/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicher­heit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Kriegsgefangene und Trüm­merfrauen (3234/J)


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115. Sitzung / Seite 17

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Transpa­renz von Personalentscheidungen, Kosten und Ausstattung von Ministerbüros (3235/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Ange­legenheiten betreffend Transparenz von Personalentscheidungen, Kosten und Ausstat­tung von Ministerbüros (3236/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissen­schaft und Kultur betreffend Transparenz von Personalentscheidungen, Kosten und Ausstattung von Ministerbüros (3237/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Transparenz von Personalentscheidungen, Kosten und Ausstattung von Minister­büros (3238/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Transparenz von Personalentscheidungen, Kosten und Ausstattung von Ministerbüros (3239/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Transparenz von Personalentscheidungen, Kosten und Ausstattung von Minister­büros (3240/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Transparenz von Personalentscheidungen, Kosten und Ausstattung von Ministerbüros (3241/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung betreffend Transparenz von Personalentscheidungen, Kosten und Ausstattung von Ministerbüros (3242/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Transparenz von Personalent­scheidungen, Kosten und Ausstattung von Ministerbüros (3243/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicher­heit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Transparenz von Personalent­scheidungen, Kosten und Ausstattung von Ministerbüros (3244/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innova­tion und Technologie betreffend Transparenz von Personalentscheidungen, Kosten und Ausstattung von Ministerbüros (3245/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Transparenz von Personalentscheidungen, Kosten und Ausstattung von Ministerbüros (3246/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innova­tion und Technologie betreffend Medienarbeit des Ressorts (3247/J)

Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend falsche und unbedarfte Aussagen von Sportstaatssekretär Schweitzer zur Unterstützung der Fuß­ball-EM durch die politischen Parteien in Österreich anlässlich eines Besuchs bei seinem portugiesischen Amtskollegen (3248/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicher­heit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Förderungen und Medienarbeit (3249/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissen­schaft und Kultur betreffend Förderungen und Medienarbeit (3250/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Förderungen und Medienarbeit (3251/J)

Marianne Hagenhofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Förderung für die Breitbandoffensive (3252/J)

Marianne Hagenhofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Evaluierung der Breitbandoffensive (3253/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Finanzierung einer Wohnkosten-Studie für die ÖVP (3254/J)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen (2845/AB zu 2931/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2846/AB zu 2972/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen (2847/AB zu 2903/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kollegin­nen und Kollegen (2848/AB zu 2882/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Beate Schasching, Kollegin­nen und Kollegen (2849/AB zu 2888/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen (2850/AB zu 2897/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2851/AB zu 2883/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2852/AB zu 2884/J)


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115. Sitzung / Seite 18

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Robert Rada, Kolleginnen und Kollegen (2853/AB zu 2879/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen (2854/AB zu 2904/J)

des Präsidenten des Rechnungshofes auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (2855/AB zu 3001/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (2856/AB zu 2912/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen (2857/AB zu 2905/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Erwin Kai­pel, Kolleginnen und Kollegen (2858/AB zu 2909/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Erwin Kai­pel, Kolleginnen und Kollegen (2859/AB zu 2900/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Erwin Kai­pel, Kolleginnen und Kollegen (2860/AB zu 2895/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Erwin Kai­pel, Kolleginnen und Kollegen (2861/AB zu 2894/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Erwin Kai­pel, Kolleginnen und Kollegen (2862/AB zu 2893/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Erwin Kai­pel, Kolleginnen und Kollegen (2863/AB zu 2892/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Erwin Kai­pel, Kolleginnen und Kollegen (2864/AB zu 2891/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (2865/AB zu 2890/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2866/AB zu 2880/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2867/AB zu 2881/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen (2868/AB zu 2901/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (2869/AB zu 2911/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Renate Csörgits, Kolleginnen und Kollegen (2870/AB zu 2924/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2871/AB zu 2887/J)


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115. Sitzung / Seite 19

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeord­neten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (2872/AB zu 3003/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Walter Posch, Kolleginnen und Kollegen (2873/AB zu 2936/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (2874/AB zu 2955/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen (2875/AB zu 2896/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen (2876/AB zu 2917/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen (2877/AB zu 2918/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Michaela Sburny, Kolleginnen und Kollegen (2878/AB zu 2914/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Michaela Sburny, Kolleginnen und Kollegen (2879/AB zu 2915/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2880/AB zu 2921/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2881/AB zu 2920/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen (2882/AB zu 2922/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2883/AB zu 2923/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen (2884/AB zu 2928/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2885/AB zu 2946/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kollegin­nen und Kollegen (2886/AB zu 2927/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen (2887/AB zu 2929/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (2888/AB zu 2926/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Erwin Kai­pel, Kolleginnen und Kollegen (2889/AB zu 2930/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeord­neten Dkfm. Dr. Hannes Bauer, Kolleginnen und Kollegen (2890/AB zu 2925/J)


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115. Sitzung / Seite 20

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (2891/AB zu 3056/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (2892/AB zu 2937/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Ulrike Köngisberger-Ludwig, Kolleginnen und Kolle­gen (2893/AB zu 2932/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2894/AB zu 2933/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2895/AB zu 2934/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2896/AB zu 2935/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2897/AB zu 2948/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (2898/AB zu 2939/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (2899/AB zu 2940/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2900/AB zu 2949/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (2901/AB zu 2959/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (2902/AB zu 2970/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (2903/AB zu 2944/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2904/AB zu 2945/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (2905/AB zu 2958/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (2906/AB zu 2938/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Heinz Gradwohl, Kolleginnen und Kollegen (2907/AB zu 2942/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (2908/AB zu 2957/J)


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115. Sitzung / Seite 21

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (2909/AB zu 2964/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten There­sia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (2910/AB zu 3008/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (2911/AB zu 2943/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Renate Csörgits, Kolleginnen und Kollegen (2912/AB zu 2950/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen (2913/AB zu 2952/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Marianne Hagenhofer, Kolleginnen und Kollegen (2914/AB zu 2953/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (2915/AB zu 2976/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2916/AB zu 2947/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2917/AB zu 2983/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (2918/AB zu 2961/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Heidemarie Rest-Hinterseer, Kolleginnen und Kolle­gen (2919/AB zu 2962/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (2920/AB zu 2963/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (2921/AB zu 2966/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Heidemarie Rest-Hinterseer, Kolleginnen und Kolle­gen (2922/AB zu 2968/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidl­mayr, Kolleginnen und Kollegen (2923/AB zu 2954/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Elisabeth Hlavac, Kolleginnen und Kollegen (2924/AB zu 2979/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (2925/AB zu 2956/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirkl­huber, Kolleginnen und Kollegen (2926/AB zu 2965/J)


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115. Sitzung / Seite 22

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Heidemarie Rest-Hinterseer, Kolleginnen und Kollegen (2927/AB zu 2967/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen (2928/AB zu 2951/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen (2929/AB zu 2960/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Heidemarie Rest-Hinterseer, Kolleginnen und Kollegen (2930/AB zu 2969/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2931/AB zu 2971/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (2932/AB zu 3012/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2933/AB zu 2998/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Melitta Trunk, Kollegin­nen und Kollegen (2934/AB zu 2973/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2935/AB zu 2997/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (2936/AB zu 2994/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (2937/AB zu 3009/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen (2938/AB zu 3026/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (2939/AB zu 2974/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (2940/AB zu 2975/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Wein­zinger, Kolleginnen und Kollegen (2941/AB zu 2977/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Georg Oberhaidinger, Kolleginnen und Kollegen (2942/AB zu 3030/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen (2943/AB zu 3040/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen (2944/AB zu 3065/J)


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115. Sitzung / Seite 23

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (2945/AB zu 2978/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Pe­ter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (2946/AB zu 3061/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kollegin­nen und Kollegen (2947/AB zu 2980/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (Zu 2867/AB zu 2881/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (Zu 2880/AB zu 2921/J)

 


09.03.18


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115. Sitzung / Seite 24

Beginn der Sitzung: 9.03 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Andreas Khol, Zweite Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Dritter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die Sitzung ist eröffnet.

Ich begrüße die Damen und Herren im Hohen Haus.

Die Amtlichen Protokolle der 112. Sitzung vom 8. Juni 2005 sowie der 113. und 114. Sitzung vom 9. Juni 2005 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbe­anstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Dr. Einem, Rossmann und Wittauer.

Einlauf

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Es liegt mir ein Schreiben des Herrn Bundeskanzlers mit folgendem Wortlaut vor:

„Sehr geehrter Herr Präsident!

Ich beehre mich mitzuteilen, dass der Herr Bundespräsident auf meinen Vorschlag gemäß Artikel 70 Abs. 1 in Verbindung mit Artikel 76 Abs. 2 B-VG Botschafter Dr. Hans Winkler zum Staatssekretär im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten ernannt und ihn zur Unterstützung in der Geschäftsführung und parlamentarischen Vertretung der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten beigegeben hat.

Mit besten Grüßen

Wolfgang Schüssel“

09.05.10Aktuelle Stunde

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zur Aktuellen Stunde mit dem Thema

„Wirtschaftspolitik für Österreichs Regionen“

Die Aktuelle Stunde beginnt pünktlich um 9.05 Uhr.

Als Erster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Maier. Redezeit: 10 Minu­ten. – Bitte.

 


9.05.32

Abgeordneter Dr. Ferdinand Maier (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Aktuelle Stunde mit dem Thema „Wirtschaftspolitik für Österreichs Regionen“ gibt Gelegenheit, die einzelnen Bundesländer ein wenig zu betrachten. Und es ist in diesem Zusammenhang interessant, einmal die Arbeitsmarkt­daten heranzuziehen. (Abg. Parnigoni: Steiermark!)

Ich darf dazu einmal die Wiener Arbeitsmarktdaten heranziehen. (Heiterkeit bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Das ist aber nicht lustig!) – Lachen Sie nicht! Sie sollten froh sein, dass in Wien im Juni zwar weniger Arbeitslose gemeldet waren, nämlich


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115. Sitzung / Seite 25

genau um 1 838, jedoch hat es mehr Menschen in Schulung gegeben, und zwar um 38 Prozent mehr.

Schauen wir uns den österreichischen Durchschnitt an: In Österreich sind etwa 9 Pro­zent in Schulung. Würde man das auf Wien umlegen, würde es bedeuten, dass in Wien ein neuerlicher Anstieg der Zahl der Arbeitslosen von zirka 2,4 Prozent zu ver­zeichnen wäre.

Ein Schelm wäre, der denkt, dass auf Grund der bevorstehenden Wahlen die Anzahl der in Schulung Befindlichen etwas erhöht wurde. Zufälligerweise ist auch im Burgen­land eine ähnliche Entwicklung feststellbar. Die Sozialdemokraten im Burgenland und die Sozialdemokraten in Wien versuchen, sich mittels Schulungen aus der Arbeits­losenstatistik zu flüchten. Das hat die Steiermark nicht notwendig, dort ist das nicht der Fall. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Silhavy: Den Herrn Bundesminister geht das alles nichts an!)

Meine Damen und Herren! Gleichzeitig gibt es im Vergleich zum Vorjahr auch einen Anstieg bei den jugendlichen Arbeitslosen, was sehr bedauerlich ist, nämlich um mehr als 1 219 – und das bei der Entwicklung, dass in Wien die Zahl der jüngeren Einwoh­ner abnimmt und die der älteren zunimmt. Diese Schere ist sehr unerfreulich.

Lassen Sie mich aber auch darauf hinweisen, dass Wien in den letzten Jahren, seit 1999, mehr als 21 000 Arbeitsplätze verloren hat. Es liegt eine Prognose – ich ver­suche mich nur auf Studien zu stützen – des Forschungsinstituts Synthesis vor, aus der hervorgeht (Zwischenruf des Abg. Parnigoni), dass, unter Zugrundelegung, dass das Wirtschaftswachstum zwischen den Jahren 2005 und 2008 1,9 Prozent betragen wird (Abg. Parnigoni: Totale Einsparung der Regierung!), in Wien die Beschäftigung, das Beschäftigungsniveau nicht zu halten sein wird. Im Gegenteil: Wien verliert weiter an Arbeitsplätzen, alle anderen Bundesländer werden zulegen. Österreich wird insge­samt 116 000 Arbeitsplätze mehr erhalten, nur in Wien werden wir bis 2008 5 500 Arbeitsplätze verlieren. (Abg. Riepl: Der Schuldige sitzt hinter Ihnen!) Das heißt, die Zahl der Arbeitslosen wird in Wien weiter steigen. (Abg. Parnigoni: Ein Versagen die­ser Bundesregierung! Ein schweres Versagen!)

Lassen Sie mich noch einen internationalen Vergleich heranziehen. Es gibt seitens des WAFF, des Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds, eine Studie, einen Länder­vergleich, bei dem Wien, Amsterdam, Bratislava, Hamburg und Helsinki verglichen wurden. Dabei wurde festgestellt, dass einzig und allein Wien die höchste Zahl an Arbeitslosen (Abg. Parnigoni: Das wird Ihnen im Wahlkampf nichts nützen!) und gleichzeitig einen Rückgang der Anzahl der Betriebe um 7 Prozent im Zeitraum von 1995 bis 2002 zu verzeichnen hatte. (Abg. Silhavy: Ein Versagen des Wirtschafts­ministers!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin! Herr Bürgermeister Häupl spielt in Wirklichkeit die Rolle eines Stehgeigers auf der Titanic. Er singt seine Lied­chen, trällert vor sich hin und merkt gar nicht, wohin der Tanker führt.

Ich sage Ihnen: Es gibt eine Reihe von Beobachtern, die heute schon davon sprechen, dass angesichts der Prosperität Bratislavas, des boomenden Trends in Bratislava Wien zur Schlafstadt von Bratislava werden kann. (Abg. Parnigoni: Machen Sie sich nicht lächerlich!) Das ist aber dann Ihre Verantwortung, meine sehr geehrten Damen und Herren der Sozialdemokratie und insbesondere der Wiener Sozialdemokratie. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

Der zuständige Mann für Wirtschafts- und Finanzpolitik in Wien heißt Sepp Rieder, ein ehemaliger Gesundheitsstadtrat, der, wie Kreml-Propaganda eben so läuft, versucht, mittels Ankündigung über diese Malaise hinwegzuturnen. Ich möchte Sie da nicht


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115. Sitzung / Seite 26

langweilen, aber er hat im ... (Abg. Parnigoni: Das tun Sie aber!) Dann werde ich Ihnen das nicht vorlesen, sondern komme zu den Fakten, Herr Kollege. Er hat alleine sieben Pressekonferenzen gemacht, wobei er nicht zurückschreckt, einige falsche Zahlen zu verwenden. (Abg. Parnigoni: Ihre eigene Fraktion hat schon ein schmerz­verzerrtes Gesicht!) In Wirklichkeit müsste er Herrn Bundesminister Bartenstein dank­bar sein, denn es ist jene Organisation des Wirtschaftsministeriums, nämlich die Austrian Business Agency, die, wenn Betriebe kommen, diese Betriebe nach Wien holt und sicherlich nicht der Wiener Wirtschaftsförderungsfonds.

Während die Bundesregierung eine Steuerreform, eine Verwaltungsreform und eine Pensionsreform durchgeführt hat (Abg. Riepl: Arbeitslose macht die Bundesregie­rung!), hat die Wiener SPÖ wild dagegen polemisiert und das abgelehnt. Sie haben die Steuerreform abgelehnt! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Was macht Kollege Matznetter? – Er macht ein Wirtschaftsprogramm der Steuererhö­hung. Er träumt von Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich, spricht von der Maschinensteuer (Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Die höchste Abgabenquote!), redet wo­möglich noch von der Vermögensteuer und von der Erbschaftssteuer. Alle diese Dinge stehen innerhalb der Wiener SPÖ zur Diskussion. Und da wundern Sie sich, dass die Investoren nachdenken, ob Wien wirklich der geeignete Platz ist?! (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Angesichts des Themas, was die Bundesre­gierung erreicht hat, und der Tatsache, dass die Leistung der Wirtschaftspolitik dieser Bundesregierung im Ausland toll gefunden wird (Abg. Sburny: Was ist eigentlich das Thema? Österreichische Regionen!), bleibt nur eine kurze Zusammenfassung über, die lautet: Die Regierung rennt, die Wiener Stadtregierung pennt. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte Ihnen aus eigenem Erleben erzählen: Der Wiener Wirtschaftsförderungs­fonds hat eine Präsentation Wiens in Brüssel gemacht. Es waren alle hochrangigen Damen und Herren in Brüssel dabei, ich war zufällig in Brüssel und habe mir gedacht, das muss ich mir ansehen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) Lassen Sie mich das kurz erzählen, Sie sollten das auch wissen, vielleicht können Sie uns helfen, dass wir da ein bisschen etwas ändern, damit das Ganze effizienter und auch transparenter wird.

Kein Wort von den Verantwortlichen Wiens über die Steuerreform, kein Wort über die Frage der Gruppenbesteuerung, kein Wort über die ausländischen Kommentare, was die österreichische Bundesregierung erreicht hat, war zu hören. Ich habe mit dem Herrn Bürgermeister darüber gesprochen. Es hat im Rahmen dieser Veranstaltung eine Präsentation von zwei Firmen gegeben, frei nach dem Motto: Zeigt her eure Freunderln! Diese Firma hat niemand gekannt, aber in Brüssel ist sie vom Geschäfts­führer des Wiener Wirtschaftsförderungsfonds präsentiert worden.

Ich habe mit dem Herrn Bürgermeister nachher gesprochen und ihn gefragt, wie es ihm dabei gegangen ist. Er hat gesagt: Na so ein ...! Nachdem ich hier im Hohen Haus bin und mir einen Ordnungsruf ersparen möchte, muss ich das so umschreiben: Wenn Mütter von Babys sprechen, die Verdauungsstörungen haben, reden sie von einem Buh. Also der Herr Bürgermeister hat zu dem Ganzen gesagt: Na so ein ...! Sie wissen schon. (Heiterkeit bei der ÖVP.)

Gleichzeitig, sage ich Ihnen, freut sich die Wiener SPÖ, dank des Walter Nettig, dass wir eine amerikanische Bank, nämlich die Western Union Financial Services Bank, nach Wien bekommen. Ich habe aber die Vermutung, dass das nur vom eigentlichen Drama Bank Austria CA ablenken soll.


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Meine Damen und Herren, ich frage Sie jetzt: Was passiert, wenn ein Unternehmer eine Million in den Sand setzt? – Er wird vermutlich ein riesiges Problem haben, wenn er nicht in Konkurs geht. Was passiert, wenn ein Manager 10 Millionen in den Sand setzt? Was passiert, wenn ein Manager 100 Millionen in den Sand setzt? Oder: Was passiert, wenn ein Manager 1 Milliarde in den Sand setzt? – 1 Milliarde würde bedeu­ten: Der Manager ist weg, die ganze Mannschaft ist weg und wahrscheinlich auch der Aufsichtsrat.

Der Herr Bürgermeister, der in diesem gelebten „Putinismus“ durch dieses Land geht, sagt, es seien alle anderen schuld. Da ist der alte Hans Mayr schuld, es wird sogar noch Bernhard Görg herangezogen, der nur gesagt hat, die Bank gehöre privatisiert.

Erinnern Sie sich: Es hat einmal die Zentralsparkasse gegeben, meine Damen und Herren, es hat die Länderbank gegeben und die Creditanstalt Bankverein. Alles ist weg! Jetzt wird in Mailand darüber befunden, und das ist das Werk des Herrn Bürger­meisters. Und da fragt niemand: Was ist denn da los? Da schlafen Sie in der Pendel­uhr und wundern sich nicht?! (Abg. Dr. Bauer: Was macht die Regierung?) Das ärgste Desaster der Wirtschaftspolitik dieses Jahrhunderts wird vom Herrn Bürgermeister Häupl zu verantworten sein, und Sie schweigen und sagen, da kann man nichts machen. (Beifall bei der ÖVP.)

Jetzt gibt es viele, die meinen, Wien ist toll und Wien funktioniert toll. Ich bin auch die­ser Meinung, nur leider Gottes kostet alles sehr viel Geld, und es ist alles sehr teuer, und das ist hausgemacht. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Ich möchte nur an Folgendes erinnern – Sie werden das auch noch wissen –: Am 24. Februar dieses Jahres hätte es das Match Austria Wien gegen Athletico Bilbao geben sollen. Damals war das Spielfeld wegen Eis und Schnee nicht bespielbar. Of­fensichtlich ist Wien die einzige Stadt Europas, wo man den Rasen nicht heizen kann.

Dann hatten wir am 30. April die Eishockey-WM in Wien. Da hat es wieder mit dem Eis nicht funktioniert, meine Damen und Herren! Und dann gab es Mitte des Monats Mai einen Marathon ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Den Schlusssatz, Herr Abgeordneter!

 


Abgeordneter Dr. Ferdinand Maier (fortsetzend): Und bei diesem Marathon hat man erkannt, dass die Sportstadt Wien nicht mehr jene Sportstadt ist, die wir gerne hätten. Daher bin ich froh ...

9.16


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter, wir haben in der Präsidialkonferenz einen Schlusssatz vereinbart. Diesen haben Sie gesprochen. Ihre Redezeit ist be­endet! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen für den sich zu seinem Sitzplatz begebenden Abg. Dr. Ferdinand Maier.)

Für eine einleitende Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminis­ter für Wirtschaft und Arbeit Dr. Bartenstein. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


9.16.24

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Das Thema der Aktuellen Stunde lautet: „Wirtschaftspolitik für Österreichs Regionen“. Man könnte meinen, Österreich als 8 Mil­lionen-Land muss ein Interesse haben und hat auch ein Interesse an einem einheitli­chen Wirtschaftsraum, gerade in einem größeren Europa, dem wahrscheinlich größten Binnenmarkt dieser Welt. Trotzdem ist es nicht eines, ob die Ostererweiterung das Burgenland betrifft, ob zum Beispiel Schengen und die schweizerische Abstimmung dazu Vorarlberg betreffen, ob das, was in Slowenien vorgeht, Kärnten stärker betrifft


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115. Sitzung / Seite 28

oder das, was in Deutschland vorgeht, Herr Botschafter, unter Umständen Salzburg und Oberösterreich stärker betrifft als andere Bundesländer und Regionen Österreichs.

Unsere Regionen und Bundesländer sind unterschiedlich strukturiert, und daher ist es gut, dass es einen Mix gibt aus bundeseinheitlicher Wirtschaftspolitik, die auf die Be­sonderheiten der Regionen Rücksicht nimmt, und einer Wirtschaftspolitik, die die Länder jeweils aus eigener Gestionierung und im Wesentlichen auch mit eigenem Geld für das Land machen. Und dieser Mix funktioniert gut.

Lassen Sie mich einleitend feststellen: Ich weiß jetzt nicht ganz genau, mit welchen Ar­gumenten Wien in Brüssel beworben wurde und ob – ich fände das schade – die wirkli­chen Assets Österreichs, zum Beispiel die steuerliche Entlastung der Unternehmungen und unsere Standortqualitäten, ausreichend präsentiert wurden. Aber im Großen und Ganzen funktioniert die Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den Ländern in Sachen gemeinsamer Wirtschaftspolitik ganz ausgezeichnet. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Abgeordneter Maier hat etwas angespro­chen, was in Österreich Tatsache ist: Es gibt ein Gefälle am Arbeitsmarkt, es gibt Länder wie Oberösterreich mit De-facto-Vollbeschäftigung, das industrielle Kernland Österreichs. (Beifall bei der ÖVP.) Es ist dies ein Land mit exzellent aufgestellter mittelständischer Wirtschaft, ein Land mit gesundeter großer, früher verstaatlichter Wirtschaft, ein Land mit gesunder und guter Wirtschaftspolitik und ein Land mit einer Exportquote von weit über 25 Prozent. Vollbeschäftigung ist dort die Folge. (Abg. Dr. Matznetter: Wie ist das mit der Steiermark?)

Auf der anderen Seite gibt es die Bundeshauptstadt, die sich aus verschiedenen Grün­den schwerer tut, weil hier mehr Leute zuziehen als woandershin, weil es in Ballungs­räumen andere Themen gibt, weil man sich in mancherlei Beziehung eben nicht so leicht tut. Wien hat über 9 Prozent, also fast dreimal so viel, Arbeitslosenrate. Und es ist eine Selbstverständlichkeit, dass der interne Solidaritätsausgleich funktioniert, dass mehr Geld der Arbeitsmarktverwaltung für Wien ausgegeben wird und dass unter Um­ständen sogar Know-how aus Oberösterreich nach Wien transferiert wird. Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, dieser solidarische Ausgleich zum Beispiel in der Arbeitsmarktpolitik als Teil der Wirtschaftspolitik funktioniert.

Während Oberösterreich – Herr Klubobmann, du kommst von dorther – im gesamten Land 51 Langzeitarbeitslose hat – das sind jene Personen, die mehr als ein Jahr arbeitslos sind –, ist es in Wien innerhalb nur eines Jahres mit viel Arbeit und Geld ge­lungen, die Langzeitarbeitslosenrate um mehr als zwei Drittel, nämlich um 71 Prozent, zu reduzieren. Und das ist der Erfolg des Bundes-AMS. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Abgeordneter Maier hat die plus 38 Prozent an Schulungsmitteln erwähnt. Es ist gut, dass Wien als derjenige Arbeitsmarkt mit den relativ größten Problemen relativ mehr Mittel bekommt. Ich danke für die Solidarität der Bundesländer.

Letztlich ist es die Standortpolitik dieses Landes, die es Wien ermöglicht, in Sachen Headquarters mehr anzubieten, als das früher der Fall war. Mittel- und Osteuropa, die Ostöffnung, die EU-Erweiterung geben hierzu Chancen. Die Austrian Business Agency – Ferry Maier hat das erwähnt – hat nicht weniger als fast die Hälfte aller Betriebsansiedelungen des letzten Jahres, nämlich 48 von 107 getätigten Ansiedelun­gen, nach Wien vermittelt – in guter Zusammenarbeit mit den Förderstellen des Landes Wien.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein zweites Beispiel: ein Land, das in den achtziger Jahren von einer schweren Strukturkrise der Schwerindustrie, der damals verstaatlichten Industrie gebeutelt wurde, nämlich unsere, meine Steiermark.


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Heute ist die Steiermark ein weiteres blühendes industrielles Kernland Österreichs, ein Land, in welchem die Mur-Mürz-Furche nicht nur für eine tote, absterbende, von Arbeitslosigkeit gekennzeichnete Industrieregion steht, sondern, wie das Claus Raidl, einer der Topmanager dieses Landes, vor einigen Tagen in Bad Aussee gesagt hat, dafür, dass man da von Weltklasse zu Weltklasse gehen kann: Zeltweg: die Weichen, Donawitz: die Schienen, Kapfenberg und weiters Edelstahl-Topunternehmungen. Wo waren die vor einigen Jahren? – Da ist es gelungen, gemeinsam mit dem Bund die notwendigen strukturellen Maßnahmen zu setzen, um insgesamt aus einer Problem­region eine Industrieregion von Weltklassegeltung zu machen. (Beifall bei der ÖVP.)

Anderswo in der Steiermark, und zwar nicht so sehr mit dem Schwerpunkt Mur-Mürz-Furche, sondern mit dem Schwerpunkt Graz: die Entwicklung des Autoclusters. Da war vor 15 Jahren nichts. Vor elf Jahren hat man begonnen, Autocluster zu entwickeln – mein Kollege Herbert Paierl, Landeshauptmann Waltraud Klasnic, die Mütter und Väter dieses Autoclusters. Heute gibt es dadurch 44 000 Jobs, die es sonst nicht gäbe. Der Umsatz beträgt 6,8 Milliarden €. Der Autocluster Steiermark ist etwas, wovon man in Detroit, in den automotiven Zentren Japans und anderswo spricht. Er ist eine beson­ders bemerkenswerte industriepolitische Aktivität, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Von nichts kommt nichts, weder die industrielle Umstrukturierung der Mur-Mürz-Furche noch der Autocluster, dafür muss man arbeiten, und dazu muss man in Forschung und Entwicklung investieren, und dass das nicht nur in Wien und anderswo geschieht, son­dern auch in Österreichs Regionen, beweist die Steiermark.

Ich hätte mir nicht gedacht, dass die Steiermark nach einer Statistik der Statistik Austria, die vielleicht nicht immer, aber meistens Recht hat, mit 3,67 Prozent F&E-Quote im Jahre 2002 die Nummer eins ganz Österreichs war. Da wundert es dann wenig, wenn das Land Steiermark darauf verweisen kann, dass es im vergangenen Jahr, im Jahre 2004, dasjenige Bundesland Österreichs war, in welchem die Arbeits­losigkeit am stärksten zurückgegangen ist. Es waren minus 4,1 Prozent, und damit ist die Steiermark auch in diesem Bereich die Nummer eins in Österreich.

In Sachen Wachstum – wir haben diese Zahlen vor einigen Wochen gelesen – kann auf Grund industrieller Strukturierung gesagt werden, dass die größte regionale Wirt­schaftskraft in diesem Bundesland lag, das vor 15, 20 Jahren wirklich sehr problem­behaftet war. Jetzt gibt es ein Plus von 3,8 Prozent, fast das Doppelte dessen, was wir bundes- und europaweit zusammengebracht haben. – Ich gratuliere Steiermark! (Bei­fall bei der ÖVP.)

Ein drittes Beispiel, weil das der Abgeordnete Maier auch erwähnt hat: das Burgen­land. – Das Burgenland war Grenzland, da war wenig los, da war große Sorge, dass mit der Ostöffnung die Probleme eher noch größer würden als kleiner. Es ist voll ge­lungen, das Burgenland als Ziel-1-Land zu strukturieren, aber die Ungewissheit war eine große, aber das Burgenland wurde auf Grund der ausgezeichneten Zusammen­arbeit zwischen der Bundeswirtschaftspolitik und der Landespolitik ein Land, das heute vom Wifo insgesamt als dasjenige Bundesland bezeichnet wird, das der Gewinner der Ostöffnung ist – Österreich als Gesamtstaat ist ja innerhalb der Europäischen Union der Gewinner –, und das in den Jahren 1995 bis 2003 nicht weniger als durchschnitt­lich 3,1 Prozent Wachstum erzielt hat, während Österreich durchschnittlich 2,1 Prozent erzielt hat. Dies gelang durch eine exzellente Bundeswirtschaftspolitik, die die Aktivi­täten des Landes unterstützt hat. Denken wir da zum Beispiel an die Kofinanzierung, die im Rahmen der Ziel-1-Förderungen ja nicht unerheblich ist und war.

Wenn jetzt der Herr Landeshauptmann-Stellvertreter als zuständiger Wirtschaftslan­desrat zu mir kommt und sagt, er will aber jetzt da noch eins draufsetzen, er möchte


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schauen, dass in den Jahren 2005 und 2006, auch deswegen, weil ab 2007 erstens „Ziel 1“ doch mit einem Fragezeichen zu versehen ist und weil zweitens insgesamt die Förderlandschaft ab 2007 eine andere sein wird, das Burgenland und auch wir Mittel mobilisieren, die dann vielleicht gar nicht mehr ausgegeben werden können, dann sage ich: Herr Landeshauptmann-Stellvertreter, wir werden das sehr, sehr genau prüfen, und wir werden in den nächsten Wochen zu einem Ergebnis kommen in Bezug auf das100 Millionen €-Paket, das Franz Steindl für das Burgenland in den letzten Tagen bei mir eingefordert hat. Das ist eine sinnvolle Sache, die ich gerne unterstütze, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

So gesehen eine Wirtschaftspolitik des Bundes für Österreichs Bundesländer, um die Stärken der Regionen Österreichs zu stärken und um Schwächen wegzubringen, wenn es geht, um Probleme zu lösen, und das mit einem hohen Maß an Gemeinsamkeit. Das geschieht an Verhandlungstischen, an denen Parteipolitik überhaupt keine Rolle spielt, und da arbeiten wir mit allen Bundesländern sehr, sehr gut zusammen, ich möchte da keines vor den Vorhang ziehen. Die Ergebnisse sind da und dort manchmal unterschiedlich, aber stolz darauf bin ich, dass diese Zusammenarbeit eine gute ist. Und wenn dann Wien in Brüssel auch gut über Österreichs Standortpolitik redet, dann wird mich das noch mehr freuen, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

9.26


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit aller weiteren Teilnehmer an der Aktuellen Stunde 5 Minuten nicht übersteigen darf.

Die Debatte eröffnet Herr Abgeordneter Amon. – Bitte.

 


9.26.00

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir heute über die regionale Wirtschaft diskutieren, dann ist, glaube ich, schon einleitend zu sagen, dass Österreich insgesamt ein hervorragender Wirtschaftsstandort ist, und dazu ist der Bun­desregierung zu gratulieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheit­lichen.)

Es ist mit einer konsequenten Budgetpolitik gelungen, den Spielraum dafür zu schaf­fen, über den Weg einer Steuerreform den Standort Österreich attraktiv zu machen. Weil ich den Herrn Botschafter hier auf der Galerie sehe, möchte ich bemerken – Sie verzeihen, dass ich das sage –: Es ist gelungen, die österreichische Wirtschaft von der deutschen abzukoppeln. Es ist gelungen, die Erweiterung zu nützen. Jeder zweite Arbeitsplatz in Österreich, meine Damen und Herren, hängt heute direkt oder indirekt vom Export ab. Und das ist ein großer Erfolg! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Eder: Das ist ja lächerlich, wenn Sie da sagen: Abkoppeln von Deutschland! 70 Prozent der Ex­porte gehen nach Deutschland! Was soll das?!)

Aber es gibt in Österreich natürlich Unterschiede bei den Standorten (neuerliche Zwi­schenrufe bei der SPÖ) – ich weiß schon, dass Sie das aufregt –, der Herr Bundes­minister hat darauf schon verwiesen. Sehen wir uns einmal das Wirtschaftswachstum an! (Der Redner hält eine Graphik in die Höhe mit der Überschrift: „Konjunktur 2004 nach Bundesländern“.) Das hier sind schon ganz wichtige Daten, die man zur Hand nehmen muss. So können wir zum Beispiel sehen, dass die Steiermark mit einem Wirt­schaftswachstum von 3,8 Prozent deutlich an der Spitze liegt. Das ist ein großer Erfolg der steirischen Landesregierung unter der Führung von Landeshauptmann Waltraud Klasnic! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wissen Sie, ich bedauere ja, dass ich das sagen muss, aber wenn Sie ganz unten auf dieser Tabelle schauen, was das Wirtschaftswachstum anlangt, dann finden Sie da vor


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allem Länder, die von Sozialdemokraten regiert werden. Wien ist da zu finden mit einem Wirtschaftswachstum von bedauerlicherweise nur 0,6 Prozent. Und das Bur­genland liegt mit einer Wachstumsrate von nur 0,5 Prozent am Ende dieser Skala. Das ist bedauerlich, meine Damen und Herren. – Da bin ich ganz der Meinung des Spitzen­kandidaten der Wiener ÖVP: Wien kann mehr, meine Damen und Herren, als das, was hier geboten wird! (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist aber nicht nur das Wirtschaftswachstum, das mein Bundesland auszeichnet, es gibt auch andere Faktoren, die wesentlich sind. Schauen wir uns zum Beispiel die For­schungsquote in der Steiermark an! Wir sind auch da mit 3,67 Prozent an der Spitze Österreichs. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 2,19 Prozent, und der Durchschnitt innerhalb der Europäischen Union beträgt nur 2,1 Prozent.

Es ist unserer Frau Landeshauptmann gelungen – und das ist für den Standort Steier­mark von enormer Bedeutung –, das Wirtschaftsdreieck Wien–Linz–Graz gemeinsam mit Herrn Landeshauptmann Pröll und dem Bundeskanzler in die Umsetzung zu brin­gen, was für den Wirtschaftsstandort außerordentlich wichtig ist.

Noch etwas – ich möchte das hier ansprechen, weil es wirklich notwendig ist, Politik mit Herz und Kompetenz zu machen; das ist gefragt, meine Damen und Herren! –: Unsere Landeshauptmann Waltraud Klasnic hat auch in ganz, ganz schwierigen Situationen gezeigt, wie man es macht: Nicht den Kopf in den Sand stecken, sondern für das Land Tag und Nacht arbeiten. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Kogler: Die braucht den Kopf nicht in den Sand zu stecken, denn die steckt als Ganzes im Sand!)

In ganz dramatischen Krisensituationen, etwa beim Grubenunglück in Lassing, aber auch bei wirtschaftspolitischen Problemen, zum Beispiel, als es kurzfristig so ausge­sehen hat, als würde das Projekt Spielberg nicht zustande kommen, konnten Sie es erleben: Nicht den Kopf in den Sand stecken, Tag und Nacht für das Land arbeiten, und dann gibt es auch ein positives Ergebnis, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Silhavy hält eine Tasche mit der Abbildung einer Hand, die mit zwei Fingern ein „V“ bildet, und mit der Aufschrift „Vorwärts! Voves! SPÖ“ in die Höhe.)

Gut, dass Sie das herzeigen! Viele werden das nicht wissen: Der Erste Landeshaupt­mann-Stellvertreter in der Steiermark heißt Voves; daher dieses „V“ von Ihnen. (De­monstrativer Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Dieses „V“ hat auch schon Viktor Klima verwendet, und das hat ihm nicht gut getan, meine Damen und Herren! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP. – Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wahlen gewinnt man dann, wenn man für das Land arbeitet. Der Erste Landeshaupt­mann-Stellvertreter in der Steiermark ist für vieles bekannt, so zum Beispiel dafür, dass er 98 Prozent aller Regierungsbeschlüsse mitträgt, sie jedoch hinterher kritisiert. Er ist weiters dafür bekannt, einmal ein ganz guter Eishockeyspieler gewesen zu sein (neu­erliche Zwischenrufe bei der SPÖ), und er ist auch dafür bekannt, dass er Probleme mit Millionen hat, die in der von der SPÖ geführten Gemeinde Frohnleiten verschwun­den sind, aber für eines ist er wirklich nicht bekannt: dass er viel arbeiten würde. Dafür ist er nicht bekannt! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Silhavy: Wie war das? Wer hat die Aufsicht gehabt in Frohnleiten?)

Wenn jetzt mit dem Projekt Spielberg 150 Millionen € in das Obere Murtal fließen, wenn durch die Absicherung ... (Abg. Mag. Kogler: Für diesen Schrott, den Sie erzäh­len, treffen wir uns im Nationalrat?!)

 


Präsident Dr. Andreas Khol (das Glockenzeichen gebend): Herr Abgeordneter Kog­ler, Sie können Zwischenrufe nicht aus der ersten Reihe machen!

 


Am Wort ist Herr Abgeordneter Amon!


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Abgeordneter Werner Amon, MBA (fortsetzend): Danke, Herr Präsident! – Wenn durch die Absicherung des Standortes Zeltweg nunmehr mehr als 10 Millionen € in diese Region fließen, wenn Sie sich die gewaltige wirtschaftliche Entwicklung im Obe­ren Murtal durch den Holzcluster beziehungsweise den Autocluster anschauen (Abg. Silhavy: Ihre Zeit ist zu Ende!), dann wissen Sie (Präsident Dr. Khol gibt das Glocken­zeichen) – Herr Präsident, das ist mein Schlusssatz! –, dass das Regierungsteam mit Waltraud Klasnic an der Spitze, mit Hermann Schützenhöfer und Gerald Schöpfer (Zwischenrufe bei der SPÖ), mit Hans Seitinger und Kristina Edlinger-Ploder (Abg. Sil­havy: Oje! Oje!) eine hervorragende Mannschaft ist (Rufe bei der SPÖ: Die Redezeit ist aus!), die dem Land gut tut, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Silhavy: Das war eine echte Verzweiflungsrede! – Abg. Parnigoni: Der Hirschmann droht!)

9.32


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Moser. Seine Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte.

 


9.32.21

Abgeordneter Mag. Johann Moser (SPÖ): Schönen Guten Morgen an die Zuschaue­rinnen und Zuschauer vor den Fernsehapparaten zu Hause! – Herr Präsident! Hohes Haus! Hinter mir (der Redner wendet sich an den auf der Regierungsbank sitzenden Bundesminister Dr. Bartenstein) sehen Sie den Minister der Rekorde: Er ist der Minis­ter für Rekordarbeitslosigkeit, und er ist der Minister für Rekordpleiten. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wenn man vorher sozusagen die beiden ÖVP-Kampfredner hier gehört hat, die über Wien und die Steiermark gesprochen haben, so muss ich dazu sagen: Da gibt es schon einiges zu korrigieren! Ich habe mir die Arbeitslosenstatistiken angeschaut und kann sagen: Wien ist das einzige Bundesland, in dem im Juni die Arbeitslosigkeit zurückgegangen ist, und zwar um 2,3 Prozentpunkte. (Abg. Hornek: Weil sie so hoch ist!)

Wissen Sie, in welchen Bundesländern die Arbeitslosenrate am höchsten gestiegen ist? – In Vorarlberg, in Tirol und in der Steiermark. In diesen drei Bundesländern ist die Arbeitslosenrate im Juni am höchsten gestiegen! Das ist die Realität! (Abg. Parnigoni: Das ist skandalös!) Sie von der ÖVP sprechen immer von der Vergangenheit – wir von der SPÖ hingegen sprechen von der Zukunft. (Abg. Parnigoni: Danke, Frau Klasnic!)

Wenn man sich das Bundesland Wien in internationalen Rankings anschaut, dann sieht man – das zeigt auch die jüngste Empirica-Studie –, dass Wien international gesehen an 26. Stelle liegt; damit auch am weitesten, und zwar mit Abstand, vor allen anderen Regionen Österreichs.

Laut einer Eurostat-Statistik über die reichsten Regionen Europas liegt Wien an sie­benter Stelle in Europa. – Also ich weiß nicht: War das jetzt die Floridsdorfer-Perspek­tive, die Sie von der ÖVP hier zum Besten gegeben haben, also eine eingeschränkte Perspektive von Wien, oder war das eine gleichfalls eingeschränkte steirische Per­spektive? Jedenfalls war das nicht die Wahrheit! (Beifall bei der SPÖ.)

In Erinnerung rufen möchte ich, Herr Bundesminister Bartenstein: Sie sind verantwort­lich für 211 000 Arbeitslose im Juni in Österreich! Das sind um 8 000 mehr als im Vor­jahr! Wissen Sie, wieviel 8 000 Arbeitslose mehr sind? – Das ist ungefähr in der Grö­ßenordnung der Einwohnerzahl meiner Geburtstadt Weiz! 8 000 mehr als im Vorjahr! 8 000 Menschen mehr haben keinen Arbeitsplatz – und Sie sind dafür verantwortlich, Herr Bundesminister! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)


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Sie, Herr Bundesminister Bartenstein, sind aber auch verantwortlich für den größten Pleitenrekord, den es je in unserem Land gegeben hat: Im ersten Halbjahr sind 3 600 Unternehmen in Konkurs gegangen! Das hat es in unserem Land noch nie gegeben! Und auch dafür sind Sie verantwortlich, Herr Minister!

Wissen Sie, wo es die meisten Pleiten gegeben hat? – In Vorarlberg, in Niederöster­reich und in Tirol. Nicht in Wien, nicht im Burgenland, sondern in Vorarlberg, in Nieder­österreich und in Tirol. Dort hat es die größte Zunahme von Pleiten gegeben, also in von der ÖVP regierten Bundesländern!

Und wissen Sie, was die Ursache für diese Pleiten war und ist? – Sie von dieser Bun­desregierung treiben Arbeitslose in die Selbständigkeit; mehr als ein Viertel dieser Neugründungen werden von Arbeitslosen übernommen, und genau diese gehen dann oft Pleite! Sie treiben diese Menschen also nicht nur in die Arbeitslosigkeit, weiters in die Selbständigkeit, sondern dann auch noch in eine persönliche Schuldenfalle! Das ist Ihre Politik, die den Österreicherinnen und Österreichern auf den Kopf fällt! Das ist verantwortungslos, Herr Minister! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie von den Koalitionsparteien versprechen uns seit 2000, dass die Wirtschaft wach­sen werde, jedoch: Dieses Wachstum kommt nicht, gibt es nicht! Erst vergangenen Freitag haben die wichtigsten Institute die Wirtschaftsprognosen wiederum zurückge­nommen (Zwischenrufe bei der ÖVP), und zwar von 2 auf 1,7 Prozent korrigiert. (Abg. Amon: Ist das kein Wachstum?) Das liegt also im langjährigen Durchschnitt. (Neuer­liche Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wenn Sie von den Regierungsparteien mit Ihren drei Konjunkturprogrammen das als „Erfolg“ bezeichnen, dann weiß ich nicht, welche Ansprüche Sie haben! Unserer Über­zeugung nach ist das jedenfalls viel zu wenig! 211 000 Arbeitslose – das ist zu viel für Österreich!

Dazu, dass Sie sagen, dass Sie bei den Großkonzernen eine begünstigte Steuerreform eingeleitet haben: Wissen Sie, was das Ergebnis ist? – Ja, die Rekordgewinne sind okay, die Dividendenausschüttungen in dieser Höhe sind jedoch nicht mehr okay! Und überhaupt geht das Ganze auf Kosten der Arbeitnehmer! Lediglich die Managergehäl­ter steigen, und zwar geradezu dramatisch!

Ich habe mir das ausgerechnet. Der Generaldirektor der Erste Bank, Treichl, kassiert eine Jahresgage in Höhe von 4,5 Millionen €. (Abg. Mag. Molterer: Sie wollen Be­triebe, die keine Dividende ausschütten? Das ist interessant!) Wissen Sie überhaupt, meine Damen und Herren von der ÖVP, wie lange beispielsweise eine Kassierin bei der Ersten dafür arbeiten müsste? – 120 Jahre lang, um ein Einkommen wie das Jah­resgehalt ihres Generaldirektors zu erzielen, übrigens ein ehemaliger ÖVP-Kassier! Finden Sie das gerecht? (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.) Unserer Über­zeugung nach ist das nicht gerecht! So etwas können wir Sozialdemokraten nicht vertreten! (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter, die Lampe beim Rednerpult funk­tioniert nicht: Sie haben jetzt noch eine Minute Redezeit, und ich läute dann. – Bitte.

 


Abgeordneter Mag. Johann Moser (fortsetzend): Da heute hier die Bundesländer schon so stark strapaziert wurden: In der Steiermark wurden 33 Postämter ge­schlossen; ebenso 25 Gendarmerieposten. Weiters: Werkschließungen durch den Ver­kauf beispielsweise des Austria Tabakwerkes in Fürstenfeld; der Verkauf der VA Tech droht, sodass der Standort Weiz massiv darunter zu leiden hat. (Zwischenruf der Abg. Steibl.)

Weiters: Zwei Großprojekte wurden in der Steiermark vermurkst. Ich verweise in die­sem Zusammenhang nur auf den Semmering-Basistunnel: Sie wissen, wie lange man


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braucht, um von Wien nach Graz mit dem Zug zu fahren – mehr als zweieinhalb Stun­den! Von Wien nach Linz nur eine Stunde vierzig! (Präsident Dr. Khol gibt das Glo­ckenzeichen.)

In der Steiermark gibt es die höchsten Strompreise! Lesen Sie die Zeitungen: Herr Generaldirektor Draxler von der RHI hat gesagt, er werde in der Steiermark nicht mehr investieren, weil es dort die höchsten Strompreise gibt! Das ist Ihre Politik! Das ist regionalpolitische Kindesweglegung – und dafür sind Sie verantwortlich! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Steibl: Sie leben auf dem Mond! Die Strompreise sind gesenkt worden!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das, was wir hier in unserem Lande beob­achten, können wir nur als Schmalspur-Ökonomie bezeichnen (Abg. Großruck: Ein Musterland in Europa!), Schmalspur-Ökonomie eben, bei der sowohl die Zahl der Arbeitslosen als auch die der Rekordpleiten steigt, bei der die Regionen wirtschaftlich ausgedünnt werden! Die Leute haben keine Perspektiven mehr! Und dafür sind wieder­um Sie verantwortlich!

Wenn wir heute wieder über ein Konjunkturpaket diskutieren, dann frage ich Sie: War­um haben die bisherigen Konjunkturpakete nicht gegriffen? – Weil Sie lediglich Klien­telpolitik für Großkonzerne, für Großgrundbesitzer und für Ihr bäuerliches Klientel gemacht haben! (Abg. Steibl: Warum ist die SPÖ gegen alles? Warum tut die SPÖ nur quatschen?)

Das kommt nicht der Mehrzahl der Österreicherinnen und Österreicher zugute – und das werden Sie bei den nächsten Wahlen spüren! – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

9.39


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hof­mann. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


9.39.11

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wenn ich kurz Bezug nehme auf den Redebeitrag des Kollegen Moser, dann muss ich schon feststellen: Kollege Moser lebt offensichtlich in einer anderen Welt. Viele Realitäten gehen offensichtlich spurlos an ihm vorüber. Er merkt überhaupt nicht, wie Österreich international positioniert ist. (Bei­fall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich glaube, dass es auch einer Oppositionspartei wie der SPÖ gut anstehen würde, das zu honorieren, das anzuerkennen, was Österreich im internationalen Vergleich nach vorne gebracht hat – anstatt immer nur zu versuchen, den Wirtschaftsstandort Österreich sowie den österreichischen Arbeitsmarkt schlecht zu machen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir wissen, wir leben in keiner einfachen Zeit. Öster­reichs wichtigste Handelspartner stehen nicht allzu gut da, wenn ich nur an Deutsch­land und Italien denke, und das hat natürlich auch Auswirkungen auf Österreich und seine Regionen.

Wir haben einen Arbeitskräftezuwachs zu verzeichnen, und zwar einen Arbeitskräfte­zuwachs, der deutlich höher ausfällt als der Arbeitsplätzezuwachs. Ich verweise in diesem Zusammenhang darauf, dass in Österreich noch nie so viele Personen in Beschäftigung standen wie derzeit.

Gestatten Sie mir außerdem die Anmerkung: Mittlerweile sind in Österreich rund 45 000 Arbeitskräfte aus der Bundesrepublik Deutschland beschäftigt. Ich sage das deswegen, weil ich denke, dass es vor einigen wenigen Jahren noch unvorstellbar ge-


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wesen wäre, dass in so hohem Ausmaß deutsche Arbeitskräfte in Österreich zu finden sind.

Gestern, geschätzte Damen und Herren, hat uns eine baden-württembergische Land­tagsdelegation hier im Haus besucht, und ich möchte an dieser Stelle das wieder­geben, was gestern – für mich jedenfalls – sehr signifikant gewesen ist:

Es kam zu einem Gedankenaustausch. Meine Vorstellung war natürlich, dass das ein wechselseitiger Gedankenaustausch ist, aber das hat sich nicht bewahrheitet. Unsere Gäste wollten Informationen über den österreichischen Erfolgsweg – und das von Ver­tretern eines deutschen Bundeslandes, das innerdeutsch sicherlich sehr, sehr gut positioniert ist, das heißt, innerdeutsch sicherlich in führender Position liegt. Sie haben ihr Interesse am österreichischen Weg hinsichtlich der Entwicklung der Staatsfinanzen, der Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt, der Entwicklung Österreichs als internationaler Wirtschaftsstandort bekundet, und sie wollten – und das ist auch maßgeblich, weil dies die Voraussetzung für diesen österreichischen Erfolgsweg ist – auch wissen, wie Österreich die Umsetzung der maßgeblichen und wichtigen Reformen angegangen ist und bewerkstelligt hat.

Geschätzte Damen und Herren! Ich denke, wir können wirklich stolz sein. Die letzten fünf Jahre Regierungsarbeit durch ÖVP und Freiheitliche fallen trotz einer schlechten Konjunkturentwicklung im internationalen Vergleich sehr positiv aus. Österreich kommt, was die kontinentaleuropäischen Standorte anlangt, bei einem Standortkostenvergleich am kostengünstigsten weg. Die Forschungsausgaben wurden von 2,19 Prozent des Bruttoinlandsprodukts auf 2,27 Prozent gesteigert. Eine Standortanalyse des deut­schen „manager magazin“ kommt zu dem Ergebnis, dass Österreich im Ranking der Top-Standorte für Hochtechnologie ebenfalls eine Positionsverbesserung erfahren hat.

Österreich ist, wie ich meine, gut positioniert. Dies hängt mit der konsequenten Umset­zung der im Regierungsprogramm festgelegten Vorhaben vor. Das hat Auswirkungen auf unsere Abgabenquote, die mittlerweile auf 41,5 Prozent reduziert werden konnte, das hat Auswirkungen auf die Kaufkraftparitäten. All die Erfolge, die in den österreichi­schen Regionen zu verzeichnen sind, resultieren einerseits aus Initiativen der jewei­ligen Regionen und andererseits aus der konsequenten Wirtschafts- und Standortpoli­tik dieser Bundesregierung, die hiefür ideale Bedingungen schafft. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

9.44


Präsident Dr. Andreas Khol: Ans Rednerpult tritt nun ein Techniker und repariert die Uhr in 10 Sekunden.

Nunmehr gelangt Frau Abgeordnete Sburny für 5 Minuten ans Rednerpult. – Bitte.

 


9.45.00

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich bin einigermaßen verwundert über die Debattenbeiträge (Abg. Scheibner: Das ist bei Ihnen nichts Neues!), die hier zum Teil abgeliefert wurden. Das Thema dieser „Aktuellen Stunde“, eingebracht von der ÖVP, heißt – ich habe es mir extra noch einmal herausgesucht –: „Wirtschaftspolitik für Österreichs Regionen“. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Genau!)

Wenn man sich als Oppositionspolitikerin auf eine „Aktuelle Stunde“ mit diesem Thema vorbereitet, überlegt man sich auch, was da alles zur Diskussion gestellt werden wird. Man geht davon aus, dass die Regierung ihre „Erfolge“ abfeiern wird, rauf und runter feiern wird, und man bereitet sich irgendwie darauf vor.

Ich muss sagen, ich war auf viel vorbereitet. Ich habe mir gedacht, vielleicht kommt die neue Agrarförderung zur Sprache, vielleicht kommt irgendetwas zur Steuerreform, wo-


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mit Sie begründen werden, was Sie damit für die österreichischen Regionen tun, irgendetwas in dieser Art. – Aber nichts davon kommt! Das, was Sie da machen, ist nicht einmal mehr Landtagswahlkampf im Parlament, denn Wahlkampf wäre ja noch irgendwie positiv, das hat noch etwas. Aber nicht einmal das ist es mehr. Blanker Populismus ist das, was Sie hier verbreiten, und das finde ich wirklich letztklassig! (Bei­fall bei den Grünen und der SPÖ.)

Die Spitze in dieser Sache hat Kollege Amon in seinen Ausführungen erreicht. Das be­ginnt damit, dass er sagt: Es ist uns gelungen, uns von der Politik Deutschlands abzu­koppeln. Also da frage ich mich wirklich: Haben Sie eigentlich eine Ahnung, wohin unsere Exporte gehen? Haben Sie eine Ahnung? – Zirka 70 Prozent unserer Exporte – wir streiten nicht um einzelne Prozente – gehen nach Deutschland! Und da reden Sie von Abkoppelung? Das ist doch wirklich skurril. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Zweiter Punkt: Die Steiermark, behaupten Sie, ist ein Spitzenreiter wirtschaftlicher Art. – Ja wenn man ganz hinten ist, ist es leicht, ein bisschen nach vorne zu kommen. Faktum ist aber auch, dass, wenn Sie sich anschauen ... (Zwischenruf des Abg. Amon.) Sie können auch andere Zahlen zum Vergleich heranziehen. Nehmen Sie das BIP pro Kopf, hier liegt die Steiermark nach wie vor weit hinten im Österreichschnitt, an dritt- oder viertletzter Stelle. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Amon.) Das heißt, mit Zahlen lässt sich einiges machen. Sie können alles Mögliche in den Raum stellen – es stimmt nur nicht!

Was hier wirklich gefragt wäre, wäre: Was tut die Bundesregierung und was tun Sie als ÖVP-Fraktion, um die Regionen in Österreich tatsächlich zu stärken? Ich möchte in diesem Zusammenhang nur auf ein, zwei Punkte zu sprechen kommen.

Punkt 1, das Ökostromgesetz. Das Ökostromgesetz 2002 hat aus unserer Sicht bereits einige wesentliche Fehler gehabt, nämlich genau im Hinblick auf regionale Wirtschaft. So war zum Beispiel die Photovoltaik gedeckelt. Für Länder wie das Burgenland – wenn wir schon beim Wahlkampf sind – war das schon damals nicht lustig, weil die Photovoltaik im Burgenland einfach ein wesentlicher regionaler Wirtschaftszweig ist, der dort genützt werden könnte, auf diese Art und Weise aber eingeschränkt wurde.

Mit der Novelle für die erneuerbaren Energien, die jetzt ansteht und die nach wie vor nicht beschlossen ist, ist es Ihnen gelungen, bereits ein halbes Jahr lang eine völlige Blockade für neue Anlagen zu erreichen. Auf Grund dessen, dass Sie Pingpong spie­len zwischen dem Bund und den Ländern und dieses Spiel nie zu Ende bringen, kann seit einem halben Jahr keine neue Anlage im Bereich der erneuerbaren Energien ge­nehmigt werden. (Zwischenruf des Abg. Großruck.) Und da reden Sie von regionaler Wirtschaft?! (Abg. Mag. Molterer: Und warum werden dann so viele gebaut?)

Sie investieren lieber in Ölimporte – 80 Milliarden im Jahr fließen in Österreich in Ölim­porte –, anstatt zu schauen, wie diese Wertschöpfung nach Österreich gebracht wer­den könnte. Das wäre mit Anlagen, mit kleinen Anlagen für erneuerbare Energien sehr gut möglich. Dazu müssten Sie nur aus Ihrer Blockadepolitik einmal herauskommen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Hornek: Erkundigen Sie sich, Sie haben ja keine Ahnung!)

Zweiter kleiner Bereich – zum Schluss –: der Beschäftigungsgipfel. Ich sage jetzt nicht, dass alles schlecht ist, was von diesem Beschäftigungsgipfel kommt. Die Forschungs­investitionen sind mit Sicherheit im Prinzip gut. Dass es auf diese Art und Weise, wie Sie sich das vorstellen, funktioniert, da bin ich mir weniger sicher. Vor allem gibt es Ihrerseits immer große Sprechblasen, was die Summen betrifft – sehr viel wird aber einfach nur umgeschichtet.


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Zu dieser Umschichtung möchte ich ein kleines Beispiel nennen, das so schön ist, weil Sie immer sagen, Sie investieren. Herr Minister Bartenstein! Sie haben bei diesem Be­schäftigungsgipfel behauptet, Sie wollen für Frauen im Bereich Handwerk und Technik 15 Millionen € als Beschäftigungsinitiative investieren. Auf drei Jahre aufgerechnet würde das 2 000 Frauen betreffen; das sind zirka 2 500 € pro Frau und Jahr.

Klingt ja gut, nur: Zugleich haben Sie dieselben Mittel einem Grazer Projekt, das be­reits läuft, nämlich dem Grazer Projekt „FiT – Frauen in Technik“ gestrichen! – Und das nennen Sie dann „Investition“! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

9.50


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Fuhrmann. Auch Ihre Redezeit, Frau Kollegin, beträgt 5 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


9.50.25

Abgeordnete Silvia Fuhrmann (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Die Wirtschaftspolitik in Öster­reich ist erfolgreicher denn je! Unsere deutschen Nachbarn blicken mit Neid auf unsere Ergebnisse. In der Ausgabe des „stern“ vom 9. Juni dieses Jahres heißt es:

„Warum Österreich Spitze ist. Weniger Arbeitslose, mehr Wirtschaftswachstum, bes­sere Stimmung.“ – Zitatende. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Unsere Wirtschaftspolitik beschäftigt sich natürlich schwerpunktmäßig mit der Unter­stützung der Regionen. Als Burgenländerin kann ich das bestimmt und ganz genau sagen. Da wurden durch Initiativen und mutige Reformen der Bundesregierung Struk­turen aufgebrochen und wichtige Weichenstellungen in die Wege geleitet. (Abg. Riepl: Warum haben wir dann immer mehr Arbeitslose?)

Vieles ist noch im Werden – das ist schon klar –, aber der Strukturwandel gerade im Burgenland ist deutlich eingeleitet worden. Verantwortlich dafür sind vor allem die Ziel-1-Förderung und auch die Ostöffnung. In den zehn Jahren konnte dadurch sehr, sehr viel möglich gemacht werden. Unter anderem haben wir Betriebe angesiedelt, und es wurden auch zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen.

Eines muss klar und deutlich festgehalten werden: Ein wichtiger Partner des Burgen­landes ist nun einmal die Republik Österreich, ist der Bund. Allein im Jahr 2004 hat der Bund das Land Burgenland mit insgesamt 581 Millionen € unterstützt, und das ist großartig. Dadurch sind viele Projekte möglich geworden. (Beifall bei der ÖVP.)

Diese 581 Millionen € – das muss man sich auch vorstellen – sind so viel Geld wie zwei Drittel des gesamten Landesbudgets.

Um nur ein Beispiel zu bringen: 2002 gab es noch einmal zusätzlich 30 Millionen € für ein Zusatzprogramm, und wir können heute auf viele Projekte verweisen, die inzwi­schen fertig sind, das Therapiezentrum beispielsweise, der Zubau von Zimmereinhei­ten beim Gesundheitszentrum Bad Sauerbrunn, aber auch das internationale Sportres­sort in Güssing. Genau diese Projekte haben das Burgenland attraktiv gemacht.

Ich kann Landeshauptmann Niessl und der SPÖ im Burgenland im Wissen, dass die Kassen leer sind, nur raten, den Konfrontationskurs mit der Bundesregierung zu been­den und endlich konstruktive Politik zu betreiben. (Beifall bei der ÖVP.)

Im Burgenland gibt es viele Herausforderungen, um die man sich kümmern sollte. (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.) Beispielsweise ist die Pendlerquote noch immer unverändert. Jeder dritte Burgenländer muss pendeln, die meisten davon nach Wien. Das BIP pro Einwohner liegt um 30 Prozent unter dem Österreichschnitt. Aber auch bei der Kaufkraft ist das Burgenland noch immer Schlusslicht. Und – und das muss man


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auch erwähnen – das Burgenland unter einem roten Landeshauptmann ist bei der Arbeitslosenquote Schlusslicht.

Diesen Misserfolgskurs wollen wir beenden. Die ÖVP-Burgenland hat dazu auch ein konkretes Projekt, ein Finanzierungsmodell ausgearbeitet. Ein Herzstück dieses Finan­zierungsmodells ist der Burgenländische Zukunftsfonds. Dieser Zukunftsfonds ist mit 300 Millionen € dotiert, und gearbeitet wird mit den jährlichen Erträgen, die in etwa 10 Millionen € ausmachen sollen.

Welche Projekte wollen wir damit in Angriff nehmen? – Es soll eine Aktion geben, um für junge Menschen Arbeitsplätze zu schaffen. Es soll eine Aktion geben, um Unter­nehmern Anreize zu bieten, Lehrlinge einzustellen. Sie wissen gar nicht, wie schwierig es für junge Menschen im Burgenland ist, eine Lehrstelle zu finden oder gar einen ordentlichen Beruf und eine Arbeitsstelle. (Abg. Reheis: Das ist Ihre Bundespolitik! – Abg. Dr. Jarolim: Dem Schüssel und dem Bartenstein sagen Sie das!)

Wir wollen weiters die Aktion „Regionaloffensive“ in die Wege leiten, um weiterhin Betriebe ansiedeln und hier auch wirklich modern und fit dabei sein zu können.

Die Vorschläge der ÖVP-Burgenland, meine sehr geehrten Damen und Herren, liegen auf dem Tisch. Wir wollen arbeiten – die SPÖ will das nicht! Die SPÖ im Burgenland drückt sich vor der Verantwortung, hat frühzeitig Wahlen ausgerufen. Ich sage: Wer nicht arbeiten will, der soll es bleiben lassen. – Wir sind auf jeden Fall bereit! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Jarolim: Das war ja erschütternd!)

9.55


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Ing. Kaipel. 5 Minuten. – Bitte.

 


9.55.21

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ganz verstehe ich die Euphorie Ihrer Wirtschaftspolitik, die Sie verbreiten, nicht.

Zuerst zu Ihnen, Herr Bundesminister Bartenstein, der Sie die Zusatzförderung ange­sprochen haben. Ich meine, wir können uns einig darin sein, dass das kein Geschenk von Bartenstein an Steindl ist. – Es ist Ihre Pflicht, die Nachteile, die das Burgenland durch die Erweiterung erleidet, mit Steuergeld auszugleichen! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Vorrednerin hat von den Arbeitslosen im Burgenland gesprochen. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass es Ihre Bundespolitik war, die im Burgenland 1 500 Jobs vernichtet hat, und dass im Gegenzug das Burgenland in den letzten zehn Jahren 9 000 Arbeitsplätze geschaffen hat!

Ihre Politik ist ein Aushungern der Regionen, und das führt natürlich dazu, dass die Menschen und die Unternehmen abwandern. Sie nehmen den Gemeinden bis zum Jahr 2007 eine Milliarde € weg, und dieser Betrag fehlt natürlich auch direkt der regio­nalen Wirtschaft und den Beschäftigten in den Regionen. Mit Ihrer zentralistischen Bundesbeschaffung drücken Sie die kleinen Unternehmen an die Wand, was Arbeits­plätze bedeutet.

Es ist nicht Ihre Aufgabe, Herr Bundesminister, Konzernpolitik zu betreiben, sondern es ist Ihre Aufgabe, Schwächen der Regionen und Schwächen der kleinen Unternehmen auszugleichen.

Ihre Wirtschaftspolitik bedeutet am Ende nichts anderes als die höchste Zahl an Ar­beitslosen, bedeutet Schlusslicht bei den öffentlichen Investitionen, bedeutet Schluss­licht bei den Einkommen. Gleichzeitig unternehmen Sie nichts dagegen, dass die ille­gale Beschäftigung eingedämmt oder die Gründung von Scheinfirmen zurückgedrängt wird.


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Sie, Herr Bundesminister, haben dem Burgenland auch in Bezug auf die Grenzgänger eine viermal so hohe Zahl wie im Jahr 1999 beschert. Das wird der Region des Bur­genlandes nicht nützen.

Gleiches gilt für Ihre Europapolitik, wo Sie versuchen, im Eilzugstempo die Erweiterung voranzutreiben, inklusive der Türkei. Diese Tatsache wird uns vor neue Probleme stel­len. Was für uns wichtig ist, ist, das Europa der 25 zu stabilisieren und zu vertiefen, um ein soziales Europa zu schaffen.

Ein positives Gegenstück zu Ihrer neoliberalen Wirtschaftspolitik ist die Politik im Bur­genland, wo von Landeshauptmann Niessl und seiner Mannschaft eine erfolgreiche, eine menschliche Politik gemacht wird. Nur einige Schlaglichter dazu:

Das Bruttoregionalprodukt ist seit dem Jahr 1996 jährlich um 4,5 Prozent gestiegen – ein Wert, den es österreichweit sonst nicht gibt. Es gibt eine massive Erweiterung der Förderung für die kleinen und mittleren Unternehmen – wie schon erwähnt: 9 000 Jobs zusätzlich in den letzten zehn Jahren –, 15 Prozent mehr Ausgaben für Spitäler, 20 Prozent mehr Betreuungseinrichtungen. Ich könnte diese Liste noch lange so fort­setzen. – Das alles, meine Damen und Herren, bei fünf Budgets in Serie ohne Neuver­schuldung! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bin sicher, dass der Burgenland-Fonds der SPÖ diese gute Politik für die Zukunft sichern wird. Er wird einen Beitrag dazu leisten, dass wir die Wirtschaft im Burgenland stärken und Arbeitsplätze im Burgenland schaffen können. Ganz im Gegensatz dazu verhält es sich mit dem Zukunftsfonds der ÖVP, der nur zum Ziel hat, die Wohnbauför­derung zu verkaufen – mit dem Ergebnis (Zwischenruf der Abg. Lentsch), dass man den Häuselbauern das Geld nimmt und 11 000 Arbeitsplätze im Bau- und Bauneben­gewerbe gefährdet, Frau Kollegin.

Herr Bundesminister! Eine gute Wirtschaftspolitik brauchen Sie nicht erst zu erfinden – schauen Sie ins Burgenland! (Beifall bei der SPÖ.)

9.59


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Dr. Bleck­mann. Auch sie spricht 5 Minuten. – Sie sind am Wort, Frau Kollegin.

 


10.00.00

Abgeordnete Mag. Dr. Magda Bleckmann (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Herr Vizekanzler! Herr Minister! Es geht um die wirtschaftliche Entwicklung der Regionen. Österreich ist gut vorbereitet als Wirtschaftsstandort, denn wir haben ge­meinsam mit der Bundesregierung sehr viel unternommen, dass Österreich als Wirt­schaftsstandort gut dasteht. Es hat Konjunkturpakete gegeben, es hat die größte Steuerreform gegeben – all das hat dazu beigetragen, dass es zu einer erhöhten Attraktivität Österreichs als Wirtschaftsstandort gekommen ist, dass somit der Wettbe­werbsvorteil besser genutzt werden kann. Große Institute wie der IWF oder die OECD bescheinigen uns ja auch, dass wir in diesem Bereich eindeutig eine Besserstellung erreicht haben, dass unsere Konjunkturpakete und die Steuerreform bewirkt haben, dass Österreich als Wirtschaftsstandort besser dasteht.

Die Wirtschaft und das Investieren in einem Land haben, sehr geehrte Damen und Herren, auch mit Psychologie zu tun. Und psychologisch betrachtet muss man sagen, dass nur in einem Land investiert wird, in dem auch die Stimmung gut ist. Und wenn es dann in diesem Land Kräfte gibt, die alles schlecht machen, alles herunterreden, dann ist es für Investoren um vieles schwieriger, in diesem Land wirklich zu investieren (Zwi­schenruf des Abg. Mag. Johann Moser), wenn Kollegen wie Sie zum Beispiel immer wieder sagen, es sei alles so furchtbar, es sei alles so schlecht in diesem Land. Es ist eindeutig, dass wir erreicht haben, dass Österreich besser dasteht als Deutschland,


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nämlich dahin gehend, dass wir eine bürgerliche Regierung haben, die sich für die Unternehmen und die Wirtschaft einsetzt. In Deutschland hat eine rot-grüne Regierung zu viel mehr Arbeitslosigkeit geführt und zu einer Schlechterstellung der Wirtschaft. Das muss immer wieder laut gesagt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Mag. Johann Moser.) – Warten Sie, wir kommen noch zu Kärnten.

Österreich macht sehr viel. Wir haben eine Breitbandinitiative gemacht, wir investieren eine Milliarde in Forschung und Entwicklung, wodurch wir viele Arbeitsplätze sichern können. Wir stecken mehr Geld in die Infrastruktur, was über die Umwegrentabilität wieder 18 000 neue Beschäftigte bringt. Ich meine, auch das sind wichtige Zahlen, die zeigen, wie viel die Bundesregierung für die Bevölkerung in Österreich investiert.

Einzelne Bundesländer nutzen diese Standortfaktoren, diese guten Rahmenbedingun­gen bestens und optimal, damit sie in ihrem Land viel erreichen. So hat Kärnten viel Geld in die Hand genommen, hat die Hypobank kapitalisiert und hat jährlich 100 Millio­nen € zusätzlich, um Investitionen vorzunehmen. Und da gibt es dann große Unter­nehmen, die in Kärnten investieren, wie zum Beispiel Magna, und nicht mehr sagen: Bleiben wir in der Steiermark!, sondern sie machen dann in Kärnten etwas. Mir als Steirerin tut das Leid, den Kärntnern ist zu gratulieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber auch das hat etwas mit Psychologie, mit der Stimmung in den einzelnen Bun­desländern zu tun.

Denken wir doch daran, wie die Stimmung in der Steiermark aussieht, wie dort die Stimmung aus psychologischer Sicht für Investitionen ist. Herr Kollege Amon ist nicht mehr im Saal, aber er kann doch hier nicht alles schönreden, denn die Steiermark ist in den letzten Jahren nur durch Skandale aufgefallen.

Wenn jetzt auch noch der Autocluster hervorgehoben wird, dann muss ich sagen, das war ein Landesrat – er ist jetzt gar nicht mehr in dieser Funktion, sondern wurde zu einem Autozulieferer abgeschoben, ist jetzt dort tätig und nicht mehr in der Landesre­gierung. Er hat den Autocluster in der Steiermark aufgebaut und vieles erreicht – doch das ist Geschichte.

Einen anderen Landesrat, der für ein riesiges Projekt verantwortlich war, nämlich für den A1-Ring in der Obersteiermark, gibt es in der Zwischenzeit – das wissen wir alle – auch nicht mehr. Er wurde in die EStAG abgeschoben, hat dort Skandale aufgedeckt, dass dort Geld verschleudert und verschludert wurde von ÖVP und SPÖ – da kann man die SPÖ wirklich nicht ausnehmen, denn da sind auf beiden Seiten viele Dinge vorgefallen. Das wurde aufgedeckt. Der Dank war, dass auch dieser Mann inzwischen nicht mehr in der Funktion ist; mit ihm muss sich die ÖVP aber sowieso im Wahlkampf auseinander setzen.

Zu dem Jubel: Hurra, wir haben ein Projekt von 150 Millionen in Spielberg!, kann ich nur sagen: Das ist besser als nichts, aber vergessen wir bitte nicht, dass es dort ein Projekt in der Höhe von 500 Millionen gegeben hätte! (Zwischenruf des Abg. Murauer.) Das muss man ja auch aufzeigen, dass in der Obersteiermark 500 Millionen investiert worden wären, dass für die Obersteiermark eine extra Ausbildungsschiene angedacht war. Die Menschen in dieser Region hätten das wirklich gebraucht, denn dort gibt es wenig Arbeitsplätze, von dort wandern unheimlich viele Unternehmen ab, dort ist die Stimmung ganz, ganz schlecht. Die Menschen dort hätten ein größeres, ein besseres Projekt verdient, aber dieses wurde – auch das wissen wir – eindeutig in der Landes­regierung durch ÖVP-Landesräte verschludert. (Präsident Dr. Khol gibt das Glocken­zeichen.) Das schreibe ich Ihnen ins Stammbuch, reden Sie nicht alles schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.05



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Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rest-Hinter­seer. 5 Minuten Redezeit. – Frau Kollegin, Sie sind am Wort.

 


10.05.13

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Mit­glieder der Regierung! Hohes Haus! Wir haben uns ja in der Tat heute auf Grund des Programmpunkts „Wirtschaftspolitik für Österreichs Regionen“ auf eine Leistungsschau der Regierung eingestellt. (Unruhe im Sitzungssaal.) Etwas sonderbar Unstrukturiertes ist dabei herausgekommen, wir können eigentlich keinen roten Faden erkennen. Des­wegen fange ich jetzt wieder vorne an und spreche darüber, was eine Region über­haupt ausmacht, wie die Regionen in Österreich überhaupt bestellt sind.

Österreich ist ein sehr klein strukturiertes Land, mit ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich bitte, den allgemeinen Geräuschpegel zu senken!

 


Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (fortsetzend): ... sehr unterschiedlichen landschaftlichen und wirtschaftlichen Gegebenheiten. Man muss aber jetzt auch einmal hervorkehren, dass die Kluft größer wird – die Kluft zwischen peripheren struktur­schwachen Regionen und wachsenden, prosperierenden Regionen, die Kluft zwischen Gemeinden an Transitkorridoren und Gemeinden, die keinen Anschluss mehr mit öffentlichen Verkehrsmitteln haben. Es wird die Kluft größer zwischen den Regionen mit Intensivtourismus und Erschließungsdruck in die noch unberührte Nachbarschaft und jenen, die keinen Anteil mehr haben an touristischen Leistungen. Es wird auch die Kluft größer zwischen Stadt- und Umlandgebieten und zwischen innerstädtischen Peri­pherien. Wir haben auch die Tendenz einer Verelendung im innerstädtischen Bereich, wo ganze Stadtregionen brachliegen.

Womit hat das zu tun? Warum wird die Kluft größer? – Wir haben die hochrangige Verkehrsinfrastruktur als Trendverstärker.

Eine neue Schweizer Studie weist nach, dass der Ausbau hochrangiger Verkehrsinfra­struktur die Konzentration von Produktion und Dienstleistungen verstärkt und Ballungs­räume bevorzugt. – Wir wissen das.

Der Anschluss von Regionen an hochrangige Verkehrsnetze bewirkt keinen Entwick­lungsschub für die Region, sondern – im Gegenteil – er wertet die Zentralräume auf. (Beifall bei den Grünen.)

Ein gutes Beispiel dafür: Seit dem Autobahnausbau hat sich die Kluft zwischen dem Salzburger Lungau und dem Salzburger Zentralraum vergrößert. Die Abwanderung ist stärker geworden. Das wirkt wie ein Sog auf die Menschen, die gut qualifiziert sind, und lässt die Menschen, die nicht so mobil sind, wie zum Beispiel auch Menschen, die Kinder zu erziehen haben, oder ältere Menschen, in den Regionen zurück. In diesen Regionen ist dann aber die Versorgungsqualität um einiges verschlechtert.

Wir fordern seit Jahren die Einführung einer Verkehrserregerabgabe. Selbst Staatssek­retär Kukacka hat in der letzten Sitzung des Verkehrsausschusses zugeben müssen, dass diese als Lenkungsabgabe gedachte Gemeindeabgabe überhaupt nicht wirkt, denn die Gemeinden können das gar nicht nutzen, weil sie einen Standortnachteil befürchten.

Deshalb haben wir hier vorgeschlagen, dass es solch eine bundeseinheitliche Rege­lung geben soll beziehungsweise eine im Rahmen der Landesgesetzgebung – das wurde bisher verabsäumt. Das ist schade.

Zweiter Punkt: Wir fordern seit Jahren eine nachhaltige Siedlungsentwicklung. Es sol­len kompakte Siedlungen mit öffentlichem Personennahverkehrsanschluss entstehen


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und nicht zerfranste Siedlungen, die ernorme Kosten für die Kommunen verursachen und die Versorgungsqualität verschlechtern.

Wir nehmen auch eine Konzentration der Versorgung auf wenige Standorte wahr – das ist ja keine Neuigkeit. Der Strukturwandel im Handel führt zur Konzentration auf immer weniger Standorte in verkehrsgünstiger Lage, und das führt zu Kaufkraftabfluss aus den Regionen und zum Rückgang der flächendeckenden Versorgungsstruktur.

Einige Zahlen aus dem Salzburger Lebensmittelhandel: In Salzburg gibt es mittler­weile – aktuell – eine Million Quadratmeter Verkaufsfläche, das sind zwar um 300 000 Quadratmeter mehr als vor zehn Jahren, dafür gibt es aber einen Rückgang in den Bezirksregionen; Kaufkraftabfluss aus dem Pinzgau zum Beispiel.

In ganz Österreich gibt es nach dem Institut RegioPlan, aus dem Jahr 2000, 320 Ge­meinden, das sind 270 000 Einwohner und Einwohnerinnen, die keine Nahversorgung mehr haben – keine Nahversorgung! Das ist keine Leistungsschau, sondern das ist ein Armutszeugnis!

Die Kluft wird größer – angesichts dieser Tatsache mutet es sonderbar an (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen), dass sich hier die einzelnen Bundesländer ein Match liefern, wer etwas weniger Zuwachs an Arbeitslosen hat und wer etwas besser auf die Abwanderung ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Den Schlusssatz, Frau Abgeordnete!

 


Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (fortsetzend): – ja, danke, Herr Präsi­dent – aus den ländlichen Regionen reagiert hat. Wir müssen die Regionen ermutigen, solche Beispiele wie Oberösterreich mit gentechnikfreien Regionen zu geben, weil das die Regionen wirklich stärkt. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

10.10


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

10.10.49Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 3165/J bis 3211/J.

2. Anfragebeantwortungen: 2845/AB bis 2947/AB.

Ergänzungen zu den Anfragebeantwortungen: Zu 2867/AB und Zu 2880/AB.

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (Anlagenrechts­bereinigungs-Gesetz 2005) (999 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 (26. KFG-Novelle), die 3. und die 4. Kraftfahrgesetz-Novelle geändert werden (1000 d.B.),

Informationsweiterverwendungsgesetz – IWG (1026 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Berufsausbildungsgesetz geändert wird (1027 d.B.),


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Handelsrechts-Änderungsgesetz – HaRÄG (1058 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessordnung 1975, das Staatsanwaltschaftsgesetz und das Tilgungsgesetz geändert werden (1059 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz geändert wird (GGBG-Novelle 2005) (1060 d.B.).

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 65 betreffend „Errichtung einer Facharztstelle für Augenheilkunde und Er­richtung einer Facharztstelle für Gynäkologie im Oberen Mölltal“, überreicht vom Abge­ordneten Dipl.-Ing. Uwe Scheuch,

Petition Nr. 66 betreffend „Verbot des direkten Verkaufs von Frettchen in Tierhand­lungen“, überreicht von den Abgeordneten Klaus Wittauer und Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer,

Bürgerinitiative Nr. 26 betreffend „Erhaltung der Kaserne Aigen im Ennstal“.

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Rechnungshofausschuss:

Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2005/7 (III-158 d.B.);

Verfassungsausschuss:

Achtundzwanzigster Bericht der Volksanwaltschaft (1. Jänner bis 31. Dezember 2004) (III-160 d.B.).

*****

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 2797/AB

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit, dass das gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Beantwortung 2797/AB der Anfrage 2886/J der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend Veterinärjahresbericht 2004, Schlachttier- und Fleischuntersuchungen durch die Frau Bundesministerin für Gesundheit und Frauen abzuhalten.

Diese kurze Debatte findet nach Erledigung der Tagesordnung, jedoch spätestens um 15 Uhr statt.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 2 bis 4, 5 und 6, 14 und 15, 16 und 17 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall. Wir gehen daher so vor.


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Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über Gestal­tung und Dauer der Debatte erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 9 „Wie­ner Stunden“ vereinbart, woraus sich folgende Redezeiten ergeben: ÖVP und SPÖ je 158 Minuten, Freiheitlicher Parlamentsklub 108 Minuten sowie Grüne 117 Minuten.

Weiters wurde folgende Redezeitvereinbarung für die Debatte in der Zeit von 10.10 Uhr bis 13 Uhr, die vom ORF übertragen wird, getroffen:

Zunächst eine Wortmeldung des Bundeskanzlers mit 20 Minuten, anschließend je eine Wortmeldung pro Fraktion mit 12 Minuten, ferner eine Wortmeldung des Vizekanzlers mit 10 Minuten, sodann je eine Wortmeldung pro Fraktion mit 8 Minuten, weiters eine Wortmeldung der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten mit 8 Minuten, dann je eine Wortmeldung pro Fraktion mit 5 Minuten, dann eine Wortmeldung des Staatssekretärs im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten mit 5 Minuten und schließlich je eine Wortmeldung pro Fraktion von 5 Minuten.

Vor Beginn der letzten Runde wird die allenfalls verbleibende Redezeit von der den Vorsitz führenden Präsidentin gleichmäßig auf die Fraktionen in der Weise verteilt, dass noch alle Fraktionen zu Wort kommen.

Weiters besteht Einvernehmen, dass tatsächliche Berichtigungen erst nach 13 Uhr, also nach Ende der Fernsehübertragung aufgerufen werden.

Über diese Redeordnung entscheidet das Hohe Haus.

Wer zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Die Zustimmung erfolgt einstimmig. Wir werden daher so vorgehen.

10.13.241. Punkt

Erklärung des Bundeskanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema: „Europäische Union und Ernennung eines Staatssek­retärs für die EU-Präsidentschaft“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Im Anschluss an diese Erklärung wird im Sinne des § 81 der Geschäftsordnung ent­sprechend dem vorliegenden Verlangen von fünf Abgeordneten eine Debatte stattfin­den.

Ich erteile nunmehr dem Herrn Bundeskanzler das Wort.

 


10.13.50

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Präsident! Hohes Haus! Wir stehen derzeit vor einer der größten Herausforderungen der Europäischen Union. Nach drei großen Aufgaben, die meiner Meinung nach hervorragend bewältigt wurden – die Ein­führung des Euro vor zweieinhalb Jahren, die Durchführung und Umsetzung der Erwei­terung um zehn neue Mitgliedsländer, darunter vier unserer Nachbarländer, und ein neuer Vertrag, der vielleicht etwas hoch gestochen als „Europäische Verfassung“ be­zeichnet wurde, trotzdem aber ein ganz wichtiger Schritt nach vorne ist –, zeichnet sich ab, dass sich das letzte Projekt in der Warteschleife befindet und gleichzeitig die Stim­mung in Bezug auf Europa drastisch gesunken ist.


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Da ist ein Innehalten, glaube ich, durchaus angebracht, denn jetzt kommt ja noch die große Aufgabe und das große Fragezeichen Türkei dazu – Beitritt oder nicht Beitritt, Verhandlungsbeginn. All diese Dinge zusammen scheinen die europäische Bevölke­rung zu überfordern und einen Gegenwind der öffentlichen Meinung zu dem so wichti­gen Thema Europa und der Zukunft Europas auszulösen.

Gerade beim Thema Türkei zeigt sich, wie richtig eigentlich die österreichische Linie war. Wir haben von Anfang an, noch im Dezember, als die Entscheidung für den Ver­handlungsbeginn gefallen ist, immer darauf gedrängt, dass wir Alternativen brauchen, dass es nicht nur eine Automatik in Richtung Vollbeitritt, Artikel 57, geben kann, son­dern dass auch andere Optionen ernsthaft geprüft und von uns auch prioritär in Über­legung gezogen werden sollen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Gabriela Moser.)

Wir haben immer darauf bestanden, dass es offene Verhandlungen sein müssen mit einem offenen Ziel, dass gleichzeitig die harten Bedingungen – gemeinsame Werte, wie sie in den Kopenhagener Kriterien festgelegt sind – erfüllt werden müssen und erfüllt sein müssen, dass aber genauso auch die Aufnahmefähigkeit der Europäischen Union selbst eines der entscheidensten Aufnahmekriterien für ein neues Land von einer Größe wie die Türkei sein muss. Und wir haben Recht behalten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben hier auf einer maßgeschneiderten Lösung bestanden. Interessant ist ja schon, dass es damals 1 : 24 gestanden ist, heute aber immer mehr Länder und natür­lich die Mehrheit der europäischen Bevölkerung auf diese Linie einschwenkt, weil sie vernünftig ist.

Danke, dass die SPÖ diese Position unterstützt, wie ich heute gehört habe. Ich finde es positiv, dass wir hier einen gemeinsamen Konsens fast aller politischen Parteien feststellen können.

Aber auch das bedeutet natürlich, dass wir Verhandlungen beginnen sollen, denn eines ist klar: Es ist in unserem Interesse, wenn sich die Türkei selbst Maßstäbe zugrunde legt, die in Richtung Bewahrung und Erhöhung der Menschenrechtsstan­dards abzielen, wenn dort Good Governance, rechtsstaatliche Sicherheit, Aufbau der Institutionen im europäischen Sinn stattfindet. Das ist gut für die Türkei selbst – sie machen es ja nicht uns zuliebe –, es ist aber auch gut für uns, weil damit der Raum der Sicherheit, der Freiheit und der Menschenrechte deutlich erweitert wird, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Warum hat Europa derzeit vor allem in der öffentlichen Meinung so große Resonanz­schwierigkeiten? – Da hat einer, den ich sehr schätze, Andrei Pleşu – er war Außen­minister Rumäniens, als ich Außenminister Österreichs war; vor zwei Jahren war er übrigens der Festredner bei den Salzburger Festspielen –, einen beachtlichen Artikel geschrieben, aus seiner Erfahrung als Rumäne, als einer, der den Kommunismus er­lebt hat und die Schrecken einer Ideologie, einer sich verselbständigenden Ideologie erkannt hat – ich glaube, in der „FAZ“ oder in der „Süddeutschen“ war es –:

„Seit geraumer Zeit gaben wir uns damit zufrieden, stille und gelassene Zeugen einer gefährlichen Entwicklung zu sein. ... Europa ist zur Ideologie geworden. Wir, hier im Osten, erinnern uns noch allzu genau daran, welch verheerende Auswirkungen die Verwandlung eines Gedankens, einer Überzeugung in eine Ideologie, ..., in ein ... Schema, in eine fixe Idee haben kann. Ideologie ist eine Form der Bürokratisierung des Denkens.“

Und weiters: „... die Reglementierung des Optimismus, ..., die Oberherrschaft von Ad­ministration und Buchhaltung können einfach kein überzeugendes Porträt Europas gestalten – weder für die Mitglieder noch für die Anwärter. Europa, beziehungsweise


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die Europäische Union, muss sich beeilen und seine organische Frische, seine Natür­lichkeit und seine menschliche Dimension wiederfinden. Ansonsten läuft sie Gefahr, unter einem Berg von Dossiers zu ersticken.“

Ich zitiere weiter: „... hat die Europäische Union einfach vergessen, auch sympathisch zu bleiben: Sie ist nahezu die ganze Zeit über nur strafende Instanz, ein Hürdenlauf.“ In einer Situation, „in der sie ständig kontrolliert, verwarnt, eingrenzt und nörgelnd schulmeistert, hat sich die EU das Image einer piesackenden Schwiegermutter, eines sauren Pädagogen erworben“.

„Es fällt sehr leicht, ,Nein‘ zu einer Organisation zu sagen, die ihrerseits selber von morgens bis abends ,Nein‘ sagt. Man ist es einfach leid, sich dieser dauernden Kastra­tion anzupassen.“

Ich habe dieses Zitat deswegen gebracht, weil es doch zum Nachdenken anregen soll. Ich teile nicht in allem diese Analyse, aber es ist wichtig, dass wir eine offene und ehr­liche Debatte ohne Tabus führen, denn die Idee, die Vision, der Traum eines vereinig­ten Europas ist so wichtig, dass wir sorgsam und aufmerksam hinhören müssen, wenn solch intellektuelle und überzeugte Europäer ein solches Votum formulieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich denke daher, dass das Nein der Franzosen und der Holländer, das ja ein ganz kla­res gewesen ist – das war kein knappes Ergebnis –, auch andere Gründe hat, die nicht nur mit dem Text oder mit einzelnen Artikeln der Europäischen Verfassung oder des Vertrages zusammenhängen. Da haben sicher auch andere, tiefer liegende Gründe eine große Rolle gespielt. Und eines der wichtigsten Themen ist natürlich die Sorge vieler Menschen um den Arbeitsplatz, die Sorge um den europäischen Standort.

Es stimmt natürlich – auch das sei gesagt –, dass Europa in den letzten zehn Jahren immerhin 10 Millionen zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen und 3 Millionen Arbeitslose abgebaut hat. Die Zahl der Arbeitslosen hat sich um 3 Millionen verringert. Aber es ist genauso wahr – und das gehört ehrlich ausgesprochen –, dass ein Sozialraum, ein Wirtschaftsraum, ein europäischer Standort, der immer noch 20 Millionen Arbeitslose hat, Fragen aufwirft. Es ist daher ganz wichtig, dass wir uns dieses Themas annehmen und sehen, dass die Sorge der Menschen vor dem immer härter werdenden internatio­nalen Wettbewerb, vor der Globalisierung, vor dem Standortdruck natürlich richtig ist, und dass wir auch Fragezeichen hinsichtlich einer immer weiter schreitenden Liberali­sierung innerhalb der WTO – das war auch so ein Mantra und ein Dogma – setzen müssen.

Es ist meiner Meinung nach ein gefährlicher Trend, wenn wir darauf falsch reagieren, etwa mit dem Ruf „Zugbrücke hoch!“, „die Festung Europa schließen!“ oder „Stopptaste drücken“. Meine Damen und Herren! Weder mit der hochgezogenen Zugbrücke noch mit der Stopptaste werden Sie diese Sorgen und Ängste der Menschen ausreichend entkräften können, sondern nur mit aktivem Handeln, mit Zupacken, mit Ernstnehmen und mit praktischen, konkreten politischen Ergebnissen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Österreich hat einen großen Anteil von internationalen Ver­netzungen: Jeder zweite Arbeitsplatz hängt im Wesentlichen vom Handel, vom Export mit Gütern und Dienstleistungen ab, jeder zweite Euro, den wir verdienen, kommt letzt­lich aus der höchst erfolgreichen Standortwettbewerbssituation, die Österreich in den letzten Jahren aufgebaut hat.

Ich selbst habe als Wirtschaftsminister zu einem Zeitpunkt begonnen, als dieser Anteil bei 25 Prozent lag; heute liegt er bei 52 Prozent. Daher ist meiner Meinung nach der Ruf „Zugbrücke hoch!“, „Stopptaste drücken!“, „Kehrtwendung!“ grundfalsch. Wir müs-


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sen zwar innehalten und nachdenken, wie wir agieren, aber wir müssen handeln. Das ist das wichtigste Gebot gerade in der heutigen Zeit. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen sowie des Abg. Dr. Van der Bellen.)

Und ich sage noch etwas dazu, weil das ja von manchen jetzt auch in Frage gestellt wird. Ich denke, noch immer ist die soziale Marktwirtschaft, ergänzt um die Nachhaltig­keitskomponente als ökosoziale Marktwirtschaft, weltweit das beste Wirtschaftssystem, das die Menschheit – bisher jedenfalls – erfunden hat. Und das soll auch gesagt wer­den. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Denn Fortschritt kommt aus dem Wettbewerb, und nur Wettbewerb schafft letztlich Fortschritt.

Die langsamsten, gebremsten Gesellschaften und Wirtschaften sind die, die den Wett­bewerb nicht kennen, die glauben, ein bürokratischer Dirigismus, Zentralismus, Plan­wirtschaft oder was immer, kann Optimales für die Bürger tun. Auch dieser Traum war einst lebendig und ist bitter geplatzt. Daher: Lernen wir daraus! Gerade als kleine, offene Volkswirtschaft sollten wir die richtigen Konsequenzen daraus ziehen.

Nun stehen wir vor einer neuen Präsidentschaft, auch wir sind jetzt erstmals seit Juli in die Troika eingerückt. Tony Blair, die Briten haben jetzt den Vorsitz im Rat übernom­men. Jetzt steht natürlich, auch ein bisschen zugespitzt in der veröffentlichten Mei­nung, die Frage zur Diskussion: Welches Modell von Europa wollen wir? Und dies wird einfließen – hoffentlich! – in die Diskussionen.

Blair und die Briten haben natürlich in manchem Recht, das sei ganz offen gesagt. Europa muss sich reformieren, wenn wir im internationalen Wettbewerb standhalten wollen. Und natürlich sind Wachstum und Arbeitsplätze die größten Aufmerksamkeits­nehmer in der jetzigen Situation. Wir müssen auf europäischer und österreichischer Ebene den Fokus auf Wachstum und Arbeitsplätze richten. Sozial ist, meine Damen und Herren, was Arbeit schafft! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Und natürlich haben Tony Blair und viele andere mit ihm Recht, wenn sie sagen, wir müssen in Europa mehr Augenmerk auf Forschung, auf Bildung, auf Infrastruktur rich­ten. Ich finde es auch sehr notwendig, dass etwa Juncker als letzter Vorsitzender, der die Finanzvorschau gestaltet und einen, wie ich meine, recht klugen Vorschlag auf den Tisch gelegt hat, etwa die Gelder für die Bildung verdoppelt, für die Infrastruktur ver­dreifacht und für die Forschung um 60 Prozent erhöht hat. Er hat sogar einen Vor­schlag von uns aufgegriffen, ein eigenes Forschungsprogramm über die Europäische Investitionsbank von 10 Milliarden € zusätzlich zu seinen Budgetvorschlägen vorzule­gen.

Hier ist, glaube ich, Konsens, und da gibt es auch niemanden, der ernst zu nehmend dagegen sein kann. Und es ist auch klar, dass die britische und jede andere Präsident­schaft daran interessiert sein müssen, ein starkes, international agierendes Europa zu haben, das aber nicht abhängig sein darf von anderen Weltregionen. Wir müssen eigenständig agieren können, als eine Friedensmacht, als ein Kontinent, der sich ganz bestimmten Prinzipien und einem Lebensmodell verschrieben hat, das in anderen Tei­len der Welt eben nicht selbstverständlich ist.

Ich sage aber auch ganz offen dazu, ich halte es für grundfalsch, die Agrarpolitik und die Politik für den ländlichen Raum zum alleinigen Sündenbock der europäischen Ent­wicklung zu machen. Das sei hier ganz klar festgestellt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren, ich sage das jetzt im Besonderen auch in Richtung der SPÖ und von Dr. Gusenbauer, das ist auch für mich Teil des von uns gemeinsam aufge­bauten und geschätzten europäischen Lebensmodells, dass wir gepflegte Landschaf­ten, erstklassige Lebensmittel und sauberes, trinkbares Wasser zur Verfügung haben.


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Und das stellt uns nicht irgendjemand zur Verfügung, das kann man nicht im interna­tionalen Welthandel kaufen. Da hilft uns die WTO gar nichts. Das muss hier erzeugt werden, in Europa, in Österreich! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich halte es für grundfalsch, Rechnungen aufzustellen wie: 2 € pro Kuh und Tag. Es hat noch keine europäische Kuh pro Tag 2 € bekommen. Dieses Geld bekommen die Bauern, dieses Geld bekommen die Händler, dieses Geld bekommen die Fleisch ver­arbeitenden Betriebe, dieses Geld geht in den ländlichen Raum. Denn vergessen Sie nie, meine Damen und Herren: Gerade die weit reichende Reform des Österreichers Franz Fischler – und das sei auch einmal hier ausgesprochen, übrigens von allen Par­teien ja vor zweieinhalb Jahren noch anerkannt – hat die Milchseen zum Verschwinden gebracht, die Butterberge abgebaut, hat sichergestellt, dass wir die BSE-Krise, die Europa erschüttert hat, klaglos bewältigen konnten.

Er hat zusätzlich etwas vorgeschlagen, was wir nachhaltig unterstützt hätten, nämlich Obergrenzen für Großbetriebe, für die Agroindustrie. Und wer hat es abgelehnt? Auch das sei hinterfragt. Es haben bestimmte Regierungschefs in Deutschland und in Groß­britannien, Sozialdemokraten, dies abgelehnt. Da kann man aufbauen. Und wenn ich diesen Gesamtkonsens habe, Fischler-Modell plus Obergrenze, dann sind wir weit. Aber dann hören Sie auf, die Forderung aufzustellen: 20 Prozent für den ländlichen Raum und die Agrarpolitik!, denn das heißt Halbierung der Einkommen im gesamten ländlichen Raum für Hunderttausende in Österreich und Millionen in Europa. Und das wollen wir nicht, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.)

Meine Damen und Herren! Wir werden natürlich mit der britischen Präsidentschaft sehr intensiv zusammenarbeiten. Wir sind den Briten auch freundschaftlich verbunden, keine Frage. Wir haben jetzt schon einen intensiven Meinungsaustausch.

Diese Vorbereitung auf die österreichische Präsidentschaft in sechs Monaten, jetzt mit der Troika bereits begonnen, wird durch einen neuen Staatssekretär ergänzt und un­terstützt, den ich Ihnen heute vorstellen möchte: Dr. Hans Winkler. Ich glaube, alle politischen Parteien hier im Hohen Hause kennen und, ich darf hoffentlich auch sagen, schätzen ihn. Er ist einer, der keiner Partei angehört, der nie eine politische Karriere gemacht hat außer in der Personalvertretung mit einer unabhängigen Liste, wie die hier anwesenden politischen Parteien und Politiker durchaus wissen und manchmal auch schmerzlich erfahren haben. Er war nämlich sehr erfolgreich mit dieser unabhängigen Liste. Er war in Washington, er war in Berlin, er war in Kairo, er war in Belgrad, er war beim Europarat in Straßburg. Er hat für uns alle höchst erfolgreich, übrigens gemein­sam mit Ernst Sucharipa, den wir heute leider begraben müssen, die ganz schwierigen Verhandlungen mit Stuart Eizenstat für die Restitution, den General Settlement Fund und für den Versöhnungsfonds, geführt von Maria Schaumayer, bestritten.

Ich bin überzeugt davon, dass ich Ihnen heute einen wirklich erstklassigen europäi­schen und außenpolitischen Fachmann vorstellen kann, und meine, dass er die Außenministerin hervorragend unterstützen wird.

Unterschätzen wir nicht rein quantitativ die Aufgabe, die vor uns liegt! Wir müssen mit dem Europäischen Parlament, mit den 25, 27 Partnern – Rumänien, Bulgarien sind ja praktisch bereits in die gesamte Willensbildung mit integriert – kooperieren. Wir müs­sen etwas weiterbringen, wir müssen den Ausschüssen und dem Europäischen Parla­ment Rede und Antwort stehen. Wir werden auch in der jetzigen Diskussion um die Zukunft Europas jede Stimme brauchen, die den Gedanken Europas propagiert und mit Sachargumenten unterfüttert.

Ich denke, dass Hans Winkler das gut machen kann, und Sie können versichert sein, dass er zu jeder Fraktion hier im Hohen Hause auch gute Kontakte unterhalten


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möchte, dass er Ihnen zur Verfügung steht. Ich bitte auch, dass Sie ihn dabei unter­stützen.

Mein Schlusssatz: Was können wir tun, um Europa in dieser Zeit, in dieser Troika- und Präsidentschaftszeit, auch in Österreich besser darzustellen und besser verständlich zu machen?

Ich beginne bei mir selber im Europäischen Rat und meine Kollegen betreffend. Wir sollten aufhören, mit zum Teil halblustigen Bemerkungen einander schlecht zu reden! Ich sage das ganz offen: Wir müssen eine gewisse Würde und Respekt voreinander bewahren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich halte es nicht für richtig, wenn man etwa einem anderen Land Essqualitäten ab­spricht oder Scherze über die Größe und über die Qualität des Parlaments macht. Ich denke mir, dass wir einfach lernen müssen, dieses Projekt als ein gemeinsames zu begreifen, wo wir entweder gemeinsam etwas erreichen und gut dastehen oder uns gegenseitig schlecht machen und damit auch das Ganze hinunterreden.

Der zweite Gedanke: Wir sollten den Menschen in Österreich und in Europa nahe brin­gen, was es bedeuten würde, gäbe es dieses Projekt und diese Europäische Union nicht.

Und ich schließe hier mit einem Satz, den Klaus Harpprecht – immerhin der Reden­schreiber von Willy Brandt – unlängst einmal in den „Salzburger Nachrichten“ gesagt hat: „Ich könnte einen sehr demagogischen Vorschlag machen“, meint Klaus Harp­precht.

„Man soll nur für eine Woche die alten Zustände wiederherstellen und die Grenzen schließen. Dann wäre der Schrei nach Europa überwältigend groß.“

Der Mann hat Recht: Friede, Freiheit, der Fall der Grenzbalken, der Fall der unter­schiedlichen Währungen, die Zusammenarbeit auf diesem Kontinent, der in seiner Geschichte genug geblutet hat, sind nicht selbstverständlich. Machen wir daher dieses Selbstverständliche auch zur Zukunft von Morgen! (Lebhafter Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.33


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Als erster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. Redezeit: 12 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


10.33.29

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Bundes­regierung! Herr Bundeskanzler! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was ist das Problem Europas? Wieso führt jede Diskussion über europäische Politik immer sofort zur Grundsatzfrage: Europa – ja oder nein?

Dieses Problem muss uns doch im Eigentlichen bewegen. Wir können auf nationaler Ebene über Fragen der österreichischen Innenpolitik hervorragend kontrovers diskutie­ren, manchmal auch streiten, aber es wird dabei niemand auf die Idee kommen, Öster­reich in Frage zu stellen.

Komischerweise ist es immer so, wenn über Fragen der europäischen Politik diskutiert wird, über nächste Schritte, über die Orientierung der europäischen Politik, dass es nicht lange dauert und man ist schon wieder bei der Diskussion: Soll es dieses Europa geben, soll es dieses Europa nicht geben, soll es mehr Europa geben, soll es weniger Europa geben? Und das Problem, das ich dahinter vermute, ist, dass eben die euro­päische Identität noch nicht so verankert ist im Bewusstsein der europäischen Bevölke-


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rung und auch im Bewusstsein all derjenigen, die Politik machen, denn ich stelle mir vor, dass wir über europäische Politik genauso demokratisch und kontroversiell disku­tieren können wie über die Innenpolitik. Dann ist das europäische Projekt reif gewor­den.

Ich halte es für völlig verfehlt, bei jeder Gelegenheit, bei jeder Meinungsverschieden­heit über Europa sofort das Gesamtprojekt in Frage zu stellen, denn ich glaube, damit kann man auch die Zustimmung nicht gewinnen.

Herr Bundeskanzler, ich gebe Ihnen Recht: Europa ist ein Erfolgsprojekt. Europa ist auch sehr erfolgsverwöhnt: durch die Sicherung des Friedens über mehrere Jahr­zehnte, durch die gelungene Einführung des Euro und durch die Erweiterung, die im vergangenen Jahr stattgefunden hat. Jawohl, Europa ist eine Erfolgsgeschichte und erfolgsverwöhnt.

Ich glaube aber, es ist wirklich falsch, dass man, wenn viele Bürgerinnen und Bürger in Europa ihre Besorgnis und ihre Unzufriedenheit mit der anhaltenden Arbeitslosigkeit äußern, wenn sie Sorgen haben über das Tempo verschiedener europäischer Projekte, das immer in einen Zusammenhang mit der fundamentalen Frage Europas bringt. Ich glaube, das ist der falsche Weg.

Viel richtiger wäre, zu sagen: Wir stellen den europapolitischen Grundkonsens außer Streit, aber wir sind streitbar und diskussionsfähig, was die Entwicklung der europäi­schen Politik betrifft, denn diese muss genauso demokratisch diskutiert werden wie die österreichische Innenpolitik. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! So zu tun, als ob man so weitermachen könnte wie bisher, das wird, glaube ich, nicht funktionieren. Man hat ja gerade bei die­sen Referenden gesehen, dass auch gewisse Festlegungen, die die Staats- und Re­gierungschefs getroffen haben, einfach danebengegangen sind. Die Idee des Fle­ckerlteppichs, nämlich in einzelnen Ländern eine Abstimmung zu machen und in ande­ren Ratifikationen im nationalen Parlament, war schlicht und einfach eine schlechte; das hat sich in der Zwischenzeit herausgestellt.

Wenn man mit Recht sagt, dass bei diesen Volksabstimmungen nicht nur der Unmut der Bevölkerung über negative Folgen der Globalisierung zur Debatte gestanden ist, nicht nur die Frage des Tempos verschiedener europäischer Projekte, sondern natür­lich auch abgestimmt wurde über die nationale Befindlichkeit und darüber, wie zufrie­den oder unzufrieden eine Bevölkerung gerade mit ihrer Regierung ist, dann muss man sagen: Die Durchführung solcher nationaler Volksabstimmungen war ja nachgerade eine Einladung, diese Verfassungsreferenden tief in die Innenpolitik dieser Staaten hineinzuziehen.

Wenn man sagt, es handelt sich um eine europäische Verfassung oder um einen euro­päischen Verfassungsvertrag, wäre der einzig richtige Weg gewesen, das aus der Innenpolitik herauszuheben, auf eine europäische Ebene zu bringen und eine europäi­sche Volksabstimmung darüber durchzuführen. Das wäre bedeutend klüger gewesen als dieser Fleckerlteppich von Abstimmungen, den wir gehabt haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich weiß, dass wir hier im österreichischen Parlament dazu keine unterschiedlichen Auffassungen haben, das ist mir bewusst, aber man darf, wenn man dieses Beispiel nimmt, nicht übersehen, dass auch in einer Reihe von anderen Fragen das, was die Staats- und Regierungschefs beschließen, nicht immer der Weisheit letzter Schluss sein muss.

Einige Bemerkungen im Nachhang an diese Referenden haben mich gestört, etwa wenn gesagt wurde, wir müssen Europa besser erklären. Was schwingt da mit? – Da


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schwingt mit: Wir wissen, was die Wahrheit über Europa ist, die Leute sind allerdings zu dumm, das zu verstehen, wir müssen es ihnen einfach besser erklären.

Ich glaube, das ist ein Fehlschluss, denn das würde ja bedeuten, dass ohnehin alles richtig gemacht wird in Europa, dass es nur schlecht erklärt wird. Ich glaube, damit trifft man den Kern der Unzufriedenheit nicht, und meine, es muss eine Veränderung in der Politik Europas stattfinden.

Und Tony Blair hat Recht: Ein Kontinent kann schwer von sich behaupten, ein soziales Europa zu sein, wenn wir 20 Millionen Arbeitslose haben. Dies Frage wurde in den letzten Jahren rhetorisch natürlich oft genug strapaziert, aber die Menschen haben nicht den Eindruck, dass dementsprechend gehandelt wird.

Und ich sage Ihnen noch ein Beispiel. Es geht nicht darum, die Festung Europa zu etablieren, aber die Vereinigten Staaten von Amerika beispielsweise hätten sich nicht sechs Monate lang Zeit gelassen, um Maßnahmen gegen die überbordenden Textilim­porte aus China und Südostasien zu setzen, die im Übrigen manchmal sogar unter den Bedingungen von Kinderarbeit und unter Auslastung aller prinzipiellen Arbeitsrechts­standards produziert wurden. Und das hat nichts mit internationaler Solidarität zu tun, dass man sagt: Wir wollen die Märkte öffnen für diese Art von Arbeit, für diese Son­derwirtschaftszonen, in denen im Übrigen alle Gewerkschafts- und Arbeitsrechte außer Kraft gesetzt sind.

Ich bin für einen fairen Wettbewerb, aber einen Wettbewerb mit Kinderarbeit, mit Zwangsarbeit und ohne Arbeitsrecht, einen solchen Wettbewerb wollen wir als Euro­päer und als Österreicher bei uns nicht haben! (Lebhafter Beifall bei der SPÖ und den Grünen sowie Beifall bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn es um das Auftreten in der Welt geht, bin ich absolut mit einem gemeinsamen Auftreten Europas in der Welt einverstanden. Aber, meine Damen und Herren, wo ist dieses gemeinsame Auftreten? Bis zum heuti­gen Tag ist die Europäische Union weder in den Vereinten Nationen imstande, ge­meinsam als Europa aufzutreten, noch, was viel wichtiger ist, in den internationalen Finanzinstitutionen.

Und wenn wir sagen, dass Europa nicht abhängig sein soll, sondern dass Europa dort eigenständig auftreten soll und wir ein Gegengewicht in der Welt darstellen wollen, um zu zivilisierten Bedingungen zu kommen, dann wäre ein Zeichen dafür – und dazu braucht man nicht die Verfassung, Herr Kollege – die Bündelung der Stimmrechte in den internationalen Finanzinstitutionen. Das hätte Europa schon längst machen kön­nen, auch ohne Verfassung.

So aber fehlt es hier an Glaubwürdigkeit, weil die Maßnahmen zu einem eigenständi­gen, starken Auftreten Europas in der Welt bisher leider nicht gesetzt wurden. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Um konkret zu sein, Herr Bundeskanzler – es stehen ja konkrete Fragen wieder an, und Sie haben auch auf Fragen der Liberalisierung hingewiesen, die kritisch gesehen werden, und Ähnliches –: In diesen Tagen wird im Europäischen Parlament etwas dis­kutiert, was viele Menschen nicht mitverfolgen, nämlich eine Gesetzgebung über den Patentschutz bei Software, etwas, was im Kern eine ganz, ganz wesentliche Angele­genheit ist. Da geht es zum Beispiel darum, ob in Zukunft die kleine, aber sehr feine und erfolgreiche österreichische Software-Entwicklung – wo es viele mittelständische Unternehmungen gibt, wie übrigens auch in anderen Staaten Europas – eine Chance hat, oder ob es dort zu einer Beschlussfassung kommt, wonach ausschließlich die großen Software-Konzerne der Welt bestimmen werden, was geschieht, weil nur diese die finanzielle Macht der Rechtsdurchsetzung bei diesen Patenten haben werden.


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Hier geht es aber immerhin um einen Bereich der Dienstleistung, um eine der mo­dernsten, eine der wissenschaftsträchtigsten Industrien, wenn man will, wo eine Chance in der Zukunft liegt. Und wenn sich Europa erneut dafür entscheidet, nicht auf der Seite der mittelständischen Unternehmungen, nicht auf der Seite der Vielfalt zu stehen, sondern auf der Seite der Konzerne, dann ist das erneut ein Schlag gegen europäische Arbeitsplätze und gegen die europäische Eigenständigkeit, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Sie haben die Frage der Landwirtschaftspolitik angesprochen, Herr Bundeskanzler, und ich weise darauf hin, dass es EU-Kommissar Franz Fischler war, der weit rei­chende Vorschläge zur Reform gemacht hat, aber leider in vielen Punkten nicht durch­gekommen ist. Er hat am 23. Juni gesagt, er verstehe die Haltung des britischen Pre­mierministers Tony Blair im Streit um die EU-Finanzen, weil auch er der Meinung sei, dass in der Landwirtschaftspolitik auf europäischer Ebene ein weiterer Reformbedarf bestehe.

Meine Damen und Herren, seien wir doch ganz ehrlich: Die hohen EU-Agrarförderun­gen haben in den letzten Jahren das Bauernsterben nicht verhindert. Und sie haben in vielen Teilen Europas auch nicht verhindert, dass es zu einer Verödung der Land­schaften gekommen ist. Was vielfach eigenständige Produktion und ländliche Ent­wicklung gesichert hat, das war eben teilweise das, was wir aus nationalen Ko-Förde­rungen leisten. (Widerspruch des Abg. Grillitsch.)

Sie, Herr Grillitsch, wissen genau, dass Österreich eines der Länder ist, das aus dem eigenen – österreichischen – Budget zusätzlich zur EU-Agrarpolitik am meisten aus­gibt, weil wir wollen, dass es Bergbauern gibt, weil wir wollen, dass es Biobauern gibt, weil wir wollen, dass es eine Entwicklung des ländlichen Raumes gibt. (Ironische Hei­terkeit bei der ÖVP. – Abg. Grillitsch: Aber 50 Prozent weg, Herr Gusenbauer!)

Aber die Finanzierung der europäischen Agrarindustrie geht an 90 Prozent der öster­reichischen Bauern völlig vorbei, und das ist der falsche Weg! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Lentsch: Das glaubt Ihnen ja niemand! – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Ich komme zum Schlusssatz, Herr Präsident. Schade, dass ich heute so wenig Zeit habe, aber lassen Sie mich abschließend noch eines sagen: Ich verstehe vollkommen, dass es einen Staatssekretär für EU-Fragen gibt, weil es wichtig ist, die Präsident­schaft erfolgreich durchzuführen. Ich glaube, dass Hans Winkler das hervorragend machen kann, weil er ein guter Diplomat ist. Aber warum er zusätzlich kommt und nicht statt eines anderen, das bleibt unerklärlich. (Lebhafter Beifall bei der SPÖ sowie Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Gusenbauer begibt sich zur Regierungsbank und reicht dem dort sitzenden Staatssekretär Dr. Winkler die Hand.)

10.46


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Spindel­egger. Seine Redezeit beträgt 12 Minuten. – Bitte.

 


10.46.42

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Sehr geschätzter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Meine Damen und Herren! Ich möchte zu Beginn meiner Rede namens meiner Fraktion dem neuen Staatssekretär Dr. Hans Winkler zu seiner Berufung herzlich gratulieren! Wir alle kennen Hans Winkler in diesem Hause, insbesondere im Außenpolitischen Ausschuss, als einen wirklich profunden Kenner aller Fragen der Außenpolitik, als einen überzeu­genden Diplomaten, als eine Persönlichkeit, der man wirklich vieles zutrauen kann.


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Ich möchte ihm daher namens meiner Fraktion alles Gute für seine Aufgabe wünschen, die er sicherlich in hervorragender Weise wahrnehmen wird! (Allgemeiner Beifall.)

Geschätzte Damen und Herren! Es war schon sonderbar, wenn man Herrn Dr. Gusen­bauer heute zuhörte und hier die 25. Auflage der Europapolitik präsentiert bekam. (Abg. Grillitsch: Zickzack!) Denn, meine Damen und Herren, es gibt einmal die Rich­tung des Dr. Gusenbauer, so wie heute, wo er vielfach auf Schüssel-Kurs fährt, was wir durchaus begrüßen. Ich freue mich, wenn Sie mit unserem Bundeskanzler und seiner Politik übereinstimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

Geschätzte Damen und Herren, die Frage ist immer: Wie lange hält das an? Denn wenn Sie sich nur mit Ihrem Sitznachbarn unterhalten, Herr Kollege Gusenbauer, dann sieht das schon ein wenig anders aus. Erst vor wenigen Wochen konnten wir hier im Hohen Haus über die EU-Politik debattieren. Es gab eine Aktuelle Stunde, die einen bemerkenswerten Titel trug, den die SPÖ gewählt hat: „Für eine Kehrtwende in der EU-Politik“. Und dort haben wir etwas ganz anderes gehört, meine Damen und Herren, nämlich dass nicht die jetzige Situation in der Europäischen Union mit Bedacht und vielleicht mit einer Volksabstimmung, wie sie stattgefunden hat, mit „Fleckerlteppich“, wie Dr. Gusenbauer es heute gesagt hat, überdacht werden muss, sondern da hieß es, das Projekt Europa sei in Frage zu stellen. Eine Kehrtwende der SPÖ haben wir fest­gestellt!

Meine Damen und Herren! Das sind eben die unterschiedlichen Meinungen in dieser Partei. Nur: Das hat mit Staatsverantwortung eigentlich nichts mehr zu tun. (Beifall bei der ÖVP. – Widerspruch bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Europapolitik, wie wir sie meinen, muss anders aussehen, denn Europapolitik, wie wir sie meinen, die heißt in dieser Situation, dass man zur Kenntnis nehmen muss, dass zwei Volksabstimmungen über die Europäische Verfas­sung negativ ausgegangen sind. (Zwischenrufe des Abg. Dr. Bauer.)

Das ist Demokratie, und jeder aufrechte Demokrat muss eben auch zur Kenntnis neh­men, wenn eine Mehrheit Nein sagt. Aber daraus darf nicht resultieren, dass man eine Krise des gesamten Europa-Projektes herbeiredet. Ich halte das für verantwortungslos und gefährlich, denn wir alle, meine Damen und Herren, haben profitiert von diesem Europa-Projekt, und wir als Volkspartei insbesondere. (Abg. Dr. Niederwieser: Was hat die Volkspartei so besonders profitiert?)

Wir halten auch fest an der Linie, dass das Europa-Projekt ein erfolgreiches ist, ein Projekt, das ausgebaut werden muss. Das möchte ich besonders unterstreichen. (Bei­fall bei der ÖVP.)

Ich glaube, dass unsere Linie jetzt sein muss, zuzuhören, denn wir wissen, nach die­sen Volksabstimmungen hat es auch in Österreich einen bemerkenswerten Meinungs­umschwung in der Richtung gegeben, dass man meint, Europa ist zu weit weg, es ist zu kompliziert, man versteht nicht, wie das abläuft. Wahrscheinlich sind wir auch alle miteinander verantwortlich dafür, dass wir zu wenig darauf hingewiesen haben, was dieses Europa für uns alle gebracht hat.

Ich darf das gerade zu Beginn der Urlaubszeit mit ein paar Beispielen untermauern: Jetzt fahren alle auf Urlaub, viele sogar mit dem Auto. Wer kann sich heute noch vor­stellen, dass man am Walserberg oder am Brenner an der Grenze steht und den Rei­sepass zeigen muss? (Abg. Eder: Bei der ASFINAG stehen wir an der Grenze!) Schengen hat gebracht, dass wir Reisefreiheit innerhalb Europas haben, aber dass auch die Sicherheit nach außen hin gestiegen ist. Ich glaube, das ist ein positives Beispiel, was Europa gebracht hat, das jeder nachvollziehen kann.


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Oder denken Sie an das Geldwechseln: Wer nach Italien oder Griechenland auf Urlaub fährt, der muss heute nicht mehr wechseln, der zahlt mit derselben Währung wie in Österreich. Wir können uns ja gar nicht mehr vorstellen, wie das noch vor wenigen Jahren war!

Und da gibt es noch viele andere Beispiele. Ich möchte eines besonders hervorheben, weil es auch zeigt, welchen Wohlstandseffekt wir in Österreich mit diesem Projekt Europa erzielt haben. Wenn man sich die Zahlen von 1994, vor unserem Beitritt also, ansieht und den „Wohlstandsmesser“, nämlich das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in Österreich zum Vergleich heranzieht, kommt man auf eine Zahl von 19 000 €. 19 000 € pro Kopf im Jahr 1994 – heute, zehn Jahre nach unserem Beitritt, haben wir ein Pro-Kopf-Einkommen von 27 000 €!

Das ist eine gewaltige Steigerung, aber sie wird erst so richtig plastisch, wenn man sie mit unserem Nachbarn, der Schweiz, vergleicht, einem Land, das nicht der EU beige­treten ist und das uns damals, im Jahr 1994, weit voraus war und ein um 4 000 € höhe­res Pro-Kopf-Einkommen hatte als wir. Heute ist dieser Vorsprung um 75 Prozent geschmolzen. Es gibt gerade noch 1 000 € Wohlstandsvorsprung vor Österreich.

Ich glaube, das ist schon ein guter Gradmesser dafür, dass Europa uns allen, jedem Bürger, auch Wohlstand gesichert, Wohlstand gebracht hat, und das ist gut so, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich glaube daher, dass es nicht richtig ist, das Projekt Europa in Frage zu stellen, son­dern dass die Politik des Zuhörens, das Möglichmachen, dass die Bürger in die Dis­kussion eintreten können, das Richtige ist. Und da möchte ich mich sehr wohl unter­scheiden von dem, was die SPÖ propagiert, was die SPÖ uns immer wieder vorzeigt. Wir hören ja auch in den Wahlkreisen, wie sehr dieses Projekt Europa in Frage gestellt wird. Da gibt es ein Paket mit einer ganzen Reihe von Forderungen, die einfach uner­füllbar sind.

Meine Damen und Herren von der SPÖ, man kann nicht verlangen, dass man für ein soziales Europa mehr Geld investieren muss, dass man die Förderungen für trans­europäische Netze verdoppelt oder verdreifacht, dass man jedem Bürger mehr von Seiten Europas bieten muss, wenn man gleichzeitig sagt, es darf kein einziger Euro mehr nach Brüssel gehen! Meine Damen und Herren! Solch unerfüllbare Forderungen, wie Sie sie da aufstellen, halte ich für unseriös, und solche Forderungen sind auch in unserer Diskussion heute hier abzulehnen.

Ich möchte das besonders scharf deshalb sagen, weil, Gott sei Dank, in der SPÖ auch vernünftige Kräfte vorhanden sind, die diesen Kurs eines Dr. Cap, eines Dr. Gusen­bauer, der vielleicht nach dem Motto handelt: An jedem Ort das gewünschte Wort, heute so und morgen so!, nicht mittragen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Es gibt in der SPÖ vernünftige Kräfte, die da einen anderen Kurs einschlagen. Da wer­den Worte gesprochen, auch in der Öffentlichkeit, die wir gar nicht sagen würden. Bei­spiel: EU-Politik der SPÖ ist „nur noch reaktionär“. – Würde diesen Vorwurf ein ÖVP-Abgeordneter erheben, wären Sie empört. Das sagte aber kein ÖVP-Abgeordneter, sondern Ihr Europa-Abgeordneter Herbert Bösch, der sich in Brüssel einen besonderen Namen gemacht hat, als Aufdecker, als jemand, der als stellvertretender Vorsitzender des Haushaltskontrollausschusses dazu beigetragen hat, OLAF einzurichten.

Meine Damen und Herren, hören Sie auf diese Stimmen: Die SPÖ-Politik in Europa ist „nur noch reaktionär“! – Er sagt zu Recht, dass Ihre Politik eine Kehrtwende, nämlich genau in die andere Richtung, verträgt. Lassen Sie diese Art von Politik des Schielens nach irgendwelchen Augenblicks-Stimmen, die vielleicht in der „Kronen Zeitung“ auf-


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scheinen, sondern besinnen Sie sich Ihrer staatstragenden Rolle, die Sie über Jahre hinweg eingenommen haben. Das wäre meine große Bitte an Sie, auch an diesem Tag, an dem wir eine Europa-Debatte im Nationalrat führen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Geschätzte Damen und Herren! Was wollen wir? Das ist die große Frage für die Zu­kunft. Wir haben uns Gedanken darüber gemacht und bringen auch einen Antrag ein, den ich jetzt auch verlesen möchte, einen Antrag, in dem die Grundzüge unserer künf­tigen Europa-Politik dargestellt werden.

Ich bringe folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Spindelegger, Scheibner, Grillitsch, DI Scheuch, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Finanzielle Vorausschau der Europäischen Union und die österreichische Verhandlungsposition

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden ersucht,

1. im Zusammenhang mit der Finanziellen Vorausschau für die Jahre 2007 bis 2013 weiterhin nachdrücklich für die Interessen Österreichs als Nettozahler einzutreten, ins­besondere an der in den bisherigen Verhandlungen eingenommenen Position mit dem Ziel der Stabilisierung der Ausgaben bei 1 Prozent des Brutto-Nationaleinkommens festzuhalten und darüber hinaus die Voraussetzungen für einen bestmöglichen Mittel­rückfluss zu schaffen;

2. Die Entwicklung des ländlichen Raums als die wichtigste Priorität für die künftige Agrarpolitik zu unterstützen, da nachhaltige naturnahe Bewirtschaftung der land- und forstwirtschaftlichen Flächen, Diversifizierung im ländlichen Raum Investitionen für die Zukunft darstellen;

3. darauf hinzuwirken, dass die Bedürfnisse der Grenzregionen in den alten Mitglied­staaten an der Grenze zu den neuen Mitgliedstaaten besonders berücksichtigt werden, um den erheblichen Strukturanpassungsbedarf zu unterstützen und grenzüberschrei­tende Zusammenarbeit zu erleichtern;

4. sich im Bereich der Infrastruktur dafür einsetzen, dass für den Ausbau hochrangiger Verkehrswege nach Mittel- und Osteuropa eine hinreichende Mitteldotierung vorge­sehen wird;

5. sich in Anerkennung der gemeinsamen Bemühungen in der Europäischen Union, Forschung und Entwicklung zu forcieren, für eine angemessene Erhöhung der Finanzmittel für diesen Bereich – allenfalls auch mittels einer besonderen Fazilität der Europäischen Investitionsbank – einzusetzen.

*****

Meine Damen und Herren, ich möchte noch mit wenigen Worten erläutern, was wir wollen. Wir legen unser besonderes Augenmerk darauf, Arbeitsplätze durch Wachstum zu schaffen. Das ist das wesentliche Ziel, und darum stellen wir auch diesen Antrag, dass gerade aus den Mitteln der Europäischen Investitionsbank für die Forschung etwa 10 Milliarden € in den nächsten Jahren zur Verfügung gestellt werden, damit wir Wachstum schaffen, damit mehr Arbeitsplätze in Europa geschaffen werden können.


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Das ist die wesentliche Priorität, der wir uns als Volkspartei, der wir uns als Europa­partei gegenübersehen.

Ich darf zum Zweiten sagen, wir sind auch für eine faire Verteilung der Lasten, und das, was uns da an Diskussion geboten wird, insbesondere vom britischen Premier­minister, ist eigentlich beschämend. Eine Kategorie der Förderung, nämlich die länd­liche Entwicklung, gegen die Forschung auszuspielen, ist unstatthaft!

Meine Damen und Herren, es hat mich auch erschüttert, dass gerade der Vorsitzende der SPÖ, Dr. Alfred Gusenbauer, sich hier zum Handlanger von Tony Blair macht. Das ist unfassbar deshalb, weil man doch nicht, indem man Agrarsubventionen kürzen will, mit einem Federstrich 500 000 Österreichern die Hälfte des Einkommens entziehen und dann für ein soziales Europa eintreten kann. Das ist unfassbar, meine Damen und Herren, und da sind wir absolut nicht einer Meinung, Herr Dr. Gusenbauer! (Beifall bei der ÖVP.)

Insgesamt, muss ich sagen, zeigt sich wieder einmal: Bei wichtigen Europafragen ste­hen Sie nicht auf der richtigen Seite. Erinnern wir uns nur fünf Jahre zurück – und jetzt wieder! In dieser Frage müssen wir den österreichischen Standpunkt im Auge haben und nicht den Standpunkt des Sozialdemokraten Blair, der noch dazu aus meiner Sicht falsch ist.

Geschätzte Damen und Herren, ich möchte zum Schluss kommen und sagen, was wir insgesamt wollen. Was wir wollen, das ist eine offene Diskussion in Österreich, eine faire Beteiligung der Bürger, aber nicht ein In-Frage-Stellen des Projekts Europa. Dazu ist dieses Projekt zu wertvoll, und ich glaube, eine Zukunft ohne Europa ist für Öster­reich nicht vorstellbar. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.59


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Herrn Abgeordnetem Dr. Spindelegger einge­brachte Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Spindelegger, Scheibner, Gril­litsch, Dipl.-Ing. Scheuch, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Finanzielle Vor­ausschau der Europäischen Union und die österreichische Verhandlungsposition ist hinreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Spindelegger, Scheibner, Grillitsch, DI Scheuch, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Finanzielle Vorausschau der Europäischen Union und die österreichische Verhandlungsposition

eingebracht im Zuge der Debatte zur Erklärung des Bundeskanzlers gemäß § 19 Abs 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zur Situation in der EU am 6. Juli 2005

Finanzielle Vorausschau der Europäischen Union

Die Finanzielle Vorausschau stellt die Ausgaben der Europäischen Union in einen mehrjährigen Planungsrahmen. Die Finanzielle Vorausschau beruht auf einer Interinsti­tutionellen Vereinbarung, d.h. sie wird im Wege eines einvernehmlichen Beschlusses der Kommission, des Rates und des Parlaments festgelegt.

Die Kommission hat am 10. Februar 2004 die Mitteilung „Unsere gemeinsame Zukunft aufbauen - Politische Herausforderungen und Haushaltsmittel der erweiterten Union - 2007-2013“ vorgelegt. Das von der Kommission für den Zeitraum 2007 - 2013 vorge­schlagene Ausgabenniveau liegt bei 1.025 Mrd. € an Verpflichtungsermächtigungen


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und 929 Mrd. € an Zahlungsermächtigungen, jeweils zu Preisen von 2004. Weiters hat sie mehrere fachspezifische Verordnungen eingebracht, die in direktem Zusammen­hang mit dem künftigen Finanzrahmen stehen, wie zum Beispiel: agrar- und fischerei­politische Vorschläge, Vorschläge zur Förderung des ländlichen Raums, Vorschläge zu den Strukturfonds, zu den Bereichen Forschung, Beschäftigung und Sozialpolitik, Bil­dung und Berufsbildung sowie Verkehr.

Österreichische Verhandlungsposition

Österreich vertritt so wie Frankreich, Deutschland, Niederlande, Schweden und Groß­britannien die Auffassung, dass die Ausgabenobergrenze des EU-Budgets 1 % des Bruttonationaleinkommens der Union nicht überschreiten sollte.

Diese Ansicht wurde von den Staats- und Regierungschefs dieser Mitgliedstaaten in einem Schreiben an EK-Präsident Romano Prodi vom 15.12.2003 vertreten. Im „Brief der Nettozahler“ bekennen sich die Staats- und Regierungschefs zum Prinzip der Europäischen Solidarität und der Kohäsion in der erweiterten Union. Die Ausgaben der Union müssen jedoch stärker danach beurteilt werden, welchen Mehrwert sie für Europa bringen und sollen die Union in ihrem Streben, zum wettbewerbsfähigsten und wissensbasierten Wirtschaftsraum zu werden, unterstützen. Im Lichte der demografi­schen Herausforderung erfordert ein dauerhaftes Wirtschaftswachstum jedoch nach­haltige öffentliche Finanzen in den Mitgliedstaaten. Eine Ausnahme des Budgets der Union vom erforderlichen Konsolidierungsprozess wäre gegenüber den Bürgern in die­ser Phase nicht zu rechtfertigen.

Der bisherige Verhandlungsverlauf hat bestätigt, dass eine Ausgabenobergrenze des EU-Budgets auf etwa 1 % des Bruttonationaleinkommens der Union bei Konzentration der Mittel auf Bereiche, in denen nachweislich europäischer Mehrwert erzielt wird so­wie auf die ärmsten Mitgliedstaaten der EU, erreicht werden kann.

Die besonderen österreichischen Interessen beziehen sich auf Bereiche, deren euro­päischer Mehrwert unbestritten ist:

Grenzregionen

Österreich ist ein Mitgliedstaat mit einem überdurchschnittlich hohen Bevölkerungsan­teil in Grenzregionen. Die Bedürfnisse der Regionen in den alten Mitgliedstaaten an der Grenze zu den neuen Mitgliedstaaten sollen besonders berücksichtigt werden. In diesen Regionen bestehen aufgrund der jahrzehntelangen abgeschiedenen Lage am Eisernen Vorhang Infrastrukturdefizite. Ferner gibt es dort erheblichen Strukturanpas­sungsbedarf infolge der großen Kostenunterschiede und des hohen Fördergefälles gegenüber den angrenzenden Regionen in den neuen Mitgliedstaaten. Dies führt zu schwerwiegenden Arbeitsmarktproblemen in diesen Gebieten.

Ländliche Entwicklung

Die Entwicklung des ländlichen Raums ist die wichtigste Priorität für die künftige Agrar­politik. Bei der ländlichen Entwicklung sollten der Umweltschutz und die Erreichung des Ziels einer nachhaltigeren Entwicklung stärkeres Gewicht erhalten. Die Maßnahmen, die unter dem Begriff „Ländliche Entwicklung“ fallen, genießen eine hohe gesellschaft­liche Wertschätzung sowohl in Österreich als auch in den anderen Mitgliedsländern. Die Ausgleichzulage für benachteiligte Gebiete (Bergbauern-förderung) und das Agrar­umweltprogramm (ÖPUL) stellen unverzichtbare Kernelemente der österreichischen Agrarpolitik dar. Die Resultate dieser Politik - nachhaltige naturnahe Bewirtschaftung der land- und forstwirtschaftlichen Flächen, Diversifizierung im ländlichen Raum - stel­len Investitionen für die Zukunft dar. Deshalb ist eine substanzielle Erhöhung in diesem Bereich gerechtfertigt.


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Infrastruktur

Infrastrukturvorhaben sind von entscheidender Bedeutung für die Stärkung des Zu­sammenhalts des Binnenmarktes in der erweiterten Union  und hinsichtlich der Not­wendigkeit, Engpässe zu beseitigen oder Verbindungslücken zu schließen, die bei der Beförderung von Gütern (im Transit) über natürliche oder sonstige Hindernisse oder im grenzüberschreitenden Verkehr bestehen. Sie leisten einen bedeutenden Schritt zur Umsetzung der Lissabonner Agenda der Union zur Verbesserung der Wettbewerbsfä­higkeit, der Beschäftigung und des Wachstumspotenzials der erweiterten Union durch höhere Investitionen in Sach- und Humankapital als Ergänzung der Strukturreformen. Für den Ausbau hochrangiger Verkehrswege nach Mittel- und Osteuropa sollte daher eine hinreichende Mitteldotierung vorgesehen werden.

Forschung und Entwicklung

Forschung, technologische Entwicklung sowie Innovation bilden die Kernelemente einer wissensbasierten Wirtschaft und sind ein Schlüsselfaktor für Wachstum, Wettbe­werbsfähigkeit von Unternehmen und Beschäftigung. Österreich unterstützt im Lichte der Lissabon-Ziele verstärkte Anstrengungen zur Entwicklung eines europäischen Raums für Forschung und Innovation. Das 7. Forschungsrahmenprogramm für den Zeitraum 2007-2013 kann dabei einen wichtigen Impuls zur Erreichung von mehr Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung geben.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher den nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden ersucht,

1. im Zusammenhang mit der Finanziellen Vorausschau für die Jahre 2007 bis 2013 weiterhin nachdrücklich für die Interessen Österreichs als Nettozahler einzutreten, ins­besondere an der in den bisherigen Verhandlungen eingenommenen Position mit dem Ziel der Stabilisierung der Ausgaben bei 1 % des Brutto-Nationaleinkommens festzu­halten und darüber hinaus die Voraussetzungen für einen bestmöglichen Mittelrück­fluss zu schaffen;

2. Die Entwicklung des ländlichen Raums als die wichtigste Priorität für die künftige Agrarpolitik zu unterstützen, da nachhaltige naturnahe Bewirtschaftung der land- und forstwirtschaftlichen Flächen, Diversifizierung im ländlichen Raum Investitionen für die Zukunft darstellen;

3. darauf hinzuwirken, dass die Bedürfnisse der Grenzregionen in den alten Mitglied­staaten  an der Grenze zu den neuen Mitgliedstaaten besonders berücksichtigt wer­den, um den erheblichen Strukturanpassungsbedarf zu unterstützen und grenzüber­schreitende Zusammenarbeit zu erleichtern;

4. sich im Bereich der Infrastruktur dafür einsetzen, dass für den Ausbau hochrangiger Verkehrswege nach Mittel- und Osteuropa eine hinreichende Mitteldotierung vorge­sehen wird;

5. sich in Anerkennung der gemeinsamen Bemühungen in der Europäischen Union, Forschung und Entwicklung zu forcieren, für eine angemessene Erhöhung der Fi­nanzmittel für diesen Bereich - allenfalls auch mittels einer besonderen Fazilität der Europäischen Investitionsbank - einzusetzen.

*****

 



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Präsident Dr. Andreas Khol: Ans Rednerpult gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. Auch seine Redezeit beträgt 12 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


11.00.01

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Staatssekretär Dr. Wink­ler, willkommen im Parlament! Die Grünen haben Ihre Ernennung ausdrücklich be­grüßt. Das soll nicht heißen, dass man die anderen Staatssekretäre jetzt vergisst, aber ich bin absolut zuversichtlich, Herr Staatssekretär Dr. Winkler, dass Sie nicht in die Verlegenheit kommen werden, lediglich als Weißwäscher für Ihren Minister bezie­hungsweise Ihre Ministerin in die Geschichte einzugehen, wie das zum Beispiel Staats­sekretär Finz passiert ist (Abg. Dr. Jarolim: Ein dramatisches Beispiel!), und ich bin auch absolut zuversichtlich, dass Sie nicht in die Geschichte eingehen als jener Staats­sekretär, den kein Mensch kennt, wie das zum Beispiel ... – Na, lassen wir das! (Heiter­keit und Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zurück zu Ihnen, Herr Dr. Winkler. Ihre Ernennung steht selbstverständlich im Zusam­menhang mit der Vorbereitung der österreichischen Präsidentschaft nächstes Jahr. Diese Entscheidung ist gut, wir halten das für richtig und wichtig, insbesondere ange­sichts Ihrer Erfahrung und Ihrer Reputation auf außenpolitischem Gebiet. Was die technisch-organisatorische Abwicklung der österreichischen Präsidentschaft betrifft, ist damit, finde ich, ein wesentlicher weiterer Schritt getan, und ich denke, auf dieser Ebene wird die österreichische Präsidentschaft schon funktionieren. Alles andere wäre eine Überraschung, und schließlich macht das Außenministerium das ja auch nicht zum ersten Mal, sondern zum zweiten Mal. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)

Aber, Herr Staatssekretär Dr. Winkler, Frau Außenministerin, wir brauchen mehr als eine funktionierende technisch-organisatorische Abwicklung der Präsidentschaft. Ich denke, wir brauchen vor allem Politiker, die mit dem Gejammer über die Europäische Union aufhören. Wir brauchen nicht Politiker, die alles, was gut im eigenen Land läuft – und damit meine ich auch Österreich – sich selber zuschreiben und alles, was schief läuft, daran ist dann natürlich das anonyme Brüssel schuld – als ob die eigenen Politi­ker, welchen Landes der EU-25 auch immer, nie selbst in Brüssel gewesen wären, als ob sie nicht an den Ratssitzungen teilnehmen würden, als ob sie nicht die Entschei­dungen, sei es in dieser oder auch in jeder anderen Angelegenheit, mittragen würden. Mit diesem Gejammer und mit diesem diffusen – ich komme dann noch darauf zu­rück – Ansprechen von Ängsten ist niemandem gedient. (Beifall bei den Grünen.)

Es gibt Ängste, es gibt Sorgen, ja – aber dann bringen wir die Sache doch auf den Punkt! Natürlich ist nicht alles rosig in der Europäischen Union, sage ich. Na und? Es ist in Österreich auch nicht alles rosig, und nicht nur die Politiker, sondern auch viele Bürger und Bürgerinnen in diesem Land bemühen sich, daran zu arbeiten, dass sich daran etwas ändert. In der Union und in Brüssel ist das auch nicht anders.

Ich habe es zum Beispiel gründlich satt, in Diskussionen zu hören, die EU-Erweiterung um die EU-10 und die kommenden Erweiterungen seien ein Problem. – Was ist da das Problem? Im Gegenteil: Die bisherige Erweiterung von den EU-15 auf die EU-25 ist die Erfolgsstory der Europäischen Union schlechthin, in meinen Augen zumindest (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP), und dies noch mehr, Herr Bundes­kanzler – weil Sie das in einem Atemzug genannt haben –, als die Einführung des Euro. Der Euro war auch eine gute Sache, aber er stand von Anfang an unter der schweren Hypothek des so genannten Stabilitäts- und Wachstumspaktes, der weder zur Stabilität geschweige denn zum Wachstum in Europa etwas beiträgt.

Ich meine, wir sind doch alle aufgerufen, irgendwie von unseren Erfahrungen, von unseren Gesprächen draußen, jenseits der Mauern dieses Parlaments, zu erzählen.


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Ich bin mir sicher, sehr viele in diesem Haus reden mit Managern – Geschäftsleitern von Raiffeisen beispielsweise – darüber, wie erfolgreich Raiffeisen in den EU-10 ist. Wo verdienen denn die ihr Geld? Wo expandiert der Markt? – Na in den EU-10 und außerhalb der jetzigen EU-25! Ist das schlecht für Österreich? – Das ist eine super Geschichte! Genau das Gleiche bei der Ersten Österreichischen Bank, bei der OMV, im Bereich der Telekommunikation und, und, und. Also österreichische Firmen haben diese Chance seit dem Fall des Eisernen Vorhangs glänzend genutzt – im Gegensatz beispielsweise zu deutschen Firmen, aus welchen Gründen auch immer.

Bemerkenswert finde ich auch, dass österreichische Firmen in diesen EU-10 absolut willkommen sind. Das sollte für uns auch ein Beispiel sein. Was haben wir uns nicht immer aufgeregt über Überfremdung, fremdes Kapital und so weiter (Abg. Scheibner: Sie haben sich über Überfremdung aufgeregt?), ohne zu fragen, ob der eine oder andere Einwanderer auf Firmenebene nicht vielleicht in Österreich willkommen sein sollte.

Die EU-Erweiterung ist eine beispiellose Erfolgsstory – auch die kommende EU-Er­weiterung um Bulgarien, Rumänien, Kroatien. Hier sollten wir nicht kleinlich sein, hier sollten wir auf Tempo drücken, insbesondere was Kroatien betrifft. Österreichische Firmen sind in diesen Ländern schon hervorragend vertreten, aber sie gehen ein Risiko ein: Sie haben natürlich darauf gebaut, dass diese Länder nicht früher oder später, sondern sehr bald Mitglied der Europäischen Union sein werden. Und das betrifft auch die noch ausständigen Länder des so genannten Westbalkans. Giuliano Amato, der Vorsitzende der internationalen Balkankommission, hat kürzlich gesagt, die Bürger wissen gar nicht, wie viele Soldaten wir auf dem Balkan stationieren müssen – betrof­fen ist natürlich in erster Linie Bosnien – und wie viel wir für die dortigen Friedensmis­sionen bezahlen; vernünftiger wäre es, dieses Geld in Wirtschaftsentwicklung und eine EU-Integration Südosteuropas zu investieren. – Vollkommen richtig! Es kostet ein „Schweinegeld“, dort die Truppen zu stationieren, die mit Mühe und Not den Frieden aufrechterhalten, und es wäre viel besser, dieses Geld für die Integration dieser Län­der – wenn sie es wollen – in die Europäische Union zu investieren. (Abg. Scheibner: Aber das eine geht halt nicht ohne das andere!)

Und mutatis mutandis, sage ich hier zum Schluss, gilt das auch für die Türkei. Ich bin absolut dafür, die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei aufzunehmen. Ich wäre absolut dagegen, am kommenden Sonntag, wenn diese Frage anstünde, über einen Beitritt der Türkei jetzt, hier und heute, mit Ja zu stimmen. Da würde ich mit Nein stimmen – ganz klar. Ganz klar erstens, weil es die Aufnahmefähigkeit der Union vollkommen überfor­dern würde, und zweitens, weil die Beitritts-, oder sagen wir Anpassungsfähigkeit der Türkei nicht hinreichend ausgetestet ist. Aber warum sollen wir uns jetzt über diese Frage echauffieren? Diese Entscheidung wird frühestens in zehn Jahren anstehen, und bis dahin werden wir sehen, wohin sich die Union entwickelt, nicht zuletzt in ihrem Budget, beziehungsweise die Türkei selbst.

Ich finde, den Bürgern ist auch nicht damit geholfen, wenn wir ihnen nach dem Munde reden. Die Bürger Frankreichs haben in ihrer Mehrheit in einem Referendum entschie­den, den Verfassungsvertrag für Europa abzulehnen. Das ist ihr gutes Recht. Aber mein gutes Recht ist es zu sagen: Ich halte diese Entscheidung für falsch! Der Verfas­sungsvertrag hätte mehr Demokratie gebracht, hätte die Funktionsfähigkeit der Union verbessert, hätte last but not least durch den Grundrechtekatalog die Sozialunion, neben der Wirtschaftsunion, befördert.

Die Franzosen haben das abgelehnt. Okay. Jetzt landen wir wieder in Nizza, wo wir schon vorher waren. Der Erfolg ist, dass Präsident Chirac „a lame duck“ ist, wie es in der Diplomatensprache heißt, und nicht nur Chirac selbst, sondern Frankreich insge-


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samt, und dass sich alle drei großen Gründernationen der Union – Frankreich, Deutschland und Italien – in einer ähnlichen Lage befinden.

Na und? Dann nehmen eben die großen Gründernationen der EU ihre ursprüngliche Aufgabe nicht wahr. Wenn hier ein Führungsvakuum entstanden ist, dann müssen andere Politiker und andere Nationen in dieses Vakuum gehen, von mir aus stolpern. Ob Tony Blair der Richtige ist, das wird man sehen. Seine Rede vor dem Europäischen Parlament am 23. Juni, glaube ich, war ausgezeichnet. Aber es war Tony Blair, der sie gehalten hat – und seit wann ist Großbritannien der Verfechter der Vertiefung der Union? Seit wann hat Großbritannien in der Wahl zwischen einer transatlantischen Bruderschaft und der kontinentalen Verknüpfung eine Wahl zugunsten des europäi­schen Kontinents getroffen? – Also das wird man sehen. An und für sich meine ich, dass dieses Führungsvakuum auf europäischer Ebene für die österreichische Präsi­dentschaft ja nicht das Schlechteste ist: Es schraubt die Erwartungen in gewisser Weise herunter. Wenn selbst Juncker, ein überzeugter und erfahrener Europäer, mit der luxemburgischen Präsidentschaft gescheitert ist, dann kann das sozusagen jedem passieren. Und umgekehrt: Wenn etwas Gutes für Europa dabei herauskommt, dann wird sich natürlich unsere Führungsmannschaft, insbesondere in der ÖVP, das zu­schreiben. – Das interessiert mich heute nicht. Mich interessiert die europäische Ent­wicklung.

Die Finanzfrage. – Also ich finde es schon etwas eigenartig, Herr Spindelegger: Zuerst wettern Sie über die SPÖ – da konnte ich Ihnen ja innerlich zustimmen, was Ihre Kritik an der Kleinkrämerei hinsichtlich der österreichischen Beiträge betrifft –, und dann bringen Sie einen Antrag ein, der haargenau das Gleiche macht! Was soll das? In Ihrem ersten Punkt verlangen Sie von der Bundesregierung, weiterhin nachdrücklich für die Interessen Österreichs als Nettozahler einzutreten (Abg. Scheibner: Na si­cher!), insbesondere 1 Prozent und so weiter.

Wissen Sie, was meine Meinung dazu ist? – Hören wir auf mit dieser Kleinkrämerei! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Eder.) Seien wir doch stolz darauf, dass Öster­reich in einer Nettozahlerposition ist, Kruzitürken! (Abg. Scheibner: Das ist aber jetzt ...!) Wäre Ihnen vielleicht lieber, dass Österreich in einer Nettoempfängerposition wäre, weil die wirtschaftliche Situation Österreichs so miserabel ist? Nein, wir sind ein wohlhabendes Land, wir sind stolz darauf, viele von uns haben dafür etwas geleistet, und deswegen werden wir auch bereit sein, etwas zu zahlen!

Ich persönlich habe viel mehr Sympathie mit dem Kommissionsvorschlag, den 1,2 Pro­zent des BIP, als mit den 1,0 Prozent, auf die sich die Volkspartei anscheinend jetzt wieder einschwört, nachdem Bundeskanzler Schüssel selbst vor wenigen Tagen, vor wenigen Wochen noch bereit war, auf rund 1,1 Prozent zu gehen. Ich finde das klein­krämerisch. Selbstverständlich ist am Budget Verschiedenes zu ändern, selbstver­ständlich wünschen wir uns eine Strukturveränderung innerhalb des europäischen Budgets zugunsten des ländlichen Raums – ja! –, zugunsten von Forschung und Ent­wicklung und ganz generell zugunsten einer stärkeren Wachstumsorientierung unter Berücksichtigung der ökologischen Nachhaltigkeit, so wie es in Lissabon vorgezeichnet ist. Aber was dieses Herumeiern wegen 0,1, 0,001 Prozent des BIP zugunsten – oder, in dem Fall muss man sagen: zum Nachteil der europäischen Sache betrifft, da ist die ÖVP mit diesem Punkt 1 des heutigen Antrags um kein Haar weniger kleinkrämerisch als die SPÖ. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Staatssekretär! Für die kommenden zwölf Monate wünschen wir Ihnen alles Gute. (Beifall bei den Grünen.)

11.11



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Klub­obmann Scheibner zu Wort. Redezeit: ebenfalls 12 Minuten. – Bitte, Herr Klubobmann.

 


11.11.49

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Van der Bellen, Sie haben sich jetzt gewundert, warum man auf der einen Seite die in manchen Bereichen erfolgten Statements der SPÖ – nicht die heutige Rede von Kollegem Gusenbauer, aber vorherige Statements der SPÖ – als vordergründig bezeichnen kann und auf der anderen Seite einen gemeinsamen Entschließungsantrag der Regierungsparteien ein­bringt, der eine Verhandlungsposition festlegt, der die Interessen Österreichs auch ent­sprechend im Auge behält. Und das ist es, Herr Kollege Van der Bellen: Wir glauben, dass man für Europa sein kann, aber trotzdem – und gerade in Europa und gegenüber Europa und der Europäischen Union – die Interessen Österreichs und der Bevölkerung Österreichs im Auge behalten kann und auch muss. Denn das ist doch auch ein Grund für die Europaskepsis vieler Bürger: dass man das Gefühl hat, dass Brüssel über die Interessen der Menschen drüberfährt, dass in Europa die Bürokraten regieren, dass die Institutionen regieren und nicht für die Menschen gearbeitet wird. Und wir als öster­reichische Parlamentarier, als österreichische Bundesregierung haben natürlich auch ein Interesse daran, dass man die Interessen Österreichs und der Österreicher in der Europäischen Union vertritt. Das ist nicht gegen Europa, das ist nicht kleinkariert, son­dern das ist für Europa, denn dieses Europa muss ein Europa der Menschen sein – und damit auch der Menschen in Österreich, Herr Kollege Van der Bellen und meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn hier gesagt wird, man soll jetzt auf Grund dieser negativen Abstimmungen und der offenen Fragen nicht das Gesamtprojekt der Europäischen Union und Europas in Frage stellen, dann gebe ich dem schon Recht, dass man das nicht negativ diskutieren soll, aber auf der anderen Seite soll man auch zur Kenntnis nehmen, dass dieses Europaprojekt den Fortschritt braucht. Wenn wir für ein gemeinsames Europa eintre­ten, dann dürfen wir Stillstand nicht zur Kenntnis nehmen, dann müssen wir diesen Fortschritt im Europagedanken, in den Strukturen, in der Vertiefung – natürlich auch in der Erweiterung, aber als Gesamtprojekt! – unterstützen. Und wir stehen jetzt vor einer Phase, wo Stillstand droht – und Stillstand gefährdet dieses Projekt. Deshalb müssen wir uns auch sehr grundsätzlich mit dieser Situation auseinander setzen.

Wenn wir uns aber die bis jetzt erfolgte Reaktion auf die negativen Abstimmungen in Frankreich und Holland ansehen, dann sehe ich noch nicht diese Dynamik, die not­wendig wäre, noch nicht die Initiativen und auch die neuen Ideen, um auf diesen Fin­gerzeig der Bevölkerung auch entsprechend zu reagieren. Nein, es hat noch einen zweiten Schritt gegeben: dass man sich nicht auf die künftige Finanzstruktur der Euro­päischen Union geeinigt hat.

Und wir wissen doch alle: Wenn wir auch sagen, Europa ist mehr, als das Europa der 15 gewesen ist, ist auch mehr als das Europa der 25, so muss uns aber auch klar sein, dass jede Erweiterung auch Vertiefung braucht. Und es war auch ein Konsens, dass man gesagt hat: Diese europäische Verfassung ist notwendig, um das Europa der 25 auch möglich zu machen und eine weitere Entwicklung, also Fortschritt, zu ermög­lichen.

Jetzt haben wir das Europa der 25 – und wir haben das damals kritisiert, dass bei manchen dieser Beitrittskandidaten die Kriterien, die die Europäische Union selbst auf­gestellt hat, nicht eingehalten worden sind; ich erinnere etwa an die Menschenrechts­standards in der Tschechischen Republik, Stichwort Beneš-Dekrete, die Umweltstan­dards, wenn ich an die Atomkraftwerke denke. Auch hier hat es selbst jetzt, nach dem


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Beitritt etwa dieses Landes, aber auch anderer, keine Fortschritte gegeben, weil diese Kriterien zwar aufgestellt sind, aber nicht überprüft werden.

Wir haben gesagt, diese Verfassung ist notwendig, um die Strukturen darauf auszu­richten. Jetzt gibt es die Erweiterung, aber keine Verfassung. Und ich sage es auch hier noch einmal: Ich stehe zu dieser europäischen Verfassung, und wir brauchen diese europäische Verfassung! Man kann darüber diskutieren, ob alles in Ordnung ist, ob hier noch etwas mehr hätte sein sollen oder etwas weniger – das war ein Kompro­miss, selbstverständlich! Aber die Alternative, jetzt keine Verfassung zu haben, obwohl man den anderen Schritt der Erweiterung gesetzt hat, das ist sicherlich das Schlech­teste, was diesem Europa und dem Europagedanken passieren konnte. Deshalb muss es Ideen geben, wie man aus dieser schwierigen Situation herauskommt und wie es doch noch diese notwendige europäische Verfassung geben soll.

Es ist schon viel über diese Frage diskutiert worden, auch, selbstverständlich, was die­sen „Fleckerlteppich“ an nationalen Volksabstimmungen betrifft. Das war aber eben auch ein Mangel an diesen Ideen, an den gemeinsamen Ideen in dieser Europäischen Union. Das war eine der Ursachen für die problematische Situation – und das wäre auch jetzt eine Chance für die Präsidentschaft Österreichs: dass wir diese Idee einer europaweiten Volksabstimmung über derartig wichtige Projekte wie die europäische Verfassung wiederbeleben und einen Rahmen dafür schaffen können, um dann mög­licherweise in einem europaweiten Referendum doch noch zu einer wichtigen, guten, richtigen und notwendigen europäischen Verfassung zu kommen. Eine wichtige Auf­gabe für die österreichische Präsidentschaft! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Und es wäre auch interessant, bei den Finanzen natürlich die Strukturen auch der Subventionen zu überdenken. Da muss man ja nicht gleich die gesamten Agrarsub­ventionen in Frage stellen, man sollte sich aber auch nicht der Diskussion verschlie­ßen. Warum ist es denn möglich, dass etwa die britische Königin eine der größten SubventionsempfängerInnen bei Agrarsubventionen darstellt – und wir auf der anderen Seite nach wie vor Probleme bei der klein- und mittelständischen Struktur haben, dass wir diese Betriebe erhalten können – und dass die Agrarfabriken in Holland, die Agrar­fabriken in Großbritannien oder in Deutschland hier subventioniert werden? (Zwischen­ruf des Abg. Hornek.) – Es muss doch möglich sein, und es ist auch notwendig, diese Strukturen zu diskutieren und hier eine Veränderung herbeizuführen, die auf der ande­ren Seite auch die Haushalte entlastet. Und es muss auch möglich sein, darüber zu diskutieren, ob nicht auf der anderen Seite mehr – nicht nur auf nationaler Ebene, son­dern auch auf europäischer Ebene – für Zukunftsentwicklungen, etwa bei Forschung und bei neuen Technologien, investiert werden kann und investiert werden muss, denn das schafft auch Arbeitsplätze, das schafft Fortschritt, das schafft auch Wettbewerbs­fähigkeit der europäischen Staaten, der europäischen Betriebe in einer globalisierten Welt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das sind doch die Diskussionen, die wir führen müssen – und nicht, dass wir akzeptie­ren, dass irgendein Britenrabatt, der in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation Großbritanniens vor vielen Jahren gewährt worden ist, jetzt zementiert werden kann und weitergeführt wird.

Herr Kollege Van der Bellen, auch das ist, glaube ich, wichtig: dass man die Interessen Österreichs hier vertritt – denn so ist es ja nicht, dass das irgendwelche Zehntelprozent sind, die halt nach Brüssel abgeführt werden müssen, sondern das sind Eurobeträge in Milliardenhöhe, die der Steuerzahler aufzubringen hat! (Abg. Dr. Van der Bellen: Geh bitte! ... netto! Das ist doch ein Blödsinn!) Und mit diesem Geld haben wir sorgfältig umzugehen, und wir haben auch dafür zu sorgen, dass Österreich in der Lage ist, möglichst viel auch an Förderungen und Subventionen aus der Europäischen Union


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wieder herauszubekommen, um es den österreichischen Betrieben, um es den Struktu­ren und den Menschen in Österreich zukommen zu lassen. Das ist unsere Aufgabe als österreichische Bundesregierung! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Auch das wird ein wichtiger Punkt in der Präsidentschaft Österreichs sein. Es ist eine Herausforderung, aber auch eine große Verantwortung, denn niemand will von einer europäischen Krise reden – das ist schon in Ordnung –, aber wenn es nicht gelingt, in einem Jahr eine Lösung sowohl für die Verfassungsfrage als auch für die Finanzfragen zu finden, dann werden wir uns wirklich mit einer Krise auseinander setzen müssen, denn dann haben wir nicht nur Stillstand, sondern Rückschritt. Und dann wird dieses Europaprojekt möglicherweise wirklich in Frage gestellt werden – nicht in Frage zu stellen sein!

Ich glaube, dass dieses Europa wichtig ist, das ist keine Frage. Es wird auch immer wieder der Aspekt des Friedensprojektes in den Vordergrund gestellt, manchmal aber auch als Ausrede dafür genommen, dass man andere Dinge nicht lösen kann oder nicht lösen will. Auch dieses Friedensprojekt muss sich jedoch immer wieder weiter­entwickeln, muss sich immer wieder aktualisiert darstellen.

Und, Herr Kollege Van der Bellen – daran sehen Sie: ich höre Ihnen immer sehr gut zu –, auch da bin ich nur halb Ihrer Meinung: Selbstverständlich gehört zu diesem Friedensprojekt der Europäischen Union auch die Unterstützung von Krisenregionen im wirtschaftlichen Bereich, beim Wiederaufbau, in Fragen der Justizstrukturen, bei Demokratiestrukturen! Keine Frage, das ist ein wichtiger Verantwortungsbereich auch für die Europäische Union. Aber gleich wichtig ist es auch, Sicherheit in diesen Län­dern zu garantieren. (Abg. Dr. Van der Bellen: Ja, eh!) Und deshalb ist es auch wich­tig, eine gemeinsame europäische Sicherheitspolitik, und zwar auch mit militärischen Strukturen aufrechtzuerhalten: keine Europa-Armee, wie das etwa die Sozialdemokra­ten wollen, sondern eine Zusammenarbeit der nationalen Armeen, um auch diese Aufgaben außerhalb Europas wahrzunehmen, nämlich Sicherheit zu gewährleisten, um dadurch überhaupt die Möglichkeit zu schaffen, einen Wiederaufbau und zivile Struktu­ren zu unterstützen. Das ist auch eine europäische Verantwortung. Und auch in Hin­sicht auf diese Sicherheitspolitik wird, hoffe ich, die österreichische Präsidentschaft Initiativen setzen.

Sie wissen, dass ich schon immer der Meinung bin, dass der Nahe Osten ein wichtiges Thema für Österreich sein soll, auch in der Präsidentschaft. Wir haben in dieser Region einen guten Stand, es gibt, Gott sei Dank, Fortschritte zwischen Österreich und den Palästinensern – das muss aber noch gefestigt werden. Es gibt jedoch noch keine Fortschritte bei anderen Problemen, etwa bei den noch offenen Fragen betreffend die Grenze zwischen Israel und Syrien. Es gibt nach wie vor Widerstand in manchen Län­dern der Europäischen Union, ein Assoziierungsabkommen mit Syrien abzuschließen.

Ich halte es für wichtig, dass man diesen Ländern zeigt, dass sie zwar – selbstver­ständlich! – auch etwas einbringen müssen, aber dass wir ihnen die Hand reichen und sagen: Wenn ihr bereit seid, einer positiven Entwicklung voranzuhelfen, wenn ihr bereit seid, für Frieden zu sorgen und an einem Friedensprozess teilzunehmen, dann wird auch die Europäische Union – vielleicht im Gegensatz zu manch anderen Stimmen außerhalb Europas – ein fairer, ein objektiver Partner für euch sein! – Auch das er­warte ich mir nämlich: dass wir als kleines Land, als Österreicher, während unserer Präsidentschaft diese Funktion wahrnehmen.

In diesem Sinne halte ich es für sehr, sehr positiv, dass Sie, Herr Staatssekretär Winkler, für diese wichtige Funktion nominiert worden sind – nicht nur zur Entlastung, sondern zur Bereicherung und Ergänzung unserer Aktivitäten während der österreichi-


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schen Präsidentschaft. Wir kennen Sie ja von Ihrer Botschafterfunktion im Europarat, Sie werden diese Aufgabe sicherlich mit großer Sorgfalt und Dynamik übernehmen.

Die anderen Staatssekretäre, meine Damen und Herren, sind alle beschäftigt. (Abg. Parnigoni: Das ist eine krasse Fehleinschätzung!) Ich glaube nämlich, Europa ist wichtig, aber die Behindertenpolitik ist genauso wichtig, die Forschungspolitik ist ge­nauso wichtig, die Kunstpolitik ist genauso wichtig, der Sport ist genauso wichtig – und in der Verkehrspolitik ginge das auch nicht.

Wir werden diese zusätzliche Aufgabe der EU-Präsidentschaft wahrnehmen, selbst­verständlich sehr aktiv wahrnehmen. Aber alle anderen Aufgaben im Interesse Öster­reichs dürfen in diesem halben Jahr nicht vernachlässigt werden! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Vizekanzler Gorbach zu Wort. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte, Herr Vizekanzler. (Abg. Parnigoni: Geschäfts­führender Vizekanzler!)

 


11.24.00

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Vizekanzler Hubert Gorbach: Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Frau Außenminister! Ge­schätzte Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Natürlich möchte auch ich zuerst den neuen Staatssekretär, Herrn Botschafter Dr. Hans Winkler, recht herzlich in der öster­reichischen Bundesregierung willkommen heißen!

Herr Botschafter! Sie werden als neuer Staatssekretär nicht nur die Außenministerin in der Vorbereitung und vor allem in der Durchführung der EU-Präsidentschaft unterstüt­zen, sondern die gesamte Bundesregierung – und damit die Republik Österreich! Dazu wünsche ich Ihnen von Herzen recht viel Erfolg! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine geschätzten Damen und Herren! Meine Rede im Plenum vor knapp zwei Mo­naten, und zwar am 11. Mai, als wir hier über den Verfassungsvertrag diskutiert haben (Abg. Mag. Kogler: Eine „wegweisende“ Rede!), habe ich mit folgender Feststellung begonnen: „Man kann viele Entwicklungen im Bereich der Europäischen Union, in denen man eben nicht nur Chancen, sondern auch Risken sieht, auch kritisch hinter­fragen.“ Die Entwicklungen, die wir alle seit damals verfolgen konnten, werden von vielen als Krise, als Rückschlag, als Reaktion auf die zu rasche Erweiterung, als Rück­wirkung auf die Bürgerferne dieser Europäischen Union et cetera bezeichnet.

Was ist passiert? – Zum einen haben das französische und das niederländische Volk in einem demokratischen Votum „Nein“ zu diesem EU-Verfassungsvertrag gesagt, zum anderen konnte sich vor knapp drei Wochen der zuständige Europäische Rat nicht über den Budgetfahrplan ab 2007 einigen.

Meine ganze Überzeugung in diesem Zusammenhang gilt einem Punkt, den auch Klubobmann Scheibner gerade aufgezeigt hat, nämlich: Der Grundgedanke der euro­päischen Integration war und ist Sicherung von Friede und Stabilität auf diesem Kon­tinent, der unsere Heimat ist! – Und das sollten wir immer wieder erwähnen. Friede und Stabilität sind etwas, das man nicht mit Geld messen kann, nicht mit Euro abwägen kann, nicht mit: „Wie viel hineinbezahlen und herausbekommen?“ Das ist ein unbe­zahlbares Gut, für das wir jeden Tag kämpfen müssen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich möchte mich jetzt nicht intensiv mit dem Scheitern die­ser Verhandlungen beschäftigen. Es war einerseits kompromisslose Verteidigung von Privilegien – das wollen wir nicht! –, es war aber auch, wie ich meine, stures Festhalten


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am bisherigen System. In dieser Hinsicht muss, glaube ich, die Europäische Union – alle Verantwortlichen, auch wir – viel flexibler werden und erkennen, dass die Zeit voranschreitet, man lieb gewonnene Dinge nicht ewig haben kann und neu diskutieren muss. Wir sollten deshalb jetzt sehr konzentriert viele Bereiche neu diskutieren, aber die Prioritäten in Ruhe setzen und nicht überhastet Schlüsse ziehen.

Tatsache ist, dass man aus dieser von vielen so genannten Krise auch eine Chance machen kann, eine Chance für ein Europa mit mehr Bürgerrechten, mit mehr Bürger­nähe, mit mehr Solidarität und Identität, ohne ungerechtfertigte Sonderstellungen oder gar Subventionsexzesse, ein Europa mit mehr Innovationskraft – auch das wünsche ich mir.

Wir müssen also klarmachen, dass sich Europa auf das konzentrieren soll, was nur Europa tun, leisten kann: die Vertiefung stärken! Europa soll sich jedoch nicht um Dinge kümmern, die das einzelne Mitgliedsland genauso gut oder sogar besser erledi­gen kann.

Es ist die Erfahrung mit dem europäischen Alltag gewesen, die die viel zitierte Müdig­keit in diesem Europa ans Tageslicht gebracht hat, nämlich zu wenig Transparenz und zu wenig Bürgernähe. Da müssen wir ansetzen, damit dieses Europa und wichtige Dinge wie die Verfassung – da halte ich es mit Klubobmann Scheibner – auch mehr­heitsfähig werden. Sie sind es nämlich in vielen Ländern – nicht nur in Frankreich, nicht nur in den Niederlanden – heute nicht.

Meine Damen und Herren! Europa muss sich in dieser Konsolidierungsphase, wie ich es nenne, auch darüber einig werden, wo seine Grenzen liegen sollen, sowohl geo­graphisch als auch institutionell.

Österreich als Mitgliedsland der Europäischen Union wird im ersten Halbjahr 2006 eine ganz wichtige Rolle einnehmen: es stehen wichtige Entscheidungen an. Und ich bin froh, wenn ich hier zumindest großteils ein gemeinsames Vorgehen in Sachen Europa­politik heraushören kann.

Die Finanzfrage sollte nicht nur auf Ebene eines Prozentsatzes oder einer Zahl – Komma null oder Komma null irgendetwas – diskutiert werden! An dieser Feststellung, die wir damals als Erste beziehungsweise als Initiatoren gemeinsam mit fünf anderen Nettozahlern getroffen haben, sollte man zwar festhalten – diese Forderung ist auch heute aktuell –, entscheidend aber ist doch, wie viel Mittel für Forschung und Entwick­lung ausgegeben werden, wie viel Mittel für Verkehrsprojekte, die so wichtig sind für die weitere positive Entwicklung der Europäischen Union und ihrer einzelnen Mit­gliedsländer. Und schließlich muss auch berücksichtigt werden, wie viel Geld an Öster­reich zurückfließt.

Ein Nachdenken über ein Ende des Britenrabattes, über ein Aufschnüren des EU-Agrarbudgets, aber auch über Renationalisierungen gerade im landwirtschaftlichen Förderbereich sollte stattfinden, es sollte darüber diskutiert werden!

Meine Damen und Herren, zum Verfassungsvertrag kann ich nur Folgendes zusam­menfassen: Wir sollten die Idee der Gründerväter dieses vereinten Europas in Erinne­rung rufen und auch umsetzen: ein Europa der Vaterländer mit nationaler Souveräni­tät! – Das ist es, was auch die Bürgerinnen und Bürger wollen. Sie wollen keinen europäischen Bundesstaat mit einer Zentrale in Brüssel oder wo auch immer, sie wol­len einen Staatenbund mit einer starken Identität des eigenen Landes, der eigenen Region.

Ziel muss die Etablierung Europas als globaler sicherheitspolitischer, wettbewerbsstar­ker Akteur sein. Wir brauchen eine Neuordnung von Kompetenzen. Dazu wiederum brauchen wir aber den erwähnten Vertrag, und dazu brauchen wir ein neues, ein föde-


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ratives Abstimmungsverfahren, weil die europäische Bevölkerung natürlich ein Recht darauf hat, über ihre Verfassung abzustimmen – und zwar europaweit, in ganz Europa und nicht nur in einzelnen Ländern, wie das fälschlicherweise angegangen wurde! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir brauchen, kurz gesagt, ein Europa der Bürger und ein Europa mit mehr direkter Demokratie, ebenso ein Europa mit weniger Bürokratie. Ich glaube, das ist ein Punkt, der nicht nur in Sonntagsreden vorkommen sollte (Zwischenruf des Abg. Parnigoni), sondern zu dem wir alle, alle einzelnen Mitgliedsländer, überlegen sollten, was wir auf welcher Ebene beitragen können, um diese Bürokratie abzubauen. Eigenverantwor­tung und Renationalisierung sind, wie ich meine, wichtige Bereiche, um die gemein­same Idee eines geeinten Europa unter starker Einbindung und Akzeptanz der Bevöl­kerung auf eine funktionierende Basis zu bringen.

Meine Damen und Herren! Wir alle sind natürlich Teil dieses Europa. Auch das muss uns mehr bewusst werden. Gerade wir Politiker haben diesbezüglich eine besondere Verantwortung, wenn wir mit den Bürgern über Europa diskutieren, über die Ziele, über den Werdegang, über die Frage: Wie schaut das morgen aus?

Wir sollten es noch intensiver diskutieren, und zwar positiv kritisch, nicht unkritisch diskutieren, aber insgesamt als das darstellen, was es ist: mehr als eine Vision, eine Zukunftsidee, für die es sich lohnt, jeden Tag zu kämpfen! (Beifall bei den Freiheit­lichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Cap zu Wort. Redezeit für die nächste Runde: jeweils 8 Minuten. – Bitte, Herr Klubobmann.

 


11.33.08

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Einleitend – und in Fortsetzung dessen, was Dr. Gusenbauer vorhin angemerkt hat – sei zur Bestellung des Herrn Staatssekretärs gesagt: Es ist durchaus verständlich, dass man, wenn man qualifizierte Diplomaten im Haus hat, ihnen auch die Möglichkeit eröffnet, im Rahmen der Regierung tätig zu sein. Ich verstehe auch: Sie wollen sich dann 2006 mehr den Wahlkampfengagements widmen. Ich nehme an, dass dann Herr Staatssekretär Wink­ler die eigentliche Arbeit machen wird (Zwischenruf des Abg. Neudeck), Sie hingegen werden von einem Fototermin zum anderen hetzen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Sehen Sie, Sie bestätigen eigentlich meine Vermutung, denn die ausgemachte Empö­rung bei Ihnen ist ja nur eine Bestätigung dafür. (Beifall bei der SPÖ.)

So hat halt jeder Staatssekretär seine Aufgabe. Bei Herrn Gorbach hat er dafür zu sorgen, dass, während Herr Gorbach nicht im Hause ist, wenn er seine vielen Aus­landsreisen absolviert, die Arbeit weitergeht. (Abg. Neudeck: Wie ist das denn bei zwei Klubobleuten?) Andere Staatssekretäre sind, wie ich gelesen habe, bloß virtuell an­wesend. Es sind sieben Staatssekretäre – wie gesagt: So viele sind es schon! Auch ich habe bereits den Überblick verloren, es werden immer mehr und mehr. In der Öffent­lichkeit wurde auch heftig kritisiert, dass diese Zahl so groß ist. (Abg. Neudeck: Wie ist das mit Cap und Gusenbauer als Klubobleute?)

Aber damit ist es jedenfalls eindeutig und klar, was während der Ratspräsidentschaft passieren soll: Da soll ein Wahlkampf passieren, und Herr Staatssekretär Winkler soll den eigentlichen Job machen. Gut! Und das mit Steuergeldern – das sei einmal kritisch bemerkt!

Aber nun wollen wir uns der Erklärung des Herrn Bundeskanzlers beziehungsweise den Fragen, die hier aufgeworfen wurden, widmen. Wir haben immer kritisiert, dass es


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so etwas wie eine neoliberale Ausrichtung in der Europäischen Union gibt, und gesagt, dass wir dafür plädieren, dass es da eine Umorientierung gibt. Festgemacht haben wir das an mehreren Punkten.

Einer dieser Punkte war die Diskussion über die Arbeitszeitrichtlinie. Übersetzt hat sie bedeutet: Mehr arbeiten, weniger bezahlt bekommen! – Wir haben das immer wieder kritisch hier im Haus angemerkt, sogar in einer eigenen Sitzung des EU-Unteraus­schusses.

Der zweite Punkt unserer Kritik dieser neoliberalen Konzeption der Europäischen Union betraf die Dienstleistungsrichtlinie, die bedeutet hätte, dass kleine und mittlere Unternehmen, zum Beispiel aus Lettland, aus Estland, von wo auch immer, nach Österreich kommen und ihre Dienstleistung zu den Preisen und Bedingungen ihres Herkunftslandes hätten anbieten können. Das hätte aber eine wirkliche Gefährdung der Existenz vieler kleiner und mittlerer Unternehmen – und damit der Arbeitsplätze der hunderttausend Beschäftigten dort! – bedeutet! (Zwischenruf des Abg. Dr. Mitterleh­ner.)

Allein bei diesen zwei Punkten haben wir heftigst unsere Kritik angebracht.

Ein weiterer Punkt war, dass die Europäischen Union im Moment 19 Millionen, ja fast 20 Millionen Arbeitslose hat. Wir haben gesagt: Wo sind die Beschäftigungsinitiativen? Wo sind die Wachstumsinitiativen, damit es wieder ein Europa gibt, in dem – und jetzt kommen wir zu einem der Punkte – die Menschen, die hier leben, den Eindruck haben, dass ihre Interessen wahrgenommen werden, dass ihre Interessen nach Beschäfti­gung, nach Arbeit auch wirklich angesprochen und entsprechende Maßnahmen umge­setzt werden?

Das ist einer der vielen Gründe, warum es diese Skepsis gibt, warum es diese Kritik gibt: weil viele Menschen den Eindruck haben – auch hier in Österreich –, dass die Regierungschefs, die Minister, wenn sie nach Brüssel fahren – abgesehen davon, dass sie, wie ein Kommentator in den „Salzburger Nachrichten“ geschrieben hat, dort „mit gespaltener Zunge sprechen“ – dort keinen Beitrag leisten, damit den Interessen der Menschen in Europa auch wirklich entsprochen wird, dem Bedürfnis nach Beschäfti­gung, nach sozialer Sicherheit, nach einer Wachstumspolitik, die wichtig ist, damit die Sozialstaatsstrukturen in Europa weiter existieren können. (Abg. Dr. Fasslabend: Das stimmt nicht! ... Schröder ...!) – Jawohl, Herr Fasslabend, die Menschen erwarten sich auch von der Europäischen Union einen gewissen Schutz davor, dass der Globalisie­rungsdruck nicht 1 : 1 weitergegeben wird; sie erwarten sich, dass die Europäische Union dafür sorgt, dass es einmal so etwas wie eine soziale Union wird. (Abg. Dr. Fasslabend: So ist es!) – Ja! Aber die neoliberale Konzeption besagt: Es genügt, wenn es ein liberales Binnenmarktkonzept gibt; es genügt, wenn es eine bloße Wirt­schaftsunion ist mit Standortkonkurrenz, mit natürlich Steuerkonkurrenz – was wir ebenfalls kritisieren!

Uns ist das aber zu wenig! Wir meinen, es muss auch so etwas wie eine soziale Union geben. Es muss ein politisches Projekt sein.

Der Herr Bundeskanzler hat zu Recht gefragt: Welches Projekt, welches Modell der Europäischen Union wollen wir eigentlich? Dann müssen wir es aber auch ausspre­chen!

Dazu gibt es ein interessantes Zitat des ehemaligen französischen Premierministers Laurent Fabius – dessen Meinung zum Verfassungsvertrag ich nicht teile. Dieser hat gemeint, das momentane Bild, der Grund, warum die Stimmung in Europa so ist, ist, dass die Menschen empfinden, dass die EU „menschlich substanzlos, politisch identi-


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tätslos, geographisch uferlos“ ist. – Das ist die kurze Zusammenfassung einer Grund­stimmung, die man ernst nehmen sollte!

„Menschlich substanzlos“ deswegen, weil ich, wenn es 19 Millionen Arbeitslose gibt, dann sagen muss: Also bitte, das ist ernst zu nehmen!, das hängt auch mit Mensch­lichkeit und sozialem Mitgefühl zusammen.

„Politisch identitätslos“, weil es mehrere „Europas“ gibt: Euro-Zone, Schengen-Zone, Länder, die Mitglied der NATO sind, Länder, die ein Kerneuropa wollen, die „Trans­atlantiker“.

Weiters gibt es kaum eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und jetzt auch noch einen Streit um die Finanzvorschau, wobei es meiner Meinung nach legitim ist, dass darüber nachgedacht wird, was mit 40 Prozent des EU-Budgets im Landwirt­schaftsbereich passiert. Man soll das ruhig einmal reflektieren! Da hat Tony Blair Recht! Und es waren die Vorschläge von Dr. Gusenbauer meiner Meinung nach auch sehr berechtigt, darüber einmal ernsthaft nachzudenken, vor allem, wenn der Großteil, nämlich 90 Prozent, an den österreichischen Bauern vorübergeht – ein wichtiger Punkt! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grillitsch: ... Biobauern ...?)

Teil dieser neoliberalen Konzeption ist auch, dass der Erweiterungsprozess in dem Tempo, wie er zuvor vor sich gegangen ist, nach dem Scheitern des Verfassungsver­trages, auf Grund dessen man jetzt nicht einmal die Erweiterung von 15 auf 25 Staaten richtig „handeln“ kann, ungebremst weiterzugehen scheint!

Deswegen sollte man, meine ich, beim Beginn der Verhandlungen mit der Türkei, wenn dieses Verhandlungsmandat dann endgültig formuliert wird, danach trachten, dass die privilegierte Partnerschaft eine echte Alternative ist – und zwar auch im Hinblick darauf, dass es gilt, im mediterranen Raum, vielleicht auch am Westbalkan, vielleicht auch auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion an einer Konstruktion von Wirtschaftsräumen zu arbeiten, die sich in Assoziation mit der Europäischen Union als Partner entwickeln können.

Es sollte einem nicht immer gleich, wenn das alles diskutiert wird, nur die Beitrittsper­spektive einfallen. Es gibt auch andere Modelle, so wie es für Österreich zum Beispiel der Fall war. Wir waren auch nicht gleich Mitglied, da hat es vorher auch die Konstruk­tion einer speziellen Partnerschaft gegeben. Also warum soll das nicht auch für andere Räume und für andere Länder angedacht werden?!

Daher ist es, denke ich, so wichtig, dass man den Menschen in der Sprache und auch in den Taten nicht bloß vermittelt, staatsmännisches Geschick ist gefragt, es handelt sich um eine Führungsproblematik – nein, das politische Projekt Europa muss ein poli­tisches, soziales, aber auch wirtschaftliches und kulturelles sein. Und wenn man das nicht argumentieren kann, wird es das Misstrauen der Bevölkerung auch weiterhin geben. (Beifall bei der SPÖ.)

11.41


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Stummvoll. 8 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


11.41.34

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundes­kanzler! Herr Vizekanzler! Meine sehr geehrten Damen auf der Regierungsbank, insbe­sondere auch lieber neuer Herr Staatssekretär für EU-Fragen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der bekannte Publizist Alfred Payrleitner hat vor wenigen Tagen im „Kurier“ geschrieben, eine Kneipp-Kur könne auch für die Politik heilsam sein, und hat gemeint, dass die kalte Dusche der negativen Volksabstimmungen in Frankreich und Holland einen Bewusstseinsprozess in Gang gesetzt hat, der sich verstärken wird,


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einen Bewusstseinsprozess in zweifacher Richtung: einmal dass die Wünsche, Sor­gen, Ängste und Hoffnungen der Bürgerinnen und Bürger Europas einfach ernst genommen werden müssen und zweitens dass wir Europa mehr diskutieren müssen, darüber diskutieren müssen, wie der Bundeskanzler gesagt hat, welches Europa wir wollen, und Europa auch mehr kommunizieren müssen.

Meine Damen und Herren, es ist eine Banalität – ich spreche es aber trotzdem aus –: Die Zukunft Europas wird in hohem Maße davon abhängen, wie hoch die politisch-emotionale Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger Europas ist. Das wird die Zukunft Europas sein, meine Damen und Herren, und danach müssen wir auch handeln. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wenn wir nun feststellen, meine Damen und Herren – und viele Vorredner haben das bereits angesprochen –, dass wir derzeit mit so etwas konfrontiert sind wie einer gewis­sen Europa-Müdigkeit, Europa-Skepsis, so möchte ich sagen: Das hat sicher verschie­dene Gründe. Ich möchte nur zwei anführen, die aus meiner Sicht wichtig sind.

Schauen wir uns einmal an, wie die EU den Bürgerinnen und Bürgern gegenübertritt. Da spielt die veröffentlichte Meinung natürlich eine entscheidende Rolle. Wie sollen sich die Bürger sonst eine Meinung bilden? Sie hören die Nachrichten, sie lesen die Zeitungen, informieren sich über Fernsehen und Radio. Wie tritt die EU also den Bür­gern gegenüber? Eigentlich ziemlich unsympathisch. Da ist monatelang zu lesen von den Machtkämpfen zwischen den Spitzenpolitikern in der EU, bis hin zu Spötteleien über die Esskultur in anderen Ländern. Da ist monatelang zu lesen von Spesen- und Privilegienskandalen im EU-Parlament. Da ist monatelang zu lesen von geradezu absurden Reglementierungen; Stichwort: Darf Marmelade Marmelade heißen? Da ist davon die Rede, als würde die Türkei schon morgen beitreten. Da heißt es: In der Transitfrage im Stich gelassen!, und Ähnliches mehr.

Meine Damen und Herren! Seien wir ehrlich: Bei jeder Meinungsumfrage kommt das heraus, was ich vorher monatelang „hineinblase“!

Aber die andere Seite der EU, meine Damen und Herren, ist eine faszinierende, eine strahlende Seite: Es gibt keine Alternative zum Friedensprojekt Europa. Es gibt keine Alternative zum Sicherheitsprojekt Europa. Es gibt keine Alternative zum Stabilitäts­projekt Europa! Es gibt keine Alternative zu gemeinsamen Wachstums- und Beschäfti­gungsstrategien in Europa. Und es gibt auch keine Alternative zu gemeinsamen Stra­tegien zur Erhaltung einer lebenswerten Umwelt, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren, ich will es jetzt nicht vereinfachen, aber für mich besteht die Lösung darin, dass die EU, wirtschaftlich formuliert, sich auf ihre Kernkompetenzen besinnt, denn diese Kernkompetenzen Frieden, Sicherheit, Stabilität, Wirtschaft und Wachstum und so weiter (Abg. Dr. Cap: Soziales!), auch die soziale Komponente, haben zweifellos eine gewaltige Mehrheit der europäischen Bevölkerung hinter sich. Das ist der wahre Kern, und das ist jenes Modell Europa und jenes europäische Le­bensmodell, das wahrscheinlich bei jeder Volksabstimmung eine überwiegende Mehr­heit der Bürgerinnen und Bürger hinter sich hätte.

Schauen wir uns das Beispiel Österreich an; mein Kollege Michael Spindelegger hat es schon erwähnt: Österreich hat von der Mitgliedschaft enorm profitiert. Die Entschei­dung unserer Bürger vor mehr als zehn Jahren, zwei Drittel für den EU-Beitritt, war eine richtige Entscheidung. Wir sind Wohlstandsgewinner. Kein Land in Europa hat so sehr von der Osterweiterung profitiert. Wenn wir heute drei Mal so viele Exporte nach Mittel- und Osteuropa haben wie noch vor zehn Jahren, so ist das ein Wohlstands­gewinn. Exporte heißen Arbeitsplätze, heißen Einkommenschancen, heißen letztlich soziale Sicherheit. Die Bedeutung des kleinen Landes Österreich international ist


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gestiegen. Es ist eine faszinierende Aufgabe, Europapolitik mitgestalten zu können. Sicherheit, Freiheit und Frieden sind auf einem sicheren Fundament. Das ist der Vorteil einer Mitgliedschaft Österreichs in der EU, meine Damen und Herren. Die Bevölkerung hat vor zehn Jahren richtig entschieden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren, wie soll es weitergehen? – Wir haben heute einen Ent­schließungsantrag eingebracht zur Frage Finanzvorschau der EU. Was sind hier die strategischen Interessen unseres Landes? Wir haben vor wenigen Tagen auch im EU-Ausschuss darüber diskutiert. Natürlich erstens als Nettozahler, dass wir schauen wer­den, dass möglichst der 1-Prozent-Beitrag beibehalten werden kann. Ob es jetzt 1,0 oder 1,05 oder 1,06 sind, ist meines Erachtens belanglos. (Abg. Dr. Van der Bellen: Aber die 1 Prozent sind nicht netto!) – Herr Kollege Van der Bellen, ich kann mir den­ken, welcher Zwischenruf jetzt kommt.

Ich möchte eines auch sagen: Ich möchte dem Herrn Bundeskanzler und der Frau Außenministerin gratulieren zu den bisherigen Verhandlungserfolgen, denn der Aus­gangspunkt waren bitte 1,24 Prozent, und derzeit stehen wir bei 1,06 Prozent – ein gewaltiger Erfolg! – Herr Bundeskanzler, Frau Außenministerin, herzliche Gratulation dazu! (Beifall bei der ÖVP.)

Das zweite strategische Interesse, meine Damen und Herren: Natürlich werden wir schauen, dass die Rückflüsse aus der EU so sind, dass Österreich hier wieder Gewin­ner ist. Da geht es um die ländliche Entwicklung; Vorredner haben es bereits ange­sprochen. Herr Kollege Gusenbauer, wir verlangen nur eines, wir verlangen Fairness für den ländlichen Raum. Ich selbst komme aus einem Wahlkreis, Waldviertel, der eine ländliche Region ist.

Kollege Cap hat es heute unglücklicherweise wieder getan, diese berühmte Punze 40 Prozent angesprochen. – Herr Kollege Cap, lassen Sie mich eines sagen: Nach Adam Riese gilt Folgendes: Die EU hat ein Budget von ungefähr 1 Prozent des Sozial­produktes. Nach Adam Riese sind 40 Prozent von 1 Prozent 0,4 Prozent, und 0,4 Pro­zent des europäischen Sozialproduktes sollen uns gesunde Lebensmittel, ein gesun­des Wasser, eine gute Kulturlandschaft einfach wert sein. So simpel ist das, Herr Kollege Cap! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Dr. Partik-Pablé.)

Ich erwähne auch die transeuropäischen Netze, ich erwähne die Grenzregionen. – Herr Bundeskanzler, herzlichen Dank für diesen Sonderfonds: 150 Millionen für Grenz­regionen. Ich weiß, wovon ich spreche, ich komme aus dem Waldviertel.

Der dritte Punkt, das dritte strategische Interesse betrifft die Sondersituation Öster­reichs mit dieser großen Grenze. Das heißt regionale Wettbewerbsfähigkeit, das heißt grenzüberschreitende Kooperationen. Das sind die Sonderinteressen Österreichs.

Zum Abschluss, meine Damen und Herren, der Schlusssatz von mir lautet: Wir brau­chen zweifellos mehr Europa im Bereich der Sicherheit, mehr Europa im Bereich der Stabilität, mehr Europa im Bereich gemeinsamer Strategien für Wachstum und Be­schäftigung. Wir brauchen aber weniger Europa in den Bereichen Bürokratie, Regle­mentierung, Geheimdiplomatie und Bürgerferne. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. 8 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


11.49.06

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Frau Außenministerin! Herr Staatssekretär Winkler! Herr Vizekanzler


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und Herr Staatssekretär auf der Regierungsbank! Lassen Sie mich zu Beginn meiner Ausführungen auch im Namen der Grünen Herrn Botschafter Dr. Winkler zu dieser Funktion, die er jetzt als Staatssekretär für die österreichische EU-Präsidentschaft übernommen hat, herzlich gratulieren! Ich kenne Sie als einen sehr erfahrenen, aus­gezeichneten Diplomaten, als einen sehr geschätzten Völkerrechtler, und ich möchte Ihnen hier sowohl persönlich als auch für diese Funktion sehr viel Erfolg wünschen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen.)

Das vorangestellt möchte ich aber schon noch anführen, dass wir diese Entscheidung zwar begrüßen, aber gleichzeitig mir wirklich nicht verständlich ist, warum nicht von den anderen sechs Staatssekretären, die es schon gibt und deren Bilanz in der Öffent­lichkeit und auch uns gegenüber nicht sichtbar ist, einer eingespart wurde. Ich möchte außerdem betonen, dass es sich noch dazu um lauter Männer handelt; die Regierung sagt immer, das sei so toll, die Regierung bestehe zur Hälfte aus Frauen und zur Hälfte aus Männern; das stimmt einfach nicht, denn wenn man die Staatssekretäre dazuzählt, dann kippt diese Bilanz.

Notwendig ist diese neue Funktion, dieses Staatssekretariat, diese Unterstützung im Außenamt für die Außenministerin, für die Präsidentschaft. Leider kommt es relativ spät, denn jetzt beginnt schon die Zeit der Troika, die Zeit, in der Österreich gemein­sam mit Großbritannien das alles vorbereitet und auch zusammenarbeitet.

Was mich vor allem stört an der Vorgangsweise, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, ist: Technisch ist ziemlich klar, was alles ablaufen muss, auch orga­nisatorisch. Auf Österreich kommen da wahnsinnige Anstrengungen zu. Das ist die Pflicht – da wissen wir, was zu tun ist. Aber wo ist die Kür? Wo ist das, was Sie, Frau Außenministerin, Sie, Herr Bundeskanzler – vom Staatssekretär werden wir es ja viel­leicht noch hören –, mit dieser Präsidentschaft vorhaben? Wo sind die inhaltlichen Vorgaben, was da gemacht werden soll? Es steht so viel an! Gerade diese Schwä­chung des gemeinsamen europäischen Projektes, die es durch die Nein bei den Refe­renden gegeben hat, ist doch etwas, wo man nicht nur hergehen und sagen kann: Jetzt hören wir einmal zu, was die anderen tun!

Was sind denn Ihre konkreten Vorgaben? Was wollen Sie denn zum Beispiel erreichen mit dem EU-Lateinamerika-Gipfel, der nächstes Jahr stattfinden wird? Da geht es um relativ viel. Da geht es vor allem um die Frage: Will hier Europa Solidarität zeigen mit den ärmsten Bevölkerungsschichten, mit den indianischen Ureinwohnern und Urein­wohnerinnen, mit der indigenen Bevölkerung, mit der ländlichen Bevölkerung, die durch Freihandelsabkommen, die es zum Beispiel im nordamerikanischen Raum schon gibt, ziemlich an den Rand gedrängt worden ist und wo es massive Schwierigkeiten gibt? Will Österreich für diesen EU-Lateinamerika-Gipfel so etwas wie Solidarität be­kunden, oder geht es nur darum, dass man weiter Freihandelszonen errichtet? Das ist nicht die Globalisierung, die hier sehr vieles erschwert, sondern das sind ganz konkrete Maßnahmen, die gesetzt werden. Was wollen Sie bei diesem Gipfel zum Beispiel erreichen?

Oder bei dem EU-USA-Gipfel, der stattfinden soll? Präsident Bush hat zwar bekundet, dass er sich ein starkes Europa wünscht, aber wir wissen, dass insgeheim hier schon so etwas vorliegt wie – nennen wir es so – Schadenfreude darüber, dass dieses Pro­jekt des gemeinsamen Europa geschwächt ist.

Was haben Sie denn vor, bei diesem EU-USA-Gipfel auch gegenüber den Vereinigten Staaten zu präsentieren? Was haben Sie vor, da zu machen? Wo sind diese Vorstel­lungen, wie wir aus dieser Situation des angeblich geschwächten, zumindest verzö­gerten Projektes des gemeinsamen Europa wieder herauskommen? Dazu haben wir leider von Ihnen keine Vorstellungen gehört. (Zwischenbemerkung von Bundesministe-


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rin Dr. Plassnik.) – Wenn Sie sagen: Zuhören!, Frau Ministerin, dann ist das leider zu wenig. Aber der Punkt, wo es sehr wohl ums Zuhören ginge, findet leider nicht statt. Im Nationalrat, in den Ausschüssen haben wir kaum Debatten zu diesem Thema.

Frau Ministerin! Herr Bundeskanzler! Wir haben ja beschlossen, dass es viermal im Jahr einen Europatag in diesem Parlament geben soll. Das ist sehr zu begrüßen, das ist ein wichtiger erster Schritt. Aber wenn dann beschlossen wird, dass der an dem­selben Tag, an dem das Europaparlament tagt, stattfindet, wodurch die Europaabge­ordneten keine Chance haben, sich hier an der Debatte zu beteiligen, dann muss ich sagen: Das ist ein Schuss ins eigene Knie. Es wäre nämlich notwendig, das gemein­sam zu machen, um auch in der Bevölkerung mehr europäisches Verständnis zu wecken.

Ein anderer Punkt betrifft noch einmal die Frage, was Sie für diese Präsidentschaft vorhaben. Schon x-mal haben wir versucht, das mit Ihnen, Frau Ministerin, in einem EU-Unterausschuss zu debattieren. Vielleicht findet dieser jetzt irgendwann im Herbst statt.

Frau Ministerin, wenn Sie die Funktion der Abgeordneten dieses Hauses als Vermittler und Vermittlerinnen für dieses europäische Projekt, das Ihnen ja ein Anliegen ist, stär­ker nützen wollen, dann ist es auch notwendig, Inhalte intensiver mit uns zu debattie­ren, denn wir sind die, die vermitteln gegenüber all jenen in der Bevölkerung, mit denen wir ständig zu tun haben. Und da kann ich nur sagen: Leider finden solche Debatten viel zu selten statt!

Zum Beispiel zur Dienstleistungsrichtlinie, die heute auch schon erwähnt worden ist. Es hat Monate gedauert, bis dem Wunsch der Grünen, das endlich auch im Nationalrat zu debattieren, nachgekommen worden ist. Es ist der Bevölkerung, aber auch uns völlig unverständlich, wie vertretbar sein soll, dass Menschen aus anderen EU-Staaten in Österreich zu niedrigeren Standards als in Österreich üblich beschäftigt werden sollen und dadurch österreichische Arbeitskräfte verdrängen. Diese Art von Dumping im Sozialbereich – im Umweltbereich gibt es das auch –, von Dumping bei den Standards, für die Europa bekannt ist, das kann es nicht sein, das brauchen wir nicht für dieses gemeinsame Europa! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Daran ist nicht die EU schuld, daran ist nicht die Globalisierung schuld, sondern es sind Sie, meine Damen und Herren von der Bundesregierung, die diese Positionen in Europa, in Brüssel vertreten. Das ist nicht die EU, das ist nicht ein abstraktes Konglo­merat, sondern das ist die österreichische Bundesregierung, die zum Beispiel immer noch für diese Dienstleistungsrichtlinie eintritt.

Wir Grünen wollen das diskutieren. Wir erwarten uns von Ihnen, dass es hier mehr Debatte gibt und dass nicht weiterhin immer wieder gesagt wird: Europa ist weit weg von uns! – Dieses Europa, diese EU, das ist nicht dort irgendwo, das sind wir hier! Wir sind mitten in diesem Europa drinnen!

Da kann ich nur sagen: Der Entschließungsantrag, der vom Kollegen Spindelegger eingebracht wurde, in dem Sie schreiben, Sie wollen weiterhin nur 1 Prozent des Brut­tonationalproduktes zahlen ... (Bundeskanzler Dr. Schüssel: Etwa!) – Herr Bundes­kanzler, Sie haben jetzt „etwa“ geflüstert. In diesem Antrag steht dezidiert „1 Prozent“ – keinen Cent mehr! Gleichzeitig wollen Sie aber viel mehr herausbekommen. Wie das gehen soll, das frage ich mich schon. Das ist tatsächlich Kleinkrämerei, europäische Kleinkrämerei, Herr Bundeskanzler! (Beifall bei den Grünen.)

Wenn Kollege Stummvoll erklärt, dass ein europäischer Erfolg dann stattfindet, wenn wir weniger zahlen, dann muss ich Ihnen sagen: Das kann es doch nicht sein! Das ist die Europa-Linie der angeblichen Europa-Partei ÖVP: Wir wollen so wenig wie möglich


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zahlen!? (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Wir sind eines der reichsten Länder der Europäischen Union, und deswegen ist das Modell „weniger zahlen, aber mehr herausholen“ nicht europäisch gedacht. Wir und diese Bundesregie­rung sind dieses Europa, und das heißt auch mehr zahlen.

11.57


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete, Ihre Redezeit ist leider be­reits überzogen. Einen Schlusssatz lasse ich noch zu. (Abg. Mag. Lunacek: Das war schon mein Schlusssatz! – Abg. Neudeck: Das waren ja schon drei Schlusssätze! – Beifall bei den Grünen für die das Rednerpult verlassende Abg. Mag. Lunacek.)

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Bösch. Redezeit: 8 Minuten. – Bitte.

 


11.57.40

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch als Freiheitlicher begrüße ich die Bestellung des Herrn Staatssekretärs Winkler in die Bundesregierung. Freilich wäre es – das sage ich auch – gescheiter gewesen, Sie an Stelle eines anderen Staatssekretärs zu berufen, weil – und das entnehme ich Ihren ersten öffentlichen Aussagen – Sie eigentlich nicht die Absicht haben, Politik zu machen, sondern sich wirklich auf die Funktion eines Sek­retärs der Außenministerin beschränken wollen, und das bedauere ich. Ich bedauere das deshalb, weil wir ein Mitglied im Kabinett haben sollten, das sich ausschließlich mit den Agenden der Europäischen Union befasst, weil diese Agenden keine klassische Außenpolitik und auch keine klassische Innenpolitik mehr sind, sondern einen beson­deren politischen Aufwand erfordern, den wir leisten müssen, weil dieses Thema ein sehr wichtiges ist.

Meine Damen und Herren! Die EU-Politik befindet sich in einer Krise. Wir sollten das nicht wegdiskutieren, wir sollten das akzeptieren. Wir sollten auch klar sehen, dass alle Politikbereiche neu auf die Waagschale der europäischen Politik geworfen werden müssen. Über alle Politikbereiche muss in den nächsten Monaten neu und grundsätz­lich diskutiert werden. Dazu zählt auch die Finanzierung. Es ist deshalb gut, dass die österreichische Bundesregierung hier ein klares Ziel hat, nämlich diese einprozentige Belastung in Bezug auf die Nettozahlung beizubehalten. Wir Freiheitlichen unterstützen das und hoffen, dass auch die österreichische Bundesregierung in diesen Bereichen Erfolg haben wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Auch über die Renationalisierung der verschiedensten Bereiche ist, glaube ich, grund­sätzlich neu zu diskutieren. Das wird ja auch von zum Beispiel Landwirtschaftspoliti­kern nicht ausgeschlossen, dass es in diesen Bereichen vernünftig wäre, neu über die Aufgabenstellung, über die Aufgabenteilung zwischen Europäischer Union und Mit­gliedsländern nachzudenken, damit diese Politikbereiche in eine vernünftige Bahn gebracht werden.

Schlagworte wie „Agrarfabriken“ sind heute schon gefallen. Ich wiederhole sie: „Agrar­fabriken“, „Tiertransporte“, all das sind Schlagworte, die die Menschen in Europa bewegen, auf die aber bis jetzt noch keine ausreichende Antwort von Seiten der Euro­päischen Union gefunden worden ist.

Der nächste Punkt ist die Erweiterung. Wir müssen klar sehen, dass die Erweiterung, wie sie von den europäischen Ebenen bisher betrieben worden ist, eine zu rasche war. In den Erweiterungsschritten, die stattgefunden haben, können die Bürger der Union den Politikern nicht folgen. Es geht dabei vor allem um den Beitritt der Republik Türkei.

Niemand hat verstanden, dass die Europäische Union einerseits in einem Bereich große Schwierigkeiten mit den negativen Auswirkungen der Globalisierung hat, aber


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gleichzeitig eine schrankenlose Erweiterung propagiert. Die Europäische Union hat hier klar einzuhalten, sie hat hier klar ihre Grenzen zu erkennen und auch zu formulieren. Das muss heißen, da kann es nur heißen, meine Damen und Herren der Bundesregie­rung, Herr Bundeskanzler – Sie, Frau Außenministerin, spreche ich jetzt im Besonde­ren an, weil der Herr Staatssekretär angekündigt hat, sich nur auf die EU-Präsident­schaft zu konzentrieren –: Keine Beitrittsverhandlungen mit der Türkei!

Ich sage das vor allem Ihnen, Herr Bundeskanzler, weil ich Sie auch bei der Vorberei­tung zum Dezember-Gipfel als einen durchschlagskräftigen Politiker erlebt habe, weil ich gesehen habe, dass Sie Positionen Österreichs, die anfangs als aussichtslos gegolten haben, dennoch durchgesetzt haben. Und in diesem Abschlusspapier des Dezember-Gipfels steht klar nachzulesen, dass die Verhandlungen mit der Türkei offen sind, dass es eine so genannte Stopptaste – haben Sie übersetzend gesagt – geben soll, dass also bei Menschenrechtsverletzungen und ähnlichen Vorfällen diese Ver­handlungen jederzeit gestoppt werden können.

In diesem Abschlusspapier steht auch, dass es, wenn es zu keinem Beitritt der Türkei kommt, zu einer anderen Variante der Zusammenarbeit, die mit der Union vertraglich festgelegt wird, kommen soll. Diese drei Vorhaben gilt es jetzt auf den Punkt zu brin­gen, Herr Bundeskanzler und Frau Außenministerin.

Es wird noch im Laufe des Sommers ein Rat für Allgemeine Angelegenheiten stattfin­den, der dieses Procedere noch einmal behandeln wird. Ich ersuche Sie, dafür einzu­treten, dass sich die Europäische Union dessen bewusst wird, dass die Republik Türkei noch nicht reif dafür ist, dass man mit ihr in Beitrittsverhandlungen eintritt. Ich ersuche Sie, diesbezüglich klare Schritte zu setzen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Ankündigung, eine Volksabstimmung über einen allfälligen Beitritt der Türkei abzu­halten, ist ja gut und recht – ich unterstütze das auch –, aber es ist, so glaube ich, nicht der richtige Weg, dass man, wenn man mit einem Land über viele Jahre hinweg Ver­handlungen führt, ihm sozusagen die Karotte vor die Nase hält, es aber, wenn es dann so weit sein soll, in einigen nationalen Volksabstimmungen zu einer Ablehnung kommt. Ehrlicher und fairer wäre es, wenn die Europäische Union a priori sagte: Die Türkei kann nicht Mitglied der Union werden! Wir bekennen uns dazu und wir sagen das offen und ehrlich! (Beifall der Abg. Dr. Partik-Pablé.)

Meine Damen und Herren! Der andere Bereich ist der neue Verfassungsvertrag. Die EU-Verfassung, die jetzt gescheitert ist, braucht einen Ersatz. Wir müssen uns darum bemühen, auch hier einen neuen Verfassungsvertrag auf Schiene zu bringen, ihn europaweit zu diskutieren, um sicherzustellen, dass dieses Europa der 25 oder 27 auch funktioniert. Es war der große Wert des Verfassungsvertrages, der erarbeitet worden ist, dass er diese Funktionsfähigkeit tatsächlich sichergestellt hat. Es wird auch eine wesentliche Aufgabe der österreichischen Präsidentschaft sein, dass dieser Ver­fassungsvertrag diskutiert und dann von vornherein gesagt wird, dass er einer plebis­zitären Entscheidung unterworfen werden wird.

Sie haben heute wieder von einer europaweiten Volksabstimmung geredet. Herr Bun­deskanzler, ich begrüße das, aber eine europaweite Volksabstimmung kann nicht die nationalen Kompetenzen ersetzen. Wir können nicht einen europaweiten Wahlkreis haben, in dem quasi ein Verfassungsvertrag akzeptiert wird, der aber gleichzeitig in einem Land wie Österreich eigentlich abgelehnt wird. Dann ist es schwierig, den Bür­gern dieses Landes zu erklären, warum der Verfassungsvertrag dennoch in Geltung kommt. Also kann eine europaweite Volksabstimmung nur in Zusammenhang mit einem nationalen Plebiszit gesehen werden. Deshalb sollten wir auch das offen sagen, deshalb sollte auch das Inhalt der österreichischen Präsidentschaft sein, dass eben die Menschen in Europa in dieser Frage Klarheit haben.


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Ich meine, dass es wichtig ist, dass Österreich diese Präsidentschaft im ersten Halb­jahr des nächsten Jahres führt. Ich hoffe, dass wir in allen diesen Bereichen, Herr Bundeskanzler, nämlich im Bereich der Finanzierung, im Bereich der Maßnahmen ge­gen die schrankenlose Globalisierung, im Bereich des Stopps der Erweiterung, aber auch im Bereich der Volksabstimmung in Bezug auf einen neuen Verfassungsvertrag wirklich klare und bürgernahe Akzente setzen. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Glaser.)

12.05


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundesminis­terin Dr. Plassnik. Frau Bundesministerin, Ihre Redezeit beträgt 8 Minuten. – Bitte.

 


12.05.33

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Frau Prä­sidentin! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich freue mich, dass das Team an der Spitze des Außen- und Europaministeriums mit Staatssekretär Winkler verstärkt wurde. Uns beide verbindet eine jahrelange, ja jahr­zehntelange Zusammenarbeit, ein Vertrauensverhältnis und bei mir auch das Wissen, dass Staatssekretär Winkler der Bundesregierung, und zwar der gesamten Bundes­regierung, Unterstützung für eine rot-weiß-rote Präsidentschaft in der Europäischen Union geben wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich bin froh darüber, dass wir damit ein Signal der Professionalität gesetzt haben, ein Signal auch für die Ernsthaftigkeit, mit der wir dieser Aufgabe entgegengehen. Der Zeitpunkt war aus meiner Sicht vollkommen richtig gewählt, denn die terminlichen Ver­pflichtungen haben sich mit dem Eintritt in die Troika entsprechend vervielfacht. Allein während der britischen Präsidentschaft wird es acht Außenministertagungen, sieben Treffen auf Außenministerebene beziehungsweise Staatssekretärebene mit dem Euro­päischen Parlament und 39 Drittstaatstreffen auf Ministerebene geben. Und bei diesen kann mich nur ein Staatssekretär vertreten.

Die Präsidentschaft – das habe ich immer gesagt, auch in diesem Haus – ist ein Dienst, den wir an unsere Partner in Europa und in der Welt erbringen. Eine EU-Präsi­dentschaft ist ganz besonders nicht eine Bühne zur Selbstdarstellung, sie ist auch kein Repräsentationsanlass – das ist lächerlich – und schon gar nicht eine Wahlkampfver­anstaltung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich bitte wirklich darum, dass wir diese Aufgabe ernst nehmen, und zwar alle ernst nehmen. Wir, mein Team, Staatssekretär Winkler und ich werden gemeinsam arbeiten in der Substanz, an all den Substanzthemen, die auf dem Tisch liegen, deren Relief sich jetzt nach dem letzten Europäischen Rat besser abzeichnet. Wir dürfen im Übri­gen auch nicht der britischen Präsidentschaft nicht zutrauen, Europa in manchen Punkten weiterzubringen. Die Tagesordnung der britischen Präsidentschaft ist auch umfangreich, wir werden die Briten auch bestmöglich dabei unterstützen, voranzu­kommen.

Ich erwähne insbesondere den Vorschlag des britischen Premierministers, bei einer Sondertagung, einer informellen Tagung der Staats- und Regierungschefs im Oktober die Frage der Nachhaltigkeit des europäischen Sozialmodells näher zu behandeln.

Wir werden eine aktive Präsidentschaft haben, wir werden eine engagierte Präsident­schaft sein, wir werden uns als umsichtige Vorarbeiter, aber auch als Brückenbauer und Vermittler einbringen, wenn das möglich ist. Sacheinigungen können wir nur dann erzielen, wenn 25 Länder gemeinsam an einer Sache arbeiten, wenn wir uns alle eini­gen.


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Wir sind in der Sache gut vorbereitet. Österreich hat sich im Inneren nicht um die not­wendigen Reformen gedrückt. Österreich ist ein engagierter, ein glaubwürdiger euro­päischer Partner. Wir haben jetzt die Chance, zu zeigen, dass wir unsere Vorteile als mittelgroßes, erfolgreiches Land einbringen werden, und zwar im Interesse des euro­päischen Einigungswerkes. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Europa steht jetzt vor einer Bewährungsprobe, die Debattenbeiträge haben es aufge­zeigt. Es gibt Risse, es sind Risse sichtbar geworden, es ist aber auch sehr viel Unbe­hagen, sehr viel Zorn in den beiden Referenden zum Ausdruck gekommen. Und der Kristallisationspunkt, das Ventil dafür war der Verfassungsvertrag. Dieser Verfas­sungsvertrag, meine Damen und Herren, Hohes Haus, ist nicht im Altpapier-Container gelandet, dieser Verfassungsvertrag wurde in der Zwischenzeit auch vom zypriotischen Parlament genehmigt. Heute behandelt das maltesische Parlament den Verfassungs­vertrag, und in wenigen Tagen, am 10. Juli, wird in Luxemburg eine Volksabstimmung dazu stattfinden.

Wir sollten es ernst nehmen, dass auch die Bevölkerung und die gewählten Volksver­treter dieser Länder eine Chance haben, ihre Bewertung des europäischen Verfas­sungsvertrages zum Ausdruck zu bringen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir sollten uns daher weiterhin davor hüten, Schnellsiederezepte oder Knopfdruck­lösungen in den Vordergrund zu stellen. Was wichtig ist, ist, dass jetzt bezüglich dieser Frage eine Zeit des Nachdenkens und des Vordenkens beginnt. Und diese „Zeit der Reflexion“, wie es im Beschluss der Staats- und Regierungschefs vom Juni heißt, wird in jedem der EU-Länder für eine ausführliche Diskussion genützt werden, an der die Bürger, die Zivilgesellschaft, die Sozialpartner und die nationalen Parlamente sowie die politischen Parteien teilnehmen werden.

Ich bitte Sie heute schon: Engagieren wir uns, engagieren Sie sich! Wir können es nur gemeinsam tun.

Der Kern dieser Europadebatte, dieser österreichischen Europadebatte, die stattfinden wird, ist für mich die Frage: Wie wollen wir leben? Es ist die Frage nach dem europäi­schen Lebensmodell, wie wir es in der globalisierten Welt zukunftsfest machen können.

Was wollen wir? – Wir wollen in diesem Europa in Frieden leben, wir wollen auch das Friedensprojekt Europa in unserer Generation weiterentwickeln, dort, wo es notwendig ist, etwa auf dem Balkan. Wir wollen Nachhaltigkeit, wir wollen eine gute Umweltpolitik, wir wollen soziale Sicherheitsnetze, wir wollen die kulturelle Vielfalt und die Vielfalt der Lebensformen, die sich in diesem spezifischen europäischen Lebensmodell zusam­menführen lassen.

Wir wollen daher mit den Bürgern diskutieren, Europa hört zu. Es ist notwendig, auf die Sorgen einzugehen, auf die Skepsis einzugehen, selbstverständlich auch auf die Kritik. Wir können und werden diese Diskussion kontroversiell führen. Am Ende wird aber aus meiner Sicht etwas stehen, was mir schon wichtig ist: Für uns, für Österreich ist die Europäische Union, ist Europa etwas, was uns nützt, etwas, was uns schützt – eine Erfahrung, die uns nützt, eine Erfahrung, die uns schützt.

Mein Ministerium, gemeinsam mit Staatssekretär Winkler, wird bemüht sein, in allen Sachfragen, auch in der Organisation, in der Logistik dieser vor uns stehenden Präsi­dentschaft das Bestmögliche zu tun, österreichische Interessen wirksam einzubringen und Europa zu verbessern – Tag für Tag, Schritt für Schritt in der Alltagsarbeit! – Danke, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP, den Freiheitlichen sowie des Abg. Schieder.)

12.13



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Schieder. Die nächsten Redner haben jeweils eine Redezeit von 5 Minuten. Das ist sehr knapp, ich werde auch rechtzeitig abläuten. Ich ersuche um genaue Einhaltung der Redezeit. – Danke.

Bitte, Herr Abgeordneter.

 


12.13.28

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Hohe Regierungsbank! Herr Bundeskanzler! Es war sehr schön, Ernst Sucharipa zu erwähnen, sein Tod hat uns alle getroffen, er fehlt uns allen sehr. (Allgemeiner Beifall sowie Beifall des auf der Regierungsbank sitzenden Staatssekretärs Dr. Winkler.)

Zum neuen Staatssekretär: Ich kenne Hans Winkler sehr lange, ich schätze ihn sehr, er ist erfahren, professionell und fleißig. Er hat mit dem EU-Parlament in Straßburg, aber auch im Nationalrat mit dem Außenpolitischen Ausschuss sehr gut zusammen­gearbeitet. Wir wünschen ihm für seine Aufgabe alles, alles Gute! (Allgemeiner Beifall.)

Es ist richtig, dass aus Anlass des EU-Vorsitzes ein Staatssekretär im Außenamt be­stellt wird, noch richtiger wäre es gewesen, einen anderen Staatssekretär einzusparen. Am besten wäre es gewesen – die Frau Außenministerin hat ja vom Signal des Profes­sionalismus gesprochen –, aus Anlass der Bestellung eines Fachstaatssekretärs gleich mit dem System zu brechen, das aus der Vergangenheit stammt, das auch meine Par­tei früher angewendet hat, dass es nämlich Staatssekretäre gibt, die in Wirklichkeit aus Proporzgründen oder zur gegenseitigen Kontrolle von Regierungsparteien installiert werden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Wie ist das im Finanzministerium?)

Zur Frage des EU-Vorsitzes. Durch den Zustand der EU ist die Aufgabe für Österreich, wie richtig gesagt wurde, noch bedeutender geworden. Der österreichische Vorsitz findet in schwierigen Zeiten statt. Daher ist das, worum wir ersucht und was wir ein­gefordert haben, nämlich die Einbeziehung aller Fraktionen dieses Hauses in die Vor­bereitung, in die Absichten und in die inhaltlichen und terminlichen Details, auch be­deutender geworden. Ich bin sehr froh darüber, dass die Frau Außenministerin dies nunmehr zugesagt hat und auch ein Termin dafür in nächster Zeit vorgesehen ist.

Sie müssen aber auch unsere Sorgen verstehen. Unsere Sorge war es, dass die große europäische Aufgabe der Vorsitzführung, des Vorsitzkonzeptes so sehr von Wahl­kampfüberlegungen durchdrungen wird, dass man dabei einfach die Opposition nicht in Unterlagen Einblick nehmen lassen wollte und dass wir alleine aus diesem Grunde schon nicht informiert werden. Ich hoffe im Interesse unseres Landes, dass diese Sorge unbegründet ist.

Zur Erweiterung der EU: Ich bin nicht auf der Linie derer, die hier einen Quasistopp wollen. Ich glaube, dass Bulgarien und Rumänien auf gutem Wege sind, die Bedingun­gen für einen Beitritt wirklich zu erfüllen, ich bin auch für die Heranführung der anderen Staaten Südosteuropas an die Europäische Union mit Kroatien als nächstem Erweite­rungsschritt. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ und ÖVP.)

Das liegt nicht nur im Interesse dieser Länder und der Stabilität am Balkan, sondern auch im Interesse Österreichs, unserer Sicherheit und unserer Wirtschaft. Neben die­sen Ländern selbst wird unser Land zu den größten Nutznießern eines solchen Pro­zesses zählen. (Beifall bei der SPÖ und der ÖVP.)

Zum Projekt Europa und zur Krise in Bezug auf den Verfassungsvertrag. Wir wissen, dass die Neins in den Referenden nicht bloß dem Verfassungsvertrag gegolten haben, sondern Unmutszeichen waren, Unmutszeichen gegen demokratiepolitische, soziale und andere Mangelerscheinungen in der EU. Es gilt dort anzusetzen, es gilt, diese


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Dinge in der EU zu ändern. Da haben sich auch der Rat selbst und die Kommission an der Nase zu nehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Abschließend, meine Damen und Herren: Die Regierungsparteien haben einen Ent­schließungsantrag eingebracht. Unsere Zustimmung scheint ihnen so wichtig zu sein, dass sie ihn uns nicht einmal vorher gezeigt haben. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Ich bringe daher einen eigenen Entschließungsantrag ein (Abg. Neudeck: Das geht aber nicht!) und erkläre ihn in seinen Grundzügen dahin gehend (Präsidentin Mag. Prammer gibt neuerlich das Glockenzeichen), dass es jener Entschließungsan­trag ist, der dem Unterausschuss vorgelegt worden ist. Wenn Sie ihm zustimmen, dann wird es gut für Österreich und für die Union sein. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schieder dreht sich zur Regierungsbank um und reicht Staatssekretär Dr. Winkler die Hand.)

12.18


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der von Herrn Abgeordnetem Schieder einge­brachte Entschließungsantrag wurde schriftlich überreicht. Ich habe ihn wegen seines Umfanges gemäß § 53 Abs. 4 GOG zur Verteilung bringen lassen. (Abg. Neudeck: Das kann nicht sein! Er bringt mit dem Schlusssatz einen Antrag ein!)

Der Antrag steht damit auch mit in Verhandlung und wird dem Stenographischen Pro­tokoll beigedruckt werden.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Peter Schieder und KollegInnen betreffend die künftige Finanzierung der Europäischen Union, eingebracht im Zuge der Debatte über TOP 1: Erklärung des Bundeskanzlers zur Situation in der EU

Der Finanzrahmen der Europäischen Union spiegelt natürlich die Zuständigkeiten der Europäischen Union und sieht daher für die vergemeinschafteten Teile der Politik unverhältnismäßig mehr Geld vor, als ihrer Bedeutung  für die wirtschaftliche Entwick­lung, aber auch für das Leben der allermeisten EU-BürgerInnen entspricht. Das bringt das europäische Budget in der Außenwahrnehmung von Anbeginn in eine Schieflage, weil niemand verstehen kann, dass die EU 42% ihrer Mittel für Zwecke der Landwirt­schaftsförderung, aber nur einen Bruchteil davon für Zukunftsinvestitionen (Forschung, Bildung, Infrastruktur u. ä.) ausgibt. Diese Tatsache ist gerade im Lichte der nach den negativ verlaufenen Volksabstimmungen zur EU-Verfassung in Frankreich und den Niederlanden nun europaweit festzustellenden kritischeren Haltung der Bürgerinnen und Bürger zur EU besonders problematisch und bedarf daher einer deutlichen Korrek­tur und – wo diese nicht möglich ist – transparenten Aufklärung.

Auch näheres Hinsehen beim Agrarbudget bringt keine Entspannung, zumal sich dann zeigt, dass einerseits beträchtliche Mittel in reiche EU-Mitgliedstaaten fließen, die den Förderaufwand, wenn auch nach einheitlichen Regeln der EU, auch selbst finanzieren könnten. Im Bereich der Landwirtschaftsförderung ist es andererseits im Rahmen der „mid term review“ auch nicht gelungen, zumindest die Vorschläge des damaligen Agrarkommissars umzusetzen, die eine Deckelung der Förderungen für Flächen bzw. Tierkopfprämien – eine Maßnahme zugunsten der kleinen bäuerlichen Landwirtschaf­ten – mit sich gebracht hätte und eine deutliche Stärkung der Förderung der Entwick­lung des ländlichen Raumes, der dieser Entwicklung tatsächlich bedarf.

Gegenwärtig fließen rund 35% des EU-Budgets in den Bereich Konvergenz- und Strukturförderung. Auch in diesem Bereich gehen beträchtliche Mittel in reiche EU-Mit-


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gliedstaaten. So verständlich der Wunsch nach einem behutsamen „phasing out“ sei­tens der bisherigen Empfängerländer bzw. -regionen auch ist, hier braucht es eine deutliche Akzentverschiebung. Die Europäische Union wurde 2004 um zehn neue Mit­gliedstaaten erweitert, acht davon sind deutlich ärmer, als die meisten „alten“ EU-Mit­glieder. Es ist daher unbedingt erforderlich, die Konvergenz-Förderung vor allem ihnen zugute kommen zu lassen, um deren wirtschaftlichen Aufholprozess zu beschleunigen und zugleich einen Beitrag dazu zu leisten, dass diese Länder auch in der Lage sind, so viele europäische Waren und Dienstleistungen zu beziehen, wie dem Bedarf in die­sen Ländern entspricht. So könnte durch zielgerichtete Förderung ein doppelt positiver Effekt in den neuen und in den bisherigen EU-Mitgliedsstaaten entstehen.

Freilich gilt es bei gleicher Gelegenheit auch die Grundlagen des europäischen Soli­darmodells deutlich in Erinnerung zu rufen und zur Basis der Kooperation zwischen reichen und ärmeren EU-Mitgliedern zu machen. Hohe Direktförderungen für ärmere Regionen in der EU sind gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern in den Nettozahler­ländern jedenfalls dann nicht zu rechtfertigen, wenn die Zahlungen der EU wirtschaft­liche Basis dafür sind, in den Empfängerländern die Unternehmenssteuern so zu redu­zieren, dass dies durch Betriebsverlagerungen die Steuerbasis (Betriebe, Arbeits­plätze) in den Zahlerländern angreift. Voraussetzung für solidarische Finanztransfers in arme Regionen muss daher die Bereitschaft der Empfängerländer sein, auf Steuer­wettbewerb bzw. Steuerdumping gegenüber den Zahlern zu verzichten.

Der seit mehr als zwanzig Jahren bestehende Beitragsrabatt für das Vereinigte König­reich zum EU-Budget mag seinerzeit begründbar gewesen sein. Er ist es jedenfalls im Lichte der Erweiterung von 2004 nicht mehr. Auch hier bedarf es klarer und eindeutiger Zeichen, dass das europäische Solidarmodell nicht in der finanziellen Begünstigung der reicheren, sondern in der Unterstützung der Entwicklung der ärmeren Regionen besteht und bestehen soll.

Bei der Diskussion um die finanzielle Vorausschau für 2007 - 2013 muss es primär um die Frage gehen, wie die EU auf die Herausforderungen der Globalisierung  reagieren und wie sie gerechter und bürgernäher werden kann. Dabei geht es um Investitionen in zukunftsträchtige Bereiche wie Forschung und Entwicklung, in zentrale Infrastrukturbe­reiche (Breitband, Schiene, Strasse) bzw. in den Bereich Sicherheit – insgesamt in Wachstum, Beschäftigung und Sicherheit. Die Lösung dieser Herausforderung kann nicht einfach darin bestehen, ausschließlich mehr Geld der europäischen Steuerzahler zu verlangen, ohne zuvor wesentliche Fehlentwicklungen zu beheben. Die Staats- und Regierungschefs der EU und ihre Finanzminister müssen sich der Frage stellen, wie lange sie es sich leisten wollen, weiterhin mehr als 40% ihres Budgets für die Land­wirtschaft auszugeben – für einen Sektor, der nur fünf Prozent der EU-Bevölkerung Beschäftigung bietet – obwohl der Bedarf an Investitionen und damit auch zur Schaf­fung neuer Arbeitsplätze so groß ist. Immerhin sind derzeit etwa 20 Millionen Men­schen in der EU ohne Erwerbseinkommen.

Die Verhandlungen über einen neuen Finanzrahmen der Europäischen Union (finan­zielle Vorausschau 2007 – 2013) konnten auf Grund der unterschiedlichen nationalen Egoismen der Mitgliedstaaten über die künftige finanzielle Schwerpunktsetzung beim Europäischen Rat am 16. und 17. Juni 2005 noch nicht zu einem Abschluss gebracht werden. Diese Tatsache sollte als Chance verstanden werden, das dringend nötige Signal an die Bürgerinnen und Bürger der EU zu senden:

es soll und wird mehr Geld für zukunftsträchtige Projekte, für neue Arbeitsplätze, für Forschung, Entwicklung und Infrastruktur geben;


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es soll und wird mehr Geld für die ärmeren Regionen geben, damit sie rascher auf­holen und von der bisher reicheren Regionen Waren und Dienstleistungen beziehen können;

es wird mehr Geld zur Förderung der kleinen Landwirte, für die Entwicklung der Infra­struktur, der Chancen des ländlichen Raumes geben;

aber es wird Kürzungen für Massentierhaltung, für große und größte Landwirtschaften, für Lebendtierexporte, für die Agrarindustrie geben;

es wird verbindliche Vereinbarungen zwischen Zahlern und Empfängern geben, die Steuerdumping wirksam ausschließen;

es wird ein Ende des so genannten Britenrabatts geben.

Es muss und es wird ein Budget für die EU geben, das gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern verantwortet werden kann.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Entschließung

Der Nationalrat hat beschlossen:

1. Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler und der Finanzminister wer­den aufgefordert, eine deutliche Umstrukturierung der Ausgaben der EU zugunsten von Zukunftsinvestitionen (Infrastruktur, Forschung, Bildung) in der gesamten EU und zugunsten der ärmeren Mitgliedsstaaten zu verlangen.

2. Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler und der Finanzminister wer­den aufgefordert, sich im Zusammenhang mit den Verhandlungen über die finanzielle Vorausschau 2007 – 2013 für eine weitergehende Reform der Gemeinsamen Agrar­politik in der Richtung einzusetzen, dass künftig eine Sockelförderung für alle landwirt­schaftlichen Betriebe, eine Förderung für menschlichen Arbeitskräfteeinsatz, jedoch nur eine gedeckelte Förderungen für Flächen bzw. Tierkopfprämien bei insgesamt schrittweise bis 2013 deutlich abgesenktem Agrarbudget vorgesehen wird.

3. Die Bundesregierung insbesondere der Bundeskanzler und der Finanzminister wer­den aufgefordert, sich im Zusammenhang mit den Verhandlungen über die finanzielle Vorausschau für die Periode 2007 – 2013 dafür einzusetzen, dass ein Teil des durch die unter 2. geforderte Reduktion der unmittelbaren Landwirtschaftsförderung für die Förderung des ländlichen Raumes, seiner Infrastruktur und Chancen außerhalb des Agrarbereichs vorgesehen wird.

4. Die Bundesregierung insbesondere der Bundeskanzler und der Finanzminister wer­den aufgefordert, sich im Zusammenhang mit den Verhandlungen über die finanzielle Vorausschau für die Periode 2007 – 2013 dafür einzusetzen, dass die übrigen aus der gemeinsamen Agrarpolitik frei werdenden Mittel für Zwecke der Zukunftsinvestitionen in die Infrastruktur, in Forschung und Bildung investiert werden.

5. Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler und der Finanzminister wer­den im Zusammenhang mit der finanziellen Vorausschau 2007 – 2013 daher auch auf­gefordert, sicherzustellen, dass Sparmaßnahmen nicht zu Lasten beschäftigungs-


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wirksamer Ausgaben, etwa im Bereich transeuropäische Netze oder in den Bereichen Bildung, Forschung und Entwicklung erfolgen.

6. Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler und der Finanzminister wer­den aufgefordert, in den Verhandlungen über die finanzielle Vorausschau 2007 – 2013 weiterhin dafür einzutreten, dass die Finanzierung der EU auf eine faire Basis gestellt wird. Das bedeutet insbesondere, dass nunmehr auch jene Länder der EU-15 zur Mit­finanzierung der EU-Erweiterung entsprechend ihrer Wirtschaftskraft herangezogen werden, die in den letzten Jahren von der Solidarität der wohlhabenderen EU-Mit­gliedsstaaten profitiert haben.

7. Die Bundesregierung und insbesondere der Bundeskanzler und der Finanzminister werden aufgefordert, in den Verhandlungen über die finanzielle Vorausschau 2007 – 2013 dafür einzutreten, dass der so genannte Britenrabatt Hand in Hand mit der Neu­strukturierung der Agrarförderung ausläuft.

8. Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler und der Finanzminister wer­den im Zusammenhang mit der finanziellen Vorausschau 2007 – 2013 auch aufgefor­dert, für eine verbindliche Vereinbarung zwischen den Mitgliedstaaten einzutreten, die sicher stellt, dass Staaten, die von der Solidarität der Nettozahler im Rahmen der Kon­vergenz- und Strukturförderung profitieren, sich verpflichten, nicht gleichzeitig eine Steuerpolitik zu betreiben, die die Steuerbasis in den Zahlerländern (Betriebe, Arbeits­plätze) aushöhlt.

9. Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler und der Finanzminister werden aufgefordert, nur im Falle der Erfüllung dieser Forderungen einer allfälligen Erhöhung des österreichischen Beitrags zur Finanzierung der EU zuzustimmen.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Grilltisch. – Bitte.

 


12.19.25

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Frau Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Europa war und ist ein Gewinn für Österreich, ist ein Gewinn für die Menschen, die hier leben, sowohl was Freiheit und Frieden als auch was Sicherheit betrifft, ist aber vor allem ein Gewinn in Bezug auf Wachstum und Beschäftigung, was man sieht, wenn man die Zahlen mit Nachbarstaaten wie beispielsweise der Schweiz vergleicht.

Wie hat sich das beim Pro-Kopf-Einkommen seit dem Jahre 1995 entwickelt? – Hatte die Schweiz im Jahr 1995 noch einen Vorsprung von 4 000 €, so sind es heute nur mehr 1 000 €. Die EU bringt also Wachstum und Wohlstand.

Wie schaut es bei der Beschäftigung, bei den Arbeitsplätzen aus? – Verglichen mit dem Jahr 1995 gibt es in Österreich 150 000 Arbeitsplätze und durch den Binnenmarkt 70 000 Arbeitsplätze mehr. Ich bin froh, hier zu leben, weil ich weiß, dass von den 35 000 Jobsuchenden pro Jahr 30 000 eine Arbeit in Österreich finden.

Wie hat sich der Außenhandel seit dem 1. Mai 2004, seit der Erweiterung der Euro­päischen Union, entwickelt? – Im Jahr 2004 wies die Bilanz 11,3 Milliarden € auf; das ist eine Steigerung von 13,5 Prozent gegenüber dem Jahr 2003.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Was will ich damit sagen? – Herr Dr. Gusen­bauer, ich bekenne mich zu Wachstum, Beschäftigung, Forschung und Entwicklung und dazu, dass man auch auf europäischer Ebene entsprechende Impulse setzen


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muss, aber spielen wir diese Bereiche nicht gegen die Agrarpolitik in Europa und in Österreich aus. Sehen wir uns diese Zahlen wirklich korrekt und ganz genau an!

Das Panikmache-Argument, 40 Prozent koste die Agrarpolitik in Europa, mag für das EU-Budget stimmen, wir wissen aber auch, dass die Landwirtschaft der einzig ver­gemeinschaftete Politikbereich ist. Daher muss man sich logischerweise auch die Ausgaben der Nationalstaaten genau ansehen. Dann wird man merken, dass das nicht 40 Prozent, sondern nur 1,6 Prozent sind.

Wir sind in Österreich, so denke ich, seit dem Jahr 1986 mit dem ökosozialen Weg einen sehr erfolgreichen Weg gegangen. Die erste Säule, die ökonomische Säule, muss stark sein, damit man sich die zweite und dritte Säule, nämlich die ökologische und die soziale Säule, leisten kann.

Daher ist es nicht richtig, wenn Sie, Herr Dr. Gusenbauer, sagen, 90 Prozent der Marktordnungsprämien gingen in Österreich an den Bauern vorbei. – Das ist ganz einfach falsch! Von den 190 000 Bauern in Österreich bekommen 135 000 Bauern Marktordnungsprämien. Daher ist das sehr wohl auch für die österreichischen Bauern interessant, wenngleich wir wissen, dass wir in der zweiten Säule einen Schwerpunkt, sprich Umweltprogramm und Ausgleichszulage für Bergbauern, gesetzt haben. Dies­bezüglich haben wir in Österreich auch aus europäischer Sicht ein vorbildhaftes Ver­hältnis: Wir verwenden bereits 70 Prozent der Mittel für die zweite Säule und 40 Pro­zent für die erste Säule.

Ich denke, es ist daher nicht ganz korrekt, wenn Sie sagen: Ich bin für Biobauern, ich bin für Bergbauern, ich bin für umweltgerechte Landwirtschaft! – So weit, so gut. Aber wenn Sie dann dazusagen: Jetzt müssen wir diese Bereiche um 40 oder 50 Prozent kürzen!, dann sage ich Ihnen: Sie gefährden damit in Wahrheit genau diese Bauern, nämlich die Biobauern, die Bergbauern und den ländlichen Raum insgesamt! (Abg. Gradwohl: Dass das nicht der Wahrheit entspricht, Fritz, weißt du viel besser!) – Herr Kollege Gradwohl, manchmal ist es besser, wenn man zuhört!

Daher, so denke ich, können wir uns froh stimmen, dass es Franz Fischler gelungen ist, für die WTO-Verhandlungen eine EU-Position zu schaffen, die genau diese Ele­mente der Nachhaltigkeit und unseres öko-sozialen Weges mit beinhaltet.

Weiters möchte ich an die Agenda 2000 erinnern. Wer hat denn damals, im Jahr 1999 in Berlin, eine Betriebsgrößendegression vorgeschlagen? – Es waren Wolfgang Schüs­sel und Wilhelm Molterer. Und wer hat sie abgelehnt? – Das waren die Herren Blair und Schröder. (Abg. Gradwohl: Wer hat dagegen gestimmt? Wilhelm Molterer! Auf keinen Fall passiert das, hat er gesagt!)

Wer hat denn bei der GAP-Reform dafür Sorge getragen, dass wir bis zum Jahr 2013 Finanzsicherheit haben? – Das war auch unser Bundeskanzler Wolfgang Schüssel.

Wenn Sie die Groß-Klein-Diskussion führen, dann braucht man sich nur den Grünen Bericht anschauen. Durch unsere Agrarpolitik sind den Bergbauern der Zone 4 seit dem Jahre 2000 bis jetzt um 4 000 € mehr zugute gekommen, meine lieben Kollegin­nen und Kollegen! Ich denke daher, dieses österreichische Agrarpolitik-Modell ist ein gutes Modell.

Ich sehe das nicht nur aus der Sicht der Bauern (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen) – ich komme schon zum Schluss, Frau Präsidentin! –, sondern man muss das auch aus der Sicht der Konsumenten sehen! Mit der 50-prozentigen Kürzung gefährden Sie in Wahrheit Lebensmittelsicherheit, umweltgerechte Produktion, tierge­rechte Produktion, Landschaftsoffenhaltung als wesentliche Grundlage für den Tou­rismus (Präsidentin Mag. Prammer gibt neuerlich das Glockenzeichen) und letztlich


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auch die Arbeitsplätze von 530 000 Österreicherinnen und Österreichern. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Gusenbauer: Ziemlich unsinnig war das!)

12.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllin­ger. – Bitte.

 


12.25.02

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ich möchte nur eine kurze Anmerkung zu dieser für mich schon etwas leidigen Debatte um die Staatssekretäre machen. Sollen wir da einen einsparen? – Nein, Sie sollen nicht eingespart werden, Herr Dr. Winkler! Oder sollen wir woanders einen Staatssekretär einsparen? – Nein, auch das halte ich für überprüf­bar, aber nicht notwendig.

Mir wäre es durchaus wichtig, darüber nachzudenken, ob man nicht den einen oder die andere MinisterIn einsparen könnte. Immerhin haben wir einige Minister, die reif für den Rücktritt wären, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das wäre schon eine Überlegung wert! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Parnigoni: Da hat er Recht! – Abg. Neugebauer: Das war eh ein Scherz! – Abg. Lentsch: Wunschträume! – Heiterkeit bei der ÖVP.) – Jetzt aber zum Ernst.

Herr Bundeskanzler, ich habe Ihnen sehr aufmerksam zugehört, so auch Ihrer Bemer­kung: Wir müssen sorgsam hinhören! – Ja. Sie haben das in Bezug auf die Debatte um die EU-Verfassung angestrengt. Sie haben auch ein Zitat gebracht. Ich habe Ihre Rede, Herr Bundeskanzler, nicht schlecht gefunden – ganz im Ernst! –, aber Sie haben in Ihrer Rede Punkte ausgelassen, die wichtig gewesen wären, beziehungsweise sind Sie dort, wo Sie Andeutungen gemacht haben, reichlich unpräzise geblieben.

Ich möchte das erläutern: Sie haben das Modell einer öko-sozialen Marktwirtschaft als Beispiel oder als Vorbild für Europa angesprochen. Sie haben es nicht präzisiert. Sie haben davon gesprochen, der Fortschritt komme aus dem Wettbewerb, Herr Bundes­kanzler! – Das ist falsch!

Die Geschichte der Europäischen Union ist meiner Ansicht nach ein klarer Beleg dafür, dass der Fortschritt nicht mehr nur wie im 19. Jahrhundert aus der Konkurrenz und aus dem Wettbewerb, sondern auch aus der Kooperation kommt. Das bedeutet nicht ein Nein zur Konkurrenz, sondern eine Ergänzung der Konkurrenz und des Wettbe­werbs durch die Kooperation.

Das war die große Leistung bei der Gründung der Europäischen Union, dass man gesagt hat: Wir wollen diese gegenseitige Konkurrenz, die es in der Schwerindustrie zwischen Frankreich und Deutschland gegeben hat, durch ein neues Modell, durch ein politisch ergänztes Modell ersetzen und erweitern! – Das war Fortschritt!

Auch der Fortschritt des 21. Jahrhunderts innerhalb dieser Europäischen Union, Herr Bundeskanzler, kann und wird nicht darin bestehen, dass wir 25 Nationalstaaten ge­geneinander in Konkurrenz treten lassen. Er kann vielmehr nur dann gelingen, wenn diese 25 Staaten innerhalb Europas Kooperation betreiben. Ja, die Wirtschaft soll durchaus dem Wettbewerb ausgesetzt sein, aber die 25 europäischen Länder müssen kooperieren und ein politisches Modell vormachen!

Sie haben den ehemaligen rumänischen Außenminister zitiert. Ich möchte jetzt den Philosophen Slavoj Žižek zitieren. Er war gegen die Verfassung. Man kann gut und trefflich streiten, warum und ob seine Gründe ausreichend waren.

Ein Zitat halte ich für wesentlich. Er schreibt in seinem, im „profil“ abgedruckten, Bei­trag:


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
115. Sitzung / Seite 85

„Um es frei heraus zu sagen: Wollen wir in einer Welt leben, in der wir uns nur zwi­schen der amerikanischen Zivilisation auf der einen und der chinesischen, autoritär-kapitalistischen Zivilisation auf der anderen Seite entscheiden können? Wenn nicht, dann ist Europa die einzige Alternative.“

Ja, Herr Bundeskanzler, darüber lohnt es sich, nachzudenken! Wenn das amerika­nische Modell nicht die Alternative ist, wenn das chinesisch-autoritäre Modell nicht die Alternative ist, dann ist Europa gefragt: als Vorbild, als Beispiel, wie es in andere Aus­tauschbeziehungen zu den anderen Ländern tritt, wie es nicht primär von Freihandels­zonen lebt, in denen nur das Kapital frei ist, aber die Menschen, die in den Freihan­delszonen arbeiten, absolut unfrei sind, wie es nicht auf dieses Entwicklungsmodell setzt, sondern ein anderes, offenes Entwicklungsmodell präferiert.

Aber bitte sehr, Herr Bundeskanzler (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzei­chen), dann muss das auch innerhalb der Europäischen Union gelebt werden. Dann kann es nicht durch Grenzen, durch Verbote, durch Rigiditäten gelebt werden, sondern nur durch Kooperation. (Beifall bei den Grünen.)

12.30


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Bleckmann. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.30.38

Abgeordnete Mag. Dr. Magda Bleckmann (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Herr Bundeskanzler! Herr Minister! Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Nach­dem die Kolleginnen und Kollegen der SPÖ die Anzahl der Regierungsmitglieder und vor allem die Tatsache eines neuen Staatssekretärs immer wieder aufs Tapet gebracht haben, muss ich Sie daran erinnern, wie es unter Ihren Regierungen ausgesehen hat, damit das auch klar und deutlich gesagt wird.

In der Regierung Sinowatz hatten Sie insgesamt 24 Regierungsposten, in der Regie­rung Vranitzky I hatten Sie 22 Regierungsposten, in der Regierung Vranitzky II – da weiß ich nicht, was passiert ist – waren es nur noch 17 Regierungsposten, aber in der Regierung Vranitzky III waren es wieder 20 Regierungsposten, und in der Regierung Vranitzky IV waren es 21 Regierungsposten. In diesen Regierungen gab es immer mehr Minister als derzeit, und wir wissen alle: Minister kosten mehr Geld als Staats­sekretäre. Kehren Sie vor der eigenen Tür, bevor Sie anfangen, diese Regierung zu kritisieren, wenn es um Posten geht! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn wir die Referenden in Frankreich und den Niederlanden ansprechen, dann müssen wir die Sorgen und Ängste der Bevölkerung ernst nehmen. Es geht um einen Ausdruck der Unzufriedenheit mit der EU-Politik, einen Ausdruck des Unverständnisses über die EU-Förderungen, aber auch um einen Ausdruck der Ohnmacht der Bevölkerung gegenüber den EU-Institutionen.

Das sind Dinge, die wir ernst nehmen müssen. Wir müssen die Sorgen und Ängste der Bevölkerung aufnehmen, die Skepsis laut formulieren und die Meinung, die in der Be­völkerung herrscht, auch laut sagen: dass in der EU nur für die Institutionen gearbeitet wird und nicht für die Menschen. Wir müssen das aufgreifen und nach Brüssel in die EU-Gremien hineintragen und dort Veränderungen und Verbesserungen herbeiführen!

Wir müssen uns dort auch – und es muss möglich sein, das laut zu sagen – für die Interessen Österreichs einsetzen und in der EU die Interessen des kleinen Landes Österreich gut vertreten. Das muss man laut sagen dürfen, ohne dass es dann gleich heißt: Es wird gejammert. Es muss möglich sein, die Interessen Österreichs auch in der EU zu vertreten.


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115. Sitzung / Seite 86

Da Herr Klubobmann Van der Bellen nicht nur von Jammern spricht, sondern auch von Herumeiern, wenn es um Prozentpunkte und Zahlen geht, habe ich mir diese Zahlen genau angesehen, wo Sie von Herumeiern sprechen. Bezüglich der österreichischen Bruttobeiträge beträgt der Unterschied zwischen 1 Prozent und 1,24 Prozent, 2,3 Mil­liarden € und 2,8 Milliarden €, 500 Millionen €! Das ist kein Herumeiern! Auch die Differenz bei den Nettobeiträgen, bei denen es darum geht, ob 1 Prozent oder 1,24 Prozent zu zahlen sind, ist groß: Es ist die Differenz zwischen 800 Millionen € und 1 Milliarde €. Das ergibt bei den Nettobeiträgen – also bei dem, was wir netto einzahlen müssen – einen Unterschied von 200 Millionen €!

Auch wenn heute alle stolz sind, dass wir den Euro und nicht mehr den Schilling haben, klingt das in Schilling ein bisschen anders: Denn das würde 2,7 Milliarden ös­terreichische Schilling ausmachen, die es nicht mehr gibt. Das ist schon eine sehr hohe Summe! Ich halte es wirklich für verwerflich, die Diskussion um 200 Millionen € – diese wenigen Prozentpunkte! – als Herumeiern zu bezeichnen.

Ich bin froh darüber, dass sich die Bundesregierung für Prozentpunkte einsetzt und darauf achtet, dass es bezüglich der Nettobeiträge für Österreich auch um wenige Pro­zentpunkte besser aussieht als vorher (Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig-Pies­czek), und wir uns für eine Verbesserung diesbezüglich einsetzen. Ich danke der Bundesregierung dafür! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Auch wenn wir die Sorgen und Ängste der Bevölkerung ernst nehmen, wird es nicht ausreichen, dass die Kommissare sagen, sie reisen in alle europäischen Länder und schauen, dass sie mehr unter der Bevölkerung sind, sondern es gilt auch, hier wirklich etwas zu verbessern und zu verändern. Das heißt: Signale zu setzen, dass die EU bürgerfreundlicher wird, den Bürgern, dem Einzelnen auch verständlicher gemacht wird, dass die Verwaltung schlanker wird, dass die Bevölkerung besser informiert wird – das ist ja auch ein Grundbedürfnis –, und das nicht nur in Form von Hochglanz­broschüren, sondern echten Fakten und Tatsachen.

Es ist weiters wichtig, dass es keine Skandale wegen Geldverschwendungen gibt. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Fragen Sie bei Ihrem Parteiobmann an! Jörg Hai­der!) Auch das ist ein Punkt, der sehr viel zur Unzufriedenheit innerhalb der EU beige­tragen hat.

Es gilt auch, Antworten auf die Angst vor der Globalisierung zu geben. Die Menschen haben davor Angst, weil sie nicht wissen, was auf sie zukommt. Diesbezüglich muss die EU Aktivitäten setzen. Der Arbeitslosigkeit muss in gemeinsamen Zielen entgegen­gewirkt werden. Es darf nicht sein, dass es in manchen Ländern der EU Produkte gibt, die billiger sind als in anderen EU-Ländern, weil sie so produziert werden, wie das zum Beispiel in Asien der Fall ist, wo es keine ökologischen (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen) und keine sozialen Standards gibt. Daher müssen wir auch innerhalb der EU Maßnahmen und Fakten setzen, um dies zu verbessern. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt Herr Staatssekretär Dr. Wink­ler. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.36.07

Staatssekretär im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten Dr. Hans Winkler: Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Frau Bundesministerin! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Seit wenigen Tagen ist Österreich Mitglied der Troika. Gemein­sam mit dem Vereinigten Königreich und der Europäischen Kommission vertreten wir schon heute Europa nach außen.


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115. Sitzung / Seite 87

Österreich wird in etwas weniger als sechs Monaten eine noch entscheidendere Rolle spielen, wenn unser Land die EU-Präsidentschaft zum zweiten Mal übernimmt. Ich sehe dieser Aufgabe mit großem Respekt entgegen, ich freue mich aber auch darauf, diese schwierige Aufgabe gemeinsam mit der Frau Außenministerin anzugehen. Für die Worte der Unterstützung und der Ermunterung, die ich heute hier gehört habe, danke ich Ihnen sehr herzlich.

Die Aufgabe, die Österreich übernimmt, ist keine leichte. Ich verstehe sie so wie die Frau Außenministerin als Dienstleistung an Europa und an der Welt. Gemeinsam wer­den wir für eine aktive Präsenz auf der internationalen Bühne sorgen. Es ist dies auch ein Zeichen, dass wir unsere Partner in der Welt ernst nehmen.

Meine erste Reise als Staatssekretär wird mich in wenigen Tagen nach Dubrovnik zu einem informellen Ministertreffen der südosteuropäischen Staaten führen. Es wird sich dort für mich als Staatssekretär, der die gesamten Agenden der Zuständigkeit des Außenministeriums abdeckt, die Gelegenheit bieten, mit den Außenministern der Re­gion, die für Österreich schon in der Vergangenheit wichtig waren und es in Zukunft und vor allem auch während unserer Präsidentschaft sein werden, Kontakt aufzuneh­men und unser fortgesetztes Interesse zum Ausdruck zu bringen. In diesem Sinne ist es zu begrüßen, dass der Europäische Rat festgestellt und bekräftigt hat, dass die Staaten dieser Region eine europäische Perspektive haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie Beifall bei Abgeordneten der SPÖ und der Grünen.)

Hohes Haus! Der parlamentarischen Dimension der Präsidentschaftsarbeit in Öster­reich und auf europäischer Ebene messe ich besonders großen Stellenwert bei. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament ist wesentlich für den Erfolg jeder Präsidentschaft. Eine meiner Aufgaben, die mir wichtig ist und auf die ich mich ganz besonders freue, wird darin bestehen, diese Kontakte besonders gut zu pflegen.

Auch der Dialog mit dem österreichischen Parlament ist mir wichtig, denn es ist Öster­reich insgesamt, das die Präsidentschaft innehaben wird und das sich im Vorsitz bewähren muss. Daher ist mir die Zusammenarbeit mit Ihnen allen ein besonderes Anliegen.

Hohes Haus! Die EU-Präsidentschaft ist nicht ein Projekt des Außenministeriums alleine. Die gesamte Bundesregierung wird gefordert sein, und alle anderen Ressorts werden Vorsitzfunktionen in den insgesamt 162 Gremien des EU-Rats übernehmen müssen. Eine enge innerösterreichische Abstimmung wird dabei unerlässlich sein. Wir sind uns dieser großen Herausforderung bewusst, und wir sind gut vorbereitet. Die Vorbereitung läuft schon seit langem und nicht erst seit dem 4. Juli 2005, dem Tag meiner Angelobung.

Die Anzahl der Sitzungen, Treffen und Konferenzen wird wesentlich größer sein als während unserer ersten Präsidentschaft. Es wird also eine Fülle von Aufgaben an uns herankommen. Es kann nicht alles geplant werden, und es wird vielleicht auch Pannen organisatorischer Art geben. Aber wie sagt Shakespeare: Es gibt Gezeiten auch für unser Tun.

Was mir aber besonders wesentlich erscheint, ist, das Sensorium aller, die mit der Durchführung und Planung dieser schwierigen Aufgabe betraut sind, zu schärfen, sie für diesen Dienst an Europa im Interesse der Menschen nicht nur professionell einzu­stimmen und vorzubereiten, sondern auch ein Gefühl der Begeisterung und der euro­päischen Solidarität zu vermitteln. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich hoffe, dass ich diese Begeisterung mitbringen werde. – Danke schön, Frau Präsi­dentin. (Allgemeiner Beifall.)

12.40



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115. Sitzung / Seite 88

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen nun zur letzten Runde während der Fernsehübertragung. Ich werde Frau Abgeordneter Csörgits 4 Minuten Redezeit geben und die 1 Minute abziehen, die Herr Abgeordneter Schieder überzogen hat; die weiteren Abgeordneten haben 5 Minuten.

Frau Abgeordnete Csörgits, Sie sind am Wort. (Abg. Schieder begibt sich zum Präsi­dium und spricht dort mit Präsidentin Mag. Prammer. – Ironische Heiterkeit bei Abge­ordneten der ÖVP.)

 


12.40.58

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Sehr geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Ich kann Herrn Staats­sekretär Winkler nur Recht geben, wenn er sagt, dass es wichtig ist, Begeisterung und Solidarität in Europa mitzubringen, aber ich glaube, gerade im Zusammenhang mit einer europäischen Solidarität ist es auch wichtig und entscheidend, dem Bereich Be­kämpfung der Arbeitslosigkeit, dem Bereich Bekämpfung des Abbaues sozialer Errun­genschaften entschieden entgegenzutreten.

Ich bin sehr froh darüber, dass heute in vielen Diskussionsbeiträgen, und zwar sowohl des Herrn Bundeskanzlers als auch der Frau Außenministerin, auch auf die soziale Dimension in Europa hingewiesen wurde, habe allerdings den Eindruck – und ich möchte das anhand von zwei Beispielen belegen –, dass hier zwar geredet wird, aber in Brüssel das Tun dann oft anders ausschaut. Und genau dieser Unterschied, meine Damen und Herren, sehr geschätzte Kolleginnen und Kollegen, macht die Bevölkerung unsicher.

Was meine ich damit konkret? – Als ersten Punkt beziehe ich mich auf die Vorlage der EU-Dienstleistungsrichtlinie mit dem Herkunftsprinzip. Was heißt das? Ich möchte das anhand eines Beispieles erklären: Ein Arbeitgeber hat zum Beispiel die Möglich­keit, in Ungarn eine Tochtergesellschaft zu gründen, und kann Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in Österreich, unabhängig welcher Nation, in dieser Tochtergesell­schaft anstellen – und kann sie natürlich in Österreich verleihen. Allerdings gelten dann die Regeln des Arbeitsgesetzes – um bei diesem Beispiel zu bleiben – von Ungarn; ebenso die Konsumentenschutzbestimmungen Ungarns. Es gelten auch viele andere Gesetze aus Ungarn, eben wegen des Herkunftsprinzips.

Das bedeutet, dass jene Errungenschaften, die wir als Österreicher und Österreiche­rinnen, insbesondere die Gewerkschaften und die Sozialdemokratie erkämpft haben, unterwandert werden. Man schafft damit zwei Klassen von Arbeitnehmern! Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist nicht sozial – und das verstehe ich nicht unter einer sozialen Dimension in Europa! (Beifall bei der SPÖ.)

Da, Herr Bundeskanzler, möchte ich schon auch feststellen, dass der Herr Bundes­minister für Arbeit und Wirtschaft in seinem Wirtschaftsbericht 2005 darauf hinweist, dass für ihn eine Dienstleistungsrichtlinie nur dann Wirkung habe, wenn das Her­kunftslandprinzip enthalten ist. Ich unterschreibe das schon, Herr Bundeskanzler, wenn Sie sagen: Wettbewerb bedeutet Fortschritt!, möchte allerdings für unsere Arbeitneh­merinnen und Arbeitnehmer einen fairen Wettbewerb haben! Wir sollten uns nicht nach den Kriterien jener Länder richten, wo die Menschen noch nicht so gute Arbeits­bedingungen haben! (Beifall bei der SPÖ.)

Das zweite Beispiel: die Arbeitszeitrichtlinie der Europäischen Union. Ganz kurz: Für den Bereich der Europäischen Union möchte man alle Regeln bezüglich Höchstgrenze aufheben. Bedauerlicherweise ist da die österreichische Bundesregierung – und da ganz besonders Herr Bundesminister Bartenstein – ein Scharfmacher in Europa. (Abg. Mag. Molterer: Was heißt „Scharfmacher“? Was ist ein „Scharfmacher“ in der Union?)


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115. Sitzung / Seite 89

Meine Damen und Herren! Wenn wir haben wollen, dass unsere Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen nicht gezwungen werden, rund um die Uhr zu arbeiten – und das Opting Out bietet diese Möglichkeit –, dann bedeutet das auch bei dieser Dienstleis­tungsrichtlinie und bei der Arbeitszeitrichtlinie: Zurück an den Start!, und zwar im Sinne der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. Das ist eine Kernkompetenz. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) So kann ein soziales Europa aussehen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

12.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Fasslabend. 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


12.45.14

Abgeordneter Dr. Werner Fasslabend (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Frau Bundesminister! Meine Herren Staatssekretäre! Zunächst einmal möchte ich sagen, dass ich mich sehr freue, dass wir einen neuen Staatssekretär im Außenministerium haben – und dass ich mich auch ganz besonders freue, dass dieser Staatssekretär Hans Winkler heißt. Ich sage das nicht nur als Euro­pasprecher des ÖVP-Klubs, sondern auch ganz persönlich, weil ich Hans Winkler schon seit meiner Jugendzeit kenne: Hans Winkler war nicht nur mein Schul-, sondern auch mein Klassenkollege; wir haben miteinander maturiert, und ich kann nur sagen: Ich habe Hans Winkler damals bereits als eine Persönlichkeit kennen gelernt, die nicht nur kompetent und kommunikativ, sondern auch kollegial und absolut verlässlich ist. – Frau Bundesminister, ich kann Ihnen zu dieser Wahl nur herzlich gratulieren! (Allge­meiner Beifall.)

Wir haben damit im Außenministerium insgesamt eine hervorragende Konstellation. Frau Bundesministerin Plassnik hat es verstanden, in nur ganz kurzer Zeit ihre eigene Handschrift merkbar werden zu lassen, und sie hat sich auch international durchge­setzt. Ich glaube, auch mit dem Herrn Generalsekretär des Außenamtes, ebenso mit dem Politischen Direktor verfügen wir über ganz hervorragende Persönlichkeiten und sind damit gut gerüstet für die EU-Präsidentschaft.

Wenn wir noch davon ausgehen, dass auch der Herr Bundeskanzler eine ganz ge­wichtige außenpolitische Rolle in Europa spielt, eine Rolle, die weit über die Bedeutung unseres Landes hinausgeht, und dass er auch mit seinem Vorschlag durchgekommen ist, unsere ehemalige Außenministerin Dr. Ferrero-Waldner als Außenkommissarin der EU zu betrauen, hat Österreich wirklich die allerbesten Voraussetzungen für die kom­mende EU-Präsidentschaft.

Was ich allerdings nicht ganz verstehe – das möchte ich auch sagen –, ist, dass sofort von der Opposition dazu Kritik sowie die Bemerkung, da müsste ein anderer Staats­sekretär weg, gekommen sind. (Abg. Eder: Nein! Zwei!) – Das Gegenteil ist der Fall, da Österreich gerade in einer EU-Präsidentschaft nicht auch nur auf eine Regierungs­tätigkeit verzichten kann! Das liegt doch im Interesse Österreichs! Das Interesse Österreichs darf durch unsere Präsidentschaft nicht zum Handkuss kommen!

Jetzt sagen Sie mir doch, wo Sie von der Opposition denn gerne einsparen wollen! (Rufe bei der SPÖ: Bei den Geburtstagsfeiern für Morak! – Abg. Dr. Kräuter: Morak! Finz! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sollen wir weniger für Soziales oder in der Behindertenpolitik machen? Sollen wir weniger für die Sportförderung machen? Sollen wir im Forschungs- und Entwicklungsbereich auf die Akzente verzichten, oder sollen wir etwa in der Verwaltungsreform zurückschrauben – oder im großen Kulturland Österreich vielleicht auf den Kunst-Staatssekretär verzichten? Völlig falsch! (Abg. Dr. Kräuter: Finz! Grasser ...!)


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115. Sitzung / Seite 90

Ganz im Gegenteil: Wir können nicht nur froh sein, dass wir dort bereits sehr kompe­tente und erfahrene Mitarbeiter der Minister haben, sondern man muss auch dazu­sagen: Es sind das durchwegs unterstützende Persönlichkeiten für den Minister oder die Ministerin, und zwar ohne dass das eine „Aufpasserfunktion“ für eine andere Partei bedeuten würde, wie das oft darzustellen versucht wird. (Rufe bei der SPÖ: Finz und Grasser ...!) Fünf der sieben Staatssekretäre sind eben nicht einem Minister beigege­ben, der der anderen Regierungspartei angehört, sondern befinden sich in einem Ressort, dem ein Angehöriger der gleichen Partei vorsteht. Ich glaube, das sollte man einmal zur Kenntnis nehmen!

Ich war heute ein wenig überrascht darüber, dass es von sozialdemokratischer Seite doch eine leichte Kehrtwendung von der Kehrtwendung in der Außenpolitik gegeben hat, möchte aber auch sagen, dass ich das nicht unsympathisch gefunden habe. In der Sozialdemokratischen Partei hat es Diskussionen wegen der außenpolitischen Linie ihres Vorsitzenden gegeben – und offensichtlich ist es gelungen, ihn da wieder ein wenig zurechtzurücken.

Was ich aber nicht ganz verstanden habe und was mich etwas erstaunt hat, war, war­um plötzlich Tony Blair das große Vorbild für Alfred Gusenbauer ist. Kollegin Csörgits, die vor mir gesprochen hat, möchte ich schon fragen: War es nicht der rote, neoliberale Tony Blair, der unbedingt die Dienstleistungsrichtlinie durchsetzen wollte? War es nicht der rote, neoliberale Tony Blair, der die Übergangsbestimmungen für die neuen EU-Mitglieder nicht haben wollte? Ist es nicht der rote, neoliberale Tony Blair, der unbe­dingt die Türkei, und zwar in allerkürzester Zeit, als Vollmitglied in der EU haben möchte? (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Und ist es nicht auch der rote, neoliberale Tony Blair, der ein gemeinsames Auftreten der Europäer im globalen Kontext bisher verhin­dert hat?

Ich traue Tony Blair durchaus zu, dass auch er eine leichte Kehrtwendung nimmt und vielleicht eine andere Linie einschlägt, aber ich glaube, wir sollten durchaus diesen Ansatz differenziert betrachten – und vor allem sollten wir versuchen, gemeinsam alles daranzusetzen, Europa zu stärken (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzei­chen), denn Europa hat ganz große Bedeutung für die Zukunft, auch Österreichs. Und da sollte es eine gemeinsame Linie von Regierung und Opposition geben. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

12.50


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Mag. Kogler. – Bitte.

 


12.50.28

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Außenministerin! Meine Herren auf der Regierungsbank! Herr Staatssekretär Winkler! Wir Grünen ste­hen ja positiv im Verdacht, Verschwendungen dieser Regierung aller Arten aufzuzei­gen; manche sagen „anzuprangern“. Ich möchte an dieser Stelle festhalten, dass mich manches irritiert hat, was dazu an kleinlichen Bemerkungen gekommen ist, denn: Ein Staatssekretariat für Europafragen ist eigentlich schon überfällig gewesen, jetzt war es erst recht sinnvoll – und es ist das eine nützliche Investition. Es kann eine heraus­ragende Investition werden, jedenfalls aber ist es eine nützliche Investition. (Beifall bei den Grünen und der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wenn das eine nützliche Investition ist, kann man sich jedoch wahrscheinlich nicht die Bemerkung verkneifen, wo eigentlich der Nutzen der anderen Staatssekretäre ist. – Der ist vermutlich in gewisser Weise noch im Verborgenen. (Heiterkeit.) Sei’s drum: Schluss mit der Groschenklauberei, wenden wir uns den wirklichen Dingen zu!


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115. Sitzung / Seite 91

Herr Staatssekretär Winkler, viel Erfolg im Sinne einer europäischen Entwicklung! Das kann man und muss man einmal in dieser Auseinandersetzung – auch oppositioneller­seits – festhalten, aber: welche europäische Entwicklung?

Kommen wir zur gegenständlichen Erklärung des Herrn Bundeskanzlers. Dieser hat – nicht ganz zu Unrecht – die Frage des Wirtschaftssystems ins Zentrum seiner Ausfüh­rungen gestellt; soziale, ökosoziale Marktwirtschaft hat er wieder vordekliniert, das „Mantra“ der ÖVP. – Okay. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Schauen wir uns die Entwicklungen in der Europäischen Union auf diesem Gebiet an – und ich füge hinzu, dass das nicht nur dann, wenn es Versäumnisse gibt, eine Sache der Union alleine sein kann, sondern auch der mitentscheidenden Mitgliedsstaaten. Das ist eben ein Dilemma, Politik mit so vielen Staaten zu organisieren. Das muss man zwar zugeben, aber trotzdem auch festhalten, wo es Fehlentwicklungen gibt. Wenn wir von Marktwirtschaft reden, muss klar sein, dass es eines steuernden Staates – im besten Sinne – bedarf.

In den hier apostrophierten Themen Agrarpolitik, Verkehrspolitik oder auch Sozialpolitik gibt es ein gigantisches Versagen und eine gigantische Fehlsteuerung, die teilweise politisch herbeigeführt wurde. Und da ist der Hebel anzusetzen. Agrarfabriken? – Ja, das gibt’s; schlimmer noch: die Exportsubventionen. Es ist eine Tatsache, dass der Großteil der EU-Förderungen und damit des EU-Budgets in diese falsche Landwirt­schaftssteuerung geht. Das ist nun einmal so, sollte jedoch anders sein. Das Haupt­problem ist nicht einmal, dass da viel zu viel Mittel hineinfließen, sondern das Haupt­problem ist, dass es in die völlig falschen Kanäle geht. Wir Grünen würden sehr wohl eine vernünftige Entwicklung und Unterstützung des ländlichen Raumes – ich darf mir diesen Begriff ausborgen – ansteuern. Das bedarf aber, wie Sie wissen, einer anderen Agrarpolitik.

Immerhin mehr als die Hälfte der Bevölkerung Europas lebt im so genannten länd­lichen Raum, und da wird es ja wohl erlaubt sein – darauf sind aber die Antworten schneller zu geben als erst wieder in sieben oder zehn Jahren –, diese Dinge zu hin­terfragen. Ob man das ausgerechnet einem Tony Blair abkaufen soll, ist eine andere Frage, aber sie ist trotzdem richtig gestellt. Da sollten wir jedenfalls nicht kleinlich sein, sondern den Navigator richtig ausrichten.

Nächster Punkt: die Frage Verkehr, eine zentrale Frage in der Wirtschaftspolitik. Wir bräuchten uns viel weniger Gedanken machen um regionale Wirtschaftspolitiken oder Ähnliches mehr, wenn der LKW-Güterverkehr auch nur annähernd jene Kosten tragen würde, die er in Wirklichkeit verursacht. Aber nein: Die Europäische Union samt ihren Mitgliedsstaaten ist Vorreiter dafür, dass dem LKW-Verkehr nur ja nicht jene Kosten, die er verursacht, angelastet werden, und zwar in der Gegenwart gegen die Umwelt und auf Kosten zukünftiger Generationen! Eine gigantische Fehlsteuerung, die Europa, die die Europäische Union mitzuverantworten hat! – Zeit also zum Gegensteuern, wenn wir schon von Wirtschaftspolitik reden. (Beifall bei den Grünen.) – Dass sich die Beiträge Österreichs dazu eher in bescheidenem Maße ausgewirkt haben, nur als Randbemerkung.

Noch dramatischer wirkt sich das Versagen einer koordinierten europäischen Politik in der sozialen Frage aus. Diese ist als solche zu stellen. Natürlich ist es zwangsläufig so, dass, wenn es nur in Fragen der Währungs- und Finanzpolitik strenge Harmonisie­rungsregeln gibt, auf allen anderen politischen Ebenen Dumping nach unten passiert. Wir manövrieren uns sehenden Auges in einen Prozess – ich behaupte: manche machen das absichtlich –, in einen Wettlauf nach unten, wovon sich einzelne Regie­rungen gar nicht mehr befreien können, weil eben dann die Konzerne dorthin ziehen, wo man schon mit dem größten Subventions- oder Steuernachlasstopf wartet.


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115. Sitzung / Seite 92

Österreich ist da nicht Opfer dieses Vorganges, sondern Österreich ist da Täter ge­worden (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen), und da muss man ein­fach einmal den Finger auf diese Wunde legen. Da gilt es, gegenzusteuern. (Beifall bei den Grünen. – Präsidentin Mag. Prammer gibt neuerlich das Glockenzeichen.) – Danke, Frau Präsidentin! Mein Schlusssatz lautet ...

12.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, das war Ihr Schlusssatz! Tut mir Leid, sonst geht sich das mit der Zeit nicht aus!

(Beifall bei den Grünen für den sich zu seinem Sitzplatz begebenden Abg. Mag. Kog­ler.)

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. Redezeit: 5 Minu­ten. – Bitte.

 


12.55.59

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Bundesregierung! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Es wurde heute schon viel diskutiert über die gescheiterte EU-Verfassung, ebenso über das Finanzproblem in Europa, wobei ich meine, dass es hier über alle Parteigrenzen hinweg die Diskussion geben sollte: Was kann man dagegen tun? Wie kann man gegensteuern? Wie kann hier ein Konsens gefunden werden?

Diese Kritik, dieses negative Referendum sowohl in Frankreich als auch in den Nieder­landen, kommt ja nicht von ungefähr: Das ist die Sorge der Bürger, die sich in Wirklich­keit nicht mehr auskennen, die zum Teil nicht mehr verstehen, warum die Europäische Union erweitert wird, ohne die Leute zu informieren, warum sie so rasch und so stark erweitert werden soll, ohne die notwendigen Rahmenbedingungen hiefür zu schaffen.

Wenn man dazu als Partei kritisch auftritt – so, wie wir das tun –, dann heißt das ja nicht, dass man deswegen gegen Europa ist. Wir vom Bündnis Zukunft Österreich sind nicht gegen Europa, haben jedoch eine kritische Geisteshaltung, was, wie ich meine, in einer so wichtigen Frage nur gut ist.

Ich meine, dass man die Chance, die sich Europa jetzt sozusagen durch diese Auszeit selbst gegeben hat, nutzen und darüber nachdenken sollte, Alternativen aufzubauen, neue Dinge in Bewegung zu setzen, über Neuverteilungen und neue Kompetenzen nachzudenken, sodass man einen neuen Weg vielleicht auch dahin gehend beschrei­tet, in Bereichen wie Sicherheitspolitik, Wirtschaftspolitik oder auch Steuerpolitik Euro­pa mehr Kompetenzen zu geben, um eine Besteuerung zum Beispiel von Kerosin zu ermöglichen, um etwa eine Tobin-Steuer zu ermöglichen, um finanzielle Ressourcen zu nutzen, die wir dann auch wieder in Europa umsetzen können, dass man aber auf der anderen Seite vielleicht auch dazu übergeht, Kompetenzen zurückzunehmen.

Als BZÖ-Agrarsprecher denke ich da beispielsweise an eine Renationalisierung in Bezug auf agrarische Förderungen. Darüber wurde ja sehr viel diskutiert, und, Herr Kollege Grillitsch, wenn du den „Standard“ von vor drei Tagen gelesen hast: Euer eigener EU-Agrarkommissär Franz Fischler spricht sich für eine solche Renationalisie­rung aus. Franz Fischler, der ja immer ein Vertreter des Gegenteils war, sagt jetzt auch: Denken wir darüber nach! Schauen wir, wie wir Kompetenzen besser setzen und dafür sorgen können, den Spielraum, den wir agrarpolitisch alle brauchen – in unseren Betrieben, in den klein- und mittelstrukturierten Betrieben in Österreich –, optimal aus­zunützen, ohne jedoch das Gesamtprojekt Agrarpolitik zu gefährden.

Ich glaube, da sind sich ja alle einig: dass es sehr schwierig und sehr kompromiss­behaftet ist, wenn man eine gemeinsame Agrarpolitik von Gibraltar bis Norddeutsch-


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115. Sitzung / Seite 93

land macht, wenn man versucht, eine gemeinsame Agrarpolitik zu gestalten, die vom Prinzip her eine riesengroße Agrarfabrik gleich bedenkt wie die klein- und mittelstruktu­rierte Landwirtschaft.

Da werden wir neue Schritte gehen müssen, werden aber auch darüber nachdenken müssen, mehr nationalen Spielraum zu schaffen, um unsere bäuerlichen Betriebe för­dern und unterstützen zu können.

Damit zum dritten wichtigen Thema, nämlich zur Gesamtfinanzierung der Europäi­schen Union. In diesem Zusammenhang fordere ich die Bundesregierung auf, an dieser 1 Prozent-Forderung festzuhalten, aber nicht deswegen, weil diese 1,0 Prozent Österreich arm oder reich machen würden, sondern weil ich der Ansicht bin, dass man lieber die Alternativen ausschöpfen sollte, dass man beispielsweise sagt: Dieser Briten-Rabatt ist unhaltbar, diese über 14 Milliarden € in den nächsten Jahren können nicht gehalten werden; da muss ein klares Nein kommen. Ich denke, dass gerade der EU-Ratsvorsitz Österreich eine Chance bietet, die Chance nämlich, dass wir da ein Signal den Briten gegenüber setzen und so zum Ausdruck bringen, dass sich die Union ver­ändert hat, dass es neue Rahmenbedingungen gibt und dass Rabatte, wie sie vor vielen Jahren ausgemacht wurden, in der heutigen Zeit eben nicht mehr haltbar sind.

Meine geschätzten Damen und Herren! Abschließend zum Thema Erweiterung: Auch hier hat uns meiner Ansicht nach das „Nein“ der europäischen Bürger im Referendum zur Verfassung gezeigt, dass wir innehalten müssen. Ich bin davon überzeugt, dass der Beitritt von Rumänien und Bulgarien auf der Zeitschiene um zumindest ein Jahr verschoben werden soll und dass man den Spielraum bis 2008 nützen sollte.

In der Frage der Türkei bin ich davon überzeugt, dass wir folgendermaßen vorgehen sollten: verhandeln – ja, das können wir; Perspektiven für die Türkei schaffen – ja, das sollten wir; doch über dem Beitritt sollte ein großes „Ja, aber“ stehen, denn ich denke, solange die Rahmenbedingungen wirtschaftlicher, menschenrechtlicher und wie auch immer gearteter Natur nicht gegeben sind, wird es keinen Sinn machen, diesen Staat zur Europäischen Union hinzuführen.

In diesem Sinne wünsche ich der Bundesregierung eine hoffentlich arbeitsintensive Zeit in der Europäischen Union und hoffentlich einen Vorsitz, mit dem sie sehr gut um­gehen kann und im Interesse der Österreicherinnen und Österreicher etwas bewegt. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.01


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn (den Vorsitz übernehmend): Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Bauer. Ich erteile es ihm.

 


13.01.02

Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Hohe Regierungs­bank! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Die Referenden in Frankreich und in den Niederlanden haben eine Welle an Diskussionen ausgelöst. Obgleich wir alle wissen, dass dort innenpolitische Themen eine wichtige Rolle gespielt haben, darf man diese Voten letztlich nicht darauf reduzieren, sondern sollte erkennen, dass EU-Skepti­zismus spürbarer geworden ist und dass letztlich auch überall Zukunftsängste anzu­treffen sind.

In dem Sinne soll man, glaube ich, auch verstehen, dass es gerade jetzt auf die Poli­tiker ankommt, Europa zu vertreten. Wir brauchen nämlich nicht weniger Europa, son­dern mehr Europa, in einem Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern. Ich möchte hier „Die Presse“ vom 14.6. zitieren, worin gesagt wird: Mit gespaltener Zunge zu reden, nämlich staatstragend in Brüssel und kritisch bis überkritisch zu Hause, damit muss einmal Schluss gemacht werden!


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Wenn ich nur einmal überlege, wie das in Österreich selbst aussieht: Herr Bundesmi­nister Grasser sagte zum Beispiel, es soll am 3. Oktober nicht begonnen werden, mit der Türkei zu verhandeln. Das blieb unwidersprochen. Frau Bundesminister Plassnik sagte einen Tag später genau das Gegenteil: Alle Beschlüsse zur Erweiterung sind uneingeschränkt umzusetzen.

Oder: Nach dem, was ich heute gehört habe, vertritt Bundeskanzler Schüssel doch eher die Ansicht, dass wir uns auf dem Weg zum europäischen Bundesstaat befinden. Andere, etwa vom Koalitionspartner FPÖ oder BZÖ, vertreten eher die Auffassung, dass es ein Europa der Vaterländer sein soll.

Geschätzte Damen und Herren! Das bedeutet, auch wenn wir uns über den Finanz­rahmen einigen können, dass doch tiefe Risse in Europa bestehen, und zwar zwischen denjenigen, die an das politische Europa glauben, symbolisiert durch die Verfassung, und jenen, die mit dem Sieg des Marktes zufrieden sind. Ich glaube, das ist die wirk­liche Diskussion, geschätzte Damen und Herren!

Ich habe bereits gesagt, Europa braucht auch wieder Ideale, nämlich Ideale, um mehr an dieses Europa zu glauben. Das bedeutet, dass es, aus welchen Gründen auch im­mer, zu keinem Stopp der Bemühungen um mehr Europa kommen darf, sondern die Rolle Europas in einer globalisierten Welt wahrgenommen werden muss. Ich halte das für sehr wichtig. Die Chance liegt eben im Aufstieg zu einer Weltmacht, mit der sich die Bürgerinnen und Bürger identifizieren können.

Europa – und das hat der deutsche Bundeskanzler Schröder gesagt – braucht auch ein Signal der Einigungsfähigkeit. Denn das, was wir erlebt haben, ist eigentlich traurig, wenn man sich überlegt, dass man sich wirklich in Kleinlichkeiten entzweit und die große Linie Europas zu wenig erkennt. Ich möchte daher sagen, dass die Position der Regierungschefs, nämlich „Europa, bitte warten!“, kein richtiges Signal an Europa ist. Schüssel hat gesagt, es „befindet sich in der Warteschleife“; das bedeutet, dass wir von einer gemeinsamen Verfassung vielleicht im Jahr 2008 oder 2009 reden. Ich glaube, das ist nicht der richtige Maßstab, dem wir uns verpflichtet fühlen sollen.

Ich persönlich glaube, dass wir dieses starke, soziale Europa nicht nur schaffen sollen, sondern dazu im Sinne einer Vorbildregion in der globalisierten Welt geradezu ver­pflichtet sind. Das bedeutet, dass sich dieses Europa auch immer mehr zu einem sozi­alen Europa entwickeln muss und damit letztlich ein Europa der Bürgerinnen und Bür­ger wird. In dem Sinne, Herr Staatssekretär Winkler: Viel Erfolg bei Ihrem zukünftigen Wirken im Interesse Österreichs und im Interesse Europas! (Beifall bei der SPÖ.)

13.05


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Hagenhofer. Ich erteile es ihr.

 


13.05.36

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Dame und Herren auf der Regierungsbank! Das Nein zur europäischen Verfassung in Frankreich und in den Niederlanden zeigt, in welch kritischer Situation sich Europa – trotz Profits der österreichischen Wirtschaft und der westeuropäischen Wirtschaft – eigentlich befin­det.

Der „Spiegel“ berichtet in seiner Juni-Ausgabe aus Calais und schreibt, dass die Men­schen dort sagen: „Wir wollen ein Europa, aber nicht dieses.“ In Calais, muss man wissen, gibt es eine Arbeitslosigkeit von 15 bis, in manchen Regionen, 40 Prozent: arbeitslose Fischer, Kumpel, Seeleute und Klöpplerinnen, die einst zu Zehntausenden die Calaiser Spitze produzierten, ehe sich Europas Textilmärkte der Welt öffneten.


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Ein zweites Beispiel brachte der ORF in seiner Fernsehsendung „Am Schauplatz“ am 28. Juni. Dort sagten Arbeitnehmer aus Ruzomberok – das ist in der Mittelslowakei – im Interview: Wir arbeiten hier in einer österreichischen Firma zu Löhnen wie in einer Bananenrepublik und leben zu Preisen wie im alten Europa.

Wenn ich jetzt noch die Arbeitslosenzahlen Österreichs aus dem Juni hernehme – es waren 211 310 Menschen, junge und ältere, die gleichzeitig allesamt länger arbeiten müssen oder sollen, nur fehlen dazu die Arbeitsmöglichkeiten –, dann, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, verstehe ich die Kritik oder die Ablehnung mancher Men­schen gegenüber Europa. Eine Europapolitik, die 20 Millionen Menschen arbeitslos macht, findet, wie die Beispiele zeigen, in weiten Teilen Europas bei der Bevölkerung keine Zustimmung!

Die Regierungschefs der einzelnen Mitgliedsländer, der Europäische Rat, aber auch die Finanzminister der Mitgliedsländer, die Kommission und die nationalen Regierun­gen müssen die schrankenlose Globalisierung stoppen. Die Staats- und Regierungs­chefs hätten sich am 16. und 17. Juni auf ihrem Gipfel als Signal für die Menschen in Europa die Zeit nehmen müssen, den Menschen zu sagen, wie die unmittelbare, aber auch die längerfristige Entwicklung Europas aussehen kann und aussehen wird.

Tempo und Umfang der politischen Entwicklung haben in den letzten eineinhalb Jahr­zehnten die Europäer, und zwar Regierungen wie Völker, schlicht überfordert. Europäi­sche Regierungschefs, die willens sind, einem gemeinsamen Europa eine Verfassung zu geben, gleichzeitig aber bei den Menschen unfähig erscheinen, sich Grenzen zu setzen, geographische wie politische, das verunsichert die Menschen in Europa, und „das Publikum verlässt den Saal“, schreibt die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ vom 13. Juni.

Geschätzte Frau Außenministerin! Meine Herren auf der Regierungsbank! Ich bitte Sie alle, dass Sie dafür eintreten, dass wir ein gemeinsames Europa bekommen, in dem wir alle innerhalb Europas Arbeit finden können, in dem eine wirtschaftliche Entwick­lung stattfinden kann und in dem die Menschen auf Grund ihrer Arbeit wieder investie­ren und ihre Arbeitsplätze absichern können.

Herr Staatssekretär Dr. Winkler, Ihnen wünsche ich viel Kraft und Erfolg! Ich wünsche Ihnen auch das Sensorium, das Sie angesprochen haben, und dass Sie es gegenüber den Staats- und Regierungschefs dann ansprechen, wenn es in Richtungen geht, die sich nicht nur für die Menschen, sondern auch für die Wirtschaft schlecht auswirken. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.10


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Hlavac. Ich erteile es ihr.

 


13.10.09

Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Herren Staatssekretäre! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch ich möchte Ihnen, Herr Staatssekretär, zu Ihrer neuen Funktion gratulieren und Ihnen alles Gute wünschen. Sie selbst haben gesagt, dass eine schwere Zeit für die Europäische Union kommt und die Europäische Union in einer Krise ist. Ich denke, das sollte man nicht schönzureden versuchen, denn man kann mit Krisen nur dann umgehen, wenn man sie ernst nimmt und versucht, die Probleme wirklich zu lösen.

Es ist dies eine Krise, in die sich die Europäische Union selbst hineinmanövriert hat. Denn wir erleben ständig, dass Kompromisse geschlossen werden, die keine sind, dass die Staats- und Regierungschefs nach Verhandlungen, in denen man sich in letz­ter Minute auf irgendetwas geeinigt hat, nach Hause fahren und dann die Umsetzung


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nicht funktioniert. Wir haben das zum Beispiel bei der Lissabon-Strategie gesehen und auch erst kürzlich diskutiert.

Daher hat sich jetzt die unglückliche Situation ergeben, dass in zwei Ländern der Euro­päischen Union die Menschen ihr schweres Unbehagen zum Ausdruck gebracht ha­ben, indem sie den Vertrag abgelehnt haben. Das ist bedauerlich, weil der Vertrag sicher ein Fortschritt gegenüber Nizza gewesen wäre.

Ich habe bei der Beschlussfassung im Verfassungsausschuss den Herrn Bundes­kanzler gefragt, was er zu tun gedenkt oder was überhaupt die Regierungschefs zu tun gedenken, wenn Frankreich tatsächlich dagegen stimmt. Er hat diese Frage als ziem­lich absurd abgetan. Ich merke auch jetzt mit Bedauern, dass es offensichtlich wirklich keine Strategie für diese Situation gegeben hat, und das ist wirklich ein zusätzliches Problem.

Was sich die Menschen von der Europäischen Union erwarten, ist eindeutig. Es ist auch hier mehrmals angesprochen worden, dass sie eine Union wollen, die das Leben der Menschen verbessert, nicht eine schrankenlose Liberalisierung, sondern einen fairen Wettbewerb, einen Wettbewerb, in dem es auch Arbeitnehmerschutz und eine soziale Vorsorge gibt, und wo die Menschen, wenn sie krank werden, sicher sein kön­nen, dass sie eine gute Krankenversorgung haben. Sie wollen eine Wohlstandszone Europa.

Damit komme ich zu einem weiteren Punkt, der mir sehr wichtig ist, nämlich zu den Finanzperspektiven. Möglicherweise wird es erst unter österreichischer Präsidentschaft zu einer Lösung kommen. Mir scheint es wichtig zu sein, dass die Fördermittel nicht nur nach Sachgebieten umverteilt werden, sondern auch in der Weise, dass die neuen Mitgliedstaaten gegenüber den alten Nettoempfängern bevorzugt werden. Ich denke, dass es nach einer doch schon langen Zeit der Förderung Erfolge geben muss, wäh­rend es bei den neuen Mitgliedsländern offensichtlich ist, dass sie unsere Förderung und unsere Solidarität brauchen. Daher erwarte ich mir, dass es auch in dieser Rich­tung Bewegung geben wird.

Diese Krise ist sicherlich auch eine Chance: eine Chance, sich darauf zu besinnen, was die wirklich wichtigen Fragen sind und was die wirklichen Anliegen der Menschen sind. Es geht um ein starkes Europa, um ein handlungsfähiges Europa, und das ist für diesen Kontinent, für seine Weiterentwicklung und auch für seine Konkurrenzfähigkeit eine absolute Notwendigkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

13.14


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. – Bitte.

 


13.14.30

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Auch ich möchte Ihnen alles Gute wünschen, Herr Staatssekretär, auf Ihrem Weg in Europa. Ich darf Ihnen heute vielleicht auch eine kleine Information mitgeben, weil ich erst vor kurzem an der Dis­kussion der nationalen Haushaltsvorsitzenden mit dem EU-Haushaltsausschuss teilge­nommen habe. Mein Eindruck dort war, dass die Finanzierungsfrage in Europa wirklich vor einer grundlegenden Erneuerung steht. Anders wird es, glaube ich, im nächsten Jahr zu keiner Einigung kommen. Ich denke, Österreich wird ein gewichtiges Wort mit­reden dürfen und müssen, wenn es darum geht, hier einen Fortschritt zu erzielen.

Meine Damen und Herren! Ich kann Ihnen nur vermitteln, dass diese Debatte im Euro­päischen Parlament, die sehr interessant gewesen ist, eines doch sehr deutlich er­bracht hat: Es wird keine Nachhaltigkeit für den europäischen Rabatt Großbritanniens


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geben, dieser wird sicher fallen müssen. Auch die Briten haben in dieser Hinsicht durchaus Gesprächsbereitschaft signalisiert: Man kann sich das sehr wohl vorstellen, und es wird daran nicht scheitern. Allerdings wollen die Briten auch andere Reformen im Finanzbereich der Europäischen Union, zum Beispiel – das ist auch klar angespro­chen worden – die Renationalisierung der Agrarfördermittel beziehungsweise der För­derungen für den ländlichen Raum.

Ich glaube, wir sollten uns darauf einlassen, eine solche Debatte zu führen, und auch darauf, eine komplette Neustrukturierung der europäischen Finanzen zu debattieren und offen zu diskutieren. Es muss dies nicht unbedingt zum Nachteil der österreichi­schen Bevölkerung und insbesondere der österreichischen Landwirtschaft sein.

Ich möchte in dem Zusammenhang außerdem erwähnen, dass sogar Franz Fischler sagt, dass jeder Euro, der auf europäischer Ebene in die Forschung investiert wird, dort im Verhältnis besser wirken kann als jeder Euro, der national investiert wird. Bei der Landwirtschaft, sagt er, sei dies anders. Egal, ob die Unterstützung aus der EU oder aus Österreich stamme, das ändere an dem System nichts – er kritisiert damit natürlich das System –, im Gegenteil, sagt er, womöglich sei es so: Je näher, desto besser.

Franz Fischler ist voriges Jahr mit seinen Reformvorschlägen leider nicht durchgedrun­gen, weil auch die österreichischen ÖVP-Vertreter diese Reformvorschläge so nicht akzeptieren wollten; das möchte ich hier noch kurz in Erinnerung rufen und ihnen auch vorwerfen. Ich glaube, es ist an der Zeit, diese Debatte zu führen. Es ist an der Zeit, diese Debatte ohne Vorbehalte im österreichischen Parlament, im Europäischen Parla­ment und auf Regierungsebene zu realisieren. Denn ich glaube, dass es Europa nötig hat, eine neue Ausrichtung seiner Finanzpolitik vorzunehmen und eine offensivere Strategie der Entwicklungspolitik zu verfolgen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.18


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich bitte, Platz zu nehmen, denn wir gelangen nunmehr zur Abstimmung.

Zunächst stimmen wir ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Spin­delegger, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Finanzielle Vorausschau der Europäischen Union und die österreichische Verhandlungsposition.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies die Mehrheit, und somit ist der Antrag ange­nommen. (E 115.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Schieder, Kolleginnen und Kollegen betreffend die zukünftige Finanzierung der Europäischen Union.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies die Minderheit, und somit ist der Antrag abge­lehnt.

13.18.512. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (836 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz – BGStG) erlas­sen wird und das Behinderteneinstellungsgesetz, das Bundesbehindertengesetz,


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das Bundessozialamtsgesetz, das Gleichbehandlungsgesetz, das Bundesgesetz über die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbehandlungsanwalt­schaft sowie das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz geändert werden (1028 d.B.)

3. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (832 d.B.): Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, und über die Anträge

89/A (E) der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Anerkennung der Österreichischen Gebärdensprache (ÖGS),

156/A der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem die Gebärdensprache im Bundes-Verfassungsgesetz anerkannt wird,

431/A der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem die Österreichische Gebärden­sprache im Bundes-Verfassungsgesetz verankert wird, und

449/A (E) der Abgeordneten Dr. Franz-Joseph Huainigg, Dr. Helene Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anerkennung der Österreichischen Gebär­densprache sowie über die

Bürgerinitiative (5/BI) betreffend „Chancengleichheit gehörloser Menschen im österreichischen Bildungssystem“ und über die

Petition (11/PET) betreffend „Chancengleichheit gehörloser Menschen im öster­reichischen Bildungssystem“ (inhaltlich gleich mit Bürgerinitiative Nr. 5), über­reicht von den Abgeordneten Dr. Franz-Joseph Huainigg, Mag. Christine Lapp, Dr. Helene Partik-Pablé und Theresia Haidlmayr (1029 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Petition (27/PET) betreffend „Eine Resolution für die Wiedereinführung der einkommensunabhängigen Gebühren­befreiung für gehörlose und gehörbeeinträchtigte Menschen“, überreicht von der Abgeordneten Theresia Haidlmayr (1030 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nun kommen wir zu den Punkten 2 bis 4 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Diese Debatte wird in Gebärdensprache gedolmetscht.

Wünscht eine/r der beiden BerichterstatterInnen das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Erste Debattenrednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Lapp. – Bitte.

 


13.20.55

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Besuchergalerie! Es ist heute ein sehr wichtiger Tag: Die Anerkennung der Öster­reichischen Gebärdensprache wird Wirklichkeit. Ein Zeichen dafür ist das türkisfarbene Ribbon, das die RednerInnen meiner Fraktion anlässlich dieser Debatte tragen werden. Bei der gesetzlichen Regelung der Gebärdensprache konnten wir als SPÖ unsere Vor­schläge und Meinungen einbringen. Somit stimmen wir auch der Anerkennung der


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Gebärdensprache zu und setzen mit dieser unserer Zustimmung den Schlusspunkt einer langjährigen Diskussion, die von sehr vielen Auseinandersetzungen geprägt war.

Zum Behindertengleichstellungsgesetz gab es eine europäische Richtlinie, die bis zum Jahr 2003 umgesetzt werden sollte. Es gab inzwischen Vier-Parteien-Entschließungs­anträge und sehr viele Bemühungen, sehr viele Initiativen von engagierten Interessen­vertreterinnen, Interessenvertretern, Politikerinnen und Politikern, Juristinnen und Juris­ten. Es gab einen sehr engagierten Vorentwurf von Seiten des Ministeriums, der im Rahmen der Begutachtung sehr viele Zähne verloren hat.

Worum geht es? – Behinderte Menschen in unserer Gesellschaft erleben Barrieren, werden ausgeschlossen, erreichen Einrichtungen nicht, erreichen Gebäude nicht, er­reichen verschiedene Darstellungen im Internet nicht. Hier gilt es, die Gleichstellung zu vollziehen, die Gleichstellung im rechtlichen Rahmen herbeizuführen.

Die Regierung hat sich mit der heute vorliegenden Regierungsvorlage und den Abän­derungsanträgen bemüht. Das will ich ihr nicht absprechen. Dennoch wurde nicht ge­nug Kraft aufgewendet, um behinderten Menschen eine Gleichstellung zu ermöglichen, um behinderten Menschen die Bürgerinnen- und Bürgerrechte zu gewähren.

Um wie viele Personen geht es in Österreich? – 800 000 Menschen in Österreich sind behindert und werden behindert. Sie haben auch sehr viele Angehörige, Freundinnen und Freunde, Bekannte. Die Lebenssituation ist davon geprägt, dass man sich genau überlegen muss, wie man seinen Tag gestaltet, welche Möglichkeiten und welche Zugänge man hat.

Im Bildungsbereich zum Beispiel ist die Integration an den österreichischen Schulen zwar gesetzlich geregelt, doch schaut die Ausgestaltung der Integration von Bundes­land zu Bundesland verschieden aus. Hier gibt es sehr große Barrieren. Dazu gibt es in diesem Behindertengleichstellungsgesetz kein einziges Wort, und das ist sehr schade. Sie haben hier eine Chance versäumt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Brinek: Die Schulmaterie findet sich in den Schulgesetzen!)

Das Gegenteil ist der Fall! Bei einem Abänderungsantrag im Verfassungsausschuss haben Sie jetzt auch herausgenommen, dass die Universitäten die Barrierefreiheit erreichen sollten. Auch da haben Sie eine Chance verpasst und hat Ihre Kraft nicht gereicht.

Wie schaut es mit dem Abbau von Barrieren, von räumlichen Barrieren in unserer Ge­sellschaft aus? – Es geht um die Erreichbarkeit von Bankomaten, von Geschäften, von Einrichtungen, von Ämtern und des Internets. Die Zugänge müssen für Rollstuhlfahre­rinnen und Rollstuhlfahrer, für blinde Menschen, für gehörlose Menschen unterschied­lich gestaltet werden. Hier ist sehr viel Know-how, Fingerspitzengefühl und Initiative erforderlich. Im Gleichstellungsgesetz haben Sie zwar festgeschrieben, dass der Ab­bau von Barrieren ermöglicht werden soll, zugleich aber auch, dass das erst an einem sehr fernen Tage im Jahr 2015 passieren soll. (Abg. Dr. Brinek: Das stimmt so nicht! Es geht darum, dass das bis dahin spätestens erledigt sein soll! Es geht um eine stufenweise Umsetzung!) Hier haben Sie die Kraft nicht gehabt.

Ein weiterer Punkt unserer Kritik betrifft die Verbandsklage. Behinderte Menschen ha­ben keine große Lobby, haben auch meistens keine sehr großen Portemonnaies, mit denen sie sich Recht verschaffen und Juristen engagieren können. Die Verbandsklage gibt Vereinen die Möglichkeit, behinderte Menschen zu unterstützen. Hier haben Sie eine so komplizierte Formulierung eingebaut, dass der Weg aufs Salzamt für behin­derte Menschen wahrscheinlich leichter wird als der Weg über die Verbandsklage. (Abg. Dr. Brinek: Das stimmt auch nicht! Das stimmt nicht!)


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Der Bundesbehindertenbeirat muss mit zwei Dritteln der Stimmen die Zustimmung ge­ben, damit eine Verbandsklage eröffnet werden kann. Das ist Vergeudung von Kräften von behinderten Menschen.

Ein weiterer Kritikpunkt unsererseits ist der Behindertenanwalt. Kollege Huainigg hat heute in einer Pressekonferenz gesagt, dass der Behindertenanwalt weisungsfrei sei. Das stimmt nicht, denn dazu braucht man eine Verfassungskompetenz und es wurde bezüglich der Funktion des Behindertenanwalts keine Verfassungskompetenz einge­baut. Der Behindertenanwalt kann Sprechtage abhalten, kann durch die Lande fahren, kann behinderten Menschen tröstend zur Seite stehen. Er ist aber kein starker Anwalt, sie ist keine starke Anwältin für die Interessen und Anliegen behinderter Menschen. Auch daran wird von unserer Seite Kritik geübt.

Ich möchte einen Abänderungsantrag einbringen, der einen Anspruch auf Unterlas­sung einfordert. Es kann ja nicht nur so sein, dass Barrieren zwar weggeräumt werden oder auch gestraft wird, sondern es muss danach getrachtet werden, dass Barrieren immer weggeräumt bleiben und nicht nur im einzelnen Fall. Weiters sollen bei der Verbandsklage auch die Behindertenorganisationen und Organisationen nach § 29 Konsumentenschutzgesetz gleichgestellt sein. Auch bezüglich der Beweislast haben wir eine Änderung vorgenommen.

Sehr geehrte Damen und Herren der Regierungsfraktionen, ich gestehe Ihnen zu, dass sich Ihr Kollege, Dr. Huainigg, sicher sehr stark bemüht hat, aber die Kraft Ihrer beiden Regierungsfraktionen hat nicht dazu gereicht, dass behinderte Menschen in Österreich wirklich gleichgestellt werden. Unterstützen Sie unseren Antrag! (Beifall bei der SPÖ.)

13.27


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der von Frau Abgeordneter Mag. Lapp in seinen Kernpunkten erläuterte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung. Gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung wird er an die Abgeordneten verteilt und dem Stenographischen Protokoll beigedruckt.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Verfassungsausschusses (1028 d.B.) betreffend die Regierungsvorlage (836 d.B.), mit dem ein Bundesgesetz über die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz – BGStG) erlassen wird und das Behinder­teneinstellungsgesetz, das Bundesbehindertengesetz, das Bundessozialamtsgesetz, das Gleichbehandlungsgesetz, das Bundesgesetz über die Gleichbehandlungskom­mission und die Gleichbehandlungsanwaltschaft sowie das Bundes-Gleichbehand­lungsgesetz geändert wird

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

I. Artikel 1 wird wie folgt geändert:

1. § 9 samt Überschrift lautet wie folgt:

„Rechtsfolgen bei Verletzung des Diskriminierungsverbots

§ 9 (1) Bei Verletzung des Diskriminierungsverbots gemäß § 4 Abs. 1 in Vollziehung der Gesetze hat die betroffene Person jedenfalls Anspruch auf Ersatz des Vermögens­schadens und auf eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung.


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(2) Bei Verletzung des Diskriminierungsverbots gemäß § 4 Abs. 1 in den sonstigen Bereichen hat die betroffene Person jedenfalls Anspruch auf Ersatz des Vermögens­schadens, auf eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung sowie auf Unterlassung und Beseitigung.

(3) Bei einer Belästigung gemäß § 5 Abs. 3 hat die betroffene Person gegenüber der Belästigerin oder dem Belästiger jedenfalls Anspruch auf Ersatz des erlittenen Scha­dens und auf Unterlassung. Neben dem Ersatz eines allfälligen Vermögensschadens hat die betroffene Person zum Ausgleich der erlittenen persönlichen Beeinträchtigung Anspruch auf angemessenen Schadenersatz, mindestens jedoch auf 400 €.

(4) Ist die Belästigung in Vollziehung der Gesetze erfolgt, besteht der Anspruch auch gegen den zuständigen Rechtsträger.

(5) Bei der Bemessung der Höhe des immateriellen Schadenersatzes ist insbesondere auf die Dauer der Diskriminierung, die Schwere des Verschuldens, die Erheblichkeit der Beeinträchtigung und Mehrfachdiskriminierungen Bedacht zu nehmen.

(6) Als Reaktion auf eine Beschwerde oder auf die Einleitung eines Verfahrens zur Durchsetzung des Diskriminierungsverbots darf die betroffene Person nicht benachtei­ligt werden. Auch eine andere Person, die als Zeugin oder Zeuge oder Auskunfts­person in einem Verfahren auftritt oder eine Beschwerde einer betroffenen Person unterstützt, darf als Reaktion auf eine Beschwerde oder auf die Einleitung eines Ver­fahrens zur Durchsetzung des Diskriminierungsverbots nicht benachteiligt werden. Abs. 1 und 2 sowie §§ 12 und 14 ff gelten sinngemäß.“

2. § 12 samt Überschrift lautet wie folgt:

„Beweislast

§ 12. (1) Wenn sich eine betroffene Person vor Gericht auf eine ihr zugefügte Diskrimi­nierung im Sinne dieses Bundesgesetzes beruft, so hat sie diesen Umstand glaubhaft zu machen. Der beklagten Partei obliegt es außer in den Fällen des Abs. 2 zu bewei­sen, dass ein anderes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war.

(2) Bei Berufung auf eine Belästigung sowie bei Berufung auf eine Diskriminierung, die durch Barrieren verursacht wird, obliegt es der beklagten Partei zu beweisen, dass die von ihr vorgebrachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.“

3. § 13 samt Überschrift lautet wie folgt:

„Verbandsklage

§ 13. (1) Bei der gerichtlichen Geltendmachung von ihr zur klagsweisen Geltend­machung abgetretenen Ansprüchen nach diesem Bundesgesetz ist die Vereinigung, auf die die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z 6 des Bundesbehindertengesetzes (BBG), BGBl. Nr. 283/1990, zutreffen, den im § 29 KSchG genannten Verbänden gleichgestellt.

(2) Wer gegen die in diesem Bundesgesetz geregelten gesetzlichen Gebote oder Ver­bote verstößt und dadurch die allgemeinen Interessen des durch dieses Gesetz ge­schützten Personenkreises beeinträchtigt, kann auf Unterlassung geklagt werden. Der Anspruch kann von der in Abs. 1 genannten Vereinigung und den in § 29 KSchG genannten Verbänden geltend gemacht werden.“

II. Artikel 2 wird wie folgt geändert:

1. § 7p samt Überschrift lautet wie folgt:


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115. Sitzung / Seite 102

„Beweislast

§ 7p. Wenn sich eine betroffene Person vor Gericht auf einen Diskriminierungstatbe­stand im Sinne des § 7b Abs. 1 oder eine Belästigung (§ 7d) beruft, so hat sie diesen Umstand glaubhaft zu machen. Dem Beklagten obliegt es bei Berufung auf § 7b Abs. 1 zu beweisen, dass ein anderes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlag­gebend war. Bei Berufung auf § 7d sowie bei Berufung auf eine Diskriminierung, die durch Barrieren verursacht wird, obliegt es dem Beklagten zu beweisen, dass die vom Beklagten vorgebrachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.“

2. § 7q samt Überschrift lautet wie folgt:

„Verbandsklage und Nebenintervention

§ 7p. (1) Bei der gerichtlichen Geltendmachung von ihr zur klagsweisen Geltend­machung abgetretenen Ansprüchen gemäß §§ 7e bis 7i ist die Vereinigung, auf die die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z 6 des Bundesbehindertengesetzes (BBG), BGBl. Nr. 283/1990, zutreffen, den im § 29 Konsumentenschutzgesetz (KSchG), BGBl. 140/1979 genannten Verbänden gleichgestellt.

(2) Wer gegen die in §§ 7e bis 7i geregelten gesetzlichen Gebote oder Verbote ver­stößt und dadurch die allgemeinen Interessen des durch diese Bestimmungen ge­schützten Personenkreises beeinträchtigt, kann auf Unterlassung geklagt werden. Der Anspruch kann von der in Abs. 1 genannten Vereinigung und den in § 29 KSchG genannten Verbänden geltend gemacht werden.

(3) Sachlich zuständig für Klagen im Sinne der Abs. 1 und 2 in Arbeitsrechtssachen sind die zuständigen Gerichtshöfe erster Instanz als Arbeits- und Sozialgerichte.

(4) Die Österreichische Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation kann, wenn es eine betroffene Person verlangt, einem Rechtsstreit zur Durchsetzung von Ansprüchen aus einer Verletzung des Diskriminierungsverbots des § 7b als Nebenintervenient (§§ 17 bis 19 ZPO) beitreten.“

Begründung:

Zu Artikel I § 9:

Durch die vorgeschlagene Regelung soll eine zweckmäßige und effektive Durchset­zung von Gleichstellungsrechten ermöglicht werden. Im Besonderen soll neben dem Ersatz des Vermögensschadens und des immateriellen Schadens auch ein Anspruch auf Unterlassung und Beseitigung der Diskriminierung bzw. Benachteiligung in den sonstigen Fällen des § 4 Abs. 1, mit Ausnahme von Diskriminierungen in Vollziehung der Gesetze, bestehen; Diskriminierungen in Vollziehung der Gesetze, also z.B. durch Gebietskörperschaften, Sozialversicherungsträger etc., sind bereits ex lege zu unter­lassen oder beseitigen, so dass es keines gesonderten Unterlassungs- oder Besei­tigungsanspruches bedurfte. Ein Unterlassungsanspruch soll auch für Fälle einer Belästigung wegen einer Behinderung vorgesehen werden.

Zu Artikel I § 12 und Artikel II § 7p:

Durch die vorgeschlagene Textierung der Beweislastregel soll in Entsprechung des bislang im Antidiskriminierungsrecht der Europäischen Union vorgesehenen Grundsat­zes einer Beweislastumkehr – siehe z.B. Art. 10 der Richtlinie des Rates der EU zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf 2000/78/EG – eine derartige Beweislastumkehr in § 12 des Behindertengleichstellungsgesetzes normiert werden.


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Das Institut der Beweislastumkehr soll auch in Entsprechung der Umsetzung der Rah­menrichtlinie 2000/78/EG in die Bestimmung des § 7p Behinderteneinstellungsgesetz Eingang finden.

Zu Artikel I § 13 und Artikel II § 7q:

Die in der Regierungsvorlage vorgesehene Verbandsklage ist unzureichend und viel zu kompliziert.

Mit dieser Abänderung soll eine einfache und klare Regelung geschaffen werden.

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Huainigg zu Wort. – Bitte.

 


13.28.12

Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Ich finde, es ist ein Tag der Freude für behinderte Menschen. Es ist ein historischer Moment, dass wir heute eine jahrzehntelange Forderung behinderter Menschen mit dem Gleichstellungsgesetz und der Anerkennung der Gebärdensprache umsetzen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das Parlament hat ja durch den Gebärdensprachkurs schon einiges mitbekommen, was Gebärdensprache ist, und es ist eine tolle Sprache, die endlich anerkannt wird. Endlich wird nun nicht mehr gesagt, dass gewisse Menschen taubstumm sind, sondern wir geben ihnen ihre Sprache zurück: die Gebärdensprache. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich möchte auf der Galerie auch Mitglieder des Vereins „equalizent“ begrüßen, ein Arbeitsprojekt von gehörlosen und hörenden Mitarbeitern, das zeigt, wie fortschrittlich Berufsausbildung auch sein kann. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Mit dem Behindertengleichstellungsgesetz vollziehen wir einen Paradigmenwechsel – weg von Almosen und Mitleid hin zu Selbstbestimmung, Integration und einer inklusi­ven Gesellschaft. Dass man das einer konservativen Regierung nicht zugesteht ist sehr traurig. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich möchte nur in Erinnerung rufen, dass auch in Amerika der ADA von einer konser­vativen Regierung beschlossen worden ist. Man muss auch sagen, dass der Erfolg des ADA in Amerika jener war, dass die Wirtschaft mitgezogen hat. Es hat harte Ge­spräche gegeben, viele Verhandlungen. Wir haben es uns auf beiden Seiten nicht ein­fach gemacht, muss ich sagen. Es ist ein guter Kompromiss herausgekommen, der wirklich, so meine ich, geeignet ist, einen vorbildhaften Weg vorzuzeigen.

Das Gleichstellungsgesetz beinhaltet Barrierefreiheit. Alles, was neu ist, muss mit In-Kraft-Treten des Gesetzes sofort barrierefrei gestaltet sein. Es gibt natürlich Über­gangsfristen. Das braucht es auch. Man kann nicht mit einem Fingerschnippen über Nacht die Welt verändern. Aber Gleichstellung ist ein Weg. Diesen Weg gehen wir konsequent. Ich scheue mich nicht, diesen Weg auch als neuen ADA zu bezeichnen, nämlich den Austrians with Disabilities Act. (Beifall bei der ÖVP.)

Von der Opposition wurde in den vergangenen Tagen sehr viel Unsicherheitspolitik betrieben, auch heute wieder, nämlich dahin gehend, dass zum Beispiel der Behin­dertenanwalt nicht weisungsfrei wäre. Das stimmt nicht. Er ist weisungsfrei, er hat Kompetenzen. (Abg. Mag. Lapp: Es fehlt ihm die Verfassungskompetenz dazu!) Er wird über alle Schlichtungsverfahren informiert. Er hat Sitz und Stimme im Bundesbe­hindertenbeirat, der übrigens seinen Sitz beim Stubentor hat. Ich weiß nicht, wo das


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„Salzamt“ ist. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Fekter: Das ist ein Restaurant im ersten Bezirk!)

Ein anderer Kritikpunkt ist, dass die Bildung nicht im Paket, im Gleichstellungsgesetz enthalten sei. Das gibt es leider nirgends, in keinem Gleichstellungsgesetz. Das ist auch nicht möglich, weil es Materiengesetze betrifft. Es muss natürlich auch die Integ­ration von behinderten Kindern weiter forciert werden, aber nicht im Gleichstellungsge­setz, sondern in anderen Gesetzen. Dafür werden wir auch sorgen.

Materiengesetze werden wir ändern. Wir haben schon für Herbst vorgesehen, ein Bün­delgesetz zu verabschieden, wo auch die Voraussetzung für Berufszugänge geändert wird, damit auch der blinde Richter, der behinderte Lehrer, der gehörlose Masseur endlich Wirklichkeit werden. Wir wollen Tatsachen. Wir werden Tatsachen schaffen, die bisherige Regierungen nicht geschafft haben.

Ich möchte vor allem Ex-Minister Haupt danken, der sich sehr engagiert hat, den Beamten des Sozialministeriums, die wirklich ein gutes Gesetz vorgelegt haben, und auch Ministerin Haubner und Staatssekretär Dolinschek.

Zum Schluss in gewohnter Weise ein kleiner Gebärdensprachkurs. (Der Redner lässt die folgenden, langsam gesprochenen Worte in Gebärdensprache übersetzen.) Wir lernen heute: Gleichstellungsgesetz – jetzt! Anerkennung der Gebärdensprache – jetzt! Ziel erreicht. Aber der Weg geht weiter.

Und zur Auffrischung das Wort „Sondersitzung“. – Danke. (Beifall sowie Gebärdenbei­fall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.35


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. – Bitte.

 


13.36.03

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass das Thema Behinder­tengleichstellung überhaupt ins Parlament gekommen ist, dafür sind die Grünen ver­antwortlich – und sonst niemand! Das möchte ich einmal klarstellen. (Beifall bei den Grünen.)

Wir Grünen und auch meine Person haben, so meine ich, das Wesentlichste dazu bei­getragen, dass Sie endlich kapiert haben, dass man Menschen mit Behinderungen nicht einfach, weil es lustig ist, diskriminieren darf. (Abg. Großruck: Und den Huainigg gibt es nicht!?) Wir, meine sehr geehrten Damen und Herren, fordern seit 1997 ein Behindertengleichstellungsgesetz, das seinen Namen auch verdient. Aber das, was heute zur Beschlussfassung vorliegt, verdient seinen Namen nicht, und das ist traurig. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Brinek: Das ist nicht richtig!)

Sie können nach oben auf die Galerie schauen. Ich erinnere mich an 1997. Da war die Galerie voll mit Menschen mit Behinderungen, die sich mit uns gefreut haben, dass es die Verfassungsbestimmung gibt. Bei dieser Debatte damals wurde gesagt, wir bräuch­ten ein Gleichstellungsgesetz, das seinen Namen auch verdient, das auch mit Leben erfüllt wird. Heute sitzt keiner dieser Menschen da. Sie sitzen deshalb nicht da, weil es nichts zu feiern gibt. Seien Sie sich darüber einmal im Klaren!

Das, was Sie uns vorgelegt haben, ist eine nette Auflistung von Diskriminierungen, die es nicht mehr geben sollte. Aber wenn es sie auch in Zukunft gibt, dann sind sie nach wie vor legitimiert.

Herr Klubobmann Scheibner, es gibt in diesem Gesetz keine Unterlassung oder Besei­tigung von Diskriminierungen. Das sieht dieses Gesetz nicht vor. Das heißt, wenn


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heute jemand einen Diskriminierungstatbestand setzt, dann setzt er ihn. Er kann ihn aufrechterhalten, er muss ihn nicht beseitigen. Das haben wir nicht gewollt. Wir wollten Diskriminierungen verhindern und nicht aufrechterhalten. (Beifall bei den Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bringe einen Abänderungsantrag ein. Er ist sehr lange, deshalb wird er auch an Sie verteilt, wo es genau um diese Punkte geht, die ich jetzt anführen möchte, wo gezeigt wird, wo es einfach immer noch hakt, sodass wir in Österreich kein Gleichstellungsgesetz und keine einklagbaren Rechte für Men­schen mit Behinderungen haben.

Ich möchte einmal beim Bereich der Barrierefreiheit anfangen. Barrierefreiheit ist eine Grundvoraussetzung für Menschen mit Behinderungen, damit sie sich im öffentlichen Raum bewegen können. Aber was Barrierefreiheit sein muss, meine sehr geehrten Damen und Herren, das haben Sie verweigert, hier in dieses Gesetz hineinzuschrei­ben, denn Barrierefreiheit heißt: nach dem letzten Stand der Technik. Das wäre maß­geblich. Das steht aber in diesem Gesetz nicht drinnen. Herr Scheibner! Ich weiß nicht, ob Sie es kennen. (Abg. Scheibner: Natürlich!) Schauen Sie es sich an! Diskutieren wir nicht! Sie brauchen nur nachzuschauen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zur Gleichstellung behinderter Menschen gehört, dass sie in allen Bereichen des Lebens gleichgestellt werden – vom Kinder­garten bis ins hohe Alter, ja sagen wir, bis zum Sterben. Dazu finden Sie hier drinnen nichts. Es ist der Kindergarten nicht erwähnt, es ist die Schule nicht erwähnt. Nichts finden Sie hier! Das nennen Sie einklagbare Rechte für Menschen mit Behinderungen, wenn im Gesetz gar nichts darüber steht? (Abg. Scheibner: Da ist ja alles gemeint! Das kann man doch nicht alles einzeln aufzählen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt keine Beweislastumkehr. Wesentliche Punkte, die behinderte Menschen brauchen, um auch klagen zu können, gibt es nicht. Wir behinderte Menschen müssen uns, wenn wir klagen wollen, um eine Sammelklage machen zu können, das mehr oder weniger vom Bundesbehindertenbeirat legitimieren lassen, dass wir eine Klage einbringen dürfen. Welches andere Gesetz in Österreich gibt es noch, das vorsieht, dass bei einer Sammelklage eine vorgeordnete Institution entscheidet, ob eine Klage eingebracht werden darf oder nicht? Nirgends! Das hat man nur bei uns gemacht, um eben zu verhindern, dass es überhaupt zu Klagen kommen kann. (Abg. Scheibner: Das ist nur der Versuch, nicht zustimmen zu müssen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Diskriminierungstatbestand wird auch in Zukunft in Österreich noch auf der Tagesordnung sein: im Bereich der Barrieren, im Bereich des öffentlichen Verkehrs und in allen Lebensbereichen. Aber ich garantiere Ihnen eines, meine sehr geehrten Damen und Herren: Sie werden dieses Gesetz heute beschließen und wir werden es mitbeschließen, aber nur unter der Voraussetzung, dass Sie unseren Abänderungsanträgen zustimmen, denn das ist die Substanz, die dieses Gesetz braucht; das sind die Zähne, die dieses Gesetz haben muss, wie immer gesagt wird.

Ohne diesen Abänderungsantrag, meine Damen und Herren, hat das Gesetz diese Zähne nicht, und dann würden wir auch nicht zustimmen, weil wir nicht zu denen gehö­ren, die den behinderten Menschen etwas vormachen (Abg. Scheibner: Na, geh, geh, geh!), ihnen sagen, was sie in Zukunft nicht alles für Rechte haben, wenn dann unter dem Strich nichts herausschaut. Das machen wir nicht. Das haben wir nie gemacht, das werden wir auch nicht machen, sondern wir werden unseren behinderten Men­schen immer reinen Wein einschenken, und wir müssen es auch heute tun.

Wir werden dieses Gesetz, wie es jetzt vorliegt, nicht mit vertreten (Abg. Großruck: Das ist eine Abstimmung gegen die Behinderten, wenn Sie nicht zustimmen!), aber eines, meine sehr geehrten Damen und Herren, werden wir tun: Wir werden dafür


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kämpfen, dass dieses Gesetz, das Sie uns heute vorlegen, Zähne kriegt, und zwar gewaltige. Da können Sie sich auf uns verlassen. Auch diesen Weg werden wir noch gehen und rollen.

Wir hätten uns erwartet, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass wir heute ein Gesetz beschließen, das wir nicht spätestens ab 1. Jänner 2006 bekämpfen müssen, sondern wir hätten uns erwartet, dass wir heute ein Gesetz beschließen, das uns ab 1. Jänner 2006 Rechte gibt, einklagbare Rechte, ein Rückgrat, damit wir endlich in die­ser Gesellschaft gleichgestellt werden. Aber das bringt dieses Gesetz nicht. Schade drum! (Beifall bei den Grünen.)

Auch zur Gebärdensprache möchte ich noch ein paar Worte sagen. Mein Kollege Die­ter Brosz wird das dann noch näher ausführen. Auch hier sind es die Grünen – das lässt sich nicht leugnen, das ist alles dokumentiert –, die seit Anbeginn dafür gekämpft haben, dass die Österreichische Gebärdensprache als Sprache anerkannt wird. Wir haben einen ersten Schritt – ich sage bewusst: einen ersten Schritt –, die Verfas­sungsbestimmung, aber diese Verfassungsbestimmung ist ebenfalls mit Leben zu er­füllen. Dieser Verfassungsbestimmung ist in einem eigenen Gesetz jene Substanz zu verleihen, die es gehörlosen Menschen ermöglicht, ihr Recht auf Gebärdensprache auch einklagen zu können. Das brauchen wir in Zukunft, doch das haben wir noch immer nicht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien, auch da können Sie sich warm anziehen! Wir werden weiter dafür kämpfen. Wir werden nicht zulassen, dass man behinderten Menschen sagt, wie gut sie es haben, wenn es gar nicht stimmt. Wir brauchen Rechte, Frau Partik-Pablé, wir brauchen einklagbare Rechte, und diese Forderung werde ich niemals aufgeben, auch wenn Sie mir hundertmal unterstellen, ich sei verbittert. Ich bin nicht verbittert, ich bin eine Menschenrechtskämpferin, ich kämpfe für unsere Rechte und das werde ich auch in Zukunft so halten. Wenn Sie es als Verbitterung ansehen, dann ist das Ihre Sache. Ich bleibe dabei! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

13.44


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der von Frau Abgeordneter Haidlmayr in seinen Kernpunkten erläuterte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung. Gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung wird er an die Abgeordneten verteilt und dem Stenographischen Protokoll beigedruckt.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Haidlmayr, Freundinnen und Freunde zum Bericht des Verfas­sungsausschusses über die Regierungsvorlage (836 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz – BGStG) erlassen wird und das Behinderteneinstel­lungsgesetz, das Bundesbehindertengesetz, das Bundessozialamtsgesetz, das Gleich­behandlungsgesetz, das Bundesgesetz über die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbehandlungsanwaltschaft sowie das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz ge­ändert werden (1028 d.B.)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (Bundes-Behindertengleichstel­lungsgesetz – BGStG) erlassen wird und das Behinderteneinstellungsgesetz, das Bun-


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desbehindertengesetz, das Bundessozialamtsgesetz, das Gleichbehandlungsgesetz, das Bundesgesetz über die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbehand­lungsanwaltschaft sowie das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz geändert werden (836 d.B.) wird wie folgt abgeändert:

Artikel 1

1. Abschnitt (Schutz vor Diskriminierung):

1. § 6 Abs. 5 wird um folgenden Satz ergänzt:

„Für die Beurteilung der Barrierefreiheit ist der jeweilige Stand der Technik maßgeb­lich.“

2. Im § 6 Abs. 5 wird folgender Abs. 6 angefügt:

„(6) Zur näheren Regelung der Barrierefreiheit im Sinne des Abs. 5 kann die Bundes­regierung nach Anhörung der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation eine Verordnung erlassen, die insbesondere Standards der Barrierefreiheit für die Be­reiche Bauen, Verkehr, technische Gebrauchsgegenstände, Informationstechnologie, Systeme der Informationsverarbeitung, Webaccessibility etc. sowie Umsetzungsfristen für bestimmte Standards der Barrierefreiheit normieren kann.“

3. § 8 Abs. 3 wird wie folgt geändert:

„(3) Der Bund verpflichtet sich, die geeigneten und konkret erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um bei der Vergabe von Förderungen an natürliche oder juristische Per­sonen zu gewährleisten, dass die Einhaltung dieses Bundesgesetzes sowie des Dis­kriminierungsverbots gemäß § 7b BEinstG durch die Förderungswerberin oder den Förderungswerber zu berücksichtigen ist, und dass sichergestellt ist, dass das geför­derte Vorhaben den Grundsätzen dieses Bundesgesetzes vollinhaltlich entspricht.“

4. § 9 wird wie folgt abgeändert und lautet:

„Rechtsfolgen bei Verletzung des Diskriminierungsverbots

§ 9 (1) Bei Verletzung des Diskriminierungsverbots gemäß § 4 Abs. 1 in Vollziehung der Gesetze hat die betroffene Person jedenfalls Anspruch auf Ersatz des Vermögens­schadens und auf eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung.

(2) Bei Verletzung des Diskriminierungsverbots gemäß § 4 Abs. 1 in den sonstigen Bereichen hat die betroffene Person jedenfalls Anspruch auf Ersatz des Vermögens­schadens, auf eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung sowie auf Unterlassung und Beseitigung.

(3) Bei einer Belästigung gemäß § 5 Abs. 3 hat die betroffene Person gegenüber der Belästigerin oder dem Belästiger jedenfalls Anspruch auf Ersatz des erlittenen Scha­dens und auf Unterlassung. Neben dem Ersatz eines allfälligen Vermögensschadens hat die betroffene Person zum Ausgleich der erlittenen persönlichen Beeinträchtigung Anspruch auf angemessenen Schadenersatz, mindestens jedoch auf 400 €.

(4) Ist die Belästigung in Vollziehung der Gesetze erfolgt, besteht der Anspruch auch gegen den zuständigen Rechtsträger.

(5) Bei der Bemessung der Höhe des immateriellen Schadenersatzes ist insbesondere auf die Dauer der Diskriminierung, die Schwere des Verschuldens, die Erheblichkeit der Beeinträchtigung und Mehrfachdiskriminierungen Bedacht zu nehmen.

(6) Als Reaktion auf eine Beschwerde oder auf die Einleitung eines Verfahrens zur Durchsetzung des Diskriminierungsverbots darf die betroffene Person nicht benachtei-


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ligt werden. Auch eine andere Person, die als Zeugin oder Zeuge oder Auskunftsper­son in einem Verfahren auftritt oder eine Beschwerde einer betroffenen Person unter­stützt, darf als Reaktion auf eine Beschwerde oder auf die Einleitung eines Verfahrens zur Durchsetzung des Diskriminierungsverbots nicht benachteiligt werden. Abs. 1 und 2 sowie §§ 12 und 14 ff gelten sinngemäß.“

2. Abschnitt (Verfahren):

5. Nach § 10 werden folgende §§ 11, 12, 13 und 14 samt Überschriften eingefügt;

die bisherigen §§ 11 bis 20 des Artikels 1 werden zu §§ 15 bis 24:

„Revision und Rekurs an den Obersten Gerichtshof

§ 11. In Verfahren nach diesem Bundesgesetz ist eine Revision oder ein Rekurs an den Obersten Gerichtshof auch bei Fehlen der Voraussetzungen der §§ 502 ff ZPO zulässig.

Kostenersatzansprüche

§ 12. (1) Vorbehaltlich des Abs. 3 hat in einer Rechtsstreitigkeit zwischen einer diskri­minierenden Person und einer diskriminierten Person

1. die diskriminierende Person die Kosten, die ihr durch das Verfahren erwachsen sind, ohne Rücksicht auf dessen Ausgang selbst zu tragen; das gilt auch für den Ersatz der Gebühren der Zeugen und Sachverständigen sowie den mit Augenscheinen verbunde­nen Aufwand;

2. die diskriminierte Person gegenüber der diskriminierenden Person Anspruch auf

Ersatz aller ihrer sonstigen durch die Prozessführung verursachten, zur zweckentspre­chenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Verfahrenskosten

a) – vorbehaltlich des Abs. 2 – nach dem Wert des Ersiegten;

b) dem Grunde und der Höhe nach nur nach Billigkeit, wenn sie zur Gänze unterliegt; dabei ist besonders auf die tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten des Verfah­rens sowie auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der diskriminierten Per­son Bedacht zu nehmen.

(2) Hat die Rechtsstreitigkeit die Feststellung, Unterlassung oder Beseitigung einer Diskriminierung zum Gegenstand, so ist – auch wenn die diskriminierte Person nur teilweise obsiegt – bei der Festsetzung ihres Kostenersatzanspruchs von einem Betrag von 3 600 Euro auszugehen.

(3) Hat die diskriminierte Person der diskriminierenden Person durch Mutwillen, Ver­schleppung oder Irreführung Verfahrenskosten verursacht, so hat sie diese Kosten der diskriminierenden Person nach Billigkeit zu ersetzen.“

Gebührenfreiheit

§ 13. Schriften, Amtshandlungen und Vollmachten sind von den Gerichts-, Justizver­waltungs- und Stempelgebühren befreit.

Verständigung vom Verfahrensausgang

§ 14. Je eine Ausfertigung der Entscheidung, mit der die Rechtssache betreffend eine Diskriminierung im Sinne dieses Bundesgesetzes für die Instanz vollständig erledigt wird, ist auch dem Behindertenanwalt (§ 13b ff Bundesbehindertengesetz 1990 – BBG 1990) sowie dem Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsu­mentenschutz unmittelbar zu übersenden.“


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6. § 12 wird abgeändert und lautet wie folgt:

Beweislast

„§ 12. (1) Wenn sich eine betroffene Person vor Gericht auf eine ihr zugefügte Diskri­minierung im Sinne dieses Bundesgesetzes beruft, so hat sie diesen Umstand glaub­haft zu machen. Der beklagten Partei obliegt es außer in den Fällen des Abs. 2 zu be­weisen, dass ein anderes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war.

(2) Bei Berufung auf eine Belästigung sowie bei Berufung auf eine Diskriminierung, die durch Barrieren verursacht wird, obliegt es der beklagten Partei zu beweisen, dass die von ihr vorgebrachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.“

7. § 13 wird abgeändert und lautet:

Verbandsklage und Nebenintervention

„§ 13. (1) Wird gegen die in diesem Bundesgesetz geregelten gesetzlichen Gebote oder Verbote verstoßen und werden dadurch die allgemeinen Interessen des durch dieses Gesetz geschützten Personenkreises wesentlich und dauerhaft beeinträchtigt, können die im Bundesbehindertenbeirat vertretenen Organisationen der behinderten Menschen und Kriegsopfer (§ 9 Abs. 1 Z 7 des Bundesbehindertengesetzes, BGBl. Nr. 283/1990), der Klagsverband zur Durchsetzung der Rechte von Diskriminierungs­opfern sowie die in § 29 Abs. 1 des Konsumentenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 140/1979, genannten Organisationen eine Klage auf Feststellung einer Diskriminierung aus dem Grund einer Behinderung einbringen.

(2) Der Behindertenanwalt (Abschnitt Iib des Bundesbehindertengesetzes) kann, wenn es ein/e Betroffene/r verlangt, einem Rechtsstreit zur Durchsetzung von Ansprüchen nach diesem Bundesgesetz als Nebenintervenient (§§ 17 bis 19 ZPO) beitreten.“

4. Abschnitt (Schlussbestimmungen)

8. § 19 wird abgeändert und lautet wie folgt:

Inkrafttreten und Übergangsbestimmungen

„§ 19. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Jänner 2006 in Kraft.

(2) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sind hinsichtlich der Barrierefreiheit von Bauwerken, Verkehrsanlagen, Verkehrseinrichtungen und Schienenfahrzeugen, die auf Grund einer nach dem 1. Jänner 2006 erteilten Baubewilligung errichtet bzw. auf Grund einer nach dem 1. Jänner 2006 erteilten Genehmigung oder Bewilligung ange­schafft oder in Verkehr gebracht werden, unmittelbar ab Inkrafttreten dieses Bundes­gesetzes anzuwenden.

(3) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes hinsichtlich baulicher Barrieren im Zusammenhang mit Bauwerken, die auf Grund einer vor dem 1. Jänner 2006 erteilten Baubewilligung errichtet wurden, sind bis zum 31. Dezember 2010 nur insoweit anzu­wenden, als eine bauliche Barriere rechtswidrig errichtet wurde.

(4) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes hinsichtlich Barrieren im Zusammen­hang mit Verkehrsanlagen, Verkehrseinrichtungen und Schienenfahrzeugen, die vor dem 1. Jänner 2006 auf Grund der entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen ge-


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nehmigt bzw. bewilligt wurden, sind bis zum 31. Dezember 2010 nur insoweit anzu­wenden, als eine Barriere rechtswidrig errichtet wurde.

(5) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes hinsichtlich Barrieren im Zusammen­hang mit öffentlichen Verkehrsmitteln mit Ausnahme von Schienenfahrzeugen (Abs. 4), die vor dem 1. Jänner 2006 auf Grund der entsprechenden gesetzlichen Bestimmun­gen zugelassen wurden, sind bis zum 31. Dezember 2008 nur insoweit anzuwenden, als eine Barriere rechtswidrig errichtet wurde.

(6) Abs. 3 bis 5 sind nicht anzuwenden,

1. wenn der zur Beseitigung der dort genannten Barrieren erforderliche Aufwand den Betrag von 3 000 € nicht übersteigt,

2. wenn die behauptete Diskriminierung nach dem 1. Jänner 2008 erfolgt ist und der zur Beseitigung der in den Abs. 3 und 4 genannten Barrieren erforderliche Aufwand den Betrag von 5 000 € nicht übersteigt.

(7) Wird ein Bauwerk, eine Verkehrsanlage, eine Verkehrseinrichtung oder ein Schie­nenfahrzeug auf Grund einer nach dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes erteilten Bewilligung generalsaniert, sind die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes hinsichtlich baulicher Barrieren bzw. Barrieren betreffend Verkehrsanlagen, Verkehrseinrichtungen oder Schienenfahrzeuge ab dem Zeitpunkt des Abschlusses der Generalsanierung anzuwenden.

(8) Wird ein Bauwerk auf Grund einer nach dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes erteilten Baubewilligung unter Inanspruchnahme von Förderungen aus öffentlichen Mitteln umgebaut oder erfolgt ein entsprechender Zubau, sind die Bestimmungen die­ses Bundesgesetzes hinsichtlich baulicher Barrieren auf die um- bzw. zugebauten Teile des Bauwerks ab Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes anzuwenden; beläuft sich der Um- oder Zubau auf mehr als 50% des Bauwerkes in seiner Gesamtheit, sind die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes auf das gesamte Bauwerk anzuwenden.

(9) Betreiber von Verkehrseinrichtungen, Verkehrsanlagen oder öffentlichen Verkehrs­mitteln sind verpflichtet, bis zum 31. Dezember 2006 nach Anhörung der Österreichi­schen Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation einen Plan zum Abbau von Barrieren für die von ihnen genutzten Einrichtungen, Anlagen und öffentlichen Verkehrsmittel zu erstellen und die etappenweise Umsetzung vorzusehen (Etappenplan Verkehr).“

Artikel 2

Das Behinderteneinstellungsgesetz wird wie folgt geändert:

1. § 7k wird um folgenden Abs. 6 ergänzt:

„(6) Die §§ 11 bis 14 des Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes, BGBl. I Nr. XXXX/2005, gelten sinngemäß.“

2. § 7p wird abgeändert und lautet wie folgt:

Beweislast

„§ 7p. Wenn sich eine betroffene Person vor Gericht auf einen Diskriminierungstatbe­stand im Sinne des § 7b Abs. 1 oder eine Belästigung (§ 7d) beruft, so hat sie diesen Umstand glaubhaft zu machen. Dem Beklagten obliegt es bei Berufung auf § 7b Abs. 1 zu beweisen, dass ein anderes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlag­gebend war. Bei Berufung auf § 7d sowie bei Berufung auf eine Diskriminierung, die


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durch Barrieren verursacht wird, obliegt es dem Beklagten zu beweisen, dass die vom Beklagten vorgebrachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.“

3. § 7q wird abgeändert und lautet wie folgt:

Verbandsklage und Nebenintervention

„§ 7q. (1) Wird gegen die in diesem Bundesgesetz geregelten gesetzlichen Gebote oder Verbote verstoßen und werden dadurch die allgemeinen Interessen des durch dieses Gesetz geschützten Personenkreises wesentlich und dauerhaft beeinträchtigt, können die im Bundesbehindertenbeirat vertretenen Organisationen der behinderten Menschen und Kriegsopfer (§ 9 Abs. 1 Z 7 des Bundesbehindertengesetzes, BGBl. Nr. 283/1990), der Klagsverband zur Durchsetzung der Rechte von Diskriminierungs­opfern sowie die in § 29 Abs. 1 des Konsumentenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 140/1979, genannten Organisationen eine Klage auf Feststellung einer Diskriminierung aus dem Grund einer Behinderung einbringen.

(2) Der Behindertenanwalt (Abschnitt Iib des Bundesbehindertengesetzes) kann, wenn es ein/e Betroffene/r verlangt, einem Rechtsstreit zur Durchsetzung von Ansprüchen nach diesem Bundesgesetz als Nebenintervenient (§§ 17 bis 19 ZPO) beitreten.“

Artikel 3

Das Bundesbehindertengesetz wird wie folgt geändert:

1. § 9 Abs. 1 wird die Z 7 wie folgt geändert:

„7. neun Vertreter der organisierten Behinderten und der organisierten Kriegsopfer, wobei auf ein ausgewogenes Verhältnis der Vertretung der unterschiedlichen Gruppen von behinderten Menschen sowie auf die Vertretung von Organisationen der Selbst­bestimmt-Leben- und der Integrationsbewegung zu achten ist,“

2. § 9 Abs. 1 wird um folgende Z 8 ergänzt:

„8. der Behindertenanwalt gemäß Abschnitt Iib dieses Bundesgesetzes.“

Abschnitt IIb (Behindertenanwalt)

3. § 13c Abs. 1 wird geändert und lautet wie folgt:

„(1) Der Behindertenanwalt ist zuständig für die Beratung und Unterstützung von Per­sonen, die sich im Sinne des Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes (BGStG), BGBl. I Nr. xxxx/2005, oder der §§ 7a bis 7q des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, in der jeweils geltenden Fassung diskriminiert fühlen. Er kann zu diesem Zweck Sprechstunden und Sprechtage im gesamten Bundesgebiet abhalten sowie sich als Nebenintervenient in diesbezüglichen Verfahren anschließen. Der Be­hindertenanwalt ist in Ausübung seiner Tätigkeit selbständig, unabhängig und an keine Weisungen gebunden.“

4. § 13c Abs. 3 wird um folgende Abs. 4 und 5 ergänzt:

„(4) Der Behindertenanwalt hat dem Nationalrat einmal jährlich über die Lage und Ent­wicklung der Gleichstellung und Gleichbehandlung behinderter Menschen in Österreich sowie über wünschenswerte bzw. erforderliche Weiterentwicklungsmaßnahmen in die­sem Bereich schriftlich und mündlich zu berichten. Dieser Bericht ist in einer für behin­derte Menschen barrierefrei zugänglichen Form zu veröffentlichen.

(5) Der Bundesbehindertenanwalt hat auch Sitz und Stimme im Bundesbehindertenbei­rat (§ 9) und hat dort insbesondere die Anliegen von behinderten Menschen im Hinblick auf Gleichstellung und Gleichbehandlung zu vertreten.“


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5. In Artikel 3 lautet § 54 Abs. 9:

„(9) § 9 Abs. 1 Z 3, 7 und 8, § 13a Abs. 2, Abschnitt IIb samt Überschrift sowie § 56 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2005 treten mit 1. Jänner 2006 in Kraft.“

Begründung:

Artikel 1

Zu 1.:

Das Vorliegen von Barrierefreiheit ist nach § 6 Abs. 5 letzter Satz nach dem Stand der Technik zu beurteilen. Herangezogen werden dafür können beispielsweise die ein­schlägigen ÖNORMEN in den Bereichen Bauen und technische Ausstattung – z.B. ÖNORMEN B 1600 bis 1603, V 2100 bis 2107 ... – sowie die WAI-Leitlinien betreffend Angebote im Internet.

Zu 2.:

Durch § 6 Abs. 6 soll die Bundesregierung nach Anhörung der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation auch in die Lage versetzt werden, bereits be­stehende Standards der Barrierefreiheit in den verschiedenen Lebensbereichen mittels Verordnung zu verbindlich anwendbaren Standards zu machen, wie dies etwa auch durch die auf § 11 Abs. 1 zweiter Satz des Deutschen Behindertengleichstellungsge­setzes basierende Verordnung der Deutschen Bundesregierung zur Schaffung barrie­refreier Informationstechnik vom 17.7.2004 geschehen ist.

Zu 3.:

Auf die Verpflichtung zur Gleichbehandlung und zur Diskriminierungsfreiheit in der För­derungspolitik des Bundes soll durch diese Bestimmung nachdrücklich hingewiesen werden.

Zu 4.:

Durch die vorgeschlagene Regelung soll eine zweckmäßige und effektive Durchset­zung von Gleichstellungsrechten ermöglicht werden. Im Besonderen soll neben dem Ersatz des Vermögensschadens und des immateriellen Schadens auch ein Anspruch auf Unterlassung und Beseitigung der Diskriminierung bzw. Benachteiligung in den sonstigen Fällen des § 4 Abs. 1, mit Ausnahme von Diskriminierungen in Vollziehung der Gesetze, bestehen; Diskriminierungen in Vollziehung der Gesetze, also z.B. durch Gebietskörperschaften, Sozialversicherungsträger etc., sind bereits ex lege zu unter­lassen oder zu beseitigen, sodass es keines gesonderten Unterlassungs- oder Besei­tigungsanspruches bedurfte. Ein Unterlassungsanspruch soll auch für Fälle einer Belästigung wegen einer Behinderung vorgesehen werden.

Bestünde jedoch in den sonstigen Fällen des § 4 Abs. 1 sowie im Fall des § 5 Abs. 3 neben einem Schadenersatzanspruch kein Anspruch auf Unterlassung bzw. Beseiti­gung müsste eine Diskriminierung u.U. erst vielfach eingeklagt werden, um zu einer Veränderung der Handlungsweise der diskriminierenden Person bzw. Organisation zu gelangen; dies wäre jedoch unweigerlich damit verbunden, dass erst durch eine weder von den Gebietskörperschaften noch von den Sozialpartnern und von den Behinder­tenorganisationen gewollte „Klagsflut“ eine Verhaltensänderung von Diskriminierern herbeigeführt werden könnte; durch die Einräumung eines Unterlassungs- und Beseiti­gungsanspruches soll die Gefahr einer unzweckmäßigen „Klagsflut“ vermieden wer­den.


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Zu 5.:

Wesentlich für einen effektiven Diskriminierungsschutz ist eine für Diskriminierungs­opfer zumutbare Rechtsdurchsetzung. Dabei bildet die Überschaubarkeit und Begren­zung des Prozesskostenrisikos einen maßgeblichen Aspekt.

Aus diesem Grunde wird mit der vorgeschlagenen Änderung das Prinzip der grund­sätzlichen Kostentragung durch den Beklagten – mit der Einschränkung der Prozess­kostenüberwälzung auf den Kläger nach Billigkeit bei gänzlichem Unterliegen – und die gleichzeitige Streitwertbegrenzung implementiert.

Gerade die Streitwertbegrenzung soll gewährleisten, dass das Prozesskostenrisiko auch für den grundsätzlich prozesskostentragenden Beklagten in einem zumutbaren Rahmen gehalten wird.

Zugleich soll auch die Anrufungsmöglichkeit des Obersten Gerichtshofes in den ge­genständlichen Diskriminierungsangelegenheiten, abweichend von den sonst einzu­haltenden sehr restriktiven Voraussetzungen der ZPO, möglichst großzügig gefasst werden, um der insb. anfangs notwendigen näheren inhaltlichen Interpretation und Ausgestaltung des Diskriminierungsschutzes für behinderte Menschen im Wege der Judikatur möglichst weiten Raum zu lassen.

Zu 6.:

Durch die vorgeschlagene Textierung der Beweislastregel soll in Entsprechung des bislang im Antidiskriminierungsrecht der Europäischen Union vorgesehenen Grundsat­zes einer Beweislastumkehr – siehe z.B. Art. 10 der Richtlinie des Rates der EU zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf 2000/78/EG – eine derartige Beweislastumkehr in § 12 des Behindertengleichstellungsgesetzes normiert werden.

Wenn sich also Personen durch die Nichtbeachtung des Gleichbehandlungsgrundsat­zes für verletzt halten und bei einem Gericht Tatsachen glaubhaft machen, die das Vorliegen einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung wegen einer Behinde­rung vermuten lassen, obliegt es dem Beklagten zu beweisen, dass keine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vorgelegen hat.

Das Institut der Beweislastumkehr soll auch in Entsprechung der Umsetzung der Rah­menrichtlinie 2000/78/EG in die Bestimmung des § 7p Behinderteneinstellungsgesetz Eingang finden.

Zu 7.:

In Angelegenheiten der Behindertengleichstellung und Gleichbehandlung von Men­schen mit Behinderungen, die weitestgehend neue Rechtsbereiche darstellen, wird eine zielorientierte und effiziente Rechtsdurchsetzung wesentlich sein.

Mit der Einräumung eines Verbandsklagerechtes an einschlägig auf diese Themen spezialisierte Verbände sowie für Organisationen, die bereits seit vielen Jahren Erfah­rung mit Verbandsklagen haben, soll gewährleistet werden, dass es zu keiner Klagsflut kommt, sondern mit zielorientierten Musterprozessen strittige Rechtsfragen einer Lösung zugeführt werden. Dass ein Verbandsklagerecht in diesen Rechtsbereichen eher selten in Anspruch genommen werden muss, sondern es in der Regel zu außer­streitigen Lösungen kommt, zeigen die gleichartigen Vorbilder in Deutschland und der Schweiz.

Gerade der Behindertenanwalt ist speziell mit Fragen des Diskriminierungsschutzes und der Wahrung der Rechte von Diskriminierungsopfern betraut; deshalb erscheint es zweckmäßig, diesen Experten als Nebenintervenienten und damit als fachkundige


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Unterstützung von Diskriminierungsopfern in die diesbezüglichen Verfahren einzubin­den.

Zu 8.:

Durch die Bestimmung des Abs. 2 sollte klargestellt werden, dass für nach dem In­krafttreten dieses Bundesgesetzes bewilligte Neubauten bzw. genehmigte oder bewil­ligte neu anzuschaffende oder in Verkehr zu setzende Verkehrsmittel die Bestimmun­gen dieses Bundesgesetzes zur Barrierefreiheit unmittelbar anzuwenden sind und keine Übergangsfristen gelten. Die Übergangsbestimmungen der Abs. 3 bis 8 sollen dagegen die Möglichkeit eröffnen, in angemessener Zeit die erforderlichen Adaptierun­gen von Bauwerken, Verkehrsanlagen, Verkehrseinrichtungen und Verkehrsmitteln vorzunehmen. Es soll aber sichergestellt werden, dass auch während der Übergangs­fristen zumutbare Verbesserungen geringeren Umfangs zum Abbau von Barrieren durchgeführt werden. Abs. 6 sieht daher vor, dass Adaptierungen bis zu einem bestimmten Betrag, wenn sie geeignet wären, die Diskriminierung zu beseitigen – im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung des § 6 – von den Übergangsbestimmungen der Abs. 3 bis 5 gänzlich bzw. nach Höhe des Aufwands gestaffelt zu einem früheren Zeit­punkt ausgenommen werden.

Im Hinblick auf Um- oder Zubauten, die unter Inanspruchnahme von Förderungen aus öffentlichen Mitteln und auf Grund einer nach dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes erteilten Baubewilligung durchgeführt werden, sollen jedenfalls die Bestimmungen der Barrierefreiheit bereits ab Inkrafttreten des BGStG für die um- oder zugebauten Teile gelten. Sollte der Um- oder Zubau aber ein erhebliches Ausmaß betragen – also jedenfalls mehr als 50% des Gesamtbauwerks –, so sind die Bestimmungen des BGStG zur Barrierefreiheit auf das gesamte Bauwerk anzuwenden, also so zu tun, als handle es sich um einen Neubau im Sinne des Abs. 2.

Die Begrifflichkeit der Abs. 2 bis 9 ist vor dem Hintergrund der jeweils einschlägigen Definitionen wie z. B. des Eisenbahngesetzes zu lesen. So sind beispielsweise Bahn­höfe keine Bauwerke sondern Verkehrsanlagen.

Abs. 9 soll einen Etappenplan zur Herstellung von Barrierefreiheit im Bereich des öf­fentlichen Verkehrs im Rahmen der Bundeskompetenz verpflichtend machen, und der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation ein Anhörungsrecht einräu­men. Der Etappenplan sollte in der zeitlichen Abfolge mit den Übergangsbestimmun­gen der Abs. 3 bis 8 abgestimmt sein.

Artikel 3

Zu 1. bis 5.:

Vor dem Hintergrund der Erweiterung des Bundesbehindertenbeirates um einen Ver­treter des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen und einen Vertreter des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit soll im Hinblick auf ein ausgewogenes Gleichgewicht zwischen Vertretern von Gebietskörperschaften bzw. gesetzlichen Inter­essenvertretungen einerseits und Behindertenorganisationen andererseits auch die Vertretung der organisierten Behinderten im Bundesbehindertenbeirat entsprechend um zwei weitere Mitglieder in Z 7 angepasst werden.

Da bislang nur Vertreter der etablierten großen und traditionellen Behindertenorganisa­tionen im Bundesbehindertenbeirat Sitz und Stimme haben, soll in Hinkunft auch der Repräsentanz von Organisationen der Selbstbestimmt-Leben- als auch der Integrati­onsbewegung vermehrt Augenmerk geschenkt werden. Damit soll auch kleineren und jüngeren Organisationen die Möglichkeit der Vertretung im Bundesbehindertenbeirat neben den großen traditionellen Behindertenorganisationen eröffnet werden und so ein


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möglichst breites Spektrum der österreichischen Behindertenorganisationslandschaft repräsentiert sein.

Bei der Umschreibung der wesentlichen Aufgaben des Behindertenanwalts soll nun auch sein Recht ausdrücklich normiert werden, als Nebenintervenient zur Unterstüt­zung von Diskriminierungsopfern in Verfahren nach dem Bundesbehindertengleich­stellungsgesetz bzw. nach § 7a bis 7q des Behinderteneinstellungsgesetzes auftreten zu können.

Außerdem erscheint es zweckmäßig, den Behindertenanwalt zu verpflichten, auch dem Nationalrat einmal jährlich schriftlich und mündlich über die Lage und Entwicklung der Behindertengleichstellung und Gleichbehandlung sowie über wünschenswerte bzw. erforderliche Weiterentwicklungsmaßnahmen in diesem Bereich zu berichten. Damit soll das österr. Gesetzgebungsorgan des Bundes aus erster Hand über die Situation in diesem gesellschaftlichen Themenbereich informiert werden und auch in die Lage ver­setzt werden, wertvolle Anregungen zur Setzung politischer und legistischer Initiativen zu erhalten.

Darüber hinaus erscheint es geboten, auch den Behindertenanwalt, dem die Wahrung der Rechte und Interessen behinderter Menschen im Hinblick auf Behindertengleich­stellung und Gleichbehandlung obliegt, Sitz und Stimme im Bundesbehindertenbeirat einzuräumen.

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. – Bitte.

 


13.45.00

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich neige nicht zu Übertreibungen bei politischen Debatten, aber heute möchte ich sagen, dass es wirklich ein großer Tag ist, denn wir haben zwei Entwürfe zur Be­schlussfassung vorliegen, einerseits das Behindertengleichstellungsgesetz und ande­rerseits die Verankerung der Gebärdensprache in der Verfassung.

Nach jahrelangen oder sogar nach jahrzehntelangen Debatten, Diskussionen, Gesprä­chen ist es endlich gelungen, dass die Gebärdensprache als Sprache anerkannt wird. Die Ursache, warum das nicht schon früher passiert ist, sind Meinungsunterschiede, ein Methodenstreit, eine Konkurrenz zwischen Lautsprache und Gebärdensprache. Deshalb, finde ich, ist es besonders großartig, dass wir uns jetzt durchgesetzt haben und die Gebärdensprache als gleichwertige Sprache in Österreich anerkennen. Das freut mich wirklich sehr. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich bin überzeugt davon, dass die Anerkennung der Gebärdensprache bei Gehörlosen dazu führen wird, dass sie besser an Informationen herankommen, dass sie am Bil­dungssystem besser Anteil nehmen können, dass die Integration verbessert wird und dass insgesamt die Chance Gehörloser, am Leben aller teilzunehmen, steigt.

Also ich freue mich sehr und lasse mir das durch die Worte der Frau Haidlmayr nicht schlechtmachen. Ich glaube, alle Gehörlosen können sich ebenfalls darüber freuen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Frau Abgeordnete Haidlmayr, da Sie gemeint haben, ich würde Ihnen vorwerfen, Sie seien verbittert. – Mir tut es wirklich Leid, dass Sie gerade in den Behindertenangele­genheiten nicht mit mir zusammen Politik machen, Forderungen aufstellen und auch durchsetzen, sondern dass Sie in mir immer wieder einen Feind sehen.


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Wer es noch nicht weiß: Ich selbst habe eine behinderte Tochter, die im Rollstuhl sitzt. Sie ist 27 Jahre alt, und deshalb weiß ich ganz genau, wie schwer es behinderte Men­schen haben. Ich habe im Ausschuss gesagt, ich bin oft verbittert, wenn ich mit meiner Tochter vor einer Hürde stehe, die ich nicht nehmen kann. Dann habe ich gesagt, Frau Haidlmayr, ich weiß schon, Sie sind nicht verbittert, denn die Frau Haidlmayr gibt nie­mals zu, dass ein behinderter Mensch auch enttäuscht sein kann, wenn er eben nicht die Bedingungen vorfindet, die er gerne vorfinden möchte.

Das war überhaupt kein Vorwurf an Sie. Ich meine, gestalten Sie Ihr Leben, wie Sie es gestalten wollen. Ich bewundere, wie Sie Ihr Leben meistern, Frau Abgeordnete Haidlmayr. Ich für meine Person habe eben gesagt, ich bin oft verbittert und ich wün­sche mir, dass die Gesellschaft viel, viel mehr hilft. Ich finde, dass die Gesellschaft auch dazu verpflichtet ist, behinderten Menschen zu helfen. (Beifall bei den Freiheit­lichen und der ÖVP.)

Ich freue mich auch, dass wir heute das Behindertengleichstellungsgesetz beschlie­ßen. Und wieder, Frau Abgeordnete Haidlmayr: Ich möchte nicht darüber streiten, wer jetzt mehr dazu geleistet hat, dass es endlich zu diesem Behindertengleichstellungsge­setz gekommen ist. Bei Ihnen ist es immer eine Konkurrenzfrage. Ich freue mich, dass wir etwas durchgesetzt haben.

Ich kann auch Ihre Kritik ebenso wie die der Frau Abgeordneten Lapp nicht nachvoll­ziehen und finde es eigentlich schade, dass Sie alles heruntermachen, was wir hier tun. Mit Gewalt suchen Sie Kritikpunkte. (Abg. Öllinger: Nicht mit Gewalt!) So haben beispielsweise sowohl die Frau Abgeordnete Lapp als auch die Frau Abgeordnete Haidlmayr den Behindertenanwalt kritisiert, der jetzt ins Leben gerufen wird. Warum soll er kein starker Anwalt sein, Frau Abgeordnete Lapp? Warum sagen Sie das jetzt im Vorhinein? Er ist noch nicht einmal installiert, wird es aber sein, und Sie sagen schon jetzt, er wird kein starker Anwalt sein, weil er nicht verfassungsmäßig weisungs­frei gestellt ist.

Die Frau Bundesministerin hat uns garantiert, dass es keine Weisungen an diesen Anwalt geben wird. Und warum soll er Weisungen entgegennehmen? Er wird für die Belange der Behinderten kämpfen, deshalb ist er ja der Behindertenombudsmann oder der Behindertenanwalt. Glauben Sie doch auch ein bisschen und nehmen Sie nicht immer alles Schlechte an (Abg. Mandak: Dann kann man es ja im Gesetz verankern!), sagen Sie doch nicht immer, das ist alles nichts! Seien wir doch froh über diese Schritte, die hier gemacht worden sind.

Oder die Verbandsklage mit dem vorgeschalteten Bundesbehindertenbeirat. Der Bun­desbehindertenbeirat soll ja nur ein Schlichtungsgremium sein. (Abg. Haidlmayr macht eine wegwerfende Handbewegung.) Frau Abgeordnete Haidlmayr, Sie machen es gleich so, da sieht man, wie Sie auf Argumente anderer eingehen.

Es gibt in anderen Bereichen auch diese vorgeschalteten Schiedsgerichte oder Schlichtungsstellen wie beispielsweise im Mietengesetz – mit sehr, sehr gutem Erfolg. Im Nachbarschaftsgesetz haben wir das. Da wird es jetzt erprobt, auch mit sehr gutem Erfolg. Das ist ein Filter, um unnötige Prozesse zu ersparen, die ja auch den Behin­derten oder den Vereinen oft Nachteile bringen können. Also machen wir doch nicht alles herunter, sondern seien wir doch einigermaßen zufrieden mit dem, was wir haben!

Ich meine, Sie brauchen ja keine Euphorie an den Tag zu legen, das tue ich auch nicht, aber geben Sie doch zu, dass das ein Erfolg ist, ein erster Schritt. Wir sind, wie man so schön sagt, auf dem richtigen Weg.


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Folgendes möchte ich auch noch sagen: Sie sehen ja, dass jetzt, in dieser Konstella­tion, sehr viel für behinderte Menschen getan wird. Im Justizbereich haben wir das Heimaufenthaltsgesetz, das Heimvertragsgesetz geschaffen, um sicherzustellen, dass in den Heimen entsprechende Normen eingehalten werden, was wieder den Behin­derten zugute kommt. Das ist früher, in den letzten 20, 30 Jahren nicht einmal ange­dacht worden. Die Schulgesetze sind bemängelt worden. Da ist ebenfalls sehr viel weitergegangen, um den behinderten Menschen ein besseres Leben zu gewährleisten.

Wissen Sie, ich bin nicht voll zufrieden mit dem Abbau der Barrieren, das sage ich Ihnen auch, denn es gibt viel zu viele Barrieren. Wenn ich heute mit meiner Tochter mit dem Rollstuhl irgendwohin gehe, muss ich mir immer überlegen: Komme ich dort hin­ein, wird man auch halbwegs gut sitzen, die Stiege überwinden können? Oder in einem Bad: Komme ich auch wieder aus dem Wasser heraus mit meiner Tochter? Und so weiter und so fort.

Ich sehe auch nicht ein – das muss ich schon sagen –, dass die Wirtschaft so lange Übergangszeiten zugestanden erhalten hat (demonstrativer Beifall bei den Grünen sowie Beifall des Abg. Mag. Haupt), denn die Wirtschaft weiß nicht erst seit heute, dass es behinderte Menschen gibt, sondern die Wirtschaft weiß das seit Jahrzehnten oder seit ewig. Wenn einer ein Geschäft eröffnet, weiß er, dass es behinderte Men­schen gibt, die sein Geschäft vielleicht frequentieren werden. Oder öffentliche Einrich­tungen, der Bund, die Länder und die Gemeinden – jeder weiß, es gibt behinderte Menschen, die hineinwollen. Deshalb möchte ich auch, dass wir vielleicht in einem zweiten Schritt noch Maßnahmen setzen, damit eben diese Barrierefreiheit besser gestaltet wird.

Frau Abgeordnete Lapp – sie ist jetzt leider nicht da (Abg. Mag. Lapp – in der ersten Reihe sitzend –: Oh ja! Hier!), danke – hat im Ausschuss gesagt und auch heute wie­der, man braucht Initiative und man braucht auch Gehirnschmalz. Frau Abgeordnete Lapp, da haben Sie vollkommen Recht. Deshalb würde ich Sie auch wirklich um Ihre Unterstützung in Wien bitten.

Die Urania ist umgebaut worden, ist ganz großartig umgebaut worden. Ich war vor einer Woche mit meiner Tochter dort mit dem Rollstuhl. Wir haben den Rollstuhlein­gang nicht gefunden. Bei glühender Hitze sind wir um das ganze Gebäude herumge­laufen, weil nirgendwo steht, wo ein behinderter Mensch hinein kann. Kein Portier war da, niemand war da. Dann sind wir in den mittleren Saal gekommen. Alles ist wunder­bar neu gestaltet. Dort gibt es aber keine Möglichkeit, dass ein Behinderter in einer Reihe Platz nehmen kann. Er kann nur ganz hinten stehen, das ist am Ende, ich weiß nicht, der 20. Reihe. Es gibt keine Möglichkeit, dass man mit einem Rollstuhl die Stie­gen im Saal herunterkommen kann. Das Behindertenklo gibt es zwar, aber es ist so versperrt, dass niemand hinein kann. Das ist die Urania, das ist die Stadt Wien. Bitte, ich flehe Sie an, schauen Sie, dass die dort Gehirnschmalz anwenden und Initiativen setzen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Das Gleiche gilt für die Kinos. Ich habe das hier schon mehrfach gesagt, weil ich wirk­lich darüber empört bin. Ein behinderter Mensch möchte auch gerne die Freizeitein­richtungen aufsuchen. Die Kinopaläste sind großartig. Sie kommen hin, Sie können den Aufzug benutzen, der Kinosaal ist barrierefrei, aber Sie können entweder nur in der ersten Reihe sitzen – Sie wissen, wie man da bei einem Breitwandkino hinaufstar­ren muss – oder in der letzten Reihe, wo Sie, wenn Sie mehrfach behindert sind, also auch sehbehindert, nichts von dem ganzen Film sehen.

Also da muss etwas getan werden! Da muss etwas bei der Bauordnung oder bei den Vergnügungseinrichtungsgesetzen getan werden. Bitte, ich flehe Sie an, schauen Sie, dass dort Gehirnschmalz verwendet wird und Initiativen gesetzt werden, denn das sind


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alles Gesetze, die gerade das Land Wien betreffen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Mandak: Aber die anderen Bundesländer genauso!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Mandak, wissen Sie was, ich würde Sie einladen, verbringen Sie einmal zwei Tage mit mir und meinem Kind im Rollstuhl in Wien. (Abg. Mandak: Dann verbringen Sie einmal zwei Tage in Vorarlberg oder in Tirol! Es ist überall das gleiche Problem!) Dann werden Sie Ihre Grün-Fraktion aufrütteln, dann werden Sie sagen, was alles notwendig ist, und werden nicht hier in meine Rede hineinschreien. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Man­dak: In jedem Bundesland gibt es das!)

Frau Abgeordnete Haidlmayr – ich komme schon zum Schluss, denn ich habe gar nicht so viel Redezeit – hat gesagt: Wir schenken reinen Wein ein. Bitte, schenken Sie rei­nen Wein, aber verwässern Sie ihn nicht mit Unwahrheiten, sondern bleiben Sie bei der Wahrheit, bleiben Sie bei der Korrektheit! Sagen Sie, was gut ist, und verteufeln Sie nicht alles. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

13.55


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort ge­meldet hat sich Frau Bundesministerin Haubner. – Bitte.

 


13.55.26

Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Ursula Haubner: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Der ungeteilte Anspruch auf ein chancengleiches und chancengerechtes Leben ist das Fundament unserer Sozialpolitik. Dass es bisher immer noch, gerade für Menschen mit Behinderungen, Ausgrenzungen und Diskriminierungen gegeben hat und gibt, haben wir ganz klar auch an den Beispielen der Frau Abgeordneten Partik-Pablé gehört. (Abg. Haidlmayr: Die bleiben auch in Zukunft erhalten!) Daher ist es unsere Aufgabe, in Hinkunft derartigen Diskriminierungen und Schwierigkeiten von Menschen mit Behinderungen eine ganz klare Absage zu erteilen.

Das Gesetz, das jetzt vorliegt, ist ein weiterer und wichtiger Schritt im Sinne einer Politik für Menschen mit Behinderungen. Es ist ein Teil eines Maßnahmenpaketes, mit dessen Umsetzung im Jahr 2000 mit der Einführung der Behindertenmilliarde begon­nen wurde, wo es in erster Linie darum ging, Menschen mit Beeinträchtigungen best­möglich in den Arbeitsmarkt zu integrieren und vor allem die notwendige Begleitung und Unterstützung zu geben. Dass sich das bisher sehr gut bewährt hat, zeigt die große Zahl von zusätzlichen Arbeitsplätzen, die Gott sei Dank geschaffen werden konnte.

Dieses Behindertengleichstellungsgesetz ist, wie gesagt, ein Teil eines Maßnahmen­paketes, das neben der Behindertenmilliarde auch die Novellierung des Behinderten­einstellungsgesetzes vorsieht. Ich darf aber auch auf den Bereich der Versicherung, der sozialrechtlichen Absicherung hinweisen, wobei die bestmögliche Versicherung für Eltern, die behinderte Kinder zu pflegen haben, vorgesehen ist und wir im Rahmen der Pensionsharmonisierung den Zeitraum von bisher 30 Jahren auf 40 Jahre erweitert haben.

Daher, meine Damen und Herren, ist das heute für mich mit diesem Gesetz nicht der Endpunkt, nicht der Schlussstrich, sondern ein wichtiger Teil, ein wichtiger Zwischen­stopp, den wir einlegen. Begonnen hat es 2003. Frau Abgeordnete Haidlmayr hat schon gesagt, 1997 kam es zur Verankerung der Verfassungsbestimmung, aber 2003 bei der Erstellung des gemeinsamen Regierungsprogramms haben wir hier ganz klar die Signale und die Weichen gestellt.


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Da möchte ich besonders meinem Vorgänger, Herbert Haupt, danken, der damals auch in den Verhandlungen sehr, sehr großen Wert darauf gelegt hat, dass dieses Behindertengleichstellungsgesetz nicht nur schriftlich festgehalten wird, sondern auch in die Umsetzung kommt. Er hat damals auch die meiste Arbeit in Verhandlungen, in Gesprächen, in Vorarbeiten, in Diskussionen geleistet. Also ich denke, es ist heute auch ein schöner Tag für Bundesminister a.D. Herbert Haupt. (Beifall bei den Freiheit­lichen und der ÖVP.)

Ich möchte mich aber auch sehr herzlich bei allen Ressorts bedanken, die daran mit­gewirkt haben, denn wir wollen ja ein Gesetz haben, das in der Umsetzung lebt und das auch anwendbar ist. Daher mussten sich alle einbringen, und das ist in den ver­gangenen Wochen und Monaten auch geschehen. Hier hat sich vor allem auch mein Staatssekretär Sigisbert Dolinschek sehr stark eingebracht und diese Gespräche her­vorragend geführt. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Neudeck: Bravo, Sigi!)

Ich möchte mich aber auch bei allen Behindertenorganisationen und Interessenvertre­tungen bedanken, deren Wünsche und Forderungen ganz konkret eingebracht wurden. Viele konnten wir erfüllen in diesem Gesetz, natürlich nicht 100 Prozent. (Abg. Haidl­mayr: Überhaupt nicht! Acht wesentliche Bereiche sind nicht erfüllt worden!) Ohne jetzt jemanden zu vereinnahmen, möchte ich ein herzliches Danke sagen für die gute Dis­kussion und auch für die gute Beratung, wodurch letztendlich dieses Gesetz zustande gebracht werden konnte.

Dass das ein guter und richtiger Schritt ist, zeigt sich daran, dass wir mit diesem Ge­setz weit über das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz hinaus gehen. (Zwischenruf der Abg. Haidlmayr.) Wir sorgen nicht nur im Bereich der beruflichen Tätigkeit für Gleichbehandlung und Gleichstellung, sondern es ist vor allem erstmals neben dem öffentlichen Bereich auch der private Bereich mit einbezogen. – Das ist, glaube ich, das Wesentliche, denn solange der private Bereich ausgeklammert ist, fehlt ein we­sentlicher Lebensbereich und ist das Gesetz daher nicht vollständig.

Das haben wir hier geschafft. Wenn man die Situation mit der bei unserem Nachbarn Deutschland vergleicht, den wir ja sehr gerne für Vergleiche heranziehen (Abg. Öllin­ger: Sie machen das immer!), und in diesem Zusammenhang passt das eigentlich auch, dann wird man feststellen, dass in Deutschland das Gleichstellungsgesetz seit 2002 in Kraft ist, dass sich dieses aber ausschließlich auf den öffentlichen und nicht auf den privaten Bereich bezieht. (Abg. Haidlmayr: Das ist auch kein gutes Gesetz! Das hat niemand gesagt!)

Wichtig ist auch, dass wir bei unserem Gesetz nicht nur die Diskriminierung der Be­troffenen abstellen wollen, sondern der Diskriminierungsschutz auch auf Angehörige übertragen wird. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Haidlmayr.) Das ist auch etwas, was sehr, sehr wichtig ist und was es bisher noch in keinem Gesetz auf europäischen Ebene gegeben hat.

Zu den sensibelsten Themen, die wir im Ausschuss diskutiert haben, gehören außer­dem die verschiedenen Übergangsregelungen bezüglich der Barrierefreiheit. Es ist einfach nicht richtig, wenn manchmal behauptet wird, dass bis 2015 nichts gemacht wird. (Zwischenruf der Abg. Haidlmayr.) Ich möchte noch einmal ganz klar hier fest­stellen: Für alles, was neu errichtet wird, und vor allem auch für das, was general­saniert wird, gilt mit Inkrafttreten dieses Gesetzes mit sofortiger Wirkung, dass Barrie­refreiheit geschaffen werden muss. (Abg. Haidlmayr: Das gilt nicht!)

Weiters haben sich der öffentliche Dienst und die öffentlichen Verkehrsmittel dazu ver­pflichtet – und darauf lege ich auch großen Wert, weil es diesbezüglich sehr gute Ver­handlungen mit dem Infrastrukturministerium gegeben hat –, dass ein Etappenplan bis


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zum Jahresende 2006 vorgelegt werden muss, in welchem genau aufgelistet ist, wie rasch und wie konsequent man hier Barrieren beseitigen kann und beseitigen soll. (Abg. Haidlmayr: Soll, aber nicht muss!)

Außerdem gibt es auch Zumutbarkeitsregelungen und Zumutbarkeitsprüfungen, dass, wenn kleine, aber manchmal sehr wichtige Lösungsangebote für einen besseren Zugang gegeben sind oder gemacht werden sollen, diese unabhängig von der Zeit dementsprechend initiiert werden können.

Daher betone ich: Gerade in der Diskussion der letzten Wochen und Monate um die Barrierefreiheit ist noch einiges an zusätzlichen, positiven Maßnahmen eingeflossen, und hier haben auch alle, die guten Willens sind, sehr intensiv mitgewirkt.

Betreffend die Verbandsklage als zweiten, sensiblen Bereich, der hier immer wieder kritisiert wird, ist es, glaube ich, wichtig, einmal zu sagen, was wir tun können, damit Menschen mit Behinderungen, wenn Unrecht geschieht, so schnell wie möglich zu ihrem Recht kommen. – Für mich ist eine Klage immer das letzte Mittel. Ich meine, vorweg müssen alle Mittel ausgeschöpft werden, damit nicht jahrelang geklagt werden muss, damit dann irgendwann einmal jemand zu seinem Recht kommt. Ich meine, dass das, was eine Diskriminierung bewirkt, so rasch wie möglich beseitigt werden muss.

Daher sind die Schlichtungsstelle und die Mediation ein sehr wichtiges Instrument. Frau Kollegin Partik-Pablé hat das an einigen Beispielen aufgezeigt, und wir haben gerade im Bereich der Trennung von Familien beziehungsweise der Scheidung die Erfahrung gemacht, dass das ein sehr, sehr wichtiges und gutes neues Instrument ist. Hinzufügen möchte ich, dass es selbstverständlich ist, dass der Bund die Kosten für die Mediation und für diese Schlichtungsstelle übernimmt.

Drittens komme ich auf den Behindertenanwalt zu sprechen, weil dieser auch immer wieder erwähnt wird. – Ich sage noch einmal: Der Behindertenanwalt ist weisungsfrei. (Zwischenruf der Abg. Haidlmayr.) Frau Kollegin Haidlmayr, in Abschnitt II b § 13 c Abs. 1 heißt es:

„Der Behindertenanwalt ist in Ausübung seiner Tätigkeit selbständig, unabhängig und an keine Weisungen gebunden.“

Und wenn das heute so beschlossen wird, dann hat das auch so zu gelten, unabhän­gig, wer Sozialminister ist. Wir haben das hier ganz klar festgelegt.

Außerdem ist es notwendig – und das haben wir auch festgelegt –, dass der Behin­dertenanwalt mit Sitz und Stimme im Behindertenbeirat ist, dass diese Stelle für den Behindertenanwalt ausgeschrieben wird und dass es ein objektives Verfahren gibt. – Wenn immer wieder gesagt wird, dass er am Gängelband des Sozialministers oder der Sozialministerin sei, dann entbehrt das wirklich jeglicher Grundlage, denn wir haben mit Anwälten, ob mit Patientenanwälten, Pflegeanwälten oder Behindertenanwälten, die jetzt noch dazu kommen, bisher eigentlich sehr gute Erfahrungen gemacht. Und ich möchte, dass auch die Erfahrungen aus anderen Bereichen dementsprechend einge­bracht werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich habe zuerst schon gesagt, dass wir mit dem Behindertengleichstellungsgesetz einen guten Schritt und einen großen Fortschritt gemacht, aber noch keinen Schlussstrich gezogen haben. Dass wir Letzteres ernst nehmen, zeigt auch, dass wir einen nächsten Schritt schon für kom­menden Herbst geplant haben. (Zwischenruf der Abg. Haidlmayr.)

Konkret heißt das einerseits, dass das Sozialministerium den Auftrag bekommen soll, mit den Ländern zu verhandeln, denn wie Sie wissen, haben wir neun verschiedene


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Bauordnungen und kann der Bund in diese Bauordnungen nicht eingreifen, die zum Teil sehr behindertenfreundlich sind, bei denen aber zum Teil noch einiges an Nach­holbedarf besteht. Daher wird es meine und unsere Aufgabe sein, spätestens bis zum Jahr 2007 diesbezüglich eine Artikel-15a-Vereinbarung mit den Bundesländern zu schaffen, um quer durch Österreich die gleichen Chancen und die gleichen Rechte für Menschen mit Behinderungen in diesem Bereich festzulegen.

Andererseits wird insofern kein Schlussstrich gezogen, als wir im Rahmen der Mate­riengesetze der einzelnen Ressorts die Fälle von Benachteiligungen für behinderte Menschen sammeln und vorschlagen werden, wie wir diese Beeinträchtigungen bezie­hungsweise Benachteiligungen beseitigen können. (Zwischenruf der Abg. Haidlmayr.) Auch das ist ein ganz wichtiger und notwendiger Schritt.

Ich freue mich natürlich sehr, dass erstmals im Zusammenhang mit der Gebärden­sprache ganz klare Kriterien und ganz klare Regeln geschaffen wurden und diese nun als selbständige und vollwertige Sprache gilt, was heute auch beschlossen werden soll, und ich meine, es war höchst an der Zeit, das wirklich zu tun. (Beifall bei den Frei­heitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es ist mir ein besonderes Anliegen, dass wir dieses Gesetz in seiner Anwendung in allen wichtigen Bereichen gut begleiten. Im Sinne seiner Praktikabilität werden wir die­ses Gesetz spätestens nach zwei Jahren evaluieren und, wenn etwas zu ändern und optimieren ist, die Ergebnisse nicht nur festhalten, sondern daran arbeiten, um weitere Schritte zu setzen.

Ich bedauere, dass die Opposition heute diesen wichtigen und guten Schritt nicht mit­gehen kann, denn es ist dies ein wichtiger Weg und ein wichtiger Beitrag zur Gleichbe­handlung und zur Gleichstellung aller Menschen in Österreich und zu ihrer gleichbe­rechtigten Teilhabe in allen Lebensbereichen.

Es wäre schön, wenn alle mitgegangen wären! Trotzdem ist es für uns und für mich als Sozialministerin heute ein schöner Tag! – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.09


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Grossmann. – Bitte.

 


14.09.32

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Herren Staatssekretäre! Meine Damen und Herren! Es mag vielleicht für Sie, Frau Ministerin, und für Herrn Kollegen Haupt heute ein schöner Tag sein, aber es ist kein schöner Tag für die Behinderten in diesem Land.

Meine Damen und Herren! Recht haben und Recht bekommen ist nicht immer das­selbe. Die Hürden, eingeräumte Rechte auch wirklich durchzusetzen, sind oft zu groß, um überwunden zu werden. Auch dieses Gesetz läuft nämlich Gefahr, zwar plakativ Rechte zu gewähren, die Betroffenen aber dann im Netz der Bürokratie hängen zu lassen, wenn sie sich tatsächlich auf diese Rechte berufen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sagen Sie einmal: Wer hat Ihnen denn diese Rede geschrieben?)

Frau Kollegin! Den Menschen, zu deren Schutz das Gesetz gedacht ist, wird einfach nicht das Handwerkszeug mitgegeben, diese Rechte auch durchzusetzen. Es lässt nämlich überall dort aus, wo es ans Eingemachte geht!

Das größte Problem der Rechtsdurchsetzung ist die Beweisführung. Durch das vorlie­gende Gesetz werden nur Beweiserleichterungen gewährt, wobei es der beklagten Partei auch relativ leicht gemacht wird, wiederum auf andere Motive zu verweisen, die


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für eine unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend gewesen seien. Wo man hier behinderten Menschen entgegenkommt, konnte im Ausschuss auch von den Pflichtver­teidigerInnen dieses Gesetzes jedenfalls nicht erklärt werden, und auch die Frau Minis­terin ist heute leider die Antwort schuldig geblieben. (Zwischenruf des Abg. Scheib­ner.)

Selbst wenn es gelingt, trotz aller Schwierigkeiten diesen Beweis zu führen, sind die Rechtsfolgen eher bescheiden. Es wird nur ein Vermögensschaden anerkannt und eine Entschädigung für die persönliche Beeinträchtigung gewährt. Es gibt aber keinen Anspruch auf Beseitigung und Unterlassung der Diskriminierung. – Letzteres zeigt ganz deutlich, dass es Ihnen nicht wirklich darum geht, das Leben behinderter Men­schen zu erleichtern. Diesen Menschen geht es nämlich nicht ums Geld, sondern es geht ihnen darum, barrierefrei am Leben teilnehmen zu können und nicht wegen einer Behinderung ausgeschlossen zu werden.

Behindert ist, wer behindert wird, und dieses Gesetz behindert die Betroffenen an der Durchsetzung ihrer Rechte. Die Mängel wurden von Kollegin Haidlmayr und von Kolle­gin Lapp schon sehr deutlich dargestellt, und mit diesen Mängeln fügt sich das Behin­dertengleichstellungsgesetz nahtlos in die Reihe jener Gesetze ein, mit welchen EU-Richtlinien nicht nur zu spät, sondern auch fehlerhaft umgesetzt werden. Und das ist beschämend, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

14.12


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Baumgartner-Gabitzer. – Bitte.

 


14.12.12

Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Meine sehr geehrten Herren Staatssekretäre! Sehr geehrte Damen und Her­ren! Bevor ich auf die Ausführungen meiner Vorrednerin eingehe, die mir viel Anlass gegeben hat, einiges dazu festzustellen, möchte ich meinem Kollegen, unserem Chef­verhandler Franz-Joseph Huainigg, meinen Respekt dafür ausdrücken, wie er dieses Gesetz verhandelt hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich habe ihn in der letzten Zeit unterstützen dürfen, und ich sage wirklich „dürfen“, weil ich gesehen habe, welche Energie, welches Engagement und welche Unermüdlichkeit er in die Durchsetzung dieser Interessen der Behinderten gesetzt hat. Das nötigt mir tiefsten Respekt ab, und das möchte ich dir ausdrücklich hier sagen, lieber Franz-Joseph! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich möchte aber auch an den Dank anschließen, der an die anderen Beteiligten ausge­sprochen wurde. Auch ich habe festgestellt, dass zum Beispiel die Wirtschaft als einer der Partner in den Verhandlungen zu sehr konstruktiven Gesprächen bereit war. Auch im Sozialministerium habe ich ein unglaubliches Engagement gespürt.

Dieses Gesetz ist für die Behinderten ein sehr wichtiger Schritt. Die Sensibilität, der Mut und auch der Wunsch, den Behinderten einen entsprechenden Gesetzesantrag vorlegen zu können hat den Kolleginnen und Kollegen, die damit beschäftigt waren, Flügel verliehen.

Das heutige Paket – und es ist ja ein Paket für Behinderte –, das die Behinderten­gleichstellung und die Verankerung der Gebärdensprache in der Verfassung beinhaltet, ist ein sehr wichtiger, wesentlicher Impuls und ein Weg – wie Franz-Joseph Huainigg es hier ausgedrückt hat – in Richtung Selbstständigkeit und Selbstbestimmung von Behinderten. Es war dies eine richtige Initiative und ein richtiger Gesetzentwurf.


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Lassen Sie mich nun ein paar Worte zu den Vorwürfen sagen, die meine Vorrednerin hier geäußert hat, dass es uns nicht darum gehe, Behinderten das Leben zu erleich­tern. Genau das Gegenteil ist der Fall, Frau Kollegin! Mit Ihren Behauptungen, dass durch das Behindertengleichstellungsgesetz nicht die Möglichkeit gegeben wird, Rechte durchzusetzen, haben Sie nicht Recht. Ganz im Gegenteil! Allerdings ist die Verankerung des von Ihnen und auch von Frau Kollegin Haidlmayr immer monierten Rechts auf Unterlassung nicht so ohne weiteres möglich, wie wir Ihnen mehrfach zu erklären versucht haben. Es gibt in diesem Zusammenhang verfassungsrechtliche Hürden zu überwinden, deren Beseitigung jedoch längere Zeit beanspruchen wird, da es in der Verantwortung der Bundesländer liegt, ihre Bauordnungen entsprechend zu ändern. (Abg. Haidlmayr: Es geht um die Bundesgebäude!)

Betreffend Bauordnungen haben wir die Frau Bundesministerin in einem Antrag gebe­ten, mit den Ländern Verhandlungen zu führen, um in absehbarer Zeit auch in den Bauordnungen einen barrierefreien Zugang zu den einzelnen Gebäuden und Gebäu­deteilen zu ermöglichen, und ich glaube, dass das der einzig richtige Weg ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Dass das für uns noch nicht der Endpunkt ist, haben wir auch deutlich klar zu machen versucht. In absehbarer Zeit werden wir eine Evaluierung vornehmen, worauf wir extra hingewiesen haben und was wir auch im Gesetz verankert haben. Erst dann können wir wirklich beurteilen, ob dieser für uns wichtige und richtige Schritt der Endpunkt war – was ich nicht annehme – beziehungsweise in welche Richtung es weitergehen wird. (Zwischenruf der Abg. Haidlmayr.)

Frau Haidlmayr! Ich würde mir von Ihnen wünschen, dass Sie uns in diesem Anliegen unterstützen und uns nicht immer vorwerfen, dass wir überhaupt nichts machen wollen, wie Sie das auch im Ausschuss getan haben. Sie überziehen dermaßen, dass wir immer wieder das Gefühl haben, dass die Ernsthaftigkeit, in entsprechenden Schritten zu denken, eigentlich von Ihnen leider nicht gegeben ist. (Abg. Dr. Jarolim: Sie sollten überlegen, was Sie sagen! Das ist eine Unerhörtheit!) Unser Wunsch, mit Ihnen zu­sammenzuarbeiten, besteht aber ungebrochen, und ich freue mich und hoffe, dass wir in Zukunft gemeinsam etwas machen können! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Jarolim: Das, was Sie gesagt haben, ist disqualifizierend für Sie! Sollen wir das ernst nehmen? Das ist ja beschämend!)

14.16


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

 


14.16.23

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Ich möchte zunächst kurz auf die Rede der Abgeordneten Partik-Pablé eingehen: Wir können ihre Schilderung über die Probleme in Wien durch­aus teilen. Ich möchte dazu zwei Anmerkungen machen.

Erster Punkt: Die Probleme beim Zugang bestehen nicht nur in Wien. Daran sollten alle, die jetzt gerade im Wahlkampf hier Reden schwingen, auch denken: Das ist ein Problem, das wir in ganz Österreich haben!

Zweiter Punkt: Genau das, was Sie geschildert haben, wäre doch auch mit weiter gehenden rechtlichen Möglichkeiten und Regelungen zu verändern gewesen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ich frage mich: Wie?!) Ja, wie? – Indem Sie genau die Frage der Unterlassung und Beseitigung in das Gesetz mit hineinnehmen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé.) Jetzt können Sie mir drei Mal erklären, dass die Urania renoviert wird und dass das, was dort als schlimm bezeichnet wird, stimmt!


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Schauen Sie sich einmal an, wie Bundesschulen renoviert werden! Glauben Sie, dass bei der Renovierung von Bundesschulen darauf Rücksicht genommen wird, dass diese nachher behindertengerecht sind? – Nein, sie sind es nach wie vor nicht!

Frau Kollegin Baumgartner-Gabitzer redet jetzt davon, dass es hiebei um Länderange­legenheiten geht. Was ist denn mit den Bundesschulen? Sind das Länderangelegen­heiten oder Bundesangelegenheiten? Genau dort könnten Sie eingreifen und entspre­chende Maßnahmen setzen, die Sie nicht gesetzt haben!

Wir haben das auch schon im Ausschuss mehrfach mit Bundesministerin Gehrer disku­tiert. Mit Interesse entnehme ich außerdem der APA ein Interview mit Helene Jarmer, die ganz klar gesagt hat, dass es vom Ministerium diesbezüglich immer wieder Wider­stände gibt, sowohl betreffend Gebärdensprache als auch betreffend den Willen, wirk­lich auf Gleichheit zu drängen.

Das ist schon der Punkt, den ich da noch einmal konkret ansprechen will. Ministerin Gehrer hat auf die Frage, warum denn Schulen nicht generell so gestaltet werden, dass sie behindertengerecht sind, wörtlich gesagt: Das machen wir dann, wenn ein Anlassfall gegeben ist. – Ich frage Sie: Wie soll denn das in der Praxis funktionieren? Wie soll das in der Praxis funktionieren, wenn sich jemand in der vierten Klasse Unter­stufe Hauptschule oder Gymnasium entscheidet, eine höhere Schule zu besuchen? Wie soll denn innerhalb eines halben Jahres ein Gebäude adaptiert werden, um behin­dertengerecht zu sein?

Als Antwort kommt dann glatt daher: Es gibt ja Internate für Körperbehinderte in Wien, in die man dann hingehen kann. – Das soll Gleichstellung sein? Ist das Gleichstellung, dass Menschen, die im Rollstuhl sitzen, sich entscheiden können, in ein Internat zu gehen, wenn sie eine Handelsakademie besuchen wollen, und wenn sie nicht in ein Internat gehen wollen, keine Möglichkeit haben? Das ist Gleichstellung für Sie? Das ist Bundesgesetz, und hier sind Sie nach wie vor säumig! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich komme zur Gebärdensprache: Wir werden zur Gebärdensprache zunächst einen Entschließungsantrag einbringen, der sich, wie Sie merken werden, kaum von dem unterscheidet, was im Ausschuss von Ihnen beschlossen wurde, mit einem einzigen kleinen Unterschied, nämlich dass wir eine Frist haben wollen. Sie haben festgestellt: Es gilt jetzt zu überprüfen, was, abgesehen von der symbolischen Verankerung der Gebärdensprache, auf gesetzlicher Ebene zu machen ist. Sie haben nur leider keine Frist gesetzt. – Die Entschließungsanträge kennen wir! Es wird gar nicht allzu lang dauern, bis diese Legislaturperiode vorbei ist, deshalb ist eine Frist vonnöten, um noch zu entsprechenden Maßnahmen zu kommen.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Haidlmayr, Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Bedeu­tung der österreichischen Gebärdensprache für gehörlose Menschen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, zu prüfen, ob der Bedeutung der Gebärdensprache für gehörlose Menschen durch gesetzliche Regelungen, insbesondere in den Berei­chen Verwaltung, Bildung und Medien, hinreichend Rechnung getragen ist. Die Ergeb­nisse sind bis 31.12.2005 in Form eines Konzepts dem Nationalrat vorzulegen.


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Die Bundesregierung wird aufgefordert, in der Folge dem Parlament bis Ende März 2006 eine Regierungsvorlage vorzulegen, welche sicherstellt, dass die Ergeb­nisse dieser Prüfung umgesetzt werden.

Weiters wird die Bundesregierung ersucht, auch in Hinkunft bei hierfür in Betracht kommenden Regierungsvorlagen auf die Bedeutung der Gebärdensprache für gehör­lose Menschen Bedacht zu nehmen.

*****

Das wäre ein Schritt, der diese formale, symbolisch wichtige Verankerung in der Ver­fassung auch mit Leben erfüllt.

Ich frage Sie ganz konkret – ich zitiere noch einmal Frau Helene Jarmer aus der
APA –, welche Punkte denn hier jetzt geändert werden. Haben mit dieser Verankerung gehörlose Menschen jetzt das Recht, in österreichischen Schulen in der Gebärden­sprache unterrichtet zu werden – ja oder nein? (Abg. Haidlmayr: Nein!) – Nein, sie haben das Recht nicht! Haben sie das Recht, eine Führerscheinprüfung in der Gebär­densprache abzulegen: ja oder nein? (Abg. Haidlmayr: Nein!) – Sie haben das Recht nach wie vor nicht.

Wenn Sie hier von Gleichheit, von Gleichstellung sprechen und alle substanziellen Rechte verwehren und wenn diese Fragen mit nein zu beantworten sind, dann werden Sie – und das richte ich jetzt besonders auch an Dr. Huainigg, den ich bislang immer sehr geschätzt habe, weil er sehr differenzierte Reden gehalten hat; mittlerweile sagt er aber auch schon, dass die Opposition Panikmache betreibe – doch zugestehen müs­sen, dass die Substanz des Gesetzes fehlt und dringender Handlungsbedarf gegeben ist. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Marizzi.)

14.21


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der von Herrn Abgeordnetem Brosz verle­sene Entschließungsantrag der Abgeordneten Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Haupt. – Bitte.

 


14.21.45

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Bundesministe­rin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich zunächst bei den Beamten meines Hauses, des Sozialministeriums, für das heute zur Beschlussfassung anstehende Gesetz herzlich bedanken. Sie haben in einem Zeit­raum von mehr als drei Jahren mit einem aufwendigen Begutachtungsverfahren dieses Gesetz zur heutigen Beschlussreife gebracht.

Selbstverständlich, Herr Kollege Brosz und Frau Kollegin Haidlmayr, ist es so, dass manche der Punkte, die heute nicht im Gesetz enthalten sind, diskussionswürdig und wünschenswert wären. Auch Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren von Seiten der Sozialdemokratie, sei ins Stammbuch geschrieben, dass im letzten Jahr Herr Kollege Niessl und Herr Kollege Häupl die Bundesländer präsidiert haben und mit den Bundes­ländern keine Vereinbarungen zu treffen waren, sondern wir auf den langwierigen Weg einer Artikel-15a-Vereinbarung verwiesen worden sind.

Es ist auch eine nicht unwesentliche Tatsache, dass noch immer die Gemeinde Wien der größte Wohnungseigentümer in Österreich ist (Abg. Neudeck: Europas!), seit 1970 – seit 1970! – behindertengerechte Wohnbau-Verordnungen hat, aber keine sol­chen Wohnungen baut.


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Sehr geehrte Damen und Herren! Diese Details sind der Grund, warum vieles heute nicht im Gesetz enthalten ist, das für die Barrierefreiheit, für ein selbstbestimmtes Leben und für eine bessere Alltagsumgebung, und zwar nicht nur für behinderte Men­schen, sondern auch für ältere Menschen und für Frauen mit Kinderwägen wesentlich wäre.

Es ist für mich auch nicht nachvollziehbar, dass die Vorstände der Österreichischen Bundesbahnen kein Interesse haben, behindertengerechte Waggons zeitgerecht anzu­kaufen, obwohl sie mehr als 800 Millionen € vom Parlament für den Ankauf eines neuen Fuhrparks bekommen haben. Es ist für mich erfreulich zu sehen, dass das Land Steiermark behindertengerechte Diesel-Garnituren für die Regionalzüge gekauft hat, die jetzt von Leibnitz nach Graz und von Frohnleiten nach Graz fahren. Das bedeutet, dass die Peripherie an den wunderschön umgebauten, behindertengerechten Kopf­bahnhof in Graz angebunden wird. Es ist aber nicht schön, dass bei den Vorständen der Österreichischen Bundesbahnen noch immer die Mentalität der großen Koalition vorherrscht, nämlich nichts zu tun. Wo kämen wir denn hin, wenn wir das Geld sinn­vollerweise auch für die Bevölkerungsschichten einsetzen würden, die es brauchen?!

Ich glaube nicht, dass es sich die Österreichischen Bundesbahnen und Herr Haberzettl lange leisten werden können, 2 Millionen Österreicherinnen und Österreicher, die als behinderte Menschen oder deren Angehörige Bedürfnisse haben, als zukünftige Kun­den der österreichischen Eisenbahnen links liegen zu lassen – ich meine im wahrsten Sinne des Wortes „links liegen zu lassen“.

Daher ist manches, was von Seiten der Opposition kommt (Abg. Dr. Jarolim: Ist Haberzettl Vorstand?), zwar schön für die Debatte, aber in der Praxis habe ich erlebt, wo es sich tatsächlich spießt und warum manches, was Sie als Parlamentarier hier vortragen, von anderen Repräsentanten Ihrer Gesinnungsgemeinschaft anders gese­hen und daher verhindert wird.

Ich halte es daher mit Michael Svoboda und anderen Repräsentanten der Behinder­tenorganisationen, die den Mut gehabt haben, das heute hier zur Beschlussfassung anstehende Gesetz (Abg. Binder: Reden Sie mit Huber! Er wird alle Bahnhöfe behin­dertengerecht gestalten!) als ersten wichtigen Schritt zu bezeichnen, auf dem man auf­bauen kann und mit dem für die behinderten Menschen in Österreich sukzessive und langfristig eine positive Zukunft erreicht werden kann. (Abg. Dr. Jarolim: Das ist erbärmlich! Das ist unseriös!)

Herr Kollege Jarolim! Die Zwischenruferei wird Ihnen nichts nützen, die Wahrheit bleibt die Wahrheit, so ist es! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Binder: Sie haben die Unwahrheit gesagt!)

Sie werden hier nicht den Pflichtverteidiger vor einem Gericht spielen, sondern Sie werden vielleicht einmal der österreichischen Öffentlichkeit auch sagen müssen, war­um Karl Blecha noch kein einziges Mal im Bundessenat von seinem Klagerecht, die Interessen der Senioren mit Verbandsklagen vor Gericht durchzufechten, Gebrauch gemacht hat. Vielleicht werden Sie das im Wiener Wahlkampf dann den Wienerinnen und Wienern sagen können, heute auf jeden Fall werden Sie diese Dinge nicht erläu­tern können. Und Sie werden auch heute nicht erläutern können, warum ein Klage­recht, das Blecha für die Senioren noch nie in Angriff genommen hat, auf der anderen Seite dann bei den Behinderten die conditio sine qua non ist, um diesem Gesetz zustimmen zu können.

Prüfen Sie Ihre Argumente in Richtung Vernunft, dann werden Sie nicht mehr zwi­schenrufen, sondern leise und andächtig (Abg. Dr. Jarolim: Dort sind sie auch!) ver­suchen, dieses Gesetz in Wien beziehungsweise dort, wo Sie zuständig sind, zu


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verbessern, Herr Kollege Jarolim! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Jarolim: Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen!)

14.26


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Huainigg zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim: Haberzettl ist Vorstand der Bahn! So eine inhaltsleere Rede habe ich überhaupt noch nie gehört! So ein Unsinn! – Abg. Mag. Haupt: Null Verständnis! – Abg. Dr. Jarolim: Haberzettl muss herhalten! – Abg. Mag. Haupt: Es ist ja wahr! – Abg. Dr. Fekter: Das gefällt euch nicht! – Abg. Mag. Haupt: Frag’ ihn einmal, was er für eine Priorität hat! – Ruf bei der ÖVP: Die Wahrheit tut weh! – Abg. Binder: Sie verwechseln die Kompe­tenzen! – Abg. Neudeck: Ist er im Aufsichtsrat oder nicht!)

 


14.27.18

Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Ich möchte den ebenso von mir geschätzten Kollegen Brosz berichtigen.

Die Gebärdensprache kommt im österreichischen Schulwesen vor – zwar nicht ausrei­chend, da gebe ich Ihnen Recht, aber sie kommt vor.

Des Weiteren: Bundesschulen sind natürlich im Etappenplan mit involviert. Es ist ein Bundesgebäude und ist damit im Etappenplan enthalten.

Drittens muss ich berichtigen: Demnächst wird man den Führerschein auch in Gebär­densprache ablegen können. Man arbeitet im Ministerium bereits an einem Computer­programm, sodass das dann möglich sein wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.28


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim: Herr Haupt, so werdet ihr bei der Wahl nichts reißen! Ihr seid weg!)

 


14.28.00

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Bun­desregierung! (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und Gegenrufe bei den Freiheit­lichen. – Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen.) In Gebärde zu dol­metschen ist sehr kraftanstrengend und erfordert hohe Konzentration. Herzlichen Dank an die Kolleginnen und den Kollegen, die das heute für uns tun! (Beifall bei der SPÖ.)

Aber ich würde es als eine Verbesserung dieser Verfassungsbestimmung erachten, wenn wir in Zukunft bei allen Live-Übertragungen des ORF in Gebärde dolmetschen könnten, denn dann hätten viele gehörlose Menschen in Österreich etwas davon. Heute ist es vielleicht ein Beitrag für das Parlamentsmagazin „Hohes Haus“ oder für die Tagespolitik, aber so wäre gewährleistet, dass sehr viele partizipieren könnten. (Beifall bei der SPÖ.)

Immerhin sind es 10 000 Bürgerinnen und Bürger, meine sehr geehrten Damen und Herren, von der fast halben Million Menschen mit Hörbeeinträchtigungen, die die Ge­bärdensprache als ihre Erstsprache verwenden und kennen. Und dieser Verankerung als eigenständige Sprache in der Verfassung gehen einige Anträge voraus, und ich denke, es war letztendlich durch den Druck der Opposition, den Druck von Rot und Grün, dass das heute zustande gekommen ist, wiewohl ich auch weiß, dass der Ent­schließungsantrag – wir werden auch dem grünen Entschließungsantrag betreffend die Frist zustimmen – noch nicht gewährleistet, dass beispielsweise bilingualer Unterricht in der Schule für gehörlose Kinder Wirklichkeit werden wird.


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Daher ist es wichtig, dass wir die zuständigen Ministerinnen und Minister auch mit Frist auffordern, tätig zu werden, vor allem im Bildungsbereich und in anderen Bereichen dafür Sorge zu tragen, dass diese Erstsprache kombiniert mit der Fremdsprache Deutsch, wie es für gehörlose Menschen ja der Fall ist, Wirklichkeit und Selbstver­ständlichkeit wird. Gleichzeitig soll aber auch lautsprachlich orientierte Hörerziehung für gehörlose Menschen, aber auch für Menschen mit Resthörigkeit und für schwer­hörige Menschen zur Selbstverständlichkeit werden. Da soll nicht eingespart werden, und dazu haben fast alle – die Grünen nicht – die Ausschussfeststellung unterstrichen: Wir gehen davon aus, dass es durch die Anerkennung der Gebärdensprache zu keiner Schlechterstellung von schwerhörigen Menschen kommen soll, insbesondere auch von Menschen mit Cochlea-Implantaten, und es müssen auch die hörgerichtete lautsprach­liche Förderung und die technischen Hörhilfen gewährleistet bleiben.

Ich sehe das heute so wie meine Fraktion als ersten wichtigen Schritt, aber die Ver­bindlichkeiten müssen wir noch gemeinsam festlegen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.31


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort ge­meldet hat sich Herr Staatssekretär Dolinschek. – Bitte.

 


14.31.25

Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Sigisbert Dolinschek: Geschätzter Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Menschen mit Behinderung bekommen durch das Behindertengleichstellungsgesetz endlich jene An­erkennung und Gleichstellung, die ihnen auch zusteht. Damit wird ihnen ein selbst bestimmtes Leben ermöglicht.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn ich mir jetzt die Kritikpunkte, die von Seiten der Opposition kommen, ansehe, so muss ich sagen, dass sie sich praktisch auf die Unterlassungsklage, auf die Verbandsklage und zum Teil auf den Behindertenanwalt beschränken. Und das sagt mir eigentlich, dass wir mit der Gestaltung des Behinder­tengleichstellungsgesetzes sehr richtig liegen, denn es ist eine Querschnittsmaterie. Es betrifft nicht nur das Sozialministerium, das für dieses Gesetz verantwortlich zeichnet, sondern sämtliche Bereiche des Lebens in Österreich. Es ist eine Querschnittsmaterie, die auch andere Ministerien betrifft. Es ist ein Kompromiss zustande gekommen, der nicht ganz einfach war, und ich bedanke mich bei allen, die an dieser Gesetzgebung mitgearbeitet haben.

Die Behindertenorganisationen, vor allem die großen, wie der Österreichische Zivil-Invalidenverband und die ÖAR, waren in jeder Phase dieser Gesetzwerdung mit ein­gebunden, ebenso die Sozialpartner. Ich hatte die Ehre, in den letzten Monaten die Verhandlungen mit den Beamten des Ministeriums, mit den Abgeordneten und auch mit den Vertretern der anderen Ministerien, die mit eingebunden waren, zu führen. Herzlichen Dank für diese Gesetzwerdung und für den Inhalt dieses Behinderten­gleichstellungsgesetzes!

Sehr geehrte Damen und Herren! Dieses Behindertengleichstellungsgesetz geht weit über das allgemeine Gleichstellungsgesetz hinaus, das in Österreich sozusagen als Messlatte gilt, denn das Behindertengleichstellungsgesetz bezieht sich nicht nur auf den beruflichen Bereich wie in anderen Ländern, sondern umfasst alle Lebensbe­reiche. Es gibt die Möglichkeit der Verbandsklage, es ist die Mediation vorgesehen, und es gibt den Schutz vor Diskriminierungen auch für Angehörige. Das ist nicht über­all so vorgesehen. Das geht noch weit über die EU-Richtlinie hinaus, denn laut dieser ist die Gleichbehandlung nur bei der Beschäftigung vorgesehen. Der Diskriminierungs­schutz ist nur für den Berufs- und Arbeitsbereich vorgesehen, bei uns hingegen für alle


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Lebensbereiche. Im Vergleich zu anderen Staaten kann das Behindertengleichstel­lungsgesetz als eines der umfangreichsten Behinderteneinstellungsgesetze bezeichnet werden, das international sicherlich im Spitzenfeld liegt, insbesondere im Vergleich zum deutschen.

Frau Kollegin Lapp, Sie werden sicherlich wissen, wie es in der Bundesrepublik Deutschland ist, dort ist das Behindertengleichstellungsgesetz seit 1. Mai 2002 in Kraft. Das dortige Gesetz kennt keine Rechtsfolgen, keine Zumutbarkeitsprüfung. Es gilt nur für die öffentliche Verwaltung und für den Behinderten selbst, es gibt also keinen Angehörigenschutz wie bei uns. Auch in der Schweiz, in Frankreich, Ungarn und Bel­gien gibt es keinen Angehörigenschutz; bei uns sehr wohl.

In Frankreich sind keine Rechtsfolgen vorgesehen. Und jenes Gesetz, das 1992 in den USA geschaffen worden ist, hat, was die Verkehrsmaßnahmen betrifft, überdurch­schnittlich lange Übergangsfristen bis zum Jahr 2020; bei uns sind es 10 Jahre, also wesentlich kürzer.

Sehr geehrte Damen und Herren! Was die Frage der Klagsmöglichkeit auf Unterlas­sung betrifft – ein Punkt, der hier von Frau Abgeordneter Mag. Grossmann kritisiert worden ist –, muss ich eines sagen: Es wurde davon abgesehen, weil verfassungs- und zivilrechtliche Vorbehalte bestehen. Ich erwähne dazu nur ein Beispiel:

Einem Mieter oder einem Pächter eines Geschäftslokales ist es im Falle einer Verur­teilung nicht möglich, gegen den Willen des Eigentümers für Barrierefreiheit zu sorgen. Und das ist das Problem dabei (Zwischenruf der Abg. Haidlmayr), und deswegen haben wir davon Abstand genommen, Frau Kollegin Haidlmayr!

Das Behindertengleichstellungsgesetz bringt durch die Barrierefreiheit auch viele Vor­teile für die österreichischen Familien. Ich denke nur daran, dass zum Beispiel eine Mutter mit dem Kinderwagen wesentlich mehr Platz braucht als ein behinderter Mensch mit dem Rollstuhl. Daher, muss ich sagen, bringt das auch in diesem Bereich etwas, und es ist mittels kleiner Adaptierungen vor allem für Seh- und Hörbehinderte relativ viel zu erreichen.

Geschätzte Damen und Herren! Im Großen und Ganzen ist es mit Sicherheit ein gutes Gesetz geworden. Man kann natürlich immer wieder an Verbesserungen arbeiten, aber, wie ich schon gesagt habe, es war ein Kompromiss.

Lassen Sie mich jetzt noch einige Worte zur Anerkennung der Österreichischen Ge­bärdensprache sagen. Nach jahrelangen verbalen Auseinandersetzungen und intensi­ven Diskussionen ist es jetzt endlich so weit, dass die Österreichische Gebärden­sprache als eigenständige und vollwertige Sprache anerkannt und in die Verfassung aufgenommen wird. Das ist ein wesentlicher Schritt, sehr geehrte Damen und Herren, und damit hat man dem Wunsch vieler Gehörloser Rechnung getragen. Und es soll auch in allen neuen Gesetzesinitiativen Berücksichtigung finden.

Die Gebärdensprache trägt zur Gleichstellung gehörloser Menschen und auch anderer bei und ist als Ergänzung zum Behindertengleichstellungsgesetz zu sehen. Das nun vorliegende Behindertengleichstellungspaket samt verfassungsrechtlicher Verankerung der Gebärdensprache bedeutet einen wichtigen Schritt für die Behindertenpolitik in Österreich, und es kann tatsächlich Anspruch darauf erhoben werden, dass die darin enthaltenen Regelungen selbstverständlich für alle Österreicherinnen und Österreicher im wahrsten Sinne des Wortes auch lebbar werden.

Geschätzte Damen und Herren! Ich glaube, wir können im Großen und Ganzen sehr zufrieden sein mit dem Behindertengleichstellungsgesetz, mit dem gesamten Paket und mit der Verankerung der Gebärdensprache in der österreichischen Verfassung. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.37



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115. Sitzung / Seite 130

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Jarolim zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Neudeck: Jetzt können wir wetten, ob er es schafft oder nicht! – Abg. Dr. Fekter: Ich wette, er schafft es nicht!)

 


14.37.50

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Ich bin ein bisschen fassungslos, aber die Erklärung des Herrn Kollegen Haupt macht eine tatsächliche Berichtigung notwen­dig.

Meine Damen und Herren! Herr Kollege Haupt hat vorhin allen Ernstes erklärt (Abg. Neudeck: Weil Sie sonst nicht auf die Rednerliste kommen!), dass der Betriebsratsob­mann der Bundesbahnen Haberzettl verantwortlich dafür wäre, dass es keine behin­dertengerechte Ausstattung bei den Bundesbahnen gebe und die Behinderten links überholt werden würden.

Ich berichtige tatsächlich: Ausschließlich zuständig für Entscheidungen in Geschäfts­führungsangelegenheiten – das ist natürlich auch die behindertengerechte Ausstat­tung – ist der Vorstand, und der Vorstand alleine hat diese Verantwortlichkeit und nicht ein Betriebsratsobmann. (Abg. Neudeck: Wir werden es Haberzettl ausrichten!)

Ich bin erschüttert, Herr Kollege Haupt. Ich weiß ganz ehrlich nicht, wie man mit die­sem Wissen ein Ministeramt ausüben konnte. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Das war erstens keine tatsächliche Berichtigung und zweitens war es falsch!)

14.38


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Brader. – Bitte. (Abg. Neudeck: Wir werden es Haberzettl aus­richten! – Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Dr. Jarolim und Neu­deck.)

 


14.39.03

Abgeordneter Mag. Dr. Alfred Brader (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Mit dem heutigen Beschluss zur Anerkennung der Ge­bärdensprache als eigenständige Sprache und deren Verankerung in der Verfassung erfüllen wir nicht nur einen Wunsch der österreichischen Gehörlosenverbände, sondern wir schließen auch eine menschenrechtliche Lücke in unserem Rechtssystem.

Es sind ungefähr – Kollegin Heinisch-Hosek hat es gesagt – 10 000 Menschen, die mitten unter uns leben, aber nicht mehr über Lautsprache ansprechbar sind oder sich nicht oder nur mangelhaft über Lautsprache mitteilen können. Für sie führt zwar die Anerkennung der Gebärdensprache nicht unmittelbar zu einer Verbesserung der Le­benssituation, aber es besteht ab sofort für alle, die mit der Förderung, Ausbildung, Betreuung und Begleitung gehörloser Menschen zu tun haben – in Anerkennung der verfassungsmäßigen Verankerung der Gebärdensprache –, das Recht, dass diese nicht länger als zweitrangige Sprache einzustufen ist.

Möglich geworden ist diese Anerkennung durch mehrere Faktoren:

Erstens ist die Österreichische Gebärdensprache durch die Bemühungen der Karl-Franzens-Universität Graz lehr- und lernbar gemacht worden, indem diese systemati­siert wurde.

Zweitens ist die Spannung aus der Diskussion genommen worden, indem die Expo­nenten der Gehörlosenvereine von ihrer ursprünglichen Forderung abgerückt sind, die Gebärdensprache als primäres Sprachsystem für alle Hörbehinderten einzuführen – eine Forderung, die damals bei allen Schwerhörigenverbänden auf totale Ablehnung


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stieß. Ich bedanke mich ausdrücklich bei Frau Kollegin Jarmer, die diese Position ein­genommen hat.

Damit Schwerhörige und gehörlose Menschen in Zukunft nicht länger in ihrer Entwick­lung gefährdet sind, gilt es, eine Fülle von Bedingungen zu erfüllen. Zum Ersten ein frühes Erkennen der Hörschädigung. Verpflichtende Screening-Untersuchungen bei Neugeborenen sind genauso wichtig wie eine optimale technische Versorgung und eine beste Frühförderung.

Bei der Frühförderung ist zu entscheiden, in welchem Sprachsystem dem Kind am besten geholfen werden kann, und ich denke, dass man sich da nicht nach Dogmen, sondern nach der individuellen Situation orientieren sollte. Ich persönlich beziehungs­weise auch mein Projekt in St. Pölten-Stattersdorf bekennt sich ausdrücklich zum Prin­zip der Bilingualität, und wir haben damit auch die besten Erfahrungen gemacht.

Ich freue mich über den heutigen Gesetzesbeschluss; ich sehe in ihm eine Chance und eine Aufgabe zugleich. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.41


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Becher. – Bitte.

 


14.41.49

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dem heutigen Gesetzesbeschluss betreffend die Anerkennung der Gebärdensprache ist eine sehr lange Diskussion vorangegangen. Diese Anerkennung ist ganz sicher im Sinne der etwa zehntausend Menschen, die die Gebärdensprache als Erstsprache benutzen.

Österreich ist aber auf diesem Gebiet nicht Vorreiter. Es gibt bereits sieben euro­päische Länder, die die Gebärdensprache als Minderheitensprache anerkannt haben.

Wir dürfen uns ganz sicher nicht mit dem Erreichten zufrieden geben, denn es ist eine symbolische Anerkennung, und es steht ja im Artikel 8 Absatz 3 drinnen, dass das Nähere die Gesetze bestimmen, und daher denke ich, dass eine Fristsetzung etwas sehr Positives für die betroffenen Menschen ist, dass in einem bestimmten Zeitraum eben die Gesetze geprüft werden müssen, damit die Gebärdensprache in allen Le­bensbereichen ausreichende Bedeutung erhält.

Wenn wir uns den Diskriminierungsbericht ansehen, können wir sehen, dass diese Menschen in sehr, sehr vielen Bereichen benachteiligt sind. Es ist heute schon sehr oft das Beispiel der Fahrschule gebracht worden. Auch in diesem Bericht können wir nachlesen, dass einer gehörlosen Frau von der Fahrschule beschieden wurde, keine Gebärdensprachdolmetscherin beiziehen und auch keine Computerprogramme, die Einspielungen von Gebärdensprache beinhalten, hinzuziehen zu dürfen. Diese Frau ist dann letztendlich bei der Prüfung durchgefallen, weil sie nicht ausreichend verstanden hat, was vorgetragen wurde. Daher denke ich, dass diese Schwierigkeiten, die – abge­sehen von den Kosten – da entstehen, dringend behoben werden müssen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Präsidentin des Österreichischen Gehörlosenbundes meint ja, dass Gehörlose als Behinderte in einer speziellen Situation als Sprachminderheit leben, weil sie vor Barrie­ren stehen, und dass daher mit der Anerkennung der Gebärdensprache ein erster Schritt getan ist. Die Barrieren und Hürden für Hörbehinderte und Gehörlose für eine gleichberechtigte Teilhabe an unserer Gesellschaft müssen aber noch weggeräumt werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.44



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115. Sitzung / Seite 132

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Walch. – Bitte.

 


14.44.29

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Staatssekretäre! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ein schwarzer Tag für die SPÖ: 30 Jahre lang hat die SPÖ-Regierung für die Behinderten in Österreich nicht viel getan oder diese teilweise vergessen. Da verstehe ich schon, dass es jetzt von Ihnen laute Zurufe gibt, denn es ist für euch undenkbar, dass eine Regierung, nämlich die schwarz-blaue, fünf Jahre positiv zusammenarbeiten und jetzt für die Behinderten ein Behindertengleichstellungsgesetz und so viele Verbesserungen machen kann.

Der Frau Haidlmayr möchte ich sagen: Sie will es anscheinend nicht wahrhaben, dass man so etwas zusammenbringt. Entweder sie hat dieses Gesetz nicht gelesen, oder sie stellt bewusst Verbesserungen als Verschlechterungen dar. (Zwischenruf der Abg. Haidlmayr.)

Frau Kollegin Haidlmayr, Sie müssen es mit Ihrem eigenen Gewissen vereinbaren, dass Sie in der Bevölkerung Verbesserungen bei der Barriere oder beim Behinderten­anwalt und bei vielem anderen mehr als Verschlechterungen darstellen und hier im Plenum, wo auch viele Zuhörer sind, sagen, dass diese Verbesserungen nicht das Papier wert sind, auf dem sie geschrieben sind. Ich muss Ihnen dazu sagen: Ich finde das unerhört – auch gegenüber der betroffenen Personengruppe!

Eigentlich müsste sich die SPÖ bei Haupt, Haubner, Dolinschek und bei unserem Koalitionspartner bedanken für das, was sie für die Behinderten in Österreich gemacht haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Unter Sozialminister Haupt ist erstmals die Behindertenmilliarde in Österreich einge­führt worden. Mit dieser Behindertenmilliarde haben viele Behinderte mit Umschu­lungsmaßnahmen, Verbesserungen, finanzieller Unterstützung die Chance erhalten, einen Arbeitsplatz zu bekommen. Die Betriebe haben eine finanzielle Unterstützung, einen Finanzzuschuss bekommen, damit sie den Arbeitsplatz so umbauen, dass auch Behinderte eingestellt werden können. Also, da muss ich wirklich sagen: Was diese Regierung für Behinderte in Österreich gemacht hat, ist beachtlich. In den 30 Jahren SPÖ-Regierung ist nicht einmal 2 Prozent dessen gemacht worden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Was die Barrierefreiheit anlangt, Frau Kollegin Haidlmayr, möchte ich Ihnen sagen, Sie haben schon Recht, dass noch mehr zu machen ist, nur: Das, was in den 30 Jahren davor nicht gemacht wurde, kann man jetzt nicht über Nacht erledigen. Wenn ich bei den Ländern nicht zuständig bin, dann kann ich dort nur mit Gesprächen und Vereinba­rungen und mit Übergangsregelungen etwas verwirklichen. Sie wissen ja auch, dass ich ein Haus nicht über Nacht bauen kann, und renovieren kann ich es auch nicht über Nacht. (Zwischenruf der Abg. Haidlmayr.)

Das Nächste, was mich auch besonders freut, ist das, was im Bereich der Diskriminie­rung gemacht wurde. Das haben Sie auch mit keinem Wort erwähnt. Sie reden immer nur davon, dass die Verbesserungen nicht das Papier wert sind, auf dem sie drauf­stehen, aber Sie reden nicht vom Inhalt und sind frustriert, was ich nicht verstehe. Sie als Vertreterin der Behinderten müssten sich eigentlich freuen und hier sagen: Frau Sozialminister! Herr Staatssekretär! Herr Kollege Haupt! Danke für all das, was Sie für unsere Gruppe getan haben!

Meine Damen und Herren! Wir werden dafür sorgen, dass es weitere Verbesserungen für die Behinderten gibt. Wir von der Koalition machen Behindertenpolitik – Sie, SPÖ


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115. Sitzung / Seite 133

und Grüne, machen Verhinderungspolitik! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.48


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Mag. Lapp zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.48.20

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Ich muss die Ausführungen des Kollegen Walch tatsächlich berichtigen, der gesagt hat, dass in 30 Jahren sozialdemokratisch geführter Regierungen für behinderte Menschen nichts weitergegangen sei. – Das stimmt nicht!

Richtig ist: 1997 wurde im Artikel 7 Bundes-Verfassungsgesetz beschlossen, dass nie­mand auf Grund seiner Behinderung diskriminiert werden darf. (Beifall bei der SPÖ.)

14.48


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort ge­meldet hat sich Herr Staatssekretär Morak. – Bitte.

 


14.48.44

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege hier auf der Regierungsbank! Kollege Walch hat jetzt etwas Elan in diese Debatte gebracht und die Erbitterung anklingen lassen, die es bei der Entstehung dieses Gesetzes gab. Es war eine kontroversielle Debatte, die aber auch, wie ich meine, von der Ernsthaftigkeit geprägt war, mit der man an dieses Thema, an diese Problematik herangehen sollte.

Es ist ein großes Thema, es sind komplexe Tatbestände, die in diesem Gesetz gere­gelt werden. Ich glaube, all das hat heute mitgeschwungen. Allerdings hätte ich mir hier in diesem Auditorium, wenn solch eine Materie verhandelt wird, eine größere Präsenz erwartet. (Abg. Haidlmayr – in Richtung ÖVP und Freiheitliche –: Da sieht man, wie wichtig den Koalitionsparteien das ist! – Gegenrufe bei der ÖVP.)

Ich meine, dass die Verbesserungen, die mit diesem Bundes-Behindertengleichstel­lungsgesetz herbeigeführt worden sind, beeindruckend sind, und zwar beeindruckend im Hinblick darauf, wie sie den Status quo verbessert haben. Die Frau Bundesminister und der Herr Staatssekretär haben dazu ausführlich Stellung genommen.

Die unterschiedlichen Regelungen, die den öffentlichen Dienst betreffen, ergeben sich aus der Systematik und den Spezifika des öffentlichen Dienstes, wo Zuständigkeiten nicht bei Gericht, sondern bei der Dienstaufsichtsbehörde liegen. Ich glaube, das er­klärt sich von selbst.

Eine weitere Verbesserung – auch das wurde heute schon hinreichend erörtert – ist die verfassungsrechtliche Anerkennung der Gebärdensprache. Diese wird in Artikel 8 der Bundesverfassung nach der Abstimmung hier im Hohen Hause als eigenständige Sprache dort anerkannt, wo die Minderheitensprachen oder auch die Staatssprache geregelt sind. Auch das ist eine bedeutende Aufwertung dieses Gegenstandes.

Über die verfassungsrechtliche Anerkennung hinaus wird es aber noch Regelungen des einfachen Gesetzgebers bedürfen. Selbstverständlich gibt es schon diesbezüg­liche Regelungen. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf § 185 ZPO, die §§ 164 und 198 Strafprozessordnung und den § 76 AVG. Ob das hinreichend ist, wird sich erst in der Praxis erweisen. Ich gehe davon aus, dass bei einem Ergänzungsbedarf das Hohe Haus darauf eingehen wird.


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115. Sitzung / Seite 134

Im Ausschuss wurde auch die Diskussion über das Programmangebot des ORF für hörbehinderte Menschen sehr erbittert geführt. Das ging so weit, dass eine Gebühren­bezahlung im Hinblick auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Frage gestellt wurde.

Ich möchte dazu feststellen: Unter dieser Bundesregierung wurde bei den Veränderun­gen im Rundfunkgesetz erstmals dieser Tatbestand der Hörbehinderten berücksichtigt. Selbstverständlich hat auch der ORF in der letzten Zeit auf Basis des neuen ORF-Gesetzes dieses Angebot auf- und ausgebaut.

Das Angebot des ORF für Hörbehinderte umfasste im letzten Jahr, also 2004, 3 433 Stunden TV-Programm mit Teletext-Untertitelung. Das sind 278 Stunden pro Monat. Ich gebe zu, dass man das noch verbessern kann, das ist keine Frage. Aber noch einmal: Wir sind da auf Basis des neuen ORF-Gesetzes auf einem guten Weg.

Aber eines sollte man schon auch einmal klarstellen – und ich habe schon im Aus­schuss darauf hingewiesen –: Es sind alle Parteien, wie im ORF-Gesetz formuliert, im Stiftungsrat vertreten. Ich warte aber noch immer darauf, dass die Stiftungsräte von der SPÖ sowie jene von den Grünen auch im Stiftungsrat Anträge in diesem Sinne ein­bringen, so wie das die Abgeordnete Haidlmayr oder auch Sie, Frau Abgeordnete, getan haben. Mir sind in diesem Zusammenhang keine bekannt. (Zwischenruf der Abg. Haidlmayr.)

Diese Bundesregierung hat im Rahmen des ORF-Gesetzes Verbesserungen für Hör­behinderte bewirkt. Dass das weitergehen muss, ist klar, aber keiner hindert Sie daran, keiner hindert Ihre Stiftungsräte daran – wie Sie wissen, sind sie unabhängig –, dafür zu sorgen. Ich bitte Sie, gehen Sie an die Arbeit, gerade in diesem Bereich, und wirken Sie dort, wo Sie wirken können, bei den Stiftungsräten im ORF. In diesem Sinne, meine Damen und Herren, danke ich Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Lapp: ... Generalintendantin!)

14.53


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Riener. – Bitte.

 


14.53.25

Abgeordnete Barbara Riener (ÖVP): Werter Herr Präsident! Sehr geehrte Staatssek­retäre! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Einen besonderen Gruß an alle Menschen mit Behinderungen auf der Galerie und in Österreich! (Abg. Haidlmayr: Die sind nicht da auf der Galerie!)

Wenn Österreich einen eigenen Weg im Bereich Gleichbehandlung und Antidiskrimi­nierung beschreitet, der mit diesem Behindertengleichstellungsgesetz über die EU-Richtlinien hinausgeht, so ist dies ein guter Weg. Hervorzuheben ist dabei die Möglich­keit des Schlichtungsverfahrens im Bundessozialamt mit dem Angebot der Mediation, um gute Lösungen zu erzielen. Dabei geht es nicht allein darum – als Mediatorin muss ich das sagen –, wer Recht hat, sondern darum, dass es lebbare Lösungen gibt. Gleichzeitig werden in diesem Prozess die Motive und Bedürfnisse der Betroffenen erörtert, wodurch gegenseitiges Verständnis entsteht, Lösungen machbar werden und eine gesellschaftliche Sensibilisierung für die gesamte Problematik erfolgt.

Frau Kollegin Haidlmayr, ich glaube, dass es nicht so wichtig ist, wer etwas bei diesem Gesetz gemacht hat, für die Menschen mit Behinderung ist das Ergebnis wichtig. (Zwi­schenruf der Abg. Haidlmayr.) Ich weiß, Frau Kollegin, dass Sie sich leidenschaftlich für die Belange von Menschen mit Behinderung einsetzen, und das ist auch hervorzu­heben. Allerdings braucht man, um etwas umzusetzen, Mehrheiten. Ich weiß, wovon ich spreche. Als Sozialarbeiterin habe ich in vielen Fällen für die Klienten immer wieder auf Bedürfnisse oder Missstände aufmerksam gemacht. Es erfordert viel Geduld und


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115. Sitzung / Seite 135

viele verständnisvolle Gespräche, mit Wertschätzung dem anderen gegenüber, um etwas gut weiterzubringen.

Wir haben ja nicht nur örtliche Barrieren, die es abzubauen gilt, sondern auch Barrieren im Kopf, im Herzen und in der Sprache. Deshalb ist es wichtig, mit Fingerspitzengefühl dem jeweiligen Gegenüber zu begegnen, um nicht mehr, sondern weniger Widerstand zu erzeugen. Dieses Gesetz dient diesem Bestreben. Daher ist es mir sehr, sehr wich­tig, dass im Sozialbereich, insbesondere im Behindertenbereich, nicht populistisch agiert wird oder durch Kompromisslosigkeit Verbesserungen verhindert werden.

In der Steiermark war vieles in diesem Bereich durch den Stil des Miteinander unserer Frau Landeshauptmann Waltraud Klasnic möglich, und dieser Stil der Sachpolitik für die Menschen mit Behinderung ist der Stil der ÖVP. (Beifall bei der ÖVP.)

14.56


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Grander. – Bitte.

 


14.56.10

Abgeordnete Maria Grander (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Her­ren Staatssekretäre! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Meiner Meinung nach trägt dieses Gesetz dazu bei, Verbesserungen zu errei­chen und vor allem das Bewusstsein und die Einstellung der Menschen zu verändern.

Wir setzen damit einen zentralen Schritt zur Gleichstellung. Außerdem geht dieses Ge­setz weit über die EU-Richtlinien hinaus und fordert die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen.

Ich möchte hier ganz kurz auf die Obfrau des Vereins zur Förderung körperbehinderter Menschen, Marianne Hengl, hinweisen, die in diesem Bereich sehr engagiert ist und die seit kurzem Mitglied des Wirtschaftsparlaments ist. Es ist wichtig, dass die Inter­essen der Behinderten auch dort vertreten werden, und es ist auch ein Zeichen, dass die Wirtschaft den Weg der Gleichstellung mitgeht.

Ich möchte nur noch ein paar Worte von Marianne Hengl aus einer Beilage der „Tiroler Tageszeitung“ zitieren, wo sie sagt:

„Behindert zu sein, ist oft nur die Folge eines kleinen Augenblicks, wie beispielsweise eine Erkrankung oder ein Unfall. Sekunden, die das Leben auf Lebzeiten prägen.“ (Beifall bei der ÖVP.)

14.57


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Regler. – Bitte.

 


14.57.32

Abgeordneter Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Wir sind es ja gewohnt, dass die Opposition sagt: Alles, was die Regierung tut, ist zu wenig!, aber eines verstehe ich nicht: dass man gegen ein Gesetz stimmt, das nur Verbesserungen bringt, und zwar nur mit dem Argument, das sei zu wenig.

Ich möchte hier ganz besonders darauf hinweisen, dass das Behindertengleichstel­lungsgesetz in wirklich vorbildhafter Weise die Barrierefreiheit regelt. (Abg. Haidlmayr: Das stimmt nicht!) Es wird der Bund verpflichtet, bis Ende des nächsten Jahres einen Etappenplan für die Bundesbauten vorzulegen. Es geschieht also sofort etwas, und zwar mit Anhörung der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation, und der Bund hat dann auch entsprechend etappenweise die Umsetzung vorzunehmen.


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115. Sitzung / Seite 136

Genau dieselbe Regelung gilt für die Betreiber von Verkehrseinrichtungen oder Ver­kehrsmitteln.

Des Weiteren wird der Bund aufgefordert, bei den Förderungsrichtlinien für die Ver­gabe dieser Förderungen auch festzulegen, dass die Barrierefreiheit entsprechend vorgesehen werden muss. Ich weiß, dass mehrere Länder das schon umsetzen. Zum Beispiel wird die Vergabe von Förderungsmitteln für die Errichtung eines Heimes daran gebunden, dass auch entsprechende Behindertenzimmer eingerichtet werden.

Es ist von der Opposition kritisiert worden, dass das nicht generell für ganz Österreich gilt. Hohes Haus, wir wollen ja nicht die Kompetenzen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden aufheben, sondern es geht darum, wie die Frau Bundesministerin schon gesagt hat, mit einer Artikel-15a-Vereinbarung zu erreichen, dass auch die Länder und die Gemeinden dann diesem Ziel, das dieses Gesetz vorgibt, entsprechen. (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Ich habe mich in meiner Tätigkeit im Wiener Landtag auch sehr viel mit der Bauord­nung beschäftigt. Viele Bauordnungen enthalten schon diesbezügliche Bestimmungen, aber ich bin sicher, dass wir mit einer Artikel-15a-Vereinbarung das Ziel dieses Geset­zes, die Barrierefreiheit für alle Bereiche in ganz Österreich festzulegen, erreichen können. Damit habe ich nur noch einen Appell an die Opposition: Bitte, stimmen Sie mit! (Beifall bei der ÖVP.)

14.59

15.00.00Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 2797/AB

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen über die Punkte 2 bis 4 der Tagesordnung.

Wir gelangen zu der kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung der Bundesministe­rin für Gesundheit und Frauen mit der Ordnungszahl 2797/AB.

Die erwähnte Anfragebeantwortung wurde bereits verteilt, sodass sich eine Verlesung durch die Schriftführung erübrigt.

Wir gehen sofort in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei dem Erstredner zur Begründung eine Redezeit von 10 Minuten zukommt. Eine Stellungnahme von Mitgliedern der Bun­desregierung oder zu Wort gemeldeten Staatssekretären soll nicht länger als 10 Minu­ten dauern.

Ich bitte nun Herrn Abgeordnetem Mag. Maier als Antragsteller des Verlangens, die Debatte zu eröffnen. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte, Herr Kollege.

 


15.00.52

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bun­desregierung! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Aus der Anfra­gebeantwortung von Frau Bundesministerin Rauch-Kallat über den Veterinärbericht ergibt sich, dass im Jahr 2004 574 681 Rinder geschlachtet wurden. Wenn man sich die Entwicklung ansieht und mit den Jahren zuvor vergleicht, dann stellt man fest, dass die Schlachtungen in Österreich generell weniger werden. Erfreulich ist auch – das muss man auch sagen –, dass immer mehr Rinder als tauglich befundet wurden. Die Frage stellt sich aber jetzt nicht so, sondern es stellt sich die Frage, ob die Rinder, die unter die BSE-Kontrolle fallen, auch tatsächlich kontrolliert wurden.


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115. Sitzung / Seite 137

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man Kälber und Kälbin­nen und junge Kühe ... (Zwischenruf des Abg. Hornek.) – So die Bezeichnung im Vete­rinärbericht, Herr Kollege, lesen Sie bitte nach! (Abg. Hornek: Hör auf mit dem Blöd­sinn, das glaubt ja keiner!) Oder lassen Sie sich von der Frau Bundesministerin beleh­ren, welche Begriffe im Veterinärbericht verwendet werden. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hornek. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) Nachschauen, so steht es im Bericht drinnen! (Abg. Hornek: Blödsinn!) Dann sagen Sie das der Frau Bundesministerin, wenn hier angeblich ein Blödsinn drinsteht, Herr Kollege! Ich zitiere aus dem Bericht.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich bitte, den Redner nicht ständig zu unterbrechen!

 


Abgeordneter Mag. Johann Maier (fortsetzend): Gehen wir davon aus, dass in etwa 300 000 bis 385 000 Rinder auf BSE untersucht werden müssten! Sie haben uns immer erklärt, nämlich die Verantwortlichen aus der Agrarwirtschaft, dass in Österreich flächendeckend BSE-Kontrollen erfolgen. – Nun, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe vor einiger Zeit ein Kuvert erhalten. Dieses Kuvert wurde hier im Haus bei Tor 4 für mich abgegeben, adressiert an den SPÖ-Konsumentenschutzsprecher Nationalratsabgeordneten Johann Maier. Es enthielt eine Telefonnummer und ein Schreiben von Universitätsprofessor Dr. Wolfgang Schuller, Leiter der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH, Veterinärmedizinische Unter­suchungen Mödling.

Ich darf aus diesem Schreiben zitieren:

„An das

Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen

Sektion VII – Veterinärverwaltung

Radetzkystraße 2

1031 Wien“ – das damals zuständige Bundesministerium.

„Betr.: Crosscheck in Sachen ,Vollständigkeit der BSE-Surveillance‘.

Gemäß der Weisung des Herrn Bundesministers“ – damals zuständig Bundesminister außer Dienst Haupt – „wurde ein Crosscheck für den Monat September 2002 zwecks Überprüfung der Vollständigkeit der BSE Untersuchungen (Zahl und Alter der Tiere) durchgeführt.

Überprüft wurden nur die Bundesländer NÖ und OÖ. Die Dienststelle Innsbruck war aus Kapazitätsgründen und die Dienststelle Graz wegen der Nichtverfolgbarkeit ... nicht in der Lage, eine Auswertung durchzuführen. Es ist jedoch anzunehmen, dass die Ergebnisse aus NÖ und OÖ als repräsentativ für das gesamte Bundesgebiet gelten.

Vorausgeschickt wird weiters, dass ein Abweichen von +/– zwei Monaten (Sollalter 30 Monate) als nicht gravierend angesehen wurde.“

Und jetzt kommt’ s, Hohes Haus:

„Zusammenfassend ist festzuhalten, dass es bei bis zu 2 % der in NÖ BSE unter­suchungspflichtigen Tiere zu massiven ,Altersüberschreitungen‘ kam (bis zu 140 Mo­naten Lebensalter!!!). Also diese Tiere als geschlachtet gemeldet, aber nicht auf BSE untersucht wurden. Weiters kam es zu Unstimmigkeiten in den Nummern. Dies waren nur die wichtigsten Unstimmigkeiten.

Der Veterinärverwaltung wird dringend empfohlen, mit der AMA und den Veterinär­dienststellen in dem Sinn Kontakt aufzunehmen, dass diese Missstände nachhaltigst abgestellt werden. Ein fallweises Nichtübereinstimmen von Schlachtmeldungen bzw.


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Untersuchungsmeldungen kann toleriert werden, ein laufendes ,Übersehen‘ von 5-7 Jahre alten Tieren entspricht jedoch nicht einer exakten Surveillance.“

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Haben Sie uns am Schmäh g’halten oder haben Sie uns hier in diesem Haus, die Konsumenten, die Bauern, den Handel, die Verarbeiter angelogen? Ich betone nochmals: Der Leiter der Untersu­chungsstelle stellt fest, dass in Österreich zwischen 6 000 und 8 000 Risikorinder nicht auf BSE untersucht werden. – Das ist, Frau Bundesministerin, untragbar! Dieses Schreiben wurde – und das betone ich – von der AGES verfasst und an Ihr Ministerium gerichtet.

Es freut mich, dass auch die Konsumentenschutzministerin bei dieser Diskussion an­wesend ist. Frau Bundesministerin Haubner, ich appelliere an Sie, auch Ihren Beitrag dazu zu leisten, damit diese Fragen geklärt werden!

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hier kann einiges nicht stim­men! Wenn ich das Schreiben lese, frage ich mich natürlich: Nachdem das Schreiben im Ministerium angekommen ist – es gibt auch einen Eingangsstempel –, was hat das Ministerium unternommen, um festzustellen, wie hoch die Zahl jener Rinder in Öster­reich, die nie untersucht wurden, tatsächlich ist? Wurden die Verursacher für diese mangelnden Kontrollen tatsächlich zur Verantwortung gezogen? Stimmt es, dass das Problem bei der AMA liegt, dass die Mitarbeiter der AGES bislang keine Möglichkeit bekommen haben, in die AMA-Datenbank Einsicht zu nehmen, um nachzukontrollie­ren, ob die angegebenen Daten mit den AMA-Daten tatsächlich übereinstimmen?

Frau Bundesministerin, ich sage Ihnen: Ich halte das für das zentrale Problem! Ich weiß natürlich, Sie sind dafür nicht zuständig; zuständig dafür ist Herr Bundesminister Pröll. Wir werden uns einige Dinge vorbehalten – Gesetzesanträge, aber auch weitere parlamentarische Maßnahmen –, weil es untragbar ist, dass die Öffentlichkeit, die österreichischen Konsumenten, die österreichischen Bauern, der Handel und die Be­triebe im Unklaren darüber gelassen werden, ob es korrekte Kontrollen gegeben hat, im Unklaren darüber gelassen werden, ob vollständig kontrolliert worden ist oder nicht.

Stellen Sie sich vor: Infiszierte Rinder (Abg. Großruck: „Infiziert“ heißt das! „Infisziert“ sagt man als Konsumentensprecher nicht!) sind auf Grund dieser fehlenden, mangeln­den Kontrollen in den Lebensmittelkreislauf gelangt! – Aus unserer Sicht ist das in keiner Weise tragbar.

Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lebensmittelsicherheit liegt allen Fraktionen dieses Hauses am Herzen. Wir haben Ihre Worte, wir haben die Worte der Vertreter der Landwirtschaft, insbesondere die Worte von Klubobmann Molterer gerade im Zusammenhang mit der Gründung der AGES noch im Ohr. Wir erwarten uns von Ihnen, Frau Bundesministerin Rauch-Kallat, aber auch von Ihnen, Frau Konsumentenschutzministerin Haubner, in dieser Frage absolute Aufklärung. Die Konsumenten, die Bauern, die Landwirtschaft haben einen Anspruch darauf, zu erfahren, wie sicher die BSE-Kontrollen in Österreich tatsächlich sind. (Bei­fall bei der SPÖ.)

15.10


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich nunmehr Frau Bundesminis­terin Rauch-Kallat. – Bitte.

 


15.10.14

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Maier! Ich kann relativ ruhig auf diese Ihre Anfrage antworten. Es besteht auch überhaupt kein Grund, hier mit Skandalisierungen vorzugehen.


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115. Sitzung / Seite 139

Es ist richtig, in der Tat, es gibt diesen Brief vom Dezember 2002; das war noch dazu in der Zeit vor meiner Ministerschaft und vor meiner Verantwortung. Dieser Brief ist an das Ministerium ergangen, also nicht nur an Sie in einem offensichtlich anonymen Kuvert mit einer Telefonnummer drinnen. Sie werden wissen, wer Ihnen diesen Brief zugespielt hat. Das Ministerium, der damals dafür zuständige Bundesminister Haupt haben sofort reagiert und auch die entsprechenden Maßnahmen gesetzt.

Aber lassen Sie mich ganz kurz über die Zeit davor berichten.

Im Jahr 2001, also im Jahr vor diesem Brief, hätte Österreich gemäß der Verord­nung 999/2001 lediglich eine Stichprobe von 10 000 von für den menschlichen Verzehr geschlachteten Rindern über 30 Monate untersuchen müssen, denn bis dahin gab es keinen BSE-Fall. Es wurde trotzdem beschlossen, freiwillig flächendeckend alle Rinder dieser Kategorie mittels Schnelltest auf Vorliegen von BSE zu untersuchen, und dabei erwies sich ein Rind im Dezember 2001 als positiv. Diese Tatsache ist am 14. Jänner 2002 auch der Öffentlichkeit präsentiert worden, nachdem alle Tests für dieses Rind positiv verlaufen sind.

Seit diesem Zeitpunkt ist Österreich verpflichtet, alle gesund geschlachteten Rinder ab 30 Monaten sowie alle not- und krank geschlachteten Rinder sowie alle verendeten Rinder ab 24 Monaten mittels Schnelltest auf Vorliegen von BSE zu untersuchen. Pro Jahr wurden daher zirka 205 000 bis 210 000 Rinder untersucht; insgesamt bis heute mehr als 940 000.

Nach dem Hinweis von Professor Schuller, einem damaligen Geschäftsführer der AGES, dass die BSE-Untersuchungspflicht nicht in jedem Fall lückenlos eingehalten wird, wurden seitens der zuständigen Fachabteilung und des Ministers unverzüglich erste Maßnahmen gesetzt.

Die Durchführung von Crosschecks sowohl seitens der Landesbehörden als auch sei­tens der Untersuchungsstellen wurde in der TSE-Kundmachung vom 20. Februar 2003, also genau zwei Monate nach diesem Hinweis, das heißt sehr rasch, verpflich­tend vorgeschrieben. Dabei wurde verfügt, dass die Crosschecks unter Zuhilfenahme der Rinderdatenbank durchzuführen sind, wobei jedes Land eine repräsentative Stich­probe von mindestens 5 Prozent der untersuchungspflichtigen Tiere gleichmäßig über das Jahr verteilt zu kontrollieren hat. Untersuchungsstellen haben zusätzlich ebenfalls unter Zuhilfenahme der Rinderdatenbank etwa 2 Prozent der Gesamteinsendungen pro Jahr zu überprüfen.

Ergeben sich bei der Durchführung der Crosschecks Anhaltspunkte, dass Untersu­chungen nicht durchgeführt werden, sind unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen: Die Zahl der Kontrollen ist entsprechend zu erhöhen, und die Bundes­ministerin für Gesundheit und Frauen ist unverzüglich telefonisch und schriftlich in Kenntnis zu setzen.

Weiters wird derzeit in Zusammenarbeit mit der AMA und der AGES eine Basis ge­schaffen, die die Eintragung der BSE-Untersuchungsergebnisse in die AMA-Rinder­datenbank ermöglichen soll. Dies soll zu noch schnelleren, umfassenderen, einfache­ren sowie automatisierten Kontrollen führen.

Die österreichische Vorgangsweise für die Durchführung der BSE-Crosschecks wurde auch anlässlich eines FVO-Inspektionsbezirks – FVO ist das Food and Veterinary Office – zwischen 6. und 17. September 2004 mit dem EU-Inspektionsteam erörtert und von diesem als ausreichend bewertet.

Abschließend vielleicht noch einmal ganz kurz die Maßnahmen, den Umfang der Maß­nahmen, die derzeit ergriffen werden, um die Lebensmittelsicherheit bei österreichi­schem Rindfleisch zu sichern:


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115. Sitzung / Seite 140

Erstens: das Verbot der Fütterung von Tiermehl, verarbeitetem tierischem Protein, um die Möglichkeit der Übertragung von BSE sicher auszuschließen.

Zweitens: Durch die Lebendtieruntersuchung vor der Schlachtung durch ausgebildete Fleischuntersuchungs-Tierärzte ist auch gewährleistet, dass BSE-verdächtige Tiere nur getrennt und gesondert unter Überwachung des Tierarztes geschlachtet werden dür­fen. Bei solchen Tieren sind unverzüglich weitere Laboruntersuchungen auf BSE ein­zuleiten. Das Tier ist bis zum Vorliegen eines negativen Untersuchungsergebnisses unter amtlicher Sperre zu halten.

Drittens: die Entfernung von spezifiziertem Risikomaterial bei allen Rindern, die für den menschlichen Verzehr geschlachtet werden, zum Beispiel Gehirn, Rückenmark, Darm, um eine Übertragung auf den Menschen auszuschließen.

Viertens: Parallel zu den obigen Maßnahmen werden seit 2001 Untersuchungen mit­tels Schnelltest von allen not- und krank geschlachteten sowie von verendeten Tieren ab 24 Monaten und von allen gesund geschlachteten Tieren ab 30 Monaten durchge­führt, um die Entwicklung der Krankheit beurteilen zu können.

Ich kann Ihnen daher versichern, Herr Abgeordneter Maier, dass schon mein Vorgän­ger Herbert Haupt alle Maßnahmen ergriffen hat, um auf diesen Brief von Dr. Schuller entsprechend zu reagieren. Die Maßnahmen sind noch vor meiner Amtszeit als Ge­sundheitsministerin in Kraft getreten, wurden seither auch lückenlos eingehalten. Es hat sich gezeigt, dass bei dem vor kurzem eingetretenen Fall von BSE der Krisenplan lückenlos und perfekt funktioniert hat. Ich hoffe, dass das auch in Zukunft so bleiben wird und damit eine hohe Qualität und eine absolut hohe Sicherheit auch im Sinne des Konsumentenschutzes für die Österreicherinnen und Österreicher gewährleistet ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.17


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr Abgeordneter Eßl. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


15.17.16

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine geschätzten Damen und Herren! Kollege Maier kann es halt nicht lassen, zu skandalisieren. Es kommt nur meistens beziehungsweise überhaupt nie etwas dabei heraus. Das Traurige daran ist nur, dass man damit einen relativ großen Schaden an­richten kann, dass irgendwelche Leute, in dem Fall könnten es wieder die Bauern sein, Schaden dadurch nehmen.

Es drängt sich der Verdacht auf, lieber Kollege Maier, dass du diese Anfrage nur des­halb gestellt hast, damit du deine Statistik in Bezug auf Anfragen an die Ministerien wieder aufbessern kannst, denn die Zahlen, die du erfragen wolltest, sind bei der Statistik Austria ohnehin schon nachlesbar.

Wenn alles in deiner Rede so gestimmt hat wie deine ersten Bemerkungen, in denen du von „Kälbinnen“ geredet hast, dann wissen wir, was wir von deiner Rede halten müssen, denn in diesem Bericht ist eindeutig und sauber aufgelistet von „Kälbern“ und „Kalbinnen“ die Rede. Das sollten die Abgeordneten im Hohen Haus auch wissen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die wirklich zentrale Frage in diesem Zusammenhang möchte ich zur Kenntnis brin­gen. Ich möchte dich fragen: In welchem Land der Welt möchtest du lieber Konsument sein? In welchem Land der Erde gibt es mehr Sicherheit für die Konsumenten? Öster­reich ist, was Tierschutz betrifft, was Tiergesundheit betrifft, was Lebensmittelsicherheit betrifft, Weltspitze! Das kann uns jeder bestätigen. (Beifall bei der ÖVP.) Ich bin über-


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zeugt davon, dass sogar Kollege Maier antworten wird: Österreich ist Weltspitze, am liebsten möchte man in Österreich Konsument sein!

Wir haben auch sehr viel dafür getan: Wir haben einen strengen Lebensmittelkodex. Wir haben ein modernes Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz. Wir haben ein modernes Tierarzneimittelkontrollgesetz. Wir haben eine Agentur für Ge­sundheit und Ernährungssicherheit. Wir haben über 1 000 Fleischuntersuchungs-Tier­ärzte in Österreich.

Wir haben eben auch durch diese Maßnahmen erreicht, dass der jüngste Fall von BSE, der in Österreich aufgetreten ist, korrekt abgewickelt werden konnte. Wir können den Konsumenten bestätigen, dass das Fleisch, das auf ihre Teller kommt, zu 100 Pro­zent in Ordnung ist und dass sie das Fleisch von österreichischen Tieren auch in Zukunft genießen können.

Wir müssen klar und deutlich dazusagen: Selbst dann, wenn wieder einmal ein krankes Tier auftreten sollte, kommt es nicht in den Lebensmittelkreislauf, nicht auf den Teller des Konsumenten. Gerade in diesem Fall war es ja sogar so, dass ein bereits veren­detes Tier kontrolliert wurde, was die doppelte Sicherheit unterstreicht.

Es gibt natürlich noch sehr viele andere Maßnahmen, die Österreich gesetzt hat, aber wichtig ist, dass nicht Gesetze allein da sind, dass nicht Kontrollen allein da sind – wir brauchen unsere Bauern, die die Nahrungsmittel erzeugen, und für unsere Bauern ist es notwendig, dass sie Einkommen erwirtschaften können, dass sie die entsprechen­den Rahmenbedingungen vorfinden, um Einkommen zu erwirtschaften.

Wenn ich höre, welche Vorschläge Dr. Gusenbauer macht, dann muss ich sagen: Bei Umsetzung dieser Vorschläge hätten wir in Zukunft sehr viel weniger Bauern, hätten wir die Lebensmittel nicht mehr in dieser Güte, in dieser Qualität, mit dieser Lebens­mittelsicherheit in dem Umfang zur Verfügung. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wenn Gusenbauer sagt, die Agrardirektzahlungen gehörten auf die Hälfte gekürzt, dann sage ich Ihnen: Er weiß nicht, was er damit anrichten würde! Es geht um die Ver­sorgungssicherheit, es geht um das Gesicht unseres Landes, und es geht um Arbeits­plätze. Gusenbauers Vorschlag würde einen massiv verschärften Strukturwandel bedeuten. Es würden vor allem die Bauern in den schwierigen Lagen aufhören, die flächendeckende Bewirtschaftung der Landschaft wäre nicht mehr gegeben, Nachteile für andere Wirtschaftsbereiche, für den Tourismus würden damit einhergehen und eine Verschärfung der Situation auf dem Arbeitsmarkt würde eintreten. Es geht dabei schließlich und endlich um etwa 500 000 Beschäftigte in Österreich, die in der Land­wirtschaft oder in vor- und nachgelagerten Bereichen tätig sind.

Eine solche Maßnahme würde nicht nur die Bauern, sondern den gesamten ländlichen Raum, die gesamte Bevölkerung betreffen. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzei­chen.) Daher zum Abschluss noch einmal (Abg. Dr. Gusenbauer: Es gibt keinen ärge­ren Feind der Bauern als den Bauernbund!): Gusenbauers Vorschlag ...

15.22


Präsident Dr. Andreas Khol: Nein, das geht nicht, Herr Kollege! Wenn die 5 Minuten zu Ende sind, sind sie zu Ende! Das war Ihr Schlusssatz! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen für den das Rednerpult verlassenden Abg. Eßl.)

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wimmer. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


15.22.37

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Kollege Eßl hat diese Besprechung der Anfrage­beantwortung, vor allem die Anfrage des Kollegen Maier ein bisschen ins Lächerliche


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gezogen. Das ist wirklich nicht gerechtfertigt, denn wenn man weiß, dass 6 000 bis 8 000 Tiere tatsächlich ohne vorangegangene Tests in den Lebensmittelkreislauf ge­kommen sind, dann gibt es da wirklich nichts zu lachen! Das ist eine wirklich bedenk­liche und gefährliche Situation, die in dieser Debatte angesprochen wird. (Zwischenruf des Abg. Hornek.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gerade der letzte Fall von BSE im Westen Öster­reichs hat gezeigt, wie hartnäckig und vor allem sensibel dieses Thema immer noch ist. Wir hatten ja angenommen, dass es BSE nicht mehr gäbe, dass es für uns kein Thema mehr wäre. Heute wissen wir, dass es nicht so ist. Es ist für die Zukunft nicht auszu­schließen, dass es auch weiterhin BSE-Fälle in Österreich gibt.

Ich möchte gar nicht darauf eingehen, ob das Krisenmanagement durch das Ministe­rium oder die zuständigen Minister wirklich so gut funktioniert hat, wie man immer hört und gehört hat. Tatsache ist – das möchte ich heute auch kritisieren –, dass man den letzten BSE-Fall, wie wir heute wissen, mindestens drei Wochen lang verschwiegen hat! Ich weiß nicht warum, aber Tatsache ist, dass der Fall erst drei Wochen später bekannt wurde.

Es stellt sich die Frage, warum man konkret bei diesem aufgetretenen Fall nicht nach dem vorliegenden Krisenplan vorgegangen ist? Aber sei es drum. (Abg. Grillitsch: Herr Kollege!) – Kollege Grillitsch, Sie können sich zu Wort melden, aber lassen Sie mich bitte das jetzt ausführen. (Abg. Grillitsch: Anscheinend sind Sie sich nicht des­sen bewusst, was Sie sagen!)

Ich sage das deshalb, meine sehr geschätzten Damen und Herren, weil es im Bereich der Lebensmittelsicherheit aus unserer Sicht keinen Kompromiss geben darf, vor allem darf nicht taktiert werden, wie dies manchmal von ÖVP-Seite getan wird.

Deshalb sind wir schon ein bisschen verwundert darüber, welche Informationen nun langsam zutage treten. Wir wissen – das steht, glaube ich, außer Streit –, dass der einzige Schutz vor BSE die rigorose Durchführung dieser Tests ist.

Frau Bundesminister, Sie haben immer beteuert, dass gerade bei uns diese Tests wirklich lückenlos durchgeführt werden. Wir haben Ihnen das sogar teilweise geglaubt, aber heute wissen wir, dass es offensichtlich nicht stimmt. Heute wissen wir, dass diese Tests nicht immer umgesetzt wurden und dass 6 000 bis 8 000 Tiere ohne Test in den Lebensmittelkreislauf gekommen sind. Ich sage, das ist eine wirklich gefährliche Situation, letztlich ein Skandal, dass das erst zum jetzigen Zeitpunkt zutage tritt.

Ich sage auch ganz bewusst: nicht auszudenken, wenn eines dieser Tiere wirklich erkrankt gewesen wäre!

Meine Damen und Herren! Eine unverantwortliche Situation – erstens einmal gegen­über den Konsumenten, aber auch gegenüber den Landwirten, weil gar so laut ge­schrieen wird von dieser Seite, aber letztlich auch gegenüber den Fleisch verarbeiten­den Menschen im Gewerbe und in der Industrie.

Der Brief ist auch schon angesprochen worden, und nun stellt sich die Frage, Frau Ministerin: Was ist wirklich seit dem 16.2.2002 geschehen?

Meine Frage zielt darauf hin: Wie können Sie garantieren, Frau Bundesminister, dass diese Tests in Zukunft wirklich so durchgeführt werden, dass sie sicher sind? Das ist letztlich der entscheidende Punkt, um den es geht.

Es gab in Europa Diskussionen darüber, wie diese Tests aufgeweicht werden könnten. Es wurde davon gesprochen, dass damit zu viel Bürokratie verbunden ist, dass sie zu viel Geld kosten. Als Vertreter der sozialdemokratischen Fraktion muss ich sagen, dass eine Qualitätsminderung der Tests für uns Sozialdemokraten niemals in Frage kom-


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men wird, denn Lebensmittelrecht steht für uns Sozialdemokraten an erster Stelle, weil wir den Konsumenten, den Landwirten, aber auch den Arbeitnehmern verpflichtet sind. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.27


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Rauch-Kallat. – Bitte.

 


15.27.05

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Abgeordneter, ganz kurz, denn man kann das nicht so im Raum stehen lassen: Es stimmt nicht, dass drei Wochen niemand informiert wurde.

Sie wissen ganz genau, wie der Fall im Kleinwalsertal war: Das Tier hat vor seinem Tod keinerlei Anzeichen von BSE gezeigt, das Tier lag tot im Stall. Es wurde von der Tierkörperverwertung Deutschland abgeholt – Sie wissen, dass das Kleinwalsertal von Deutschland bedient wird –, und am 17. Juni – das Tier ist Ende Mai verendet; am 17. Juni! – wurde das österreichische Gesundheitsministerium vom deutschen Ge­sundheitsministerium darüber informiert, dass ein BSE-Verdacht vorliegt. Wir haben unverzüglich den genauen Test angeordnet und nach Vorliegen des genauen Tests, am Nachmittag des 21. Juni, um 18 Uhr, die Presse und die Öffentlichkeit verständigt und genau und breitest informiert.

Ich sage Ihnen: Es war klug so, denn es hat heuer schon zehn BSE-Verdachtsfälle gegeben, die sich alle als nicht richtig erwiesen haben. Ich stehe dafür, dass wir nur dann informieren, wenn tatsächlich ein BSE-Fall eintritt, denn sonst führt das nur zur Verunsicherung der Öffentlichkeit, was natürlich auch wirtschaftliche Auswirkungen auf den Export, im Ausland hat.

Wir wollen hier die österreichische Landwirtschaft schützen: Wenn etwas vorkommt, dann informieren wir selbstverständlich darüber, aber auf einen reinen Verdachtsfall hin nicht. – Da sind wir in guter Gesellschaft mit vielen anderen europäischen Ländern. Wir werden das auch weiterhin so halten (demonstrativer Beifall des Abg. Dipl.-Ing. Hofmann), im Sinne der österreichischen Wirtschaft, der Landwirtschaft und des Konsumentenschutzes, denn das würde ja auch zu einer Verunsicherung der Konsu­menten führen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.29


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Haupt. 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Großruck – in Richtung des Abg. Wimmer –: Jetzt sitzt er da mit dem gewaschenen Hals! Wenn du so viel Blödsinn daherredest! Geschichtenerfinder!)

 


15.29.12

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Kollege Maier, ich danke zunächst für die Besprechung der Anfragebeantwortung, weil damit auch klar ist, dass seinerzeit, als ich noch für das Referat zuständig war, nichts beschönigt und auch nichts unter den Teppich gekehrt wurde, sondern sämtliche negativen Responses, die wir damals erhalten haben, auch im Sinne des Konsumentenschutzes sofort aufgearbeitet wurden.

Herr Kollege Maier, Sie als Salzburger werden sich ja noch daran erinnern, dass es auch einen EU-Bericht über den Schlachthof Salzburg-Bergheim gegeben hat. Dort wurden im Gegensatz zum Tierschutzgesetz von Salzburg und auch zum Tierschutz­gesetz von Oberösterreich festliegende Tiere geschlachtet, obwohl sie nach den Tier­schutzgesetzen beider Länder weder transportiert noch dorthin zur Schlachtung hätten gebracht werden dürfen. Bei einem Teil dieser Tiere wurden damals die BSE-Tests


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unterlassen, weil die dortigen Veterinäre der Meinung waren, dass sie sich das sparen können, obwohl es das Gesetz trotzdem vorgesehen hätte, weil es sich bei den Tieren eindeutig um Beinbrüche oder andere Verletzungen gehandelt hat. Auch diese Fälle waren damals Gegenstand, dass wir überhaupt das gesamte Verfahren überprüft haben, den Check gemacht haben, und der Check hat sich bewahrheitet.

Man sollte in dieser Situation auch nicht vergessen, dass es europäische Länder gibt, die eine andere Philosophie in der BSE-Bekämpfung haben. In diesem Zusammen­hang ist unser Nachbarland Schweiz zu nennen. Die Schweiz hat aus Kostenerspar­nisgründen ein ausschließlich statistisches Überprüfungssystem, und bei den 20 Pro­zent, die man überprüft, hat man zwischen 8 und 16 BSE-Fälle pro Jahr. Dies bedeu­tet, dass man bei der vierfachen Zahl nicht überprüfter Fälle diese nicht entdeckten Fälle in Verkehr bringt. In der Schweiz ist es offensichtlich kein Problem, dass dort Tiere auf Grund des Systems „durchrutschen“.

Diese Überlegungen der Schweizer wurden bei uns in Österreich, insbesondere in Vorarlberg, immer wieder releviert, um hier von einem flächendeckenden Kontrollsys­tem auf ein rein statistisches System der Kontrolle überzugehen.

Ich bin sehr zufrieden, dass die Haltung, die ich immer gehabt habe, auch heute noch die Haltung des Ministeriums ist, nämlich vom flächendeckenden System nicht abzu­gehen, um nicht insgesamt den Markt für die österreichische Qualität und für die Pro­dukte, die unsere Bauern liefern und die damit einen geringfügig besseren Preis erzie­len, zu gefährden.

Ich möchte hier aber auch sagen, dass Vertrauen gut ist, Kontrolle aber besser. Kol­lege Damoser, der heute die Frau Bundesministerin hierher begleitet hat, war jener Behördenleiter, der in Niederösterreich den Fall des damaligen BSE-Rindes untersucht hat. Und man sollte nicht vergessen, dass damals nicht nur BSE zutage getreten ist, sondern im Rahmen der Untersuchungen auch ein gerichtsanhängiger Betrugsprozess mit EU-Mitteln in der Höhe von mehreren hundert Millionen Schilling – mit saftigen Strafen.

Frau Bundesministerin! Ich darf Sie in dieser Debatte darauf aufmerksam machen, dass in der Europäischen Union auch seltsame Gesetze herrschen. Georgien hat – das wissen wir von „Tierärzte ohne Grenzen“ – insgesamt, wenn man alle Hühner­augen und sonstigen Augen zudrückt, maximal zwei Schlachthöfe, die einen halbwegs entsprechenden Hygienestatus haben. Trotzdem reicht das in Georgien aus, dass man ein Gesetz verabschiedet, alle Tiere im Schlachthof zu schlachten – obwohl man keine Schlachthöfe hat! –, wodurch man von der Europäischen Union Geld bekommt, um das Budget aufzubessern, und diese Produkte dann in die Europäische Union kommen. Ich glaube nicht, dass der europäische Konsument das goutiert. Ich glaube auch nicht, dass die österreichischen Bauern gut genug geschützt sind, wenn diese Maßnahmen stattfinden.

Ich ersuche Sie, Frau Bundesministerin, daher, gemeinsam mit dem Herrn Landwirt­schaftsminister in der Europäischen Union schleunigst dahingehend tätig zu werden, dass die Georgier endlich Schlachthöfe bauen, um die Hygienebestimmungen einzu­halten, die Standard sind, oder dass andernfalls die Zahlungen dorthin unter diesem Titel eingestellt und die österreichischen Bauern geschützt werden, dass sie von dieser „Schmutzkonkurrenz“ auf dem Weltmarkt nicht bedroht werden. Eine andere Alterna­tive sehe ich nicht.

Damit hat, Herr Kollege Maier, diese Debatte vielleicht auch pro futuro für die österrei­chischen Bauern und für die österreichischen Konsumenten eine positive Auswirkung. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

15.33



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Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner dazu: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Pirklhuber. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


15.34.02

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Meine Herren Staatssekretäre! Meine Damen und Herren! Kollege Maier hat heute hier einen Brief aus dem Jahr 2002 betreffend mangelhafte BSE-Untersu­chungen zitiert. Sie, Frau Bundesministerin, haben versucht, klarzulegen, welche Maß­nahmen damals ergriffen wurden, die noch Ihr Kollege Haupt zu verantworten hatte.

Meine Damen und Herren! Es ist aber nicht so, dass nur Kollege Maier hier Bedenken gehabt und Kritik angemerkt hat. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an eine Pres­seaussendung des steirischen BZÖ-Sprechers und langjährigen Sprechers von Bun­desminister Haupt, Herrn Grosz, der am 22. Juni öffentlich gesagt hat, die Öffentlich­keit wäre 20 Tage lang nicht informiert worden. – Das sagt ein Vertreter einer Regie­rungsfraktion oder zumindest einer der Regierung zuzuordnenden Partei. Er spricht wörtlich davon, dass es unter Umständen wieder zu einer absichtlichen Verwechslung von Proben wie im Jahr 2001 kommen könnte.

Also das steht im Raum, das ist auch von Vertretern der Regierungsseite in die De­batte eingeworfen worden. Es ist daher sehr legitim, wenn Kollege Maier klare Ant­worten haben möchte, was genau geschehen ist, warum der Vorsorge- und Risikoplan, den Bundesminister Haupt damals ausgearbeitet hat, nicht zur Anwendung gekommen ist. Das forderten ja auch Vertreter der FPÖ. Warum wurde dieser Plan geändert? – Das wäre eigentlich diskussionswürdig.

Ich bin gegen jede Skandalisierung in diesem Zusammenhang, um das klarzulegen. Wir sind auch froh, dass es sozusagen zu keinen Verwerfungen in der Konsumen­tenschaft, auf den Märkten et cetera gekommen ist, aber es wäre schon richtig, klar­zulegen, worin die Änderungen bestanden haben und warum es dazu gekommen ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

In dem damaligen Schreiben des Leiters Professor Schuller heißt es unter anderem auch – darauf möchte ich eingehen –, dass es zu Unstimmigkeiten bei den Ohrmar­kennummern, in der Verlaufskontrolle gekommen ist.

Frau Bundesministerin, in diesem Zusammenhang möchte ich Sie an eine ganz aktu­elle Anfragebeantwortung erinnern, die mir Ihr Kollege Bundesminister Pröll im Mai 2005 gegeben hat. Auf meine Frage, wie effizient das Ohrmarkenkennzeichnungs­system derzeit in Österreich ist, hat er mir geantwortet, dass von den kontrollierten Betrieben – das waren knapp über 9 000 im Jahr 2004 – bei mehr als 4 837 Betrieben Mängel festgestellt wurden. Kollege Donabauer, über 50 Prozent der Kontrollen haben Mängel ergeben! Minister Pröll hat mir aber nicht sagen können, worin diese Mängel explizit bestanden haben, weil bis 2004 nicht genau erfasst ist, worin die Mängel be­standen haben. Er konnte nur jene Fälle angeben, wo es zu Tiersperren, zu Betriebs­sperren oder zu Keulungen gekommen ist.

Meine Damen und Herren, das Interessante ist, dass die Zahl der Tiersperren, seit dieses System eingeführt wurde, massiv zugenommen hat. Im Jahr 2001 waren es 90, im Jahr 2002 137, im Jahr 2003 219 und letztes Jahr 559. Man sieht, ein System, das offensichtlich einerseits sehr mangelhaft umgesetzt wird und andererseits auch zu Sperren führt, die erklärungsbedürftig sind.

Meine Damen und Herren! Es geht bei der BSE-Qualitätssicherung und bei der Risiko­vorsorge doch darum, dass wir eine Sicherheitskette haben, die bei den Ohrmarken beginnt, bei den Kennzeichnungen der Rinder, und schlussendlich bis zu den Unter­suchungen und Auswertungen geht.


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Wir müssen doch Rückschlüsse ziehen, wenn solche Ergebnisse vorliegen, und über­legen, ob es nicht effizientere Methoden gibt. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an einen EU-Rechnungshofbericht, der von massiven Mängeln im europäischen Rin­derkennzeichnungsbereich spricht.

Frau Bundesministerin! Wir haben schon mehrfach darauf hingewiesen, dass es effi­zientere, gute Kennzeichnungssysteme gibt, die leichter nachzuvollziehen, besser in der Kennzeichnung und in der Sache selbst fast zu 100 Prozent fälschungssicher sind, nämlich Transponderkennzeichnungen; das ist eine Kennzeichnung mittels „Mikro­chips“, die bei den Haustieren und bei Pferden schon verwendet werden.

Meine Damen und Herren! Es wäre an der Zeit, sich Gedanken über eine solche Qua­litätssicherung der Zukunft zu machen (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen), die in eine europäische Datenbank einmündet. – Herr Präsident! Das war mein Schlusswort. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.39


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

15.39.26Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich nehme die Verhandlungen über die Punkte 2 bis 4 der Tagesordnung wieder auf.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Hakl. Frau Abgeordnete, Sie haben sich 2 Minuten Redezeit vorgenommen. – Bitte.

 


15.39.44

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Herr Präsident! Die Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Wir sind wieder zurück bei einer der wichtigsten Materien, die wir wohl im heurigen Jahr beschließen, beim Behindertengleichstellungsgesetz. Ich glaube, es war ein gewisses Fenster im Himmel, das es nach langen Beratungen und langen Bemü­hungen ermöglicht hat, dieses Gesetz in dieser Konstellation zu beschließen. (Unruhe in Saal.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren, man versteht die Rednerin überhaupt nicht! Ich würde bitten, die zahlreichen Konferenzen lautlos zu führen!

 


Abgeordnete Mag. Karin Hakl (fortsetzend): Es war nämlich einerseits notwendig, dass eine Bundesregierung, die in diesem Bereich so engagiert ist wie die unsrige, an der Regierung ist. Es war andererseits aber auch notwendig, einen Abgeordneten zu haben, der mit derartigem Nachdruck, Ernsthaftigkeit arbeitet, mit dem Sinn dafür, was zum jetzigen Zeitpunkt gerade noch möglich ist, mit Gefühl und Gespür dafür, wann und zu welchem Zeitpunkt das Wichtigste gemacht werden muss, dass ein solcher Abgeordneter bei uns im Parlament ist.

Ich glaube, wir alle sollten uns insbesondere beim Kollegen Franz-Joseph Huainigg bedanken, der mit einem Einsatz und einer Sensibilität, wie sie wohl selten vorkommt, dieses Gesetz ganz maßgeblich gestaltet hat. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen sowie bei Besuchern auf der Galerie.)

Lieber Franz-Joseph, wir verdanken dir jetzt das beste und weitestreichende Behin­dertengleichstellungsgesetz Europas. Ich möchte bitte daran erinnern, dass es in Deutschland kein Einzelklagsrecht gibt, der private Bereich ausgenommen ist, nur bei Neubauten Barrierefreiheit vorzusehen ist, dass es keinen Behindertenanwalt gibt und dass sowohl die rot-grüne Regierung in Deutschland als auch sämtliche Behinderten-


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verbände dieses im Vergleich zu unserem wirklich nicht weit gehende Gesetz hym­nisch gefeiert haben.

Lieber Franz-Joseph, wir feiern dich und dieses Gesetz! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.42


Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Lopatka zum Rednerpult. Auch seine Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


15.42.02

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann nahtlos an die Ausführungen meiner Vorrednerin an­schließen. Selbstbestimmtes Leben ist das Ziel unserer Behindertenpolitik, heißt es in unserem Grundsatzprogramm.

Wir haben heute mit diesem Beschluss, den wir in wenigen Minuten fassen werden, dieses Grundsatzprogramm mit Leben erfüllen können. Wir lassen uns von niemandem die Freude nehmen, die wir haben, dass wir in dieser Stunde bereits so weit sind, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Und wie wenig ernst Sie von der SPÖ Ihre eigene Kritik nehmen, sieht man daran, dass zum Beispiel von Kollegin Lapp kritisiert worden ist, dass der Behindertenanwalt zu wenig Möglichkeiten hätte.

Sie haben einen Abänderungsantrag eingebracht, es aber nicht der Mühe wert gefun­den, genau das, was Sie hier kritisiert haben (Zwischenruf des Abg. Dr. Kräuter) – das tut Ihnen jetzt weh, Kollege Kräuter; Sie nehmen wir schon lange nicht mehr ernst, aber Kollegin Lapp habe ich bis jetzt noch ernst genommen –, nämlich die Frage des Behindertenanwalts, auch nur anzusprechen. – So weit zu Ihrer Kritik, die Sie hier üben.

Das, was wir heute hier beschließen, das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz, passt genau in die Behinderten- und Sozialpolitik, die diese Bundesregierung sehr kon­sequent Schritt für Schritt verfolgt: Die Beschäftigungsoffensive durch die Behinderten­milliarde, Initiativen im Europäischen Jahr für Behinderte – etwa der Bericht zur Lage der Behinderten oder die Förderung von 39 NGO-Projekten in der Höhe von insgesamt 800 000 € – sind hier von uns beschlossen worden. Weiters die Valorisierung des Pflegegeldes, heute das Behindertengleichstellungsgesetz und auch die Anerkennung der Gehörlosensprache.

Meine Damen und Herren! Das alles gibt ein rundes Bild für eine soziale Politik, für eine behindertengerechte Politik, die von uns gemacht wird, wo wir glaubwürdige Ver­treter haben wie Franz-Joseph Huainigg. Das fehlt Ihnen in dieser Frage: die Glaub­würdigkeit. Wir haben sie! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Pus­wald: Hirschmann!)

15.44


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Puswald, Zwischenrufe nur vom eigenen Platz aus!

Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Praßl 2 Minuten zu uns. – Bitte.

 


15.44.17

Abgeordneter Michael Praßl (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Staatssek­retäre! Meine Damen und Herren hier im Hohen Haus! Heute ist ein erfreulicher Tag für die behinderten Menschen.


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Dieses Behindertengleichstellungsgesetz, meine sehr geehrten Damen und Herren, soll in allen Lebenslagen vor Diskriminierung schützen, zum Beispiel im Bereich der Arbeitswelt, wo auch vieles vorfällt. Ich glaube auch, dass es Zeit ist, endlich an die­sem Gesetz zu arbeiten und dieses so zu gestalten, dass es für behinderte Menschen tragbar ist.

Um für unsere behinderten Mitmenschen auch im Bereich der Beratung neue und ver­besserte Möglichkeiten zu bieten, wird diese Bundesregierung einen weisungsfreien Behindertenanwalt installieren. Ich glaube, dass es recht ist, und ich meine, der Behin­dertenanwalt wird sehr viel Arbeit haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sollte es bei bestehenden Dienstverhältnis­sen dennoch zu Diskriminierungen kommen, so drohen im neuen Gesetz auch dem Arbeitgeber Entschädigungs- und Schadenersatzzahlungen. Weiters sollten die Rechte des Behinderten auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit und auf Weiterbildung gewähr­leistet werden.

Die Bundesregierung hat mit diesem Gesetzentwurf eine hervorragende Basis ge­schaffen, um für unsere behinderten Mitbürger und Mitmenschen vieles zu verbessern und auch zu erleichtern. Jedoch soll und muss uns immer wieder eines bewusst sein: Um eine wirkliche Gleichbehandlung zu schaffen, benötigen wir viel Toleranz und Mit­hilfe für unsere behinderten Mitmenschen.

Ich glaube, dass sich diese 800 000 behinderten Menschen auf den heutigen Tag freuen und in Zukunft leichter leben werden. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.46


Präsident Dr. Andreas Khol: Als letzte Rednerin hiezu spricht Frau Abgeordnete Stadler. Auch sie hat sich 2 Minuten Redezeit vorgenommen. – Bitte.

 


15.46.36

Abgeordnete Astrid Stadler (ÖVP): Verehrter Herr Präsident! Geschätzte Staatssek­retäre! Liebe Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Einander gegenseitig Wert­schätzung entgegenzubringen erfordert tägliches Bemühen, Bewusstseinsbildung und ständiges Arbeiten. Diese Arbeit bereitet aber sehr viel Freude, denn sie bereichert den, der Wertschätzung empfängt, ohne den ärmer zu machen, der sie gibt. Diese Lebensweisheit könnte man als Grundstein der langen Verhandlungen zum Behinder­tengleichstellungsgesetz betrachten, denn neben der Wertschätzung im zwischen­menschlichen Miteinander mit Behinderten ist es auch ein Zeichen der Wertschätzung, Barrieren abzubauen, den Bedürfnissen von Behinderten Rechnung zu tragen.

Bauliche Barrieren, die einem Behinderten tagtäglich begegnen, werden schrittweise abgebaut werden. Dazu bedarf es des Mittuns von Städte- und Gemeindeführungen genauso wie der Bereitschaft der heimischen Wirtschaft.

Aber auch ein Diskriminierungsverbot soll uns darauf aufmerksam machen, dass die gegenseitige Wertschätzung nicht nur für Behinderte, sondern vor allem für uns eine große Bereicherung darstellt, so wie es für uns im Nationalrat eine sehr große Berei­cherung ist, mit unserem Kollegen Franz-Joseph Huainigg zusammenzuarbeiten.

Lieber Franz-Joseph, du hast gerade in den Verhandlungen für diese Regierungsvor­lage unendlichen Kämpfergeist entwickelt und uns allen gezeigt, dass es nur mit gegenseitiger Wertschätzung gelingt, einen Schritt in die richtige Richtung zu tun. Ich bin überzeugt, die Behinderten in Österreich werden stolz darauf sein, eine solche Ver­tretung im Nationalrat zu haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.48



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Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht noch Frau Abgeordnete Haidlmayr. 2 Minuten Redezeit; das ist eine freiwillige Beschränkung. – Bitte.

 


15.48.41

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, wir wollten wirklich heute etwas feiern, aber es gibt nichts zum Feiern, außer wenn Sie die Bereitschaft zeigen, unserem Abänderungsantrag zuzu­stimmen, denn nur dann, meine sehr geehrten Damen, bekommen Menschen mit Be­hinderungen einklagbare Rechte. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Neudeck: Die Herren dürfen nicht mitstimmen, denn Sie sagen immer „Damen“?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das wäre eigentlich der Kern dieses Geset­zes, dass wir nämlich endlich ein Rückgrat haben, mit dem wir auch Diskriminierungen verhindern können. Das ist aber nicht in diesem Gesetz drinnen, und das wissen Sie, das haben Sie auch in Ihren Reden eingestanden.

Was, meine sehr geehrten Damen und Herren, wollen Sie denn feiern? Wollen Sie feiern, dass die Probleme, die Frau Partik-Pablé aufgezeigt hat und die ich auch tag­täglich erlebe, und diese Diskriminierungen jetzt weiterhin bestehen bleiben? Wollen Sie es abfeiern, dass Sie es geschafft haben, dass es diese Diskriminierungen weiter gibt? Denn sie werden nicht beseitigt, sie bleiben bestehen! Es gibt keine Unterlassung und Beseitigung von Barrieren. (Abg. Scheibner: Das stimmt ja nicht, was Sie da sagen! Das ist falsch!) Sie wissen es, meine sehr geehrten Damen und Herren. Sie wollen es nur nicht zur Kenntnis nehmen. Sie wollen behinderten Menschen Sand in die Augen streuen. Das tut man nicht. Hier geht es um Menschenrechte, und da ist so etwas wirklich nicht angebracht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wissen Sie, mir geht es nicht um mein persönliches Gesetz, sondern mir geht es um ein Gesetz für alle Menschen mit Behinderungen, damit sie das Recht auf selbstbe­stimmtes Leben in allen Bereichen des täglichen Lebens haben; darum geht es mir, aber dieses Recht wird ihnen auch mit diesem Gesetz nicht zugestanden.

Da ich heute von Herrn Walch und von Frau Baumgartner-Gabitzer angegriffen worden bin, ich hätte dieses Gesetz nicht gelesen und ich sollte doch einmal, et cetera, dann sage ich Ihnen etwas: Ich habe mich mit diesem Thema, ob ich wollte oder nicht, spä­testens seit meinem sechsten Lebensjahr auseinander setzen müssen. Ab jenem Zeit­punkt, zu dem mir die Regelschule verwehrt worden ist, musste ich die Frage stellen: Warum ich nicht und warum wir nicht? So lange mache ich Behindertenpolitik, es sind 44 Jahre. Und ich lasse mir von niemandem sagen, dass ich diese Thematik nicht ver­stehe. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich lebe sie! Ich lebe dieses Problem seit 50 Jahren und mit mir viele, viele behinderte Menschen in Österreich.

Sie haben nicht erkannt und Sie haben nicht erfasst, worum es uns geht, denn sonst hätten Sie hier diese Reden nicht schwingen können, um sich jetzt mehr oder weniger gegenseitig zu motivieren, was es zum Abfeiern gibt. Es gibt nichts zum Abfeiern! Haben Sie das nicht verstanden? Es gibt nichts zum Abfeiern, denn wir Menschen mit Behinderungen werden auch morgen, wir werden auch im Jänner 2006 und in den nächsten 15 Jahren noch genauso diskriminiert werden, wie es unser Leben lang der Fall war. Und das muten Sie uns zu!

Ich mute es den behinderten Menschen nicht zu. Deshalb können wir nicht zustimmen. Und wenn Sie nur bereit gewesen wären, einen Teil der wichtigsten Forderungen umzusetzen, dann hätten wir heute darüber diskutieren können, ob das Glas halb voll oder halb leer ist. Aber diese Diskussion konnten Sie nicht führen, sie stellt sich nicht, weil das Glas nämlich nur benetzt ist und keine Substanz enthält. Darum gibt es nichts zum Feiern.


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Seien Sie bitte ehrlich, lassen Sie das beiseite und kämpfen Sie endlich einmal mit uns, damit wir Menschen mit Behinderungen – es geht um uns – unsere Menschen­rechte, die alle anderen für sich selbstverständlich einfordern, auch endlich bekommen! Wir haben sie auch mit diesem Gesetz nicht! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.53


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen jetzt zu einer Reihe von komplizierten Abstimmungen, meine Damen und Herren, und ich bitte Sie, die Plätze einzunehmen, und die Klubbediensteten, das Ple­num frei zu machen, damit man sieht, wie die Willensbildung des Hohen Hauses vor sich geht.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen erlassen wird und das Behinderteneinstellungsgesetz, das Bundesbehindertengesetz und weitere Gesetze geändert werden, in 1028 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Lapp, Kolleginnen und Kollegen einen Abände­rungsantrag eingebracht.

Weiters haben die Abgeordneten Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen einen Abände­rungs- beziehungsweise Zusatzantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsanträgen betroffenen Teile, der Reihe nach, und schließlich über die rest­lichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsan­trag betreffend Artikel 1 § 6 Absatz 5 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Abänderungsantrag eintreten, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, und daher ist der Antrag abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über Artikel 1 § 6 Absatz 5 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die diesem Teil des Gesetzentwurfes ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit ange­nommen.

Die Abgeordneten Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die Einfügung eines neuen Absatzes 6 in Artikel 1 § 6 be­zieht.

Wer für diesen Antrag stimmt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Minder­heit, und daher ist dieser Antrag abgelehnt.

Die Abgeordneten Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsan­trag eingebracht, der sich auf Artikel 1 § 8 Absatz 3 bezieht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen. – Auch dieser Abänderungsantrag ist abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über Artikel 1 § 8 Absatz 3 in der Fassung des Ausschussberichtes.


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115. Sitzung / Seite 151

Bei Zustimmung bitte ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit ange­nommen.

Die Abgeordneten Mag. Lapp, Kolleginnen und Kollegen sowie die Abgeordneten Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen haben gleich lautende Abänderungsanträge zu Artikel 1 § 9 eingebracht.

Wer diesen beiden gleich lautenden Abänderungsanträgen zu Artikel 1 § 9 zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, und daher sind die Anträge abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über Artikel 1 § 9 in der Fassung des Ausschussberich­tes.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die Einfügung neuer §§ 11 bis 14 in Artikel 1 sowie die da­durch bedingten Änderungen in der Nummerierung der nachfolgenden Paragraphen bezieht.

Wer diesem Zusatzantrag beitritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minder­heit, und daher ist der Antrag abgelehnt.

Die Abgeordneten Mag. Lapp, Kolleginnen und Kollegen sowie die Abgeordneten Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen haben gleich lautende Abänderungsanträge zu Artikel 1 § 12 eingebracht.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die diesen Anträgen ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, und daher sind die Anträge abge­lehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über Artikel 1 § 12 in der Fassung des Aus­schussberichtes.

Wer zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsan­trag betreffend Artikel 1 § 13 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren des Hohen Hauses, die dafür eintreten, um ein Zei­chen. – Das ist die Minderheit, und daher ist der Antrag abgelehnt.

Die Abgeordneten Mag. Lapp, Kolleginnen und Kollegen haben ebenfalls einen Abän­derungsantrag zu Artikel 1 § 13 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, um ein Zeichen. – Auch das findet nicht die Mehrheit des Hohen Hauses und ist abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fas­sung des Ausschussberichtes.

Wer dem Ausschussbericht zustimmt, den bitte ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsan­trag betreffend Artikel 1 § 19 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, und daher ist der Antrag abgelehnt.


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Wir kommen sogleich zur Abstimmung über Artikel 1 § 19 in der Fassung des Aus­schussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen der Bejahung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag betreffend Artikel 2 § 7k eingebracht.

Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, und daher ist der Antrag abgelehnt.

Die Abgeordneten Mag. Lapp, Kolleginnen und Kollegen sowie die Abgeordneten Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen haben wortidentische Abänderungsanträge zu Artikel 2 § 7p eingebracht.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die für diese Anträge eintreten, um ein Zeichen. – Das findet nicht die Mehrheit des Hohen Hauses und ist daher abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über Artikel 2 § 7p in der Fassung des Aus­schussberichtes. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Lapp, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungs­antrag zu Artikel 2 § 7q eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag beitreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Dieser Antrag findet nicht die Mehrheit und ist daher abgelehnt.

Die Abgeordneten Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen haben ebenfalls einen Abän­derungsantrag betreffend Artikel 2 § 7q eingebracht.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dafür sind, um ein Zeichen. – Der Antrag findet nicht die Mehrheit und ist daher abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fas­sung des Ausschussberichtes.

Wer dafür eintritt, den ersuche ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag betreffend Artikel 3 §§ 9 und 13c eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Zusatzantrag ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, und daher ist der Antrag abgelehnt.

Die Abgeordneten Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsan­trag eingebracht, der sich auf Artikel 3 §§ 9, 13c und 54 bezieht.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, und daher ist der Antrag abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fas­sung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein bejahen­des Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahen­des Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.


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Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1028 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (E 116.)

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesverfas­sungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1029 der Beilagen.

Da es sich bei dem vorliegenden Gesetzentwurf um ein Bundes-Verfassungsgesetz handelt, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Absatz 2 Ziffer 1 der Geschäftsordnung die für diese Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgese­henen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Gesetzent­wurf ist auch in dritter Lesung mit der verfassungsmäßig erforderlichen Zweidrittel­mehrheit – weil einstimmig – angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1029 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Wer dafür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Dieses Zeichen wird einstimmig erteilt, die Entschließung ist daher angenommen. (E 117.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Bedeutung der österrei­chischen Gebärdensprache für gehörlose Menschen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dieser Entschließungsantrag findet nicht die Mehrheit, er ist daher abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Verfassungsausschus­ses, seinen Bericht 1030 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

16.04.565. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (953 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsge­setz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landesleh­rer-Dienstrechtsgesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Pensions­gesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensions-


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gesetz, das Bundesbahngesetz, das Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz, das Teilpensionsgesetz, das Landes­vertragslehrergesetz 1966, das Auslandszulagen- und -hilfeleistungsgesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955 und das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 ge­ändert werden (Dienstrechts-Novelle 2005) (1031 d.B.)

6. Punkt

Bericht und Antrag des Verfassungsausschusses über den Entwurf eines Bun­desgesetzes, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrer­gesetz geändert wird (1032 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zu den Punkten 5 und 6 der Tages­ordnung, worüber die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Neugebauer. Freiwillige Redezeitbe­schränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


16.05.45

Abgeordneter Fritz Neugebauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Die beiden Gesetzesmaterien sind die Ergeb­nisse der Sozialpartnerverhandlungen, die meine Gewerkschaft Öffentlicher Dienst mit der Bundesregierung zu einer Fülle von Themen abgeschlossen hat. Ich verweise etwa nur auf die beispielhafte Richtverwendung, die nun präzisere Einstufungsmöglichkeiten der Arbeitsplätze ermöglichen wird.

Wir haben im Zusammenhang mit der Zusammenführung von Gendarmerie und Poli­zei, um allfällige Nachteile zu verhindern, Wahrungsbestimmungen vereinbart. Wir haben vereinbart, dass etwa Landesbedienstete, Landeslehrer, wenn sie in den Bun­desdienst wechseln, nach den gleichen pensionsrechtlichen Rahmenbedingungen be­handelt werden. Wir führen Zollorgane, die in Ausübung ihrer Tätigkeit durchaus auch einer Gefährdung ausgesetzt sein können, auch unter den – hoffentlich nicht notwen­digen – Schutz des Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetzes, und wir ermöglichen unseren Landes-Vertragslehrern und den Vertragslehrern aus dem Land- und forstwirt­schaftlichen Schulwesen, die in Tirol und im Land Oberösterreich eigene Sozialver­sicherungseinrichtungen haben, dass sie, so wie ihre öffentlich-rechtlich bediensteten Kollegen, in diesen Sozialversicherungseinrichtungen betreut werden können.

Wir adaptieren den § 160 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes für unsere Universitäts­lehrer – dass nämlich bei Berufung auf Vertragsprofessuren diese zeitabhängigen Rechte auch im Beamtenrecht bis zu 15 Jahren angerechnet werden können –, und wir haben letztendlich eine Pensionskassenregelung für öffentlich Bedienstete auf eine gesetzliche Basis gestellt, die uns Kollektivvertragsverhandlungen eröffnen wird. Und letztendlich haben wir im Zuge des Verfassungsgerichtshof-Erkenntnisses, das sich auf den Todesfallbeitrag bezogen hat, einen Sterbekostenbeitrag, einen besonderen Ster­bekostenbeitrag, vereinbart, der dann zur Anwendung kommt, wenn auf Grund eines Todesfalles für die Hinterbliebenen eine wirtschaftliche Notlage entsteht.

Ich bedanke mich sehr herzlich, dass dieses Verhandlungsergebnis, dieses sozialpart­nerschaftliche Verhandlungsergebnis, die Zustimmung aller Fraktionen finden wird, möchte Ihnen aber, weil sich der öffentliche Dienst üblicherweise immer kritischer Betrachtung, der er sich aber gerne unterzieht, stellen muss, in aller Kürze eine Studie der Europäischen Zentralbank zur Kenntnis bringen, die in 23 ausgewählten Industrie-


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115. Sitzung / Seite 155

ländern die Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes im internationalen Vergleich getestet hat.

Was hier bezüglich Wirtschaftlichkeit und Leistung, auch im Verhältnis öffentlicher Dienst zu den Staatsausgaben, ausgeworfen wird, darf uns schon mit einigem Stolz erfüllen. Der öffentliche Dienst in Österreich liegt insgesamt nach Luxemburg und Japan an dritter Stelle weltweit. Darauf dürfen wir mit Recht stolz sein! (Beifall des Abg. Amon.)

Ich bedanke mich bei den öffentlich Bediensteten sehr herzlich für ihre Arbeit, die nicht nur die Rechtsstaatlichkeit in unserem Lande sichert, sondern einen wichtigen Para­meter auch für die Volkswirtschaft darstellt. – Herzlichen Dank für die Zustimmung! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

16.09


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


16.09.13

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Auch wir werden dieser Beamten-Dienst­rechtsnovelle zustimmen, weil im Wesentlichen jene Forderungen, die in den ersten Entwürfen noch nicht beinhaltet waren, jetzt berücksichtigt sind.

Ich kann mich den betreffenden Ausführungen anschließen: Es ist mit diesem Beam­ten-Dienstrecht möglich, eine präzisere Einstufung der Arbeitsplätze vorzunehmen, es ermöglicht es den Landes-Vertragslehrern von Tirol und Oberösterreich, in die Landes-Versicherungsanstalten zu wechseln. Es wurde auch dem Verfassungsgerichtshof-Erkenntnis Rechnung getragen, und es ist eine Regelung enthalten, wonach die Hinter­bliebenen von Beamten, die im Aktivstand sterben, weiterhin einen Betrag in der bis­herigen Höhe erhalten. Auch Hinterbliebene von pensionierten Beamten erhalten einen besonderen Sterbekostenbeitrag bis zur gleichen Höhe, wenn die Bestattungskosten im Nachlass keine volle Deckung finden.

Das waren zwei wesentliche Anliegen, die in den ersten Entwürfen nicht drinnen waren, und das hätte bedeutet, dass den Beamten 26 Millionen € entgangen wären.

Ich glaube, dass das jetzt eine vernünftige Lösung ist, und deswegen können wir auch diesem Beamten-Dienstrecht zustimmen. Ein Wermutstropfen allerdings bleibt: Wir haben im Ausschuss bereits versucht, mit einem Abänderungsantrag zu einer Lösung zu kommen, sind aber leider noch nicht auf einen grünen Zweig gekommen. Trotzdem stellen wir diesen Abänderungsantrag auch hier im Plenum; ich werde ihn kurz erläutern:

Es soll in Artikel 1 nach Ziffer 17 eine Ziffer 17a angefügt werden, die lauten soll:

Diese ist durch den Erwerb – es geht hier um die Angleichung der Fachhochschüler an die Akademikerregelung der normalen Hochschüler, und so soll diese Gesetzesnorm nunmehr heißen – eines Diplom-, Magister- oder Doktorgrades gemäß § 87 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002 oder eines Diplom- oder Magistergrades gemäß § 5 Abs. 1 des Fachhochschul-Studiengesetzes nachzuweisen.

Es wäre zweckdienlich gewesen, bei einer derart großen Novelle des Beamten-Dienst­rechtes auch die Fachhochschulakademiker von einer Regelung zu erfassen. Das ist leider nicht geschehen, und das bleibt der Wermutstropfen dieser Novelle. Trotzdem stimmen wir hier zu. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen, der ÖVP und der Freiheitlichen.)

16.11



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Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Herrn Abgeordnetem Dr. Wittmann eingebrach­te Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Wittmann und KollegInnen betreffend den Gesetzesantrag im Bericht des Verfassungsausschusses betreffend die Regierungs­vorlage betreffend die Dienstrechts-Novelle 2005, 953 der Beilagen, ist hinreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Wittmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend den Geset­zesantrag im Bericht des Verfassungsausschusses betreffend die Regierungsvorlage betreffend die Dienstrechts-Novelle 2005, 953 d.B. (1.031 d.B.), Gleichstellung der Fachhochschulabsolventen mit anderen Hochschulabsolventen hinsichtlich der Bestel­lungserfordernisse nach dem BDG

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

Nach Art. 1 Z 17 wird folgende Z 17a angefügt:

„17a. Anlage 1 Z 1.12 zweiter Satz lautet:

„Diese ist durch den Erwerb eines Diplom-, Magister- oder Doktorgrades gemäß § 87 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002 oder eines Diplom- oder Magistergrades gemäß § 5 Abs. 1 des Fachhochschul-Studiengesetzes nachzuweisen.““

Begründung

Durch die vorgeschlagene Änderung sollen Absolventen von Fachhochschulen hin­sichtlich der Erfüllung des Bestellungserfordernisses der Hochschulbildung den Absol­venten anderer Universitäten gleichgestellt werden.

Es gibt keinerlei sachlichen Grund für eine Schlechterstellung der Absolventen von Fachhochschulen gegenüber anderen Absolventen von Universitäten. Gemäß § 3 Abs. 1 Fachhochschul-Studiengesetz handle es sich bei den Fachhochschul-Studien­gängen um Studiengänge auf Hochschulniveau, die einer wissenschaftlich fundierten Berufsausbildung dienen. Es liegt im Interesse eines qualitativ hochwertigen öffent­lichen Dienstes, dass derartig hochwertig ausgebildeten Personen eine entsprechend qualifizierte Laufbahn im öffentlichen Dienst eröffnet wird.

Diese Gleichstellung ist auch im Interesse der Verwirklichung des gemeinsamen Euro­päischen Hochschulraums (so genannter Bologna-Prozess) dringend geboten. Eine in­ternationale Anerkennung der Gleichwertigkeit von Hochschulabschlüssen ist nur dann glaubhaft durchsetzbar, wenn es zu keinen innerstaatlichen Diskriminierungen kommt.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Fauland. Auch er wünscht eine Redezeit von 3 Minuten. – Bitte.

 


16.12.19

Abgeordneter Markus Fauland (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Das Anliegen ist natürlich gerechtfertigt, nur: So einfach kann man es sich nicht machen, dass man die Ernennungserfordernisse etwas adaptiert und dabei das Ganze ein wenig aus dem Auge verliert. Denn eines muss uns klar sein: dass das Beamten-


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Dienstrecht, wie es sich derzeit darstellt, als Ganzes zu überdenken ist, und zwar im Rahmen eines einheitlichen Bundesmitarbeitergesetzes, da vor allem die Ernennungs­erfordernisse, um die es hier geht, adaptierbar sein müssen. Es ist einem Beamten zum Beispiel nicht möglich, auf einen A-bewerteten Arbeitsplatz zu wechseln, während es einem Vertragsbediensteten sehr wohl möglich ist. Diese Ungewichtung muss korri­giert werden.

Zur Novelle an sich. – Die Novelle war notwendig. Ein wesentlicher Punkt dieser No­velle ist die Neugestaltung der Richtverwendungen, denn diese sind das letzte Mal im Jahre 1994 definiert worden. Auf Grund diverser Änderungen, sei es in den Strukturen des Bundesheeres, sei es in den Strukturen der Exekutive, war das einfach nicht mehr zeitgemäß, und aus diesem Grund bestand diese Änderungsnotwendigkeit.

Was das Bundesmitarbeitergesetz betrifft, haben wir ein Anliegen auch in einer Aus­schussfeststellung zum Ausdruck gebracht, die zur Kenntnis genommen worden ist und wo wir uns darauf verständigt haben, bis zum Ende des ersten Halbjahres 2006 eine Lösung zu finden. Diese Lösung wird dann auch die Problematik, die vorhin ange­sprochen worden ist, beinhalten. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

16.14


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. Er wünscht eine Redezeit von 3 Minuten. – Bitte.

 


16.14.10

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Zweifellos hat die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst einiges an Verbes­serungen erreicht. Wir werden daher auch zustimmen. Trotzdem kann man nicht be­haupten, dass die Situation der Bediensteten an den Universitäten wirklich rosig ist. An der Medizinischen Universität Wien müssen 10 Prozent des Personals eingespart wer­den, in Innsbruck 5 Prozent. In geisteswissenschaftlichen Fakultäten werden ganze Studienrichtungen geschlossen, zum Beispiel in Innsbruck Sprachwissenschaften, Komparatistik, Musik, Latein, Griechisch-Lehramt, Psychologie und Philosophie. Die Leute sind verunsichert. Junge Wissenschafterinnen und Wissenschafter haben wenig Perspektiven.

Daher bringen die Abgeordneten Grünewald, Broukal, Freundinnen und Freunde, Ge­nossen und Genossinnen einen Abänderungsantrag ein, der die Ziffer 7a betreffend den § 160 Absatz 2 3. Satz betrifft, und wünschen das Entfallen der Worte „längstens jedoch auf 15 Jahre“.

Das klingt jetzt sehr trocken, aber ich erkläre es Ihnen: Bislang war es so, dass sich Dozentinnen und Dozenten, wenn sie auf eine zeitlich befristete oder unbefristete Pro­fessorInnenstelle berufen wurden, um den wissenschaftlichen Nachwuchs zu fördern, aus dem pragmatisierten Dienstverhältnis karenzieren lassen konnten, und wenn diese Stelle wieder erlischt oder gestrichen wird, fallen sie sozusagen nicht ins Bodenlose, sondern können ihre Pensions- und anderen Ansprüche mitnehmen.

Man hat gesehen, dass dieser Umstieg in das privatrechtliche Dienstverhältnis kei­nerlei finanzielle Verbesserungen, in gewissen Altersgruppen sogar leichte Ver­schlechterungen gebracht hat, verbunden mit der Unsicherheit, dass dann die alten Ansprüche aus der Pragmatisierung nicht mehr bestehen.

Wir wünschen daher in Übereinstimmung mit allen – sage ich jetzt ganz schonungs­los – Hochschullehrerinnen und Hochschullehrern, dass diese Befristung völlig gestri-


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115. Sitzung / Seite 158

chen wird, auch wenn die Gewerkschaft hier eine gewisse Verbesserung erreichen konnte. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

16.16


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Herrn Abgeordnetem Dr. Grünewald einge­brachte Abänderungsantrag der Abgeordneten Grünewald, Broukal, Brosz, Kolleginnen und Kollegen zur Regierungsvorlage 953 der Beilagen eines Bundesgesetzes, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz und weitere Gesetze geändert werden, Dienstrechts-Novelle 2005, in der Fassung des Ausschussberichtes, 1031 der Beilagen, ist hinrei­chend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Grünewald, Broukal, Brosz, Kolleginnen und Kollegen zur Regie­rungsvorlage (953 d.B.) eines Bundesgesetzes, mit dem das Beamten-Dienstrechts­gesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirt­schaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pen­sionsgesetz, das Bundesbahngesetz, das Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Wache­bediensteten-Hilfeleistungsgesetz, das Teilpensionsgesetz, das Landesvertragslehrer­gesetz 1966, das Auslandszulagen- und -hilfeleistungsgesetz, die Reisegebührenvor­schrift 1955 und das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 geändert werden (Dienst­rechts-Novelle 2005), in der Fassung des Ausschussberichtes (1031 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Das Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsge­setz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Lan­deslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienst­rechtsgesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Bundesbahnge­setz, das Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz, das Teilpensionsgesetz, das Landesvertragslehrergesetz 1966, das Auslandszulagen- und -hilfeleistungsgesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955 und das Verfassungs­gerichtshofgesetz 1953 geändert werden (Dienstrechts-Novelle 2005), in der Fassung des Ausschussberichtes (1031 d.B.) wird wie folgt geändert:

Zu Artikel 1

Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979

1. In Z 7a betreffend § 160 Abs. 2 dritter Satz entfallen die Worte „,längstens jedoch auf 15 Jahre“.

Begründung:

Vor der letzten größeren Reform des Dienstrechts der Universitätslehrer (BGBl. I Nr. 87/2001) wurden UniversitätsdozentInnen (§ 170 BDG 1979) im Fall ihrer Berufung auf eine Professur an einer österreichischen Universität im laufenden Beamtendienst­verhältnis in die Verwendungsgruppe der Universitätsprofessoren ernannt, ihre An­wartschaft auf Altersversorgung nach dem Pensionsgesetz 1965 blieb dabei gewahrt.


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115. Sitzung / Seite 159

Mit dieser Reform 2001 wurde die Ernennung in ein öffentlich-rechtliches Dienstver­hältnis als UniversitätsprofessorIn auslaufend beseitigt, eine Bestellung zur/zum Uni­versitätsprofessorIn erfolgt nur mehr durch Aufnahme in ein zeitlich befristetes oder unbefristetes privatrechtliches Dienst- bzw. Arbeitsverhältnis.

Als flankierende Maßnahme zwecks Förderung des Aufstiegs für besonders qualifi­zierte UniversitätsdozentInnen wurde durch eine Ergänzung des § 160 Abs. 2 BDG 1979 die Möglichkeit geschaffen, den in einem Beamtendienstverhältnis auf Lebenszeit stehenden UniversitätslehrerInnen für die Dauer der Berufung in ein zeitlich befristetes Dienstverhältnis als VertragsprofessorIn (§ 49f VBG) eine Freistellung unter Entfall der Bezüge im Beamtendienstverhältnis zu gewähren, um ihnen nach Auslaufen der zeit­lich befristen Professur eine Rückkehr in das Beamtendienstverhältnis als Universitäts­dozentIn bis zum Erreichen der Pensionsgrenze zu ermöglichen.

Nach der derzeit geltenden Fassung des § 160 Abs. 2 BDG sind in der Karriere einer  Universitätslehrerin (eines Universitätslehrers) 5 Jahre einer Freistellung für die Vor­rückung in höhere Bezüge und für die Ruhgenussbemessung voll anrechenbar. Wei­tere 5 Jahre Freistellung zählen weder für die Vorrückung noch für die Ruhegenuss­bemessung, es sei denn, die/der UniversitätslehrerIn wird für mindestens drei Jahre zur (zum) zeitlich befristeten VertragsprofessorIn berufen.

Die Erfahrung mit dieser Fassung des § 160 Abs. 2 BDG 1979 hat jedoch gezeigt, dass damit nicht das Auslangen gefunden werden kann. Manche(r) hoch qualifizierte UniversitätsdozentIn lehnt eine Berufung auf eine vertragliche Professur bei gleichzei­tigem Austritt aus dem Beamtendienstverhältnis als UniversitätsdozentIn wegen der beruflichen Unsicherheit nach Zeitablauf der Professur ab. Aber auch im Falle einer unbefristeten vertraglichen Professur kann die Möglichkeit der Rückkehr auf die be­amtete Dozentenstelle notwendig bzw. erstrebenswert sein. Dies wird immer dann der Fall sein, wenn die Berufung auf die Professur erst in einem höheren Lebensalter (jen­seits der Vollendung des 50. Lebensjahrs) erfolgt und daher die Bemessung der Be­amtenpension als DozentIn nach wesentlich günstigeren Kriterien erfolgt als bei einer aus der vertraglichen Professur zu erwartenden ASVG-Pension. Um diesen Nachteil auszugleichen, müsste der Aktivbezug als vertragliche(r) ProfessorIn extrem hoch sein, dazu müsste es eine attraktivere Pensionskassenregelung geben, als sie derzeit vor­gesehen und aus dem regulären Universitätsbudget finanzierbar ist. Erst bei Berufun­gen in niedrigerem Lebensalter wird dieses Hindernis wegen der Pensionsreform zu­nehmend entschärft. DozentInnen, die wegen der Pensionsreform aus dem Beamten­dienstverhältnis keine wesentliche Besserstellung für die Pensionsbemessung mehr zu erwarten haben, werden von einer solchen Regelung ohnedies kaum mehr Gebrauch machen.

Außerdem kann sich angesichts der künftig strengeren Bedarfsorientierung der Univer­sitäten die Notwendigkeit ergeben, Fächer bzw. fachliche Schwerpunkte aufzulassen und daher notfalls auch ProfessorInnen zu kündigen.

Weiters ist in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass auf die 5 bzw. 10 Jahre (§ 160 Abs. 2) auch Freistellungen anzurechnen sind, die in einem früheren Laufbahn­stadium zB für einen Forschungsaufenthalt mit Stipendium oder für eine Gastprofessur im Ausland verwendet wurden. Die derzeit geltende Beschränkung wirkt sich also gerade auf die UniversitätslehrerInnen nachteilig aus, die im Sinne der von der EU immer wieder geforderten Internationalität und Mobilität im Ausland bzw. im außeruni­versitären Bereich Erfahrungen sammeln und dann als besser qualifizierte DozentIn­nen einen Ruf auf eine Professur erhalten.


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Damit können jedoch Professuren dem qualifizierten österreichischen wissenschaftli­chen Nachwuchs in Fällen verloren gehen, in denen die (der) österreichische DozentIn als bestqualifizierte(r) BewerberIn ausgewählt wurde.

§ 160 BDG sollte daher so adaptiert werden, dass die in einem Beamtendienstverhält­nis stehenden DozentInnen im Fall der Berufung auf eine befristete oder unbefristete vertragliche Professur für die gesamte Dauer der Professur und mit voller Anrechen­barkeit für Vorrückung und Ruhegenussbemessung gegen Karenz der Bezüge freige­stellt werden können.

Würde die vorgeschlagene Änderung nicht vorgenommen, blieben Universitätsdozen­tInnen (§ 170 BDG) in ihren Beamtenfunktionen und würden die Berufung auf eine vertragliche Professur ablehnen. In einem solchen Fall würden die Bezüge als Univer­sitätsdozentIn weiterlaufen, die Professur würde meist an eine(n) höher bezahlte(n) BewerberIn aus dem Ausland vergeben. Im Fall der Realisierung der vorgeschlagenen Änderung würden auf die jedenfalls vorübergehend freien Dozenten- bzw. Assistenten­stellen NachwuchswissenschafterInnen aufgenommen, deren Entgelte naturgemäß niedriger sind. Da die Zahl der zu besetzten Arbeitsplätze insgesamt gleich bleibt, auch die Zahl der Bundesbeamten-Dienstverhältnisse nicht ansteigen kann und die freige­stellten DozentInnen weiterhin den Pensionsbeitrag zu leisten haben, ergeben sich aus der vorgeschlagenen Änderung insgesamt also keine Mehrkosten für den Bund bzw. die Universitäten.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Langrei­ter. – Bitte.

 


16.17.31

Abgeordneter Mag. Hans Langreiter (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Mit dieser Dienstrechts-Novelle 2005 wird eine ganze Reihe von Detailänderungen vorge­nommen. Meine Vorredner haben das bereits angesprochen.

Zwei Punkte waren ausschlaggebend für die seinerzeitige Vertagung, nämlich einmal die Rechtsgrundlage für die Pensionskassenvorsorge und zum Zweiten natürlich auch die obsolete Bestimmung auf Grund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes, was Todesfall, Bestattungskosten und Pflegekostenbeitrag betrifft.

Diese Dienstrechts-Novelle ist durchaus auch der Grundstock für ein künftiges Bun­desmitarbeitergesetz. Wir wissen ja, dass im Regierungsprogramm eine Besoldungs­reform, eine Dienstrechtsreform und natürlich auch eine Pensionsreform vorgesehen ist und dass also in letzter Konsequenz auch hier die Grundpfeiler des künftigen Bun­desmitarbeitergesetzes verankert sind, nämlich das eigenständige Dienstrecht im öffentlichen Dienst – wir müssen uns dazu bekennen – und auch die besonderen Kün­digungsschutzbestimmungen.

Ich glaube, das sind Dinge, die der öffentliche Dienst braucht, denn letztendlich muss man ja Obsorge dafür treffen, dass der öffentliche Dienst nicht politischer und gesell­schaftlicher Willkür ausgesetzt ist. Das ist, glaube ich, ganz entscheidend.

Ein weiterer Punkt ist meines Erachtens ebenfalls entscheidend, nämlich die künftige Einkommensstruktur. Ich denke, wir müssen uns als Arbeitgeber auch bewusst sein, dass wir künftig Bundesmitarbeiter und Landesmitarbeiter brauchen, die höchst qualifi­ziert sind und natürlich auch eine entsprechende Entlohnung oder Besoldung erfahren dürfen. Ich meine, das sollte man mit Besonnenheit angehen. Ich bin zuversichtlich, dass die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst mit ihrem Vorsitzenden Fritz Neugebauer


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und den betreffenden Damen und Herren in diesem Bereich das entsprechend meis­tern wird.

Bezüglich der Ungleichbehandlung von Hochschulabschluss und Fachhochschulab­schluss, die auch Kollege Fauland angesprochen hat, bin ich der Meinung, dass es seit Inkrafttreten des Fachhochschulgesetzes durchaus fortschreitende Angleichungen gegeben hat, aber sicherlich gibt es noch dringenden Handlungsbedarf.

Alles in allem, glaube ich, ist diese Dienstrechts-Novelle durchaus dazu angetan, dass im Sinne unserer Bundesmitarbeiter ein wirklich gutes Bundesmitarbeitergesetz umge­setzt werden wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.20


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Pendl. 3 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


16.20.15

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine ge­schätzten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte im Zusammenhang mit der vorliegenden BDG-Novelle eingangs gleich die Gelegenheit nutzen, um mich persön­lich, aber auch namens meiner Fraktion bei den öffentlich Bediensteten für ihre Dienst­leistung sehr herzlich zu bedanken. Im Speziellen möchte ich mich bei den Mitarbeite­rinnen und Mitarbeitern unserer Parlamentsdirektion sehr herzlich bedanken – ich glaube, da sind wir uns ja einig, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei Abgeord­neten der SPÖ, der Grünen, der ÖVP und der Freiheitlichen.)

Meine geschätzten Damen und Herren! Natürlich ein Ja, ein klares Ja zu dem vor­liegenden Verhandlungsergebnis, das auf sozialpartnerschaftlichem Wege zustande gekommen ist. Ich möchte aber auch auf die beiden vorangegangenen Ausschuss­sitzungen kurz eingehen. Als ich am 7. Juni im Ausschuss genau auf jene drei Punkte hingewiesen habe, bei denen mehr als Klärungsbedarf bestand, nämlich was die Hinterbliebenenregelung und das Nichtvorhandensein einer Pensionskassenregelung im Gesetz betrifft, wurde mir erklärt, wie gut das alles sei und dass man das alles nicht brauche.

Ich bin froh darüber, dass die Regierung dann ihren eigenen Antrag zurückgenommen hat und dass wir hier gemeinsam verhandeln konnten und schlussendlich am 29. Juni ein Ergebnis im Sinne so gut wie aller erreichen konnten. Das zeigt aber auch, ge­schätzte Damen und Herren, dass man sich für solche Materien auch die notwendige Zeit nehmen soll, stehen doch dahinter – ich habe es oft erwähnt – Menschen, nämlich unsere Kolleginnen und Kollegen im öffentlichen Dienst. Ich glaube, dass die vorlie­genden Punkte einen wichtiger Beitrag in die richtige Richtung darstellen.

Ich will auf die einzelnen bereits angesprochenen Punkte nicht eingehen. Besonders stolz bin ich darauf – mein Kollege Marizzi wird noch darauf eingehen –, dass die sozi­alen Härtefälle im Bereich des Sterbekostenbeitrags beseitigt worden sind.

Aber lassen Sie mich eines auch hier noch sagen, lieber Kollege Fauland – ich habe es im Ausschuss bereits gesagt –: Auch ein Bekenntnis dazu, dass wir auch das Problem der Fachhochschulen in einem Paket regeln – keine Frage. Aber wie erklären Sie – und ich habe nicht nur einmal eine Diskussion darüber erlebt –, dass wir, wo es doch bereits acht Semester auf den Fachhochschulen gibt, diese gegenüber den Universi­täten ungleich behandeln? – Es wäre ein Leichtes gewesen, diese Fälle von acht­semestrigen Studien – nur als Vorgriff – gleich einer Lösung zuzuführen. Ich glaube, der Gerechtigkeit halber hätte das erfolgen sollen, und es wäre wirklich ohne große Probleme machbar gewesen.


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Lassen Sie mich abschließend aber noch eine Bitte aussprechen – ich möchte dort anschließen, wo Fritz Neugebauer mit seiner Rede geendet hat –: Ich glaube, dass wir gemeinsam auf unseren öffentlichen Dienst und auf dessen Dienstleistungen stolz sein können. Wir sollten uns das aber immer wieder ins Gedächtnis rufen und die öffentlich Bediensteten nicht nur in vielen diesbezüglichen Debatten immer wieder als Kosten­faktor sehen. Ich denke, unsere öffentlich Bediensteten sollten unsere gemeinsame Anerkennung haben. Sie leisten für unsere Heimat, für die Österreicherinnen und Österreicher sehr viel und sind unverzichtbar!

Wir stimmen dieser Gesetzesvorlage gerne zu. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

16.24


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Marizzi. Er wünscht, 3 Minuten zu sprechen. – Bitte.

 


16.24.06

Abgeordneter Peter Marizzi (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir sprechen heute zur Dienstrechts-Novelle. Die Punkte Sozialversicherungseinrichtungen, Universitätslehrer, Pensionskassenregelung sind von meinen Kolleginnen und Kollegen als Vorredner angesprochen worden.

Wir hatten im Ausschuss, im Verfassungsausschuss zwei Termine, und Herr Kollege Pendl hatte Recht, als er hier sagte, dass wir betreffend den Sterbekostenbeitrag für wirtschaftliche Notfälle schlussendlich einen Konsens erreicht haben. Man muss aber auch Folgendes sagen: Als wir den Brief an den Herrn Bundeskanzler und an den Herrn Vizekanzler vorgelesen haben, hat Kollegin Baumgartner-Gabitzer gemeint, sie kann das nicht nachvollziehen.

Ich werde das jetzt nicht wiederholen und kann das auch aus Zeitgründen nicht wieder­holen, aber ich glaube, es gibt bei den Beamten eben auch Leute, die nicht in den hohen Gehaltsstufen, sondern in den niedrigen Gehaltsstufen sind, und die haben natürlich auch ein Recht darauf – und wir haben eine Pflicht, dafür zu sorgen –, dass diese Regelungen eintreten, und ich glaube, dass es schlussendlich eine Konsens­materie geworden ist.

Ich möchte auch nicht verhehlen, dass, nachdem zuerst der Herr Staatssekretär und die Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP gemeint hatten: Schnell durchziehen!, und so weiter, dann die „Geisterhand“ des Kollegen Neugebauer kam – und husch wurde das Gesetz auch schon wieder zurückgestellt, und wir hatten dann einen zweiten Tag im Ausschuss. Also das, bezüglich dessen man uns zuerst vorgeworfen hatte: Ihr könnt nicht nachvollziehen, was wir da meinen!, hat Herr Kollege Neugebauer dann wahrscheinlich mit seiner Kompetenz in der ÖVP repariert.

Da es eine Konsensmaterie ist, stimmen wir dem Gesetz gerne zu. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.26


Präsident Dr. Andreas Khol: Vorläufig letzter Redner hiezu ist Herr Abgeordneter Prähauser. Er wünscht, 2 Minuten zu uns zu sprechen. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


16.26.16

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Es ist angenehm, als letzter Redner zu einer Materie Stellung zu nehmen, zu der es Einstimmigkeit im Parlament zu geben scheint. Allerdings, Herr Kollege Pendl, ich möchte schon sagen, dass wir uns freuen, dass die Sozialpartnerschaft immer noch gilt, dass hier noch die Möglichkeit besteht, gute Vorschläge einzubringen, auch wenn


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Entscheidungen anscheinend schon gefallen sind. Ich möchte, bezogen auf Otto Pendl und Fritz Neugebauer, sagen – und ich bitte, diesen Ausdruck zu entschuldigen –: Zwei alte Haudegen sind eben in der Lage, etwas zu bewegen, und man hört auf sie – und letztendlich profitieren unsere Beamten des öffentlichen Dienstes davon.

Ich darf Ihnen sagen, meine Damen und Herren, weil Kollege Langreiter von einem Reformschritt gesprochen hat: Eine Reform ist es noch nicht gewesen, es ist eine Novelle. Wollen wir das Kind nicht mit dem Bade ausschütten! Wir haben hier noch viel Gemeinsames zu leisten und zu tun. Ich erinnere nochmals an den Abänderungs­antrag betreffend die Fachhochschulen, den Dr. Wittmann eingebracht hat, und bitte nachdrücklich noch einmal darum, diesen doch zu unterstützen, um in diesem Bereich schon jetzt für Ausgewogenheit und Gerechtigkeit zu sorgen.

Meine Damen und Herren! Auch ich bedanke mich beim öffentlichen Dienst für die geleistete Arbeit. Ich glaube, mit solchen Mitarbeitern kann der Staat Österreich nur gut fahren! – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Schöls und Fau­land.)

16.27


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Ein Schlusswort wird nicht gewünscht.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf betreffend Dienstrechts-No­velle 2005 in 1031 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Grünewald, Broukal, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ferner haben die Abgeordneten Dr. Wittmann, Kolleginnen und Kollegen einen Zu­satzantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über die von den erwähnten Zusatz- sowie Abänderungsanträgen betroffenen Teile der Reihe nach und schließlich über die restlichen, noch nicht abge­stimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Dr. Grünewald, Broukal, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 1 Ziffer 7a eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist die Minderheit, und daher ist der Antrag abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer dafür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Wittmann, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die Einfügung einer neuen Ziffer 17a in Artikel 1 bezieht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Zusatzantrag Dr. Wittmann zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, und daher ist der Antrag abgelehnt.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahen­des Zeichen. – Das ist wiederum einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch diese Zustimmung wird einstimmig erteilt. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrergesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1032 der Beilagen.

Wer diesem Gesetz zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das Zeichen erfolgt ein­stimmig.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Auch in dritter Lesung wird der Gesetzentwurf einstimmig angenommen.

16.30.017. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Wahrnehmungsbericht (III-143 d.B.) des Rechnungshofes über die Luftraumüberwachungsflugzeuge: Kaufverträge, Finanzierung, Gegengeschäftsvertrag (Reihe Bund 2005/3) (1050 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zum 7. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Die Debatte eröffnet Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. Seine Wunschredezeit ist 5 Minu­ten.

Bevor ich Ihnen das Wort erteile, darf ich die Abgeordneten bitten, die Plätze einzu­nehmen. Ich bitte auch, dieses Gewurl da drüben (in Richtung einiger Beamter, die sich zwischen den bereits besetzten Sitzplätzen für Bedienstete der Ressorts und dem Präsidium aufhalten) einzustellen. Meine Herren Eichtinger und so weiter: Das bildet kein Bild, das dem Parlament entspricht! All jene, die keinen Sitzplatz haben, bitte ich, den Saal zu verlassen.

An das Rednerpult kommt jetzt Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. (Abg. Neudeck: Er ist schon dort!) 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


16.31.29

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Hohes Haus! Wenn sich auch das Gewurl des Herrn Finanzministers dann langsam dem Ende zuneigt (Abg. Neudeck: Nein, einer kann nicht wurln!), würde ich damit beginnen, dass ich gleich mit einem aben­teuerlichen Unsinn, den der Herr Bundeskanzler dieser Tage verzapft hat (lebhafte Öh-Rufe bei der ÖVP), endgültig aufräume. (Beifall bei der SPÖ.)

Wissen Sie, was der Bundeskanzler gemeint hat, meine Damen und Herren? – Wegen sportlicher Großveranstaltungen ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Kräuter, haben Sie wirklich „der abenteuerliche Unsinn des Bundeskanzlers“ gesagt? (Rufe: Ja!) Nehmen Sie das zurück?

 



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Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (fortsetzend): Ich werde einmal ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ja oder nein? – Sonst erteile ich Ihnen einen Ordnungs­ruf!

 


Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (fortsetzend): Ich werde das einmal ausführen, und dann kann sich ja das Hohe Haus eine Meinung bilden (lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP), ob das ein abenteuerlicher Unsinn ist oder nicht, was hier gesagt wurde. (Neuerliche Öh-Rufe bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Kräuter, ich erteile Ihnen einen Ord­nungsruf.

Wir sind am Beginn einer schwierigen Debatte. Ich wünsche, dass das Haus hier in zivilisierter Weise und der Würde des Hauses entsprechend diskutiert.

Sie sind wieder am Wort, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (fortsetzend): Nun, der Herr Bundeskanzler hat tatsächlich ausgeführt, dass wegen sportlicher Großveranstaltungen, was zum Beispiel die Olympia-Bewerbung von Salzburg oder die Fußball-Europameisterschaft betrifft, Eurofighter angekauft werden müssten. (Abg. Fauland: Nein, Luftraumsicherung ...!)

Man muss sich das einmal vorstellen: Da schauen die Leute jetzt in den Himmel, sehen F5-Leasing-Jets aus der Schweiz vorbeifliegen (Abg. Öllinger: Abenteuerlich!) und fragen sich: Und das soll bei einer gemeinsam mit der Schweiz ausgerichteten Europameisterschaft nicht möglich sein?

Ich möchte aber auch mit der historischen Chuzpe aufräumen (Abg. Öllinger: Das ist abenteuerlich!), dass gesagt wird, dass Kreisky und Vranitzky gewusst hätten, dass Abfangjäger notwendig sind, und die heutige SPÖ das nicht wisse.

Meine Damen und Herren! Hat hier der Bundeskanzler übersehen, dass die Draken zu einer Zeit des Kalten Krieges angeschafft wurden? (Abg. Scheibner: Aber das war ja eh verkehrt, weil das auch eine halbe Lösung war!) Und glauben Sie wirklich, Kollege Scheibner, dass Kreisky oder Vranitzky den Luftraum Österreichs, eines Landes, das von EU-Staaten umgeben ist, mit hochgerüsteten Kampfjets malträtieren wollen? (Abg. Scheibner: Ich werde Ihnen das erklären! – Abg. Neudeck: Das ist eine martialische Ausdrucksweise!)

Ich muss wirklich sagen, die Schildbürger haben ja Licht in ein Haus getragen, das keine Fenster hatte, aber im Vergleich zum Eurofighter-Ankauf war das noch ein High-Tech-Projekt, Kollege Scheibner! Das muss ich Ihnen wirklich sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Der Rechnungshof ist sehr kritisch, was den Kaufvorgang betrifft. Präsident Fiedler hat im Jahr 2004 gemeint, vieles sei nicht nachvollziehbar. Rechnungshofpräsident Moser sagt, der Eurofighter ist nur eingeschränkt tauglich für die Luftraumüberwachung. – Nun, was ist jetzt mit dem Vertrag? Es ist ja wirklich un­glaublich, Herr Minister Platter, dass Sie sagen, dass hier irgendetwas transparent pas­siert ist – Sie sagen immer: sauber, korrekt und transparent –, wenn Sie nicht einmal dem Parlament den Vertrag zeigen. Mit 6 bis 8 Millionen sollen die österreichischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler belastet werden? Ein Vertrag, wo angeblich ganze Teile mit „NATO Secret“ gekennzeichnet sind – und da wollen Sie ihn nicht einmal dem Parlament zeigen, ja nicht einmal dem Rechnungshofausschuss, nicht einmal in ver­traulicher Sitzung, ja nicht einmal zur Einsicht?! – Das ist wirklich unglaublich!

Und bitte ersparen Sie uns das: Sagen Sie nicht, dass Sie das rechtlich nicht dürfen! Selbstverständlich müsste einem Untersuchungsausschuss dieser Vertrag vorgelegt


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werden, und somit kann er natürlich auch einem Rechnungshofausschuss gezeigt werden. Alles andere ist lächerlich. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger. – Zwischenruf des Abg. Murauer.)

Oder, meine Damen und Herren, es gibt ganz andere Gründe, um diesen Vertrag zu vertuschen. Ich nenne nur ein einziges Beispiel, das mit der Standortfrage zusammen­hängt. Herr Minister Platter hat im Mai 2003 Folgendes gemeint, wie zu lesen war: Die 18 Eurofighter werden laut Platter entgegen anderen Gerüchten in Graz und Zeltweg stationiert.

Was sagt derselbe Minister in derselben „Kleinen Zeitung“ am 25. Juni 2005? – „Ein zweiter Standort würde hohe Kosten bedeuten.“ – Also, Herr Minister, seien Sie mir nicht böse, Sie müssen uns den Vertrag einmal zeigen. Was steht denn da drinnen über die Standorte? Oder stimmt es, was auch die „Kleine Zeitung“ schreibt, dass In­sider auspacken, und dass es längst heißt, es habe ungeheure Beugungen der Be­schaffungsrichtlinien gegeben? – Also mit diesem Vorwurf, Herr Minister, werden Sie sich auseinander setzen müssen.

Meine Damen und Herren! Noch kurz zur Rolle des BZÖ-Obmannes Haider. Eine Rolle von ihm ist ja längst klar: Er hat als selbsternannter Robin Hood abgedankt und ist längst zum Spesenritter der Nation geworden, meine Damen und Herren vom BZÖ. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter! Auch dieses Wort entspricht nicht der Würde des Hauses. (Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.) Nehmen Sie das Wort zurück? Das wäre ansonsten der zweite Ordnungsruf.

Ich erteile Ihnen neuerlich einen Ordnungsruf, und Sie können Ihre Rede fortsetzen. (Abg. Dr. Wittmann: Er bleibt ein Spesenritter!)

 


Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (fortsetzend): Herr Präsident! Ich mache darauf aufmerksam: Noch heute wird der geheime Spesenvertrag des Dr. Jörg Haider be­kannt werden. (Abg. Neudeck: Der ist erstens nicht geheim, ...!) Punkt 1: Die Partei finanziert dem Kärntner Landeshauptmann ein Auto zur alleinigen Verfügung. Punkt 2: Die Partei stellt Haider pro Wirtschaftsjahr einen pauschalen Betrag von 5 Millio­nen Schilling zur Verfügung. (Abg. Dr. Puswald: Das ist ein Spesenritter!) – Dann können sich alle Damen und Herren hier im Haus und in der Öffentlichkeit ein Bild machen, wie das zu nennen ist. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Ein Spesen­ritter!)

Abschließend sei noch erwähnt, was Herr Dr. Haider zum Eurofighter-Ankauf zu sagen hat. Auf die Frage, ob er einen Verdacht hat, dass es hier zu strafrechtlich verfolgbaren Tatbeständen gekommen ist, sagt er: „Absolut“, „absolut“! – Und er sagt: Mir fehlen die Beweise, aber irgendwer hat Vorteile gezogen. Lohnt sich Verrat? (Abg. Scheibner: Wer sagt das?)

Also wenn Sie, meine Damen und Herren, hier heute das einfach beerdigen wollen, die Diskussion um die Eurofighter begraben wollen (Abg. Scheibner: Sagen Sie einmal was Neues!), dann befolgen Sie offensichtlich eine Weisung des Kärntner Landes­hauptmannes, hier alles zu vertuschen (Abg. Scheibner: Ein neues Argument!), und damit ist Haider nicht nur im Bereich Spesen massiv zu kritisieren, sondern auch was die Vertuschung der ganzen Eurofighter-Angelegenheit betrifft. (Abg. Scheibner: Ein neues Argument wollen wir hören!)

Aber seien Sie sich sicher: Dieser Vertrag wird eines Tages das Licht des Parlaments und das Licht der Öffentlichkeit erblicken! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Kein neues Argument!)

16.37



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Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Gahr. Seine Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


16.37.50

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Präsident des Rechnungshofes! Sehr geehrte Herren Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich glaube, abenteuerlich und verantwortungslos ist die Rede des Abgeordneten Kräuter. (Abg. Dr. Wittmann: Aber das, was der Bundes­kanzler sagt, ...! – Abg. Gaál: ... verantwortungslos! Benehmen Sie sich!) Und verant­wortungslos ist insgesamt, dass die Opposition beim letzten Rechnungshofausschuss ohne ersichtliche Gründe, ohne Grund ausgezogen ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie haben es versäumt, dass drei Bundesminister achteinhalb Stunden für Beratungen und Diskussionen zur Verfügung gestanden sind. Und das ist verantwortungslos, dass Sie sich dieser Diskussion nicht gestellt haben, meine Damen und Herren! (Abg. Dr. Wittmann: Das ist ein Unsinn!) Die Opposition hat damit ihre parlamentarischen Kontrollrechte nicht wahrgenommen. Es gibt ja nur zwei Möglichkeiten bei jenen, die bei dieser Ausschusssitzung dabei waren: Einerseits war es so, dass wohl einige dem Auftrag des Kollegen Pilz gefolgt sind und sich verleiten haben lassen, auszuziehen. Andererseits ist die – aus meiner Sicht ärgere – Wahrheit die, dass sie einen Grund gesucht haben, um auszuziehen. (Abg. Gaál: Unsinn!) Und ich glaube, das disqualifi­ziert sich von selbst! Wer nicht teilnimmt, darf nicht kritisieren!

Der Rechnungshof hat geprüft. Bitte nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei Abge­ordneten der ÖVP.)

Rot und Grün haben auch in diesem Ausschuss wieder bewiesen, dass sie mit ihren unsachlichen Angriffen, Spekulationen, Verdächtigungen und ihrem Stil eigentlich den Rechnungshof in Frage stellen. (Abg. Gaál: Nein, der Rechnungshof ...!) Und ich glaube, darüber sollte man auch einmal nachdenken, wo wir hier überhaupt stehen. (Abg. Dr. Wittmann: Der Vorgang! Der Vorgang – und nicht der Rechnungshof!)

Den Rechnungshof in Frage zu stellen, ... (Abg. Dr. Wittmann: Der Vorgang!) – Kol­lege Wittmann, Sie waren nicht dabei. Sie können auch da nicht mitkritisieren. (Abg. Dr. Wittmann: Das, was der Bundeskanzler gesagt hat, war Unsinn!) Der Rechnungs­hofausschuss handelt nach dem Bundes-Verfassungsgesetz, nach dem Rechnungs­hofgesetz und nach der Geschäftsordnung. Und, Kollege Kräuter, das ist kein Unter­suchungsausschuss!

Wir haben mit dieser Eurofighter-Beschaffung Sicherheit für 30 bis 40 Jahre im Luft­raum. Wir erfüllen die Anforderungen der Gegenwart und der Zukunft. Und wir haben im Auswahlverfahren klar festgestellt – und das hat der Rechnungshof ausdrücklich erwähnt –, dass der Eurofighter klar als Bestbieter hervorgegangen ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Thema Gegengeschäfte: Es bringt uns über 15 Jahre Gegengeschäfte im Volumen von 4 Milliarden €. Im Jahr 2004 sind welche in der Größenordnung von 330 Millionen ein­gereicht und dem Prüfverfahren unterzogen worden. 104 österreichische Firmen haben bisher schon davon profitiert. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheit­lichen.)

Österreich hat insgesamt gut verhandelt: Wir haben insgesamt gesehen bei den Ge­gengeschäften mehr Volumen erreichen können als andere Länder. (Abg. Mag. Gaß­ner: Nennen Sie mir ein Gegengeschäft!) Österreich ist überhaupt erst deshalb, weil wir ein Hochtechnologieland sind, in der Lage, an diesen Kompensationsgeschäften


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teilnehmen zu dürfen. (Abg. Dr. Wittmann: Das ist doch Unsinn!) Österreich nützt ganz einfach die Nähe des europäischen Marktes.

Es geht auch darum, dass wir Arbeitsplätze sichern, dass wir den österreichischen Wirtschaftraum stärken (Zwischenruf des Abg. Dr. Puswald); und mit diesen Euro­fighter-Gegengeschäften können wir das sicher bewerkstelligen.

Das Eurofighter-Projekt, Kollege Kräuter, ist kein „Kriegs- und Rüstungsprojekt“ in überdimensionaler Form, es ist kein „Skandal- oder Vertuschungsprojekt“, es ist kein „Deal“ und keine „Schiebung“ und kein „Milliardengrab“, wie Sie es in unzähligen Pres­seaussendungen festgestellt haben. (Abg. Reheis: Was ist es ...?)

Das Eurofighter-Projekt ist ein Sicherheits- und Friedensprojekt, für das jedes Land in Europa seinen Beitrag leisten muss. Es ist ein Solidaritätsprojekt, für das jedes Land Verantwortung trägt. Und es ist ein europäisches Wirtschaftsprojekt.

Gehen Sie in sich! Denken Sie darüber nach, wie ernst Sie die Sicherheit nehmen! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Witt­mann: Unsinn!)

16.41


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Wunschredezeit: 8 Minuten. – Ich stelle Ihnen die Uhr entsprechend ein, Herr Kollege. (Abg. Scheibner – in Richtung des sich mit einer Unterlagenmappe zum Rednerpult begebenden Abg. Mag. Kogler –: Die Argumente kennst du eh auswendig! Es sind eh immer dieselben!)

 


16.41.46

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine Herren Minister! Wenn mein Vorredner gesagt hat, Abgeord­nete hätten ohne ersichtlichen Grund den Ausschuss verlassen (Rufe bei der ÖVP: Ja, richtig!), dann ist das offensichtlich (Abg. Gahr: Kindergarten!) auf die Blickdichte Ihrer politischen Gläser zurückzuführen.

Jedenfalls darf ich in Erinnerung rufen, dass wir, was die Frage betrifft, ob ein Unter­suchungsausschuss das adäquate Instrument für diesen Vorgang ist und was von diesen Dingen im Rechnungshofausschuss behandelt werden soll, schon länger hin- und herpendeln. Es ist eine berechtigte Debatte.

Ich sage Ihnen nur: Wenn es um Fragen wie Vertragsoffenlegung oder teilweise Ein­schau in Punkte, die nicht der militärischen Geheimhaltung oder besonderen geschäft­lichen Geheimhaltungspflichten unterliegen, geht, wenn es darum geht, ob in dieser Republik im einzigen Gremium, wo das zurzeit stattfinden kann – weil es auf Grund Ihrer Weigerung keinen Untersuchungsausschuss gibt –, überhaupt Zeugen zu diesen Vorgängen aussagen können, wenn es darum geht, gibt es eine klare Handhabe in § 40 der Geschäftsordnung für Auskunftspersonen. Wenn jedoch all das – und zwar nicht erst jetzt, sondern seit über einem Jahr! – massiv behindert und jetzt letztlich sogar verhindert wird, dann werden Sie doch nicht erwarten, dass wir als Oppositions­abgeordnete Ihrem Beispiel folgen und diesen Machinationen der Regierung, vor allem der Mehrheit hier, noch beiwohnen (Abg. Murauer: Was verstehen Sie unter Machina­tionen?) – ich könnte auch sagen: Schmiere stehen! Das werden Sie doch nicht im Ernst erwarten! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischen­rufe bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen.)

Auf welche Vorgänge bezieht sich das? – Zum Beispiel auf die Weigerung, die Zeugen zu laden! Das ist der Punkt. (Abg. Scheibner: Das sind keine Zeugen im Rechnungs­hofausschuss! – Abg. Neudeck: Das sind Auskunftspersonen!) Wir haben Ihnen näm­lich noch einmal die Gelegenheit gegeben, etwa den Chef der Beschaffung oder den


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Generaltruppeninspektor und andere zu laden, die damals in einem Aktenvermerk geschrieben haben, sie seien gegen diese Entscheidung und gegen die Beschaffung dieses Produkts, und zwar wegen einer Reihe von Gründen. (Abg. Scheibner: ... schon fünf Mal erklärt!) Genau das wäre dann dort zu diskutieren gewesen.

Ich halte mich deshalb so lange damit auf, weil es um die grundsätzlich Frage geht, wie der Kontrollausschuss – so muss er wohl auch heißen – in diesem Hause arbeiten kann. Und wenn es einreißt, dass die Mehrheit, die nun einmal die Regierung stützt – so ist das richtigerweise auch –, dass diese Mehrheit überhaupt nichts mehr zulässt, und zwar entgegen früheren Gepflogenheiten, dann ist das noch einmal ein Quanten­sprung! Und das mündet de facto in völlige Kontrollverweigerung (Abg. Hornek: Ja, weil ihr hinausgegangen seid! Das war die Kontrollverweigerung!), deshalb erfolgte dieser Auszug. Die Fraktionen haben sich sehr wohl darum bemüht, in der Sitzungs­unterbrechung zu einer gemeinsamen Vorgangsweise zu finden.

Nun komme ich auf diesen Anlassfall zurück. Natürlich kann es aus unserer Sicht nicht so bleiben, dass wenige Beamte und ein paar Minister in dieser Republik wissen, was ungefähr in diesem Vertrag steht, sonst niemand! Alle anderen sollen sich irgend­wohin „verzupfen“! (Abg. Hornek: Weil es so in der Verfassung festgeschrieben ist!) – Es steht in der Verfassung, dass drei Beamte wissen dürfen, was in so einem Vertrag steht? Gehen Sie in sich! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Hornek: In der Verfassung steht es nicht drinnen, aber ...!)

Der Punkt ist doch: Wenn es eine politische Debatte darüber gibt, wie mit diesem Ding oder Unding, nämlich mit der Beschaffung, der Vertragsunterzeichnung und der mögli­chen Lieferung – sicher ist die aus bekannten Gründen ja nicht – umzugehen ist, dann können Sie doch nicht im Ernst meinen, dass diese Schräglage eine günstige Voraus­setzung für eine halbwegs plausible Debatte ist! Es hat auch die Opposition ein Recht darauf, zumindest ein paar Dinge einzusehen. Das wird jedoch konsequent verwei­gert – und Sie wundern sich, wenn wir dabei nicht mitspielen wollen!

Ich kann Ihnen aber sagen, was Sie dazu veranlasst, hier Ihre Politik des Mauerns wei­ter zu betreiben. Sie beziehen sich ja ausschließlich und immer wieder auf Rechnungs­hofberichte, auf Aussagen von Ministern und sonst etwas. Aber schon der letzte Rech­nungshofbericht hat klipp und klar herausgearbeitet, dass die Firma Eurofighter GmbH nur unter ganz, ganz eingeschränkten, relativ schmalspurigen, in einem winzigen Korri­dor befindlichen Voraussetzungen so genannter Bestbieter sein konnte.

Dass das Herbeiführen dieser Umstände ausschließlich oder hauptsächlich durch – ich sage Manipulationen an der Ausschreibung im Nachhinein überhaupt zustande ge­kommen ist, konnten Sie aus dem Rechnungshofbericht ebenso herauslesen. Ich sage – und zwar bereits zum dritten oder vierten Mal für dieses Protokoll –: Aus­schließlich die Wahl der Finanzierungsvariante hat die so genannte militärische Ent­scheidung am Schluss beeinflusst. Die Finanzierungsvariante wurde vom Finanz­ministerium hineinreklamiert. Wann? – Eine Nacht oder, wenn Sie wollen, einen Tag vor der Entscheidung! Es war aus der Ausschreibung überhaupt nicht ersichtlich, dass eine einzige Finanzierungsvariante herangezogen werden soll.

Alleine das wäre es schon wert gewesen, Ihre Ausführungen hier völlig zu hinterfragen oder zu widerlegen, aber es kommt, in der Reihenfolge, noch dicker.

Wenn Sie schon glauben, dass das der Bestbieter gewesen sein soll (Abg. Neudeck: ... steht es ja gar nicht in diesem Bericht!), dann wenden Sie sich dem jetzt vorliegen­den Rechnungshofbericht zu! Wenden Sie sich diesem Bericht zu, darin wird der Zeit­raum von der so genannten Typenentscheidung bis zur Vertragsunterzeichnung be­handelt. (Abg. Hornek: Du hast da einen Ausschussbericht versäumt!) Von dieser Zeitspanne sind einige Punkte, die der Rechnungshof in seinem Bericht anspricht, bis


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heute völlig offen geblieben. (Abg. Neudeck: Man kann ja nicht erwarten, dass Sie es auch verstehen!)

Die Reduktion von 24 auf 18 ist – nicht, dass man das besonders betrauern müsste! –vergaberechtlich natürlich keine Kleinigkeit. Sie von den Regierungsparteien haben ja im Sommer 2002 behauptet, das Ganze sei auf Grund der so genannten Hochwasser­katastrophe erfolgt. (Abg. Scheibner: Nein!) Ich habe hier ein Dokument der Finanz­prokuratur vom 1. Juli 2002 vorliegen, in dem schon damals angefragt wurde, welche Möglichkeiten bestünden, von 24 auf 18 Stück zu reduzieren, ohne die Ausschreibung zu wiederholen. So haben Sie gefuhrwerkt! Das ist doch der Punkt!

Außerdem hat die Finanzprokuratur in ihrer ersten Stellungnahme rückgemeldet, dass das ohne Neuausschreibung gar nicht geht. Das haben Sie jedoch vom Tisch ge­wischt, anschließend hat das Hochwasser herhalten müssen. (Abg. Scheibner: Stimmt ja gar nicht! Wer hat das gesagt, dass das für Hochwasser...? Völlig falsch!) Ich be­haupte nach wie vor, dass es sich um einen Missbrauch der Hochwasser-Opfer ge­handelt hat, als so getan wurde, als ob deshalb irgendein Euro eingespart werden konnte. Und auch das ist beweisbar! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sie haben – und da sage ich auch wieder: Gott sei Dank! – ein Kostenkorsett vorgege­ben, das nicht dazu führt, dass dann womöglich 3 Milliarden rein für die Grundbe­schaffung des Eurofightersystems auszugeben wären. Sie haben, taktisch gar nicht blöd, gesagt, das müsse unter 2 Milliarden liegen – 1,9 irgendetwas, irgendein Huma­nic-Preis –, und so ist es dann am Schluss auch gekommen. (Abg. Hornek: Das ist eine Humanic-Rede!) Allerdings war völlig klar, dass die Firma Eurofighter gar nicht willens war, 24 Stück um diesen Preis zu liefern. Auch das ist nachvollziehbar! (Abg. Murauer: Aber nicht für jeden, nur für Sie!)

Deshalb haben Sie die Sachen wunderbar zusammengemischt, verbrämt und am Schluss gesagt: Jetzt sparen wir auch noch, jetzt nehmen wir nämlich 18, die kosten nur 2 Milliarden. Verschwiegen haben Sie dabei, dass Sie sehr viele Kostenbestand­teile aus den Stückkosten gleichsam herausgedrückt haben.

Warum haben Sie das gemacht? – Erstens wegen dem Humanic-Preis, und zweitens wegen dem Vergaberecht, weil das natürlich hochproblematisch ist! Sie haben drei Gutachten gebraucht, bis wenigstens einer geschrieben hat: Wenn überhaupt, dann geht es nur unter der Bedingung, dass die Stückpreise nicht teurer werden – was ja witzig ist, wenn es weniger Stück werden – und gleichzeitig kein anderes Kriterium geändert wird.

Was haben Sie gemacht? – Bei den Stückpreisen haben Sie herumjongliert und mani­puliert, es sind nämlich gleichzeitig die Systempreise gestiegen, weil Sie das hinaus­gedrückt haben, sich an dieses Gutachten anklammernd. Aber das Gutachten besagte auch, dass gleichzeitig keine anderen Muss-Kriterien verändert werden dürfen. Sie aber haben eine Reihe von Muss-Kriterien verändert. – Und all das steht in diesem Rechnungshofbericht. Deshalb folgert der Rechnungshof auch unter 15.2, dass diese „Vorgangsweise des BMLV“ „mit sehr hohem Risiko behaftet“ war. 

Die Frage, ob sich nicht im Nachhinein ein Bietersturz ergeben hätte oder nicht – was alles zum Aufheben gebracht hätte –, haben Sie ja gar nie beantwortet! Der Rech­nungshof kann das nicht; dieser hat klipp und klar ausgeführt, weil man überhaupt nur nachrechnen kann unter „Nichtberücksichtigung“ bestimmter Umstände, nämlich sämt­licher kaufmännischer, kommerzieller „hinsichtlich Haftung, Liefertermin und Zah­lungstermin“. Ja bitte, was heißt denn das? – Die Entscheidung, dass wir zusätzlich eine Zwischenlösung um 75 Millionen € aufwärts finanzieren müssen, hat in die Beur­teilung des Rechnungshofes gar keinen Eingang gefunden!


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Wir aber haben nachgerechnet: Nach den Bewertungskriterien Ihrer damaligen Kom­mission hätte sich durch einen Mehrpreis von 75 Millionen längst schon für sämtliche Zahlungsvarianten der berühmte Bietersturz ergeben! – Deshalb haben Sie allen Grund, diese Dinge zu verheimlichen. Es dreht sich immer wieder gegen Sie. Und Sie verwenden auch immer den Rechnungshofbericht, der relativ seriös vorgeht, aber bestimmte Dinge gar nicht berechnen kann und will. Und genau das hat der Rech­nungshof ja auch in diesen Bericht hineingeschrieben: Die Frage der Zwischenlösung ist nicht bewertet. Wenn Sie nach Ihrem eigenen Bewertungsschema vorgegangen wären, wäre der Eurofighter in keiner denkbaren Variante Bestbieter gewesen. Des­halb haben Sie das in jene Verdunkelung befördert, in der sich nun einmal Ihre Debat­ten grundsätzlich zu bewegen pflegen. Da trifft es sich dann wieder. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Abschließend noch zur Finanzierungsform, weil der Herr Finanzminister anwesend ist und es in diesem Bericht ein eigenes Finanzierungskapitel gibt – er wird ja eh gleich wieder das Hohe Lied darüber anstimmen, wie toll verhandelt worden sei –: Wissen Sie, was schlicht und ergreifend der Vorgang war? – Die Republik wäre immer besser beraten gewesen, das einfach über das Budget zu finanzieren, möglicherweise in neun Jahren, möglicherweise gleich einmal – das sind möglicherweise Maastricht-relevante Fragen –, aber immer wäre das Triple A besser gewesen als diese Finanzierungskon­ditionen einer Lieferfirma zu überlassen.

Die Finanzierungskonditionen von Eurofighter waren zwar außerordentlich schlecht, aber sich jetzt hinzustellen und zu sagen, die Bundesfinanzierungsagentur soll etwas Besseres ausverhandeln – ja, Kunststück! In jener Bandbreite, die da offen blieb – und da geht es um nicht wenig Geld! –, war natürlich viel drinnen, denn die Republik bringt jetzt ihre Haftungsmasse ein, in diesem Fall zu Gunsten der BAWAG PSK. (Pfoh!-Rufe bei der ÖVP.) – Ja, das ist so. Aber es ist doch kein Kunststück, hier etwas besser auszuverhandeln! Fragen wir nach, fragen wir den Herrn Finanzminister: Hätten wir gleich auf eine direkte Finanzierung gesetzt, hätten wir uns zusätzlich noch viel mehr Geld gespart! (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten der ÖVP und der Freiheit­lichen sowie Abgeordneten der SPÖ.)

Das Beste – oder das Schlechteste – am Schluss: Hätten wir das gemacht, wären all diese Finanzierungsvarianten, die Sie respektive die Kommission Ihrer Bewertung zugrunde gelegt haben, Makulatur gewesen! Hätten wir von vornherein gesagt: Die Republik finanziert das ganz normal! – was vernünftig gewesen wäre und worauf es jetzt in Teilen hinausläuft –, dann hätte sich der ganze Zinnober aufgehört, und Euro­fighter wäre nach Ihren eigenen Ausschreibungsbedingungen wieder nicht Bestbieter gewesen.

Sie sehen: Es wird einen Untersuchungsausschuss brauchen, denn vorher werden Sie nicht einsichtig sein. Möglicherweise werden andere Mehrheiten diesen Untersu­chungsausschuss herbeiführen. (Abg. Hornek: Im Jahr 4000!) Sie sind ja immer ganz gerne katholisch unterwegs: Gehen Sie rechtzeitig in sich, reinigen Sie rechtzeitig Ihr Gewissen, denn nachher ist es zu spät! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.54


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Fauland. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


16.54.29

Abgeordneter Markus Fauland (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Herren Bun­desminister! Herr Rechnungshofpräsident! Es ist ja schon etwas sonderbar und recht amüsant, was sich in der argumentativen Linie von so manchem, der hier an diesem


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Rednerpult steht, abspielt. Bei Kollegem Kräuter sieht man ganz klar: Er muss, was die Sicherheitspolitik betrifft, seinen Blick noch massiv schärfen, denn was da abgelaufen ist, ist eher Löwinger-Bühnen-Niveau. (Abg. Dr. Kräuter – in Richtung des den Vorsitz führenden Präsidenten Dr. Khol –: Darf er das so sagen? – Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Scheibner – in Richtung SPÖ –: Das ist ja noch eine Auszeichnung!)

Zu Kollegem Kogler: Es ist amüsant, Kollege Kogler, dass Sie einerseits noch im Jahr 2002 die Ausschreibungskriterien als zu 100 Prozent auf den Gripen hingeschnitzt kritisiert haben, jetzt aber an diesem Rednerpult stehen und sagen, es sei alles auf den Eurofighter hingebogen worden. Aber das ist bei Ihnen anscheinend so mit gewissen Erinnerungskurven.

Was den Umgang mit dem Rechnungshof betrifft, so ist es, wenn man das ein biss­chen Revue passieren lässt, für mich nicht mehr so erfreulich, was im Ausschuss vonstatten gegangen ist, denn es wurde dort dem Rechnungshof klar das Vertrauen entzogen. Der Rechnungshof hat in diesen Vertrag Einsicht genommen, er hat diesen Vertrag geprüft und, wie es seine Pflicht ist, all seine Erkenntnisse in diesen Wahr­nehmungsbericht hineingeschrieben. Aber das ist manchen Kollegen anscheinend zu wenig, weil sich diese Kollegen als Vorsitzende von Untersuchungsausschüssen fühlen und nicht akzeptieren wollen, dass es eben keine Mehrheit für einen Untersuchungs­ausschuss gibt.

Aus diesem Grund hat der Rechnungshofausschuss das zu behandeln, was der Rech­nungshof dem Parlament vorgelegt hat – und sich nicht nebulosen Vermutungen hin­zugeben und aus „Tatsachen“, die man irgendwo vermutet, dann irgendwelche Ge­schichten zu stricken. Aber wahrscheinlich ist Kollege Kräuter nur deswegen so irritiert, weil er auf seiner Internet-Seite, auf der er als Mister „Top Secret!“ dargestellt wird, diesen Vertrag nicht veröffentlichen kann und damit dem Anspruch an einen „Top Secret!“-Mann nicht gerecht wird.

Was jetzt den Inhalt des Rechnungshofberichtes betrifft – denn eigentlich sollten wir uns über diesen unterhalten –, so spricht der Rechnungshof von einer eingeschränkten LRÜ, meinem Lieblingsthema. Das ist so zur Kenntnis zu nehmen.

Was bedeutet nun „eingeschränkt“? – Wir haben sehr oft gehört, vor allem vom Kolle­gen Gáal, dass das ja nur ein Kampfbomber sei, der für Boden-Luft-Einsätze ausgelegt sei. Dies wird nun durch den Rechnungshofbericht klar widerlegt, da Ausstattung und Ausrüstung dieses beschafften Flugzeuges eine Minimalvariante darstellt, die nur für Luftraumüberwachungseinsätze geeignet ist. (Abg. Mag. Gaßner: Fliegende Fotoappa­rate!) – Nein, diese Minimalvariante ist schon bewaffnet! Ganz so ist es nicht. (Abg. Mag. Gaßner: Ah so, schon bewaffnet!)

Etwas befremdend in diesem Zusammenhang ist auch, was Kollege Kräuter angemerkt hat, nämlich die Frage: Gibt es eine Notwendigkeit, internationale Konferenzen oder große Sportveranstaltungen zu schützen? – Diese Notwendigkeit ist in Europa, außer in Österreich, sicherheitspolitischer Konsens. Das macht jedes Land, das macht die Schweiz, das macht Deutschland; das hat sogar Tschechien beim NATO-Gipfel in Prag gemacht. Das machen alle Länder.

Das führt mich zum nächsten Schritt: Es passiert auch nur Österreich, dass die Be­schaffung eines Luftraumüberwachungsflugzeuges so lange politisch ausgeschlachtet wird, denn in allen anderen Ländern – sehen Sie nach Deutschland! – ist es ein politi­scher Konsens. Selbst im Wahlkampf wird das in Deutschland nicht thematisiert. Aus diesem Grund stellt man sich schon die Frage: Geht es hier um billige Polemik und Populismus? Oder geht es hier um Verantwortung?


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Damit komme ich zum Abschluss: Verantwortung ist auch etwas, das Kollege Kräuter schon langsam dazu bringen sollte, sich einmal zu fragen, was er mit seinen Forderun­gen, die Eurofighter abzubestellen, in seinem Bundesland anrichtet. Die Verantwor­tung des Verteidigungsministers wird es dann sein, bei Nichtankauf den Jet-Betrieb in Österreich stillzulegen. Seine Verantwortung wird es dann auch sein, die 1 000 Be­diensteten von Zeltweg, die zum Großteil Vertragsbedienstete sind und aus diesem Grund entlassen werden können, wenn es keinen Bedarf mehr für sie gibt, dann wirk­lich auf die Straße zu setzen.

Ich freue mich sehr, wenn Kollege Kräuter diese Leute dann beim AMS unterstützt, wenn sie ihre Anträge auf Arbeitslosengeld abgeben müssen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.59


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister für Landesverteidigung Platter. – Herr Bundesminister, bitte.

 


16.59.21

Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Sehr geehrte Herren Prä­sidenten! Herr Kollege auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Her­ren! Ich bin froh darüber, dass ich heute rund um den dritten Rechnungshofbericht auf die Unverzichtbarkeit von Luftraumüberwachungsflugzeugen eingehen – und natürlich auch zum Rechnungshofbericht Stellung nehmen kann.

Geschätzte Damen und Herren! Ein verantwortungsvoller Sicherheitspolitiker wird Ihnen sagen, dass die größte Bedrohung im 21. Jahrhundert aus der Luft kommt. Des­halb darf es keine Lücke im österreichischen Sicherheitsnetz geben! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Daher war die Beschaffung dieser 18 Eurofighter notwendig für eine aktive Luftraum­überwachung in den nächsten 30 bis 40 Jahren. (Präsidentin Mag. Prammer über­nimmt den Vorsitz.)

Wenn Herr Abgeordneter Kräuter heute schon gesagt hat, er bezweifle, ob Luftraum­überwachungsflugzeuge überhaupt notwendig sind, werde ich Ihnen sagen warum sie notwendig sind: (Abg. Mag. Gaßner: Das hat er nicht gesagt! Er hat nur gesagt, dass die Schweizer ...!)

Zum Ersten, weil wir verfassungsrechtlich zur Wahrung der Lufthoheit verpflichtet sind. Zum Zweiten sind zur Abwehr der Bedrohungen, die von der Luft ausgehen, Luftraum­überwachungsflugzeuge nötig. Zum Dritten ist es auch wichtig, dass die luftpolizei­lichen Aufgaben wahrgenommen werden. (Abg. Dr. Kräuter: Geht das alles mit Die­selflugzeugen auch, Herr Minister?) Das heißt, wenn Flugzeuge illegal oder nicht angemeldet in unseren Luftraum eindringen, wird es wohl notwendig sein, dass wir Luftraumüberwachungsflugzeuge haben, die aufsteigen, Funkkontakt aufnehmen, begleiten, oder – wenn es notwendig ist – auch abfangen. (Abg. Dr. Kräuter: Geht das mit Dieselflugzeugen auch?)

Und zum Vierten, sehr geehrter Herr Abgeordneter Kräuter, ist es natürlich auch not­wendig, dass Großveranstaltungen überwacht werden. Jetzt sage ich Ihnen Folgendes: Ich war erst kürzlich in Salzburg und habe gemeinsam mit dem Herrn Bundeskanzler mit den Verantwortlichen – mit dem Bürgermeister der Stadt Salzburg und dem Berater der Landeshauptfrau von Salzburg – über die Sicherheit für die Olympischen Winter­spiele 2014 gesprochen.

Wissen Sie, wie deren Stellungnahme zum Thema Sicherheit ausgesehen hat? – Herr Bürgermeister Dr. Heinz Schaden hat ganz eindeutig gesagt, dass Luftraumüber­wachungsflugzeuge selbstverständlich notwendig sind und dass er sich dazu bekennt,


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dass wir 18 Eurofighter beschaffen. Die Frau Landeshauptfrau hat das wohlwollend zur Kenntnis genommen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. Abg. Dr. Kräuter: Das geht ja mit Diesel auch!)

Nun zur Typenentscheidung: Ich darf Sie darüber informieren, dass sich eine 33-köpfige Expertenkommission mit dieser Materie sehr intensiv auseinander gesetzt hat, und diese Kommission hat der Regierung die Empfehlung gegeben, dem Eurofighter den Zuschlag zu geben, und zwar aus folgenden Gründen: weil erstens das Preis-Leistungsverhältnis beim Eurofighter das beste war; weil zweitens der Eurofighter das einzige europäische Gerät ist – es werden in Zukunft 638 Eurofighter Teile des euro­päischen Luftraumes überwachen (Abg. Gaál: Das wird sich bei den Landtagswahlen auswirken! Die Hälfte ist schon storniert!); und weil es darüber hinaus ein Gerät ist, das eine europäische Zukunft hat. (Abg. Mag. Gaßner: Wer soll das glauben?)

Man darf bei dieser Debatte, was die Typenentscheidung betrifft, auch nicht vergessen, dass es natürlich Sinn machen wird, dass wir dasselbe Geräte haben wie Italien und Deutschland, damit eine gute Zusammenarbeit möglich ist. Derzeit findet die Techni­kerausbildung in Deutschland statt. Es wird dann auch die Pilotenausbildung dort durchgeführt werden. Das heißt, wir können damit Kosten sparen und auch eine gute Zusammenarbeit mit unseren Nachbarn sichern. – Das war nur mit dieser Typenent­scheidung möglich.

Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung hat diese Empfehlungen der 33-köpfi­gen Kommission ernst genommen und hat daher diese Beschaffung so beschlossen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Geschätzte Damen und Herren! Was das Produkt betrifft, kann ich Ihnen sagen: Der Eurofighter ist auf Erfolgskurs! (Abg. Dr. Puswald: Jetzt wird es wieder bühnenreif!) Sie wissen, es hat ja auch bei Dringlichen Anfragen hier im Haus Debatten gegeben, dass die Leistungsfähigkeit des Eurofighters nicht in Ordnung wäre. Sie können sich alle noch erinnern, dass Aussagen getätigt wurden, dass die Eurofighter bei Minusgra­den nicht fliegen können. (Abg. Murauer: So ein Blödsinn!) Wahr ist, dass in Nord­schweden bei minus 32 Grad am Boden die Luftraumüberwachungsflugzeuge getestet wurden, und die Ergebnisse waren ausgezeichnet. (Abg. Dr. Puswald: Sie sind auch am Boden geblieben!)

Zum Zweiten können Sie sich erinnern, dass es geheißen hat, der Eurofighter könne nur einige Zeit in der Luft verbringen. Wahr ist, dass man mit dem Eurofighter 13 000 Kilometer von Großbritannien nach Singapur und wieder zurück geflogen ist. – All diese Aussagen sind also wirklich zurückzuweisen, denn die Wahrheit ist eine völlig andere.

Ich habe Ihnen schon einmal in einer Debatte gesagt, dass der Chef der amerikani­schen Luftstreitkräfte, General Jumper, nach einem Flug mit dem Eurofighter gesagt hat, er sei erstaunt über die Qualität dieses Gerätes. Darüber hinaus hat er eine ganz beachtliche Aussage getätigt, nämlich dass die europäische Hochtechnologie in die­sem Bereich der amerikanischen gleichwertig ist. Ich glaube, wenn das der Chef der amerikanischen Luftstreitkräfte sagt, ist das Aussage genug. (Abg. Dr. Puswald: Sie hören eine Belangsendung von EADS! Es spricht der Herr Bundesminister!)

Noch eines: Es waren, so glaube ich, auch einige Abgeordnete bei der „AirPower05“. Dort waren über 250 000 Zuseherinnen und Zuseher anwesend, und alle konnten sich von der Leistungsfähigkeit des Eurofighters überzeugen.

Listet man all das auf, so kann man, glaube ich, eindeutig sagen, der Eurofighter ist auf Erfolgskurs. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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Meine Damen und Herren! Was die Rechnungshofberichte – ich sage ganz bewusst: die Rechnungshofberichte – betrifft, ist Folgendes klar: Eurofighter ist zutreffend als Bestbieter ermittelt worden. Auch, wenn es hier immer wiederholt wird: Es hat keine Manipulation und Geschenkannahme gegeben. (Zwischenruf des Abg. Faul.) Alle Anzeigen – gegen Herbert Scheibner, gegen mich – sind von der Staatsanwaltschaft zurückgelegt worden.

Ich finde es eigentlich schon interessant, dass trotz dieser Bewertung des Rechnungs­hofes hier immer wieder behauptet wird, dass es Manipulation gegeben hat. Ich glaube, bei einer seriösen Debatte muss man auch zur Kenntnis nehmen, dass der Rechnungshof einfach zu einem anderen Ergebnis gekommen ist.

Zum Dritten: Die Bestbieterermittlung ist schlüssig und nachvollziehbar, und es ist trotz Reduktion der Stückzahl und trotz Reduktion des Leistungsumfanges zu keinem Bie­tersturz gekommen. (Abg. Mag. Kogler: Das können Sie nicht behaupten!) Das hat das oberste Prüforgan der Republik Österreich festgestellt.

Selbstverständlich hat es Anregungen, Empfehlungen und auch Kritikpunkte gegeben, die wir sehr ernst nehmen. Weil heute noch keine besonderen Argumente gekommen sind, möchte ich auf zwei wesentliche Punkte eingehen, die der Rechnungshof in sei­nem Bericht mitgeteilt hat. (Abg. Dr. Kräuter: Zum Standort, zu den Widersprüchen vergessen Sie nicht, etwas zu sagen!)

Der erste Punkt ist die Reduktion des Leistungsumfanges. Dazu darf ich Ihnen mittei­len, dass jede Nation ihren Eurofighter qualitativ so konfiguriert, wie es für sie als notwendig erachtet wird. Es gibt daher maßgeschneiderte Lösungen je nach Bedarf, wie das die einzelne Nation sieht.

In Österreich sind wir den Weg nach dem Prinzip der Zweckmäßigkeit, der Wirtschaft­lichkeit und aber auch der Sparsamkeit gegangen. Deshalb haben wir beim Eurofighter eine Lösung gewählt, dass er die nationalen Aufgaben erfüllen kann. Durch die Re­duktion von 24 auf 18 Stück wird der Eurofighter nicht international im Einsatz sein, sondern es werden nur nationale Aufgaben durchgeführt. Wir haben da die klassische Luft-Luft-Lösung gesucht, und keine Luft-Boden-Lösung. (Abg. Dr. Puswald: Heiße-Luft-Lösung!)

Es ist immer wieder Kritik geäußert worden, dass wir Kampfbomber bestellen. – Das ist eben nicht der Fall! Deshalb haben wir den Eurofighter so konfiguriert, dass wir die nationalen Aufgaben – die klassische Luftraumüberwachung – durchführen können, und ich glaube, dass das zu diesem Zeitpunkt sehr wichtig und wesentlich war.

Es ist wichtig, zu wissen, dass der Eurofighter für die nächsten 30 bis 40 Jahre zur aktiven Luftraumüberwachung zur Verfügung stehen wird (Abg. Neudeck: Das tut ihnen ja so weh!), dass wir aber, wenn sich die sicherheitspolitische Situation ändert, auch die Funktionalitäten erweitern können, damit alle Möglichkeiten gegeben sind. Derzeit brauchen wir es nicht, und deshalb haben wir eine sparsame Lösung gesucht. (Abg. Dr. Kräuter: Wie ist das mit den Standorten? Das sind Sie noch schuldig geblie­ben!)

Ein Letztes, was den Leistungsumfang betrifft: Alle 18 Eurofighter sind Tag und Nacht voll einsatzfähig. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. Abg. Mag. Gaßner: Das ist schon etwas Besonderes ...!)

Meine Damen und Herren! Ein weiterer Punkt war, dass uns der Rechnungshof mitge­teilt hat, dass es notwendig ist, ein neues operativ-taktisches Konzept zu erarbeiten. Wir haben diese Empfehlung sehr ernst genommen, und wir haben so ein Konzept. Lassen Sie mich auf diese vier Bedrohungsszenarien eingehen:


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Dieses Konzept, das unsere Experten erarbeitet haben, sieht einerseits die normale Lage vor. Das heißt, die Luftraumüberwachung ist 365 Tage im Jahr im normalen Umfang sichergestellt, wie das auch international in anderen Bereichen gemacht wird.

Das zweite Szenario ist die krisenhafte Entwicklung. Das heißt, dass bei einem erhöh­ten Bedrohungsbild auch ein erhöhter Einsatz unserer Mittel zur Anwendung kommen wird.

Der dritte Punkt ist zeitlich und räumlich befristeter Objektschutz bei Großveranstaltun­gen. – Ich habe bereits die Aussagen von Bürgermeister Schaden, was die Olympi­schen Winterspiele betrifft, erwähnt. Das ist völlig klar. Bei der Fußball-Europameister­schaft 2008 muss eine perfekte Luftraumsicherung durchgeführt werden. Beim Mittel­europäischen Katholikentag haben wir diese Maßnahme ebenfalls ergriffen. – Das ist also der Punkt drei der Bedrohungsszenarien, und deshalb haben wir diese Möglichkeit geschaffen.

Der vierte Punkt ist, dass wir grenzüberschreitende Luftraumsicherungsoperationen mit anderen Nationen durchführen. Ich nenne Ihnen Beispiele: In Davos beim Weltwirt­schaftsgipfel haben wir sehr gut und intensiv mit der Schweiz zusammengearbeitet. Als in Bratislava das Präsidententreffen zwischen Bush und Putin stattgefunden hat, haben wir ebenfalls in intensiver Zusammenarbeit internationale Luftraumsicherungsoperatio­nen durchgeführt.

Das sind die vier Szenarien und das Konzept, das wir erstellt haben. Wir haben darin auf das reagiert, was uns der Rechnungshof mitgeteilt hat. Diese vier Szenarien und die damit zusammenhängende Luftraumüberwachung und -sicherung wird durch Euro­fighter, Saab 105 und Hubschrauber durchgeführt. Dazu kommen die passiven Ele­mente wie „Goldhaube“ und die mobilen Radarsysteme. Ein letzter Punkt, was dieses Konzept betrifft: Wir arbeiten nach dem Prinzip der angemessenen Reaktion.

Es wurde heute der Umgang mit der Offenlegung des Vertrages kritisiert, und ich möchte mich mit dieser Situation auseinander setzen. Herr Abgeordneter Kogler! Ich verstehe diese Kritik nicht. (Abg. Dr. Puswald: Er würde es Ihnen erklären!) Ich ver­stehe, ehrlich gesagt, auch das Verhalten nicht, das Sie im Ausschuss gezeigt haben, dass Sie sich der Diskussion verweigert haben. Wissen Sie, warum? (Abg. Dr. Pus­wald: Das ist Verhöhnung der Opposition, was Sie da sagen! Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen. Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeord­neten der SPÖ und der ÖVP. Abg. Neudeck – in Richtung des Abg. Dr. Puswald –: Zwischenrufe nur vom Platz! Präsidentin Mag. Prammer gibt neuerlich das Glocken­zeichen.)

Meine Damen und Herren! Ich begründe Ihnen nun, warum eine Offenlegung dieses Vertrages für den Verteidigungsminister nicht machbar ist. (Abg. Dr. Puswald: Her­zeigen und beweisen!) Meine Damen und Herren! Der Vertrag enthält technische Be­stimmungen, deren Geheimhaltung im Interesse der umfassenden Landesverteidigung liegt, laut Art. 20 Abs. 3 des Bundes-Verfassungsgesetzes.

Zweitens enthält dieser Vertrag kaufmännische Bestimmungen, deren Geheimhaltung im Interesse der Vertragspartner liegt.

Meine Damen und Herren! Zum Dritten wurde aus diesen beiden Gründen noch nie ein militärischer Beschaffungsvertrag zugespielt, weil das für den Verteidigungsminister laut Verfassung nicht geht, da er zur Amtsverschwiegenheit verpflichtet ist.

Geschätzte Damen und Herren! Ich nenne Ihnen einen weiteren Punkt: Ich erinnere an das Jahr 1987. Damals hat es dieselbe Debatte gegeben, und es wurde im Unteraus­schuss, der damals zum Thema der Draken-Nachfolge installiert wurde, verlangt, dass der Vertrag offen gelegt wird. Dieselbe Diskussion, dieselbe Situation. Wissen Sie, wie


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das Ganze dann vor sich gegangen ist? Damals – unter dem Bundeskanzler Dr. Franz Vranitzky – hat der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes festgehalten, dass auf Grund der Amtsverschwiegenheitsbestimmungen der Vertrag nicht offen gelegt werden kann. (Abg. Dr. Kräuter: Stimmt nicht bei einem Untersuchungsausschuss!)

Meine Damen und Herren! Ich habe hier die Unterlagen zur Verfügung. So wurde das dazumal entschieden – auch unter einem Bundeskanzler Dr. Franz Vranitzky! Das, was damals gegolten hat, wird auch heute noch gelten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Der letzte Punkt: Ich würde schon bitten, dass man das oberste Organ der Republik Österreich so ernst nimmt, dass es ausreichend ist, wenn diese Unterlagen und auch der Kaufvertrag zur Einsichtnahme vorgelegt wurden und die Prüfung durchgeführt wird und wir nun die Möglichkeit zur Debatte haben, zu welchem Ergebnis der Rech­nungshof gekommen ist. Ich bitte wirklich um Verständnis dafür, dass sich ein Verteidi­gungsminister so zu verhalten hat, wie es die Bundesverfassung vorsieht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Was den Ausstieg aus dem Vertrag betrifft: Es wird immer wieder verlangt, aus dem Vertrag auszusteigen. Ich sage Ihnen: Ich denke nicht einmal daran! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wissen Sie, was das bedeutet? – Aus dem Vertrag auszusteigen bedeutet Schluss mit der Luftraumüberwachung. Wollen Sie das, geschätzte Damen und Herren? Können Sie das verantworten? Ich als Verteidigungsminister und die Regierung können das mit Sicherheit nicht verantworten! (Abg. Dr. Puswald: Kaufen wir etwas Besseres, Billige­res! Abg. Gaál: F-16!)

Lieber Kollege Gaál! Ich beschäftige mich nun mit der SPÖ. Erinnern Sie sich: Im Jahre 1985 gab es eine rot-blaue Koalition. Damals wurde die Beschaffung von Draken beschlossen, und man hat zusätzlich beschlossen, sich mit der Draken-Nachfolge zu beschäftigen. – Das war 1985. (Abg. Dr. Kräuter: Kalter Krieg war damals! – Abg. Gaál: ÖVP Steiermark!)

Gehen wir weiter: In den Jahren 1996 und 1997 wurde unter der rot-schwarzen Koali­tion der Grundsatzbeschluss gefasst, die Planungen für das neue Luftraumüber­wachungsflugzeug vorzunehmen. (Abg. Scheibner: Wir sind die Einzigen, die eine gerade Linie haben!)

Im Jahre 2000, auch bei den Koalitionsverhandlungen, hat die SPÖ immer ein eindeu­tiges und klares Ja zu den Luftraumüberwachungsflugzeugen geäußert. Meine Damen und Herren! Was, bitte, hat sich geändert? – Seit Sie in der Opposition sind, wieder­holen Sie immer wieder gebetsmühlenartig, Sie brauchen keine Luftraumüberwa­chungsflugzeuge, stopp, Sie möchten aus dem Vertrag aussteigen. (Abg. Faul: Haben Sie Europa verschlafen, Herr Minister?)

Ich würde also darum bitten, dass das, was vor fünf Jahren gegolten hat, heute eben­falls noch gelten sollte. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Zum Schluss: Mir und auch der Regierung geht es darum, dass bei der Sicherheits­politik der Populismus beileibe nicht im Vordergrund steht. (Abg. Dr. Kräuter zwei Zeitungsartikel in die Höhe haltend : Sagen Sie etwas über den Standort! Das haben Sie offenbar vergessen!) Es geht darum, dass wir für die Sicherheit der Menschen in der Republik Österreich da sind. Der Kauf der Eurofighter ist ein unverzichtbares Ele­ment für die Sicherheit in Österreich. Noch einmal: Eurofighter war Bestbieter! – Herz­lichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.17



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Dr. Puswald. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


17.17.20

Abgeordneter Dr. Christian Puswald (SPÖ): Sie hörten eine Belangsendung von EADS. Es sprach der verlässlich zum Vertragsinhalt verschwiegene Verteidigungsmi­nister. (Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Frau Präsidentin! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Verteidigungsminister! Hohes Haus! Es freut mich, dass ich Ihren wunden Punkt getroffen habe. Danke für den Beifall. (Widerspruch bei der ÖVP. Abg. Lentsch: Ihre Partei hat den Spaß nicht verstanden!)

Nach einem finanz- und wirtschaftspolitischen und wehrtechnischen Desaster ist diese Abfangjägerbeschaffung zum demokratiepolitischen Skandal dieser Zweiten Republik schlechthin geworden. (Abg. Scheibner: Was ist wehrtechnisch, Herr Kollege?)

Noch nie in der Zweiten Republik hat es den Versuch einer Bundesregierung gegeben, das Parlament in einer seiner wichtigsten Funktionen – nämlich der Kontrollfunktion – auszuschalten. Das ist ein Vorgang, der den Auszug nicht nur rechtfertigt, sondern notwendig macht, um der Öffentlichkeit zu demonstrieren, was diese Bundesregierung eigentlich vorhat, nämlich jede Kontrolle auszuschalten, sich keiner parlamentarischen Kontrolle zu stellen und laut Kollegen Gahr und Ihnen, lieber Herr Kollege Missethon, das Ganze noch als Akt christlicher Nächstenliebe zu verkaufen, mit dem Argument, die arme Opposition soll nicht so angestrengt werden. – Nein, danke! (Beifall bei der SPÖ. Abg. Hornek: Das ist eine Unterstellung! Ruf bei der ÖVP: Arbeitsverweige­rung!)

Herr Bundesminister, dieses Desaster hat ja schon damit begonnen, dass Sie es gewagt haben, einen Vertrag über die Anschaffung zu unterfertigen, noch ehe Sie von diesem Hohen Haus dazu ermächtigt wurden. Ich gratuliere Ihnen zu diesem Schnäpp­chen, das Sie uns gerade dargeboten haben: Sie haben es nämlich als Privatmann gekauft, und Sie werden damit vermutlich noch in Zukunft ein Problem haben, weil zumindest unter geänderten Verhältnissen das Ganze noch Gegenstand rechtlicher Erörterungen sein wird. (Abg. Fauland: Jetzt fürchten wir uns aber!)

Herr Bundesminister, Sie fordern eine seriöse Debatte und verschweigen aber – und damit beantworte ich Ihre Frage, Herr Kollege Fauland, ich verstehe schon, dass Sie nicht den Einblick haben, und gerade deswegen sage ich es Ihnen gerne (ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen) –, wo diese wehrtechnisch desaströse Entwicklung ihren Anfang genommen hat, nämlich darin, dass bei der Anbotseinholung der Ankauf von acht Stück elektrooptischen Zielerfassungseinrichtungen ausgeschrieben war. Der Kaufvertrag sah sechs vor. – Es handelt sich hiebei um eine Mussanforderung. (Abg. Fauland: Umgekehrt!)

Weiters bestanden acht Selbstschutzsysteme gegen Bedrohung aus der Luft als Muss­anforderung. Im Kaufvertrag sind nur sechs vorgesehen, und denen fehlt noch ein System, das auf Kampfflugzeuge abgefeuerte Lenkwaffen IT-gesteuert erfasst.

Weiters war bei der Anbotseinholung ausgeschrieben, dass vier der zu beschaffenden Flugzeuge Träger für Aufklärungseinrichtungen haben sollten – Mussforderung. Im Kaufvertrag schien diese Leistung gar nicht mehr auf. Und so ließe sich diese Liste beliebig fortsetzen.

Herr Bundesminister, wenn Sie von uns eine seriöse Debatte fordern, dann sage ich Ihnen als Anwalt, was man bei Gericht üblicherweise erlebt: Wer behauptet, muss be­weisen! (Abg. Scheibner: Das gilt aber für Sie auch! – Abg. Hornek: Wo ist der Be-


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weis?) Sie behaupten in blumigen Worten, wie wunderbar diese Abfangjägeranschaf­fung erfolgt ist, wie transparent alles ist, und vergessen dabei, den Vertrag vorzulegen.

Ich sage Ihnen: Wer einen guten Vertrag aushandelt, so wie seinerzeit Bruno Kreisky den Staatsvertrag (lebhafte Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen), der kann sich vor die Weltöffentlichkeit hinstellen und auf dem Balkon sagen: Das ist ein guter Vertrag! (Der Redner hebt einige Schriftstücke mit beiden Händen in die Höhe.) Wer einen schlechten aushandelt, muss ihn anpreisen wie eine Werbesendung von EADS und sich davor stellen und ihn verstecken. – Danke, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.21


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Murauer. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


17.21.00

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Präsident des Rech­nungshofes! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Spezialis­ten in Angelegenheit Luftraumüberwachung! (Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheit­lichen. – Abg. Dr. Puswald: Sie schauen in die richtige Richtung!) Mein Vorredner ist einer der wirklichen Kenner der Luftraumüberwachung und ihrer Notwendigkeit. (Abg. Dr. Puswald: Sie haben es erkannt, Herr Kollege!) Das Hohe Haus ist begeistert von Ihren Äußerungen. (Neuerliche Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Eigentlich tut mir die Opposition, die Grünen, die Sozial­demokraten, Leid. (Abg. Steibl: Bravo!) Jetzt haben sie sich so bemüht, die Strategie war ja so angelegt, dass man zuerst die Luftraumüberwachung überhaupt anzweifelt. Manche haben es noch nicht begriffen, Kräuter zum Beispiel. Aber es gibt welche, die es mittlerweile begriffen haben. Sie zweifeln an. Mit dem sind Sie nicht durchgekom­men, weil Sie gesehen haben, den Luftraum – Herr Kollege Kogler, so weit sind sogar Sie – kann man nicht unbedingt unbeobachtet, unkontrolliert lassen.

Das ist danebengegangen, also nächster Schritt: Skandalisieren! Wir müssen die gan­ze Geschichte skandalisieren! – Der Staatsanwalt wurde eingeschaltet. Die Anzeige ist wieder zurückgelegt worden, weil es nichts Inkriminierendes gibt. (Abg. Dr. Puswald: Weil die Weisung von Minister ...!) – Puswald, aufpassen, denn Sie verstehen es wirk­lich nicht! (Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Puswald: Sie haben keine Ahnung! Sie reden von etwas, wovon Sie keine Ahnung haben!)

Ergebnis des ersten Rechnungshofberichtes: Wir haben keine Hinweise auf Geschenk­annahme – „Machinationen“ hat es geheißen –, Ungereimtheiten oder Mängel. Wieder danebengegangen.

Dann kam der nächste Rechnungshofbericht, wo es darum gegangen ist, dass nur 18 statt 24 Flieger gekauft werden. Die einen sagen, das sind viel zu wenig, die nächsten sagen, das sind viel zu viel. Wir haben die Anzahl aus verschiedenen Gründen redu­ziert, auch nicht zuletzt wegen des Hochwassers und der zur Verfügung stehenden Mittel in unserem Staat. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Puswald.) Dazu hat uns der Rechnungshof gesagt, dass die Reduzierung zulässig ist und dass kein Best­bietersturz damit verbunden ist.

Und die letzte Strategie war jetzt: Wenn das alles nicht hinhaut, dann müssen wir der Bevölkerung sagen, dieser Rechnungshof ist nicht mehr zuständig für die Prüfung, dem glauben wir nicht mehr. – Ursprünglich haben Sie gesagt: Der Rechnungshof hat höchste Kompetenz, unsere Rechnungshofbeamten sind jene, die für das Parlament kontrollieren, und auf die können wir uns verlassen. Danke vielmals für Ihren Einsatz,


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sehr geehrte Damen und Herren im Rechnungshof! – So habt ihr alle miteinander geredet! (Beifall des Abg. Neudeck.)

Und jetzt passt es euch nicht mehr in den Kram und sagt ihr: Nein, wir nehmen nicht zur Kenntnis, dass die Einsicht in den Vertrag nicht gestattet wird, dass es hier Ge­heimhaltung gibt, und müssen das daher unbedingt selbst kontrollieren, weil Puswald das besser versteht als der Rechnungshof! (Abg. Dr. Puswald: Ahnungslos, Herr Kol­lege! Keine Ahnung!)

Puswald ist derjenige, der von den Sozialisten abgesandt ist, und das ist nun der Oberprüfer anstelle des Rechnungshofs. Gott schütze Österreich, hätte ich bald ge­sagt, aber ich sage es nicht. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Puswald.)

Meine Damen und Herren! Die Eurofighter sind Kosten/Nutzen-gerecht, das sagt auch der Rechnungshof. Die Eurofighter werden immer fliegen. Der Bundesminister sagt, er geht nicht zurück, er übernimmt die Verantwortung. Die Eurofighter fliegen bei Tag und Nacht, Puswald, ob es heiß ist oder kalt – das dürften Sie noch nicht wissen –, und werden unser Land schützen. Diese Regierung und die Österreichische Volkspartei lassen sich in Sachen Sicherheit nichts nehmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Freiheitlichen.)

17.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Öllinger. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


17.24.48

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe schon einiges profitiert von dieser Debatte. Kollege Murauer erklärt uns, die Euro­fighter werden immer fliegen. Kollege Gahr sagt, wir erfüllen die Anforderungen der Gegenwart und Zukunft. – Mit einer derart nicht zukunftsgläubigen, sondern eigentlich völlig von der Rolle seienden Regierungspartei, die sagt, es wird passen, auch in Zu­kunft, es wird alles fliegen, auch in Zukunft (Abg. Murauer: Nur die Grünen nicht!), der Eurofighter ist unsterblich, mit dieser Grundhaltung, Herr Kollege Murauer und Herr Kollege Gahr, werden Sie natürlich alle Konstellationen überleben – nur, ob das der Republik gut tut, das wage ich zu bezweifeln.

Kommen wir zum Herrn Verteidigungsminister. Das war auch nicht viel besser, Herr Verteidigungsminister! Was haben Sie uns argumentativ einzureden versucht? Sie haben gesagt: 250 000 Zuschauer bei der AirPower können sich nicht irren. Die waren begeistert vom Eurofighter. – Das ist ein Argument? Ein Argument für das Parlament und für den Beschaffungsvorgang?

Zweites Argument von Ihnen war: Wir brauchen den Eurofighter für Sportveranstaltun­gen. – Das ist ein Argument für den Eurofighter? Sie als Verteidigungsminister werden doch die Güte haben, uns gegenüber hauptsächlich militärisch zu argumentieren, und das haben Sie im dritten Argument versucht. Sie haben gesagt: Der Eurofighter – das hat Le Bourget bewiesen – fliegt von Paris bis Singapur. – Spannend. Nur frage ich Sie, Herr Bundesminister, ein Eurofighter, der von Paris bis Singapur fliegen kann, ist das wirklich das Luftraumüberwachungsgerät, das die Republik braucht? (Abg. Dr. Fasslabend: Na sicher!)

Und wenn Sie, Herr Verteidigungsminister, dann sagen, wir können diesen Eurofighter so konfigurieren, dass er nicht in erster Linie als Kampfflieger eingesetzt wird, sondern zur Luftraumüberwachung, dann sage ich Ihnen, Sie können ihn nicht so konfigurieren, dass er nur kürzere Strecken fliegen kann. Er ist ausgelegt auf lange Strecken, und damit zeigt sich, dass der Eurofighter – und das war die anfängliche Kritik – ein Pro­dukt des Kalten Krieges war und ist. (Abg. Neudeck: Vielleicht nimmt ihn dann die


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AUA statt dem Airbus!) Das werden Sie nicht wegdiskutieren können, auch wenn Sie ihm einige Raketen herunternehmen.

Das waren jetzt Ihre Argumente auf der für das einfache Publikum, wie Sie sich das vorstellen: 250 000 Zuschauer können sich nicht irren!, verständlichen Ebene.

Aber was ich erschütternd finde, Herr Bundesminister, ist, dass Sie einen gut Teil Ihrer Redezeit dazu benutzen, um uns zu erklären, dass Sie gegenüber dem Parlament zur Amtsverschwiegenheit verpflichtet sind. Das, Herr Bundesminister, halte ich im Prinzip wirklich für skandalös. Sie wissen genauso gut wie ich und wie jeder da herinnen, Arti­kel 20 Abs. 3 B-VG regelt die Amtsverschwiegenheit. Ja, aber Sie haben das Recht zur Amtsverschwiegenheit nur in militärischen Belangen. Sie können alle jene Vertrags­passagen abdecken, die sich auf die militärischen Belange beziehen, einverstanden. Das war aber nicht unser primäres Interesse.

Wir wollten buchhalterisch den Kaufvorgang nachvollziehen und wissen, welche Ver­tragsbedingungen darin enthalten sind. Und da können Sie mir nicht sagen, Herr Bun­desminister, dass es von militärischem Belang ist, dass wir nicht wissen dürfen, wel­chen Preis die Republik zahlt, unter welchen Bedingungen man aus dem Vertrag aus­steigen kann, ob man überhaupt darf, ja oder nein, und welche Konditionen damit ver­bunden sind. Das hat aber absolut nichts mit Ihrer Auskunftsverpflichtung gegenüber dem Parlament zu tun!

Sie berufen sich auf eine Amtsverschwiegenheit, die nur in einem Teil und zu Recht dort besteht, wo es um die militärischen Belange geht. Ja, aber die sind nicht tangiert! (Abg. Scheibner: Das wissen Sie ja nicht, wenn Sie den Vertrag nicht kennen!) Arti­kel 20 Abs. 3 B-VG sagt nämlich: „Die Amtsverschwiegenheit besteht für die von einem allgemeinen Vertretungskörper bestellten Funktionäre nicht gegenüber diesem Vertre­tungskörper, wenn er derartige Auskünfte ausdrücklich verlangt.“

Und Sie, Herr Bundesminister, gehen her und sagen unter Bezugnahme auf die Ver­fassung, Sie dürfen es gar nicht. – Das ist unwahr!

Herr Bundesminister, wenn wir derartige Sitten einreißen lassen in diesem Parlament, dass ein Minister unter Bezugnahme auf die Amtsverschwiegenheit nicht einmal mehr berichten darf, was er angekauft hat, unter welchen Konditionen er etwas angekauft hat, dann können wir jegliche Kontrolle in diesem Parlament aufgeben.

In diesem einen Punkt, Herr Bundesminister, kann ich meinem Kollegen Werner Kogler ausnahmsweise nicht ganz Recht geben. Es war schon in der Vergangenheit nicht ein­fach, die Regierungsmehrheit in diesem Haus zur Kontrolle zu bewegen, aber es war ein bisschen besser. Aber so weit sind die Regierungsparteien nicht einmal in Zeiten der großen Koalition gegangen, dass sie die Ladung von Auskunftspersonen verwei­gert haben (Abg. Scheibner: Das stimmt nicht!), dass geladene Auskunftspersonen unter Hinweis auf die Amtsverschwiegenheit Auskünfte verweigert haben, so wie Sie es hier jetzt getan haben, Herr Bundesminister. So weit sind sie nicht gegangen.

Sie haben im Nachhinein dann zwar immer wieder einen Bericht geschrieben, in dem Sie den Sanktus gegeben haben. Ich könnte Ihnen die entsprechenden Berichte des Rechnungshofausschusses auch nennen. Bei der Causa „World Vision“ haben Sie brav den Sanktus gegeben, haben Sie gesagt, das hat alles gepasst. Auch in der Causa „Euroteam“ waren Sie mehr oder minder der Meinung, es hat weitgehend alles gepasst. So weit haben Sie sich darauf verständigt. Aber so weit, dass Sie der Oppo­sition die Auskunftsrechte verweigert haben, dass Sie hergehen, so wie der Bundesmi­nister, und unter Bezugnahme auf Amtsverschwiegenheit Auskunftspflichten gegen­über dem Parlament ablehnen und sagen, die bestehen in diesem Bereich nicht, so weit waren wir wirklich noch nicht. Das ist der Abgesang von parlamentarischer Kon-


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trolle, und dafür tragen Sie die Verantwortung! (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

17.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Puswald zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, Sie kennen die Bestimmungen: zunächst den zu berichtigenden, dann den berichtigten Sachverhalt, und das alles in 2 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


17.31.46

Abgeordneter Dr. Christian Puswald (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Präsident des Rechnungshofes! Sehr geehrte Minister! Hohes Haus! Herr Kollege Murauer sagte, die SPÖ hat den Puswald abgestellt als obersten Prüfer. – Diese Tatsachenbehauptung ist unwahr! (Heiterkeit bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Das ist keine tatsächliche Berichtigung! – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glo­ckenzeichen.)

Richtig ist, dass die SPÖ den Puswald nicht abgestellt hat (Abg. Neudeck: Denn den Puswald kann man nicht abstellen!), auch nicht als obersten Prüfer. Für die SPÖ ist der Rechnungshof und der geschätzte Präsident ...

17.32


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, ich glaube nicht, dass ich Ihnen noch extra mitteilen muss, dass das keine tatsächliche Berichtigung war. (Hei­terkeit bei der ÖVP. – Abg. Dr. Puswald: Das war eine tatsächliche Berichtigung! Ich bin nicht abgestellt worden von der Partei! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Neudeck. Wunschredezeit: 4 Minu­ten. – Bitte. (Abg. Murauer – in Richtung des Abg. Gaál –: Toni, das hast du dir auch nicht verdient! – Heiterkeit bei der ÖVP.)

 


17.32.33

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Herr Rechnungshof­präsident! Meine Herren Minister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich muss mich ein bissel distanzieren von einer Aussage, die mein Salzburger Kollege Fauland gemacht hat. Er hat die Rede des Kollegen Kräuter mit der Löwinger-Bühne verglichen. Als Wiener muss ich feststellen, das hat sich die Löwinger-Bühne nicht verdient. (Hei­terkeit und Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Kollege Kräuter agiert hier im Hohen Haus so wie im Ausschuss: keine Inhalte, Wahl­kampfrhetorik pur und Selbstdarstellung. Und das wird jetzt noch anscheinend erwei­tert um das Match Puswald – Kräuter, denn nachdem Kollege Murauer gesagt hat, der Oberkontrollor ist der Puswald, ist der Kräuter gleich nervös geworden und hat den Puswald zu einer tatsächlichen Berichtigung hinausgeschickt: Er ist nicht abgestellt dafür. – Dass das keine tatsächliche Berichtigung war, nehme ich zur Kenntnis, Frau Präsident. Macht euch das in der Fraktion aus, vielleicht lernt er es einmal!

Meine Damen und Herren! Natürlich, es gibt Kritikpunkte, das ist bei einer derartigen Beschaffung logisch, und wir stehen auch zu dieser Kritik des Rechnungshofs. Darüber kann man durchaus diskutieren. Diskutieren wir darüber, aber skandalisieren wir es nicht! (Zwischenruf bei der SPÖ.) – Aussitzen muss ich den Eurofighter nicht, ich bin kein Pilot, ich würde nicht hineinpassen, Kollege. (Heiterkeit.)

Die SPÖ hat jetzt eine ganz klasse Taktik und sagt: opponieren und kassieren! (Abg. Dr. Puswald: Wir sind ja nicht die FPÖ!) Die Finanzierung wird immer von den Grünen und von der SPÖ so sehr skandalisiert, da habe ich mir gedacht, da ist Raiffeisen, Erste oder irgendwer sonst in dieser Richtung am Werk gewesen. Nein, ich habe dann


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im Ausschuss gehört, es ist die PSK, die der BAWAG gehört, und die Gewerkschaft kassiert natürlich. Wenn Sie noch dazu sagen, das ist eine ertragreiche Finanzierung, dann kann man davon ausgehen, dass die Gewerkschaft sehr viel kassiert. Also: opponieren und kassieren. – So weit zu Ihrer Kritik. (Abg. Dr. Puswald: Behaupten und beweisen, lieber Kollege Neudeck!)

Es ist so, dass es bei den Gegengeschäften in der Anlaufphase natürlich Schwierig­keiten gab. Ich erinnere mich noch, das waren voriges Jahr nicht so angenehme Be­richte, die wir da gehört haben. Da haben Firmen gesagt, sie haben nichts davon ge­wusst, dass sie auf der Liste sind, dann haben sie es plötzlich doch gewusst, weil das Zulieferer waren. Das war alles nicht schön, steht im Rechnungshofbericht drinnen.

Nur, dann zu sagen, der Rechnungshof hat zwar geprüft, aber jetzt prüfen wir den Rechnungshof, das ist in einer gewissen Weise – das wurde schon von einem Vorred­ner gesagt – ein Entzug der Glaubwürdigkeit des Rechnungshofs, und da spielen wir nicht mit. Sie können nicht den Rechnungshofpräsidenten, die Mitarbeiter und Beam­ten dort loben – da bin ich ja noch bei Ihnen, wenn Sie die loben –, aber dann, wenn Sie etwas nicht sehen dürfen wie eben diesen Vertrag, eine Prüfung des Rechnungs­hofes verlangen.

Obwohl Sie diesen Vertrag nicht kennen, interpretieren Sie ihn so, wie Sie ihn interpre­tieren. (Abg. Dr. Puswald: Ich brauche ihn gar nicht zu interpretieren, der Herr Bun­desminister hat sich selbst entlarvt!) Ich möchte hören, was Sie erst sagen würden, wenn Sie den Vertrag kennen würden. Sie reden über Sachen in diesem Vertrag und kennen ihn gar nicht. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Puswald.) Aber natürlich, Sie haben sehr viel über den Vertrag gesagt. Sie haben ja auch gesagt, dass Kreisky den Staatsvertrag verhandelt und hergezeigt hat. Das war nicht Kreisky, das war Figl! Das ist vielleicht in Ihrem Geschichtsbuch von der Jungen Generation oder wie das heißt so drinnen, aber in den österreichischen Geschichtsbüchern ist das, glaube ich, noch immer der Figl, der auf dem Balkon steht, und nicht der Kreisky. (Abg. Dr. Pus­wald: Man muss die Bilder genauer anschauen, Herr Kollege! Da sieht man, wer auf dem Balkon steht!)

Meine Damen und Herren! Es gibt ja Oppositionsabgeordnete, denen der Gripen bei der von Ihnen erwähnten Air-Show so gut gefallen hat, bis sie draufgekommen sind, dass das schon der Eurofighter war, den sie gesehen haben, weil der Gripen nach kur­zer Zeit nicht mehr geflogen ist, weil er nicht mehr fliegen konnte. Also solange sie geglaubt haben, dass es der Gripen ist, war der Flieger in Ordnung. Und genauso ist es bei Ihnen beim Rechnungshof.

Sie haben die Öffentlichkeit für einen geheimen Vertrag beantragt, den Sie einsehen wollten. (Abg. Dr. Puswald: Das ist doch nicht wahr! Wir haben absolute Verschwie­genheit angeboten!) Das ist ja schon einmal ein Widerspruch: Ich will einen geheimen Vertrag sehen und möchte dann die Öffentlichkeit beiziehen. Das haben wir Ihnen mit unserer Mehrheit nicht zugestanden, Kollege Kräuter.

Mir ist aber dann nach einer oder eineinhalb Stunden klar geworden ... (Abg. Dr. Kräu­ter hält dem Redner ein Schriftstück mit dem Bild Jörg Haiders entgegen.) Wieso zei­gen Sie mir da den Jörg Haider? (Abg. Dr. Kräuter: Die Zitate von Haider zu dem Ganzen ...!) – Die haben Sie ja schon hier heraußen erzählt, deswegen werden sie ja ... (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Kräuter.) Ja, ist aber alles eingestellt. Man kann ja durchaus einmal seine Meinung ändern, wenn die Gerichte es auch tun.

Aber, Kollege Kräuter, ich will ja Sie vielmehr entlarven. Sie haben einen Antrag auf Öffentlichkeit gestellt. Den haben wir Ihnen nicht gewährt. Nach zwei Stunden sind Sie gegangen. Jetzt weiß ich, warum Sie in die Öffentlichkeit wollten: Sie wollten im „Schweizer Haus“ sitzen, Pressedienste machen und über die Öffentlichkeit sehen,


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was wir im Rechnungshofausschuss arbeiten. So geht es nicht! (Beifall bei den Frei­heitlichen und der ÖVP.)

17.37


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundes­minister Mag. Grasser. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


17.37.44

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Frau Präsident! Herr Prä­sident des Rechnungshofs! Werte Ministerkollegen! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Einige Bemerkungen aus der Sicht des Finanzressorts. Erstens möchte ich festhalten, es war uns ein großes Anliegen, dass dieser Beschaffungsvorgang vom Rechnungshof sehr akribisch, sehr genau geprüft worden ist. Wir haben mittlerweile drei Prüfberichte, die dem Parlament vorgelegt worden sind.

Ich sage auch dazu, es war mir deswegen ein großes Anliegen, dass es diese Prüfun­gen gibt, weil es viel Kritik gegeben hat, weil man hier im Haus in vielen Diskussionen mit noch mehr Unterstellungen gearbeitet hat. Für uns war es daher wichtig zu sehen, was die Prüfinstanz der Republik zu diesem Beschaffungsvorgang sagt.

Wenn ich mir die drei Berichte ansehe, dann ist meine Interpretation, dass als ganz wesentlicher Punkt festgestellt wurde, dass der Eurofighter als Bestbieter zu Recht ermittelt worden ist. Und dann denke ich auch, dass man durchaus vorsichtig zum ... (Abg. Mag. Kogler: Die Formulierung ist falsch! „Zutreffend“ steht da!) – Ich lese es Ihnen dann gern vor, weil das ein wichtiger Punkt ist, auf den man noch einmal einge­hen sollte.

Der zweite wichtige Punkt ist: Wie schaut es im Finanzteil, im kaufmännischen Teil, im betriebswirtschaftlichen Teil aus? Aus meiner Sicht kann man hier durchaus die Inter­pretation ziehen, dass man hier in Summe eine gute Verhandlungsführung ermöglicht hat. Die Bereiche, wo Kritik geübt worden ist, wo Anregungen ausgesprochen worden sind – das möchte ich auch sagen –, wo Vorschläge gemacht werden, haben wir uns im Detail angesehen, keine Frage. Wir haben das im Ministerium durchdiskutiert. Wir haben das ernst genommen und nehmen das ernst und haben versucht, das auch entsprechend zu bewerten. Natürlich wollen wir daraus lernen und es in der Zukunft besser machen. Das ist überhaupt keine Frage, dazu sind ja die Rechnungshofberichte da, und die darin gemachten Vorschläge und Anregungen sollten im Sinne der Steuer­zahler bestmöglich umgesetzt werden.

Meine Damen und Herren! Wenn – und ich hoffe, Sie glauben uns das – man gerade so eine Beschaffung macht, wissend, dass es dazu eine durchaus zwiespältige, pola­risierende politische Debatte gibt, dann ist wohl völlig einleuchtend, dass es allen zuständigen Ministern der Bundesregierung ein sehr großes Anliegen ist, möglichst professionell zu handeln, möglichst transparent vorzugehen, möglichst keine Fehler oder möglichst wenige Fehler zu machen.

Wenn man sich jetzt diese drei Rechnungshofberichte ansieht, muss man fragen: Wo stehen wir eigentlich im Vergleich? Wo stehen wir, wenn man andere Beschaffungen anschaut? Ich habe mir die Mühe gemacht, den Rechnungshofbericht zur Beschaffung der Draken, der 1988 herausgekommen ist, durchzuschauen. Ich weiß nicht, wie er noch vor dem geistigen Auge bei Ihnen präsent ist. Sie wissen, Hintergrund war damals die Grundsatzentscheidung des damaligen Bundeskanzlers Fred Sinowatz, der als Vorsitzender des Landesverteidigungsrates am 26. März 1985 den Vorschlag für die Beschaffung der Draken und damit von Abfangjägern zur Sicherung des Luftrau­mes gemacht hat. Das wurde von einem sozialdemokratischen Bundeskanzler vorge­schlagen!


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Meine Damen und Herren! Wahrscheinlich hätte ich mir auch noch die Mühe machen und die parlamentarische Debatte dazu lesen sollen, aber für mich war es schon eine besondere Erkenntnis, dass der Rechnungshof damals festgestellt hat: Bestbieter war damals die Lightning. Bestbieter war zum damaligen Zeitpunkt nicht der Draken! Und der Rechnungshof hat festgestellt, dass sich die Bundesregierung damals gegen die Entscheidung der Bewertungskommission gerichtet hat, die gesagt hat, man solle die Lightning nehmen. Die Bundesregierung hat gegen den Bestbieter Lightning und für den Draken entschieden. Sie hat das getan, obwohl man gewusst hat, dass die Ge­samtkosten des Systems Draken laut Rechnungshof um 651 Millionen Schilling höher waren als jene des Systems Lightning.

Ich habe mich gefragt: Wie würde denn eine Oppositionskritik ausfallen, wenn es eine Bundesregierung gewagt hätte, gegen eine Bewertungskommission zu entscheiden, die festgelegt hat, dass der Eurofighter Bestbieter ist? – Aber damals ist das passiert, meine Damen und Herren! Da bitte ich auch, das zu sehen, dass wir offensichtlich ... (Abg. Faul: Gegengeschäfte ...!) – Die Gegengeschäfte sind heute dramatisch höher als damals, Herr Abgeordneter! (Abg. Dr. Kräuter: Sie wollen überhaupt keine ...!) Sie wissen, dass die Gegengeschäfte damals irgendwo das Ausmaß von 100, 120 Prozent hatten, jetzt machen sie 200 Prozent des Kaufpreises aus, nämlich 4 Milliarden €! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das heißt, hier sieht man, dass wir offensichtlich wesentlich besser, umsichtiger und vorsichtiger vorgegangen sind. (Weiterer Zwischenruf bei der SPÖ.) – Lesen Sie den Bericht! Da steht Interessantes drinnen.

Der Rechnungshof führte damals beispielsweise aus, dass für die entscheidenden Sit­zungen die Protokolle fehlen – die gab es damals nicht! –, dass die Anwesenheitslisten fehlen, dass nicht ersichtlich ist, welche Personen auf beamteter Ebene welche Ent­scheidungen getroffen haben. – Das heißt, die Dokumentation war damals auch nicht vorhanden! (Abg. Dr. Kräuter: Wir wissen gar nicht, wer den Vertrag unterschrieben hat!)

Bei uns ist für Sie die gesamte Dokumentation im Detail nachvollziehbar (Abg. Dr. Kräuter: Das ist nicht wahr!): Mengengerüste, Punktwert-Modelle und so weiter! Ich sage nur: Damals war das nicht der Fall, heute ist das selbstverständlich der Fall. Ich glaube, dass das ein wichtiger Punkt für eine transparente und korrekte Vorgangs­weise ist.

Lesen Sie, was damals zum kaufmännischen Teil gesagt wurde! Man hat beispiels­weise in Schilling transferiert und hat nicht das Fremdwährungsrisiko der schwedi­schen Krone berücksichtigt. Im Rechnungshofbericht hieß es, dass man auf eine Ein­sparung von 135 Millionen Schilling verzichtet hat, weil man eine vorhersehbare Ent­wicklung nicht im Vertragstext berücksichtigt hat. – Das wirft ein eigenes Licht auf die damalige Beschaffung!

Weiters kann man in diesem Rechnungshofbericht lesen, dass die Anzahlung von 5 Prozent auf 10 Prozent offensichtlich ohne besonderen Druck erhöht worden ist und somit weitere 40 Millionen Schilling als Nachteil für den Steuerzahler in Kauf genom­men wurden.

Wenn ich heute den aktuellen Rechnungshofbericht lese und der Rechnungshof sagt, dass es gelungen sei, den Ankaufspreis von 2,8 Milliarden € auf 1,959 Milliarden € her­unterzuverhandeln, ihn also um 843 Millionen € durch Leistungskürzungen, aber auch durch kaufmännisches Geschick in den Verhandlungen zu reduzieren, dann muss ich sagen: Meine Damen und Herren, es ist völlig klar, dass das wirklich ein beachtliches Ergebnis in den kaufmännischen Verhandlungen war, das uns gemeinsam gelungen ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Noch ein wichtiger Punkt. Es hat ja heute nur noch wenige Argumente gegeben. Ich darf hier auch Folgendes festhalten: Ich habe letzte Woche, als ich in den Rechnungs­hofausschuss gekommen bin, nicht gewusst beziehungsweise erst kurz vorher erfah­ren, dass die Opposition ausgezogen ist. Ich hätte mir gewünscht – ich darf das wirk­lich wertfrei feststellen –, dass man im Ausschuss sachlich, tief gehend und im Detail diskutieren kann. (Abg. Dr. Puswald: Dafür braucht man einen Vertrag!) Ich hätte es mir besonders gewünscht, weil mir Abgeordnete der Opposition im Rahmen von Miss­trauensanträgen und Dringlichen Anfragen eine ganze Fülle von Unterstellungen gemacht haben. Dann sitzt man im Ausschuss, nimmt sich von 19 Uhr bis 22.30 Uhr Zeit, und die Opposition ist nicht da, um diese vertiefende Debatte in der Sache, im Argument zu führen. (Abg. Dr. Puswald: Das ist eine ...!)

Ich muss Ihnen sagen, ich war enttäuscht, weil ich glaube, dass der Ausschuss nicht das Forum für politischen Aktionismus ist, sondern dass man dort in der Sache über In­halte diskutieren soll. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Puswald: Man kann nicht die Opposition so behandeln und dann ...!)

Sie, Herr Abgeordneter Kogler, stellen sich dann heute noch her und behaupten aber­mals – ich kenne Sie sonst in manchen Fragen als sachlichen und seriösen Ge­sprächspartner –, dass die Typenentscheidung durch die Wahl der Finanzierungsvari­ante von Seiten des Finanzministeriums beeinflusst worden ist. Dazu darf ich Ihnen erstens Folgendes vorlesen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Puswald.) Ich lese das vor, Seite 16 des Rechnungshofberichts, Herr Abgeordneter Puswald. Und das war auch die zentrale Argumentation des Abgeordneten Pilz, dass wir im Finanzminis­terium die 18 Halbjahresraten-Variante gewählt haben und nur deswegen sei der Euro­fighter bei der Entscheidung herausgekommen. Der Rechnungshof schreibt in seinem aktuellen Bericht auf Seite 16 – ich zitiere –:

„Demzufolge wäre das Angebot der Firma Eurofighter Jagdflugzeug GmbH nicht nur bei der Zahlungsvariante mit 18 Halbjahresraten, wie die Bestbieterermittlung ergeben hatte, sondern auch bei der Variante mit zehn Halbjahresraten Bestbieter gewesen. Lediglich bei der Zahlungsvariante ,Zahlung bei Lieferung’ wäre das Produkt der Firma SAAB (...) Bestbieter gewesen.

Unter den genannten Voraussetzungen wäre somit kein Bietersturz zugunsten des An­gebots der Firma SAAB bei der Zahlungsvariante mit 18 Halbjahresraten eingetreten.“

Das heißt, die Botschaft des Rechnungshofes ist: Auch bei zehn Halbjahresraten ist der Bestbieter Eurofighter. Das einzige Argument, Herr Abgeordneter Kogler, das Ihnen noch übrig bleibt, weil alle anderen zusammengefallen sind, ist die Barzahlung eines solchen Geschäfts.

Ich darf Ihnen Folgendes sagen: Der Eurofighter hat eine Nutzungsdauer von 30 Jah­ren. Ich darf Vergleiche anstellen, weil Ihr Argument war: nur bei 18 Halbjahresraten. Man hat den Kauf von 112 Kampfpanzern Ulan um 292,14 Millionen € über sieben Jahre Ratenzahlung finanziert. Und bei den Eurofightern mit einem Kaufpreis von 1,959 Milliarden € unterstellen Sie uns, da wären zehn Halbjahresraten oder auch eine Barzahlung locker möglich gewesen und der Finanzminister hätte die 18-Halbjahres­raten-Variante gewählt, um hier die Typenentscheidung zu beeinflussen?! – Das ist un­fassbar!

Oder: Neun Transporthubschrauber der Type Black Hawk wurden um 203 Millionen € beschafft – das ist etwa ein Zehntel des Kaufpreises der Eurofighter –, verteilt auf sie­ben Jahresraten, das heißt 14 Halbjahresraten.

Unsere Zielsetzung ist völlig klar und auch nachvollziehbar. Was ist in dieser Situation der Entscheidungsgrundsatz für ein Finanzministerium? – Erstens: Es soll keine Fi-


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nanzschuld entstehen. Im Sinne des Bundeshaushaltsrechts entsteht eine Finanz­schuld dann, wenn über einen Zeitraum von zehn Jahren hinaus finanziert wird. Daher war für uns von Beginn an klar, es muss kürzer als zehn Jahre sein, aber es wird knapp bei zehn Jahren liegen. Warum? – Weil wir, was die budgetäre Leistbarkeit betrifft, ja logischerweise eine Verteilung auf mehrere Jahre brauchen.

Wenn wir 200 Millionen €-Geschäfte auf sieben Jahre verteilen, dann ist doch logisch, dass wir knappe 2 Milliarden €-Geschäfte auf neun Jahre verteilen! Wenn Sie sich anschauen, auf welchen Zeitraum Infrastrukturgeschäfte mit welcher Nutzungsdauer finanziert werden, dann bleibt von Ihrem Argument wirklich nichts mehr übrig, sondern dann ist es völlig klar, dass man hier die 18-Halbjahresraten-Variante zu Recht gewählt hat. Aber uns war es auch wichtig zu sehen, wie sind die Angebote der Firmen bei zehn Halbjahresraten und bei einem Barkauf, damit man weiß: Wie sind die Finanzie­rungskonditionen? Dann kann man auch die kaufmännischen Verhandlungen entspre­chend führen.

Mir ist einfach wichtig zu sagen: Dieses zentrale Argument, das Sie angeführt haben, ist durch diesen dritten Rechnungshofbericht aus meiner Sicht völlig in sich zusam­mengebrochen. Hiemit ist erwiesen, dass es klar eine Entscheidung für den Bestbieter gegeben hat, und zwar sowohl aus kaufmännischer als auch aus militärischer Sicht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es wurde mehrfach gesagt – und zwar auch zu Unrecht –, dass es sich hiebei um die größte Beschaffung in der Geschichte der Zweiten Republik und um die größte Investi­tion überhaupt handle. Ich meine, das ist jetzt ein wenig ein Streit um des Kaisers Bart, aber ich bitte hier auch um die Seriosität des Arguments. Sie sehen, dass wir auf der einen Seite eine Einmalinvestition von 1,959 Milliarden € tätigen – viel Geld, überhaupt keine Frage! –, aber auf der anderen Seite ist erkennbar, dass wir zum Beispiel in die Österreichischen Bundesbahnen jedes Jahr – jedes Jahr, laufend! – in Summe 4,4 Mil­liarden € investieren. Das zeigt ein wenig die Dimension: einmal 1,959 Milliarden im Vergleich zu jedes Jahr 4,4 Milliarden! (Abg. Dr. Gabriela Moser: Das stimmt ja gar nicht! Haftungsrahmen!)

Schauen Sie sich Infrastrukturprojekte an: Brenner-Basistunnel: mehr als 5 Milliar­den €! Schauen Sie sich die Koralmbahn mit 3,8 Milliarden € an! (Abg. Eder: Das ist Unsinn, was Sie erzählen!) Eine Fülle von Projekten, Straßenbaufinanzierungen, Schienenbaufinanzierungen, wo sehr klar relativiert wird, welche Dimension dieses Projekt hat. (Abg. Eder: Herr Finanzminister, bleiben Sie seriös!)

Wenn Sie schon bei der Seriosität sind, kann ich und will ich Ihnen nicht ersparen – weil ich in vielen Debatten und Misstrauensanträgen mit einigen Argumenten von Ihnen konfrontiert war –, auch zu fragen: Was ist denn von all Ihren Argumenten übrig geblieben?

Im Jahre 2002 hat mir die Sozialdemokratische Partei betreffend Abfangjäger vorge­worfen, Bundesminister Grasser würde für die Kampfflieger-Entscheidung belohnt wer­den. – Wenn man das als Minister vorgeworfen bekommt, kann man sich das nicht gefallen lassen, sondern hat sich entsprechend zur Wehr zu setzen! Ich darf hier auch anfügen: Die Sozialdemokratische Partei wurde damals vom Landesgericht für Straf­sachen in Wien zur Zahlung einer Entschädigung, zur Urteilsveröffentlichung und zum Ersatz sämtlicher Kosten verpflichtet und für diese Aussage entsprechend verurteilt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wenn heute Herr Abgeordneter Pilz fehlt, so ist das ein bisschen symptomatisch für die Debatte – ah, er ist gerade gekommen. Sie kommen gerade zum richtigen Zeitpunkt, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Pilz: Ja, zum richtigen Zeitpunkt!) – Zum richtigen Zeit­punkt. Im Jahr 2003 hat mir Herr Abgeordneter Peter Pilz Schiebung vorgeworfen und


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hat davon gesprochen, dass es auch die Beweise dafür gäbe. (Abg. Dr. Pilz: Sie sind auch ein Schieber!)

Herr Abgeordneter Pilz ist im Jahr 2003 vom Landesgericht für Strafsachen für diese Behauptungen verurteilt worden. Sie, Herr Abgeordneter Pilz, wurden zur Zahlung einer Entschädigung, zur Urteilsveröffentlichung und zu Kostenersatz verurteilt. Sie wurden im Jahr 2004 in einem Verfahren vor dem Handelsgericht Wien auch zivilge­richtlich dazu verurteilt, dass Sie derartige Aussagen unterlassen müssen und sie nicht mehr in der Öffentlichkeit wiederholen dürfen. (Abg. Dr. Fekter: Schau, schau!)

So viel, nur um hier auf den Tisch zu legen, mit welcher Seriosität Sie solch eine Debatte führen. Ich wünsche mir eine sachliche Debatte, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Damit, meine Damen und Herren, darf ich in Summe nochmals Folgendes festhalten: Erstens nehmen wir die Kritik des Rechnungshofs zur Kenntnis. Wir nehmen sie ernst, wir wollen sie in künftigen Beschaffungen selbstverständlich auch umsetzen. Zweitens, wie es der Herr Verteidigungsminister zu Recht behauptet und ausgeführt hat, geht es uns um die Sicherheit unseres Landes. Und diese Sicherheit endet nicht am Boden, sondern es geht auch um eine umfassende Sicherheit, was den Luftraum unseres Landes betrifft. Das sind wir der Bevölkerung schuldig.

Dritter Punkt: Die Bundesregierung hat sich für den Bestbieter entschieden – kaufmän­nisch und militärisch. Das wurde vom Rechnungshof entsprechend zum Ausdruck gebracht.

Ich denke, wir können sagen, wir haben gut verhandelt. Wenn der Rechnungshof in seinem Bericht anführt, dass wir den Ankaufspreis um 843 Millionen € reduzieren konnten, und wenn man dann noch weiß, dass es Martin Bartenstein gelungen ist, Ge­gengeschäfte in der Höhe von 4 Milliarden € zu vereinbaren, dann wird auch das ein beachtlicher Beitrag für Wachstum und Beschäftigung in unserem Land sein. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Mag. Lapp. Wunschredezeit: 3 Minuten. Bitte, Frau Abgeordnete.

 


17.52.17

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Frau Präsidentin! Die Herren Minister! Herr Rechnungshofpräsident! Ich kann mich noch daran erinnern, als Herr Finanzminister Grasser davon gesprochen hat, dass man eigentlich keine Kampfflugzeuge ankaufen soll und dass er sich mit all seiner persönlichen Kraft dagegen wehren wird, dass dieser Ankauf durchgeführt wird. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Kräuter – in Richtung von Bundesminister Mag. Grasser –: So viel zu Ihrer Seriosität!)

Heute hat er uns gezeigt, dass er sich sehr intensiv vorbereiten kann und vor allem sehr viele Personen hat, die in sehr vielen Berichten lesen. Aber der entscheidende Punkt ist: Der Bericht des Rechnungshofes zu den Luftraumüberwachungsflugzeugen ist ja wahrscheinlich einer, der am längsten diskutiert und sehr intensiv diskutiert wurde – nicht nur von der Zahl der Stunden, sondern auch von der Intensität der betei­ligten Personen her.

Bei diesem Beschaffungsvorgang, bei dem die Transparenz dieser Beschaffung und die Fehler bei den anderen Beschaffungen immer nur von der Regierungsbank aus hervorgehoben werden, aber nie nachvollziehbar sind für die Bevölkerung, die sich ja mit mehr als 500 000 Unterschriften gegen diesen Ankauf gestellt hat, ist das auch für die Opposition nicht leicht.


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Sehr geehrte Damen und Herren von den Regierungsfraktionen! Ich möchte dieses Lächerlich-Machen und das höhnische Erwähnen, wie sich Oppositionsabgeordnete hier in diesem Haus verhalten, zurückweisen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) – Man merkt Ihr schlechtes Gewissen, wenn Sie sich so aufregen. Deshalb war es sehr wichtig, dass ich das sage. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Wir wollten in der letzten Sitzung darüber Informationen bekommen, wer eigentlich den Vertrag unterschrieben hat, wer dafür zuständig war. Im Rechnungshofbericht steht drinnen, dass auf der einen Seite das Finanzministerium und das Landesverteidi­gungsministerium auch in sehr vielen Auseinandersetzungen bei der Entscheidungs­findung dabei waren und dass auf der anderen Seite die Preisverhandlungen vom Finanzministerium nur sehr mangelhaft dokumentiert wurden.

Allein der Umstand, dass heute hier Finanzminister Grasser sagt, diese Berichte seien ihm so wichtig und wertvoll, man werde daraus lernen, zeigt, sehr geehrte Damen und Herren, dass es zu wenig ist, wenn hier blauäugige Wortmeldungen abgegeben wer­den.

Kollege Gahr hat gesagt, dass 104 österreichische Firmen jetzt ganz toll bei den Ge­gengeschäften dabei sind. Wir haben in einer Sitzung festgestellt beziehungsweise hören müssen, dass sehr viele von diesen Firmen bereits vorher in diesen Bereichen tätig waren und dass Sie ganz einfach Umschreibungen vornehmen.

Wenn uns der Herr Verteidigungsminister heute erzählt, dass die Sicherheit dieses Flugzeuges gewährleistet ist, denn es wurde bei minus 32 Grad in Schweden am Boden getestet, so habe ich eine Frage, Herr Verteidigungsminister: Flugzeuge sollten fliegen und nicht am Boden getestet werden. Und wenn Sie sagen, dass der Euro­fighter die Strecke von Großbritannien nach Singapur, hin und zurück, zurücklegen kann, dann merkt man, dass Sie ganz einfach sehr an diesem Beschaffungsvorgang hängen und keine Transparenz aufweisen. (Beifall bei der SPÖ.)

17.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Stadler. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


17.55.50

Abgeordnete Astrid Stadler (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Herren Bundesminister! Herr Rechnungshofpräsident! Geschätzte Damen und Herren! Liebe Kollegin Lapp, der vorliegende Rechnungshofbericht, auch wenn Sie es anders haben wollen, zeigt ganz klar und deutlich, dass allen Unkenrufen von Ihnen, von der Oppo­sition zum Trotz der Beschaffungsvorgang nach den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit, der Sparsamkeit und der Wirtschaftlichkeit abgewickelt wurde. (Abg. Mag. Lapp: Das müssen Sie noch nachweisen!)

Frau Kollegin Lapp, umso mehr verwundert es mich, dass Sie als Mitglied des Rech­nungshofausschusses Ihren Auszug aus dem Rechnungshofausschuss mit nicht nach­vollziehbaren Argumenten argumentieren. Denn jeder, der sich mit Sicherheit beschäf­tigt, weiß, dass die Überwachung des Luftraumes zu den Kernaufgaben einer Regie­rung zählt und kein Staat der Welt darauf verzichtet.

Die Draken, die seit 1958 in Schweden und seit 1988 in Österreich im Einsatz sind, haben das Ende ihrer Nutzungsdauer erreicht und befinden sich bereits in der Aus­phasung. Mit der Beschaffung von 18 Eurofightern erwirbt die Republik einen der modernsten und besten Jets der Welt – nicht nur am Boden, sondern auch in der Luft. (Ruf: Die teuersten!)


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Ein Vergleich zu den Draken lässt sich eigentlich schwer herstellen, aber man könnte sagen, wenn Draken 100 Prozent Sicherheit bedeuten, so bedeuten Eurofighter 500 Prozent Sicherheit. Und, lieber Kollege Öllinger, das ist für mich Argument genug.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit der österreichischen Ausstattung der 18 Luftraumüberwachungsflugzeuge werden alle nationalen Aufgaben erfüllbar sein. Die Anpassungs- und Erweiterungsmöglichkeiten sind so gestaltet, dass auch etwaige Entwicklungen in der sicherheitspolitischen Lage abgedeckt werden können. Somit wird die Sicherheit im Luftraum und damit die Sicherheit der Menschen in unserem Land durch ein zukunftsorientiertes Projekt gewährleistet sein. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Krist. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


17.58.02

Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Mitglieder der Bundesregierung! Herr Präsident des Rechnungshofes! Hohes Haus! Das Thema Eurofighter wird uns mit Sicherheit noch Monate, wenn nicht Jahre beschäftigen (Abg. Neudeck: 40 Jahre!), einerseits weil wir nicht ruhen werden, die zum Teil dubiosen Vorgänge beim Ankauf aufzudecken, und andererseits weil vor allem kommende Regierungen, der ja Sie nicht mehr angehören werden, und vor allem auch das Bun­desheer sehr hart an diesen finanziellen Belastungen würgen werden. (Abg. Neudeck: Was meinen Sie jetzt damit?)

Wir Sozialdemokraten, meine Damen und Herren, treten seit jeher für eine militärische Landesverteidigung ein, aber für eine, die den finanziellen Möglichkeiten Österreichs und den Notwendigkeiten seiner politischen Situation entspricht. Die teuerste und größte Beschaffungsaktion der Zweiten Republik lässt unserer Meinung nach jedenfalls jede Menge Fragen offen, hat aber auch für den Rechnungshof offene Fragen hinter­lassen. Bei einer Menge dieser Fragen wurden dem Rechnungshof – nachzulesen im Bericht – Auskünfte von den Ministerien zum Teil nicht gegeben, zum Teil Stellungnah­men verweigert.

Es wurde mit Muss- und Soll-Kriterien herumgedoktert, genauso wie mit der Finanzie­rungsvariante, bis ein ganz bestimmter Bieter zum Zug kommen konnte. Das sind sehr bedenkliche Vorgänge, die auch aus der Sicht des Rechnungshofes weitere Aufklärung verlangen.

Warum zum Beispiel wurde – und diese Frage ist bis heute nicht wirklich beantwortet, und wir werden sie noch öfters stellen, bis eine Antwort kommt – das erfolgreichste und am besten erprobte Abfangjägerflugzeug der Welt, die F-16, ausgeschieden? (Abg. Fauland: Weil sie 25 Minuten ... braucht!) Warum ist die F-16 zu schlecht für Öster­reich, wenn dieser Flieger in mehreren europäischen Staaten erfolgreich im Einsatz ist und dies noch mindestens 20 Jahre sein wird? – Das ist die Auskunft hochrangiger Militärs. – Warum wurde die sehr interessante und kostengünstige Leasingvariante die­ser F-16 abgelehnt? (Abg. Scheibner: Welche F-16 meinen Sie? Welche meinen Sie?)

Die gesamteuropäische Sicherheitspolitik wird in naher Zukunft neu zu ordnen sein. Eine vernünftige Übergangslösung wäre allemal günstiger und zukunftsorientierter gewesen als der sündteure Ankauf dieser Kampfjets.

Warum haben Sie, Herr Minister, zum Beispiel nicht auf die von EADS vertraglich zugesagte Flugerprobung noch vor Vertragsabschluss gedrängt? Warum kaufen Sie teure Geräte, ohne zu wissen, ob sie überhaupt funktionieren? (Abg. Scheibner: Herr Kollege! Welche F-16 meinen Sie?)


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Sind bis heute eigentlich schon die tatsächlichen flugspezifischen Betriebskosten eru­ierbar und bekannt? – Auf mehrfache Anfrage von uns im Rechnungshof haben wir bis heute keine Antwort darauf erhalten.

Bis heute sind offensichtlich auch immer noch keine Zuverlässigkeitswerte der einzel­nen technischen Komponenten verfügbar. Wir als Republik haben aber den Vertrag unterschrieben und werden das alles ausbaden müssen.

Herr Minister Platter, Sie haben noch vor Vertragsunterzeichnung – auch nachzulesen im Rechnungshofbericht – eine ausführliche Erprobung des Fluggerätes in Österreich abgelehnt. Die Frage ist wohl: warum? – Ganz einfach: weil es gar nicht funktioniert. (Abg. Fauland: Geh bitte! So ein Blödsinn!)

Fragen über Fragen, meine Damen und Herren. Sie sind auch nicht bereit – und das ist mehrfach ausgeführt worden –, uns in den Eurofighter-Vertrag Einsicht nehmen zu lassen oder uns diesen vorzulegen. Sie haben regelmäßig jegliche Auskunftspersonen abgelehnt, die sehr wohl dazu hätten beitragen können, mehr Licht ins Dunkel dieser Beschaffungsaktion zu bringen. Sie sind auf viele unserer Wünsche und Fragen nicht eingegangen, sondern haben uns relativ salopp abserviert, in vielen Bereichen.

Wir werden Ihnen unsere Unterstützung für solche Vorgänge auf gar keinen Fall ge­ben! Wir werden weiter an der Aufklärung arbeiten. Wir werden die nebulosen Geld­flüsse aufdecken und die Bevölkerung von der größten Schulden- und Steuergeldver­schwendungsaktion dieser Bundesregierung informieren. (Beifall bei der SPÖ.)

18.01


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scheib­ner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

 


18.02.00

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren der Regierung! Herr Rechnungshofpräsident! Wir haben sehr viele Debatten geführt. Zumindest diesbezüglich, dass wir viele Debatten über die Abfangjäger und über dieses Projekt gehabt haben, hat mein Vorredner Recht. Ich bemerke, dass Ihnen von Seiten der Opposition ein wenig die Dynamik ausgeht. Die wirklichen Experten melden sich schon gar nicht mehr zu Wort und sind zum Teil auch gar nicht mehr im Saal: nämlich jene, die sich in der Sicherheitspolitik, in der Landesverteidigung ausken­nen.

Wenigstens haben wir es geschafft, dass Herr Abgeordneter Pilz zumindest kurz wieder einmal zu uns kommt, wenn auch etwas verspätet. Willkommen! Er wird ja hof­fentlich auch noch reden. Vielleicht schafft er es wenigstens, dass man sich noch ein bisschen über das eine oder andere Argument ärgert. (Zwischenruf des Abg. Dr. Kräu­ter. Ja, das kommt schon noch, Herr Kollege Kräuter. Dass Sie der Erstredner in so einer Debatte sind, zeigt ja auch, welche Qualitätsstandards man bei Ihrer Fraktion an dieses Thema legt. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Kräuter: Sie kommen heute noch später dran!)

Wir hätten uns wenigstens einmal ein neues Argument gewünscht! (Abg. Dr. Matz­netter: Sie können ...!) Wissen Sie, ich beteilige mich so gerne an diesen Debatten, aber wenigstens ein neues Argument, bei dem man nachdenken muss, hätte ich mir gewünscht! – Herr Kollege Gaál! Gott sei Dank! Wenigstens ein Experte sitzt hier am richtigen Platz in dieser Debatte, würde ich einmal sagen. (Zwischenruf des Abg. Grad­wohl.) Er hätte vielleicht noch ein Argument bringen können! (Heiterkeit bei den Frei­heitlichen und der ÖVP.)

Aber kein neues Argument! Und wir werden wieder die Antworten geben, die Sie ein­fordern, und Sie werden das nächste Mal wieder sagen: Wir bekommen ja nie Antwor-


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ten! (Abg. Gradwohl: Bei der Olympiade in Salzburg ...! – Abg. Dr. Kräuter: Sie sind nicht in der Lage, Antwort zu geben!) – Herr Kollege, bei Sportveranstaltungen! Das finden Sie alles so lächerlich. Das ist ganz einfach eine Tatsache. Es ist nur ein Seg­ment des Aufgabenbereichs der Luftraumüberwachung, dass es in Zukunft keine Groß­veranstaltungen internationaler Art mehr geben wird, wo nicht das Erfordernis einer aktiven Luftraumsicherung und -überwachung für die Zuschlagserteilung gegeben ist. Es ist ganz einfach eine Tatsache. Ihre Bürgermeister wissen es, Sie wissen es auch, nur sagen Sie halt wieder etwas ganz anderes.

Wenn dann wieder die Draken-Anschaffung zur Sprache kommt, dann sagen Sie: Das war damals eine andere sicherheitspolitische Lage und das war ja ganz anders und der Kreisky hat ja ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) – Natürlich war es eine andere sicherheitspolitische Lage, nur, lieber Herr Kollege – Herr Kollege Gaál wird dir das dann vielleicht bestätigen können –: Bezüglich der sicherheitspolitischen Lage von damals, als das einzig mögliche Szenario eines bewaffneten Konfliktes der Dritte Welt­krieg gewesen wäre, als der Warschauer Pakt mit seiner Luftarmada gegen die NATO mit ihren Potentialen aufgetreten wäre, sagen Sie, es war die richtige Entscheidung, 24 Draken aus den sechziger Jahren, bestückt mit einer Bordkanone, anzuschaffen. – Ich überlasse es Ihrer sicherheitspolitischen Kompetenz, das so zu behaupten.

Wissen Sie, was das Konzept damals in Wahrheit gewesen ist? – Es war das Konzept, eine Übergangslösung zu finden, um zu einem Überschallflugzeug zu kommen. Ge­meinsam mit der Beschaffung für den Draken war ein Flugzeug der neuesten Genera­tion konzipiert. Man hat gesagt, man überspringt eine Generation, um dann Mitte der neunziger Jahre zur neuesten Generation von Abfangjägern und Luftraumüberwa­chungsflugzeugen zu gelangen.

Nicht die sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen waren der Grund für den Dra­kenankauf, sondern man hat gesagt: Wir haben ein Defizit, wir können das jetzt nicht hundertprozentig beseitigen, aber wir nehmen sozusagen das Training im Überschall­bereich auf und Mitte der neunziger Jahre steigen wir dann in das neueste Konzept ein. (Abg. Neudeck: Sicherheitsdefizit! Die SPÖ ...!)

Meiner Meinung nach sind wir zehn Jahre zu spät doch so weit, dass im Jahr 2007 diese damals schon, Mitte der achtziger Jahre, beschlossenen modernsten Flugzeuge dieser Art – und der Eurofighter ist das modernste Flugzeug, das derzeit besteht – dem österreichischen Bundesheer zur Verfügung stehen.

Dann sagt mein Vorredner – ich freue mich immer über so kompetente Beiträge –: Ja, die F-16, das beste Flugzeug! – Es wundert mich, dass wir jetzt plötzlich für die Ameri­kaner einstehen. – Da frage ich mich: Welches Projekt F-16 meinen Sie, Herr Kollege? Ist er noch da? – Ja, da oben. Er ist etwas abgelenkt; das ist in Ordnung. Welches Projekt F-16 meint er, das so toll und interessant gewesen wäre? (Abg. Gaál: Der Finanzminister hat es vorgeschlagen!)

Das ist richtig! Damit widersprichst du ja den Vorhaltungen, dass der Herr Finanzmi­nister immer nur für den Eurofighter gewesen sei. Er hat gesagt, die billigste Lösung ist Gebrauchtgerät. Ich habe damals gesagt – und dazu stehe ich –: Das wäre wieder eine Übergangslösung! (Abg. Gaál: Er ist der teuerste Umfaller! – Abg. Dr. Matznetter: Sie haben etwas bestellt, das nicht geliefert wird!) Wir wollen ein modernes Gerät zur Ver­fügung haben, das die Luftraumüberwachung in Österreich über 30 oder 40 Jahre garantiert. (Abg. Dr. Matznetter: Das stimmt ja gar nicht!) Gott sei Dank haben wir uns für dieses Konzept entschlossen, meine Damen und Herren. F-16-Geräte gebraucht anzuschaffen, die irgendwo in der Wüste von Nevada abgestellt gewesen sind, und sie dann teuer und langzeitig upzugraden, wäre wirklich sinnlos. (Abg. Dr. Matznetter: Die sind wenigstens flugtauglich!)


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Dass die Amerikaner Österreich nicht die modernste Version der neuen F-16 ange­boten haben, weil wir nicht NATO-Mitglied sind, ist eine andere Geschichte. (Abg. Dr. Matznetter: Sie wollen der NATO beitreten?) So könnte man über alle Dinge argumentieren, und gerne werden wir alle Argumente auch weiterhin austauschen.

Mir hat einmal ein Journalist vor der Entscheidung gesagt: Herr Minister, wir warten alle schon ganz dringend auf Ihre Entscheidung und ich sage Ihnen: Ab dem Zeitpunkt, an dem die Entscheidung getroffen ist, werden wir zu den anderen Anbietern gehen und überall sonst recherchieren, um Argumente zu bekommen, warum diese Entschei­dung, egal wie sie ausgegangen ist, die falsche gewesen ist!

Gut, das steht Ihnen als Opposition grundsätzlich auch zu. Aber nehmen Sie auch zur Kenntnis, dass dieses Beschaffungsvorhaben vom Rechnungshof in drei Prüfungsver­fahren, von der Staatsanwaltschaft und von der internen Kontrolle überprüft worden ist. Der Rechnungshof hat gesagt: Diese Entscheidung ist richtig und nachvollziehbar, und nur diese Typenentscheidung!

Sie haben gesagt, man hätte noch gerne mit Spinka und allen Möglichen diskutiert. Soweit ich weiß, hat er ja im Ausschuss gesagt: Wie wäre denn die Entscheidung aus­gegangen, hätte der Minister anders entschieden? Was hätten Sie denn dann be­hauptet? – Und Sie wissen ganz genau, dass die Sorge im Ressort und auch meine Sorge gewesen ist, dass die Zusatzkosten für diesen Abfangjäger das Ressort zu tra­gen hat. (Abg. Dr. Pilz: Geh, Herbert!) Es war die Garantie des Finanzministers – und die ist auch jederzeit einzumahnen –, dass selbstverständlich alle Zusatzkosten für den Eurofighter zusätzlich budgetiert werden. (Abg. Dr. Pilz: Also, Herbert! Geh, bitte!)

Wenn er Ihnen zu wenig bewaffnet ist: wunderbar. Diskutieren wir darüber! (Abg. Dr. Pilz: Der Finanzminister?) – Nicht der Finanzminister! Ich weiß nicht, wie er be­waffnet ist. Die Eurofighter selbstverständlich! Wenn es Ihnen zu wenig sind, wenn wir sie auch im Ausland einsetzen können, dann wäre das wunderbar und vernünftig. Es kostet halt ein bisschen mehr Geld. Beschließen wir das gemeinsam! Aber mit diesen 18 Eurofightern – zumindest solange die Saab 105 noch im Dienst ist – ist die Luft­raumüberwachung darstellbar. Alles, was darüber hinausgeht, wird man diskutieren müssen. (Abg. Gaál: Wo ist das Finanzierungskonzept, Herbert?)

Herr Kollege Gaál, das Finanzierungskonzept ist Aufgabe des Finanzministers! (Abg. Gaál: Der sagt schon jahrelang nichts, der Herr!) – Herr Kollege Gaál, vielleicht kommst du doch noch heraus, denn du bist ja einer der ... (Abg. Gaál: Ich darf nicht!) – Was, du darfst nicht, sagst du? (Abg. Gaál: Nein!) – Dann war das nur ein falscher Zwischenruf. Gut, das will ich nicht näher kommentieren.

Jedenfalls ist sichergestellt, dass die Luftraumüberwachung – und die wird in der Zu­kunft immer bedeutender werden – mit diesem Eurofighter auf 30 bis 40 Jahre darge­stellt ist. Es ist alles überprüft. Sie werden weiterhin Ihre Debatten führen. Wunderbar! Wir werden weiter mit Ihnen darüber diskutieren, aber Sie werden keinen Anhaltspunkt finden, dass irgendetwas unkorrekt abgelaufen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.10


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Prä­hauser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.10.32

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Herren Minister! Herr Rechnungshofpräsident! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Kol­lege Scheibner hat die Waffe des Finanzministers angeführt, er hat nur nicht gesagt,


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welche es ist. Ich darf es hier ausführen: Es ist die Steuerschraube, ein gefürchtetes Instrument, das er nur allzu oft einsetzt und anwendet.

Meine Damen und Herren! Herr Kollege Gahr war entsetzt, dass die Sozialdemokraten und auch die Grünen die letzte Ausschusssitzung unter Protest verlassen haben. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Wir haben die Sitzung verlassen müssen, als wir erkennen mussten, dass es sinnlos war, weiterzudiskutieren, weil Sie nicht bereit waren, uns die Auskunft zu geben, die wir gerne gehabt hätten. Ich erinnere: Einige Sitzungen vorher ist die Koalition ausgezogen. Nachdem wir uns zwölf Stunden lang die Mühe gemacht hatten, Ihnen unsere Probleme näher zu bringen, haben Sie es damit belohnt. (Abg. Neudeck: Das waren 13 Stunden!)

Herr Kollege Neudeck! Sie waren zwar auch dabei, haben sich aber eher um etwas anderes gekümmert. Sie haben uns dort ohne Kommentar stehen gelassen. Diesen Vorwurf darf ich dem Herrn Kollegen Gahr zurückgeben. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, unsere Sorge ist nach wie vor folgende: Wir können den Kauf aus heutiger Sicht nicht verhindern, das ist keine Frage. Wir wollen einfach den Kaufvertrag sehen, und Sie verwehren uns das. Warum wollen wir den Kaufvertrag sehen? – Da gibt es einige Punkte. Am Anfang hat es geheißen: Macht euch über die Kosten keine Sorgen, eine Wirtschaftsplattform wird das alles abdecken, und das be­lastet das Budget überhaupt nicht. – Na, heute wissen wir, Wirtschaftsplattform gibt es keine.

Wir haben weiters vom damaligen Verteidigungsminister Scheibner gehört, der Gripen wäre auserkoren, er wäre das geeignete Flugzeug. (Abg. Scheibner: Wo haben Sie das gehört? – Abg. Fauland: Der war zu alt!) – Das war nachzulesen, kein Problem. Wir haben gleichzeitig vom Finanzminister gehört, solche Flugzeuge seien Kriegsspiel­zeug, das bräuchten wir nicht. – Das Ergebnis dieser Symbiose war dann der Euro­fighter. Unser Problem ist folgendes: Wir sind nicht in der Lage, zu durchblicken, wie es so kurzfristig zu diesem Sinneswandel kommen konnte.

Meine Damen und Herren, wenn einmal der Draken und die Lightning wieder angeführt werden, darf ich sagen: Man hat damals den Draken gewählt und nicht versucht, das Angebot so „hinzubiegen“ – unter Anführungszeichen –, dass man hätte sagen müs­sen, das ist die Voraussetzung, man müsste den Draken kaufen. Wir waren ehrlich zum Parlament. Das wollte ich auch noch einmal unterstrichen haben.

Wenn sich der Herr Bundesminister auch weiterhin wundert, warum wir den Vertrag sehen wollen, dann sage ich Folgendes. Es gibt einen Vorsitzenden einer Koalitions­partei, des BZÖ, der an Leib und Leben bedroht wurde, als er plakatiert hatte: Ich stoppe diesen Eurofighter-Kauf.

Meine Damen und Herren! Wir machen uns Sorgen um Ihren Koalitionspartner, um sein Wohlergehen, und Sie verwehren uns letztendlich die Einsicht! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Wir werden es ihm ausrichten! Der wird sich freuen!) – Das freut mich auch, dass Sie das so feststellen, Kollege Scheibner.

Herr Bundesminister, Sie führen immer wieder an, die Sozialdemokraten hätten im Jahr 2000 bei den Koalitionsverhandlungen einem Flugzeugkauf zugestimmt. Ich darf sagen: mit der Ergänzung der Maßgabe des Budgets. Das heißt etwas anderes. Das heißt: zuerst den finanziellen Haushalt in Ordnung bringen, nicht die Finanzschraube anziehen, um Geld hereinzubringen, sondern dann an die Verteidigung denken, wenn wir es uns auch leisten können. (Beifall bei der SPÖ.)

18.13


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schöls. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 



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18.14.06

Abgeordneter Alfred Schöls (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine Herren Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundesminister für Landesverteidigung! Ich mache es ungern, aber ich muss Sie leicht korrigieren. Sie haben in Ihren Ausführungen über die Airpower ge­sagt: Der Eurofighter ist auf gutem Kurs. – Ich möchte das korrigieren und sagen: Nicht nur der Eurofighter ist auf gutem Kurs, sondern diese Bundesregierung ist auf gutem Kurs (Zwischenrufe bei der SPÖ) und die Verteidigungspolitik dieser Bundesregierung ist auf gutem Kurs! (Beifall bei der ÖVP.) Denn während wir, meine sehr geschätzten Damen und Herren, hier ernsthaft über Fragen der Luftraumüberwachung diskutieren, benutzen Sie diese Diskussion wieder einmal, um diese ernst zu nehmende Frage hinwegzublödeln.

Kollege Puswald versteigt sich zu einer Geschichtsfälschung (Abg. Gradwohl: Was war das jetzt? – Zwischenruf des Abg. Dr. Puswald), indem er versucht, uns einzu­reden, dass Bruno Kreisky den Staatsvertrag verhandelt hätte. Kollegin Lapp erklärt uns, dass der Verteidigungsminister gesagt hat, die Flieger könnten nicht fliegen. All diese Dinge können nicht darüber hinwegtäuschen, dass es Ihnen nicht um die Sache geht. (Abg. Dr. Pilz: Das ist enttäuschend!) Das haben Sie auch in der letzten Sitzung des Rechnungshofausschusses wieder bewiesen. (Abg. Gaál: Schöls übertreibt! – Zwi­schenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe schon Verständnis, dass Ihnen vielleicht die Überwachung des Luftraumes beim Katholikentag nicht wirklich ein Anliegen ist. Ich habe auch Verständnis dafür, dass Ihnen vielleicht die Überwachung des Luftraumes bei Großraumsportveranstaltungen kein Anliegen ist. (Abg. Gaál: Deine Zeit ist abge­laufen!) Aber das Bedrohungsszenario bilden heute nicht mehr die kriegsführenden Mächte – wie das Herr Kollege Kräuter am Beginn seiner Rede gesagt hat –, sondern der Angriff auf das World Trade Center und andere Dinge. (Abg. Gradwohl: Genau! Die Amerikaner!)

Herr Kollege Pilz hat ja aus den Diskussionen der letzten Tage auch Erfahrungen, wo Bedrohungsbilder entstehen: Das sind nicht die Staaten! (Abg. Dr. Pilz: Die Bundes­regierung!) Daher haben wir als Republik die Verantwortung auch für die Luftraum­überwachung zu übernehmen.

Der Rechnungshofbericht hat es gezeigt: Ich habe leider nicht so viel Zeit, Ihnen das auszuführen, aber Sie können die Seiten 15, 16, 42 und andere des Berichts nach­lesen, wo dezidiert drinnen steht, dass Sie Unrecht haben mit Ihren Behauptungen.

Ihr Verhalten hat wieder zwei Dinge gezeigt: Es geht Ihnen nicht um die Sache, und es geht – das hat die Diskussion im Rechnungshofausschuss, die wir fortgesetzt haben, gezeigt – in dieser Republik auch ohne Sie! Passen Sie nur auf, dass das nicht auch der Wähler bei der nächsten Nationalratswahl merkt! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.17


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Faul. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.17.14

Abgeordneter Christian Faul (SPÖ): Sehr verehrte Frau Präsidentin! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Bundesminister! Ich hätte eigentlich gerne den Herrn Fi­nanzminister etwas ganz Persönliches gefragt. Ich hätte ihn gerne gefragt, was er seinerzeit als leitender Angestellter der Firma Magna mit einem Mitarbeiter gemacht hätte, Herr Kollege Scheibner, den er beauftragt hätte, ein Bestbieterangebot für ein Firmenauto zu erstellen (Abg. Scheibner: Das ist ein kleiner Unterschied!), und der


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Mitarbeiter wäre gekommen und hätte gesagt: Herr Grasser, klasse, ich habe das erwischt! Ich weiß zwar nicht, was das Beste ist, aber in 18 Monatsraten hätten wir den Typ B! Das wäre doch toll! – Wissen Sie, was er gemacht hätte? Wenn Grasser ihn nicht hinausgeworfen hätte, dann hätte Onkel Frank diesen Mitarbeiter mit dem nassen Fetzen verjagt und ihm gesagt: Wissen Sie, was? Ich will einmal einen Preis wissen! Ich möchte meinen Nettopreis haben! (Beifall bei der SPÖ.) Und nach diesem Netto­preis werden wir uns über die Finanzierung schon unterhalten.

Herr Bundesminister, Sie sind jetzt da. Ich habe gerade gesagt, wenn Sie das als lei­tender Angestellter bei der Firma Magna gemacht hätten, einen Mitarbeiter zu beauf­tragen, er soll ein Auto ausschreiben, und er wäre gekommen mit 18 Halbjahresraten, hätten Sie ihn zum Teufel gejagt.

Das weist darauf hin, Herr Bundesminister, dass der Nettovergleich dieser beiden An­gebote anders entschieden hätte. Da können Sie sich des Vorwurfs nicht erwehren, dass da gemauschelt worden ist. So etwas gibt es nicht.

Herr Bundesminister, Sie haben nicht gefragt, Sie haben die Soll- und die Musskrite­rien im Nachhinein verändert. Sie haben das nicht berücksichtigt – und jeder Autover­käufer würde das berücksichtigen –: Sie haben nicht nach der Ausstattung gefragt, Sie haben auch nicht nach der ersten Flugtauglichkeit gefragt. Sie haben nicht gefragt, ob das neue Modell überhaupt lieferbar ist. Und Sie haben auch den Lieferzeitraum nicht erfasst, was jeder Kunde getan hätte!

In Wirklichkeit sind wir auch der Meinung, dass Sie diese 18 Eurofighter zum Preis von den 24 Stück eingekauft haben. Ich beweise Ihnen auch, warum: Zu diesen reinen Kosten kommen noch die Kosten der Übergangsflugzeuge, das sind 75 Millionen €. 200 Millionen € – Herr Bundesminister, weil Sie so groß reden, was die Finanzierung betrifft – haben Sie dadurch in den Sand gesetzt, dass Sie die Ratenzahlungen später durchführen! Und da wollen Sie uns erzählen, was finanzieren heißt?! – Das passt nicht ganz. Die Zielerfassungen kosten 8,4 Millionen €, der Selbstschutz kostet 44,6 Millionen €, die Bedrohungsbilddarstellung kostet wieder 34 Millionen €, also Summen, Summen, Summen. Und die Pilotenausbildung ist da gar nicht dabei! (Zwi­schenruf des Abg. Fauland.)

Herr Bundesminister! Deutschland hat große Nachlässe durch geschicktes Verhandeln erreicht! Das ist nicht mehr gegangen, weil Sie sich in Österreich frühzeitig festgebis­sen haben, und da steckt halt auch etwas dahinter. Die Deutschen haben den gleichen Eurofighter um 25 Millionen pro Stück billiger gekauft als die Österreicher. (Abg. Fau­land: Ja, entwickelt haben sie ihn!) Das ist wirklich die Tatsache.

Und zu den Gegengeschäften: Herr Minister Bartenstein, das ist ja wirklich das größte Märchenbuch! Das gehört zu einer Faschingszeitung umgewandelt, was Sie uns hier immer präsentieren und was Gegengeschäfte gewesen sein sollen. Das waren nahezu alles angebahnte Geschäfte! Auf die Geschäfte mit den Universitäten und den Lehr­stunden, die Sie uns darbieten, möchte ich gar nicht eingehen, das ist wirklich mehr als lachhaft. (Abg. Scheibner: Aber es lacht keiner!)

Herr Bundesminister, Herr ehemaliger Verteidigungsminister Scheibner, eines müssen Sie uns auch noch erklären: die Diktion „Kampfflugzeuge“ – „Überwachungsflugzeuge“. Denken Sie an Ihren Spagat, den Sie selbst gemacht haben: Plötzlich war es nur noch die „Überwachung“.

Kollege Fauland hat uns erzählt, sie werden die ganze Olympiade hindurch kreisen, aber nur in unheimlicher Höhe, damit man es nicht hört. Liebe Damen und Herren Kol­legen im Nationalrat, wenn wir alles so bewachen müssen, wie Sie es in Ihrer komi­schen Diktion verstehen, dann werden wir uns eine Olympiade und einen Katholiken-


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tag bei 28 000 € pro Flugstunde wahrscheinlich nicht leisten können. (Abg. Scheibner: Sie sollten beim Vergleich mit dem Auto bleiben!)

Die rote Karte für eure Entscheidung! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesminister Dr. Bar­tenstein: Das ist rosarot!)

18.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Bundesminister Dr. Bartenstein zu Wort. – Bitte.

 


18.21.05

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Frau Präsidentin! Meine geschätzten Kollegen auf der Regierungsbank! Herr Präsident des Rechnungs­hofes! Hohes Haus! Die Gegengeschäfte sind von Herrn Abgeordnetem Faul gerade kurz, aber doch angesprochen worden: „Märchen“ ... (Abg. Mag. Gaßner: Mehr kann man dazu nicht sagen!) Doch, hören Sie mir zu. Ich sage ein bisschen mehr dazu, und auch etwas in der Sache. (Zwischenruf des Abg. Dr. Kräuter.)

Sie haben von einem „Märchenbuch“ gesprochen, vom „Fasching“, von „mehr als lach­haft“ – es hat bloß niemand gelacht –, und das kann man so nicht stehen lassen. Darf ich Sie daran erinnern, dass gerade Sie als Abgeordneter aus der Region vermutlich darüber informiert sind, dass jemand, der früher in Ihrer Partei eine hohe und höchste Funktion hatte, auch in der Regierung, und der auch heute als der Wirtschaftsberater des Parteivorsitzenden gilt, angekündigt hat, in dem Raum, den Sie angeblich vertreten oder den Sie zumindest vertreten sollten, zu investieren, und zwar im Hinblick auf Zulieferungen an Airbus Industries.

Herr Abgeordneter, ich gehe davon aus, dass Ihnen geläufig ist, dass Airbus Industries eine Tochtergesellschaft von EADS ist, ebenso wie Eurofighter, und dass diese zu­sammengehören, und zwar im Rahmen des bei weitem größten Luft- und Raumfahrt- und dementsprechend Technologiekonzerns, den es in Europa gibt. Wenn dort inves­tiert wird – noch einmal: aus Ihrem engeren politischen Umfeld! – und Hunderte Jobs geschaffen werden auf Grund der Tatsache, dass man sich weitere Zulieferaufträge erwartet, zum Beispiel zum Airbus A 350, so hat das weder etwas mit Lachhaftigkeit (Abg. Dr. Kräuter: Schon vor der Typenentscheidung ...!) noch mit Fasching, noch mit Märchen zu tun, sondern mit Jobs in der Steiermark. Dass Ihnen, Herr Abgeordneter Kräuter, das relativ gleichgültig ist, wissen wir schon länger. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Grillitsch: ... gegen jede positive Entwicklung, der Herr Kräuter!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie reden das Land kaputt, und Sie wollen alles hinunterziehen, Herr Abgeordneter Kräuter. Aber das ist ja nicht neu. Das wissen auch Ihre steirischen Parteigenossen (Abg. Dr. Kräuter: ... nicht so sagen ...! – Abg. Dipl.-Ing. Missethon: Ja, das kann man!), und sie haben sich schon daran gewöhnt, ebenso wie auch wir. (Abg. Dipl.-Ing. Missethon: Bei dir kann man das so sagen, Herr Kräuter, weil das stimmt! – Gegenruf des Abg. Dr. Kräuter.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! In Sachen Gegengeschäfte hat die große französische Zeitung „Le Monde“ damals berichtet, als wir den Gegengeschäftsvertrag mit einem Offset-Volumen von 4 Milliarden € ausverhandelt hatten: ein „4-Milliarden-Eintrittsticket in den Klub der europäischen Hochtechnologie“. Ich habe die Gelegen­heit gehabt, mit dieser Journalistin und Dame vor einigen Tagen wiederum zu spre­chen; sie ist nach wie vor dieser Meinung.

Ich meine, es war zumindest ein bemerkenswertes Verhandlungsergebnis meines Teams, bei einer Nettobeschaffung von doch deutlich unter 2 Milliarden € dann mit 4 Milliarden € – das sind 240 Prozent bezogen auf das Netto- oder 205 Prozent bezo­gen auf das Brutto-Beschaffungsvolumen – abzuschließen. Da gibt es wenig vergleich-


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bare ... (Abg. Gradwohl: Herr Minister, der Worte sind genug gesprochen! Lassen Sie endlich Taten folgen!)

Auch Sie, Herr Abgeordneter, sollten die Interessen der Obersteiermark konkret im Auge haben. Dort sind, zumindest zum Teil, auch Ihre Wähler – wahrscheinlich ist deren Zahl rückläufig –, und die wollen, dass Gegengeschäfte gemacht werden. Die wollen, dass für die Steiermark, für die Obersteiermark in Sachen Gegengeschäfte etwas getan wird, und die verstehen Ausdrücke wie „Märchenbuch“ und „Fasching“ ganz sicherlich nicht. Das sage ich Ihnen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als ich das damals gelesen habe – „Ein­trittsticket in den Klub der europäischen Hochtechnologie“ –, da war ich der Meinung, das ist eine Zukunftsperspektive, und es wird nicht einfach sein, das zu erbringen. Ich war zwar optimistisch, dass es gelingen würde, während der gesamten 15 Jahre Ver­träge im Gegenwert von 4 Milliarden € abzuschließen; aber es wäre kaum zu glauben gewesen, meine sehr verehrten Damen und Herren, hätten Sie mir gesagt, dass wir letztlich auf der Basis der Eurofighter-Beschaffung und der Offsets ganz signifikante und erfreuliche Zulieferungen für das modernste Passagierflugzeug der Welt, nämlich für den Airbus A 380, bekommen werden. (Abg. Dr. Kräuter: Das war ja schon vorher abgeschlossen, Herr Minister! 14 Jahre ...!)

Reden Sie mit Herrn Stephan! Das ist der Geschäftsführer des Herrn Androsch bei FACC. Da helfen auch noch so nervöse Handbewegungen nichts, Herr Kräuter (Abg. Dr. Kräuter: Lesen Sie nach!), das ist das schlechte Gewissen oder Ihre Unwissenheit oder eine Kombination von beidem. Herr Androsch, FACC und ich, wir wissen es bes­ser! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich sehe mit größter Gelassenheit und froher Erwartung der Prüfung des Rechnungs­hofes entgegen; das wird ja dann noch geprüft werden. Aber wissen Sie, den Airbus A 380 gab es in der Vergangenheit noch nicht, der hat gerade einmal seinen Jungfern­flug absolviert. Selbstverständlich sind diese 700 Millionen €, die von FACC für dieses und die nächsten Jahre abgeschlossen wurden, im Großen und Ganzen zusätzliche Geschäfte. Es wird ohnehin nur das anerkannt, was über dem Durchschnitt der letzten Jahre gelegen ist. Die Plattform Gegengeschäfte, in der im Übrigen auch die Arbeiter­kammer vertreten ist, wird das penibel prüfen, die Vorschläge werden dann von uns zur Kenntnis genommen, und im Regelfall schließen wir auch auf der Basis der Emp­fehlungen dieser Plattform ab, in der ja nicht nur Sozialpartner, sondern auch andere wichtige österreichische Stakeholder sitzen.

Aber noch einmal: Airbus A 380, das klang schon ganz gut, etwa 700 Millionen € war das Vertragsvolumen. Als dann vor einigen Monaten noch MAN-Militärtrucks für die British Army dazukamen, auch auf der Basis von Gegengeschäften, ein Volumen, das nominal noch höher liegt, aber ... (Abg. Dr. Kräuter: Wenn wir im Ausland ...!) War auch schon früher? – Was Sie nicht alles wissen, sehr geehrter Herr Abgeordneter. (Abg. Murauer: Walter glauben wir nicht, gell! – Abg. Schopf: Vorher abgeschlossen war das! – Abg. Scheibner: Nicht einmal sich selber glaubt er!)

Wenn das das Einzige ist, was Ihnen dazu noch einfällt, dann bin ich ganz beruhigt und optimistisch, dass die Menschen nicht Ihnen folgen werden, sondern uns. Denn dass wir hier noch signifikantere Volumina als Vertragsgrundlage haben, von denen aller­dings nur ein Teil österreichische Wertschöpfung ausmachen wird, aber doch noch einige 100 Millionen €, das ist schon eine schöne Sache.

So kann ich dem Hohen Haus heute berichten, dass ich insgesamt ein Gegenge­schäftsvolumen sehe – in Form von entweder schon getätigten Gegengeschäften oder von abgeschlossenen Verträgen –, das doch jenseits von 2 Milliarden € liegt, und das


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nicht etwa nach der Hälfte dieser 15 Jahre, sondern in Wirklichkeit schon ein oder zwei Jahre, nachdem die Entscheidungen gefallen sind! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was Herr Abgeordneter Gahr sehr schön herausgearbeitet hat, ist: Es sind nicht nur die Großen, die MANs und die FACCs, son­dern es sind auch die Mittelständler in Tirol, in der Steiermark, in Niederösterreich, überhaupt in ganz Österreich, die abgeschlossen haben. Ich kann Ihnen sagen, dass von den 87 Unternehmungen – es interessiert Sie auch das nicht, Herr Abgeordneter Kräuter (Abg. Dr. Kräuter blättert in einer Broschüre), ich weiß das, aber ich sage es Ihnen trotzdem (Abg. Dr. Kräuter: Wie kommen Sie darauf?) –, dass von den 87 Unternehmungen, deren Gegengeschäfte mit Eurofighter und EADS wir für die erste Jahrestranche zum 30. Mai 2003 anerkannt haben, 47 KMUs – mittelständische Unternehmungen, Herr Abgeordneter Stummvoll – sind, und 40 andere im Regelfall größere. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Stummvoll: Bravo!) Und das bei einem aner­kannten Volumen von 190 Millionen €! Das ist schon abgearbeitet, das sind erfüllte Verträge, und das ist schon ein bemerkenswerter Anfang gewesen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich komme ganz kurz auf die Kritikpunkte zu sprechen, die der Rechnungshof äußert. Einer der Kritikpunkte ist, dass das Pönale nicht den ausgeschriebenen 10 Prozent entspräche. Das ist richtig, dem ist nichts zu entgegnen, außer dass man im Verhandlungsprozess eben nicht alle Ziele erreicht. Es wird aber vom Rechnungshof anerkannt, dass zu dem 5-Prozent-Pönale-Volumen Meilensteine dazu vereinbart sind. Ich gehe davon aus, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass ein Pönale nicht wirklich spruchreif werden wird, weil EADS eine höchst seriöse, potente Firma ist und, so gesehen, Pönale-Verpflichtungen aus meiner heutigen Sicht kein Gegenstand sein werden.

Zweiter Kritikpunkt des Rechnungshofes: Wir hätten uns der Finanzprokuratur bedie­nen sollen. Ich stehe nach wie vor dazu, dass wir auf Grund der Spezifität und des Volumens des Vertragswerkes externe Beratung zu Hilfe genommen haben, im Ge­genwert von einigen zigtausend Euro. Das ist viel Geld, das weiß ich, aber doch über­schaubar. Ich anerkenne jedoch, dass das entsprechende Gesetz sogar vorsieht, dass jedenfalls auch die Finanzprokuratur einzubinden ist. Herr Präsident des Rechnungs­hofes, wir werden das beim nächsten Mal so halten.

In Sachen Transparenz war es wohl so, dass wir dem Rechnungshof den Gegenge­schäftsvertrag übermitteln konnten – der war also nicht nur bei uns einzuschauen, sondern den hat auch der Rechnungshof –, es war aber nicht möglich, den Gegenge­schäftsvertrag zur Gänze von Eurofighter zur Veröffentlichung freizubekommen. Wahr­scheinlich deswegen, weil die Gegengeschäfte so attraktiv sind, dass Eurofighter sie nicht allen möglichen anderen Kunden frei Haus liefern möchte!

Aber ich gehe einmal davon aus, dass erstens die Prüfung durch den objektiven Rech­nungshof für das Parlament im Sinne von „Was der Rechnungshof sagt, das glauben wir!“ ganz wesentlich ist und dass zum Zweiten die Kurzfassung des Gegengeschäfts­vertrags, die veröffentlicht ist und Ihnen zugänglich ist, Ihnen in Wirklichkeit auch die materiell wichtigen Elemente des Gegengeschäftsvertrags liefert. So gesehen wird, wenngleich eingeschränkt, aber doch Transparenz geboten.

Hohes Haus! Ich fasse zusammen. (Abg. Gradwohl: Eingeschränkt oder transparent? Beides geht nicht! Was jetzt?) Ich meine, dass in dieser Perspektive – „4-Milliarden-Ticket in den Klub der europäischen Hochtechnologie“ – Österreichs Unternehmungen heute schon mehr holen können, als ich zu hoffen gewagt hätte. Das könnte und sollte in dieser Tonart weitergehen, und es ist dies ein ganz, ganz wichtiger Teil- und Neben­aspekt des militärischen Beschaffungsprojektes Eurofighter, für dieses Land, für seine


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Betriebe und vor allem für seine Arbeitsplätze! – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Dipl.-Ing. Missethon. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


18.31.35

Abgeordneter Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Mitglieder der Regierung! Herr Präsident des Rechnungshofes! Wenn ich in den letzten Wochen und Monaten den Kollegen Kräuter richtig verstanden habe, will er keine Abfangjäger. Ist das richtig, Herr Kollege Kräuter? (Abg. Dr. Kräuter: Zumindest keine Eurofighter!) – Aha, das ist ja schon einmal interessant. Es ist offensichtlich nur der falsche Typ. (Abg. Gaál: Das war immer die Position!)

Aber bleiben wir einmal bei deiner Position, du hast ja die Eurofighter heftig bekämpft. (Abg. Dr. Kräuter: ... Leasing-Jets! Dann brauchen wir keine Eurofighter!) Ich denke mir, wir sollten schon einmal ernsthaft darüber diskutieren: Was hat es für Konse­quenzen, wenn sich Herr Kräuter durchsetzt? (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) – Erstens hat das die Konsequenz, dass der Luftraum nicht überwacht wird. (Abg. Dr. Kräuter: Wir haben ja Leasing-Jets!) Zum Zweiten hat es zur Konsequenz, dass wir die Gegengeschäfte im Umfang von 4 Milliarden nicht lukrieren können.

Herr Kollege Kräuter! Du bist ja quasi der Adjutant von Herrn Landeshauptmann-Stell­vertreter Voves, der erste Adjutant. (Abg. Gradwohl: Schau, schau!) Ich gehe davon aus, dass deine Position, dass du die Eurofighter bekämpfst, auch einem Auftrag des Herrn Voves entspricht. Wenn die Eurofighter nicht kommen, hat das für den Standort Zeltweg die Konsequenz, dass der Standort Zeltweg tot ist. Der ist geschlossen, ge­schätzte Kollegen! (Bundesminister Dr. Bartenstein: Tausend Jobs! – Abg. Grillitsch: Mehr! – Abg. Murauer – in Richtung SPÖ –: Das wisst’s eh!)

Es ist schon interessant, dass diese Forderung von der SPÖ kommt. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ihr wollt – und ich muss euch das ganz konkret vorwerfen – 720 hoch quali­fizierte Arbeitsplätze wegbekommen. (Abg. Murauer: Na bravo!) Nicht dazubekom­men, sondern wegbekommen! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich sage Ihnen, was wir wollen, damit Sie auch den Unterschied sehen: Wir wollen, dass der Eurofighter kommt. Wir wollen, dass alle 18 Eurofighter nach Zeltweg kom­men (Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ), weil dadurch gesichert ist, dass zu den be­stehenden 720 Mitarbeitern im Fliegerhorst Zeltweg 200 Mitarbeiter dazukommen. (Beifall bei der ÖVP.)

Diese Investition sichert den Standort Zeltweg für die nächsten 30 Jahre ab, und zwar in einem Technologiefeld, das wir in Wirklichkeit ganz selten vorfinden. Das ist für die Steiermark wichtig, damit wir weiterhin das hohe Wirtschaftswachstum und die hohe F&E-Quote beibehalten. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen. – Abg. Mag. Johann Moser: Sehr bescheidener Applaus!)

18.34


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Becher zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


18.34.21

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Da­men und Herren! Sie wissen sicher, dass der Satz: Da sollten Sie einfach die Vertrags­texte genauer studieren!, von Bundeskanzler Schüssel stammt. Er hat ihn am 27. April dieses Jahres in der Debatte zu einer Dringlichen Anfrage, die von meiner Fraktion


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eingebracht wurde, gesagt und meint damit den Vertrag über die Beschaffung der Eurofighter. Das Ganze ist auch im Protokoll des Parlaments nachzulesen, und zwar auf Seite 27.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsfraktionen! Ich frage Sie: Wenn Bundeskanzler Schüssel sagt, man solle einen Blick auf den Vertragstext werfen und man solle darin nachlesen, wieso wehren Sie sich dann mit Händen und Füßen dagegen, dass wir Einblick in diesen Vertrag nehmen können? – Wir von der sozialde­mokratischen Fraktion und auch die Grünen haben sehr großes Interesse daran, den Vertrag nicht nur zu lesen, sondern ihn auch zu studieren. Wir haben auch ein Recht darauf; davon ist ja heute auch schon ausführlich hier die Rede gewesen. (Beifall bei der SPÖ.) Wenn Sie ein reines Gewissen haben und wenn Sie so viel Wert auf Trans­parenz legen, dann werden Sie uns diesen Vertrag auch vorlegen können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde auch Folgendes einigermaßen selt­sam: Wenn man sich den Bericht des Rechnungshofausschusses aschaut, den offizi­ellen Bericht an das Parlament, dann kann man darin lesen, dass der Ausschuss ein­stimmig beschließt, dem Nationalrat die Kenntnisnahme des Wahrnehmungsberichtes zu empfehlen – ohne dass im Text darauf hingewiesen wird, dass die SPÖ und die Grünen aus dem Rechnungshofausschuss ausgezogen sind, weil sie ihr demokrati­sches Kontrollrecht nicht zugestanden bekommen haben, den Eurofighter-Vertrag ein­zusehen. Außerdem finde ich es mehr als seltsam, dass man dann, wenn man die Aussendung der Parlamentskorrespondenz liest, eigentlich denken kann, dass es eine Aussendung des ÖVP-Klubs ist.

Insgesamt sind sehr viele Fragen offen geblieben, die von Ihnen nicht beantwortet worden sind, nicht zufrieden stellend beantwortet worden sind. All jene, die für die Be­schaffung dieser Eurofighter aufkommen müssen, die SteuerzahlerInnen, erhalten auch keine ausreichenden Antworten. Ich bin mir aber sicher, dass Sie, meine sehr ge­ehrten Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, spätestens im Herbst 2006 die Rechnung dafür präsentiert bekommen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

18.37


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt der Herr Präsi­dent des Rechnungshofes Dr. Moser. – Bitte, Herr Präsident.

 


18.37.27

Präsident des Rechnungshofes Dr. Josef Moser: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Regierungsmitglieder! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist heute schon mehrmals angesprochen worden, dass mittlerweile der dritte Bericht des Rechnungshofes auf der Tagesordnung steht und dass dieser sich mit dem Zeitraum von der Typenentscheidung am 2. Juli 2002 bis zur Vertragsunterzeichnung am 1. Juli 2003 beschäftigt.

Ich möchte daran erinnern, dass der erste Bericht nicht im Plenum behandelt wurde, weil er verfallen war, da eine Nationalratswahl stattgefunden hatte. Dieser Bericht be­traf die Vorbereitung der Nachfolgebeschaffung vom Jahr 1993 bis zur verbindlichen Angebotseinholung am 10. Oktober 2001. Der zweite Bericht – er wurde in diesem Plenum eingehend behandelt – umfasste den Zeitraum von der verbindlichen Ange­botseinholung am 10. Oktober 2001 bis zur Typenentscheidung am 2. Juli 2002.

Ich möchte auch darauf hinweisen – weil das wichtig ist, um die Empfehlungen des Rechnungshofes in diesem Bericht, der heute in Behandlung steht, voll verstehen zu können –, dass gerade die Nachfolgebeschaffung des Draken eine sehr lange Vorge­schichte hatte. Es war so, dass bereits im September 1993 ein Konzept für den Einsatz


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des österreichischen Bundesheeres erlassen worden war, und dieses Konzept war die Grundlage für den Einsatz der Land- und Luftstreitkräfte.

Im Jahre 1997 wurde das Konzept für den Einsatz der Luftstreitkräfte als solches erlas­sen, und darauf aufbauend das operativ-taktische Konzept, ein Konzept, auf dem die Beschaffung, über die heute diskutiert wird, beruht, ein Konzept, in welchem auch die militärischen Leistungsanforderungen festgelegt wurden.

Wir – sprich: der Rechnungshof – haben bereits im Jahr 2001 festgehalten, dass da­mals das Bundesministerium für Landesverteidigung die Anschaffungskosten auf eine Höhe von 1,8 Milliarden bis 3 Milliarden € schätzte, je nachdem, welche Verwendungs­möglichkeit beziehungsweise welche Ausstattung diese Luftraumüberwachungsflug­zeuge haben sollten. Wir haben auch darauf hingewiesen, dass zum damaligen Zeit­punkt keine Gesamtkostendarstellung und keine finanzielle Bedeckung vorhanden waren.

Im weiteren Folgebericht, der auch hier behandelt worden ist, haben wir festgehalten, dass man gerade für Beschaffungen in diesem Ausmaß einen budgetären Höchst­betrag vorsehen und darüber hinaus diesem finanziellen Rahmen entsprechende Leistungsbeschreibungen erstellen sollte. Das hat dann am 2. Juli 2002, eben als es zur verbindlichen Typenentscheidung gekommen ist, dazu geführt, dass der Preis mit 1 791 Millionen € festgelegt worden ist – Bezahlung bei Lieferung. In diesem Minister­ratsvortrag waren die Aufwendungen für Ausbildung und Logistik beispielsweise nicht enthalten und auch nicht der Preis für die 18 Halbjahresraten, wie sie dann in der Folge festgelegt worden sind.

Es haben dann vom Juli 2002 bis September 2002 Verhandlungen stattgefunden. Auf Grund der Nationalratswahl sind die Verhandlungen erst mit der Angelobung der Bun­desregierung am 28. Februar 2003 wieder aufgenommen worden. Zu diesem Zeitpunkt hat sich der Kaufpreis auf Grund der Verhandlungen, die zwischenzeitlich durchgeführt worden waren, auf 2 802 Millionen € belaufen. Das hat dazu geführt, was der Herr Bundesminister bereits erwähnt hat, dass in der Folge, nachdem im März 2003 eine Betragsbegrenzung, sprich ein Höchstbetrag für die Beschaffung festgelegt worden war, dieser Betrag in Nachverhandlungen entsprechend dem festgelegten Höchstbe­trag in Höhe von 2 Milliarden € abgesenkt werden musste.

Das hat nicht nur dazu geführt, dass die Stückzahl von 24 auf 18 reduziert worden ist, sondern es wurden darüber hinaus Systemkomponenten im Ausmaß von 204 Millio­nen € reduziert. Auch militärische Anforderungen im Ausmaß von 80 Millionen €, die teilweise im Zuge der Ausschreibung noch Musskriterien dargestellt hatten, wurden reduziert. Darüber hinaus wurden auch noch kaufmännische Vertragsverhandlungen durchgeführt, die vom Herrn Bundesminister für Finanzen dargestellt worden sind, die beispielsweise Einredeverzicht, Deckungsklausel, Haftungshöchstgrenze betrafen und auch zu einer Reduktion des Kaufpreises um 129 Millionen € beigetragen haben.

Hier ist der Punkt, und das wurde vom Herrn Bundesminister für Landesverteidigung bereits erwähnt, dass bei weiteren Beschaffungen in Zukunft beachtet werden muss, dass bei Leistungsreduktionen darauf geachtet wird, ob durch diese Reduktionen allenfalls ein Bietersturz eintritt. Der Rechnungshof hat also diese Berechnungen an­gestellt und durchgeführt, indem er das Mengengerüst laut Kaufvertrag aus dem Men­gengerüst laut Angebotsunterlagen unter Zugrundelegung der Angebotspreise, des Leistungsumfanges sowie der festgelegten Soll-Nutzwert-Punkte festgestellt hat, und ist dabei zu dem Ergebnis gekommen, dass es zu keinem Bietersturz gekommen ist. Um in Zukunft nicht in Schwierigkeiten zu kommen, sollten jedenfalls gerade auch in diesem Punkt rechtzeitig Berechnungen angestellt werden, um nicht entsprechenden Schadenersatz leisten oder anderen Verpflichtungen nachkommen zu müssen.


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Mit dem Ziel der Reduktion des Lieferumfangs beziehungsweise der Zahl der Luftraum­überwachungsflugzeuge wurden natürlich auch militärische Anforderungen zurückge­nommen. Auch das wurde in mehreren Debattenbeiträgen bereits angesprochen. Es wurden die Selbstschutzsysteme reduziert, die elektrooptischen Geräte, die Ziele in der Nacht beziehungsweise bei Schlechtwetter erkennen können. Es wurde die Zahl der jährlichen Flugstunden gekürzt, die Pilotenausrüstung vermindert und die Zahl der Betriebsstandorte reduziert. Es wurden darüber hinaus auch – Musskriterien habe ich bereits erwähnt – Aufklärungseinrichtungen beziehungsweise Zusatztanks nicht ange­schafft.

Dies hat auch dazu geführt, wie das Bundesministerium für Landesverteidigung wohl­weislich unter Bezugnahme auf das operativ-taktische Konzept des Jahres 1997 fest­gehalten hat, dass die Anforderungen nicht mehr im vollen Ausmaß gewährleistet sind: dass nämlich eine durchgehende Einsatzbereitschaft für die Luftraumüberwachung, wie ursprünglich vorgesehen, nicht sichergestellt ist, dass die Luftraumsicherung zwar gegenüber dem Draken verbessert ist, aber nur in Ansätzen erfolgt und dass inter­nationale Einsätze im Hinblick auf die mangelnde Schutzfunktionalität nicht ratsam beziehungsweise nicht vertretbar wären.

Der Rechnungshof hat daher festgelegt beziehungsweise empfohlen, dass die militä­risch-strategischen Vorgaben auch im Hinblick auf die Sicherheits- und Verteidigungs­doktrin neu beurteilt werden, in der festgelegt wurde, dass eine ständige Luftraum­überwachung stattfinden soll beziehungsweise eine Luftraumsicherung im Anlassfall, und dass dieser Prüfungsprozess auch dazu führt, dass ein entsprechendes Evaluie­rungskonzept vorgelegt wird. Ich möchte in diesem Zusammenhang aus Sicht des Rechnungshofes positiv erwähnen, dass diese Evaluierung mittlerweile stattgefunden hat, ein neues taktisch-operatives Konzept auch im Hinblick auf die neuen Bedro­hungsszenarien erstellt worden und eine approbierte Ausfertigung dem Rechnungshof zugemittelt worden ist.

Im Zusammenhang mit den Ausführungen des Herrn Bundesministers für Finanzen möchte ich kurz anführen: Er hat darauf hingewiesen, dass es gerade auch im kauf­männischen Bereich, sprich: im Rahmen der Gestaltung des finanztechnischen Teiles, zu einer Reduktion des Preises gekommen ist. Ich habe es bereits erwähnt: Es betrifft dies die 126 Millionen €, verursacht durch den Einredeverzicht, durch die Deckungs­klausel und durch die Haftungshöchstgrenze. Der Einredeverzicht bewirkt, dass der Finanzierungsvorgang vom eigentlich zu Grunde liegenden Beschaffungsvorgang los­gelöst wird. Es ist festgelegt worden, dass die unbedingte und uneingeschränkte Zah­lungsverpflichtung der Republik Österreich auch im Falle einer rechtswirksamen Auf­hebung des Vertrags aus welchem Grund auch immer weiter bestehen bleibt. Das heißt in diesem Fall, dass durch den Einredeverzicht das Erfüllungsrisiko von der Firma Eurofighter an die Republik Österreich übergegangen ist, also, dass die Republik Österreich für den Mangel der Erfüllung beziehungsweise die Nichterfüllung zur Ver­antwortung gezogen werden kann. (Abg. Mag. Gaßner: Spitze! Eine großartige Leis­tung!) Das bedeutet auch, dass im Falle der Leistungsverweigerung beziehungsweise nicht vertragsgemäßer Leistung die Kaufpreisraten weiter zu bezahlen sind, aber die Republik Österreich natürlich die Möglichkeit hat, sich einen allfälligen Schaden bei der Firma Eurofighter mit Schadenersatz- beziehungsweise Bereicherungsklagen zurück­zuholen.

Was die Haftungshöchstgrenze betrifft wurde seitens des Rechnungshofes nicht kriti­siert, dass eine solche festgelegt wurde. Wir haben nur darauf hingewiesen, dass der im Rahmen der Vertragsverhandlungen von einem Gutachter als angemessen befun­dene Preisnachlass in Höhe von 49,9 Millionen € eben nicht im vollen Ausmaß erreicht, sondern um 34 Prozent unterschritten wurde.


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In Bezug auf den Zinssatz ist darauf hinzuweisen, dass ein Vergleich des von der Firma Eurofighter angebotenen Zinssatzes von 7,48 Prozent mit dem tatsächlich er­zielten Zinssatz von 4,488 Prozent nicht beziehungsweise nur schwer möglich ist. Dies auch deshalb, weil ein Einredeverzicht vereinbart worden ist, weil Leistungskürzungen durchgeführt worden sind und weil gleichzeitig auf Grund der Änderungen der Markt­verhältnisse zum Zeitpunkt des Angebots und des tatsächlichen Abschlusses des Kaufvertrags und der Verschiebung der Liefer- und Zahlungstermine ein diesbezügli­cher Vergleich nicht angestellt werden kann. Sehr wohl ist in diesem Zusammenhang zu erwähnen, dass jedenfalls der Zinssatz, wenn man davon ausgeht, dass das nicht vom Bund selbst, sondern von einer Bank finanziert wird, zum Zeitpunkt Juni 2003 ein sehr günstiger gewesen ist, wenn man ihn mit einem Zehnjahres-Anleihezinssatz für Bundesanleihen vergleicht.

In diesem Zusammenhang ist es auch wichtig, darauf hinzuweisen – und auch das hat der Herr Bundesminister für Finanzen getan –, dass gerade dieser Finanzierungsvor­gang, und zwar sowohl was Form und Inhalt des Auftrags betrifft als auch was den Finanzierungsvorgang oder einzelne Schritte des Finanzierungsvorgangs betrifft, sehr wenig beziehungsweise nicht ausreichend dokumentiert ist. Es sollte in Zukunft darauf geachtet werden, dass jedenfalls ein Finanzierungsvorgang mit einer derartigen Be­deutung auch entsprechend nachvollziehbar und transparent ist.

In diesem Zusammenhang ist sicherlich wichtig, dass in Zukunft bei Beschaffungen dieses Ausmaßes eine Betragsgrenze eingezogen wird, um nicht durch allfälliges Nachverhandeln die eigene Position zu schwächen.

Bezüglich der Gegengeschäfte hat der Herr Bundesminister für wirtschaftliche Angele­genheiten die Situation dargestellt. Ich kann nur darauf hinweisen, dass der Rech­nungshof im Hinblick auf das Ende des Prüfungszeitraums mit 1. Juli 2003 die Gegen­geschäfte im Einzelnen keiner Prüfung zugeführt hat, dass aber mittlerweile gemäß § 99 der Geschäftsordnung des Nationalrates ein Prüfverlangen der Abgeordneten Dr. Cap und Dr. Kräuter eingelangt ist und dass wir gerade dabei sind, diesen Prüfauf­trag beziehungsweise das Prüfkonzept zu erarbeiten.

Abschließend möchte ich mich bei den Regierungsmitgliedern bedanken, dass sie ein­bekannt haben, dass die Empfehlungen des Rechnungshofes umgesetzt werden. (Abg. Gaál: Gar nichts haben sie einbekannt!) Im Zusammenhang damit möchte ich mich auch bei den Mitarbeitern bedanken, die gerade die Prüfung dieses Beschaf­fungsvorgangs im Zeitraum von 1993 bis dato mit großer Intensität und großem Ar­beitseinsatz erledigt haben. – Ich danke. (Allgemeiner Beifall.)

18.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Ab­geordneter Steindl. Herr Abgeordneter, Sie haben sich 2 Minuten Wunschredezeit ge­nommen. – Bitte.

 


18.49.40

Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine Herren Bundesminister auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Wenn sachliche Argumente fehlen, dann greift man zur Polemik, und das haben die Oppositionsparteien heute reichlich gemacht. Viele Überprüfungen, auch solche durch die Staatsanwaltschaft und durch den Rechnungshof, haben diese Beschaffung begleitet, und bei jeder Prüfung wurde eigentlich die völlige Korrektheit dieser Beschaf­fung bestätigt.

Meine Damen und Herren! Ich möchte nochmals in aller Kürze auf die Fakten zu spre­chen kommen. Erstens: Die Unverzichtbarkeit der Luftraumüberwachung ist eigentlich


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außer Streit gestellt. Sogar unsere Landeshauptfrau aus Salzburg und der sozia­listische Bürgermeister der Stadt Salzburg, Heinz Schaden, bekennen sich zur Luft­raumüberwachung und zur Anschaffung dieser Luftraumüberwachungsgeräte. Darüber hinaus bin ich als österreichischer Staatsbürger sehr froh, dass die Regierung diese maximale Sicherheit für uns herstellt und gewährleistet.

Zweitens: Mit dieser Anschaffung im Volumen von rund 2 Milliarden € konnte in etwa im Ausmaß von 4 Milliarden € österreichische Wertschöpfung aus Gegengeschäften lukriert werden.

Drittens zur Typenentscheidung: Es ist so, dass wir damit ein Gerät der vierten Gene­ration beschaffen. Das heißt, es ist am letzten Stand der Technik, und das eigentlich zu einem Preis der zweiten Generation. Meines Erachtens ist es den Verhandlern wirklich gelungen, einen äußerst günstigen Preis zu erzielen. Wenn ich dann noch bedenke, dass die Gesamtanschaffung jeden österreichischen Bürger in etwa 250 € kostet, dann meine ich, dass die Sicherheit das absolut wert ist. Als Ausgleich erhält der Bürger dafür auch noch in etwa 500 € an Wertschöpfung. Ich kann also dem Entscheidungs­träger für diese Beschaffung nur herzlich gratulieren. (Beifall bei der ÖVP.)

18.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Ing. Kaipel. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


18.52.09

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Präsident des Rech­nungshofes! Regierungsmitglieder! Meine Damen und Herren! Mit dieser Politik des Vertuschens untergraben Sie die Funktion des Parlaments. Paradefall war zweifellos die letzte Sitzung des Rechnungshofausschusses. Die Öffentlichkeit, die von uns be­antragt wurde, abzulehnen, lässt schon die Frage aufkommen, warum dies geschah. Wahrscheinlich haben Sie etwas zu verbergen, wenn Sie das ablehnen. (Abg. Mur­auer: Ja, wahrscheinlich!)

Sie müssen auch Verständnis dafür haben, dass wir verlangen, das zu kennen, wor­über wir mit Ihnen diskutieren sollen. Der Hinweis auf Vertraulichkeit ist etwas zu wenig, weil das zweifellos einen Freibrief für alle Verträge bedeuten würde. Dieses Verhalten widerspricht unseren Gesetzen und widerspricht auch unserer Geschäftsord­nung, weil dadurch die parlamentarische Kontrolle behindert wird.

Es ist auch das Demokratieverständnis zu hinterfragen. Herr Bundesminister! Sie ha­ben auf die Frage sehr heftig reagiert, wer den Vertrag unterschrieben hat. Ihre Antwort war: Der Vertrag ist rechtskräftig, und das wird schon reichen! – Es reicht nicht! Wenn Herr Abgeordneter Gahr meint, es gebe keine Offenlegungspflicht und es gebe auch überhaupt keinen Grund, darüber zu reden, dann muss ich sagen: Das entspricht genau Ihrer Geisteshaltung!

Abgeordneter Neudeck hat gemeint, es reiche, wenn der Rechnungshof prüft. Wir schätzen die Aufgabe und die Arbeit des Rechnungshofes sehr, aber wenn das alleine reichen soll, dann haben wir schon die Frage nach der parlamentarischen Kontrolle zu stellen. Wenn Sie, Herr Neudeck, Steigbügelhalter für diese Vertuschung sein wollen, dann können Sie das sein, aber wir wollen Aufklärung. (Abg. Scheibner: Moment! Formulieren Sie ein bissl gemäßigter!)

Auch die Frage des Ausstiegs ist nicht beantwortet worden. Die Aussage des Rech­nungshofes, dass die durchgehende Luftraumüberwachung mit diesen Geräten nicht möglich ist, steigert die Brisanz der Klärung dieser Frage. Wie wir eben in den Ausfüh­rungen des Präsidenten des Rechnungshofes gehört haben, scheint es auch so zu


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sein, dass dieser Vertrag doch ausgeprägt lieferantenfreundlich ist, und da stellt sich schon auch die Frage, warum das so ist.

Meine Damen und Herren! Nichts als Ungereimtheiten also, die es aufzuklären gilt. Meine Damen und Herren, wenn Sie frei von jeden Verdacht sein wollen, dann haben Sie Handlungsbedarf. (Beifall bei der SPÖ.)

18.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Böhm. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


18.55.33

Abgeordneter Franz Xaver Böhm (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr geehrter Herr Präsident des Rechnungshofes! Werte Minister! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In aller Kürze: Es ist schon sehr viel über die Luftraumüberwachungs­fahrzeuge gesprochen worden und genauso viel über die Gegengeschäfte. Es gibt allerdings schon noch ein paar Aspekte, die man dabei betrachten muss, gerade auch aus wirtschaftlicher Sicht und da und dort auch in technologischer Hinsicht.

In technologischer Hinsicht erscheint mir ganz besonders wichtig, zu erwähnen, dass man leider immer wieder vergisst, welchen Beitrag Österreich eigentlich zur Metallurgie geleistet hat. Nehmen wir die voestalpine, nehmen wir die Böhler Schmiedetechnik, nehmen wir Böhler Kapfenberg und alle anderen Betriebe, die auf diesem Sektor hoch­wertige Arbeit gerade auch in Bezug auf die Entwicklung von Flugzeugen geleistet haben! Um Ihnen ein bisschen darstellen zu können, wie wichtig die technologische Entwicklung diesbezüglich war: Ich nenne nur den Chrom-Nickel-Stahl zum Beispiel oder den Chrom-Nickel-Vanadium-Stahl, der dazu verwendet wird, meine sehr ver­ehrten Damen und Herren, um Materialien zu erzeugen, die vorwiegend bei tiefsten Temperaturen höchsten Ansprüchen genügen. Um Ihnen einen kleinen Anhaltspunkt zu geben: Diese Materialien werden bei minus 100 Grad Celsius auf Reißfestigkeiten, auf Zugfestigkeiten und auf Kerbschlagarbeiten geprüft. Das dient letzten Endes auch dazu, Argumenten entgegenzuwirken, wie sie Kollegin Lapp vorhin gebracht hat, dass nämlich das Flugzeug bei einer Bodentemperatur von minus 32 Grad Celsius nicht flie­gen beziehungsweise nicht funktionieren könne. Als Schweißtechniker und Metallurge kann ich ihr da nur sagen: Das ist lächerlich. Die Flugraumüberwachungsgeräte be­stehen auch dank österreichischer Entwicklungen natürlich aus besten Materialien. Bei Flügen über den Atlantik oder auch über das Festland ist das Flugzeug in 10 000 bis 12 000 Metern Höhe durchwegs einer Temperatur um die minus 60 Grad ausgesetzt, und soweit ich mich erinnern kann, sind alle Flugzeuge noch immer gut gelandet.

Im Namen der Salzburger Wirtschaft bedanke ich mich auch für den Einsatz des Bun­desministers bei den Gegengeschäften vor allem für die Firma Palfinger und die Firma Naue & Naue, die in Radstadt, an der Grenze zu Steiermark beheimatet ist und über 400 Mitarbeiter beschäftigt. Dank des Engagements des Bundesministers ist es dort geschafft worden, letztendlich auch aus den Gegengeschäften, vor allem aus dem MAN-Auftrag, für das Heer in Großbritannien Fahrzeugteile zu produzieren. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Mag. Gaßner. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


18.58.27

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Präsident des Rech­nungshofes! Meine Herren Minister! Hohes Haus! Wir haben den Vertrag nicht bekom­men. Herr Bundesminister Platter, Sie haben verschiedenste Begründungen dafür


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angeführt. Eine Begründung müssen Sie mir oder dem Hohen Haus noch erklären: Sie sagten, das würde gegen NATO-Secret verstoßen. Jetzt haben Sie heute erklärt, der Eurofighter ist ein europäisches Produkt. Was heißt das jetzt? Sind wir beim Kauf von Abfangjägern an NATO-Bedingungen gebunden? Warum sollten wir uns jetzt an diese Dinge halten müssen? (Abg. Schöls: Hast du es nötig, dass du dich so verstellst?) Das ist wenigstens eine Erklärung, die Sie uns schuldig sind, wenn Sie schon behaup­ten, Sie hätten uns bereits alles erklärt. (Abg. Schöls: Nein, dass du dich so ver­stellst! – Zwischenruf des Abg. Fauland.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine zweite Frage – Sie können sich zu Wort melden, wenn Sie noch etwas zu sagen haben –: Es heißt im Rechnungshofbericht, und dabei beziehe ich mich ausschließlich auf diesen Rechnungshofbericht, weil wir ja den Vertrag nicht vorgelegt bekommen haben, dass am 27. August 2002 der damalige Minister Scheibner entschieden hat, nicht 24, sondern nur 18 Flieger zu kaufen, mit einer Option von 6 Fliegern. – Am 27. August 2002, soferne Sie es nicht mehr wissen sollten!

Herr damaliger Verteidigungsminister! Der Rechnungshof fragt, wie das mit dieser Op­tion ausschaut. Das steht im Bericht drinnen. Wo ist diese Option geblieben? Gibt es Nebenvereinbarungen? Können wir die kaufen? Müssen wir die unter Umständen dann irgendwann einmal kaufen? Ich frage mich deswegen, ob wir sie kaufen müssen, weil im Rechnungshofbericht auch drinnen steht, dass die Regierung im Juli 2002 entschie­den hat: Ja, wir kaufen diese Eurofighter! Die Entscheidungsgrundlage dafür war – wie heißt das so schön? – ein operativ-taktisches Konzept des Verteidigungsministeriums, und dieses Konzept sagt aus, dass für eine umfassende Luftraumverteidigung in Frie­denszeiten 24 Maschinen notwendig sind. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Seither gibt es – das hat auch der Rechnungshof festgestellt – kein anderes Konzept. Das heißt für mich schlüssigerweise, dass mit 18 Maschinen unser Luftraum nicht sicher genug verteidigt werden kann. Ihr Konzept! Sie, Herr Scheibner, waren damals Verteidigungsminister. (Abg. Scheibner: Sie müssen wissen, was Luftraumverteidi­gung heißt!) Zeigen Sie uns dieses neue Konzept oder sagen Sie uns, wie Sie denn das mit diesen 18 machen wollen! Oder brauchen wir vielleicht ohnehin nur zwölf oder neun? Vielleicht genügen die, um die Olympiade zu schützen. (Abg. Scheibner: Ich habe Ihnen das erklärt! Sie hätten nur zuhören müssen!)

Wenn man den Ausführungen des Herrn Rechnungshofpräsidenten sehr genau zuge­hört hat – und das habe ich getan –, dann weiß man, dass er gesagt hat, dass eigent­lich die Reduzierung der Stückzahl, die Reduzierung der Ausrüstung nur deswegen notwendig wurde, weil eine Deckelung des zu verwendenden Geldes, des Kapitals, das zur Verfügung steht, eingezogen wurde. Stichwort: Budgetbegleitgesetz.

Jetzt frage ich mich aber, was denn die folgende Aussage soll, die ich immer wieder von der Regierungsbank aus, vom Minister Plattner, vom Finanzminister und von ande­ren Regierungsmitgliedern, gehört habe – (Abg. Neudeck: Platter heißt der Herr Mi­nister!) Platter; Entschuldigung, Herr Bundesminister! –: Wir haben diese Reduzierung deswegen vornehmen müssen, weil das Hochwasser gekommen ist und weil dadurch eben für die Hochwasseropfer so viel getan werden muss! (Abg. Neudeck: Von Ihnen ist das gesagt worden! – Abg. Scheibner: Wer hat das gesagt?) Sie haben es da ge­sagt. (Abg. Scheibner: Das hat kein Mensch gesagt!) Sie haben es hier gesagt. Platter hat es hier gesagt. Aber was stellen wir fest? – Es war gar nicht mehr möglich, 24 zu kaufen, sondern nur sechs. (Abg. Neudeck: Sechs? Sie sagen sechs? Wir kaufen 18!)

Ich bitte Sie, Herr Finanzminister, Herr Verteidigungsminister, nennen Sie mir ein Hochwasseropfer, dass auch nur einen Euro deswegen mehr bekommen hat, weil Sie


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sechs Flieger weniger gekauft haben. Wir können uns das nicht leisten! Und da sind Sie sehr spät draufgekommen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.03


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Regler. – Bitte.

 


19.03.00

Abgeordneter Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte zu den Angriffen von Dr. Günther Kräuter auf den Herrn Bundeskanzler Stellung nehmen. Ich habe hier das Wortprotokoll der Besprechung aus Salzburg, und ein gewisser Bürgermeister Dr. Heinz Schaden hat wörtlich gesagt:

Eine der zentralen Fragen der Evaluierungskommission beim letzten Mal – sprich bei der letzten Bewerbung Salzburgs für die Olympischen Spiele – war: Können wir die Luftraumüberwachung gewährleisten, ja oder nein? Das ist tatsächlich so: Nur wenn das gewährleistet ist – danke, Herr Verteidigungsminister, danke für die Anwesenheit heute –, nur dann sagt das IOC, ja, das sind sichere Spiele. Das auch abseits von Par­teitaktik und sonstigen Dingen. Es ist die Wahrheit und sonst gar nichts. – Soweit Bür­germeister Schaden. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Gaál: Dazu braucht es aber nicht die sündteuren Eurofighter! – Abg. Mag. Molterer – in Richtung des Abg. Gaál –: Toni, aus Schaden wird man klug!)

Hohes Haus! Wir haben in der letzten Sitzung des Rechnungshofausschusses mit unserem Finanzminister eingehend die Fragen der Finanzierung besprochen und fest­gestellt:

Erstens: Die 18 gewählten Halbjahresraten waren die optimale Zahlungsvariante.

Zweitens: Durch den Haftungsverzicht wurde ein Preisnachlass von 32,8 Millionen € erzielt.

Drittens: Durch die Einschaltung der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur für die Vorfinanzierung konnte ein Vorteil von 127 Millionen € erzielt werden.

Viertens: Durch den Einredeverzicht wurden über 100 Millionen € eingespart.

Fünftens: Die Zwischenfinanzierung mit 75 Millionen € war ein gutes Geschäft für die Steuerzahler.

Fazit des Ganzen: Die Finanzierung ist kein Skandal, sondern professionelle Arbeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

19.05


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Dr. Pilz. – Bitte.

 


19.05.00

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Rechnungshof hat den Vertrag geprüft, jetzt soll der Nationalrat den Vertrag prüfen und beurteilen. Eine einzige Voraussetzung fehlt – der Vertrag.

Wir haben im Ausschuss den Verteidigungsminister gefragt, warum er uns den Vertrag nicht vorlegen könne, und seine Antwort war: die Amtsverschwiegenheit. (Abg. Neu­deck: Das haben wir schon viermal gehört!)

Daraufhin haben wir erklärt, dass das rechtlich nicht haltbar ist. Das hat der Verteidi­gungsminister zur Kenntnis genommen und hat auf die wiederholte Frage geantwortet: Na wenn es nicht die Amtsverschwiegenheit ist, es gibt eine Geheimhaltungsklausel im Vertrag.


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Daraufhin haben wir den Verteidigungsminister ersucht, die Geheimhaltungsklausel vorzulesen. Darauf hat der Verteidigungsminister erklärt, das könne er nicht, weil die Geheimhaltungsklausel geheim sei. (Ironische Heiterkeit bei den Grünen und der SPÖ.)

Darauf habe ich mir die Frage erlaubt, ob er wenigstens, ohne die nationale Sicherheit zu gefährden, bekannt geben könne, wer von Seiten des Verteidigungsministeriums den Vertrag unterschrieben habe. Darauf erklärte der Verteidigungsminister (Abg. Gaál: Das ist geheim!), nein, das könne er nicht, denn das unterliege der Amtsver­schwiegenheit. Nicht einmal der Name des unterschreibenden oder unterschrieben habenden Beamten darf dem Nationalrat mitgeteilt werden, weil das Amt grundsätzlich verschwiegen ist. (Abg. Neudeck: Sie wollen ein Zeugenschutzprogramm!)

Wenn das Amt aber so verschwiegen ist, dass der Ausschuss überhaupt keine Aus­künfte mehr bekommt, dann müssen wir über die Amtsverschwiegenheit diskutieren. Dann können wir nicht über die Eurofighter diskutieren, dann gibt es keine Möglichkeit, heute zu diesem Bericht ja zu sagen und die Zustimmung zu geben, weil wir damit einen Persilschein ausstellen müssten. Wir werden wieder den Vertrag einfordern müssen, wir werden das ein zweites und drittes Mal tun, irgendwann bekommen wir ihn.

Trotzdem bin ich dem Herrn Präsidenten des Rechnungshofes dankbar, dass er in sehr, sehr höflicher und auf die Regierung Rücksicht nehmender Form einige Kritik­punkte hier aufgezählt hat. (Abg. Gaál: Sehr schonend!) Ich tue es eher in Oppositi­onsdeutsch und fasse zusammen:

Erstens: Im militärischen Bereich kommt der Rechnungshof zu dem Schluss: Bedro­hungen dürfen nur dann eintreten, wenn der Eurofighter einsatzbereit ist. Wenn der Eurofighter – was nicht gewährleistet ist – nicht einsatzbereit ist, sollen Bedrohungen nicht auftreten. Die Frage ist, ob sich die Bedrohung an die neue Doktrin der österrei­chischen Luftraumüberwachung hält. Wir haben daran gewisse Zweifel.

Zweitens: Der Rechnungshof weist darauf hin, dass es falsche Zahlen gibt. Die Be­schaffungskosten haben nicht gestimmt, sie mussten korrigiert werden. Die versteckten Kosten in Höhe von Hunderten Millionen Euro, die immer wieder geleugnet worden sind, sind vom Rechnungshof aufgedeckt und beziffert worden. Die Betriebskosten sind laut Angabe und Kritik des Rechnungshofes schlicht und einfach falsch. Sie betra­gen das Doppelte der vom Verteidigungsministerium genannten Summe.

Wir sind – und wenn ich sage „wir“, dann sind es die Öffentlichkeit und der österrei­chische Nationalrat –, was die Kosten betrifft, was die Einsatzziele betrifft, was die Durchführbarkeit des Konzepts betrifft, systematisch irregeführt worden. Im Zentrum der systematischen Irreführung steht der österreichische Finanzminister, der – und das ist die einzige Interpretationsmöglichkeit – in Richtung Kauf des teuersten Flugzeuges nicht politische, nicht regierungs-, nicht partei-, sondern private Interessen vertreten hat, und es kann nur in einem Untersuchungsausschuss geklärt werden, welcher Art diese privaten Interessen des Bundesministers für Finanzen sind.

Ein Allerletztes zur Frage Olympia. Wir brauchen ja offensichtlich nach der neuesten Argumentation der Bundesregierung kein Luftraumüberwachungsflugzeug mehr, son­dern ein Stadionüberwachungsflugzeug. Die Frage ist, ob rein technisch der Euro­fighter als Stadionüberwachungsflugzeug geeignet ist. (Abg. Murauer: Oh ja!) Er hat nämlich eine problematische Eigenschaft: Als modernstes Kampfflugzeug Europas fliegt er zu schnell für die Stadionüberwachung. (Abg. Murauer: Über ein Stadion fliegt er halt langsamer!) Da es hier um die Überwachung relativ kleiner Objekte geht, haben militärische Experten festgestellt: Wenn der Eurofighter in Stadionüberwachungsge­schwindigkeit fliegt, kommt er in eine instabile Lage und droht im Extremfall auf die


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Sportstätte zu fallen. (Heiterkeit bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Gaál: Der Scha­den leidet Schaden!)

Meine Damen und Herren! Das wollen wir dem olympischen Gedanken nicht zumuten. Deswegen müssen wir auch den olympischen Gedanken und einen möglichen Austra­gungsort Salzburg vor der Beschaffung der Eurofighter schützen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Gaál: Da wird der Herr Schaden auch den Schaden haben!)

19.10



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115. Sitzung / Seite 211

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ledolter. – Bitte.

 


19.10.38

Abgeordneter Johann Ledolter (ÖVP): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminis­ter! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nicht zuletzt durch die kabarettistische Einlage meines Vorredners, aber auch durch den Verlauf der gesamten Debatte ist wiederum einmal transparent geworden, meine Damen und Herren von der Opposition, Sie mögen diese Flugzeuge ganz einfach nicht. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen.) Sie wissen aber ganz genau um die Notwendigkeit und Unverzichtbarkeit der Luftraumüberwachung unserer Re­publik. Daher versuchen Sie alles, diese Dinge schlecht zu reden, daher versuchen Sie diese Beschaffungsvorgänge schlecht zu reden.

Der Auszug aus dem Rechnungshofausschuss vom letzten Mal, meine Damen und Herren, hat ja wieder einmal unter Beweis gestellt, dass diese krausen Verschwö­rungstheorien und diese Kriminalphantasien mittlerweile am Ende sind, dass Ihnen ganz einfach der Stoff ausgeht für diese Geschichten.

Daher noch einmal kurz zurück zu den Fakten. Der Rechnungshof widerlegt in allen drei seiner Berichte, dass etwas nicht mit der notwendigen Transparenz passiert wäre. Ganz explizit wird von einem korrekten Vorgang gesprochen, von der Tatsache, dass der Eurofighter Bestbieter ist und auch bei modifizierten Finanzierungsbedingungen – also mit diesen zehn Halbjahresraten – immer noch kein Bietersturz eintritt. Der Be­schaffungsvorgang ist transparent und all den Usancen der militärischen Beschaffung entsprechend.

Im Ausschuss haben Sie durch Ihren Auszug auch dem Rechnungshof das Misstrauen ausgesprochen, was wir nicht teilen, und Sie haben auch ein Armutszeugnis geliefert, denn mit diesem Beschaffungsvorgang ist ein Eintritt in den High-Tech-Klub vonstatten gegangen. Wir haben derzeit schon Gegengeschäfte in einer Summe von 1,6 Milliar­den oder 240 Prozent des Nettokaufpreises.

Und letztendlich, meine Damen und Herren, haben Sie auch eine Bankrotterklärung Ihrer sicherheitspolitischen Ansichten geliefert. Wollen Sie die Flugzeuge, wollen Sie Abfangjäger, wollen Sie Luftraumüberwachung oder nicht? – Das ist die Frage. Aber wann immer Ihr grüner Vormann eine vernünftige Annäherung an dieses Thema er­kennen lässt, wird er von der Linken in seiner Fraktion zurückgepfiffen, und ähnlich ist es bei der SPÖ. Es gibt keine Alternativen, die Sie anbieten, es gibt nur Konzeptlosig­keit.

Als Resümee, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition: Der Euro­fighter ist startklar und kann fliegen, die SPÖ kann es immer noch nicht. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)

19.13


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

 


19.13.41

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Meine Damen und Herren! Nur ganz kurz. Zum einen, Herr Kollege Pilz – Sie wissen es ohnehin, aber es war ein rhetorisch durchaus interessanter Einwurf, und ich habe gesagt, Gott sei Dank haben wir Sie noch dazu bewegen können, spät, aber doch hier ins Hohe Haus hereinzukommen –: Die Stadionüberwachung ist natürlich nicht Aufgabe des Luftraumüberwachungsflug­zeuges, sondern die Überwachung des Luftraumes über Tagungsorten wie zum Bei­spiel über einem EM-Stadion. Das bezieht sich nicht auf das unmittelbare Stadion, aber das wissen Sie ohnehin.

Ich habe mich aber nur deshalb ganz kurz zu Wort gemeldet, weil ich etwas richtig stellen wollte, was Abgeordneter Gaßner behauptet hat. Er hat behauptet, ich hätte ge­sagt, die Reduzierung von 24 auf 18 haben wir damals im Jahr 2002 deshalb gemacht, weil wir sonst die Flutopfer nicht entschädigen hätten können.

Herr Kollege Gaßner! Ich habe mich damals dagegen verwahrt, und es war Ihrer Partei vorbehalten, als Erste zu sagen, jetzt muss man auf die Abfangjägerbeschaffung ver­zichten, weil man sonst die Hochwasseropfer nicht entschädigen kann. (Abg. Gaál: Das hat der Herr Schüssel gesagt!) Sie wissen ganz genau, dass die erste Rate für den Abfangjäger noch nicht fällig ist, bis heute nicht fällig ist, die Hochwasseropfer aber bereits entschädigt sind.

Damals hat man argumentiert, auf Grund der Gesamtwirtschaftssicht, vor allem auch auf Grund der schlechten Konjunktur könnte es sein, dass durch die Beschaffung die Geldmittel für andere Aufgaben der Sicherheit nicht ausreichen könnten. Und das war der Grund für die Reduzierung. Es gab ja auch eine Zusage vom Finanzminister. Ich erinnere in diesem Zusammenhang immer daran, dass zumindest ein Teil des erspar­ten Geldes der österreichischen Sicherheit zukommt, und zwar dem Katastrophen­schutz und auch dem österreichischen Bundesheer für die Aufgaben, die es sonst noch zu erledigen hat.

Aber den Vergleich und die Angstmache damals, dass man gesagt hat, die Regierung hat zwar Geld für Abfangjäger, aber nicht für die Flutopfer, diesen unhaltbaren und für mich auch wirklich zurückzuweisenden Vergleich, den haben Sie und Ihre Partei damals gemacht. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.16


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. (Oje-Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


19.16.00

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Einige abschließende Anmerkungen. Also Sportgroßveranstaltungen zu verknüpfen mit den Eurofightern, das ist tatsächlich blanker Unsinn. (Abg. Scheibner: Wieder nicht aufgepasst!) Vom fliegenden Gegenbeweis kann sich die Bevölkerung ja überzeugen. Es fliegen geleaste F15 im österreichischen Luftraum. Warum sollten ausgerechnet die Eurofighter notwendig sein zur Ausrichtung von Großveranstaltungen? Da können Sie zitieren, wen Sie wollen, der Beweis ist jederzeit einsehbar. (Abg. Neudeck: Eine De­batte mit Kräuter am Ende ist nicht auszuhalten!)

Grundsätzlich: Beim Vortrag des Rechnungshofpräsidenten sind ja die Gesichter der drei Regierungsmitglieder länger und länger geworden, und das ist kein Wunder. Denn klar ist, der Eurofighter ist nur eingeschränkt tauglich für die österreichische Luftraum-


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überwachung, bei der Finanzierung tut sich ein Bündel von Ungereimtheiten auf, und die Gegengeschäfte müssen überhaupt erst geprüft werden.

Damit ist klar: Es wird weitere parlamentarische Untersuchungen geben. Das ist ganz, ganz sicher, meine Damen und Herren, viel sicherer als die Frage, ob die Eurofighter überhaupt nach Österreich kommen werden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.17


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, den vorliegenden Bericht III-143 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Es ist dies mit Mehrheit angenommen.

19.17.368. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (970 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Qualitätssicherung bei Ab­schlussprüfungen (Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetz – A-QSG) er­lassen und das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz geändert wird (1051 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zum 8. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. Ich erteile ihm das Wort.

 


19.18.07

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich warte nur, bis die Damen und Herren sich entschließen zu gehen oder zu bleiben. Wir haben ja heute einen nicht kontroversiellen Punkt. Man soll diese Punkte auch hervorheben, wenn sie einmal anfallen.

Teil eins: Wir beschließen heute ein Qualitätssicherungsgesetz für den Bereich Ab­schlussprüfung, bei dem wir den extrem hohen Standard, den wir im Bereich der Prü­fung in Europa, aber vor allem auch in Kontinentaleuropa und in Österreich haben, wegen Veränderungen, die aus Amerika, ausgehend vom Enron- und Worldcom-Skan­dal, gekommen sind, durch eine externe Befundung der Qualität der Prüfung ergänzen. Wir in Österreich müssen diese Art der begleitenden Kontrolle nicht scheuen, da die österreichischen Kanzleien auf einem qualitativ hohen Niveau arbeiten und kein Pro­blem haben, in diesem Bereich Einsicht zu gewähren. Die SPÖ wird diesem Teil selbstverständlich zustimmen.

Teil zwei: An dieser Stelle möchte ich, nachdem ich im Ausschuss die Kammer, aus der ich ursprünglich herkomme, die Kammer der Wirtschaftstreuhänder, der ich seit 1985 angehöre, als in manchen Dingen noch nicht in der Neuzeit angekommen be­zeichnet habe, nach der heutigen Gesprächsrunde einen Teil dieser Aussage mit Bedauern zurückziehen. Es war heute in einem sehr konstruktiven Gespräch möglich, einen gewaltigen Sprung in der Modernisierung eines sehr komplizierten Rechts nach vorne zu machen.

Bisher hatten wir fünf Berufsstände: gewerblicher Buchhalter, selbstständiger Buchhal­ter, Steuerberater, Buchprüfer, Wirtschaftsprüfer, und wir hätten mit der Regierungs-


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vorlage einen sechsten bekommen, einen Wirtschaftsprüfer ohne Steuerberaterbefug­nis. Es haben alle Fraktionen hier im Haus klar gesagt: Wir wollen Wettbewerb haben, wir wollen Liberalität verbunden mit hoher Qualität. Daher wollen wir innerhalb eines Jahres einen gemeinsamen Berufsstand der Bilanzbuchhalter schaffen – dafür gibt es einen Entschließungsantrag. Zweitens soll sehr rasch die Reduktion auf nur noch zwei WT-Berufsstände erfolgen: Steuerberater und Wirtschaftsprüfer; Letztere mit dem vollen Berechtigungsumfang der Steuerberater.

Das ist eine vernünftige Lösung, und ich darf an dieser Stelle, weil ich als Erster dazu spreche, auch den Regierungsfraktionen sagen: Es war eine konstruktive Zusammen­arbeit aller Fraktionen! Wir würden uns wünschen, dass wir in anderen Bereichen ver­nünftige Dinge so klaglos und gut über die Bühne bringen! Ich glaube, das ist ein Be­weis dafür, dass dieses Haus nach den Schwierigkeiten im Jahr 1999 gelernt hat und in manchen Bereichen deutlich moderne Züge einer modernen Gesetzgebung zeigt. Und wir brauchen uns auch für unsere Interessenvertretungen nicht zu schämen: Sie sind willig und fähig, diesen Weg zu begleiten.

In diesem Sinne darf ich – heute einer anderen Kammer als Funktionär angehörend – auch der Wirtschaftstreuhänderkammer an dieser Stelle den entsprechenden Respekt dafür zollen, hier mitgegangen zu sein. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abge­ordneten der Grünen, der ÖVP und der Freiheitlichen. – Abg. Neudeck: Das war ja eine Ansage für die große Koalition!)

19.21


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Mitterlehner. – Bitte.

 


19.21.36

Abgeordneter Dr. Reinhold Mitterlehner (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann unmittelbar an dem anknüpfen, was mein Vorredner gesagt hat.

Wir haben im Wirtschaftsausschuss das Qualitätssicherungsgesetz beziehungsweise das Gesetz zur Sicherung der Qualität bei Abschlussprüfungen behandelt. – Im We­sentlichen wird hier eine Empfehlung der EU umgesetzt, wobei man berücksichtigt hat, dass es einige Skandale in anderen Ländern gegeben hat. Es geht daher darum, bei uns die Qualität nach gewissen Kriterien entsprechend festzulegen. Das heißt im Klar­text, dass Prüfungen von Unternehmen nach drei Jahren oder nach sechs Jahren vor­genommen werden.

Im Endeffekt ist diese Vorgangsweise, glaube ich, auch für andere Bereiche richtungs­weisend. Es wird ja sehr oft darüber geredet, dass wir Qualität sichern wollen. Manch­mal geht es eigentlich nur darum, die Befähigung dazu zu nützen, um anderen den Weg in den Berufsstand zu verschließen.

Bei dieser Gelegenheit haben wir auch eine Klärung der Rechte der Buchhalter vorge­nommen. Im Wesentlichen geht es darum, dass es eine Verfassungsgerichtshof-Ent­scheidung gegeben hat, die hinsichtlich Wertgrenzen eigentlich die gewerblichen Buch­halter gegenüber den selbständigen Buchhaltern bevorzugt hätte. In anderen Berei­chen gäbe es jetzt wiederum eine Bevorteilung der selbständigen Buchhalter, was den Zugang zu FINANZOnline betrifft. – Jetzt wird gleichgezogen.

Um nun diese Ungleichbehandlung zu beseitigen, vor allem aber um dem Konsumen­ten den Überblick zu bringen, haben wir im Wirtschaftsausschuss – einstimmig, das möchte ich betonen – einen Entschließungsantrag beschlossen, dass innerhalb eines Jahres eine Zusammenführung der beiden Berufe erfolgen soll.


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Bei dieser Gelegenheit darf ich auch an dem anknüpfen, was Herr Kollege Matznetter angesprochen hat und was wir heute auch mit den Vertretern der Wirtschaftskammer besprochen haben: Es handelt sich darum, dass wir uns bemühen wollen, von den jetzt fünf Berufsgruppen innerhalb dieser Branche auf drei zu kommen. – Das ist Gegen­stand des Abänderungsantrages der Kollegen Hofmann, Matznetter und von mir, den ich jetzt einbringen darf und im Wesentlichen auch erläutere.

Es geht genau darum, eine Klärung hinsichtlich der einzelnen Berufsstände herbeizu­führen. Nach der Zusammenführung werden wir in Zukunft den Berufsstand des Buch­halters, des Steuerberaters und des Wirtschaftsprüfers haben. Es wird auch Verein­fachungen vor allem betreffend die selbständigen Buchhalter und die Zulassungs-, Zugangs- und Praxisvoraussetzungen geben: Hier wird eine Verkürzung von bisher zwölf Jahren auf neun Jahre vorgenommen. Auch im Zusammenhang mit der Anrech­nung gibt es entsprechende Verbesserungen. Außerdem sind ein paar technische Klärungen in diesem Antrag enthalten.

Im Wesentlichen kann ich feststellen, dass wir Einigung auch mit dem entsprechenden Berufsstand haben und dass wir das auch mit dem Wirtschaftsministerium abgeklärt haben.

Ich darf mich daher bei allen sehr, sehr herzlich bedanken, die dazu beigetragen ha­ben, ohne Ideologie wirklich die Praxis entsprechend zu berücksichtigen und den Kon­sumenten in den Vordergrund zu rücken, der am meisten davon profitieren wird. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der SPÖ.)

19.25


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich gebe bekannt, dass der soeben in sei­nen Kernpunkten erläuterte Antrag der Abgeordneten Mitterlehner, Hofmann und Matz­netter auch schriftlich überreicht wurde, genügend unterstützt ist und mit in Ver­handlung steht.

Im Hinblick auf den Umfang des Antrages lasse ich diesen gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung vervielfältigen und verteilen und dem Stenographischen Protokoll beidrucken.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Mitterlehner, Dipl.-Ing. Hofmann, Dr. Matznetter, Kolleginnen und Kollegen zur Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesge­setz über die Qualitätssicherung bei Abschlussprüfungen (Abschlussprüfungs-Quali­tätssicherungsgesetz – A-QSG) erlassen und das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz geändert wird (970 d. B.) in der Fassung des Berichtes des Wirtschaftsausschusses (1051 d. B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. In Artikel 2, Ziffer 1 (Inhaltsverzeichnis) lautet

die sechste Zeile nach der Überschrift „Inhaltsverzeichnis“:

„§ 4 (entfallen)“

und die fünftletzte Zeile:

„§ 229b. Überleitung der Berufsbefugnis Buchprüfer“


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2. In Artikel 2 wird eine Ziffer 1a eingefügt:

„1a. § 1 Abs.1 Z 2 entfällt.“

3. In Artikel 2 wird eine Ziffer 1b eingefügt:

„1b. § 4 entfällt.“

4. Artikel 2, Ziffer 4:

In § 5 Abs. 2 lautet die Ziffer 10:

„10. alle Tätigkeiten gemäß § 3.“

5. In Artikel 2, Ziffer 9 wird in § 14 Abs. 1 Z 3 das Wort „zwölf“ durch das Wort „neun“ und in § 14 Abs. 3 das Wort „sechs“ durch das Wort „fünf“ ersetzt.

6. Artikel 2, Ziffer 10:

In § 15 entfällt der Absatz 2. Die bisherigen Absätze „3“ bis „8“ erhalten die Nummerie­rung „2“ bis „7“.

In § 15 Abs. 4 lautet der zweite und dritte Satz: „Zeiten gemäß Abs. 3 sind jedenfalls nur bis zum Höchstausmaß von einem Jahr anzurechnen. Zeiten gemäß Abs. 1 und Abs. 2 sind dann nicht anzurechnen, wenn diese Tätigkeiten im Rahmen von Ausbil­dungen gemäß § 14 Abs. 1 Z 1 verpflichtend vorgesehen waren.“

In § 15 Abs. 7 wird der Ausdruck „Abs. 3 und 4“ durch „Abs. 2 und 3“ ersetzt.

7. Artikel 2, Ziffer 18 entfällt.

8. Artikel 2, Ziffer 21 lautet:

„21. § 34 lautet:

„§ 34. (1) Der schriftliche Prüfungsteil hat die Ausarbeitung von fünf Klausurarbeiten zu umfassen.

(2) Eine Klausurarbeit hat die Ausarbeitung von Prüfungsfragen aus dem Fachgebiet Rechnungslegung gemäß § 35 Z 3 lit. a, c, und g zu umfassen.

(3) Eine Klausurarbeit hat die Ausarbeitung von Prüfungsfragen aus dem Fachgebiet Abschlussprüfung gemäß § 35 Z 6 zu umfassen.

(4) Eine Klausurarbeit hat die Ausarbeitung von Prüfungsfragen aus dem Fachgebiet Rechtslehre gemäß § 35 Z 5 lit. c und g zu umfassen.

(5) Eine Klausurarbeit hat die Ausarbeitung von Prüfungsfragen aus dem Fachgebiet Betriebswirtschaftslehre gemäß § 35 Z 4 zu umfassen.

(6) Eine Klausurarbeit mit dem Inhalt und Umfang gemäß § 29 Abs. 2.

(7) Die Prüfungsfragen der Klausurarbeit gemäß Abs. 2, 3 und 4 sind so zu stellen, dass diese vom Bewerber jeweils in vier Stunden ausgearbeitet werden können. Die jeweilige Klausurarbeit ist nach viereinhalb Stunden zu beenden.

(8) Die Prüfungsfragen der Klausurarbeit gemäß Abs. 5 und 6 sind zu so stellen, dass diese vom Bewerber in sechs Stunden ausgearbeitet werden können. Die Klausur­arbeit ist nach sieben Stunden zu beenden.“

9. In Artikel 2, Ziffer 22 lautet § 35 Z 2:

„2. Abgabenrecht einschließlich des Abgabenverfahrensrechts, insbesondere ausrei­chende Kenntnisse der für die Abschlussprüfung relevanten Rechts- und Verwaltungs­vorschriften,“


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10. In Artikel 2, Ziffer 23 lautet § 35a Abs. 1:

„§ 35a. (1) Prüfungskandidaten, die sich der Fachprüfung für Wirtschaftsprüfer unter­ziehen und bereits die Fachprüfung für Steuerberater erfolgreich abgelegt haben, sind im Rahmen des schriftlichen Prüfungsteiles von der Ablegung der Klausurarbeiten gemäß § 34 Abs. 5 und 6 befreit.“

11. In Artikel 2 wird eine Ziffer 47a eingefügt:

„47a. § 67 Abs. 1 Z 3 entfällt.“

12. In Artikel 2 wird eine Ziffer 47b eingefügt:

„47b. § 84 lautet:

§ 84. (1) Natürliche Personen, die zur selbständigen Ausübung eines Wirtschaftstreu­handberufes berechtigt sind, sind verpflichtet, sich zu bezeichnen bei Ausübung des Wirtschaftstreuhandberufes

1. Selbständiger Buchhalter als ,,Selbständiger Buchhalter'',

2. Steuerberater als ,,Steuerberater'' und

3. Wirtschaftsprüfer als ,,Wirtschaftsprüfer''.

(2) Natürliche Personen gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 bis 3 sind Wirtschaftstreuhänder im Sinne dieses Bundesgesetzes und berechtigt, neben der Berufsbezeichnung gemäß Abs. 1 Z 2 bis 3 auch die Bezeichnung ,,Wirtschaftstreuhänder'' zu führen.

(3) Natürliche Personen gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 sind berechtigt, anstelle der Berufsbe­zeichnung gemäß Abs. 1 Z 3 auch die Bezeichnung ,,beeideter Wirtschaftsprüfer und Steuerberater'' zu führen.

(4) Weibliche Berufsberechtigte sind berechtigt, die in Abs. 1, 2 und 3 genannten Berufsbezeichnungen in ihrer weiblichen Form zu führen.

(5) Berufsberechtigte, welche eine andere vereinbarte berufliche Tätigkeit befugt aus­üben, sind berechtigt, neben der Berufsbezeichnung gemäß Abs. 1, 3 oder Abs. 4 auch auf diese hinzuweisen.“

13. Artikel 2 Ziffer 79 lautet:

„79. § 229b lautet:

„Überleitung der Berufsbefugnis Buchprüfer

§ 229b. Buchprüfer und Buchprüfungsgesellschaften, die im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2005 als solche öffentlich bestellt oder anerkannt sind, gelten als Wirtschaftsprüfer oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaften im Sinne dieses Bundesgesetzes. Buchprüfer, die nach In-Kraft-Treten des Bundesgeset­zes BGBl. I Nr. xx/2005 Prüfungen durchführen, die nach der bis zu diesem In-Kraft-Treten geltenden Rechtslage Wirtschaftsprüfern vorbehalten waren, dürfen solche Aufträge erst dann übernehmen, wenn sie die ausreichende Fach- und Weiterbildung auf den Fachgebieten

Aktienrecht und

Sonderfragen der Rechnungslegung, bestehend aus internationaler Rechnungslegung und internationalen Prüfungsstandards,

gem. § 2 Abs. 2 Z 3 Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetz im Rahmen der externen Qualitätsprüfung nachgewiesen haben.“


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Begründung:

Die vorliegende Regierungsvorlage (RV) in der Fassung des Ausschussberichts er­weitert die bisher auf diesem Gebiet bestehenden fünf Berufsgruppen (gewerbliche Buchhalter nach der GewO, selbständige Buchhalter nach dem WTBG, Steuerberater, Buchprüfer und Wirtschaftsprüfer) auf sechs Gruppen, da nach der RV die Wirtschafts­prüfer künftig in solche, die nach altem Recht gleichzeitig auch zum vollen Berechti­gungsumfang der Steuerberater berechtigt sind, und solche, die nach dem neuen Recht weder zur Durchführung von Buchhaltungsarbeiten und Rechnungsabschlüssen noch zur steuerlicher Beratung und Vertretung berechtigt sind, (Wirtschaftsprüfer neu) aufgeteilt werden. Darüber hinaus ist in der RV unklar, ob die nach altem Recht zuge­lassenen Wirtschaftsprüfer wegen der Neufassung des § 5 überhaupt noch als Steuer­berater berechtigt sind. Auch ist auf Grund der nach der RV weiter bestehenden ein­heitlichen Berufsbezeichnung „Wirtschaftsprüfer“ gem. § 84 Abs. 1 WTBG für den Klienten nicht erkennbar, ob es sich um einen „alten“ Wirtschaftsprüfer mit der vollen Befugnis auch des Steuerberaters gem. § 3 WTBG (mit dem Recht Jahresabschlüsse zu erstellen und vor den Abgabenbehörden zu vertreten) oder um einen „neuen“ Wirt­schaftsprüfer ohne Steuerberater-Befugnis handelt. Ohne Behebung dieses Problems durch diesen Abänderungsantrag müssten sich die betroffenen Personen mit In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes als Steuerberater bestellen lassen, was nicht nur zu erhöhten Gebührenbelastungen, sondern wahrscheinlich auch zu erhöhten Haftpflicht­versicherungsprämien führen würde.

Eine weitere Aufsplitterung der Berufsstände und ihrer Berechtigungen ist aber weder sinnvoll noch wettbewerbsfördernd. Dies wurde indirekt in der Stellungnahme der Wirt­schaftskammer Österreich sowie direkt in der Stellungnahme der Bundesarbeiterkam­mer im Begutachtungsverfahren angesprochen.

Die ungleichen Rechte und Befugnisse bei selbständigen und gewerblichen Buch­haltern werden von der Wirtschaft weder verstanden noch akzeptiert. Die überlange Praxiszeiten für selbständige Buchhalter – SBH (12 Jahre) wurde ebenfalls im Rahmen der Begutachtung kritisiert. Die mit diesem Abänderungsantrag erfolgende Verkürzung der Praxiszeit für den SBH von zwölf auf neun Jahre ist im Zusammenhang mit dem einstimmig von allen Fraktionen im Ausschuss angenommenen Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Mitterlehner, Dipl.-Ing. Hofmann betreffend „die Problematik der Selbständigen und Gewerblichen Buchhalter“ mit dem Auftrag an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit auf Schaffung eines einheitlichen Berufsstandes „Bilanzbuch­halter“ unter Vereinigung der derzeit getrennten Berufe Gewerblicher Buchhalter und Selbständiger Buchhalter bis Ende der Legislaturperiode zu sehen. Damit werden nicht nur die Wartezeiten bis zum erstmöglichen Antritt zur Fachprüfung für Steuerberater verkürzt, sondern auch für alle betroffenen Berufsangehörigen die Durchlässigkeit des Systems zur Erlangung einer weitergehenden Befugnis verbessert.

In der Begutachtung wurde auch der Umstand, dass die Wirtschaftsprüfer künftig nicht mehr den Berechtigungsumfang der Steuerberater haben, negativ bewertet (IWP – Institut der Wirtschaftsprüfer).

Die Überführung der Buchprüfer zu Wirtschaftsprüfern gem. § 229b in der Fassung der RV in Form umfangreicher Fachprüfungen ist nicht sachgerecht, da auch die überwie­gende Mehrzahl der heute zugelassenen Wirtschaftsprüfer über diese Fachgebiete niemals geprüft wurden und überdies die ausreichende Fachaus- und Weiterbildung in Hinkunft ohnehin gem. § 2 Abs. 2 Z 2 A-QSG vom externen Qualitätsprüfer geprüft wird. Die Buchprüfer, die keine Überleitungsprüfung gem. § 229b in der Fassung der RV absolvieren würden, würden überdies auf Lebzeiten dem Berufsstand der Buchprü-


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fer angehören. Eine solche „biologische“ Lösung ist im Sinne der Klarheit und Einfach­heit der gesetzlichen Bestimmungen abzulehnen.

Der bisherige Berechtigungsumfang der Buchprüfer war hinsichtlich aller Formen der speziellen Prüfungen (Sonderprüfungen, Gründungsprüfungen, Umgründungsprüfun­gen, Spaltungsprüfungen) sowie – mit Ausnahme der Rechtsform der AG – auch hin­sichtlich der Abschlussprüfungen mit jenem der Wirtschaftsprüfer ident. Auch Konzern­abschlüsse und Abschlüsse großer Gesellschaften (sofern diese GmbHs sind) dürfen von Buchprüfern als Abschlussprüfer geprüft werden. Diese Unterscheidung entbehrte schon bisher jeder Logik und Begründung. Die weitere Behinderung der Buchprüfer durch den § 229b idF der RV kann daher nur als Verhinderung von Konkurrenz über berufsständische Vorschriften aufgefasst werden.

Mit diesem Abänderungsantrag werden die Berufsgruppen vorerst auf vier und nach Erfüllung der im Entschließungsantrag geforderten Vereinheitlichung der Gewerblichen Buchhalter und Selbständigen Buchhalter zum „Bilanzbuchhalter“ auf drei reduziert. Dies erhöht die Transparenz für den großen Kreis an Klienten, schafft mehr Wettbe­werb und Vermindert den Regulierungsgrad. Die Verkürzung der Praxiszeiten für die Berufsgruppe Selbständige Buchhalter (künftig nach Erfüllung des Entschließungsan­trags „Bilanzbuchhalter“) von 12 auf sechs Jahre erhöht die Durchlässigkeit und fördert die Karriereentwicklung der betroffenen Personen.

Mit diesem Abänderungsantrag werden daher zur Lösung der o.a. Probleme

die Praxiszeiten für die Zulassung zur Steuerberaterprüfung für selbständige Buch­halter (in Hinkunft dann auch der gewerblichen Buchhalter in der vereinheitlichten Berufsgruppe „Bilanzbuchhalter“) deutlich verkürzt,

dem Beruf des Wirtschaftsprüfers der volle Berechtigungsumfang des „Steuerberaters“ gegeben,

die Fachprüfungsfächer für Bewerber, die direkt die Wirtschaftsprüfer-Fachprüfung ablegen, ohne bereits als Steuerberater bestellt zu sein, um die entsprechende Klau­surarbeit für Steuerberater und das Prüfungsfach Abgabenrecht einschließlich Abga­benverfahrensrecht ergänzt,

die damit unnötigen Bestimmungen über die Steuerberaterprüfung für bereits bestellte Wirtschaftsprüfer weggelassen,

die Berufsbezeichnung fakultativ um den seit Jahrzehnten eingeführten und den Be­rechtigungsumfang klar stellenden Begriff „beeideter Wirtschaftsprüfer und Steuerbe­rater“ ergänzt,

der Beruf des Buchprüfers aufgelassen und

die bisherigen Buchprüfer in den Berufsstand der Wirtschaftsprüfer übergeführt.

Zu den einzelnen Bestimmungen dieses Abänderungsantrages:

Ziffer 1. bis 3. und 11.: Damit wird der Entfall des Berufs „Buchprüfer“ geregelt.

Ziffer 4.: Damit wird der Berechtigungsumfang der Wirtschaftsprüfer um jenen der Steuerberater ergänzt. Da der Berechtigungsumfang der Steuerberater idF der RV bereits die Vertretungsbefugnis vor dem Verwaltungsgerichtshof in Abgabensachen vorsieht, kann die bisherige Z. 10 idF der RV entfallen.

Ziffer 5.: In § 14 Abs. 1 Z 3 wird die Praxiszeit für Selbständige Buchhalter von bisher 12 auf neun Jahre herabgesetzt. Die auf die nunmehr neun Praxisjahre anrechenbaren Zeiten werden in Abs. 3 konsequent von sechs auf fünf Jahre verkürzt.


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Ziffer 6.: Im § 15 kann der Abs. 2 idF der RV entfallen, da Wirtschaftsprüfer ohnehin die Befugnis des Steuerberaters auch künftig weiterhin haben werden und sohin eine nachfolgende Fachprüfung für Steuerberater entfallen kann. Die übrigen Änderungen sind Zitierungsanpassungen.

Ziffer 7.: Ziffer 18 der RV (§ 31a) entfällt, da Wirtschaftsprüfer ohnehin die Befugnis des Steuerberaters auch künftig weiterhin haben werden und sohin eine nachfolgende Fachprüfung für Steuerberater gegenstandslos ist.

Ziffer 8.: Da Wirtschaftsprüfer auch künftig den vollen Berechtigungsumfang Steuer­berater haben, ist für Kandidaten, die ohne vorangehende Fachprüfung und Praxis als Steuerberater direkt zur Fachprüfung für Wirtschaftsprüfer antreten, der Prüfungsum­fang um die entsprechende Klausur gem. § 29 Abs. 2 (Fachprüfung für Steuerberater) zu ergänzen. Es sind daher statt wie in der RV vorgesehen vier künftig fünf Klausuren zu absolvieren.

Ziffer 9.: Bei der mündlichen Prüfung ist unter Berücksichtigung der Steuerberaterbe­rechtigung des Wirtschaftsprüfers das gesamte Abgabenrecht einschließlich des Ab­gabenverfahrensrechts Prüfungsgegenstand.

Ziffer 10.: Steuerberater, die zur Fachprüfung für Wirtschaftprüfer antreten, sind auch von der Klausur gem. § 34 Abs. 6 zu befreien, da sie dieses Prüfungsgebiet bereits bei ihrer Fachprüfung für Steuerberater absolviert haben.

Ziffer 12.: Im § 84 Abs. 1 kann die Berufsbezeichnung „Buchprüfer“ wegen Überfüh­rung in den Berufsstand Wirtschaftsprüfer entfallen. In § 84 Abs. 3 wird die bis zum In-Kraft-Treten des WTBG über Jahrzehnte eingeführte Berufsbezeichnung „beeideter Wirtschaftsprüfer und Steuerberater“ fakultativ wieder zugelassen, da dieses Bezeich­nung den Berechtigungsumfang sowie den Umstand der Vereidigung klar zum Aus­druck bringt.

Ziffer 13.: Das Abprüfen von Prüfungsgegenständen bei Buchprüfern, die über viele Jahre (zum Großteil Jahrzehnte) Prüfungspraxis aufweisen, die bei der Mehrzahl der Wirtschaftsprüfer zum Zeitpunkt ihrer damaligen Prüfung auch nicht prüfungsgegen­ständlich waren, ist nicht sachgerecht und letztlich gleichheitswidrig. Diese unnötige Erschwernis, die letztlich nur dazu dient, die Zahl der Wirtschaftsprüfer kleiner zu hal­ten um Konkurrenz zu vermeiden, stellt auch eine ökonomische Belastung dar, da die Buchprüfer Kurse mit Kosten von ca. 2.000 Euro absolvieren und überdies weit höhere Honorarausfälle für die Zeiten der Vorbereitung hinnehmen müssten. Überdies wird die ausreichende Fachaus- und Weiterbildung in Hinkunft ohnehin gem. § 2 Abs. 2 Z 3 A-QSG vom externen Qualitätsprüfer geprüft. Die Buchprüfer, die keine Überleitungs­prüfung gem. § 229b in der Fassung der RV absolvieren würden, würden überdies auf Lebzeiten dem Berufsstand der Buchprüfer angehören, womit das Ziel der Reduzie­rung der Anzahl der Berufsgruppen zur Klarheit und Transparenz erst nach Jahrzehn­ten – im Wege einer abzulehnenden „biologischen Lösung“ – erreicht würde.

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Sburny. – Bitte.

 


19.25.51

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetz ist ein wichtiger Schritt, der zur Überprüfung der Unternehmen gemacht wird. Wir sehen es als absolut positiv, dass dieses Gesetz beschlossen werden wird.


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Ich möchte einen kritischen Punkt ansprechen, den ich auch im Ausschuss schon an­gemerkt habe und an dem sich leider nichts geändert hat: Es ist nämlich so, dass sich die AbschlussprüferInnen ihre QualitätsprüferInnen quasi selbst aussuchen können, und ich halte das für eine Schwächung des Gesetzes.

Dieses Gesetz wird deswegen beschlossen, um die Qualität der AbschlussprüferInnen zu gewährleisten. Wenn sich jetzt aber diese AbschlussprüferInnen selbst aussuchen können, wer sie prüft, dann besteht einfach die große Gefahr, dass diese Qualität in der Prüfung durchaus reduziert wird. Daher halte ich es zumindest für nicht ganz ver­ständlich, warum man diesen Passus eingezogen hat und warum man nicht einfach wie in anderen Bereichen sagt: Es bleibt dem Zufall überlassen, welcher Prüfer die jeweiligen Jahresabschlussprüfer sozusagen prüft.

Ich habe mich nichtsdestotrotz – entgegen unserem Stimmverhalten im Ausschuss – jetzt entschieden, diesem Gesetz zuzustimmen, weil ich glaube, dass es alles in allem doch einen so wichtigen Schritt darstellt, dass man das Erwähnte zwar einfach im Auge behalten muss, es aber keinen hinreichenden Grund jetzt für eine Gesamtableh­nung darstellt.

Für das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz gilt Ähnliches. Nachdem der Abänderungs­antrag eingebracht wurde, den im Wesentlichen Kollege Matznetter formuliert hat – und er hat, das muss ich wirklich sagen, ein derart detailreiches Wissen, dass er offen­sichtlich sogar die Regierungsfraktionen überzeugt hat (Abg. Scheibner: Vernünftigen Anregungen sind wir ja zugänglich!) – und der wirklich sehr viel von dem behandelt und beinhaltet, was wir im Ausschuss auch diskutiert haben, glaube ich, dass es gut ist, auch dieses Gesetz gemeinsam zu beschließen.

Nichtsdestotrotz ist ein Punkt noch einigermaßen offen, nämlich die Angleichung der gewerblichen und der selbständigen Buchhalter. Da es da aber auch einen Entschlie­ßungsantrag gibt, in dem der Minister ersucht wird, diese beiden Berufe bis zum Ende der GP zusammenzuführen, werden wir auch diesem Gesetz zustimmen.

Das einzige Problem, das tatsächlich offen bleibt, ist, dass es schon eine Ankündigung gibt, dass eine weitere Klage beim Verfassungsgerichtshof eingebracht werden wird, und zwar im Hinblick auf die Bilanzierungsgrenzen. Das ist ein Punkt, der weiterhin offen ist. Diese Bilanzierungsobergrenzen werden sicherlich auch noch aufgehoben werden müssen, aber das ist ja im Vergleich zu dem, was sonst derzeit vom Verfas­sungsgerichtshof aufgehoben beziehungsweise geändert wird, sozusagen ein Klacks. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.28


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. – Bitte.

 


19.29.11

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Der erste Teil der zur Beschluss­fassung vorliegenden Gesetzesmaterie enthält Anpassungen für das System der Quali­tätskontrolle und eines Qualitätssicherungssystems sowie auch für die Abwicklung einer Qualitätsprüfung.

Es bewirkt dies, wie ich meine, sicherlich auch eine Stärkung des internationalen Ver­trauens in den Finanzmarkt Österreich, und ich glaube auch, dass dadurch die Glaub­würdigkeit der offen gelegten Finanzinformationen erhöht wird und dass das letztlich auch positive Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Österreich hat. Außerdem wird hiemit, wie ich meine, der Schutz der Aktionäre, Investoren und Gläubiger sowie sicherlich auch anderer Interessengruppen erhöht.


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Im europäischen Binnenmarkt muss man, wie ich meine, Interesse an einer weitge­henden Harmonisierung der Qualitätssicherungssysteme und der Qualitäts- und Prüf­standards haben. Dem wird hier Rechnung getragen. Einheitliche Maßstäbe der öffent­lichen Aufsicht sind zu organisieren.

Weiters wird einem VfGH-Erkenntnis Rechnung getragen. Dieses betrifft die Wertgren­zen. Hier erfolgt eine Gleichstellung der selbständigen Buchhalter mit den gewerbli­chen Buchhaltern. Wie schon gesagt wurde, soll ein entsprechender Entschließungs­antrag letztlich eine Zusammenführung dieser beiden Berufsgruppen mit sich bringen.

Weiters wird für die gewerblichen Buchhalter der Zugang zu den Kundendaten durch den Zugang zu FinanzOnline möglich sein.

Ich denke, dass es einfach wichtig ist, dass die über 300 000 Kunden, nämlich die Unternehmen Österreichs, wissen sollen, wer was tun darf und wer wofür zuständig ist. Ich darf mich im Zusammenhang mit der Klarstellung der Berufsbilder in besonderer Weise bei Kollegem Dr. Matznetter bedanken, der sich als Kenner der Materie, wie ich meine, eingebracht hat. An dieser Stelle danke ich auch für die Mitwirkung der Vertre­ter der einzelnen Berufsgruppen und kann abschließend sagen: Ich glaube, es ist etwas sehr, sehr Gutes gelungen, was letztlich in diesen gemeinsamen Abänderungs­antrag einfließt. Auch dafür mein Dank!

Es ist etwas Gutes gelungen, und die Oppositionsrolle wurde in diesem Fall im Sinne einer vernünftigen gemeinsamen Lösung aufgegeben. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP und der SPÖ. )

19.32


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort ge­meldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Bartenstein. – Bitte.

 


19.32.21

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Hohes Haus! Als Herr Dr. Matznetter im Ausschuss seine Überlegungen eingebracht hat, habe ich unter anderem formuliert, dass ich in solchen Fragestellungen zumindest einen Konsens suche, und habe meine Zweifel geäußert, ob diese Vorstellungen sehr rasch auch einen Konsens mit der betroffenen Berufsgruppe ergeben könnten.

Ich stelle heute mit Freude fest, der Konsens ist da, und das ist sehr erfreulich für alle Beteiligten, nicht nur das hohe Maß an Konsens hier im Plenum, sondern auch der Konsens mit der betroffenen Gruppe der Wirtschaftstreuhänder. Besten Dank an all diejenigen, die hier verhandelt haben und diese Konsens- und Kompromissbereitschaft gezeigt haben!

Ich danke vor allem für den Entschließungsantrag! Es ist dies nicht nur ein Rucksack, sondern ein recht großer und mit einigem Gewicht gefüllter Rucksack, den Sie mir da mitgeben. Jetzt innerhalb eines Jahres Verhandlungen betreffend Schaffung des Be­rufsstandes eines gemeinsamen Bilanzbuchhalters auf Basis dessen zu führen, was heute einerseits gewerbliche und andererseits selbständige Buchhalter sind, das ist schon was! Einige Experten auf den Abgeordnetenbänken lächeln süffisant oder zu­mindest – ich korrigiere mich – wissend. Ich korrigiere mich.

Zuletzt möchte ich auf den Kritikpunkt der Abgeordneten Sburny eingehen. Sie haben das schon im Ausschuss gesagt, ich reagiere noch einmal drauf und nenne auch hier das Beispiel des Kraftfahrers oder der Kraftfahrerin, der oder die das Auto bei einer Werkstatt seiner oder ihrer Wahl überprüfen lassen und sich die Vignette dort holen kann, wobei das ja nicht einmal der Qualitätsprüfer ist. (Abg. Brosz: Und wer überprüft die Autowerkstätte? – Andere Autowerkstätten?) Das zu überprüfende Fahrzeug wird in einer Werkstätte nach Wahl des Eigentümers eines Autos abgestellt, und genauso


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ist es auch im vorliegenden Fall, dass die Qualitätsprüfer ihrerseits die Qualifikation erbringen müssen. Das steht ja völlig außer Frage! Aber im Rahmen des Peer Reviews gibt es diesen Arbeitsausschuss, und genau genommen wählt dieser Arbeitsausschuss in einem Dreiervorschlag den Qualitätsprüfer aus. Der Qualitätsprüfer wird nicht einmal ad personam vom zu überprüfenden Abschlussprüfer ausgewählt, sondern dieser legt einen Dreiervorschlag vor und ein unabhängiges Gremium wählt dann aus diesem Dreiervorschlag denjenigen aus, der die Qualitätsprüfung zu machen hat.

Ich meine, das ist eine durchaus übliche Vorgangsweise, sodass ich Ihnen durchaus konstruktiv, aber doch sage, dass ich in diesem Punkt, sehr geehrte Frau Abgeordnete, nicht Ihrer Meinung bin, Ihnen aber für Ihre schon geäußerte Absicht, dem Gesetz zu­zustimmen, danke. Außerdem richte ich noch einmal meinen Dank an alle Fraktionen für das hohe Maß an Konsens in dieser Frage. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Freiheitlichen.)

19.35


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Oberhaidinger. – Bitte.

 


19.35.35

Abgeordneter Georg Oberhaidinger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es war in der Ausschusssitzung die erste Absicht, die Qua­lität der Abschlussprüfungen zu verbessern. Das war auch in der Regierungsvorlage klar erkennbar. Da wir das als positiv betrachtet haben, konnten wir im Ausschuss die­sem Punkt bereits zustimmen.

Etwas anders hat es allerdings im zweiten Teil ausgeschaut: Es bestand ja die Ab­sicht – zumindest habe ich es so verstanden –, dass in der Kammer die Bürokratie etwas abgebaut und die Qualität der Selbstverwaltung verbessert wird. In der Regie­rungsvorlage selbst ist die Verwirklichung dieser Absicht eigentlich nicht sichtbar geworden. Kollege Dr. Matznetter wurde heute bereits mehrmals lobend erwähnt und angesprochen, und es war tatsächlich so, dass sein sehr kenntnisreicher Beitrag signa­lisiert und seine Überzeugungskraft bewirkt haben, dass es heute nach entsprechen­den Verhandlungen durchaus zu einem tadellosen Ergebnis kommen kann.

Es freut mich, auch im Sinne der Kunden, wenn wir den entsprechenden Entschlie­ßungsantrag beschließen. Wenn er dann in weiterer Folge umgesetzt werden wird, werden auch die Kunden davon profitieren, und es geht ja auch darum, dass es mehr Wettbewerb in dieser Frage geben wird.

Im Hinblick darauf kann ich nur sagen: Herzlichen Dank an alle, die sich schon im Aus­schuss an einer sehr sachlichen Diskussion beteiligt haben und die die Sache heute in einer guten Verhandlung auch zu einem guten Ende bringen! – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

19.37


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Steindl. – Bitte.

 


19.37.34

Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich kann mich den Ausführungen meiner Vorredne­rInnen nur anschließen und möchte auch hier an dieser Stelle Kollegem Dr. Matznetter herzlich für seine Mitwirkung an dieser Regelung der selbständigen Buchhalter und gewerblichen Buchhalter danken, ebenso meinem Kollegen Mitterlehner und allen, die hier mitgewirkt haben.


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Dennoch gibt es einige Punkte, die wir wahrscheinlich anhand des Entschließungsan­trags doch noch besser regeln können werden, etwa die Aufhebung der Werkgrenzen für die selbständigen Buchhalter bei den Abschlusserstellungen. Das ist vom Blickwin­kel der Wettbewerbsfähigkeit momentan noch ein erheblicher Nachteil für die selbstän­digen Buchhalter, der beseitigt werden sollte.

In diesem Zusammenhang sollte man erwähnen, dass wir erfreulicherweise jedes Jahr in etwa 30 000 neue Unternehmer und Unternehmerinnen in der Wirtschaft dazube­kommen, wobei mehr als die Hälfte davon so genannte Ein-Mann-Unternehmer oder Eine-Frau-Unternehmerinnen sind, die gerade die Dienste dieser selbständigen Buch­halter gerne in Anspruch nehmen, weil Letztere natürlich auch preiswert arbeiten.

Wir sind hier auf dem richtigen Weg, und ich danke den Verantwortlichen nochmals für den Entschließungsantrag und dafür, dass die Sache letztlich zu einem guten Ende gebracht wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der SPÖ.)

19.39


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ein weiteres Mal hat sich Frau Abgeordnete Sburny zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


19.39.25

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Danke schön. – Mir ist einfach wichtig, dass ich im Zusammenhang mit dieser Prüfgeschichte richtig verstanden werde.

Sie haben auch schon im Ausschuss das Beispiel mit der Autowerkstatt gebracht. Mir geht es nicht darum, dass die Unternehmen sich einen Prüfer aussuchen. Das wäre so, wie wenn ich mir meine Werkstatt für das Pickerl aussuchte.

Mir geht es darum, dass sich der Prüfer seinen Qualitätsprüfer aussucht. Bei den Auto­werkstätten ist genau dieses Problem entstanden. Wenn eine Werkstatt illegal Pickerl vergibt, das heißt, jemand würde keinen korrekten Abschlussbericht bei einem Betrieb machen, und sich dann aussuchen kann, von wem ihre Pickerlvergabe geprüft wird – dann gibt es noch ein paar andere, die davon profitieren, dass illegal Pickerl vergeben werden –, dann droht die Gefahr – ich sage nicht, dass es passiert, aber es besteht die Gefahr –, dass ein System nach dem Motto eine Hand wäscht die andere entsteht und die Prüfung nicht den Zweck erfüllt, den sie eigentlich haben sollte, nämlich dass die Qualität gesichert wird. Und das halte ich für problematisch.

Mir ist einfach nicht klar, warum man das so vorgesehen und nicht gesagt hat, okay, es gibt eine Behörde, die prüft, und wer die Abschlussprüfer prüft, das ist dem Zufall oder der Behörde überlassen. Es ist mir einfach nicht klar, was dahinter steht, warum sich jemand beziehungsweise eine Werkstatt – sei es auch auswählend aus einem Dreier­vorschlag – selbst aussuchen können soll, wer ihre Pickerlvergabe prüft. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

19.41


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Neudeck. – Bitte.

 


19.41.22

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Kollegin Sburny! Ich weiß zwar, was Sie meinen, aber so, wie Sie es vorgetragen haben, war es ein bisschen schwierig zu verstehen. (Abg. Sburny: Wenn Sie wissen, was ich will, ist es schon gelungen!)

Mit dem vorliegenden Gesetz wird jetzt eine Sicherheitsmaßnahme eingeführt, die so wirkt wie bei einer leicht sitzenden Hose der Gürtel. Sie wollen jetzt Gürtel und Hosen-


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träger. Das ist die doppelte Sicherung. Wir haben jetzt einmal einen Vorschlag vorlie­gen, aus dem dann ausgesucht wird. Ich glaube, dass die vorliegende Regelung durch­aus etwas Positives ist. – Kollege Broukal zeigt, er hat Gürtel und Hosenträger. Ich will jetzt aber nicht klären, warum, das machen wir dann im Zwiegespräch.

Meine Damen und Herren! Die vorliegende Materie und die Verhandlungen dazu haben gezeigt, dass man in dem Moment, in dem nicht Ideologien, sondern Ergebnisse zählen, weiterkommt. Ich habe von den Kollegen auch gehört, dass Kollege Matznetter mit seinem profunden Wissen sehr mitgewirkt hat daran, dass jetzt alle Berufsgruppen mit divergierender Meinung der Ansicht sind, dass das ein Kompromiss ist, den man mittragen kann, und das ist wichtig.

Für mich ist besonders wichtig, dass dadurch auch das Vertrauen in den Finanzmarkt Österreich gestärkt wird, gerade in einer Zeit, in der immer mehr Vorsorgen der Bevölkerung in verschiedene Fondsformen et cetera eingebettet sind, aber auch in Aktien und Firmenbeteiligungen. Gerade da ist es besonders wichtig, dem kleinen Sparer und dem kleinen Miteigentümer einer AG, eines Fonds die Sicherheit zu geben, dass Vorkommnisse, die um Österreich und auch in den USA passiert sind, bei uns nicht mehr passieren können oder nicht passieren können. Wir haben jedenfalls Si­cherheitsmechanismen eingerichtet. Und ich freue mich besonders, dass das in einem nunmehr Vier-Parteien-Konsens geschieht. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.43


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Maier. – Bitte.

 


19.43.40

Abgeordneter Dr. Ferdinand Maier (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Wortmeldung dient in Wirklichkeit dazu, dass man in jenen Zeitungen, in denen registriert wird, dass man spricht, vorkommt. Und es gibt mehrere, die zu dieser Stunde irgendwelche Ausführungen hier machen.

Ich sage Ihnen, ich bin sehr dafür und freue mich sehr, dass es hier eine einstimmige Vorgangsweise gibt. Die Sinnhaftigkeit der Wortmeldungen ab dem zehnten, zwölften Redner bei jedem Tagesordnungspunkt ist offensichtlich auf diese Medien zurückzu­führen. Darüber sollte man einmal offen reden, und da fordere ich das Präsidium des Parlaments auf, dagegen einmal vorzugehen. Das kann kein Leistungsbeweis sein.

Ich sage nur: Beim gegenständlichen Gesetz freut es mich ganz besonders, dass die Richtlinie, die umgesetzt wird, im Wege dieses Gesetzes verwirklicht wird. Es hätte auch sein können, dass eine Fülle von entsprechenden Gesetzen angepasst worden wäre und somit der Fokus nicht auf die Qualitätssicherung gelegt worden wäre. In die­sem Sinne ist dem Herrn Bundesminister und allen Beamten recht herzlich zu danken, dass man die Wichtigkeit im Wege dieses zu schaffenden und heute zu beschließen­den Gesetzes darstellt. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.44


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ledolter. – Bitte.

 


19.45.02

Abgeordneter Johann Ledolter (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieses Bundesgesetz zur Qualitätssicherung ist eine jener Maßnahmen, die immer wieder vom Wirtschaftsministerium zur Sicherung des Wirtschaftsstandortes und auch zur Erleichterung des Umganges zwischen jenen, die der Wirtschaft zur Seite stehen, und den Unternehmungen gesetzt werden. Letzt­lich wurde auch auf die Qualität und Rechtssicherheit, auf die Verbesserung der Prü-


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ferausbildung und natürlich auch auf die Beseitigung von Wettbewerbsnachteilen für die Wirtschaftsprüfer durch die Herabsetzung der Ausbildungszeit Bedacht genommen.

Im Wirtschaftstreuhandgesetz geht es ebenfalls um die Beseitigung von Hemmnissen, und zwar von jenen, die den gewerblichen Buchhaltern bisher in einer wettbewerbsver­zerrenden Art und Weise beispielsweise Informationen über Kundendaten, den Zugang zu Kundenerklärungen online verwehrt haben.

Jetzt erfolgt eine Angleichung des selbständigen und des gewerblichen Buchhalters. Insofern ist es eine praxiskonforme Lösung, die den selbständigen Buchhaltern bereits im Jahr 1999 zugestanden wurde.

Meine Damen und Herren! Insgesamt sind das wichtige Maßnahmen für die Wirtschaft zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen, zur Erhöhung der Attraktivität der gewerbli­chen Buchhalter in ihrer Funktion als Partner und Dienstleister für die Unternehmungen in diesem Lande. (Beifall bei der ÖVP.)

19.47


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 1051 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Mitterlehner, Dipl.-Ing. Hofmann, Dr. Matznetter, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag einge­bracht, der sich auf Artikel 2 bezieht.

Da nur dieser eine Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Mitterlehner, Dipl.-Ing. Hofmann, Dr. Matznetter, Kolleginnen und Kollegen abstimmen.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen daher sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht in 1051 der Beila­gen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Es ist dies ebenfalls einstimmig angenommen. (E 118.)

19.48.369. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (971 d. B.): Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994, das Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen und das Mineralrohstoffgesetz geändert werden (Gewerbe­rechtsnovelle 2005) (1052 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zum 9. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

 


Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Mag. Moser. – Bitte.


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19.48.59

Abgeordneter Mag. Johann Moser (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir Sozialdemokraten unterstützen grundsätzlich alle wirtschafts- und ordnungspolitischen Maßnahmen, die zu mehr Beschäftigung führen und der Wirtschaft das Investieren erleichtern. Uns ist aber in diesem Zusammenhang wichtig, dass es zu keiner Verschlechterung der Qualität der Gesetze kommt, insbe­sondere was deren Sicherheit und deren demokratiepolitischen Ansatz im Sinne von Transparenz und Öffentlichkeit betrifft.

Die vorliegende Gewerberechtsnovelle 2005 wird aus unserer Sicht sehr differenziert betrachtet, wie wir das auch schon im Wirtschaftsausschuss diskutiert haben.

Bei der Umsetzung der EU-Richtlinien, das heißt der Öffentlichkeitsbeteiligungs-Richt­linie, sind wir mit dem Entwurf d’accord. Auch was das erweiterte Betätigungsfeld der gewerblichen Buchhalter in diesem Bereich betrifft – das haben wir gerade vorhin dis­kutiert –, gehen wir d’accord. Das ist eine Verbesserung.

Wir unterstützen auch generell die Ausdehnung des Anwendungsbereiches für das vereinfachte Genehmigungsverfahren, weil es im Interesse der Wirtschaft und der Verfahrensökonomie ist. Viele Projekte können damit wesentlich rascher umgesetzt werden.

Wir lehnen aber Art. 1 Z 20 ab, weil aus unserer Sicht die Erhöhung der Grenzwerte der Objekte von 300 m² auf 800 m² nicht angemessen ist. Viele Projekte, insbesondere im urbanen Bereich, verlassen aus unserer Sicht die Ausgewogenheit zwischen wirt­schaftlichen Interessen und Nachbarrechten.

Auch ein zweiter wichtiger Punkt hindert uns, da zuzustimmen, nämlich die Nahversor­gung. Die große Öffnung würde dazu führen, dass die ohnehin schon sehr schlechte Nahversorgung durch Greißler zusätzlich benachteiligt werden würde.

Wir schließen uns daher auch vor dem Hintergrund dieser Überlegung dem Verfas­sungsgerichtshoferkenntnis an, wonach diese Grenzwerte von ursprünglich 1 000 m² auf 300 m² reduziert werden. In der ursprünglichen Regierungsvorlage war die Größe 600 m² vorgesehen. Bei 600 m² hätten wir noch mitgehen können, aber nachdem es um keinen Kompromiss geht, lehnen wir diese Novelle ab. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.51


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mikesch. – Bitte.

 


19.51.34

Abgeordnete Herta Mikesch (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die heutige Änderung der Gewerbeordnung ist eine weitere Maßnahme, die beim Wachstums- und Beschäftigungsgipfel am 1. Mai dieses Jahres beschlossen wurde. Die Ergebnisse dieses Gipfels zeigten drei wichtige Maßnahmen für künftiges Wachstum und damit Beschäftigung auf: noch mehr Inves­titionen in Forschung und Infrastruktur, zusätzliche Maßnahmen am Arbeitsmarkt und Abbau bürokratischer Hindernisse bei Betriebsanlagen.

Meine Damen und Herren! Mit der Ausdehnung des vereinfachten Genehmigungs­verfahrens auf Betriebe mit nicht mehr als 800 m² und weniger als 300 kW Anschluss­leistung ist ein wichtiger Schritt gelungen. Nach einem Erkenntnis des Verfassungs­gerichtshofes war es zu einer massiven Einschränkung dieses vereinfachten Verfah­rens gekommen. Gleichzeitig mit dieser Novelle wird jedoch auch die so genannte Öffentlichkeitsbeteiligungs-Richtlinie umgesetzt.


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Gute Standortpolitik sichert und schafft neue Arbeitsplätze, und Verfahrensdauer ist ein wichtiger Bestandteil bei Standortentscheidungen. Diesbezüglich ist Österreich inter­national gesehen Spitze. Wir liegen derzeit bei 64 Tagen durchschnittlicher Verfah­rensdauer bei Betriebsanlagengenehmigungen.

Im Frühjahr wurde das Regionenranking von CONTOR-REGIO präsentiert. Dabei wur­den alle europäischen Regionen der alten wie der neuen Mitgliedstaaten bewertet. Für Österreich sehr erfreulich ist, dass sich allein im Bereich Hochtechnologie gleich fünf Regionen aus Österreich unter den ersten 20 befanden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ein weiterer wichtiger Punkt für unsere Klein- und Mittelbetriebe ist die Ausweitung der Kompetenz der gewerblichen Buchhalter.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Mitterlehner, Dipl.-Ing. Hofmann, Dr. Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Gewerberechtsnovelle 2005

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der oben zitierte Regierungsvorlage (971 d.B.) in der Fassung des Berichtes des Wirt­schaftsausschusses (1052 d.B.) wird wie folgt geändert:

Art. 1 (Änderung der Gewerbeordnung 1994) wird wie folgt geändert:

In Art. 1 lautet die Z 14a:

„14a. In § 102 Abs. 1 werden nach dem ersten Satz folgende Sätze eingefügt:

,Gewerbliche Buchhalter sind weiters zur Vertretung und zur Abgabe von Erklärungen in Angelegenheiten der unterjährigen Umsatzsteuervoranmeldungen einschließlich der zusammenfassenden Meldungen, zur Akteneinsicht auf elektronischem Wege bei den Finanzbehörden und zur kalkulatorischen Buchhaltung berechtigt. Die nähere Rege­lung der automationsunterstützten Datenverarbeitung zwischen gewerblichen Buch­haltern und den Abgabenbehörden des Bundes erfolgt durch Verordnung des Bun­desministers für Finanzen. Ab dem Inkrafttreten dieser Verordnung kann das Recht auf Vertretung gegenüber den Abgabenbehörden des Bundes ausgeübt werden.’“

*****

Die heutige Novelle der Gewerbeordnung ist ein weiterer Mosaikstein im Einsatz für Wachstum und Beschäftigung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheit­lichen.)

19.54


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Mitterlehner, Dipl.-Ing. Hofmann, Dr. Matznetter, Kolleginnen und Kollegen ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Mitterlehner, Dipl.-Ing. Hofmann, Dr. Matznetter Kolleginnen und Kollegen zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbe-


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ordnung 1994, das Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen und das Mineralroh­stoffgesetz geändert werden (Gewerberechtsnovelle 2005), 971 d. B. in der Fassung des Berichtes des Wirtschaftsausschusses (1052 d. B)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der oben zitierte Regierungsvorlage (971 d. B.) in der Fassung des Berichtes des Wirt­schaftsausschusses (1052 d. B.) wird wie folgt geändert:

Art. 1 (Änderung der Gewerbeordnung 1994) wird wie folgt geändert:

In Art. 1 lautet die Z 14a:

„14a. In § 102 Abs. 1 werden nach dem ersten Satz folgende Sätze eingefügt:

"Gewerbliche Buchhalter sind weiters zur Vertretung und zur Abgabe von Erklärungen in Angelegenheiten der unterjährigen Umsatzsteuervoranmeldungen einschließlich der zusammenfassenden Meldungen, zur Akteneinsicht auf elektronischem Wege bei den Finanzbehörden und zur kalkulatorischen Buchhaltung berechtigt. Die nähere Rege­lung der automationsunterstützten Datenverarbeitung zwischen gewerblichen Buch­haltern und den Abgabenbehörden des Bundes erfolgt durch Verordnung des Bun­desministers für Finanzen. Ab dem Inkrafttreten dieser Verordnung kann das Recht auf Vertretung gegenüber den Abgabenbehörden des Bundes ausgeübt werden."“

Begründung

Zu Art. 1 (Änderung der Gewerbeordnung 1994, Art. 1 Z 14a - § 102 Abs. 1 GewO 1994):

Gewerbliche Buchhalter sind befähigt und berechtigt, die Umsatzsteuer zu verbuchen. Die Umsatzsteuererklärung ist ein automatisches Ergebnis dieser Buchführung. Um­satzsteuererklärungen werden durch EDV-Programme erstellt, die meisten Programme versenden Umsatzsteuererklärungen auch automatisch an die Finanzbehörden. Ge­werbliche Buchhalter sollen daher zur Vertretung und Abgabe von Erklärungen in Angelegenheiten der unterjährigen Umsatzsteuervoranmeldungen einschließlich der zusammenfassenden Meldungen nicht nur, wie jeder Staatsbürger für sich selbst, son­dern auch für andere berechtigt sein.

FinanzOnline ermöglicht elektronischen Verkehr zwischen den Finanzbehörden und den Staatsbürgern. Die Teilnahme an FinanzOnline ist für Gewerbliche Buchhalter und deren Kunden wichtig, ist aber auch im Interesse der Finanzverwaltung. Teilnahme an FinanzOnline für Gewerbliche Buchhalter führt zu Verwaltungsvereinfachungen und Arbeitsersparnis für Unternehmer, Behörden und Gewerbliche Buchhalter. Die Behörde fördert und erleichtert den Verkehr mit Bürgern über Internet. Jeder Bürger hat Zugang zu FinanzOnline. Gewerbliche Buchhalter sollen moderne Technologien für ihre Kun­den nutzen können. FinanzOnline führt auch zu Zeit- und Kostenersparnis durch elekt­ronische, von den Amtsstunden unabhängige Übermittlung von Daten. Durch FINANZ ONLINE erhalten Gewerbliche Buchhalter verlässliche Ausgangsdaten für die eigene Arbeit (zB Buchungen, Rückstandsaufgliederungen, Einsicht in Lohnzettel etc). Schrift­liche Buchungsmitteilungen werden nur mehr sporadisch versandt. Dies ist im Inter­esse sowohl der Behörde als auch der Kunden der Gewerblichen Buchhalter. Die elektronische Akteneinsicht dient der Kontrolle im Interesse der Kunden der Gewerb­lichen Buchhalter. Die Teilnahme der Gewerblichen Buchhalter an FinanzOnline stärkt insgesamt das E-Government. Dieses Konzept soll letztlich vom reinen Informations­system zu einem Dienstleistungsangebot für Bürger und Unternehmen ausgebaut werden. Dies erfolgt nicht zuletzt auch im Interesse der Finanzbehörden. Durch E-Government sollen in weiterer Folge nicht nur Informationen abgerufen, sondern auch


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Amtsvorgänge selbst online abgewickelt werden können. Gewerbliche Buchhalter sol­len das moderne E-Government nutzen können. Die gesetzlichen Rahmenbedingun­gen werden für Gewerbliche Buchhalter in § 102 Gewerbeordnung 1994 geschaffen. Das Recht auf Vertretung gegenüber Abgabenbehörden soll dann in Kraft treten, wenn die die technischen und organisatorischen Voraussetzungen definierende § 16 der FinanzOnline-Verordnung 2002 entsprechend angepasst ist.

Die kalkulatorische Buchhaltung hängt eng mit der pagatorischen Buchhaltung zusam­men. Gewerbliche Buchhalter sollen daher zu dieser ausdrücklich berechtigt sein. Die Rechte anderer Gewerbetreibender (zB der Unternehmensberater), die ebenfalls zur pagatorischen Buchhaltung berechtigt sind, werden dadurch nicht berührt.

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig-Piesczek. – Bitte.

 


19.54.49

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Die Vorrednerin hat den Wegfall von Bürgerbeteiligung und die Einschränkung von Rechten von Nachbarn und Nachbarinnen als Abbau bürokra­tischer Hindernisse bezeichnet. Ich finde das falsch. Das ist eine falsche Betrachtungs­weise und bringt auch den Betrieben nichts.

Wir beschließen heute hier eine Sammelnovelle. Es sind mehrere ... (Abg. Steibl: Sie werden das wissen! Die Kollegin ist eine Unternehmerin! Sie nicht! Sie werden das nicht wissen!) – Ich bin Tochter eines Wirtshausbesitzers. Ich weiß, wie das mit Nach­barn bei einem Wirtshaus ist. Das ist genau dasselbe.

Ich möchte noch einmal betonen: Wenn Sie als Betrieb Ihre Nachbarn nicht in das Verfahren einbinden, haben Sie nach dem österreichischen Zivilrecht ein Risiko. Wenn der Nachbar im Verfahren keine Parteienstellung hatte, kann er auf das Zivilrecht zu­rückgreifen und im Ernstfall, wenn irgendetwas passiert, auf Unterlassung klagen. Wenn er im Verfahren beteiligt ist, kann der Nachbar, die Nachbarin das nicht, dann gibt es nur einen Schadensersatzanspruch. Dass man die Nachbarn sukzessive aus den ordnungspolitischen Verfahren hinausdrängt, bedeutet Rechtsunsicherheit für die Betriebe.

Das verstehe ich aus Sicht einer Unternehmerin auch nicht. Ich habe lieber zwei Wo­chen länger ein Verfahren, aber dann ist alles ordnungsgemäß abgewickelt und ich habe mein Leben lang Ruhe. Dass ich die Betreibergesellschaft von Mohovce klagen konnte, war nur deswegen möglich, weil Mohovce bei seinem Genehmigungsverfahren keinen Nachbarn, keinen Betroffenen eingebunden hat. Deswegen kann ich dort auf Unterlassung klagen und nicht auf Schadenersatz. Ich finde, das ist ein wichtiger Punkt, den Sie in dem Wahn, alles zu deregulieren und zu verkürzen, ständig überse­hen.

Der Unterschied bei der Verfahrensdauer in Wien beträgt zwischen 55 und 42 Tagen. Ich finde, diese paar Tage sollten es uns wert sein, mit den Nachbarn einen ordentlich ausverhandelten Rechtsfrieden zu haben. Das ist meine Meinung. (Beifall bei den Grü­nen.)

Wenn Sie tatsächlich Verfahren beschleunigen wollen, dann sollten Sie sich einmal die Kompetenzen, die in Österreich zwischen Bund, Ländern, Ministerien und so weiter extrem zersplittert sind, ansehen und versuchen, eine Kompetenzreform zu machen. Ein Beispiel: Eine Straße braucht Genehmigungen nach Naturschutz, nach Wasser-


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recht und als Verkehrsanlage. Das scheitert ausschließlich daran – und das scheitert wirklich an Ihrer Partei –, dass es nicht möglich ist, vor allem mit den Ländern und mit den Landeshauptleuten eine vernünftige Kompetenzverteilung oder vielleicht ein ein­heitliches Anlagenrecht zu machen. Mit einem Lärmschutzgesetz müssen wir drei Ministerien und elf Gesetzgeber beschäftigen. Da wäre eine nennenswerte Beschleu­nigung möglich, aber ich halte es nicht für gut, dass wir bei einer Verkürzung um 14 Tage die Nachbarn aus dem Verfahren drängen.

Zur Umsetzung der EU-Richtlinie noch einige Sätze: Es ist signifikant, dass es eine deutliche Asymmetrie gibt zwischen dem Betreiber von Anlagen und den jetzt auch berechtigten NGOs und Bürgerinitiativen, die nämlich nicht zu den Höchstgerichten gehen können. Ich halte das für nicht fair. Man sollte diese beiden Seiten gleich be­handeln. Eine Asymmetrie beim Rechtsschutz bringt mittelfristig nur Unfrieden und das Gegenteil von dem, was wir eigentlich wollen, nämlich verbesserte Verfahren und da­durch auch qualitativ verbesserte Anlagen. (Beifall bei den Grünen.)

19.57


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. – Bitte.

 


19.58.53

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Diese Gewerberechtsnovelle ist letztlich eine Folge, eine Auswirkung der im Rahmen des Reformdialoges am 1. Mai dieses Jahres beschlossenen Maßnahmen. Aus den bisherigen Debattenbeiträgen ist schon deutlich geworden, dass es darum geht, den Schwellenwert für ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren für Betriebe in der Größe von 300 m² auf 800 m² anzuheben. Wir haben auch die Information darüber, dass es rund 1 000 Betriebe sein werden (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Wochen schneller!), die auf Grund dieser neuen Re­gelung in den Bereich des vereinfachten Genehmigungsverfahrens fallen würden. Ich gehe auch davon aus, dass es positive Auswirkungen auf die Arbeitsplatzsituation in Österreich, auf den Arbeitsmarkt und natürlich auch den Wirtschaftsstandort Österreich haben wird.

Geschätzte Damen und Herren! Betroffen davon sind kleine und mittlere Unternehmun­gen. Es geht also sicherlich nicht um die Errichtung von Einkaufszentren. Angemerkt sei auch, dass die Rechte der Öffentlichkeit bei Genehmigungsverfahren vor allem betreffend Umweltauflagen ausgebaut werden. Gleichzeitig mit dem Anheben des Schwellenwertes hinsichtlich der Fläche soll beziehungsweise wird auch eine Anhe­bung des Anschlusswertes von 100 kW auf 300 kW erfolgen. Dies ist in Anbetracht der Sicherung des Wirtschaftsstandortes Österreich und der Abwicklung schneller Verfah­ren durchaus zu begrüßen und wird sich positiv auf den Wirtschaftsstandort Österreich auswirken. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.00


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort ge­meldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Bartenstein. – Bitte.

 


20.00.08

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Hohes Haus! Einige kurze Anmerkungen: Ganz verstehe ich Sie nicht, sehr geehrter Herr Abgeordneter Moser, wenn Sie sagen, im Prinzip sei alles gut, was zu beschleu­nigten Verfahren, zu Investitionen und zu Jobs führt, aber dann meinen, von 300 m² auf 600 m² könnten Sie mitgehen, aber 800 m² seien Ihnen zu viel. – Ich nehme es zur Kenntnis, aber ich finde es schade. 800 m², 300 kW Anschlusswert: Das ist eine deut­liche Ausweitung für das vereinfachte Verfahren.


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115. Sitzung / Seite 231

Ich bin nicht Ihrer Auffassung, Frau Abgeordnete Glawischnig, dass eine Verkürzung um 14 Tage zu negieren ist. Wir haben schon im Ausschuss erläutert, dass es präzise der EU-Richtlinie entspricht, welche Appellationsmöglichkeiten NGOs haben.

Wenn Sie es als Wahn bezeichnen, alles zu deregulieren und zu verkürzen, dann muss ich Ihnen sagen: Mit diesem Wahn kann ich schon leben, aber, sehr geehrte Frau Abgeordnete, die Sie mir jetzt offensichtlich und auch demonstrativ nicht zuhören, weil Sie sich von mir weg gewendet haben (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek spricht mit Abgeordneter Sburny, die hinter ihr sitzt), vielleicht sollte man einmal überlegen, ob man – auch jetzt hören Sie mir noch nicht zu; das macht nichts, es wäre umgekehrt aber eine grobe Missachtung und Verhöhnung und so weiter –, also man sollte sich einmal überlegen, ob man das nicht von „red tape“, wie Überbürokratisieren im eng­lischen Sprachgebrauch bezeichnet wird, schön langsam in „green tape“ unbenennen sollte. – Danke, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

20.01


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Hoscher. – Bitte.

 


20.01.45

Abgeordneter Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ebenfalls einige Anmerkungen zum verein­fachten Genehmigungsverfahren in der Gewerbeordnung: Auch ich bedauere es, dass wir uns da nicht einigen konnten. Es hat durchaus konstruktive Gespräche, auch mit Vertretern der ÖVP, gegeben. Was die 600 m²-Grenze angeht, konnte man sich letzt­endlich aber nicht einigen.

Es sei noch einmal gesagt: Wir glauben, dass die 600 m² im Interesse der Nahversor­gung sehr wichtig wären. Wir halten 800 m² für etwas zu viel, auch im Lichte des VfGH-Erkenntnisses.

Was allerdings unbestritten ist, ist – und da gebe ich meinen Vorrednern zum Teil Recht –, dass ohne Zweifel vereinfachte Verfahren gerade in einer Wirtschaftsstruktur, die durch Klein- und Mittelunternehmen geprägt ist, besonders wichtig sind, weil es keinen Sinn macht, wenn aufwändige Verfahren, die letztlich in keinem wirtschaftlichen Verhältnis zum Nutzen dieser Verfahren stehen, Klein- und Mittelbetriebe in ihrer Tätigkeit behindern. Daher sollten derartige Verfahren auch im Interesse der KMUs vermieden werden.

In diesem Zusammenhang darf ich noch einmal auf einen Antrag der Abgeordneten Matznetter, Moser und Hoscher, und zwar den Antrag 559/A, verweisen, der sich auf Vereinfachungen bei Änderungen von Betriebsanlagen von Kleinbetrieben bezieht.

Wir haben darin angeführt, dass Änderungen von derartigen Betriebsanlagen in der Praxis vielfach zur Vorschreibung von zusätzlichen Auflagen führen, welche unter Um­ständen dann die Betriebe dazu zwingen, aus wirtschaftlichen Erwägungen ihre Tätig­keit einzustellen, obwohl von der Änderung der Betriebsanlagen selbst keine wesent­lichen zusätzlichen Beeinträchtigungen ausgehen. Das ist insbesondere im Zusam­menhang mit Betriebsübergaben problematisch. Gerade in der Tourismus- und Frei­zeitwirtschaft stehen in den nächsten Jahren in vielen dieser Betriebe Übergaben an, und daher würde ich vorschlagen, dass wir diesen Antrag demnächst im Wirtschafts­ausschuss doch – auch entgegen den Gepflogenheiten der Regierungsparteien – auf die Tagesordnung stellen und ihn nicht gleich vertagen, sondern inhaltlich diskutieren. Es sollen ja auch noch Zeichen und Wunder in diesem Hohen Haus geschehen. Daher lade ich Sie ein, auch diesen Antrag im Ausschuss zu diskutieren. (Beifall bei der SPÖ.)

20.03



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Stenographisches Protokoll
115. Sitzung / Seite 232

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Steibl. – Bitte.

 


20.04.08

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Mit Beschlussfassung dieser Gewerberechtsnovelle setzen wir einen weiteren wichtigen und notwendigen Schritt zur Sicherung des Wirt­schaftsstandortes Österreich. Damit setzen wir die Vereinbarungen des Beschäfti­gungsgipfels, wie schon gesagt wurde, einberufen vom Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, um, und das muss hier noch einmal gesagt werden.

Wir kündigen also nicht nur an, sondern wir setzen auch um und halten, was wir ver­sprechen!

Bundesminister Bartenstein sagte heute in der Aktuellen Stunde: „Von nichts kommt nichts.“ – Ich sage noch dazu: Man muss arbeiten, investieren, entwickeln und ent­scheiden. Nur so wurde der Wirtschaftsstandort Österreich hervorragend aufgestellt. Dies gilt auch für das Bundesland Steiermark. Ich möchte nicht aufzählen, was alles in den letzten Jahren geschehen ist – dank Landeshauptmann Waltraud Klasnic, dank der Unterstützung unseres Ministers in Wien. (Beifall bei der ÖVP.)

20.05


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist als Nächste Frau Abgeordnete Sburny. – Bitte.

 


20.05.00

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Die Erhöhung auf 800 m² ist tatsächlich insofern eine große Veränderung, als sie eigentlich auch ein Kontrapunkt zu dem ist, was in den Ländern geschieht. Die Länder haben zum Teil sehr strenge Auflagen. So ist zum Beispiel in Vorarlberg bei einem Einkaufs­zentrum die Grenze bei 400 m² angesetzt, weil man davon ausgeht, dass es dadurch eine Beeinträchtigung der umliegenden Geschäfte, der Nahversorgung oder auch der gesamten umliegenden Wirtschaft gibt.

Das heißt, es gibt da auch durchaus Ungleichbehandlung, und es stellt sich die Frage, ob das nicht gleichheitswidrig ist. Ob das vor dem Verfassungsgerichtshof halten wird, ist auch nicht ganz klar.

Was ich positiv anmerken möchte, ist, dass im Zuge dieser Gewerbeordnungsnovelle die Kompetenzen der gewerblichen Buchhalter aufgewertet werden, dass diese Gele­genheit genützt wird, um das in Richtung selbständige Buchhalter zu verändern.

Der Abänderungsantrag der Abgeordneten Mitterlehner, Hofmann, Matznetter erweitert diese Kompetenzen noch im Bereich der elektronischen Akteneinsicht. Das ist ein Punkt, den wir auf jeden Fall befürworten, und dem werden wir in getrennter Abstim­mung auch zustimmen. (Beifall bei den Grünen.)

20.06


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Bauer. – Bitte.

 


20.06.51

Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Wenn man sich schon so gerne auf den Beschäfti­gungsgipfel beruft und es auch richtig ist, dass wir vereinfachte Genehmigungsver­fahren durchaus anstreben sollen – die haben wir ja auch schon in vielen Bereichen –, kann man dennoch nicht eins zu eins sagen, dass dies unter anderem der Ausfluss des Beschäftigungsgipfels ist, denn es wurde dort, wie man von denen, die daran


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115. Sitzung / Seite 233

teilgenommen haben, erfahren kann, keine Festlegung zum Beispiel auf 300 m² oder 600 m² oder 800 m² getroffen, sondern lediglich der Grundsatz nach Vereinfachung aufgestellt, den wir ja grundsätzlich bejahen.

Aber es sollen – und da bin ich der Meinung einiger meiner Vorredner, die das ange­merkt haben – auch die Anrainerrechte berücksichtigt werden. Ich weiß aus Erfahrung, dass das Leben mit den Betrieben und den Anrainern umso schwieriger wird, je weni­ger Anrainer oder Betroffene im Verfahren einbezogen werden. Ich halte das daher für einen falschen Schritt.

Des Weiteren ist zu sagen: Im § 84 Absatz 1 ist in den Bestimmungen zur Verhütung schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen meiner Auffassung nach zu wenig Regelung gegeben. Ähnlich sehe ich das beim § 359, wo ich glaube, dass auch die Einbeziehung des Arbeitsinspektorates notwendig ist, und zwar in der Richtung, dass die Über­mittlung des gesamten Verhandlungsprotokolls gesichert ist, denn ich sehe nicht ein, warum das Arbeitsinspektorat nicht den vollen Umfang der Verhandlungen kennen soll. Man sollte überhaupt darauf achten, dass das Arbeitsinspektorat voll einbezogen ist, um nicht im Nachhinein Korrekturen bei den Investitionen machen zu müssen. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.09


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 1052 der Beilagen.

Die Abgeordnete Sburny hat ein Verlangen auf getrennte Abstimmung hinsichtlich Arti­kel 1 Z 14a gestellt.

Ferner hat der Abgeordnete Matznetter eine getrennte Abstimmung betreffend Artikel 1 Z 20 verlangt.

Schließlich haben die Abgeordneten Dr. Mitterlehner, Dipl.-Ing. Hofmann, Dr. Matz­netter, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über die vom erwähnten Abänderungsantrag sowie über die vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die rest­lichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Artikel 1 Z 14a.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Mitterlehner, Dipl.-Ing. Hofmann, Dr. Matznetter, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag gestellt.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein Zeichen der Bejahung. – Das ist einstimmig ange­nommen.

Wir gelangen nun zur getrennten Abstimmung über Artikel 1 Ziffer 20 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Jene Damen und Herren, die hierfür sind, ersuche ich um ein entsprechendes Zei­chen. – Das ist die Mehrheit. Daher angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hierfür ihre Zustimmung erteilen, um ein beja­hendes Zeichen. – Es ist dies mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


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115. Sitzung / Seite 234

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung dem vorliegenden Gesetz­entwurf ihre Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

20.11.0610. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Antrag 648/A (E) der Abgeordne­ten Hermann Gahr, Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend alpine Schutzhütten (1053 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zum 10. Punkt der Tages­ordnung.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schweisgut. – Bitte.

 


20.11.25

Abgeordneter Johannes Schweisgut (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich bedauere es, dass selbst bei der Abstimmung nur die Hälfte der Opposition anwesend war und daher jetzt die andere Hälfte der Oppo­sition dem Erstredner nicht folgen kann (Zwischenruf der Abg. Silhavy), weil sie schon bei der Abstimmung nicht da war. Nichtsdestotrotz möchte ich einige Ausführungen machen.

Es steht der Sommertourismus vor uns. Nicht nur vor uns im Parlament steht der Som­merurlaub, sondern auch im Tourismus, da stehen wir eigentlich mitten in der Sommer­saison. Dazu passt jetzt dieser Entschließungsantrag betreffend alpine Schutzhütten, den Abgeordneter Gahr, schlussendlich als Vierparteienantrag, eingebracht hat.

Österreich ist ein Wanderland, ein klassisches Land für den sanften Sommertourismus. Über 500 Schutzhütten stehen in ganz Österreich auf unglaublichen 50 000 Kilometern an Wanderwegen. Diese Schutzhütten werden zum großen Teil von alpinen Vereinen erhalten. Diese müssen sich natürlich ständig mit Sanierungen beschäftigen, sind ständig damit konfrontiert.

Eine ökologische Sanierung abseits technischer Aufstiegshilfen ist sehr teuer und auch sehr aufwendig, sollte aber in unser aller Sinne sein. Mit dem Modell, das angestrebt wird, soll das sehr erfolgreiche Modell, das bereits unter Wolfgang Schüssel gestartet worden ist, nämlich das Schutzhütten-Sanierungsprogramm, fortgesetzt werden. Zur­zeit sind in unserem Budget jährlich 1,85 Millionen € für die Schutzhüttensanierung vorgesehen. Ich bedanke mich beim Minister, dass es dafür im Budget laufend eine leichte Erhöhung gibt. 2004 waren es nämlich noch 1,48 Millionen €.

Wenn man bedenkt, dass zwei Millionen Wanderer auf diese Schutzhütten dringend angewiesen sind, dann ist es notwendig, bei den Genehmigungen eine Adaptierung entsprechend den alpinen Gegebenheiten zu überlegen. Das ist, soviel ich weiß, auch ein Gegenstand dieses Entschließungsantrages.

Für einen erfolgreichen Sommertourismus ist das alpine Naherholungsgebiet sicherlich notwendig, und die Konsequenz daraus ist, dass wir auch in ökologischer Sicht die Schutzhütten sanieren und die Wanderwege instand halten müssen, und dazu brau­chen wir ein entsprechendes Konzept. Ich bedanke mich für die Vier-Parteien-Unter­stützung in diesem Fall. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.14


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Hoscher. – Bitte.

 



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115. Sitzung / Seite 235

20.14.05

Abgeordneter Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Im Wesentlichen kann ich mich den Ausführungen meines Vorredners anschließen. Das Thema „alpine Schutzhütten“ ist ja in der Tat untrennbar verbunden mit dem Thema „alpine Vereine“. Gerade die Marke „wanderbares Österreich“ als eine wesentliche Grundlage des heimischen Sommertou­rismus, wie soeben erwähnt wurde, wäre ohne die Arbeit der unzähligen ehrenamt­lichen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in den alpinen Vereinen schlichtweg unmöglich. Ich meine daher, dass es angebracht ist, hier von dieser Stelle aus einmal diesen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen dafür Dank zu sagen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es wurde erwähnt, dass rund 500 Schutzhütten in ganz Österreich stehen. Es geht um ein Wegenetz von mehr als 50 000 Kilometern, die ja das Rückgrat der alpinen Infra­struktur in Österreich bilden. Geht man davon aus, dass der so genannte Wandertou­rismus einen Umsatz von rund 1 Milliarde €, wie geschätzt wird, in Österreich erwirt­schaftet, dann erscheint eine Förderung im Ausmaß von etwa 4 Millionen € per anno sicherlich nicht vermessen.

Diese Summe an öffentlichen Geldern ist erforderlich, um die nötigen Erhaltungs- und Verbesserungsmaßnahmen im Bereich der alpinen Vereine durchführen zu können. Da Ressourcen gebündelt werden müssen, da bei einem derartig umfangreichen Wege­netz auch langfristig geplant werden muss, ist es natürlich besonders sinnvoll, ein mehrjähriges Programm für den alpinen Raum auszuarbeiten. Die wesentlichen Eck­punkte dieses Programms sind im Entschließungsantrag verankert, sie müssen daher hier nicht extra wiederholt werden.

Für wesentlich halten wir aber auch, dass dieses Programm – und das ist im Antrag nicht so deutlich verankert – auch die Finanzierung sicherstellen soll. Diese Finanzie­rung sollte unserer Ansicht nach nicht nur der Höhe nach klar fixiert werden, etwa mit diesen 4 Millionen €, sondern auch über einen längeren Zeitraum wertgesichert außer Streit gestellt werden. Die alpinen Vereine reden da nicht umsonst von etwa zehn Jah­ren.

Ich glaube daher, in Wertschätzung der Arbeit der alpinen Vereine und im Hinblick auf die große Bedeutung des alpinen Raumes auch für die Tourismus- und Freizeitwirt­schaft sollte der gegenständliche Entschließungsantrag auch in Bezug auf die Finan­zierungsfrage nicht nur ein Lippenbekenntnis sein. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.16


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Bucher. – Bitte.

 


20.16.20

Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Investitionen für die alpinen Schutzhütten sind eine sehr notwendige und zielgerichtete Maßnahme, die den Kon­sens aller hier vertretenen Parteien genießt. Ich meine, dass das auch ein wichtiger Beitrag dazu ist, der Zielsetzung des österreichischen Tourismus, den sanften Touris­mus weiter auszubauen und die Qualität des sanften Tourismus in den ländlichen Regionen und in den alpinen Bereichen zu heben, zu entsprechen. Wir sind das dem Ruf Österreichs als Tourismusland schuldig und tragen damit der Qualitätsanforderung unserer Gäste Rechnung.

Ich halte die ländlichen Regionen für die Aufrechterhaltung des Tourismus im Speziel­len für sehr wichtig. Ich glaube, dass wir uns da in nächster Zukunft noch viel mehr


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115. Sitzung / Seite 236

vornehmen sollten, damit der Tourismus auch auf dem Lande noch besser, noch ziel­gerichteter und zukunftsträchtiger funktioniert.

Ich bin sehr glücklich darüber, dass es eine so breit angelegte Initiative gibt, und neh­me das als Anlass, dem heurigen Sommertourismus alles Gute zu wünschen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.17


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Rest-Hinterseer. – Bitte.

 


20.17.51

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Geschätzte Mitglieder des Hohen Hauses! Wir haben nach Einlangen des Antrages von Hermann Gahr und Kollegem Bucher, da es eine schöne Tradition im Hohen Haus ist, dass Angelegenheiten, die die Alpenkonvention betreffen, mit Vierpar­teienanträgen angegangen werden sollen, angeregt, dass insbesondere die Alpenkon­vention und ihre positiven Potentiale in diesem Antrag ihren Niederschlag finden.

Es ist mittlerweile schon bekannt, dass wir durch sämtliche Ausschüsse pilgern mit der Anregung, die Bedeutung der Alpenkonvention unter der Vorsitzführung Österreichs hervorzustreichen. Das ist in unseren Augen noch immer nicht ganz so gelungen, wie es eigentlich gelingen könnte. Österreich wird jetzt zwei Jahre lang den Vorsitz bei der Alpenkonvention führen. Die Alpenkonvention ist ein Staatsvertrag und insofern ein sehr wirksamer Vertrag dahin gehend, endlich auch jene Bereiche zu erfassen, die unserer Meinung nach noch nicht wirklich zufrieden stellend gelöst sind. Ich weise nur auf das Verkehrsprotokoll hin, das für uns so wichtig ist, das aber immer noch nicht von der EU ratifiziert wurde.

Wir regen an, dass in den zwei Jahren der Vorsitzführung Österreichs bei der Alpen­konvention verstärkt darauf gedrungen wird, dass die Alpenkonvention mit ihren gesamten Protokollen unterzeichnet wird, und zwar von allen Alpenstaaten und ins­besondere auch von der EU, und schlagen in diesem Zusammenhang daher vor, dass Österreich im nächsten Jahr, wenn es die Vorsitzführung übernimmt, einen Schwer­punkt auf den Bereich Alpenkonvention legen soll. Österreich soll diese Gelegenheit ergreifen, die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit verstärkt auf diesen Vertrag zu lenken.

Im Übrigen finden wir es sehr gut, dass in diesem Antrag zuerst drinnen gestanden ist, dass das Schutzhütten-Sanierungsprogramm besonders der ökologischen Optimierung dienen soll. Wer selbst in den Bergen unterwegs ist, weiß, wie kompliziert das manch­mal ist, weiß – als Beispiel angeführt sei hier das Arthur-Haus auf dem Hochkönig, das so ausgesetzt ist, dass dort überhaupt nichts in der Landschaft aufgebracht werden kann, alles wieder ins Tal transportiert werden muss –, wie teuer diese Abfallent­sorgung kommt und dass deswegen mit zum Teil extremen Mitteln das Auslangen gefunden werden muss. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

20.20


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Zweytick. – Bitte.

 


20.21.00

Abgeordneter Johannes Zweytick (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine Vorredner haben schon sehr ausführ­lich berichtet, ich möchte noch einmal zusammenfassen:

Die Schutzhütten gehören zu unserem Land wie die Berge zur Natur. Sie sind auch Teil der touristischen Lebensader unserer Almen und vor allem wertvoller Teil des


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115. Sitzung / Seite 237

ländlichen Raumes, und diesen gibt es eben nicht zum Nulltarif! Die Kosten müssen verantwortlich budgetiert werden, um den Menschen in Zukunft diese wertvolle, kost­bare Natur auch nachhaltig zu sichern. Ich bin daher den Antragstellern sehr dankbar, allen voran meinem Kollegen Hermann Gahr, dass es heute zu diesem Vier-Parteien-Beschluss kommt.

Ich möchte jetzt nicht dort anknüpfen, worüber wir heute Vormittag schon diskutiert haben, nämlich über die Sicherung der Finanzierung des ländlichen Raumes, denn ich denke, wir sind uns hier und heute einig darin, dass wir Geld für die Sicherung dieser Finanzierung bereitstellen, möchte aber doch daran erinnern, dass es heute Vormittag unterschiedliche Meinungen gegeben hat zur Sicherung des ländlichen Raumes und zur Sicherung der Finanzierung, lieber Kollege Gradwohl.

Es ist ländlicher Raum, dort wie da: dort, wo Bauern arbeiten, und auch dort, wo viel­leicht weniger Bauern und mehr Touristen unterwegs sind. Auch dort sind es letztlich die Bauern, die die Bewirtschaftung der Almen aufrechterhalten. Man muss dazusa­gen, das sind Idealisten; das sind wirklich Idealisten und viele dazu auch ehrenamtlich. Und es ist nichts schlechter, als dass man aus der Verantwortung der Politik heraus solchen Idealisten einfach mitteilt, man werde in Zukunft die Budgets, die ihre Exis­tenzsicherung gewährleisten, kürzen. Das erzeugt nur Depressionen. (Zwischenruf des Abg. Gradwohl.)

Lieber Kollege Gradwohl, schau diesen Bauern in die Augen, dann erkennst du, was sie von solchen Mitteilungen, von solchen Botschaften halten! Sie zeigen Enttäu­schung! Wir sind aber nicht dazu da, den Menschen in diesem Land Enttäuschungen zu bereiten, sondern Hoffnungen und Chancen für die Zukunft aufzuzeigen. Das ist unsere große Verantwortung.

Man soll in der Gesellschaft keine Unterscheidungen zwischen einzelnen Regionen des ländlichen Raumes, zwischen Menschen da und Menschen dort vornehmen. – Das ist nicht unser Stil, das ist auch nicht die Ideologie der Österreichischen Volkspartei, und ich hoffe, auch in der SPÖ wird diesbezüglich in Zukunft ein Umdenken stattfin­den. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.23


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Scharer. – Bitte.

 


20.23.37

Abgeordnete Erika Scharer (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Hüttenbetreiber erhalten immer weniger Geld und sollen gleichzeitig kostspielige Umweltstandards erfüllen. Die alpinen Vereine sehen sich oft nicht mehr in der Lage, in Schutzhütten und Wege zu investieren. Die Folge daraus ist, dass es teilweise schon zum Verkauf von Schutzhütten kommt, wie zum Beispiel in jüngster Zeit auch des Alpinzentrums Rudolfshütte Uttendorf-Weißsee des Alpenverei­nes an einen Hotelier. Diese Entwicklung, meine Damen und Herren, muss verhindert beziehungsweise gestoppt werden, um das wanderbare Österreich zu erhalten und zu erweitern.

Neben der ökologischen Sanierung von Schutzhütten und der Wartung des alpinen Wegenetzes scheint mir noch die alpine Sicherheit besonders wichtig zu sein, dass Bergrettung und alpine Sicherheits- und Rettungsdienste entsprechende Ausrüstungen erhalten, nicht Bittsteller sein müssen und den Blaulicht-Einsatzorganisationen gleich­gestellt werden.

Der vorliegende Entschließungsantrag findet selbstverständlich unsere Zustimmung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.24



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115. Sitzung / Seite 238

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ledolter. – Bitte.

 


20.24.56

Abgeordneter Johann Ledolter (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann die Position von Frau Kolle­gin Scharer nicht nachvollziehen, die sich dahin gehend sorgt, dass Hütten an Private und Unternehmer ausverkauft werden könnten.

Ich gehe davon aus, dass es einmal prinzipiell wichtig ist, dass die Vielfalt in unseren Bergen erhalten bleibt, dass die Hütten und die Bewahrung und der Schutz des natür­lichen Lebensraumes Alpen gewahrt sind und dass Schutzhüttensanierungen statt­finden. Es ist allerdings so, dass ökologisch vernünftige Sanierungen im Hinblick auf Energie-, auf Wasserversorgung und Abwasserentsorgung immer problematischer, weil teurer werden. Aber als ein auch aus einer alpinen Region Kommender darf ich festhalten, dass gerade in den letzten Jahren dank der Unterstützung durch die „Hüt­tenmilliarde“ sehr viel im Bereich Hüttensanierungen und Bergunterkünfte geschehen ist, dass sehr umfangreiche Sanierungen stattgefunden haben.

Wichtig ist Augenmaß bei den Verfahren, auch die Tatsache, dass die Mittel, die die alpinen Vereine und die Betreiber der Hütten zur Verfügung haben, nicht bloß in die Hüttensanierung zu stecken sind, sondern auch in die Sicherung der Wege und die Sicherheit in den Bergen.

Als Bürgermeister jener Gemeinde, in der im Jahre 1896 die Bergrettung gegründet wurde, fällt mir natürlich ein, dass man auch dieser Organisation einmal Dank sagen soll. Die Bergrettung wurde in Niederösterreich gegründet, meine Damen und Herren! Sollte das unbekannt sein, betone ich es ausdrücklich.

Tatsache ist, dass 2,4 Millionen Wanderer jährlich das „Hüttenhüpfen“ betreiben. Ich wünsche dazu weiterhin viel Spaß und möchte auch nicht verabsäumen, Dank zu sa­gen den alpinen Vereinen, den vielen Idealisten und Ehrenamtlichen, vor allem aber auch der Regierung und unserem Bundesminister für die Unterstützung dieser Freiwil­ligen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.27


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. – Bitte.

 


20.27.33

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Die alpinen Vereine Österreichs waren es, die im Rahmen des österreichischen Vorsitzes bei der Alpen­konvention darauf aufmerksam gemacht haben, dass ein Erfordernis gegeben sei, im Alpinbereich, und zwar außerhalb des Bereiches der mechanischen Aufstiegshilfen, die Infrastruktur zu sanieren und zu modernisieren. Dem soll nun mit diesem Entschlie­ßungsantrag Rechnung getragen werden.

Es ist klar, dass die alpinen Vereine und ihre zum Großteil ehrenamtlichen Mitarbeiter und Funktionäre und jene Personen, die sich persönlich einbringen, nicht die erforder­lichen finanziellen Mittel aufbringen können und dass deren Einsatz auf der anderen Seite zu unterstützen ist. Dem soll durch ein Finanzierungskonzept Rechnung getragen werden, durch eine Sicherstellung der Finanzierung der Sanierung der Schutzhütten und der Modernisierung. Ich möchte an dieser Stelle gerade jenen Personen, die hier ehrenamtlich tätig sind, im besonderen Maße danken.


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115. Sitzung / Seite 239

Ich stelle auch fest, dass der alpine Bereich natürlich eine entsprechende Bedeutung für den österreichischen Tourismus hat. Dem soll man mit diesem Entschließungsan­trag gerecht werden, indem man die Finanzierung sicherstellt. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

20.29


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. – Danke, Herr Abgeordneter Cap.

Wir gelangen zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1053 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 119.)

20.29.4811. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (948 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz geändert wird (1011 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zum 11. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Dr. Leutner. – Bitte.

 


20.30.08

Abgeordneter Dr. Richard Leutner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Da­men und Herren! Die Änderungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes stehen in direktem Zusammenhang mit dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz. Das wird ja auch in diesen Tagen neu geordnet.

Zunächst ist zu sagen, dass das gesamte Vorhaben auch positive Ansätze enthält, zum Beispiel die unbeschränkte Zulassung von so genannten subsidiär Schutzberech­tigten auf dem Arbeitsmarkt. Das, glaube ich, muss man tun.

Es war auch sehr wichtig, dass zwei sehr nachteilige Bestimmungen für die Arbeit­nehmerInnen über Initiative der SPÖ in den Verhandlungen aus den Entwürfen – und dabei geht es auch um das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz – wieder heraus­genommen beziehungsweise entschärft wurden.

Eine dieser Bestimmungen hätte das Wegfallen der Voraussetzung der so genannten Schlüsselkraft-Stellung beim Zugehen von ausländischen Selbständigen auf dem Arbeitsmarkt betroffen. Dadurch, meine Damen und Herren, wären Scheinselbständig­keit, Lohndruck und die damit zusammenhängende Verdrängung von Österreichern und integrierten AusländerInnen massiv erleichtert worden.

Die zweite Bestimmung bezog sich auf die so genannten Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit. Das Ergebnis wäre gewesen, dass arbeitnehmerähnliche Beschäfti­gungsverhältnisse – in der Regel sehr schlechte – auf dem Arbeitsmarkt beim Zugang zum Arbeitsmarkt weniger Anforderungen gehabt hätten als reguläre Arbeitsverhält­nisse. Durch solche Bestimmungen wäre geradezu ein Anreiz geschaffen worden, reguläre, normale Arbeitsverhältnisse beim Zugang zum Arbeitsmarkt zu umgehen und sie ohne Schutz als arbeitnehmerähnlich darzustellen.


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115. Sitzung / Seite 240

Ich glaube, es ist ein Erfolg der Vorverhandlungen zum Fremdenpaket insgesamt, dass diese beiden Bestimmungen jetzt nicht so festgeschrieben werden, wie das ursprüng­lich geplant war.

Letztlich, und das bleibt unsere Grundsatzkritik am Entwurf des Ausländerbeschäfti­gungsgesetzes: Wir sind derzeit mit einer ganzen Reihe von Problemen auf dem Arbeitsmarkt konfrontiert, die ihre Ursachen zumindest zum Teil im Ausländerbeschäf­tigungsgesetz haben. Wir brauchen dringend eine Korrektur und eine Aktualisierung dieser im Prinzip missglückten Regelungen. Auch das Wifo hat zuletzt immer wieder darauf hingewiesen, dass ein beträchtlicher Teil der Arbeitslosigkeit in Zusammenhang mit den chronisch überhöhten Saisonnier-Kontingenten steht. Kein Wunder, die Zahl der Kontingentplätze ist von 12 300 im Jahr 1999 auf 33 600 gestiegen.

Herr Minister! Vor allem wenn es im Tourismus jetzt zu einem Ansteigen des Arbeits­kräfteangebotes aus Ländern mit Freizügigkeit kommt – das ist Deutschland –, muss die Anzahl der Kontingentplätze gegenüber dem Vorjahr entsprechend reduziert wer­den, sonst wird die Arbeitslosigkeit steigen.

Diese Anliegen sind nicht berücksichtigt worden, daher werden wir dem Entwurf zum Ausländerbeschäftigungsgesetz insgesamt nicht die Zustimmung erteilen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

20.33


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Donabauer. – Bitte.

 


20.33.26

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ihr Einstieg in Ihren Debattenbeitrag, Herr Abgeordneter Leutner, war, dass die­ses Ausländerbeschäftigungsgesetz, wie es jetzt vorliegt, eine Reihe von positiven Ansätzen aufzuweisen hat, und die Schlussbemerkung war, dass es keine Zustimmung Ihrerseits geben wird. Ich kann diesen Spagat nicht ganz nachvollziehen! (Abg. Sil­havy: Zuhören!) Ja, ja.

Ich denke, einige Dinge müssten wir schon sehr klar sagen.

Erstens: Mit diesem Gesetz wird geregelt, dass in Österreich nur jemand arbeiten kann, der sich auch legal in unserem Land aufhält. Das ist ein Thema der Bürgerschaft, ein Thema für uns alle, und ich denke, dass wir hier eine sehr korrekte Lösung gefun­den haben.

Zweitens: Der legale Aufenthalt beziehungsweise die Erwerbstätigkeit sind nur im Rah­men der Kapazitäten des Arbeitsmarktes möglich.

Dr. Leutner meinte, dass es hier eine Reihe von Konflikten gibt. – Das ist keine Frage, dennoch darf man sagen, dass der Arbeitsmarkt in Österreich im Großen und Ganzen gut geregelt ist. Wir liegen im Ranking der Europäischen Union, der 25 Mitgliedstaaten auf dem zweiten Platz. Dennoch: Jeder Arbeitslose, ich habe das schon mehrmals gesagt, ist einer zu viel!

Es wäre auch einmal an der Zeit, dass wir über all die Fragen im Zusammenhang mit den Zumutbarkeitsbestimmungen reden. Auch diesbezüglich hört man von vielen Bür­gern großes Unbehagen. Ich denke, das ist ein Thema, das uns in der nächsten Zeit beschäftigen soll.

Nun konkret zu dem vorliegenden Gesetzentwurf. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) Liebe Frau Silhavy, wir sind schon dort, wo die Probleme sind, wir hören sie auch, wir befassen uns nämlich auch mit den Leuten. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Sil­havy.) Liebe gnädige Frau, Sie müssen uns nicht belehren!


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115. Sitzung / Seite 241

Es geht jetzt im Großen und Ganzen um die Umsetzung der EU-Richtlinien. Es gibt in Wahrheit dazu keine Alternative. Darin enthalten sind das Recht auf Familienzusam­menführung, die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Angehörigen aus Drittstaaten und dergleichen mehr.

Mir geht es im Wesentlichen darum, dass gerade auch für die Saisonniers in Zukunft klare Regelungen gelten. Wir brauchen dieses Kontingent, um letzten Endes die Wirt­schaft in Schwung zu halten, um auch die Dienstleistungen erfüllen zu können. Die Landwirtschaft braucht vor allem das Kontingent der Erntehelfer. Ich darf Ihnen sagen, dass wir zur Einbringung der Ernte laufend Leute brauchen, aber im Inland niemand bereit ist, diese Arbeit zu tun. (Zwischenruf des Abg. Riepl.) Auch ein Thema, über das wir einmal emotionsfrei, sachlich diskutieren sollten.

Das Gesetz findet unsere Zustimmung. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Riepl: Zahlt anständig, dann werden die Leute arbeiten!)

20.36


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

 


20.36.12

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Abgeordneter Donabauer war der Meinung, es sei keine ausreichende Erklärung, wenn man im Allgemeinen sagt, es gibt ein paar positive Punkte, aber dann trotzdem dagegenstimmt. Ich versu­che jetzt zu erklären, Kollege Donabauer, warum wir dagegen sind.

Ich gebe zu, es gibt eine Reihe von Verbesserungen in diesem Gesetz. – Ja, das kön­nen Sie schriftlich haben! (Abg. Jakob Auer: Es genügt auch mündlich!)

Der gravierendste Punkt ist, dass in diesem Gesetz eine Bestimmung vorgenommen wird – darin geht es eigentlich um eine Ausnahme vom Ausländerbeschäftigungsge­setz – bezüglich der freizügigkeitsberechtigten EWR-Bürger und anderer EWR-Bürger, die ihr Recht auf Freizügigkeit nicht in Anspruch nehmen. Das steht so im Gesetz.

Der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes sagt dazu: „Was nun die Wendung ,EWR-Bürger, die ihr Recht auf Freizügigkeit nicht in Anspruch nehmen‘ betrifft, er­scheint unklar, wie diese EWR-Bürger ohne Inanspruchnahme der Freizügigkeit in das Gebiet der Republik Österreich gelangt sein könnten. Dabei übersieht das Bundes­kanzleramt-Verfassungsdienst nicht den Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Gemein­schaftsrechts in Österreich, jedoch erscheint dieser die getroffene Differenzierung nicht zu rechtfertigen.“

Das klingt jetzt etwas kompliziert und geschwollen, aber das ist das Problem des Gesetzestextes: EWR-Bürger, bei denen differenziert wird, ob sie von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht haben, nämlich zum Zeitpunkt des Beitritts zum EWR, oder ob sie damals dieses Recht nicht beansprucht haben und daher nicht freizügig­keitsberechtigt sind.

Das ist unserer Meinung nach und nicht nur unserer Meinung nach, sondern auch nach Ansicht des Verfassungsdienstes eine Bestimmung, die eine unzulässige Diskriminie­rung nicht nur innerhalb der Gruppe der EWR-Bürger vornimmt, sondern in der Konse­quenz – und das führe ich nicht aus – auch noch Inländer diskriminiert. Passen Sie gut auf, Frau Abgeordnete Partik-Pablé: Inländer werden durch diese Bestimmung diskri­miniert! Das ist aber nur der eine Punkt. Es geht ganz klar darum, dass hier – mögen die Motive noch so lauter sein – eine unzulässige und nicht gerechtfertigte Diskriminie­rung vorgenommen wird, die wahrscheinlich, wenn nicht sicher verfassungswidrig ist.


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Der eigentliche Punkt, und darauf wurde auch schon vom Kollegen Leutner hingewie­sen – ich sage es noch einmal deutlich –, ist aber, dass das Ausländerbeschäftigungs­gesetz eine so große Anzahl von Differenzierungen von Personengruppen, die ausge­nommen sind, vorgenommen hat, genauso wie es eine unzulässig hohe Anzahl von Gruppen geschaffen hat, die unter den Geltungsbereich fallen.

Können Sie noch in jedem Detail erahnen und erfassen, was der Unterschied zwischen einem Volontär, einem Praktikanten, einem Erntehelfer, einem Saisonnier und einem Au-pair-Mädchen (Abg. Riepl: Und einem Grenzgänger!) und beispielsweise einem Grenzgänger ist? – Nein, denn innerhalb dieser Gruppierungen werden wieder Unter­scheidungen vorgenommen, die möglicherweise irgendeine sachliche Rechtfertigung haben, aber – wie man an dem Beispiel, das heute unter anderem im „Kurier“ beschrie­ben wird, klar erkennen kann – an ihre Grenzen stoßen.

Wenn hier in Österreich Menschen – egal, ob es Erntehelfer/Erntehelferinnen oder auf Montage beschäftigte Personen sind – Stundenlöhne von 3 € oder gar 1,25 € erhalten, dann muss ich schon sagen, gerade auch dann, wenn man die besonderen Bedingun­gen dieser Beschäftigung auch noch in Betracht zieht, dass bei uns de facto Arbeits­verhältnisse existieren, wie wir sie sonst nur aus Ländern der Dritten Welt kennen! Es gibt solche Arbeitsverhältnisse bei uns – und das ist skandalös! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Da können Sie nicht hergehen, meine sehr geehrten Damen und Herren, und sagen – wie das etwa Kollege Donabauer getan hat –, dass wir den Arbeitsmarkt im Griff ha­ben. – Nichts haben Sie im Griff! (Abg. Donabauer: Missbrauch!) In unserem Lande gibt es Tausende Menschen, die zu völlig inakzeptablen Bedingungen, jedoch legal beschäftigt sind! Im Detail wird es dann sehr schwierig – je nach Kompetenzlage; da könnte ich Ihnen auch noch allerhand erzählen, meine Redezeit ist jedoch gleich aus –, das zu klären.

Das Ausländerbeschäftigungsgesetz mit den zusätzlichen Bestimmungen, die darin aufgenommen werden, ist da wirklich keine Hilfe, sondern damit wird dieser Zustand nur fortgesetzt.

Ich kann daher den Appell, den bereits ein Vorredner gemacht hat, nur noch einmal aufgreifen und sagen: Schauen Sie sich mit uns gemeinsam dieses Gesetz und sons­tige gesetzliche Bestimmungen dazu an! Schauen wir, dass wir das vereinfachen, dass wir die Kompetenzlage klären, dass wir eine effektive Kontrolle ermöglichen, eine Kon­trolle, wie sie bei den derzeit geltenden gesetzlichen Bestimmungen nicht gewährleis­tet ist! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.41


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Haupt. – Bitte.

 


20.41.37

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Bundesminis­ter! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf zunächst einen Abänderungsantrag zum vorliegenden Ausländerbeschäftigungsgesetz einbrin­gen, der lautet:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Haupt, Mag. Tancsits, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz geändert wird


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Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert.

1. Z 15 lautet:

„15. § 8 Abs. 2 lautet:

‚(2) Die für einen Ausländer erstmals erteilte Beschäftigungsbewilligung ist weiters mit der Auflage zu verbinden, dass zur Erhaltung der Arbeitsplätze inländischer Arbeitneh­mer im Falle

a) der Verringerung der Anzahl der Arbeitsplätze die Beschäftigungsverhältnisse der Ausländer vor jenen der inländischen Arbeitnehmer zu lösen sind;

b) von Kurzarbeit im Sinne des Arbeitsmarktförderungsgesetzes vor deren Einführung die Beschäftigungsverhältnisse der Ausländer zu lösen sind, wenn dadurch Kurzarbeit auf längere Sicht verhindert werden könnte.

Von einer beabsichtigten Maßnahme im Sinne der lit. a hat der Arbeitgeber die regio­nale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zu verständigen, wenn die Verringerung der Anzahl der Arbeitsplätze im Verhältnis zur Gesamtzahl der im Betrieb Beschäftig­ten ein erhebliches Ausmaß erreichen würde.‘“

2. Z 16 entfällt.

3. Die Z 17 bis 45 erhalten die Bezeichnung Z 16 bis 44.

4. Z 44 neu lautet:

„44. Dem § 34 wird folgender Abs. 28 angefügt.

„(28) Die §§ 1 Abs. 2 lit. a, i, l und m und Abs. 5, 2 Abs. 2 lit. b, 4 und 10, 3 Abs. 1, 2 und 8, 4 Abs. 3 Z 7, Abs. 6 Z 4a und Abs. 8, 5, Abs. 1, 1a und 5a, 8 Abs. 2, 11 Abs. 1 und 2, 12 Abs. 3, 4, 5, 6, 8, 9 und 10, 12a Abs. 3, 14a Abs. 1 und 1a, 14e Abs. 1 Z 2, 15 Abs. 1, 4 und 6, 15a, 17, 18 Abs. 12 bis 16, 20b Abs. 4, 24, 26 Abs. 4, 27 Abs. 4, 27a Abs. 3, 28 Abs. 1 Z 1 lit. a und Z 5 lit. a und b und 32a Abs. 1, 6 und 7 in der Fas­sung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. xxxx/2005 treten mit 1. Jänner 2006 in Kraft.“

*****

Worum geht es bei diesem Abänderungsantrag, sehr geehrte Damen und Herren? – Im derzeit bestehenden Stammgesetz war ein Punkt enthalten, der immer eine Kritik des Europarates an Österreich beinhaltet hat, dass nämlich ausländische Arbeitneh­mer – unabhängig von der Länge ihrer Beschäftigung in Österreich – bei tristen Ar­beitsverhältnissen beziehungsweise bei Kurzarbeit von einer vorzeitigen Entlassung bedroht waren.

Seit 1993 hat es durch die Gleichstellung nach einem Jahr Beschäftigung und nach legalem Aufenthalt in Österreich in weiten Bereichen sozusagen totes Recht geben, sodass es nur sinnvoll und richtig ist, durch diesen Abänderungsantrag Arbeitnehmer, die erstmalig und während der Dauer von einem Jahr in Österreich beschäftigt sind, davon sozusagen weiter betroffen zu machen, um dann, wenn es zu Kurzarbeit oder zu Problemen auf dem Arbeitsmarkt kommt, die neu nach Österreich geholten Arbeit­nehmer zunächst freizusetzen und dann erst alle anderen Arbeitnehmer, also die Ös­terreicherinnen und Österreicher sowie jene Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die länger als ein Jahr in Österreich waren, in Beschäftigung zu halten und damit Kurz­arbeit zu verhindern.


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Wir gehen damit einen Weg, der in der Schweiz und in anderen Ländern in Europa auch gang und gäbe ist, und haben damit, wie ich meine, der jahrelangen Kritik des Europarates Rechnung getragen und gleichzeitig in wirtschaftlich schwierigen Situatio­nen jenen Arbeitskräften, die seit Jahren auf dem österreichischen Arbeitsmarkt beschäftigt sind, signalisiert, dass ihre Beschäftigung für uns und für die Zukunft Öster­reichs wichtig ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.45


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Haupt, Mag. Tancsits ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Dr. Bartenstein. – Bitte.

 


20.45.42

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Hohes Haus! Wie bereits Herr Abgeordneter Donabauer ausgeführt hat, ist es ein we­sentliches Ziel der vorliegenden Novelle zum Ausländerbeschäftigungsgesetz, gewis­sermaßen eine Ergänzung fremdenrechtlicher Bestimmungen vorzunehmen, etwas, was ja noch hier ins Plenum kommen wird.

Es geht um die Abstimmung der Dauer von Aufenthalts- und Arbeitsberechtigungen nach dem Grundsatz: kein dauerhafter Arbeitsmarktzugang ohne dauerhafte Niederlas­sung! Oder vereinfacht gesagt: Wer hier arbeiten möchte, muss auch legal da sein! Es ist daher eine vernünftige Sache, das besser als bisher abzustimmen.

Weiters geht es auch darum, wichtige Richtlinien zur Umsetzung zu bringen, und zwar Richtlinien der Europäischen Union zum Thema Familienzusammenführung, zum Thema Recht der Bürger und ihrer Familienangehörigen. Ebenso geht es um die Um­setzung der Richtlinie betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberech­tigten Drittstaatenangehörigen.

Ich konzediere, meine Damen und Herren – auch wenn das nicht immer angenehm ist –, dass mein Haus und ich in unseren Vorschlägen in der Regierungsvorlage die notwendige Gesetzesänderung restriktiv umgesetzt haben. Das gilt auch für den von Herrn Abgeordnetem Öllinger angesprochenen Passus und Sachverhalt des Kreises der freizügigkeitsberechtigten Drittstaatenangehörigen von Unionsbürgern.

Es ist absolut notwendig und EU-rechtlich erforderlich, diese Freizügigkeit auch auf Eltern und Schwiegereltern zu erweitern, allerdings machen wir das nur für jene Men­schen, die nach Österreich zuziehen – nicht aber für jene, die schon da waren. Man könnte das als Inländerdiskriminierung interpretieren; ich tue das aber nicht.

Dazu jedenfalls: Aus unserer Sicht könnte es so zu einer Nachzugsmöglichkeit von Tausenden, wenn nicht Zigtausenden Eltern und Schwiegereltern aus Drittstaaten kommen, und das kann nicht unser Anliegen sein. Das ist arbeitsmarktpolitisch und auch sonst nicht gut beziehungsweise akzeptabel.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Kritik des Abgeordneten Leutner ist so nicht nachvollziehbar. Es ist richtig, dass im Hinblick auf die Bedürfnisse der Landwirt­schaft und letztlich auch des Tourismus seit 1999 die Zahl der Saisonnier-Kontingente ausgeweitet wurde. Es ist aber weiters festzustellen – und das haben Sie geflissentlich unterlassen, sehr geehrter Herr Abgeordneter Leutner –, dass wir in den letzten zwei Jahren diese Kontingente, zum Teil auch im Konsens mit den betroffenen Wirtschafts­kreisen, reduziert haben, und zwar um jeweils etwa 10 Prozent.

Das heißt also, wir tragen den Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt Rechnung. Und so gesehen reagieren wir selbstverständlich auf die Realitäten des Arbeitsmarktes.


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Herr Öllinger sagte etwas zu den Erntehelfern sowie zur Montagearbeit. – Dazu: Damit nahm Herr Abgeordneter Öllinger offensichtlich auf einen Bericht der „Wiener Zeitung“ Bezug. – Wir haben das überprüfen lassen, und nach unseren ersten Informationen und dem Wissensstand letztlich auch des AMS wird mit Erntehelfern so umgegangen, wie das vorgesehen ist. Das sind erste Eindrücke und Informationen dazu, und ich gehe davon aus, dass auch weitergehende Überprüfungen diesen Eindruck bestätigen werden.

Was Montagehelfer anlangt, die auf dem Gelände eines sehr renommierten österrei­chischen Unternehmens offensichtlich nicht in der richtigen Art und Weise behandelt wurden, vor allem auch bezahlungsmäßig nicht, hat das AMS sehr schnell reagiert und Entsendebestätigungen zurückgezogen. Das ist aus meiner Sicht eine völlig richtige und sehr rasche Reaktion auf einen offensichtlichen Missstand, der sich dort aufgetan hat. Aber es hat – außer diesem Beispiel – eine Überprüfung ergeben, dass im We­sentlichen alles in Ordnung ist. Im anderen Fall hat es eine Überprüfung gegeben, wurde das für nicht in Ordnung befunden, und es hat angemessene Reaktionsschritte seitens des AMS gegeben. Aus diesen Beispielen kann man, glaube ich, ableiten, dass die Experten des AMS und die Behörden die Situation auch in dieser Beziehung, und zwar im besten Sinne des Wortes, gut im Griff haben.

Den Abänderungsantrag, den Abgeordneter Haupt hier eingebracht hat, habe ich ver­nommen, ich habe die Interpretation des Herrn Abgeordneten gehört, und auch wir werden uns das jetzt sehr rasch ansehen. Ich verstehe die prinzipielle Absicht, die der Herr Abgeordnete in diesem Abänderungsantrag verfolgt. Soweit kann ich dem folgen, Hohes Haus. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.50


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Posch. – Bitte.

 


20.50.29

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Herr Minister! Hohes Haus! Meine Vor­redner haben schon gesagt, dass es eine Reihe von positiven Punkten in der Novelle zum Ausländerbeschäftigungsgesetz gibt, die vom gesamten Fremdenrechtspaket nicht getrennt zu sehen ist. Positiv ist sicher die unbeschränkte Zulassung für subsidiär schutzberechtigte und anerkannte Flüchtlinge. Das ist also ein wichtiger Beitrag zur Integration dieser Menschen. Und positiv ist sicher auch der Arbeitsmarktzugang bei Familienzusammenführung, sodass also Angehörige den gleichen Status erhalten wie der Zusammenführende.

Zu den kritischen Punkten ist zu sagen, dass nach unserer Auffassung die verfas­sungsrechtlich bedenkliche Ungleichbehandlung zwischen Angehörigen von EWR-Bür­gerInnen und Angehörigen von Österreichern, Herr Minister, vom VfGH schon einmal releviert wurde und der VfGH gesagt hat, dass es für eine Schlechterstellung von Angehörigen von ÖsterreicherInnen in Bezug zu Angehörigen von EWR-BürgerInnen keine sachliche Rechtfertigung gibt. Also inwieweit das halten wird, ist eine andere Frage.

Das Zweite sind die Veränderungen in § 60 NAG, wobei mein Kollege Leutner schon darauf hingewiesen hat, dass durch den Kompromiss, der erzielt wurde und der tragbar ist, verhindert wurde, dass der Arbeitsmarkt mit Scheinselbstständigen überschwemmt wird, wobei nach unserer Auffassung noch immer nicht ganz geklärt ist, wie das Ar­beitsmarktservice dies in der Praxis kontrollieren soll. Einerseits fehlt das Personal. Es wurde ja im Arbeitsmarktservice durch die neuen Personalpläne Personal eher gekürzt. Und zum anderen fehlt auch eine Umsetzungsrichtlinie, wie die Gutachten erstellt wer­den können. So gibt es also in diesem Zusammenhang noch viele ungelöste Probleme.


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Last but not least, weil Kollege Donabauer auch auf das eingegangen ist, was die Sai­sonniers anbelangt beziehungsweise die übrigen fragmentierten Beschäftigungsver­hältnisse, die Teil Ihrer Arbeitsmarktpolitik sind: Es ist richtig, dass es im vorigen Jahr eine Kürzung gegeben hat, aber insgesamt hat die Zahl der Saisonniers von 1999 bis heute auf 33 600 zugenommen. Das ist ein Anstieg um 173 Prozent. Wenn Kollege Donabauer gesagt hat, es fänden sich keine Arbeitskräfte hier in Österreich, dann muss man sagen: Dann muss man sie eben besser zahlen, denn um 1 € kann man in Österreich einen solchen Arbeitsplatz nicht annehmen, wenn man bei dem Lebens­standard, der in Österreich herrscht, leben und überleben will. Darauf muss man auch einmal hinweisen. Diese Stimmungs- und Angstmache, das sollte man schon einmal entsprechend auch auseinander halten. (Beifall bei der SPÖ.)

20.53


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Marek. – Bitte.

 


20.53.36

Abgeordnete Christine Marek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Meine Damen und Herren! Wie bereits ausgeführt wurde, ist die Novellierung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes im Zusammenhang mit dem Fremdenrechtspa­ket zu beschließen. Außerdem setzen wir damit auch eine Reihe von EU-Regelungen um.

Es sind bereits sehr viele positive Punkte hervorgehoben worden; ich möchte auch noch einmal kurz darauf eingehen. Neben der Regelung für die Familienzusammen­führung ist meiner Ansicht nach ein ganz wesentlicher, sehr positiver Punkte die Harmonisierung von Aufenthalts- und Beschäftigungsbewilligung. Ich begrüße diese Harmonisierung sehr, da eben, wie auch der Herr Bundesminister bereits ausführlich ausgeführt hat, die Dauer von Aufenthalts- und Beschäftigungsrechten künftig besser aufeinander abgestimmt werden kann als bisher.

Es werden in Zukunft einfach auch Konstellationen ausgeschlossen werden, denen zufolge ein Ausländer beziehungsweise eine Ausländerin einen dauerhaften Arbeits­marktzugang erwerben kann, ohne über ein dauerhaftes Niederlassungsrecht zu ver­fügen. Dies ist gerade im Sinne der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eine sehr positive Entwicklung. Ich stimme dem Gesetz daher sehr gerne zu. (Beifall bei der ÖVP.)

20.54


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Walch. – Bitte.

 


20.54.52

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Leutner, in deiner Rede hast du viele positive Verbesserungen dargestellt. Deshalb wundert es mich schon ein wenig, dass du hier gesagt hast, dass du dem nicht zustimmen wirst. (Abg. Silhavy: Euren Abänderungsantrag hat er nicht erwähnt!)

Ja, es ist vieles durchgesetzt worden. Die Kritik vom Kollegen Öllinger verstehe ich nicht recht. Kollege Öllinger, du hast davon gesprochen, dass unklar ist, ob es sich um Grenzgänger, Erntehelfer, Saisonniers oder vieles andere mehr handelt. Du weißt ja ganz genau, dass es eine Quotenregelung gibt. Im Rahmen dieser Quotenregelung schaut das AMS mit Gewerkschaft und Arbeiterkammer genau nach, was benötigt wird. Jeder, der in einem Gremium der Arbeiterkammer ist, weiß ganz genau, dass dort


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auch in den Ausschüssen genau geschaut wird, was stimmt beziehungsweise was benötigt wird. (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Ganz wichtig ist, wie ich meine, ein erleichterter Zugang zum Arbeitsmarkt für Familien­angehörige aus Drittstaaten, eine Verbesserung des Aufenthaltsrechts, aber zugleich eine genauere Kontrolle bei der Meldepflicht auf dem Arbeitsmarkt, mit der Fremden­polizei, damit man nicht Illegale einstellt. Wichtig ist meiner Meinung auch, dass auf dem Arbeitsmarkt trotzdem Leute mit Beschäftigungsbewilligungen beziehungsweise Schlüsselkräfte, welche benötigt werden, Vorrang haben. Ich glaube, mit diesem Ge­setz ist wieder eine weiterer richtiger Schritt für die Arbeitnehmer gesetzt worden. (Bei­fall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

20.56


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Rednerin ist Frau Abgeordnete Tamandl. 2 Mi­nuten Wunschredezeit. – Bitte, Frau Kollegin.

 


20.56.46

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Grenzen innerhalb Europas sind gefallen, und im Zuge der Erweiterung der Europäischen Union ist Binnenmobilität zum Normalfall geworden. Die fortschreitende Globalisierung der Märkte rückt heute viel mehr die Frage nach der Zuwanderung in die EU und deren Regelungen in den Mittelpunkt, gerade auch die Regelung des Arbeitsmarktes.

Trotz der auch in Österreich bestehenden tendenziell schwierigen Arbeitsmarktsitua­tion hat die Bundesregierung mit der vorliegenden Regierungsvorlage einen mutigen und auch humanitären Vorschlag vorgelegt, damit auch die arbeitsmarktpolitische In­tegration von Ausländerinnen und Ausländern und deren Familien in Österreich be­werkstelligt werden kann. Mit der vorliegenden Synchronisierung von Aufenthaltsrecht und Arbeitsberechtigung haben wir das Ziel erreicht, dass alle Menschen, die sich legal in unserem Land aufhalten, hier auch ihren Lebensunterhalt verdienen können. Und das ist gut so.

So erhalten Familienangehörige von Drittstaatenbürgerinnen und -bürgern bereits nach einem Jahr ein Beschäftigungsrecht im Ausmaß jenes der Bezugsperson, der sie nach­gezogen sind. Auch Asylwerber und Asylwerberinnen mit subsidiärem Abschiebe­schutz haben künftig wie anerkannte Konventionsflüchtlinge mit Asylbescheid automa­tisch freien Zugang zum Arbeitsmarkt. Gerade in Zeiten mit einer schwierigen Arbeits­marktsituation gilt es mit dem Instrument der Zulassung zum Arbeitsmarkt besonders verantwortungsvoll umzugehen.

Integration verlangt allen Ebenen des Staates, der Wirtschaft, den Zuwanderern und der Aufnahmegesellschaft viel ab. Deshalb müssen wir für alle klare Regelungen schaffen, und das haben wir hiemit getan. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.58


Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort gemeldet. 2 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


20.58.49

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Ich will nur noch ganz kurz zum Abänderungsantrag der Abgeordneten Haupt und Tancsits Stellung nehmen. Ich halte diesen Abänderungsantrag Haupt, Tancsits für genauso EU-rechtswidrig wie den schon vorher genannten Haupt-Antrag. Auch wenn dieser Antrag nur auf die Beschäf­tigungsbewilligung abzielt, also auf eine kurzfristige Beschäftigung, so können von dieser Beschäftigungsbewilligung dennoch genauso EWR-Bürger betroffen sein, und


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EWR-Bürgern über diese Gesetzesbestimmung sozusagen das Recht auf Arbeit hier zu verbieten, und zwar für den Fall, dass im Betrieb Kurzarbeit ansteht – dann müssten sie nämlich gekündigt werden –, das halte ich für ausgeschlossen. Das wollte ich kurz angesprochen haben.

Mich würde auch interessieren – der Herr Bundesminister hat sich ja relativ kryptisch zu diesem Abänderungsantrag geäußert –, wie er diese Sache sieht.

Das heißt es in Litera b: „von Kurzarbeit im Sinne des Arbeitsmarktförderungsgesetzes vor deren Einführung die Beschäftigungsverhältnisse der Ausländer zu lösen sind, wenn dadurch Kurzarbeit auf längere Sicht verhindert werden könnte“.

Also abgesehen davon, dass das schon sprachlich ziemlich hatschert ist, wenn Kurzar­beit auf längere Sicht verhindert werden soll, halte ich es für undenkbar, dass im Falle einer vereinbarten Kurzarbeit zunächst auch die Ausländer – egal, ob EWR-Bürger oder sonstige Drittstaatenangehörige – gekündigt werden! Das sei hier dezidiert noch erklärt: Das ist nicht angemessen im Sinn des EU-Rechts!

So wie schon beim Haupt-Antrag: Ich denke nicht, dass Sie damit sehr weit kommen werden. (Beifall bei den Grünen.)

21.00


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Die Frau Berichterstatterin wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 1011 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Haupt, Mag. Tancsits, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Da nur dieser eine Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Mag. Haupt, Mag. Tancsits, Kolleginnen und Kollegen abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Die Zustimmung wird mit Mehr­heit erteilt. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

21.01.5912. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (972 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsge­setz, das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Einkommensteuergesetz 1988 sowie das Bauarbeiter-Schlechtwetterent­schädigungsgesetz 1957 geändert werden (1012 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen zum 12. Punkt der Tagesordnung.

Auf die mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

 


Die Debatte eröffnet Frau Abgeordnete Riener. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte, Frau Kollegin.


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21.02.34

Abgeordnete Barbara Riener (ÖVP): Werter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Ziel dieser Novelle ist die Schaffung von klar definierten Schutzbestimmungen für Arbeitnehmer, die von ihrem Arbeitgeber ent­sandt oder überlassen werden, die ihren Sitz nicht in Österreich haben.

Dabei werden die Arbeitnehmer in das Urlaubskassenverfahren einbezogen. Für Ar­beitgeber besteht die Verpflichtung zur Leistung von Lohnzuschlägen, die allerdings wegen der Vollstreckbarkeit im Ausland auf gerichtlichem Wege einzubringen sind.

Es wird auch die Auszahlung des Urlaubsentgeltes direkt an den Arbeitnehmer gere­gelt.

Sozialversicherungsbeiträge sind an die ausländischen Sozialversicherungsträger abzuführen, und die Versteuerung erfolgt im Inland. Vergleichbare Einrichtungen im Ausland werden berücksichtigt in Bezug auf gegenseitige Anerkennung. Weiters ist die Umstellung des Zuschlagszeitraumes auf den Kalendermonat bei einer tageweisen Zuschlagsverrechnung in dieser Novelle vorgesehen.

Vereinfachungen erfolgen in dieser Novelle (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzei­chen) in der Administration durch den Wegfall der Urlaubs- und Abfertigungskarte ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich bitte, der Rednerin nicht den Rücken zuzukehren!

 


Abgeordnete Barbara Riener (fortsetzend): ..., wobei diese durch eine vierteljährliche Arbeitnehmerinformation ersetzt wird.

Das Projekt e-buak ermöglicht unter anderem die Abwicklung von Anträgen oder ande­rem über das Internet.

In der Änderung des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes wird geregelt, dass künftig bei Bautätigkeiten eine Abschrift der Meldung der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungs­kasse zu übermitteln ist. Weiters wird auch festgelegt, dass für überlassene Arbeitneh­mer das Entgelt und die Arbeitszeiten nicht nur nach dem Kollektivvertrag auszurichten sind, sondern je nach Gültigkeit in dem Betrieb auch nach gesetzlich festgelegter Regelung.

Es sollen langfristig keine Arbeitsplätze durch leichtere Finanzierbarkeit gefährdet, son­dern durch gleiche Bedingungen Qualität und fairer Wettbewerb gesichert werden. Dies ist vor allem für den sozialen Frieden in einem Betrieb wichtig, ganz im Sinne des ÖAAB. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.05


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Lackner. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


21.05.13

Abgeordneter Manfred Lackner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir werden dieser Regierungsvorlage gerne zustimmen, weil es sich im Wesentlichen um eine Einigung der Sozialpartner handelt und im Inhalt – meine Vorrednerin hat es ja schon angedeutet – es sich um die Umsetzung der Entsenderichtlinie durch die Einbeziehung entsandter oder überlassener Bauarbeiter in das Urlaubskassen-Verfahren der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse handelt sowie insbesondere um die Umstellung des Zuschlagszeitraumes auch auf den Kalen­dermonat.

Es gibt noch einige andere Verbesserungen – meine Vorrednerin hat diese ja schon ausgeführt. Wir werden daher dieser Vorlage gerne zustimmen.


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Besonders erfreulich, meine Damen und Herren, ist es, dass Sie mit einem Abände­rungsantrag die Unschärfen im Arbeitskräfteüberlassungsgesetz geändert haben, und zwar im Hinblick auf die Entsendung von diplomiertem Personal im Krankenpflege­bereich sowie von Pflegehelfern, weil Sie auf unsere Kritikpunkte im Zuge dieser Dis­kussion eingegangen sind. Sonst hätte das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz nämlich für diesen Personenbereich nicht gegolten.

Besonders erfreut sind wir auch, dass Sie – und das ist sehr wichtig – auch unserem Abänderungsantrag nahe getreten sind, weil gerade dieser Abänderungsantrag be­wirkt, dass dieses Arbeitskräfteüberlassungsgesetz auch für den von Ihnen genannten Personenkreis gilt. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

21.06


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr kommt Herr Abgeordneter Walch zu Wort. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte, Herr Kollege.

 


21.06.56

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wie meine Vorredner schon gesagt haben, ist das der Schutz für die Arbeitnehmer, die ins Ausland entsen­det werden. Das ist, wie ich meine, ganz wichtig und richtig, und zwar sowohl für die Arbeitnehmer als auch für die Wirtschaft. Der Arbeitnehmer verliert dadurch das Ur­laubsgeld nicht, es wird genau geregelt in der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungs­kasse – dort, wo ich als Bauarbeiter auch drin bin –, und das ist, glaube ich, richtig und wichtig. Erstens einmal bekommt er die entsprechende Information, zweitens hat der Arbeitgeber die Zuschläge tageweise zusammenzurechnen, weiters gibt es eine Um­stellung des Zuschlagszeitraumes von vier auf fünf Wochen. – Ich glaube, das ist ein wichtiges Gesetz im Sinne der Arbeitnehmer und auch der Wirtschaft. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.07


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr kommt Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort. 4 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


21.07.54

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident, das werde ich nicht ausschöpfen müssen! – Es handelt sich bei dem vorliegenden Gesetzentwurf teils um einen Nach­holbedarf auf Grund der Anpassung an eine EU-Richtlinie – und insofern, Herr Kollege Walch, verstehe ich die Euphorie überhaupt nicht: Wir vollziehen hier etwas nach, was uns vorgegeben ist –, teilweise gibt es aber darüber hinausgehende nationale Be­stimmungen, die wir selbstverständlich – nachdem sie ja auch sozialpartnerschaftlich akkordiert worden sind – akzeptieren. In diesem Sinn werden wir auch zustimmen. (Beifall bei den Grünen.)

21.08


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mikesch. Sie hat 2 Minuten Wunschredezeit. – Bitte, Frau Kollegin.

 


21.08.36

Abgeordnete Herta Mikesch (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit der heutigen Änderung des Bau­arbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetzes wird nicht nur die europäische Entsen­derichtlinie umgesetzt, sondern es wird für die Zukunft auch Wettbewerbsgleichheit geschaffen, denn in Hinkunft werden Arbeitgeber mit Sitz im Ausland, die Arbeitnehmer nach Österreich entsenden, um hier zu arbeiten, verpflichtet, dieselben Lohnzuschläge


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zu bezahlen wie ein inländisches Unternehmen. Im Entsendefall ist das Urlaubsentgelt direkt an die Arbeitnehmer zu bezahlen.

Es sollte ein harter Kern gebildet werden mit definierten Schutzbestimmungen für grenzüberschreitend entsandte und überlassene Arbeitnehmer. Zu diesem harten Kern gehört auch der bezahlte Mindesturlaub.

Wir begrüßen das seitens der Wirtschaft sehr. Unsere Klein- und Mittelbetriebe sind harten Wettbewerb gewohnt. Mitbewerb ist gut und wichtig, aber er muss fair sein. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.09


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wöginger. 2 Mi­nuten Redezeit. – Bitte, Herr Kollege.

 


21.09.42

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Mit dieser Richtlinie werden geordnete Verhältnisse für die Leiharbeitskräfte ge­schaffen, und vor allem wird gegen das Lohndumping vorgegangen.

Da mein Wahlkreis und mein Heimatbezirk Schärding eine Grenzregion sind, bin ich froh über jede Maßnahme, die für den grenzüberschreitenden Wettbewerb mehr Fair­ness und Gerechtigkeit bringt. Besonders wichtig ist es mir, hervorzuheben, dass der Arbeitgeber mit Sitz im Ausland verpflichtet ist, bei einer Entsendung nach Österreich die gesetzlichen beziehungsweise die kollektivvertraglich geregelten Arbeitsbedingun­gen zu garantieren.

Es ist dies also ein weiterer wichtiger Schritt für die Schaffung von gleichen Wettbe­werbsbedingungen für unsere Betriebe und natürlich auch die damit verbundenen Arbeitsplätze.

Die Umsetzung soll vor allem gewährleisten, dass es zu keinem Nachteil für die Dienst­nehmer kommt. Es ist schon erwähnt worden: Durch die Entsenderichtlinie wird das Urlaubsentgelt direkt an den Arbeitnehmer ausbezahlt.

Es ist dies also eine wichtige Richtlinie sowohl im Sinne unserer Betriebe als auch im Sinne der Arbeitnehmer. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.10


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlusswort wird nicht gewünscht.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1012 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf eintreten, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Die Zustimmung ist einstimmig erfolgt. Das Gesetz ist in zwei­ter Lesung mit Einstimmigkeit angenommen.

Wir gelangen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung zustimmt, den bitte ich gleichfalls um ein dementsprechen­des Zeichen. – Auch in dritter Lesung ist der Gesetzentwurf einstimmig angenommen und damit beschlossen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
115. Sitzung / Seite 252

21.11.2613. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (946 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert werden (1010 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zum 13. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Die Debatte eröffnet die Frau Abgeordnete Steibl. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


21.11.58

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Diese Gesetzesvorlage bringt Anpassungen im Insol­venz-Entgeltsicherungsgesetz. Dauerhaft fixiert wird mit der Novelle die Finanzierung der Lehrlingsausbildungsprämie aus dem Insolvenzausfallsgeldfonds.

Ich bringe in diesem Zusammenhang folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Tancsits, Mag. Haupt, Kolleginnen und Kollegen zur Regie­rungsvorlage 946 der Beilagen in der Fassung des Berichtes des Ausschusses für Arbeit und Soziales 1010 der Beilagen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das In­solvenz-Entgeltsicherungsgesetz und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 ge­ändert werden

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

Art. 2 Z 3 lautet:

»3. § 22 Abs. 1 letzter Satz lautet:

„Die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug einer Korridorpension gemäß § 4 Abs. 2 APG steht dem Anspruch auf Leistungen nach diesem Bundesge­setz für den Zeitraum von einem Jahr, längstens bis zur Erreichung der Anspruchsvor­aussetzungen für eine vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer, nicht entgegen, wenn das letzte Dienstverhältnis

1. durch Kündigung des Dienstgebers,

2. durch berechtigten vorzeitigen Austritt,

3. durch Lösung während der Probezeit oder

4. unter der Voraussetzung, dass vor dem befristeten Dienstverhältnis kein unbefriste­tes Dienstverhältnis mit demselben Dienstgeber bestand, durch Fristablauf

beendet wurde.“«

*****

Diese Gesetzesänderung auf den Punkt gebracht bedeutet, befristete Dienstverhält­nisse werden nicht zur Inanspruchnahme der Korridorpension gegen den Willen der Betroffenen führen. Ich hoffe, dass alle Parteien diesem Abänderungsantrag zustim­men. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.14



Nationalrat, XXII.GP
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115. Sitzung / Seite 253

Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Frau Abgeordneter Steibl soeben eingebrachte Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Tancsits, Mag. Haupt, Kolleginnen und Kollegen zur Regierungsvorlage 946 der Beilagen in der Fassung des Ausschussbe­richtes 1010 der Beilagen ist hinreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin ist die Frau Abgeordnete Silhavy. Sie wünscht gleichfalls 3 Minuten Redezeit. – Frau Abgeordnete, Sie sind am Wort.

 


21.14.26

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte mich bei den Regierungsfraktionen wirklich sehr bedanken, dass unsere Anregungen – wir haben zwar keine Verhandlungen geführt, aber dennoch – in Ihrem Abänderungsantrag Aufnahme gefunden haben. Obwohl die ursprüngliche Fas­sung nicht unseren Vorstellungen entsprach, ermöglicht uns die Aufnahme unserer Anregungen nunmehr – und ich sage das jetzt ganz ehrlich –, der gesamten Vorlage die Zustimmung zu geben.

Sie wissen, dass wir uns eine breitere und größere Lösung gewünscht hätten. Wir wer­den noch einen entsprechenden Abänderungsantrag einbringen, der unsere genaue Position darlegt, aber wir werden nichtsdestotrotz auch dieser Vorlage zustimmen.

Die SG-Novelle ist im Wesentlichen eine Anpassung an die Insolvenzrichtlinie der EU, wobei es darum geht, die Mitglieder der Organe einer juristischen Person, die zu ihrer gesetzlichen Vertretung berufen sind, die leitenden Angestellten sowie jeweils Arbeit­nehmer in den Kreis der Anspruchsberechtigten auf IAG einzubeziehen.

Einen Punkt dazu möchte ich vielleicht noch anmerken, Herr Bundesminister, wir ha­ben das ohnedies im Ausschuss auch schon besprochen: Es gibt diese drei Monate Differenz zwischen Oktober und der Beitragsleistung ab 1. Jänner 2006. Sie haben das mit budgetären Problemen begründet. Es ist mir nicht ganz einsichtig, aber wie gesagt ich möchte es hier noch einmal ansprechen.

Und der zweite Punkt, den wir eigentlich auch noch gern gesehen hätten, ist, dass die arbeitnehmerähnlichen Personen, sofern sie im Inland versichert sind, erfasst werden. Das ist leider nicht passiert, aber wie gesagt im Wesentlichen begrüßen wir, dass auch die Fortführung der Lehrlingsprämie zumindest als eine Maßnahme festgeschrieben ist. Ich möchte hier noch einmal betonen, wir sind nicht der Meinung, dass es der opti­male Anreiz ist, Lehrlinge auszubilden, sonst hätten wir nicht die Situation, dass die Lehrstellenlücke sich vergrößert, aber ich denke mir, es ist wichtig, ein Signal in Rich­tung Jugend zu setzen. Wir würden uns mehr Signale, stärkere Signale wünschen, denn Jugendarbeitslosigkeit ist sicherlich eines der schlimmsten Probleme, mit denen ein Land, ein Staat und vor allem die betroffenen Menschen zu kämpfen haben.

Dennoch wie gesagt wir werden noch einmal versuchen, unsere Darstellung, was wir uns tatsächlich im Bereich der Arbeitslosenversicherung wünschen, in einem eigenen Abänderungsantrag zu formulieren, werden aber in Form des von der Kollegin Steibl eingebrachten Abänderungsantrages der Vorlage nun unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)

21.17


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Haupt. 3 Minuten Redezeit. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


21.17.22

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Insolvenz-Entgeltsicherungsge­setz und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 wird dahin gehend geändert, dass


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115. Sitzung / Seite 254

nunmehr Neuregelungen kommen, die das Vermögen des Arbeitgebers im Ausland bei Konkurseröffnungen wie folgt regeln:

Erstens: Arbeitsverhältnis im Inland, Hauptinsolvenzverfahren im EU-Ausland oder Sekundärinsolvenzverfahren im Inland beziehungsweise Insolvenzverfahren in einem Staat außerhalb des EWR, Festlegung der zuständigen Geschäftsstelle der IAF-Ser­vice GmbH, Maßnahmen zur Vermeidung missbräuchlicher Inanspruchnahme von IAG und darüber hinaus aufgrund des Abänderungsantrages auch eine Besserstellung bei Anspruch auf Korridorpension für jene Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die den Betrieb vor Eintritt des Insolvenzverfahrens verlassen haben. Diese werden nun nicht benachteiligt, indem sie nach der derzeit geltenden Rechtslage in die doch etwas weni­ger günstige Korridorpension gehen müssten, sondern es findet hier eine Verbesse­rung statt.

Insgesamt ist das ein Entwurf, der unsere Zustimmung findet, und es freut mich auch, dass es schlussendlich eine Vier-Parteien-Einigung zu diesem Thema im Sozialbereich gegeben hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

21.18


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Dr. Barten­stein. – Bitte.

 


21.18.56

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich begrüße die positive Entwicklung im und seit dem Ausschuss aus­drücklich und meine, dass das gemeinsame Anliegen durchaus war und ist, die Frei­willigkeit eines vorzeitigen Pensionsantrittes bei der Korridorpension zu gewährleisten und trotz Vorliegens eines Anspruchs auf Korridorpension Arbeitslosengeld oder Not­standshilfe für den nicht erstreckbaren Zeitraum von einem Jahr bei Erfüllung der Voraussetzungen für den Bezug einer Korridorpension gewähren zu können.

Es geht aber letztlich darum, unter welchen Bedingungen das Arbeitsverhältnis been­det worden ist und wie es mit der Freiwilligkeit ausschaut. Und hiezu wurde Konsens gefunden. Besten Dank dafür!

Was die Anmerkung der Frau Abgeordneten Silhavy anlangt: Es sind nicht budgetäre Gründe, sondern buchhalterische Gründe bei den einzahlenden Unternehmungen. Wir glauben, dass dieser Vorlauf von zwei oder drei Monaten sinnvoll und notwendig ist.

Herr Dr. Leutner, Sie haben hinsichtlich relativ komplexer Fragestellungen, Insolvenz eines Unternehmens zum Beispiel in der Schweiz, schriftlich seit der Ausschusssitzung Stellung genommen. Ich hoffe, dass mein Haus Ihre Fragen beantworten konnte. – Herzlichen Dank! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.20


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Er wünscht, 4 Minuten zu sprechen. – Bitte.

 


21.20.17

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ganz kurz zur Beschreibung unserer Position. Es handelt sich auch hier wieder um die Umsetzung einer EU-Richtlinie. Wir stimmen ihr zu – es bleibt uns ja auch nicht viel anderes übrig. Der nationale Gestaltungsspielraum ist gegeben. In diesem Fall sind wir dafür und auch zufrieden mit dem, wie es hier geregelt wurde.

Was die Position der Grünen zu den Abschöpfungen des Fonds für die Lehrlingsaus­bildung betrifft, habe ich schon im Ausschuss erklärt: Ja, wir stimmen zu, aber es stellt uns bei weitem nicht zufrieden, dass hier wieder einmal – aber das ist in diesem Fall


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115. Sitzung / Seite 255

nicht negativ – Mittel aus einem Fonds genommen werden, um eine Prämie zu finan­zieren, von der wir überzeugt sind, dass sie für sich genommen nicht geeignet ist, die Probleme bei der Beschäftigung von jüngeren Menschen – und das sind nicht nur Lehrlinge, sondern auch solche, die eine Lehre oder ein anderes Ausbildungsverhältnis absolviert haben – zu lösen.

Wir haben es hier mit einem ernsthaften Problem zu tun. Hier werden in den letzten Jahren Ausbildungsverhältnisse von Personen, die schon eine Ausbildung absolviert haben, in zunehmendem Maße durch längere Arbeitslosigkeit entwertet. Auf dieses Problem gibt natürlich der Vorschlag der Bundesregierung keine Antwort. Das ist noch kein Vorwurf, nur merke ich bei dieser Gelegenheit an, es wird uns dazu etwas mehr einfallen müssen als wieder einmal eine Feuerwehraktion, um zumindest im Bereich der Ausbildung von Lehrlingen etwas mehr Mittel zur Verfügung zu stellen, als dies sonst der Fall wäre.

Was die sonstigen Änderungen betrifft, so haben wir auch gegen den Einbezug von leitendem Personal keinen Einwand. Der einzige Einwand, den ich geltend gemacht habe: Ich hätte mir über die vorgeschlagene Erweiterung der Ausschlussgründe von leitenden Angestellten hinaus noch einiges vorstellen können. Der Herr Bundesminister hat im Ausschuss schon erklärt, dass beispielsweise bei den von mir angedachten Ausschlussgründen vom Insolvenzentgeltverfahren wie dem Tatbestand der Verun­treuung nicht davon auszugehen ist, dass nur die Veruntreuung als solche allein pas­sieren kann. Ich nehme das zur Kenntnis, bin aber noch nicht ganz überzeugt, dass das ausreichend ist. Aber es soll so sein.

Ich kann mir, um es deutlich zu sagen, nicht vorstellen, dass Personen, die in einem Betrieb Gelder veruntreut haben, bei denen aber nicht auch noch die betrügerische Krida dazukommt, Gelder aus einem Insolvenzentgeltfonds erhalten. Und sollte das jemals der Fall sein, dann haben wir eine Debatte, und zu Recht hätten wir dann diese Debatte.

Das war die einzige kritische Anmerkung. Ansonsten können wir auch mit den vorge­schlagenen Änderungen bei der Korridorpension, obwohl sie auch unserer Meinung nach noch nicht weitgehend genug sind, leben und werden dem Vorschlag daher zu­stimmen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.24


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wöginger. 2 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


21.24.06

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! In aller Kürze zwei Punkte. Einerseits wird mit dieser Novelle auch das Arbeits­losenversicherungsgesetz novelliert, wodurch ein berechtigter vorzeitiger Austritt einer Kündigung gleichgestellt wird. Bisher galt ja die Regelung, dass ein Arbeitsloser, der zu Recht entlassen worden ist, bis zu einem Jahr lang Arbeitslosengeld beziehungsweise Notstandshilfe beziehen konnte, während ein Arbeitsloser, der berechtigt vorzeitig ausgetreten war, in die Korridorpension gezwungen wurde. Im Sinne unserer älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und einer fairen Behandlung der Arbeitslosen ist diese Änderung natürlich zu unterstützen.

Andererseits – der zweite Punkt – wird eine Anpassung der Lehrlingsausbildungsprä­mie in diesem Zusammenhang diskutiert und abgestimmt. Um der Jugendarbeitslosig­keit weiterhin erfolgreich entgegenzutreten, gewährleistet unsere Regierung, dass die Mittel für die Lehrlingsausbildungsprämie dauerhaft aus dem Insolvenzausfallsgeld­fonds zur Verfügung gestellt werden.


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Also zwei wichtige Maßnahmen sowohl für unsere jüngeren als auch für unsere älteren Arbeitnehmer. Ich bitte daher um Ihre Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.25


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Keck 2 Minuten zu uns. – Bitte.

 


21.25.00

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Nicht einmal ein volles Jahr ist es her, dass Sie, meine Damen und Herren von den Regie­rungsparteien, eine Pensionsharmonisierung und zahlreiche Begleitmaßnahmen be­schlossen haben, die wir schon damals nicht nur als unsozial, sondern auch als unge­recht und in weiten Teilen sogar als gleichheitswidrig kritisiert haben.

Damals wie heute haben Sie das bestritten. Selbst den Verweis auf leicht nachvollzieh­bare Problemstellungen haben Sie beiseite geschoben, um nur möglichst rasch in einem schnellen Verfahren aus Ihren negativen Schlagzeilen herauszukommen.

Dass Sie den sozialen Notstand, den Ihre Maßnahmen verursachen, damit aber kei­neswegs behoben haben, ist heute klarer denn je. Denn heute ist es wieder so, wie es schon öfters der Fall war: Es muss repariert werden. Wieder müssen wir uns mit den Fehlern beschäftigen, und wieder haben Sie es geschafft, den Bürgerinnen und Bür­gern unseres Landes vor Augen zu führen, wie fahrlässig Sie mit der sozialen Absiche­rung unserer Bevölkerung umgehen.

Bei der völlig verunglückten Regelung des § 22 Abs. 1 des Arbeitslosenversicherungs­gesetzes ist es natürlich auch so. Heute müssen wir reparieren, und repariert wird, dass ab sofort auch bei berechtigtem vorzeitigem Austritt, bei Lösungen während der Probezeit und Lösungen bei befristeten Dienstverhältnissen Wahlfreiheit zwischen der Korridorpension und einer Phase der Arbeitssuche besteht.

Sie beherzigen also unsere Kritik, die wir schon vor einem Jahr in diesem Zusammen­hang geübt haben. Aber auch jetzt schließen Sie wieder einige aus, meine Damen und Herren: All jene, die wegen Mobbing, aus gesundheitlichen oder aus familiären Grün­den eine Arbeitsstelle verlassen müssen, werden nach wie vor von diesem Gesetz bestraft. Das ist ungerecht, und ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Heidrun Silhavy und GenossInnen zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales (1010 d.B.) über die Regierungsvorlage (946 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz und das Arbeitslosen­versicherungsgesetz 1977 geändert werden

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert.

1. Artikel 2 Ziffer 3 wird wie folgt geändert

1. § 22 Abs. 1 letzter Satz lautet:

„Die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug einer Korridorpension gemäß § 4 Abs. 2 APG steht dem Anspruch auf Leistungen nach diesem Bundesge­setz längstens bis zur Erreichung der Anspruchsvoraussetzungen für eine vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer nicht entgegen.“

*****


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115. Sitzung / Seite 257

Ich bitte Sie, diesem Abänderungsantrag zuzustimmen, damit wir nicht in absehbarer Zeit wieder eine Reparatur dieses Gesetzes vornehmen müssen! (Beifall bei der SPÖ.)

21.28


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Herrn Abgeordnetem Keck eingebrachte Abän­derungsantrag der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen zum Be­richt des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz und das Arbeits­losenversicherungsgesetz 1977 geändert werden, ist hinreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mikesch. Sie wünscht 2 Minuten Redezeit. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


21.28.15

Abgeordnete Herta Mikesch (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Nach diesem Insolvenz-Entgelt­sicherungsgesetz werden in Zukunft auch GesmbH-Geschäftsführerinnen und -Ge­schäftsführer und leitende Angestellte Insolvenzausfallsgeld erhalten, sofern sie als Arbeitnehmer beschäftigt sind. Außerdem erfolgt eine Regelung für Mitarbeiter, die zur Verrichtung ihrer Tätigkeit ins Ausland entsandt wurden.

Eine wichtige Absicherung und eine notwendige Maßnahme! Es freut mich, dass es gelungen ist, eine Forderung der Wirtschaftskammer aus der Begutachtung umzuset­zen, nämlich den Entfall der absoluten Verjährung der Rückforderbarkeit. Zu Unrecht erhaltenes Insolvenzausfallsgeld muss stets rückforderbar sein.

Meine Damen und Herren, ein Detail darf nicht unerwähnt bleiben: Die 1 000 € Lehr­lingsprämie bleiben gesichert! Diese Lehrlingsprämie hat sich hervorragend bewährt. Die bisherige befristete Mittelzuführung soll nun unbefristet fortgesetzt werden. Das zeigt, wir nehmen Jugendbeschäftigung ernst, wir sorgen dafür, dass jeder junge Mensch, der einen Ausbildungsplatz sucht, auch einen findet.

Die Lehrlingsprämie ist ein Teil davon. Dazu kommen noch Maßnahmen wie die Schaf­fung der Lehrstellenakquisiteure oder Maßnahmen im Rahmen der Berufsorientierung.

Es ist wirklich erfreulich, dass die unzähligen Maßnahmen der Bundesregierung dazu geführt haben, dass die Zahl der Lehrlinge im ersten Lehrjahr im Jahr 2004 wieder gestiegen ist, und zwar um 1,4 Prozent auf fast 36 000 Lehrlinge.

Meine Damen und Herren! Unsere Unternehmen bilden derzeit 120 000 Lehrlinge aus. Diese geben den jungen Menschen eine Ausbildung und damit eine Zukunft. Herz­lichen Dank dafür! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.30


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Scharer. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


21.30.02

Abgeordnete Erika Scharer (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Die Novelle zum Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz ist durchaus im Sinne der Absicherung von Geschäftsführern und leitenden Angestellten zu begrüßen.

Die Entwicklung am Arbeitsmarkt zeigt aber, dass immer mehr Menschen in atypischen Beschäftigungsverhältnissen tätig sind. WiedereinsteigerInnen und ältere Arbeitslose haben oft nur mehr über Werkverträge oder freie Dienstverträge die Chance, noch Arbeit zu finden. Viele wählen diese atypischen Beschäftigungen nicht freiwillig. Es gibt viele Firmen, die MitarbeiterInnen unter Druck setzen, das Angestelltenverhältnis zu


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115. Sitzung / Seite 258

kündigen, um als freie DienstnehmerInnen weiterarbeiten zu können. Denken Sie auch an die RegalbetreuerInnen, die überwiegend als neue Selbständige tätig sind.

In Österreich gibt es rund 227 000 geringfügig Beschäftigte, darunter 160 000 Frauen, 25 000 freie DienstnehmerInnen und rund 34 000 offiziell erfasste neue Selbständige. Die Tendenz ist steigend.

Bei Zahlungsunfähigkeit der Arbeitgeber sind diese Beschäftigten nicht abgesichert. Wenn auf Grund Ihrer Arbeitsmarktpolitik die Menschen in solche prekäre Arbeitsver­hältnisse gedrängt werden, wäre die Minimalanforderung, meine Damen und Herren, an die Regierung, dass diese Beschäftigten mindestens so abgesichert sind wie Ge­schäftsführer und leitende Angestellte, die ein Vielfaches von den erwähnten Perso­nengruppen verdienen. Das ist leider nicht passiert, sollte aber künftig berücksichtigt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

21.32


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlusswort wird nicht gewünscht.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 1010 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Silhavy, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungs­antrag eingebracht.

Ferner haben die Abgeordneten Mag. Tancsits, Mag. Haupt, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über die von den erwähnten Abänderungsanträgen betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetz­entwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Silhavy, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 2 Ziffer 3 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für diesen Antrag aussprechen, um ein Zei­chen. – Das ist die Minderheit. Daher abgelehnt.

Die Abgeordneten Tancsits, Haupt, Kolleginnen und Kollegen haben ebenfalls einen Abänderungsantrag zu Artikel 2 Ziffer 3 eingebracht.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dieser Antrag findet die einhellige Zustimmung und ist daher angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahen­des Zeichen. – Auch das erfolgt einstimmig. Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Lesung angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das erfolgt wie­derum einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

21.33.5514. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungs­vorlage (968 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959, das


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Futtermittelgesetz 1999, das Düngemittelgesetz 1994, das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz, das BFW-Gesetz, das Pflanzenschutzgesetz 1995, das Pflanzenschutzgrundsatzgesetz, das Weingesetz 1999, das Flurverfassungs­grundsatz-Gesetz 1951, das Grundsatzgesetz 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, das Forstgesetz 1975 und das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienst­rechtsgesetz geändert wird (Agrarrechtsänderungsgesetz 2005) (1018 d.B.)

15. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvor­lage (862 d.B.): Übereinkommen über das Europäische Forstinstitut (1021 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zu den Punkten 14 und 15 der Tages­ordnung, worüber die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter zu beiden Punkten ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. Zur Vor­bringung einer Druckfehlerberichtigung zum schriftlich verteilten Ausschussbericht 1018 der Beilagen erteile ich ihm das Wort.

21.35.00

 


Berichterstatter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Zum Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvorlage 968 der Beilagen: Agrarrechtsänderungs­gesetz 2005, 1018 der Beilagen, bringe ich nachstehende Druckfehlerberichtigung ein:

In Artikel 11 der Änderung des Forstgesetzes 1975 lautet die Ziffernbezeichnung be­treffend die Änderung des § 105 Abs. 1a richtig „5“ statt „3“ sowie die Ziffernbezeich­nung betreffend die Änderung des § 185 Abs. 3 richtig „6“ statt „4“. (Beifall bei Abge­ordneten der Freiheitlichen sowie der Abg. Mandak.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich danke dem Herrn Berichterstatter für seine Ausfüh­rungen.

Die Debatte eröffnet Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Kummerer. Seine Wunschredezeit ist 3 Minuten. – Herr Kollege, Sie sind am Wort.

 


21.35.28

Abgeordneter Dipl.-Ing. Werner Kummerer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Hohes Haus! Die Korrektur durch den Berichterstatter ändert auch nichts an der Qualität des Gesetzes. Es bleibt ein Kraut-und-Rüben-Gesetz. (Abg. Grillitsch: Was sind das für Ausdrücke?) Es geht quer durch die ganze Gesetzgebung, ohne irgend­einen sachlichen Zusammenhang – wieder einmal eine Methode, um Verschleierungen durchzuführen, denn wenn man über Futtermittelgesetz, Düngemittelgesetz, Weinge­setz, Forstgesetz, Dienstrechtsgesetz, Lehrergesetz und so weiter, über alles in einem verhandeln soll, dann, glaube ich, ist das nicht der richtige parlamentarische Weg. (Abg. Neudeck: Was sind jetzt die Lehrer: das Kraut oder die Rüben?)

Hineingetan haben Sie in dieses Gesetz, wie schon so oft, natürlich auch das Wasser­rechtsgesetz, und ich behaupte, dieses Wasserrechtsgesetz befindet sich nur deshalb darin, damit man die Giftzähne nicht sieht.

Meine Damen und Herren! Das Wasserrechtsgesetz stammt aus dem Jahr 1959. Es ist ein Materiengesetz, das vorbildlich, brauchbar und streng war. (Abg. Neudeck: Also dass man das Wasserrechtsgesetz mit dem Weingesetz zusammenmischt, verstehe ich auch nicht!) Es gab dann in 40 Jahren 15 Novellen des Wasserrechtsgesetzes – und dann kam Blau-Schwarz, und in den Jahren 2000 bis 2005 gibt es jetzt bereits die elfte Novelle des Wasserrechtsgesetzes! (Abg. Scheibner: Da wird eben was gear-


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beitet!) Das heißt, scheibchenweise immer wieder aufzuweichen, scheibchenweise diesem wirklich guten Gesetz nicht mehr zum Durchbruch verhelfen zu wollen.

Meine Damen und Herren! Was passiert jetzt? – Seit Jahren unterhalten wir uns über das Nitrat. Sie suchen wieder eine Möglichkeit, die Nitrataufbringung auf die Felder zu verwässern, zu ... (Heiterkeit des Abg. Jakob Auer.) – Was heißt „ha, ha, ha“? – Wir haben jetzt auf einmal die Einführung der Grenzwerte, die wir durch Stall- und Lager­verluste aufweichen. Diese Stall- und Lagerverluste sind im Gesetz nicht definiert. Irgendwer wird sie festlegen: 10 Prozent – oder darf es ein bisschen mehr sein?

Beim Grundwasser selbst, zum Beispiel aus dem Marchfeld, das auf die Felder ge­spritzt wird, wird nicht berücksichtigt: Bei 80 Milligramm, Kollege Schultes, ist sehr wenig Nitrat, und 50 Millimeter ist auch nicht sehr viel, da sind es 10 Kilogramm Rein­stickstoff. – Wesentlich realistischer sind 100 Milligramm und 200 bis 250 Millimeter bei der Zuckerrübe, und dort sind wir bereits bei 40 bis 50 Kilogramm Stickstoff, die Sie schlicht und einfach nicht berücksichtigen.

Meine Damen und Herren! Selbst die Landwirtschaftskammer Steiermark weiß das. Im Internet vom 27.6., vier Tage nach dem Ausschuss, war zu lesen: „Die Landwirtschaft als wichtiges Umsetzungsglied in der Arbeit eines erfolgreichen Grundwasserschutzes scheint derzeit ihre Aufgaben nur unzureichend zu erfüllen und somit an Kompetenz zu verlieren.“ – Landeslandwirtschaftskammer Steiermark!

Die Landeslandwirtschaftskammer hat Recht: Dieses Gesetz ist eine Schande, und wir werden nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

21.38


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Grillitsch 3 Minuten zu uns. – Bitte.

 


21.38.51

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Werter Herr Bundesminister! Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein wesentlicher Punkt der Neuerungen, die im Rah­men des Agrarrechtsänderungsgesetzes erfolgen, ist die Novellierung des Wasser­rechtsgesetzes (Abg. Dipl.-Ing. Kummerer spricht mit dem auf der Regierungsbank sit­zenden Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen), und ich sage Ihnen ganz ehrlich: Es geht nicht darum, jetzt eine zusätzliche Belastung für die Umwelt zu schaffen, sondern es geht darum, praktikable Lösungen für unsere Bauern im internationalen Wettbewerb anzubieten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Freiheitlichen.)

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir versuchen, im Spannungsfeld einer umweltgerechten Landwirtschaft praxisgerechte Lösungen zu finden, und Sie, Herr Kollege Kummerer, dann bei diesem Gesetz von einer „Schande“ sprechen, dann zeigt das, dass Sie nicht interessiert sind, den Bauern praktikable Lösungen zur Verfügung zu stellen. Das möchte ich heute hier auch ganz klipp und klar festhalten. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wer versteht denn das, wenn heute der Einsatz von Wirtschaftsdüngern auf Grund der Vorgaben der EU-Nitratrichtlinie nur bis zu 170 Kilogramm Stickstoff pro Hektar und Jahr erlaubt ist? Der darüber hinaus gehende Bedarf konnte nur durch den Einsatz von Handelsdünger gedeckt werden. – Für keinen Menschen ist das verständlich. Das hat zu einer Schlechterstellung für die österreichischen Bauern geführt, das hat zu einer Beeinträchtigung auch einer nachhaltigen Wirtschaftsweise der Bauern geführt – und dass der Bauer das nicht versteht, das ist, glaube ich, geradezu logisch.

Diese Schikane wollen wir mit der Änderung dieses Wasserrechtsgesetzes beseitigen, und zwar unter klar definierten Voraussetzungen. Die Nitratrichtlinie sieht vor, dass von


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den vorgeschriebenen Höchstmengen an Dünger über Antrag eines Mitgliedstaates nach Überprüfung durch die Europäische Kommission abgewichen werden kann. Es gibt bereits einige Länder, wie Dänemark, die Niederlande, die Bundesrepublik Deutschland und auch Österreich, die hier auch einen entsprechenden Prozess einge­leitet haben, und zur nationalen Verankerung einer solchen Ausnahmemöglichkeit wird nun eine gesetzliche Grundlage geschaffen, auf deren Basis in der Folge das Aktions­programm Nitrat novelliert werden kann.

In diesem Sinne darf ich Sie bitten: Sprechen Sie bei diesem Gesetz nicht von einer „Schande“, sondern helfen Sie mit, hier auch eine Regelung zu finden, die weniger Bürokratie für die Bauern bedeutet, wo die Bauern die Möglichkeit haben, ihren eige­nen Wirtschaftsdünger einzusetzen, und nicht gezwungen werden, zusätzlich Handels­dünger zuzukaufen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

21.41


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Pirklhuber. 5 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


21.41.45

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Meine Damen und Herren! Kollege Grillitsch hat hier versucht (Abg. Zwey­tick: Er hat die Wahrheit gesagt!), irgendwie klarzumachen, worum es geht.

Herr Kollege Grillitsch, es ist eine Schande für den Grundwasserschutz in Österreich – da hat Kollege Kummerer völlig Recht –, weil die Argumentationskette (Abg. Grillitsch: Eine Schande ist das, was ihr aufführt!), die Sie da in der „Bauernzeitung“ verbreitet haben, Herr Bundesminister, einfach unglaublich ist! (Abg. Grillitsch: Herr Kollege Pirklhuber, es ist eine Schande, was ihr sagt! Eine Schande ist das, was ihr die Bauern ...!) Es ist aus fachlicher Sicht völlig unglaublich, wenn Sie davon sprechen, dass die Rinderbauern diejenigen sind, die einfach diese Erhöhungen brauchen, weil sie ja den Wirtschaftsdünger haben und, damit sie überhaupt wirtschaften können, diesen ausbringen müssen. Jeder Fachmann weiß, dass Stickstoffdünger im Grünland bei höherer Aufwandsmenge – und ich gehe davon aus, dass Rinderbauern Grünland haben – zu einer vollständigen Vereinseitigung der Flora führt. Das heißt, dass die wichtigen Leguminosen, der Klee und all das, was wichtig ist und für die Natur, für den Boden, für den Bauern gut ist, damit verdrängt werden, je mehr er düngt.

Also, Kollege Grillitsch, wenn Sie die Rinderbauern wieder einmal vorschieben, um Ausnahmegenehmigungen zu erwirken, ... (Ruf bei der ÖVP: In welchen Gebieten?) In welchen Gebieten? – Sie sprechen vom Alpenvorland: Na bitte, das sind genau die Gebiete, wo wir Grundwasserschutzmaßnahmen treffen müssen, wo wir nicht aufwei­chen dürfen. (Ruf bei der ÖVP: Welche Gebiete sind das?) Und eines ist ganz klar: Wir haben bisher eine Linie verfolgt, wo 90 Prozent der Flächen im österreichischen Um­weltprogramm drinnen waren, und die Basis des ÖPUL in der Bewirtschaftung waren zwei Großvieheinheiten und etwa 170 Kilo Stickstoff aus Wirtschafts- und Handels­düngern. Das ist bisher Faktum.

Sie schaffen mit dieser Wasserrechtsgesetznovelle eine Ausnahmegenehmigung für acht bis zehn Prozent – potentiell – der Landwirtschaft, in Wirklichkeit für ganz, ganz wenige Betriebe. Und das lehnen wir entschieden ab, meine Damen und Herren! Das ist unglaublich, das ist völlig unglaublich, was Sie hier machen! Und Sie machen das für einige wenige Bauern – und nicht für die Landwirtschaft. Das muss man ganz klar feststellen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Grillitsch: Sie reden wie der Blinde von der Farbe!)


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Trotzdem, Kollege Grillitsch, werden wir nicht der Versuchung erliegen, alles in Bausch und Bogen abzulehnen. In zweiter Lesung werden wir einigen richtigen Ver­besserungen, die im Agrarrechtsänderungsgesetz 2005 enthalten sind, zustimmen, wenn auch durchaus mit ein bisschen Kopfschütteln, aber in der Sache selbst gehen Sie den richtigen Weg im Hinblick auf die Öffentlichkeitsbeteiligung beim Flurverfas­sungsgesetz oder auch in der Frage Wald- und Weidenutzung. (Abg. Grillitsch: Jetzt habe ich geglaubt, das ist eine Schande!) Die Möglichkeiten, hier entsprechende Lösungen zu finden, dass Umweltorganisationen in Zukunft eingebunden sind, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung möglich ist und damit die Verkehrskreise, der Um­weltanwalt, die Gemeinden und die Bevölkerung auch eingebunden sind, halten wir für eine praktikable Lösung. Diesem Teil werden wir in zweiter Lesung auch zustimmen.

Aber stellen Sie eines endlich ab: dass Sie gute und richtige Korrekturmaßnahmen mit ganz entscheidenden Verschlechterungen in ein Sammelgesetz hineinreklamieren! Diese Art von Sammelgesetznovellen ist einfach unzumutbar, und das sollten Sie ab­stellen. Eine Materie wie das Wasserrechtsgesetz gehört hier nicht mitverhandelt! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dipl.-Ing. Kummerer.)

21.45


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. 3 Minuten Wunschredezeit. (Abg. Neudeck: Wünschen tät’ er sich mehr, aber wir haben es ihm nicht gegeben!)

 


21.45.28

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Ich möchte meinen Re­debeitrag zu diesem Tagesordnungspunkt dazu nutzen, um einerseits klarzumachen, dass unsere Fraktion diesem Gesetz natürlich zustimmen wird, weil viele gute und wichtige Punkte darin enthalten sind.

Zum Zweiten möchte ich an dieser Stelle noch einmal, so wie bereits im Ausschuss, den Herrn Bundesminister bitten und auffordern, die Möglichkeit zu prüfen, für jene Teile des Bundesgebietes, wo es Dürreschäden gibt oder Dürreschäden drohen, viel­leicht diese Bracheflächen und diese Ökostreifen aufzumachen, um hier den Bauern und Bäuerinnen die Möglichkeit zu geben, billiges Futter zu bekommen, um die Auswir­kungen eventueller Ernteausfälle zu minimieren, ohne dass das sehr viel Geld kostet – um nicht zu sagen, dass es eigentlich gratis ist.

Und drittens finde ich es noch faszinierend, wenn ich auf die Kollegen Gradwohl und Pirklhuber schaue und mich daran erinnere, wie intensiv wir im Ausschuss diskutiert haben, wie wichtig es euch gewesen wäre, diese Dinge hier in der Öffentlichkeit zu diskutieren – wir hatten ein langes, grundsätzliches Gespräch darüber, wie wichtig es wäre, hier im Plenum darüber zu diskutieren, weil da so viele Leute auf der Galerie sitzen und der Agrarpolitik lauschen würden –: Wenn ich mir die Anzahl der heute anwesenden Zuschauer anschaue, so muss ich sagen: Im Ausschuss waren mehr Mit­glieder anwesend! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.46


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Faul. Seine Rede­zeit beträgt 3 Minuten. – Bitte.

 


21.46.49

Abgeordneter Christian Faul (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Lieber Kollege Scheuch! Ich glaube, du hättest auch zum Agrarrechtsänderungsgesetz etwas sagen können, nämlich genau aus der Situation heraus, dass bei euch in Kärnten aus dieser Dimension des Wasserrechts, die Kollege Pirklhuber und Kollege Kummerer


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aufgezeigt haben, wirklich momentan enorme Bedrohungen aufgetreten sind. Ich rede von der Schließung eines Kindergartens in Völkermarkt, ich rede von Krumpendorf und der Verseuchung der dortigen Wasserzufuhren. Und man hat festgestellt, dass Dünge­mittel, Fäkalien aus Tierzucht und aus der Ausbringung von Tieren in quellnahe Ge­biete die Verursacher waren. (Abg. Eder: Wassernot in Kärnten!) Und ich glaube, da kann man nicht so achtlos darüber hinweggehen, sondern man sollte anhand solcher Beispiele an dem Gesetz arbeiten und über die Dinge nachdenken, Herr Minister.

Und noch eine zweite Geschichte, Herr Bundesminister, in aller Kürze: Auch wenn Sie es dementiert haben, aber dieses Problem Piber ist für uns ein steirisches Problem, ich muss Ihnen das sagen. Und auch wenn Sie sagen, da kommt nichts weg, da kommen Dinge hin – ich habe mich heute mit Kollegin Grossmann wirklich intensiv unterhalten: Sie wollen das Zuchtbuch dort wegtun. Zuchtbuch weg heißt Know-how weg, Zucht weg, Fohlen weg. (Abg. Amon: Man merkt, ... „Experte“!)

Sie wollen dort diese Wirtschaftsbetriebe redimensionieren. (Abg. Neudeck: Du soll­test mit kompetenten Leuten reden!) „Redimensionieren“ heißt – das muss man sich wirklich einmal vor Augen halten, liebe Freunde, die auch im agrarischen Bereich tätig sind –, dass man in Piber draußen den armen Leuten, die 950 € netto haben, noch den Job wegnehmen will. Bei diesen Leuten, die ohnehin schon nichts mehr heraus­bekommen, will man noch einsparen! (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Ein billiger Wahlkampfgag!)

Nein, das ist kein Wahlkampfgag, das ist euer Wahlkampf, Herr Bundesminister. Und wenn Sie heute davon sprechen, Millionen Euro hineinzupumpen (Zwischenruf des Abg. Grillitsch), dann ist das der gleiche Schmäh wie beim Semmering-Basistunnel, Fritz, das ist der gleiche Schmäh wie der Spielberg-Schmäh. Das glauben wir euch nicht mehr! Das ist ein billiger Wahlkampfgag, Herr Bundesminister. Wir sind überzeugt davon, dass bis zur Wahl überhaupt nichts geschieht und dass wir nach der Wahl das befürchten müssen, was ich Ihnen angekündigt habe. Und ich glaube, da muss man rechtzeitig vorbauen.

Herr Bundesminister, ich glaube, wenn man sich die Dimension der Lipizzaner in Österreich anschaut, dann muss man sagen, diese gehören an einen Standort, sie gehören nicht auseinander gezogen. Und wenn Sie sich noch so abbeuteln, vielleicht ist es nur ein Schuss vor den Bug. Wir wollen die Lipizzaner in der Steiermark behal­ten! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Wo?)

21.49


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Freund. 2 Minu­ten Redezeit. – Bitte. (Abg. Murauer – in Richtung des sich zum Rednerpult begeben­den Abg. Freund –: Charly, sag was zu den Lipizzanern!)

 


21.49.15

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ein Agrarrechtsänderungsgesetz liegt vor und bringt Veränderungen und Rechtssicherheit in mehreren Bereichen der Agrarwirtschaft. Ge­ändert wird zum Beispiel auch das Futtermittelgesetz. Im EU-Futtermittelrecht besteht eine Meldepflicht für alle Futtermittelunternehmer sowie eine Verpflichtung zur Regist­rierung oder Zulassung durch die Behörde. Davon betroffen sind Unternehmen von der Produktion bis zur Verfütterung. Neu wird sein, dass die Antragseinbringung und die Prüfung künftig durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit erfolgen, womit einheitliche Vorgaben in allen EU-Staaten geschaffen werden. Die Behörden müssen bei der Meldung und Registrierung in Zukunft bestehende Datenerhebungs­systeme berücksichtigen. Von den Meldepflichtigen müssen somit nur noch Zusatz­informationen geliefert werden.


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Mit dieser Gesetzesänderung wird eine Rechtsgrundlage für die Zusammenführung von Daten über landwirtschaftliche Betriebe geschaffen. Neuerhebungen beziehungs­weise neue Meldungen werden damit vermieden, so besteht zum Beispiel bei der Schweine- und Rinderregistrierung bereits seit längerem die Möglichkeit des Datenaus­tausches. Das geht nach meiner Ansicht in Richtung weniger Bürokratie. Eine Nichtum­setzung hätte einen Mehraufwand durch die Betriebe zur Folge. Des Weiteren wäre auch mit einer Klage durch die Kommission zu rechnen.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Die österreichischen Bäuerinnen und Bauern brauchen Rechtssicherheit. Sie sind Futtermittelproduzent und -bezieher. Im Rahmen der Änderungen des Futtermittelgesetzes werden auch die Durchführungs­bestimmungen betreffend Futtermittelhygiene festgelegt. Ich werte es als sehr positiv, dass hier konkrete Ausnahmen, beispielsweise für Eigenverbrauch und Kleinmengen, angeführt werden. Unsere Bäuerinnen und Bauern arbeiten seit Jahrzehnten mit land­wirtschaftlichen Produkten und wissen um die Notwendigkeit hygienischen Arbeitens. Meine sehr geschätzten Damen und Herren, was Qualität und Hygiene betrifft, können wir uns sicher auf unsere Bauern verlassen. Ich stimme diesem Agrarrechtsänderungs­gesetz zu. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Dr. Partik-Pablé.)

21.51


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Rest-Hinterseer. Wunschredezeit: 4 Minuten, Restredezeit Ihrer Fraktion: 16 Minuten. – Bitte.

 


21.51.39

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Kollegen und Kolleginnen im Hohen Haus! Mit dem Positiven möchte ich beginnen: Wir bewerten das Übereinkommen über das Europäische Forstinstitut sehr positiv, in Anerkennung der Fortschritte und Erfolge, die bereits erzielt wurden. Dieses Forstinstitut wird mit Sitz in Finnland errichtet. Wir halten das für eine sehr gute Sache.

Was die Wasserrechtsgesetz-Novelle betrifft, so muss ich Kollegem Eßl, den ich jetzt nicht mehr sehe, entgegenhalten (Rufe bei der ÖVP: Er ist eh da!): Er weiß anschei­nend nicht, wo es die Probleme bei der Nitratbelastung gibt. (Abg. Prinz: Nur schauen, Frau Kollegin!) – Er hat sich ein bisschen versteckt, er ist jetzt ein bisschen eingegan­gen.

Die Probleme bei der Nitratbelastung sind bekannt. Man braucht nur auf der Home­page unseres Lebensministeriums nachzulesen, zum Beispiel, warum die Nitratbelas­tung vorerst zurückgegangen ist, nämlich wegen des rigorosen Einsatzes der Instru­mente Wasserschutz und Schongebiete in Problemregionen. Allerdings wurden nach dem Umweltkontrollbericht 2004 in den letzten beiden Jahren wieder höhere Werte gemessen, sodass wir zur Überzeugung gekommen sind, dass die Nitratbelastung des österreichischen Grundwassers noch immer zu hoch ist. Die Anzahl der Beobach­tungs- und voraussichtlichen Maßnahmengebiete, geschätzter Herr Kollege, ist nicht gesunken.

Im Übrigen denken wir, dass wir nicht auf der einen Seite hü und auf der anderen Seite hott sagen können, wie du, lieber Franz, als Bauer weißt. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Gaál.) Wir können nicht einerseits die Maßnahmen im Rahmen des ÖPULs, eine Unterschreitung der Werte der Richtlinien belohnen und andererseits wieder Aus­reißer zulassen! Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, ich finde es ziemlich vermessen, dass hier eigentlich auf dem Rücken der Rinderbauern die Schweinezüchter-Anliegen ausgetragen werden, denn es ist bekannt, wer für die hohe Nitratbelastung im Bereich des Tullner Beckens, des Alpenvorlandes und in anderen Problemregionen verantwort­lich ist.


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Daher können wir dem Ansinnen dieser Neuregelung nicht beitreten und werden dage­gen stimmen. (Beifall bei den Grünen.)

21.54


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Grillitsch zu Wort gemeldet. Ich erinnere an die Geschäftsordnung: das zu berichtigende Faktum nennen und dem das richtige entgegenstellen. – Bitte.

 


21.54.32

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Faul hat behauptet, dass die Lipizzaner von Piber wegkommen und in Niederösterreich stationiert werden.

Richtig ist, dass die Lipizzaner weiterhin in Piber stationiert bleiben, so wie bisher. Richtig ist, dass in Niederösterreich ein Sommerquartier mit Lipizzanern aus der Hof­reitschule eingerichtet worden ist. Und richtig ist, dass jetzt in Piber zusätzlich 1,2 Mil­lionen € für touristische Nutzungen investiert werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Na Gott sei Dank! Das hätten wir sonst nicht überstanden!)

21.55


Präsident Dr. Andreas Khol: Das war eine Mischung zwischen tatsächlicher Berich­tigung und Information.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Auer. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


21.55.23

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bis jetzt war ich immer der Meinung, dass seitens jener Grünen und jener SPÖ-Mandatare, die sich mit Landwirtschaft beschäftigen, tatsäch­lich die Nachhaltigkeit in den Vordergrund gestellt wird. Auf Grund der heutigen Debat­tenbeiträge bin ich mir dessen nicht mehr ganz so sicher.

Das Entscheidende, meine Damen und Herren, ist nämlich bei jener Frage des Was­serrechtsgesetzes, die von euch kritisiert wird, nämlich bei der Düngung, schon erstens der Zeitpunkt der Ausbringung, zweitens die Technik der Ausbringung. Da könnte man sich etwa an Oberösterreich ein Beispiel nehmen, wo die Schleppschlauchverteilung der Gülle unterstützt wird. Das ist durchaus nachahmenswert.

Und drittens, das freut mich immer ganz besonders: Die ganze Welt will Österreichs Wasser, aber wenn ich hier sitze, dann höre ich nur, das ist ja so schlecht, das ist ja nicht machbar, nicht verkaufbar. (Abg. Dr. Pirklhuber: Es gibt 200 000 Menschen, die ...!) Bisher haben Sie doch immer, auch zu Recht, darauf hingewiesen, dass bei EU-Entscheidungen das Prinzip der absoluten Einstimmigkeit aufrechterhalten werden müsse, damit das österreichische Wasser ja nicht ins Ausland verscherbelt werden könne. Gleichzeitig sagen Sie uns aber hier, es ist ja so schlecht. (Abg. Dr. Pirklhuber: Diese Maßnahme ist so schlecht! Sie geht in die falsche Richtung!) Die ganze Welt will das österreichische Wasser!

Meine Damen und Herren! Weiters wäre auch die Frage zu stellen: Ist das Wasser seit 1990 – ich bin seit dieser Zeit auch Mandatar – besser oder schlechter geworden? Die Antwort lassen Sie sich von den Konsumenten geben! Es ist wesentlich besser gewor­den, dank einer vorbildlichen Bewirtschaftung unserer Flächen.

Betreffend Futtermittelgesetz ist festzuhalten: Ja, Kontrolle soll sein, aber man soll und darf nicht Kleinbauern mit Futtermittelfabriken vergleichen und nicht Instrumente schaf­fen, durch die quasi zum Ausstieg aus dieser Produktion motiviert wird. Tatsächlich


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sollten wir Kontrollen dort machen, wo sie notwendig sind. Aufzeichnungen für jeden Kleinbetrieb sind nicht gerade sinnvoll.

Ich meine nämlich, meine Damen und Herren, dass man sich manches Mal überlegen sollte, ob gewisse Vorlagen von Personen kommen, die Landwirtschaft haben wollen, oder von jenen kommen, die von der Landwirtschaft leben müssen. Da sollten wir uns tatsächlich das eine oder andere überlegen! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Neu­deck.)

21.57


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Schönpass. 3 Minu­ten Redezeit. – Bitte. (Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Der Schultes soll uns aus seinem Hausbrunnen Wasser mitbringen!)

 


21.57.43

Abgeordnete Rosemarie Schönpass (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Mi­nister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Bürgermeisterin einer ländlichen Gemeinde bin ich auch verantwortlich für die Gesundheit unserer Bürgerinnen und Bürger. Das heißt für mich, dass ich in einer Region, die von Landwirtschaft geprägt ist, auch be­sonders auf den Schutz unserer Umwelt achte. Die Art und Weise, wie Landwirtschaft betrieben wird, hat unmittelbare Auswirkungen auf die Umwelt. Und der Zustand unse­rer Umwelt hat unmittelbare Auswirkungen auf die Gesundheit unserer Bevölkerung.

Schauen wir uns das am Beispiel Trinkwasser an! (Abg. Prinz: Wie schaut es in Ampfl­wang aus?) Unser Trinkwasser zeichnet sich prinzipiell durch hohe Qualität aus, mit einer Ausnahme: die Nitratwerte. Die vorgeschriebenen Schwellenwerte werden be­reits jetzt überschritten. Das können Sie im österreichischen Wassergütebericht nach­lesen, dieser kommt übrigens aus Ihrem Ressort, Herr Minister. (Abg. Jakob Auer: Dürfen wir Ihren Wasserbefund haben?)

Mit der Nitratbelastung steigt langfristig auch das Krebsrisiko für die Menschen, Herr Auer. (Abg. Prinz: Wie schaut es in Ampflwang aus?) Es tut mir Leid, aber es ist so. (Abg. Jakob Auer: Den Wasserbefund von Ampflwang, bitte!) Eine weitere Aufwei­chung beziehungsweise Verwässerung der Grenzwerte ist gegenüber unserer Bevöl­kerung nicht vertretbar. Da können Sie noch so dagegen wettern.

Was wir zum Schutz unserer Umwelt und der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land brauchen würden, sind strengere Richtlinien und bessere Kontrollen der Nitratbelas­tung unseres Trinkwassers. Was aber stattdessen mit dem nun vorliegenden Gesetz kommt, ist genau das Gegenteil: Die Einhaltung von Stickstoff-Höchstmengen soll auf­geweicht werden. Mehr stickstoffhaltige Düngemittel im Boden bedeuten aber auch eine vermehrte Nitratbelastung des Grundwassers.

Daran zeigt sich wieder einmal mehr als deutlich, dass es Ihnen, sehr geehrter Herr Minister Pröll, nicht gelingt, die beiden Funktionen, die Sie bekleiden, miteinander zu vereinbaren. Ein Minister, der sowohl für Landwirtschaft als auch für Umwelt zuständig ist, muss beiden Bereichen gleichermaßen gerecht werden. Das ist bei Ihnen, sehr geehrter Herr Minister, leider nicht der Fall. Ihrem Kniefall vor der Düngemittelindustrie schließen wir uns nicht an! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Prinz: Kollegin Schönpass, wie schaut es in Ampflwang aus?)

22.00


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Schultes. 2 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


22.00.40

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es gibt Tage, da bedaure ich, dass wir mit


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unseren kurzen Redezeiten nicht viel sagen können. (Abg. Dr. Pirklhuber: Das ist rich­tig, das bedaure ich auch!) Heute bin ich mit Schmerzen hier gesessen, als ich zuge­hört habe und erkennen musste, wie wenig Ahnung bei unseren Oppositionskollegen in diesen Fachfragen durchblitzt, wenn sie über landwirtschaftliche Fragen reden. Das tut wirklich weh! (Abg. Dr. Pirklhuber: Es tut weh, was Sie machen!)

Ich würde Ihnen gerne – ich sage das ganz offiziell – ein Seminar zum Thema Pflan­zenernährung, zum Thema Nährstoffdynamik im Boden und zum Thema „Wovon leben wir?“ anbieten. Dann könnten wir irgendwann einmal die Frage Nitrat einordnen, so­dass wir wissen, es gibt Werte, und es gibt die gute Qualität unseres Wassers. (Beifall bei der ÖVP.)

Hohes Haus! Wir haben ein Agrarrechtsänderungsgesetz, das darauf Bezug nimmt, dass nicht nur Europa, sondern auch Österreich sehr unterschiedlich ist. Wir haben uns verpflichtet, durch die Anwendung der Nitratrichtlinie in ganz Österreich den höchstmöglichen Standard zu halten. Wir sehen, dass wir damit in einzelnen Regionen Bedingungen schaffen, die der Natur schlichtweg nicht angepasst und in Regionen, wo wir die Bauern knebeln, unnötige Beschränkungen sind.

Es gibt im Grünland tatsächlich einige Regionen, und es wird vielleicht nur 500 Be­triebe betreffen, vielleicht auch nur 400, denen wir mit dieser Richtlinie tatsächlich ins Eigentum eingegriffen haben. Und ohne irgendjemandem zu schaden – sondern im Gegenteil, um gesunde Betriebe aufrechtzuerhalten –, haben wir nun im Wasserrecht die Freiheit, die Werte regional angepasst auf das richtige Niveau zu bringen. Gott sei Dank gibt es diese Freiheit, und ich kann Ihnen allen nur sagen, wir beschließen ein sehr gutes Gesetz, die Fachleute sind stolz darauf. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Freiheitlichen.)

22.02


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wimmer. 3 Mi­nuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


22.02.41

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Mich freut es immer, wenn Kollege Schulteis heruntergeht (Rufe bei der ÖVP: Schultes!), denn jedes Mal, wenn er hinter dem Rednerpult steht, erklärt er uns, dass er die Weisheit mit dem Löffel gegessen hat. Das hört sich immer ganz lustig und gut an, und wir haben das jetzt schon das dritte oder vierte Mal erlebt. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Pirklhuber.)

Vielleicht noch eine kleine Bemerkung zu Kollegen Auer. Die ganze Welt will unser Wasser, aber nicht das Wasser aus dem Marchfeld, nicht das Wasser aus dem Efer­dinger Becken, aus dem Machland oder aus dem unteren Ennstal. Lieber Kollege Auer, dazu gibt es eine vernichtende Studie, in der Brunnen untersucht wurden. (Abg. Jakob Auer: Ja, von wem?) – Von der Arbeiterkammer Oberösterreich. (Rufe bei der ÖVP: Oje! – Abg. Freund: Die ist rot eingefärbt!) Ich werde sie dir einmal zeigen: ein vernichtendes Urteil! Es ist eine gefährliche Situation, meine sehr geschätzten Damen und Herren.

Vielleicht noch zwei Sätze zur Änderung des Wasserrechtsgesetzes, das heute schon etliche Male angesprochen wurde, und es ist wirklich ein großes Problem. Kollege Gril­litsch hat von einer praktikablen Lösung gesprochen. Eine praktikable Lösung kann aber nicht bedeuten, dass es in Zukunft mehr Nitrate in unserem Grundwasser gibt. Das kann es doch nicht sein! Man kann nicht eine praktikable Lösung vortäuschen, im gleichen Atemzug aber meinen, dass unser Grundwasser nitrathältiger wird. (Abg. Grillitsch: ... nicht verstanden, um was es geht!)


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115. Sitzung / Seite 268

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wir glauben, dass das einfach der falsche Weg ist; wir halten es für einen Rückschritt. Wir wissen, dass nunmehr schon seit 30 Jahren Nitrate in unserem Grundwasser festgestellt werden. Seit 1991 gibt es flä­chendeckende Nitratdaten, die Problemregionen sind uns bekannt. Es gibt jedoch trotz verschiedenster Umweltförderungsmaßnahmen, zum Beispiel durch ÖPUL, keinerlei positive Veränderungen.

Man sieht, es ist nachweislich zu keiner Verbesserung unseres Grundwassers gekom­men. Ich sage Ihnen, es ist kontraproduktiv, wenn heute dieses Gesetz so beschlossen wird, darum werden wir dem auch nicht unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)

22.05


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Sieber. 2 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


22.05.04

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Kollege Wimmer, ich muss Ihnen schon sagen: Wenn man Ihnen hier zugehört hat, dann kann man darauf verweisen, dass Ihnen Herr Kollege Schultes, was Information und Intelligenz betrifft, vieles voraus hat. Ich freue mich jetzt schon darauf, wenn der Kollege das nächste Mal an dieses Rednerpult tritt und uns einiges aus seinem reichen Erfahrungsschatz zum Besten gibt. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Pus­wald: Das ist doch eine Frechheit! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Kolleginnen und Kollegen! Wie in der Europäischen Verordnung betreffend das Le­bensmittelrecht besteht auch in der Verordnung für das Futtermittelrecht, im Speziellen in der Futtermittelhygieneverordnung, eine Meldepflicht für alle Futtermittelunterneh­mer. (Anhaltende Zwischenrufe des Abg. Dr. Puswald. – Rufe bei der ÖVP: Puswald, Ruhe!) Es sind darin eine Registrierung und Zulassung, beginnend mit der Produktion über den Transport, die Lagerung und Verarbeitung bis hin zur Verfütterung durch den Tierhalter, sprich den Bauern, vorgesehen.

Im Zuge der jetzigen Änderung des Futtermittelgesetzes erweitern wir die Kompetenz der Länder. Waren diese bisher ausschließlich für die Kontrolle der Verfütterung an Nutztiere zuständig, obliegt ihnen künftig zusätzlich die Kontrolle der Herstellung, der Verarbeitung sowie der Lagerung der Futtermittel.

Ein wichtiger Punkt für die bäuerlichen Familienbetriebe ist, dass die behördlichen Mel­destellen angehalten sind, auf vorhandene Daten oder Erhebungssysteme zurückzu­greifen, denn jede andere Regelung würde auch für die kleinsten Tierhalter eine unzu­mutbare bürokratische Mehrbelastung bedeuten. (Abg. Dr. Puswald: ... Intelligenzler!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit der vorliegenden Gesetzesmaterie zeigt sich einmal mehr, dass gerade wir von der Österreichischen Volkspartei und im Beson­deren der Österreichische Bauernbund für eine ehrliche und transparente Landwirt­schaft im Sinne der heimischen Konsumentinnen und Konsumenten eintreten, ohne dabei aber unseren Bäuerinnen und Bauern unnötige Steine in den Weg zu legen.

Verantwortung und Hausverstand sind gefragt – wir nehmen sie wahr! (Beifall und Bra­vorufe bei der ÖVP.)

22.07


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gradwohl. 3 Mi­nuten Redezeit. – Bitte, Herr Kollege.

 


22.07.01

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Kollege Sieber! Ich denke, es würde Ihnen gut anstehen, Ihre Bemerkung be-


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treffend Intelligenz, die Sie vielleicht in der Aufregung fallen haben lassen, hier am Rednerpult zurückzunehmen, denn ich denke mir, das wäre nicht das Niveau einer Agrardebatte, wie wir sie im Ausschuss gewohnt sind. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Grillitsch: Was war das?) – Fritz, ich komme auch noch zu dir, keine Sorge! (Abg. Grillitsch: Na entschuldige! Das ist ...!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Herr Bauernbundpräsident hat ausge­führt, wir befänden uns in der heutigen Debatte im Spannungsfeld zwischen umweltge­rechter Landwirtschaft und den dazugehörigen Gesetzen. Wenn ich ihn richtig verstan­den habe, hat er vermeint, die EU-Nitratrichtlinie sei eigentlich schuld, dass wir so weit gekommen sind und das Wasserrechtsgesetz jetzt dahin gehend abändern müssen, dass es zu jenen Dingen kommt, die meine Vorredner angesprochen haben.

Geschätzte Damen und Herren! Herr Bundesminister! Wir haben in der letzten Sitzung des Landwirtschaftsausschusses den Vorhabensbericht der Europäischen Kommission diskutiert. Wir haben angeregt, ihn öffentlich zu diskutieren und in das Plenum zu brin­gen, aber wir blieben leider in der Minderheit. Heute am Vormittag hat uns der Herr Bundeskanzler erklärt, wie wichtig es sei, hier europäische Themen zu behandeln. Hätten wir diese Themen hier behandelt und würden wir diese Themen hier behandeln, im Plenum des Nationalrates, dann könnte es nicht dazu kommen, dass Herr Grillitsch von diesem Rednerpult aus so tut, als wäre die EU-Nitratrichtlinie schuld daran, dass wir etwas machen müssen, gleichzeitig wissend, dass die EU, vertreten durch die regi­onalen beziehungsweise nationalen Minister, diese Beschlüsse fasst und die natio­nalen Beamten dazu beitragen. Es gibt niemanden, der uns diese Verantwortung abnimmt, weder in diesem Rechtsbereich noch in einem anderen.

Herr Kollege Auer, wir haben ein Nachhaltigkeitskonzept der Bundesregierung, das in dieser Legislaturperiode beschlossen wurde. Wir haben es sehr aufmerksam durchge­spielt – durchgelesen, durchgearbeitet und hier im Hause auch schon diskutiert. (Abg. Jakob Auer: -gespielt oder -gelesen?) – Auch durchgespielt. (Abg. Jakob Auer: Bist ja kein guter Spieler!) Ich stehe ja zu meiner Verspieltheit. – Aber, Kollege Auer, wenn du mir erklären willst, dass die ständigen Veränderungen des Wasserrechts im Hinblick auf die Nitratbelastung eine Nachhaltigkeit darstellen (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Jakob Auer), dann, lieber Kollege Auer, verstehe ich dich auch nicht mehr. Bisher war ich nämlich davon überzeugt, dass Kollege Auer tatsächlich ein Vertreter jener ist, die sagen: Das Wasser ist uns wichtig, und das müssen wir schützen! (Ruf bei der ÖVP: Ja eh, ...!)

Wir haben im ÖPUL freiwillige Maßnahmen geschaffen, um das Grundwasser zu schützen, um unser Trinkwasser zu schützen. Seit dem Jahr 2000 wird dieses Wasser­recht aber mit jeder Novelle nicht verwässert, sondern verschlechtert – zum Schaden unserer Wasserqualität.

Kollege Schultes, du hast Recht: Es gibt auf der einen Seite die Werte und auf der an­deren Seite das Wasser. Ich sage dir: Es gibt Werte in Niederösterreich und ein gutes Wasser aus der Steiermark. – Wir werden diesem Gesetz nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.10


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hütl. Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


22.10.33

Abgeordneter Dipl.-Ing. Günther Hütl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte kurz auf die Änderung des Pflanzenschutzgrundsatzgesetzes eingehen und dabei nur auf einen Punkt, der


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besagt, dass die Landesgesetzgebung vorzusehen hat, dass Pflanzenschutzmittel nur bestimmungs- und sachgemäß verwendet werden dürfen.

Was heißt das? – Das heißt, dass die Wirkstoffe zielgerecht zum Einsatz kommen, und dafür ist eine geeignete Ausbringungstechnik notwendig. Da gibt es nun eine Gruppe von Fachleuten, die schon jahrelang auf dem Gebiet der Applikationstechnik hervorra­gende Arbeit leistet, und zwar die Österreichische Arbeitsgemeinschaft für integrierten Pflanzenschutz beziehungsweise deren Geräteausschuss.

Dieser Ausschuss arbeitet regelmäßig Richtlinien für Pflanzenschutzgeräte aus, und damit ist untrennbar ein Name verbunden: Professor Dr. Hans Neururer, dem ich für seinen jahrelangen Einsatz für die Applikationstechnik besonders danken möchte. (Bei­fall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Da in Österreich Pflanzenschutzgeräte vor dem Verkauf keiner offiziellen Prüfung un­terliegen, führt diese Arbeitsgemeinschaft die Qualitätsprüfung durch und vergibt für Geräte ein Gütezeichen. Das heißt, der Bauer, der ein Pflanzenschutzgerät mit einem Gütezeichen kauft, kann damit sicher sein, dass dieses Gerät dem Stand der Technik entspricht und einen gezielten, umweltschonenden Pflanzenschutz ermöglicht.

Die bestimmungs- und sachgemäße Verwendung bezieht sich natürlich auch auf in Gebrauch stehende Geräte. Das heißt, jene Geräte, die im Rahmen des ÖPUL 2000-Programmes zum Einsatz kommen, werden in periodischen Abständen einer Funkti­onsprüfung unterzogen. In den letzten drei Jahren wurden immerhin 13 000 Geräte überprüft, die nach dieser Kontrolle wieder ordnungsgemäß und umweltschonend Pflanzenschutzmittel ausbringen können.

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich danke dir sehr herzlich für dieses Paket des Agrarrechtsänderungsgesetzes. Herzlichen Dank auch an die Mitarbeiter und Mitar­beiterinnen deines Bundesministeriums. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

22.12


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Auer. Ebenfalls 2 Minuten. – Bitte.

 


22.12.45

Abgeordneter Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich darf zu einem weiteren Punkt des Agrarrechts­änderungsgesetzes 2005 Stellung nehmen, und zwar zu einem forstwirtschaftlichen. Es geht um die Änderung des Forstgesetzes.

Dabei geht es hauptsächlich um Anpassungen an die neuen Studien der BOKU, der Universität für Bodenkultur, im Speziellen des Fortwirtschaftsstudiums, das ja bisher als Diplomstudium geführt wurde und jetzt durch die Abänderung in Bakkalaureat und Magisterstudium eingeteilt wurde. Nach dem sechssemestrigen Bakkalaureat sind die Absolventen Forstadjunkten und damit den Absolventen der HBLF in Bruck an der Mur gleichgestellt.

Das Magisterstudium, das als viersemestriger Aufbau auf das Bakkalaureat vorge­sehen ist, schließen die Studenten als Forstassistenten ab. (Abg. Dr. Schieder steht an der Regierungsbank und spricht mit Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll. Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) Diese neuen und allfälligen Lehrveranstaltungen werden aber nicht im Gesetz festgeschrieben, sondern durch eine Verordnung festge­legt. Das ist sinnvoll, denn dadurch werden auch Kernkompetenzen bestimmt.

Was vielleicht nicht allen bekannt sein dürfte, ist, dass Forstadjunkten und Forstassis­tenten noch eine Staatsprüfung zu absolvieren haben, bevor sie fertig ausgebildet sind.


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Da geht es ganz sicherlich in der nächsten Zeit darum, diese etwas reliktisch anmu­tende Form doch auch zu verändern. Da sind bereits Neuregelungen in Planung.

Ich bin auch deshalb für eine Veränderung oder Anpassung dieser Staatsprüfung, da ja dementsprechende Ausbildungsplätze vorhanden sein müssen, und die sind heute zum Teil schon rar geworden. Wenn wir das etwa mit Medizinstudenten vergleichen, die einen Turnusplatz zugesichert bekommen, danach aber keine Staatsprüfung mehr absolvieren müssen, dann haben wir, glaube ich, in nächster Zeit durchaus auch ge­wisse Anpassungen zu machen.

Das Potential in der Forstwirtschaft muss genützt werden. Der Einsatz von Forstleuten rechnet sich auch, und da sind unsere führenden Betriebe – ich meine damit auch die Bundesforste – gefordert, dementsprechend Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stel­len.

Das heißt, Ausbildung lohnt sich, und Ausbildung im Sinne dieser Veränderungen zahlt sich auch aus. Es macht Sinn, auch die Staatsprüfung zu verändern, und dann sind solche Gesetzesänderungen, wie wir sie hier vornehmen, ebenfalls sinnvoll. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

22.15


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Winkler. Auch seine Redezeit beträgt 2 Minuten. – Bitte.

 


22.15.37

Abgeordneter Ing. Josef Winkler (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Mit dieser Regierungsvorlage wird das Übereinkommen über das Europäische Forstinstitut, kurz EFI genannt, ratifiziert. Acht Länder müssen zustim­men, damit es in Kraft treten kann. Sechs haben bereits zugestimmt, Deutschland und Österreich holen das jetzt nach.

Das am 28. August 2003 in Joensuu in Finnland unterzeichnete Abkommen über das Europäische Forstinstitut verleiht diesem den Status einer internationalen Organisation.

Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Als Förster halte ich dieses Überein­kommen für einen äußerst wichtigen internationalen Vertrag und Beitrag zur nachhalti­gen Sicherung der Forst- und Holzwirtschaft in ganz Europa. Ziel dieses Übereinkom­mens ist es ja, auf gesamteuropäischer Ebene Forschungsarbeiten in den Bereichen Forstpolitik, Ökologie, Ressourcen und Gesundheit der europäischen Wälder sowie Holzwirtschaft und forstliche Dienstleistungen durchzuführen, damit die nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder Europas gefördert wird. (Unruhe im Saal.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol (das Glockenzeichen gebend): Ich bitte, dem Redner nicht konstant den Rücken zuzuwenden! Das gilt auch für Klubbedienstete!

 


Abgeordneter Ing. Josef Winkler (fortsetzend): Dieser Vertrag ist somit ein Meilen­stein zur Sicherung der multifunktionalen Leistungen des österreichischen beziehungs­weise europäischen Waldes. Die Wichtigkeit der Zusammenarbeit mit dem EFI hat Österreich bereits in den vergangenen Jahren erkannt.

Die Bedeutung des zu ratifizierenden internationalen Vertrages darf ich auch anhand einiger Zahlen unterstreichen: Österreich hat einen Waldanteil von über 47 Prozent und liegt damit weit über dem europäischen Durchschnitt von circa 30 Prozent. Mit einem Exportwert von mehr als 6 Milliarden € ist die österreichische Forst- und Holz­wirtschaft der größte Devisenbringer nach dem Tourismus.

Es ist daher ein Gebot der Stunde, dass Österreich durch seinen Beitritt zum EFI – zum Europäischen Forstinstitut – die Forschung und Entwicklung im Bereich des Wal-


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des und dessen nachhaltige Bewirtschaftung europaweit unterstützt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

22.17


Präsident Dr. Andreas Khol: Als letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt ist Frau Abgeordnete Höllerer zu Wort gemeldet. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


22.17.46

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Als Letztrednerin zu diesem Agrarrechtsänderungsgesetz-Paket kann ich zu etwas sprechen, von dem eigentlich sehr viele etwas verstehen – zumindest viele, die sich zu den Genießern zählen: Es wird nämlich auch das Weingesetz 1999 verändert.

Die Weinwirtschaft in Österreich verzeichnet national und international große Erfolge, und wir können vor allem auch wirklich auf die Konsumentinnen und Konsumenten set­zen, die uns Winzern in Bezug auf Wein auch sehr vertrauen: Immerhin stammen im Bereich der heimischen Gastronomie 84 Prozent der Weine, die getrunken werden, von österreichischen Winzern. Im Bereich der Weine, die zu Hause getrunken werden, sind es 74 Prozent.

Auch beim Weinexport sind positive Entwicklungen zu verzeichnen. Trotzdem wissen wir, dass es für die klein strukturierte österreichische Weinwirtschaft sehr schwierig ist, sich am Weltmarkt des Weines dauerhaft zu bewähren. Die Winzer setzen erfolgreich auf höchste Qualität und vor allem auf regionaltypische Geschmacksprofile. Das ist dadurch begründet, dass es 19 Weinbaugebiete gibt.

Mit dieser Gesetzesnovelle werden auch zwei Weinbaugebiete verändert: Es kommt dazu, dass die Gemeinde Sitzenberg-Reidling vom Weinbaugebiet Donauland in das Weinbaugebiet Traisental wechselt. – Das ist auch in der touristischen Struktur be­gründet und auch auf Grund der geographischen, geologischen und klimatischen Be­dingungen durchaus sinnvoll.

Auch im Bereich des DAC-Weines gibt es eine Veränderung: Es wird mittels dieses Gesetzes auch eine notwendige Einführung korrespondierender Strafbestimmungen zu den bestehenden DAC-Weinverordnungen festgehalten und damit auch eine langfris­tige Qualitätssicherung in diesem Bereich vorgenommen.

Die österreichischen Winzer werden auch weiterhin die Qualität des österreichischen Weines forcieren und vor allem auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen dement­sprechend mittragen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

22.20


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich nunmehr noch Herr Abgeord­neter Dr. Pirklhuber. 2 Minuten Restredezeit. Restredezeit der Fraktion: 14 Minuten. – Bitte.

 


22.20.16

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Drei kurze Anmerkungen noch:

Zur Pflanzenernährung: Herr Kollege Schultes, es ist so, dass der Stickstoff im Boden den Pflanzen vorwiegend aus dem Humus zur Verfügung gestellt wird und dass es dar­um geht, den Boden entsprechend zu verbessern und den Humus zu mehren. – Das ist eine alte pflanzenbauwissenschaftliche „No na net“-Weisheit.

Bei Stickstoffdüngern besteht eben die große Gefahr, dass sie einfach in die Luft oder ins Wasser – in diese beiden Bereiche können Stickstoffdünger ausgetragen werden – verschwinden. Das sollte festgehalten werden.


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Ich stimme Ihnen in einem Punkt zu: Wahrscheinlich sind es wirklich nur 400 bis 500 Betriebe, die von dieser Ausnahmeregelung betroffen sein werden. – Meine Damen und Herren! Umso schlimmer, denn was ist das für ein Signal eines Umweltministers, für 500 Betriebe eine Ausnahmegenehmigung zu erwirken, wo andererseits immer noch Handlungsbedarf besteht!? (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Geh, hör auf!)

Und kommen Sie mir nicht mit dem Argument der Wettbewerbsfrage: Das hat mit Wett­bewerb nichts zu tun. 200 000 Menschen in Österreich müssen Trinkwasser verwen­den, das belastet ist. Nach der Trinkwasserausnahmeverordnung ist das gesetzlich möglich.

Meine Damen und Herren! Solange dieser Sachverhalt besteht, sind alle Maßnahmen notwendig, damit Wasser verbessert wird und Landwirtschaft optimiert wird. Es ist dies Optimierung, die den Bauern und Bäuerinnen auch selbst etwas bringt und Kosten in der Produktion verringert!

Zum Herrn Bundesminister bleibt mir heute nur eines festzuhalten: Ein Bundesminister, der Umwelt und Landwirtschaft vereint, beharrlich zu diesen kritischen Einwendungen der Opposition schweigt, dem dazu bloß ab und zu ein Lächeln entfleucht, stellt eine Verhaltensweise dar, mit dem parlamentarischen Diskurs umzugehen, die ich nicht akzeptieren werde. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Es ist alles gesagt!) Wir werden diesem Wasserrechtsgesetz nicht zustimmen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abge­ordneten der SPÖ.)

22.22


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.

Ein Schlusswort wünscht der Herr Berichterstatter nicht.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Gesetzentwurf betreffend Agrar­rechtsänderungsgesetz 2005 in 1018 der Beilagen unter Berücksichtigung der vom Berichterstatter vorgebrachten Druckfehlerberichtigung.

Hiezu liegt ein Verlangen der Abgeordneten Dr. Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen auf getrennte Abstimmung vor.

Ich werde zunächst über die vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetz­entwurfes abstimmen lassen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über die Artikel 5, 6, 8, 9, 10, 11 und 12 in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung der vom Berichterstatter zu Artikel 11 vorgebrachten Druckfehlerberichtigung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbe­zügliches Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahen­des Zeichen. – Die Mehrheit des Hauses erteilt dieses Zeichen. Der Gesetzentwurf ist somit in zweiter Lesung angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf eintreten, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Übereinkom­men über das Europäische Forstinstitut, in 862 der Beilagen die Genehmigung zu er­teilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Herr Kollege Gaál, geben Sie das Zeichen auch? Danke. Damit ist die Einstimmigkeit sichergestellt. Das ist einstimmig angenommen.

22.24.5216. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungs­vorlage (514 d.B.): Internationaler Vertrag über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft samt Anlagen und Erklärung (1019 d.B.)

17. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungs­vorlage (612 d.B.): Annahmeerklärung betreffend den revidierten Text der Inter­nationalen Pflanzenschutzkonvention sowie revidierter Text der Internationalen Pflanzenschutzkonvention samt Anlage (1020 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 16 und 17 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Die Debatte wird von Frau Abgeordneter Schiefermair eingeleitet. Sie wünscht, 2 Minu­ten zu uns zu sprechen. – Bitte, Frau Kollegin.

 


22.25.32

Abgeordnete Notburga Schiefermair (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minis­ter! Hohes Haus! Welternährungssicherheit, nachhaltige Landwirtschaft und agrarische Produktion sowie Schutz der agrarischen Biodiversität hängen wesentlich von der Erhaltung und vom nachhaltigen Gebrauch pflanzengenetischer Ressourcen ab.

Entsprechend den Zielen der Erklärung von Rom zur Welternährungssicherheit und für eine nachhaltige landwirtschaftliche Entwicklung für unsere zukünftigen Generationen ist es wichtig, dass wir dieses Gesetzesvorhaben beschließen.

Warum ist es wichtig? – Es geht um unentbehrliche Rohstoffe, um garantierte Grund­lagen für die Rechte der Bauern. Da ist zum Beispiel die Aufbewahrung und Nutzung, Austausch und Verkauf von Saatgut dabei, das Teilhaben am Entscheidungsprozess, gerechte Aufteilung, es geht um wichtige Schnittstellen von Landwirtschaft, Umwelt und Handel und um den Erhalt dieser Ressourcen für zukünftige Generationen.

Tatsache ist, dass seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts 75 Prozent der pflanzenge­netischen Ressourcen landwirtschaftlicher Vielfalt verloren gegangen sind. Im vergan­genen Jahrhundert verschwanden in den USA um die 90 Prozent der Kohl-, Mais-, Erbsen- und Tomatensorten. Seit 1950 ging in Indien von den 30 000 Reissorten die Zahl der angebauten Sorten auf 50 zurück.

Das Konsumverhalten der Gesellschaft zwingt über betriebswirtschaftliche Maßnah­men die Landwirtschaft, immer mehr auf wenige, aber dominante Kulturarten zurück-


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zugreifen. Ergebnis: Globalisierter Einheitsgeschmack drängt die Kostbarkeit unserer Produktvielfalt zurück.

Drei Kulturarten – Reis, Weizen und Mais – decken weltweit mehr als 50 Prozent des menschlichen Nahrungsbedarfes. Nur mehr 100 Kulturpflanzenarten von 4 800 be­kannten machen 90 Prozent des weltweiten Nahrungsbedarfes aus. In Lokalsorten und regionaler Produktsicherung und -entwicklung mag wohl für große Denker die Chance der Zukunft liegen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

22.28


Präsident Dr. Andreas Khol: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Walther zu Wort gemeldet. 3 Minuten Redezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


22.28.12

Abgeordnete Heidrun Walther (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Dieser Internationale Vertrag über pflanzengenetische Res­sourcen für Ernährung und Landwirtschaft wurde nach siebenjähriger Verhandlungs­tätigkeit am 3. November 2001 abgeschlossen.

Ziel dieses Vertrages sind die Erhaltung und nachhaltige Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen sowie die ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich daraus ergeben­den Vorteile für eine nachhaltige Landwirtschaft.

Meine Vorrednerin hat schon darauf hingewiesen, dass im 20. Jahrhundert diese Sorten immer mehr zurückgegangen sind. Jetzt arbeitet man daran, sie wieder zu ver­mehren und die Vielfalt auszubauen, um damit wirklich Vorteile für die Ernährungs­sicherheit zu erreichen – im Einklang mit dem Übereinkommen über die biologische Landwirtschaft. Auch für die biologische Landwirtschaft ist diese Vielfalt unbedingt not­wendig.

Der Vertrag hält fest, dass die Erhaltung, Exploration, Sammlung, Charakterisierung, Evaluierung und Dokumentation der pflanzengenetischen Ressourcen für die Errei­chung der Ziele von Rom zur Welternährungssicherheit, für den Aktionsplan des Welt­ernährungsgipfels und für eine nachhaltige landwirtschaftliche Entwicklung ganz ent­scheidend sind. Die Fähigkeit der Entwicklungs- und Schwellenländer zur Erreichung dieser Aufgaben soll gestärkt werden. Vorkehrungen gegen Hungersnöte und auch gegen einseitige Exploration des Bodens sollen geschaffen werden.

Die Vertragsparteien – und Österreich gehört dazu – vereinbaren, dass der erleichterte Zugang zu diesen Ressourcen im Rahmen eines multilateralen Systems erfolgen soll. Weiters sollen finanzielle und sonstige Vorteile der Vermarktung, internationale Netz­werke, ein globales Informationssystem für genetische Ressourcen und auch ein Schiedsverfahren sowie eine Liste der Kulturpflanzen im Rahmen des multinationalen Systems die biologische Vielfalt erhalten.

Die AGES, die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit, hat seit 1992 den Index Seminum Austriae, eine sehr umfassende Gen-Datenbank auf­gebaut und baut sie weiterhin auf. Damit vollzieht sie den Auftrag der EU, der 1998 während der österreichischen Präsidentschaft an die EU-Länder erging. Pflanzengene­tische Ressourcen müssen erhalten bleiben und weiterhin aufgebaut werden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

22.31


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. 3 Minuten Redezeit.

 


22.31.40

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Meine geschätzten Damen und Herren! In den zwei vorliegenden Entwürfen


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geht es, wie bereits ausgeführt, einerseits um diesen internationalen Vertrag zur Siche­rung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft. Wir werden seiner Ratifizierung natürlich zustimmen. Und auch der Revision der Internationalen Pflanzenschutzkonvention werden wir natürlich zustimmen.

In Anbetracht der vorgeschrittenen Zeit werde ich meine Aussagen darauf beschrän­ken. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

22.32


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


22.32.16

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Meine Damen und Her­ren! Wir werden auch beiden Vorlagen und Verträgen zustimmen, selbstverständlich. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Ich wollte nur eines kurz positiv anmerken, was vielleicht wichtig ist: dass die Möglichkeit, Saatgut nachzubauen, zu vermehren und auch zu schützen und zu pflegen, explizit festgehalten ist. Das ist eine ganz wichtige Aufgabe der Bäuerinnen und Bauern auch in der Zukunft.

Ich finde es sehr schön, dass dieser Vertrag endlich einmal ratifiziert wird. – Danke. (Allgemeiner Beifall.)

22.32


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Ing. Schultes. 2 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


22.32.58

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Wir haben da jetzt wirklich einen interessanten Vertrag, der beweist, dass die Welt von den Bauern nicht nur ge­staltet, sondern leider auch von der bäuerlichen Wirtschaft verändert wird. Dort, wo sie industrialisiert betrieben wird, beziehungsweise in sehr industrieabhängigen Strukturen werden die Arten ärmer, und auf der ganzen Welt ist man draufgekommen, dass man dem gegensteuern muss.

Wir in Österreich treten diesem unter Patronanz der FAO entstandenen Regelwerk bei und wollen uns bemühen, die auch bei uns vorkommenden natürlichen Arten, die für die menschliche Nutzung geeignet sind, aufzuheben, zu bewahren, und zwar in ihrem natürlichen Lebensraum, wo sie von Bauern gehegt und gepflegt werden, aber auch dort, wo sie in öffentlichen Instituten erhalten werden.

Dieses Regelwerk hilft mit, dass diese Pflanzen dann tatsächlich auch international wirtschaftlich genutzt werden können. Es gibt auch uns das Recht, woanders zuzu­greifen, und es ist als Ganzes ein Regelwerk, das sehr optimistisch ist, denn es geht davon aus, dass auch dann, wenn die Landwirtschaft sich weiterentwickelt, Bauern da sein werden, die in solchen Lebensräumen diese Pflanzen hegen und pflegen, um daraus gute und gesunde Produkte herzustellen. Das wird auch dann noch der Fall sein, wenn andere glauben, dass sie den Bauern ihre Existenzgrundlage wegnehmen können. (Demonstrativer Beifall des Abg. Dipl.-Ing. Kummerer.) Wir werden alles tun, um leistungsfähig und stark bleiben zu können.

Esst was G’scheit’s und schlafts gut! (Allgemeine Heiterkeit sowie Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

22.34


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


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115. Sitzung / Seite 277

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Internationaler Vertrag über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft samt Anlagen und Erklärung, in 514 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Jetzt gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag, im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes zu beschließen, dass die arabische, die chine­sische, die englische, die französische, die russische und die spanische Sprachfas­sung dadurch kundzumachen sind, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bun­desministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft aufliegen.

Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, dem Abschluss des vorliegenden Staatsvertrages: Annahmeerklärung betreffend den revidierten Text der Internationalen Pflanzenschutzkonvention sowie revidierter Text der Internationalen Pflanzenschutzkonvention samt Anlage, dessen Artikel XXI Abs. 4 zweiter Satz verfassungsändernd ist, in 612 der Beilagen die Geneh­migung zu erteilen.

Mit Rücksicht auf die erwähnte verfassungsändernde Bestimmung stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Ziffer 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erfor­derliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte nun jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages die Genehmigung zu erteilen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig und mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit an­genommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag, im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes zu beschließen, dass die arabische, die chi­nesische, die englische, die französische und die spanische Sprachfassung dadurch kundzumachen sind, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft aufliegen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Einstimmig angenommen.

*****

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Einlauf

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 654/A bis 668/A eingebracht wurden.

Ferner langten die Anfragen 3212/J bis 3254/J ein.

*****


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Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für morgen, Donnerstag, den 7. Juli 2005, 9 Uhr, ein.

Die Tagesordnung ist der im Saal verteilten schriftlichen Mitteilung zu entnehmen.

Die Sitzung wird mit einer Fragestunde eingeleitet werden.

*****

Die Sitzung ist geschlossen.

22.38.00Schluss der Sitzung: 22.38 Uhr

 

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