Parlament Österreich

 

 

 

 

Stenographisches Protokoll

 

 

 

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6. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXV. Gesetzgebungsperiode

 

Dienstag, 3. Dezember 2013

 

 


Stenographisches Protokoll

6. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXV. Gesetzgebungsperiode          Dienstag, 3. Dezember 2013

Dauer der Sitzung

Dienstag, 3. Dezember 2013: 10.16 – 10.20 Uhr

                                                                                                   13.15 – 17.29 Uhr

*****

Inhalt

Nationalrat

Mandatsverzicht der Abgeordneten Dr. Astrid Monika Eder-Lindner ........................ 9

Angelobung der Abgeordneten Ulrike Weigerstorfer .................................................. 9

Personalien

Verhinderungen ................................................................................................................ 9

Ordnungsruf ................................................................................................................... 78

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Dr. Kathrin Nachbaur, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Untersuchung der politischen und rechtlichen Verantwortung im Zusammenhang mit dem „Hypo-Desaster“ gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung                  83

Bekanntgabe ................................................................................................................... 10

Verlangen gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................................... 10

Antrag der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur näheren Unter­suchung der politischen und rechtlichen Verantwortung im Zusammenhang mit der Verstaatlichung sowie der Rolle des Eigentümers seitdem mit besonderem Hinblick auf die Verschleppung einer Entscheidung hinsichtlich der Abwicklungs­struktur (i.e. Abbaueinheit) der Hypo Alpe-Adria-Bank International AG (HGAA-Ausschuss) gemäß § 33 Abs.1 der Geschäftsordnung ............................................................................................................................... 85

Bekanntgabe ................................................................................................................... 10

Verlangen gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................................... 10


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 2

Gemeinsame Debatte über diese beiden Anträge auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses:

Dr. Kathrin Nachbaur ............................................................................................. ..... 90

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES ........................................................................ ..... 93

Hermann Lipitsch ................................................................................................... ..... 95

Werner Amon, MBA ............................................................................................... ..... 96

Elmar Podgorschek ................................................................................................ ..... 98

Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ..... 99

Ing. Waltraud Dietrich ............................................................................................. ... 101

Dr. Rainer Hable ...................................................................................................... ... 102

Ablehnung der beiden Anträge auf Einsetzung eines Untersuchungsausschus­ses .........              103

Unterbrechung der Sitzung ...................................................................................  11, 81

Verlangen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung .................................... 80

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 10

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die Desinformationspolitik über die budgetäre Lage Österreichs (169/J) ........................... 11

Begründung: Heinz-Christian Strache ......................................................................... 16

Bundeskanzler Werner Faymann ............................................................................... 21

Debatte:

Herbert Kickl ........................................................................................................... ..... 27

Mag. Andreas Schieder .......................................................................................... ..... 31

Peter Haubner ......................................................................................................... ..... 34

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .............................................................................. ..... 37

Frank Stronach ....................................................................................................... ..... 40

Mag. Dr. Matthias Strolz ........................................................................................ ..... 41

Bernhard Themessl ................................................................................................ ..... 46

Gabriele Heinisch-Hosek ....................................................................................... ..... 49

Gabriele Tamandl ................................................................................................... ..... 50

Mag. Bruno Rossmann .......................................................................................... ..... 52

Dr. Kathrin Nachbaur ............................................................................................. ..... 54

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES ........................................................................ ..... 56

Elmar Podgorschek ................................................................................................ ..... 59

Rudolf Hundstorfer ................................................................................................ ..... 62

Brigitte Jank ............................................................................................................ ..... 64

Dr. Georg Vetter ...................................................................................................... ..... 66

Dr. Rainer Hable ...................................................................................................... ..... 68

MMag. DDr. Hubert Fuchs ..................................................................................... ..... 70

Christoph Hagen ..................................................................................................... ..... 72

Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ..... 76

Entschließungsantrag der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend sofortigen Stopp der Ostöffnung am Arbeitsmarkt – Ableh­nung .............................................  30, 79


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 3

Entschließungsantrag der Abgeordneten Anton Heinzl, Peter Haubner, Rupert Doppler, Mag. Birgit Schatz, Christoph Hagen, Michael Pock, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhalt des Salzburg Airport – Annahme (E 1) ........................................................................................................  36, 79

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Aussetzung der Valorisierung der Parteien­förde­rung – Ablehnung ........................  44, 80

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Wahlwerbungskostenbeschränkung – Ablehnung ..................................................  45, 80

Entschließungsantrag der Abgeordneten Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Einführung einer Mindestpension von 1 200 € und einer Pensionsanpassung in Höhe des Pensionistenpreisindex – Ablehnung ......................................................................  48, 80

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kol­leginnen und Kollegen betreffend die Einrichtung einer weisungsfreien Gene­ral­staatsanwaltschaft als Maßnahme zur Korruptionsbekämpfung – Ablehnung .....................................................................  58, 80

Entschließungsantrag der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kollegin­nen und Kollegen betreffend den rot-schwarzen Kahlschlag von Polizeidienst­stellen – Ablehnung (namentliche Abstimmung)              61, 80

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Rainer Hable, Kolleginnen und Kollegen betreffend Insolvenzrecht für Gebietskörperschaften – Ablehnung .........................................  70, 83

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Kathrin Nachbaur, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sofortige Einberufung eines Budgetgipfels mit partei­unabhängigen Experten“ – Ablehnung         73, 83

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Kathrin Nachbaur, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Vereinheitlichung und Weiterentwicklung des Haus­haltsrechts“ – Ablehnung ......  74, 83

Eingebracht wurden

Petition .......................................................................................................................... 10

Petition betreffend „Österreich braucht ein Anti-Mobbing-Gesetz“ (Ordnungsnum­mer 1) (überreicht von der Abgeordneten Martina Schenk)

Berichte ......................................................................................................................... 10

Vorlage 8 BA: Monatserfolg Oktober 2013; BM f. Finanzen

Vorlage 9 BA: Bericht gemäß § 67 Abs. 4 BHG 2013 über die Ergebnisse des Beteiligungs- und Finanzcontrolling zum Stichtag 30. September 2013 (3. Quartal 2013); BM f. Finanzen

III-29: Bericht, Reihe Bund 2013/11; Rechnungshof

Anträge der Abgeordneten

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen betreffend erforderliche finanzielle Mittel für den Rechnungshof (68/A)(E)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 4

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend mehr Einkommen durch Senkung der Lohnsteuer zur Stärkung der Kaufkraft (69/A)(E)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen betreffend steuerpolitische Entlastung der Autofahrer (70/A)(E)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 14. Dezember 1973 betreffend die Arbeitsverfassung (Arbeitsver­fas­sungs­gesetz – ArbVG), BGBl. Nr. 22/1974, geändert wird (71/A)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsatzsteuerpflicht für landwirt­schaftliche Pensionspferdehaltung (72/A)(E)

Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Stärkung der KMUs (73/A)(E)

Dr. Kathrin Nachbaur, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einrichtung eines staat­lichen Schuldenmonitors“ (74/A)(E)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ministeranklage gemäß Artikel 142 Abs. 2 lit. b B-VG gegen die Bundesministerin für Finanzen Dr. Maria Fekter (75/A)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 17. März 1948 über das Dienst- und Besoldungsrecht der Vertragsbediensteten des Bundes (Vertragsbedienstetengesetz 1948 – VBG), BGBl. I Nr. 86/1948, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 147/2013, geändert wird (76/A)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend: die jährliche Wertanpassung des Pflegegeldes und der Freibeträge für behinderte Menschen, Mindestpension von 1 200 € und Pensionsanpassung in Höhe des Pensionistenpreisindex sind Gebot der Stunde (77/A)(E)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend sofortigen Stopp der Ostöffnung am Arbeitsmarkt (78/A)(E)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungs­gesetz und ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz – B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, und das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 – VfGG, BGBl. Nr. 85/1953, geändert werden (79/A)

Anfragen der Abgeordneten

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Taxifrei­fahrten für Mitarbeiter der Regierungsbüros im Jahr 2013 (125/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend Taxifreifahrten für Mitarbeiter der Regierungsbüros im Jahr 2013 (126/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Taxifreifahrten für Mitarbeiter der Regie­rungs­büros im Jahr 2013 (127/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Taxifreifahrten für Mitarbeiter der Regierungsbüros im Jahr 2013 (128/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 5

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Taxifreifahrten für Mitarbeiter der Regierungsbüros im Jahr 2013 (129/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Taxifreifahrten für Mitarbeiter der Regierungsbüros im Jahr 2013 (130/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Taxifreifahrten für Mitarbeiter der Regierungsbüros im Jahr 2013 (131/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Taxifreifahrten für Mitarbeiter der Regierungsbüros im Jahr 2013 (132/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung und Sport betreffend Taxifreifahrten für Mitarbeiter der Regierungsbüros im Jahr 2013 (133/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Taxifreifahrten für Mitarbeiter der Regierungsbüros im Jahr 2013 (134/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Taxifreifahrten für Mitarbeiter der Regierungsbüros im Jahr 2013 (135/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Taxifreifahrten für Mitarbeiter der Regierungsbüros im Jahr 2013 (136/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Taxifreifahrten für Mitarbeiter der Regierungsbüros im Jahr 2013 (137/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Taxifreifahrten für Mitarbeiter der Regierungsbüros im Jahr 2013 (138/J)

Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend die Ausgaben für EU-Kampagnen (139/J)

Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend die Ausgaben für EU-Kampagnen (140/J)

Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend die Ausgaben für EU-Kampagnen (141/J)

Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend die Ausgaben für EU-Kampagnen (142/J)

Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend die Ausgaben für EU-Kampagnen (143/J)

Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend die Ausgaben für EU-Kampagnen (144/J)

Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend die Ausgaben für EU-Kampagnen (145/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 6

Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend die Ausgaben für EU-Kampagnen (146/J)

Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Ausgaben für EU-Kampagnen (147/J)

Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend die Ausgaben für EU-Kampagnen (148/J)

Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Ausgaben für EU-Kampagnen (149/J)

Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend die Ausgaben für EU-Kampagnen (150/J)

Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend die Ausgaben für EU-Kampagnen (151/J)

Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Verringerung der Verwendung von Kunststofftüten (152/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend zahlreiche, schwerwiegende Mängel in der neuen ASKÖ-Halle in Graz-Eggenberg (153/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betref­fend Dürre-Hilfe für Landwirte (154/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Dürre-Hilfe für Landwirte (155/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Stierkämpfe als Kulturerbe in Spanien (156/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die EU-Saatgutverordnung (157/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Trümmerregen“ von Autobahn A 9 auf Gemeindestraßen in Übelbach (Bezirk Graz-Umgebung) (158/J)

Ing. Christian Höbart, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Fortsetzung der Misswirtschaft im Skandalverband OSV unter möglicher neuer Führung (159/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend derzeitige Situation in der internationalen Gedenkstätte Mauthausen (160/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend neuerliche Berichte über schwere Missstände in der Justizanstalt Josefstadt (161/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend die Ermittlungen gegen einen mutmaßlichen KZ-Wächter (162/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 7

Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wis­senschaft und Forschung betreffend die zu ziehenden Konsequenzen aus der wissenschaftlich untermauerten Unzulänglichkeit des Mausmodells zur Behandlung menschlicher Entzündungskrankheiten (163/J)

Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend: Misshandlung bei Polizeieinsatz am Badeschiff? (164/J)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Daten über Ausgestaltung und Wirkung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung (165/J)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Kostenverlagerung im Bereich behinderte Menschen vom Bundesland Steiermark zum Bund (166/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Seegrundstück für geplantes Hotelprojekt „Lacus“ Felix in Gmunden (167/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Münze Österreich (168/J)

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die Desinformationspolitik über die budgetäre Lage Österreichs (169/J)

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Umsetzung des Nationalen Aktionsplans zum Schutz der Privat­sphäre (170/J)

Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend kritischen Dialog mit „Dialogpartner“ Saudi-Arabien (171/J)

Dr. Eva Mückstein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Rechtssicherheit für Lebens- und SozialberaterInnen (172/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend gefährlichen Stoß gegen einen Radfahrer (173/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Strafvollzug bei clamorosen Wirtschafts- und Korruptionsstrafverfahren (174/J)

Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Unterhaltssicherung von Kindern (175/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Geheimnisverrat bei der Wiener Polizei (176/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Pensionistenausweise, die auf dubiosen Seiten zu bestellen sind (177/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Pensionistenausweise, die auf dubiosen Seiten zu bestellen sind (178/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Pensionistenausweise, die auf dubiosen Seiten zu bestellen sind (179/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 8

Ing. Thomas Schellenbacher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend den Tunnel Tieflage Schwechat (S 1) (180/J)

Ing. Thomas Schellenbacher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend den Tunnel Rustenfeld (S 1) (181/J)

Ing. Thomas Schellenbacher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend den Tunnel Rannersdorf (S 1) (182/J)

Ing. Thomas Schellenbacher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend den Tunnel Vösendorf (S 1) (183/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Pensionsanpassungen 2013 und 2014 (184/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Evaluierung des Zahlungsverkehrs des Bundes (185/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Gesundheit betreffend Dienstleistungen des NSA-nahen IT-Dienstleisters CSC im Bereich von ELGA (186/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend geplante Kraftwerksverkäufe durch den Verbund (187/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Eckdaten zum Pflegegeld (188/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Umsatzsteuerpflicht für landwirtschaftliche Pensionspferdehaltung (189/J)

Ing. Christian Höbart, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend die Bedrohung der Werner Schlager Akademie durch das Agieren eines Ex-Bürgermeisters und Ex-Abgeordneten (190/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend mögliche globale Folgen der Atomkatastrophe von Fukushima (191/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend mögliche globale Folgen der Atomkatastrophe von Fukushima (192/J)

Anfragebeantwortung

der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen (1/AB zu 8/J)


 


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 9

10.16.05Beginn der Sitzung: 10.16 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Karlheinz Kopf, Dritter Präsident Ing. Norbert Hofer.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Guten Tag, meine Damen und Herren! Ich eröffne die 6. Sitzung des Nationalrates, die aufgrund eines ausreichend unterstützten Verlangens gemäß § 46 Abs. 7 des Geschäftsordnungsgesetzes einberufen wurde.

Die nicht verlesenen Teile des Amtlichen Protokolls der 3. Sitzung sowie die Amtlichen Protokolle der 4. und 5. Sitzung vom 20. November 2013 sind in der Parlaments­direktion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Muchitsch, Dr. Karlsböck und Zanger.

10.16.50 Mandatsverzicht und Angelobung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Von der Bundeswahlbehörde ist die Mitteilung eingelangt, dass Frau Abgeordnete Dr. Astrid Monika Eder-Lindner auf ihr Mandat verzichtet hat und an ihrer Stelle Frau Ulrike Weigerstorfer in den Nationalrat berufen wurde.

Da der Wahlschein bereits vorliegt und die Genannte im Hause anwesend ist, werde ich sogleich ihre Angelobung vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführung wird die Mandatarin ihre Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ zu leisten haben.

Ich ersuche nun den Schriftführer, Herrn Abgeordneten Buchmayr, um die Verlesung der Gelöbnisformel. – Bitte.

 


10.17.29

Schriftführer Harry Buchmayr: „Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze und gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.“

 


10.17.45

Abgeordnete Ulrike Weigerstorfer (STRONACH): Ich gelobe.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich begrüße die neue Frau Abgeordnete recht herzlich in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)

10.17.57Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungs­gegen­stände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäfts­ordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 125/J bis 168/J;

2. Anfragebeantwortung: 1/AB;

3. weiterer eingelangter Verhandlungsgegenstand:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 10

Petition Nr. 1 betreffend „Österreich braucht ein Anti-Mobbing-Gesetz“, überreicht von der Abgeordneten Martina Schenk

(Vorgesehen für Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen).

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 74d Abs. 2, 74f Abs. 3, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Budgetausschuss:

Monatserfolg Oktober 2013, vorgelegt von der Bundesministerin für Finanzen (Vorlage 8 BA),

Bericht der Bundesministerin für Finanzen gemäß § 67 Abs. 4 BHG 2013 über die Ergebnisse des Beteiligungs- und Finanzcontrolling zum Stichtag 30. September 2013 (3. Quartal 2013) (Vorlage 9 BA);

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Rechnungshofausschuss:

Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2013/11 (III-29 d.B.).

*****

10.18.10Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der Freiheitliche Parlamentsklub hat gemäß § 93 Abs. 2 der Geschäftsordnung das Verlangen gestellt, die am Beginn der Sitzung eingebrachte schriftliche Anfrage 169/J der Abgeordneten Strache, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die Desinformationspolitik über die budge­täre Lage Österreichs dringlich zu behandeln.

10.18.36Ankündigung von Anträgen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die Abgeordneten Dr. Nachbaur, Kolleginnen und Kollegen haben gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung beantragt, einen Untersuchungsausschuss betreffend Untersuchung der politischen und rechtlichen Verantwortung im Zusammenhang mit dem „Hypo-Desaster“ einzusetzen.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vor, eine Debatte über diesen Antrag durchzuführen.

*****

Weiters haben die Abgeordneten Mag. Meinl-Reisinger, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung beantragt, einen Untersuchungsausschuss betreffend die nähere Untersuchung der politischen und rechtlichen Verantwortung im Zusammenhang mit der Hypo Alpe-Adria-Bank einzusetzen.

Auch hiezu liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vor, eine Debatte über diesen Antrag durchzuführen.

Ich werde, da die Gegenstände der beiden Anträge auf Einsetzung eines Unter­suchungs­ausschusses ähnlich gelagert sind, im Einvernehmen mit den Antragstellern


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 11

im Sinne einer in diesen Fällen geübten Praxis vorgehen, nämlich, dass zunächst die Anträge begründet werden und dann die Debatte über dieselben unter einem durch­geführt wird.

Gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung finden Debatte und Abstimmungen nach der Dringlichen Anfrage statt.

*****

Der Aufruf der Dringlichen Anfrage wird um 13.15 Uhr erfolgen.

Die Sitzung wird auf ORF 2 von 13.15 Uhr bis 16 Uhr und von ORF III in voller Länge übertragen.

Ich weise darauf hin, dass der Ständige Unterausschuss des Landesverteidigungs­ausschusses um 11 Uhr im Sitzungszimmer des Ständigen Unterausschusses zusam­mentritt.

Nun unterbreche ich die Sitzung bis 13.15 Uhr.

Die Sitzung ist unterbrochen.

*****

10.20.01 (Die Sitzung wird um 10.20 Uhr unterbrochen und um 13.15 Uhr wieder aufgenom­men.)

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Meine Damen und Herren! Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

13.15.56 Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die Desinformationspolitik über die budgetäre Lage Österreichs (169/J)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 169/J.

Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Am 9. Oktober 2013 erteilte der Bundespräsident dem Spitzenkandidaten der an Mandaten stärksten Partei den Regierungsbildungsauftrag. Seither führt die SPÖ mit der ÖVP Koalitionsverhandlungen. Den Medien ist zu entnehmen, dass diese Ver­handlungen schleppend verlaufen. Die durchschnittliche Frist für die Bildung einer Regierung von 64 Tagen ist gestern, am 2. Dezember 2013, verstrichen. Maßgeblich dafür dürfte u.a. die unklare Situation über die budgetäre Lage Österreichs sein, zumal damit die Frage des notwendigen Einsparungsbedarfes verbunden ist. Mit der Frage des Einsparungsbedarfes ist wiederum die Frage verbunden, welche Wahlversprechen gebrochen werden müssen und welche Gruppen einem weiteren rot-schwarzen Belastungspaket ausgesetzt werden. Von der Finanzministerin waren dazu bislang


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keine konkreten Äußerungen zu vernehmen. Weder im Budgetausschuss noch im Plenum des Nationalrates.

Die budgetäre Schieflage der Republik ist wesentlich ausgeprägter als im Vorfeld der Nationalratswahl seitens der Bundesregierung kolportiert wurde. Das Budgetloch wurde auf bis zu 40 Milliarden Euro für die nächsten fünf Jahre verortet. Andere Quellen sprechen von ca. 20 Milliarden Euro. Mitglieder der Bundesregierung, insbe­sondere Finanzministerin Maria Fekter sowie Bundeskanzler Werner Faymann und Finanzstaatssekretär Andreas Schieder setzen auf Nicht- und Desinformation. Vor der Wahl wurde das Nulldefizit als greifbar nah verkauft, großzügige Steuerreformen und Entlastungen wurden angekündigt und dem Wähler versprochen. Noch am 6. Septem­ber 2013 - wenig mehr als drei Wochen vor der Nationalratswahl - verkündete Maria Fekter: "Das ist ein schöner Erfolg für uns und bringt uns zusätzliches Geld für das Budget ein. So können wir unseren Konsolidierungspfad in Richtung Nulldefizit konsequent weiter gehen." Nach der Wahl, am Abend des 13. November 2013, räumten die Regierungsparteien plötzlich erheblichen Anpassungsbedarf ein.

Wirtschaftsforscher und renommierte Ökonomen stellen den Regierungsparteien grundsätzlich ein vernichtendes Zeugnis aus. Wifo-Chef Karl Aiginger fordert ernste Maßnahmen in den Bereichen "Strukturreform" und "Förderungswesen". Die Budget­expertin Margit Schratzenstaller merkte an, dass die Bundesregierung ihre Budget­planung auf veralteten Zahlen aufgebaut habe. Bernhard Felderer erkennt keinen Spielraum für steuerliche Entlastungsmaßnahmen. Der Präsident des Rechnungs­hofes, Josef Moser, gab sich ob des Milliardenloches insgesamt wenig erstaunt und verwies darauf, dass etwa Länder und Gemeinden bis heute nicht über ein einheitliches Rechnungswesen verfügen. "Rechnungshof-Präsident Josef Moser geht mit Bund und Ländern hart ins Gericht: Es sei für ihn keine Überraschung, dass Milliarden fehlen. () Wenn es nicht gelingt, die versprochene Sanierung des Staats­haushaltes bis 2017 einzuhalten (bis dahin maximal 0,45% Defizit), drohen Österreich Sanktionen der EU. Daher werde "ein Drüberschwindeln nicht gehen". Massiv kritisiert Josef Moser die Luxuspensionen bei OeNB, ORF und Co. Er glaubt, dass man dort sehr wohl im Nachhinein eingreifen darf. Bei den Sozialversicherungsbediensteten ortet er ein Einsparungspotenzial von 1,4 Milliarden Euro: Denn noch 2009 und 2010 gingen dort 69% der Männer und 72% der Frauen mit über 80 Prozent des Letztgehalts in Pension, einige sogar mit über 100 Prozent!" (Kronen Zeitung 15.11.2013).

Das strukturelle Defizit soll nach Einschätzung der Bundesregierung im Vollzugs­zeitraum 2014 bis 2018 im Optimalszenario bei 18,44 Milliarden Euro liegen. Hinzu kommen milliardenschwere Einmaleffekte. Die Erhöhung der Familienbeihilfe - ein Wahlversprechen der ÖVP - wurde bereits abgesagt, was zu berechtigter Empörung führte:

"Breite Empörung über Einsparung bei Familien - Familienforscher Mazal ist "bestürzt" - Kritik an konkreten Einsparungen der Regierung ohne Diskussion in Verhandlergrup­pen

Seit dem Jahr 2000 wurde die Familienbeihilfe nicht erhöht, real hat sie seither fast 30 Prozent an Wert verloren. Bereits in der vergangenen Legislaturperiode wurde von den Studierendenvertretern aller Parteien, Familienorganisationen, der Arbeiterkam­mer, der Gewerkschaft, der Industriellenvereinigung, der Caritas, Familienforschern und anderen Experten eine Anpassung gefordert. Jetzt soll sie trotz anders lautender Versprechen nicht erhöht werden. Noch im vergangenen Juni hatten SPÖ und ÖVP ein "Familienpaket" präsentiert. Neben dem Ausbau der Kinderbetreuung, die trotz des Budgetlochs auf dem Plan der Bundesregierung steht, sollte eigentlich auch die Familienbeihilfe erhöht werden." (www.derstandard.at, 14.11.2013).


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Im Pensionsbereich klafft ein Loch von über 8,7 Milliarden Euro, das gemanagt werden muss. Damit wurden schon jetzt Familien und Pensionisten - als sozial besonders schutzbedürftige Gruppen - auf dem Abstellgleis geparkt. Dahinter steckt das klare Kalkül der eiskalten Wählertäuschung. Angesichts der knappen Mehrheit der schrump­fenden "Großen Koalition" wäre diese wohl abgewählt worden, wäre der Bevölkerung der anstehende finanzielle und soziale Supergau bekannt gewesen. Die Bundesre­gierung wusste definitiv Bescheid, wie im "Kurier" vom 17.11.2013 zu lesen ist:

"Es war die Finanzvorschau im Frühjahr dieses Jahres, an der sich die Trickserei der Regierung dingfest machen ließ: Schuh und Schratzenstaller machten im Zuge des Kassasturzes publik, dass die Regierung veraltete Zahlen verwendet hatte, um den Weg zum Nulldefizit 2016 als geebnet erscheinen zu lassen. Der KURIER kann mit Zahlen belegen, wie hier vor der Wahl geschummelt wurde: Im Jänner 2013 hat das WIFO die mittelfristige Wachstumsprognose für die Jahre 2014, 2015 und 2016 auf durchschnittlich 1,87 Prozent gesenkt. Anstatt die Finanzvorschau an diese aktuelle Prognose anzupassen, beließ es die Regierung bei der alten: Im Jänner 2012 hatte das WIFO für die betreffenden Jahre noch 2,1 Prozent Wachstum vorhergesagt. Die Selbst-Verteidigung von Finanzministerin und Regierungsspitze, das WIFO habe erst jetzt, im Oktober, nach der Wahl, die Konjunkturprognose drastisch nach unten korrigiert, ist erneut unrichtig. An unserer Mittelfrist-Prognose hat sich von Jänner bis Oktober nicht viel geändert’, sagt Schratzenstaller. Auch Ulrich Schuh bestätigt: "Die Mittelfrist-Prognose, die das WIFO im Oktober vorlegte, liegt bei 1,8 Prozent. Die Regierung hält die aktuellen Prognosen bis dato unter Verschluss."

Vertretern der Koalitionsparteien muss das in der Vergangenheit bereits klar gewesen sein. Der oberösterreichische Landeshauptmann Josef Pühringer erklärte öffentlich: "Ich habe nie eine Lohnsteuer- oder überhaupt Steuerreform in Aussicht gestellt, ich habe das nie für realistisch gehalten." Diese Aussage indiziert, dass den Wählern bewusst die Unwahrheit gesagt wurde.

Dazu passt, dass in der Analyse des Budgetdienstes des Nationalrates zum Bundes­finanzrahmen 2014 bis 2017 zu lesen ist: "Gegenüber der Prognose für den Finanzrahmen 2013 bis 2016 haben sich die Werte für 2013 beim Wirtschafts­wachstum (z.B. von 1,6% auf 1,0%) und bei den Arbeitslosenzahlen (von 274.500 auf 277.600) verschlechtert, beim Wachstum der Lohn- und Gehaltssumme (von 2,4% auf 2,7%) sowie der unselbständig Beschäftigten (von 0,4% auf 0,7%) verbessert. Im Finanzrahmen 2014 bis 2017 haben diese Veränderungen keinen budgetmäßigen Niederschlag gefunden, sondern die Auszahlungsobergrenzen der einzelnen Unterglie­derungen und die Einzahlungsprognosen sowie die Verteilung auf die einzelnen Abgabenarten und sonstigen Einzahlungen sind unverändert geblieben."

Dass das Budgetloch jetzt "kleingerechnet" wurde, ist nichts anderes als der erneute Versuch der Bundesregierung, den vollen Umfang ihrer verantwortungslosen Politik, insbesondere auch in der Euro- und Bankenrettungs-Politik, herunterzuspielen.

Der Journalist Josef Urschitz von der Tageszeitung "Die Presse" schreibt anlässlich dieser Vorgänge: "Kassasturz. Der Budgetpfad der Regierung war eine glatte Lüge, das Versprechen, die Steuerquote nicht weiter hochzutreiben, wohl auch. Der Sanie­rungsbedarf ist viel größer, als man uns sagt."

Es verwundert daher nicht, dass es von den Regierungsverhandlern widersprüchliche Aussagen gibt. Von Ihrer Seite heißt es: "es ist kein neues Sparpaket für das Nulldefizit 2016 notwendig, jedenfalls keines, das die Bürger spüren." Von der ÖVP hört man dazu das exakte Gegenteil. Z.B. sei auf Staatssekretär Reinhold Lopatka verwiesen, der zu Ihren Aussagen meinte: "Wir haben doch längst außer Streit gestellt, dass wir allein im Bund einen Sparbedarf von rund 13 Milliarden Euro haben. () Faymann irre


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sich, wenn er behauptet, dass die Finanzierungslücke mit Maßnahmen geschlossen werde, die sich die Regierung beim Sparpaket im Frühjahr 2012 bereits vorgenommen, aber bisher nicht ausreichend umgesetzt hat. ()".

Besonders bedenklich ist vor diesem Hintergrund, dass keinerlei Maßnahmen zur neuen Rekordarbeitslosigkeit gesetzt werden, sondern offenkundig die Schließung von 100 Polizeiposten in Aussicht genommen ist. Es stünde der von Ihnen geführten Regierung besser an, sich für Arbeitsplätze einzusetzen, als bei der Sicherheit zu sparen.

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundes­kanzler folgende

Dringliche Anfrage

1. Wie ist der Stand der Regierungsverhandlungen?

2. Wie wirkt sich die unklare budgetäre Situation auf die Regierungsverhandlungen aus?

3. Wie werden Sie vorgehen, sollten die Verhandlungen mit der ÖVP scheitern?

4. Wie stellt sich die budgetäre Situation der Republik tatsächlich dar?

5. Wie hoch ist das "Budgetloch" tatsächlich?

6.Ist es richtig, dass es schon im kommenden Jahr zu Steuerausfällen in der Größenordnung von rund zwei Milliarden Euro kommen wird, zumal StS Lopatka diese Zahl am 28. November 2013 im ORF genannt hat?

7. Welche Gründe waren dafür maßgeblich, dass Sie vor der Nationalratswahl die Öffentlichkeit über das "Budgetloch" nicht bzw. falsch informierten?

8. Warum haben die im Finanzrahmen 2014 - 2017 vom Budgetdienst des National­rates festgemachten Veränderungen keinen budgetmäßigen Niederschlag gefunden?

9. Wann wurden Ihnen im Jahr 2013 jeweils aktualisierte Hochrechnungen hinsichtlich der konjunkturellen und budgetären Entwicklung zur Kenntnis gebracht?

10. Ab wann wussten Sie bzw. mussten Sie wissen, dass die Zahlen, die in der Vorwahlzeit zitiert wurden, veraltet sind und nicht mehr dem tatsächlichen Entwick­lungspfad der österreichischen Volkswirtschaft entsprechen?

11. Welche Folgen wird das Budgetdesaster voraussichtlich auf die Bonität Österreichs haben?

12. Welche Folgen wird das Budgetdesaster voraussichtlich auf die Refinanzierungs­kosten Österreichs haben?

13. Welcher Mehraufwand an Zinsen droht aus einer möglichen Bonitätsverschlech­terung bzw. den erhöhten Refinanzierungskosten?

14. Auf welchen Annahmen beruht die Schätzung des strukturellen Budgetlochs in Höhe von 18,44 Mrd. Euro?

15. Existiert eine wissenschaftliche Grundlage für diese Annahme?

16. Entspricht es den Tatsachen, dass die erwähnte Schätzung von 18,44 Mrd. Euro ein Optimalszenario darstellt?

17. Können Sie ausschließen, dass sich dieser Betrag erhöht?

18. Welches strukturelle Defizit droht in einem pessimistischen Szenario?


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19. Entspricht es den Tatsachen, dass das realistischste Szenario - wie von Wirt­schaftsforschern kolportiert - von einem Budgetloch von 31,3 Mrd. Euro für die aktuelle Legislaturperiode ausgeht?

20. Welche Zusatzbelastungen drohen über das avisierte strukturelle Defizit hinaus in der aktuellen Legislaturperiode?

21. Wie hoch schätzen Sie die drohenden Zusatzbelastungen, die nicht im strukturellen Defizit Berücksichtigung fanden?

22. Welche Rolle spielt dabei das "Bankenpaket"?

23. Welche Vorkehrungen gibt es im Budgetplan für drohende Zusatzbelastungen?

24. Ist es richtig, dass ein "Sparpaket" in Planung befindlich ist?

25. Wenn ja, welche konkreten Belastungen haben Sie für die Österreicherinnen und Österreicher in Aussicht genommen?

26. Wann wird mit diesbezüglichen Regierungsvorlagen zu rechnen sein?

27. Entspricht es den Tatsachen, dass die Familienbeihilfe entgegen aller Ver­sprechungen - nicht erhöht werden soll?

28. Entspricht es den Tatsachen, dass die Realisierung von versprochenen Infrastrukturprojekten, wie Koralm-, Semmering- und Brennerbasistunnel verschoben wird?

29. Entspricht es den Tatsachen, dass die im Nationalratswahlkampf versprochene Steuerreform nicht umgesetzt wird?

30. Welche Auswirkungen hat die budgetäre Situation der Republik auf den künftigen Finanzausgleich?

31. Welche Auswirkungen auf die budgetäre Situation der Republik haben die steigenden Arbeitslosenzahlen?

32. Bis wann wird es einen Aufnahmestopp im öffentlichen Dienst geben und welche Bereiche sind davon konkret betroffen?

33. Ist es richtig, dass die Schließung von 100 Polizeiposten in Aussicht genommen ist?

34. Welche konkreten Maßnahmen haben Sie - vor dem Hintergrund der Kritik des Rechnungshofpräsidenten Josef Moser - zur Sanierung des Staatshaushaltes in Aussicht genommen?

35. Wann wird mit einer Regierungsvorlage zu rechnen sein?

36. Welche konkreten Maßnahmen haben Sie gegen die von Rechnungs­hof­präsidenten Josef Moser kritisierten Luxuspensionen bei OeNB, ORF und Co in Aussicht genommen?

37. Wann wird mit einer Regierungsvorlage zu rechnen sein?

38. Wann wird eine Regierungsvorlage für ein bundesweit einheitliches Rechnungs­wesen für Länder und Gemeinden dem Nationalrat vorgelegt werden?

39. Wird dieses einheitliche Rechnungswesen auch ein Vorsichtsprinzip inkludieren?

40. Ist ein gesetzliches Budgetprovisorium in Aussicht genommen?


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In formeller Hinsicht wird verlangt diese Anfrage dringlich zu behandeln und dem Erstanfragesteller Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich erteile nun Herrn Klubobmann Strache als erstem Fragesteller zur Begründung der Anfrage das Wort. Diese soll 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte.

 


13.16.28

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die heutige Sondersitzung, die von der Freiheitlichen Partei und den Grünen gemeinsam beantragt wurde, ist im wahrsten Sinne des Wortes eine Notwehrmaßnahme der Opposition angesichts der gesamten Entwicklungen, die nach dem Wahltag, dem 29. September, offenkundig geworden sind, und das ist – ich sage das jetzt ganz bewusst – keine Beschäftigungstherapie, Herr Bundeskanzler, obwohl angesichts des Stillstandes, den wir erleben, auch diese angebracht wäre, sondern das ist eben ein unumgänglicher Akt der parlamentarischen Notwehr, den wir heute hier setzen (Beifall bei der FPÖ, bei Abgeordneten der Grünen sowie der Abg. Dr. Nachbaur), wenn man erleben muss, dass die Regierung vor der Wahl der Bevölkerung gegenüber offensichtlich wissentlich die Unwahrheit gesagt und versucht hat, mit falschen Budgetzahlen, mit falschen Zahlen und Daten auch eine Wahl zu erschwindeln – anders kann man das nicht bezeichnen –, und dann nach dem Wahltag offenkundig wird, wie die wahre Budgetentwicklung und das wahre Budgetloch ausschauen.

Das ist ja nicht etwas, was über Nacht oder über Tag gekommen ist, das ist etwas, wofür Sie, Herr Bundeskanzler, in den letzten Jahren in Ihrer Regierungsverantwortung natürlich auch die Verantwortung tragen. Und wenn man dann permanent die Österreicherinnen und Österreicher hinters Licht führt, dann ist das ein Akt, den man nur als unehrlich bezeichnen kann und wo ich sage, da verstehe ich, dass den Bürgern der Kragen geplatzt ist; aber nicht nur den Bürgern, auch der Opposition in diesem Hohen Haus. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich frage mich: Wie kann man Ihnen überhaupt noch vertrauen, Herr Bundeskanzler Faymann, wenn man heute solche Entwicklungen erleben muss? Und was soll man von einem Kanzler halten, der eben die eigene Bevölkerung vor der Nationalratswahl offensichtlich wissentlich hinters Licht geführt hat, um eine Wahlentscheidung für sich und zu seinen Gunsten möglich zu machen, wo man heute davon ausgehen kann, hätten die Bürger die Wahrheit gewusst, wäre die Wahl auch anders ausgegangen?!

Und natürlich müssen Sie im Bilde gewesen sein, Herr Bundeskanzler. Ich denke, dass Sie sich heute nicht herstellen und behaupten können, dass Sie von diesen aktuellen Zahlen nichts gewusst haben und wieder einmal genau den Versuch unternehmen, den wir schon bei der vergangenen Sitzung vonseiten der Frau Finanzminister Fekter erlebt haben, nämlich alles auf die Vorausschau zu schieben, auf Ökonomen zu schieben oder auf das Wifo zu schieben. Das alleine kann nicht funktionieren, das ist auch nicht redlich. Sie sind der Bundeskanzler der Republik Österreich, der Chef der Regierung, und ich sage: Sie tragen Verantwortung. Sie haben Entscheidungen zu treffen. Sie tragen Verantwortung für Ihre Mitarbeiter. Sie tragen Verantwortung für Ihre Experten, die Sie auch beiziehen, und vor allen Dingen für die gesamte Regierungs­mannschaft. Und da kann sich heute keiner hersetzen und so tun, als hätte er das in den letzten fünf Jahren nicht gewusst. Genau darum geht es, und da werden wir Sie nicht aus der Verantwortung entlassen. Sie haften in Ihrer Position letztlich auch für


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Ihre Entscheidungen, diese Verantwortung haben Sie. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeordneten Dr. Glawischnig-Piesczek, Dr. Nachbaur und Dr. Strolz.)

Daher bleiben einmal mehr die beiden Alternativen: Haben Sie, Herr Bundeskanzler Werner Faymann, vor der Wahl entweder wissentlich mit falschen Zahlen operiert und falsche Ausgangspositionen dargelegt, um der Bevölkerung da etwas vorzugaukeln, oder sind Sie nicht in der Lage oder nicht fähig oder auch inkompetent gewesen, die Situation richtig einzuschätzen? – Also ich glaube schon, wahrscheinlich Ersteres, aber das ist in Wirklichkeit noch schlimmer. Es ist nämlich wirklich schlimm, wenn man wissentlich die Unwahrheit sagt und Dinge vorgaukelt.

Herr Faymann! Sie haben ja schon vieles versprochen, auch im Wahlkampf völlig unredliche Versprechen gemacht, um nicht zu sagen, auch unmögliche Dinge gefor­dert. Aufgrund Ihres damaligen Wissensstandes muss man es als unredlich bezeichnen, dass Sie im Wahlkampf viele Versprechungen gemacht haben. Ich erinnere an viele Versprechungen, die auch vormals der Fall waren: dass etwa bei wesentlichen Veränderungen des Vertragswerkes der Europäischen Union eine Volks­abstimmung durchgeführt wird – diesbezüglich haben Sie Ihr Versprechen nicht einge­halten – oder die Versprechen dahin gehend, was alles in Zukunft besser werden wird. Angesichts Ihres Wissens das Budgetloch betreffend ist das nicht redlich. Das ist unehrlich gewesen.

Weil Sie ja immer wieder auch mit dem Begriff „Populismus“ hantieren und auch gerne gerade der Opposition Populismus vorwerfen: Ja, was ist denn das gewesen, wenn nicht reinster Populismus, den Sie da im Wissen um das Budgetloch betrieben haben? (Beifall bei der FPÖ.)

Man kann es auch Chuzpe nennen, aber ich wiederhole: Offensichtlich haben Sie in den letzten fünf Jahren eines bewiesen und gezeigt, nämlich dass mit Ihnen kein Staat zu machen ist. Ich sage dazu, Sie blenden offensichtlich wie ein Hütchenspieler, der der eigenen Bevölkerung etwas vorspielt. Und ich sage, das kann man nicht unterstützen. Wir sind grundsätzlich für jede ehrliche Zusammenarbeit und Kooperation offen, aber wenn man es mit Personen zu tun hat, die letztlich das Vertrauen der Bevölkerung – ich sage ganz offen – missbraucht haben, dann wird es mit solchen Personen auch nicht möglich sein, irgendeine Form der Zusammenarbeit zu finden, denn da geht es um ein Mindestmaß an Anstand, den man auch leben muss. Gerade in der Politik erwarten die Menschen, dass man mit Wahrheit und Ehrlichkeit auch unangenehme Dinge offen anspricht, auch wenn es manchmal eben unangenehm für einen selbst ist, solche Dinge offen beim Namen zu nennen, Problementwicklungen offen beim Namen zu nennen und man nicht unbedingt immer Freunde dadurch gewinnt, sich aber wenigstens Respekt erwirbt und Anstand hat.

Herr Faymann, Sie sind zwar heute kein Funktionär der Wiener SPÖ mehr, aber ich sage, diesen Wiener SPÖ-Politparteistall, aus dem Sie kommen, können Sie nicht verleugnen. Besonders absurd war es ja auch, als der Wiener Bürgermeister Häupl in der „Pressestunde“ gesessen ist und dort die Existenz eines Budgetlochs überhaupt gänzlich in Abrede gestellt hat.

Da kann man nur von einer Vogel-Strauß-Politik reden, aber ich verstehe beim Wiener Bürgermeister einiges: Er hat es auch bei der AVZ-Stiftung geschafft, 1,7 Milliarden € an Volksvermögen auf 60 Millionen € herunterzupressen. Dann gibt es noch die Madoff-Kriminalskandalfälle, die bis heute nicht aufgeklärt sind. Da gibt es einige Entwicklungen, die man einmal beleuchten muss, die er wahrscheinlich auch versucht, wegzuwischen und so darzustellen, als hätte er damit nichts zu tun.

Aber ich sage: Zu Recht wird die Bundesregierung gesetzlich dazu verpflichtet, einen mehrjährigen Finanzrahmen zu erstellen – gerade deshalb, um offensichtlich böse


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Überraschungen zu verhindern und auch rechtzeitig reagieren zu können. Ich frage mich: Seit wann ist das Leugnen solcher Budgetentwicklungen der richtige Lösungs­ansatz, Herr Faymann? – Gerade jetzt ist Handeln angesagt und gerade jetzt wäre es notwendig, mit den richtigen und vielleicht noch möglichen moderaten Korrekturen das eine oder andere aufzufangen. Dieser Verpflichtung sollten Sie nachkommen.

Diese Verpflichtung zur Erstellung eines Finanzrahmens ist ja übrigens eine Verpflich­tung, die auch durch die Europäische Union entstanden ist. Das ist ja jene Institution, von der Sie bei jeder Festrede so schwärmen, was da alles Segensreiches und Tolles aus der Europäischen Union kommt. Und da gibt es ja das bedeutende Gremium, den Rat der Staats- und Regierungschefs, in dem auch Sie, Herr Faymann, als einziger Österreicher sitzen. Da frage ich mich: Wissen Sie eigentlich, was dort abgestimmt worden ist und wo Sie zugestimmt haben? – Genau um diesen Finanzrahmen geht es ja im eigentlichen Sinn.

Es kann natürlich leicht sein, dass man bei so viel Kadavergehorsam gegenüber der Europäischen Union da oder dort auch den Überblick verliert, denn wer zu allem Ja und Amen sagt, der hat natürlich oftmals wenig Motivation, sich auch mit den Inhalten zu beschäftigen. Da zerbricht man sich wahrscheinlich schon lieber den Kopf, wie man zu Hause der eigenen Bevölkerung ein X für ein U vormachen kann, wie toll nicht die Europäische Union und die dortigen Entscheidungsprozesse sind und wie toll letztlich auch die dortigen Vorgaben sind, die ja alle nur zum Besten der österreichischen Bevölkerung sein sollen.

Der Schein muss halt stimmen. Es ist offenbar Ihr politisches Credo, dass der Schein stimmen muss. Karl Marx hat einmal gesagt: „Das Sein bestimmt das Bewusstsein.“ – Bei Ihnen kann man das umdeuten, da bestimmt offenbar der Schein Ihr Bewusstsein. Anders kann ich mir Ihr Verhalten in den letzten Jahren und vor allen Dingen auch nach der Wahl nicht erklären. (Beifall bei der FPÖ.)

Apropos Europapolitik. Es kann ja wohl auch nur ein Zufall sein, dass einer Ihrer engsten politischen Freunde der französische Präsident Hollande ist. Da wird immer geschwärmt, wie toll das in Frankreich ist. Wenn man nach Frankreich schaut, kann man feststellen, dass Hollande in der Zwischenzeit der unbeliebteste Amtsträger ist, den Frankreich in seiner Geschichte je gehabt hat – und das seit erdenklichen Zeiten. Und das ist Ihr spezieller Freund, wobei Sie immer wieder auf das Vorbild Frankreich hinweisen. – Also ich weiß nicht, was daran vorbildlich sein soll, dass dieses Land völlig abgesackt ist und zurzeit auch in eine Katastrophe schlittert, was den Arbeits­markt und die wirtschaftspolitische Entwicklung betrifft. Da ist es gut, wenn in Frank­reich unsere Partner wie eine Marine Le Pen ein bisschen gegensteuern und eine Korrektur sicherstellen werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn Sie also Frankreich immer als Vorbild hinstellen, dann sage ich: Gute Nacht, Österreich! Es ist wirklich gemeingefährlich, wenn man diese Entwicklungen, die dort wirklich in allen Bereichen in eine negative Richtung gehen, dann auch noch auf Öster­reich umlegen will.

Herr Bundeskanzler, ich frage auch: Wie wäre es, wenn Sie nach über fünf Jahren als Regierungschef endlich aufhören, zu blenden, und endlich die Arbeit beginnen? Genau darauf kommt es an, nämlich endlich ehrlich zu sein, endlich offen zu sein und transparent zu machen, was wir wirklich für Probleme haben. Wie wir heute alle wissen und auch schon seit längerer Zeit immer wieder vermutet haben, steht die Republik Österreich teilweise vor der Insolvenz. Mit all den Budgetlochentwicklungen, mit allen ausgelagerten Bereichen, der ASFINAG, den ÖBB, den Gemeinden haben wir heute in Wirklichkeit eine Staatsverschuldung von über 90 Prozent des BIP, die Republik


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Österreich steht dank der schlechten Politik der letzten Jahre tatsächlich vor der Insolvenz.

Das ist die bittere Pille, über die man auch offen reden muss. Da erwarten die Menschen Wahrheit und Transparenz, da erwarten die Menschen, dass man die Dinge auf den Tisch legt, auch die Budgetzahlen auf den Tisch legt und endlich auch die entsprechenden Maßnahmen umsetzt.

Da müssen Sie halt einmal über Ihren Schatten springen, den Bürgern wirklich reinen Wein einschenken, das zugeben, da dürfen Sie die Menschen nicht im Unklaren lassen und wieder fünf Jahre ein Turnprogramm hinlegen, wo wir nach fünf Jahren dann noch eine größere Katastrophe vorfinden, aus der wir vielleicht gar nicht mehr herauskom­men, weil sich die Lage dann so dramatisch zugespitzt haben wird, dass man überhaupt keine Möglichkeit mehr haben wird, diese halbwegs abzufedern und zu überwinden.

Es geht jetzt darum, keine Zeit mehr zu verlieren, schon gar nicht darf es weitere fünf Jahre des Nichtstuns oder leerer Phrasen geben. Ich frage Sie: Sind Sie bereit dazu, diese Verantwortung hier zu leben? – Denn wenn nicht, dann ist der ehrlichste Weg der Weg in Neuwahlen. Dann sollten wir gemeinsam mit der EU-Wahl auch eine Nationalratswahl sicherstellen, dann haben wir keine Mehrkosten und die Bürger können eine Entscheidung treffen, die notwendig wäre. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abg. Dr. Nachbaur.)

Natürlich ist einiges zu tun. Ich sage, wir haben wenig Spielraum. Wir haben eine Situation, von der wir wissen, dass wir uns innerhalb der Euro-Währungsunion in einer Finanzkrise befinden, wo wir letztlich weitere massive Schulden zu erwarten haben, auch weitere Haftungsübernahmen stattfinden können, aber auch Haftungen schla­gend werden können.

Wir stecken da in einer Misere, wo wir natürlich grundlegend darüber diskutieren müssen, wie wir gegensteuern und da herauskommen können. Da ist wenig Spielraum gegeben. Es braucht aber trotz des geringen Spielraums Zukunftsinvestitionen. Wir müssen in den Wirtschaftsstandort Österreich investieren. Wir müssen die Wirtschaft nach Möglichkeit entlasten, damit sie investieren kann, damit Arbeitsplätze geschaffen und gesichert werden können, damit sie wettbewerbsfähig bleiben kann – und nicht eine Entwicklung entsteht, dass auch noch die kleineren und mittleren Unternehmen in Österreich mit weiteren Steuererhöhungen zu rechnen haben, wie Sie sie angekündigt haben, wodurch dieser Mittelstand und die Arbeitsplatzbeschaffer in Österreich erst recht unter Druck kommen und wir noch mehr Arbeitslosigkeit erleben.

Wir müssen Arbeitsmarktoffensiven unterstützen. Wir müssen in die Bildung und in die Forschung investieren, denn sonst nehmen wir uns jede Möglichkeit, aus dieser Krise jemals wieder herauszukommen. (Beifall bei der FPÖ.)

Sehen wir uns den aktuellen Arbeitsmarkt an – der Arbeitsmarkt wird ja auch seit Jahren immer wieder schöngeredet –: eine dramatische Entwicklung! Im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg der Zahl der Arbeitslosen um 10,8 Prozent! Ich sage dazu, mit den Schulungsteilnehmern, aber jene Menschen, die zwangsweise in Frühpension ge­schickt werden, sind da nicht eingerechnet. In anderen Ländern ist das insofern der Fall, als es dort keine Frühpension gibt und diese Menschen dort in die Arbeitslosigkeit geschickt werden. Bei uns gibt es das Modell der Frühpension, wodurch diese Men­schen natürlich nicht in der Arbeitslosenstatistik aufscheinen. Auch jene jungen Men­schen, die aus der Schule austreten und noch nie einen Arbeitsplatz gehabt haben, scheinen nicht in der Statistik auf.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 20

Aktuell sind 381 582 Menschen in Österreich arbeitslos. Das ist ein Plus von 37 061 Menschen im Vergleich zum Vorjahr. Dramatisch!

Der AMS-Chef, der zufälligerweise auch Kopf heißt – wie der Zweite Präsident hier; vielleicht werden Sie ihm auch beipflichten, Herr Präsident –, stellt in seiner Prognose fest, dass zu befürchten ist, dass im Jänner 2014 bis zu 450 000 Menschen in Öster­reich arbeitslos sein könnten, da man davon ausgehen muss, dass auch der Bausektor für mehrere Monate faktisch zum Erliegen kommen wird, auch dort zu wenig Investitionen erfolgen werden. Es kann daher durchaus sein, dass diese dramatische Höchstmarke von 450 000 Arbeitslosen Realität wird. Dramatisch!

Ich frage: Wo wird gegengesteuert? Wo sind die Konzepte gegen diese Entwicklung? – Es hilft uns nicht, wenn wir permanent hören: Aber bitte, in Spanien ist es schlimmer, in Griechenland ist es schlimmer!, nein, denn wir haben in diesem Bereich die schlimmste Entwicklung in der Zweiten Republik. Das hilft uns nicht weiter, wir brauchen konkrete Maßnahmen, um hier gegenzusteuern. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abg. Dr. Nachbaur.)

Es hilft uns nicht, dass ab Jänner 2014 eine weitere Ostöffnung des Arbeitsmarktes erfolgen wird, nämlich für Rumänen und Bulgaren, was durch Ihre Zustimmung ermöglicht wurde. Dadurch wird der österreichische Arbeitsmarkt weiter angeheizt, wird weiter ein Verdrängungsprozess auf dem Arbeitsmarkt stattfinden, indem billigere Arbeitskräfte hier tätige Arbeiter, Angestellte, Österreicher, aber auch schon gut integrierte Menschen in Österreich vom Arbeitsmarkt verdrängen werden und in die Arbeitslosigkeit drängen werden. Das ist doch nicht verantwortungsvoll. Ich frage, warum man da nicht gegengesteuert hat, warum man das nicht gestoppt hat, warum man nicht mit der Europäischen Union verhandelt hat, um das noch einmal um ein paar Jahre hinauszuschieben. Wir haben im eigenen Land genügend Probleme und Sorgen, die wir zu bewältigen haben.

Auch hier in Wien – da sind wir beim rot-grünen Wien –, im rot-grünen Wien, gibt es ein negatives Highlight. Schon im Oktober musste Bürgermeister Häupl eingestehen, dass es in Wien bereits 122 374 arbeitslose Menschen gibt – ein Plus von 12,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Und ich sage, das ist noch lange nicht das Ende der Fahnenstange. Es ist leider noch vieles zu befürchten.

Angesichts der Entwicklung in Wien muss man wirklich sagen, dass Wien hier Spitzen­reiter im negativen Sinne ist. Und dieser Rekord an Arbeitslosen ist ein bitteres Ge­schenk, das einerseits auf Bundesebene der Herr Bundeskanzler den Bürgern hinter­lassen hat und das andererseits aber natürlich auch die Landeshauptleute in ihrem Verantwortungsbereich den Bürgern zu Weihnachten unter den Christbaum legen.

Wir brauchen Strukturreformen! Ohne grundlegende Strukturreformen werden wir aus diesem Pallawatsch nicht herauskommen. Das marode Budget muss natürlich saniert werden.

Ich kann hier nur zum x-ten Mal darauf hinweisen, dass der Rechnungshof 599 ganz konkrete Vorschläge gemacht hat, durch deren Umsetzung man mittelfristig ein Einspa­rungspotenzial von bis zu 12 Milliarden € jährlich ohne Qualitätsverlust sicher­stellen und die Bürger entlasten könnte, beziehungsweise könnte man dadurch eine Zinsen- und Schuldentilgung ermöglichen. (Beifall bei der FPÖ.)

Rechnungshofpräsident Dr. Moser hat erst kürzlich wieder heftige Kritik an der Bundesregierung geäußert, da genau das nicht stimmt, was immer wieder von der Regierungsbank aus behauptet wird, nämlich dass man ohnehin schon mehr als die Hälfte dieser 599 Vorschläge umgesetzt hätte. Mitnichten! (Zwischenruf des Abg. Hundstorfer.) Reine Placebo-Entwicklungen und -Darstellungen von Ihrer Seite!


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Anstatt die Vorschläge des Rechnungshofs zur besseren und effektiveren Verwendung der vorhandenen Budgetmittel aufzugreifen, droht uns nun, nachdem schon in den letzten fünf Jahren eine Reformstarre, eine Reformverweigerung geherrscht hat, dass es wieder keine Reformen gibt, sondern man nur, wie ich höre, darüber nachdenkt, wie Hollande in Frankreich wieder einmal die Bürger mit Steuererhöhungen zu belasten. Was bedeutet das? – Das bedeutet, dass man sich an den arbeitenden Menschen, dem Mittelstand und auch an den Pensionisten abputzt. Und genau das kann doch kein Konzept sein! (Beifall bei der FPÖ.)

Wie kommen die fleißigen Menschen dazu, die tagtäglich schuften und arbeiten, dass sie von Ihnen immer wieder hören, dass Sie überlegen, die Bürger mit neuen Steuern zu belasten. Sie sollten endlich einmal bei sich selbst beginnen. Da gäbe es genügend zu tun! Es gibt genügend Privilegien in diesem Land, bei denen man ansetzen könnte, auch genügend Möglichkeiten, in der Regierung einzusparen, genügend Möglichkeiten, in der Verwaltung einzusparen, und genügend Möglichkeiten, richtige Investitionen zu tätigen, um die Wirtschaft anzukurbeln und dadurch auf Dauer vielleicht wieder aus der Rezession herauszukommen und dadurch wieder mehr Steuereinnahmen zu erzielen.

Genau darum geht es. Und dazu braucht es jetzt einmal Transparenz in Budgetange­legenheiten. Es muss Schluss sein mit den Vertuschungsaktionen, wie wir sie erlebt haben. Die Art, wie Frau Finanzminister Fekter letztes Mal die Fragen beantwortet hat, hat ja schon fast einer Verhöhnung entsprochen. Es war ja schon fast eine Verhöh­nung, wie die Frau Finanzminister da drübergegangen ist und die Fragen nicht beantwortet hat. Auch das muss abgestellt werden. In einer sich ernst nehmenden Demokratie und in einem sich ernst nehmenden Parlamentarismus kann man über Fragen, die von der Opposition gestellt werden, nicht so flapsig drüberfahren, sondern muss entsprechende Antworten geben. Und genau das verlangen wir. (Beifall bei FPÖ und NEOS-LIF sowie der Abg. Dr. Nachbaur.)

Solange Sie das verweigern, werden wir vonseiten der Opposition den Druck erhöhen und Sie immer wieder hier ins Parlament zitieren, bis Sie es gelernt haben. Das kann man nicht durchgehen lassen. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Ich sage daher zum Schluss: Es ist ein völliger Neustart notwendig. Die Zeit der Wahrheit und Ehrlichkeit ist gekommen. Und das werden auch Sie, Herr Faymann, nicht verhindern können! (Beifall bei der FPÖ.)

13.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Beantwortung der Anfrage hat sich Herr Bundeskanzler Faymann zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht übersteigen. – Bitte.

 


13.37.07

Bundeskanzler Werner Faymann: Frau Präsidentin! Mitglieder der Bundesregierung! Sehr verehrte Abgeordnete! Sehr verehrte Damen und Herren! Die Reden des Herrn Strache – das erlebe ich jetzt schon einige Jahre hier – folgen immer demselben Muster: in Europa praktisch eine volle Katastrophe, Österreich bereits Richtung Staatskonkurs –und die FPÖ ist durch die Wählerinnen und Wähler schon Erster in diesem Land. (Zwischenruf der Abg. Kitzmüller.)

Was ist die Wahrheit? – Sie sind bei den Nationalratswahlen, die gerade erst stattge­funden haben, bekanntlich nicht Erster geworden – Sie haben wie in all Ihren anderen Reden, die ich gehört habe, vergessen, das zu sagen –, sondern, sofern ich es richtig in Erinnerung habe, Dritter. – Das einmal zur Wahrheit.

Zweitens: Sie haben am 2. Mai 2013 gesagt, Österreich gehe in Richtung Staats­konkurs. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Wer hat verloren bei der Wahl? – Sie! –


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Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Sie werden hoffentlich das Wahlergebnis gese­hen haben und nicht den Reden Straches glauben. Das wäre traurig. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Wer hat verloren? Wer ist der Wahlver­lierer?)

Es hat also geheißen, Österreich gehe in Richtung Staatskonkurs. – Keine Rede von Staatskonkurs, keine Rede von einer katastrophalen Budgetsituation in Österreich. Tatsache ist, wir bezahlen die geringsten Zinsen für unsere Staatsanleihen, da jene Menschen, die Staatsanleihen kaufen, zu unserem Glück Ihre Reden nicht hören oder sie so qualifizieren wie ich: als unrichtig! (Ironische Heiterkeit des Abg. Kickl.) In Wahrheit sind unsere Staatsfinanzen stabil. – Herr Kickl, auch gekünsteltes Lächeln bringt nichts. (Abg. Kickl: Nein, das ist nicht gekünstelt! Bei Ihnen muss ich wirklich lachen!)

Unsere Staatsfinanzen sind stabil. Und jene, die weltweit Staatsanleihen kaufen, orien­tieren sich halt nicht an der FPÖ – zum Glück für Österreich und zu Ihrem Bedauern! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Neubauer: Das war aber ein sehr heikler Applaus!)

Nun zur Beantwortung der einzelnen Fragen.

Zu den Fragen 1 bis 3:

Sie haben in diesen Fragen nachgefragt, wie es hinsichtlich der Regierungsverhand­lungen derzeit steht. Dazu Folgendes: Sie wissen, Verhandlungen sind in allen Punkten erst dann abgeschlossen, wenn zum Schluss eine Einigung erfolgt. Bis dahin sind die Themen natürlich offen.

Aber es gab in den Unterarbeitsgruppen sehr viele Fortschritte. Die meisten Arbeits­gruppen haben ihre Tätigkeit abgeschlossen, sodass wir jetzt eine gute Chance haben – ich bin zuversichtlich –, in den Hauptverhandlungsgruppen die Verhandlungen noch vor Weihnachten positiv abzuschließen. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

Zu Ihren Fragen, was ist, wenn wir sie nicht abschließen, oder wann wir sie abschließen werden und wie wir hier informieren werden: Ich werde als Ersten den Herrn Bundespräsidenten über das Ergebnis informieren.

Zu den Fragen 4 und 5:

Seit 2010 war das Budgetergebnis – so viel auch zum Finanzministerium, zur Finanz­ministerin und zur Bundesregierung – stets besser als im Bundesvoranschlag angenommen.

Ich erinnere mich an unzählige Äußerungen von Ihnen in diesem Zusammenhang. Was sind die harten Fakten? – 2010 wurde von einem Maastricht-Defizit von 4,7 Pro­zent unseres BIP ausgegangen, abgeschlossen haben wir bei 4,5 Prozent. Ist das weniger oder mehr? – Weniger. Also haben wir um 0,2 Prozentpunkte besser abge­schlossen!

2011: ein besserer Abschluss um 0,7 Prozentpunkte. (Abg. Kickl: Mit oder ohne Schulden?)

2012: ein besserer Abschluss um ebenfalls 0,7 Prozentpunkte, nämlich gegenüber jenem Budget, das dieses Haus beschlossen hat.

Diese Abweichungen, die ein besseres Ergebnis darstellen (Abg. Kickl: Mit oder ohne neue Schulden?), sind die Leistung von richtigen Schätzungen im Finanzministerium, der politisch Verantwortlichen und der Regierung, sind das Ergebnis harter Arbeit, sind das Ergebnis von Einsparungen. Sie wissen, dass wir einige Jahre deutlich höhere Defizite hatten und dass wir trotz Wirtschaftskrise und damit auch geringeren Einnah-


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men in einigen Bereichen – ausgelöst durch die Wirtschaftskrise – und Folgekosten, die wir als Staat zu tragen haben, derart verlässliche Budgets gemacht haben, und dafür ist allen Verantwortlichen zu danken.

Zur Frage 6 – es geht um angebliche Steuerausfälle –:

In diesem Zusammenhang ist die Finanztransaktionssteuer anzuführen, die im Jahr 2014 nicht einzustellen ist (Abg. Mag. Kogler: So eine Überraschung!) – wir hätten das politisch gerne gehabt; Sie auch, Herr Kogler, oder? (Abg. Mag. Kogler: Ja, eh!) Wir hätten die Finanztransaktionssteuer also politisch gerne gehabt, aber sie ist nicht einzustellen, da es vonseiten Deutschlands und der anderen Länder, die sie einführen wollen, noch keine fixe Zusage für die Einführung gibt. Allerdings findet sich die Finanztransaktionssteuer auch weiterhin in unseren politischen Forderungen und auch in den Programmen, die in Deutschland für die nächste Regierung erarbeitet wurden. Im Zuge der Vereinbarungen finden sich diesbezüglich deutliche Aussagen in unsere Richtung. Wir haben die Finanztransaktionssteuer aber jetzt natürlich bei unseren Vorbereitungen für einen Budgetvorschlag für das Jahr 2014 herauszuneh­men gehabt. Und als Vorsichtsmaßnahme ist sie auch für das Jahr 2015 heraus­zunehmen, aber nicht, weil wir sie aufgeben, sondern weil wir die Finanztransaktions­steuer nicht allein einführen können, sonst hätten wir das schon allein gemacht.

Zur Frage 7:

Im Strategiebericht des Finanzministeriums zum Bundesfinanzrahmengesetz wurde die Vorgangsweise dargestellt und im Parlament der Öffentlichkeit präsentiert. Es wurde, wie Sie wissen, Anfang Mai im Budgetausschuss und dann im Plenum darüber diskutiert, weiters haben Expertenhearings über den Finanzrahmen stattgefunden.

Der Unterschied zwischen Prognosen und Abweichungen von Prognosen lässt sich in vielen Bereichen ausführlich darstellen. Oft werden absichtlich das Budget und die Stabilität unserer Staatsfinanzen mit Fragen der Prognosen verwechselt. Dabei geht es um mögliche Risken und mögliche Unsicherheiten bereits im nächsten Jahr, aber auch in den folgenden Jahren. Und je längerfristig eine Prognose ist, umso stärker unterliegt sie natürlich großen Schwankungsbreiten, so etwa auch, wenn wir eine Prognose bis zum Jahr 2018 machen.

Wir haben uns auch ohne Europäische Union (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Deimek) – weil Sie das erwähnt haben – bereits vor längerer Zeit hier im Parlament darauf verständigt, diese Vorschau in diesem Hause trotzdem zu machen und zu diskutieren. Wir wissen, dass zwischen einer Vorschau und dem, was tatsächlich eintritt, große Unterschiede sind und dass das für die, die das wollen, ein gefundenes Thema für Polemiken ist, aber wir sind der Meinung, dass es richtig ist, sich unter Beachtung gewisser Prognosen und Risken auf mögliche Aufgaben, die auf uns zukommen, einzustellen.

Sollten Sie von großen Steuererhöhungen für die Bevölkerung gehört haben – ich weiß nicht, wen Sie da gefragt haben –: Ich habe diesbezüglich nichts gesagt. (Abg. Kickl: Wissen Sie nicht mehr, was Sie auf diversen Parteitagen sagen?) Ich habe immer klargemacht, dass wir eine Erhöhung der Mehrwertsteuer – das ist die klassische Erhöhung, mit der die meisten Länder in Europa versucht haben, ihr Budget zu verbessern – nicht in Angriff nehmen werden, weil wir der Meinung sind – das, was vor der Wahl gesagt wurde, gilt ja auch nach der Wahl –, dass gerade die Erhöhung der Mehrwertsteuer große Teile der Bevölkerung treffen würde, am stärksten insbesondere jene, die im Verhältnis am meisten für Lebensmittel, für den täglichen Bedarf ausgeben müssen.


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Von wem Sie das gehört haben, weiß ich nicht, von mir jedenfalls nicht. Dass es in Bereichen als Gegenfinanzierung eine neue Steuer, eine einnahmenbezogene Millionärsabgabe, andere Themen, die ich oft öffentlich erklärt und dargestellt habe, geben könnte, wissen Sie. Das ist eine Meinung der SPÖ, das vertrete ich, weil ich davon überzeugt bin, dass es richtig ist, aber von Massensteuererhöhungen war eigentlich – außer in Ihrer Rede – in unseren Arbeitskreisen nichts zu hören. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Haubner.)

Die Antwort auf die Frage 7 habe ich mit dem Hinweis auf die Expertenhearings bereits gegeben.

Zur Frage 8:

Keine Änderung des Budgets, nachdem etwa der Budgetdienst – das hat letztens in der Diskussion ohnehin eine große Rolle gespielt – hier durchaus auch andere Dinge angemerkt hat, wie zum Beispiel auch Experten aus den verschiedenen Bereichen der Ministerien oder etwa auch Stellungnahmen, die es damals vom Wifo gegeben hat. Auch diese können Sie nachlesen, sie waren durchaus unterschiedlich.

Neue Wirtschaftsprognosen, Änderungen von Kennzahlen und deren Auswirkungen werden selbstverständlich berücksichtigt. Das Budget kann aber nicht jedes Mal völlig umgeschrieben werden, sondern es gibt einfach – und das ist ja der Grund –, wenn wir das Budget für 2014 oder 2014 das Budget für 2015 beschließen, eine Abweichung zur Vorschau, weil einfach auch die Realität abweicht. Und jedes Mal aus einer Abweichung ein Riesenloch und eine Desinformation zu machen, ist daher unseriös.

Zu den Fragen 9 und 10:

Prognosen werden in jedem Quartal neu erstellt. Wir machen einmal pro Jahr ein Budget für das Folgejahr und einmal pro Jahr einen Rahmen für die jeweils nächsten vier Jahre. Die jüngsten Prognosen für 2014 und 2015 wurden vom Wifo am 4. Okto­ber veröffentlicht. Die Mittelfristprognose bis 2018 wurde vom Wifo Mitte Oktober an das Finanzministerium übermittelt. In der zweiten Novemberhälfte kamen darüber hinaus Prognosen der OECD und der Europäischen Kommission für 2014 und 2015. Wenn Sie diese gewissenhaft angeschaut und gelesen haben, dann werden Sie bemerkt haben, dass sie zum Teil erheblich voneinander abweichen. Es ist keinesfalls so, dass die Prognosen selbst für die Jahre 2014/2015 zur Gänze übereinstimmen, daher können Sie für Ihre Reden je nach Bedarf immer die entsprechende heranziehen und eine Abweichung feststellen. Das ist leicht. Man braucht die Prognosen nur vor sich hinzulegen, dann sieht man, dass da durch verschiedene Annahmen und verschiedene Risikoschätzungen eine Schwankungsbreite existiert.

Zu den Fragen 11 bis 13:

Die Zinsen für österreichische Staatsanleihen – das ist die Frage der Auswirkungen auf unsere Bonität – sind auf einem historisch niedrigen Niveau. (Abg. Kickl: So wie die Zinsen überhaupt! Hat das etwas miteinander zu tun, oder?) Stand heute: 2,07 Prozent auf zehnjährige Bundesanleihen. (Abg. Kickl: Wo sind die Sparzinsen auf einem historischen Höchststand?)

Laut Informationen des BMF haben wir 2010 um 2,3 Milliarden € weniger Zinsen gezahlt – weniger Zinsen gezahlt! –, als im Voranschlag budgetiert waren. 2011: um 940 Millionen € weniger. 2012: um 1,3 Milliarden € weniger. Also reden Sie nicht immer das Land schlecht! Schauen Sie, wie wir bewertet werden und wie sich das auch im Budget ganz klar zu Buche schlägt. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Heuer liegen wir – so auch klare Aussagen aus dem Finanzministerium – ebenfalls im Plan. Also: für Österreich gut, für Ihre Argumente schlecht. Auch heuer sind wir im Plan.

Zu den Fragen 14 bis 19:

Auf Basis der Konjunkturprognosen des Wifo und der Steuerschätzungen des BMF ergibt sich für die kommenden fünf Jahre – bis 2018 – auf Basis dieser Schätzungen – mit den Bandbreiten und Risken, wie ich sie jetzt, glaube ich, ausführlich dargelegt habe – eine Abweichung vom bisherigen Pfad von 18,4 Milliarden € strukturell. Diese Vorgangsweise heranzuziehen entspricht der Vorgangsweise auch der vergangenen Jahre.

Zu den Fragen 20 bis 23:

Zu erwarten sind Ausgaben bei Konjunktur- und Arbeitsmarktstabilisierungen sowie die Stabilisierung des Bankensystems.

Zum Bankenpaket selbst: Das Bundesministerium für Finanzen sowie die von der Regierungsspitze dazu einberufene Task-Force arbeiten in Abstimmung mit der Oesterreichischen Nationalbank, der FMA und der FIMBAG daran, die Belastungen für die Steuerzahler so gering wie möglich zu halten. Und an möglichen weiteren Aufwen­dungen für die verstaatlichten Banken wurden laut den Berechnungen des Finanz­minis­teriums, aber auf Basis dieser Daten, bis 2018 insgesamt 5,8 Milliarden € einge­setzt.

Zur Frage des Sparens: Jeder von uns hat vor der Wahl klargestellt, wie das mit Einsparungen in der Verwaltung ist. Es geht dabei um Vorschläge, die auch umsetzbar sind. Es sind ja nicht alle Vorschläge des Rechnungshofes finanziell quantifiziert, das geht ja dann immer in Richtung einer Art Mythos, was das angeblich bedeutet, und da hat jeder seine eigene Art von Hochrechnung. Über diese Art von Schwankungsbreite will ich mich gar nicht unterhalten. Tatsächlich ist es aber so, dass die Vorschläge, die es gibt – von Kontrolleinrichtungen oder von uns selbst, von unseren Experten, von unseren verantwortlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern –, verlangen, dass wir gerade am Beginn einer Legislaturperiode die Ausgaben der Verwaltung sehr genau unter die Lupe nehmen.

Wir haben da eine große Aufgabe vor uns, zumal man in diesem Bereich nicht jedem recht geben kann. Es jedem recht zu tun, ist da unmöglich. Insofern betrifft es ja immer einen Bürger oder eine Bürgerin, weil eine Verwaltungsreform ja auch Menschen betrifft, nämlich jene, die dort im öffentlichen Bereich tätig sind. Auch das Sparen bei Doppelgleisigkeiten, Subventionen und Förderungen betrifft irgendjemanden. Insofern ist es richtig, dass eine Reform, wie sie auch der Rechnungshof anspricht und wie sie auch hier im Haus immer wieder diskutiert wird, natürlich Betroffene kennt. Aber – und das ist uns wichtig! – wir sind überzeugt davon, dass dieses Sparen und dieser Ansatz, Doppelgleisigkeiten, Subventionen und Förderungen sehr transparent unter die Lupe zu nehmen, am Beginn einer Legislaturperiode notwendig sind. Daher ist die Ver­waltungsreform tatsächlich eine Aufgabe, die jetzt am Beginn einer Legislaturperiode, wenn wir dann zu einer Regierungserklärung in diesem Hause kommen, einen ganz zentralen Stellenwert einnehmen wird. Das ist notwendig und richtig. (Beifall bei der SPÖ. Zwischenruf des Abg. Mag. Rossmann.)

Zu den Fragen 27 bis 29 und 33 bis 35, die sehr stark den Stand der Regie­rungsverhandlungen, die Steuerreform, zu der ich schon etwas gesagt habe, aber auch Detailfragen aus einzelnen Bereichen wie die Familienbeihilfe oder einzelne Rech­nungs­hofforderungen bis hin zu konkreten Polizeiposten betreffen, ist Folgendes festzuhalten:


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Das Ergebnis von Regierungsverhandlung ist erst dann vorzustellen, wenn es vorliegt. Bis dahin sind diese Themen noch in Verhandlung, und wir werden das Ergebnis, wenn wir zu einem positiven Abschluss kommen, selbstverständlich nicht nur vorstel­len, sondern genauso ausführlich diskutieren, wie das zu Recht auch vorgesehen ist. (Abg. Kickl: Tatsächlich?)

Da weiß ich zwar jetzt schon: ganz egal, welche Reform wir Ihnen vorstellen, aus Ihrer Sicht wird sie ganz falsch sein, und Sie werden wieder sagen, dass Österreich in Richtung Staatskonkurs steuern wird und Sie Erster werden – aber Sie werden auch bei den nächsten Wahlen nicht Erster (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Sie aber auch nicht!) und Österreich wird nicht in Richtung Staatskonkurs steuern! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. Abg. Dipl.-Ing. Deimek: Wünschen dürfen Sie sich’s, Weihnachten ist am 24.!) Dieses Mal sind wir aber schon Erster geworden, verehrte Frau Abgeordnete! Zu Ihrem Leidwesen schon.

Zur Frage 30:

Das aktuelle Finanzausgleichsgesetz ist bis Ende 2014 gültig. Danach muss eine Nachfolgeregelung getroffen werden.

Zur Frage 31 – der steigenden Arbeitslosigkeit, die zu Mindereinnahmen in Sozialver­sicherungskassen sowie bei der Lohnsteuer und zu Mehrausgaben im Bereich der Arbeitsmarktförderung und Arbeitslosenversicherung führt –:

Dieser Punkt ist auch dementsprechend zu beantworten. Steigende Arbeitslosigkeit wirkt sich belastend aus, und die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit hat daher aus budgetärer Sicht Priorität. Es ist nicht damit getan, dass man jemanden aus dem Bereich der Pensionen in die Arbeitslosenstatistik verlagert oder umgekehrt. Das ist nicht die Aufgabe einer Regierung, sondern die Aufgabe einer Regierung ist es, das faktische Pensionsalter zu erhöhen und Maßnahmen zu setzen, die Arbeitslosigkeit nach den Möglichkeiten im Rahmen einer europäischen Politik verhindern und bessere Ergebnisse bringen als in anderen Ländern – und da hat Österreich wahrlich sehr viel vorzuweisen. (Beifall bei der SPÖ.  Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Ehrlich? Theoretisch wissen Sie’s eh! An der Praxis hapert’s!)

Zur Frage 32 Aufnahmestopp im öffentlichen Dienst: Beschluss des Ministerrates 2012 –:

Es wurde ein Aufnahmestopp für Bundesbedienstete bis Ende 2014 beschlossen, ausgenommen – wie Sie wissen – Lehrer, Exekutivdienst, RichterInnen, Staatsanwälte et cetera.

Zu den Fragen 36 und 37 betreffend die sogenannten Luxuspensionen.

Die Bundesregierung hat am 19. November dieses Jahres beschlossen, dass es zu einer Neuregelung im Zusammenhang mit überdurchschnittlich hohen Bezügen und Ruhebezügen öffentlicher Funktionsträger kommen wird.

In diesem Beschluss ist festgehalten, dass bis 31. Jänner 2014 dem Nationalrat dementsprechende Regierungsvorlagen zugeleitet werden. Es sind in diesem Bereich auch dort Verhandlungen notwendig, wo Zweidrittelmehrheiten zu erreichen sind. Ich rechne diesbezüglich mit Ihrer Unterstützung, weil es sich dabei, so glaube ich, um ein gemeinsames Anliegen handelt.

Zu den Fragen 38 und 39:

Im Februar 2013 wurde eine Vorlage für ein entsprechendes Verfassungsgesetz eingebracht, das ein einheitliches Rechnungswesen für Länder und Gemeinden und die Pflicht zu vorsichtiger Finanzgebarung vorsieht. Derzeit haben wir dafür keine


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Zustimmung bekommen – weder von der FPÖ noch von den Grünen –, aber ich bin davon überzeugt, dass sowohl bezüglich eines einheitlichen Rechnungswesens als auch bezüglich Transparenz, welche Subventionen und Förderungen es in unserem Land gibt, von Einrichtungen des Bundes, der Länder und der Gemeinden, ein gemeinsames Interesse bestehen sollte, eine entsprechende Regelung auch gemein­sam zu beschließen. (Abg. Dr. Pirklhuber: Kontrollrechte des Parlaments stärken! Wo bleibt der Vorschlag, Herr Bundeskanzler?) Ja, aber, Herr Kollege, Sie können doch jetzt nicht sagen, nur weil wir bei Kontrollrechten noch eine Diskussion haben, sind Sie nicht für eine transparente Verwaltung!

Ich bin der Meinung, man muss auch einmal ein Thema für sich selbst diskutieren können (Abg. Mag. Kogler: Es ginge nur um Vertragstreue!), und gerade wenn es um Kontrollrechte geht, also um die Frage, was mit dem Steuergeld geschieht, wäre so eine einheitliche Vorgehensweise notwendig. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeord­neten der ÖVP. Abg. Strache: So viel zum Thema Versprechen, die gebrochen werden! Gebrochene Versprechen, davon haben wir schon genug! Das ist eine Konstante! Jedes Versprechen zu brechen ist eine Konstante!)

Zur Frage 40, der letzten Frage:

Ab Jänner 2014 entfaltet das automatische Budgetprovision seine Wirkung. Im Rahmen der Regierungsverhandlungen soll ein reguläres Budget für 2014 vereinbart werden. Ich bin davon überzeugt, dass das hier im Parlament zu heftigen, aber, wie ich hoffe, auch sachlichen Diskussion führen wird. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abge­ordneten der ÖVP.)

13.57


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gehen nun in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner/keine Rednerin länger als 10 Minuten sprechen darf. Jedem Klub kommt eine Gesamtrede­zeit von 25 Minuten zu.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Kickl. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Kickl : Bitte nicht wieder die Rede vom letzten Mal! Abg. Dipl.-Ing. Deimek: Die war aber gut!)

 


13.57.36

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundeskanzler, ich muss Sie gleich am Anfang enttäuschen. Es war nicht mein Lachen am Beginn Ihrer Ausführungen, das gekünstelt war, sondern das Einzige, was in den letzten 40 Minuten gekünstelt war, waren Ihr vermeintliches Ver­ant­wortungsbewusstsein und Ihre vermeintliche Kompetenz, die Sie da von der Regierungsbank hinter mir aus vorgegeben haben. Das ist gekünstelt vom ersten bis zum letzten Wort! (Beifall bei der FPÖ.)

Wir können daher feststellen – ich glaube, die Opposition wird sich da sicher sein –, dass wir in Österreich nicht nur ein Budgetloch haben, sondern auch ein Kompetenz­loch in Gestalt dieser Bundesregierung hinter mir auf der Regierungsbank. Drei Totengräber der SPÖ sitzen dort eh schon aufgefädelt nebeneinander. (Beifall bei der FPÖ.)

Dabei ist es ja nicht so, dass wir Ihnen nicht gerne helfen, wenn es um die Sanierung des Budgets oder ums Sparen geht. Ich lege Ihnen zum wiederholten Male einen Satz ans Herz, den ich von meiner Großmutter habe – einer einfachen Frau, die auch Ihnen viel hätte beibringen können. Sie hat immer gesagt: Besser hüten als heilen! – Für Sie übersetzt: Besser vorbeugen und etwas beizeiten verhindern als dann im Nachhinein einen teuren Schaden um viel Geld reparieren – denn das ist die Methode, mit der Sie


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prinzipiell an die Dinge herangehen. Es würde sich gerade eine großartige Gelegenheit bieten, dieses Prinzip einmal anzuwenden, nämlich im Zusammenhang mit der bevor­stehenden weiteren Ostöffnung des österreichischen Arbeitsmarktes.

Ich bringe daher unter dem Aspekt dieses Vorbeugens und unter dem Aspekt der generell notwendigen Sparsamkeit und angesichts der dramatischen Situation, auf die wir am österreichischen Arbeitsmarkt zusteuern, mit einer Rekordzahl von Arbeits­losen, die Sie nicht einfach wegdiskutieren können und angesichts derer Sie nicht so tun können, als ob es das alles nicht gäbe, folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Kickl, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, auf europäischer Ebene alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die mit 1.1.2014 bevorstehende Ostöffnung am öster­reichischen Arbeitsmarkt zu stoppen, indem sie als ersten Schritt eine Verlängerung der Übergangsfristen bewirkt und die Möglichkeit schafft, den Zugang zum österreichi­schen Arbeitsmarkt durch nationale Maßnahmen und Zugangsbeschränkungen zu regeln, um so den Erfordernissen des österreichischen Arbeitsmarktes gerecht zu werden und sich den Folgen der Wirtschaftskrise anzupassen.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

Da könnten Sie jetzt, insbesondere die Damen und Herren aus der Gewerk­schafts­fraktion, anstatt herumzusudern, wirklich einmal zeigen, dass es Ihnen um die Arbeit­neh­merinnen und Arbeitnehmer in diesem Land geht.

Ich habe diesen Antrag auch deshalb eingebracht, weil ich ja immer wieder höre, dass die Opposition und die Freiheitlichen keine Vorschläge machen. (Abg. Mag. Schieder: Also ein Vorschlagsloch!) Ich gehe jetzt nicht auf die hunderten Anträge ein, die wir in den diversen Ausschüssen eingebracht haben. Ich bin kein Wiederkäuer. Wenn Sie Rindviecher suchen, dann werden Sie in der freiheitlichen Fraktion nicht fündig werden. Da müssen Sie sich anderweitig umschauen. Ich werde das also nicht wiederkäuen, aber diese Vorschläge gibt es in den Ausschüssen. Die einzige Art, wie Sie damit um­gehen, ist jedoch, die Augen zu verschließen, sich die Ohren zuzuhalten und die Anträge der Freiheitlichen einfach vom Tisch zu wischen. Wenn Sie das als Beitrag für eine gemeinsame Zukunftsbewältigung sehen, dann sind Sie, glaube ich, schiefge­wickelt. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, ich möchte mich heute dieser ganzen Thematik grund­sätzlich annähern. Vielleicht verstehen dann auch Sie von ÖVP und SPÖ ein bisschen besser, warum wir Sie heute schon zum zweiten Mal hierherbemühen.

Ich frage Sie jetzt einmal, Herr Schieder, weil Sie sich immer zu Wort melden – ich kann aber auch den Herrn Bundeskanzler fragen –: Was würden Sie zum Beispiel von einem Arzt halten, der den Angehörigen eines Patienten, der gerade verstorben ist, erklärt, wissen Sie, Sie brauchen sich überhaupt keine Sorgen zu machen, der Patient ist nicht verstorben, er ist nur tot? (Abg. Mag. Schieder: Darf ich mich nicht zu Wort melden? Stört Sie das? Es heißt ja „Debatte“! Darf man sich nicht zu Wort melden?)


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Ich weiß jetzt nicht, was Sie sich von einem solchen Arzt erwarten würden. Sie können mir dann die Antwort geben. (Abg. Mag. Schieder: Nein, ich gebe Ihnen überhaupt keine Antwort!)

Ich weiß auch nicht, was Sie von jemandem halten würden, der als Nudist herkommt und Ihnen erklärt: Wissen Sie, FKK hat nichts damit zu tun, dass man nackert in der Gegend herumrennt, es heißt nur, dass man keine Kleider trägt. (Abg. Mag. Schieder: Das ist aber ein „lustiger“ Vergleich! Ein „sehr lustiger“ Vergleich! Sie waren schon einmal besser, Herr Kickl! Sie waren schon einmal lustiger!)

Was würden Sie von so jemandem halten, Herr Schieder? Da bin ich neugierig auf Ihre Antwort, denn das ist genau die Art und Weise, auf die Sie versuchen den Österreicherinnen und Österreichern zu erklären, dass es dieses Budgetloch nicht gibt. Ich werde Ihnen dann die entsprechenden Beispiele noch nennen. Die Menschen in Österreich würden sich wahrscheinlich mit dem Zeigefinger in Richtung Stirn fahren und dann beginnen, in regelmäßigen Abständen ein bisschen draufzutippen. Ich bin sehr vorsichtig, ich formuliere es jetzt gar nicht aus. Der eine oder andere würde vielleicht sagen, dass man das nicht ernst nehmen kann und eine solche Argumen­tation irgendwie nicht glaubwürdig ist, um es vornehm zu formulieren – und die österreichische Bevölkerung hätte recht, wenn sie so reagiert. Genau das ist der Punkt! (Beifall bei der FPÖ.)

Dann frage ich mich angesichts dieser Beispiele: Ja, was bitte schön ist denn das, wenn jemand in aller medialen Öffentlichkeit, in Interviews, im Fernsehen, überall, vor dem Parlament, vor dieser Republik – und jetzt dürfen Sie sich angesprochen fühlen, Herr Bundeskanzler Faymann – den Menschen erklärt, es existiert überhaupt kein Budgetloch, das Einzige, was wir haben, ist ein unerwarteter Sparbedarf von 18,4 Milliarden €? (Heiterkeit bei der FPÖ.) – Das ist etwas ganz anderes, oder? Kommen Sie sich da nicht gepflanzt vor? Ich würde mir an Ihrer Stelle gepflanzt vorkommen, Herr Finanzstaatssekretär Schieder, noch dazu, wo Sie vom Fach sind! (Zwischenruf des Abg. Mag. Schieder.)

Oder was würden Sie von jemandem halten, der sich dann hinstellt – ja, der Herr Faymann – und sagt, wir müssen zwar Milliarden einsparen und wir müssen den Gürtel bei der Bevölkerung enger schnallen, das müssen wir tun, aber die Bevölkerung wird nichts davon spüren? Was würden Sie von so jemandem halten? (Neuerliche Heiterkeit bei der FPÖ.) Wissen Sie, was das ist? Das ist nicht einmal Budgetpolitik nach dem Muster „Versuch und Irrtum“. Wenn man einen Begriff dafür sucht, müsste man das vielleicht als „Bunga-Bunga“-Budget- und Finanzpolitik bezeichnen – damit man der Ernsthaftigkeit dieses Bemühens auch nur annähernd gerecht wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich habe mir diese Dinge nicht aus den Fingern gesogen, sondern das sind die kom­primierten Zusammenfassungen von Faymann-Aussagen aus den letzten Tagen und Wochen, auf Parteitagen, in diversen Interviews. Das habe nicht ich erfunden, sondern der Herr, der hinter mir gerade im vollen Verantwortungsbewusstsein und mit voller Kompetenz ausgestattet erklärt hat, wie sich die Dinge wirklich verhalten.

Ich ziehe jetzt auch gar keine Schlüsse, was man daraus ableiten könnte. Darüber maße ich mir gar kein Urteil an, das überlasse ich der Bevölkerung, sonst laufe ich ja vielleicht wieder Gefahr, die Grenze zum Ordnungsruf zu überschreiten, wobei ich natürlich schon einmal darauf hinweisen müsste, dass wir in diesem Haus mitunter den seltsamen Brauch haben, dass nicht diejenigen die Ordnungsrufe bekommen, die von dieser Regierungsbank hinter mir – ich ergänze: wo es noch immer keinen Lügen­detektor gibt – die eigene Bevölkerung verhöhnen, sondern dass dann gewöhn­lich jene einen Ordnungsruf kassieren, die diesen Missbrauch und dieses falsche Spiel, das am


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Rücken der Bevölkerung ausgetragen wird, aufzeigen. – Auch darüber sollte man vielleicht einmal nachdenken. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, ich möchte Ihnen zum Schluss noch ein Beispiel geben, um zu zeigen, was das Wort des Herrn Bundeskanzlers wert ist.

Sichere Pensionen hat er versprochen – nicht einmal, nicht zehn Mal, sondern hundert Mal wahrscheinlich; irgendwann haben wir aufgehört zu zählen. Das ist quasi der Dünger, mit dem er die Wahlergebnisse bei den Pensionisten noch einfährt, dieses Versprechen, dass die Pensionen sicher sind. Jetzt schauen wir einmal, was das Wort „sicher“ im Zusammenhang mit dem Versprechen des Herrn Faymann bezüglich Pensionen bedeutet und was es bedeutet, dass man von einem Sparpaket nichts spürt.

Nun, die Normalpensionen wurden allein heuer um 1 Prozent unter der offiziellen Inflation angepasst – was das für ein Hohn ist, „angepasst“, 1 Prozent unter der Infla­tion! Nächstes Jahr werden es 0,8 Prozent unter der Inflation sein – „angepasst“. Was ist das für ein Hohn?!

Wissen Sie, was diese Pensionserhöhung unterm Strich für einen Normal-Pensionisten bedeutet? Nach 4 Jahren hat dieser Normal-Pensionist ein Minus von 1 000 € auf seinem Konto zu verzeichnen. Das sind die Anpassungen und die Sparmaßnahmen der Marke Faymann, von denen man in der Bevölkerung angeblich nichts spürt. Das sind die Pensionen, die sicher sind – und „sicher“ heißt doch wohl nicht nur, dass sie nicht ausgeraubt werden, sondern dass sie auch irgendwo wertgesichert sind.

Von Ihren Versprechungen ist gar nichts zu halten! – Und das ist noch nicht die ganze Geschichte, denn Sie haben im Jahr 2010 noch etwas anderes eingeführt, nämlich den seltsamen Zustand, dass man im ersten Jahr, in dem man in Rente geht, überhaupt keine Inflationsanpassung bekommt. Das heißt, da steht man einmal ein Jahr, bis es zur ersten Anpassung kommt, und diesen Rucksack an Wertverlust schleppt man dann natürlich Jahr für Jahr mit. Der Durchschnittsrentner – das sagen Expertenberech­nungen, meine Damen und Herren – hat allein durch diese Maßnahme 3 000 € verloren. So viel zum Thema sichere Pensionen und so viel zum Thema, dass die eigene Bevölkerung von all diesen Sparmaßnahmen nichts spürt.

Ich komme zum Schluss, meine Damen und Herren. Ja, Herr Bundeskanzler, Sie sind ein echter Experte, Sie sind ein Großmeister, möchte ich sagen, im Verdrängen und im Leugnen von großen Lücken und großen Löchern. Beim Budget haben wir es mit einem Loch von etwa 20 Milliarden € zu tun – bei Ihrem Lebenslauf sind es 7 Jahre. Glauben Sie nicht, dass das die wirkliche Qualifikation ist, die Österreich in Zeiten wie diesen braucht! (Beifall bei der FPÖ. Abg. Dr. Mitterlehner: Wie geht sich denn das dann aus?)

14.06


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sofortiger Stopp der Ostöffnung am Arbeitsmarkt

eingebracht im Zuge der Debatte zur Dringlichen Anfrage des Abgeordneten KO Strache und weiterer Abgeordneter an den Bundeskanzler betreffend die Desinfor-


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mationspolitik über die budgetäre Lage Österreichs, in der 6. Sitzung des National­rates, XXV. GP, am 3. Dezember 2013

Im November stieg die Arbeitslosigkeit im Vorjahresvergleich um 10,8 Prozent: 381.582 Menschen in Österreich haben keinen Job, 37.061 mehr als noch vor einem Jahr. Das geht aus den heute veröffentlichen Daten des Sozialministeriums hervor. Rechnet man die Personen heraus, die die Regierung in Schulungen „versteckt“, ist der Anstieg noch deutlicher: Er beträgt 11,6 Prozent.

Monat für Monat steigt die Arbeitslosigkeit massiv an. Mit mehr als 381.000 Arbeits­losen nähert man sich mit Riesen-Schritten der von AMS-Chef Kopf bereits für Jänner 2014 prognostizierten 450.000 Personen umfassenden Mega-Arbeitslosigkeit in Österreich. 2014 könnte sogar diese 450.000-Personen-Marke überschritten werden, nämlich dann, wenn durch den Wintereinbruch der Bausektor für mehrere Monate faktisch zum Erliegen kommt.

Anfang 2014, wenn der Arbeitsmarkt für Rumänen und Bulgaren aufgemacht wird, wird sich der Verdrängungswettbewerb gerade bei den Arbeitern noch einmal verschärfen. Diese „unverantwortliche Zuwanderungspolitik“ auf den österreichischen Arbeitsmarkt wird Rot-Schwarz auch noch forcieren. Dazu kommt: Gemäß aktuellen November-Daten haben wir in Österreich bereits rund 75.000 arbeitslose Ausländer, mit fast 20 Prozent Zuwachs gegenüber November 2012 ist der Anstieg der Arbeitslosigkeit bei Ausländern besonders hoch. Für Österreich ist es fünf Minuten vor Zwölf in Sachen Arbeitsmarktpolitik. Die Bundesregierung soll ihre Verantwortung endlich ernst nehmen und Initiativen zur Rückgängigmachung der Ostöffnung einleiten.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, auf europäischer Ebene alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die mit 1.1.2014 bevorstehende Ostöffnung am österreichischen Arbeitsmarkt zu stoppen, indem sie als ersten Schritt eine Verlän­gerung der Übergangsfristen bewirkt und die Möglichkeit schafft, den Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt durch nationale Maßnahmen und Zugangsbeschrän­kungen zu regeln, um so den Erfordernissen des österreichischen Arbeitsmarktes gerecht zu werden und sich den Folgen der Wirtschaftskrise anzupassen.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Schieder. – Bitte.

 


14.06.46

Abgeordneter Mag. Andreas Schieder (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Werte Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren! Vielleicht können wir von dem Ausflug in die Welt des „Bunga-Bunga“ und vom Nudistenstrand des Herrn Kickl (Abg. Kickl: Das ist Ihr Strand! Ihr seids die Nackerten!) wieder zur finanzpolitischen Realität zurückkommen, und vielleicht können wir einfach auf die Zahlen schauen, anstatt peinliche Versuche von lustigen Vergleichen zu unternehmen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 32

Der erste Blick ist jener auf die österreichische Budgetpolitik, um sie zu beurteilen: Wie schaut es denn mit dem Verhältnis zwischen Bundesvoranschlag, der auf Basis von Prognosen eingestellt ist, und dem, was dann im Budget Realität geworden ist, aus?

Wenn wir da nur die letzten Jahre hernehmen: 2010 hatten wir im Voranschlag 4,7 Prozent Defizit geplant, geworden sind es 4,5 Prozent, also weniger. (Abg. Kickl: Das haben wir schon gehört!) 2011 hatten wir 3,2 Prozent im Plan. (Abg. Kickl: Mit oder ohne Neuverschuldung?) Herr Kickl, wenn Sie das mit Schulden, Neuver­schuldung und Defizit nicht verstehen, dann tut es mir leid, aber stellen Sie nicht immer diese Frage, die nur entlarvt, dass Sie eigentlich keine Ahnung haben! Ihre Zwi­schenrufe sind ein bisschen ein Trauerspiel! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. Abg. Kickl: Ja, aber dann sagen Sie das dazu, dass, wenn der Benzinpreis zum Beispiel steigt, Sie mehr Steuern kassieren!)

Vielleicht machen Sie auch einmal einen Ausflug in den Budgetausschuss, dort wird das auch immer sehr detailliert besprochen, und dann würden Sie den Unterschied zwischen Defizit, Neuverschuldung und Schuldenquote auch einmal lernen und verstehen. (Abg. Kickl: Ist das eine Einladung? Dann komme ich!)

Zurück zu den Zahlen: 2011: 3,2 Prozent, geworden sind es wesentlich weniger, nämlich nur 2,5 Prozent. 2012 detto: wiederum 0,7 Prozentpunkte. Das ist jetzt eine abstrakte Zahl in der Welt des Geldes, 2 Milliarden Budgetvollzug besser als geplant. Und für 2013 wird es auch zumindest bei den 2,3 Prozent Defizit bleiben, wenn nicht auch wiederum wesentlich darunter. Da sieht man – das sehen Sie, sehr geehrte Damen und Herren, aber auch die Leute zu Hause, die sich vielleicht beim Lesen der verschiedenen Artikel gefragt haben, was denn da mit dem Budget los ist –, dass in Österreich gut budgetiert wurde und dass in den letzten Jahren auch immer wieder geschaut wurde, dass man auf der sicheren Seite ist und sein Budget auch hält.

Wenn man den Vergleich auf andere volkswirtschaftliche Daten ausdehnt, dann sieht man auch: Wir sind beim BIP-Wachstum für 2013 bei 0,4 Prozent, was wesentlich weniger ist, als wir uns gewünscht hätten und als prognostiziert war, aber die Nieder­lande, die eigentlich sehr oft als wirtschaftlich erfolgreicher als Österreich eingestuft werden, haben minus 1 Prozent Wachstum. Nächstes Jahr erwarten wir 1,7 Prozent, die Niederlande hingegen nur magere 0,2 Prozent.

Bei der Arbeitslosenquote sind es 5,1 Prozent – das ist uns viel zu viel, daran möchte ich auch nichts beschönigen –, aber es ist im Vergleich zu den Niederlanden mit 7 Prozent trotzdem noch ein wesentlich besserer Wert, und ich möchte gar nicht Italien heranziehen, das eine Arbeitslosenquote von 12 Prozent hat.

Selbst bei der Schuldenquote – weil diese auch immer wieder zitiert worden ist – liegen wir mit 74 Prozent unter dem Wert der Niederlande. Ich möchte auch da wieder nicht Italien zitieren, das überhaupt fast das Doppelte der österreichischen Schuldenquote hat. Und auch beim Defizit liegen wir einen ganzen Prozentpunkt besser als die sonst immer so als erfolgreich und auch zu Recht als erfolgreich bezeichneten Holländer.

Das heißt, im Vergleich sehen wir, dass wir relativ gut liegen. Auch ein Blick außerhalb unseres Tellerrands über die Grenzen zeigt uns das, wenn man zum Beispiel nur schaut, was Professor Dani Rodrik von der Princeton University in New Jersey über Österreich sagt. Der sagt, übrigens unter dem Titel „The Real Heroes of the Global Economy“, die wahren Helden der Weltwirtschaft sind solche Länder – und da zählt er einige auf, wie Österreich und Kanada und Uruguay –, die es geschafft haben, die Herausforderung im Wirtschaftswachstum nicht durch explodierende Schulden zu beantworten, sondern Wirtschaftswachstum, stabile Arbeitsmärkte auch mit Budget­kon­solidierung zu kombinieren und zustande zu bringen.


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Herr Kickl, wenn Sie schon dem Bundeskanzler nichts glauben wollen – was klar ist, denn Sie stehen bei der FPÖ und der Bundeskanzler ist von der SPÖ, und das Spiel von Opposition und Regierung ist immer das, dass man hier nichts glauben will –, dann glauben Sie vielleicht einmal einem Professor einer amerikanischen Universität, der eben ganz bewusst Österreich hier auch als Held der Welt in wirtschaftlicher Hinsicht einordnet. (Abg. Strache: „Held der Welt“! – Ironische Heiterkeit des Abg. Strache.) – Ja, das Wort „hero“ heißt leider „Held“. Es tut mir leid, wenn Sie diese Übersetzung so nicht zur Kenntnis nehmen wollen. (Abg. Dr. Jarolim: Da meint er nicht den Herrn Kickl! – Abg. Kickl: Wo ist er denn, der Jarolim?)

Wo liegen aber die Risiken? Auch das gehört in einer ehrlichen Debatte angesprochen. Auch wenn man nicht so verunsichern will, wie die FPÖ es macht, sondern einfach nur ehrlich spricht, sagt man: Natürlich, die Weltwirtschaftskrise, die Finanzkrise hat noch immer ihre Auswirkungen und ist noch nicht vorbei. Deswegen haben wir so ein schwaches Wachstum. Schwaches Wirtschaftswachstum heißt auch weniger Einnah­men, die Gefahr, dass die Ausgaben steigen, gerade im Bereich Arbeitsmarktpolitik. Aber die österreichische Innenpolitik hat sich immer noch entschieden, dass der Kampf gegen Arbeitslosigkeit eines der zentralen Momente ist (Abg. Kickl: Was hat denn das mit Ihren Lügen zu tun?) – weil es gerecht ist, weil es den Leuten hilft und weil es am Schluss auch dem Budget hilft.

Sich dieser Risiken bewusst zu sein heißt aber nicht, sich hinzusetzen und zu sagen, man kann nichts daran ändern, sondern heißt, Politik zu machen, die dort ansetzt: Arbeitsmarktpolitik (Abg. Kickl: Was hat das mit Ihrem Betrugsmanöver zu tun?), Budgetpolitik, sparsam wirtschaften, auf Wachstum setzen, alle diese Maßnahmen so zu setzen, dass eben nicht die schlechten Budgetprognosen und die schlechten Wirt­schaftsprognosen eintreffen, sondern wir – wie auch in der Vergangenheit – wesentlich besser liegen.

Wir haben ein Risiko – auch das kann man leider nicht verschweigen, auch das gehört angesprochen –, das sind natürlich die Kosten der Sanierung des Bankensektors. Stichwort Hypo Alpe-Adria. Aber hier muss man auch sagen: Hier droht uns ein großes finanzielles Risiko, weil die Republik aus Verantwortung für den Wirtschaftsstandort den Fehler, den die „Brüder“ vom Herrn Kickl, die FPÖ in Kärnten, gemacht haben – eine Bank zugrunde zu wirtschaften, das Landesbudget zu zerstören (Abg. Kickl: Das schreit nach einem Untersuchungsausschuss! Schieder ist dafür! Schieder für Unter­suchungsausschuss! Ich nehme Sie beim Wort!) –, weil wir diesen Fehler nicht haben wirken lassen, sondern dafür gesorgt haben, dass die Leute vor Ihrer verant­wortungs­losen Politik in Kärnten am Schluss geschützt worden sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist ein Risiko, aber auch hier ein klares Wort: Wir als Sozialdemokraten sind erstens dafür, dass wir diesen scharfen Schnitt machen und im Fall Hypo eine Abwick­lungseinheit, oder was immer es braucht, schaffen, und wir sind auch dafür, dass es eine Gegenfinanzierung in Form der Bankenabgabe gibt, weil es nicht sein kann, dass der Steuerzahler und das Budget langfristig mit dieser Frage belastet werden, sondern notwendig ist, dass das auch im Sektor dazuverdient werden kann.

In diesem Sinne sehen Sie vom internationalen Vergleich, vom Vergleich zwischen Realität und Prognose, dass wir die Herausforderungen nicht nur im Griff haben, sondern auch im Auge haben und auch schon daran arbeiten, die Antworten auf die zukünftigen Herausforderungen heute zu entwickeln. Sie können sich sicher sein, dass beim Budget nichts danebengeht, solang Sozialdemokraten in der Regierung sein werden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kickl: Jessas na! War das jetzt ein Rückblick? – Abg. Neubauer: Das war eine schwache Rede!)

14.14



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 34

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Haubner. – Bitte.

 


14.14.17

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Herren auf der Regierungsbank! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ja, lieber Kollege Kickl, ich hoffe, dass Ihre Großmutter auch gesagt hat: Bleib bei der Wahrheit! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Kickl: Ja! Ja! Ja! !)

Schauen wir einmal zurück, wie die Freiheitliche Partei damals, vor dem Jahr 2011, die Arbeitsmarktöffnung dramatisiert hat: Es wird eine Million Arbeitskräfte nach Österreich kommen, hat man damals von Ihrer Seite gehört. Was ist Tatsache? – Tatsache ist, dass 27 000 Arbeitskräfte nach Österreich gekommen sind, Arbeitskräfte, die die Wirtschaft braucht, die wir notwendig haben und die zum Erfolg der österreichischen Wirtschaft auch einen Beitrag leisten, meine Damen und Herren. Genau so ist es.

Meine Damen und Herren! Ich komme aus der Wirtschaft, aus der Welt der kaufmänni­schen Sorgfalt. Wenn wir als Vertreter der Tausenden klein- und mittelständischen Betriebe in unserem Land täglich Verantwortung für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter übernehmen, dann sage ich Ihnen: Ein sorgfältiges Budget gehört zum täglichen Brot jedes Unternehmers, und jeder verantwortungsvolle Unternehmer trifft auch Vorsorge für die Zukunft. Und ebenso verantwortlich hat die Regierung mit diesem Budget gehandelt, meine Damen und Herren. Wir haben beim Budget Vor­sorge getroffen, und das war richtig und wichtig.

Aber wir haben auch gesehen, die Prognosen haben sich leider verschlechtert, und das muss auch im Budget berücksichtigt werden. Also hat unsere Finanzministerin Maria Fekter verantwortungsbewusst auf die geänderte Lage reagiert. Sie hat es sogar geschafft, Rücklagen zu schaffen. – Danke vielmals, Frau Finanzminister! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kickl: Rücklagen?! Wirklich? Rücklagen?)

Schauen wir uns doch die Budgets an, meine Damen und Herren! Es ist schon gesagt worden: Im Jahr 2011 haben wir um 4,2 Milliarden besser abgeschnitten als budgetiert. Im Jahr 2012 haben wir um 2 Milliarden besser abgeschnitten als budgetiert. Und auch das Budget 2013 wird eingehalten, und es wird sogar ein bisschen besser sein als geplant. Das muss man auch zur Kenntnis nehmen. Da muss man auch einmal sagen, der Budgetvollzug läuft eben besser. Ich glaube, das muss man anerkennen, und da kann man nicht immer nur kritisieren und herumnörgeln. Sie können sich ja beim Sektionschef Steger erkundigen. Der wird Ihnen das auch bestätigen. Der wird Ihnen auch bestätigen, dass das Budget hält. (Abg. Mag. Stefan: Warum gibt’s dann Differenzen bei den Koalitionsverhandlungen? – Ruf bei der FPÖ: Warum verhandelt ihr dann so lang, wenn eh alles in Ordnung ist?)

Also die Zahlen beweisen es schwarz auf weiß, dass wir sorgfältig mit dem Geld der Steuerzahler umgehen, dass wir richtig auf die geänderten Prognosen reagieren und dass wir verantwortungsvoll vorbauen. Wir bauen das Budget eben auf der sicheren Seite, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Heute war auch schon wieder viel von den Experten die Rede. Aber auf wen sollen wir uns sonst verlassen können als auf die Experten? Aber wir brauchen ja auch einen Forecast auf die nächsten fünf Jahre, damit wir das Budget auch ausrechnen können und wissen, was uns erwartet. Es ist natürlich schwierig, wenn die Experten auch hier immer wieder um einen gewissen Prozentsatz daneben liegen und man immer erst im Nachhinein dann weiß, wie es in Wirklichkeit gelaufen wäre. Damit ist es natürlich schwierig. Sie kennen ja die IHS-Prognosen, die haben im Juli dieses Jahres noch ein Budgetdefizit von 1,5 Prozent des BIP prognostiziert und sagen auch voraus, dass es bis 2016 auf 0,3 Prozent sinken würde. Ähnlich ist es mit den WIFO-Prognosen. Und


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 35

natürlich hat es auch von beiden Instituten nach der Wahl keine Hinweise auf schwere Budgetschieflagen gegeben.

Nun, meine sehr verehrten Damen und Herren auf den grünen und blauen Bänken, wir wissen alle, dass sich Europa, die ganze Welt und natürlich auch Österreich in einer äußerst schwierigen wirtschaftlichen Situation befinden. Es wäre sicher angebracht, die Herausforderungen gemeinsam anzugehen und sich nicht hier im Parlament zu inszenieren und die Menschen zu verunsichern. Sie werfen teilweise mit Halbwahr­heiten um sich, und von Ihnen kommt kein konstruktiver Beitrag zu einer Lösung! (Abg. Neubauer: Sie brauchen ja nur dem Antrag zuzustimmen!)

Wie ernst Sie es wirklich meinen, sieht man ja: Es gab heute hier bis jetzt keinen einzigen Vorschlag – keinen einzigen Vorschlag! –, nur Analyse und vom Kollegen Kickl ausgabenseitige Phantasieprojekte, muss ich ganz ehrlich sagen, aber keinen Bedeckungsvorschlag. Das ist leicht. Da machen Sie es sich zu leicht, Herr Kollege. (Abg. Kickl: So wie Sie das machen, kann das jeder!) – Was Sie von den Finanzen verstehen, das sieht man ja am Kärntner Hypo-Desaster. Ich glaube, Sie sollten nicht unbedingt, wenn Sie selbst im Hypo-Glashaus sitzen, hier mit Budgetbausteinen werfen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kickl: Der Nächste, der für einen U-Ausschuss ist!)

Ich denke, was die Hypo betrifft, das ist eine schwierige Situation. Da sollten Sie aufpassen, dass Sie sich nicht zum Budgetoberlehrer aufspielen, obwohl Sie hier keine Kompetenz aufweisen. (Abg. Kickl: Unglaublich! – versteckt, aber das wird Ihnen nichts nützen! Sie kommen schon noch dran mit Ihrer ÖVP!)

Wir werden es dann bei den Grünen auch noch erleben. Die Grünen haben auch noch keinen einzigen Vorschlag gebracht. Das Einzige, was wir kennen, sind momentan die Umbaukosten für die Mariahilfer Straße, meine Damen und Herren (ironische Heiterkeit der Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek) – und ich glaube, das ist ein bisschen wenig. (Abg. Mag. Kogler: Sie sind ja völlig befreit von jedem Sachverstand!) Beim Nörgeln sind Sie unbestritten die Nummer eins, aber bei der Oppositionskreativität müssen Sie aufpassen, denn da wird Ihnen die Partei NEOS relativ rasch die Position streitig machen.

Ja, meine Damen und Herren, wir brauchen natürlich Maßnahmen. (Abg. Kickl: Wozu denn, wenn alles passt?) Wie können wir das meistern? – Erstens, es geht durch Spar­samkeit, und zwar quer durch alle Ressorts. Zweitens müssen wir unseren Wachs­tumspfad stärken – da sind wir uns einig –, wir brauchen Anreize und Impulse. Und wir brauchen Strukturreformen. Das erfordert natürlich auch kreative Ideen, und da bedarf es eben der Unterstützung vieler, und dazu werden wir auch eine Mehrheit, eine große Mehrheit im Parlament brauchen. Da werden wir natürlich noch auf Sie zukommen und werden dann das, was Sie heute gesagt haben, auch entsprechend einfordern.

Wenn wir zum Thema Wachstum sprechen, dann verweise ich – und darauf verweisen Sie ja auch in Ihrer Anfrage – auf die Daten zum Wirtschaftswachstum. Für Wirt­schafts­wachstum ist auch eine Infrastruktur notwendig, wie der Flughafen in Salzburg; der ist diesbezüglich unverzichtbar. Es freut mich daher, dass wir dazu einen gemein­samen Schulterschluss aller sechs Parteien zusammenbringen konnten – es geht also doch, wenn man will! –, und ich bringe folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Anton Heinzl, Peter Haubner, Rupert Doppler, Mag. Birgit Schatz, Christoph Hagen, Michael Pock, Asdin El Habbassi, Cornelia Ecker, Franz Eßl, Walter Bacher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhalt des Salzburg Airport, eingebracht


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 36

in der 6. Sitzung des Nationalrates am 3. Dezember 2013 im Zuge der Debatte zur Dringlichen Anfrage

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, sich auf bilateraler und europäischer Ebene entschieden für den Erhalt bestehender An- und Abflugverfahren zum Salzburg Airport und somit für den Erhalt des Flughafens einzusetzen. Bereits gestartete Initiativen dahin gehend sollten fortgesetzt werden, um eine Gefährdung des Salzburger Flug­hafens samt den Folgewirkungen auf alle anderen Flughäfen zu verhindern.“

*****

Ich denke, diese gemeinsame Initiative stärkt den Bundeskanzler und die Bundes­regierung und den Außenminister bei ihren Aktivitäten und natürlich auch die Salzburger Politiker bei den Gesprächen mit der deutschen Bundesregierung. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.21


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Anton Heinzl, Peter Haubner, Rupert Doppler, Mag. Birgit Schatz, Christoph Hagen, Michael Pock, Asdin El Habbassi, Cornelia Ecker, Franz Eßl, Walter Bacher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhalt des Salzburg Airport

eingebracht in der 6. Sitzung des Nationalrates am 3. Dezember 2013 im Zuge der Debatte zur Dringlichen Anfrage.

Der Salzburg Airport ist als ein Kernstück der Österreichischen Infrastruktur  unver­zichtbar für die österreichische Wirtschaft, unsere Arbeitsplätze und insbesondere den Tourismus. Mehr als eine Million Gäste reisen jedes Jahr über den Salzburger Flughafen in die Tourismus-Gemeinden Westösterreichs an, mehr als eine Milliarde Euro an Wirtschaftseffekten wären in Gefahr. Rund 1.500 Arbeitsplätze in der Region hängen direkt oder indirekt von diesem Salzburger Leitbetrieb ab.

Der Salzburg Airport ist nach dem Flughafen Wien der zweitgrößte österreichische Flughafen und vor allem auch durch seine Lage der wichtigste Bundesländerflughafen. Diese Reduktion von Flugbewegungen würde sowohl der Österreichischen Wirtschaft, und vor allem dem Wirtschafts- und Tourismus-Land Salzburg massiv schaden.

Daher ist die angedrohte Verordnung des deutschen Verkehrsministers Peter Ramsauer, den Flugbetrieb am Salzburg Airport einzuschränken, eine Angelegenheit von gesamtösterreichischem Interesse. Durch diese würde die direkte Flugfrequenz, aber auch die Möglichkeit von Verbindungsflügen sowie die Anfliegbarkeit des Flughafens Salzburg massiv eingeschränkt. Das international übliche und optimalste „ILS-Anflugverfahren“ darf mit der Verordnung nur mehr unter ganz bestimmten Bedingungen/Ausnahmeverfahren genutzt werden. Die Nutzungsmöglichkeiten beste­hender An- und Abflugverfahren des Flughafens Salzburg werden dadurch massiv reduziert, was eine massive Einschränkung der Kapazität am Flughafen Salzburg mit sich zieht. Der Flughafen ist somit gefährdet.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 37

Zunehmend erwarten auch andere grenznahe Flughäfen, dass die versuchte Ab­schnürung des Flugbetriebs über deutsches Gebiet Beispielfolgen in anderen

EU-Ländern hat. Dabei konnten bei den Lärmemissionen in den letzten Jahren an einigen Messstationen Rückgänge von bis zu 30 % verzeichnet werden, da die Lautstärke von modernen Flugzeugtriebwerken in den letzten Jahren schrittweise gesunken ist.

Betroffen sind nicht nur Flugbewegungen, sondern es geht um einen Lebensnerv Salzburgs, dessen Gefährdung einen grenzüberschreitenden Wirtschaftsraum in Mit­leidenschaft zieht, mit Auswirkungen für ganz Westösterreich.

Durch einen solchen deutschen Alleingang wird nicht nur die Sicherheit der Fluggäste außer Acht gelassen, sondern der Europäischen Region Salzburg-Berchtesgadener Land-Traunstein die Fluganbindung in die Welt gekappt. Immerhin stammen mehr als 30 % der Passagiere, die vom Flughafen Salzburg abfliegen, aus Bayern bzw. Deutschland. Weiters kann für Flüge nach München Salzburg nicht mehr als Ausweich­flughafen verwendet werden.

Es ist eine gemeinsame Aufgabe, dass Österreich alle Möglichkeiten nutzt, den Erhalt des „Salzburg Airport“ zu sichern. Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, sich auf bilateraler und europäischer Ebene entschieden für den Erhalt bestehender An- und Abflugverfahren zum Salzburg Airport und somit für den Erhalt des Flughafens einzusetzen. Bereits gestartete Initiativen dahingehend sollten fortgesetzt werden, um eine Gefährdung des Salzburger Flug­hafens samt den Folgewirkungen auf alle anderen Flughäfen zu verhindern.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Klubobfrau Dr. Glawischnig-Piesczek. – Bitte.

 


14.22.13

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Gesundheitsminister und Herr Bundes­kanzler! Jetzt haben wir Sie extra heute ins Haus gebeten, damit wir etwas mehr Transparenz als das letzte Mal bei der Frau Finanzministerin Fekter erhalten hätten können, aber das ist leider nicht passiert.

Herr Kollege Haubner, bitte verschonen Sie uns damit, uns immer wieder dieses Prognoseproblem an den Kopf zu schmeißen! Darum geht es überhaupt nicht. Ich meine, natürlich, über Prognosen kann man streiten. Davon gibt es unterschiedliche, und eine tritt dann ein und wird Realität. Aber es geht in dieser Diskussion um etwas ganz anderes. Es geht nämlich darum, dass ein Betrag in einer Größenordnung – und das ist das Bankenloch – von 9 bis 15 Milliarden € über Jahre hinweg systematisch bis nach der Wahl einfach hinausgeschoben worden ist. Und das ist der Vorwurf! Der Kern des Vorwurfs des Lochs und der Lüge ist das Bankenpaket – und nicht die Wirt­schaftsprognosen. Da würde ich mir einmal Transparenz wünschen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten von NEOS-LIF.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 38

Das sind Größenordnungen von 3 bis 5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes höhere Staatsverschuldensquote.

Jetzt wird von Ihrer Seite und auch vonseiten des Klubobmanns der SPÖ aus­schließlich mit dem Vergleich von Voranschlag und Erfolg der letzten Jahre argu­mentiert. Aber der Kern ist – und das hat die Bevölkerung zutiefst durchschaut –: Es ist darum gegangen, die Wahlen in einem sehr rosigen Umfeld führen zu können und genau diese Dimension – und das war keine Prognose, sondern das war schlicht und ergreifend die Realität dieses Bankenpakets – einfach wegzudrücken. Da hätten wir gerne einmal die Redlichkeit erlebt, dass von Ihrer Seite die Ernsthaftigkeit und die Ehrlichkeit kommen, um zu sagen: Ja, das war so. Wir haben da nicht transparent den Einblick in das Budget gewährleistet. – Aber das haben Sie heute leider verabsäumt, und das halte ich für sehr bedauerlich. Durch dieses Vertuschen, durch dieses Wegschieben wird nämlich weiter Schaden produziert. Bis zum heutigen Tag ist nicht bekannt, wie tatsächlich die Abwicklung der Hypo Alpe-Adria erfolgt – und jede Stunde, jede Minute, jeden Tag, jede Woche rennt diesbezüglich die Uhr.

Die Deutschen haben das ganz anders gemacht, Frau Finanzministerin! Die haben vom ersten Tag an das Risiko eingepreist, vom ersten Tag an die Abwicklung organisiert und haben so der Bundesrepublik Deutschland Schäden erspart. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von NEOS-LIF.)

Sie haben allein dieses Jahr Schäden in der Dimension von 1 Milliarde € zusätzlich zu verantworten. Und das ist das Problem. Es geht hier um Redlichkeit, es geht um grundsätzliche Verlässlichkeit, es geht um grundsätzliches Vertrauen. Ich zitiere aus der heutigen Ausgabe der „Kleinen Zeitung“: „Die Budgetwahrheit ist schlicht, dass gelogen wurde, wird und werden wird.“

Das ist die Befindlichkeit in der Bevölkerung. Das bringt es sehr genau auf den Punkt.

Herr Bundeskanzler, was wir heute von Ihnen wissen wollten: Kann es sein, dass die im Parlament eingebrachte Vorlage des Bundesfinanzrahmengesetzes, die zuvor im Ministerrat vorgelegt worden ist und auch im Ministerrat beschlossen wurde, nämlich am 16. April 2013, systematisch geschönt war? In diesem Entwurf war die Hypo Alpe-Adria mit 113 Millionen € eingestellt. Bereits am 3. Oktober 2011 hat der Vize-Auf­sichts­ratschef der FIMBAG – das ist die Beteiligungsgesellschaft des Bundes an den verstaatlichten Banken – verkündet, dass die Hypo Alpe-Adria Group weitere 4 Milliar­de € kosten würde. Im März 2012 kommt es dann zu den Berichten der Oester­reichischen Nationalbank, wo von 5 bis 10 Milliarden € die Rede ist. Dann gibt es, einen Monat später, ein Hypo-internes Papier, das an die Öffentlichkeit kommt. Dann wird von der Regierung selbst noch eine Task Force eingesetzt, um mit der Kom-mission zu verhandeln, wo man dann auf die Größenordnung kommt, die jetzt ja auch tatsächlich zugegeben wird.

Dann im April dieses Jahres dem Nationalrat einen Budgetentwurf vorzulegen, einen Bundeshaushaltsrahmen, der 113 Millionen € vorsieht – das kann man nicht anders denn als Lüge bezeichnen. Da hätten wir gerne einmal ganz klar gewusst: Was wussten Sie wann zu welchem Zeitpunkt? Da geht es um Transparenz und Redlichkeit und grundsätzliches Vertrauen der Bevölkerung – nicht nur um uns als National­ratsabgeordnete, sondern um die Öffentlichkeit, die ein Recht hat, zu wissen, was ihr verschwiegen wurde und was auf sie zukommt. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von NEOS-LIF.)

Wir haben deshalb auch keine andere Wahl gehabt, als auch eine Ministeranklage vorzubereiten – und wir haben das erst einmal in unserer Geschichte gemacht, nämlich gegen den damaligen Landeshauptmann Jörg Haider betreffend die Ortstafeln – gegen die Finanzministerin Fekter. Diese gründet sich auf zwei ganz konkrete Punkte. Der


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 39

eine ist Artikel 51 Abs. 8 Bundes-Verfassungsgesetz, nämlich der Grundsatz der möglichst getreuen Darstellung der finanziellen Lage des Bundes, und der andere die einfachgesetzliche Verpflichtung dazu. Und beide Brüche lassen uns gar keine andere Wahl, als diese Klage einzubringen, weil nämlich wesentliche Abweichungen von voran­gegangenen Bundesfinanzrahmen jedenfalls anzupassen sind. Das sind sehr, sehr klare Aufträge. Getreue Budgetdarstellung, getreue Darstellung der finanziellen Lage des Bundes und auch die Anpassungserfordernisse, das sind sehr, sehr klare gesetzliche Ansprüche an die Finanzministerin, aber nicht nur an sie alleine, sondern an die gesamte Bundesregierung.

Wir haben diese Ministeranklage heute eingebracht. Es wäre im Sinne eines Reini­gungs­prozesses, auch in dem Sinne, Vertrauen in der Bevölkerung wiederherzustellen, auch einmal einzugestehen, dass hier Fehler passiert sind, dass hier tatsächlich etwas Falsches geschehen ist, was sich auch nicht mehr wiederholen darf, dass dieser Antrag sehr, sehr seriös auch im Budgetausschuss diskutiert wird. Sie wissen, der schlimmste Verlust ist der Amtsverlust und der Verlust der politischen Rechte, es kann aber auch nur zumindest die Feststellung erfolgen, dass hier tatsächlich Gesetzes­bruch und Verfassungsbruch begangen worden sind. Hier wünschen wir uns eine sehr seriöse Diskussion, auch im Sinne einer Wiederherstellung des Vertrauens in der österreichischen Bevölkerung.

Folgendes möchte ich Ihnen noch mitgeben für die Regierungsverhandlungen, denn man fragt sich ja bange, und hier zitiere ich wieder Werner Schneyder aus der heutigen „Kleinen Zeitung“:

„Alle stellen sich die bange Frage: Wird die neue Regierung unter dem Christbaum liegen? Und wenn ja, wird sie in der Lage sein, auch aufzustehen?“ (Heiterkeit bei Abgeordneten von Grünen und FPÖ.)

Das ist ein guter Punkt! Ich möchte Ihnen für dieses Aufstehen auch Latten legen. Die letzten Sparpakete, Sie wissen, die Kürzungspakete, die haben breite Bevölkerungs­gruppen geschultert, vor allem junge Menschen in Ausbildung, Menschen mit studie­ren­den Kindern, Mehrkindfamilien. Hier zu sagen, das wird die Bevölkerung nicht spüren, das erinnert mich – und ich möchte nicht polemisch werden – ein bisschen an den Zahnarzt. Der sagt auch immer: Frau Glawischnig, Sie werden es nicht spüren, es wird nicht wehtun! – Und es stimmt nicht. (Abg. Mag. Schieder: Ich hab’ noch nie was gespürt beim Zahnarzt!) Ich habe einen großartigen Zahnarzt, aber ich spüre immer etwas, und es tut auch immer ein bisschen weh. – Wurscht.

Dass man von diesen Maßnahmen nichts spürt, das kann es nicht geben. Aber wenn das stimmt, dass man es nicht spürt, dann haben wir gerade zugegebene 18 Milliarden Ineffizienz, kumuliert in den nächsten Jahren, in der österreichischen Bundes­ver­waltung. Und das kann es ja auch nicht sein, oder? (Beifall bei den Grünen.)

Und ein Letztes: Ich habe heute herausgehört – wir haben ja immer noch keine schrift­liche Unterlage; vielleicht wäre es einmal möglich, so etwas wie einen Kassasturz auch zu verschriftlichen; es geht, wie gesagt, nicht nur um uns, sondern es geht um die Öffentlichkeit, und es wäre angebracht, das einmal transparent zu machen –, die Finanztransaktionssteuer wurde für 2014 nicht mehr eingestellt; für die nächsten Jahre offensichtlich ja. Aber dann wünsche ich mir etwas mehr Gegenwehr gegen das Torpedieren eines so wichtigen Instruments auf europäischer Ebene, als einfach zu sagen: Es ist ein wichtiges Projekt, wir sind eh dafür! Es muss vonseiten der österreichischen Bundesregierung und von Ihnen als Bundeskanzler wirklich scharfe Initiativen in Europa geben, um dieses Projekt noch zu retten. Das Mindeste wäre, zumindest das zu verfolgen, was die Deutschen in ihr Koalitionsabkommen geschrie-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 40

ben haben, das Mindeste! Ernsthaftes Kämpfen und nicht einfach keine Gegenwehr würde ich mir wünschen und erwarten.

Vielleicht haben wir zu Weihnachten ja eine Regierung, vielleicht auch nicht, aber bitte arbeiten Sie daran, dass es keine ist, die nur liegt, sondern die in den wesentlichen Zukunftsfragen – und da geht es nicht um die Befindlichkeiten von Rot und Schwarz und nicht um die Seelen von roten und schwarzen Parteien, sondern um die Probleme der Menschen in diesem Land – auch Lösungen erarbeitet. (Beifall bei den Grünen.)

14.30


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Stronach. – Bitte.

 


14.30.42

Abgeordneter Frank Stronach (STRONACH): Werte Frau Präsidentin! Werte Abge­ordnete! Ich bin heute hier (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP), möchte aber nicht als Politiker sprechen, sondern ich möchte gute Ideen vorbringen, denn ich mache mir große Sorgen um die Wirtschaft in Österreich. Ich sage immer: Wenn die Wirtschaft nicht funktioniert, funktioniert gar nichts! (Beifall beim Team Stronach.)

Heute ist der Tag, an dem wir hier über die große Kluft im Budget für 2013 sprechen. Die Ausgaben betrugen zirka 74 Milliarden und die Einnahmen 67 Milliarden €. Das heißt, da gibt es eine Kluft, ein Defizit von 7 Milliarden €. – Das ist die eine Seite, sehr sachlich.

Weiters müssen wir auch verstehen, dass unsere Schulden schon 234 Milliarden aus­machen, und wir zahlen auch Zinsen. Und wenn man die Zinsen miteinberechnet, die die Gemeinden und Länder bezahlen müssen, sind das auch schon 10 Milliarden. Wir müssen auch die Verpflichtungen der Hypobank, der Oesterreichischen Kontroll­bank, der Österreichischen Volksbanken miteinberechnen. (Abg. Mag. Schieder: Aber die Kontrollbank ist keine ! Da haben Sie etwas verwechselt!) Das sind Verpflich­tungen, das kann man sachlich feststellen, darüber muss man hier nicht debattieren. Ich glaube, dafür gibt es faktenbezogene Daten, die das belegen können.

Aber auf alle Fälle ist es wichtig, dass wir in die Zukunft schauen. Wie können wir ein ausbalanciertes Budget, einen Überschuss erreichen, um die Schulden langsam zurückbezahlen zu können? – Ich glaube, wir könnten schon Maßnahmen setzen, um ein ausbalanciertes Budget zu erzielen. Wir alle sagen, es ist ganz wichtig, dass wir die Verwaltung reduzieren. (Beifall beim Team Stronach.)

Ich möchte aber noch mehr vorschlagen. Vielleicht könnten wir zum Beispiel die Pflichtbeiträge der verschiedensten Kammern um 20 Prozent pro Jahr reduzieren. (Neuerlicher Beifall beim Team Stronach.)

Ich sage nicht, dass man die Kammern abschaffen soll, wenn die Kammern einen guten Dienst verrichten und beweisen können, dass sie nützlich sind und konkurrieren können mit anderen Instituten, aber es würde einmal ein Anfang sein, wenn man die Kammern auch zur Rechenschaft ziehen und somit auch eine Verwaltungsreduktion festlegen könnte. (Abg. Dr. Mitterlehner: Ja, aber wer hat da etwas davon? – Abg. Mag. Stefan: Die Unternehmer zum Beispiel!)

Dann ist auch ganz wichtig, dass wir auf unsere Steuergesetze schauen. Für mich ist es sehr verwunderlich, dass wir keinen Unterschied machen zwischen Firmen, die in Österreich investieren, und Firmen, die im Ausland investieren. Sie zahlen alle die gleichen Steuern. Mein Vorschlag würde sein, dass Firmen, die ihren Profit in Öster­reich investieren, nur 10 Prozent Steuern zahlen, und die anderen 10 Prozent könnten sie an die Arbeiter weitergeben. (Beifall beim Team Stronach.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 41

Die Firmen, die ihren Profit im Ausland investieren, sollen voll Steuern zahlen und ihre Verluste im Ausland nicht mehr gegen Profite hier in Österreich abschreiben können. (Neuerlicher Beifall beim Team Stronach.)

Das würde mehrere Folgen haben. Erstens, wenn wir das Kammernsystem verein­fachen, würde das für die Wirtschaft sehr nützlich sein. Wir alle wissen, das ist sehr kompliziert in Österreich. Wenn wir die Arbeiter mit diesem Steueranreiz motivieren, sind wir konkurrenzfähiger. Wir könnten die Importe reduzieren, die Exporte steigern, und ich glaube, dann könnten wir beweisen, dass Österreich ein guter Platz auf dieser Welt zum Investieren ist. (Beifall beim Team Stronach.)

Wir sind nämlich – egal, ob wir es wollen oder nicht – einer globalen Wirtschafts­konkurrenz ausgesetzt.

Noch einmal auf die Zahlen verweisend: das BIP, das Bruttoinlandsprodukt, 2012: 307 Milliarden; die Schulden: total 234 Milliarden €; das Budget: 74 Milliarden Aus­gaben, 67 Milliarden Einnahmen, ein Defizit von 7 Milliarden; Verpflichtungen der Länder und Gemeinden: ungefähr 10 Milliarden; Verpflichtungen der Banken: 20 Mil­liar­den und unsere Nettobeiträge zur EU: ungefähr 500 Millionen €. – Das muss uns zu denken geben! Wir sollen das sehr sachlich bearbeiten und müssen Maßnahmen festsetzen. Ich habe bereits Vorschläge gemacht: Die Firmen, die ihren Profit in Öster­reich investieren, könnten nur 10 Prozent Steuern zahlen, den anderen Teil könnte man an die Arbeiter weitergeben, dann hätten die Arbeiter mehr Geld, dadurch würde der Konsum stimuliert werden, und das Ganze würde die Wirtschaft ankurbeln. – Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach.)

14.37


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Klubobmann Dr. Strolz ist weiters zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.37.47

Abgeordneter Mag. Dr. Matthias Strolz (NEOS-LIF): Frau Präsidentin! Regierungs­mitglieder! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger hier auf den Galerien, zu Hause vor den Bildschirmen! Mein gelobtes Wort der Wert­schätzung vorneweg geht heute an den Herrn Sozialminister. Er hat auf einer Neben­front einen konkreten Schritt gesetzt, der in die richtige Richtung geht. Wir hatten heute ein Treffen, bei dem er die Pläne konkret vorgestellt hat, wie wir beim Abbau der Pensionsprivilegien, bei den Luxuspensionen vorankommen. Das geht in die richtige Richtung, und wir werden Sie dabei auch unterstützen und den Druck weiter hoch­halten. (Beifall bei NEOS-LIF.)

Herr Minister! Liebe Regierungsmitglieder! Wir werden viele solche kleine Schritte brauchen; und das nicht nur auf Nebenfronten, wir werden sie auch in den großen Sachbereichen brauchen.

Eines ist klar, das ist die Ausgangslage: In den Geschichtsbüchern 2030 wird stehen, Herr Bundeskanzler, Herr Vizekanzler, Sie haben die Nationalratswahlen 2013 auf Basis einer umfassenden WählerInnentäuschung gewonnen. Das wird so in den Geschichtsbüchern stehen, daran können wir auch nichts mehr ändern. Was mich natürlich interessiert, ist, zumal die Schuldfrage geklärt ist: Was tun wir, wie tun wir weiter? (Abg. Dr. Mitterlehner: Ein bisserl anmaßend ist das schon! Ein bisserl anmaßend!)

Wie tun wir weiter? – Ich bleibe beim Pensionsthema. Sie haben ein Loch von 8,5 Milliarden im Pensionsbereich. 8,5 Milliarden (Abg. Neubauer: Das stimmt ja nicht!) – 8,6 Milliarden, Entschuldigung, ja, stimmt nicht, ich will präzise sein. (Abg. Mag. Rossmann: 8,7!) 8,7 Milliarden (Rufe: Wer bietet mehr? Darf’s ein bisserl mehr


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 42

sein?), es wird laufend mehr. Das ist mehr als das Budget, das wir in Österreich für 1,2 Millionen Schülerinnen und Schüler haben. Das ist eine Riesensumme, und wenn jetzt dort oben auf den Galerien junge Leute sitzen, dann werden die sich natürlich ihren Teil denken zum Thema Pensionen.

Das war bereits vor der Wahl klar, und wir haben auch schon aufgezeigt, wie man hier zu Lösungen kommen kann.

Erstens: Pensionsautomatismus. Machen wir das, dringend, andere Länder haben es auch. Seien wir mutig, machen wir es auch!

Zweitens: insgesamt Umstellung des Pensionssystems auf ein Flexipensionsmodell. Das schwedische Modell führt zu einem Pensionsantrittsalter von 64 Jahren, nicht 58, wie in Österreich, sondern 64. Herr Bundeskanzler, hätten wir ein Pensionsantrittsalter wie in Schweden, dann hätten Sie in den nächsten Jahren jedes Jahr einen Budgetüberschuss – jedes Jahr einen Budgetüberschuss! Das wäre gar nicht gut, denn dann müssten Sie keine Reformen mehr in anderen Bereichen machen, die wir aber auch dringend brauchen, aber eines ist klar: Wenn wir diese Reise im Pensionssystem nicht bald antreten, dann werden wir sie nicht mehr schaffen, dann werden wir kein enkelfittes Pensionssystem schaffen, und dann werden die jungen Leute – und dazu müssen wir alle unter 45-Jährigen zählen – durch die Finger schauen. Sie werden eine ganz bescheidene Volkspension bekommen, von der sie nichts anderes als Altersarmut zu erwarten haben werden.

Es geht natürlich um enkelfitte Sozialsysteme, aber es braucht auch Reformen – und dabei wollen wir auch mitarbeiten – in ganz vielen anderen Bereichen.

Föderalismusreform. – Natürlich, geben wir den Bundesländern endlich Finanzverant­wortung, sie müssen sich spüren! Keine politische Ebene spürt sich, wenn sie nicht selbst Geld einhebt. Das sehen wir daran, dass der EU ein bisschen das Gespür fehlt, aber natürlich auch den Ländern. Wir haben 1,8 Milliarden in Salzburg „gesucht“. Niemand hat gewusst: Haben wir sie ausgegeben, haben wir sie nicht ausgegeben, wenn ja, wohin? – Das kann es nicht sein. Die Länder müssen sich spüren, daher: Steuerverantwortung für die Bundesländer!

Föderalismusreform insgesamt, Gesundheitsreform, Herr Gesundheitsminister, auch das hat natürlich mit den Bundesländern zu tun – ganz viele Themen, die zu stemmen sind. Ein erster Schritt ist gelungen, aber das ist natürlich auch ein kleiner Schritt, der nicht genügt.

Wir brauchen Transparenz und Schnitte bei all den Förderregimen. Das sind Anfütte­rungsregime im großen Stil. Das ist fast im Bereich der strukturellen Korruption anzusiedeln, wie wir in Österreich Förderungspolitik betreiben. Das müssen wir transparent machen, und wenn sie doppelt so hoch ist wie im EU-Durchschnitt, dann ist da natürlich irgendwo der Hund begraben.

Wir haben ganz viele Pläne für ein neues Österreich entwickelt. Ich gebe Ihnen das (eine Broschüre mit der Aufschrift „Plan für ein neues Österreich“ in die Höhe haltend) mit in die Koalitionsverhandlungen, liebe Bundesregierung. 150 000 Stunden haben wir ehrenamtlich mit Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes investiert, Tau­sende Bürgerinnen und Bürger haben daran mitgearbeitet. Ich habe vier Stück mitgebracht, für jeden eines, damit Sie nicht zu streiten beginnen. Das sind Pläne für ein neues Österreich, daraus können Sie sich Anregungen holen für die Koalitions­verhandlungen. (Der Redner überreicht Bundesminister Stöger, Staatssekretär Dr. Oster­mayer, Bundeskanzler Faymann und Staatssekretär Kurz jeweils eine der vorhin erwähnten Broschüre.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 43

Klar ist: Wenn Sie noch einmal sagen, wir machen eine große Koalition, um große Reformen umzusetzen, und Sie bringen keine großen Reformen, dann hätten Sie jeden Anspruch auf diese Koalition verwirkt. (Abg. Rädler: Dann fragen wir Sie!) Ja, dann fragen Sie uns. Das will ich Ihnen auch ans Herz legen, überlegen Sie andere Varianten!

Ich war am Wochenende in London und habe mit Abgeordneten unter anderem aus Norwegen gesprochen. Das war spannend. In Norwegen gibt es eine Minderheits­regierung, und diese Minderheitsregierung in Norwegen hat mit verschiedenen Oppositionsparteien themenbezogene Allianzen geschlossen.

Herr Bundeskanzler! NEOS – das Neue Österreich und Liberales Forum – steht bereit für diese Vorgangsweise. (Beifall bei NEOS-LIF.) Wir können uns vorstellen, dass wir das machen. Herr Vizekanzler, wir können uns vorstellen, dass wir mit Ihnen und mit anderen wohlwollenden Kräften in diesem Haus eine Reform im Pensionsbereich zustande bringen! Herr Bundeskanzler, wir können uns vorstellen, dass wir mit Ihnen im Bildungsbereich etwas zustande bringen!

Wenn Sie als sogenannte große Koalition nichts zustande bringen, dann haben Sie zumindest den Mut – wenn Sie schon nicht bereit sind, Neuwahlen auszurufen –, in eine Minderheitsregierung mit einem Reformanspruch zu gehen! Lieber eine Minderheitsregierung, die nach drei Jahren platzt und in der Zwischenzeit drei, vier Baustellen in Ordnung gebracht hat als eine unmutige große Koalition – die letzte dieser Form, auch das wird in den Geschichtsbüchern stehen, die letzte Ausfahrt des rot-schwarzen Machtkartells, dann ist es vorbei. Also können wir das Ende doch gleich vorziehen und etwas G’scheites daraus machen.

Es braucht natürlich für mutige Lösungen auch Signale von uns als Parlamentsparteien hier im Haus. Es scheint mir wichtig zu sein (Abg. Dr. Mitterlehner: Ich hab noch nie so einen Blödsinn gehört!) – ich brauche noch meine zwei Anträge, die ich kurz verlesen will, kann einer meiner Kollegen sie mir bitte bringen 

Ich will noch zwei Entschließungsanträge zum Bereich Parteienfinanzierung einbrin­gen.

Sie wissen, in Österreich gibt es die höchste Parteienfinanzierung in Europa. Im letzten Jahr wurde noch einmal etwas draufgelegt bei der Parteienfinanzierung, und es ist ganz wichtig, dass wir von diesem Parteienfinanzierungsmodell in Österreich weg­kommen.

In einem unserer Entschließungsanträge, über den wir auch gleich abstimmen werden, fordern wir, dass wir die Höchstgrenze für Wahlkämpfe um 10 Prozent senken. Das nimmt den Ausgabendruck von den Parteien.

In einem anderen Antrag wollen wir Sie bitten, dafür zu stimmen, dass wir die Valorisie­rung, die Indexanpassung, die Inflationsbereinigung der Parteienförderung für fünf Jahre aussetzen. Das brächte uns 50 Millionen in den Jahren 2015 bis 2019. Das ist ein kleiner Beitrag und ein Signal an die Bürgerinnen und Bürger, dass wir verstanden haben, dass jeder Bereich, und so auch die Parteien, einen Beitrag leisten muss.

Somit bringe ich folgende Anträge ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausset­zung der Valorisierung der Parteienförderung

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 44

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat so rasch wie möglich einen Gesetzentwurf zuzuleiten, demzufolge die (ab 1.1.2015 wirksame) Valorisierung der Parteienförderung für einen Zeitraum von fünf Jahren ausgesetzt wird.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wahl­werbungskostenbeschränkung

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat so rasch wie möglich einen Gesetzentwurf zuzuleiten, demzufolge die Regelung der Wahlwerbungsausgaben­be­schränkung gemäß den folgenden Gesichtspunkten verbessert wird:

Orientierung an der Zahl der Wahlberechtigten zum jeweiligen allgemeinen Vertre­tungskörper (bzw. zum Europäischen Parlament) anstatt einer undifferenzierten Ober­grenze

in Summe um mindestens 10 % niedrigere Obergrenzen als (jeweils) 7 Mio. Euro

abschreckende Sanktionen bei Überschreitungen anstatt milder Geldbußen

Verhinderung von Umgehungsstrategien, insbesondere durch Einrechnung der Aus­gaben von außerparteilichen Personenkomitees zur Unterstützung von Kandidaten

begleitendes unabhängiges Monitoring der Ausgaben bereits während der Wahlkam­pagnen.“

*****

Ich bitte Sie, das zu unterstützen. Haben Sie Mut, auch in dieser eigenen Angele­genheit einen Schritt leiser zu treten! Fette Parteiapparate müssen wir abspecken, das Parlament stärken! (Beifall bei NEOS-LIF.)

14.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die beiden Entschließungsanträge sind aus­reichend unterstützt, stehen mit in Verhandlung.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aus­setzung der Valorisierung der Parteienförderung

eingebracht im Zuge der Debatte über die dringliche Anfrage des Abgeordneten Strache betreffend die Desinformationspolitik über die budgetäre Lage Österreichs

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat so rasch wie möglich einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, der zufolge die (ab 1. 1. 2015 wirksame) Valorisierung der Parteienförderung für einen Zeitraum von fünf Jahren ausgesetzt wird.“


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 45

Begründung

Die öffentliche Parteienförderung in Österreich ist pro Kopf die zweithöchste der OECD-Staaten (hinter Japan) und die höchste Europas (Sickinger, Politisches Geld, Wien 2013; Naßmacher, The Funding of Party Competition, Baden-Baden 2009). Im Zuge der Reform des Jahres 2012 wurde die jährliche Parteienförderung auf Bun­desebene (wenn auch unter gleichzeitigem Entfall der Wahlkampfkostenrück­erstattung) fast verdoppelt. Zudem wurde eine ab 1. 1. 2015 wirksame Valorisierung der Fördersumme bzw. des Förderkorridors der Länder normiert.

Dies bedeutet, dass unter der Annahme einer jährlichen Steigerung des Verbraucher­preisindex um 2,1% (WIFO) im Zeitraum 2015 bis 2019 die öffentliche Parteien­förderung (Höhe 2013, Bund und Länder: ca. 133,7 Mio. Euro) um weitere ca. 50 Mio. Euro erhöht wird.

Aufgrund des ausufernden Budgetdefizits ist eine der naheliegenden Maßnahmen, zumindest den Zuwachs dieses Ausgabenpostens zu verhindern.

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wahlwer­bungskostenbeschränkung

eingebracht im Zuge der Debatte über die dringliche Anfrage des Abgeordneten Strache betreffend die Desinformationspolitik über die budgetäre Lage Österreichs

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat so rasch wie möglich einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, dem zufolge die Regelung der Wahlwerbungsaus­gaben­beschränkung gemäß den folgenden Gesichtspunkten verbessert wird:

Orientierung an der Zahl der Wahlberechtigten zum jeweiligen allgemeinen Vertre­tungskörper (bzw. zum Europäischen Parlament) anstatt einer undifferenzierten Obergrenze in Summe um mindestens 10% niedrigere Obergrenzen als (jeweils) 7 Mio. Euro

abschreckende Sanktionen bei Überschreitungen anstatt milder Geldbußen

Verhinderung von Umgehungsstrategien, insbesondere durch Einrechnung der Aus­gaben von außerparteilichen Personenkomitees zur Unterstützung von Kandidaten

begleitendes unabhängiges Monitoring der Ausgaben bereits während der Wahlkam­pagnen“

Begründung

Die gesetzliche Beschränkung der Wahlwerbungsausgaben war ein Pluspunkt der Reform des Parteiengesetzes 2012. Dennoch besteht in einigen Aspekten noch Verbesserungsbedarf (Sickinger, Politisches Geld, Wien 2013: S. 253f.). Die ange-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 46

führten Vorschläge sprechen die relevantesten Schwachstellen der geltenden Rechts­lage an.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Themessl. – Bitte.

 


14.47.20

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Meine Herren auf der Regierungsbank! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, es wirft Ihnen niemand vor, dass die Prognosen nicht gehalten haben – deswegen heißen sie auch „Prognosen“ und nicht „Fakten“, das ist vollkommen klar –, aber was man Ihnen vorhalten muss und was Sie meiner Meinung nach ganz bewusst gemacht haben, ist, dass Sie bei der Erstellung dieses Finanzrahmens 2014 bis 2017 nicht die aktuellen Zahlen als Grundlage genommen haben! Genau das führt dazu, dass Sie bereits im ersten Jahr dieses Finanzrahmens ein Loch von 5 Milliarden haben, und das nur aufgrund von zwei Tatsachen.

Sie haben das Wirtschaftswachstum angenommen wie im Jahr 2012, da ging es um den Finanzrahmen 2013 bis 2016, und haben diese Zahlen nicht verändert. Sie haben die Zahlen für das Wirtschaftswachstum nicht verändert und Sie haben die Arbeits­losenzahlen nicht verändert, obwohl zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Finanzrah­mens klar war, dass das Wirtschaftswachstum bereits im Jahr 2013 nicht annähernd 1 Prozent erreichen, sondern nur bei 0,6, 0,5, in der Zwischenzeit bei 0,4 liegen wird. Was die Arbeitslosenzahlen anlangt, hätten Sie gar keine Prognosen des WIFO oder des IHS gebraucht, da hätten Sie nur auf Ihren Herrn Sozialminister hören müssen. Er hat ja schon Anfang des Jahres ganz klar gesagt – so ehrlich war er –, die Arbeits­losenzahlen werden bis Ende 2013 und auch im ersten Halbjahr 2014 weiter ansteigen.

Das hat dazu geführt, dass bereits im ersten Jahr dieses Finanzrahmens dieses Loch entstanden ist. Das haben Sie gewusst – und ganz bewusst nichts verändert, um im Wahlkampf die von Ihnen bekannten Wahlkampftöne anklingen zu lassen: 2016 sind wir, weil wir so gut sind, ausgeglichen im Budget und können über eine Steuerreform reden! – Damit haben Sie die Bevölkerung ganz bewusst in die Irre geführt, das muss man Ihnen einfach vorwerfen! (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Klubobmann Schieder, Sie beziehen sich auf den Budgetvollzug der letzten Jahre. Ja dann schauen Sie bitte einmal, warum der Budgetvollzug der letzten Jahre besser als der Voranschlag war! – Weil Sie die Bevölkerung ausgenommen haben, von Kleinbetrieben angefangen bis hin zu den Pensionisten! Ich sage Ihnen auch, warum.

Die Einnahmen sind jedes Jahr gewaltig höher ausgefallen als im Budgetvoranschlag. Ich führe nur ein Beispiel an. Erinnern wir uns daran, dass in den letzten Jahren der Benzinpreis permanent gestiegen ist. Was damit auch gestiegen ist, ist natürlich die Mehrwertsteuer, die zusätzlich noch auf die NoVA eingehoben wird. Das bedeutet eine Steuer auf die Steuer. Bei jeder Verhandlung der Gewerkschaft mit den einzelnen Fachgruppen über Lohnerhöhungen kassiert die Finanzministerin immer mindestens 50 Prozent – wenn nicht mehr – mit. Bei allen Lohnerhöhungen haben Sie es ge­schafft, die Finanzeinnahmen dermaßen zu steigern.

Im heurigen Jahr haben wir das erste Mal in der Zweiten Republik die Situation, dass die Staatseinnahmen aus der Einkommen- und Lohnsteuer höher ausfallen werden als


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 47

die Einnahmen aus der Mehrwertsteuer. Das zeigt zwei Dinge ganz klar: Sie haben die Bevölkerung in den letzten fünf Jahren ganz bewusst ausgenommen, wir sind ein Höchststeuerland. (Beifall bei der FPÖ.) Auf der anderen Seite haben Sie nicht zur Kenntnis genommen – und das ist mit ein Grund für dieses Loch im Finanzrahmen –, dass die Kaufkraft nicht mehr stimmt.

Wenn sich die Gewerkschaft auf die Fahnen heftet, wir müssen die Lohnerhöhung mindestens um die Inflationsrate erhöhen, dann ist das der nächste Schmäh. Wissen Sie, die Inflationsrate ist netto! Oder gehen Sie mit Ihrem Bruttogehalt einkaufen? Die Inflationsrate ist netto – und alle Lohnerhöhungen, die Sie ausverhandeln, sind brutto. Da bleibt nur die Hälfte übrig, seien Sie doch endlich so ehrlich! (Abg. Mag. Schieder: Da haben Sie missverstanden!)

Jetzt kommen wir zu den Pensionisten: Sie geben den Pensionisten sage und schreibe 1,6 Prozent im nächsten Jahr. Sie wissen ganz genau, dass beim Warenkorb, beim wöchentlichen Warenkorb – und was braucht der Normalbürger, der Pensionist?, er braucht etwas zu essen, zu trinken, er braucht eine Wohnung und Energie – die Preissteigerung bei über 5 Prozent liegt. Und dann gönnen Sie den Pensionisten 1,6 Prozent und wundern sich, dass die Kaufkraft in unserem Land nicht mehr stimmt?! Denken Sie endlich um! Das ist ein vollkommener Irrweg. (Beifall bei der FPÖ.)

Aufgrund dessen, dass Sie die Pensionisten so schlecht behandeln, bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Themessl und weiterer Abgeordneter betreffend die Einführung einer Mindestpension von 1 200 € und einer Pensionsanpassung in Höhe des Pensionistenpreisindex

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird dringend aufgefordert, dem Nationalrat eine Regie­rungs­vorlage zuzuleiten, die folgende Maßnahmen beinhaltet:

eine automatische jährliche Wertanpassung des Pflegegeldes an die Inflation,

eine automatische jährliche Wertanpassung der Freibeträge für behinderte Menschen,

eine Mindestpension von 1200 Euro brutto als Anerkennung für ein arbeitsreiches Leben,

in den Folgejahren eine Pensionsanpassung aller Pensionen um den sog. Pensionis­tenpreisindex.“

*****

Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

14.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 48

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Themessl, Kickl, Dr. Belakowitsch-Jenewein, Ing. Hofer und weiterer Abgeordneter betreffend die Einführung einer Mindestpension von 1.200 Euro und einer Pensionsanpassung in Höhe des Pensionistenpreisindex

eingebracht im Zuge der Debatte der Dringlichen Anfrage der Abgeordneten KO Strache und weiterer Abgeordneter an den Bundeskanzler betreffend die Desinfor­mationspolitik über die budgetäre Lage Österreichs, in der 6. Sitzung des National­rates, XXV. GP, am 3. Dezember 2013

Bereits 2013 bekamen die Pensionisten mit 1,8 Prozent eine um einen gesamten Prozentpunkt geringere Wertanpassung als die Inflationsrate betragen hatte. Durch die für 2014 festgelegte „Mini-Pensionsanpassung“ für Normal-Pensionisten von lediglich 1,6 Prozent wird diese Bevölkerungsgruppe, die Österreich nach 1945 im Wesent­lichen aufgebaut hat, neuerlich schmerzlich zur Ader gelassen. Allein die Durch­schnittsinflation liegt heuer für alle Konsumentengruppen bei 2,4 Prozent. Ausge­nommen von dieser Regelung sind nur Bezieher einer Ausgleichszulage. Nur die Mindestpensionen werden um die volle  „offizielle“ Teuerungsrate von 2,4 Prozent erhöht.

Damit ist für das Folgejahr 2015 die Basis für die Durchschnittspensionisten gegenüber 2012 um 1,792 Prozent geschmälert und beträgt nur mehr 98,208 Prozent, d.h. man hat gegenüber dem „normalen Inflationsindex“ bereits fast 2,0 Prozent Realkom­mensverluste. Da dies die Basis für weitere Erhöhungen ist, schleppt man diese Reduktion weiter fort. Bis zum Jahr 2017 verlieren dadurch die Pensionisten allein 2,640 Milliarden Euro an nicht erhaltenen Pensionserhöhungen, die als Kaufkraft wieder der heimischen Wirtschaft fehlen.

Da der Warenkorb für Pensionisten durch ihre generationenbedingten Bedürfnisse ganz anderes zusammengesetzt ist, ergeben sich darüber hinaus eine weit höhere Inflation und damit eine fortgesetzte Enteignung der heimischen Pensionisten. Gleich­zeitig bezahlen Arbeitnehmer und Arbeitgeber für die Erhaltung der Pensionen Monat für Monat hohe Beitragssätze von 22,80 (z.Bsp. Arbeiter, Angestellte, Landarbeiter, Freie Dienstnehmer) bis 28,30 (Bergbau) Prozent des Bruttolohns innerhalb der Höchstbemessungsgrundlage.

Folgende Maßnahmen sind daher ein Gebot der Stunde:

eine Mindestpension von 1200 Euro brutto als Anerkennung für ein arbeitsreiches Leben,

in den Folgejahren ab 2014 eine Pensionsanpassung aller Pensionen um den sog. Pensionistenpreisindex,

Den rückwirkenden vollen Ausgleich für nicht erfolgte Pensionsanpassungen an den Pensionistenpreisindex in der Vergangenheit.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird dringend aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungs­vorlage zuzuleiten, die folgende Maßnahmen beinhaltet:

eine automatische jährliche Wertanpassung des Pflegegeldes an die Inflation,


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 49

eine automatische jährliche Wertanpassung der Freibeträge für behinderte Menschen,

eine Mindestpension von 1200 Euro brutto als Anerkennung für ein arbeitsreiches Leben,

in den Folgejahren eine Pensionsanpassung aller Pensionen um den sog. Pen­sionistenpreisindex.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. – Bitte.

 


14.52.31

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Mitglieder der Bundesregierung! Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Ich glaube, dass es wichtig ist, dass wir wieder zu dem zurückkehren, woran die Bevölkerung wirklich interessiert ist. (Abg. Neubauer: Die Wahrheit !)

Sie ist interessiert an Lösungen und nicht an diversen Zahlenspielen, die heute hier in den letzten beiden Stunden von Teilen der Opposition auf den Tisch gelegt wurden, ohne der Bundesregierung, die jetzt gerade in Koalitionsverhandlungen ist, die Chance zu geben, etwas vorzulegen, das die Wirtschaftsforscherinnen und -forscher mit ihren Prognosen jetzt – zugegeben durchaus in einer Bandbreite – verändert haben. Diese Chance hätten wir gerne, sehr geehrte Damen und Herren!

Es ist irrelevant für die Frauen und Männer in diesem Land, die Lösungen wollen und das sehen, was in den letzten fünf Jahren geschehen ist, nämlich dass wir den Tanker Österreich durch diese schwierigen Zeiten gut gesteuert haben. Sie brauchen möglichst noch vor Weihnachten eine Lösung. Daran arbeiten wir, und ich bitte schon darum, dass wir diese Chance bekommen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Rädler.)

Was heißt das jetzt konkret? – Es geht natürlich darum, sehr geehrte Damen und Herren, mit diesen veränderten Bedingungen umzugehen. Das ist ganz klar. Wir sind akribisch bemüht, Tag für Tag – und wir könnten das auch jetzt tun, wenn nicht die Opposition uns hierhergebeten hätte, um Rede und Antwort zu stehen –, dass wir schnell zu einem Koalitionsabkommen kommen, das auch im nächsten Jahr die budgetäre Anderslage mitberücksichtigt. Genau daran wird Tag für Tag gearbeitet.

Es geht darum, dass wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten vor allem diejenigen Teile der Bevölkerung besonders bedenken und besonders im Visier haben, die es nicht so leicht haben. In dieser Ausgewogenheit versuchen wir auch, unsere Themen in die Koalitionsverhandlungen einzubringen. Das hat in den letzten fünf Jahren nicht so schlecht funktioniert, sonst hätten wir am 29. September nicht jene Ergebnisse gehabt, die wir haben, und sonst hätten wir auch nicht den Regierungs­auftrag erhalten. Genau deswegen ist in den nächsten fünf Jahren – so wie in den letzten fünf Jahren – Zeit genug, dass wir gemeinsam hier im Hohen Haus unsere, Ihre Ideen zusammenführen.

Ich darf Ihnen auch sagen, dass es mir in den letzten fünf Jahren als Frauenministerin nicht immer gelungen ist, hier alle Frauensprecherinnen so zu vereinen, dass wir gemeinsam Themen umsetzen konnten. Das heißt, wenn wir einander sehr ernst nehmen, wenn wir für die Frauen in diesem Land gemeinsam etwas weiterbringen wollen, dann habe ich schon das eine oder andere Mal vermisst, dass das auch gemeinsam geschieht. Das waren nicht große Dinge, sondern kleine Symbole, die große Wirkung gehabt hätten – das ist nicht gelungen.


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Ich darf aber auch sagen, dass in den letzten fünf Jahren der öffentliche Dienst, für den ich verantwortlich zeichne, der Bund als größter Dienstgeber dieses Landes sehr viele Verwaltungsplanstellen eingespart hat. Die Ausnahmen wurden vom Herrn Bundes­kanzler und anderen bereits erwähnt, sie sind auch wichtig: Es geht um die Sicherheit, es geht um die Bildung. Zu diesen Ausnahmen stehen wir auch.

Es ist aber doch so, dass wir Tausende Planstellen eingespart haben, und natürlich wird die Verwaltungsreform – die im Übrigen jedes Jahr erfolgt und sich nicht nur auf diesen großen Wurf beschränkt, der da immer angesprochen wird – auch fortgesetzt werden. Es ist uns nämlich sehr wohl bewusst, dass effiziente, schlanke Strukturen mit weniger Personal herausfordernder für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber dennoch zu bewältigen sind.

In Berlin findet jetzt gerade die Messe Moderner Staat statt, und wir wissen, dass wir dort als österreichische Verwaltung reüssieren können, wir wissen, dass wir mit den Maßnahmen, die wir gesetzt haben, auch für die Zukunft bestens gerüstet sind.

Was wir für den öffentlichen Dienst wollen, das wollen wir natürlich auch für die Gesamtbevölkerung: gerüstet zu sein, in den nächsten fünf Jahren, mit den budgetären Herausforderungen, die tatsächlich da sind – das ist keine Frage –, mit einem maß­vollen Umgang damit, wie wir Einsparungen tätigen, ohne dass – und das wiederhole ich sehr bewusst – große Teile der Bevölkerung darunter zu leiden haben. Ich bin sehr stolz darauf, dass auch große Teile der Bevölkerung ihren Beitrag dazu geleistet haben, dass Österreich so dasteht, wie es dasteht.

Diesem Vergleich können wir allemal standhalten. Wir haben niemandem im öffent­lichen Bereich die Kündigung aussprechen müssen. Wir haben große Brocken gemein­sam geschafft und große Dinge, die gefährdet gewesen wären, verhindern können.

Wenn Sie uns die Möglichkeit bieten, Ihnen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, zunächst einmal ein Koalitionsabkommen vorzulegen, dann können wir die nächsten fünf Jahre mit vielen Ideen, die heute vorgebracht wurden, durchaus gemeinsam gestalten. Angesichts dieser Vorverurteilungen, die heute hier stattgefunden haben, auf einem Niveau, das seinesgleichen sucht, kann ich den Bürgerinnen und Bürgern aber nur raten, dass sie, wenn sie die Fernsehdebatten verfolgen, wirklich genau hinhören, wer was sagt und welche Vorschläge jemand auf den Tisch legt, damit wir in den nächsten fünf Jahren doch ein Stück weit gemeinsamer in dieser Republik für diese Menschen arbeiten können. (Beifall bei der SPÖ.)

14.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Tamandl. – Bitte.

 


14.58.23

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Werte Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Heinisch-Hosek, vieles von dem, das Sie gesagt haben, kann ich nur unterstreichen. Ich würde mir nur auch von Ihnen einen etwas wertschätzenderen Umgang mit den öffentlich Bediensteten und speziell auch einen wertschätzenderen Umgang mit den Lehrerinnen und Lehrern wünschen.

Ich habe Sie jetzt ein paar Mal bei Diskussionen im Rundfunk, auch in Privatsendern gesehen, und ich würde mir das von Ihnen schon wünschen, auch dass Sie sich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im öffentlichen Dienst bedanken, denn sie tragen sehr viel zum Gelingen der Republik bei und sie tragen auch sehr viel zur Zukunft


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unserer Kinder bei, beispielsweise was die Lehrerinnen und Lehrer betrifft. (Beifall bei der ÖVP.)

Zu den heute von der Opposition vorgebrachten Punkten, wie beispielsweise, dass wir einen Kassasturz machen und damit so quasi entlarvt haben, dass wir vor der Wahl gewusst hätten, dass die Prognosen nicht stimmen: Frau Kollegin Glawischnig, Sie werden das schon uns überlassen müssen, wenn wir uns gemeinsam zu Regierungs­verhandlungen zusammensetzen, dass wir uns einmal überlegen, was in einem Paket für die Zukunft überhaupt möglich ist! (Abg. Mag. Kogler: Das geht immer ohne Verfassungsmehrheit?)

Herr Kollege Kogler, entschuldigen Sie bitte! Jeder, der ein Paket für die nächsten Jahre schnürt – und immerhin dauert die Legislaturperiode fünf Jahre –, wird sich doch zusammensetzen und schauen können, was wir uns für die nächsten Jahre leisten können. Das wird uns doch unbenommen sein, wenn wir uns zu Regierungs­verhand­lungen zusammensetzen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Hübner.)

Zu den Prognosen und zu dem, was da heute alles gesagt wurde, ganz ehrlich: Den Neuen, die hier herinnen sitzen, den neuen Fraktionen, sei gesagt, wir haben im Mai 2013, als wir den Finanzrahmen 2014 bis 2017 hier beschlossen haben, sehr wohl im Strategiebericht lesen können (Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek), dass die Prognosen für die fünf Jahre Abweichungen enthalten. Ich meine, man darf eben nicht immer nur die nackten Zahlen lesen, sondern man muss natürlich auch die anderen Unterlagen lesen, die wir bekommen. (Präsident Kopf übernimmt den Vorsitz.)

Wir haben auch mit Herausforderungen zu kämpfen. Wer sich alle Monate ansieht, wie hoch die Arbeitslosigkeit steigt – und da brauchen wir uns bei Gott nicht zu freuen, dass wir im EU-Vergleich immer noch die Besten sind  (Ruf bei der FPÖ: Besser als Bangladesch!) – Entschuldigen Sie, nicht besser als Bangladesch, sondern besser als alle anderen europäischen Länder, was die Arbeitslosigkeit betrifft. (Beifall bei der ÖVP.) Deshalb brauchen wir uns aber nicht auf unseren Lorbeeren auszuruhen, denn sie wird dramatisch steigen, und das ist auch der Grund, warum das Geschrei der Opposition heute überhaupt nichts bringt.

Die Menschen wollen, dass wir wieder für höhere Ausgaben bei den Pensionen, für ein besseres Wirtschaftswachstum und für Arbeitsplätze einstehen. Sie wollen, dass wir diese Herausforderungen bewältigen – und das machen wir. Das ist tagtäglich bei den Regierungsverhandlungen Thema. Das ist auch der Grund, warum wir uns darauf verständigen, dass wir das Pensionsalter, das durchschnittliche Pensionsantrittsalter, von jetzt 58,4 Jahren in Richtung gesetzliches Pensionsantrittsalter steigern müssen.

Weil Sie (in Richtung FPÖ), der Herr in der letzten Reihe, da lachen: Können Sie mir sagen, welche Vorschläge die FPÖ bringt, wie wir beispielsweise das faktische Pensionsalter anheben könnten? Oder können Sie mir sagen, welche Beispiele die FPÖ bringt, wie wir das Wirtschaftswachstum ankurbeln könnten? (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Oder können Sie mir bitte sagen, wie die FPÖ die Arbeitslosigkeit in Österreich bewältigen möchte? – Ich habe noch keinen einzigen Vorschlag gehört. (Abg. Ing. Höbart: Unzählige!) Wir sind in diesen Bereichen tagtäglich mit Maßnahmen auf dem Weg. (Abg. Dr. Rosenkranz: Sind Sie heute ? – Weitere Rufe bei der FPÖ: Ist das Ihre erste Rede?)

Ich möchte Ihnen noch etwas sagen: Wir brauchen in der Zukunft nicht nur eine Anhebung des faktischen Pensionsalters, sondern wir brauchen auch eine Beteiligung der Wirtschaft. (Abg. Ing. Höbart: Sonntagsrede wieder ausgepackt!) Die Wirtschaft hat da auch eine soziale Kompetenz in den Vordergrund zu stellen. (Zwischenruf des


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Abg. Dr. Rosenkranz.) Wir brauchen auch AMS-Berater – hören Sie mir zu, Herr Kollege! –, die auch 50-Jährige vermitteln.

Hören Sie sich doch einmal um: Ein 50-Jähriger gilt heute als nicht vermittelbar. (Zwischenruf des Abg. Ing. Höbart.) Das müssen wir ändern, und das werden wir in den nächsten Jahren ändern. Und wir werden sehen, Herr Kollege, ob die FPÖ und auch die Grünen uns dann beipflichten, wenn wir Maßnahmen für Wirtschafts­wachstum und für mehr Arbeitsplätze in diesem Land schaffen werden. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Rosenkranz und Ing. Höbart.) – Herr Kollege, wenn Sie die ganze Zeit hereinschreien, hört das an den Bildschirmen oder im Livestream kein Mensch, Sie können sich das also sparen! (Abg. Dr. Rosenkranz:  auch nicht zu, wenn wir etwas sagen!)

Zur Ministeranklage ist Folgendes zu sagen: Die Frau Bundesministerin hat in den letzten Jahren viel dazu beigetragen, dass Steuereinnahmen gekommen sind. Ich erinnere nur an die Abkommen mit der Schweiz und mit Liechtenstein. Hier herinnen hat die Opposition gelacht und gesagt, das werde nie kommen. – Wir haben jetzt schon 700 Millionen eingenommen, wir werden die Milliarde oder etwas mehr noch schaffen. Ich kann Ihnen eines versichern: Wenn es nach Ihnen gegangen wäre, hätten wir heute einen Datenfriedhof, den wir nicht brauchen können. So haben wir eine Milliarde, und das ist der Grund (Zwischenruf des Abg. Dr. Rosenkranz), warum wir zur guten Arbeit der Frau Finanzministerin und zur Bundesregierung stehen. (Beifall bei der ÖVP.)

15.04


Präsident Karlheinz Kopf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Rossmann. – Bitte. (Abg. Wöginger: Jetzt wird’s wieder schwierig! – Ruf bei der FPÖ: Wo waren Sie in den letzten fünf Jahren?)

 


15.04.10

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Frau Präsidentin! (Abg. Wöginger: Nein, ist ein Herr Präsident!) – Herr Präsident, pardon! Werte Herren auf der Regie­rungsbank! Hohes Haus! Frau Kollegin Tamandl, also wenn Sie hier stehen und sich darüber beklagen, dass bei der Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters nichts weitergegangen ist, so möchte ich schon auf eines hinweisen: Seit 1986 sind Sie laufend in Regierungsbeteiligung. – Was haben Sie denn gemacht in den letzten 27 Jahren? (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Dasselbe gilt im Übrigen auch für die Staatsschulden, für die Defizite und dergleichen mehr. Also diese Frage muss an dieser Stelle schon einmal gestellt werden, das muss erlaubt sein.

Herr Bundeskanzler, in zwei Punkten stimme ich Ihnen zu: zum einen bei der Finanztransaktionssteuer. – Ja, die wollen wir auch haben, die wollen wir alle haben, es gibt gemeinsame Entschließungsanträge, aber ich frage Sie, was Sie in den letzten Monaten dafür getan haben, dass diese Finanztransaktionssteuer tatsächlich auch umgesetzt wird. Was wir in den letzten Tagen und Wochen erleben, sind nicht nur Verwässerungsversuche, sondern wir müssen dabei zuschauen, wie diese Finanztransaktionssteuer zu Grabe getragen wird. Ich fordere Sie daher auf, dringend, gemeinsam mit der Finanzministerin, tätig zu werden.

Der zweite Punkt, bei dem ich Ihnen zustimme, ist, dass die letzten Jahre in der Budgetpolitik in der Tat nicht schlecht gelaufen sind. Der Vollzug war besser als der Voranschlag. Aber wovon wir – und das ist schon ein Skandal, Herr Bundeskanzler – in den letzten Tagen und Wochen reden, über dieses Budgetloch, das betrifft nicht die vergangenen Jahre, von 2010 bis heute, 2013, nein, das betrifft die Jahre 2014 und


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folgende. Und wieder einmal haben Sie es heute verabsäumt und die Gelegenheit nicht wahrgenommen, uns und der Bevölkerung zu erklären, wie dieses Budgetloch von 33 Milliarden € auf Maastricht-Basis oder 18,4 Milliarden € auf struktureller Basis zustande kommt.

Die Geschichte geht schon zurück auf jenen 16. April, an dem Sie dem Hohen Haus den Bundesfinanzrahmen 2014 bis 2017 vorgelegt haben. Da haben Sie uns und der Bevölkerung schlicht und einfach nicht die Wahrheit gesagt: in Bezug auf die Steuer­schätzungen, in Bezug auf die Höhe des Pensionsaufwandes und damit des Zuschus­ses zur Pensionsversicherung, und schon gar nicht in Bezug auf das Hypo-und Bankendesaster, das wir in Österreich zu lösen haben und das Sie, diese Bundes­regierung und insbesondere die Frau Finanzministerin in den letzten Jahren zu verantworten hatten (Ruf bei der ÖVP: Hallo!), auch, dass wir heute noch keine Lösung für die Abwicklung dieser Bank haben. (Beifall bei den Grünen.)

Oder täusche ich mich, Herr Kollege? Gibt es schon die Einrichtung einer Bad Bank, oder wird das, wie im Bericht über die Haushaltsplanung 2014, der am 15. Oktober an die Europäische Kommission abgegangen ist, stand, die Nachfolgeregierung machen? Wir wissen ja, dass jeder Tag Verzögerung den Steuerzahler/die Steuerzahlerin mehr Geld kostet.

In dieser Situation hat die Ministeranklage natürlich volle Berechtigung. Da wurde Verfassungsbruch begangen!

Wenn behauptet wird, dass wir ein Budgetloch haben – die Frau Finanzministerin ist ja immer noch davon überzeugt, dass kein Budgetloch vorhanden ist –, so muss ich Sie, Herr Bundeskanzler, schon eines fragen: Wie können Sie davon reden, dass wir ein Sparpaket haben werden, das niemandem weh tun wird? Wissen Sie, woran mich das erinnert? – Das erinnert mich an ein Gedicht von Schiller, an den „Taucher“. Da steht der König oben, wendet sich an seine Rittersmänner und Knappen und sagt: „Einen goldnen Becher werf ich hinab“, und: „Wer wagt es, Rittersmann oder Knapp“, und so weiter.

Versprochen wird ihm dann, dass er den goldenen Becher behalten darf. Und genauso kommt es mir vor: Sie sind offensichtlich in dieses schwarze Loch hinuntergesprungen, in dieses Budgetloch, haben den goldenen Becher gefunden, und – pusch! – die 33 Milliarden € sind weg, weggezaubert! (Heiterkeit des Abg. Dr. Pirklhuber.) So einfach geht das! Das ist Budgetpolitik à la Faymann, à la ÖVP – aber das kann es nicht sein!

Herr Bundeskanzler, ich kann Ihnen nur eines sagen: Kommen Sie uns in den nächsten Tagen, wenn Sie die Regierungserklärung hier in diesem Hohen Haus machen werden, nicht mit einem Sparpaket, das die kleinen Leute in diesem Lande betrifft, und kommen Sie uns nicht mit einem Sparpaket, das die Kosten für die Ban­ken­lösung den kleinen Leuten in diesem Land aufbürdet! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der FPÖ.) Sie würden kein Verständnis dafür aufbringen, absolut null Verständnis.

Aber was ist der wahre Hammer? – Der wahre Hammer ist, dass Sie sich überhaupt nicht um das kümmern, was in Europa derzeit das große Problem ist: Wir brauchen in Europa ein neues Wirtschaftssystem. Es kann nicht sein, dass sich ganz Europa kaputtspart, und es kann nicht sein, dass der Versuch unternommen wird, dass alle Länder gleich wettbewerbsfähig werden wie die Bundesrepublik Deutschland!

Letzteres kann nicht passieren, denn das ist ein Widerspruch in sich, das ist ein Nullsummenspiel. Es können einfach nicht alle Länder Leistungsbilanzüberschüsse haben. Das geht nicht!


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Und die OECD, der Internationale Währungsfonds und alle haben ja gesagt: Dieses Kaputtsparen, diese gleichzeitige Austeritätspolitik in allen Ländern der Europäischen Union und insbesondere der Eurozone wird nicht aus der Krise herausführen!  Und dort liegt das wahre Problem!

Herr Bundeskanzler, setzen Sie sich einmal auf europäischer Ebene dafür ein, dass diese Wirtschaftspolitik, diese Austeritätspolitik beendet wird! Bekämpfen Sie den geplanten Pakt für Wettbewerbsfähigkeit, der alle Länder in jene Position bringen soll, die uns nicht weiterführen wird! Und im Übrigen: Machen Sie im Inland Ihre Hausaufgaben! Setzen Sie wirkliche Schritte zu einer Föderalismusreform!

Wenn Sie das heute hier gesagt haben: Es war einmal mehr Rhetorik. Tun Sie das wirklich! Ich höre das schon seit Jahrzehnten und nichts passiert – in der Föderalis­musreform, in der Verwaltungsreform. Ja, machen Sie die angekündigte Steuersen­kung! Das kann man auch aufkommensneutral machen. Ja, setzen Sie sich durch in dieser Regierung! Sie sind der Bevölkerung im Wort mit einer Steuersenkung. Ja, das kann man tun. Das wird auch empfohlen durch die Europäische Kommission. Das empfiehlt die OECD. Das empfiehlt der Internationale Währungsfonds. Ja werden Sie tätig!

Eines der Zauberworte  aber nur eines der Zauberworte  in diesem Zusammenhang heißt höhere Besteuerung von Vermögen. 1 Prozent der privaten Haushalte besitzt in Österreich 37 Prozent des gesamten Vermögens, 1 Billion €. Tun Sie, Herr Bun­deskanzler, etwas gegen den Steuerbetrug in Europa! 1 Billion € liegt da auf der Straße. Dieses Geld müssen Sie nur einsammeln, dann ist genug Geld da für Inves­titionen, für die Umsteuerung der Wirtschaft, für die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und für eine Steuerstrukturreform, die endlich zu einer Entlastung der unteren und niedrigeren Einkommen führt. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen. Zwischenruf des Abg. Rädler.)

15.12


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gelangt Klubobfrau Dr. Nachbaur. – Bitte.

 


15.12.26

Abgeordnete Dr. Kathrin Nachbaur (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Nach den Finanzresultaten, die die Republik jetzt hervorzaubert, fühlen sich die Menschen betrogen. Es ist ja auch kein Wunder, wenn man zuerst von einem Budgetdefizit von 40 Milliarden € spricht, das alle Wahlversprechen inkludiert hätte, insbesondere auch die Erhöhung der Familienbeihilfe, die schon seit 2002 nicht erhöht wurde und wo es auch keine Anpassung an die Inflation gegeben hat.

Im Gegenteil: Die Inflation hat den Familien eigentlich das Geld weggefressen. Die haben einen Verlust von minus 25 Prozent hinzunehmen. Das ist ein klares und eigentlich ein trauriges Zeichen, was die Familien hierzulande wert sind. Und die Familie als Keimzelle der Gesellschaft, sagen wir, muss wieder einen höheren Stellenwert in der Gesellschaft genießen! (Beifall beim Team Stronach sowie der Abgeordneten Dr. Strolz und Podgorschek.)

Nachdem die 40 Milliarden im Budget aber zu hoch waren, sprach man bald von 30 Milliarden laut Maastricht-Kriterien. Aber auch das schien zu hoch, denn die Empörung der Wähler war groß. Also fand man ein neues Wort, eine neue Definition, nämlich das „strukturelle Defizit“. (Abg. Mag. Rossmann: Das ist doch nicht neu!) Aber durch die Art der Darstellung verringert sich der tatsächliche Sparbedarf nicht, nicht um einen einzigen Euro. Und wenn man schon auf dieses strukturelle Budget besteht, so


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können unsere Regierungspolitiker nicht einmal darauf stolz sein, denn sogar die Griechen machen einen Überschuss im Primärbudget, das heißt genau in diesem strukturellen Budget. Also unser Land ist in dieser Hinsicht sogar noch schlechter als Griechenland. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Erinnern Sie sich: Auch in Griechenland hat alles mit falschen Zahlen begonnen. Wenn unser Land weiterhin so schlecht geführt wird, brauchen wir uns vielleicht dann gar keine Gedanken mehr darüber zu machen, ob sich SPÖ und ÖVP wieder zu einer Koalition zusammenraufen, denn vielleicht kommt gleich eine Troika und übernimmt den Laden. Worauf ich hinaus möchte: Das tatsächliche Defizit kann man jedenfalls nicht durch kreative Rhetorik und auch nicht durch kreative Buchhaltung beseitigen. (Beifall beim Team Stronach.)

In letzter Zeit gibt es immer wieder die gebetsmühlenartig wiederholte Aussage, es gäbe gar kein Defizit. Aber wie ist es dann mit dem unstrittigen Defizit von 6,3 Milliar­den € für das Jahr 2013? Das wird von der Regierung schon einmal gar nicht mitein­gerechnet, obwohl dafür natürlich neue Schulden aufgenommen und Zinsen bezahlt werden müssen. Es fehlen bis 2018 also nicht 40 Milliarden, sondern 40 Milliarden mehr als angenommen.

Wenn Herr Bundeskanzler Faymann sagt, dass er den Betrag von 24 Milliarden schmerzfrei einsparen kann, also ohne dass die Bürger das wirklich spüren, frage ich mich natürlich: Wenn das so leicht ist, warum haben Sie das dann nicht die letzten fünf Jahre gemacht? (Beifall beim Team Stronach sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Ein weiteres großes Problem, das eine Rechtsunsicherheit mit sich bringt, ist auch die Tatsache, dass wir in Österreich kein einheitliches Rechnungswesen haben. Jeder rechnet irgendetwas herum – die Länder, die Gemeinden, der Bund –, jeder macht das anders und am besten lagert man alles in andere Gesellschaften aus. Die Statistik Austria sagt, bei den Gemeinden sind 3,5 Milliarden versteckt, andere Experten sprechen von bis zu 10 Milliarden €.

Wir fordern eine sofortige Vereinheitlichung des Haushaltsrechts aller Gebiets­körperschaften und haben das auch im Parlament schon beantragt. (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Beim Finanzausschuss habe ich Frau Ministerin Fekter gefragt, ob wir nicht ein einheitliches Rechnungswesen haben können. Und Frau Ministerin Fekter sagte, sie stehe dafür ein, allerdings blockieren die Länder. Und nun, Frau Finanz­ministerin, verlange ich Leadership von Ihnen, denn Sie haben nach dem Finanz­verfas­sungsgesetz die Möglichkeit, eine einheitliche Rechnungslegung einzufordern. Sie können eine Verordnung erlassen und diese Heiligenbluter Vereinbarung einfach außer Kraft setzen, denn sonst blockieren die Länder. (Beifall beim Team Stronach. Abg. Rädler:  in Niederösterreich!)

Ich bin in der derzeitigen Situation etwas EU-kritisch, aber es gibt auch etwas Erfreu­liches aus der EU zu berichten, und zwar gibt es neue Statistikregeln. Ab 2014 müssen nämlich alle ausgelagerten Schulden miteingerechnet werden, also in Bereichen wie ÖBB, Bundesimmobiliengesellschaft, alle Verbindlichkeiten ausgelagerter Unterneh­men des öffentlichen Sektors. Das betrifft vor allem die Gemeinden, und endlich hat die Trickserei ein Ende. (Beifall beim Team Stronach sowie des Abg. Mag. Loacker.)

Was dabei allerdings weniger erfreulich ist, ist, dass Standard & Poors schon voraus­gesagt hat: Wenn die Staatsschulden in Österreich dann aufgrund der Miteinrechnung der ausgelagerten Schulden auf über 80 Prozent steigen, wird es vermutlich zu einem Downgrading kommen. Daher zahlen wir wieder höhere Zinsen, und natürlich muss das dann der Steuerzahler bezahlen. (Abg. Mag. Rossmann:  Prozent  Statistik Austria!)


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An dieser Stelle möchte ich gerne auf das Thema Staatsanleihen eingehen, die der Herr Bundeskanzler vorher genannt hat, nämlich dass die so super seien in Österreich. (Zwischenruf des Abg. Mag. Kogler.)

Erstens: Unter Kanzler Faymann hat Österreich seine Bestbonität verloren. Wir hatten einmal denselben Bonitätsaufschlag wie Deutschland, und heute sind wir davon weit entfernt. Im Gegenteil: Sowohl die OECD als auch der Internationale Währungsfonds warnen Österreich wegen des riskanten Bankensystems.

Zweitens: Die Kunden von Staatsanleihen sind hauptsächlich europäische Banken. Staatsanleihen tun nichts anderes, als dass sie sicherstellen, dass die Politiker Geld ausgeben können, wofür die Steuerzahler dann wieder die Rechnung übernehmen müssen, dass wir das dann wieder zurückzahlen. Die Regeln sind nämlich auch so, dass die Banken für Staatsanleihen kein Eigenkapital brauchen. Und das ist ja gerade das Problem: Anstatt Kredite zu vergeben, kaufen die Banken lieber Staatsanleihen. Die EZB hat die Zinsen auf ein Rekordtief gesenkt, mit der Hoffnung verbunden, dass die Wirtschaft angekurbelt wird. Aber in Wirklichkeit sind wir jetzt in einer Kredit­klemme, denn die Banken geben kein Geld in die Realwirtschaft, sondern kaufen Staatsanleihen. Also ich würde die tollen Staatsanleihen nicht so betonen.

Vor der Wahl jedenfalls sprach man von Steuerreform und Familienleistungen, nach der Wahl gibt es ein Sparpaket. Aber daran hat man sich anscheinend schon gewöhnt in einem Land, wo die rot-schwarze Koalition praktisch schon Denkmalschutz genießt. (Beifall beim Team Stronach sowie des Abg. Mag. Loacker.)

Nur zu jammern und auf die ungelösten Probleme hinzuweisen ist aber nicht genug. Ich möchte konstruktiv sein und schlage vor, dass man endlich damit beginnt, die 599 Reformvorschläge des Rechnungshofs umzusetzen. (Zwischenruf des Abg. Keck.)

Wir brauchen weiters eine vernünftige Föderalismusreform, die unter anderem Bildung und Gesundheit beim Bund ansiedelt und die Verwaltung möglichst bürgernah auf Länderebene gestaltet. Ohne Länder läuft in Österreich einfach gar nichts, daher brauchen wir als erstes eine grundlegende Staatsreform.

Es scheint mir auch sinnvoll zu sein, den Ländern eine gewisse Steuerhoheit zu geben, denn derzeit greifen sie in Taschen hinein, die sich wundersam von fremder Hand füllen, und selbstverständlich ist das Verantwortungsbewusstsein für Geld, das man ausgibt und um dessen Einhebung man sich keine Sorgen zu machen braucht, wenig bis gar nicht vorhanden. Also nur mit einer vernünftigen Föderalismusreform und einer Entflechtung der Kompetenzen wird es möglich sein, zu sparen, sonst gibt es statt eines Sparpakets ein neues Steuerpaket.

Wir müssen wieder raus aus diesem Kreislauf von Missmanagement, Budgetdefizit und weiteren Schuldenaufnahmen, denn Schulden bedeuten auch immer einen Verlust von Freiheit und Souveränität. Wir müssen wieder frei werden, dürfen nicht so staats­gläubig sein und müssen schauen, dass wir Maßnahmen setzen, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Nur ein freier Staat kann auch ein sozialer Staat sein, der sich dann um die Schwächsten in unserer Gesellschaft kümmert. – Danke. (Beifall beim Team Stronach sowie bei Abgeordneten von NEOS-LIF.)

15.21


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Meinl-Reisinger. – Bitte.

 


15.21.21

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS-LIF): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Frau Bundes-


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ministerin Heinisch-Hosek ist jetzt leider nicht da. Ich finde es eine Zumutung, dass Sie es als Zumutung empfinden, dass Sie heute hier erscheinen müssen vor dem Nationalrat, zu dieser Sondersitzung, anstatt emsig und eifrig Regierungsver­hand­lungen zu führen. – Bitte, das ist kein Selbstzweck, es geht nicht um uns Abge­ordnete – ah, da sind Sie, Frau Bundesministerin (in Richtung der soeben den Saal betretenden Abg. Heinisch-Hosek Abg. Heinisch-Hosek: Ja, sicher!) –, sondern es geht darum, dass wir hier das Sprachrohr der Bürgerinnen und Bürger sind, die sich offen gesagt gepflanzt fühlen! – Gepflanzt fühlen schon vor der Wahl, und jetzt nach der Wahl auch noch. (Beifall bei NEOS-LIF und Grünen. Ruf: Fortpflanzung!)

Frau Dr. Nachbaur, Sie haben ganz richtig die Nichtvalorisierung der Familienbeihilfe angesprochen. Ich habe eine abgespeicherte Website der SPÖ heute aufgemacht, und da kann man noch lesen, dass die SPÖ im Wahlkampf versprochen hat – es wurden ja Gott sei Dank wenig Wahlzuckerln gegeben, aber zur Familienbeihilfe wurden Wahlzuckerln gegeben  (Abg. Heinisch-Hosek: Kostenneutrales Bestreiten der Steuerleistungen!)

Sie schreiben: Kinder bis 15 Jahre sollen 225 €, Kinder ab 15 Jahren 240 € Familien­beihilfe im Monat erhalten. Für Kinder mit Behinderung  (Abg. Heinisch-Hosek: Kostenneutral!) Tatsache ist, dass diese Seite heute nicht mehr aufrufbar ist, und wir wissen, dass seit 13 Jahren die Familienbeihilfe nicht valorisiert wurde, hingegen – und deshalb auch unser Antrag heute, den der Matthias vorgestellt hat – die Parteien­förderung sehr wohl valorisiert würde. Daher unser Antrag, mit der Bitte, den breitest möglich mitzutragen, diese Valorisierung der Fairness halber auszusetzen! (Zwischen­ruf bei der ÖVP.)

Zweiter Punkt: Es wurde schon sehr viel gesagt über diese bewusste oder zumindest sehr stark fahrlässige Wählertäuschung hinsichtlich des Budgetloches, wie auch immer man das nennt. Ich sehe es auch so wie Frau Dr. Glawischnig, dass die Zahlen, die verwendet wurden, die Prognosen nicht das Hauptproblem sind. Das Hauptproblem ist tatsächlich eine Vogel-Strauß-Politik, den Kopf in den Sand stecken vor diesem Hypo-Desaster. Dass das nicht absehbar war, ist entweder auch wirklich fahrlässig, zeugt von Dilettantismus, oder es ist einfach schuldhaft, man hat einfach vor der Wahl Wähler täuschen wollen. Wir werden das auch noch später behandeln, weil wir ja ebenso wie das Team Stronach auch einen Antrag auf einen Untersuchungsausschuss eingebracht haben.

Ich möchte hier nur kurz auch an die Stellungnahme des Budgetdienstes der Parla­mentsdirektion zum Finanzrahmen erinnern, wo sehr wohl schon drinnen gestanden ist, dass es da erhebliche Risken bei der Umsetzung des Finanzrahmens gibt, aufgrund des höheren Mittelbedarfs für die Bankenhilfe, insbesondere für die Hypo Alpe-Adria-Bank. Die Frage, die wir heute noch diskutieren werden, ist: Ist durch diese Verschleppung einer Entscheidung hinsichtlich einer Abwicklungsstruktur ein Schaden für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler entstanden? – Wir glauben: Ja, da ist ein Schaden entstanden! (Abg. Dr. Strolz: Ein großer!)

Einen Punkt möchte ich noch einbringen, der heute noch nicht zur Sprache gekommen ist. Wir haben heute im Morgenjournal gehört, im Korruptionsindex von Transparency International ist Österreich nur noch am 26. Platz. Ich erinnere an meine erste Rede hier zu einem Informationsfreiheitsgesetz, möchte aber auch betonen, dass Trans­parency International sagt, die wirksame strafrechtliche Bekämpfung von Korruption steht und fällt mit der ausreichenden personellen und fachlichen Ausstattung der Staatsanwaltschaft und mit deren Unabhängigkeit.

Jetzt komme ich zu dem Punkt, warum ich das hier und heute sage: Korruptions­bekämpfung ist nicht nur aus demokratiepolitischen Gründen sehr, sehr wesentlich in


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Österreich, sondern sie hat auch eine volkswirtschaftliche Dimension. Es gibt eine Studie der Johannes Kepler Universität Linz, wo aufgelistet wird, dass durch die Korruption ein Schaden von 27 Milliarden € entsteht. Ich zitiere jetzt aus dieser Studie von Professor Friedrich Schneider, der sagt:

„Gelänge es, die Korruption in Österreich auf das“ Niveau „der Schweiz im Jahr 2011 () zu reduzieren, dann könnte der Schaden für die österreichische Wirtschaft um 6 Mrd. Euro () reduziert werden.“

Schneider sagt ferner, dass diese Korruption das Wirtschaftswachstum erheblich hemmt.

Liebe Bundesregierung! Wenn nun das Budgetloch, wie Sie auch behaupten, hauptsächlich darauf fußt, dass Wirtschaftsprognosen hinsichtlich des Wachstums revidiert wurden, dann stelle ich hier und heute den Antrag, dass wir etwas wirksamer und deutlicher gegen Korruption in Österreich vorgehen, und zwar insbesondere durch die Unabhängigkeit der Justiz.

Ich möchte hiermit folgenden Antrag stellen, den im Übrigen, wie mir vorhin mitgeteilt wurde, das Team Stronach, die Frau Dr. Nachbaur auch unterstützt:

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat so rasch wie möglich einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, dem zufolge eine weisungsfreie Generalstaats­anwalt­schaft eingerichtet wird, die anstelle der Bundesministerin für Justiz an der Spitze der Weisungskette der Staatsanwaltschaft steht.“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei NEOS-LIF sowie bei Abgeordneten von Grünen und Team Stronach.)

15.26


Präsident Karlheinz Kopf: Der soeben von Frau Abgeordneter Meinl-Reisinger eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger, Kollegin und Kollegen betreffend die Einrichtung einer weisungsfreien Generalstaatsanwaltschaft als Maßnahme zur Korruptionsbekämpfung

Eingebracht im Zuge der Debatte über die Dringliche Anfrage des Abgeordneten Strache betreffend die Desinformationspolitik über die budgetäre Lage Österreichs

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat so rasch wie möglich einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, dem zufolge eine weisungsfreie Generalstaatsanwalts­anwaltschaft eingerichtet wird, die anstelle der Bundesministerin für Justiz an der Spitze der Weisungskette der Staatsanwaltschaft steht.“


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Begründung

In der jüngeren Vergangenheit konnte vor allem aufgrund der medialen Berichterstat­tung zu Strafprozessen ein schleichender Vertrauensverlust in die Justiz beobachtet werden. In der Bevölkerung laufen ständig Diskussionen über die bevorzugte Behand­lung von Personen des öffentlichen Lebens in den gegen sie laufenden Ermittlungs­verfahren. Diese Diskussion wird nicht verstummen, solange der/die Justizminister-in als parteipolitisch besetztes Organ die bloße Möglichkeit der direkten oder indirekten Einflussnahme auf die Strafverfolgung hat. Um die für den demokratischen Rechtsstaat unverzichtbare Gewaltenteilung konsequent zu verwirklichen, darf die Weisungsbefug­nis auf die Staatsanwaltschaft nicht weiter vom Justizministerium aus erfolgen. Da­durch wird die realpolitisch existierende Kontrolle der 1. und 2. Staatsgewalt, die durch eine politische Besetzung der Ressortspitze des Justizministeriums faktisch auch auf die 3. Staatsgewalt ausgedehnt wird, eingeschränkt werden. Nur so kann von einer tatsächlich unabhängigen Justiz gesprochen werden.

Die Einrichtung einer weisungsfreien Generalstaatsanwaltschaft ist nicht nur aus demokratiepolitischen Überlegungen angezeigt, sie stellt auch eine wirksame Maß­nahme zur Korruptionsbekämpfung dar. Laut einer Studie der Johannes-Kepler-Universität Linz beträgt der volkswirtschaftliche Schaden durch Korruption in Österreich im Vorjahr auf 26 Milliarden Euro. Im jüngsten Corruption Perception Index von Transparency International belegt Österreich nur mehr Platz 26. Im Vergleich zu den EU-15 liegt Österreich im Schlussfeld.

Transparency International Österreich stellt in diesem Zusammenhang fest:

„Die wirksame strafrechtliche Bekämpfung von Korruption steht und fällt mit der ausreichenden personellen und fachlichen Ausstattung der  Staatsanwaltschaft und deren Unabhängigkeit.“ Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung können somit auch wirksame Maßnahmen für die Budgetsanierung sein. Professor Friedrich Schneider, Autor der o.g. Studie der JKU Linz, stellt in der Studie „Schattenwirtschaft, Sozialbetrug und Korruption in Österreich: Wer gewinnt? Wer verliert?“ vom August 2012 fest: „Gelänge es, die Korruption in Österreich auf das Niveau der Schweiz im Jahr 2011 [...] zu reduzieren, dann könnte der Schaden für die österreichische Wirtschaft um 6 Mrd. Euro [...] reduziert werden“. Prof. Schneider stellt in der Studie ferner fest, „dass die Korruption das Wirtschaftswachstum erheblich hemmt“. Wenn das Budgetloch wie behauptet stark auf eine Revidierung der Wirtschaftsprognosen nach unten zurück­zuführen ist, kann Österreich sein manifestes Produktivitätsproblem durch Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung wie eine weisungsfreie Generalstaatsanwaltschaft nach­haltig und wirksam bekämpfen.

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Podgorschek. – Bitte.

 


15.27.10

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Herren auf der Regierungsbank! Die Wahrheit ist der Bevölkerung zumutbar! – Ich glaube, dieser Spruch von der Ingeborg Bachmann hat mehr Bedeutung und Gültigkeit denn je. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Den Menschen! Ist ein Unter­schied!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Budgetloch, das wir schon vor zwei Wochen diskutiert haben, ist eine Erfindung der ÖVP, soweit ich mich erinnere, und


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nicht der Opposition. Wenn man heute die Menschen auf der Straße fragt, dann erfährt man, dass sie durchaus bereit sind, Opfer zu bringen, wenn es eine gewisse Nach­haltigkeit hat. Aber eines muss uns klar sein: Die Grenzen der Belastbarkeit der Bevölkerung sind erreicht. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeordneten Dr. Nachbaur und Dr. Strolz.)

Wir können nicht noch zusätzlich Steuern erhöhen oder Steuern einnehmen, wir müssen darüber nachdenken, wie wir die Bevölkerung entlasten. Wir haben jetzt bereits mit zirka 44 Prozent Steuer- und Abgabenlast eine der höchsten in Europa. Wir sollten nicht darüber nachdenken, wie wir den Menschen nicht mehr Geld aus der Tasche ziehen, sondern wir müssen darüber nachdenken, wie wir den Menschen mehr Geld wieder zurückgeben. Da war der Ansatz durchaus richtig, wenn man sagt, man reduziert den Einstiegssteuersatz auf 25 Prozent, man erhöht die Progressionsstufen, damit die Menschen wieder mehr Geld in der Tasche haben, damit sie weniger abhängig sind von Transferleistungen. Wir müssen weg von einem sozialistischen Modell und vom sozialistischen Denken! (Beifall bei der FPÖ.)

Der Kaufkraftverlust der Menschen muss ausgeglichen werden! Heute haben wir in der Debatte schon gehört, die Familienbeihilfe ist seit Jahren nicht mehr angeglichen worden. Wir haben sukzessive an Kaufkraft verloren, nämlich seit der Einführung des Euro. Das müssen wir einmal zur Kenntnis nehmen! Daher gibt es nur einen einzigen Weg, der einzuschlagen wäre: Wir müssen unseren Staat schlanker machen!

Ich habe das hier schon vor zwei Wochen gesagt: Wir wissen noch immer nicht, was wir sein wollen. Wollen wir ein zentralistischer Staat sein, oder wollen wir ein föde­ralistischer Staat sein? Die Landeshauptleute, und vor allem die Landeshauptleute aus dem Osten, bestimmen derzeit die Politik und nicht die Bundespolitiker. In diesem Dilemma befinden sich die beiden Parteien Rot und Schwarz, und da gehört endlich einmal dieses Machtverhältnis zwischen Ländern und Bund entflochten!

Da ist diese Idee, die ja heute auch schon angesprochen wurde, mit einer Steuerhoheit der Länder durchaus zu begrüßen: Die Landeshauptleute sollen das Geld, das sie ausgeben, auch den Menschen nehmen und nicht durch schwierige Verhandlungen durch den Finanzausgleich den Bund erpressen und dementsprechend viel Geld herausholen.

Es gibt genügend Beispiele, wo man das Verhältnis Bund/Land entflechten kann: sei es im Gesundheitsbereich – es kann nicht sein, dass an einer Landesgrenze zwei Spitäler gebaut werden –, sei es im Bildungswesen, wo der Bund die Lehrer zahlt und die Länder für die Organisation verantwortlich sind. Das geht dann sogar so weit, dass man sagen kann: Ja brauchen wir überhaupt noch Landesschulratspräsidenten? Genügt da nicht ein ganz einfacher Beamtenstab, der beim jeweiligen Schulreferenten angesiedelt ist? Brauchen wir diese Repräsentanten? – Nein, wir brauchen sie nicht!

Wir brauchen ein einheitliches Rechnungswesen – auch das wurde schon ange­sprochen –, und wir müssen endlich mit den Doppelgleisigkeiten bei den Subventionen aufhören. Ja, eine Transparenzdatenbank wurde auch schon in Angriff genommen, aber wie immer in Österreich sind wir auf halbem Weg steckengeblieben und es ist nichts dabei herausgekommen.

Das Einzige, worüber nachgedacht wird, ist, dass man Posten schließt, nämlich Posten der Polizei. Das geht am einfachsten, widerspricht aber dem Sicherheitsbedürfnis unserer Bevölkerung. (Beifall bei der FPÖ.)

Deshalb darf ich folgenden Antrag einbringen:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 61

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Strache, Vilimsky, Podgorschek, Kolleginnen und Kollegen betref­fend den rot-schwarzen Kahlschlag von Polizeidienststellen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Im Zuge der Budgeterstellung wird die österreichische Bundesregierung aufgefordert sicherzustellen, dass es zu keiner Schließung von Polizeidienststellen kommen muss.“

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren, manchmal habe ich den Eindruck, dass Rot und Schwarz am Lieben-Augustin-Syndrom leiden, nämlich so nach dem Motto: „Geld ist weg, Mensch ist weg,/Alles hin, Augustin./O, du lieber Augustin,/Alles ist hin.“ (Beifall bei der FPÖ. – Ruf: Das war eine Brandrede!)

15.32


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Podgorschek soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten KO Strache, Vilimsky, Podgorschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend den rot-schwarzen Kahlschlag von Polizeidienststellen

eingebracht im Zuge der Debatte über die Dringliche Anfrage betreffend „die Desinfor­mationspolitik über die budgetäre Lage Österreichs“ in der 6. Sitzung des National­rates, XXV. GP, am 3. Dezember 2013.

Die budgetäre Schieflage der Republik ist wesentlich ausgeprägter als im Vorfeld der Nationalratswahl seitens der Bundesregierung kolportiert wurde. Das Budgetloch wurde auf bis zu 40 Milliarden Euro für die nächsten fünf Jahre verortet. Andere Quellen sprechen von ca. 20 Milliarden Euro. Mitglieder der Bundesregierung, insbe­sondere Finanzministerin Maria Fekter sowie Bundeskanzler Werner Faymann und Finanzstaatssekretär Andreas Schieder setzen auf Nicht- und Desinformation. Nach der Wahl, am Abend des 13. November 2013, räumten die Regierungsparteien plötz­lich erheblichen Anpassungsbedarf beim Budget ein.

Die neuesten Ideen dazu sind, wie die Tageszeitungen „Krone“ oder auch „Die Presse“ berichteten, bei den Regierungsverhandlungen behandelt worden und zwar einschnei­dende Sparmaßnahmen für die Exekutive. Die Reformpläne umfassen Sparmaß­nahmen in Form der Schließung von 100 Polizeidienststellen. Hauptbetroffene sollen die Länder Niederösterreich und Oberösterreich sein, aber auch in anderen Bundes­ländern sollen Dienststellen geschlossen werden. Leidtragende sind die Bürger, weil die durchschnittliche Interventionszeit - die Dauer der Exekutive ab Verständigung zum Einsatzort - wird dadurch länger, die Möglichkeit des persönlichen Kontaktes durch den Besuch einer Dienststelle erschwert, etc..

Solche Sparmaßnahmen sind in Zeiten steigender Kriminalität sowie stark zunehmen­der Belastungen der Sicherheitswachebeamten unverantwortlich.

Waren es im Jahr 2010 noch 535.745 angezeigte Straftaten, so waren es im Jahr 2012 schon 548.027. Im Vergleich Wien mit München wurden im Jahr 2012 in Wien


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 62

203.055 Straftaten angezeigt, umgelegt sind dies 23,1 begangene Straftaten pro Stunde, und in München 98.583 Straftaten angezeigt, 11,2 Straftaten pro Stunde. Selbst die Aufklärungsquote lag in Wien bei 35,2 und in München bei 60,5 Prozent.

Interessant in diesem Zusammenhang ist auch, dass das Meinungsforschungsinstitut IMAS gerade eine Umfrage mit dem Titel „Sehnsucht nach Sicherheit“ veröffentlicht hat, welche folgende Ergebnisse beinhaltet:

„Ein Drittel der Österreicher fühlt sich in der Nacht unsicher in der Nähe ihrer eigenen Wohngegend, insbesondere Frauen, Menschen unter 30 Jahren und Personen aus den urbanen Zentren Österreichs wollen an gewissen Plätzen in der Nähe ihrer eigenen vier Wände am Abend nicht alleine unterwegs sein. ()

70 Prozent der Bevölkerung fordern von der Politik sich zumindest etwas mehr mit dem Thema Sicherheit zu beschäftigen, mehr als jeder 4. Österreicher spricht sich sogar für einen besonders intensiven Einsatz der Politiker rund um diese Kernfrage der Lebens­qualität aus.“

http://www.imas.at/index.php/de/imas-report-de/aktuelle-reports/368-23-sehnsucht-nach-sicherheit

Diese Sparmaßnahmen bei der Sicherheit in Österreich sind abzulehnen, denn das würde einen abermaligen Anstieg der Kriminalität auf Kosten der Bevölkerung bedeu­ten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Im Zuge der Budgeterstellung wird die österreichische Bundesregierung aufgefordert, sicherzustellen, dass es zu keiner Schließung von Polizeidienststellen kommen muss.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Ich gebe darüber hinaus bekannt, dass betreffend diesen Antrag von 20 Abgeordneten das Verlangen gestellt wurde, über diesen Antrag eine namentliche Abstimmung durchzuführen.

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Hundstorfer. – Bitte.

 


15.32.55

Abgeordneter Rudolf Hundstorfer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin, ehrlich gesagt, etwas überrascht – aber es war nicht anders zu erwarten –, dass Sie mit Vorschlägen kommen, und die Realität schon ganz anders aussieht.

Sie kommen immer wieder mit den Vorschlägen des Rechnungshofes. Wenn Sie sich wirklich für die Materie interessieren würden, meine Damen und Herren der Frei­heitlichen, dann würden Sie wissen, dass Sie selbst, so, wie Sie hier sitzen, 16 Vorschläge, die mein Haus betreffen und die Gesetzesänderungen verursacht haben, mitbeschlossen oder abgelehnt haben, dass das alles schon da war. Erzählen Sie doch nicht der Bevölkerung irgendetwas, eine Chimäre! (Abg. Dr. Rosenkranz: Der Rechnungshof ist von gestern?!) Schauen Sie sich doch die Realität des täglichen Lebens an, das wäre besser! (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 63

Herr Abgeordneter, Sie sind, glaube ich, Rechtsanwalt. (Zwischenruf des Abg. Dr. Rosenkranz.) Ich kann Ihnen dann die Liste geben, was der Rechnungshof aus der Liste der 599 meinem Haus vorgeschlagen hat (Abg. Neubauer: Und wie viele Anträge von uns haben Sie vertagt?), dann werden Sie sehen, dass das schon alles geschehen ist.

Was ich vertagt habe? – Ich sage Ihnen auch, was ich vertagt habe! (Abg. Neubauer: 1 500!) – Überhaupt nicht, denn es gibt nur 33, die mich betreffen. (Abg. Neubauer: Sie nicht, alle zusammen!) Das ist einmal Ihr Problem. – Punkt eins.

Punkt zwei: Sie sollten Mathematik lernen! (Abg. Neubauer: Da brauche ich Sie aber nicht dazu, zum Mathematik-Lernen!)

Und das Nächste – das Sie auch zur Kenntnis nehmen sollten –: Was der Rech­nungshof vorschlägt, ist teilweise eben auch nicht die Realität des Lebens, denn die Abschaffung der Bundesländer bringe ich allein nicht zusammen, und das hat mir der Rechnungshof viermal vorgeschlagen. (Ruf bei der FPÖ: Aber geh, bitte!) Wenn das das ist ... (Abg. Dr. Rosenkranz: Also sinnerfassend lesen würde ich mir von einem Bundesminister ...!) Schauen Sie sich doch ... (Abg. Neubauer: ... Bundesminister kann nicht sinnerfassend lesen! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Wenn Sie sich das wirklich ein bisschen anschauen würden! Schauen Sie sich die Vorschläge an, die ich zur Sozialhilfe bekommen habe! Schauen Sie sich doch die Vorschläge an, die ich zum Vollzug des Pflegegeldes bekommen habe! Das bedeutet in Wirklichkeit: Abschaffung der Bundesländer. Das ist Ihr Problem! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Rosenkranz: Das ist doch der Voves, der in der Steiermark alles zusammenlegen möchte!)

Wenn Sie sich auch herstellen und jetzt sagen, alles müsse anders sein: Es ist natür­lich toll, hier einen Antrag zu präsentieren, in dem steht: 1 200 € Mindestpension. – Ist ja super (Ruf bei der FPÖ: Bravo!), ist ja gar keine Frage. Ich würde ihn auch gerne stellen, aber ich habe Verantwortungsbewusstsein – im Gegensatz zu Ihnen. (Abg. Neubauer: Sie haben dafür die Bedarfsorientierte Mindestsicherung!)

Ich habe Verantwortungsbewusstsein gegenüber dieser Republik, Verantwortungs­bewusstsein gegenüber den Menschen! Sie wissen ganz genau, dass Sie die 1 200 € nie finanzieren könnten, weil Sie auch nie ganz genau vorlegen, wie Sie das finan­zieren. Streuen Sie doch nicht den Menschen Sand in die Augen! (Abg. Dr. Rosen­kranz: Nein, nein, den Sand brauchen Sie für die Sandsäcke ...!)

Kommen Sie doch nicht jetzt auf einmal hier mit sogenannten Generationen-Indices. Wo ist denn Ihr Vorschlag für einen Baby-Index? Wo ist Ihr Vorschlag für einen Jungfamilien-Index? Streuen Sie doch bitte nicht den Menschen Sand in die Augen, wo Sie ganz genau wissen, der Weg, den Sie einschlagen, heißt Zerfall der Gesellschaft und nicht Zusammenhalt der Gesellschaft. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neubauer: So viel Sand gibt es nicht einmal in Italien, wie man da braucht!)

Wenn Sie hier kritisieren, dass zwei Spitäler an einer Landesgrenze errichtet wurden, bin ich bei Ihnen: Ich kritisiere das genauso. Es gibt nur einen Unterschied zwischen uns: Die Bürgerinitiativen, die dahinterstehen, haben Sie unterstützt und nicht ich. Das ist der entscheidende Unterschied! (Beifall und Ah-Rufe bei der SPÖ.)

Man soll auch die Wahrheit sagen. Hier wird Wien kritisiert (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Oje!) – das ist natürlich ein Lieblingsthema, das ist ja klar. Man erwartet sich etwas bei den nächsten Wiener Wahlen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Rosenkranz.) Für jene Damen und Herren, die nicht aus Wien kommen, nur damit sie das zur Kenntnis nehmen: Die Freiheitlichen haben bei den Nationalratswahlen ganz gut abgeschnitten – mit einer Ausnahme. Es gibt ein Bundesland, wo sie nominell ein


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Minus haben, und das ist Wien. Das verschweigen Sie ganz gerne. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Und wie viel Minus haben Sie in Wien? Sie sind der Spitzenkandidat! ... schlechtes Ergebnis!)

Die Sozialdemokratie hat auch ein Minus – das ist ja auch keine Frage! –, aber Sie haben ebenfalls ein nicht schwaches Minus in Wien nach Hause gefahren, weil Sie auch eines zur Kenntnis nehmen müssen: Der Wiener Arbeitsmarkt ist ein wach­sender, der Wiener Arbeitsmarkt schrumpft nicht. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Ja, die Menschen schlagen sich auf die Schenkel!) 800 728 Menschen arbeiteten mit Anfang November in Wien! 800 728! (Abg. Neubauer: Und wie viele sind arbeitslos?)

Jetzt kommen wir zum Thema Arbeitslose. Natürlich gibt es Arbeitslosigkeit (Abg. Dr. Hübner: Woher kommen die?), aber Sie wissen zum Beispiel auch, dass in diesen 800 000 (weiterer Zwischenruf des Abg. Dr. Hübner) 250 000 Niederösterreicher, Steiermärker und Burgenländer drinstecken – das wissen Sie –, weil wir in einem gemeinsamen Österreich leben. (Abg. Neubauer: Weil Sie bis heute gegen den Arbeitsstrich noch nichts unternommen haben!)

Wir leben aber auch in einem gemeinsamen Europa. – Sagen Sie doch die Wahrheit, was Sie wollen! (Abg. Neubauer: Tun Sie endlich etwas gegen den Arbeitsstrich!) Kommen Sie doch nicht mit einem Antrag daher, in dem steht: Grenzen dicht für Rumänien und Bulgarien! Sagen Sie die Wahrheit! (Abg. Neubauer: Sagen Sie die Wahrheit!) Grenzen dicht, raus aus der EU: Das ist das, was Sie in Wirklichkeit wollen!

Aber dann sagen Sie das auch den 220 000 Österreicherinnen und Österreichern, die in die Schweiz pendeln (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Was hat die Schweiz mit der EU zu tun?), die in die Bundesrepublik Deutschland pendeln, dass das auch vorbei ist mit dem, was Sie hier verlangen. (Zwischenruf des Abg. Neubauer.) Streuen Sie doch nicht den Menschen Sand in die Augen! Sagen Sie den Menschen die Wahrheit: Sie wollen eine abgeschottete Republik Österreich (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: So wie die Schweiz!), Sie wollen ganz einfach kein vereintes Europa. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Höbart: Das war eine schlechte Rede!)

15.38


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Jank zu Wort. – Bitte.

 


15.38.27

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Regierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Besuchergalerie und zu Hause an den Geräten! Ein Parlament ist nicht dazu da, etwas zu beschönigen, aber sicherlich auch nicht, zu dramatisieren.

Ich möchte Ihnen eingangs den jüngsten Bericht der OECD – vom November 2013 –, den Lagebericht betreffend Österreich, kurz präsentieren. Da heißt es: 

„Eine verhaltene Konjunkturerholung ist in Gang gekommen“.

„Das Wachstum bezieht seine Impulse von den Exporten“.

„Die Haushaltskonsolidierung verläuft zielkonform. Die Haushaltskonsolidierung ist in den letzten Jahren rasch vorangeschritten, und Österreich ist auf gutem Weg, das mittelfristige Ziel eines strukturellen Defizits von 0,45 % des BIP vor dem Zieljahr 2017 zu erreichen.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das heißt, die Arbeit, die geleistet wurde, und die Arbeit, die seitens der Regierung und der verantwortlichen Finanzministerin geleistet wurde, sind hervorragend. (Beifall bei der ÖVP.) Wir sind genau dort, wo der


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 65

Pfad hinführen sollte, um sicherzustellen, dass sich Österreich auf dem richtigen Weg befindet und entwickelt.

Da sich dieser Nationalrat offensichtlich mehrheitlich – das ist mein Eindruck nach den ersten beiden Plenartagen, an denen ich die Gelegenheit hatte, hier mitgestalten zu dürfen – darauf beschränkt, zu kritisieren, was es alles nicht gibt und was alles besser sein könnte, möchte ich einen Beitrag leisten und zeigen, was einfach umsetzbar ist, was einfach umzusetzen ist, im Wissen, dass es in der nächsten Zeit keine finanziellen Spielräume gibt, um unser Budgetziel nicht zu gefährden. Ich möchte das anhand der mittelständischen Wirtschaft tun.

Der Mittelstand ist der Träger unseres Systems, und dazu gehören auch die Mitarbeite­rinnen und Mitarbeiter in unseren Betrieben. Die mittelständische Wirtschaft beschäftigt 1,8 Millionen Menschen. Sie ist verantwortlich für 60 Prozent des Umsatz- und des Wachstumsplus, das wir haben. Der Mittelstand ist der Träger unseres Gesellschafts­modells.

Wohlstand und Wachstum müssen uns dabei als Leitlinien gelten. Für deren Erhalt ist entscheidend, dass die produktiven Kräfte in unserem Land gestärkt werden. Es ist dabei zu berücksichtigen, dass wir bereits ein Hochsteuerland sind – das wurde bereits mehrfach angesprochen. Wir haben die sechsthöchste Staatsquote weltweit, wir haben die mit Abstand höchste Transferquote in der Europäischen Union.

Unsere Mittelstandsoffensive würde ich gerne an fünf Punkten festmachen.

Erster Punkt: erneuern statt besteuern. Und ich spreche – ich sage es noch einmal – nur Punkte an, die keiner unmittelbaren Geldmittel bedürfen, wie zum Beispiel die Steuererklärung auf einer Seite – für Kleinunternehmer ist das eine ganz wesentliche Forderung – oder die Rechtssicherheit in der Frage der Selbständigkeit und Unselb­ständigkeit, um die Unsicherheiten im Sozialversicherungsrecht auszuräumen.

Zweitens: weniger Bürokratie und mehr Freiheit für das Unternehmertum durch eine spürbare Reduktion des Administrationsaufwandes für Unternehmen und die Bereini­gung von Rechtsvorschriften in Bund, Ländern und Gemeinden. Jedes neue Gesetz ist vor seiner Beschlussfassung einem Bürokratiecheck und auch einem Beschäftigungs­check zu unterziehen.

Im Kampf gegen Teuerung sind öffentliche Gebühren nicht zu valorisieren, sondern sie haben sich ausschließlich an den tatsächlichen Kosten zu orientieren.

Eine Transparenzdatenbank – sie ist vorhin angesprochen worden – ist nötig, vor allem, um die Doppelförderungen hintanhalten zu können.

Unser Fokus muss aber auch auf der Entwicklung unserer Fachkräfte liegen. Wir fordern daher eine verpflichtende Potenzialanalyse für alle Schüler und eine Berufs­information ab der siebenten Schulstufe. Wir fordern, die Lehre mit Matura zu forcieren, und die Einrichtung einer Basisausbildung „Berufsorientierung und Berufsberatung“ für Pädagogen, denn es ist bereits in der Ausbildung sicherzustellen, dass eine richtige Berufsberatung erfolgt. Wirtschaftswissen und Unternehmergeist sind schon in der Volksschule zu forcieren. Sprachförderung soll migrantische – aber nicht nur migran­tische – Jugendliche fit für die Lehre machen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, meine Redezeit geht gleich zu Ende. Lassen Sie mich noch die letzten zwei Punkte ansprechen, nämlich den Punkt Wachstums- und Beschäftigungsimpulse und den Punkt verbesserte Unternehmensfinanzierung.

Zum Punkt Wachstums- und Beschäftigungsimpulse: Das Arbeitsrecht beziehungs­weise die Arbeitszeitflexibilisierung ist für uns wesentlich, um auch die Vereinbarkeit


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 66

von Familie und Beruf sicherzustellen. Ein verpflichtender Standortcheck für alle Ge­setze ist unerlässlich.

Und zweitens: eine Verbesserung der Unternehmensfinanzierung mit Beteiligungs- und Eigenkapitalfinanzierung, durch Wegfall der steuerlichen Diskriminierung und die vereinfachte Vergabe von Haftungen für die klein- und mittelständische Wirtschaft sowie den verbesserten Zugang zu Wagniskapital. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP.)

15.44


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler zu Wort gemeldet. Ich würde ihm das Wort erteilen. Die Wortmeldung ist aber gestrichen? (Abg. Mag. Kogler nickt.)

Somit gelangt als Nächster Herr Abgeordneter Dr. Vetter zu Wort. – Bitte.

 


15.45.09

Abgeordneter Dr. Georg Vetter (STRONACH): Herr Präsident! Hohes Haus! Der Volksmund sagt, es wird nirgends so viel gelogen wie vor der Wahl, bei Gericht und nach der Jagd. Wer also dem Volksmund folgt, der glaubt an die Lüge vor der Wahl.

Ich glaube vor allem daran, dass uns die Regierung mit den jetzt vorgelegten Zahlen auf die nächste Angriffswelle auf das Eigentum des Bürgers vorbereiten will. Denn fragen wir einmal: Was ist denn vor der Wahl gesagt worden? Hat irgendjemand im Wahlkampf Budgetzahlen genannt? – Also ich kann mich nicht daran erinnern. Der Bundeskanzler wollte eine durch Vermögensteuern gegenfinanzierte Steuerreform, der Vizekanzler hielt eine Steuerreform für ein unverantwortliches Wahlzuckerl. Wer hat denn im Wahlkampf eine Steuerreform ohne Gegenfinanzierung gefordert? (Ruf: Der Frank!) – Niemand, mit einer einzigen Ausnahme: ich selbst.

Ich habe unter Verweis auf die Laffer-Kurve eine Steuerreform gefordert. Nicht des­halb, weil wir so viel Geld haben, sondern ganz im Gegenteil, weil sich eine solche Steuerreform selbst finanziert und letztlich zu Steuermehreinnahmen führt, weil die Steuerschraube schlicht und einfach viel zu fest angezogen ist. Mehr dazu ein anderes Mal. (Beifall beim Team Stronach.)

Konkrete Budgetzahlen hat meiner Erinnerung nach niemand genannt. Allerdings – und das ist das Entscheidende – hat auch niemand den im Bundesgesetzblatt veröffentlichten Budgetzahlen und Prognosen widersprochen. Gemäß § 12 des Bundeshaushaltsgesetzes ist jährlich ein Bundesfinanzrahmengesetz für die nächsten vier Jahre zu beschließen, das gemäß § 13 des Bundeshaushaltsgesetzes in gewissen Grenzen auch Bindungswirkung hat. Und nun erkennen wir, dass diese Budgetzahlen in der Realität nicht halten und ein Loch in zweistelliger Milliardenhöhe klafft.

Irgendwie fühle ich mich an die Kritik Egon Friedells an Joseph II. erinnert, als er ihm die Erfindung des österreichischen Bürokratismus als jene Weltweisheit vorwarf, die all das als gegeben annimmt, was irgendwo aufgeschrieben ist. Und wo die Wahrheit und die Wirklichkeit auseinandergehen, beginnt für die einen die Philosophie und für die anderen die Lüge. Daher meinen nicht wenige, dass der Volksmund mit dem eingangs zitierten Spruch recht hat: Nirgends wird so viel gelogen wie vor der Wahl.

Aber stimmt das? Bedingt nicht die Lüge das Wissen über die Wahrheit, also den Vorsatz? Wird hier nicht einfach der Vorsatz herbeierfunden, wie das in Zeiten einer Krise so oft leichtfertig getan wird? Über die zunehmende Irrelevanz des Vorsatzes in der postzivilisatorischen Gesellschaft werden wir uns in dieser Legislaturperiode noch öfter zu unterhalten haben.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 67

Die Zahlen im Bundesfinanzrahmengesetz basieren immer auf Prognosen, die aber ganz offensichtlich zu optimistisch waren. Ist das wirklich überraschend? Wenn man sich die Zukunftsprognosen des Staatsschuldenausschusses, die in diesen Berichten veröffentlicht sind, seit 1998 ansieht – seit damals sind sie veröffentlicht –, die schon damals auf vier Jahre angelegt waren, erkennt man sofort, dass das zukünftige Defizit immer viel zu optimistisch angelegt war. Sie können sich das 1998, 1999, 2006, 2007 anschauen: Immer gibt es im nächsten Jahr nur ein Defizit von 63 Prozent und vier Jahre später von 55, 56 Prozent. Diese Zahlen sind einfach immer zu optimistisch gewesen!

Kann das wirklich verwundern? – Man hat einfach die Zukunft unrealistisch einge­schätzt. Und wie nennt man das? – Man hat sich schlicht und einfach verspekuliert. Man hat mitten in der Schuldenkrise genau das getan, was die Politik den angeblich krisenauslösenden Finanzmärkten vorwirft: Die Politik hat sich verspekuliert.

Eine weitere Frage, die wir uns stellen müssen: Wer hat sich denn verspekuliert? War es die Regierung? – Ja und nein: Sie hat die Informationen für das Bundesfinanz­rahmengesetz geliefert. Und wer hat es beschlossen? – Beschlossen hat es das Parlament. Hat also der Gesetzgeber nicht die Wahrheit gesagt? Hat sich der Vorgänger-Gesetzgeber in der XXIV. Legislaturperiode verspekuliert?

Das wirkliche Problem liegt darin, dass der Gesetzgeber mit dem Bundeshaus­haltsgesetz gezwungen ist, ein Bundesfinanzrahmengesetz für vier Jahre mit Bin­dungswirkung zu erlassen. Das kann praktisch nie der Wirklichkeit entsprechen, da die finanzpolitische Zukunft im Allgemeinen nicht Erkenntnisgegenstand der Wahrheit sein kann. (Beifall beim Team Stronach.)

Im Übrigen halte ich finanzpolitische Vier- und Fünfjahrespläne in Gesetzesform nicht nur deshalb für demokratiepolitisch bedenklich, weil sie in ihrer Konzeption sehr an diverse Diktaturen der Vergangenheit erinnern. Das sind planwirtschaftliche Ansätze, die in einer Demokratie meiner Ansicht nach nichts verloren haben. (Beifall der Abg. Dr. Nachbaur.)

Demokratiepolitisch halte ich solche Vierjahrespläne vor allem deshalb für verfehlt, weil bei einem demokratischen Regierungswechsel die nächste Regierung theoretisch noch vier Jahre an die Budgetvorgaben der Vorgängerregierung gebunden ist. (Abg. Dr. Hübner: Warum? Man kann es ja ändern!) Das schränkt die Möglichkeit des Politikwechsels, von dem die Demokratie lebt, ungebührlich ein. Wir als Opposition müssen in Wirklichkeit gegen diese Vierjahrespläne sein, obwohl wir heute vielleicht in der Diskussion davon profitieren. (Abg. Dr. Fekter: EU-Recht!)

Das Bundesfinanzrahmengesetz hat mit seinen gut gemeinten, unrealistischen Zahlen der Regierung einen Strick um den Hals gelegt, der ihr kaum mehr Luft zum Atmen gibt. Als Gesetznehmer ist man versucht Schadenfreude zu zeigen: Der Gesetzgeber erstickt in der eigenen Regelungswut. Es geht ihm wie Zigtausenden Betrieben und Hunderttausenden Menschen in diesem Land, die ständig unter der Regelungswut des Staates zu leiden haben. Die Lehre kann mit Tacitus nur sein: Wo es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu erlassen, ist es notwendig, kein Gesetz zu erlassen.

Ich fasse zusammen: Erstens haben die Regierungsparteien sich verspekuliert. Und zweitens sind sie Opfer ihrer eigenen Regulierungstätigkeit geworden. Denken Sie daran, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, wenn sich das nächste Mal Ihre Politik, insbesondere Ihre Steuerpolitik, gegen die eigene Bevölkerung richtet! – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

15.52



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 68

Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Hable. – Bitte. (Abg. Neubauer: In Linz beginnt’s! – Abg. Dr. Hable – auf dem Weg zum Rednerpult –: So ist es!)

 


15.52.16

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS-LIF): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Geschätzte Bürgerinnen und Bürger auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Argentinien hat es getan. Orange County hat es getan. Griechenland hat es mehrmals in seiner Geschichte getan. Was haben ein großes südamerikanisches Land, ein Verwaltungsbezirk in Kalifornien und eines unserer liebsten Urlaubsländer in Europa gemeinsam? (Abg. Neubauer: Olympische Spiele!) – Sie alle sind schon einmal in die Insolvenz geschlittert. Sie haben ihre Schulden nicht mehr begleichen können. Sie haben mit ihren Gläubigern Verhandlungen geführt, und diese mussten schließlich einer Restrukturierung und einem teilweisen Verlust ihrer Forderungen zustimmen.

In Österreich ist die Insolvenz einer Gebietskörperschaft nicht möglich – sagt man zumindest. Das heißt, die Notverstaatlichung der Hypo Alpe-Adria war alternativlos, denn wenn man die Hypo Alpe-Adria in Konkurs hätte schlittern lassen, dann würden die Landeshaftungen schlagend, dann könnte Kärnten natürlich nicht mehr zahlen und der Bund müsste einspringen. Denn ein Bundesland kann in Österreich nicht in Konkurs gehen – sagt man.

Aber warum eigentlich nicht? Warum kann ein Bundesland in Österreich eigentlich nicht in Konkurs gehen? Wie kommen die österreichischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler dazu, die Anleihegläubiger der Hypo Alpe-Adria auszuzahlen?

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir NEOS verfolgen den Weg, nicht nur in der Sache hart zu kritisieren, wenn es notwendig ist, sondern auch konstruktive Lösungswege aufzuzeigen. Wie schließen wir dieses Budgetloch wieder? Das ist die entscheidende Frage. Wie verhindern wir, dass die Steuerzahler in Zukunft nicht wieder zum Handkuss kommen? (Abg. Dr. Mitterlehner: Haben Sie einen Vorschlag?) Das ist die Antwort, die die Bürgerinnen und die Bürger von uns erwarten. Und NEOS als Anwalt der Steuerzahler wird diesen konstruktiven Weg vorzeichnen. (Abg. Dr. Mitterlehner: Was ist Ihre Lösung?) Es liegt an Ihnen, meine Damen und Herren von SPÖ und ÖVP, ob Sie diesen Weg mutiger Reformen mit uns mitgehen wollen.

Ja, was ist die Lösung? Frau Bundesministerin Heinisch-Hosek hat es schon erwähnt, ich glaube, Herr Abgeordneter Haubner hat es heute auch schon gesagt, wir haben bei der letzten Plenarsitzung schon eine Lösung aufgezeigt: Kürzung der Parteien­förderung um 75 Prozent. Das ist schon ein erster Schritt. (Beifall bei NEOS-LIF. – Abg. Kickl: Aber nur, wenn der Haselsteiner auch nichts mehr spendet!)

Herr Kollege Kickl, wenn Sie schon hier vor mir sitzen, dann möchte ich es auch gleich erwähnen: Für eine Kürzung der Parteienförderung um 75 Prozent muss man nicht über den Atlantik schauen – wie Sie gesagt haben –, sondern man muss nur nach Oberösterreich gehen und über den Inn schauen. Wenn man nach Deutschland schaut, dann weiß man, wie es ist, wenn die Parteienförderung um 75 Prozent niedriger ist. (Abg. Kickl: Dort ist aber eine käufliche Partei aus dem Bundestag geflogen!) Offenbar funktioniert das dort auch, und das kann unser Maßstab sein.

Das ist aber nur ein Schritt. Eine weitere mutige Reform ist die Einführung eines Insolvenzrechts für Gebietskörperschaften.

Wir bringen daher heute folgenden Antrag ein: 


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 69

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Hable, Kolleginnen und Kollegen betreffend Insolvenzrecht für Gebietskörperschaften

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat so rasch wie möglich einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, dem zufolge Regelungen im Falle der Insolvenz einer Gebietskörperschaft getroffen werden. Insbesondere sollen folgende Aspekte berücksichtigt werden:

Kriterien für den Eintritt der Insolvenz (etwa Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschul­dung)

Rechtswirkungen der Feststellung der Insolvenz

Durchführung des Insolvenzverfahrens

Möglichkeit der Zwangsverwaltung

Wirkungen der Insolvenz auf Verbindlichkeiten der Gebietskörperschaft

Umschreibung der verwertbaren Vermögensmasse der Gebietskörperschaft“

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir brauchen dieses Insolvenzrecht für Gebietskörperschaften, für Bundesländer. Die Schweiz zeigt auch hier den Weg vor – wieder einmal. Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Die Gemeinde Leukerbad, das ist eine 1 750-Einwohner-Gemeinde in der Schweiz, eine Thermalbadgemeinde, hat sich in den neunziger Jahren finanziell verhoben, hat mehrere hundert Millionen Euro Schulden gehabt und hat sie nicht mehr begleichen können. Die Parallelen zu Kärnten, wenn auch auf kleinerer Ebene, liegen auf der Hand. Diese Gemeinde hat dann ihren Kanton, den Kanton Wallis, um Hilfe gebeten. Da hören die Parallelen aber auf, denn die Kantonsregierung war nicht bereit, der Gemeinde Leukerbad Hilfe zu leisten.

Was haben die gemacht? – Die sind vor das Bundesgericht gezogen, aber auch die Richter in Lausanne haben gesagt: Nein, wir können euch keine Hilfe geben, denn es gibt das sogenannte Schuldbetreibungsgesetz in der Schweiz, und nach diesem Gesetz sind die Gemeinden für sich selbst verantwortlich.

Was ist die Folge davon? – Gemeinden und Kantone sind hellhörig geworden, haben gewusst, sie haben keine Hilfe zu erwarten, und haben ihre Finanzen in Ordnung gebracht.

Und da sind wir bei der Spielart des österreichischen Föderalismus. Solche Katastro­phen wie die Hypo Alpe-Adria kann es nur in einem System des österreichischen Föderalismus geben, können nur möglich sein, wenn die Verantwortung für das Geldausgeben und die Verantwortung für das Geldeinnehmen voneinander getrennt sind.

Wenn die Länder politisch in der Verantwortung stehen wollen – und das wollen sie, das sage ich auch aus Oberösterreich kommend, die wollen in der Verantwortung stehen – und damit dementsprechende Staatsausgaben verbunden sind, dann müssen sie auch die Verantwortung für die notwendigen Steuereinnahmen übernehmen – und auch die Verantwortung übernehmen, wenn finanziell etwas schiefgeht. Dafür brauchen wir ein Insolvenzrecht für Gebietskörperschaften. (Ruf bei der ÖVP: Nein!)

Meine sehr geehrten Kollegen, haben Sie Mut, gehen Sie diesen Weg mutiger Refor­men mit uns, unterstützen Sie unseren Entschließungsantrag! Die bloße Möglichkeit


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 70

einer Insolvenz von Bundesländern beugt Budgetlöchern vor. Und das sage ich, und das sagen wir von NEOS als Anwalt der Steuerzahler: Es beugt auch dem vor, dass der Steuerzahler in Zukunft wieder die Zeche von Anleihegläubigern bezahlen muss. Das darf nicht mehr geschehen! – Vielen Dank. (Beifall bei NEOS-LIF.)

15.59


Präsident Karlheinz Kopf: Der soeben von Herrn Abgeordnetem Dr. Hable einge­brachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Rainer Hable, Kolleginnen und Kollegen betreffend Insolvenz­recht für Gebietskörperschaften

eingebracht im Zuge der Debatte über die dringliche Anfrage des Abgeordneten Strache betreffend die Desinformationspolitik über die budgetäre Lage Österreichs

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat so rasch wie möglich einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, dem zufolge Regelungen im Falle der Insolvenz einer Gebietskörperschaft getroffen werden. Insbesondere sollen folgende Aspekte berücksichtigt werden:

Kriterien für den Eintritt der Insolvenz (etwa Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschul­dung)

Rechtswirkungen der Feststellung der Insolvenz

Durchführung des Insolvenzverfahrens

Möglichkeit der Zwangsverwaltung

Wirkungen der Insolvenz auf Verbindlichkeiten der Gebietskörperschaft

Umschreibung der verwertbaren Vermögensmasse der Gebietskörperschaft

Begründung

Die aktuelle Rechtslage ist unklar, welche Rechtsfolgen die Zahlungsunfähigkeit einer Gebietskörperschaft (insbesondere eines Bundeslandes) auslöst. Dieser Zustand ist angesichts dessen, dass Gebietskörperschaften Verbindlichkeiten eingehen, aber letztlich das Risiko für deren Tilgung auf andere Gebietskörperschaften abwälzen zu können meinen, untragbar. Durch ein Insolvenzrecht für Gebietskörperschaften wird vermieden, dass – wie im aktuellen Fall des Landes Kärnten und der Landeshaftungen für die Hypo Alpe Adria in einer Höhe, die ein Mehrfaches der jährlichen Einnahmen des Landes ausmachen – der Bund und die anderen Länder in zweistelliger Milliardenhöhe für die Misswirtschaft eines Landes einstehen zu müssen glauben.

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Fuchs. – Bitte.

 


16.00.31

Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 71

Zuseher auf den Rängen! Die wichtigsten Falsch-Thesen der Neuen Wiener Schule der Nationalökonomie unter dem Vorsitzenden Kanzler Faymann lauten wie folgt:

Erste Falsch-These: Es gibt kein Budgetloch, nur ein strukturelles Defizit!

Anfang November wurde offenkundig, dass für den Bundesfinanzrahmen 2014 bis 2018 zwischen 30 und 40 Milliarden € fehlen. Man sprach von einem Budgetloch. (Abg. Mag. Schieder: Das ist nur die Prognose! Das ist kein Loch, eine Prognose!) In der Koalition brach sodann eine heftige Diskussion aus, und man war kreativ und fand einen neuen budgetrechtlichen Begriff, nämlich das strukturelle Defizit. (Abg. Mag. Schieder: Das stimmt auch nicht!)  Lassen Sie mich einmal ausreden, Herr Kollege! (Staatssekretär Dr. Ostermayer: Den gibt es schon seit vielen Jahren! – Abg. Mag. Rossmann: Das ist kein neuer Begriff! Den gibt es schon seit 1997!)

Und schon war man nicht mehr bei einem Fehlbetrag von 30 bis 40 Milliarden €, sondern nur mehr bei 18,44 Milliarden €. Beim strukturellen Defizit werden nämlich – wie wir alle wissen – Einmaleffekte wie beispielsweise die Hypo Alpe-Adria und auch die Mehrkosten im Pensionsbereich rausgerechnet. Wenn man diese aber wieder hinzurechnet, dann kommt man auf einen Fehlbetrag von fast 33 Milliarden, wo wir wieder bei der Ausgangssumme wären. Nach Maastricht-Kriterien haben wir übrigens einen Fehlbetrag von 31,3 Milliarden €.

Zweite Falsch-These: Strukturelle Defizite sind nicht planbare Ereignisse!

Die enorme Budgetlücke ist keineswegs unerwartet entstanden, Herr Bundeskanzler! So ein exorbitant hoher Betrag kündigt sich natürlich an. Vor der Wahl wurde das Nulldefizit von der Koalition als greifbar nah verkauft, großzügige Steuerreformen und Entlastungen wurden angekündigt. – Das alles entpuppt sich im Nachhinein als reiner Wahlkampfschmäh.

Dritte Falsch-These: Zur Erreichung der Budgetziele ist kein für die Bürger spürbares Sparpaket nötig!

Herr Bundeskanzler! Sie haben erst unlängst wieder bekräftigt, dass aus Ihrer Sicht kein für die Bürger spürbares Sparpaket zur Erreichung der Budgetziele nötig ist. Im Pensionsbereich fehlen satte 8,7 Milliarden €, die Bundesländer müssen auf 5 Milliarden € verzichten, auch die angekündigte Erhöhung der Familienbeihilfe fällt aus, wodurch die Familien jährlich um 250 Millionen € geprellt werden. – Und all das soll man nicht spüren, Herr Bundeskanzler?! (Beifall bei der FPÖ.)

Vierte Falsch-These: Fehlende Steuereinnahmen sind überhaupt kein Problem, weil man sich ohnehin auf höhere Steuereinnahmen einigen kann – ähnlich wie bei den Schulden!

Bis 2018 fehlen dem Budget 15 Milliarden € an Steuereinnahmen, allein 2014 fehlen 2 Milliarden €.

Im Übrigen hat die Arbeitslosigkeit in Österreich einen neuen historischen Höchstwert erreicht, und man braucht kein Hellseher zu sein, um zu wissen, dass dies das Budget massiv belasten wird. Anfang 2015 rechnet das AMS mit fast einer halben Million Arbeitslosen. Und was sagt der Herr Staatssekretär Schieder dazu? – Im europaweiten Vergleich stehen wir ohnehin gut da.

Wir leben aber hier in Österreich und nicht im Vergleich, Herr Staatssekretär! (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 72

Fünfte Falsch-These: Eine kurzfristige Finanzplanung ermöglicht eine langfristige Realitätsverweigerung!

Welche konkreten Reformen nun von der Koalition vereinbart werden, ist höchst ungewiss, denn hier gibt es dem Vernehmen nach weiterhin grundsätzliche Auffas­sungsunterschiede. Die ÖVP strebt eine langfristige Finanzplanung an, was meines Erachtens auch sehr vernünftig ist. Anders sieht das natürlich der Herr Bundeskanzler. Er will nur das Jahr 2014 genau durchplanen und alles weitere unter Hinweis auf die Ungenauigkeit der Prognosen nur in groben Zügen.

Abschließend die sechste Falsch-These: Realitätsverweigerung, das macht Sinn, wenn man Bundeskanzler bleiben will!

Und wissen Sie, was der größte Begleitskandal dieser Causa ist? – Dass zwei Parteien nunmehr über eine Regierungsbildung verhandeln, die aufgrund ihrer bekannt gewordenen Irreführung der Wähler mit heutigem Stichtag nicht einmal mehr über die gemeinsame 50-Prozent-Mehrheit verfügen.

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, beenden Sie endlich Ihre bedingungslose Realitätsverweigerung! Machen Sie Nägeln mit Köpfen – oder machen Sie den Weg frei für Neuwahlen! (Beifall bei der FPÖ.)

16.05


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Hagen mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 3 Minuten. Das ist auch die Restredezeit Ihres Klubs, Herr Abgeordneter. – Bitte.

 


16.05.58

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Wir haben kein Einnahmen­problem, sondern ein Ausgabenproblem, seien wir uns dessen einmal bewusst!

Sparen Sie bei den Ausgaben, meine Damen und Herren, und zwar in der Verwaltung! Ich habe es Ihnen schon oft gesagt: 22 Sozialversicherungsanstalten, 5 Pensionsver­sicherungsanstalten – machen Sie 1 plus 1 statt 22 plus 5, dann geht vieles leichter!

Herr Bundesminister Hundstorfer hat es vorhin angesprochen: Mehr Verantwortungs­bewusstsein ist gefordert. Hier könnten Sie mehr Verantwortungsbewusstsein zeigen, anstatt wieder einmal neue Steuern zu produzieren, wie es in den Köpfen hinter mir auf der Regierungsbank immer so herumschwebt. Gehen Sie her, schauen Sie den Leuten in die Augen und helfen Sie ihnen, damit sie ihr hart verdientes Geld in der Tasche behalten können, meine Damen und Herren! (Beifall beim Team Stronach.)

Wir vom Team Stronach wollen Ihnen hier auf jeden Fall helfen, deshalb bringe ich auch folgende Anträge ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Nachbaur, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sofortige Einberufung eines Budgetgipfels mit parteiunabhängigen Experten“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, schnellmöglich einen Budgetgipfel unter Beteili­gung von Regierung, Opposition, Rechnungshof, Budgetdienst des Nationalrates sowie


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 73

unter Beiziehung externer, unabhängiger Experten und einer internationalen Bera­tungs­firma einzuberufen, um die tatsächliche budgetäre Ausgangslage zu ermitteln sowie Lösungsstrategien zu erarbeiten.“

*****

Der zweite Entschließungsantrag soll Ihnen auch helfen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Nachbaur, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Vereinheit­lichung und Weiterentwicklung des Haushaltsrechts“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die österreichische Bundesregierung wird aufgefordert, einen Gesetzesvorschlag zur Vereinheitlichung des Haushaltsrechts – unter Berücksichtigung der oben genannten Empfehlungen des Rechnungshofes – vorzulegen.“

*****

Meine Damen und Herren! Wir vom Team Stronach leihen Ihnen unsere Ideen, wir leihen Ihnen unseren Verstand. (Heiterkeit bei ÖVP und FPÖ.) Sie brauchen nur zuzugreifen, und Sie werden besser damit fahren. Gehen wir es gemeinsam an, meine Damen und Herren! Hierzu haben Sie jetzt die Chance, wir reichen Ihnen die Hand! (Beifall beim Team Stronach.)

16.08


Präsident Karlheinz Kopf: Die beiden von Herrn Abgeordnetem Hagen eingebrachten Entschließungsanträge sind ausreichend unterstützt und stehen mit in Verhandlung.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Nachbaur, Ing. Dietrich, Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sofortige Einberufung eines Budgetgipfels mit parteiunabhängigen Experten“

eingebracht im Zuge der Debatte zur Dringlichen Anfrage der Abgeordneten Strache und weitere Abgeordneter an den Bundeskanzler betreffend die Desinformationspolitik über die budgetäre Lage Österreichs

In Hinblick auf mögliche Wahlverluste haben SPÖ und ÖVP die wahre Budgetsituation vor der Nationalratswahl nicht nur bewusst verschleiert, vielmehr wurden noch kurz vor der Wahl eine Steuerreform, ein Nulldefizit und eine Erhöhung der Familienleistung versprochen. Schon kurz nach der Wahl wurden neue Ausgangszahlen präsentiert, aufgrund derer Neuberechnungen stattfinden mussten. Im Zuge dieser Neuberech­nungen „einigten“ sich SPÖ und ÖVP auf ein „Budgetloch“ von ca. 25 Milliarden Euro.

Die Richtigkeit der nun vorgelegten Zahlen und Prognosen ist aufgrund der be­stehenden Informationslage kaum nachvollziehbar und auch nicht überprüfbar. Nur ein Blick „hinter die Kulissen“ könnte für Klarheit sorgen. Diverse Experten haben be­reits Zweifel angemeldet – so etwa der Rechnungshofpräsident, der unverblümt bestätigte, dass die Existenz des Budgetlochs bereits vor der Wahl bekannt gewesen sei.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 74

Auch die Finanzministerin konnte die Zweifel an den vorgestellten Zahlen im Budget­ausschuss nicht ausräumen. Vielmehr zeichnete sie ein Bild über die Informations­politik der Bundesregierung, das mehr als bedenklich stimmt.

Unter diesen Aspekten erscheint daher allein ein Budgetgipfel unter Beteiligung von Regierung, Opposition, Rechnungshof, Budgetdienst des Nationalrates sowie exter­nen, unabhängigen Experten und erfahrenen internationalen Beratern sinnvoll, um die tatsächliche budgetäre Ausgangslage zu ermitteln sowie Lösungsstrategien zu erarbeiten.

Aus den genannten Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, schnellmöglich einen Budgetgipfel unter Betei­ligung von Regierung, Opposition, Rechnungshof, Budgetdienst des Nationalrates sowie unter Beiziehung externer, unabhängiger Experten und einer internationalen Beratungsfirma einzuberufen, um die tatsächliche budgetäre Ausgangslage zu ermitteln sowie Lösungsstrategien zu erarbeiten.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Nachbaur, Schenk, Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Vereinheitlichung und Weiterentwicklung des Haushaltsrechts“

eingebracht im Zuge der Debatte zur Dringlichen Anfrage der Abgeordneten Strache und weitere Abgeordneter an den Bundeskanzler betreffend die Desinformationspolitik über die budgetäre Lage Österreichs

Im Rahmen der Diskussionen zum Spekulationsverbot im heurigen Frühjahr hatte der Rechnungshof vermehrt angemerkt, dass eine Vereinheitlichung des Haushaltsrechts zum Zwecke der Vergleichbarkeit der Haushaltsdaten der Gebietskörperschaften notwendig ist.

Bereits in seinem Bericht „Haushaltsstruktur der Länder“ weist der Rechnungshof unter anderem auf folgende Punkte hin:

„die mangelnde Aussagekraft des Rechnungswesens der Länder, welche keine getreue Darstellung der wirtschaftlichen Lage (keine konsolidierte Vermögens- und Ergebnisrechnung mit ausgegliederten Einheiten) ermöglicht,

die fehlende Aussagekraft der Kameralistik in ihrer derzeitigen Form, da ohne Zusatzinformationen wichtige Ergebnisgrößen nicht erkennbar sind,

die mangelnde Vergleichbarkeit der einzelnen Abschlüsse infolge unklarer bzw. feh­lender Definitionen in der VRV (bspw. Finanzschulden, nicht fällige Verwaltungs­schulden, Rücklagen) und uneinheitlicher Nachweise (bspw. über Vermögensgegen­stände, Wertpapiere, Beteiligungen), sowie

die unterschiedlich genaue Darstellung der Schulden und Haftungen infolge des Gestaltungsspielraums in der VRV“.

„Diese Umstände haben zur Folge, dass die Voranschläge und Rechnungsabschlüsse keinen vollständigen Überblick über die Vermögens- und Schuldenlage der jeweiligen


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 75

Gebietskörperschaft bieten, da die Vorschriften über die Bewertung des Vermögens und die Ermittlung und Darstellung zukünftiger Verpflichtungen (so genannte nicht fällige Verwaltungsschulden) fehlen.

Diese Feststellungen erfordern aus der Sicht des Rechnungshofes daher die Weiter­entwicklung des Rechnungswesens und der Haushaltsgrundsätze der Gebietskörper­schaften in Richtung einer integrierten Ergebnis-, Finanz- und Vermögensrechnung.

Darüber hinaus stellt die Richtlinie 2011/85/EU des Rates vom 8. November 2011 über die Anforderungen an die haushaltspolitischen Rahmen der Mitgliedstaaten folgende Anforderungen an die Mitgliedstaaten:

das öffentliche Rechnungswesen hat sämtliche Teilsektoren des Staates umfassend und kohärent abzudecken und hat so die zur Vorbereitung von Daten nach dem ESVG-95-Standard erforderlichen Informationen zu liefern,

eine unabhängige Prüfung der Systeme des öffentlichen Rechnungswesens (umfassende und kohärente ESVG-Daten) ist vorzusehen.“

„Um eine möglichst getreue Darstellung der finanziellen Lage der Länder und Gemein­den zu erreichen, erachtet es der Rechnungshof daher zusammengefasst für erfor­derlich

das Rechnungswesen im Hinblick auf eine Ergebnis-, Vermögens- und Finanzie­rungs­rechnung weiterzuentwickeln,

die Ergebnisermittlung und die dazugehörigen Nachweise methodisch und formal anzugleichen,

die Bewertung des Vermögens nach einheitlichen Grundsätzen durchzuführen (eine zusammenfassende Darstellung des gesamten Vermögens und der Schulden in einer Bilanz erhöht die Übersicht in diesem Bereich), sowie

tragfähige Indikatoren für das Vorliegen von Haushaltsstabilität zu entwickeln.

Im Sinne der Vollständigkeit des Rechnungswesens wären

einheitliche Vorgaben für Länder und Gemeinden zu schaffen

die Verbindlichkeiten und Belastungen zukünftiger Rechnungsjahre (Leasingfinanzie­rungen usw.) einheitlich zu definieren und auszuweisen,

in die Voranschläge und Rechnungsabschlüsse auch die ausgegliederten Einheiten im Sinne einer Konsolidierung einzubeziehen, um einen aussagekräftigen Gesamt­überblick über die Ertrags-, Vermögens- und Finanzlage zu erreichen.

Um die Voranschläge und Rechnungsabschlüsse vergleichbar zu gestalten und die unionsrechtlichen Vorgaben nach Kohärenz der Rechnungslegungsvorschriften und -verfahren zu erfüllen, ist erforderlich:

eine einheitliche Begriffsdefinition und Darstellungsform für alle Vermögensbestand­teile und Schulden vorzugeben,

die Vergleichbarkeit von Datengrundlagen und die Einheitlichkeit von Begriffen, Abgrenzungskriterien, Kontierung und der Verbuchungspraxis zu erreichen, sowie

eine übersichtliche Darstellung von ökonomischen Sondereffekten in Abgrenzung zur laufenden Haushaltsführung zu geben.“

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 76

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die österreichische Bundesregierung wird aufgefordert, einen Gesetzesvorschlag zur Vereinheitlichung des Haushaltsrechts – unter Berücksichtigung der oben genannten Empfehlungen des Rechnungshofes – vorzulegen.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Als vorläufig Letzter hiezu zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


16.08.41

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Ja, der neue Parlamentarismus, das neue Regieren wird vermutlich anders ausschauen müssen. (Abg. Rädler: Alte Grüne!)

Es ist ja nicht so, dass diese heutige Sitzung die notwendige Folgeveranstaltung der letzten Sitzung ist, wo die Antworten auf die drängenden Fragen der Abgeordneten ausgeblieben sind. Und heute ist das schon wieder passiert. Der Kontext, der Inhalt und der Titel der Anfrage, diesfalls der freiheitlichen Fraktion, sind völlig klar. Da geht es primär einmal gar nicht um die Budgetpolitik – über die können wir uns schon unter­halten, weil man ja zu Recht Gegenvorschläge einfordern darf für das, was Sie da angerichtet haben. Primär ging es und geht es immer noch um diesen Vorhalt, und der steht im Übrigen nicht mehr nur gegen die Frau Finanzministerin im Raum, sondern letztlich auch – Herr Bundeskanzler, deshalb haben wir ja ein bisschen gewartet, bis Sie wieder da sind – gegen Sie und gegen den Herrn Vizekanzler.

Das ist die Wahrheit. Und wie schaut diese Wahrheit aus? Wie schaut die aus – ent­gegen dem, was Sie hier aufgeführt haben, entgegen der Abfolge: zuerst ein Loch produzieren, dann unbedingt hinter die Wahl kommen, also lügen, Loch-Lüge, Neuvermessung des Lochs, Relativierung der Lüge und irgendwann eine Sanierung. (Abg. Dr. Mitterlehner: „Lüge“! Ordnungsruf!)

Ja, ja, mahnen Sie das ruhig ein, denn diese Auseinandersetzung wollen wir ja in Wirklichkeit führen! (Beifall bei den Grünen. – Demonstrativer Beifall bei der FPÖ.) Das ist ja das Problem dieses Parlaments und auch möglicher Präsidenten, dass das, was eine Lüge ist, nicht mehr als Lüge bezeichnet werden darf. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Die Tragödie an der Sache ist etwas anderes: dass Sie hier – und eben nicht mehr nur die Finanzministerin, sondern auch der Herr Bundeskanzler, auch der Herr Vize­kanzler – sich daran beteiligt haben und das die Glaubwürdigkeit der parlamenta­rischen Demokratie sowieso, aber der Politik insgesamt untergräbt. Deshalb ist es gut, wenn es welche gibt, die darauf hinweisen, diesen Schaden feststellen und ihn am Schluss im Übrigen auch noch zu beheben versuchen.

Gerade so, wie es bei der Korruptionsbekämpfung war – und Sie können diese Parallelen nicht wegwischen –: Zuerst haben Sie unter Schwarz-Blau alles Mögliche veranstaltet zum Milliardenschaden – zum Milliardenschaden! – der SteuerzahlerInnen, und dann erst ist es darum gegangen, auch hier wieder einen moralischen Neustart zu organisieren, so gut es eben aus der Opposition heraus geht.

Aber mit dieser Aktion der konzertierten Wahlkampflüge haben Sie hier gering aufgebautes Vertrauen gleich wieder einmal zerstört! Deshalb ist es so wichtig, dass zumindest ein Teil dieses Hauses hier immer wieder darauf hinweist, wie es auch seine


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 77

Aufgabe wäre, und zwar nicht nur der Oppositionsabgeordneten (Abg. Rädler: Die Lösungen!), sondern eigentlich auch der Regierungsabgeordneten. (Beifall bei Grünen, FPÖ, Team Stronach und NEOS-LIF.)

Ja, ja, die Lösungen: Die Lösungen beginnen immer mit einem Neustart, auch mit einem moralischen! Gehen Sie sonntags nicht so viel in die Kirche, oder von mir aus eh, aber tragen Sie dann auch in der Politik das Ihre dazu bei, damit das Ganze besser wird. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Genau an der Stelle sind wir noch – deshalb auch unsere Minister-/Ministerinnen­anklage! Das machen wir nicht leichtfertig. (Abg. Rädler: Ihr seid überholt!) Es kommt auch nur ganz selten vor, die Frau Klubobfrau hat es ja erwähnt. Der Vorgang hier ist aber ganz klar zu beschreiben: dass erstens wider besseres Wissen, zweitens in Milliardenhöhe, drittens in klar identifizierbaren Untergruppen des Bundesfinanzrah­mens – in dem Fall ist es die Gruppe 46 – um das Zigfache – nicht um ein paar Millionen oder vielleicht um eine Milliarde, sondern um mehrere Milliarden! – absichtlich das Falsche eingestellt wurde.

(In Richtung SPÖ:) Jetzt können Sie sagen, Sie haben es nicht gewusst. (In Richtung ÖVP:) Und Sie können sagen, Sie haben es nicht gewusst. Sie mussten im Zuge der österreichischen Realverfassung, die wir allzu gut kennen, möglicherweise am Nasenring vorgeführt – auch das könnte ein Ordnungsruf sein – hier mitstimmen gegen die Intention der Bundesverfassung, gegen all das, was wir hier immer beschlossen und hochgehalten haben, gegen das, wofür mehrere Finanzminister – die letzte war Frau Ministerin Fekter – in halb Europa herumreisen und erklären: was wir für ein tolles Finanzverfassungsrecht haben.

Dann gehen Sie her und brechen es bei jeder sich bietenden Gelegenheit! Und wenn gerade Landtagswahlkämpfe sind, dann bringen Sie vorsichtshalber gleich gar kein Budget ein – auch gegen die Verfassung! Das werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen. (Beifall bei Grünen und FPÖ.) Deshalb war es so wichtig, dass die Opposition gemeinsam diese Sondersitzung gemacht hat. Möglicherweise war es noch gar nicht die letzte! Das hängt ja von Ihrem Läuterungsprozess ab.

Die Begründung der Minister-/Ministerinnenanklage ist schon erfolgt, sehr präzise von der Frau Klubobfrau. Nur eines schon noch: Es ist ja – und da wird dann die Unter­suchungsausschuss-Debatte Gelegenheit dazu bieten, noch ein bisschen darauf einzugehen – neben dem ganzen Schwindel, der hier der Bevölkerung und dem Parla­ment aufgezwungen wird, auch noch dazu gekommen, dass der Schaden maximiert wird!

In der Bundesrepublik hat man deshalb, weil man eben offen gespielt hat, auch Schaden vermieden, indem man von vornherein gesagt hat, was Sache ist: ganz klare Schuldenquoten ausgewiesen, keine Leichen im Keller, Frau Finanzministerin, keine Leichenschminkanstalt, sondern klipp und klar! Aber bei uns hat diese Verzögerung ... Da deuten sie in der SPÖ – das finde ich lustig – mit den Köpfen so verneinend! – Fürs Protokoll.

Der jetzige Klubobmann und Immer-noch-Staatssekretär Schieder selber hat bereits im Wahlkampf, als die Felle schon ein bisschen davongeschwommen sind, seiner Ministerin ausgerichtet: Eigentlich wäre er auch schon seit zwei Jahren, also seit 2011, für eine sogenannte Bad Bank – wir brauchen einen anderen Begriff – gewesen, weil das viel billiger gekommen wäre. Nicht einmal Sie in der Regierung haben sich geeinigt. Aber offenkundig war es eine Debatte, und deshalb, Herr Bundeskanzler und Herr Vizekanzler, können wir Sie nicht auslassen, weil Sie es auch wissen mussten.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 78

Sie haben sich aktiv an dieser Lüge beteiligt, und das ist das noch viel Schlimmere! (Beifall bei Grünen und FPÖ.)

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Abgeordneter Kogler, Sie probieren es jetzt zum dritten Mal. Man kann bei mir zwar als Redner keine Ordnungsrufe bestellen (Abg. Mag. Kogler: Aber man kann sich bemühen!), aber selbstverständlich kann man sie mit solchen Ausdrücken auslösen. Ich muss Ihnen leider einen Ordnungsruf erteilen.

Ich bitte, in Zukunft diese Wortwahl, vor allem die Bezichtigung der Lüge, zu unter­lassen. (Beifall bei der ÖVP. – Rufe bei der FPÖ: Wofür? Welche alternativen Formulierungen? – Weitere Zwischenrufe.)

*****

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (fortsetzend): Danke schön. – Ich bleibe aber dabei: Der Vorhalt, dass die Regierungsspitze das wissen musste, ist auch allein dadurch belegt, dass selbige Regierungsspitze eine Taskforce – zur Unfreude der Frau Finanzministerin – eingesetzt hat, weil wenigstens erkannt wurde, dass das alles so nicht mehr geht.

Gleichzeitig haben Sie es aber unterlassen, dem Parlament die notwendigen Geset­zesvorschläge zu bringen. Wir hätten die Abwicklungseinheit längst starten können. Lesen Sie nach in den Protokollen der Sitzungen dieses Jahres, wo wir diese Vor­schläge gemacht haben! Wir könnten schon längst dort sein.

Der Vorsitzende der von Ihnen eingesetzten Taskforce hat selber gesagt: Ja, irgendwann werden wir da vielleicht ein Gesetz brauchen, bald einmal, aber allein: das Parlament braucht so lange. – Wir sind also schuld, nachdem uns hier das Unsägliche aufgetischt wurde, das Notwendige unterlassen wurde! Und jetzt können Sie sich vielleicht noch auf die Anklagebank setzen? – Nein, das glaube ich nun wirklich nicht. Das (in Richtung Regierungsbank) ist die Anklagebank, und deshalb auch die Ministerinnenanklage! In Wirklichkeit würde sie auch Ihnen gebühren. Das ist die bittere Wahrheit an dieser Stelle, so ist es leider.

Jetzt können wir natürlich bald einmal viel darüber reden, Sie kennen das von mir – manchmal auch zum Leidwesen meiner Fraktion –, dass wir hier auch offensiv konstruktiv sind und sagen: Wo könnten wir denn da dann wieder etwas sanieren? – Ja, wir können Ihnen hier viele Vorschläge machen, dazu wird es durchaus noch kommen. (Abg. Rädler: Die NEOS!)

Ihnen von der sozialdemokratischen Fraktion wäre ja viel Mut zu wünschen, dass Sie sich hier mit ein paar Forderungen durchsetzen – allein, auch diesen kann ich noch nicht erkennen. Und es droht die Gefahr, dass wir das haben, was wir bei diesen Regierungsverhandlungen immer haben: Sie haben zwar mehr Stimmen, verlieren aber die Verhandlungen. – Auch nicht schlecht, aus Sicht der ÖVP.

Noch etwas, weil das auch hier eine Debatte war: der europapolitische Zusammen­hang. Herr Bundeskanzler, es hilft nichts, wenn Sie in der Ahnengalerie ein Wettrennen mit Ihrem Vor-Vorgänger, Bundeskanzler Schüssel, veranstalten, wer denn die Finanz­transaktionssteuer geradezu erfunden, jedenfalls aber dann durchgesetzt hätte.

Wenn jetzt vor aller Augen in Europa diese Sache letztklassig zu Grabe getragen wird, weil sie von den von Ihnen immer so apostrophierten und als zu Bekämpfende identi­fizierten Finanzlobbys verunstaltet wird bis zur Unkenntlichkeit – sogar eine schiache


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 79

Leich’ soll es noch sein –, und Sie jetzt nichts tun, dann braucht keiner mehr im EU-Hauptausschuss zu kommen, Sie selbst auch nicht, und zu erklären, wie wichtig das ist. Es fehlt jeder Nachweis Ihrer Initiative! Vor Weihnachten ist der nächste Gipfel, und da ist es so weit, da muss etwas geschehen, oder Sie sind auch in dieser Frage unglaubwürdig! (Beifall bei Grünen, FPÖ, Team Stronach und NEOS-LIF.)

Bruno Rossmann und ich haben im Ausschuss keine Antworten erhalten, genauso wenig wie auf die Frage, dass endlich Schluss sein muss mit dieser Kaputt-Kürzungs­politik in Europa, denn sonst holt uns das da auch noch ein. Da geschieht nichts. Stattdessen wird wieder einmal mit Frau Merkel geliebäugelt, dass ein sogenannter Pakt für Wettbewerbsfähigkeit angegangen wird. Im Übrigen sind Sie auch da die Antwort schuldig geblieben.

Nur rechtzeitig mitschreiben hier im Haus von Rot und Schwarz: Das kann am Schluss eine Zweidrittelmaterie sein! Warum? – Weil die Frau Bundeskanzlerin in Deutschland immer den Lissabon-Vertrag ändern will, weil sie mit ihrem Bundesverfassungs­gerichtshof Zores befürchtet. Das heißt aber, automatisch wird hier die Verfassungs­frage ausgelöst – hier herinnen! Also, bitte sich rechtzeitig bemühen, denn mit so etwas, was dort vorgeschlagen wird, kann man keine Freude haben! Da werden wir uns auch dagegen positionieren, ich habe Ihnen das schon gesagt.

Das Letzte, das in diesem Zusammenhang vielleicht noch richtig und wichtig wäre, ist: Ich vermisse auch Ihr Engagement beim Freihandelsabkommen, das mit den USA abgeschlossen werden soll. Sie reden hier schon wieder nach, was Ihnen irgend­welche neoliberale Spin-Doktoren, die sich in Brüssel herumtreiben, offensichtlich aufgeschrieben haben: Das bringt so viele Arbeitsplätze, und was weiß ich. (Abg. Rädler: Die NEOS!)

Bis jetzt ist von diesem sogenannten Freihandelsabkommen nur erkennbar, dass in Wirklichkeit eine Gewinngarantie für Konzerne gegenüber Staaten festgeschrieben werden soll, auf das hin Sie noch mehr erpressbar sind gegenüber dem, was Sie immer zu bekämpfen vorgeben, nämlich genau diese Abfolge. Sie wollen sich immer aus der Geiselhaft der Konzerne befreien. Deshalb wäre es auch wichtig, dass Sie hier zumindest einmal Farbe bekennen. Noch besser wäre es, wenn Sie Taten setzen würden. Aber auch das bleibt aus.

So haben wir eigentlich bis Weihnachten schon sehr viel zu tun. Sie bringen hoffentlich eine Regierung zusammen, aber kommen Sie nicht daher, ohne diese Punkte saniert zu haben! (Beifall bei Grünen, FPÖ, Team Stronach und NEOS-LIF.)

16.19

16.20.01

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung, zunächst über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend sofortigen Stopp der Ostöffnung am Arbeitsmarkt.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Heinzl, Haubner, Doppler, Mag. Schatz, Hagen, Pock, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhalt des Salzburg Airport.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. (Abg. Strache: Unglaubliche Einstimmigkeit!) – Der Antrag ist einstimmig angenommen. (E 1.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 80

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aussetzung der Valorisierung der Parteienförderung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wahlwerbungskostenbeschränkung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. (Es erfolgt kein Zeichen der Zustimmung. – Abg. Strache: Das Oligarchenmodell!) Dr. Strolz? (Die Abgeordneten von NEOS-LIF erheben sich von ihren Plätzen. – Heiterkeit und Zwischenrufe.) So hilfreich darf ein Präsident schon sein. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Themessl, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Einführung einer Mindestpension von 1 200 € und einer Pensionsanpassung in Höhe des Pensionistenpreisindex.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Meinl-Reisinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Einrichtung einer weisungsfreien Generalstaatsanwaltschaft als Maßnahme zur Korruptionsbekämpfung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Antrag sind, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist die Minderheit. Auch dieser Antrag findet nicht die erforderliche Mehrheit und ist abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend den rot-schwarzen Kahlschlag von Polizeidienststellen.

Es ist namentliche Abstimmung verlangt worden. Da dieses Verlangen von 20 Abge­ordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstimmung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Die Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich in den Laden der Abgeord­netenpulte und tragen den Namen des Abgeordneten/der Abgeordneten sowie die Bezeichnung „Ja“ – das sind die grauen Stimmzettel – beziehungsweise „Nein“ – das sind die rosafarbenen. Für die Abstimmung können ausschließlich diese amtlichen Stimmzettel verwendet werden.

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, den Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Strache, Kolleginnen und Kollegen stimmen, „Ja“-Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, „Nein“-Stimmzettel in die Urne zu werfen. Bitte achten Sie sorgfältig darauf, nur einen Stimmzettel einzuwerfen. Es kommt hin und wieder vor, dass Stimmzettel zusammenkleben.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 81

Ich bitte nunmehr die Schriftführerin, Frau Abgeordnete Mag. Musiol, mit dem Namens­aufruf zu beginnen. Herr Abgeordneter Buchmayr wird sie später dabei ablösen.

*****

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerin Mag. Musiol beziehungsweise den Schriftführer Buchmayr werfen die Abgeordneten ihren Stimmzettel in die Urne.)

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Haben alle ihre Stimme abgegeben? – Die Stimmabgabe ist beendet.

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden nunmehr unter Aufsicht der Schriftführer die Stimmenzählung vornehmen. Die Sitzung wird zu diesem Zweck für einige Minuten unterbrochen.

Die Sitzung ist unterbrochen.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 16.29 Uhr unterbrochen und um 16.34 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Abgegebene Stimmen: 177; davon „Ja“-Stimmen: 46,Nein“-Stimmen: 129, un­gültig: 2.

Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend den rot-schwarzen Kahlschlag von Polizeidienststellen ist somit abgelehnt.

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Bösch;

Darmann, Deimek, Dietrich, Doppler;

Franz, Fuchs;

Gartelgruber;

Hackl, Hafenecker, Hagen, Haider, Hauser, Höbart, Hofer;

Jannach;

Kassegger, Kickl, Kitzmüller, Kunasek;

Lausch, Lintl, Lugar Robert;

Mühlberghuber;

Nachbaur Kathrin, Neubauer Werner;


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 82

Podgorschek;

Rauch Walter, Riemer, Rosenkranz Barbara, Rosenkranz Walter;

Schellenbacher, Schenk, Schmid Gerhard, Schrangl, Stefan, Steger, Steinbichler, Strache, Stronach;

Themessl;

Vetter, Vilimsky;

Weigerstorfer, Winter, Wurm Peter.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Alm, Amon, Antoni, Aslan, Aubauer, Auer;

Bacher Walter, Bayr, Becher Ruth, Berlakovich, Brosz, Brunner, Buchmayr, Bures;

Cap;

Darabos, Diesner-Wais, Durchschlag;

Ecker, El Habbassi, Eßl;

Faymann, Fekter, Fichtinger;

Gahr, Gerstl, Gessl-Ranftl, Glawischnig-Piesczek, Grillitsch, Groiß, Grossmann, Gusenbauer-Jäger;

Hable, Hammer Michael, Haubner, Hechtl, Heinisch-Hosek, Heinzl, Hell, Himmelbauer, Höfinger, Holzinger, Hundstorfer;

Jank, Jarmer, Jarolim;

Karl, Katzian, Keck, Kirchgatterer, Klug, Knes, Köchl, Kogler, Königsberger-Ludwig, Kopf, Korun, Krist, Kucharowits, Kucher, Kuntzl, Kurz;

Lettenbichler, Lichtenecker, Lipitsch, Loacker, Lopatka, Lueger Angela;

Maurer, Mayer, Meinl-Reisinger, Mikl-Leitner, Mitterlehner, Mlinar, Moser, Mückstein, Musiol, Muttonen;

Oberhauser, Obernosterer, Ottenschläger;

Pendl, Pfurtscheller, Pilz, Pirklhuber, Plessl, Pock, Prammer, Preiner, Prinz;

Rädler, Rauch Johannes, Rossmann, Rudas;

Scherak, Schieder, Schittenhelm, Schmid Julian, Schmuckenschlager, Schönegger, Schultes, Schwentner, Sieber Norbert, Singer Johann, Spindelberger, Spindelegger, Steinacker, Steinhauser, Steßl, Strasser, Strolz;

Tamandl, Töchterle, Troch;

Unterrainer;

Vavrik, Vogl;


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 83

Walser, Weninger, Willi, Wimmer, Windbüchler-Souschill, Winzig, Wittmann, Wöginger, Wurm Gisela;

Yilmaz;

Zakostelsky, Zinggl.

*****

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Hable, Kolleginnen und Kollegen betreffend Insolvenzrecht für Gebietskörper­schaften.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Nachbaur, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sofortige Einberufung eines Budgetgipfels mit parteiunabhängigen Experten“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.

Wir gelangen schließlich zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Nachbaur, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Vereinheitlichung und Weiterentwicklung des Haushaltsrechts“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

16.36.26 Anträge auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir gelangen nun zur Verhandlung über den Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses der Abgeordneten Dr. Nachbaur, Kolleginnen und Kollegen zur Untersuchung der politischen und rechtlichen Verant­wortung im Zusammenhang mit dem „Hypo-Desaster“ sowie über

den Antrag der Abgeordneten Mag. Meinl-Reisinger, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur näheren Untersuchung der politi­schen und rechtlichen Verantwortung im Zusammenhang mit der Verstaatlichung sowie der Rolle des Eigentümers seitdem mit besonderem Hinblick auf die Verschlep­pung einer Entscheidung hinsichtlich der Abwicklungsstruktur der Hypo Alpe-Adria-Bank International AG“.

Die beiden Anträge haben folgenden Wortlaut:

Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

mit Debatte (Verlangen)

§ 33 Abs 1 iVm § 33 Abs 2 GOG-NR

der Abgeordneten Dr. Nachbaur, Ing. Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß § 33 GOG-NR zur Untersuchung


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der politischen und rechtlichen Verantwortung im Zusammenhang mit dem „Hypo-Desaster“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Zur Untersuchung der politischen und rechtlichen Verantwortung im Zusammenhang mit dem "Hypo-Desaster" wird ein Untersuchungsausschuss eingesetzt, der aus insgesamt 24 Abgeordneten im Verhältnis 7 SPÖ, 7 ÖVP, 5 FPÖ, 3 Grüne, 1 Team Stronach, 1 NEOS besteht."

Gegenstand der Untersuchung

Aufklärung über die Ursachen, die Notwendigkeit sowie die Hintergründe der Not­verstaatlichung der Hypo Alpe Adria Bank International AG (im Folgenden abgekürzt als Hypo Alpe Adria).

Aufklärung über den Umstand, ob die Hypo Alpe Adria von ihrer Muttergesellschaft, der Bayrischen Landesbank (im Folgenden abgekürzt als Bayern LB), durch den gezielten Entzug von Kapital im Jahr 2009 vorsätzlich in Richtung eines Konkurses geführt wurde bzw. die "Notverstaatlichung" durch den Österreichischen Staat bezweckt wurde.

Aufklärung über die konkrete Verantwortung der BayernLB bzw. deren Vertreter am gesamten Vorgang.

Aufklärung über das Zusammenspiel des Freistaates Bayern bzw. deren (politischen) Vertreter mit Organen der Hypo Alpe Adria Bank, der Bayern LB und Verantwor­tungsträgern der Republik Österreich.

Aufklärung über die konkreten Tätigkeiten der Verantwortungsträger der Republik Österreich, insbesondere seitens des Finanzministers bzw. des Finanzministeriums, der Finanzprokuratur, der Finanzmarktaufsicht und der Nationalbank, im Zusammen­hang mit der "Notverstaatlichung" der Hypo Alpe Adria.

Aufklärung über die wahrgenommenen Kontroll- und Prüfpflichten sowie Aufsichts­tätigkeiten seitens der zuständigen staatlichen Organe der Republik Österreich für Bankenaufsicht und Bankenkontrolle.

Aufklärung über die Vorgehensweise der verantwortlichen Organe der Republik Österreich betreffend des im Rahmen der Notverstaatlichung abgeschlossenen Kaufvertrags, in welchem die Republik Österreich der BayernLB die Rückzahlung ihrer Darlehen, Kredite und Schuldverschreibungen in Milliardenhöhe zusagt.

Aufklärung über die Kontrollen der Hypo Alpe Adria durch das Finanzministerium, die FIMBAG und die Nationalbank im Zusammenhang mit der Vergabe von Mitteln im Rahmen des Bankenrettungspakets.

Aufklärung über die Vorgehensweise der verantwortlichen Organe der Republik Öster­reich und der verantwortlichen Organe der Hypo Alpe Adria Bank im Zusammenhang mit Sanierung, Abwicklung und Verkauf der Hypo Alpe Adria Bank nach der "Notverstaatlichung“.

Untersuchungsauftrag

Der Untersuchungsausschuss soll durch die Anwendung aller in der VO-UA vorge­sehenen Instrumente zum Untersuchungsgegenstand, insbesondere durch die Vorlage von Akten, Berichten, Protokollen, Verträgen und sonstigen Unterlagen des Bundes­ministeriums für Finanzen und dessen nachgelagerter Dienststellen, der Österreichi-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 85

schen Nationalbank, der Finanzmarktaufsichtsbehörde, der FIMBAG, der "Task Force Hypo Alpe Adria", der Organe (teil-)verstaatlichter Banken, Justizbehörden sowie durch die Anhörung von Auskunftspersonen, die den Gegenstand der Untersuchung bilden­den Umstände ermitteln und sämtliche Sachverhalte auf rechtliche und politische Verantwortlichkeiten prüfen.

Begründung

Die Causa Hypo Alpe Adria Bank ist bereits Gegenstand einer Vielzahl von Gerichtsverfahren, aus denen bereits erste Verurteilungen hervorgingen. In vielen Bereichen der gegenständlichen Causa ist die Tatsachen- und Rechtslage noch ungeklärt und voraussichtlich Gegenstand langjähriger Gerichtsverfahren. Dessen ungeachtet ist die politische Verantwortung weitestgehend unbearbeitet und ungeklärt. So steht beispielsweise laut gut informierten Kreisen der Verdacht im Raum, dass der bei der Notverstaatlichung amtierende Finanzminister Josef Pröll trotz fehlender zwin­gen­der Gründe aus parteipolitischen Gründen eine Notverstaatlichung befürwortet und darüber hinaus unbegründet nachteiligen Vertragsbedingungen zugestimmt hat. Unbe­stritten ist, dass die seit 2009 verstaatlichte Bank der Republik und somit den österreichischen Steuerzahlern mittlerweile viele Milliarden Euro gekostet hat und ein Ende noch nicht in Sicht ist. So werden die aufgestellten  Prognosen regelmäßig nach oben korrigiert, da sich der Kapitalbedarf als viel größer erweist. Insbesondere in Hinblick auf die beträchtlichen finanziellen Schäden, die im Zuge der  Causa Hypo Alpe Adria Bank entstanden sind und aus dem Steuertopf finanziert wurden und werden, haben die Österreicherinnen und Österreicher (bzw. die Wählerinnen und Wähler) ein Recht auf Wahrheit und Transparenz betreffend die genannte Causa und somit ein Recht auf eine schonungslose Aufarbeitung insbesondere der politischen Verantwor­tung.

Verlangen

Die unterzeichneten Abgeordneten verlangen weiters gemäß § 33 Abs 2 GOG-NR über diesen Antrag eine kurze Debatte durchzuführen.

*****

Antrag

der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger, Kollegin und Kollegen gemäß § 33 GOG-NR iVm Art 53 B-VG

betreffend die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur näheren Unter­suchung der politischen und rechtlichen Verantwortung im Zusammenhang mit der Verstaatlichung sowie der Rolle des Eigentümers seitdem mit besonderem Hinblick auf die Verschleppung einer Entscheidung hinsichtlich der Abwicklungsstruktur (i.e. Abbaueinheit) der Hypo Alpe-Adria-Bank International AG (HGAA-Ausschuss).

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Zur Untersuchung der politischen Verantwortung in Zusammenhang mit dem Erwerb der Anteile der Hypo Alpe-Adria-Bank International AG (HBInt) durch die Republik Österreich sowie mit dem darauffolgenden Umgang mit den Rechten und Pflichten des Alleineigentümers, insbesondere der bis dato nicht erfolgten Entscheidung der Regierung hinsichtlich einer finalen Abwicklungsstruktur der Hypo Group Alpe Adria


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(HGAA) wird ein Untersuchungsausschuss eingesetzt, der aus insgesamt 24 Abge­ordneten im Verhältnis 7 SPÖ, 7 ÖVP, 5 FPÖ, 3 Grüne, 1 Team Stronach, 1 NEOS-LIF besteht.“

Gegenstand der Untersuchung

Untersuchung der Notverstaatlichung:

1. Aufklärung über den Verhandlungsverlauf des Kaufs der Anteile an der HBInt durch die Republik Österreich, insbesondere über den Zeitpunkt der ersten Kontaktaufnahme zwischen der Bayerischen Landesbank (BayernLB) und dem österreichischen Finanz­ministerium sowie die Frage, ob eine Insolvenz der HGAA seitens der BayernLB tatsächlich in Betracht gezogen wurde sowie über die Entscheidungsgrundlagen und Risikoabschätzung der Verhandlungspartner auf österreichischer Seite, die zur Entscheidung der Notverstaatlichung der HGAA geführt haben.

2. Aufklärung über die Gestaltung des Aktienkaufvertrags zwischen der Republik Österreich und der BayernLB, insbesondere über die Verantwortlichen der finalen rechtlichen Ausgestaltung und Formulierung sowie über die Aufrechterhaltung von Verbindlichkeiten über 3,1 Mrd. EUR der BayernLB gegenüber der HBInt, den Bestimmungen im Falle einer Aufspaltung oder Veräußerung der Bank sowie den Bestimmungen zu Gewährleistung und Garantie (Abs 5 und 6 des Aktienkaufvertrags).

3. Aufklärung über die Hintergründe der Kündigung von Darlehen und Krediten HGAA durch die BayernLB in Höhe von 1,2 Mrd. EUR im November 2009, die Kenntnis des Finanzministeriums und der Finanzprokuratur hierzu sowie Erwägungen zur Unter­bindung dieses Vorgehens nach § 1 EKEG.

4. Aufklärung darüber, ob die Bedingungen des Aktienkaufvertrages eine Rückzahlung der seitens der BayernLB gewährten Darlehen, Kredite o. ä. für den Fall der Abwicklung der Risiko-Geschäfte über eine s. g. „Bad Bank“ vorsehen.

5. Aufklärung darüber, wer im Verhandlungsteam mit der BayernLB von Seiten der Bank, des Finanzministeriums, der Aufsicht und der Republik involviert war und welche Berater insbesondere Wirtschaftsprüfer hinzugezogen wurden.

6. Aufklärung darüber, welche Prüfberichte seitens der der OeNB und der FMA zum Zeitpunkt der Verhandlungen zum Aktienkauf vorlagen und wie diese interpretiert wurden.

7. Aufklärung darüber, ob und zutreffendenfalls warum die Republik Österreich im Rahmen der Verhandlungen zur Notverstaatlichung der HGAA auf die Beiziehung externer rechtsanwaltlicher Expertise verzichtet hat, wie dies für Transaktionen dieser Komplexität und Reichweite branchenüblich ist.

8. Aufklärung darüber, warum die Republik beim Aktienkauf im Rahmen der Notver­staatlichung der HGAA auf Gewährleistungspflichten verzichtet hat und warum mit dem Kauf der Aktien nicht zukünftige Ansprüche der Verkäuferin ausgeschlossen wurden, während die BayernLB als Verkäuferin umfassende Mitspracherechte behielt und ob aus diesen Umständen dem Steuerzahler Belastungen erwachsen (z.B. durch Nachforderungen der BayernLB).

9. Aufklärung, in welcher Form etwa im Aktienkaufvertrag der Tatsache Rechnung getragen wurde, dass auf Grund der Umstände der Notverstaatlichung (Zeitdruck, Drängen u.a. europäischer Stellen) keine übliche Prüfung in Form einer Due Diligence vor Vertragsunterzeichnung stattfinden konnte und inwieweit entsprechende spätere


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Besserungsklauseln im Interesse des Republik Österreich als Käufer Aufnahme in das Vertragswerk fanden.

10. Aufklärung darüber, welche Szenarien seitens des Prüfunternehmens PwC im Rahmen des „Asset Screenings“ dargestellt wurden und inwieweit diese Szenarien die Entscheidungsbasis zum Aktienkauf bildeten.

11. Aufklärung, inwieweit eine nachträgliche Due Diligence in Hinblick auf die Zeit der Eigentümerschaft der BayernLB insbesondere im Rahmen der laut Medienberichten im Frühjahr 2010 unter Leitung des Präsidenten der Finanzprokuratur begonnenen CSI (Klärung des Vermögensverfalls der HGAA) stattgefunden und von der politischen Führung eingefordert wurde.

12. Aufklärung über die genauen Zuständigkeiten, Ansprechpartner und Entschei­dungs­wege im zuständigen Bundesministerium für Finanzen (BMF) hinsichtlich Wahrnehmung der Eigentümerrechte und Pflichten bei der HGAA, den Verhandlungen mit der Europäischen Kommission etc. sowie den damit dokumentierten Tätigkeiten seit der Notverstaatlichung.

13. Aufklärung der Hintergründe des beim Landesgericht München I, 32. Zivilkammer anhängigen Rechtsstreits über zumindest 2,3 Mrd. EUR zwischen der BayernLB und der HGAA sowie Überprüfung ob die streitgegenständlichen Kredite der BayernLB im Zeitpunkt der Notverstaatlichung durch das verhandlungsführende BMF und sonstige Beteiligte ordnungsgemäß berücksichtigt wurden und warum und auf welcher Rechtsgrundlage die Einstellung der Rückzahlungen erst im Jahr 2012 erfolgte.

Untersuchung der Vorgänge rund um die Abwicklung/Restrukturierung der HGAA

14. Aufklärung darüber, wann die Idee der Abwicklung der Risiko-Geschäfte der HGAA über eine „Bad Bank“ seitens der Republik Österreich (insbesondere das diese vertretende BMF) erstmalig diskutiert wurde bzw. dieser Unterlagen seitens der Gesellschaft dazu vorlagen, wie mit diesen verfahren wurde und wie dieses Modell ökonomisch bewertet wurde.

15. Aufklärung darüber, zu welchem Zeitpunkt dem BMF zum ersten Mal eine Portfolio­analyse der HGAA vorlag und wie diese bewertet wurde.

16. Aufklärung über die verschiedenen im BMF und in anderen einschlägigen Gremien (insbesondere der Hypo Task Force) diskutierten potentiellen Abwicklungsmodelle für die HGAA sowie Überprüfung allfälliger Beurteilungen, Gutachten und Cost-Benefit Analysen zu den verschiedenen Varianten.

17. Aufklärung über die Rolle der Finanzprokuratur in den Verkaufsverhandlungen, in der Vertragsgestaltung sowie in der Konzeptionierung der Abwicklungsmodelle bzw. im EU-Beihilfenverfahren und in Rechtsstreitigkeiten mit der BayernLB.

18. Aufklärung der an die Europäische Kommission übermittelten Restrukturierungs­pläne (Stellungnahmen der Republik und beantwortete Fragebögen der EU-Kommission).

19. Aufklärung darüber, ob die Idee der Abwicklung der Risiko-Geschäfte der HGAA über eine „Bad Bank“ seitens der Republik aus anderen als rein wirtschaftlichen Überlegungen heraus bis heute nicht umgesetzt wurde.

20. Aufklärung darüber, ob die Idee der Abwicklung der Risiko-Geschäfte der HGAA über eine „Bad Bank“ seitens der Bundesregierung aus rein wahltaktischen Gründen bis heute nicht umgesetzt wurde.


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21. Aufklärung darüber, ob infolge der verschleppten bzw. unterlassenen Abwicklung der Risiko-Geschäfte der HGAA über eine „Bad Bank“ und die dadurch erforderlichen unnötig hohen Kapitaleinschüsse seitens der Republik Österreich ein Schaden für die Republik bzw. die Steuerzahler entstanden ist.

22. Aufklärung darüber, ob der Republik Österreich oder einem ihrer Unternehmen ein Reputationsschaden dadurch entstanden ist, dass die Entscheidung hinsichtlich Abwicklung jahrelang verschleppt wurde.

23. Aufklärung darüber, inwieweit die bis dato nicht erfolgte Abwicklung ursächlich dafür war, dass Berater- und Anwaltshonorare in kolportierter Höhe von rd. 300 Mio. Euro angefallen sind.

24. Aufklärung darüber, inwiefern und durch wen bereits Gespräche mit privaten Inves­toren (insbesondere den österreichischen Kreditinstituten wie z.B. Raiffeisenbanken, Erste Bank/Sparkassen, Hypo Banken) über die Bildung einer „Bad Bank“ stattgefunden haben und inwieweit eine solche Lösung auch mit Verantwortlichen der heimischen sowie internationalen Statistikbehörden sowie gegebenenfalls ebenfalls zustimmungsrelevanten Alteigentümern bereits erörtert wurde.

25. Aufklärung darüber, inwieweit und zu welchem Zeitpunkt Experten in die strate­gischen Überlegungen zur Abwicklung der HGAA (insbesondere in Hinblick auf die „Bad Bank“) involviert waren.

26. Aufklärung darüber, ob der Erlös für das Österreich-Geschäft der HGAA aufgrund der unterlassenen Abwicklung der Risiko-Geschäfte der HGAA über eine „Bad Bank“ niedriger ausgefallen ist bzw. wie die öffentlich geführte politische Diskussion das verstaatlichte Institut strukturell geschädigt hat (etwa über Kundenabflüsse).

Untersuchungsauftrag

Der Gegenstand der Untersuchung soll durch Anwendung aller in der VO-UA vorgesehenen Instrumente sowie Auskünfte jeglicher Art sowie Einsicht in sämtliche Akten, Berichte und Protokolle - insbesondere des Bundeskanzleramts, des Bundes­ministeriums für Finanzen, der Österreichischen Nationalbank, der Finanzmarktauf­sichts­behörde, der Finanzmarktbeteiligung AG, des Untersuchungsausschusses zur Überprüfung des Verkaufs von Anteilen der HGAA durch die Kärntner Landesholding des Kärntner Landtags und der „Task Force Hypo Alpe Adria“ - verfolgt werden.

Hierbei sollen sämtliche Sachverhalte auf rechtliche und politische Verantwortlichkeiten geprüft werden.

Begründung

Im Dezember 2009 erwarb die Republik Österreich alle Anteile der HBInt für einen symbolischen Euro von der BayernLB. Durch Abwertungen im Zuge der Bankenkrise hatte die HGAA Ende 2009 einen Kapitalbedarf von 1,5 Mrd. EUR. Am 22. November 2009 gab der damalige bayerische Finanzminister Georg Fahrenschon gegenüber dem österreichischen Finanzminister Josef Pröll bekannt, der HGAA über die BayernLB kein frisches Kapital mehr zur Verfügung stellen zu wollen. Gleichzeitig zog die BayernLB in Form von Kündigung von Darlehen 1,2 Mrd. EUR von der HBInt ab und brachte diese so an den Rand des Konkurses. Die Schädigung der HGAA wurde dabei in Kauf genommen.

Zum Verkaufszeitpunkt hatte die BayernLB noch Forderungen in Höhe von 4 Mrd. EUR gegenüber der HGAA. Die Verhandlungen zwischen der BayernLB und der Republik


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Österreich (unter Ausschluss der Minderheitseigentümer Kärntner Landes- und Hypo­thekenbank Holding und Grazer Wechselseitige) endeten mit einem Verzicht der BayernLB auf Forderungen über 825 Mio. EUR. Die verbleibenden Verbindlichkeiten über 3,1 Mrd. EUR sind laut Kaufvertrag bis Ende 2013 weiter durch den neuen Eigentümer, die Republik Österreich (und somit den Steuerzahler), zu bedienen. Aus Sicht der BayernLB wurden so hochriskante Forderungen gegenüber der angeschla­genen HGAA in sichere Forderungen gegenüber der Republik Österreich umge­wandelt.

Es ist in einem Untersuchungsausschuss zu klären, ob die absichtliche Schädigung der HGAA durch die Konzernmutter (und somit der unmittelbar drohende Konkurs) zu verhindern gewesen wäre, wenn die zuständigen staatlichen Organe der Republik Österreich die betroffenen Mittel als eigenkapitalersetzend nach § 1 EKEG qualifiziert hätten. Es ist ferner der Frage nachzugehen, ob die Notverstaatlichung der HGAA und das daraus resultierende Milliardengrab für die Republik tatsächlich „alternativlos“ (Finanzminister Pröll) waren. So gab Finanzminister Fahrenschon am 1. Oktober 2013 im Verfahren gegen die Mitarbeiterprivatstiftung der HGAA an, nie eine Insolvenz in Betracht gezogen zu haben. Diese hätte für die Bayern einen Verlust zumindest eines Teils der Forderungen gegenüber der HGAA in Höhe von 4 Mrd. EUR bedeutet, im Gegensatz zu einem Verlust von 825 Mio. EUR und einem Aufrechterhalten von Forderungen über 3,1 Mrd. EUR im Falle der Verstaatlichung. Es ist daher zu beleuchten, auf welcher Entscheidungsgrundlage und aufgrund welcher Risikoab­schätzung der für die Republik Österreich finanziell belastende und für die BayernLB relativ günstige Weg der Notverstaatlichung gewählt wurde.

Vor dem Hintergrund des medial dargestellten Zeitdrucks inklusive drängender Stim­men aus dem In- und europäischen Ausland ist zu prüfen, inwieweit die Unmöglichkeit einer seriösen Prüfung (im Wege einer Due Diligence) während der Verkaufsge­spräche und damit verbundene entsprechende Verbesserungsklauseln im Interesse des Käufers in den Verträgen berücksichtigt wurden.

Es sind ferner die Gründe der konkreten Ausgestaltung des Inhalts des Kaufvertrags zu ermitteln. Es ist insbesondere zu beleuchten, warum die BayernLB Mit­spracherechte behält, obwohl sie im Kaufvertrag alle Risiken abtritt und warum die eigenkapitalersetzenden Darlehen der BayernLB nach dem Verkauf nicht in der HGAA verbleiben. Der Vertragsinhalt ist weiters zum Nachteil der Republik Österreich, da jegliche Gewährleistung oder Haftung für die gekauften Aktien ausgeschlossen wurde, die Republik also ein erhebliches Risiko übernommen hatte.

Bereits kurze Zeit nach der Übernahme der HGAA wurde im Laufe des Jahres 2010 bewusst und bekannt, dass sich das Finanzinstitut trotz der Maßnahmen im Bilanzjahr 2009 in einem dramatischen Zustand befindet und weitere Kapitalmaßnahmen sowie weitaus umfangreichere Restrukturierungsmaßnahmen als vermutet nötig sein werden. Schon zu dieser Zeit fand auch die Idee der „Bad Bank“ Verbreitung.

Nicht zuletzt infolge der neuerlich notwendigen Finanzspritze, des zu erwartenden Berichts der „Task Force Hypo“ wie auch der medialen Berichte der vergangenen Woche – wo z.B. seitens der Finanzprokuratur das Thema Insolvenz (vgl. „Hypo: Finanzprokuratur präferiert Dead-Bank-Modell“ im „Standard“ vom 29. November 2013) aufgebracht und von Experten diskutiert wurde (vgl. „Pleite Kärntens wäre für Bund billiger als Hypo-Rettung“ in der „Presse“ vom 29. November 2013, „Experten gegen Insolvenz der Hypo“ Ö1 Morgenjournal vom 30. November 2013) – erhält die Dis­kussion besondere Aktualität.

Experten wie der Hypo-Aufsichtsratschef Liebscher, Vorstandsvorsitzender der FIMBAG und ehem. Gouverneur der OeNB, präferieren die Lösung der „Bad Bank“


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über die des „Weiterwurstelns“ der aktuellen Finanzministerin. Noch im September verlautete Liebscher, dass sich die heuer notwendig werdenden Kapitalspritzen mit einer zeitgerechten Abbaueinheit reduzieren würden. In gleicher Weise hatte sich auch der ehemalige AR-Vorsitzende der HBInt, Johannes Ditz, mehrfach geäußert und er soll dies (laut Medienberichten im Mai 2013) auch der zuständigen Ressortspitze im BMF per Brief eindringlich erläutert haben. Auch die Regierungsspitze spreche sich für die Lösung der „Bad Bank“ aus, konnte Liebscher im November 2013 in Abstimmung mit Kanzler und Vizekanzler vermelden.

Wifo-Bankenexperte Hahn erklärte kürzlich, es sei gar schon „zu spät“ für die Bad-Bank-Lösung. Zu lange seien die Augen verschlossen worden. Man hätte sich ‚einiges an unnötigen Zuschüssen erspart‘, hätte man früher gehandelt, also vor zwei, drei Jahren. ‚Das wäre für den Steuerzahler billiger gekommen‘“ (vgl. „Hahn: Bad Bank kommt ‚zu spät‘" auf kurier.at vom 15. November 2013).

Im Lichte dessen stellt sich die Frage, wieso sich insbesondere Finanzministerin Maria Fekter und andere dem BMF nachgeordnete Stellen, wie etwa die Finanzprokuratur, gegen die vorgeschlagene Lösung zu wehren scheinen, wodurch die durch das HYPO-Debakel schwer geforderten Steuerzahler weiter belastet werden und welcher Schaden durch eine frühere Abwicklung der HBInt vermeidbar gewesen wäre.

Die unterfertigten Abgeordneten verlangen gemäß § 33 Abs 2 GOG-NR die Durch­führung einer kurzen Debatte.

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Als erste Rednerin dazu zu Wort gelangt Frau Abge­ordnete Dr. Nachbaur. Ich erteile es ihr.

 


16.37.19

Abgeordnete Dr. Kathrin Nachbaur (STRONACH): Herr Präsident! Im Zuge der Bankenkrise wurden drei Institute mit dem Argument Systemrelevanz verstaatlicht, und zwar – wie wir wissen – die Hypo Alpe-Adria Bank, die ÖVAG und die Kom­munalkredit. Der neue Eigentümer, also die Republik Österreich, verwaltet diese Beteiligungen über die FIMBAG.

Das Team Stronach möchte einerseits die Vorgänge rund um die Notverstaatlichung der Hypo Alpe-Adria und der anderen Banken durchleuchten und andererseits – und das ist jetzt eigentlich noch viel wichtiger – die Zukunftsoptionen für diese Bank und genauso für die anderen betroffenen Banken erörtern. (Anhaltende Zwischenrufe der Abgeordneten Höfinger und Mag. Schönegger.) – Entschuldigen Sie, ich finde das so unhöflich! Es geht hier um Milliarden, und Sie interessieren sich für den Herrn Gabmann. (Beifall bei Team Stronach, Grünen und NEOS-LIF.) – Danke.

Zuerst möchte ich auf die Vergangenheit zum Thema Hypo eingehen. Das Team Stronach wird einen Hypo Alpe-Adria-Untersuchungsausschuss beantragen, denn es braucht eine lückenlose Aufklärung der politischen und rechtlichen Verantwortung im Zusammenhang mit dieser Notverstaatlichung im Jahr 2009. Es geht hier immerhin um bis zu 17 Milliarden € Steuergeld. (Beifall beim Team Stronach.)

Es gibt viele verschiedene Schätzungen des Schadens aus dieser Pleite, wobei man eigentlich nicht von Pleite sprechen kann, da ja gerade diese durch die Notver­staatlichung verhindert wurde. Das war eine rein politische Entscheidung, um den Schaden vor allem beim Land Kärnten, aber auch im Hypo-Haftungsverbund gering zu halten. Das hätte nämlich die Raiffeisen-Gruppe über ihre Beteiligung im Hypo-Haftungsverbund indirekt sehr viel Geld gekostet.


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Die Bank benötigt bis Ende des Jahres noch eine weitere Milliarde. Und Experten meinen sogar, dass es die Republik billiger gekommen wäre, das Land Kärnten Pleite gehen zu lassen.

Bei dieser umfassenden Aussprache, die wir im Finanzausschuss fordern, müssen alle Möglichkeiten erörtert werden. Und noch einmal möchte ich sagen: Wir brauchen eine vernünftige Föderalismusreform. Obwohl ich dem Antrag der NEOS jetzt nicht zugestimmt habe, finde ich, dieser ist ein ganz wichtiger Denkanstoß, um über ein ordentliches Insolvenzrecht der Gebietskörperschaften nachzudenken. Es gibt viele Juristen, die in letzter Zeit sehr gute Papiere zu diesem Thema entwickelt haben, und es darf nichts tabu bleiben, wenn es darum geht, für die Steuerzahler die besten Lösungen zu finden. (Beifall beim Team Stronach.)

Was wir bei der Hypo gesehen haben, ist, dass jedenfalls die Verantwortung fürs Geldausgeben und Geldeinnehmen nicht völlig voneinander getrennt sein kann. Unter anderem wollen wir wissen: Warum gab es überhaupt eine Notverstaatlichung, denn diese Bank war nicht systemrelevant für Österreich?

Die weitere wichtige Frage lautet: Warum hat man eigentlich die deutschen Steuer­zahler mit österreichischem Steuergeld gerettet? Die Deutschen hatten nämlich neben Eigenkapital auch noch 4 Milliarden € an Krediten in der Bank, die im Konkursfall Eigenkapital geworden wären – und das wäre weg gewesen. Nun wurde es aber mit unserem Steuergeld gerettet.

Was ist seit der Notverstaatlichung passiert? – Es wurde immer schlimmer. Wer trägt dafür die politische Verantwortung? – Die Republik führt diese Bank nunmehr seit fünf Jahren. Die vormaligen Manager müssen sich jetzt – ich denke an das Gericht in Klagenfurt – strafrechtlich verantworten. Müsste man da nicht analog sagen, dass sich nun, nachdem alles unter Führung der Republik beziehungsweise der von der Regierung eingesetzten Manager noch schlimmer geworden ist, auch diese rechtlich zu verantworten haben? (Beifall beim Team Stronach sowie des Abg. Dr. Strolz.)

Auch Finanzmarktaufsicht und die Bankenprüfung der Oesterreichischen Nationalbank müssen zur Verantwortung gezogen werden. Es wurde über Jahre hinweg einfach zugesehen, wie das Loch der Hypo Alpe-Adria Bank von Jahr zu Jahr größer und schwärzer wurde.

Ich möchte jetzt aber auch auf die Zukunft eingehen. Das Team Stronach fordert einen Lösungsausschuss. Als Aussprache im nächsten Finanzausschuss fordere ich einen Gipfel zum Thema Bankenabwicklung, und zwar öffentlich und mit Experten.

Was die Hypo anlangt, konzentrieren sich die bisherigen Aktivitäten der Republik auf die zivil- und strafrechtliche Aufarbeitung. Es wurde von Seiten des Finanzministeriums eine sogenannte Sonderkommission eingerichtet, und selbstverständlich wurden hun­derte Millionen Euro für Berater, für Wirtschaftsprüfer und vor allem für Rechtsanwälte ausgegeben. Ein vernünftiges Modell zur Abwicklung liegt aber bis heute nicht vor.

Die Idee ist, dass es für die Hypo Alpe-Adria eine Bad Bank geben soll. Als Bad Bank unterliegt sie aber dem Bankwesengesetz, das heißt, sie braucht derzeit mindestens 10 Prozent Eigenkapital. Jetzt wird überlegt, die österreichischen Banken zu ver­pflichten, hier einzuzahlen und sich an der Abwicklung zu beteiligen. Die wollen das aber nicht. Und was soll denn dabei herauskommen, wenn man jemanden, der das gar nicht haben will, zwangsverpflichtet, sich irgendwo zu beteiligen und für die richtige Abwicklung zu sorgen? – Das macht gar keinen Sinn. Daher sagen wir, dass es eine effiziente und erfolgreiche Abwicklung aus unserer Sicht nur durch einen privaten Investor geben kann.


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Es herrscht grundsätzlich Übereinstimmung, dass alle faulen Kredite, Darlehen und toxischen Papiere in ein eigenes Abwicklungsinstrument hineinkommen. Das muss dann durch einen privaten Investor, der die Anteile haben will und auf so eine Art von Geschäft spezialisiert ist, erfolgreich abgewickelt werden. Dieser muss zumindest 50 Prozent der Anteile plus eine Aktie erhalten und alle wesentlichen Entscheidungen treffen können. Der Rest bleibt bei der Republik.

Durch die Einbringung von Eigenmitteln dieses Investors ist eine zügige und erfolgs­orientierte Abwicklung sichergestellt. Die Refinanzierung der Abwicklungsgesellschaft wird über Kapitalgarantien der Republik Österreich – so wie das schon bisher der Fall war – in den Banken sichergestellt. In einem Zeitraum von bis zu fünf Jahren müssten dann bis zu 80 Prozent des Portfolios realisiert und – ganz wichtig! – etwaige Erträge aus der Abwicklung selbstverständlich im Ausmaß des Aktienkapitals aufgeteilt wer­den. Das heißt, dieser Privatinvestor muss, falls er einen Ertrag erwirtschaftet, selbst­verständlich auch die Upside haben. Denn er hat ja auch die Downside, da er riskiert, dass womöglich sein ganzes eingesetztes Kapital weg ist. Auf die Verwertung derartiger Assets haben sich Banken, Private-Equity-Fonds und Investment-Boutiquen spezialisiert.

Dasselbe gilt für die Kommunalkredit. Diese kommt zwar medial kaum vor, steht aber genauso unter Druck. Für die Kommunalkredit wurde bereits eine Bad Bank gegründet, die KA Finanz AG. Auch so werden die zur Verwertung notwendigen Strukturen geschaffen. Auch hier schlagen wir vor: Verkauf der Mehrheit der Bad Bank-Anteile an einen Privaten (Abg. Rädler: Wer ist das?), um eine effizientere Abwicklung zu garantieren.

Ich habe schon gesagt, auf die Verwertung derartiger Assets konzentrieren sich Banken, Hedgefonds, Private-Equity-Fonds und andere Investment-Boutiquen und Investment-Häuser. Schade, dass Sie keine kennen. (Beifall beim Team Stronach sowie des Abg. Dr. Strolz.)

Die dritte Bank ist die ÖVAG. Diese Bank unterscheidet sich von den anderen Instituten dahin gehend, dass sie gleichzeitig als Spitzeninstitut des Volksbanken­sektors agiert. Ein Spitzeninstitut nimmt natürlich gewisse Aufgaben wahr, ist sozu­sagen der Hausverwalter der einzelnen Volksbanken. Deshalb braucht man hier keine eigene Abwicklungsbank, vielmehr sollte der Anteil der Republik gemeinsam mit dem Aktienanteil der Volksbanken an einen privaten Investor veräußert werden.

Eine Aufnahme des Volksbankensektors in den Raiffeisensektor wird auch schon seit Jahren diskutiert, ist aber bislang leider nie erfolgreich durchgesetzt worden. Als Vorbild könnte hier aber der deutsche Genossenschaftssektor dienen, der bereits seit Jahrzehnten zu einem geeinten und nicht unerfolgreichen Volksbanken- und Raiff­eisen­sektor geführt hat.

Zur Vorgangsweise: Zunächst möchte ich eine Anfrage stellen: Bis wann gibt es tatsächliche Lösungsmodelle für die verstaatlichten Banken? – Ich hoffe, die Antworten gibt es spätestens bis zum Jahresende.

Die nächste Forderung lautet: Die rot-schwarzen Proporzorgane in der FIMBAG müssen ausgetauscht werden. Dort gehören Experten, Spezialisten hinein, die auch erfolgsorientiert entlohnt werden müssen. Sie sollen mitverdienen, wenn sie etwas erfolgreich abwickeln, denn sonst finden sich nicht die richtigen Leute. Letztendlich kann man nur so den Steuerzahler entlasten.

Ich wiederhole meine Forderung von der vergangenen Plenarsitzung: Der neue Finanzminister soll weder aus der SPÖ noch aus der ÖVP oder von einer verstaat-


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lichten Bank kommen, die mit Steuergeld gerettet wurde, denn wir brauchen einen Experten, wir brauchen Sachkompetenz. (Abg. Rädler: Gabmann!)

Schließlich ist auch noch die politische Verantwortung zu klären. Wer trägt sie? Seitdem die Republik den Laden managt, wurde es immer schlechter.

Und meine letzte und wichtigste Forderung lautet: Ich will eine Vergabe von Verkaufs­mandaten zur Privatisierung der drei zwangsverstaatlichten Banken. – Danke. (Beifall beim Team Stronach sowie des Abg. Dr. Strolz.)

16.47


Präsident Karlheinz Kopf: Zur Begründung des zweiten und gemeinsam zu debat­tierenden Antrages erteile ich Frau Abgeordneter Mag. Meinl-Reisinger das Wort. – Bitte.

 


16.47.17

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS-LIF): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ja, auch wir haben einen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Untersuchung der Verstaatlichung, Notverstaatlichung und aber auch der Verschleppung der Entscheidung hinsichtlich einer Abwicklung der Hypo Alpe-Adria eingebracht. Wir konzentrieren uns auf die Hypo Alpe-Adria Group.

Wir haben uns vorab zwar auch besprochen, haben aber dann entschieden, dass wir zwei Anträge einbringen. Ich möchte schon betonen, dass wir auch weiterhin immer mit allen Oppositionsparteien oder allen willigen Parteien gerne gemeinsame Schritte unternehmen. Unser Antrag unterscheidet sich ein bisschen von jenem des Team Stronach, weil wir das unserer Meinung nach wirklich Dringliche vom auch sehr Notwendigen trennen und jetzt einmal nur die Hypo Alpe-Adria beleuchten.

Warum finden wir das aktuell sehr relevant? Erstens einmal deshalb – und das haben wir schon bei der vorherigen Debatte über das Budgetloch gesehen –, weil sich hier ein erneuter Finanzbedarf aufgetan hat. Es werden heuer 1,75 Milliarden € sein, und da drängt sich die Frage auf, ob man diesen Finanzbedarf, diese Kapitalspritze, die letztlich die Steuerzahlerin und der Steuerzahler zahlen werden, hätte verhindern können, hätte man rechtzeitig Entscheidungen getroffen.

Die Geschichte der Hypo Alpe-Adria ist eine sehr lange Geschichte, sie beginnt ungefähr zur Jahrtausendwende. Ich glaube, es würde Jahre brauchen, um alle As­pekte zu beleuchten – sehr viel ist ja auch schon im Untersuchungsausschuss in Kärnten angesprochen worden. Es ist eine Geschichte der schlechten Führung, der Misswirtschaft, der Korruption, der Freunderlwirtschaft, der Hypotrophie eines Bundes­landes. Es ist aber auch eine Geschichte von Fahrlässigkeiten, von zum Teil schuld­haftem Vorgehen – gerichtsanhängige Verfahren gibt es ja –, von Nichtinfor­mation der Bürgerinnen und Bürger, und letztlich ist es eine ganz entscheidende Frage der politischen Verantwortung. Darum geht es mir heute hier, geht es uns NEOS, nämlich, diese politische Verantwortung zu klären.

Schaut man sich die Geschichte der Hypo an, entdeckt man zweierlei. Einerseits wurden Entscheidungen sehr rasch, sehr schnell, vielleicht sogar ein wenig hudelnd getroffen, so zum Beispiel die Frage der Notverstaatlichung, die wir ja in diesem Untersuchungsausschuss gerne auch diskutieren würden. Andererseits – und das ist der Gegenpol – wurden Entscheidungen auf die lange Bank geschoben, es wurde monatelang, wenn nicht sogar jahrelang keine Entscheidung getroffen.

Ich bedauere es sehr, dass Frau Bundesministerin Fekter jetzt nicht da ist, die das unserer Meinung nach hauptsächlich zu verantworten hat und die politische Verant­wortung trägt.


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Unser Antrag besteht aus zwei Teilen. Der erste Teil beschäftigt sich, ähnlich wie der Antrag des Teams Stronach, mit der Untersuchung der Notverstaatlichung. Es geht um die Klärung der Frage, ob diese Verstaatlichung tatsächlich alternativlos war, wie es der damalige Finanzminister Pröll im Untersuchungsausschuss ausgesagt hat.

Es würde uns interessieren, wann die erste Kontaktaufnahme seitens der Bayern mit dem österreichischen Finanzminister stattgefunden hat, wer in diese Verhandlungen involviert war und wer letztlich für die Vertragsgestaltung verantwortlich oder zuständig war. Ich meine, der Nationalrat und die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht darauf, das zu erfahren, denn das ist der zweite große Punkt bei dieser Notverstaatlichung.

Dieser Vertrag ist zumindest eigenartig. Wenn man ihn mit anderen Verträgen über Aktienkäufe vergleicht, dann ist er sehr mangelhaft, sehr dünn. Die Gewährleistung ist ausgeschlossen und auch in vielen anderen Bereichen geht er sehr zu Lasten der Republik. Das gehört untersucht.

Wer ist für die Vertragsgestaltung verantwortlich? Hat vor der Notverstaatlichung eigentlich eine Due Diligence stattgefunden? – Es gab keine, das wissen wir, es war ja auch keine Zeit, das geschah alles in großer Eile. Aber hat eigentlich danach eine Due Diligence stattgefunden? Hat man sich danach Portfolio-Analysen angeschaut? Wann lagen da die ersten Ergebnisse auf dem Tisch?

Jetzt komme ich zum zweiten Punkt: Wann hat man zum ersten Mal intern darüber diskutiert, dass es eine Lösung zur Abwicklung, ein Abwicklungsinstrument braucht, nämlich eine sogenannte Bad Bank oder wie auch immer man das nennt?

Ich glaube nicht, dass diese Frage erst dieses Jahr aufgetaucht ist. Sie haben das gesagt, Herr Kogler: Lüge oder Unwahrheit oder wie auch immer, da wird uns jeden­falls etwas nicht erzählt. Es gab Restrukturierungspläne, die nach Brüssel geschickt wurden. Es muss Gespräche gegeben haben. Es gibt wahrscheinlich Analysen der Nationalbank, der FMA. Wie schauen die aus? Was haben die gesagt? Welche Kostenmodelle und Rechnungsmodelle sind am Tisch gelegen? Das alles wollen wir untersucht haben.

Vielleicht noch ein bisschen zu den Fragen im Detail: Es sind zwei ganz zentrale Fragen, die auch den Bürgerinnen und Bürgern sauer aufstoßen. Man hat in den Medien schon im Frühjahr massiv gespürt, dass es eine Abwicklungsstrategie geben muss, dass eine Entscheidung getroffen werden muss. Es gab Gott sei Dank im März auch Druck aus Brüssel auf die Frau Bundesministerin, endlich zu einer Entscheidung zu kommen. Das heißt, schon vor der Wahl war klar, dass etwas getan werden muss, und es war klar: Das kostet Geld.

Jetzt die zwei entscheidenden Fragen: Ist diese Entscheidung aus anderen als aus wirtschaftlichen Überlegungen nicht getroffen worden? – Ich glaube ja. Wenn ja: Ist diese Entscheidung rein aus wahltaktischen Gründen nicht getroffen worden? – Da sind wir wieder bei der Debatte, die wir zuvor hatten, das ist nämlich Wählerbetrug.

Wir kommen langsam in eine Dimension, die tatsächlich bedrohlich ist. Es gibt auch mediale Stimmen, die sagen, dass es für die Abwickelung in einer Bad Bank schon längst zu spät ist. Der Republik ist einerseits dadurch Schaden entstanden, dass diese Finanzhilfen – wie gesagt, heuer wieder 1,75 Milliarden € – nicht in diesem Ausmaß notwendig gewesen wären. Es ist aber auch dadurch Schaden entstanden, dass der Verkaufserlös der Österreichtochter deutlich unter dem Wert gelegen ist, den es hätte geben können, wenn es nicht diese permanente Verunsicherung gegeben hätte, weil einfach keine Entscheidung getroffen worden ist. Es hat immer noch kein Closing gegeben, weil die Bayern meines Wissens noch nicht zugestimmt haben. Ich nehme


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an, es gibt Verhandlungen. Auch dazu würde ich gerne Näheres erfahren. Letztlich ist es ein enormer Reputationsschaden für die Republik Österreich und für die Hypo und die daran beteiligten Unternehmen.

Dieser Schaden hätte abgewendet werden können. Ich denke, wir müssen das dringend in einem Untersuchungsausschuss diskutieren. Es ist auch schon von der Verantwortung des Nationalrates gesprochen worden, und diese Verantwortung umfasst auch, den Bürgerinnen und Bürgern da draußen volle Transparenz zu gewähr­leisten und zu sagen: Wir haben nichts zu verbergen, wir stehen dafür, alles lückenlos aufzuklären.

Daher möchte ich jetzt alle Kolleginnen und Kollegen einladen, diesem Untersuchungs­ausschuss zuzustimmen. Das wird der einzige Weg sein, wie wir diese ganzen Vorgänge auch nur annähernd beleuchten können.

Die Hypo ist wie die Titanic, die schon längst auf den Eisberg aufgelaufen ist. Schon längst sinkt sie, und wir tun seit Jahren nichts anderes, als diese Löcher, wo massiv Wasser eindringt, zu stopfen. Die Kommandozentrale ist völlig führungslos, niemand übernimmt die Verantwortung, endlich eine Entscheidung zu treffen.

Wir hoffen, dass diese Entscheidung noch bis Ende des Jahres fällt, aber wir verlangen lückenlose Aufklärung. Die Wahrheit ist den Menschen und auch diesem Nationalrat zumutbar. – Danke. (Beifall bei NEOS-LIF, Grünen und Team Stronach.)

16.55


Präsident Karlheinz Kopf: In der weiteren Debatte beträgt die Redezeit der einzelnen zu Wort gemeldeten Abgeordneten im Sinne des § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung maximal 5 Minuten.

Als Erster ist Herr Abgeordneter Lipitsch zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


16.55.58

Abgeordneter Hermann Lipitsch (SPÖ): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich mir jetzt die einleitenden Worte so angehört habe, werde ich das Gefühl nicht los, dass Investoren wie Geier kreisen und warten, dass sie zuschlagen können. Ich meine, dass es nicht der Sinn der Sache ist, dass man jetzt versucht, etwas billigst zu verscherbeln, wenn wir doch dabei sind, das eine oder andere zu richten.

Ich möchte nur eines klarstellen: 2009 waren die Haftungen des Landes Kärnten, die von den zuständigen Verantwortlichen im Bereich des Budgets eingegangen worden sind, 22 Milliarden €. Im Land Kärnten war bereits ein Untersuchungsausschuss tätig, um die politische Verantwortung aufzuarbeiten.

Ich möchte aber auch sagen, dass Kollege Strutz von der Freiheitlichen Partei im Jahr 2009 hier am Rednerpult war und gesagt hat: Schauen wir, wie das weitergeht mit der Verstaatlichung oder mit den Banken! Ich kann mich noch gut erinnern, das war knapp vor der Verstaatlichung. Ich bin ein paar Stunden später draufgekommen, warum er das gesagt hat. In der „ZiB 2“ war Herr Landeshauptmannstellvertreter Uwe Scheuch am Wort und hat klipp und klar gesagt, dass er davon ausgeht, dass der Bund das Land Kärnten retten wird, wenn bei der Hypo etwas daneben geht.

Ich möchte etwas zu Frau Nachbaur sagen: Heute ist öfter angesprochen worden, dass wir ja etwas unternehmen könnten, und wenn das Land Kärnten nebenbei mit in Konkurs geht, dann nehmen wir das eben als Kollateralschaden in Kauf. Ich muss sagen, es macht mich tief betroffen, wenn das so angedacht ist, denn die Insolvenz eines Bundeslandes wirkt sich direkt auf die Gemeinden, auf die Betriebe, auf die Krankenhäuser, auf alle aus. In Wirklichkeit sind die kleinen und mittleren Betriebe und


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die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer betroffen. Deswegen ist es wichtig, dass ein Bundesland wie Kärnten nicht in Konkurs geschickt wird. Ich möchte das nur klar­stellen, weil heute ein paar Mal angeklungen ist, dass es eh egal ist, dann schicken wir Kärnten eben mit in Konkurs. Das wollte ich nur nebenbei anmerken. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte klipp und klar sagen, dass von der sogenannten Kreditmasse im Land Kärnten nicht mehr viel vorhanden ist. Man hat in den letzten Jahren ja alles, das nicht niet- und nagelfest war, verscherbelt – ich würde sagen, wie eine Zitrone ausgepresst und dann weggelegt. (Präsident Ing. Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Ich erinnere nur daran, dass man sogar noch im letzten Jahr aufschiebende Wirkung für Rückzahlungen in der Regierung in Kärnten beschlossen hat. Es ging um 167 Millionen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Nicht sagen, die SPÖ hat mitgestimmt! Es war in Wirklichkeit Herr Dobernig, der diese 167 Millionen aufgeschoben hat, um das Ganze etwas später belasten zu können. (Abg. Mag. Darmann: Stell keine Behauptungen auf, die du nicht belegen kannst! Wo sind die Fakten?)

Die Gerichtsverfahren werden einiges an Fakten hervorbringen. Dieses Gerichts­ver­fahren, das momentan läuft, zeigt ja eindeutig auf, wer die Gewinner des Ganzen sein werden. Flick und Co. und solche, die es sich einfach leisten können, haben Gewinne abgeschöpft. Da bin ich klipp und klar bei meinem Klubobmann Schieder, der heute gesagt hat, dass wir das dementsprechend mit einer Bankenabgabe absichern müs­sen. Ich bin wie unsere Partei klar für vermögensbezogene Steuern, damit diese Menschen, die Gewinne in welchem Maße auch immer abschöpfen, auch zur Kasse gebeten werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn ich mir die Anträge so anschaue, dann ist sehr viel Populismus drinnen und es ist teilweise sogar eine Vorverurteilung von Menschen drinnen. Ich darf da klipp und klar sagen: Wir stehen für Aufklärung, wir stehen für Transparenz, aber nicht für eine Vorverurteilung. Deswegen werden wir diese Anträge auch ablehnen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.59


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Amon. – Bitte.

 


17.00.15

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einmal: Wir von der Österreichischen Volkspartei vertraten in der Vergangenheit die Position, dass es nicht sinnvoll ist, die politische Verantwortung parallel zur justiziellen Untersuchung zu untersuchen.

Wir haben uns dann von Argumenten, wie sie auch heute gebracht wurden, über­zeugen lassen und zugestimmt, dass es solche Paralleluntersuchungen geben soll.

Ich möchte Ihnen allerdings schon sagen, dass die Erfahrungen nicht gut waren (Ruf bei den Grünen: Für euch nicht!), denn das Ergebnis war eigentlich nur, dass teilweise Untersuchungsergebnisse an die Öffentlichkeit gelangt sind, was zu Vorverurteilungen geführt hat. In Wirklichkeit hat das den Untersuchungsausschuss behindert, weil sich Beschuldigte als Auskunftspersonen im Untersuchungsausschuss ihrer Aussage völlig entschlagen haben beziehungsweise gewisse vorgeladene Personen erst gar nicht erschienen sind – wir konnten beispielsweise den Telekom-Kronzeugen nicht befragen – und Ähnliches mehr.

Daher: Es gibt, wie ich meine, sehr gute Argumente, die gegen eine Parallelunter­suchung von Justiz auf der einen Seite und der politischen Verantwortung auf der an­dere Seite sprechen – was aber nicht für alle Ewigkeit heißt, dass wir einem Unter-


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suchungsausschuss im Anschluss an justizielle Ermittlungen nicht die Zustimmung geben.

Ich möchte jetzt auf die Ausführungen von Klubobfrau Dr. Nachbaur eingehen, die eine Reihe von Argumenten gebracht hat, allerdings keines, warum wir einen politischen Untersuchungsausschuss brauchen. Es war eine Fülle von interessanten Argumenten; Sie haben auch angesprochen, dass es Investoren gäbe. – Herbei!, herbei!, kann ich nur sagen.

Ich glaube, das Finanzministerium ist durchaus offen, wenn Sie Persönlichkeiten, Damen und Herren, nennen, die sich da beteiligen möchten. Sie, Frau Dr. Nachbaur, sind auch herzlich eingeladen, dem Finanzministerium solche Institutionen, solche Einrichtungen zu nennen. – Das ist das eine. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.)

Das Zweite ist, dass es auch in dieser Causa eine Fülle von Untersuchungen gibt; Gerichtsverfahren dazu laufen in München, in Klagenfurt und in Wien. Es gibt bereits erste Verurteilungen. Man kann daher nicht davon sprechen – ja, das haben Sie auch nicht getan –, dass da nicht aufgeklärt werden würde.

In der Tat und was diese Causa anlangt: Der Schaden für den Steuerzahler ist enorm, daher müssen die Schuldigen auch zur Verantwortung gezogen werden. Probleme sind natürlich immer dann gegeben, wenn es sich um kriminelle Energie handelt, die hinter diversen Handlungen steckt, denn diese „blüht“ bekanntlich im Verborgenen.

Ich möchte dem entgegentreten, dass Sie, Frau Klubobfrau Dr. Nachbaur, sagen, es wäre alles gelöst, würden wir das Bundesland Kärnten in die Insolvenz schicken. – Ich meine, so einfach kann man es nicht machen. Man kann über alles diskutieren, und natürlich kann man auch über ein Insolvenzrecht in Bezug auf die Bundesländer reden, nur muss man sich schon überlegen: Bedeutet das dann automatisch, dass es die Steuerzahler nichts kostet? Was heißt das, wenn ein Bundesland zahlungsunfähig ist? Was bedeutet es, wenn ein Bundesland sozusagen zugesperrt wird? (Zwischen­ruf der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein.) Was heißt das in Bezug auf das gesamte Sozialwesen? Was heißt das für die gesamte Verwaltung – bis hinunter zu den Bezirkshauptmannschaften? Auch: Was heißt das für die Spitäler?

Eine ähnliche Situation konnte man ja erst kürzlich in den Vereinigten Staaten von Amerika erleben, als es dort keine Einigung über den Bundeshaushalt gab – da werden dann eben öffentliche Stellen zugesperrt.

Daher: Ich glaube, dass das mit dem In-die-Insolvenz-Schicken des Bundeslandes Kärnten ein Vorschlag ist, dem man nicht unbedingt nahetreten sollte.

Frau Abgeordnete Mag. Meinl-Reisinger hat viele Argumente für einen Untersuchungs­ausschuss gebracht. Ich möchte aber doch darauf verweisen, dass es bereits zwei Untersuchungsausschüsse sozusagen regionaler Art gegeben hat: einen in Kärnten, einen in München, wo es aber ein bisschen eine andere Situation gab, denn dort saß der Finanzminister sozusagen direkt in der Bank. Das ist also schon ein wenig eine andere Situation.

Wir hatten auch hier im Hause zu diesem Thema bereits einen U-Ausschuss. Da gibt es den Vorwurf, er wäre zu früh zu einem Ende gekommen. – Gut, das ist Ihr Argument. (Abg. Dr. Moser: Schlecht!)

Noch einmal: Ich würde Sie ersuchen, bei der Linie zu bleiben: zunächst justizielle Ermittlungen und dann die Entscheidung darüber, ob eine politische Verantwortung zu klären ist oder nicht. (Beifall bei der ÖVP.)

17.05



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Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Podgorschek. – Bitte.

 


17.05.09

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Was wir brauchen, ist keine Konkursordnung für Gebietskörperschaften, sondern eine Bankenkonkursordnung, etwas, das wir Freiheitlichen schon seit Jahren fordern, denn es müssen endlich Banken vom Markt genommen werden, die nicht mehr konkurrenzfähig sind. Das Argument der Systemrelevanz beziehungsweise der Ausspruch „too big to fail“ können auf Dauer gesehen nicht aufrechterhalten werden – und das hat überhaupt nichts mit Gebietskörperschaften zu tun. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS-LIF.)

Bei diesen beiden Anträgen geht es meiner Meinung nach nicht um Vorverurteilungen, sondern da geht es schlicht und einfach um Aufklärung: Wir wollen wissen, was da gelaufen ist. (Rufe bei der FPÖ: Genau!) Einen Untersuchungsausschuss hatten wir ja in der vergangenen Gesetzgebungsperiode – und da könnte man in der Diktion des Herrn Amon sagen, dass dieser Untersuchungsausschuss sanft ums Leben gekom­men ist; ich würde eher sagen: Dieser Untersuchungsausschuss ist abgedreht worden!

Jedenfalls: Hätte es diesen Untersuchungsausschuss nicht gegeben, dann gäbe es jetzt keine Gerichtsverfahren, was den ganzen Telekom-Bereich betrifft. Gott sei Dank hat es diesen Untersuchungsausschuss gegeben, sonst wäre vieles nicht aufgekom­men. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS-LIF.)

Es gibt ausreichende Gründe, auch dazu einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, vor allem auch, um die ganze politische Verantwortung festzumachen; natürlich ist sehr vieles auch im wirtschaftlichen Bereich aufzuklären. Vergessen Sie nicht: Die Hypo Alpe-Adria ist im Jahre 2007 in mehrheitlich bayrischen Besitz gekommen. Die Hypo war da keine österreichische Bank mehr – ja schon: eine österreichische Banklizenz –, sondern stand mehrheitlich in bundesdeutschem Eigentum. (Ruf bei der ÖVP: Haider-Bank! – Abg. Mag. Schieder: Wer hat denn verkauft?) – Das hat das Land Kärnten verkauft, aber das hat doch nichts damit zu tun, Herr Genosse Schieder, dass letzten Endes  (Zwischenrufe bei der SPÖ sowie Gegenrufe bei Abgeordneten der FPÖ.) – Das hat doch damit nichts zu tun, dass Österreich diese Bank notverstaatlichen musste. Das gehört aufgeklärt. (Beifall bei der FPÖ. – Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Was die Haftungsübernahmen anlangt: Da waren alle Parteien in Kärnten dabei! Bezüglich Haftungen für ein Bundesland kann man diskutieren, ob das vielleicht zu viel war – das ist aus meiner Sicht auch der Fall –, aber schauen wir uns doch an: Vorarlberg hat auch Haftungen in Höhe von 7 Milliarden € übernommen – und das ist immerhin das Vierfache des Vorarlberger Landesbudgets. Das heißt also, das war kein Einzelfall.

Dazu, dass die Hypo Alpe-Adria gerade in der Zeit, in der sie in bayrischem Eigentum stand, ihr Geschäftsvolumen um 50 Prozent erhöht hat, nämlich von 20 Milliarden € auf über 30 Milliarden €: Das war keine österreichische oder Kärntner Verantwortung, sondern ausschließlich die der Bayern.

Das alles gehört aufgeklärt, alle Fakten müssen auf den Tisch.

Die Bayern sind mit der Hypo einen ganz expansiven Wachstumskurs gefahren, und im Sommer 2008 sind sie dann auf einmal draufgekommen, dass das in den Graben gehen könnte – und die Bayern haben ein Ausstiegsszenario zu konstruieren versucht. Dieses Ausstiegsszenario lief folgendermaßen: Ich habe jetzt leider nicht die Zeit, das im Detail genau zu erklären, aber interessant ist schon  (Abg. Mag. Schieder: Aber


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das wäre wichtig! Die Details! – Abg. Kickl: Dafür brauchen wir einen Ausschuss! – Abg. Mag. Schieder: Da wart ihr dabei! – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Kickl.)

Ja, das soll man aufklären, Herr Klubobmann! Ich war nicht dabei. Keiner von den Abgeordneten hier war da dabei. Sie waren auch nicht dabei, und daher wollen wir die entsprechende Aufklärung. (Beifall bei der FPÖ.)

Sehr viele Parteikollegen aus Kärnten waren dabei, das ist ja nicht von der Hand zu weisen.

Bereits im Sommer 2009 hat es in München interessanterweise – offensichtlich des­halb ist die ÖVP relativ ruhig bei dieser ganzen Causa – Geheimgespräche zwischen bayrischen Politikern und ÖVP-Politikern gegeben, und zwar über eine etwaige Rückführung der Hypo Alpe-Adria in österreichisches Eigentum. Dann wurde diese Bank sukzessive ausgehöhlt; Geld wurde abgezogen, um die Hypo wirtschaftlich kaputt zu machen. Datumsmäßig kann ich Ihnen ganz genau sagen, ab wann die Bayern Geld von der Hypo abgezogen haben.

Letzten Endes ist es dann im November beziehungsweise am 14. Dezember, soviel ich weiß, zu der Verstaatlichung gekommen. Warum? – Weil die Haftung den Bayern zugefallen wäre und damit nicht auch die Raiffeisenkasse, die in einem Haftungs­verbund mit der Hypo war, noch zusätzlich zur Kasse gebeten wird. Das ist der wahre Grund, der da dahintersteckt. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Dr. Strolz.)

17.10


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt als Nächster Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


17.10.48

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Ja mei, Kollege Amon, dem ja der Ruf vorauseilt, der große Vorkämpfer für Transparenz zu sein, die Speer­spitze der Aufklärung, bei jedem Untersuchungsausschuss vorne dabei. Aber in einem könnte ich Ihnen ja recht geben: dass man schon schauen muss – schauen muss! –, wann man was untersucht. Das würde aber voraussetzen, dass man auch liest, wenigstens die Anträge von den beiden Fraktionen, wenn man sie schon kommentiert.

Was wir sicher vorläufig nicht brauchen können – auch aus SteuerzahlerInnenschutz – wäre eine sofortige 27. Untersuchungseinheit, die bei der Hypo Alpe-Adria ein­marschiert und noch einmal alles umdreht. Da sind sicher schon viele unterwegs. Wir, die Grünen, haben ja heuer für nächstes Jahr aus diesem Grund einen Art Unter­suchungsauftrag mit Vorbehalt angekündigt, nämlich, dass einmal das Notwendigste gerettet werden muss. Denn da geht es ja, wie schon erwähnt worden ist, Tag für Tag um Millionen – der Ticker rennt ja immer noch –, und das muss auch etwas wert sein.

Aber im Hinblick auf die Argumentation des Kollegen Amon, die ja eigentlich immer die Schutzargumentation der SPÖ ist – und auf das, was da der Kärntner Kollege erzählt hat, will ich jetzt gar nicht näher eingehen –, verdient das schon eine genaue Betrach­tung. Also entweder Sie haben es nicht gelesen oder Sie sind ahnungslos, aber das, was Sie argumentiert haben, passt mit Sicherheit nicht zu dem, was hier zur Debatte steht. Denn das, worüber Gerichtsverfahren laufen, hat mit den Untersuchungsgegen­ständen, die hier vorgeschlagen werden, exakt gar nichts zu tun. Läuft denn zum Vorgang der Notverstaatlichung irgendein Gerichtsverfahren? – Es gehörte vielleicht eines. Aber läuft da irgendeines? – Nein! Zum Vorgang der Verschleppung gegenüber der Europäischen Union einerseits und sozusagen zum Missbrauch gegenüber dem Steuerzahler in Österreich andererseits, dass zu spät oder gar nicht – oder wie immer Sie das lösen wollen – eine Abwicklungskonstruktion kommt, gibt es meines Wissens kein Gerichtsverfahren.


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Wenn Sie in Ihrer Argumentation schon so konsistent sein wollen, dann kann ich Sie nur einladen, unserer Ministeranklage raschestmöglich zuzustimmen, denn dann würde es wenigstens vor irgendeinem Gericht – diesfalls vor dem Verfassungs­gerichtshof – ein Verfahren geben, welches mit dem zu tun hätte, wovon Sie reden. Also das könnten Sie tun, das wäre gar nicht so verkehrt: Stimmen Sie der Ministeranklage zu! Dann hätten Sie vielleicht einen Strohhalm, an den Sie sich mit Ihrer Argumentation gerade noch klammern könnten!

Ansonsten muss ich Ihnen schon sagen: Wir reden ja gar nicht mehr nur darüber, was vor 2007 und früher in Kärnten passiert ist – schlimm genug! – in der Bank und mit der politischen Verantwortung, schlimm genug! Machen Sie sich aus, wie da die Zwi­schenrufe gelaufen sind. Aber in Wahrheit geht es ja um etwas ganz anderes. Schauen wir uns doch diese Kaskade an! Die verbleibenden Minuten reichen gar nicht, um das genau auszuführen.

Ich kann Ihnen nur eines sagen: Wo war denn die damals und heute immer noch zuständige Notenbank, schon in den zweitausender Jahren, wo die Haftungen um Milliarden ausgedehnt wurden, schwindelige Geschäfte gemacht worden sind, dubiose Gesellschaften gegründet worden sind, Töchter von Töchtern, Geschäfte nachweislich mit der Ostmafia gemacht worden sind? Wo waren denn da alle die von uns bis heute so verteidigten „wunderbaren“ Institutionen in der Notenbank? Das muss einmal angesprochen werden!

Was war damals mit der neu gegründeten FMA? – Das war eine schwarz-blaue Errungenschaft. Es wollte sich niemand mehr erinnern, wie Minister Grasser erklärt hat, wie sinnvoll und notwendig die neue FMA ist. Die ist nämlich gerade in ihre vollste Blüte geraten, jedenfalls mit vielen, vielen Mitarbeitern, als das Hypo-Desaster parallel explodiert ist. Na möchte man da keine Korrelation herstellen? – Dann gute Nacht!

Diese Verantwortungen gehören doch geklärt! Und das hat mit dem, was Sie hier behaupten, überhaupt nichts zu tun, denn auch dort gibt es keine Anklagen. Und im Übrigen: Der Untersuchungsausschuss – auch das sollten Sie wissen – könnte ja gar nicht für die Zeit davor, über welche jetzt die Verfahren laufen, in die Bankgeschäfte hineinschauen, denn das war ja damals eine private Bank, und das ist daher gar nicht organisierbar für uns. Daher wäre es viel gescheiter für das Haus hier, die Verantwortung für die öffentliche Aufsicht zu klären, der wir ja vorstehen, wofür wir die Gesetze machen. (Beifall bei Grünen und FPÖ sowie bei Abgeordneten von NEOS-LIF und Team Stronach.)

Und das waren und sind die Notenbank und die FMA und die FIMBAG. Es geht sich zeitlich gar nicht alles aus. Die FIMBAG, mit dem Bankenpaket hier mitbeschlossen, sollte darauf schauen, wie unser Steuergeld bei diesem Bankenpaket verwaltet wird. Was tun die? – Nichts! Wir mussten anlässlich einer Zweidrittel-Materie einen Rech­nungshofbericht durchsetzen. Dieser Bericht ist verheerend – ein Bericht, den Sie nicht verhandeln wollen, weil die Herren Liebscher und Wala nichts tun, außer Plausibilitäts­gespräche mit den Verantwortlichen von den Banken zu führen. Wissen Sie wo? – Da ist dann nur mehr die Frage, in welchem Nobelrestaurant von Wien. Das ist die Arbeit, die diese Herrschaften leisten und was weiß ich wie viel Geld dafür kassieren! (Beifall bei Grünen und FPÖ sowie bei Abgeordneten von NEOS-LIF und Team Stronach.)

Aber nicht genug damit! (Präsident Ing. Hofer gibt das Glockenzeichen.) – Okay, ein sehr dezent vorgehender Präsident: Ich werde zum Schlusswort gemahnt!

Also ich kann nur sagen: Wer hier keinen Transparenz- und Aufklärungsbedarf erkennt, der ist selbst ein Totengräber der Transparenz – und damit leider des Parla­mentarismus und ein Stück weit auch der Demokratie!


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Ihre Abwehrschlacht wird aber mit Sicherheit nicht bis zum Schluss durchgehen. Und dann werden wir das zu jenem Zeitpunkt haben, zu welchem das ohnehin einmal aufgeklärt gehört. (Beifall bei Grünen und FPÖ sowie bei Abgeordneten von NEOS-LIF.)

17.16


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Ing. Dietrich. – Bitte.

 


17.16.48

Abgeordnete Ing. Waltraud Dietrich (STRONACH): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Kollegen! Hohes Haus! Ein Satz, den wir hier oft hören oder schon des Öfteren vom Rednerpult aus gehört haben, lautet: Die Wahrheit ist den Menschen zumutbar! – Sie haben recht! Aber ich habe bei den vielen Diskussionen bemerkt: Die Wahrheit liegt im Auge des Betrachters! Und da gibt es auch bei der Hypo zwei Seiten. Je nachdem, wo man hinschaut, kann man etwas Bestimmtes feststellen.

Die eine Seite ist die: Die Hypo ist ausschließlich eine „Kärnten-Geschichte“, ist das „System Haider“. Haider hat alles vermurkst, verkorkst, er ist schuld an dem ganzen Dilemma. – Das ist die eine Seite.

Die andere Seite ist die, dass 2007 die Hypo um 1,3 Milliarden verkauft wurde und viele Untersuchungen, Gutachten und Finanzanalysen gemacht wurden und vieles andere mehr getätigt wurde.

Die Wahrheit ist auch, dass die Oesterreichische Nationalbank einen Prüfbericht ge­macht hat, der festgestellt hat, dass nach den Verlusten von 2007 bis 2008 die Hypo 2009 sehr wohl Gewinne schreiben wird. Also so schlecht dürfte es zum Zeitpunkt des Verkaufes um die Hypo wohl nicht gestanden sein, wenn zum Beispiel Tilo Berlin, der damals Vorstandsvorsitzender war, gemeint hat: 2009 werden wir 44,4 Millionen € Gewinn schreiben, 2010 über 200 Millionen!

Meine geschätzten Damen und Herren! Was ist in der Zwischenzeit da passiert? – Die Bayerische Landesbank ist ein völlig unkontrolliertes Wachstum mit vollem Risiko gefahren. Das ist ein Faktum! Und da braucht sich die österreichische Regierung, sprich: der Herr Finanzminister, von der Verantwortung nicht zu verabschieden, denn es war ein Regierungskommissär mit Vetorecht im Aufsichtsrat. Und da frage ich mich wirklich: Wenn dort so Furchtbares passiert ist, warum hat der dann kein Veto eingelegt? (Beifall beim Team Stronach.)

Und die Bayerische Landesbank ist einen Expansionskurs ohne Wenn und Aber gefahren. Sie hat die Bilanzsumme von 24 Milliarden auf 41 Milliarden erhöht, die Kun­den­kredite von 10,9 Milliarden auf 19 Milliarden nahezu verdoppelt und die Leasing­finan­zierungen von 2,9 Milliarden auf 8 Milliarden erhöht – also Expansion, koste es, was es wolle! Und unser Kommissär hat dazu geschwiegen. Entweder war er unfähig, oder er konnte das Risiko nicht einschätzen. Auf jeden Fall war es eine politische Entscheidung, diesen Menschen dorthin zu setzen, der nicht in der Lage war, seiner Verantwortung gerecht zu werden. (Beifall beim Team Stronach.)

Nun zur Notverstaatlichung. – Auch da gibt es zwei Wahrheiten. Die eine Wahrheit lautet: Wir haben das machen müssen, um Kärnten zu schützen, um Kärnten vor dem Konkurs zu retten! Und die andere Wahrheit ist, dass sehr wohl die ÖVP, sprich: Raiffeisen, massives Interesse daran hatte, dass diese Notverstaatlichung stattfindet.

Die Bayerische Landesbank hat die Hypo bewusst in die Schieflage gebracht. Sie hat der Hypo bewusst 1,1 Milliarden entzogen. Der bayerische Finanzminister hat 2008 bereits gesagt: Die mittelfristige Perspektive ist, dass wir uns von der Hypo trennen werden! Das war also nicht zufällig, das war alles geplant. Das war ein Konzept der


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Bayern, das die Österreicher nicht durchschaut haben und das nun letztendlich die österreichischen Steuerzahler finanzieren müssen.

Außer Streit steht, meine geschätzten Damen und Herren: Die Kontrolle hat versagt! Außer Streit steht, dass Finanzminister Pröll äußerst schlecht verhandelt hat. Er hat sogar jede Regel auf Schadenersatz aus dem Vertrag genommen, was meiner Mei­nung nach fahrlässig war. Und aus diesem Grund wollen wir einen Untersuchungs­ausschuss, um die politische Verantwortung zu klären.

Faktum ist: Die österreichischen Steuerzahler müssen nun für diese Misswirtschaft unseres damaligen Finanzministers bezahlen. Und der Herr Staatssekretär Schieder hat vor Gericht zu Protokoll gegeben, dass er über Details nicht Bescheid wusste. Ich finde es ehrlich gesagt blamabel, wenn sich Verantwortliche in der Regierung nur auf sogenannte Experten verlassen, Entscheidungen über Milliarden treffen und im Detail nicht Bescheid wissen. (Beifall beim Team Stronach.)

Ich würde mir wünschen (Präsident Ing. Hofer gibt das Glockenzeichen), dass es in der nächsten Regierung einen Finanzminister gibt, der wirklich weiß, was er tut, und der gerecht und mit Verantwortung entscheidet. – Glück auf! (Beifall beim Team Stronach.)

17.22


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Hable. – Bitte.

 


17.22.22

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS-LIF): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Bürgerinnen und Bürger auf der Besuchergalerie und vor den Bildschirmen! Bei der Hypo Alpe-Adria stellen sich tatsächlich zahlreiche Fragen, die bisher unbeantwortet geblieben sind: Zum einen hinsichtlich der Verschleppung der „Bad Bank“ – meine Kollegin Beate Meinl-Reisinger hat dazu schon Stellung genom­men und die notwendigen Schritte und die Verschleppung dargelegt – und zum ande­ren natürlich hinsichtlich der Notverstaatlichung.

Lassen Sie mich zur Notverstaatlichung noch ein paar Anmerkungen zusätzlich anbrin­gen. Es gibt viele offene Fragen, aber ich möchte drei davon herausgreifen.

Erstens: Geehrte Mitglieder der Bundesregierung, beantworten Sie uns doch die Frage – nicht nur uns, sondern auch den Bürgerinnen und Bürgern des Landes draußen –: Wie ist es zur Notverstaatlichung gekommen? Stimmt es, wie immer behauptet wird, dass Bayern gedroht hat, die Hypo Alpe-Adria in Konkurs gehen zu lassen? Oder stimmt es, dass Bayern nie vorhatte, die Hypo Alpe-Adria pleitegehen zu lassen, wie es nämlich der bayerische Finanzminister im Bayerischen Landtag gesagt hat?

Zweitens: Geehrte Mitglieder der Bundesregierung, beantworten Sie die Frage: Wie ist die Notverstaatlichung abgelaufen? Stimmt es – wie es dem Vernehmen nach war –, dass die Bayern mit Anwälten von mehreren Anwaltskanzleien angerückt sind und auf der anderen Seite die österreichische Republik ohne anwaltliche Vertretung dort gesessen ist? – Wenn das stimmt, dann muss ich ehrlich sagen: Es wird einem angst und bange, wenn man hört, wie bei uns Verhandlungen, bei denen es um Milliarden Euro geht, geführt werden.

Und weiters: Stimmt es, dass die Republik Österreich auf eine genaue rechtliche und finanzielle Prüfung der Hypo Alpe-Adria, also eine sogenannte Due-Diligence-Prüfung, vor Abschluss des Kaufvertrages verzichtet hat? War das tatsächlich notwendig? War der Zeitdruck wirklich so groß?

Dem Vernehmen nach war das Problem der Hypo Alpe-Adria nie die Liquiditätslage. Und wenn die Bank vor Abschluss des Kaufvertrages nicht geprüft wurde, wenn eine


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Due-Diligence-Prüfung nicht davor gemacht wurde, warum wurde sie dann nicht wenigstens nachher gemacht? Es gibt tatsächlich in der Praxis Lebenssachverhalte, wo ein rascher Abschluss notwendig ist und wo es keine Zeit mehr für eine genaue Prüfung gibt, aber jeder Wirtschaftsanwalt weiß, dass man dann, wenn solch ein Fall vorliegt, zumindest im Vertrag vorsehen muss, dass nachträglich eine Prüfung ge­macht wird und dass für den Fall, dass im Nachhinein in die eine oder in die andere Richtung Sachen aufkommen, wo Handlungsbedarf besteht, entsprechende Klauseln, Besserungsklauseln eingebaut werden. Warum ist das nicht passiert?

Und drittens: der Rechtsstreit zwischen der BayernLB, der Bayerischen Landesbank, und der Hypo Alpe-Adria beim Landgericht München über zumindest 2,3 Milliarden €.

Geehrte Mitglieder der Bundesregierung, beantworten Sie doch die Frage, warum man nicht schon früher draufgekommen ist, dass die Kredite, die die Bayerische Landesbank an die Hypo gegeben hat, eventuell eigenkapitalersetzend sind. Denn: Laut dem Eigenkapitalersatzgesetz sind Kredite, die ein Gesellschafter in der Krise an die Gesellschaft leistet, Eigenkapital, und die können nicht zurückgefordert werden. Warum ist man so spät draufgekommen? Warum hat man erst im Jahre 2012 die Zahlungen eingestellt?

Fragen über Fragen, die unbeantwortet geblieben sind und die eines gemeinsam haben: Die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht darauf, Antworten auf diese Fragen zu bekommen! Und daher brauchen wir diesen Untersuchungsausschuss für die Hypo Alpe-Adria.

Aber wir wollen, wie wir immer sagen, nicht nur aufklären, sondern wir wollen, dass man auch Konsequenzen daraus zieht. Die NEOS wollen immer auch konstruktive Lösungswege aufzeigen. Wir haben Ihnen heute einen aufgezeigt, nämlich nach Vorbild – auch nach Schweizer Vorbild – ein Insolvenzrecht für Gebietskörperschaften, für Bundesländer anzugehen. Sie haben diesen Antrag mehrheitlich abgelehnt und damit eine Chance verpasst. Das ist bedauerlich.

Kollege Amon, da Sie gesagt haben – Ihr Hauptargument, sofern ich das richtig verstanden habe (Präsident Ing. Hofer gibt das Glockenzeichen); und da gebe ich dem Kollegen Kogler recht –, man könne nicht gleichzeitig die parlamentarische und die gerichtliche Prüfung machen (Präsident Ing. Hofer gibt neuerlich das Glockenzeichen), muss ich Ihnen sagen: Das ist schon richtig, aber es gibt in diesen Angelegenheiten keine Gerichtsverfahren! Daher ist das wirklich kein Argument!

Da frage ich mich schon: Gibt es wirklich keine besseren Argumente gegen einen Untersuchungsausschuss? Das gilt auch für die Kollegen von der SPÖ. Das ist zu wenig!

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Den Schlusssatz, bitte!

 


Abgeordneter Dr. Rainer Hable (fortsetzend): Das werden die Bürgerinnen und Bürger nicht verstehen! – Vielen Dank. (Beifall bei NEOS-LIF.)

17.28

17.28.20

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Nachbaur, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein dies­bezügliches Zeichen. – Das ist abgelehnt. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Aber nur mehr knapp!)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 104

Ferner lasse ich über den Antrag der Abgeordneten Mag. Meinl-Reisinger, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses abstimmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch dieser Antrag ist abgelehnt.

17.29.04Einlauf

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 68/A(E) bis 79/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 169/J bis 192/J eingelangt.

*****

Diese Sitzung ist geschlossen.

17.29.21Schluss der Sitzung: 17.29 Uhr

 

 

 

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